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Ernst Seler

Der Kruzifixbeschluß
1995

Hintergründe
Schriftsätze

ein Mysteriendrama
der
Neuzeit
2

"Und Anthroposoph im wirklichen Sinne des Wortes


ist nur der, welcher von dem Nerv der Zeit ergriffen
ist, der die Wahrheit will, nicht die Lüge ...... .“

Rudolf Steiner, 14.September 1919

© 2010 Renate Seler


93149 Nittenau
Germany
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Inhalt

4 Vorwort
6 Einleitung
12 Das Drama beginnt 1985
17 „Urbrief“ an Schulamt 20.07.1987
23 Brief an Kultusministerium 17.05.1988
25 Brief vom Kultusministerium 21.06.1988
29 An das Kultusministerium 25.07.1988
32 Schreiben vom Schulamt 19.09.1988
34 Schreiben vom Ministerialrat 30.09.1988
44 Schreiben des Regierungspräsidenten 14.12.1988
46 „...das ganze Haus ist voller Polizisten“
53 Gerichtsbeschluß Zwangseinweisung 20.01.1994
55 Schreiben Bezirkskrankenhaus an LRA 19.12.1988
56 Auszug aus Ferngutachten 23.06.1994
58 „Wir wissen, daß Sie krank sind“
90 „Hellsehen in der Gegenwart“ – enth. Text von R. Steiner
148 Brief vom Anwalt an Schulamt 16.08.1990
152 Auszug aus Schweizer Kruzifixurteil von 1990
155 Elterlicher Brief an das BVerfG 07.08.1991
161 Schreiben Anwalt an Kultusministerium 11.12.1992
164 Eltern an Schulleitung 10.10.1993
165 An das Bezirkskrankenhaus 20.12.1993
168 R. Steiner warnt vor Psychiatrie, die Christus zum Idioten...
173 Weiterer Anwalt – Schreiben an Amtsgericht 02.02.1994
wegen behördlichem Betreuungsversuch
175 Weiteres Schreiben vom Anwalt an AG 28.02.1994
177 Schreiben an Justizministerium 23.02.1994
178 Fiktive Ansichten der Gegenseite
180 Ernst Seler an Bundeskanzler Kohl 14.02.1994
182 Anfrage an das Amtsgericht 24.07.1994
198 Ein Anruf eines hohen Polizisten aus Bonn im Jahre 1989
199 Richter erbittet ergänzendes Ferngutachten 05.07.1994
202 Richter an weiteren Anwalt 18.10.1994
205 Landesanwalt an Landesgericht 29.11.1994
207 Verfassungsbeschwerde wegen Ferngutachten 30.10.1994
217 August 1995 – der Kruzifixbeschluß
231 Alexis de Tocqueville „Über die Demokratie in Amerika“
238 Danksagung
239 Nachtrag
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Vorwort

Als 2009 der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte für


viele übrerraschend sein „Kruzifixurteil“ veröffentlichte, in wel-
chem sich sieben RichterInnen einstimmig gegen Schulkreuze in
staatlichen Schulen Italiens aussprachen, war es an der Zeit, ein
Manuskript zur Entstehung des sog. Kruzifix-Urteiles des Bun-
desverfassungsgerichtes zu veröffentlichen.

In einem Kommentar einer überregionalen Zeitung1 fanden sich


diese Worte:

„Die weltanschauliche Neutralität des Staates ist ein Erbe der eu-
ropäischen Aufklärung, das in modernen, multireligiösen Gesell-
schaften unverzichtbar ist. Das Urteil liegt auf der gleichen Linie
wie der berühmte Kruzifix-Beschluss des Bundesverfassungsge-
richts von 1995. Auch damals tat die katholische Kirche so, als
stünde der Untergang des Abendlandes unmittelbar bevor.“

Erstmals werden nun umfassend die Schriftsätze veröffentlicht,


welche vor dem in der Öffentlichkeit genannten „Kruzifix-Urteil“
zwischen Eltern und Behörden entstanden.

Ein Schulrat hat ganz am Anfang der Auseinandersetzung zum


Schulkruzifix einen beachtenswerten Satz zu einem Justitiar ge-
sprochen, der mit der Angelegenheit befasst war und im Laufe der
Geschichte die Äußerung preisgab:

„Vielleicht ist Herr Seler seiner Zeit voraus.“

Zehn Jahre später erscheint in einer Zeitung eine interessante


Äußerung des zuständigen Schulamtsdirektors2 indirektes Zitat:

Der Direktor, Herr Gerd-Heinz V., brachte vor einer katholischen Veranstal-
tung, auch ein Vertreter der Katholischen Kirche wirkte mit, sowie ein
Rechtsanwalt, seine Verwunderung zum Ausdruck, in der Begründung des
Kruzifxbeschlusses würden sich häufig ganze Sätze des Antragsstellers
wiederfinden.

1 Süddeutsche Zeitung am 5.11.2009 – Kommentar von Tanjev Schultz


2 gefunden in einem Artikel Mittelbayerische Zeitung 28.September 1995
5

Nach Einspruch Italiens gegen den Spruch der siebenköpfigen


Kammer des EMGR ist für Juni 2010 eine mündliche Verhand-
lung angesetzt. Monate später wird es vorraussichtlich einen
unanfechtbaren Beschluß des Europäischen Gerichtes für Men-
schenrechte geben.

Die zitierte Äußerung des Schulrates zeigt, auf der mittleren Ebe-
ne der Behörden war es den Verantwortlichen von Anfang an be-
wußt, unser Begehren als Eltern, die Kinder frei von der Prägung
durch ein Kruzifix im Klassenzimer zu halten, beinhaltete im
Kerne eine geschichtliche Tragweite.

Einundzwangzig Jahre, nachdem der „Urheber“ des sog. Kruzifix-


Urteiles von 1995 wegen Briefen in der Schulkreuzangelegenheit
ohne vorherige rechtliche Anhörung zwangspsychiatrisiert wurde,
ist es an der Zeit, die Hintergründe und Beweggründe der Eltern
zu veröffentlichen.

Es darf von einem „Mysteriendrama“ gesprochen werden.

Der Text enthält biographische Momente des „Kruzifixklägers“.

Wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine


Entscheidung zum Kruzifix im Klassenzimmer veröffentlicht, wird
dies entweder einen Rückschritt oder einen Fortschritt bedeuten,
für Europa, für die Welt.

Ernst Seler

Reuting, Frühjahr 2010


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Einleitung

Seit Gründung der Familie hatten wir einige Jahre in der Groß-
stadt verbracht. Zum Glück konnte täglich ein Park in der Nähe
der Wohnung aufgesucht werden. Im Winter jedoch drückten an
manchen Tagen die Rauchschwaden der Schornsteine schwer auf
das Gemüt, beeinträchtigten die Gesundheit von uns allen. Die
Kinderärztin meinte, erst ab dreißig bis vierzig Kilometer von der
Stadt entfernt sei das Klima günstiger. Es war schon schrecklich,
die Benzinabgase in den Häuserschluchten einzuatmen. Wenn
wir den Kinderwagen zwischen dem Verkehrsgewühl dahin scho-
ben, stellte sich das beklemmende Gefühl ein, was wohl die Klei-
nen wieder an vergifteter Luft einatmen mußten. So waren wir
froh, aufgrund persönlicher Lebensumstände einen Umzug auf
das Land ins Auge fassen zu können.

Dankbar nahmen wir das Angebot, ein kleines Häuschen mit ei-
nem großen Garten mieten zu können, an. Das Klima der neuen
Heimat zeigte sich etwas rauher. Nach dem Umzug stellten wir
mit Schrecken fest, ganz in der Nähe war der Bau einer atomaren
Wiederaufbereitungsanlage geplant. Sorge bereitete die Aussicht,
in ein paar Jahren wird diese Fabrik fertiggestellt sein, die Pro-
duktion von Strahlenmaterial beginnen. Wiederholt las und hörte
man/frau von gehäuften Leukämieerkrankungen im Umkreis von
Atomkraftanlagen. Vielleicht mußten wir wieder umziehen? Doch
für die nächsten Jahre sollte die neue Wohnung ein gutes Heim
für die Familie sein. Bald gesellte sich eine junge Katze zu unse-
rem Familienkreis. Die Katzendame beschloß, ihr Leben mit uns
zu teilen. Sie schenkte später drei Katzenbabys, für jedes unse-
rer Kinder eines.

In jener Zeit zeigten sich in der Natur ungewöhnliche Gewitter-


phänomene. Einmal war der Nachthimmel im Verlaufe von fast
zwanzig Minuten ständig erleuchtet. Ein Netz von vibrierenden,
pulsierenden Lichtfäden wogte durch den Naturraum. Dieses
Wetterphänomen wurde sogar in der örtlichen Zeitung be-
schrieben. Man habe bis dahin noch nichts Derartiges erlebt.

Wiederholt kündigten außerordentlich heftige Gewitter von der


Kraft der Natur. Blitze zuckten im Dunkel der Nacht, zeichneten
ihre Signaturen zwischen Himmel und Erde. Donner hallten wie
7

ein sich erfüllendes Gebet. Menschenwelt und Götterwelt, ver-


bunden durch die Sprache der Natur. In dieser Welt der Natur-
zeichen reifte die Kraft, das schlummernde Schicksal mit Achtung
anzunehmen.

Bestimmung durch das Leben zu erkennen, wird in unserer Zivi-


lisationskultur unterdrückt. Die unabänderliche Gewißheit kom-
mender Ereignisse ist für den Wissenden eine Mahnung, eine
Aufforderung zum Handeln. Allüberall herrschen materialistische
Denkweisen, bestimmen das Sein. Seelen, aufgrund Veranlagung
dazu bestimmt, hinter die Oberfläche des Tagesbewußtseins zu
blicken, haben es schwer, von ihren Mitmenschen akzeptiert zu
werden. Hoffnung geben Buchveröffentlichungen der vielen ver-
schiedenen spirituellen Strömungen. Auch mit Hilfe dieses Wis-
sens gelang es, die vom Schicksal auferlegte Prüfung in der Aus-
einandersetzung Individuum und Staatsgewalt zu bestehen.

Die Schulsituation in den Großstädten hatte uns Eltern ebenfalls


bewogen, hinaus auf das Land zu ziehen. Zuviel Ungeist herrsch-
te damals schon zuweilen an öffentlichen Schulen. In dörflichen
Grundschulen war hoffentlich der materialistische Zeitgeist selte-
ner anzutreffen. Natürlich drang durch Printmedien, Radio und
Fernsehen in den hintersten Winkel des Landes die Botschaft:
kaufe, kaufe und du bist glücklich. Wahrscheinlich hüteten auch
in diesem Landesteil viele Eltern keineswegs die seelische Ge-
sundheit ihrer Liebsten, weil sie keine Ahnung von der heim-
tückischen Weise elektronischer Scheinwelten hatten. Aber da-
mals waren erst wenige Satellitenschüsseln auf Hausdächern in
jener Gegend gepflanzt. Noch flimmerten keine seelenvernichten-
de Rambofilme, lebensverformende Sexfilme, mordanregende
Kriminalfilme in fast jedem Haus. Wir selbst besaßen keinen
Fernseher. Unsere Kinder sollten in ihrer frühen Jugend frei von
manipulierenden Bildern bleiben. Jahre später, nach einer Reihe
von aufsehenerregenden Sexualmorden begehrten Eltern auf,
sammelten bundesweit Unterschriften gegen die menschenver-
achtetenden Filme und Videos. Den Lippenbekenntnissen der Po-
litiker, welche sich den Abgesandten der Eltern stellten, folgten,
wie so oft, keine Taten. Das Morden in den Filmen geht munter
weiter, mit Hilfe der neuen Computertechnik noch raffinierter,
blutrünstiger, grausamer. Das schleichende Gift frißt sich behen-
der denn je in die Seelen der Kinder, Jugendlichen und Erwach-
senen.
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Die finanziellen Möglichkeiten verwehrten es, unsere Sprößlinge


auf eine private Schule zu schicken, um sie staatlichen Erzie-
hungszielen zu entziehen. Unterricht zu Hause, wie er in Öster-
reich und Dänemark möglich ist, vereitelte der Schulzwang.
Sicherlich gab es auf dem Lande noch Lehrer, welche aufgrund
der günstigeren Umstände ihren Beruf noch nach einem gewissen
Ideal ausrichten konnten. In den Städten geht dieses den Jung-
lehrern schneller verloren.

Wir mußten uns den staatlichen Gegebenheiten fügen. Aus gei-


steswissenschaftlicher -anthroposophischer- Erkenntnis wird die
Lebenssituation stets auch von karmischen Notwendigkeiten mit-
bestimmt, welche Kinder aus dem Vorgeburtlichen hereintragen,
so ihr zukünftiges Lebensumfeld wesentlich mit formen.

Eines Tages begann eine Geschichte, welche sich von einem un-
scheinbaren örtlichen Ereignis hin zu einem bundesweiten Ge-
schehen entwickeln sollte. Am Ende sprachen Dritte sogar von
einer drohenden Verfassungskrise der Bundesrepublik Deutsch-
land.

Die Begebenheiten, welche schließlich zu einem weltweiten Me-


dieninteresse führten, sogar aus Japan kam ein Fernsehjourna-
list, interviewte auch uns Eltern, werden in diesem Buche nach-
gezeichnet. Aus Rücksicht auf die Leserschaft und zum Schutze
der Familie ist es ratsam, einige Einzelheiten wegzulassen. Der
aufmerksame, wache Leser wird auch zwischen den Zeilen intui-
tiv lesen. Das Dargestellte bietet Gelegenheit, um in Gedanken,
dem Gefühl teilzunehmen an einem Konflikt, welcher zu einer für
das Rechtsleben unserer Republik noch nie da gewesenen Aufge-
regtheit führen sollte. Wiederholt wurden wir gebeten, Hinter-
gründe der Entstehung des sog. "Kruzifix-Urteil" des Bundesver-
fassungsgerichtes, welches am 10. August 1995 verkündet wur-
de, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der von Außen
kommenden Bitte, Details zu erfahren, wird hiermit entsprochen.
Die "Geschichte" möchte aber auch um ihrer selbst willen, sich in
Worten wiederfinden.

Es geht die Bitte an die "Gegner", lassen Sie Vorurteile, lassen Sie
eventuellen "Haß" hinter sich. 1995 ergingen eine ganze Reihe
von schriftlichen und mündlichen Morddrohungen, teilweise aus-
führlich geschildert, was man den "Kruzifixklägern", den Kindern
9

antun wolle; einige Schreiben waren mit „Christen" unter-


schrieben; sogar aus den USA kamen solch areligiöse Botschaf-
ten. Durch Jahrhunderte wurden Andersdenkende, unter Beru-
fung auf die christliche Religion, mit Hilfe kirchlich/staatlicher
Macht zu Hunderttausenden verfolgt, gefoltert, ja getötet. Es gibt
wohl keine Religion der Welt, welche von ihren Anhängern immer
wieder so unheilvoll mißbraucht wurde, wie dies mit der Christ-
lichen geschah.

Sich mit dem Inhalt des Buches auseinander zu setzen, liegt in


der Verantwortung des Lesers. Denjenigen, welchen es unmöglich
ist, unsere elterliche Haltung um das Schulkreuz nachzuvoll-
ziehen, sie werden nach dem Lesen dieser Zeilen hoffentlich kurz
innehalten, ahnen, Ursache für die ganze Aufregung ist keines-
wegs bei dieser einen Familie zu suchen. Die vielfachen mensch-
lichen Reaktionen von seelischer Erregung, Hysterie, Aber-
glauben, Morddrohungen hin zu freudigem Überschwang und
Zustimmung, wurden nur durch schicksalhafte "Zufälle" an die
Oberfläche gespült.

Das sog. "Kruzifixurteil" bot und bietet Gelegenheit, tiefer zu blik-


ken, die eigene Seele auszuloten. Erblicken wir bei aller äußeren
Dramatik den Weltenhumor, der hinter dem Kreuz, über dem
Kreuz, der auch hinter allen Religionen zu entdecken ist. Nur der
"Narr" darf den Herrschern dieser Welt die Wahrheit sagen. Leider
suchen wir vergebens diese alte soziale Gestalt des Hofnarren in
der Gegenwart. Humor als Schlüssel zum Verständnis des Lebens
ist den Mächtigen verloren gegangen.

Transformierung der "Angst" ist der eigentliche Sinn des Dramas


um das Schulkreuz. Begegnung mit der persönlichen Angst, der
Weltenangst. Das Kruzifix als tragisches Symbol des Christen-
tums. Die Geschichte der römischen Christenheit, ein großes
Mißverständnis um die Wesenheit des Sonnenlogos. Die Chri-
stusworte, „wahrlich, wahrlich, ich sage euch: „Wer an mich
glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und wird Größe-
re als diese tun“ (Joh. 14:12), wurden dem Kirchenvolk vorent-
halten. Die Menschen klammerten sich an geschnitzte Bildwerke,
weil sie den lebendigen Kontakt mit dem Christuswesen im Zei-
tenstrome verloren. Martin Luther erkannte dies. Seine Mission
blieb unvollendet. Auch die Evangelische Kirche blieb letztendlich
in äußerer Religiosität stecken.
10

Erst das Menschenbild Rudolf Steiners, des Begründers der Gei-


steswissenschaft, bekannt als Anthroposophie, bringt für die All-
gemeinheit erstmalig die Möglichkeit, sich mit vielen bisher un-
lösbaren Rätseln der christlichen Überlieferungen auseinander
zusetzen. Wer sich ringend mit dem Lebenswerk des umfassend-
sten Sehers und Denkers der Neuzeit beschäftigt, wird zu neuen
Gedankenhorizonten schreiten. Viele Künstler, wie Kandinsky,
der Vorträge von Steiner besuchte, Paul Klee oder Joseph Beuys
wurden in ihrem Schaffen auch durch die Ideen der Geisteswis-
senschaft befruchtet. Albert Schweizer machte sich die Mühe,
Rudolf Steiner im "Goetheanum", der Hochschule für Geisteswis-
senschaft in Dornach/Schweiz, aufzusuchen, bevor er seine Ar-
beit im Dschungel aufnahm.

Ohne Bezug auf die Anthroposophie kann der Gewissenskonflikt


der Eltern um das staatlich verordnete Schulkreuz schwer
wir-kl-ich
verstanden werden. Steiners Hinweis, die letzten Worte des Chri-
stus am Kreuz werden falsch wiedergegeben, haben sicherlich
wesentlich zur persönlichen Standfestigkeit während der jahre-
langen Auseinandersetzung um das staatlich verordnete Kruzifix
beigetragen.

Christus sagte am Kreuz nach traditioneller Lesart: „Herr, warum


hast Du mich verlassen“, „elli, elli, asabachthani“.
Rudolf Steiner3:

„Diejenigen Menschen, die das an der Seite des Christus mitgemacht ha-
ben, werden, wenn sie aus der Erdenentwickelung hinausgehen und zu ei-
ner höheren Entwickelung aufsteigen, sich um den Christus scharen kön-
nen, und der Christus Jesus wird noch einmal rufen können, das Ende der
Erdenvervollkommnung erblickend, die Worte, die Er damals am Kreuze ge-
rufen hat: «Eli, Eli, lama sabachthani!» «Mein Gott, mein Gott, wie hast du
das Ich in der Menschheit verherrlicht, vergeistigt.» Das bedeuten diese Wor-
te. Es gibt auch eine spätere, falsche Übersetzung, die sich anlehnen wollte
an die Psalmworte, aber die wahrhafte Übersetzung der Worte ist die, wel-
che Sie jetzt kennen. Das sind die Worte, die das Mysterium zu Golgatha
ausdrücken: Mein Gott, mein Gott, wie stark, wie sehr hast du mich ver-
herrlicht, vergeistigt.“

3 Rudolf Steiner Gesamtausgabe Buch 096 Seite 295


11

Die Tragik des römischen Christentums hat hier eine ihrer Wur-
zeln. Die Menschen identifizierten sich mit einem falschen Chri-
stusbild, wenn sie sich mit der Frage des Todes auseinander setz-
ten. Nur die östlichen Kirchen bewahrten in ihren bildnerischen
Darstellungen einen Abglanz des kosmischen Christus am Kreuz
bis in die Gegenwart. Dieser bildhaft auferstandene Christus
durchlichtet den Betrachter. Der ständige Anblick des Gekreuzig-
ten, zusammen mit der verheerenden Vorstellung, auch Christus
habe Angst vor dem Tode gehabt, lähmt die Seelenkräfte der
Menschen.

Der Hinweis Steiners tauchte durch Zufall erst im Verlaufe der


Schulkreuzauseinandersetzung auf, war eine Bestätigung unse-
res Eintretens gegen die staatlich-kirchliche Bevormundung, der
faktischen Entmündigung aller Eltern durch den Staat. Der
Staat bestimmte die Präsenz eines religiösen Symbols. Wie leicht
dieser Mißbrauch religiöser Symbole durch die Politik zum Unheil
wird, zeigt ja der Mißbrauch des "Sawastikas". Millionen Men-
schen waren durch die Einübung während vieler Jahrhunderte
praktisch in ihren „Genen“ vorbereitet, einem religiösen Symbol
zu folgen. Und da die Katholische Kirche den unseligen Öster-
reicher als von Gott gesandt dem Volke in Wahlaufrufen empfahl,
ist die Tragik des Dritten Reiches durch die Tragik der Christen-
heit erst zu verstehen.

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12
Das Drama beginnt

Während der monatelangen Suche nach einem neuen Heim wur-


de stets auch die zu erwartende schulische Situation geprüft. Wie
würde der Schulweg beschaffen sein, wie sieht das Schulgebäude
aus, wie viele Kinder gehen in die Schule? Als ein passendes An-
gebot für eine Wohnung hereinschneite, es war Winter, stellten
wir fest, etwa drei Kilometer von dem Objekt entfernt, befand sich
eine Schule. Sie lag freistehend auf einem kleinen Hügel, am
Rande eines Dorfes. Große Laubbäume umringten im Halbrund
das zweistöckige Gebäude. Vier Klassen waren darin unterge-
bracht. Eine weiträumige Wiese diente als Pausenhof und Sport-
gelände.

Im Herbst 1985 begann für unser ältestes Kind der sog. Ernst des
Lebens. Mit Schultüte und Schultasche bepackt gingen Tochter
und Mutter zu ihrem ersten Schultag. In den darauffolgenden Ta-
gen fiel auf, unsere Tochter kam immer so ernst nach Hause.
Nachfragen erschien in dieser neuen Situation fehl am Platze. Ein
eventueller Trennungsschmerz würde sich sonst vertiefen. Als der
erste Elternabend angekündigt wurde, beschloß ich, diesen zu
besuchen, um einmal zu erleben, wie die neue Lebenswelt unse-
res Sprößlings aussah. Auch wäre ein Gespräch mit der Lehrerin
möglicherweise hilfreich, den Grund für das so ernste Benehmen
des Kindes zu erfahren. Bei der ersten Inaugenscheinnahme der
Schule war es Winter gewesen, die Bäume kahl. Jetzt zu Beginn
des Herbstes, standen sie voller bunter Blätter. Man/frau konnte
sich keinen schöneren Platz für eine Schule wünschen. Das Ge-
bäude stand am Rande eines kleinen, mit Sträuchern bewachse-
nen Abhanges. Mächtig thronten die Kronen der Laubbäume im
Blau des Himmels. Der weitläufige Rasen auf der anderen Seite
des Gebäudes lud die Kinder zu kurzweiligen Pausenaufenthalten
ein. Mit schnellem Schritt ging es in den ersten Stock des Schul-
hauses. Das Klassenzimmer war leicht ausfindig gemacht. Der
Raum war bereits mit Eltern gefüllt. Auf jedem Tisch befanden
sich kleine Namenskärtchen. Der einzige freie Stuhl in der ersten
Reihe entpuppte sich als der Sitzplatz unserer Tochter. Ließ mich
auf dem Kindersitz nieder. Wir Eltern befanden uns in einer
merkwürdigen Stimmung. Die Sprößlinge wurden in diesem
Raum unterrichtet und nun während des gemeinsamen Wartens
auf den Beginn des Elternabends, erinnerten wir uns automa-
tisch der eigenen Schulzeit.
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Als sich der Blick zur Tafel wendet, eine monströse Jesusgestalt
auf einem Kreuz. Wahrnehmung und Erkenntnis gehen blitz-
schnell ineinander über.

Da war also des "Pudels Kern". Deswegen kam unsere Tochter je-
den Tag so ernst nach Hause. Kein Wunder, wenn nur drei Meter
von ihr entfernt, fast direkt in Kopfhöhe so ein großes Kreuz mit
der Darstellung eines nackten toten Mannes hängt, den sie bis
zum Schulbesuch nie so unmittelbar wahrnehmen mußte.
Warum trägt er keine Kleider? Warum ist er festgenagelt? Warum
muß ich jeden Tag in der Schule vor diesem Manne sitzen? Das
gesenkte Haupt, der gebrochene Blick, der hoffnungslose Aus-
druck. Das Kruzifix, fast so groß wie die Schulkinder.

In der religiösen Erziehung unserer Kinder ließen wir diese bild-


nerische Darstellung weg. Es gibt einen Hinweis Rudolf Steiners,
bis zur Geschlechtsreife solle auf keinen Fall das "Kruzifix" den
Kindern gezeigt werden. Wir fanden die entsprechende Textstelle
erst einige Jahre nach Beginn der Schulkreuzauseinanderset-
zung.

War erleichtert, die Ursache für das Verhalten der Tochter so


rasch entdeckt zu haben. Dankte der Intuition, am ersten Eltern-
abend die Lehrerin in Augenschein zu nehmen, welche von nun
ab wesentliche Verantwortung für die weitere seelische Entwick-
lung unseres Kindes trug.

Nach Begrüßung durch die Klassenlehrerin ergab sich ein typi-


scher Elternabend, wie er von der hierarchischen Struktur, in
welche auch Lehrer eingebunden sind, gekennzeichnet wird. An-
statt des Atems der Freiheit, grinste die Lehre der Knechtschaft
trotzig frech, das Einüben der Duckmäuserschaft. Kurzum, die
materialistische Denkweise kroch aus allen Ecken und Winkeln,
hatte sich in dem Schulgebäude eingenistet, machte die Hoffnung
zunichte, auf dem Lande sei der Materialismus vielleicht schwä-
cher. Spürte dies mit allen Sinnen und ahnte doch, es waren tie-
fere Schicksalskräfte, die uns Eltern banden. Wir mußten unsere
Kinder dem staatlichen Schulsystem überantworten, ohne ir-
gendwelche elterlichen Rechte, Art und Weise des Unterrichtes
mitzugestalten. Aber die Angelegenheit mit dem Kruzifix berührte
ein elementares Grundrecht der Kinder und Eltern.
14

Sprach im Laufe des Abends die Lehrerin vor versammelter El-


ternschaft wegen des Kruzifixes an. Bat sie, das große Kruzifix
gegen ein kleines Kreuz auszutauschen, dieses an der Seite des
Klassenzimmers anzubringen. Die junge Lehrerin, welche sym-
pathisch wirkte, gab sogar zu, ihr sei das Kreuz auch zu groß für
die Kinder, sie wolle jedoch nichts unternehmen, verwies an den
Ortspfarrer, der gleichzeitig den Religionsunterricht an der Schule
gab. Um unserem Kind keine Außenseiterrolle ohne Not zukom-
men zu lassen, hatten wir es sogar für den katholischen Religi-
onsunterricht angemeldet. Falls der Ortspfarrer einiges über den
"Festgenagelten" geäußert haben mochte, die ständige Präsenz
des männlichen Leichnams, Sinn und Zweck solcher andauern-
den Konfrontation konnte ein siebenjähriges Kind niemals mit
seinem heranwachsenden Gemüt nachvollziehen oder gar verste-
hen, außer es wuchs von Geburt an im Wirkungskreis der Ka-
tholischen Kirche auf, war an das Kruzifix gewöhnt.

Im weiteren Verlauf des Abends besuchte uns Eltern noch der


Schulleiter. Es wurde speziell auf das Problem des Fernsehens
und der Videos eingegangen. Einige Eltern ereiferten sich über die
brutalen Videos, die Morde in den Fernsehsendungen. Uns war
das Alles zu jener Zeit unbekannt. Wir Eltern hatten in unserer
Jugend ideelle Interessen, beschäftigten uns intensiv mit der
Kunst, lebten immer ohne Fernsehgerät. Was sich also in der
Film- und Fernsehwelt tummelte, sich austob, die Seelen der
Zuschauer verfinsterte, blieb uns fremd. Wußten nichts von bru-
talen Sexvideos, von filmisch dargestellter Leichenfledderei, von
Ritualmorden. Wies im Verlaufe der vom Schulleiter vorge-
tragenen pädagogischen Hinweise Lehrer und Eltern auf einen
objektiven Widerspruch hin.

Auf der einen Seite regten sie sich, berechtigt natürlich, wegen
der Brutalität in den Medien auf, aber auf der anderen Seite hin-
ge da eine riesengroße Leiche. Plastisch noch dazu, grausam hin-
gerichtet, festgenagelt auf einem Kreuz, ein Mordopfer, fast nackt,
einfach nur brutal für kleine Kinder.

Gäbe es einen pädagogischen Sinn für diese Konfrontation der


Schulkinder mit der Darstellung eines Toten? Nur für den er-
wachsenen gläubigen Christen würde dieser "Leichnam" Sinn
machen. Denn für ihn würde sich nach dem Dogma der Kirche
der Erlöser der Welt zeigen. Dieser Glaubensakt könne jedoch von
15

der Schule keinem Schulkind abgefordert werden. Sie, Eltern und


Lehrer, würden tagtäglich den Kindern den Anblick eines Leich-
nams zumuten, ohne zu wissen, welche seelischen Folgen dies
mit sich bringen würde. Es gelte also bereits in der Schule mit
der Vermeidung einer "seelischen Brutalisierung" der Kinder zu
beginnen.

Da schauten Schulleiter, die Anwesenden ob solcher Worte nur


mit großen fragenden Augen.

Zuhause kamen wir Eltern überein, auf jeden Fall müsse das
große Kruzifix entfernt werden. Es käme nur ein kleines helles
Kreuz in Frage, welches seitwärts an der Wand des Klassenzim-
mers aufgehängt werden könne.

Ging am nächsten Tag zu dem Ortspfarrer, wie von der Klassen-


lehrerin empfohlen. Kannte den Gottesmann durch einige Kir-
chenbesuche. Äußerungen Rudolf Steiners verweisen darauf, in
den katholischen Kulten sei noch okkult-esoterische Substanz
aus vorchristlicher Zeit vorhanden. Auch wenn Priester oft gar
kein Wissen von den Quellen ihrer Riten besaßen, so bestünden
noch Möglichkeiten einer echten geistigen Vertiefung. Diese er-
schlösse sich aus dem wiederholten, rhythmischen Erleben des
Ritus. Hatte mich „offiziell“ zu den Gottesdiensten beim Priester
angemeldet.

Wohnte eine Zeitlang diesem Kultus bei, machte währenddessen


auch eigene spirituelle Übungen. Bei einer solchen Gelegenheit
hatte anschließend der Priester gesagt:
„Wir arbeiten mit denselben Kräften“.
Offensichtlich machte er während des Gottesdienstes irgendeine
Erfahrung, während ich meditierte, er am Altar seinen Ritus voll-
zog, daß er zu einer solchen, doch bedeutsamen Aussage kam.
Der Gottesmann hatte mich am Portal der Kirche abgefangen.
Weil die inneren Bilder, Geschehnisse, noch ganz das Gemüt in
Anspruch nahmen, wurde keine Antwort auf den Versuch einer
spirituellen Annäherung gegeben.

Beim Betreten des geräumigen Amtszimmers fiel als erstes ein


klobiger Tresor auf. Was mochten wohl für Schätze darin ver-
borgen sein? Lagen da Urkunden irgendwelcher Besitztümer,
Ländereien? Der Kirchenmann lächelte verschmitzt, als er die
16

Frage vernahm, ob ein solcher Gegenstand das passende Mobiliar


im Sprechzimmer eines Seelsorgers sei.

Der Priester hörte sich mein Begehren an. Schilderte, das rießige
Kruzifix könne sich negativ auf eine Kindesseele auswirken.
Schließlich waren wir keine Katholiken, unseren Kindern waren
katholische Gepflogenheiten unbekannt. Schon während dieses
damaligen Gespräches wurde darauf verwiesen, Schule könne
kein Recht haben, den Anblick von Kruzifixen oder Kreuzen den
Kindern zwingend vorzuschreiben. Wir wollten aber dem Gefühl
der Ortsansässigen entgegenkommen. Schlug vor, er solle als
Mann der Kirche ein kleines helles Kreuz an die Seite des Klas-
senraumes hängen.

Mein Gegenüber erklärte sich sofort mit dem Austausch einver-


standen. Keine Diskussionen, keine Widerrede, kein Gezeter. Er
ging in einen Nebenraum, kam mit einem kleinen hellen Kruzifix
zurück. Mit flehenden Augen bat er, doch dem kleinen Kruzifix
zuzustimmen. Ein paarmal sprach er diese Bitte aus. Erbarmte
mich dieses Mannes, der aus ganzer Seele versuchte, ein glaub-
hafter Priester in der Gemeinde zu sein. Stimmte also der Bitte
zu, schließlich würde das Kruzifix mit dem kleinen Korpus seit-
lich an der Wand des Schulzimmers hängen, wäre die Schultafel
frei von der Dominanz eines Symbols, welcher Religion auch im-
mer. Wir Eltern vertrauten dem Priester.

Tief im Inneren ahnte, wußte die Seele, eines Tages werden


Schwierigkeiten wegen des Schulkreuzes auftreten.

Der Herbst verstrich, der Winter kam. Während die Osterzeit nah-
te, besuchte uns, wie es in dieser Gegend der Brauch ist, der
Priester. Mit Schmerz in der Stimme erzählte der Gottesmann,
wie er von dem zuständigen Schulrat einbestellt worden sei und
wegen des Kreuzes einen "Anpfiff " erhalten habe. Er hätte das
Kreuz niemals austauschen und umhängen dürfen. Auch würde
man sich in den Wartezimmern der umliegenden Arztpraxen über
ihn lustig machen, weil er als Priester ein Kreuz abgehängt habe.
Es war uns damals unbekannt, daß es für einen Katholiken quasi
eine Todsünde bedeutet, wenn er ein geweihtes Kreuz entfernt.

So vergingen zwei Schuljahre mit all den verschiedenen Ereignis-


sen, die eben ein Schulbesuch mit sich bringt. Im Großen und
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Ganzen waren wir mit den Lehrkräften zufrieden. Wie erhofft, war
an einer solch kleinen Schule, weit weg von den Einflüssen einer
Großstadt, die Welt noch in Ordnung, wie man so sagt. Daß dies
keineswegs so bleiben sollte, jedoch aus ganz anderen Gründen,
ergab sich bei der Einschulung unseres Sohnes.

Bei Anmeldung, die beim Schulleiter stattfand, der gleichzeitig im


folgenden Schuljahr unsere Tochter in der dritten Klasse unter-
richten sollte, trug die Mutter die Bitte und den Wunsch vor, der
Kompromiß mit dem Schulkreuz, wie er von dem Ortspfarrer mit-
getragen worden war, möge auch weiterhin gelten. Doch der Lei-
ter der Schule blockte die Bitte unwirsch ab.
Als die Ehefrau heimkam, die Situation schilderte, beschlossen
wir, keine weiteren Erörterungen mit diesem Manne zu führen,
sondern uns sofort an das Schulamt als Aufsichtsbehörde zu
wenden. Verfaßten einen Brief, den wir fortan als „Urbrief“ be-
zeichneten, da er alle wesentlichen Gesichtspunkte enthält, die
später auftauchten, bis hin zur Verfolgung unserer Familie durch
die Behörden.
Hier der Text:

„An das Staatl. Schulamt 20.07.1987


Betreff: Grundschule/F./ "Kruzifix"

Sehr geehrte Damen und Herren!

Bitte teilen Sie uns mit, welche pädagogischen Gesichtspunkte die Schule,
bzw. das Schulamt daran festhalten lassen, weshalb der Corpus des Chri-
stus auf dem Kreuz und warum er über der Tafel hängen soll.
Der Schulleiter von F., Herr X, hat abgelehnt, bei der Schuleinschreibung
unseres zweiten Kindes, das Kreuz abzuhängen und es gegen ein kleineres,
welches an der Seite hängen sollte, umzutauschen, so wie wir es mit Herrn
Pfarrer Y für unser erstes Schulkind vereinbart hatten.
Leider erfuhren wir erst jetzt, daß bereits der Schulrat eingeschaltet war
(schließlich mußte sich Herr Y /Pfarrer/ - zu Unrecht - eine Rüge vom Schul-
rat einholen!).

Wird bei der Aufhängung des Corpuskreuzes über der Tafel berücksichtigt,
daß die Seele des Kindes während der Aufnahme des Unterrichtsstoffes
ständig unbewußt das Kreuzigungsmotiv...... aufnimmt.
Können Sie uns die dadurch entstehenden Folgen für die seelisch-geistige
Entwicklung des Kindes darlegen?
18

Es mag bisher aus der Tradition heraus einfach die Christusdarstellung von
der Kirche in die Schule hineingetragen worden sein; solange die Schule die
Wirkung des Kreuzes mit dem Corpus auf die Seele des Kindes nicht päda-
gogisch begründen kann, hat sie gegenwärtig kein Recht mehr, zu unter-
richten.
Es darf nicht einfach aus jahrzehnter- oder jahrhundertelanger Tradition
etwas so Bedeutsames und gewichtig Wirksames, wie der ständige unfrei-
willige Zwang auf das Kind, das nicht katholisch ist, weiterbestehen.

Um den Unterricht aufzunehmen, muß das Kind zur Tafel blicken und je-
desmal fällt das Kreuz in den Blickwinkel des Kindes und prägt somit sein
Unterbewußtsein.
Wir sind bemühende Christen aus der Erneuerung der Anthroposophie und
können in einer allgemein öffentlichen Schule so etwas nicht dulden.
Durch die Geistesforschung Rudolf Steiners sind uns viele Hintergründe der
Geschichte der Katholischen Kirche bewußt.

Das lebendige Christentum verlor sich um das 9. Jahrhundert. Bis dahin


vernahm der Priester während seiner Kulthandlung die Hierarchischen We-
senheiten, die bei der Wandlung zugegen sind. Durch diesen Verlust der
Lebendigkeit rückte mehr und mehr der Leidensweg des physischen Kör-
pers der Christuswesenheit in den Vordergrund.
Durch die betonte Darstellung des Christus als körperlich Leidender tritt
das eigentliche Geschehen in den Hintergrund, nämlich der Sieg der Auf-
erstehung.
Rudolf Steiner berichtet, die Katholische Kirche hatte durch den Verlust der
Lebendigkeit vermehrt an öffentlichen Plätzen und Wegen den Gekreuzigten
dargestellt. Dadurch wurden die Seelenkräfte der Menschen gelähmt, weil
sie in der Verehrung des Abbildes nur das Tote und Gelähmte des Christus-
ses als Hülle in sich aufnahmen.
Christus der Auferstandene trat im Jahreslauf nur noch zu Ostern in Er-
scheinung.
Der heutige Zustand aller Kirchen zeigt ja, wie wenig ernst die wirkliche Su-
che nach dem Christus ist, sich alles in Tradition erschöpft und deswegen
keine wirkungsvollen Antworten auf die Nöte unserer Zeit gegeben werden.
Diese Antworten finden wir z. Zeit alleine in der Anthroposophie.
Wir wissen auch durch diese Quelle, durch die Bemerkungen Rudolf Stei-
ners, daß die öffentlichen Schulen die Seelenkräfte der Kinder lähmen wer-
den und die Folgen dadurch katastrophale Ausmaße annehmen werden!!!
>Waldorfpädagogik
....

So wie Galilei im Mittelalter das Weltbild veränderte, doch zuerst von der
katholischen Kirche fast verbrannt wurde, so mag auch unser Verlangen
den bisher gewohnten Weltzusammenhang sprengen und die Gemüter in
Aufruhr versetzen.

Sollte es aber wirklich einen Paragraphen geben, der Platz, Größe und Ort,
sowie das Vorhandensein eines Corpus vorschreibt, so verstößt dies gegen
19

das Grundgesetz, denn das Kind kann sich nicht wehren und kann einen
jahrelangen, ständigen Anblick des Kreuzes und des Corpus nicht aus sei-
ner Seele tilgen.

Die Schule darf nicht religiös prägend sein, außer im Religionsunterricht.


Sollten zum Schulanfang die Kreuze mit Corpus in der Klasse hängen und
nicht durch einfache, nicht zu große Holzkreuze, welche nicht im ständigen
Blickwinkel des Kindes liegen, ausgetauscht sein, so sehen wir uns ge-
zwungen, unsere Kinder nicht zur Schule zu schicken.
Von unserer Seite kann jedoch ein Gericht nicht angerufen werden, da wir
aus Erfahrungen des 3. Reiches Gerichten nicht einfach mehr trauen kön-
nen, denn es wurde kein einziger Richter bis heute wegen seiner Untaten
verurteilt.
Um eine baldige Antwort wird gebeten.
E. Seler
R. Seler“

Soweit der Brief an das Schulamt.

Dieses Schreiben enthält den ersten Hinweis auf das Grundge-


setz, nimmt das Ergebnis des Bundesverfassungsgerichtes vor-
aus. Es verweist weiter auf die geschichtliche Problematik, sowie
auf die bisher in der Fachwelt und der Öffentlichkeit außer Acht
gelassenen Frage nach der seelischen Auswirkung einer jahrelan-
gen charakterlichen Prägung mit Hilfe des Kruzifixes, des Kreu-
zes. Antworten können hier vor allem Tiefenpsychologen geben.
Natürlich bleibt die rechtliche Frage hier vorerst außen vor. Eine
Auswirkung durch den zwingenden Anblick eines Kruzifixes auf
das Unterbewußtsein ist dann jedoch wieder ein Rechtsproblem.
Es existieren wissenschaftlich fundierte Untersuchungen mit reli-
giösen Symbolen, auch dem christlichen Kreuz, in denen die ver-
schiedenen Wirkungen auf das Unterbewußtsein dargestellt wer-
den. So wurde z.B. festgestellt, der verlängerte Stamm lähmt bei
Muskeltests, die physische Kraft des Probanden, beim gleich-
schenkeligen Kreuz fehlt eine solche Reaktion. Die von Rudolf
Steiner charakterisierte und beklagte "materialistische" Entwick-
lung des Christentums wird auch mit der einseitigen Kreuzesver-
ehrung1 erklärt werden können. Hinsichtlich unserer Bedenken
wegen der Gerichte haben die folgenden Ereignisse diese nach-
träglich als gerechtfertigt, als Vorausahnung bestätigt.
Vom Schulamt erhielten wir auf die gestellten Fragen keine Ant-
wort, doch wurde schriftlich mitgeteilt, der Schulleiter werde un-
seren Wunsch erfüllen.
20

Wir telephonierten mit dem Schulleiter, verlangten, er möge ein


einfaches helles Kreuz seitwärts im Klassenzimmer unserer Kin-
der anbringen. Er versprach dies zu tun.
Im Herbst wurde unser Sohn eingeschult, die Tochter ging zum
Schulleiter in die dritte Klasse. Die Mutter begleitete den Knaben
bei seinem ersten Gang zur Schule. Als beide während einer Pau-
se auf dem Flur standen, kam der Schulleiter vorbei, fragte, ob
alles in Ordnung sei. Meine Ehefrau bejahte die Frage, welche sie
auf den Sohn bezog, der weinend neben ihr stand. Er bekam
Angst in der fremden Umgebung.

Wieder daheim, erfuhr ich, daß entgegen der schulischen Verein-


barung ein großes dunkles Kreuz über der Tafel befestigt war.
Die Ehefrau war schockiert gewesen, als sie den Bruch der Ver-
einbarung bemerkte. Um vor Ort mit der Klassenlehrerin zu re-
den, hätte sie das Kind alleine lassen müssen.
Rief sofort bei dem Schulleiter an, erinnerte an seine Zusage, ein
helles Kreuz seitwärts zu hängen.
Er antwortete pampig, meine Frau habe gesagt, alles sei OK.
Wies ihn auf ein mögliches Mißverständnis hin, bat ihn noch-
mals, sein Versprechen und die Zusage des Schulamtes einzuhal-
ten. Er verneinte daraufhin, ein Versprechen gegeben zu haben.
Meiner Reaktion, wir müßten Schritte gegen ihn einleiten, be-
gegnete er wortwörtlich:

„Lassen wir`s darauf ankommen“.

An dieser Stelle beginnt eigentlich die Eskalation in der Ausein-


andersetzung um das Schulkreuz. Niemals handelte der Schul-
leiter aus eigener Verantwortung. Es mußten im Hintergrund
agierende Verantwortliche am Werke sein. Kein kleiner Beamter,
wie auch ein Schulleiter dies noch ist, würde wagen, von sich aus
zur Eskalation eines Konfliktes beizutragen, wenn die Lösung
greifbar ist.

Wir nahmen unsere Kinder von der Schule, informierten das


Schulamt. Da kam Bewegung in die Angelegenheit.
Sofort am nächsten Tag ein Anruf aus dem Landratsamt. Ein Ju-
stitiar meldete sich, obwohl jemand Anderes zuständig sei, der
betreffende Beamte des Schulamtes wäre gerade im Urlaub, wolle
er vermitteln, er interessiere sich auch persönlich für den Fall, ob
wir mit einem Besuch einverstanden wären.
21

Roch schon etwas den Braten einer behördlichen Überprüfung


unserer familiären Verhältnisse. Schlug deshalb einen „Wald-
spaziergang“ vor. Daß diese Vorsicht begründet war, wird sich
später erweisen.
Der Beamte gebärdete sich recht freundlich. Wir kamen während
unseres Spaziergangs auch auf weltanschauliche Dinge zu spre-
chen. Er interessierte sich für Yoga, ließ sich einiges über die An-
throposophie erzählen.
Würde dies heute als klassisches Aushorchen bezeichnen.
Der Beamte ließ durchblicken, höchste kirchliche und staatliche
Stellen seien in die Angelegenheit eingeschaltet.
Würde dies jetzt als versteckte Einschüchterung erkennen.
Welcher Bürger wagt es schon, sich mit den höchsten Hierarchien
der Kirche und des Staates anzulegen. Er wird nach einer solchen
geschickt eingebauten Bemerkung seine Anliegen wieder zurück-
ziehen, klein beigeben.

Im Verlaufe des nächsten Vormittags kam der Schulleiter vorge-


fahren. Mit einem Büchlein wedelnd betrat er das Grundstück,
rief in Richtung unseres Hauses, wir standen am Fenster, das
Schulgesetz schreibe das Kreuz vor.
Zorn bebte, rief zurück, er solle das Grundstück umgehend ver-
lassen, mit einem Lügner würden wir keine weiteren Gespräche
führen. Da kehrte er doch recht zerknirscht um, wie er Jahre
später auch zugab. Öffentlich ein Lügner genannt zu werden,
noch dazu zu recht, war beschämend.

Drei Tage danach ein Telephonanruf aus der Schule, er habe


kleine Kreuze ohne Korpus besorgt, so der Schulleiter. Solle doch
bitte vorbeischauen, falls etwas zu beanstanden sei.
Tatsächlich stellte sich heraus, der Schulleiter hatte entgegen der
Vereinbarung dunkle Kreuze mit herabhängenden Seitenteilen
gekauft. Erklärte den mit anwesenden Pädagogen der Schule, die
herabziehenden Seitenarme wirkten seelisch lähmend, so wie
auch herabhängende Mundwinkel kein erhebender Anblick sind.
Die dunkle Farbe würde zusammen mit der Form des Holzes nur
dunkle Gefühle bewirken.

Die erneut beanstandeten Kreuze umzutauschen, war sich der


Beamte zu fein. Fast wäre es zu einem erneuten Konflikt ge-
kommen. Da erklärte die ehemalige Lehrerin unserer Tochter sich
bereit, das Problem zu lösen. Welch ein Kreuz mit dem Kreuz.
22

Die Aufregung, welche der frühere priesterliche Kompromiß um


das Schulkreuz in der lokalen Öffentlichkeit und der Bürokratie
hervorrief, war nie zu uns gedrungen. Wir hatten auch diesmal
keine Ahnung davon, was hinter den Kulissen geschah. Jahre
später schrieb uns ein Abgeordneter, die damalige Vorsitzende
des Kulturausschusses des Landtages, Mitglied der SPD-
Fraktion, habe den erneuten Kompromiß mit dem einfachen
Schulkreuz erwirkt.
Also erzielten weder die lokalen Schulbehörden, noch das Kul-
tusministerium den Kompromiß. Sie waren die ganze Zeit über
stur geblieben. Und die Götter mögen wissen, welche heißen Dis-
kussionen auf höchster politischer und kirchlicher Ebene statt-
fanden und auf welche Weise eine Abgeordnete der SPD-Fraktion
im Landtag den Kompromiß durchsetzte. Der weitere Verlauf der
Geschichte wird zeigen, zu was die Verantwortlichen der be-
teiligten Behörden und die politischen Strippenzieher im Hinter-
grund in ihrer Verblendung um das Schulkreuz fähig sind.

Nach drei Tagen Schulstreik kehrte wieder Frieden in den allge-


meinen Schulalltag ein. Unser Sohn behielt jedoch seine anfäng-
liche Angst vor der Schule. Ob die Aufregung wegen des Kreuzes
dazu beitrug, bleibt offen. Nach vierzehn Tagen nahmen wir ihn
von der Schule.

Wir ließen die ganze Angelegenheit um das Schulkreuz vorerst


auf sich beruhen. Noch blieben die Fragen wegen des Kruzifixes
unbeantwortet. Bewußt hatte man uns brüskiert, hintergangen,
ja provoziert, als der Schulleiter drohend sprach: „lassen wir`s
darauf ankommen“, auf eine Auseinandersetzung. Sie, die Leh-
rer, die Behörden, mit dem Kultusministerium im Rücken, wür-
den den aufmüpfigen Eltern schon zeigen, wer das Sagen hat, so
mag sich der Schulleiter gedacht haben.
Monatelang warteten wir vergeblich auf eine inhaltliche Beant-
wortung hinsichtlich der Fragen um das Schulkreuz. Noch wur-
den wird Eltern im Ungewissen gelassen, warum von der Staats-
macht das Schulkreuz aufgehängt wird.
Im Frühjahr des Jahres 1988 setzten wir einen Brief an das Kul-
tusministerium auf. Wir wollten endlich wissen, wie die gesetz-
lichen Grundlagen lauteten. Welche Rechte hatten wir Eltern?
Welche Gesetze bestimmten Aussehen und Größe des Kreuzes?
Von den Behörden vor Ort wurden wir im Ungewissen gelassen.
Wochen des Wartens vergingen.
23

Da kündigten wir an, unsere Tochter von der Schule zu nehmen.


Auch dies löste keine Reaktion aus.
Wir nahmen unsere Tochter von der Schule.
Wieder keine Reaktion der Behörden.

Offensichtlich wollte das Kultusministerium die Fragen ignorie-


ren. An dieser Stelle unsere elterliche Anfrage an das Kultusmini-
sterium:

„An das ...... Kultusministerium


Betreff: Das Kreuz Jesu Christi

17.Mai 1988
Sehr geehrte Damen und Herren!
Da wir unsere Kinder in die Schule schicken müssen (staatl. Schulzwang)
erwarteten wir seitens des Schulleiters oder des Schulamtes auf Fragen
wegen pädagogischer Maßnahmen, wie des Schulkreuzes Antworten zu er-
halten. Da dies bis jetzt nicht geschah, wenden wir uns an das Kultusmini-
sterium. Den Brief an das Schulamt legen wir als Kopie bei.

Durch die positive Begegnung mit einem höheren Beamten, der nicht im
Schuldienst ist, aber wegen der Kreuzesangelegenheit Kontakt mit uns auf-
nahm, hoffen wir, daß es in den oberen Beamtenhierarchien noch Menschen
gibt, die auf die Belange und Fragen der Bürger eingehen, sie ernst neh-
men.
Bemerkt sei, in Europa sind die Schulgesetze sehr verschieden, etwa in
Österreich nur Unterrichtspflicht, in Italien bis zur fünften Klasse keine No-
ten, in einem Staate nicht einmal Unterrichtspflicht... .
Dies steht im Widerspruch zu einem sich einigendem Europa.
Wie aber soll eine für alle Schulkinder gültige Schulmaßnahme gefunden
werden?
Doch nur aus des Menschen Urbild selbst.
Zu einer wahren Anschauung des Wesens des Schulkindes kommen wir
aber nur durch gelebte Geisteswissenschaft. Wir werden durch sie auch die
richtigen Ideen für eine religiöse Erziehung finden.
Die Waldorfpädagogik, welche die Geisteswissenschaft Rudolf Steiners als
ihre Grundlage hat, gestaltet ihre pädagogischen Maßnahmen aus der Er-
kenntnis des ewigen Wesenskernes des Menschen. Das schließt vorirdi-
sches Leben, sowie ein bewußtes Erfassen des nachtodlichen Seinszustan-
des der menschlichen Seele mit ein.
Da unser Bundeskanzler Kohl seine zwei Söhne (damalige Fehlinformation
durch Dritte; tatsächlich nur ein Sohn, wie ein Mitarbeiter des Teams von
Herrn Biolek (ARD) im Bundeskanzleramt nachforschte) auf der Waldorf-
schule hatte, so unser Regierungsoberhaupt sich in den "Genuß" der Gei-
stesforschung Rudolf Steiners brachte, so möchten wir in diesem Schreiben
auf die Anthroposophie verweisen, da dies wahrer Pädagogik dienlich ist.
.............
24

Das Kreuzproblem!
Als wir unsere Tochter einschulen ließen, bemerkten wir den schädlichen
Einfluß eines 80 cm großen Kreuzes mit 60 cm großen Corpus. Es hing nur
ein paar Meter vor ihr neben der Tafel. Der Ortspfarrer fand sich damals be-
reit, das Kreuz gegen ein Kleineres umzutauschen und an die Seite zu hän-
gen.
Als unsere Tochter in die dritte Klasse zu Herrn B. -Schulleiter- kam, weiger-
te sich dieser unsere Bedenken wegen des großen Kreuzes über seiner Tafel
entgegen zu nehmen. Das Schlimme ist die totale pädagogische Verlogenheit
des Schulleiters, die Unwilligkeit auf unsere Fragen einzugehen. Dieser
Vorwurf gilt gleichermaßen den Herren im Schulamt. Jedoch mußte die nun
eingeschaltete Schulbehörde unserem Begehren, das Kreuz gegen ein Klei-
neres, ohne Korpus umzutauschen, stattgeben, ohne jedoch auf unsere Fra-
gen in irgendeiner Weise einzugehen.
Es ist fast wie im Mittelalter, als Fürsten den Glauben der Untertanen be-
stimmten; so auch jetzt mit dem Kreuz. Solange wir keine Antwort auf unse-
re Fragen erhalten, wirkt die Schulbehörde unglaubwürdig.
.....
Uns wurde bereits angedeutet, unsere Fragen könnten "hochpolitisch bri-
sant" werden und auch die Presse würde sich der Sache wohl annehmen.
Uns lag von Anfang an daran, nicht zu viel Wirbel zu verursachen. Aber wir
können bei einem solchen Verhalten, wie es der Schulleiter und das Schul-
amt an den Tag legten, nicht anders als nun genau nach der Rechtsgrund-
lage des Staates fragen.
Wer hat das Recht auf Beeinflussung der Kindesseele mit Hilfe eines religi-
ösen Symbols?
Die Eltern oder die Schule?
Falls vom Gesetzgeber dieses Recht auf Prägung der Kindesseele mittels
Symbol der Schule, dem Staat übertragen wurde, wird das ureigenste Recht
der Eltern verletzt!
(So wie im Mittelalter die Untertanen den "Glauben" ihres Herrschers an-
nehmen mußten)
Bitte teilen sie uns den entsprechenden Paragraphen mit.
Wahrscheinlich ist jedoch dieses Problem vom Gesetzgeber bis jetzt nicht
genügend erkannt oder geklärt worden.
Einige Begegnungen mit Justizfachleuten haben uns Einblick in die "hohe
Kunst" der Justiz gewähren lassen. Dies ist ernst gemeint.
Hoffen wir, daß nicht wie im Dritten Reich die Justiz sich mißbrauchen läßt.
..............
E. Seler
R. Seler“

Wochen vergingen. Weder das Kultusministerium, noch das


Schulamt meldeten sich bei uns Eltern. Wir wiesen beide Behör-
den wiederholt schriftlich darauf hin, sie müßten nur antworten,
die Anfrage werde behandelt, dann könne die Tochter sofort wie-
der zur Schule gehen.
Es gab keinerlei Reaktion.
25

Sah mich als Vater zum Äußersten gezwungen, kündigte ein un-
befristetes Fasten an, weil es den Behörden offensichtlich egal
war, ob unsere Tochter zur Schule ging. Denn nur die Bestäti-
gung der Bearbeitung unseres Briefes hätte den Schulstreik be-
endet.
Etwa zwei Wochen später kam überraschend die Antwort auf un-
sere Fragen. So konnte das politische Fasten abgebrochen wer-
den. Das Schreiben:

„ ....... Staatsministerium für Unterricht und Kultus


Nr. III/8 -8/50 9538

21.Juni 1988

Betreff: Schulkreuz in Klassenzimmern der Volksschule


hier: Grundschule F.
Zum Schreiben vom 19.05.1988

Sehr geehrte Frau Seler, sehr geehrter Herr Seler,

Ihr Schreiben vom 19.05.1988 ist beim Staatsministerium für Unterricht und
Kultus eingegangen.
Wie Sie darlegen wurde Ihrem Anliegen, das Kreuz in Klassenzimmer Ihres
Kindes an andere Stelle zu hängen bereits Rechnung getragen.
Ihre grundsätzlichen Fragen zur religiösen Erziehung der Kinder und zum
Schulkreuz werden wie folgt beantwortet:

Ihre persönlichen Auffassungen zu Fragen der Religion, (etwa: "das leben-


dige Christentum verlor sich um das 9.Jahrhundert") oder zur Anthroposo-
phie Rudolf Steiners kann das Ministerium nicht kommentieren. Der Staat
hat hier religiöse und weltanschauliche Neutralität zu wahren. Nach
deutschem Verfassungsrecht kommt es ihm nicht zu, den Bürgern zu sagen
woran sie glauben sollen. Vielmehr garantieren Grundgesetz (Art. 4) und
Bayerische Verfassung (Art. 107) das Grundrecht der Glaubens-, Gewis-
sens- und Bekenntnisfreiheit des Bürgers.
Art. 7 Abs. 3 Grundgesetz (GG) lautet: "Der Religionsunterricht ist in den öf-
fentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches
Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts wird der Religions-
unterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemein-
schaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden,
Religionsunterricht zu erteilen." Welche Lehren zu einem Bekenntnis gehö-
ren, wird von der jeweiligen Religionsgemeinschaft ohne jede Beteiligung
des Staates festgelegt. Der theologische Inhalt des Religionsunterrichts
hängt also von den Religionsgemeinschaften ab.
Gemäß Art. 7 Abs. 2 GG haben die Erziehungsberechtigten das Recht, über
die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen. Es bleibt
Ihnen folglich unbenommen, Ihr Kind vom Religionsunterricht abzumelden,
26

wenn Sie mit den dort vermittelten religiösen Lehren nicht einverstanden
sind. Über den Religionsunterricht hinaus wird in der Schule keiner spezifi-
schen religiösen Lehre einer bestimmten Konfession unterrichtet. Das
Staatsministerium stimmt Ihrer (in Ihrem Schreiben an das Staatliche
Schulamt Schwandorf vom 20.07.1987 vertretenen) Auffassung zu, daß die
Schule außerhalb des Religionsunterrichts nicht religionsprägend sein darf,
wenn Sie damit spezifische religiöse Lehren einer einseitigen Richtung mei-
nen.
Eine andere Frage ist es jedoch, inwieweit das Kind in der Schule auch au-
ßerhalb des Religionsunterrichts mit allgemeinen religiösen Inhalten an-
gesprochen werden darf. In diesen Zusammenhang gehört die von Ihnen
zum Problem erklärte Anbringung eines Schulkreuzes.

Das Kreuz ist ein Symbol christlichen Glaubens, nicht einer spezifischen
Konfession. Die Anbringung von Kreuzen in Klassenzimmern stützt sich
rechtlich auf ' 13 Abs. 1 Volkschulordnung. Dort heißt es: " Die Schule un-
terstützt die Erziehungsberechtigten bei der religiösen Erziehung der Kinder.
Schulgebet, Schulgottesdienst und Schulandacht sind Möglichkeiten dieser
Unterstützung. In jedem Klassenzimmer ist ein Kreuz anzubringen. Lehrer
und Schüler sind verpflichtet, die religiösen Empfindungen aller zu achten."
Auf die Anbringung eines Kreuzes wird aus Toleranzgründen verzichtet,
wenn ein Klassenzimmer ausschließlich von Schülern benutzt wird, die kei-
nem christlichen Bekenntnis angehören.
Die genannte Vorschrift der Volkschulordnung basiert auf einem Bildungs-
ziel, das in Art. 131 Abs. 2 der Bayerischen Verfassung genannt wird: der
Ehrfurcht vor Gott. Dieses Bildungsziel ist mit der vom Staat gebotenen
Neutralität und der Gewährleistung eines weltanschaulichen Pluralismus
durchaus vereinbar. Wenn der Staat die Religions- und Gewissenfreiheit
seiner Bürger achten und schützen muß, so bedeutet das nicht, daß er sich
auf die Rolle eines Schiedsgerichts von Gruppen- und Verteilungskämpfen
zu beschränken hat. Gerade die Erfahrungen in der Zeit des Dritten Reichs
haben die Notwendigkeit eines ethisch begründeten Fundaments, das auf
der gemeinsamen Grundüberzeugung der Bürger beruht, allen vor Augen
geführt. Das Kreuz als konfessionsunabhängiges Symbol des Christentums
ist in dieser Weise besonders geeignet die überpositivistische Dimension der
staatlichen Bildungsziele in Erinnerung zu bringen. Gerade in der Zeit des
Dritten Reichs, auf die Sie sich hinsichtlich Ihres Mißtrauens gegen die Ju-
stiz beziehen, wurden die Kreuze aus den Klassenzimmern entfernt.
Da mit der Anbringung von Schulkreuzen keine spezifische konfessionsge-
fundene Lehre in den allgemeinen Unterricht getragen wird, sind Ihre Ein-
wendungen aus der Sicht des Ministeriums unberechtigt.
Mit dem überkonfessionellen Schulgebet, dessen Abhaltung (ebenfalls au-
ßerhalb des Religionsunterrichts) der Anbringung von Schulkreuzen in Be-
deutung und Sinngehalt etwa entspricht, war auch das Bundesverfas-
sungsgericht befaßt. In seiner Entscheidung vom 16.10.1987 (BverfGE 52,
223) hat es die Verfassungsbeschwerden von Eltern gegen das Schulgebet
zurückgewiesen. Dabei brachte das Gericht folgendes zum Ausdruck: Die
Eltern haben das Recht und die Pflicht, für die Pflege und Erziehung ihrer
Kinder nach ihren eigenen Vorstellungen - vorbehaltlich des Art. 7 GG - mit
27

Vorrang vor anderen Erziehungsträgern Sorge zu tragen. Der Staat hat ei-
nen verfassungsrechtlichen Erziehungsauftrag hinsichtlich der Schul-
erziehung. Deshalb kann der Staat in der Schule grundsätzlich unabhängig
von den Eltern eigene Erziehungsziele verfolgen. Sein Erziehungsauftrag ist
eigenständig und den der Eltern gleich geordnet.
Dabei darf der Staat - auch außerhalb des Religionsunterrichts - allgemei-
nes konfessionsunabhängiges christliches Gedankengut zum Unterrichtsge-
genstand machen.
In diesem Zusammenhang legt in Art. 135 der Bayerischen Verfassung fest:
"Die öffentlichen Volksschulen sind gemeinsame Schulen für alle
volksschulpflichtigen Kinder. In ihnen werden die Schüler nach den Grund-
sätzen der christlichen Bekenntnisse unterrichtet und erzogen". Zur Konkre-
tisierung dieses Verfassungsartikels bestimmt Art. 6 Abs. 2 des Bayeri-
schen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen. " In den
Volksschulen werden die Schüler nach den gemeinsamen Grundsätzen der
christlichen Bekenntnisse unterrichtet und erzogen. In Klassen mit Schülern
gleichen Bekenntnisses wird darüber hinaus den besonderen Grundsätzen
dieses Bekenntnisses Rechnung getragen."
Mit der Anbringung eines Schulkreuzes erzieht die Schule nach eben diesen
gemeinsamen Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse, ohne hierbei in
theologische Fragen einzugreifen. Davon, daß das Schulkreuz eine einseiti-
ge religiöse Lehre verkörpert, (etwa, daß - wie Sie behaupten - der "tote"
Christus verkündigt wird) kann keine Rede sein. Das Zeichen des Kreuzes
steht nicht für spezifische Bekenntnisse, sondern für ein Christentum, das
von allen Konfessionen mitgetragen wird. Die Eltern haben die Anbringung
eines Schulkreuzes zu dulden; ihr Erziehungsrecht ist in keiner Weise ver-
letzt.
Was die Gestaltung und Größe des Schulkreuzes betrifft, kommt den zu-
ständigen Behörden (Schulleiter und Schulamt) pädagogisches Ermessen
zu. Es spricht nichts dafür, daß die seelische Entwicklung eines Kindes
durch ein 80 cm großes Kreuz mit Corpus in irgendeiner Art beeinträchtigt
wird.

Vielmehr beinhaltet das Schulkreuz einen allgemein-christlichen Aussage-


wert, der zur charakterlichen Bildung der Schüler positiv beiträgt.
Mit freundlichen Grüßen
i.A.
Dr. K.
Ministerialdirigent“

Die sich widersprechenden Gedankengänge des amtlichen


Schreibens mag Jeder selbst erkennen.
Für uns Eltern von Bedeutung, der Staat gibt zu, er wolle mit
dem Schulkreuz die Kinder charakterlich prägen. Welche "über-
positivistische Dimension" der staatlichen Bildungsziele mit dem
Symbol des Christentums in "Erinnerung" gebracht werden soll,
bleibt schleierhaft. Wenn Jemand „erinnert“ werden soll, dann ist
28

er bereits vorher geprägt worden, soll also mit Hilfe des christ-
lichen Symbols bei der „Stange“ gehalten werden. Inwieweit der
Kreuzestod und die Auferstehung des Herrn Jesus Christus keine
„spezifische konfessionsgefundene Lehre“ darstellt, bleibt ohne
Erklärung. Nach welchen pädagogischen Maßgaben Schulleiter
und Schulamt "Gestaltung und Größe des Schulkreuzes" be-
stimmen dürfen, entzieht sich elterlicher Einsicht. Das Kultusmi-
nisterium gibt unumwunden zu, das Schulkreuz stellt eine päda-
gogische Maßnahme dar. Wenn weiter die Verfassung als religiö-
ser Auftrag für den Staat dient, die Schulkinder in "Ehrfurcht
vor Gott" zu erziehen, erhebt sich die Frage, ob die Landes-
verfassung mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutsch-
land vereinbar ist. Eine Erziehung hin zur "Ehrfurcht" vor Gott
zeigt uns eine fundamentale Widersprüchlichkeit der christlichen
Weltanschauung, so wie sie durch die Amtskirche gelehrt wird.
Ehre und Furcht widersprechen sich. Es ist der alttesta-
mentarische Gott der gepredigt wird, der Furcht und Schrecken
verbreitet, dessen Zorn wir Menschlein zu fürchten haben. Wer je
mit der Philosophie und der Gottesvorstellung der indischen Reli-
gionswelt, etwa der göttlichen Wesenheit Sri Krishna in Berüh-
rung gekommen ist, kann erahnen, es gibt der christlichen Vor-
stellungswelt entgegengesetzte Gottesvorstellungen. Ein Gott der
stets liebt, der für seine Eingeweihten ohne Furcht erlebt wird.
Sogar das Schreckliche, das Böse der Welt wird in der Bhagavat-
Gita zu einem "Spiel", einer "rasa-lila" Gottes selbst.

Da der Staat bekundete, mit Hilfe eines Schulkreuzes, sogar ei-


nes Kruzifixes, Kinder nach seiner Gottesvorstellung heraner-
ziehen zu wollen, charakterlich zu prägen, so bedeutete dies na-
türlich unmittelbare Konsequenzen.

Als einziger Ausweg blieb uns, das vom Grundgesetz garantierte


Widerstandsrecht anzuwenden: Ungehorsam.
Ein Staat, der beansprucht, mit Kreuzen und Kruzifixen Kinder
charakterlich zu erziehen, für das Leben zu prägen, mißachtet
neben den verfassungsrechtlichen Grundrechten auch wesent-
liche Menschenrechte. Niemals konnten wir dem Erziehungsziel
der Landesverfassung, der "Ehrfurcht" vor Gott" zustimmen.
Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht vor Jahren eindeutig
eine Erziehung nach „christlichen Bekenntnissen" verneint, doch
zögerten damals die Höchsten Richter das Wort "christlich" aus
der Landesverfassung zu streichen. Sie bestimmten jedoch, das
29

Wort dürfe nur im kulturellen Sinne verwendet werden.


Es muß beachtet werden, wesentliche „abendländische Werte",
wie etwa die Religionsfreiheit, wurden gerade gegen den massiven
Widerstand der Amtskirchen unter großen persönlichen Opfern
errungen.

Wie konnten wir guten Gewissens unsere Kinder den staatlichen


Behörden zur Erziehung überlassen. Es blieb auch im Dunkeln,
aufgrund welcher Rechtsgrundlage katholische Priester die
Schulkreuze mit einem Ritus weihten. "Katholische Magie" in al-
len Klassenzimmern zu jeder Minute des Unterrichts? Noch zu
Beginn des 19. Jahrhunderts vertrat ein österreichischer Bischof
öffentlich die Auffassung, sie, die Priester seien stärker als Chri-
stus, da sie diesen durch rituelle Handlungen während der
„Wandlung" zum Erscheinen am Altar zwingen könnten.
Solche aberwitzige Gedanken wurden von Kirchenoberen unwi-
dersprochen verbreitet. Es bleibt offen, ob solche mittelalterlich
verschrobenen Ideen bei einigen Kirchenleuten auch heute noch
lebendig sind. Wer weiß, welch verborgenen Interessen die Ka-
tholische Amtskirche mit dem weltlich verordneten religiösen
Symbol verbindet.
Das Schulamt erhielt eine schriftliche Mitteilung: erst wenn die
Kreuze abgehängt sind, könne der Schulbesuch wieder aufge-
nommen werden.

Niemand meldete sich bei uns. Die Behörden spielten auf Zeit. Sie
dachten wohl, wir würden sowieso bald den Schulstreik aufgeben.
In den Ferien begannen wir, unsere Kinder selbst zu unterrich-
ten, teilten dies den Behörden mit. Gleichzeitig schrieben wir ei-
nen Brief an das Kultusministerium:

„An das .....Kultusministerium


Az.: III/8-8-/50938
25.07.1988
Sie schreiben:
"Das Kreuz ist ein Symbol christlichen Glaubens, nicht einer spezifischen
Konfession."
Dies stimmt nicht. Es gibt christliche Konfessionen, die das Anbeten und
das Anbringen von Kreuzen als götzendienerisch ablehnen.
Das Kreuz wird also nicht von allen christlichen Konfessionen mitgetragen
(so wie Sie behaupten).
Zum Beispiel lehnen auch die Mormonen, die ebenfalls den Christus vereh-
30

ren und als kommenden Erlöser erwarten, das Kreuz als Symbol ab.
Sie schreiben, das Kreuz soll den Schüler an die christlichen Ideale erin-
nern.
Hier befinden Sie sich vollkommen im Irrtum, da ein siebenjähriges Kind,
welches zum ersten Mal stundenlang ein 80 cm großes Kreuz mit 60 cm
großem Korpus anblicken muß (weil es unmittelbar vor ihm neben der Tafel
hängt) die Kreuzesform und den Leichnam niemals verstehen kann. Wenn
Eltern ihr Kind bis zum Schulgang bewußt, aus christlicher Verantwortung,
nicht das Leichnamssymbol gezeigt haben, so sieht die Kindesseele zum
ersten Mal stundenlang (gezwungenermaßen) das Kreuz, das Kind kann
sich also an nichts erinnern. Das Kind muß schon katholisch sein, um den
Kreuzeskult des Elternhauses im Klassenzimmer wiederzufinden, um sich
so an irgendetwas erinnern zu können.
Ein 7-jähriges Kind wird also mit dem Kreuz erst geprägt, es kann sich an
nichts erinnern, wenn es vor dem Schulgang noch nie etwas über das Kreuz
erfahren hat.
Sie schreiben, „da mit der Anbringung von Schulkreuzen keine spezifische
konfessionsgefundene Lehre in den allgemeinen Unterricht getragen wird,
sind Ihre Einwendungen aus der Sicht des Ministeriums unberechtigt.“
Nur eine allgemein-gültige Sicht kann uns weiterhelfen. Weder unsere eige-
ne, noch die des Ministeriums.
Da eben, wie etwa die Mormonen zeigen, das Kreuz durchaus konfessions-
gebunden ist, bricht das Kultusministerium elterliche religiöse Erziehungs-
rechte. Der Staat muß berücksichtigen, daß Christen nicht das Kreuz als
Erinnerungssymbol oder als Anbetungsobjekt verwenden. Auch wird beim
Schulgebet das Kreuz direkt angebetet, so ist dies auf jeden Fall götzen-
dienerisch und nicht nur ein Erinnerungsvorgang.
Wir wollen unserem Kinde eben nicht das Kreuz als Erinnerung einprägen
lassen. Dies geschieht aber, wenn das Kreuz im Schulraum hängt, vor al-
lem, wenn es über oder neben der Tafel hängt.... ... . Wie kann ein pädago-
gisches Hilfsmittel, wie das Kreuz für alle Zeiten in einem Gesetz, Verfas-
sung, festgeschrieben werden. Pädagogik ist immer in Entwickelung. So ist
das Festschreiben des Kreuzes Beweis für die dogmatisch machtausübende
Pädagogik des ...... Staates, welche sich auch durch das Beharren auf No-
tenzwang ausdrückt. Das Volk soll den Erziehungsvorstellungen einiger
weniger Staatsbeamter, bzw. Staatsgründer blindlings folgen.
Wenn der Staat, wie behauptet, als Bildungsziel die Verehrung von Gott be-
ansprucht, so muß er sich auch auf eine Diskussion einlassen, ansonsten
wirkt der Staat eben wie der Papst, der beansprucht, der oberste richtungs-
weisende Richter über Glaubensfragen zu sein.
Der Staat wird zur Farce und zum Abbild der hierarchischen Ordnung der
Katholischen Kirche. Äußere Geschichtsforschung zeigt, die christliche Ur-
kirche hatte in den ersten Jahrhunderten andere Symbole im Gebrauch, wie
etwa die Sonne oder die Fische. Erst die Katholische Kirche rückte im Laufe
des sich geistig verfinsternden Mittelalters den Kreuzeskult in den Mittel-
punkt ihres Wirkens.
Es ist mit normaler Geschichtsforschung nachweisbar, erst um das erste
Jahrtausend begann sich langsam ausbreitend, der Brauch, die Leidens-
wege Christi abzuschreiten in der Katholischen Kirche Eingang zu finden.
31

Die Katholische Kirche hat auf grausame Weise andere Konfessionen


(christliche) wie die Waldenser oder die Albigenser verfolgt. Es gab schon
früher Konfessionen des Christentums, welche das Kreuz als Anbetungs-
objekt oder Symbol ablehnten und zu einem ursprünglichen, lebendigen
Urchristentum zurückfinden wollten, wie die Waldenser.
Ihre Behauptung, das Kreuz ist das Symbol aller christlichen Konfessionen
stimmt also nicht ......... . Die von uns erzwungene, erkämpfte Beseitigung
des Korpuskreuzes ändert nichts an unserer durch Ihren staatlichen Wider-
sinn hervorgerufenen rechtlichen Frage. Hätten das Schulamt und der
Schulleiter nicht sich so stur und falsch benommen (indem das Versprechen
das Kreuz an die Seite zu hängen, nicht eingelöst wurde und wir erst unse-
re Kinder drei Tage lang daheim lassen mußten) wären wir gar nicht auf die
Idee gekommen, nach unseren Rechten zu forschen.
Da der Staat uns das Recht abspricht, unser Kind selbst nach unseren
Wünschen mit religiösen Symbolen zu konfrontieren, es zu prägen, können
unsere Kinder im Herbst nicht in die Schule gehen.
Wenn das Erziehungsideal des Staates mehr wiegt, wie das der Eltern und
zwar auf dem religiösen Gebiete, so befinden wir uns leider in einem Un-
staate, der mit staatlicher Macht und Willkür seine Interessen gegen die El-
tern durchsetzt.
Es sind Elternrechte, welche aus der göttlich-geistigen Welt jedem Eltern-
paare zustehen und die auch vom Grundgesetz geschützt werden.
Hoffen wir, daß die Gerichte sich nicht beugen lassen vom Staate, wie im
Dritten Reich. Sie haben uns mißverstanden wegen dem Mißtrauen.
Wir hegen Mißtrauen gegen die jetzigen Gerichte, da sie die Richter des Drit-
ten Reiches nicht verurteilten. Weil Rechtsprechungen, die objektives Un-
recht waren, wie etwa die Zwangssterilisation... bis heute als rechtens gel-
ten, da unsere Gerichte sagen, damaliges Recht wurde durch damalige Ge-
setze gesprochen, somit sind die Urteile rechtens (zwischenzeitlich hat der
Bundestag die Rechtswidrigkeit der Zwangssterilisation anerkannt).
Ist dies nicht auch so mit dem Kreuzesparagraphen, nur weil er im ..... Ge-
setze steht, soll er wirklich rechtens sein. Niemals. Recht wird immer durch
Intuition geschaffen.
Wenn beim Verfassungsgericht eine Handvoll Menschen Recht sprechen sol-
len, welches Millionen von Menschen betrifft, so wäre das Diktatur, wenn
nicht und es ist die Frage ob das noch bei uns funktioniert, durch die Roben
ein Zeichen -äußerlich- gesetzt wird, daß ab dem Momente nicht mehr nor-
male Menschen anwesend sind, sondern das geistige Wesen der Justiz
selbst.
Hoffen wir, die deutsche Verfassungsjustiz wird wirklich von tieferen geisti-
gen Einsichten gelenkt und nicht nur von den vorhandenen Paragraphen
oder kirchlichen Interessen bestimmt.
Es gilt, das Elternrecht in der religiösen Erziehung zu stärken und die von
dem Staate, aus den Nachkriegswirren vielleicht verzeihliche Anmaßung ei-
ner religiösen Prägung zurückzuweisen. Ein Kind kann sich beim Anblick
eines über halben Meter großen Leichnams nicht freuen. Wenn es ständig
den Leichnam anschauen muß, wird ihm die Freude an den lebendigen
Christus genommen.
Unser Grundrecht und Elternrecht auf religiöse Erziehung des Kindes wird
32

somit vom Staate mißbraucht, indem er, der Staat, seine Vorstellungen einer
religiösen Erziehung dem Kinde gegen den Willen der Eltern aufzwingt. ..... .
Wir Christen müssen Christus in uns lebendig machen und haben kein
Recht, anderen Menschen unsere christlichen Ideale aufzuzwingen. Auch
der Staat hat nicht das Recht dazu..... .
Wir betonen, wir waren sehr tolerant gegenüber unseren Mitmenschen, in-
dem wir sogar ein Kreuz mit Korpus zwei Jahre lang in Klassenzimmern
hängen ließen. Der Ortspfarrer hatte uns darum gebeten.
Indem aber Schulleiter und nun das Kultusministerium unsere pädagogi-
schen Bedenken wegen des 80 cm großen Kreuzes und 60 cm großen
Leichnams abschmetterten, sehen wir uns nicht in der Lage, weiterhin Tole-
ranz zu üben und fordern unser Recht.
Weil auch Sie als oberste (sich selbst angemaßte) pädagogische Entschei-
dungsbehörde ebenfalls unsere Bedenken verneinten, erblicken wir in dem
Kreuzeskult der Schule eine Macht, welche geistig hinter Ihnen wirkend,
unsere religiöse Freiheit und Bildung beschneiden will.

Wir sind dem Kampfe gut gerüstet und nur vordergründig geht es hier um
Paragraphen.. .
Wenn der Staat uns das Kreuz als Erinnerungsmittel, wie Sie es nennen,
uns Christen vorschreibt, so werden wir religiös entmündigt. So wie die Ka-
tholische Kirche immer noch glaubt und ein Gespräch mit dem Ortspfarrer
zeigte dies, die alleinige wirkliche Kirche Christi zu sein, so spielt sich der
Staat uns gegenüber als bestimmende Kirchengewalt auf.
Wir wollen kein Kreuz für unsere Kinder.
E. Seler
R. Seler“

Die Sommerferien verstrichen, eine Lösung des Konfliktes war


nicht in Sicht. Die Kinder blieben deshalb wie angekündigt im
September der Schule fern. Eigentlich hätte ein Sohn eingeschult
werden sollen. Erneut wandten wir uns an die Behörden, da bis
dahin keine Antwort des Kultusministeriums erfolgt war.
Das Schulamt schrieb uns:

„19.9.1988
Seit Beginn des neuen Schuljahres haben Ihre drei Kinder die Schule in F...
nicht besucht. Wir machen Sie darauf aufmerksam, daß es sich dabei um
eine bewußte Verletzung der Art.1,3 und 4 des Schulpflichtgesetzes handelt
und daß weder Schulleitung noch Schulamt gewillt sind, diesen gezielten
und provozierenden Verstoß auf Dauer hinzunehmen. Wir werden alle recht-
lichen Mittel ausschöpfen, das Recht Ihrer Kinder auf Schulbesuch durchzu-
setzen, das Sie als Eltern ihnen vorzuenthalten suchen.
Wir fordern Sie, bevor wir uns zu weiteren rechtlichen Schritten veranlaßt
sehen, nochmals auf, Ihrer Fürsorgepflicht als Eltern gerecht zu werden und
Ihre Kinder unverzüglich zur Schule zu schicken.
Schulleitung, Schulamt, Landratsamt, Regierung und Kultusministerium
33

müssen Ihr bisheriges Verhalten als inkonsequent und provozierend be-


trachten. Nachdem Ihre ohnehin überspitzten Forderungen hinsichtlich
"Kreuz im Klassenzimmer" in bezug auf Größe, Form, Entfernung des Kor-
pus und Ort der Anbringung in sehr entgegenkommender Weise erfüllt sind,
nachdem Ihnen Ihrem Wunsch gemäß das Kultusministerium auf Ihre For-
derungen - in übrigens sehr sachlicher Form - sehr ausführlich antwortete,
schieben Sie wiederum laufend neue Forderungen nach, die in Ihrem
Schreiben vom 10.9.1988 darin gipfeln,
- das Kreuz abzuhängen,
- Ihrer Tochter ..... einen neuen Lehrer zu geben,
- den Notenzwang zu begründen und
- die "überpositivistische" Dimension des b. Bildungszieles genau darzule-
gen-
Darüber hinaus äußern Sie, daß Ihnen das Recht auf religiöse Erziehung Ih-
rer Kinder abgesprochen wird und Sie schreiben von religiös politischer Ver-
folgung.
Wir bitten Sie dringend, bei der Einschätzung Ihrer und Ihrer Kinder Situati-
on doch etwas realistischer zu sein. Vor allem erscheint es uns pädagogisch
und menschlich äußerst fragwürdig und gefährlich, wenn Sie Ihre Kinder
bewußt und gezielt zu Außenseitern erziehen. Wir appellieren an Ihre Ver-
antwortung als Eltern, Ihre Kinder so zu erziehen, daß sie sich jetzt und
später in dieser Gesellschaft zurechtfinden. Und das setzt einen regelmäßi-
gen und geordneten Schulbesuch voraus. Es steht uns nicht zu, Ihnen den
Rat zu geben, sich eine Gesellschaft und Umgebung zu suchen, die Ihre
doch realitätsfremden Forderungen erfüllt. Auch die von Ihnen so hochgelob-
ten Waldorfschulen können das nicht.
Im Übrigen sind wir nicht mehr gewillt, uns durch Sie laufend über unsere
Aufgaben und Verhaltensweisen belehren zu lassen. Sie wissen, daß wir
neben unserem Gewissen vor allem dem Grundgesetz und der Verfassung
des Freistaates ...... ...verpflichtet sind. Danach orientieren wir uns aus
Überzeugung und in freier Entscheidung. Wir wollen auch unsere sonstigen
Amtspflichten nicht deshalb vernachlässigen, weil uns Ihre ständig neuen
Probleme zeitlich über Gebühr belasten.
Ein Abdruck dieses Schreibens geht an alle obengenannten Behörden.

Schulrat“

Das Schulamt spielte also die beleidigte Leberwurst.


Schauen wir uns die "so hochgelobten Waldorfschulen" doch
einmal näher an.
- Dort hängen keine Kruzifixe
- Dort gibt es keinen Notenzwang
- Dort gibt es keine „überpositivistischen“ Bildungsziele.
Der Mensch selbst steht im Mittelpunkt der schulischen Bildung.
Grundlage ist die Menschenerkenntnis, wie sie von Rudolf Steiner
begründet und später weiterentwickelt wurde.
Natürlich menschelt es auch an solchen Schulen, aber die von
34

uns geforderten Punkte sind an diesen Stätten von vorne herein


realisiert. Wer ist also realitätsfremd? Offensichtlich sind den Be-
amten des Schulamtes die pädagogischen Hintergründe dieser
privaten Schulen unbekannt.
Der Schulstreik wurde fortgesetzt.
Nach elf Tagen erreichte uns folgendes Schreiben des Kultusmi-
nisteriums:

„......Staatsministerium für Unterricht und Kultus

30.September 1988
Nr. II/8 -4/96877
Schulkreuz in Klassenzimmer der Volkschule
Sehr geehrte Frau Seler,
sehr geehrter Herr Seler,

In Ihrem Schreiben an das Staatsministerium vom 17.05.1988 äußerten Sie


die Vermutung, daß die Frage, ob in Klassenzimmern Kreuze angebracht
werden dürfen, vom Gesetzgeber wahrscheinlich noch nicht genügend er-
kannt oder geklärt worden sei. Entscheidenden Wert legten Sie darauf, vom
Ministerium die einschlägigen Rechtsgrundlagen zu erfahren. Das Staats-
ministerium kam Ihrer Bitte nach und legte Ihnen in seinem Antwortschrei-
ben vom 21.06.1988 die gesetzlichen Bestimmungen eingehend dar.
Da das Ministerium Ihre Auffassung nicht bestätigte, griffen Sie nun in Ih-
rem Brief vom 25.07.1988 die gesetzlichen Bestimmungen selbst an: Sie
schreiben "... ist dies nicht auch so mit dem Kreuzesparagraphen, nur weil
er im Gesetze steht, soll er wirklich rechtens sein. Niemals. Recht wird im-
mer durch Intuition geschaffen".
Das Staatsministerium teilt diese Auffassung nicht. Die Schulordnung findet
Ihre Ermächtigung im Gesetz, das vom demokratisch legitimierten Gesetz-
geber erlassen ist. Wesen der Demokratie aber ist das Mehrheitsprinzip -
die Gesetze haben so Ihre Grundlage im mehrheitlichen Volkswillen. Freilich
sind die Befugnisse der Mehrheit durch die Rechte der Minderheit be-
schränkt. Solche Grenzen des Mehrheitsprinzips stellen die Grundrechte
dar. Sie gewährleisten der Minderheit hinreichend Schutz.
Werden die Grundrechte der Minderheit beachtet, so kann der Mehrheitswil-
le auch für die Minderheit Geltung beanspruchen. Oder wäre es besser,
wenn die geringere Zahl der größeren Zahl ihren Willen aufzwingen könnte?
Das Ministerium ist ebenso wie das Schulamt oder die anderen Behörden
an die Gesetze gebunden. Es darf keine Entscheidung treffen, die einem
Gesetz widersprechen. Wenn Sie also Ihre Kinder nicht zur Schule schicken
und damit gegen das Schulpflichtgesetz verstoßen, zwingen Sie die Behör-
den zum Handeln. Die Schulpflicht ist in der Verfassung verankert und
wurde erst unlängst vom Bundesverfassungsgericht als rechtens bestätigt.
Daß Sie mit Ihrer Verweigerungshaltung Ihren Kindern nicht Gutes tun, liegt
auf der Hand. Im Fall der Volksschule F... haben sich Schulleitung und
Schulamt rechtmäßig verhalten. Sie haben die - demokratisch zustande ge-
35

kommenen - Gesetze beachtet. Eine bestimmte religiöse Überzeugung wurde


weder Ihnen noch Ihren Kindern aufgezwungen. Im Gegenteil. Mit Ihrem
Verhalten versuchen Sie als Eltern eines Schulkindes, den übrigen Eltern
und Schulkindern der Klasse Ihre Meinung aufzunötigen. Alle anderen sol-
len sich Ihrer Auffassung fügen. Das Ministerium hofft, daß Sie die Gesetze
doch noch akzeptieren und sich zu der vom Demokratieprinzip geforderten
Toleranz durchringen werden.
Mit freundlichen Grüßen
M.
Ministerialrat“

Keineswegs hatte das Ministerium „eingehend" die gesetzlichen


Bestimmungen dargelegt. Aufgrund welcher Gesetze wird den ört-
lichen Schulbehörden die Entscheidung übertragen, ob ein Kreuz
bzw. ein Kruzifix, über der Tafel, oder an der hinteren Wand auf-
gehängt wird. Welches Gesetz bestimmt das äußere Aussehen
des „Gemarterten“. Soll er in königlicher Siegerpose entsprechend
gotischer Kunstauffassung gezeigt werden? Christus, der den
Tod überwand. Oder sollen die Dornenkrone, die fleischlichen
Wunden, die Nägel an Händen und Füßen den Erstklässlern
ständig vor Augen geführt werden?

Das Ministerium irrt sich vollkommen in seiner abschließenden


Einschätzung. Tatsächlich wollen wir Eltern den sog. Willen der
Mehrheit abwehren. Mit unserer Haltung wird den anderen Eltern
und Schülern kein Dogma aufgezwungen. Wir verlangen eben
kein religiöses Symbol, welcher Art und Form auch immer, für
unsere Kinder. Das Kultusministerium läßt die Frage offen, ob
unsere Grundrechte mit der gesetzlichen Pflicht zum Aufhängen
der Kreuze verletzt werden. Es formuliert nur pauschal, „Werden
die Grundrechte der Minderheit beachtet.....“. Inwieweit unsere
Grundrechte berührt werden, bleibt unbeantwortet. Natürlich
werden Grundrechte verletzt, wenn Eltern ihre religiöse Auffas-
sung in die Schule hineintragen, um dort ein religiöses Symbol
aufzuhängen: „Mit Ihrem Verhalten versuchen Sie als Eltern eines
Schulkindes, den übrigen Eltern und Schulkindern der Klasse Ih-
re Meinung aufzunötigen.“ Hängen die Kreuze in den Klassen-
zimmern, weil alle anderen Eltern und Kinder dies so wollen?!

Eindeutiger kann kein Beweis für die Verfassungswidrigkeit der


staatlich verordneten Schulkreuze geführt werden. Die vom Kul-
tusministerium vorgeschobene Mehrheit zwingt der Minderheit
ihre religiösen Symbole auf, während die Minderheit die Grund-
36

rechte lediglich als Abwehrrecht benennt. In Wahrheit hängen die


Kreuze in Schulen, weil die Kirchenführer und ihre politischen
Handlanger dies so wollen, Punktum. Das auch heute in vielen
Dingen „unmündige Volk“ wurde nie gefragt.

Wir nahmen die Drohung des Kultusministeriums ernst. Es war


klar, wir mußten mit der geballten staatlichen Gewalt rechnen.
Wir dachten aber, alles würde rechtsstaatlich zugehen.

Alle Einzelheiten des weiteren Ablaufes müssen in diesem Buche


unberücksichtigt bleiben. Neben den rein rechtlichen, theologi-
schen und weltanschaulichen Auseinandersetzungen mit dem
Staat, gibt es auch eine Ebene des Ringens, die nur angedeutet
werden kann. Ohne direktes Interesse des Lesers für sog. außer-
sinnliche Begebenheiten, für spirituelle Gesetzmäßigkeiten, wür-
de die Darstellung dieser Ereignisse eventuell nur Ängste hervor-
rufen. Wenn es sein soll, so können die angesprochenen Tat-
sachen nur in einem Buche veröffentlicht werden, welches um-
fassend die spirituellen Hintergründe des Schulkreuzstreites auf-
zeigt. Wer ein solches Buch in die Hände nimmt, will sich auf
solche Dinge einlassen, kann das Gelesene einordnen. Erwähnt
sei jedoch, es gab einen Einschreibebrief, in dem eine Traum-
vision2 den zukünftigen Zusammenbruch des damaligen Minister-
präsidenten als Obersten Verantwortlichen für die Schulkreuz-
problematik schilderte.

Die in diesem Brief an das Kultusministerium beschriebenen Ein-


zelheiten haben sich einige Monate später tatsächlich ereignet,
sind also überprüfbar. Dem Bundesverfassungsgericht wurde
dies im Vorfeld zur Entscheidung über die Einstweilige Verfügung
zum Schulkreuz mitgeteilt. Ebenso dem damaligen Bundes-
präsidenten Herrn Weizsäcker.

Um die Neugier etwas zu stillen, darf mitgeteilt werden, der Ober-


ste Verantwortliche des Bundeslandes für das Schulkreuz befand
sich in einer "Zwickmühle". Er erkannte durchaus das Rechts-
problem, wollte aber keine Entscheidung treffen. An späterer Stel-
le des Buches wird dies noch eingehender geschildert werden. Ein
versöhnendes Licht auf die damaligen Ereignisse wirft die Tat-
sache, die Tochter dieses Ministerpräsidenten wählte Jahre spä-
ter eine "Waldorfschule" für ihr Kind. Wenn man/frau weiter
37

auch den ehemaligen Bundeskanzler Herrn Kohl als Befürworter


der Waldorfpädagogik - indirekt also der "Anthroposophie" – her-
anzieht, weil er in vorbildlicher Weise einen Sohn auf eine solche
Privatschule schickte, wundert man sich über die Engstirnigkeit
der Verantwortlichen in unserem Falle.

Nach diesem kurzen zeitlichen Vorgriff auf eine ganz andere Di-
mension der Auseinandersetzungen zurück zu den Behörden.

Offensichtlich hatten diese sich verkalkuliert. Die verantwortli-


chen Herren dachten sich wohl, lassen wir die Selers nur strei-
ken, irgendwann geht ihnen die Puste aus, sie werden schon bei-
zeiten ihre Kinder wieder zur Schule schicken. Einige Wochen,
wenn es hochkommt ein paar Monate, lassen wir sie gewähren.
Wir bleiben einfach eine Antwort schuldig.

Wochen und Monate vergingen..... .

In jener Zeit ergab sich in einer Gastwirtschaft ein Gespräch.


Interessiert nahm mein Gegenüber die Rechtsfragen um das
Schulkreuz zur Kenntnis. Zum Schluß sagte er den bemerkens-
werten Satz: „Sie haben das Rechtsproblem erkannt.“ Es stellte
sich heraus, der Tischnachbar lehrte Jura an einer Universität.
Er gab diese Information erst, nachdem er meine rechtliche Auf-
fassung der Schulkreuzproblematik erhalten hatte.

Eines Tages erschienen drei Herren aus dem Landratsamt, ohne


Voranmeldung, irgendwie ein Überfall. Wir baten die Herren den-
noch herein, die Situation wurde besprochen. Seitens der Beam-
ten kam der Vorschlag, wir sollten uns eine Waldorfschule aus-
suchen, das Landratsamt würde die Kosten für Schulgeld, ev.
höhere Miete und die Umzugskosten übernehmen. Wir nahmen
das Angebot an, erklärten uns bereit, eine solche private Schule
ausfindig zu machen. Beim Abschied überreichte einer der Herren
zwei Bußgeldbescheide, die wir ignorierten.

Das Angebot der finanziellen Unterstützung wurde in der näch-


sten Zeit mehrmals fernmündlich bestätigt.

Nach einigem Suchen fanden wir eine Waldorfschule, welche sich


nach einem Vorgespräch bereit erklärte, unsere Kinder aufzu-
nehmen.
38

Wie sich später herausstellte, war es zufällig der letzte Erdentag


des damaligen Ministerpräsidenten, als Ehefrau und Kinder sich
auf die Reise machten. Die Schule hatte freundlicherweise ein
Notquartier zur Verfügung gestellt, welches aber für die gesamte
Familie zu klein war. Wir beschlossen deshalb, nur die Mutter
sollte die Kinder begleiten.
Rief intuitiv am Morgen des Reisetermins im Landratsamt an, er-
fuhr dort zu unserem Erstaunen, die mündliche Zusage der fi-
nanziellen Unterstützung hätte keine Gültigkeit. Es fand dies an
einem Montag statt. Am Wochenende hatte der Ministerpräsident
laut Radionachrichten einen leichten Herzinfarkt erlitten. Befand
mich zu dieser Zeit gerade in der Stadt, in der dann fieberhaft
versucht wurde, das Leben des "Landesvaters" mit Hilfe der Appa-
ratemedizin künstlich zu verlängern. Auf diese Vorgänge sich be-
ziehend stammelte der Beamte am Telephon noch: "ich habe
Angst". Seine Behörde hatte ja auch die seherischen Hinweise
hinsichtlich des Ministerpräsidenten erhalten, der als Oberster
Verantwortlicher des weiß-blauen Bundeslandes einen dauer-
haften Kompromiß hätte erwirken und garantieren können. Auch
er war von uns angeschrieben und um Hilfe gebeten worden. Nun
hatten sich die Einzelheiten der Schau verwirklicht und da be-
kam der Beamte "Angst".
Wir fuhren schnell noch zum Landratsamt, um herauszufinden,
warum plötzlich die finanzielle Zusage zurückgenommen wurde.
Drei Beamte fanden sich zusammen. Man/frau verdeutlichte uns,
die mündliche Zusicherung der Kostenübernahme sei rechtlich
unverbindlich.

So hatten die Behörden uns zuerst geködert, doch dann, nach-


dem wir Erfolg hatten, ließen sie uns ohne die versprochene Hilfe
im sprichwörtlichen Regen stehen. Es wurde nur der Ratschlag
gegeben, wir sollten bei den Behörden des neuen Schulortes die
Kostenübernahme beantragen.

Der Beamte, der am Telephon von seiner „Angst“ sprach, teilte


uns Eltern vertraulich mit, der Ministerpräsident habe im Hinter-
grund zugestimmt, daß uns die Kinder weggenommen werden
sollten. Nun war die seelische Reaktion des Mannes verständlich.
Es war der Beamte, der am Anfang angeblich aus freien Stücken
zwischen Schulbehörde und unserer Familie vermitteln wollte, in
Wirklichkeit jedoch unsere Familie bereits damals behördlich in
Augenschein nahm. Es war der Mann, der von sich aus immer
39

wieder esoterische Gespräche suchte, sich sogar das Buch „Auto-


biographie eines Yogi“, von Paramahansa Yogananda, auch Werke
von Rudolf Steiner besorgte und sich in jener Zeit während eines
privaten Telephonates bei mir bedankte, weil er neue Weltsichten
durch die Begegnung erfuhr. Bei einem solchen Anruf, welchen
der Bekannte aus seinem Büro tätigte, erzählte er folgende Ge-
schichte: im Urlaub sei er während einer Gondelfahrt in den Al-
pen mit einem Ehepaar bekannt geworden, welches sich als
Anthroposophen zu erkennen gab. Er habe mit ihnen über die
von mir geschilderten Prophezeiungen Rudolf Steiners ge-
sprochen. Das Paar habe die Richtigkeit meiner Äußerungen be-
stätigt. Im Verlaufe des Urlaubes sei es ihm einmal sehr schlecht
ergangen, nur der Gedanke an meine Person habe ihm geholfen,
er habe sich sofort besser gefühlt.

Unsere Familie war gezwungen, sich vorübergehend zu trennen.


Die Kinder besuchten die Waldorfschule in einer anderen Stadt.
Blieb alleine zurück.

Besuchte die Familie zwei Wochen nach Schulantritt. Fuhr die ca.
100 km mit dem Fahrrad. Es war dies kurz nach dem Ableben
des Ministerpräsidenten. Alle Dörfer und Städte, durch die der
Weg führte, verströmten eine Stimmung der Beklemmung, der
Unwirklichkeit. Sogar Angst war spürbar.

Der "Herrscher" war urplötzlich verstorben. Ohnmächtig blieben


die "Untertanen" zurück. Die verwirrenden Umstände des Todes
schockten. Widersprüchliche Radiodurchsagen, als zuerst nur
von einem leichten Herzinfarkt, Kreislaufschwäche oder körper-
lichem Unwohlsein die Rede war. Dann die dramatisch inszenier-
te Abschiedszeremonie (sah diese erst zwei Jahre später im Fern-
sehen). Für mich erstaunlich, sogar in den Gesichtern russischer
Politiker war der "Schreck" über den plötzlichen Tod dieses Man-
nes zu erkennen, wie Zeitungsbilder dies wiedergaben. Läutete
der "Sturz" dieses Politikers vielleicht symbolisch den Beginn des
politischen Zusammenbruches des Ost-West Konfliktes ein? Ein
künstlicher Konflikt.

Rudolf Steiner hatte am Anfang des letzten Jahrhunderts prophe-


zeit, der Kommunismus werde sich nur etwa 70 Jahre halten
können, dann vergehe die "Lebenskraft". War es vielleicht not-
wendig, daß die Lebenskraft eines höchst umstrittenen Politikers
40

vergehen mußte, von dem erzählt wurde, daß er sich in Bordellen


der ehemaligen DDR köstlichst vergnügte. Ein Politiker der an-
geblich in New York mit Mord drohte, falls auch nur einer es wa-
gen sollte, sich ihm in den Weg zu stellen. Eine schillernde Per-
sönlichkeit, deren Fäden im Hintergrund "West" und "Ost" be-
diente. Nach dem anthroposophischen Weltbild ist es Tatsache,
wenn eine mit dem Volk tief verwobene Persönlichkeit, wie etwa
früher einzelne Kaiser von China (gilt auch für Mao!), verstirbt,
dann rufen die Todesprozesse sogar Erdbeben in der Natur her-
vor. Nun, solches blieb zum Glück aus. Jeder mag aber andere
Zeichen, vor und nach dem Ableben des Mannes erkannt haben,
der mit einem Machtwort den Kompromiß mit dem Schulkreuz
hätte garantieren können. Ein Politiker der einmal gesagt haben
soll, seid froh, solange ich an der Macht bin, kann ich die Katho-
lische Kirche in Schach halten.

Die neuen lokalen Behörden verweigerten jegliche Kostenüber-


nahme.

Später wurde bekannt, ein Ministerialrat des Sozialministeriums


habe in dieser Angelegenheit die Auffassung vertreten, auch die
mündliche Zusage des Landratsamtes wäre rechtsverbindlich ge-
wesen. Es sei unzulässig, wenn die Behörde einer Familie eine
mündliche Zusage erteilt, diese sich ihr Leben aufgrund dieses
mündlichen Bescheides einrichtet und dann der Staat seine Ver-
antwortung zurückzieht, den Bürger im Regen stehen läßt. Dies
erfuhren wir aber erst lange nachdem alles vorüber war. Es gibt
also auch in diesem Bundesland korrekte Beamte auf der oberen
Entscheidungsebene. Wir hatten zwar ein amtliches Schreiben, in
welchem sich das Landratsamt selbst belastete, indem es schrieb,
mündliche Zusagen seien rechtlich unverbindlich und damit in-
direkt zugibt, es gab mündliche Versprechen, wir trauten jedoch
Gerichten in diesem Bundesland keine Unabhängigkeit von der
Staatsregierung zu.

Eine kleine Begebenheit aus jenen Tagen zeigt, wie schon damals
geplant war, den vermeintlichen Urheber des Schulkreuzstreites
für immer aus dem Verkehr zu ziehen. Hätten wir geahnt, zu wel-
chen Rechtsbrüchen die politisch Verantwortlichen ihre abhängig
Untergebenen trieben, wäre mit geeigneten Vorkehrungen höchst-
wahrscheinlich der spätere gemeine staatliche Übergriff auf un-
sere Familie abzuwehren gewesen.
41

Der „esoterisch“ angehauchte Beamte des Landratsamtes kam ei-


nes Tages ohne Voranmeldung, als die anderen Familienmitglie-
der noch am Ort der Waldorfschule wohnten, zu mir nach Hause.
Öffnete ohne Argwohn dem Bekannten die Haustüre. Als ich dem
Manne während des Gespräches davon erzählte, möglicherweise
müßten wir längere Zeit als Familie getrennt leben, bis eine pas-
sende Wohnung gefunden wird, da kamen Worte, die eigentlich
alle Sinne in höchste Alarmbereitschaft hätten versetzen müssen:
„dann werden wir Sie in einem Heim unterbringen“. Brachte vor
lauter Erstaunen nur hervor, „aber ich habe doch mein Einkom-
men, bin Mieter dieser Wohnung, es gibt gar keinen Grund für Ihr
Ansinnen“. Mit vielsagendem Blick reagierte der gespaltene Mann
auf diese Bemerkung. Auf der einen Seite war er in seiner weltan-
schaulichen Suche ehrlich, auf der anderen Seite vertrat er offen-
sichtlich Planspiele Dritter, die keineswegs zu seinen „privaten“
Kontakten paßten. Sein plötzlicher Besuch diente sicherlich nur
der amtlichen Überprüfung meiner Person, wobei er das Ver-
trauensverhältnis mißbrauchte, unklugerweise die wahren Ab-
sichten der Behörde von sich gab.

Wenn die Behörden mich zu jenem Zeitpunkt, als die Kinder in


die Waldorfschule gingen, in einem Heim unterbringen wollten,
natürlich zwangsweise, so offenbart es die perfiden Machtge-
danken menschenverachtender Bürokratie, die in so ausgefeilter
Weise im Dritten Reich zur Perfektion gebracht wurde. Der
Mensch als Ding. Der Beamte als blinder Befehlsempfänger. Die
Idiotie des Rassenwahns, welche den Menschen als Manövrier-
masse ansieht. Der deutsche gesunde Beamte überprüft den
Bürger, schleicht sich in dessen Heim. Der Büttel des Staates
fühlt seine Macht, die er als Handlanger der Politiker ausspielen
darf. Ein Wink, ein Hinweis, ein Telephonanruf, man mauschelt
mit Allen und Jedem. Keinem Anwalt wäre in diesem Bundesland
so einfach zu trauen. Politisch gesteuerte Beamte werden auch
mit diesen zu mauscheln versuchen. Es darf eingefügt werden,
viel später teilte ein Anwalt, der ausgesucht worden war, weil er
gleichzeitig Künstler war, nach einer von ihm durchgesetzten Ak-
teneinsicht mit, „Sie werden hier keinen Anwalt finden, der sich
für Sie einsetzen wird“. Die Politik sitzt überall.

Eine spätere Anwältin in einer künstlich hoch gepeitschten ver-


meintlichen Strafsache nach §166 StGB, vertrat in einem Inter-
view des "stern", als sie danach gefragt wurde, sie habe doch
42

Herrn Seler vertreten, eine klare eindeutige Sprache: grundsätz-


lich muß der Mandant damit rechnen, ein Anwalt mauschelt mit
der Politik.

Damit das "Spiel" sich fortsetzen konnte, mußten die Alarm-


glocken verstummen. Nahm den schrillen Ton des kommenden
Unrechts zwar zunächst bewußt wahr, doch fast vierzig Jahre
nach dem Dritten Reich war es unvorstellbar, einzelne Beamte
sind noch immer blinde Sklaven ihrer Dienstherren, begehen be-
wußt Straftaten.

Warum versuchte der Beamte während dieses "privaten" Be-


suches folgende Überredung:

Sie hätten einen Bauern im Landkreis, der schreibe immer beleidigende


Briefe an die Behörden. Man habe ihm einen §-en gegeben, nun könne er
ungestraft seine Briefe schreiben. Solle doch bitteschön auch versuchen, ei-
nen solchen §-en zu erhalten.

Anscheinend wird dem Leser Unmögliches zugemutet. Wie soll


man einen solchen Schwachsinn ernst nehmen. Aber es hat sich
das Erzählte eben wie geschildert abgespielt, wie es später einmal
in der "Akasha-Chronik" überprüft werden kann. Rudolf Steiner
gibt den Hinweis, man/frau werde in Zukunft sogar die Ereignis-
se in Palästina wie in einem Film anschauen können. Er verwies
auf die Akasha-Chronik, in der alle Ereignisse der Welt eingeprägt
sind, unauslöschlich. Futuristisch mag es anmuten, wenn Stei-
ner prophezeit, es werde sogar irgendwann Apparate geben, mit
deren Hilfe die Bilder der Akasha-Chronik aufgezeichnet werden
können.
Mag der interessierte Leser selbst sich mit den Zukunftsaussagen
des herausragenden Geistesforschers beschäftigen, prüfen, in-
wieweit solche inzwischen Realität wurden. Einer größeren Allge-
meinheit wurde sogar durch eine Boulevardzeitung folgende
Schlagzeile bekannt: „da gab es vor 70 Jahren einen Mann, der
warnte davor, Rinder mit Fleischprodukten zu füttern, er hieß
Rudolf Steiner“. Das BSE-Fieber grassierte in jener Zeit durch die
Medienlandschaft.
Mußte schon schmunzeln, da die Taktik des Beamten so primitiv
war. Unsere Briefe enthalten keinerlei Beleidigungen, warum regt
er also an, solle anstreben einen solchen Paragraphen zu erhal-
ten.
43

Nun wird dem Leser auch klar, aha, die Behörden haben natür-
lich ihre Informanten und wußten, höchstwahrscheinlich müssen
die Kinder wieder die Waldorfschule verlassen, weil die finanzielle
Frage bezüglich der Umzugskosten, höherer Miete und Schulgeld
ungelöst blieb.

Wenn wir Herrn Seler dazu überreden, sich einen §-en "schen-
ken" (ironisch!) zu lassen, dann kann er in der Zukunft, falls die
Kinder wieder auf die staatliche Schule gehen müssen, von den
Behörden ignoriert werden. Rechtlich sind dann alle seine
Schreiben bedeutungslos, er hat ja den Paragraphen.

Der Staat versuchte also vorausschauend, erneuten möglichen


Ärger mit dem Schulkreuz auszuschließen. Die plumpe Taktik,
erst eine Unterbringung in ein Heim anzukündigen, dann einen
ominösen Paragraphen anzubieten, zeigt, wie zielstrebig der ver-
borgene „Kirchenstaat“ das Schulkreuz zu verteidigen beabsich-
tigte. Der Vernichtungswille der verantwortlichen Hintermänner
war zu erahnen, denn dieser Beamte funktionierte nur als Mario-
nette.

Es gibt noch einen weiteren möglichen Grund, warum die merk-


würdige Bitte ausgesprochen wurde. Da war der Einschreibebrief,
der den Zusammenbruch des verantwortlichen Ministerpräsiden-
ten voraussagte. Die geschilderten Einzelheiten traten genau ein.
Dieses Schreiben ging einige Monate vor dem Ereignis beim Kul-
tusministerium ein, belegt als Dokument, Herr Seler besitzt tat-
sächlich die Fähigkeit, in die Zukunft zu schauen.

Dieser Brief würde mit einem gerichtlich vergebenen Paragra-


phen, welcher Herrn Seler für unzurechnungsfähig erklärt, als
verrücktes Zeug gegenüber der Öffentlichkeit verkauft werden
können: Herr Seler ein Verrückter. Man lasse ihn behördlicher-
seits nur deshalb frei herumlaufen, weil er zurzeit harmlos ist
und noch keine Gefahr für sich und die öffentliche Sicherheit
darstellt.

Der Waldorfschulbesuch mußte aus mehreren Gründen abgebro-


chen werden. Frau und Kinder waren an dem neuen Aufenthalts-
ort erkrankt, bedurften ärztlicher Behandlung und Pflege. Die
Behörden vor Ort verweigerten jede Kostenübernahme wegen des
Schulbesuches. Der Schulbesuch wurde beendet.
44

Wieder zurück wurde der Schulstreik fortgesetzt. In Erinnerung


der angekündigten staatlichen Heimunterbringung meiner Person
und der „Offenbarung“ des Beamten, man habe geplant, uns die
Kinder wegzunehmen, wurde ein Brief an den Regierungspräsi-
denten aufgesetzt. Er antwortete kurz vor Weihnachten 1988.

Leider übersahen wir die drohende Gefahr der staatlichen Will-


kür: „die angeordneten Maßnahmen dienen nur dazu, daß die
Kinder ....... .“ Wir glaubten naiver weise in einem Rechtsstaat zu
leben.

Das Regierungsschreiben:

Der Regierungspräsident Regensburg


600 - 6543 - 40
14.12.1988

Ihre Eingabe vom 18.November 1988

Sehr geehrte Frau Seler,


sehr geehrter Herr Seler,
die in Ihrer Eingabe geäußerten Vorwürfe und Befürchtungen habe ich
überprüfen lassen.
Ihre Kinder sollen Ihnen nicht weggenommen werden.
Die angeordneten Maßnahmen dienen nur dazu, daß die Kinder bzw. Sie
der Schulpflicht nachkommen. Dies hat mit diktatorischen Maßnahmen
nichts zu tun. Ich bitte Sie, auch die Wiederholung falscher Tatsachenbe-
hauptungen zu unterlassen. In Bayern wird kein „Kreuzeskult“ in Klassen-
zimmern getrieben. Diesen Ausdruck weise ich zurück.
Zu den obersten Bildungszielen gehört die Ehrfurcht vor Gott. Dem stimmt
auch die überwiegende Mehrheit der bayerischen Bevölkerung zu. Das An-
bringen der Kreuze in Schulen, Gerichten und Behörden nimmt diese religiö-
se Grundüberzeugung der Bevölkerung auf und stellt zugleich klar, daß die
Rechtsordnung des Freistaats auf dem christlichen Menschenbild beruht
und daß über der staatlichen Gewalt eine weitere göttliche Macht steht.
Eine religiöse „Prägung“ Ihrer Kinder wird damit nicht bezweckt.
Sollten Sie mit den Entscheidungen und Maßnahmen der Schulbehörden
nicht einverstanden sein, so steht Ihnen der Rechtsweg offen.
........
Mit freundlichen Grüßen
Kr.

Später wird sich bewahrheiten, der Mann log keineswegs.


Die Regierung plante, den Vater den Kindern wegzunehmen, so
einfach war das.
45

Es sei vorweggenommen, der Regierungspräsident entpuppte sich


Jahre später als „Grabesritter“. Eine Zeitung schrieb in einem
Nachruf, nach dem plötzlichen Herztod des Mannes, kurze Zeit
nach dessen Pensionierung, über dieses Ordensamt. Scheinbar
zufällig sitzen Katholiken an den wichtigsten Schaltstellen der
Behörden. Es wird auch Niemanden wundern, Direktor einer
Schule in diesem Bundesland, wird nur, wer der einzig wahren
christlichen Religion angehört, also Katholik ist. Natürlich gibt es
einige Vorzeigemänner und -frauen, die der „abtrünnigen“ Religi-
on angehören. Zu "Sagen" haben diese aber in dem Bundeslande
nichts. Ja es kam später sogar soweit, daß der evangelische Lan-
desbischof sich bereit erklärte, bei einer rein religiösen katholi-
schen Veranstaltung, dem "Fronleichnam", untertänigst mit zu-
marschieren. Ob es höhere Gerechtigkeit war, daß im unmittelba-
ren Anschluß dieser katholischen öffentlichen Demonstration des
vermeintlich einzig wahren echten Glaubens der evangelische
Landesbischof während der Heimfahrt sich das Brustbein bei ei-
nem Autounfall brach, das mögen (schmunzelnde) Esoteriker
erahnen. Sich der Katholischen Kirche freiwillig unterzuordnen,
das ist noch Niemandem gut bekommen. Man/frau darf auf kei-
nen Fall seine Position aufgeben, dann klappt es mit diesen Leu-
ten auf der unteren Ebene einigermaßen, wie ja der Kompromiß
hinsichtlich des Schulkreuzes mit dem Ortspfarrer dies zeigt.

Wie jedes Jahr feierten wir das Weihnachtsfest. Der Januar 1989
kam. Der „Grundstein“ für das „Kruzifixurteil“ wurde von den Be-
hörden des Staates selbst gelegt.

Die Post brachte ein kleines Paket. Darin befand sich ein bestell-
tes Mikrophon. Es war verlockend die technische Qualität gleich
auszuprobieren. Beschloß nach einigem Überlegen, wie geplant
in die Stadt zu fahren, um einige Einkäufe zu tätigen. Die Kinder
waren noch klein, es konnte sich immer nur ein Elternteil um die
Besorgungen kümmern. Meist war es deshalb die Aufgabe des
Vaters, die Lebensmittel zu besorgen. So auch an diesem Tage.
In der Cafeteria eines Kaufhauses wärmte eine Tasse Kaffee. Die
über 12 km weite Fahrt mit dem Fahrrad durch den winterlichen
Wald, bei Minustemperaturen von manchmal 15 Grad, verlangte
nach einer wärmenden Pause zwischen den verschiedenen Besor-
gungen.
Las die Ortsnachrichten einer Zeitung. Ein vorgetäuschtes Atten-
tat auf einen Strommasten in der Nähe unseres Dorfes, sowie ein
46

Raubüberfall weckten das Interesse. Während ich mich friedlich


dem Genusse des legalen Suchtmittels hingab, plötzlich ein lauter
Knall, dann ein fürchterliches Gescheppere splitternden Glases.
Na, was hat dies wohl zu bedeuten?

Wer die Werke Castanedas kennt, wird jedes äußere Geschehen


auch zu einem inneren Ereignis in Beziehung setzen lernen, na-
türlich auch umgekehrt. Auch der Ausspruch „wie oben, so auch
unten“ unseres Kulturkreises, weist auf die innere und äußere
Verquickung von Geschehnissen hin.

Später zeigte sich, im Treppenaufgang des Kaufhauses war eine


Spiegelwand zerborsten, durch was auch immer. Ging nachdenk-
lich meines Weges.

Rief vom nächsten Telephon aus daheim an, um die neuesten


Nachrichten mitzuteilen. Anschließend vom anderen Ende der
Leitung die Frage, wie ich mich denn fühle. Antwortete, eine ge-
wisse Spannung läge in der Luft, erzählte von dem zerbrochenen
Spiegel.

Meine Ehefrau sagte nur, im nachhinein eigentlich sehr gelassen:


„Du, das ganze Haus ist voller Polizisten“.

Mußte an die Nachrichten denken, den Raubüberfall, den vorge-


täuschten Anschlag, der zwischen unserem Haus und dem näch-
sten Ort stattgefunden hatte. Wir fuhren immer an diesem
Strommasten, der auf dem Foto abgebildet war, vorbei.
Ob da irgend jemand vielleicht eine vorgetäuschte Straftat, unter
Verwendung falscher Beweise, inszenierte? Es fand sich keine
andere Erklärung für das Erscheinen der Polizisten.
Da die Herren sich noch im Hause befanden, schien es klüger,
das Telephongespräch abzubrechen. Gab zu verstehen, würde in
der Stadt bleiben.

Die Polizisten hatten sich geweigert, für das Eindringen in die


Wohnung eine plausible Erklärung zu geben. Sie teilten nur mit,
sie wollten Herrn Seler sprechen.

Ging mit doch recht gemischten Gefühlen zu einem Bekannten,


einem Freund. Zum Glück war er zu Hause. Erzählte von dem
Polizeibesuch, bat, mich einstweilen zu beherbergen.
47

Es war unklar, ob vielleicht unser Telephon abgehört wurde, ver-


mied es deswegen, daheim anzurufen. Schließlich hatten die Po-
lizisten gefragt, wo Herr Seler einkaufen würde. Mußte also da-
mit rechnen, sogar in der Stadt von der Polizei gesucht und fest-
genommen zu werden. Die Vorgehensweise der Polizei, die ohne
Vorlage eines Hausdurchsuchungsbefehles handelte, war mehr
als befremdlich.

Zuerst klingelten zwei „Touristen“ an der Haustüre, erfragten den


Weg zu einer naheliegenden Burgruine, welche damals als lokale
Attraktion galt. Es soll dort herum spuken. Angeblich waren dort
einst Bierpanscher hingerichtet worden. Meine Ehefrau hatte den
Männern den Weg erklärt. Nach einer Weile schellte es wieder.
Diesmal zeigten die „Touristen“ eine Landkarte, ließen sich den
Weg genau beschreiben, fragten unvermittelt, ob der Ehemann
daheim sei. Auf die verneinende Antwort hin traten plötzlich meh-
rere Personen hinter den Bäumen und Sträuchern des Vorgartens
hervor, stürmten wortlos in das Haus. Ein Mann in grünem Par-
ka, es spielte sich das Geschehene wie in einem Film ab, zwängte
sich als Letzter an meiner Ehefrau vorbei, zeigte kurz eine golde-
ne Marke, "Kriminalpolizei" und weg waren die Herren. Sie betra-
ten alle Zimmer, durchwühlten jeden Schrank, auch die Spüle
wurde durchsucht, ohne eine plausible Erklärung für das will-
kürliche Gebaren zu liefern. Man hoffte, mich im Keller zu finden,
vergaß auf dem Dachboden nachzusehen. Die "deutsche" Gründ-
lichkeit läßt doch nach.

Die Kinder wurden von den Polizisten befragt, wo der Vater sei.
Eine eindeutige rechtswidrige Handlung des verantwortlichen Po-
lizisten. Die Ehefrau wurde als "Lügnerin" beschimpft, als sie
mehrmals versicherte, ihr Ehemann wäre außer Hause, sei in die
Stadt zum Einkaufen gefahren. Man habe vorher im Dorf nach-
gefragt, „ihr Mann muß im Hause sein, sie lügen“, so der Beamte.
Als die Frage von meiner Ehefrau gestellt wurde, warum die Poli-
zei es versäumte, sich vorher telephonisch anzumelden, kam die
pampige Antwort, „Sie haben ja kein Telephon“. Der Beamte wur-
de gebeten sich doch umzudrehen, er stand direkt vor dem Appa-
rat.

Die Herren verließen das Haus.


Zwei Mann blieben mit einem Auto am Grundstück zurück.
Stundenlang wurde das Gebäude bewacht.
48

Am Abend kam ein Polizeibus vorgefahren. Es stiegen diesmal


auch ein paar uniformierte Herren der örtlichen Dienststelle aus
dem Fahrzeug. Ein Mann in langem dunklen Ledermantel, wie
man dies in einschlägigen Filmen so sieht, fungierte als Einsatz-
leiter, klingelte an der Haustüre. Erneut wurde das Haus durch-
sucht.

Erfuhr dies erst später.

Dachte während der Flucht noch, wir leben in einem Rechtsstaat,


die merkwürdige Angelegenheit werde sich klären lassen. Hätten
wir damals geahnt, was die Behörden planten, möglicherweise
wären wir von Panik ergriffen worden. Meine Mitte wäre vielleicht
verloren gegangen. Die im Hintergrund agitierenden eigentlichen
Täter rechneten sicherlich mit einer solchen menschlich nachvoll-
ziehbaren seelischen Reaktion, bauten ihre listige Strategie auf
den Überraschungsangriff auf. Die erste Runde mußten sie je-
doch als verloren hinnehmen.

Zufällig wollte der Freund gerade in die Landeshauptstadt fah-


ren. Trotz der Bedenken vielleicht unterwegs von der Polizei
kontrolliert zu werden, bot die Fahrt den nötigen Abstand, um die
Ereignisse sich erst einmal setzen zu lassen. Es war davon aus-
zugehen, die Polizei wollte auf jeden Fall Öffentlichkeit vermeiden,
sie würden wahrscheinlich das Aufsehen einer Festnahme in der
kleinen Stadt vermeiden. Natürlich planten und entschieden die
Verantwortlichen im Hintergrund.

Der typisch deutsche Beamte ist obrigkeitsgläubig, hat meist sei-


nen eigenen Verstand mehr oder weniger freiwillig während seiner
Ausbildung abgegeben, besonders in diesem südlichen Bundes-
land? Denken wir nur an die Zeit der Berufsverbote. Ein kriti-
scher Geist wird vorher ausgesondert, oder verläßt von sich aus
nach einigen Jahren frustriert den wärmenden, sicheren Schoß
des Beamtentums. Ein sog. Drittes Reich konnte nur funktionie-
ren, weil die eigene Persönlichkeit der meisten Staatsdiener ziel-
gerichtet ausgelöscht wurde, die Betroffenen mit Hilfe inszenier-
ter, religiös anmutender Dramaturgie, welche die Seelen um-
nebelte, das Blut der Menschen in Wallung brachte, gerne im
Weltentheater ihre zugewiesene Rolle einnahmen. Natürlich gibt
es wie immer die löblichen Ausnahmen. Sie werden auch zahl-
reicher sein, als bekannt, da das Gute im Hintergrund bleibt.
49

Solche theoretisch-praktischen Überlegungen wurden durch die


drohende Ungewißheit des weiteren Schicksals plastische Reali-
tät.

War nun 38 Jahre alt. Hatte bis auf die Jüdische alle großen
Weltreligionen kennengelernt. Zuerst aus Büchern, dann in per-
sönlichen Begegnungen. Es wurden viele spirituelle Gesetzmä-
ßigkeiten persönlich nahegebracht.
Die Vorstellung von wiederholten Erdenleben, die zuerst durch
Begegnung mit östlichen Religionen und bald auch eingehend
durch die Anthroposophie Rudolf Steiners bekannt wurde, war
durch die Jahre zu einem sicheren Bewußtseinskleid geworden.

Auf einer bestimmten Ebene ist das "Ich bin" nur Zeuge aller
Ereignisse. Die Nachricht des Polizeiüberfalles war irrational, ein
schlechter Traum, ein Witz des Lebens, ein Rätsel, aber auch eine
lohnende Herausforderung, die Gelegenheit Neues zu erfahren.
Natürlich ahnte dieses "Ich bin", eine sehr schwere Prüfung steht
bevor. Was aber noch mehr bewegte, war die Gewißheit, du
lernst nun die Machenschaften kennen, die durch Abertausende
von Jahren eine bestimmende Kraft im Leben der Menschheit ist.
Durch alle Kulturen wehte der Hauch des Niedergangs, machte
sich Niedertracht und Gemeinheit an sein zerstörerisches Werk.
Die Aufgabe, der Sinn des Bösen, der nach Hinweisen Rudolf
Steiners in einigen Jahrhunderten erst der Menschheit offenbart
wird, darf nur erahnt sein. Friedrich Nietzsche zerbrach an dem
Rätsel des Bösen, weil sein Lehrer zu früh darüber sprach. Sol-
che Gedanken durchwanderten das Bewußtsein. Es stellte sich
ein meditativer Zustand ein, aus dem heraus alle zukünftigen Ak-
tivitäten begleitet wurden. Viele werden das kennen, im Beginn
einer Tat liegt bereits das Ergebnis begründet. Natürlich ist man
mit ganzem Herzen bei seinem Ideal, bei seiner Mission.

Weder Gott noch Teufel, um im traditionellen christlichen Welt-


bild zu verbleiben, können irritieren. Man spürt in sich die Auf-
gabe, man weiß, niemand braucht Beifall zu klatschen, nur die
Erkenntnistat zählt. Weder Erfolg noch Mißerfolg. "Und wenn
Tausend Teufel ....", wuchs schließlich als Protestant auf, kannte
also das Lebensbild Martin Luthers. Bei aller Beengung seines
Geistes, wie er Frauen sah und sonst manche Fehleinschätzung
in die Welt stellte, in ihm glühte eine tiefere Wirklichkeit, die sein
persönliches Selbst überstrahlte, ihn "blind" machte für die töd-
50

liche Gefahr. Sogar Blutgeld war ausgerufen worden. Ein Kardi-


nal setzte ein hohes Kopfgeld aus, möge jemand diesen Luther tö-
ten. Für diesen zählte nur sein Gott, er würde ihn in der Gefahr
beschützen. Luther wollte nur seiner Erkenntnis folgen.
Als getaufter "Lutheraner" war es deshalb leichter, gegen den
Machtmißbrauch der Katholischen Kirche vorzugehen, ein Vor-
bild wirkte mit.

Rief einst bei einem direkten Schüler von Rudolf Steiner an, der
zwei Jahre dauernde Kompromiß mit dem Ortspfarrer war wegen
des Eingreifens der Schulbehörde in Gefahr. Erzählte, müsse
gleich hinauf zur Schule, um mit dem Schulleiter wegen des
Kruzifixes zu verhandeln. Da kam vom anderen Ende der Leitung
nur ein tiefes, bedeutungsschweres "Ah". Dieses "Ah" wies auf al-
les Kommende, das Bitterböse der Offiziellen Vertreter der Katho-
lischen Kirche, das Üble der staatlichen Vertreter. Das "Ah"
enthielt auch das Erkennen des Geisteskampfes, eine schier
übermenschliche Aufgabe, das Infragestellen des Machtan-
spruches der Katholischen Kirche über das Individuum. In einem
seiner Vorträge verweist Rudolf Steiner darauf, wenn die Katholi-
sche Kirche bis zum Jahre 2000 keine Änderung vollzieht, wür-
den während der "Wandlung" vom Altar negative Kräfte in die
Gemeinde fließen. Eine schöne Aussicht.

Dieser Hinweis Steiners hinterließ vor vielen Jahren bleibenden


Eindruck. Hatte mich bewußt mit dem Kultus der Katholischen
Kirche verbunden, besuchte auch Abende der Charismatiker. Es
war eine Substanz da, die hätte weiterentwickelt werden können.
Damalige Versuche über Priester mit „Wissenden“ innerhalb der
Kirche Kontakt aufzunehmen, blieben ohne Erfolg. Wahrschein-
lich sind Keine mehr vorhanden.

Es gab jedoch innere Erlebnisse mit dem Bischof dieser Diözese,


welche klar zeigten, das spätere Drama um das Schulkreuz hat
einen umfassenderen Sinn, als es die äußeren Umstände zuerst
vermuten lassen. Bezeichnenderweise gab es keine Reaktion des
Bischofs auf ein persönliches Schreiben. Möglicherweise war es
ihm vorenthalten worden.

Hatte dem Bischof von einem Vortrag Rudolf Steiners geschrie-


ben. Der frühere örtliche Bischof Erhard hatte einst die Vision,
er solle die blinde Odilie taufen. Diese wurde sehend.
51

Die spätere Heilige hatte sich vor ihrem Erzeuger in einer Höhle
versteckt. Der Vater wollte seine Tochter ob ihres körperlichen
Makels töten. Die Höhle befindet sich unterhalb des "Goethea-
num", dem Sitz der Hochschule für Geisteswissenschaft in Dor-
nach/Schweiz, dem äußeren Zentrum der "Anthroposophen". Es
darf vermerkt werden, der Bischof Erhard würde in unseren Ta-
gen als „Schizophrener“ sein Leben in einem Bezirkskrankenhaus
fristen. "Visionen" sind im Sinne der Schulmedizin krankhafte
Vorgänge, die auch bei einem Bischof von unserer so her-
vorragenden wissenschaftlich/materialistischen Psychiatrie mit
Hilfe chemischer Präparate geheilt werden müssen. Sicherlich
würden auch alle Propheten und Seher des Alten Testamentes in
den Nervenheilanstalten landen, lebten und wirkten sie in der
Gegenwart. Ein Jesus Christus hätte heutzutage keine Chance,
seine Mission anzutreten. Man würde ihn spätestens nach seiner
Aktion im Tempel, als er dem Treiben der Händler Einhalt gebot,
die Tische und Stühle umwarf und so den öffentlichen Frieden
störte, ins Irrenhaus stecken. Er würde als ausgewiesener Queru-
lant und Störenfried unter amtliche Betreuung gestellt werden.

Besuchte vor Jahren die Höhle der Odilie. Durfte dann im Jahre
1985 während einer nächtlichen Traumvision in die spirituelle
Linie der Bischöfe von Regensburg eintauchen. Unter anderem
zeigte sich in der Schau, wie angehende Priester in ihrer Ausbil-
dungsstätte leben, wie dieser Ort durch Generationen von Zög-
lingen eine besondere Schwingung ausstrahlt.

In einem anderen Seelenbild zog ich hin zum Dom. Wußte, der
Bischof wird des Weges kommen. Die Menschenmenge versperrte
die Sicht zum Eingangsportal des Kirchenbaues. Eine Welle
durchwogte die Reihen, der Bischof nahte. Der Kirchenmann
blieb meinem suchenden Blick verborgen. Plötzlich hielt die Be-
wegung an, der Bischof fragte das Kirchenvolk, wo Herr Seler sei.
Da teilte sich die Menge, der Bischof saß auf einem Pferd. Wir be-
fanden uns direkt gegenüber. Der Bischof rief mir zu:

"freue Dich"

Da die Kontaktversuche mit der Katholischen Kirche mißlangen,


der Bischof in der äußeren Welt versagte, aus welchen Gründen
auch immer, geht der Bericht an dieser Stelle weiter.
52

Natürlich war klar, die Polizeiaktion hatte mit der Schulkreuzan-


gelegenheit zu tun.
Die Katholische Kirche hätte die Autorität besessen, die Behörden
in ihre weltlichen Schranken zu verweisen, damit der Kompromiß
mit dem Ortspfarrer weiter besteht. Daß dies unterblieb, läßt nur
den Schluß zu, die Amtskirche selbst wollte dem Ortspfarrer, wel-
cher den Kompromiß herstellte, keinen Beistand leisten. Eltern
hatten weder vor dem Staat, noch vor der Kirche irgendwelche
autonome Rechte.

War nun wegen dieser fehlenden Rechte auf der Flucht.

Rief am zweiten Tag von unterwegs bei der örtlichen Polizei an.
Die hatten keine Ahnung. Auf die Frage, ob die Polizei zusichern
würde, mich bis Montag früh in Ruhe zu lassen, antwortete der
Beamte, für ihre Station könne dies zugesichert werden. Da war
es klar, eine Spezialeinheit ist am Werke, denn normalerweise ist
die örtliche Polizei für eine Festnahme zuständig.

Stunden nach diesem Anruf fuhren wir zu unserem Heim. Aus


der Ferne, ein Auto vor der Gartentür. Na, da hatte die örtliche
Polizei wohl ihren Kollegen von der speziellen Eingreiftruppe eine
Mitteilung gemacht. Schnell bogen wir in eine Seitenstraße, ver-
schwanden. Ein Anruf bei der Ehefrau ergab, schon wieder war
ein Kriminaler im Hause. Telephonierte erneut von einer öffent-
lichen Telephonzelle mit der örtlichen Polizeistation, übermittle,
am Montag, den 23. Januar um 9 Uhr könne die Polizei mich
sprechen. Es sollen nur drei Beamte das Haus betreten.

Am Sonntagabend wird die Flucht beendet.

Ohne zu wissen, was die Polizei eigentlich will, verabschiedete ich


mich von meiner Ehefrau, den Kindern, sprach ein spirituelles
Testament auf das Tonband, mit dem neuen Mikrofon, schloß mit
dem Leben ab. Schlief nur ganz kurz in der Nacht.

In dieser Zeit, da jedes Menschen-Ich nach der Geisteswissen-


schaft Rudolf Steiners in der Geistigen Welt weilt, also während
des Schlafes, Begegnung mit einem "Meister". Seine Ausstrahlung
ist klar, bestimmt. In Bildern, Worten teilt er mit, würde in Kürze
vom Staate gefangen genommen werden. Er übermittelt ein Zei-
chen, an dem meine bevorstehende Freilassung zu erkennen sein
53

wird. Die Gefangenschaft werde von kurzer Dauer sein. Hatte


bis dahin keine Begegnung mit diesem "Meister", weder auf der
äußeren noch auf der inneren Ebene. Wachte gestärkt auf.
Bereitete mich gezielt auf die Begegnung mit der Polizei vor. Auf
keinen Fall sollte das innere Gleichgewicht verloren gehen. Be-
gann um acht Uhr eine Meditation, die von einer östlichen spiri-
tuellen Gruppe gelehrt worden war.
Die verschiedenen Stufen dieser Technik ermöglichen durchaus
während der Meditation die Wahrnehmung der Außenwelt. Kri-
stallklar nimmt man die Ereignisse von zwei Seiten wahr. Spüre
das Erstaunen und Befremden der Polizisten als sie den Raum
betreten.

Da sitzt der Mann, den sie wegen angeblicher Gemeingefährlich-


keit, wie sich später herausstellte, in der Psychiatrie abliefern sol-
len, mit geschlossenen Augen, die Beine überkreuzt, eine Kerze
brennt.

Übergehen wir die weiteren Minuten.

Es war unausweichlich, mußte mit der Polizei in das Bezirks-


krankenhaus gehen.
Dachte natürlich, dort würde erst ein Amtsarzt auftreten, denn
nur ein solcher könne über die Notwendigkeit eines stationären
Aufenthaltes in einer geschlossenen Abteilung eines Kranken-
hauses entscheiden.
Aus dem Nachtbereich heraus war bewußt, ich würde gefangen
genommen werden. Mein Tagesbewußtsein konnte sich aber den
Machtmißbrauch der willfährigen Justiz keineswegs vorstellen.
Das "wie" der Gefangennahme blieb ein Rätsel und das war gut
so.

Hier der Text des richterlichen Beschlusses zur Einweisung in die


Psychiatrie. Lernte diesen erst nach der Freilassung kennen.

„In der Unterbringungssache 20.1.1994


Seler Ernst, wohnhaft.......
Erläßt das Amtsgericht S. durch den Direktor des Amtsgerichts Sch. fol-
genden
Beschluß:
Die vorläufige Unterbringung des Betroffenen bis zu einer Dauer von drei
Monaten im Bezirkskrankenhaus R. Zur Erstattung eines nervenärztlichen
Gutachtens wird angeordnet.
54

Gründe
Die Unterbringung war gemäß Art. 17.Abs.1 Nr. 1 Unterbringungsgesetz
(...) anzuordnen, da dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind,
daß die Voraussetzungen für die Unterbringung des Betroffenen nach Art. 1
Abs. 1 Unterbringungsgesetz vorliegen. Nach dem Gutachten des Bezirks-
krankenhauses R. vom 19.12.1988 bestehen hinreichende Anhaltspunkte
dafür, daß der Betroffene an einer paranoiden Psychose erkrankt ist. Para-
noide Psychosen sind unter anderem davon gekennzeichnet, daß hiervon
betroffene Menschen in ihrem Verhalten nicht mehr vorhersehbar und kal-
kulierbar sind. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß E. Seler in
ebensolcher unvorhersehbarer Weise reagiert, wenn seine Kinder zwangs-
weise zum Schulbesuch vom Landratsamt abgeholt werden. Eine Gefähr-
dung der Kinder und des Betroffenen sind ernsthaft zu befürchten.
Weniger einschneidende Mittel stehen nicht zur Verfügung, um die Gefähr-
dung anderer auszuschließen.
Aus gleichen Gründen wurde auch von der Anhörung des Betroffenen ge-
mäß Art. 11Abs. 3 Unterbringungsgesetz abgesehen. Anstelle des Betrof-
fenen wurde der ihm für das Unterbringungsverfahren beigeordnete
Rechtsanwalt J.H. gehört.
S.
Direktor des Amtsgerichts“

Hervorzuheben ist, es wurde im Geheimen ein Unterbringungs-


verfahren eröffnet. In diesem Verfahren wurde im Geheimen ein
Rechtsanwalt beigeordnet, der zu keiner Zeit Kontakt aufnahm.
Ein Bürger wird nur auf den Verdacht hin, er sei psychisch er-
krankt, in ein Bezirkskrankenhaus zwangseingewiesen. Der Rich-
ter stützt sich auf ein sog. Gutachten, welches natürlich zu kei-
ner Zeit medizinisch und rechtlich als solches zu werten ist.
Mit Fug und Recht darf der Richter als Straftäter bezeichnet wer-
den, da er die gesetzlich zwingend vorgeschriebene rechtliche An-
hörung meiner Person vor der Zwangseinweisung gezielt unter-
ließ. Auch war dem Richter bewußt, der Anwalt konnte nie meine
Interessen vertreten, da er zu keiner Zeit Kontakt mit mir auf-
nahm. Das Gericht hatte zu keiner Zeit die Beiordnung eines An-
waltes bekanntgegeben, geschweige die Eröffnung des gericht-
lichen Unterbringungsverfahrens unterbreitet. Ein Geheimverfah-
ren einer willfährigen Justiz, angezettelt von der Politik.

Das sog. Gutachten wurde von einem Arzt erstellt, der an dem
Krankenhaus angestellt ist, das später den Zwangsaufenthalt
durchführt. Es liegt ein Interessenskonflikt vor.

Das merkwürdige angebliche Gutachten:


55

19.12.1988
„Bezirkskrankenhaus R.
An das Landratsamt.....

Sehr geehrter Herr M.


Ich habe die mir von Ihnen übersandten beiden Briefe, verfaßt am
12.9.1988 und am 30.11.1988, durchgelesen.
Ich möchte dabei von vornherein ausdrücklich betonen, daß einzig und al-
lein auf der Grundlage zweier Briefe eine psychiatrische Diagnosestellung
nicht möglich ist, dazu wäre unbedingt eine ausführliche persönliche Unter-
suchung des Betroffenen notwendig.
Andererseits ergibt sich nach der Lektüre dieser beiden Briefe jedoch der
dringende Verdacht, daß der Verfasser an einer paranoiden Psychose lei-
det.
Es findet sich in beiden Briefen eine ausgeprägte Wahnsymptomatik, die
vorwiegend ekklesiogen-religiösen Charakter aufweist. In nahezu typischer
Weise wird dabei ein missionarisches Sendungsbewußtsein, verbunden mit
einem märtyrerhaften Kampf gegen staatliche Stellen, Amtskirche, Schule
etc., deutlich.

Ein weiteres Indiz ist die äußere graphische Gestaltung der Briefe, die in
dieser Art häufig bei Menschen vorgefunden wird, die an paranoiden Psy-
chosen erkrankt sind.
Paranoide Psychosen sind unter anderem davon gekennzeichnet, daß hier-
von betroffene Menschen in ihrem Verhalten nicht mehr vorhersehbar, kal-
kulierbar sind, ihre Reaktionen sind vielmehr plötzlich, unvorhersehbar und
uneinfühlbar.
Unter den gegebenen Umständen kann daher nicht ausgeschlossen werden,
daß der Verfasser dieser Briefe, sobald seine Kinder durch das Landrats-
amt zwangsweise zum Schulbesuch abgeholt werden, in ebensolcher un-
vorhersehbarer Weise reagiert, wobei dann nicht ausgeschlossen werden
kann, daß eine akute Gefährdung sowohl für die Kinder wie auch für den
Betroffenen selbst entstehen würde.
Unter den gegebenen Umständen erscheint es daher als dringend ange-
bracht, daß der Verfasser dieser Briefe einer ausführlichen und gründlichen
nervenärztlichen Untersuchung zugeführt wird, mit dem Ziel, bei Bestäti-
gung der oben genannten Diagnose eine entsprechende Behandlung einzu-
leiten. Ein solches Vorgehen hat aber nur Sinn unter stationären Kautelen,
da man nicht davon ausgehen kann, daß der Betroffene eine Krankheits-
einsicht zeigt, was für ein ambulantes Vorgehen die Voraussetzung wäre.
Dr. W.“

Bevor auf den Inhalt des Briefes eingegangen wird, sei ein Absatz
aus einem erneuten geheimen psychiatrischen Gutachten ange-
führt, das 1994 von einem Direktor eines anderen Bezirkskran-
kenhauses aus demselben Regierungsbezirk im Rahmen eines im
Geheimen eröffneten Betreuungsverfahrens erstellt worden ist.
56

23.Juni 1994:

"In noch höherem Maße verteidigt Herr. S. (wiederum unter seinem bürger-
lichen Namen) seine "Hellsichtigkeit", die er im Sinne Steiners durchaus sub-
jektiv folgerichtig darlegt.
Die beiden letztgenannten Schreiben erscheinen in der Darstellung der An-
liegen in sich - und vor allen Dingen subjektiv, worauf es letztlich ankommt -
folgerichtig und auch für den Gutachter einfühlbar begründet. Zweifelsohne
vorhandene psychopathologische Auffälligkeiten ließen - ohne Kenntnis der
Vorgeschichte - nicht ohne weiteres auf das Vorhandensein einer Psychose
schließen. ...... . Die jetzt als Beurteilungsgrundlage zur Verfügung stehen-
den schriftlichen Zeugnisse des Herrn S. weisen in hohem Maße psychopa-
thologische Auffälligkeiten auf. Unverkennbar ist jedoch, daß der formale
Gedankengang in diesen Schriftstücken geordnet erscheint, daß Hinweise
eindeutiger Art für das Vorhandensein von Wahngewißheiten, Wahnstim-
mungen vorhanden sind, daß sich diese am ehesten als sogenannte über-
wertige Ideen zu benennenden Auffälligkeiten nicht von im Rahmen anthro-
posophischer Gedankengänge stehenden quasi religiösen Überzeugungen
trennen lassen.“

Was auffällt, der erste sog. Gutachter stellt fest, paranoide Psy-
chosen seien davon gekennzeichnet, daß davon betroffene Men-
schen u.a. "uneinfühlbar" sind.

Der zweite Gutachter kann sich ausdrücklich in meine Lage und


Denkweise "einfühlen". Ja er stellt fest, die sog. "psychopatholo-
gischen" (also krankhaften) Auffälligkeiten haben ihren Ursprung
in religiösen, anthroposophischen Gedanken, Ideen.
Die Herren Gutachter widersprechen sich, keiner kennt mich per-
sönlich.
Anthroposophie, sowie "religiöse Überzeugung" wird pauschal als
"krankhaft" gebrandmarkt.
Schauen wir nochmals das sog. Gutachten vom 19.12.1988 an.
Die von dem Gutachter erwähnten zwei Briefe, auf die sich die
diagnostischen Versuche alleine gründen, sind von beiden Eltern-
teilen verfaßt und unterschrieben. Zehn Jahre später konnte mit
Hilfe eines Anwaltes Einsicht in die Gerichtsakten vorgenommen
werden. Es stellte sich heraus, gemeinsamer Absender und Un-
terschrift der Ehefrau sind schwarz gefärbt, bzw. sogar wegko-
piert. Gerichte und Gutachter fällten ihre Beurteilungen und Ent-
scheidungen aufgrund von Schwarzweißkopien. Die Originale
sind künstlerisch farbig gestaltet, so daß bei den Kopien ein
57

schwarzer oder weißer Fleck anstelle der Unterschrift und des


Absenders unauffällig bleibt. Der Gutachter hätte bei zwei Unter-
schriften und aufgrund des Absenders den Inhalt der Briefe kei-
ner einzelnen Person zuordnen können. Der Richter hätte wegen
zweier Unterschriften keine Einzelperson herausgreifen dürfen,
um ihn in die Psychiatrie verschleppen zu lassen. Ein Brief wurde
von der Ehefrau per Hand geschrieben. Wer ließ die Originale fäl-
schen, das Landratsamt... ?

Was bedeutet das für uns alle? Wir brauchen nur religiöse Ge-
danken zu haben, mit Ihnen unsere Grundrechte begründen, so-
fort stehen wir bei bestimmten staatlichen Psychiatern im Ver-
dacht, psychisch erkrankt zu sein. Schlimmer wird es noch für
den, der ein "Sendungsbewußtsein" hat. Tragisch wird es für
den, der für seine Ideen sogar das Märtyrerschicksal ins Auge
faßt. Solche Menschen erklärt die Psychiatrie für krank. Ja der
erste Gutachter empfiehlt sofort die zwangsweise Therapie solcher
Menschen, sollte die Diagnose gestellt werden, die er quasi vor-
gibt. Welche Chance hat ein Mensch, wenn er zwangsweise in
ein Krankenhaus eingeliefert wird, aus dem heraus eine Anre-
gung zu einer Zwangsbehandlung kommt, obwohl bis dahin noch
kein Arzt oder Facharzt den "Beschuldigten" gesehen hat?

Muß also mit den drei Uniformierten gehen. Erfahre während der
Fahrt, die zuerst zu der örtlichen Polizeistation geht, vom Dienst-
stellenleiter, in dem Dorf sei noch ein zweites Dienstfahrzeug mit
vier Mann stationiert. Es war wohl die Spezialeinheit, die zuvor so
kläglich bei ihrem "Touristenspiel" versagte.
Der leitende Polizist bittet nach dieser Angelegenheit, mich per-
sönlich kennenlernen zu dürfen. Diese Bitte enthält eine ver-
steckte Entschuldigung für das, was er unserer Familie antut.
Ihm fehlte eben das Rückgrat, den an ihn ergangenen unrecht-
mäßigen Befehl der Festnahme zu verweigern.
Kurz nach dem Dorf steht noch ein drittes Polizeifahrzeug, ein
kleiner Bus. Welch ein Aufwand, um einen meditierenden Bürger
festzunehmen. Wir fahren zuerst zur örtlichen Polizeistation, wo
der leitende Polizist sich höflich verabschiedet.

Im Bezirkskrankenhaus angekommen, werde ich in ein Zimmer


geführt. Der ca. 30 qm große Raum ist mit Teppichen, Wohnre-
galen, einer Sitzgruppe und Bildern ausgestattet. Links neben
der Türe steht ein großer Schreibtisch mit zwei Stühlen.
58

Ein Mann mit weißem Kittel, im Weiteren "Weißkittel" genannt,


stellt sich namentlich als Herr Sch. vor, seine Funktion ver-
schweigt er. Ein Stuhl vor dem Schreibtisch wird angeboten, die
Geste, ein Befehl. Der Weißkittel setzt sich gegenüber, sagt:

„Wir wissen, daß Sie krank sind“.

Schweige ob dieser Aussage.


Bleibe stumm.

Was soll man schon mit einer solch verheißungsvollen Begrüßung


anfangen.
Weil auf die vorgebrachte Diagnose eine Reaktion ausbleibt, be-
ginnt mein Gegenüber mit unruhiger Hand an einem von drei Pa-
pierstößen herumzufingern. Sie liegen wohlgeordnet nebenein-
ander auf der Schreibtischplatte. Sehe sofort, bei einem Stoß
handelt es sich um Briefe wegen des Schulkreuzes, die wir Eltern
gemeinsam verfaßten. Der Weißkittel sagt kein Wort, während er
einzelne Seiten zwischen seinen Fingern herunter blättert. Der
Oberkörper neigt sich gewichtig über die Papiere, das Gesicht wie
im Studium der Inhalte vertieft, wobei die Augen wiederholt
schnell meine Reaktion prüfen.
Bleibe weiterhin stumm.
Nachdem er sich eine Weile mit den Briefen beschäftigt, immer
so, daß sein Gegenüber auch ja sehen kann, was seine Finger ge-
rade aufschlagen, etwa das "Verteidigungsmandala", welches ers-
tellt wurde, als der Staat drohte, die Kinder wegen des Schul-
kreuzstreikes wegzunehmen, wendet er sein Gesicht und sagt un-
vermittelt mit zwingendem Blick:

„Sie waren schon einmal in einer Nervenheilanstalt“.

Verneine dies wahrheitsgemäß.


Hierauf deutet er auf den mittleren Papierstoß, der direkt vor ihm
liegt und sagt, „dieses Dokument beweist, Sie sind schon einmal
in der Psychiatrie gewesen“.
Verneine dies nochmals, bitte Einblick in dieses angebliche Do-
kument, auf welches der Finger zeigt, vornehmen zu dürfen, denn
es könne sich nur um einen Irrtum handeln.
Der Weißkittel verweigert dieses Begehren.
Bitte ihn, er möge doch meine Ehefrau anrufen, die bestimmt
wisse, ob ich bereits einmal in einer Psychiatrie gewesen sei.
59

Mein Gegenüber verweigert auch diese Bitte.


Als letzte Möglichkeit, der drohenden Gefangennahme zu ent-
gehen, verlange ich, er möge einen Anruf wegen Beiziehung eines
Anwaltes gestatten. Durch eine Zeitungsnotiz war zufällig kurze
Zeit zuvor ein neues Gesetz bekannt geworden: der gegen seinen
Willen in ein Bezirkskrankenhaus verbrachte Bürger, habe das
Recht, unverzüglich einen Anwalt zu kontaktieren.
Auch diese Bitte wird von dem Weißkittel eiskalt abgeschlagen.
Jegliche Antwort unterbleibt.

Nach einer Weile setzt er sich an einen kleinen Tisch, spannt ei-
nen Bogen Papier in eine Schreibmaschine. Er blickt mich dabei
finster an, fragt nach persönlichen Daten, wie Geburtsort, -datum
usw.. Da ist klar, es wird ein stationärer Aufenthalt vorbereitet.
Bisher hat der Weißkittel weder den Grund der polizeilichen Vor-
führung, noch sonst eine Erklärung für sein Verhalten mitgeteilt,
so daß ich mich vollkommen im Ungewissen der Umstände dieser
obskuren Situation befinde. Verweigere deshalb auch jede per-
sönliche Auskunft.
Nach weiteren Minuten vergeblichen Wartens läuft mein Gegen-
über rot an, stürmt mit wutverzerrtem Gesicht aus dem Raume,
ohne ein weiteres Wort zu verlieren.

Es dauert eine Weile, bis ein anderer "Weißkittel" den Raum be-
tritt. Er setzt sich sofort, ohne sich vorzustellen, hinter den
Schreibtisch, beginnt dieselbe Prozedur wie sein Vorgänger.
Sie - wieviel Ärzte meint er eigentlich - wüßten, ich sei sehr
krank, wobei er mich mit großen Augen erwartungsvoll anschaut.
Das war wohl eine abgesprochene Vorgehensweise um mich ein-
zuschüchtern.

Schwieg.

Die Herren Weißkittel müßten schon "Hellseher" sein, um ohne


Untersuchung mit einer Art Röntgenblick an der Farbe der Aura
eine mögliche Krankheit feststellen zu können. Die beiden Schar-
latane waren fremd, wir begegneten uns zum ersten Male.
Genau wie sein Vorgänger blättert auch dieser Weißkittel - es
schien genüßlich/süffisant - zwischen den elterlichen Briefen we-
gen des leidigen Schulkreuzes.
Dann deutet er auf den mittleren Papierstoß, meint: „Sie sind
schon früher in einer Psychiatrie gewesen.“
60

Er spult dasselbe Programm wie sein Vorgänger ab.


Es kommt nur ein knappes "Nein" über meine Lippen.
„.....dieses Dokument belegt Ihren Aufenthalt“, wobei er wie sein
weißgekittelter Zwillingsbruder auf den vor ihm liegenden Papier-
stoß zeigt. Bitte ihn, er möge doch Einblick gewähren, denn es
müsse sich um einen Irrtum handeln; keinerlei Reaktion.
Wie zuvor wird ein Anruf an die Ehefrau verweigert, wobei der
Herr nur mißmutig den Kopf schüttelt. Die Bitte um Beiziehung
eines Anwaltes wird ignoriert. Auch dieser "Halbgott" in Weiß be-
hauptet, ich sei im Herbst in der Psychiatrie gewesen.
Wieder kommt nur ein Wort über meine Lippen: „Nein“!

Nochmals betont mein Gegenüber: "Sie waren schon einmal in


der Psychiatrie“ und fügt nach einer Kunstpause „stationär“ als
neue Information hinzu.
Bleibe nun stumm, jedes weitere Wort ist vergebens. Ahne, die
angeblichen Dokumente sind gefälscht, es hat keinen Sinn,
Grund- und Menschenrechte einzufordern. Ein Irrtum mit den
angeblichen Dokumenten ist ausgeschlossen.

Der zweite Weißkittel setzt sich ebenfalls an den kleinen Beistell-


tisch mit der Schreibmaschine, beginnt nach persönlichen Daten
zu fragen.

Ich aber bleibe stumm. Nach vergeblichen wiederholten Fragen,


verläßt auch der zweite Weißkittel mürrisch den Raum.

Man läßt mich einige Zeit alleine. Es schienen etwa 15 Minuten


zu sein. Überlege, ob die "Weißkittel" von Außen mich beobach-
ten würden. Hofften sie, ihr Opfer würde die Nerven verlieren? In
dem Vorraum waren etwa ein Dutzend Frauen und Männer gewe-
sen, alle in weißen Kitteln, die mich irgendwie aufgeregt empfan-
gen hatten. Von der Polizei war die Ankunft während der Fahrt
telephonisch durchgegeben worden.

Betrachte nach diesen ersten Erfahrungen etwas näher den –


nur für die Verwandten der Insassen und etwaige Besucher - vor-
bildlich eingerichteten Raum.

In einem hohen und außergewöhnlich langen Bücherregal stand,


war es Absicht oder nur Zufall, ein Buch worauf eine Karikatur
des Ministerpräsidenten abgebildet war. Genau die Szene, welche
61

Monate zuvor das Kultusministerium in einer Schau geschildert


bekommen hatte. Die gezeichnete Figur saß an einem Tisch und
hielt einen Maßkrug in der Hand. Es ist ja bekannt, vor seinem
Tode trank dieser Ministerpräsident sein letztes Maß Bier, in Rea-
lita.

In meiner Traumvision saß er an einem Tisch, las einen Brief um


das Schulkreuz, erschrak vor dem Wort "Anthroposophie", brach
zusammen, griff nach einem Bierkrug, bevor er ohnmächtig auf
den Boden sackte...... . Weitere Einzelheiten der Schau müssen
noch im Dunkeln verweilen.
Tatsächlich kam der Ministerpräsident vom Oktoberfest, saß dort
an einem Tisch für besondere Gäste, trank angeblich drei Bier,
bevor er zusammenbrach, starb und mehrmals wiederbelebt wur-
de, bis endlich die Maschinen abgeschaltet wurden.

Ob die Ärzte wohl bewußt dieses Buch in das Regal stellten? Es


war hintrapiert, wie im Schaufenster einer Buchhandlung. Woll-
ten Sie meine Reaktion testen?

Dachte im Stillen, sicherlich haben sie auch jenen Einschreibe-


brief an das Kultusministerium mit der Schau des Zusammen-
bruches des Ministerpräsidenten. Natürlich wuchs die Sorge, ob
ich da je heil wieder aus der "verzwickten" Situation heraus
kommen würde. Auch wenn bei der Festnahme keinerlei Gründe
mitgeteilt worden waren, weder von der Polizei, noch von den Her-
ren "Weißkitteln", ich "wußte", der Staat würde mich nun in der
Psychiatrie festhalten und sie, die Handlanger des Staates, die
Ärzte, würden versuchen, mich mit Medikamenten vollzustopfen.
Aufgrund der nächtlichen Mitteilung des "Meisters", der Auf-
enthalt wird nicht lange dauern, war genug spirituelle Kraft vor-
handen, in dieser schier ausweglosen Situation die aufkommende
Angst zu zähmen. Wiederholt hatte sich im Leben die Gabe der
Zukunftsschau als tragfähig erwiesen. Von einem Yogi waren
nach einer Einweihung, verbunden mit der Weitergabe eines per-
sönlichen "Mantras", Einzelheiten der drei letzten Inkarnationen
mitgeteilt worden. Als später ein spiritueller Name verliehen wur-
de, teilte ein anderer Lehrer mit, hätte ein Leben in Indien als Yo-
gi verbracht, zusammen mit einem unserer Kinder. Es war also
verständlich, wenn in diesem Leben spirituelle Fähigkeiten auf-
tauchten. Auch von anthroposophischer Seite, war auf "östliche"
Inkarnationen hingewiesen worden.
62

Meine jetzige Existenz wäre sinnlos, würde ich in den kalten, ab-
weisenden Mauern der staatlichen Psychiatrie eingekerkert wei-
terleben müssen, egal wie viele gefälschte Dokumente vorbereitet
worden waren, damit das Personal auch brav mitspielt, niemand
meine Worte ernst nimmt.

In der nun schwersten Stunde des bisherigen Lebens wandte sich


der Sinn an die geistige Welt, an Jesus Christus, an den namen-
losen "Gott", an alle Meister und Lehrer denen ich bisher wäh-
rend der physischen Tagesebene begegnen durfte. Bat, aufzupas-
sen, damit mir und der Familie kein Unheil geschähe, erbat die
notwendige spirituelle Kraft. Der Ruf wandte sich an die Sufis.
Der Meister Pir Vilayat Inayat Khan unterrichtete einst in der Nä-
he des Mont Blanc. Vergesse nie seinen Sonnenblick.

Er saß auf einem großen Stein, die Schüler verstreut zwischen


kleineren Felsblöcken, den Lehren lauschend. Wir hatten zuvor
die angegebenen Meditationen geübt, saßen nun zu den Füßen
des Sufilehrers. Hörte mit geschlossenen Augen, als ein Strahl
mich berührt. Der Blick des Lehrers wandte sich schnell ab, als
ich die Augen öffnete, unsere Blicke sich trafen. Für einen kurzen
Moment blitzte gegenseitiges Erkennen auf. In seinem Blick lebte
Erstaunen, so, als wollte er sagen, „muß verschweigen, was ich
über dein Schicksal weiß“. Es schwang auch Achtung in diesem
„Augenblick“. Hatte mich einige Wochen zuvor persönlich vorge-
stellt. Er bat, ihn in Paris direkt aufzusuchen. Das Schicksal
wollte es anders. In der Erinnerung tauchten auch die Bilder an
ein Zusammentreffen mit einem Mönch von Paramahansa Yoga-
nanda, dem Autor des Buches "Autobiographie eines Yogi" auf. In
einem persönlichen Gespräch hatte dieser damals unmittelbar
gefragt, ob ich früher schon Yogatechniken geübt hätte. Es war
aufgefallen, wie sein Blick sich veränderte, bevor diese Frage
kam. Ob er wohl an den "Lotusblumen/Chakren" irgendwelche
Veränderungen wahrgenommen hatte, die ihn zu der Frage veran-
laßten? Diese früheren Schicksalsmomente seien nur gestreift.
Sie trugen in der Ohnmacht, in die mein Ich hineingeworfen wor-
den war. Es waren noch während des funktionierenden Kompro-
misses mit dem Ortspfarrer innere "Bilder" aufgetaucht, welche
zeigten, die Staatsführung werde wegen des Schulkreuzes die Ge-
richte mißbrauchen, um die "Familie zu zerschlagen". Man sah
keine andere Möglichkeit, um das "Schulkreuz" zu retten. Es ist
allgemein bekannt, Gerichte sind in diesem Bundeslande mit der
63

Politik verfilzt. Da es zu diesem Thema sogar einige öffentliche


Spottlieder gibt etc., wird diese Feststellung auch von der Kunst
gestützt.

Eine merkwürdige Situation in der staatlichen Psychiatrie. Die


spirituelle Fülle des bisherigen Lebens, plötzlich eine aberwitzige,
eine tödliche Gefahr. Ahnte die kommenden schweren Stunden,
spürte die Schwelle einer neuen Erfahrung.
"Der Geist weht wo er will", auch Mauern einer Psychiatrie bilden
kein Hindernis. Diese und noch andere Gedanken durchzogen
das Bewußtsein. Es galt, das bisherige spirituelle Wissen im Le-
ben umzusetzen. Besonders an Paramahansa Yogananda, den
ersten "Lehrer", an Sri Aurobindo und an Rudolf Steiner wandte
sich der Sinn. Ost und West, an beide spirituelle "Traditionen"
richtete sich der innere Ruf, damit ich durchhalten möge, um
diese Bedrohung durchzustehen. Wenn es auch klar war,
Rechtsbruch, Rechtsbeugung und krasseste Menschenverach-
tung waren am Werke, so spielte sich dies im Felde der göttlichen
Vorsehung ab. Es blieb nur eine Frage, würde ich die Kraft ha-
ben, ruhig zu bleiben, da es fast körperlich fühlbar war, sie die
"Hintermänner" wollten, daß Herr Seler für lange, lange Zeit ein-
gesperrt bliebe. Wußte, die Ärzte verrieten ihren Eid, sie würden
mitspielen, das tun, was die staatlichen Hierarchien von ihnen
verlangten.

Zurück in die geschlossene Station des Bezirkskrankenhauses.


Harre der Dinge.

Nach geraumer Zeit betritt der zweite Weißkittel, zusammen mit


einer jungen Krankenschwester wieder den Raum, verlangt mit
Ihnen zu gehen. Jede Widerrede oder Widerstand ist zwecklos.
Zu keinem Augenblick wird mitgeteilt, warum die Polizei mich in
die Psychiatrie gebracht hat, was man will, was man mir unter-
stellt. Es bleibt nichts anderes übrig, als sich vorerst der Willkür
der Ärzte zu fügen. Gehe also mit den Beiden.

Zuerst über einen Hof, sehe zum letzten Male Gras, den blauen
Himmel. Ein Drahtzaun, mit Stacheldraht bewehrt, ein Tor wird
hinter uns verschlossen. Als wir so weiter durch das Gelände
dahin schreiten, meine Person eingekeilt zwischen Arzt und Pfle-
gerin, werden wir durch eine junge Frau aufgehalten, die den
Weißkittel anstrahlt. Mit schnellem Schritt eilt sie auf ihn zu,
64

streckt ihm ihr Gesicht entgegen. Sie reiben ihre Wangen anei-
nander, wie bei einem Ritual. Die junge Frau lächelt, geht fröh-
lich ihres Weges. Während wir weiter schreiten, erzählt der junge
Mann der Pflegerin einiges von der Frau.
Es ist schon staunenswert, als Gefangener der staatlichen Psy-
chiatrie eingeklemmt zwischen den beiden Fachkräften und diese
unterhalten sich über eine Patientin, ihre Krankheit, die Hinter-
gründe. Höre diskret irgendwie weg. Offensichtlich gilt der In-
sasse einer Psychiatrie von vornherein als unzurechnungsfähig,
nicht aufnahmefähig, man kann vor ihm die ärztliche Schweige-
pflicht ruhig verletzen.

Nachdem mehrere Türen auf und zugeschlossen werden, müssen


wir zuletzt eine schwere Stahldoppeltüre passieren. Die kleinen
milchigen Glasfenster sind mit Drahtgeflecht verstärkt. Werde zu
dem Stationszimmer geführt. Niemand erklärt irgend etwas.
Wir warten auf dem Flur, bis der leitende Oberpfleger dieser ge-
schlossenen, durch eine ausbruchsichere Tür isolierten Station
zu uns heraustritt. Er bekommt von dem Begleitpersonal eine
Mappe überreicht.

Beschwere mich, nachdem die Begleiter gegangen sind. Es sei zu-


vor behauptet worden, wäre schon einmal in einer Nervenklinik
gewesen. Der leitende Pfleger antwortet, wortwörtlich(!):

„Es ist schon schlecht, wenn man sich nicht mehr erinnern
kann“.

Dann schlägt er die Mappe auf, sagt nur verschmitzt:

„Ja wenn man dem Ministerpräsidenten schreibt“,

zieht sich danach in sein Stationszimmer zurück, läßt mich ein-


fach stehen.

Also besitzen sie auch diesen Brief. Er war an den neuen Mini-
sterpräsidenten gerichtet. Fast will Ohnmacht mich ergreifen.
Keine Chance. Wenn der leitende Pfleger ebenfalls behauptet,
Herr Seler sei schon früher in der Psychiatrie gewesen, dann gibt
es keine Aussicht mehr, aus der geschlossenen Station heraus-
zukommen. Es sind tatsächlich gefälschte Dokumente im Um-
lauf, die das Personal gezielt täuschen.
65

Als nächstes führt mich eine Pflegeschwester in einen Raum, in-


dem sich lauter Schließfächer befinden. Vor den wachen Augen
der Schwester müssen alle Taschen geleert werden, der Inhalt
wird weggeschlossen. Sehe zum ersten Male den Blick des Pflege-
personals der besagt, wir wissen, du bist krank, niemand wird dir
helfen, wir werden keine einzige Äußerung ernst nehmen, denn
du bist ja verrückt, das beweist ja deine Anwesenheit. Dieser
Blick ist gepaart mit einem seelischen Ausdruck: ja, wir wissen,
daß dies kein beliebter Job ist, aber aus lauter Menschenliebe be-
fassen wir uns sogar mit euch Verrückten. Es wird diese seeli-
sche Reaktion des Pflegepersonals wohl nur für Ausnahmesitua-
tionen gelten. Sie wissen nie, was sie erwartet, vor allem, wenn
keine äußeren Merkmale des Eingelieferten eine klar einschätz-
bare Situation ermöglichen.

Wieder im Flur, befiehlt ein Pfleger, mich vor die Wand hinzustel-
len. Er holt eine Polaridkamera hervor, knipst ein Bild. Es wird
im Pflegezimmer an die Pinnwand geheftet, darunter der Name.
Auch dies erfolgt ohne Erklärung. Man läßt mich wieder einfach
stehen.

Da wirst du mit der Polizei in ein psychiatrisches Gefängnis ver-


bracht, ohne irgendeinen erkennbaren Anlaß. Wie ein Versuchs-
tier stellt das Personal dich ab und du weißt tief in dir drinnen,
politisch/kirchliche Kräfte sind am Werke.

Richter, Polizei und Ärzte spielen mit. Jedes Aufbegehren, ja jeder


Ansatz eines Gespräches mit dem Personal ist nach den ersten
Erfahrungen vollkommen sinnlos. In dir versucht sich Angst und
Furcht zu verkrampfen. Es ist die Furcht und die Angst Tausen-
der von Mitmenschen, welche vor dir Ähnliches erleben mußten.
Die so viel gepriesene Würde des Menschen, das ganze Grundge-
setz ist in diesem Momente hohl und leer. Du spürst, du bist de-
nen da ausgeliefert. Die Verantwortlichen des Krankenhauses
sind sicherlich in alle Rechtsbrüche eingeweiht. Sie sind die
Hauptschuldigen. Stationsärzte und Pfleger sind nur deren willige
Werkzeuge, welche die Gelegenheit nutzen, um durch vorausei-
lenden Gehorsam schneller auf der Karriereleiter empor zu klim-
men.

Verlange nach den bisherigen Erfahren bewußt weder den leiten-


den Arzt, noch den für meinen Zwangsaufenthalt rechtlich ver-
66

antwortlichen ärztlichen Direktor. Jede Beschwerde ist von vor-


neherein aussichtslos, hier waren politische Kräfte im Hinter-
grund am Werke gewesen, hatten die Umstände der Einlieferung
vorbereiten lassen. Der ausgetüftelte Plan war gescheitert, die
Festnahme schlug fehl, damit mißlang der Überraschungsangriff,
doch das Personal war offensichtlich massiv beeinflußt worden.
Der Wortwechsel mit dem leitenden Pfleger der Station war zu
aufschlußreich. Wenn jedes Wort nur als Zeichen einer Krankheit
angesehen wird, keine Klärung eines möglichen Irrtums möglich
ist, dann wird Niemand in dem Bezirkskrankenhaus helfen. Zu
sehr sind diese Menschen in ein Hierarchiesystem eingebunden.
Konnte das weitere Schicksal nur noch der göttlichen Vorsehung
übergeben. Es war klar, die vielen Provokationen, Rechtsbrüche,
Demütigungen, die Mißachtung der menschlichen Würde nach
der Einlieferung sollten mich aus dem seelischen Gleichgewicht
werfen. Man(n) erwartete einen seelischen Zusammenbruch, denn
wenn Dokumente einen früheren Aufenthalt in einer Nervenheil-
anstalt belegten, dann war es klar, diesen Ort würde ich ohne
ständige Einnahme starker Psychopharmaka wohl kaum mehr
verlassen. Meine Erfahrung, mein Wissen, nachdem die Planspie-
le in die Hose gingen, wurde zu einer Gefahr für diejenigen, wel-
che alles daransetzten, um in diesem Bundeslande jedem Bürger
das Schulkreuz mit Beginn des Schulbesuches aufzunötigen.
Man hatte viel gewagt, das Geplante war bisher schief gegangen,
aber desto ungewisser, bedrohlicher erschien die nahe Zukunft.

Während ich mich im Eingangsbereich der Station bemühe, das


seelische Gleichgewicht aufrecht zuhalten, wird ein Mitbürger
eingeliefert, der sich sichtlich wehrt. Er zappelt, strampelt mit
den Beinen. Doch zwei Pfleger kennen kein Pardon, sie packen
mit festem Griff zu, schleifen ihn den Flur entlang, lassen das
schreiende, um sich schlagende Bündel Mensch einfach auf den
Boden gleiten. Dem Eingelieferten ist anzusehen, er ist von Ge-
burt an Außenseiter der Gesellschaft.

Nach einer kurzen Weile faßt sich der junge Mann, läßt sich im
Schneidersitz auf den Flurboden nieder, holt einen Walkman aus
der Tasche, setzt den Ohrhörer auf und versinkt in seine Musik-
welt. Dabei setzt er ein Grinsen auf, das zwischen Ironie und Hilf-
losigkeit hin und her pendelt. Er ist wieder bei sich, in seiner ge-
liebten Welt und die Station ist ihm jetzt einfach egal. Sicherlich
ein "Drehtürpatient", der weiß, was ihn erwartet, der sich auch
67

deshalb wehrt. Ist er unangepaßt, lebt er bei seinen Eltern, in ei-


nem Heim?

Er war wieder ruhig geworden, neben der Tür zum Stationszim-


mer, wo er sich selbst überlassen wurde. Nach geraumer Zeit
kommt der leitende Stationspfleger. Die Aufforderung, er solle
aufstehen, wird ignoriert. Es nützt wenig, ihm den Kopfhörer
wegzuzerren. Ängstlich und mürrisch zugleich reagiert er auf die
Wegnahme seiner Musik. Weil Zureden erfolglos ist, kommt ein
weiterer Pfleger aus dem Stationszimmer. Zu zweit versuchen sie
ihn hochzuziehen. Der Junge wehrt sich mit Händen und Füßen,
grinst ängstlich, läßt sich immer wieder auf den Boden fallen.
Nach mehreren vergeblichen Versuchen, lassen die Pfleger ihn
einfach am Boden sitzen. Der Eingelieferte greift wieder nach
seinem Kopfhörer. In seine Musik versunken, hockt er da, ein
nicht pflegeleichter, nicht angepaßter Mitbürger.

Frage mich, warum hat das Schicksal es gewollt, dies hautnah zu


erleben.

Da sind weiter zwei schwankende Gestalten, die den Flur auf und
ab schreiten, die sich gegenseitig stützen, mich irgendwie wissend
angrinsen, den Neuankömmling. Durchaus freundlich, ver-
schmitzt und leider auch mit einer Portion Blödheit, die aber
mehr von den Medikamenten zu kommen scheint, als aus den
Personen selber. Staune doch, als die Friedlichen urplötzlich auf-
einander einschlagen, sich wüst beschimpfen. Mehrere Pfleger
kommen angerannt, trennen die um sich Schlagenden. Nach ei-
ner Viertelstunde schlurfen sie wieder eng umschlungen den Flur
auf und ab, als hätte es keinen Vorfall gegeben.

Kein Mitbürger, auch wenn er sich in "Inkognito" auf eine solche


Station begibt, wird nachvollziehen können, was ich hier erfahre,
wenn Stahltüren sich krachend hinter einem schließen, wenn du
wortlos abgeliefert wirst, wenn sich kein Aas um dich kümmert,
du alleine den Schock erfährst, daß ab nun Andere über dich be-
stimmen wollen. Jemand, der sich mit Absicht so einsperren
läßt, wie dies Journalisten taten, er weiß ja, er hat die "Freikarte"
nach draußen, er hat sich abgesichert, er kommt wieder raus aus
der Klapsmühle. Bietet die „verrückte“ Situation die Gelegenheit,
das Wirken der „göttlichen Vorsehung“ zu erfahren? Wird die
Lauterkeit meiner Person einer harten Prüfung unterzogen? Wenn
68

auch nur ein kleiner (egoistischer) Fehler in der seelisch-geistigen


Erkenntnis um das Schulkreuz vorhanden wäre, ich würde nur
als abgespritztes Wrack der staatlichen Psychiatrie entkommen.

Farbdrucke von Van Gogh sind an den Wänden der Gänge aufge-
hängt. Sie schenken ein Gefühl der Sicherheit, der Größe des
Schicksals. Auch wenn krassestes Unrecht geschieht, begleiten
Werke jenes Mannes, der in der Jugend so viel Seelennahrung
schenkte. Es war das seelische Ringen dieses Malers, nach dem
Wesen der Farbe, welches den eigenen Weg hin zur Kunst mit
formte. Reiste mit 21 Jahren nach Südfrankreich, um dort Mal-
studien zu betreiben. Damals vor 18 Jahren führte der "Pilger-
pfad" auch nach St. Rémy, der Irrenanstalt, in der sich Van Gogh
aufhielt. Betrat mit tiefen Empfindungen das Zimmer des her-
ausragenden Malers, dessen Reproduktionen mich nun in dieser
Irrenanstalt empfangen. Welch großartige Kunst des Schicksals,
welcher Schicksalskünstler war am Werke?!

In Südfrankreich gelangte ich damals vor Jahren zu Fuß wan-


dernd von Avignon zufällig nach Oppéde-le-Vieux, dem einstigen
Sommersitz der Päpste von Avignon. Dort fand sich ein Zimmer
bei einer Deutsch-Russin. Ihr Ehemann bekleidete in Paris ein
öffentliches Amt, welches in der Bundesrepublik der Position ei-
nes Kultusministers entspräche, so die Hausherrin. Sie war Ste-
wardeß bei der Lufthansa gewesen. Aufgrund eines Rücken-
leidens hatte sie diesen Beruf aufgeben müssen. Sie ließ sich
umschulen, erhielt als erste Frau das Patent als Schiffsoffizier.
Es wohnte weiter ein deutscher Maler am Platze, dessen Ehefrau
erwähnte, sie sei direkter Nachfahre der Albigenser. Vor Jahr-
hunderten hätte sich in diesem Dorf ein grausames Massaker an
Hunderten von ihren Vorfahren zugetragen.

Durchstreifte während des halbjährigen Studienaufenthaltes oft


die Ruinen des Ortes, der nur teilweise wieder aufgebaut war.
Besonders nachts bei Vollmond konnte man auf einem kleinen
Plateau über dem Dorfe, ein steiler Abgrund versperrte den Weg
zu den umgebenden Bergen, das Raunen der Geschichte ver-
nehmen. Tiefe Stunden der Meditation, nach den Schulungsan-
weisungen von Paramahansa Yogananda, des Autors „Autobiog-
raphie eines Yogi“, welche wöchentlich von Los Angeles in Süd-
frankreich ankamen, formten die Zukunft.
69

Es waren die Kunstdrucke von Van Gogh, welche Erinnerungen


an den Aufenthalt in Südfrankreich hatten aufleben lassen. Eine
Botschaft seiner Kunst, Quelle allen Lebens ist Farbe und Form,
Klang des Raumes.

Das Pflegepersonal trug durchwegs weiße Kittel. Ein vollkommen


verfehlter therapeutischer Ansatz, die bewußte Trennung durch
eine stigmatisierende Kleiderordnung zwischen den sog. Patien-
ten und dem Pflegepersonal. Gerade die Anwesenheit von Men-
schen in weißen Kitteln verstärkt nur das Gefühl der Einge-
schlossenen, dem Unbekannten vollkommen ausgeliefert zu sein.
Welche "Experimente" wird man wohl unternehmen, um deinen
Geist, deine Seele zu erforschen, oder waren die "Seelenklempner"
gar bloße Materialisten, die versuchen werden, mit Molekülen,
mit Psychopharmaka dich zu beeinflussen, dich abzustempeln, so
fragen sich Menschen, die gegen ihren Willen in der Psychiatrie
festgehalten werden.

Hatte den Eindruck, das Personal war selbst Gefangener dieser


Situation, nur von der anderen Seite eben. Eine gewisse Routine,
ein Mechanismus war auf der Station zu spüren, eine Verwahr-
situation, die unterste Ebene menschlichen Daseins. Ausgeliefert
den "Befehlsempfängern" der Ärzte.

Solche Gedanken lebten auf, neben der Frage nach dem weiteren
Schicksal. Als Erdenbürger die berechtigte Empörung gegen die
bewußten Rechtsbrüche, -beugungen, welche von gleich mehre-
ren Berufsständen in fast krimineller Vereinigung (wohl tatsäch-
lich) begangen wurden. Aber ich wußte auch "ER/SIE" ließ mich
auf der geschlossenen Station sein, damit die geschundenen
Menschenseelen meinen Lebensweg kreuzten.

Ein weites Gefühl des Mitleids keimte auf. Dachte an all die
Jahrhunderte, an die Menschen, die als Gefangene der Herr-
schenden leben mußten. Sie begingen keine kriminellen Straf-
taten, nein, sie wagten es, gegen die politischen Verhältnisse, ge-
gen die Staatsgewalt, gegen die Macht der Kirche aufzubegehren,
für Menschenrechte einzutreten. All die Freiheitskämpfer der
Menschheit, all die Märtyrer tauchten in Gedanken auf. Wie ein
roter Faden, wie eine Perle auf einer Perlenschnur, so schien die-
se Gefangenschaft in dem Bezirkskrankenhaus. Wie eine Ein-
weihung in den verborgenen Sinn des sog. Bösen, welches die
70

Geschichte aufrührt, erahnte die Seele den Schnittpunkt des


Schicksals. Umwandlung von Kräften. Spürte, die Menschheit
reifte in ihrer Geschichte gerade durch solche Menschen, die
durch Unrecht hindurchgingen, die in einer solchen Situation ih-
re Lauterkeit bewahrten, wie etwa Martin Luther, der eben sagte,
"und wenn tausend Teufel ...., ich kann nicht anders". Er lebte
fortan mit der Bedrohung wegen seiner Einsicht, seiner Gerech-
tigkeit, umgebracht zu werden. Es war die umfassende Schick-
salsfügung, welche von Anfang an Martin Luther dazu auser-
sehen hatte, die erstarrte Katholische Kirche in Bewegung zu
bringen. In den Vorträgen Rudolf Steiners finden sich aufschluß-
reiche Hinweise hierzu. Letztlich scheiterte die Mission Luthers
auf halbem Wege.

Erst nach mehreren Stunden Aufenthalt in der geschlossenen


Station des Bezirkskrankenhauses bittet ein Pfleger zum Arzt.
Gehe mit recht gemischten Gefühlen zu dem Stationszimmer,
welches eine Schleusenfunktion hin zu den Ärzten bildet. Die
bisherigen Erfahrungen mit dieser staatlichen Verwahranstalt für
unangepaßte Individuen ließen kaum hoffen, der Mensch mit sei-
nen seelischen Bedürfnissen stehe im Mittelpunkt aller Bemü-
hungen, sondern das vom Staate vorgegebene Sozialverhalten des
Einzelnen wird korrigiert, zurechtgestutzt, mit der chemischen
Keule der Norm der Gesellschaft angepaßt. Natürlich ist dies
subjektiv überzeichnet, wird aber im Einzelfall der Realität ent-
sprechen.

Der Arzt empfängt im Stationszimmer, eine Begrüßungsformel.


Der nächste Satz, der über die Lippen dieses Mannes kommt, ist
als soziales Todesurteil gedacht:

"Sie sind sehr krank".

Dann erst betreten wir seinen Arbeitsraum.


Der neue Weißkittel, welcher es ebenfalls unterließ, sich als Arzt
vorzustellen, hat den Bürger noch nie gesehen, geschweige ge-
sprochen oder gar eingehend untersucht und begrüßt mit einer
fertigen Diagnose. Es ist sofort klar, aus menschlicher Sicht ist
die Freiheit in weite Ferne gerückt.
Ohne eine Reaktion abzuwarten, kommt der nächste Satz des
Psychiaters, wie ein Pistolenschuß. Er offenbart die ganze Bos-
haftigkeit staatlicher Psychiatrie, wenn sie sich als Vollstrecker
71

der Politik versteht, wie sich dies im Dritten Reich mit scheuß-
lichsten Verbrechen an Menschen erwies:

"Ich gebe Ihnen ein Medikament, damit Sie anders denken."

Zeit und Raum treten in den Hintergrund. Hellwach ist das Be-
wußtsein. Erahne all die Schicksale der Frauen und Männer, die
wegen ihrer Gedanken von der Katholischen Kirche gedemütigt,
gefoltert, verbannt und verbrannt wurden. Wie fühlten jene Men-
schen, denen Kirche und Staat ihre ureigenste Gedankenwelt
nehmen wollte, weil die Herrscher Angst um ihre Macht über
Menschen hatten. Ein Jan Hus wurde nur wegen seiner Gedan-
ken und Ideen von der Katholischen Kirche verraten, zum Tode
verurteilt und auf dem Scheiterhaufen demonstrativ verbrannt.
Fühle mich eingebunden in die Menge der unzähligen Opfer der
Kirche. In mir schreit geballter Zorn, nie ist dies der Wille Gottes.
Der Weltenplan sieht nie vor, der Eine bestimmt, was und wie der
Andere zu denken hat. Nein, nie werde ich akzeptieren, daß Staat
und Kirche mein persönliches Denken vorschreiben.
Würde der Arzt sagen, Sie sind erkrankt, Sie könnten sich selbst
oder gar andere Menschen gefährden, deshalb will ich Sie medi-
kamentieren, könnte man/frau ja noch versuchen hier nach-
zuhaken. Nein, der Seelendoktor will "nur" mein persönliches
"Denken" ändern.

Inquisition der Moderne.

Es ist das Denken um das Schulkreuz, welches die Hintermänner


meiner Zwangseinweisung mit der chemischen Keule unter-
drücken, ausschalten wollen. Im Mittelalter wäre einer wie ich in
den Kerker geworfen worden. Man hätte mich gefoltert, als Letz-
tes sicherlich verbrannt, außer ich wäre noch schnell zu Kreuze
gekrochen, wie es die Katholische Kirche durch die Jahrhunderte
besonders von den Frauen und den Völkern der Erde erzwang.
Erinnern wir uns nur an die unzähligen Ureinwohner Nord- und
Südamerikas. Diejenigen, welche ihrer Einsicht abschworen, er-
hielten den Gnadenerweis, daß sie vor ihrer öffentlichen Hinrich-
tung vom Kerkermeister erwürgt wurden. Die anderen ließ
man(n) die Flammen kosten oder zerstückelte ihre Leiber. Mit
welch religiöser Inbrunst und Freude haben Täter ihre Opfer
brennen sehen. Mit Trommeln und Fanfaren, mit Kostümen,
Prozessionen und Kruzifixen, der ganze Zinnober bewußtseins-
72

lähmender Dramaturgie, wie wir dies auch später im Dritten


Reich mit Hilfe des mißbrauchten "Sawastika" erlebten, mit all
diesen Psychotechniken hat die Katholische Kirche den Fort-
schritt jahrhundertelang geknechtet. Auch die Evangelische Kir-
che vergewaltigte das Hakenkreuz. So war an einzelnen Bischofs-
stäben Kreuz und Hakenkreuz miteinander angebracht.

Daß wir in einer Zeit leben, in der die Macht der Kirche im Bre-
chen ist, die Aufklärung die religiös umnebelten Hirne der Mas-
sen dem Dunstkreis der weihrauchgeschwängerten Luft der Altä-
re entzieht, ist den Opfertaten der Humanisten und vieler, vieler
Freiheitskämpfer zu verdanken, die ihr Leben für die Freiheit des
Individuums einsetzten. Besonders hervorzuheben sind die sog.
"Suffragetten", deren Mut erst zu einer Änderung des weiblichen
Menschenbildes führte. Die Bevormundung der Gesellschaft
durch männliche Priester, deren Denken sich in vielen politischen
Parteien fortsetzt, muß endlich von dem individuellen Menschen
aufgebrochen werden. Auch ein Goethe wandte sich gegen die
Dominanz des christlichen Kreuzes.

Menschenmassen haben sich im Mittelalter zu Untaten an-


stacheln lassen. Greuelgeschichten wurden erfunden, wie die
Schändung von Hostien durch Judenkinder, um Minderheiten
von der Mehrheit verstümmeln zu lassen und sich ihre Besitz-
tümer anzueignen. Es wiederholte sich immer wieder aufs Neue,
wenn den Herrschenden Geld fehlte, dann wurde es eben bei den
Juden geraubt. Die millionenfachen Morde an Juden sind Er-
gebnis des so hochgelobten Christlichen Abendlandes. Ein Hitler
konnte den Menschen vorgesetzt werden, weil sie jahrhunderte-
lang durch die Priesterschaft auf eine kommende Erlösergestalt
fixiert wurden. Das Bewußtsein der Christen war durch Jahr-
hunderte von den "Offenbarungen des Johannes" geprägt worden.
Angst und Schrecken vor dem Weltenuntergang nistete sich in
das kollektive Unterbewußtsein ein. So können leicht "Führerge-
stalten" im Namen Gottes ihr Unheil verbreiten. Hitler wurde von
der Katholischen Kirche als Gottgesandter verkündet, der das er-
sehnte Heil brächte. Hätten die Christen nur den Worten ihres
„Friedenstifters“ gelauscht, der vor falschen Christussen mahnte.
Rudolf Steiner warnte noch vor seinem Tode im Jahre 1925 ver-
geblich vor der Machtübernahme durch die Braunen. Erschüt-
ternd das Schicksal des Österreichers. Dieser sei während eines
Gasangriffes im Ersten Weltkrieg etwa 20 Minuten ohnmächtig
73

gewesen. In dieser Zeit hätten "asurische" Mächte das "Ich" des


Menschen Hitler "herausoperiert" und die Hülle "Hitler" zu einer
Marionette ihrer Ziele gemacht. Asurische Wesenheiten sind Ge-
genspieler des Sonnenlogos, der Christuswesenheit. Steiners
Warnung verhallte ungehört. Hitlers "Erfolg" ist mit menschlichen
Maßstäben, mit Vernunft unerklärlich. Erst Steiners Hinweise
vermögen die Tragik des Deutschen Volkes aufzuhellen. Wer Pho-
tos von Hitler vor und nach dem Gasangriff betrachtet, sieht in
dem veränderten Augenausdruck, der "Mensch" Hitler ist nach
dem Krieg verschwunden. Hitler ist nur mehr eine leere Hülle,
willenloses Werkzeug für menschenfeindliche Mächte. Geheim-
nisvolles Weltenwirken, dessen Sinn uns zunächst unbegreiflich
bleiben muß, griff in das Erdenschicksal ein. Rudolf Steiners
Warnung blieb ungehört.

Solche Gedanken, die sich während der Stunden der bisherigen


Gefangenschaft verdichteten, stärkten den Schicksalswillen.
Werde mich auf keinen Fall der Staatsmacht und ihren Hand-
langern beugen. Der Weißkittel symbolisiert die Häscher und
Henker der Menschheit, die ihr göttliches Geburtsrecht verleug-
nen, um andere Menschen zu quälen, ob physisch oder psy-
chisch. Es war, als stünden all die Geschundenen der Geschich-
te unsichtbar im Raume, als wäre ich aufgenommen in ihre Ge-
meinschaft. In der realen Begegnung dieses Unrechtes, welches
Staat und Kirche an meinem Ichwesen begingen, offenbarte sich
das sog. Böse, damit es durch eine weitere Bewußtseinstat in
diesem Urkonflikt der Begegnung der Seelen, umgewandelt wer-
de. Wenn wir in Freiheit uns für Christus entscheiden, so werden
durch uns viele andere geistigen Wesenheiten mit erlöst. Ver-
schreiben wir uns dem sog. Bösen, so hat dies umfassende Aus-
wirkung. Unsere menschlichen Taten sind bedeutungsvoll für die
Erde, für geistige Welten.

Gedanken von Rudolf Steiner, dem ich so viel verdanke. Sein


Hinweis, das Bild in der Bibel, da das Opfer nach dem Schlag auf
die Wange, seine Andere dem Täter hinhält, werde falsch verstan-
den, wurde vor Jahren Meditation. Steiner verweist darauf, wenn
der Einzelne die seelische Kraft entwickelt, er werde bei einem
Schlag auf die Wange ohne Murren, ohne Klagen, ohne einen Ge-
danken an den Schlag zu verschwenden, seine andere Wange
dem Täter hinhalten, dann, nur dann wird auch der erste Schlag
auf die Wange unterbleiben. Das Böse hat keine Kraft über eine
74

solche Person. Jesus Christus will mit dem Gleichnis auf die
Weiße Magie der Zukunft hinweisen, die nur aus der Lauterkeit
der Person erwächst. Die Priester und Theologen haben dem
"Volk" jahrhundertelang Falsches gepredigt. Duckmäuserisch soll
der Christ sich schlagen lassen, er solle sein "Kreuz" auf sich
nehmen. Nur so kommt er in den "Himmel", erlangt Erlösung.
Durch den meditativen Umgang mit dem Lebenswerk Rudolf
Steiners war Geistesgegenwart gereift, in der unmittelbaren Be-
gegnung des "Bösen" das eigene Ich zu bewahren.

Einzelne Mitbürger, die versehentlich oder aufgrund büro-


kratischer Willkür gegen ihren Willen in eine Psychiatrie einge-
liefert worden waren, verfielen in Angst und Panik, fingen an zu
toben, wurden mit der "Spritze" ruhiggestellt. Ein Leben lang ver-
folgte diese Getretenen das Trauma der Erlebnisse, die Ohn-
macht, die erlittene Willkür des "Staates".

Wußte nun, es handelte sich bei dem Weißkittel um einen Arzt,


weil er ein Medikament verabreichen wollte.
Verbitte mir sein Ansinnen.

Der Mann wird etwas unsicher, behauptet aber gleich frech, "ich
habe die schriftliche Erlaubnis des Richters, Sie gegen Ihren Wil-
len zu medikamentieren". Fordere ihn sofort auf, doch dieses
Dokument vorzulegen.

Man/frau stelle sich einmal vor, da sitzt ein leitender Stations-


arzt, wie sich später herausstellt, der sicher die gesetzlichen
Grundlagen einer Zwangseinweisung, einer Zwangsbehandlung
kennt, der mit bewußten Lügen eine Therapie zu erschleichen
versucht. Der Arzt kannte ja den Inhalt des richterlichen Be-
schlusses, der "nur" die Erstellung eines Gutachtens vorsieht.
Außerdem ist gegen jeden Beschluß eines Richters, sollte dieser
ohne den Bürger je gesehen zu haben, eine Zwangstherapie auf-
erlegen, die sofortige Beschwerde möglich. Der Herr Weißkittel
hätte also auch mit einem richterlichen Beschluß keineswegs eine
Behandlung gegen den Willen des Bürgers durchführen können.
Mein Gegenüber, nun sichtlich verunsichert, setzt sich auf seinen
Drehstuhl, wendet sich nach links, beugt sich über irgendwelche
Karteikästen, beginnt nervös zwischen Papieren zu blättern. Es
vergeht eine Weile, ohne daß er das gewünschte Dokument findet.
Angriff ist die beste Verteidigung so ein Sprichwort.
75

„Dachte bisher, nur in der ehemaligen Sowjetunion - dieses poli-


tische System brach in jenen Tagen auseinander - wurde die
staatliche Psychiatrie für politisch Andersdenkende mißbraucht“,
so mein Kommentar zu der vergeblichen Sucherei. "Nicht nur in
der Sowjetunion, nicht nur in der Sowjetunion", murmelt der Arzt
vor sich hin, wobei er aber schon wieder provozierende Blicke um
sich wirft, wohl hoffend, der uneinsichtige "Patient" werde ob sei-
nes Hinweises endlich innerlich zusammenbrechen.

Denke, welches Spiel treibt dieser Mann nur. Kann er ein solch
übler Handlanger der Regierenden sein, daß er völlig seinen ärzt-
lichen Eid verrät? Niemals würde ein wahrer Psychiater einen
wildfremden Bürger so begrüßt haben, wie dieser Mann es tat.
Kein Arzt würde ohne Beleg behaupten, er habe die schriftliche
Erlaubnis für eine Zwangsbehandlung. Auch ein Arzt weiß, gegen
eine richterliche Entscheidung können stets Rechtsmittel einge-
legt werden, bis hin zum Bundesverfassungsgericht. Bevor ein
Richter eine Zwangsbehandlung anordnen kann, benötigt er erst
ein Gutachten, welches an der Person erstellt worden ist. Vor al-
lem muß er den betroffenen Bürger erst selbst zu Gesicht be-
kommen haben, ihm rechtliches Gehör gewähren, bevor er eine
Zwangsbehandlung beschließt. Natürlich ist dies auch nur bei
nachgewiesener akuter Selbstgefährdung oder Fremdgefährdung
möglich. Last not least kann ein richtiger Arzt eine Diagnose erst
nach eingehender persönlicher Untersuchung stellen. Für die
Psychiatrie gilt, erst nach wiederholten Gesprächen, bei denen
grundsätzlich ein Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt
gegeben sein muß, darf eine Diagnose ins Auge gefaßt werden.
Diese ist aufgrund der Natur der Dinge stets subjektiv, kann
durch nichts überprüft werden, wenn sie Krankheiten aus dem
Formenkreis der sog. Schizophrenie berührt. Es gibt keine meß-
baren Vergleichsdaten (s. Fachliteratur, die eingehend die Diag-
nosevoraussetzungen darstellt). Die Wissenschaft bemüht sich
neuerdings zwar krampfhaft, auch "Schizophrenie" im Blut nach-
zuweisen, doch schon streiten sich Wissenschaftler, ob dies mög-
lich ist. Vor allem gibt es bisher keine genaue fachärztliche Defi-
nition, was unter dieser sog. Krankheit zu verstehen sei.

Muß in jenem Augenblick erneut an das Dritte Reich denken, an


die Ärzte und Richter von damals, die durch die Bank hinweg, bis
auf die stets auch damals existierenden löblichen Ausnahmen,
versagten. Hatte die Ärzteschaft geschlossen aufbegehrt gegen
76

die Euthanasie, gegen die Judenverfolgung, gegen die Vernich-


tung von Minderheiten? Wie verhielten sich die Ständevertretun-
gen der Richter, der Anwälte? Es begegnet mir in dem Bezirks-
krankenhaus exemplarisch der funktionierende Staatsapparat,
wie er überall auf der Welt eben funktioniert. Ob Diktatoren oder
falsche Demokraten. Alle mißbrauchen ihren Staatsapparat.
Die einen offen, die anderen verdeckt. Denken wir nur an "Water-
gate". Der einzige Vorteil in den Demokratien besteht in der Mög-
lichkeit, ein Journalist wagt es, die Dinge aufzudecken.

Während der ersten Stunden des Aufenthaltes in der Psychiatrie,


frage ich mich, wie konnte es sein, daß so viele Jahre nach dem
Dritten Reich in Deutschland immer noch die blinde Obrigkeits-
maschinerie funktioniert. Schließlich waren mehrere Personen
an den Vorbereitungen beteiligt gewesen. Der Regierungspräsi-
dent Herr Kr. hatte kurz vor Weihnachten 1988 einen Brief ge-
sandt, nachdem zuvor schriftlich unsere Befürchtung an ihn ge-
richtet wurde, der Staat könne wegen des Eintretens gegen das
diktatorische Schulkreuz uns die Kinder wegnehmen. „....Die an-
geordneten Maßnahmen dienen dazu, die Kinder in die Schule zu
schicken“, so der Regierungsmann. Natürlich dachten wir nie
daran, die "Maßnahmen" würden die "Psychiatrisierung" des Va-
ters bedeuten. Wie bereits erwähnt, war der Regierungspräsident
"Grabesritter". Der Ministerpräsident des Bundeslandes ist eben-
falls Grabesritter. Wer dieses Regierungsamt antritt, wird dies
automatisch. Welche verborgenen Riten mögen in dieser exklusi-
ven katholischen Geheimgesellschaft wohl vorgenommen werden.
Welche Schwüre werden bei der Aufnahme abverlangt. Sicherlich
werden irdische Gesetze außer Kraft gesetzt, sollen bestimmte
Ziele der Katholischen Kirche erreicht werden. Ständig wird das
Grundgesetz bewußt verletzt. Die Trennung von Staat und Kirche
wird mißachtet.

Es bleibt offen, inwieweit der Weißkittel keine Skrupel hat, sich


und mich zu belügen, versuche deshalb, ihn mit etwas "Futter"
zu bedienen. Vielleicht wird er dann von einer Zwangsabsprit-
zung vorerst absehen.

Als er beginnt, persönliche Dinge abzufragen, lenke ich das Ge-


spräch auf die Begegnung mit der Anthroposophie. Erzähle eini-
ge Einzelheiten, doch nur an der Oberfläche. Gebe zu erkennen,
bin kein blinder Anhänger dieser Weltanschauung. Erzähle von
77

Gesprächen mit einem direkten Schüler von Rudolf Steiner, den


die frühere Inhaberin der Weltfirma Staedler vermittelt hatte. Er-
zähle weiter, damals habe die schicksalshaft erlangte Gabe des
Hellsehens zunächst durchaus seelische Schwierigkeiten bereitet
und der direkte Schüler Steiners half, mit der Fähigkeit des Hell-
sehens verantwortungsvoll umzugehen. Es wurde erklärt, wie
das Hellsehen entsteht.
Seltsamerweise stellt der Arzt keine weiteren Fragen.
War seine Strategie durchkreuzt? Indem ich zu erkennen gab,
das Hellsehen habe seelische Schwierigkeiten bewirkt, die dann
durch einen direkten Schüler des Gründers der Anthroposophie
begleitet wurden, konnte er schlecht als Psychiater das Hellsehen
für sich angreifen, ohne näher auf die Anthroposophie als Welt-
anschauung einzugehen. Als Fachkundiger wußte er, Hellsehen
ist in der Anthroposophie ausführlich als seelisch-geistige Fähig-
keit dargestellt. Der Begründer Rudolf Steiner war selbst he-
rausragender Seher gewesen. In seinen Vorträgen schilderte er
weit zurückliegende Menschheitsereignisse. Ganze Inkarnations-
reihen bekannter Persönlichkeiten, wie die von Goethe und Schil-
ler werden dargelegt.

"Hellsichtigkeit", schlummert in uns allen, wird von Steiner als


zukünftige allgemeine Seelenfähigkeit prophezeit. Mahnende Wor-
te dieses Lehrers. Wenn wir es versäumen, diese in einem näch-
sten Leben allgemein auftretende neue seelische Fähigkeit jetzt zu
verstehen, so werden die Menschen während ihrer nächsten In-
karnation dann zwar Bilder ihrer eigenen früheren Leben er-
fahren, doch sie werden daran verzweifeln, sogar erkranken. Alle
Menschen werden in der von Steiner ausführlich geschilderten
Zeit, ein neues physisches Organ besitzen, welches sich aus der
jetzigen verkümmerten Zirbeldrüse entwickelt. Jeder ist dann in
der Lage, "seherische Bilder" seiner vergangenen Inkarnationen
wahrzunehmen. Aber nur die, welche in vorangegangenen Leben
die allgemeine Bewußtseinsentwicklung mitmachten, werden sich
in dieser Bilderflut zurechtfinden. "Ökologie" bekommt eine ganz
neue, umfassende Bedeutung, die weit über die Bemühungen der
Grünen hinaus geht. Bestimmte Indianer fällten Entscheidungen
für ihren Stamm unter dem Gesichtspunkte, welche Auswirkun-
gen diese für die Nachkommen in der siebten Generation haben
werden. Werden wir endlich als Menschen "bewußt" handeln, weil
wir wissen, wir gestalten unsere Zukunft selbst?
78

Urplötzlich, ohne Vorwarnung oder Erklärung beginnt der Weiß-


kittel mit geschäftiger, wissender Miene Fragen zu stellen, die
außerhalb des Persönlichen liegen. Die erste Frage lautet, was
sagen Sie zu folgendem Satz: "Wenn der Esel aufs Eis geht... ."
Natürlich ist klar, der Arzt möchte irgendwelche Aussagen, die er
sich dann für ein Gutachten zurechtzimmern, zurecht deuten
kann.
Schweige.
Die Gesichtsmienen meines Gegenübers erstarren, Boshaftigkeit
und Zorn spiegeln sich darin. Immer wieder fordert er mich auf,
etwas zu sagen.

Der Versuch, den Arzt zur Vernunft zu bringen, ist fehlge-


schlagen. Der Herr Psychiater spielt verrückt, wird zur potentiel-
len Gefahr, wird unberechenbar.

Es scheint, nur Makellosigkeit der eigenen Seele kann vor Unheil


bewahren, wird weiterhelfen. Obwohl der Arzt weiß, die Ant-
worten erfolgen nur aus Zwang, können also nie für die Erstel-
lung einer Diagnose verwendet werden, stellt er eine zweite Rät-
selfrage: "Wer im Glashaus sitzt.... .".
Schweige.

Immer wieder werde ich gedrängt, eine Antwort zu geben.


Sage dann nur, vielleicht habe ich mich zu weit auf das Eis ge-
wagt... ... da die Politik wohl für meine jetzige Situation verant-
wortlich ist.

Ergreife dann die Initiative, breche jedes weitere Gespräch ab.


Frage nur noch, was er wegen der angekündigten Medikamentie-
rung unternehmen werde. Verweise darauf, es bestünde eine
große Unsicherheit, wie mein Körper bei einer Zwangsabspritzung
reagieren wird.
Sage dem Arzt ins Gesicht, ich hätte keine Angst vor den politi-
schen Machenschaften, er solle mich sofort freilassen, da es kei-
nen Grund für einen Zwangsaufenthalt gäbe.
Der Stationsleiter ignoriert die Frage der Freilassung, gibt auch
keinen Grund für meinen Aufenthalt an, doch mit Grimm in der
Stimme sichert er zu, es werde vorerst keine Medikamentierung
geben. Beschwere mich zum Schluß über die elendige Station. Es
müsse sofort eine Verlegung vorgenommen werden. Auch solle er
prüfen, warum bei meiner Einlieferung zwei Ärzte, welche die
79

Weißkittel wohl waren, unabhängig voneinander behaupteten, ich


sei schon früher in einer Psychiatrie, sogar stationär gewesen.
Der Arzt telephoniert aufgeregt wegen der Beschwerde bezüglich
der Unterbringung im Bezirkskrankenhaus herum. Offensicht-
lich sind alle Plätze belegt. Schließlich wird vereinbart, einen Pa-
tienten auf die Zahnabteilung zu verlegen, damit ein Platz frei
werde. Dies konnte aber erst am nächsten Tage realisiert wer-
den.

Ohne Vorwarnung erfolgt der nächste Angriff.

Er wolle eine körperliche Untersuchung vornehmen, verlangt der


Arzt mit fester Stimme, Eindruck schindend.

Lehne dieses Ansinnen strikt ab. Er habe kein Recht dazu, Hand
an meinen Körper zu legen, so meine Abwehr.
Ein paarmal während dieser Begegnung stöhnte der Mann wie-
derholt auf, das Gesicht verzerrt sich vor Schmerz, die Hand
greift an das Knie. Von Anfang an lieferte der Herr ein makaberes
Bild, weil er seinen Fuß nachschleppte. Ob ein Unfall oder eine
Krankheit die Schmerzen hervorrief, war unklar. Wollte zuerst
Mitgefühl, Anteilnahme zeigen, mein Bedauern ausdrücken, doch
ich unterließ dies. Wer weiß, ob Menschlichkeit als versuchte
Einschmeichelei gewertet worden wäre. Bei staatlichen Psychia-
tern ist man/frau ja nie sicher, was in ihren Gehirnen gerade vor
sich geht, um in deren Menschenbild zu verbleiben.

Verlange von dem Arzt die Zusage für ein Telephonat. Zuvor war
von den Pflegern der Station wiederholt ein Anruf an die Ehefrau
verwehrt worden. Retten konnte nur Öffentlichkeit. Völlig ent-
nervt schickt mich der Arzt zurück auf die geschlossene Station,
nachdem er zusicherte, die Erlaubnis für einen Anruf zu erteilen.
Klar war die Verweigerung, meine Ehefrau oder einen Anwalt zu
informieren, eine Verletzung einschlägiger Gesetze. Selbstver-
ständlich handelten Pfleger und Ärzte im Auftrag des ärztlichen
Direktors, der alleine für meinen Zwangsaufenthalt rechtlich zu-
ständig ist. Mittlerweile änderte der Gesetzesgeber die Rechts-
position. Nun muß jedem Zwangseingewiesenen sofort nach Ein-
lieferung ein Anruf zur Außenwelt zugestanden werden.

Weder hat der Arzt einen medizinischen Grund für den Zwangs-
aufenthalt genannt, noch wurde der richterliche Beschluß des
80

Amtsgerichtes vorgelegt. Der einzige Hinweis auf die Motive, den


Sinn des Aufenthaltes, war in der Begrüßung durch den Arzt zu
finden, er wolle mein "Denken" mit einem Medikament ändern.

Wechseln wir an dieser Stelle den Schauplatz des Geschehens.


Nach dem Abtransport durch die Polizei, dauerte es keine Stunde
und ein Beamter des Landratsamtes, eine Beamtin des Jugend-
amtes begehrten Einlaß in unser Heim. Es wurde die Forderung
an die Ehefrau herangetragen, sie solle die Kinder sofort zur
Schule schicken. „Jetzt erst recht nicht“, reagierte die Mutter der
Kinder. Sie hatte den Einweisungsbescheid gelesen, da der Rich-
ter ihr eine Abschrift von der Polizei überreichen ließ.
Ich hatte bewußt kein Schreiben geöffnet, da gegen die Polizei
keinerlei Einspruch rechtswirksam ist. Sie hätte auf jeden Fall bei
einer Weigerung mitzukommen, weil der Gerichtsbeschluß fehler-
haft sei, Gewalt angewandt. Zu diesem Zeitpunkt war es klüger,
die Einzelheiten der Machenschaften im Dunkeln zu lassen, um
in den kommenden Situationen ungestört intuitiv zu reagieren.
Erst nach der Entlassung aus der Psychiatrie wurde der Inhalt
des richterlichen Einweisungsbescheides bekannt.

Vorsorglich hatten wir im Vorfeld des Polizeitermins beschlossen,


ein überregionales Zeitungsblatt einzuschalten. Während die Be-
amten noch versuchten, die Mutter zu überreden, einem Schul-
besuch zuzustimmen, klingelten zwei Journalisten an der Hau-
stür. Mit betretenen Mienen überließen die Staatsdiener das Feld
der Presse. In früheren Schreiben an Behörden war versichert
worden, wir würden weder Presse, noch Gerichte bemühen. Letz-
tere, weil wir den Gerichten einfach kein Vertrauen entgegenbrin-
gen konnten. Die Kaste der Richter hatte ihre Vergangenheit, ih-
re kollektive Schuld aus dem Dritten Reich ohne Gewissensbisse
sehr schnell vergessen, entzog sich der Verantwortung.
Einen Tag nach der Festnahme erschien ein seitengroßer Artikel
über unseren Schulstreik, überregional. Ein Mitarbeiter eines
Nachrichtenbüros schmuggelte sich später in das Bezirkskran-
kenhaus, machte Photos. Die Hintermänner der Zwangseinwei-
sung haben in ihrem Kalkül die Reaktion meiner Ehefrau, der
Presse übersehen. Die Kraft des Weiblichen, welche sich in der
Not immer bewährt, kam den Männern, den Machern in die Que-
re. Sie glaubten, sie hätten leichtes Spiel, schließlich "besaßen"
sie den Staatsapparat, während die Eltern des Schulkreuzstreikes
isoliert schienen.
81

Endlich, Stunden nach der Einlieferung in die Psychiatrie darf ich


zu dem öffentlichen Telephon, welches sich außerhalb der mit ei-
ner Stahltür gesicherten Station befindet. Natürlich sind auch in
diesem Bereich alle Türen zur Außenwelt fest verriegelt. Wir hof-
fen, die Einschaltung der Presse werde das Schlimmste verhüten.
Erfahre, meine Ehefrau hatte über einen Bekannten die Adresse
einer Anwältin erhalten. Leider war erst am nächsten Tag ein
Termin frei. Jahre nach diesen Ereignissen haben Rechtsanwälte
dieser Stadt einen Notservice eingerichtet, da wiederholt an Wo-
chenenden Bürger der Justiz ohne Rechtsbeistand ausgeliefert
waren. Wenn man(n) am Freitag eine solche Aktion veranstaltet,
wie bei uns durchgeführt, dann ist es schwer, noch einen Anwalt
zu erreichen. Der Staatsapparat schafft rechtswidrig vollendete
Tatsachen, deren Entstehung dann später im Nachhinein schwe-
rer zu überprüfen ist. Wenn ein Bürger zu sog. Irren gesteckt
wird, ohne jegliche Vorbereitung, ohne Angaben von Gründen
etc., dann darf normalerweise mit einem "Durchdrehen" gerech-
net werden. Das war der Plan der Hinterfotzigen. Im Nachhinein
wäre ein Rechtfertigungsgrund für die Zwangseinweisung schon
gefunden worden.

Wieder zurück in der besonders gesicherten Station des Bezirks-


krankenhauses suche ich einen nikotinfreien Raum. Auf den
Fluren und in dem großen Aufenthaltsraum rauchen fast alle In-
sassen ihre Glimmstengel. Wir befinden uns auf einer reinen
Männerstation. Ein kleiner Teil des großen Raumes ist abgeteilt.
Er ist ungeheizt. Eine Bitte, Beschwerde diesbezüglich ruft nur
ein Achselzucken hervor. Sitze da, überdenke die Situation.
Aus menschlicher Sicht gesehen, ist sie aussichtslos.
Bisher hatten drei verschiedene Menschen unabhängig voneinan-
der behauptet, Dokumente würden einen früheren Aufenthalt in
der Psychiatrie belegen.

Das angebliche Gutachten des Dr. W. (9 Jahre später durch an-


waltliche Akteneinsicht uns bekannt geworden) aufgrund dessen
der Richter mich einweisen ließ, sagte klar und deutlich, es müs-
se bei positiver Diagnose unbedingt eine Therapie, auch gegen
den Willen des Betroffenen, eingeleitet werden. Da ich mit einer
fertigen Diagnose, ohne Untersuchung wohlgemerkt, in diesem
gesicherten Nervenkrankenhaus empfangen worden war, gibt es
ohne Hilfe von außen keine Chance, einer Zwangsmedikamentie-
rung zu entkommen. Es mochte der Stationsarzt noch zögern,
82

diese sofort durchzuführen. Möglicherweise mußte er das Risiko


einer gravierenden Komplikation befürchten, besaß er kein Wis-
sen über Yogatechniken, den Wechselwirkungen mit Psycho-
pharmaka. Wahrscheinlich holte er sich bei Kollegen Rat. Natür-
lich sicherte er sich als Befehlsempfänger erst ab. Schließlich
trug rechtlich nur der ärztliche Direktor Verantwortung für meine
Person. Der Stationsarzt mußte also alle seine weiteren Schritte
erst mit Dritten absprechen, die neue Situation abklären. Viel-
leicht hatten bereits Journalisten im Krankenhaus angerufen,
war es zu riskant, ein klassisches "Abspritzen" durchzuführen.
Der Fall Seler wurde öffentlich.

In diesen Stunden des Wartens auf Hilfe, der vom Gericht bei-
geordnete Anwalt, dessen Existenz verborgen ist, hätte eigentlich
auftauchen müssen, übe ich unauffällig von einem Yogi gelehrte
Tantraübungen. Es ist verblüffend. In der Meditation ver-
schwindet jegliche Bedrängnis.

Das Guru-mantra, besonders aber das persönliche Mantra, las-


sen die vergangenen Ereignisse als bloßen Traum abgleiten. Wo
ist die Wirklichkeit? Das was um mich herum geschieht, ist voll-
kommene Illusion, in die sich Menschen durch ihr persönliches
Bewußtsein eingesponnen haben. Von Anfang an versuchte ich
"Zuschauer" des Schauspieles zu bleiben. Als Erdenmensch nag-
te die Ungewißheit des weiteren Schicksals. Nach menschlichem
Ermessen ist es ungewiß, ob es gelingt, weiterhin Geduld und
Ruhe zu bewahren, somit eine Gelegenheit für Ärzte sich bieten
könnte, mich abzuspritzen, zum „Wohle“ des Bürgers.
Muß nun all die verschiedenen religiösen und weltanschaulichen
Lehren und Techniken in kürzester Zeit umsetzen.
Wer je das kraftvolle "La illaha illa la hu" meditieren durfte, kennt
die positive Kraft des Sufismus.

Ist die Zeit der Ernte gekommen, eine Schicksalsprüfung, die


empfangenen geistigen Gaben in ihrer Wirksamkeit zu erfahren?
Östliche und Westliche Lehrer sprachen unabhängig voneinander
von östlichen Inkarnationen, es wurden sogar Einzelheiten mitge-
teilt, die meine jetzige Familie betrafen. Von einem Anthroposo-
phen erfuhr ich von meiner östlichen Inkarnationsreihe.
Setze mich zu den geschundenen Seelen.
Jede Einzelne ist fehl am Platze. Natürlich gibt es sog. Kranke.
Da ist ein junger Mann, der immer nur auf Zehenspitzen geht.
83

Anstatt menschlicher Sprache kann er nur schwer verständliche


Worte lallen. Der Blick ist starr, gleichzeitig vibriert im Hinter-
grund Lebensangst, ein Schock. Unruhig wandert der Mann wie
ein gefangenes Tier umher.
Was hat diese Seele nur in solch einen Zustand gebracht.
Begebe mich in den Aufenthaltsraum. Will mich ablenken. Es
sind nur einige zerfledderte Bücher vorhanden. Nehme die Bibel
in die Hand. Lese das Alte Testament mit seinen blutigen und
grausamen Geschichten. Lese meditativ. Nach einiger Zeit
kommt der Junge heran gewankt, setzt sich an den Tisch, preßt
die Frage, was ich denn da lese. Offensichtlich regte das Buch
oder meine Person sein Interesse an, zumindest eine Frage zu
stellen. Sonst torkelte er nur hilflos stumm umher, bedurfte
meist ständiger Zuwendung durch Pfleger.

"Die Bibel", so die Antwort. Wie ein Blitz durchzuckt es seine


Muskeln, ein Schmerz wogt in den Augen, das Gesicht verzerrt,
der Oberkörper krümmt sich, er beginnt zu weinen, steht auf,
schleppt sich davon.

Was mochte in dieser Seele vor sich gegangen sein?


Konnte Tage später erleben, wie seine Mutter, sie trug irgendwie
eine unwirkliche Schönheit mit sich herum, die dem gewohnten
Bild einer Mutter widersprach, ihn umsorgte. Sprach sie an. Sie
hatte gerade ihren Sohn zur Sicherheitstür gebracht, wo er bis
zum nächsten Male auf der viel zu kleinen Station dahinleben
mußte. Die Frau erzählte, ihr Sohn, Abiturient, sei während ei-
ner Englandreise zusammengebrochen.

Was mag geschehen sein, bis der junge Mann in der Station lan-
dete. Es schien sich eine karmische Situation aus einer vergan-
genen Inkarnation auszuleben. Die feine Seele der Mutter erzähl-
te fast unberührt, eine kühle Wärme schwang in ihrer Stimme.
Hatte sie wieder ihr kleines Kind zurück? Das Wickeln besorgten
zwar Pfleger, aber sie konnte ihn zu den Besuchszeiten mit Lek-
kerbissen füttern. Ihr Sohn benahm sich wie ein braves kleines
Kind, das willig seiner Mutter gehorchte. Lag da ein Seelenkon-
flikt vor, der nie mit Psychopharmaka hätte behandelt werden
dürfen? Als der Junge mich nach dem Buche frug und er mit
tiefstem Schmerz, schmerzvoller als die geschnitzten Christusse
am Kruzifix, reagierte, wußte ich intuitiv, durfte geschundene
Brüder erleben. Der Sinn des Geschehens verbarg sich.
84

Zurück zum ersten Tag.


Zur Mittagszeit werden die Patienten zum Essen gerufen. Es ner-
ven die Lautsprecherdurchsagen. Die Technik wirkte unmen-
schlich.

Die ständige Ansprechbarkeit des sog. "Patienten", egal wo er


sich gerade befindet, jederzeit konnte eine scheppernde Stimme
den Raum durchschneiden: "Herr Sowieso, kommen Sie bitte ins
Stationszimmer", entmündigte. Mit derselben Befehlsstimme,
wurden alle Patienten in den Speisesaal gebeten. Wer es wagte,
diese unsichtbare Stimme zu ignorieren, wurde mit Überredungs-
künsten und sanftem körperlichen Druck dahin gebracht, doch
zum Essen zu gehen.

Bewahre die Freiheit der Selbstbestimmung. Niemand kann ei-


nen freien Bürger dazu zwingen, zum Essen zu gehen.
Werde vom Personal in Ruhe gelassen.

Am Nachmittag wird ein neuer Patient eingeliefert. Nach einiger


Zeit hört man/frau im Aufenthaltsraum, wie er Volkslieder mit
den Alteingesessenen singt. Die Sangeslust des Neuankömmlings
entfachte frische Lebensfreude in den müden Kriegern.
Es dauert nur einige Minuten und der Kopf eines Weißkittels, hier
der eines Pflegers, lugt in den Raum. Forschende Augen durch-
messen die Runde. Munter singen die Knaben weiter ihre Lieder.
Der Neue dirigiert, die Musikinszenierung verläuft sehr diszipli-
niert. Einige beginnen den Takt mit ihren Händen zu klatschen.
Nach geraumer Zeit tritt ein anderer Weißkittel in die Türe, mu-
stert den Dirigenten, die Versammlung. Es sind ein gutes Dut-
zend junger Männer, die in der Sitzgruppe beisammen sitzen,
sich ihrer Sangeskunst erfreuen.
Stumm tritt der Pfleger wieder hinaus.

Bei seiner Einlieferung hatte der Sänger laut verkündet, er werde


sich auf keinen Fall abspritzen lassen, er werde sich körperlich
wehren.
Ich selbst gehe die ganze Zeit meditierend den Flur auf und ab,
beobachte die Ereignisse, die sich anbahnen.

Da wird ein Bett in den Flur geschoben. Es versammeln sich ca.


8 Weißkittel im Halbrund um die Liege. Von anderen Stationen
war Verstärkung geholt worden. Der Sänger wird gerufen. Er
85

möge sich doch bitte schön auf das Bett legen, so ein Pfleger.
Ist es die demonstrative Übermacht der Weißkittel, die den muti-
gen Sangeskünstler dazu bewegt, sich entgegen seiner lauthalsen
Ankündigung auf das weiße Laken zu legen. Er protestiert im-
merhin, sagt, jeder körperliche Widerstand sei aussichtslos.
Die Pfleger stehen die ganze Zeit grinsend da. Haben sie ihre
Freude daran, wieder einmal Gewalt auszuüben? Oder ist es
grinsende Hilflosigkeit. Wollen sie eigentlich vermeiden, was sie
tun müssen, war das Schauabspritzen vom Arzt befohlen?

Ist es Angst, der Neue könne die Station aus dem gewohnten
Trott bringen, welche den Stationsarzt bewog, das klassische
"Abspritzen" anzuordnen? Nichts deutete auf irgendeine psychi-
sche Erkrankung. Tatsächlich war der junge Mann eingeliefert
worden, weil er gedroht hatte, einen Weihnachtsbaum mit der Axt
zu zerkleinern. Nun, wir hatten den 23. Januar, vielleicht war es
wirklich angebracht, den Baum der natürlichen Verwertung zuzu-
führen. Vielleicht war es unklug das Schmuckstück der Schwie-
gereltern für die körperliche Ertüchtigung auszusuchen. Erfuhr
dies Monate später, durch Zufall.
Reinste Menschenverachtung, die da am Werke ist. Wären Ge-
spräche in einer solch angespannten zwischenmenschlichen Si-
tuation sinnvoller als Psychopharmaka, falls überhaupt staat-
liches Handeln angezeigt ist. Dieser Mann wurde später ein sog.
"Drehtürpatient". Denn einmal in der Klapse wird der Bürger bei
jeder neuen Kleinigkeit wieder eingeliefert. Die Herren Doktoren
brauchen Material, die Stationsärzte wollen bedient sein, der gan-
ze Hofstaat der Pfleger und Schwestern bedarf des Anscheines der
Existenzberechtigung.

Als Jahre später die Bezirke beschlossen, wohl mehr aus Kosten-
gründen, als an die seelischen Bedürfnisse der Menschen zu
denken, die großen Schlafsäle der Psychiatrien, auch in der Lan-
deshauptstadt aufzulösen, regte sich Protest. Ärzte und Pfleger
klagten gegenüber der Presse, sie würden ihren Arbeitsplatz ver-
lieren, wenn alle Patienten in die Freiheit entlassen werden. Es
war geplant, die Eingesperrten wieder an ein eigenverantwortetes
Leben, im Rahmen der individuellen Möglichkeiten, zu gewöhnen.
So wurden die Erfahrungen, Gedanken, später durch Pfleger und
Ärzte selbst bestätigt. Ärzte benötigen Patienten, um existieren zu
können, also werden sie gemacht. Dies mag in gewisser Weise
auch für unser ganzes Gesundheitssystem gelten. Der freie
86

selbstbewußte Kranke, der sich selbst heilt, den Arzt nur als
Partner wünscht, wird immer noch als störend empfunden. Zum
Glück beginnt auch in der Ärzteschaft ein Umdenken.

Langsam schiebt sich die dünne Spitze der Nadel unter die Haut,
findet die Blutbahn. Der Kolben drückt den Inhalt in den Körper
des Gefesselten. Breite Lederbänder umschließen Arme und Bei-
ne des jungen Mannes. Wie zum Trotz hebt er noch einmal den
Kopf, doch in den Augen schimmert bereits das lähmende Gift.
Noch einen halben Tag später liegt eine gekrümmte Gestalt bewe-
gungslos unter der Bettdecke. Keine Fesseln müssen mehr ge-
schnallt werden. Die Chemie hat den Menschen fest im Griff.

Veranstalteten die Pfleger im Auftrag des Arztes ein warnendes


Beispiel für alle Insassen? Schaut her, so machen wir es mit de-
nen, die ihre Pillen verweigern, ihre Cocktails verschmähen. Fügt
euch unseren Anordnungen, oder ihr werdet auch so gefesselt,
vor aller Augen abgespritzt, wie dieser da.

Das "öffentliche Abspritzen" verletzte auf jeden Fall die Würde des
Patienten, sollte aufgrund der Inszenierung bewußt Angst auf der
Station verbreiten. Die Macht der Psychiater, der Pfleger wurde
demonstrativ in Szene gesetzt.
Am nächsten Morgen höre ich durch Zufall, wie ein Besucher
dem Manne rät, sich ganz dem Willen der Ärzte zu fügen, es wäre
das Beste für ihn, um bald wieder das Krankenhaus zu verlassen.
Dem Aussehen und der Sprache nach war der Rat gebende An-
walt.

Weil beim Empfang in der Station die Beschwerde bezüglich der


Behauptung eines früheren stationären Aufenthaltes überhört
worden war, später der Stationsleiter nur spottete, „es ist schon
schlecht, wenn man sich nicht mehr erinnern kann“, versuchte
ich zu überprüfen, ob tatsächlich falsche Dokumente vorlagen.
Spreche einen Pfleger an, bitte ihn nachzuforschen, weihe ihn
aber auch dahingehend ein, daß ich noch nie in einer Nervenheil-
anstalt war, weder ambulant, noch stationär.

Nach einer halben Stunde kommt der Pfleger mit merkwürdiger


Miene zurück, „ja wenn es in den Akten steht“, geht ohne ein wei-
teres Wort zu verlieren weiter.
87

Keine Chance.
Nun ist es klar, höchste staatliche Stellen des Bundeslandes sind
im Hintergrund am Werke, wenn man(n) sich sogar die Mühe ge-
macht hatte, Dokumente zu fälschen, damit die Pfleger auch ja
mitspielen. Wer weiß, was in den Dokumenten an Unwahrheiten
steht.

Gegen Mittag des zweiten Tages wird endlich die versprochene


Verlegung auf eine andere Station vorgenommen. Die neue Stati-
on ist gerade vollkommen leer, die sog. Patienten befinden sich
noch in der Arbeitstherapie. Ein Pfleger gestattet ein Vollbad.
Wer das Wasser liebt, weiß, welche regenerative Kraft dieses Ele-
ment Körper und Seele spendet.

Die Anspannung der letzten Tage fällt vollkommen ab. Zweifle nie
daran, werde bald wieder frei kommen, wie dies ein spiritueller
Meister in der Nacht vor der Gefangennahme prophezeite. In der
Bibel finden wir Texte, die auf diesen "Nachtbereich" der Seele
verweisen. Es wird geschildert, wie Jesus Christus Menschen des
Nachts besucht. Es ist wird kein physischer Besuch geschildert,
sondern die seelische Begegnung in der Astralischen Welt, wäh-
rend der Körper im Bett liegt. Rudolf Steiner beschreibt verständ-
lich das spirituelle Wirken des Weltenretters. Viele Ungereimthei-
ten der Bibel werden durch seine Worte gelöst. Besonders über-
zeugt der Hinweis, die Worte von Christus am Kreuz seien ver-
stümmelt wiedergegeben. Der Urtext wurde falsch übersetzt. Ob
der Bedeutung, nochmals wiederholt: Christus nach kirchlicher
Überlieferung "Herr, warum hast Du mich verlassen". Aus über-
lieferten Originaltexten ergibt sich:
"Herr, wie hast Du mich erhöhet".
Dieser Irrtum des Christentums begründet die fundamentale Tra-
gik des sog. Christlichen Abendlandes. Durch Jahrhunderte
stellten die Menschen sich einen Christus vor, der im Angesicht
des Todes an sich zu zweifeln beginnt. Der jammernde Christus,
der seinen Gott verloren hat, von den Priestern als "menschlich"
verkauft wird: seht her, der da am Kreuz hat angesichts des To-
des ebenfalls Angst verspürt, wie ihr alle.

Christus wird seiner kosmischen Identität beraubt. Man/frau


degeneriert sein göttliches Bewußtseinserbe herab, bis er am
Kreuze so scheint, wie wir uns selbst verstehen, voller Lebens-
und Todesangst. „Wir“ Christen konnten so unsere menschlichen
88

Ängste um so ausgiebiger hegen und pflegen, schließlich hatte


auch der da am Kreuz nur Angst vor dem Tode. Nur ein solcher
Christus wurde von den Kirchen einige Jahrhunderte nach dem
Mysterium von Golgatha gelehrt. Die Macht der Kirche wurde mit
Hilfe der eingeimpften Angst aufrecht erhalten. War es Versehen
oder Absicht, menschliche Tragik? Man lese in den Vorträgen
Rudolf Steiners, da sie nun einmal existieren.... . Wie anders die
Kirchengeschichte, wäre der im Tode bewußte Christus unser
Vorbild geworden. Im Angesicht des Todes das Gotteserbe beja-
hend, zerrinnt die menschliche Ohnmacht, die in jenen Tagen
-und auch jetzt- Menschen beherrschte. Eingeengt zwischen Ge-
burt und Tod, haben die Erdenbürger ihren Ursprung vergessen.
Christus ermuntert uns im Johannesevangelium, "wißt ihr nicht,
daß ihr Götter seid". Ja er lenkt unseren Blick auf die eigene um-
fassende Seele, indem er spricht: "Ihr könnt größere Werke tun,
als ich."

Warum nur sollen wir auf das Kreuz starren, die künstliche
Jammergestalt eines sterbenden Mannes, der angesichts des To-
des verkrümmt. Dies ist der römische Christus am Kreuz, das
typische Kruzifix.
Wie anders dagegen etwa die russisch-orthodoxe Kirche, die meist
einen siegreichen Christus auf dem Kreuz darstellt. Man schaue
sich nur die Gesichtszüge an. Die Auferstehung beginnt, vollzieht
sich unmittelbar im Tode selbst:
"Herr, wie hast Du mich erhöhet."
So spricht nur einer, dem der Tod nichts anhaben kann, weil er
den Tod durchschaut. Wir Menschen haben Angst vor dem Tod,
weil wir von dem Wissen abgeschnitten sind, was danach kommt.
Das alte Wissen der Tibeter, der Ägypter, der Atlantier ging uns
verloren. Wie aufrüttelnd, wenn ein tibetischer Lama dem Ster-
benden, die Stationen der kommenden Reise ins Ohr flüstert,
Ermahnungen erteilt, damit die Fallstricke der astralen Welt er-
kannt werden. Das Christliche Abendland hat es dahin gebracht,
die Sterbenden in den Kliniken in Besenkammern abzuschieben,
ihnen vielleicht eine Spritze zu geben, damit sie ins Jenseits hin-
überdämmern. Allein, einsam, voller Angst und Schrecken, den
sie durch die christliche Erziehung, den bilderreichen Vorstellun-
gen von Himmel und Hölle, in sich aufgenommen haben.

Es ist der Tod der Seele, der geknechtete, mißhandelte Mensch,


der mit Hilfe einer verfälschten christlichen Botschaft verbreitet
89

wird. Steiner verwies am Anfang des letzten Jahrhunderts ein-


dringlich auf die katastrophalen Folgen, sollte die Katholische
Kirche bis zum Jahre 2000 keine Änderung herbeiführen. Jeder
mag selbst die Lage einschätzen.
Solche Gedanken waren in den Briefen um das Schulkreuz
enthalten. Es gab konkrete Hinweise auf die Geisteswissenschaft
Rudolf Steiners. Welch befreiender Gedanke, das Mysterium von
Golgatha sieht aus der Sicht der Götterwelt ganz anders aus.
Die "Götter" (Urschöpferwelt) mußten erleben, durch ihre Taten
verdarb das Menschengeschlecht. In der christlichen Terminolo-
gie werden diese Göttertaten als sog. "Erbsünde" den Menschen
in die Schuhe geschoben. Wahr ist, die Geistige Welt mußte zu-
sehen, wie die Menschen immer mehr der Finsternis verfielen. Es
mußte etwas geschehen. Die Götter versammelten sich, um zu
beraten, was zu tun sei. Sie sahen zwar, was die Menschen
durchlitten, das Geschehen auf der Erde blieb jedoch unver-
ständlich, denn sie, die "Götter" waren unsterblich. Der Tod war
ihnen vollkommen fremd. Endlich fanden sie eine Lösung. Um die
Folgen ihrer Taten, durch welche die Menschen den Tod schmek-
ken mußten, wieder zu heilen, wurde beschlossen, einen der Ih-
ren auf die Erde zu senden, damit ein Gott selbst den Tod erfah-
re..... . Christus erklärte sich freiwillig für diese Mission bereit.
Die göttlich-geistige Welt konnte so ihren Irrtum, der die Mensch-
heit verdarb, wieder zum Guten wenden.
Auch diese Gedanken Steiners erhielt das Kultusministerium im
Verlaufe des sog. Kruzifixstreites.

Das Bad in der Wanne bildete die Wende im Bezirkskrankenhaus.


Der Schock über die Rechtsbrüche der Behörden und Gerichte
verschwand vollkommen. Im Wasser erneuerte sich der Wille, der
eigenen Erkenntnis zu folgen, ohne Rücksicht auf das Geschrei
der Kirche und der "machtbesessenen" Politiker. Man erinnere
sich bitte an die Äußerungen des ehemaligen Bundespräsidenten
Herrn Weizsäcker diesbezüglich.

Seit vielen Jahren war uns bekannt, das christliche Kreuz ist
mein Schicksal. Langsam erst formte sich der Kreis, der notwen-
dig war, um den vorgeburtlichen Geistesimpuls zu erden.
Bereits während des funktionierenden Kompromisses mit dem
Ortspfarrer, der nach menschlichem Ermessen, vor allem men-
schlicher Vernunft, durchaus hätte für das weitere Schulleben
für beide Seiten tragfähig bleiben können, "wußte" ich, eines Ta-
90

ges werden Gerichte als Erfüllungsgehilfen der Landesregierung


versuchen, unsere Familie restlos zu zerstören, wegen des Kreu-
zes. In der seelischen Schau wahrnehmbar, nur Gerichte inner-
halb der Landesgrenzen ließen sich willig mißbrauchen. Die Au-
ren der beteiligten Richter schwangen erkennbar in der traditio-
nellen Linie der Richter des Dritten Reiches. Nichts, aber auch
nichts hat sich in der Anschauung dieser Richter über die "Unter-
tanen" geändert. Die Gesinnung der in der Zukunft beteiligten
Richter war sogar von Haß gegen unsere Familie angefressen. Ihr
richterlicher Verstand wurde durch aufpeitschende Gefühle für
die Katholische Kirche und die Machthaber des Bundeslandes
umnebelt.

Es existieren genügend sog. esoterische Schriften, die umfassend


Einblick in das Verständnis "geistiger Gesetzmäßigkeiten" bieten.
Diese Nachtbilder der Zukunft waren stets ein Geschenk, stellten
sich ohne Meditation von selbst ein. Sie trugen in sich eherne
Welten, unabänderliche Gewißheit kommenden Schicksals.
Gehen wir einfach in die Zukunft an dieser Stelle.

Es sei ein Schreiben vom 14. Februar 1994 wiedergegeben.


Die Zeilen wurden verfaßt, nachdem Jan.1994 ohne vorherige
rechtliche Anhörung ein gerichtliches Betreuungsverfahren gegen
meine Person eingeleitet worden war. Von dem Amtsgericht, wel-
ches die Zwangseinweisung in die Psychiatrie zu verantworten
hatte. Eine unbekannte Ärztin des Bezirkskrankenhauses, wel-
ches mittlerweile seinen Namen in "Bezirksklinikum" änderte,
regte das Betreuungsverfahren an. Kurz zuvor war der Vorwurf
der Freiheitsberaubung, Rechtsbeugung etc. schriftlich an das
Bezirkskrankenhaus erhoben worden.
Der folgende Text lag auch dem Bundesverfassungsgericht vor,
als es Frühjahr 1995 noch vor der Kruzifixentscheidung die Be-
treuungsakte einholte. Anlaß war eine Verfassungsbeschwerde
wegen Erstellung geheimer psychiatrischer Gutachten, Ferndiag-
nosen etc..
Der Text:
"Hellsehen in der Gegenwart"

„Folgende Worte Rudolf Steiners gewinnen Bedeutung dadurch, daß die


Staatssekretärin für Volkschulen des Freistaates ...., Frau H., ihre Tochter
M. auf eine Waldorfschule (=Rudolf Steiner) schickt. Auch hatte Bundes-
kanzler Helmut Kohl seine Söhne auf einer Waldorfschule, bis zum Abitur
(diese Information durch Dritte war falsch, Kohl hatte nur einen Sohn auf
91

der Waldorfschule; recherchiert Herbst 1995 von einem Mitarbeiter im Zu-


sammenhange der Teilnahme einer Fernsehsendung des ARD/Herrn Biolek;
Auskunft gab die Presseabteilung des Bundeskanzleramtes).

Rudolf Steiner:
Das Ereignis der Christus-Erscheinung in der ätherischen Welt.
Sechszehn Vorträge, gehalten zwischen dem 25.Januar und 15.Mai 1910 in
verschiedenen Städten) ISBN N 3-7274-7040-2
Seite 193,

"1989 war das Kali Yuga abge- an, es hätte nie die Anthroposo-
laufen. Neue Kräfte bereiten sich phie gegeben, die da sagt, daß
im Menschen vor, doch nicht nur sie so etwas erklären könne.
solche, die, wie es in der "Ge- Dann würden die Menschen sa-
heimwissenschaft" geschrieben gen: Solche, die so etwas sehen,
steht, in der okkulten Schulung sind irrsinnig - und würden sie in
gewonnen werden können. Es Irrenhäuser stecken. Oder aber
wird in den nächsten Jahrzehn- die Anthroposophie hat Glück
ten so kommen, daß einige Men- und findet Eingang in die Herzen
schen sagen werden, sie sehen der Menschen. So haben wir
die Menschen ja ganz anders. wieder zwei Entwickelungsströ-
Die Wissenschaft wird ihnen mungen. Diese eben beschriebe-
nicht mehr genügen. Den Äther- nen Fähigkeiten entwickeln sich
leib werden die Menschen all- in der äußeren Menschheitströ-
mählich sehen. Vorausahnen, mung; unsere Individualität aber
voraussagen werden einige Men- muß in diese Fähigkeiten hin-
schen dieses und jenes, Zusam- einwachsen. Verstehen lernen
menhänge und so weiter. Das müssen die Menschen-Iche, was
tritt allmählich auf. Zweierlei das eigentlich ist, was sich da
kann nun eintreten. Nehmen wir entwickelt."

In verschiedenen Zeitungsveröffentlichungen wurde auf die Prophetie des


Todes von .... hingewiesen -(es ist nun karmisch interessant, daß die Toch-
ter von .... dessen Enkelin auf eine Rudolf Steiner Schule schickt). 1989
sollte ich für längere Zeit in ein "Irrenhaus" gesteckt werden, damals als
"höchst gemeingefährlich". Auch damals waren den Behörden verschiedene
Prophetien meinerseits bekannt. Gerade die von S., welche ja durch einen
Einschreibebrief belegbar ist. Jetzt will der ......Staat mich entmündigen
(anschließend "Zwangsbehandlung" in einem "Irrenhaus"?!) - das neue "Be-
treuergesetz" ändert nichts an den Tatsachen. Die "Schulmedizin" hat
diesmal (wie damals) nur einen Brief zur Verfügung. Jetzt "diagnostizierte
eine Oberärztin "akute Schizophrenie" anhand von Buchstaben, Wörtern,
Sätzen. -das letzte Mal die Gemeingefährlichkeit.

Ich werde vom ......Staat, seinen Behörden in meiner Religion, meiner Welt-
anschauung mit "Entichung" bedroht. Die .... Staatsführung will eine Fami-
lie zerstören, eine Ehe auslöschen, ganz der christlichen Tradition, die An-
dersdenkende immer verfolgt, vernichtet hat!!! Es ist unwahrscheinlich, daß
die "Oberärztin" von sich aus die "Diagnose" gestellt hat, wenn mein Brief
92

an alle! Ärzte des Bezirkskrankenhauses (wie früher auch schon!) ging.


Immer wieder betonte ich die Rechtswidrigkeit der Psychiatrisierung von
1989!!! Alle drei Behörden von damals (Amtsgericht, Bezirkskrankenhaus,
Landratsamt) betreiben wieder einen Psychiatrisierungsversuch, ausgehend
von "Briefen" wegen des Schulkreuzes.
R. den 14. Februar 1994
E. Seler“

Bin nach dem erfrischenden Bade allein auf der Station des
Krankenhauses. Der Freiraum ist etwas größer. Die zwei Stahl-
türen am Eingang wurden offengelassen. Man kann im Treppen-
haus, drei Stockwerke, auf und ab steigen. Erst der verschlossene
Hauseingang versperrt den Weg in die Freiheit. Inspiziere die
neue Umgebung. Zur Mittagspause kommen die sog. Patienten
aus den Kellerräumen, wo sie ihre Arbeitstherapie zu erledigen
hatten. Vermeide bewußt mich in den Tagesablauf der sog. Pa-
tienten einzureihen. Es gibt keinen Grund hierzu.

An diesem 2. Tage ist ein Termin mit einem Richter angesetzt


worden. Die von meiner Ehefrau vermittelte Anwältin, welche
mich kurz im Bezirkskrankenhaus besucht, will bei diesem Ter-
min anwesend sein, obwohl sie vom Gericht noch keine Bestel-
lung hat. Sie zeigt sich sehr darüber aufgebracht, daß der Arzt
mich zwangsmedikamentieren wollte, sie sichert jede erdenkliche
Hilfe zu.

Um 14 Uhr, erst 29 Stunden nach der Festnahme, der erste Rich-


ter. Wieder wurde ein Gesetz verletzt.

Frage als Erstes, ob er die Autorität, das Recht hat, mich freizu-
lassen. Der Richter verneint dies. Auf die Frage, warum ich fest-
gehalten werde, kommt nur die Antwort:

"Sie stören die Ordnung".

Natürlich ist klar, dies betrifft den Schulkreuzstreit. Den Vor-


schlag, würde mich von einem anthroposophischen Arzt freiwillig
untersuchen lassen, lehnt er kategorisch ab. Der Beschwerde
über den Aufenthalt in der Psychiatrie begegnet der Richter mit
dem Vorschlag, den Zwangsaufenthalt in einen freiwilligen Auf-
enthalt abzuändern. Lehne dies ab.
Die Anwältin ist die ganze Zeit anwesend, ohne irgendwelche Fra-
gen zu stellen, oder Akteneinsicht zu begehren. Sie ist nur zuhö-
93

render Gast. Vom Richter werden keinerlei Rechte genannt. Die


Anhörung durch den Richter ist die reinste Farce. Der vom Ge-
richt beigeordnete Anwalt blieb der Verhandlung fern, ich blieb
ohne jeglichen Rechtsbeistand, der Willkür des Richters hilflos
ausgeliefert. Der Richter unterläßt es, die richterliche Einweisung
vorzulegen, die Gründe darzulegen und mich hierzu zu befragen.
Es werden auch keinerlei Rechte unterbreitet.

Ein klarer Rechtsbruch durch das Gericht, die Anhörung ohne


den zuständigen Anwalt durchzuführen. Dieser wurde erst später
vom Gericht von seiner Aufgabe entbunden, er hätte zwingend
anwesend sein müssen. Auch in der Bundesrepublik Deutsch-
land werden Menschenrechte durch einzelne Richter mit Füßen
getreten.

Später am Nachmittag kommt meine Ehefrau zu Besuch. Sie


bringt den großen Artikel einer überregionalen Boulevardzeitung.
Es wird eingehend der Schulstreik wegen der Kreuze dargestellt.
Es ist seltsam, wenn man Fotos seiner Familie, sein Eigenes zum
ersten Male öffentlich sieht. Das eigene Selbst, wird irgendwie
Teil derer, welche die Bilder anblicken. Es war uns in der Situa-
tion aber kein anderer Ausweg geblieben, als sofort die Presse
einzuschalten. Nur Öffentlichkeit konnte den geballten Willen der
Hintermänner stoppen, mich für lange Zeit in der Psychiatrie
wegzusperren und als seelischen, abgespritzten Krüppel später zu
entlassen.

Die Lebensgefährtin sprühte vor Energie. Ein Nachrichtenbüro


hatte sich angemeldet. Weiter sollte sie am nächsten Tag in ei-
nem Fernsehstudio "live" von den skandalösen Ereignissen be-
richten. Der Bann war gebrochen. Das Ende der Gefangenschaft
nahte.

Während der ersten Begegnung mit dem Arzt hatte dieser unver-
mittelt gesagt, „nach sechs Monaten entscheide nicht ich, ob sie
wieder frei kommen, sondern der Richter“. Was wollte er damit
eigentlich sagen. Wollte er andeuten, Sie bleiben auf jeden Fall 6
Monate ..... ? Erlebte dies als psychische Nötigung, um mich ge-
fügig zu machen.
Im Verlaufe der Gefangenschaft besuchte mich ein Mitglied der
Anthroposophischen Gesellschaft, der Geschäftsführer des Wal-
dorfkindergartens dieser Stadt. Er war erstaunt, wie wenig be-
94

drückt er den „Insassen“ vorfand. Seine Sorge war, ich würde mit
Medikamenten behandelt, die mich erst zu einem Kranken wer-
den ließen. Er wußte von Mitteln, die bleibende Symptome von
Geisteskrankheiten hervorriefen, so daß ein Richter, dem man
vorgeführt wird, annehmen muß, der Betroffene sei tatsächlich
krank. Mit Müh und Not konnten die massiven Bedenken des
Besuchers zerstreut werden, verwies auf die "Schau", das Wissen,
die Freiheit werde bald die Gefangenschaft ablösen.

Von Anfang an schien es ratsam, sich dem internen Tagesablauf


des Krankenhauses zu verweigern. Unterordnung käme einer
Anerkennung der Zwangseinweisung gleich. Ließ von außen Le-
bensmittel hereinbringen. Auch wenn verschiedentlich Patienten
darum baten, sie doch zum Essen zu begleiten, die Taktik gebot,
die Hausordnung zu mißachten. Es ist schon merkwürdig, wenn
der Bürger sich sogar bei einer Zwangseinweisung quasi schuldig
macht, wenn er die Hausregeln mißachtet. Er soll noch dankbar
sein, wenn der Staat bestimmt, wann er essen darf, um welche
Uhrzeit er ins Bett gehen muß etc.. Selbstverständlich wurde die
Nachtruhe angetreten, wann es mir paßte. Es hat auch kein
Pfleger gewagt, irgendwelche Vorschriften zu unterbreiten. Las
diese später im Besuchszimmer, wohl für die Angehörigen, damit
sie auch brav mitwirken, gut auf die Patienten einreden?!

Es war der dritte oder vierte Tag in der Psychiatrie, hatte gerade
im Stationszimmer etwas zu trinken gekauft, wir wurden gezwun-
gen das Getränk in Pappbechern abzufüllen, wir waren ja alle die
gefährlichsten Typen, die andere oder sich selbst aufschlitzen
würden, als ein neuer Pfleger den Raum betrat. Welch Erstau-
nen, kannte den jungen Mann.

Lernte ihn vor Jahren kennen. Er war mit einer fürsorgenden


Freundin liiert, die einmal eine Geburtstagsfeier für uns Zwillinge
organisierte. Wir fuhren damals anschließend zu einem Livekon-
zert von Joan Baez, deren Lieder zehn Jahre zuvor sehr viel Inspi-
ration und Kraft für den weiteren Lebensweg schenkten.

Eigentlich hätte der junge Mann mich erkennen müssen. Dach-


te, warum reagiert er ablehnend. Folge ihm, als er das Stations-
zimmer verläßt. Frage, ob er mich erkennt. Nach einigen Schil-
derungen gemeinsamer Erlebnisse steht plötzlich Schreck in sei-
nem Gesicht. Wortlos dreht er sich um, eilt davon.
95

Später, nachdem sich seine Seele wieder beruhigte, spricht er mit


mir. Er bittet zum Mittagessen zu erscheinen, Patienten der Ab-
teilung hätten ihn ersucht, mich anzusprechen.
Die menschlich vorgetragene Bitte wurde angenommen. Schließ-
lich hatten die sog. "Patienten" mich mehrmals gefragt, warum
sind Sie bei uns, Sie sehen doch nicht krank aus, mit Ihnen kann
man sich unterhalten. Führte Gespräche mit den Insassen dieser
seelischen Haftanstalt. Ihre Schicksale interessierten. Endlich
konnte manch einer sein Herz ausschütten, was bei jedem noch
so guten Arzt wohl schwer möglich ist. Immer steht da die Bar-
riere, ich bin der Arzt, du der Patient, du bist verrückt, ich bin
normal, ich entscheide, ob du wieder in die Freiheit gelangst, ich
entscheide, ob du für dein weiteres Leben als Verrückter abge-
stempelt wirst, ob du damit zu rechnen hast, erneut in die
„Klappsmühle“ eingewiesen zu werden. Sitzt man erst einmal in
der Klapse, ist das öffentliche Ansehen für immer ruiniert.
Man/frau ist den Herren in Weiß auf Gedeih und Verderb ausge-
liefert. Nur wer mit den Herren schleimt, kann eventuell hoffen,
mit einem blauen Auge die Nervenklinik zu verlassen. Für die,
welche sich freiwillig in eine psychiatrische Anstalt begeben, mö-
gen andere Bedingungen gelten.

Traf Monate später diesen Pfleger in der „normalen“ Welt.

Als er erkannte, wen er im Bezirkskrankenhaus vor sich hatte,


habe er stundenlang Magenschmerzen gehabt. Es war sein erster
Ausbildungstag. Er erzählte weiter, die männlichen Pfleger dis-
kutierten, ob sie einer Anordnung zur Zwangsbehandlung nach-
kommen würden. Sie kamen zu dem Ergebnis, sich einem sol-
chen Befehl zu widersetzen. Sicherlich wußten sie von den Aktivi-
täten der Presse, wollten mit dem offensichtlich schmutzigen
Spiel ihres ärztlichen Direktors nichts zu tun haben. Weiter habe
man/frau damals beschlossen, mich in Ruhe zu lassen. Eigent-
lich hätten sie mich sogar mit physischer Gewalt zur Einhaltung
der Hausordnung zwingen müssen. Kein "Patient" dürfe bei der
Essensausgabe fehlen. Wir sehen, welchen Wert Grund- und
Menschenrechte haben: keinen! Die Psychiatrie wird von allen
politischen Systemen dieser Erde für ihre Ziele mißbraucht, auch
heute noch. In der Bundesrepublik Deutschland landete noch vor
kurzem ein Firmeninhaber, der sich weigerte, die Kirchensteuer
von seinen Angestellten einzusammeln, in der geschlossenen Ab-
teilung eines Bezirkskrankenhauses.
96

Der Fabrikbesitzer verkaufte mittlerweile sein Unternehmen, hat


der Republik den Rücken gekehrt.

Gehe in den Speisesaal. Es stehen ein gutes Dutzend Tische in


Reih und Glied ausgerichtet. Von einem Pfleger wird ein Platz zu-
gewiesen. Das fängt ja gut an, so denke ich, man darf sich kei-
nen freien Stuhl aussuchen. Betrat als Letzter den Raum, Plätze
waren also frei. Vermeide jegliche Konfrontation, akzeptiere den
vorbestimmten Sitzplatz.

Als sich der Blick hebt, steigen sofort Erinnerungen an den Aus-
gangspunkt der Streitigkeiten auf: ein Kruzifix - es war Eltern-
abend, hatte mich gerade auf den Stuhl unserer Tochter gesetzt.

Diesmal hängt das Kreuz zwar einige Meter weiter entfernt, doch
ebenfalls direkt vor mir. Das Kreuz muß also ins Auge fallen.
Hinterlist der Pfleger? Sicherlich eine Anordnung des Arztes,
Herrn Seler der Bildhaftigkeit des Kruzifixes auszusetzen. Es soll
die Reaktion getestet werden. Vielleicht denken die Hintermän-
ner, Herr Seler sei eine Art Dämon, verkappter Vampir. Schließ-
lich war ich als höchst gemeingefährlich eingeliefert worden. Das
Kruzifix wird den wahren Kern aufspüren.
Hofften sie, der Schulkreuzgegner würde zu toben anfangen? Der
ärztliche Direktor bekäme endlich einen Anlaß, die hervorragen-
den chemischen Präparate anzuwenden.
Seler würde dann tagelang mit hängenden Schultern dasitzen,
den Mund halboffen, der Speichel tropft herab, der Blick geht ins
Leere. Auch die Ehefrau würde keinen Gesprächskontakt mehr
aufnehmen können. Er gehört ganz uns Psychiatern. Endlich
könnten wir sein Denken wie geplant ändern.
Gehirnwäsche mit Hilfe von Psychopharmaka.

Die Beschreibung erscheint übertrieben?! Tatsächlich sah ich


mehrere solche Gestalten, deren Seele durch Psychopharmaka
"ausgetrieben" worden war. Es war erschütternd, wie eine Ehe-
frau während eines Besuches vergeblich mit ihrem Manne Kon-
takt aufzunehmen versuchte. Der Arme hockte im Besuchszim-
mer zusammengekrümmt auf seinem Stuhl. Er war etwa 50 Jah-
re alt. Der Blick war leer. Keinerlei Reaktion, aus den Mundwin-
keln floß der Speichel... .
Registriere die Situation. Denke, sogar in einer Nervenheilanstalt
hat man keine Ruhe vor dem Katholizismus.
97

Im Verlaufe des Essens entwickelt sich leichte Konversation mit


den Tischgenossen. Rechts sitzt ein junger Patient, von der Mut-
ter eingewiesen, weil er ungehorsam war. Er hatte im Vorfeld
mehrfach gebeten, ihn zum Essen zu begleiten. Mit Zutrauen er-
zählte er von seiner baldigen Entlassung, da die Ärzte keinen wei-
teren Grund mehr finden konnten, ihn einzusperren.

Der Ablauf während des Essens ist reglementiert. Wie in einem


Internat der Jahrhundertwende müssen die Männer sitzen blei-
ben. Es ist verboten, den Platz zu wechseln. Ständig stehen etwa
fünf bis sechs Schwestern und Pfleger an einer Seite des Saales,
beobachten mit Argusaugen jeden Handgriff. Bedrohlich, wie sie
da so nebeneinander standen, die vielen Weißkittel in Reih und
Glied.

Bevor das Mittagsmahl beginnt, schiebt eine Schwester ein wei-


ßes Wägelchen zur Tür herein, voll beladen mit Schüsselchen,
Becherchen. Bunte Pillen, helle und dunkle Tinkturen. Mir will
es schon Angst und Bange werden, da die Schwester zielstrebig
direkt unseren Tisch ansteuert, sie hinter mir verschwindet, den
Wagen an meine Seite schiebt. Bin hoch elektrisiert. Soll mir ein
Medikament aufgezwungen werden? Gab der Arzt entgegen sei-
ner Zusage eine Anweisung?

Die Schwester reicht dem linken Nachbar einen Becher, welchen


er vor ihren Augen zu den Lippen führen muß. Damit ja keine
Tricks möglich sind, darf noch mit einem Schluck Wasser nach-
gespült werden. Der Wagen fährt weiter, der nächste ist dran.
Überlege, ob wohl Hoffnung bestand, der "Patient" würde ob der
Pillenpracht in Panik geraten, das Wägelchen umschmeißen, als
es provozierend langsam an meiner linken Seite dahinfuhr. Heisa,
wäre das ein Fest für die Damen und Herren Pfleger geworden.
Während des dritten Mittagessens ereignet sich ein Schauspiel,
welches mich veranlaßte, den Essenssaal ab sofort wieder zu
meiden.

Der Wagen mit den Medikamenten wurde stets hinter den Patien-
ten geparkt. Die Schwester nahm den entsprechenden Becher
oder das Schüsselchen. Die fremde Hand streckte die Medizin an
den Mund des Betroffenen. Es schien wie ein hinterhältiger Ang-
riff. Das halbe Dutzend PflegerInnen beobachten das Geschehen,
es gab kein Entrinnen.
98

Da essen wir also friedlich unser Mittagsmahl, das übrigens aus-


gezeichnet schmeckte, sogar vegetarisch konnte gewählt werden.
Die junge Schwester zieht mit ihrem fahrbaren Arzneischrank zu
unserem Tisch, wortlos, wie ein Ritual. Nur unmerklich zucken
die Augen der Patienten, wenn sie sehen, die Medizin kommt nä-
her und näher.

Plötzlich stürmt ohne jegliche Vorwarnung ein bulliger Pfleger an


unseren Tisch, greift sich den Kopf des letzten Patienten, der sei-
ne Medizin bekam. Eine Hand wühlt sich in die Haare des Hin-
terkopfes, mit der anderen stopft er am Mund herum. Essen
quillt zwischen den Fingern des Pflegers hervor. Mein Tisch-
nachbar, der nur zwei Plätze entfernt sitzt, windet sich. Der
Oberkörper krümmt sich verzweifelt, die Arme schlagen wild. Pil-
len fallen klickernd auf den Tisch, rollen auf dem Boden umher.
Das Gesicht des Patienten läuft rot an, die Luft wird knapp. End-
lich läßt der Pfleger den Kopf los. Mit wutverzerrtem Gesicht
schreit er den jungen Mann an: "Du bleibst noch mehrere Jahre
hier."

Psychoterror durch einen Pfleger. Offensichtlich entscheidet er


über die Dauer des Aufenthaltes. Offensichtlich mußten Patienten
sogar Jahre auf ihre Freiheit warten. Noch während des Gesche-
hens frage ich mich, ob das Theater inszeniert wird, um vielleicht
ein Eingreifen meiner Person zu provozieren. Weiß sofort, dies
hätte eine Zwangsmedikamentierung begründet. Die Situation
war menschenverachtend, ja menschenvernichtend. Der Einzel-
ne ist den Pflegern hilflos ausgeliefert. Die grundgesetzlich ge-
schützte Würde des Menschen steht bloß auf dem Papier. Am
Eingang zur geschlossenen Station, wo jeder Angehörige zurück-
bleiben muß, ist ein Schild in Augenhöhe angebracht. Der Text
sinngemäß:

"Medikamente werden nur dann mit Zwang verabreicht,


wenn es um Leben und Tod des Patienten geht."

Das gibt den Familienangehörigen ein ruhiges Gewissen. Sie


glauben, keiner der Lieben wird je in eine Situation kommen, ge-
gen seinen Willen ein Medikament schlucken zu müssen, oder gar
abgespritzt zu werden. Das Krankenhaus achtet die Würde des
Einzelnen.
99

Nichts da, einer weigert sich ein Medikament zu nehmen, hoppla


kommt ein übermächtiger Weißkittel - man stellt wohl extra eini-
ge kräftige Typen ein - stopft die Pillen soweit es geht, wieder zu-
rück in den Schlund des Verdammten und droht mit vehementer
Bestrafung: "Du bleibst noch Jahre hier".

Welche Macht haben Pfleger, die den Ärzten doch ihre Einschät-
zung mitteilen und so die Länge des "Strafmaßes" und Art der
Therapie wesentlich mitbestimmen.

He Doc, da ist einer auf der Station, der bringt den Laden durchei-
nander. Wir haben keine Lust uns irgend welche Volkslieder vor-
singen zu lassen. Das wäre ja noch schöner, wenn einer meint,
sich in der Psychiatrie wie zu Hause fühlen zu können, der sogar
ankündigt, sich gegen Medikamente zur Wehr zu setzen. Dem
müssen wir eine verpassen, damit er gleich kuscht, sich der Haus-
ordnung fügt. Der leistet höchstens einmal Widerstand, dann wird
die Angst vor der Spritze ihn „vernünftig“ sein lassen.
„He Doc, eine Spritze“.

Der junge Mann, der am Essenstisch so brutal behandelt wurde,


schien seelisch anders zu sein, wie der Durchschnitt unserer Ge-
sellschaft. Ihre Norm jedoch verlangt, jeder soll sich abmühen,
die vermeintlichen Anforderungen der Leistungsgesellschaft er-
zwingen dies. Der Junge machte einen verspielten Eindruck. Sei-
ne Körpersprache drückte aus, das Leben ist mehr lustig als
ernst. So etwas kommt natürlich sehr gut an in unserer Gesell-
schaft. Hier fühlt sich die materialistische Psychiatrie aufgerufen,
dem Ernst des Lebens wieder Geltung zu verschaffen.

Der Tischnachbar bewegte sich innerhalb der Station in einer


Gruppe junger Leute, die sich oft lebhaft, manchmal lustig unter-
hielten. Unterließ es zu erforschen, warum dieser Mann fest-
gehalten wird, warum er noch Jahre in der geschlossenen Abtei-
lung des Bezirkskrankenhauses verbringen sollte.

Setzte nach dieser erlebten Gewaltszene keinen Fuß mehr auf die
Schwelle des Essensraums, verköstigte mich mit den Lebensmit-
telpaketen der Verwandten. Kein Arzt, kein Pfleger erwähnte die
Hausordnung, welche ich laut späterem Studium einschlägiger
Gesetze hätte befolgen müssen. Erfolgt eine Zwangseinweisung,
so hat sich der Bürger der Hausordnung unterzuordnen, muß sie
100

strikt befolgen. Es dürfen sogar Zwangsmittel angewandt werden.


Das riecht doch irgendwie an bekannte Zeiten, da die Deutschen
schon einmal Gesunde und Kranke trennten und töteten. Die
"Staatsmacht" bestimmte damals, was gesund ist.

Natürlich besuchten mich in dieser schweren Zeit neben den


Verwandten auch Freunde und Bekannte. Es wurde sogar berat-
schlagt, ob man/frau eine kleine Demonstration in der Stadt ver-
anstalten solle. Riet davon ab, schließlich waren die Medien ja
präsent. Als nahe Verwandte einen Termin bei dem Stationsarzt
wahrnahmen und zuvor mich im Besuchszimmer sprachen, wur-
den wir plötzlich unterbrochen. Der Arzt war ganz schnell zu uns
gekommen, wollte ein Gespräch wohl verhindern, so daß der Be-
such sich kein eigenes Bild von der Verfassung meiner Person
machen sollte. Während des späteren Gespräches, versuchte der
Arzt den Verwandten einzureden, ich sei sehr schwer erkrankt,
bedürfe dringend einer Behandlung. Da die Diagnose ohne per-
sönliche Untersuchung festgestellt wurde, belegt dieser ärztliche
Versuch, die Verwandten zu einer Zustimmung in eine Zwangs-
behandlung zu bewegen, nochmals die politische Einflußnahme
im Hintergrund. Der Arzt sollte auf "Teufel komm raus" eine
Zwangsbehandlung beginnen. Unter den Augen von Verwandten
konnte diese aber schlecht durchgeführt werden. Ihre Einwilli-
gung war zwingend notwendig, um sich vor einer kritischen Öf-
fentlichkeit behaupten zu können. Die Richter würden schon den
Einspruch des Herrn Seler abschmettern, wenn man nur die An-
gehörigen von der Notwendigkeit einer Zwangsbehandlung über-
zeugen könnte. Die Ehefrau kann man/frau übergehen.

Eine kleine unscheinbare Begebenheit wirft ein Licht auf Metho-


den, wie sie wohl nur in der staatlichen Psychiatrie möglich sind.
Denke in privaten Kliniken, außer das Pflegepersonal und die
Ärzte sind verkommen, wird so mit den Insassen umspringen, wie
es der Staat in seinen Anstalten gestattet, oder sogar anordnet.
Auf den Zweibettzimmern stand jedem Bewohner ein eigener klei-
ner Tisch und Stuhl zur Verfügung.
Das Zimmer welches zugewiesen wurde, war ursprünglich für das
Personal gedacht. Es befand sich außerhalb der offenen Station.
Die Freiheit endete erst unmittelbar an der doppelt gesicherten
Eingangstüre unten im Parterre. Entgegen der gesetzlichen Vor-
schrift, welche eine Mindestquadratmeterzahl für den Einzelnen
vorschreibt, pferchte man/frau zwei Betten in den kleinen Raum.
101

Sogar in Gefängnissen hatten die Insassen Anspruch auf mehr


Raum in ihrer Zelle. Als "Verrückter" verliert der Bürger jegliche
Rechte.
Um von der bedrückenden Situation abzulenken, hatte ich von
meiner Ehefrau eine Tischdecke, Vase und Blumen mitbringen
lassen. Dazu Malwerkzeug und eine elektrische Schreibmaschi-
ne. Wer Waldorfschulen von Außen, besonders aber von Innen
erlebt hat, kennt die Besonderheit, Ecken, gerade Linien werden
durchbrochen. Es entsteht ein lebensbejahendes Raumgefühl.
Rückte meinen Tisch um 45 Grad, damit kleine Lücken zwischen
Tisch und Bett entstanden, der Stuhl keine Linie mit Wand und
Bett bildet. Endlich konnte durch den selbstgestalteten Raum
das Gefühl des Menschseins wieder etwas Platz greifen. Alle In-
sassen staatlicher Psychiatrien sind den meist scheußlich anzu-
sehenden Baulichkeiten ausgeliefert. Unsere Station zeichnete
sich dadurch aus, es gab fast keine Grünpflanzen, die Wände
waren lieblos angestrichen, nur gerade Linien, rechteckige Win-
kel, kaltes Neonlicht Tag und Nacht auf den Fluren. Diese waren
ohne jegliche Fenster. Ich fühlte mich dadurch vollkommen ein-
gesperrt, es gab keine Bewegungsmöglichkeiten. Nur öffentlich
zugängliche Räumlichkeiten des Bezirkskrankenhauses sind eini-
germaßen menschlich eingerichtet. Wahrscheinlich auch die Sta-
tionen, auf denen Patienten sich freiwillig dem Unwesen der ma-
terialistischen Psychiatrie unterwerfen.

Am nächsten Morgen ein psychiatrisches Mysterium, komme von


dem Aufenthaltsraum zurück.

Der kleine Tisch, wegen des winzigen Zimmers auch notwendig,


hatte sich in ein größeres Modell verwandelt. Der Raum war wie-
der so linear wie vorher.

Das konnte nur vom Stationsarzt arrangiert worden sein. Wollten


die Menschenquäler in ihren weißen Kitteln wieder einmal testen,
wie Herr Seler reagiert?
Empfand das Geschehen als direkten Angriff auf mein Ichwesen.
Diesmal hatte wohl die Putzfrau mitgeholfen. Sie war ob der jah-
relangen Tätigkeit, der ständigen Habachtstellung vor den sog.
"Verrückten" irgendwie selbst verrückt geworden, strahlte eine
körperliche Boshaftigkeit aus. Sicherlich klärte man das Perso-
nal über einzelne "Gäste" auf.
102

Ich selbst galt ja als unberechenbar, als gemeingefährlich.


Möglicherweise erfährt der Insasse eines Gefängnisses keine sol-
che Willkür. Dem Gefangenen der Psychiatrie wird untersagt,
seinen beengten Raum, den er durch richterliche Gewaltfürsorge
bewohnt, selbst zu gestalten. Der Tisch muß so stehen, wie der
Herr Psychiater es vorschreibt. "Anthroposophisches" hat zu ver-
schwinden, zum Wohle des Patienten. Welche Mühe, den viel zu
großen Tisch in das kleine Zimmerchen hinein zu bugsieren.
Keinen Millimeter konnte das Möbel nun "verrückt" werden.
Sollte an meiner Person ein Exempel statuiert werden? War mei-
ne Persönlichkeit eine Herausforderung für die staatliche mate-
rialistische Psychiatrie? Unter allen Umständen sollte der Nach-
weis erbracht werden, der Gegner der Schulkreuze ist verrückt,
gefährlich, muß entmündigt werden.

Wie haben wir uns bemüht.


Den Behörden wurde extra empfohlen, Herrn Seler von Polizisten in
Zivil festnehmen zu lassen. Wir gaben den Rat, Herr Seler dürfe
auf keinen Fall die Gelegenheit haben, sich in irgendeiner Weise
rechtlich gegen seine Zwangseinweisung zur Wehr zu setzen. Des-
halb wurde der gesetzlich zwingend vorgeschriebene rechtliche
Beistand im Geheimen bestellt. Der von "uns" ausgesuchte Anwalt
spielte mit, Herr Seler erhielt keine Möglichkeit sich gegen seine Er-
greifung zu wehren. Weder der Richter, noch der Anwalt gewährten
Herrn Seler rechtliches Gehör. „Unser“ Mann erklärte sich brav mit
einer Zwangseinweisung einverstanden. Alles wunderbar hinter
dem Rücken des Kruzifixfeindes eingefädelt. Die Polizisten hatten
sogar im Dorf erst nachgeforscht, ob Herr Seler zu dieser Stunde
auch wirklich zu Hause ist. "Wir" setzten den frühen Freitagnach-
mittag als Zeitpunkt an, da kann auch seine Ehefrau keinen An-
walt mehr erreichen.
Übers Wochenende hin hätten wir den Kruzifixgegner mit unseren
Medikamenten so zurecht gespritzt, daß Dritte nur ein unansprech-
bares Bündel Mensch angetroffen hätten. Wir könnten dann jeder-
zeit frech behaupten, während eines Tobsuchtsanfalles sei ein
schwerer schizophrener Schub ausgebrochen, es mußte zum Wohle
des Betroffenen sofort mit einer Medikamentierung begonnen wer-
den. Kein Richter hätte dem Manne mehr helfen können, „die“ aber
sowieso schon brav mitspielen.
Wie konnte das Mißgeschick passieren? Jeder Mensch würde bei
einer aus dem Nichts erfolgenden körperlichen Festnahme instink-
tiv sich zur Wehr setzen, besonders wenn dies als Zivilisten ver-
103

kleidete Polizisten tun. Herr Seler hätte als Erstes ein Strafverfah-
ren wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt am Halse gehabt
und wir Ärzte hätten anschließend nachgewiesen, Herr Seler ist
gemeingefährlich. Er schlug doch bei seiner Ergreifung mit Händen
und Füßen um sich? Die speziellen Polizisten klingelten scheinhei-
lig als "Touristen" an der Haustüre. Herr Seler sollte den Weg auf
einer Landkarte zeigen. In gebückter Haltung hätte ein Griff an
Hals und Arm Herrn Seler vornüber auf den Boden geworfen. Un-
sere Leute waren darauf vorbereitet, der Dramatik geschickt nach-
zuhelfen, um die Gefährlichkeit des Mannes zu unterstreichen. In
Handschellen wäre der Kruzifixfeind zu uns gebracht worden, am
Besten fest in einer Zwangsjacke verschnürt, aber schreiend. Zu
seinem eigenen Schutze hätten wir ihn abspritzen dürfen. Seine
Gefährlichkeit wäre durch den inszenierten Vorfall erwiesen wor-
den. Wie konnte der schöne Plan nur mißlingen?
So mußten wir drei Tage warten, bis Herr Seler arglos die Polizei zu
sich ins Haus einlud. Er war vorgewarnt, deshalb versuchten wir,
ihm einen seelischen Schock zu verpassen. Jeder, aber auch jeder
halbwegs normale Bürger wäre in Verzweiflung geraten, wenn er
"Dokumente" vorgelegt bekommt, die belegen, er habe bereits frü-
her stationär in einer Nervenheilanstalt gesessen, obwohl dies den
Tatsachen widerspricht. Wir haben diese Papiere extra "anferti-
gen" lassen, damit das Pflegepersonal des Bezirkskrankenhauses
mitspielt. Unsere Untergebenen haben sich auch prompt wie vorge-
sehen verhalten. Aber Herr Seler reagierte wiederum entgegenge-
setzt unseren Vorstellungen, alle vehementen Versuche sein seeli-
sches Gleichgewicht zu zerstören, versagten kläglich. Sogar als
wir ankündigten, wir würden ihn gegen seinen Willen medikamen-
tieren, verwies er bloß auf mögliche Komplikationen aufgrund sei-
ner Yogaübungen. Was ist das bloß für ein Mensch, bei dem jeder
ausgetüftelte Plan ohne Wirkung bleibt. Wahrscheinlich ist er mit
dem Teufel verbunden. Jemand der gegen Kreuze ist, gehört si-
cherlich irgendeiner Geheimgesellschaft an. Gerade die Anthropo-
sophen machen uns Psychiatern das Leben schwer. Psychiater
dieser Weltanschauung behaupten, Psychopharmaka dürfe nur
kurzfristig in außerordentlichen Lebenssituationen verabreicht
werden. Auf keinen Fall sollen chemische Präparate als langzeitige
Therapie eingesetzt werden. Wie konnte der "Hellseher", der den
Zusammenbruch des Ministerpräsidenten vorausgesehen haben
will, unseren Angriffen nur standhalten. Ist vielleicht doch etwas
dran an den Fähigkeiten des Mannes? Falls es stimmt, er habe
seine Schau damals mit einem Einschreiben abgesandt, könnte der
104

Mann sogar politisch gefährlich werden. Es könnten sich Men-


schen finden, die in der Seelenart dieses Menschen vielleicht die
von Steiner prophezeiten neuen Seelenqualitäten wiederfänden.
Falls es stimmt, was dem Manne angeblich von Yogis prophezeit
wurde, müssen wir einschreiten. Der Kerl darf niemals eine öffent-
liche Person werden. Die Macht der Kirche und der herrschenden
Partei ist in Gefahr. Unser psychiatrisches Weltbild ist ebenfalls
bedroht. Wir haben Angst.
Wir werden gemeinsam weiter versuchen, den Mann öffentlich als
Verrückten abzustempeln, auf jeden Fall werde ich ihn als schi-
zophren entlassen, auch ohne jegliche Untersuchung. Wie kann es
der Schulkreuzgegner nur wagen, meine Fragen zu ignorieren.
Weiß er vielleicht, daß nur nach wiederholten Gesprächen die
Diagnose Schizophrenie gestellt werden kann, der Betroffene muß
"freiwillig" mitarbeiten. Aber es sind keine Zeugen da, auf jeden
Fall gebe ich ihm die Diagnose "Schizophrenie". Es wird wohl nur
Zufall sein, wie Herr Seler unseren geschickt inszenierten Fallen
entging. Wenn alle geplanten Maßnahmen versagen, so werde ich
zu dem letzten Mittel greifen. Jeder normale Mensch wird durch
diese Prüfung hindurch fallen. Dann ist der Mann zur Strecke ge-
bracht. Die Staatsregierung steht dann in meiner Schuld, die Kar-
riere ist gesichert.

Ein weiterer Tag in der geschlossenen Abteilung des Bezirkskran-


kenhauses bricht an. Was mag er wohl für neue Erfahrungen
bringen?

Im Laufe des Vormittags der Aufruf durch den Lautsprecher, solle


zu dem Stationszimmer gehen, der Arzt wolle mich sprechen. Na-
türlich sind da Überlegungen, was passiert, wenn diese Aufforde-
rung ignoriert wird. Kein Arzt hat das Recht, über meine Person
zu verfügen. Komme zu dem Schluß, darf auf keinen Fall Anlaß
bieten, körperliche Gewalt der Pfleger ins Spiel kommen zu las-
sen.

Im Nachhinein ist die rechtliche Frage interessant, ob der Arzt


das Recht gehabt hätte, Gewalt anwenden zu lassen.
Die Intuition, welche sich auch in der Kruzifixsache bewährte,
sagt, nur zu einer polizeilichen oder richterlichen Vernehmung,
die natürlich begründet sein muß, hat der Staat ein Anrecht, das
Erscheinen der Person notfalls mit Gewalt zu erzwingen. Solange
die Zwangseinweisung keine Rechtskraft erlangt hat, besitzt der
105

Arzt nicht das Recht, mich zu untersuchen, in Gespräche zu ver-


wickeln. Er darf nur bei nachgewiesener Selbstgefährdung oder
Fremdgefährdung einschreiten. Sicherlich gibt es Gesetzes-
lücken, bzw. erfuhren diese Rechtsprobleme noch keine höchst-
richterliche Klärung, wenn auch Grund- und Menschenrechte für
sich dem Gewaltmonopol des Staates eindeutige Schranken vor-
geben.

In dieser Situation als Gefangener einer staatlichen Nervenheil-


anstalt war es unmöglich, Grundrechte einzufordern, war in Ab-
hängigkeit von Ärzten, die jederzeit die Anordnung geben konn-
ten, Herrn Seler abzuspritzen. Wie die Begegnung mit dem Rich-
ter zeigte, wurde kein konkreter Anlaß genannt, der eine Zwangs-
einweisung gerechtfertigt hätte.

Der Richter überließ mich den Ärzten, ihrer Willkür. Zu jenem


Zeitpunkt war mir unbekannt, daß die Pfleger der Station sich
beraten hatten und einstimmig beschlossen, sich einem Befehl zu
einer Zwangsmedikamentierung zu widersetzen.

Es war abzusehen, die verantwortlichen Politiker würden im


Nachhinein versuchen, mit Hilfe der Gerichte die Straftaten der
Psychiater zu vertuschen, zu decken. In dem Bundesland, in dem
wir uns befanden, würde jedes Gericht in vorauseilendem Gehor-
sam der Staatsführung dienlich sein. Jahrzehntelang hatte die
herrschende Partei Zeit, ihr hörige Leute bei den Gerichten an lei-
tender Position unterzubringen. Sogar das Ansehen des Landes-
verfassungsgerichtes ist durch diesen "Filz" in seinem Ansehen
beschädigt.

Komme also der Aufforderung nach. Gehe mit recht gemischten


Gefühlen die zwei Stockwerke hinunter zu dem Arztzimmer. Eine
Nebentüre gestattet Eintritt, ohne zuvor die geschlossene Station
für schlimme Fälle, wo ich einen Tag verbrachte, passieren zu
müssen. Dort wurden auch alle Neuzugänge eingeliefert, blieben
solange, bis sie weiterverlegt wurden. Es gab mehr Personal,
Überwachung. Ab und zu hörte man gequälte Schreie von Patien-
ten, das Rütteln und Schlagen gegen die verschlossenen Flügel-
türen aus Stahl.

In dem Arztzimmer wird ein Stuhl zugewiesen. Eine Frau im wei-


ßen Kittel sitzt etwa drei Meter entfernt. Wahrscheinlich ist die
106

Fremde auch Ärztin, die Assistenz. Der Arzt setzt sich auf den
leeren Stuhl neben ihr.
Kein Gedanke. Bin nur Wahrnehmung. Bleibe ruhig, stumm.
Kein Wort fällt. Minuten vergehen.

Die zwei Gestalten sitzen steif, kein Glied rührt sich. Die Augen
der Beiden sind weit geöffnet. Zwei Augenpaare sind starr auf
mich gerichtet, versuchen, meinen Blick festzuhalten, zu hypno-
tisieren. Kein Muskel bewegt sich in den Gesichtern. Das Ganze
wirkt irrational.

Sie starren, als käme ich von einem anderen Stern. Will ihnen
das sagen, doch lasse dies sein. Wie leicht könnte es dann hei-
ßen, der "Patient" habe gesagt, er käme von einem anderen Stern.
Hatte ja erlebt, es wird einem jedes Wort im Munde verdreht.

Bleibe weiter stumm. Die Augen der Ärztin quellen fast aus den
Augenhöhlen. Die Spannung wächst. Was soll ich tun? Die
Weißkittel bleiben weiter unbeweglich. Warum sitzen sie mitten
im Raum, nebeneinander? Warum muß ich direkt vor Ihnen Platz
nehmen? Was wollen sie, warum starren sie mich an? Soll die
Nötigung mit den Blicken mich aus dem seelischen Gleichgewicht
bringen?

Ein Ende der Situation steht in den Sternen. Zäh verrinnen die
Minuten dahin. Noch nie habe ich derartig Bedrohliches erlebt.
Das Schwarz in den Augen der jungen Frau strahlt Abneigung,
weiblichen Vernichtungswillen. Sehe den einzigen Ausweg darin-
nen, aufzustehen, die beiden regungslosen Gestalten zu umgehen
und mich im Hintergrund auf ein Sofa einer Sitzgruppe zu setzen.
Sofort kommt Bewegung in die Beiden.

Sie sind überrascht, eilen zu der Sitzgruppe, setzen sich wieder


vor mich hin. Diesmal getrennt. Offensichtlich verläuft das Ge-
schehen unkontrolliert. Sage, ihr Verhalten sei inakzeptabel.
Stehe erneut auf, die Ärztin wechselt sofort auf den Platz, den ich
zuvor eingenommen hatte. Spüre, wie die Weißkittel innerlich zu-
sammenbrechen, weil sie ratlos sind. Gehe zum Gegenangriff
über. Natürlich ist klar, sie kennen alle Briefe von uns an die
Behörden, kennen also auch die spirituellen Hinweise. "Mein
Bruder, der morgen kommt, ist beamteter Lehrer. Er ist Mitglied
..... ." Es wird der Name einer spirituellen Organisation genannt,
107

welche durch Jahrhunderte für den Fortschritt der Menschheit


gewirkt hat. Rudolf Steiner gab diesbezüglich viele Einzelheiten
bekannt, welche nur auf esoterischem Wege erforscht worden
sein konnten.

"Das wird ja immer schöner",


fährt es dem Weißkittel aus dem Munde, der bisher geschwiegen
hat. Mit giftigem Blick schaut er mich an. Er ist aufgestanden,
stellt sich vor mich hin, als wolle er sich auf mich stürzen. Die
Ärztin wirkt verwirrt. Mit weinerlicher Stimme sagt sie, ich käme
ihr wie ein großes Kind vor. Wie Wunder oh auch, wenn Sie mich
wie ein Kind (unmündig) behandeln, meine Entgegnung. Hier hät-
te ein Wort aus der Bibel die Psychiaterin in die Schranken ver-
wiesen: wenn ihr nicht werdet wie die Kindlein, so Jesus Chri-
stus. Aber die beiden Psychiater waren mit den Nerven am Ende,
sie zu reizen wäre unklug gewesen.

Die Ärztin hat mich noch nie gesehen, nie gesprochen und be-
gegnet doch schon mit einem umfassenden Urteil. Warum wirkt
meine Person wie ein Kind. Ist es die Unschuld der Kinder, die
noch an den lieben Gott wirklich glauben, die noch so dumm und
einfältig sind, sich mit Engeln einzulassen, welche die Fachärztin
zu dem Urteil kommen läßt. Kinder glauben noch in ihrer "arg-
losen Dummheit" (so die Psychiatrie) an das Wirken von Engeln,
fühlen noch den Hauch der Ewigkeit in ihrer Seele. Kinder sind
unschuldig, man verabreicht ihnen noch keine Medikamente,
wenn sie von Begegnungen mit Engeln erzählen. Erwachsene,
welche von solchen Erfahrungen erzählen, sind nach Maßgabe
der materialistisch-staatl. Psychiatrie schizophren, müssen zwin-
gend mit Psychopharmaka behandelt werden. Ihr „Kindsein“, wel-
ches Christus anmahnte, wird zur Gefahr für die materialistische
Weltanschauung, für die materialistische Psychiatrie.

Narren und Kinder sagen die Wahrheit, so ein Sprichwort.


Insofern hätte die Dame mich auch als Narren einstufen können,
hat dies sicherlich auch getan. Warum ist die Unschuld des
Kindseins mit dem Erwachsensein unvereinbar. Müssen nach
Maßgabe der staatlichen Psychiatrie alle Erwachsenen sich in den
Machtkampf des Materialismus, des Arbeitslebens, des politi-
schen Lebens verlieren, sich mißbrauchen lassen. Einer der be-
wußt sich außerhalb des Zeitgeistes stellt, weil er sein Erbe der
Kindheit, das Wissen seiner Geburt aus der Geistigen Welt be-
108

wahren will, der das Intrigenspiel von Politik und Macht durch-
schaut, kann in den Augen der Seelendoktoren entweder nur ein
Narr oder ein Kind sein. Das Wort Kind aus dem Munde der Ärz-
tin war als Schimpfwort, als Provokation, als Erniedrigung ge-
dacht. Doch ihre schamlose Provokation schlägt auf sie selbst zu-
rück. Die Psychiaterin sinkt in sich zusammen, wirkt plötzlich
ohne jeglichen Saft, das ganze Gegenteil des anfänglich aggressi-
ven Benehmens mit ihren dunklen Augen, die mich schier zu er-
dolchen trachteten.

Wende mich ihr zu, sage einige esoterische Dinge, welche durch
Dritte mitgeteilt worden waren, Einzelheiten meines zukünftigen
Lebens. Erzähle auch von der Katastrophe, die ein Vorstands-
mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft für die Welt pro-
phezeite. Meine eigene Lebensaufgabe werde sich erst in der Zu-
kunft bilden. Östliche und Westliche Esoteriker hätten konkrete
Hinweise gemacht. Der Arzt unterbricht seine Kollegin, welche in
ein Gespräch kommen will, schickt mich zurück auf die geschlos-
sene Abteilung.
Was wird der Arzt wohl als Nächstes planen, um zu versuchen,
mich aus dem seelischen Gleichgewicht zu bringen?

Wir haben erfahren, sogar während des Essens in der staatlichen


Psychiatrie ist der Anblick des Gemarterten am Kreuze eine ge-
wisse Pflichtübung, freiwillig oder unfreiwillig. Der Bewohner ei-
nes solchen staatlichen „Etablissements“ kann beruhigt sein, der
Arm der Kirche reicht überall hin. Auch auf der geschlossenen
Station einer Nervenheilanstalt wird er mit Religiösem konfron-
tiert.

Es erstaunt, als eine Krankenschwester mitteilt, ein katholischer


Priester möchte mich sprechen. Frage extra nach, ob ein Irrtum
vorliege. Dies wird ausdrücklich verneint.

Der Kirchenmann blickt vertrauensselig, freundlich. Er streckt


seine Hand zum Gruße entgegen. Übersehe diese Geste, frage,
was er denn wolle.
Spüre intuitiv, der Herr Pater kennt Einzelheiten der Hinter-
gründe meines Aufenthaltes. Bitte den Herren, er möge einen Au-
genblick warten, werde ihm die Briefe von uns Eltern wegen des
Schulkreuzes vorlegen. Hatte diese mitgenommen, da ich ur-
sprünglich dachte, es würde eine polizeiliche Vorführung zu ei-
109

nem Amtsarzt stattfinden, dem ich die Ursache unseres Schul-


streikes darlegen könnte.
Priesterlicher "Beistand" kam unerbeten. Sicherlich wurde der
Datenschutz verletzt, da der Kirchenmann mich gezielt besuchte.
Wer hatte ihm von meinem Aufenthalt erzählt. Nun war aber die-
ser Mann der Kirche da. Erkläre anhand der Schreiben die Ent-
wicklung der Situation, die Verantwortung des verstorbenen Mi-
nisterpräsidenten. Lege die Kopie des Einschreibebriefes an das
Kultusministeriums vor, in welchem auf den Zusammenbruch
des Obersten Verantwortlichen wegen des Zwangsschulkreuzes
verwiesen wurde. Der "Landesvater" wand sich um eine Entschei-
dung herum, mit Schrecken las er das Wort "Anthroposophie"... .
Die Prophezeiung war belegbar, mochte vielleicht der Hauptgrund
meiner Psychiatrisierung gewesen sein.

Dem Kirchenmann, der in seiner Art arglos und eine "gute Haut"
war, verschlägt es die Sprache. Offensichtlich erfuhr er Dinge,
die ihn vollkommen überraschten. Er rutscht innerlich und äu-
ßerlich unruhig auf dem Stuhl umher. Wir sitzen im Treppenauf-
gang, an einem kleinen Tisch. "Schade" sagt er plötzlich, steht
auf, verläßt ohne ein weiteres Wort die Station. Er schleicht rich-
tig die Treppe hinab. Rufe ihm nach, verdanke der Katholischen
Kirche, daß ich hier gefangen gehalten werde.

Mag der Pater erkannt haben, welchen unverzeihlichen Fehler die


Verantwortlichen der Kirche begingen? "Schade" konnte nur be-
deuten, es war etwas schief gelaufen. Vielleicht erahnte der Pa-
ter die spirituelle Dimension der Angelegenheit. Schließlich muß-
te anerkannt werden, die sich erfüllende Prophetie mit dem Mini-
sterpräsidenten bezeugte das unmittelbare Eingreifen Höherer
Welten. Nach Hinweisen R. Steiners ist jede Zukunftsschau ein
Geschenk der Geistigen Welt. Der Seher schaut nie aus eigener
Kraft. Er hat sich nur reif gemacht, Einblick in Spirituelle Welten
zu erhalten, oder kam mit der Anlage hierzu auf diesen Planeten
Erde. Die Katholische Kirche hatte einst Jeanne d´Arc auf dem
Scheiterhaufen verbrennen lassen, weil ihre Spiritualität im Wege
stand. Vielleicht war die Kirche endlich bereit, sich zu ändern,
deshalb das Wörtchen "schade". Mit welchem Auftrag mag der
Priester wohl geschickt worden sein?

Schleppend vergehen die Stunden. Muß die ganze Zeit im Gebäu-


de bleiben. Es stehen nur zwei kurze Gänge und das Treppen-
110

haus zur Verfügung. Es gibt keinerlei sonstige Bewegungsmög-


lichkeiten. Sogar in einem Gefängnis haben die Insassen länge-
re und breitere Flure zur Verfügung, können einen Sportplatz
benutzen, jeden Tag ist gesetzlich ein Freigang garantiert. Ich
mußte die Natur durch die dicken Glasscheiben betrachten. Die
Drohung, nach sechs Monaten entscheiden die Richter über eine
mögliche Entlassung, welche der Arzt mir an den Kopf geworfen
hatte, wollte sich als Furcht einschleichen. Wiederholt fiel der
innere Blick zurück auf das eigene Leben, um zu prüfen, ob viel-
leicht eine Fehlentscheidung Ursache für die jetzige Situation
sein mochte. Doch es gab keinen Anlaß für Kritik. Da war auch
die Ankündigung des unbekannten Meisters, welche die baldige
Freilassung versprach.

In der Nacht vor der polizeilichen Festnahme hatte ich ein spiri-
tuelles Testament auf Tonband gesprochen. Wußte, am nächsten
Morgen wird mein Schicksal eine wesentliche Änderung erfahren,
nur die Umstände blieben im Dunkeln. Ahnte jedoch, Politiker im
Hintergrund werden versuchen, die Familie zu zerschlagen.
Das Wissen entstammte einer Schau, die sich noch während des
funktionierenden Kompromisses mit dem Ortspfarrer einstellte:

einst werden Gerichte, gelenkt durch die Staatsregierung,


mit aller Macht danach trachten, die Familie zu zerstören,
wegen unseres Eintretens gegen das Schulkreuz.

Das "wie" verbarg sich noch im Schleier der Zukunft. Weit nach
Mitternacht fand die wunde Seele endlich etwas Schlaf. Treffe in
der astralischen Welt einen bis dahin unbekannten Meister. In
dramatischen Bildern veranschaulicht er meine Gefangennahme
durch den Staat. Unendliche Weisheit und Güte strahlt dieser
Mensch aus. Er vermittelt, die Gefangenschaft werde nur von
kurzer Dauer sein. An einem Zeichen wird zu erkennen sein,
wenn die Freiheit unmittelbar bevorsteht. Es tauchte etwa drei
Tage vor der Entlassung vor dem inneren Auge plötzlich auf, lag
gerade entspannt auf dem Bett.

Ein dreiviertel Jahr nach meiner Entlassung aus der Psychiatrie


wird mich eine Bekannte zu einer buddhistischen Zeremonie ein-
laden, der Mitleidsaspekt des Buddha.
111

Nur Eingeweihte in diesen esoterischen Strom sind zugelassen.


Nichteingeweihte werden zurückgewiesen. Darf trotzdem an dem
Ritual teilnehmen. Ein hoher tibetischer Rotmützenlama führt
das Geschehen an. Während dessen Verlauf sitze ich die meiste
Zeit mit geschlossenen Augen, vollziehe eigene spirituelle Übun-
gen. Welch ein Augenblick, als der Lama in seinem Zeremonien-
gewande vor mir steht, saß ganz hinten, zwei Mönche an seiner
Seite und er in einer fremden, doch so vertrauten Sprache
spricht..... .....Pfauenfeder, heiliges Wasser... .

Es fand dies genau am ersten Todestag des Ministerpräsidenten


statt. Der Lama war jener Meister aus der Nachtvision vor der Ge-
fangennahme.

Jeder wird nun verstehen können, wenn er nur ein bißchen in


sich hineinhorcht, warum Herr Seler in den folgenden Tagen in
der Psychiatrie "normal" blieb, warum aber Politiker und wohl
auch Kirchenmänner im Hintergrund ins Flattern gerieten. Das
wohleingespielte und aufgeteilte Machtgefüge zwischen Staat und
Kirche geriet durch Grundrechtsfragen in Bedrängnis. Das Kruzi-
fix als charakterlich prägendes religiöses Symbol außerhalb des
Religionsunterrichtes, wie das Kultusministerium dies beschrieb,
versinnbildlichte den jahrhundertelangen Machtanspruch von
Staat und Kirche über den Bürger. Denn selbstverständlich, auch
ein Luther, wollte den Bauern keine Freiheit schenken. Auch die
Evangelische Kirche blieb letztlich eine umgewendete Katholische
Kirche. Die im Jahre 1999 versuchte Annäherung der beiden
Großkirchen kann auch als der krampfhafte Versuch gewertet
werden, den schwindenden Einfluß der "Priesterkaste" auf die
"Schäfchen" zu stoppen.

Die Warnung des Anthroposophen, der zu Besuch kam, Ärzte


könnten mich so zurecht spritzen, daß ich für Jeden Dritten als
geisteskrank gelten muß, kein noch so objektiver Richter würde
dann mehr helfen, war menschlich gesehen beängstigend. Ein
Stationsarzt, der zugibt, die Psychiatrie vieler Staaten läßt sich
von Politikern mißbrauchen, kann jeden Bürger in Angst und
Schrecken versetzen. Ein Arzt der zu erkennen gibt, er mache bei
dem Versuch mit, den Gegner der staatlich verordneten Schul-
kreuze mit Hilfe von Psychopharmaka auszuschalten, sein Den-
ken zu manipulieren, verrät seinen ärztlichen Eid.
112

Wieder einmal ein Termin beim Herrn Doktor. Diesmal sprechen


wir zum ersten Mal über den Anlaß der Schulkreuzauseinander-
setzungen. Der Arzt sagt:

"und ich muß die Suppe auslöffeln".

Ein Ton von Bitterkeit schwingt mit, aber auch Aggressivität ist
vernehmbar. Wegen meiner Person muß er irgendwelche Ausein-
andersetzungen durchstehen, muß "die Suppe auslöffeln". Wird
er bedrängt, hat er sich nach dem ersten Mißlingen, mich abzu-
spritzen, geweigert, den Wünschen der Politiker Folge zu leisten?
Als meine Ehefrau ihren ersten Termin mit dem Arzt wahrnahm,
wollte es das Schicksal, daß Sie Zeuge eines hinreichenden Indi-
zes wurde, höchste politische Stellen sind in die Psychiatrisierung
involviert.

Es war der zweite Tag der Gefangenschaft.

Wir Eheleute saßen im Besuchszimmer zusammen, als der Pfle-


ger Herr Hi. aufgeregt zu uns gelaufen kam: „Herr Dr. V. mußte
gerade dringend nach München fahren, er kann den Termin lei-
der nicht einhalten“.

Ein Bekannter, der meine Frau begleitete, erzählte, sie hätten an


der Auffahrt zu dem freistehenden Gebäude, in dem ich einsaß,
eine merkwürdige Beobachtung gemacht.
Sie sahen zwei Polizeiautos mit Nummernschildern der Landes-
hauptstadt. In der Mitte sei ein drittes -schwarzes- Fahrzeug mit
einem Nummernschild gewesen, wie sie nur an Staatsfahrzeugen
angebracht sind. Das Trio wäre in dem Augenblick losgefahren,
als sie gerade auf den Eingang des einzeln stehenden Hauses zu-
liefen.

Diese Beobachtung von zwei Zeugen läßt die berechtigte Vermu-


tung zu, der leitende Stationsarzt wurde gerade nach München
zu den verantwortlichen Hintermännern der Zwangseinweisung
gefahren. War vielleicht sogar ein hoher Politiker schnell zu dem
Bezirkskrankenhaus geeilt? Wer wird in diesem Lande schon in
den Genuß kommen, mit zwei Polizeiautos eskortiert zu werden.
Der Arzt hätte ohne weiteres mit nur einem Polizeifahrzeug in die
Landeshauptstadt kutschiert werden können.
113

Man fand vor Ort keine Lösung, der Stationsarzt wurde schnell in
die Hauptstadt mitgenommen. Spätere Erkundigungen ergaben,
nur Ministerfahrzeuge werden von zwei Polizeiautos begleitet.
Schickte der zuständige Innenminister sein Dienstfahrzeug, da-
mit örtliche Behörden direkt ausgeschaltet wurden, warum aber
dann der Aufwand mit drei Fahrzeugen?

Bereits während des dreitägigen Schulstreikes zwei Jahre zuvor,


waren ja laut Aussage eines beteiligten Beamten die höchsten po-
litischen Stellen eingeschaltet gewesen. Sicherlich waren auch
jetzt, nachdem der schöne Plan mit der Zwangseinweisung als
Gemeingefährlicher kläglich scheiterte, die höchsten politischen
Stellen benachrichtigt. Es darf begründet vermutet werden, letzt-
lich kam der Plan zu dem Polizeiüberfall direkt aus dem Innen-
ministerium und auch der damalige Ministerpräsident war einge-
weiht. Sein Vorgänger hatte ja zugestimmt, daß uns die Kinder
weggenommen werden sollten.

An jenem Morgen, als der obig geschilderte Autokonvoi vom Be-


zirksklinikum wegfuhr, war in einer überregionalen Boulevardzei-
tung ein umfangreicher Artikel über unseren Schulstreik erschie-
nen. War es den Akteuren im Hintergrund zu heiß geworden?
Besprachen sie die weitere Vorgehensweise?
"Und ich muß die Suppe auslöffeln!", so hatte der Arzt nach sei-
ner Münchner Reise gebeichtet. Höchstwahrscheinlich wurde in
der Machtzentrale beratschlagt, was als nächstes geschieht. Wei-
gerte sich der Stationsarzt weiter mitzuspielen, weil er Angst vor
einer möglichen Aufdeckung hatte?

Sollte ihm der letzte Funken von Anstand von den Parteioberen,
den Regierenden genommen werden. Lockte oder drohte man(n)
dem Arzt? Dieser verließ übrigens zwei oder drei Jahre nach die-
sen Vorfällen seinen leitenden Posten, machte eine eigene Praxis
auf.

Mittlerweile sind einige Tage vergangen, das seelische Gleichge-


wicht ist noch intakt, wenngleich eine ungeheure Anspannung
die Seele in ständiger Alarmbereitschaft hält.

Der nächste staatliche Versuch, den "Staatsfeind" endlich mit


Medikamenten zu behandeln, wurde gestartet. Betrete an einem
Nachmittag, ohne an etwas Arges zu denken, den kleinen Schlaf-
114

raum. Direkt über dem Bett war wie von Geisterhand ein zirka
fünfzig cm großes Kruzifix an der Wand aufgehängt worden.
Wahrnehmen und Handeln gehen ineinander über. Das unerbe-
tene Kreuz landet im Schrank, ganz unten. Schloß umgedreht.

Nach einigen Stunden führt der meditative "Spaziergang" durch


die fensterlosen zwei Fluren wieder in diesen Raum.
Da hängt doch glatt wieder ein Kruzifix, wie auferstanden.
Schaue in dem Schrank nach. Dort liegt immer noch das ver-
staute Kreuz.

Entferne das zweite unerbetene Kruzifix von der Wand, trage es


zum Stationszimmer. Dort sind gerade einige Patienten im locke-
ren Gespräch mit einem Pfleger versammelt. Bei ihm konnte man
sich Getränke oder Zigaretten besorgen, sich einen Teil des auf-
bewahrten Geldes geben lassen, um im Kiosk einzukaufen, falls
probeweiser Ausgang gewährt wurde.
"Ich will kein Kreuz", plaziere das Kruzifix mit bewußter Geste auf
den Schreibtisch des wachhabenden Pflegers. Arme und Beine
des Geschnitzten fallen ab.
Er war halt wohl so morsch durch die zwei Jahrtausende am Bal-
ken.
Der Pfleger läuft rot an, tritt mit drohender Gebärde auf mich zu,
schreit:
"Sie glauben wohl, Sie sind der King hier."
Lasse keine Diskussion aufkommen. Drehe mich wortlos um, ver-
lasse schnellstens das Stationszimmer. Ein dritter Versuch mit
dem Kreuz wurde, Gott-sei-Dank, unterlassen.

Erst Wochen später wird klar, das Kruzifix war mehr als morsch.
Arme und Beine waren offensichtlich mit Absicht lose angefügt.
Jederzeit konnte behauptet werden, Herr Seler habe das Kruzifix
zerstört, er sei gefährlich. Die Planer rechneten ja damit, Herr
Seler werde das Aufhängen des Kreuzes mit dem Leichnam über
seinem Bette wohl kaum begrüßen.

Es gibt aber auch Lobenswertes über einzelne Pfleger zu berich-


ten.

Dies ereignete sich in den ersten Nächten. Befand mich auf der
besseren geschlossenen Station. Hatte eine elektrische Schreib-
maschine mitbringen lassen. Im Treppenaufgang wurde eine
115

Sitzgruppe mit einem kleinen Tisch zurechtgerückt. Schrieb dort


die Erlebnisse auf, die sich in der Nervenheilanstalt ereigneten.
Während dieser Minuten war es richtiggehend gemütlich. Alle
Versuche, den Gleichmut ins Wanken zu bringen, waren fehlge-
schlagen. Durch die ständige innere Haltung, den Meditationen
im Gehen, Vorbild war Sri Aurobindo, wuchs die Kraft, diese
schwere Schicksalsprüfung durchzustehen. Es gab auch spiri-
tuelle Erlebnisse, für die es in diesem Buche keinen Raum gibt.
Während die elektrische Schreibmaschine brav ihren Dienst tat,
Buchstabe auf Buchstabe auf das Papier fixiert wurde, zog der
Duft frisch gebrühten Kaffees durch den Flur hinaus zu dem
Treppenhaus. Es wollte fast eine heimelige Stimmung aufkom-
men, schließlich war für die künstlerische Betätigung das not-
wendige Werkzeug vorhanden, die Malutensilien, das Schreibge-
rät. Die nächtliche Dunkelheit wurde nur durch die Schreib-
tischlampe erhellt. Es ist dies eine besonders inspirierende Zeit,
wenn der Tag zur Ruhe gegangen ist, die Nacht mit ihrem Zauber
zu wirken beginnt. Jeder künstlerische Mensch wird seine indi-
viduelle Zeit haben, um mit der Muse in Kontakt zu treten. Sogar
in einer Nervenheilanstalt kann man/frau sich inspirieren lassen.
Die Psychiatrie, von der Regierung als Gedankenkontrolle eines
konkreten Bürgers mißbraucht, zögerte, ihr schändliches Tun
fortzusetzen. Noch wurde der Kruzifixgegner keiner zwangsweisen
Medikamentierung unterworfen.

Es galt, das Erfahrene schriftlich und malerisch festzuhalten.


Falls ich tatsächlich wie vom Stationsarzt angedroht, mehrere
Monate als Gefangener in der Psychiatrie leben müßte, so war es
wichtig, alle Erlebnisse schriftlich festzuhalten, sowie mit Hilfe
der Kunst, tiefere Seinsschichten aufzuspüren. Nur der wahre
Künstler ist frei von religiösen, politischen und weltanschau-
lichen Dogmen. Um den Zimmernachbarn ruhig schlafen zu las-
sen, arbeitete ich im Treppenhaus. In dieser versöhnenden Stim-
mung der Nacht, die ganze Station schlief, trat der diensthabende
Pfleger auf mich zu, bittet höflich mit ihm eine Tasse Kaffee im
Stationszimmer zu trinken. Er war noch jung, hatte einen aufge-
weckten Gesichtsausdruck.

"Sie gehören nicht hierher", waren seine ersten Worte. Begann


einige Erlebnisse der Zwangseinweisung zu erzählen. So auch
den Vorfall des ersten Abends. Verständlicherweise hatte ich
Schwierigkeiten mit dem Einschlafen. Befand mich in einem
116

Schlafsaal mit einem Dutzend sog. Patienten. Die eine Seite des
Raumes hin zum Flur bestand aus lauter großen Glasfenstern,
der Flur war ständig erleuchtet. Inmitten dieser vielen Schicksa-
le, welche den astralen Raum mehr als füllten, war es unmöglich,
ein Auge zu schließen. Hatte während der drei Tage Flucht vor
der Polizei fast keinen Schlaf bekommen. Befürchtete vielleicht
durch Schlafentzug überzureagieren und so den Ärzten einen An-
laß zu geben, mich gegen meinen Willen zu behandeln. Beschloß
deshalb zu dem Nachtpfleger zu gehen, um eine Schlaftablette zu
bitten. Er wühlte in den von Schachteln und Flaschen überquel-
lenden Hängeschrank, drückte mir zwei grünliche Pillen in die
Hand. Sage ihm, möchte nur eine Pille nehmen. Der Pfleger be-
fiehlt mir beide zu schlucken. Lasse heimlich eine Pille in den
Ausguß rollen, als ich mit einem Glas Wasser nachspüle. Muß
innerlich schmunzeln, da ich nun genau das mache, was als Kli-
schee über die Psychiatrie in Umlauf ist: die sog. Patienten ver-
suchen mit allerlei Tricks die Verabreichung von Medikamenten
zu umgehen.
Konnte einschlafen.

Bedankte mich am nächsten Morgen bei dem Pfleger, sagte ihm,


eine Pille habe genügt. Da fährt er mich an, „was haben Sie mit
der Zweiten gemacht“?
„In den Ausguß gleiten lassen“, so die ehrliche Antwort.
Fuchsteufelswild wurde da der Pfleger, giftete schimpfend herum.
Verließ schnell die ungastliche Stätte, verzog mich in den Auf-
enthaltsraum, die anderen Personen schliefen alle noch.
Mein "Gastgeber" sagt: „Diese Pillen dürfen nur von einem Arzt
verordnet werden, als Pfleger hätte ich Ihnen keine geben dürfen,
habe in Ihrer Akte nachgeschaut.“

Es war klar, der erste Pfleger hatte ein verschreibungspflichtiges


Psychopharmakon untergeschmuggelt. Der Straftatbestand der
Körperverletzung war erfüllt. Da wird man von der Polizei ohne
Angabe von Gründen festgenommen, verschleppt, gefangen gehal-
ten, bedroht und erhält ohne jegliche Rechtsgrundlage von dem
Pfleger des Bezirkskrankenhauses eigenmächtig (?) Psychophar-
maka untergeschoben. Natürlich machte sich der Pfleger mehr-
fach straffällig.
Mittlerweile holt mein Gegenüber aus dem Schrank zwei Kaffetas-
sen mit Untertellern. Sage ihm, seine Geste, mich aus den Tas-
sen der Pfleger trinken zu lassen, sei wohl als Versöhnung ge-
117

dacht. Er bejaht dies ausdrücklich und entschuldigt sich für


meinen Aufenthalt in dem Bezirkskrankenhaus. Weiter schildert
er Mißstände, nannte einen Patienten. "Der gehört eigentlich gar
nicht hierher, schon vor Jahren hätte er frei gelassen werden
müssen".

Es war aufgefallen, dieser Mann benahm sich sehr selbstsicher,


als er bei der Assistenzärztin einen Freigang beantragte, seinen
Wunsch vortrug, seine Mutter besuchen zu wollen. Die Ärztin tat
gewichtig, unterschrieb aber sofort den Passierschein in die Frei-
heit.
Weiter war da ein Patient, der die fixe Idee besaß, draußen warte
nur die Finsternis auf ihn, das Böse, die Hölle. In Gesprächen
hatte der etwa 20 Jahre alte Mann seine religiösen Ängste ge-
schildert. Es war die typische katholische Vorstellung von Höllen-
geistern, die dieser Junge wohl in seiner Jugend eingeimpft be-
kam. Fehlende Mutterliebe, ein Waisenkind? Nichts fehlte ihm,
nur die christliche Angst vor der Hölle ließ ihn immer wieder ver-
zweifeln. Auch er war fehl am Platze. Wir besprachen den Fall.
"Schuldig" war die Katholische Kirche mit ihren Höllenbildern
und angedrohten Höllenqualen.

Der Pfleger berichtet auch von der Übermacht der Ärzte. Sie hät-
ten es sehr schwer in ihrem Beruf. Erzähle, es gibt wissenschaft-
liche Untersuchungen, bei denen Erstaunliches herauskam. Mit
dem jeweiligen Wechsel des ärztlichen Direktors, änderten sich
auch stets die Quoten der verschiedenen psychiatrischen Diagno-
sen. Man stellte fest, in den Jahren da ein bestimmter Arzt Di-
rektor war, wurde von allen Ärzten der Klinik in überdurch-
schnittlicher Weise die Diagnose "Schizophrenie" gestellt. Weder
zuvor, noch danach wurde diese Quote je erreicht. Dieses Phä-
nomen fand man an den verschiedensten Kliniken in der Bundes-
republik Deutschland. Es ist erwiesen, die Art der psychiatri-
schen Diagnose hing im Wesentlichen davon ab, welche "wissen-
schaftliche Schule" der Direktor vertritt. Ein sauberes Gewerbe.

So verbrachten wir ein paar Stunden im Gespräch, tauschten so-


gar private Einzelheiten aus. Der Nachtpfleger erwähnte seine
Ehefrau, die gerade krank zu Hause läge, ansonsten ebenfalls im
Bezirkskrankenhaus angestellt sei. Er mochte seinen Beruf.
Sicherlich trug dieses Gespräch mit dazu bei, daß alle Pfleger die-
ser Station später beschlossen, eine mögliche ärztliche An-
118

ordnung bezüglich einer Zwangsmedikamentierung zu ignorieren.


An dieser Stelle einige Sätze, welche während der zweiten oder
dritten Begegnung mit dem Stationsarzt fielen. Der Arzt hatte
wiederholt versucht, mich irgendwie zum Reden zu bringen.
Wenn ich nur stumm bliebe, wer weiß zu welcher unüberlegten
Handlung der Arzt sich provoziert fühlte, da er ja wirklich wie-
derholt unbeherrscht reagierte. Seine Seelenreaktion wies ein-
deutig auf einen "Befehlsnotstand" hin, das heißt, er handelte als
Beauftragter der Staatsorgane, um die Interessen der im Dunkeln
Verborgenen zu vollziehen. Da aber so vieles schief gelaufen war,
wie der Polizeiüberfall auf unser Haus, der ausgetüftelte Plan,
Herrn Seler mit Handschellen in das Bezirkskrankenhaus zu
schleifen, um ihn anschließend sofort zu spritzen, scheiterte,
wurde der "Weißkittel" zwischen seinem ärztlichen Eid und seiner
Abhängigkeit zu den politischen Auftraggebern hin und her geris-
sen. Offensichtlich verlangten die Hintermänner eine Medika-
mentierung "auf Teufel komm raus". Nur so kann die bereits er-
wähnte Äußerung "und ich muß die Suppe auslöffeln" verstanden
werden.

Meine Taktik war, den Mediziner aus seiner Reserve zu locken.


Schließlich gab er keinerlei Hintergründe für meinen Zwangsauf-
enthalt bekannt. Erwähnte nebenbei, in der anthroposophischen
Medizin stellt sich der Arzt seine Patienten als Teil seines eigenen
höheren Iches vor. Als der Stationsarzt dies hörte, preßt er nur
einen Satz spontan heraus, der aber ein Licht auf die gesamte
materialistische Psychiatrie wirft: "da hätte ich viel zu tun."

Erhellender kann auch kein Esoteriker antworten. Es gibt eben


viel zu tun, will man/frau Menschen, welche mit ihren Ichen in
dieser materialistischen Welt überfordert sind, wirklich helfen.
Und irgendwie ist doch Jeder mit Jedem verwoben, ist das Eine
durch das Andere mit verursacht. Da sei ganz ketzerisch (ketze-
risch im Sinne eins Jesuiten, der dies Wort so definierte: Ketzer
bringen stets den Fortschritt) ein Hinweis Rudolf Steiners zur
physischen Werdung von Jesus wiedergegeben: Aufgabe des jüdi-
schen Volkes war es, mittels Verwandtenheirat über Generatio-
nen hinweg ein geeignetes Körpergefäß zu schaffen, welches eines
Tages den Christusgeist mit der Taufe im Jordan aufnehmen
konnte. Es wurde also nur innerhalb des Volkes gezeugt und ge-
boren, Mann und Frau vollzogen den Liebesakt. Jesus wurde
physisch gezeugt, so Rudolf Steiner. Natürlich war -wie bei jedem
119

Liebesakt- Höheres mit im Spiel, wie die bildhafte Zeugung des


Buddha durch einen Elefanten solches ebenfalls ausdrückt.
Niemand wird annehmen, es habe ein realer Elefant die Mutter
des Buddha begattet. Wer die "rasa-lila" des sinnlichen Liebesak-
tes nie erleben durfte, vielleicht aufgrund kirchlicher Propaganda
der vergangenen Jahrhunderte sexuell verkorkst wurde, wird es
schwer haben, die Hinweise des Geisteswissenschaftlers Rudolf
Steiner zu überdenken. Mittelalterlich naive Vorstellungen prägen
auch noch in der Gegenwart die Christenheit.

Zum Glück gibt es Ausnahmen. Nahm vor vielen Jahren an einer


Sonntagsschule der Mormonen teil. Ein älterer Herr unterrichte-
te. Er sprach davon, die eheliche Vereinigung sei gar nicht in ers-
ter Linie für die Zeugung gedacht, sondern ermögliche dem Ehe-
paar den Austausch göttlicher Freude. Die Katholische Kirche
erblickt nur Sündiges in außerehelicher körperlicher Begegnung,
der eheliche Liebesakt dient alleine der möglichen Zeugung eines
Kindes. Es gibt wohl keine Kirche, welche die Sexualität mit Hilfe
von Glaubensdogmen so unterdrückt(e), wie die Katholische.
Ein mahnendes Wort von Rudolf Steiner begleitete durch all die
Jahre.

"Entweder wird die heutige Menschheit sich dazu bequemen


müssen, ein solches selbständiges Geistesleben hinzunehmen,
oder die gegenwärtige Zivilisation muß ihrem Untergang entge-
gengehen, und aus asiatischen Kulturen muß sich etwas Zukünf-
tiges für die Menschheit ergeben." (02.November 1919 -
Biblgr.Nr. 191).

Jeder mag selbst prüfen, wo wir zur Zeit stehen.

Mit diesem Wissen, den vielen spirituellen Erfahrungen einge-


sperrt in die Enge einer Nervenheilanstalt. Eine groteske Situati-
on. So haben sich die bereits zitierten Worte des Sehers Steiner
erfüllt. Menschen mit spirituellen Erfahrungen werden in Ner-
venheilanstalten eingewiesen. Das materialistische Menschenbild
unserer Zeit, welches insbesondere auch von den christlichen
Großkirchen verbreitet wird, dominiert in Staat und Gesellschaft.
Staatsgewalt und Kirchengewalt waren nur an Menschen inter-
essiert, die leicht zu beherrschen sind. Erziehung und Bildung
des Menschen richten sich nach den Interessen der modernen
Sklavenhalter, den großen Wirtschaftskonzernen der Welt.
120

Steiners warnende Prophetie des Unterganges unserer abendlän-


dischen Zivilisation bewahrheitet sich in rasender Geschwindig-
keit. Beachten wir nur die Spielfilme im Fernsehen, die in den
letzten zehn Jahren fast nur noch die Zerstörung anderen Men-
schenlebens darstellen, um dieses Motiv kreisen. Grausame Mor-
de, das blutige Töten, brutale physische Gewalt gegen Alles und
Jeden, sind der vorwiegende Bewußtseinsinhalt von Abermillio-
nen Fernsehzuschauern. Gemütlich fing das Morden am rituell
begangenen Sonntagabend an. Der „Alte“ prägte eine ganze Gene-
ration. Der wirkliche sonntägliche „Gottesdienst“ findet in der
Glotze statt. Wo keine Gewalt im Fernsehen gezeigt wird, werden
die Konsumenten mit Volkstümmelei seelisch korrumpiert, ge-
lähmt, abgefüttert. Spiele um Geld und materielle Güter. Der
Mammon ist der wahre Gott unserer Zeit. Das sog. Christentum
des Abendlandes liegt -scheinbar oder tatsächlich- in den letzten
Zuckungen, in der Agonie.
Der Einzelne muß sich von den vorgefertigten Erklärungen aller
Religionen lösen. Das Chaos zwingt ihn, in sich selbst Antworten
zu finden. Hilfe hierbei findet er nur bei Jenen, die ihr Wissen
ohne Machtinstrument benutzen. Gerade auch in der Anthropo-
sophischen Gesellschaft gab es die schlimmsten Machtkämpfe,
wurde das geistige Geschenk, welches durch Rudolf Steiner in die
Welt kam, vor allem dazu benutzt, einen Elfenbeinturm zu errich-
ten. Man verwendete das Wissen nur für private Zwecke, bildete
sich ein "anthroposophisches Bürgertum", welches sich von der
allgemeinen Menschheit absonderte. Das Wissen bleibt oftmals
bloß aufgesetzt. Religiöse Nischen, die letztlich nur den persön-
lichen Egos der einzelnen Gruppierungen als Spielfeld dienen.
Furchtbar, was ich in den Anfangsjahren meiner aktiven Mit-
gliedschaft der Anthroposophischen Gesellschaft erlebte. Der
Geist der sog. Brüderlichkeit fehlte. Es spielte sich das Leben
genauso ab, wie "draußen" in der Welt, die als von "Ahriman"
(Geistwesen) beherrscht gedacht wurde. Die Worte Rudolf Stei-
ners wurden gegenseitig an den Kopf geworfen. Steiner wurde
vergottet, ständig vergewaltigt. Sein Bild klebt in allen Waldorf-
schulen. Die Kinder wachsen mit dem Bild des "Übervater" Stei-
ner auf. Anstatt des Kruzifixes benutzen die Steinerianer das
Bild ihres Gründers, um zu indoktrinieren, auch wenn es nur in
den großen Versammlungsräumen der Waldorfschulen hängt.
Wehe man sagte als Neuer einige kritische Worte, wie etwa zu
dem Bilderkult. Noch viel schlimmer als in der "normalen" Ge-
sellschaft, gilt auch hier nur das äußerlich Etablierte, die berufli-
121

che Position, der Schein. Eine Gemeinschaft der Scheinheiligen,


in der ein wirklich Suchender keinerlei Chancen hat, Gehör zu
finden. Die Damen und Herren sind, bis auf wenige Ausnahmen,
wohl auch heute noch, mit sich selbst beschäftigt.
Damit dieser -zunächst nur subjektive- Eindruck über das Wir-
ken der "Anthroposophen" belegt wird, einige Beispiele. Dies ge-
schieht ohne die Absicht, die manche sicherlich unterstellen wer-
den, es solle den "Anthroposophen" Schaden zugefügt werden.
Das haben die Damen und Herren dieser Gesellschaft schon
selbst gründlich besorgt, wie Rudolf Steiner dies noch zu Lebzei-
ten selbst formulierte.
Stets war meinerseits bedacht worden, überall, ob bei den Thar-
kar Singh-Leuten, bei den Zeugen Jehovas, den Mormonen, bei
christlichen Organisationen, bei islamischen Vertretern, in Offen-
heit Fragen stellen zu dürfen. Wagte es, dem Guru Tharkar
Singh vor einer großen Zahl von Anhängern im Anschluß eines
öffentlichen Vortrages die Hand auf dessen Schulter zu legen
und ihm ins Gesicht zu sagen "You are not a real Guru". Erst
später wurden die Machenschaften dieses umstrittenen Meisters
öffentlich. Ein bekannter Fernsehmann, der damals sich persön-
lich bei dem Inder einsetzte, damit ich initiiert wurde, lachte
überheblich, ob meiner Geste. Einige Zeit später sagte er sich öf-
fentlich von dem Manne los. Zur Erinnerung, Tharkar Singh fiel
später dadurch auf, daß er seine Anhänger dazu anhielt, kleinen
Kindern Augen und Ohren zu verschließen, damit sie besser me-
ditieren sollten.

Nun zu den "Anthroposophen".

Es berührte, als 26 Jahre nach der ersten Begegnung mit dem


Werke von Steiner, Worte von ihm bekannt wurden: er hätte es
am liebsten gehabt, wenn das Wort "Anthroposophie" nach 14
Tagen durch ein Neues ersetzt worden wäre, dieses wiederum
nach 14 Tagen durch ein Anderes..... ...es solle damit verhin-
dert werden, die Menschen gewöhnen sich an ein Schubladen-
denken, welches durch die ständige Verwendung eines einzigen
Begriffes einfach entstehen muß.
Seine Anregung verhallte ungehört. Der Geistesimpuls, der
durch Steiner in die Welt kam, wurde mehr oder weniger doch
nur den bisherigen Denkgewohnheiten angepaßt.
Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft kann man/frau ja
nur werden, wenn zwei Mitglieder als "Paten" dies befürworten.
122

Vielleicht ist diese Bedingung überholt, weil m. E. jeder in Frei-


heit aus sich selbst heraus Mitglied werden können muß.
Stellte mit 22 Jahren den Antrag auf Mitgliedschaft in der
Anthroposophischen Gesellschaft. Diese wurde gewährt. Von An-
fang an erschienen die Mitgliederabende wie ein Marionetten-
theater, wirkten die Einzelpersönlichkeiten wie aufgezogene Pup-
pen. Die Münder öffneten sich wie mechanisch, kreuz und quer
wurden Worte Steiners hin und her geworfen. Die Seelen blieben
isoliert. Es war ein Waffengang mit dem bekannten "d.D.h.g.":
"der Doktor hat gesagt". Angesichts dieser gewichtigen Worte des
"Meisters", welche Chancen blieben da einem Neuen. Damals
schien die Begegnung mit diesen Leuten karmischen Notwendig-
keiten zu entspringen.
Erlebte all die verschiedenen liebenswerten Persönlichkeiten. Zu
denken gab, als eines Tages mitten in der Großstadt, ein Mitglied
dieser Gesellschaft in einem Stehcafe auf uns Zwillingsbrüder zu-
trat, bat Gespräche führen zu dürfen. Obwohl seit Jahrzehnten
Mitglied, fände er Niemanden, mit dem er bezüglich des Werkes
von Rudolf Steiner reden könne. Welch eine Tragik offenbarte
sich. Die Mitglieder waren offensichtlich durch das Vortragswerk
Rudolf Steiners erschlagen, das viele Wissen stand zwischen der
menschlichen Begegnung. Wie soll man/frau Menschlichkeit
pflegen, wenn man überlastet ist durch esoterisches Wissen.
Nun, die Situation der "Anthroposophen" war eben einmal gege-
ben. Der Hinweis Steiners, gesprochenes Wort hätte gesproche-
nes Wort bleiben sollen, war ignoriert worden. Tausende mit-
stenographierte und veröffentlichte Vorträge belasteten die
Anthroposophische Gesellschaft mehr, als daß sie dem Gemein-
schaftsleben geholfen hätten.
Intimere Erlebnisse mit Anthroposophen können vielleicht in ei-
nem anderem Zusammenhange dargestellt werden. Um gegen-
über den christlichen Großkirchen fair zu sein, muß jedoch fest-
gehalten werden, auch die sog. "Anthroposophen" sind am Ende.
Wie man/frau einen suchenden Menschen nur mit schlechtem
Gewissen an die retardierende gegenwärtige Katholische Kirche
oder die erlahmte Evangelische Kirche heranführen kann, gilt
dies ebenfalls in Bezug auf die Anthroposophische Gesellschaft.
Hier wie dort, man mißachtet grundlegend die Intentionen des
jeweiligen Gründers oder Stifters. Um den „jesuitischen“ Einfluß
innerhalb seiner Organisation einzudämmen, bestand Steiner
darauf, der Vorstand der Anthroposophischen Gesellschaft müsse
paritätisch mit Männern und Frauen besetzt sein. Steiner be-
123

fürchtete, die Männer werden ansonsten das Weibliche okkult


unterdrücken. Die Männer ignorierten die Bestimmung des Leh-
rers. Nach dem Tode dieses herausragenden Geistesforschers
wurde sogar dessen Lebensgefährtin, Mitarbeiterin und geistige
Vertraute, Marie Steiner die Mitgliedschaft in der Anthroposophi-
schen Gesellschaft abgesprochen. Es kam zu schrecklichen Zer-
würfnissen und Machtkämpfen, deren Folgen bis heute an-
dauern. Es mag sich Steiners Hinweis erfüllen, der Geistesimpuls
werde sich halt auf ganz andere Art und Weise in der Welt wieder-
finden, wenn die Anthroposophische Gesellschaft als Gefäß ver-
sagt.

Es gab eine Zeit, in der rein aus der Intuition heraus sich Karma
mit Anthroposophen offenbarte.

Saß in einem Café, am Nebentisch eine junge Frau. Spreche nur


das Wort "Waldorfpädagogik" aus, die junge Frau beginnt ein Ge-
spräch. Sie erzählt, wie ihr Freund, ehemaliger Waldorfschüler,
nahe daran ist, sich umzubringen, weil ihn die Vorträge Steiners
überfordern. Er sähe keinen Sinn mehr in seinem Leben. Das
spirituelle Wissen erdrücke ihn. Es bedeutete eine gewisse Er-
leichterung für die Freundin, ihre Sorgen auszubreiten und eini-
gen, hoffentlich helfenden Gedanken zu begegnen.
Ein anderes Beispiel, während der Eröffnung einer Kunstausstel-
lung. Wieder das Schlüsselwort, das die ausgesuchten Seelen
öffnet. Vor mir stand eine ehemalige Waldorfschülerin. Es bra-
chen förmlich Jugenderinnerungen aus ihr heraus. Sie erzählte,
wie ihr Lehrer, diese begleiten die Kinder durch sieben Jahre, sie
vor der Klassengemeinschaft mit körperlicher Gewalt an die Hei-
zungsrohre geschubst habe, sie anschrie: du warst im letzten Le-
ben eine Zigeunerin, aus dir wird nichts in diesem Leben. Sie er-
zählte weiter, wie während eines Jugendaufenthaltes in der
Schweiz, die Schüler ihren Lehrer einsperrten, der weinend zu-
sammenbrach, Schlußpunkt monatelanger Überforderung. Der
Pädagoge mußte über das Fenster aussteigen, an der Dachrinne
herabgleiten. Solche kritischen Ereignisse hätte es mehrfach ge-
geben, doch sei das unter den Teppich gekehrt worden. Das mit
der "Zigeunerin" habe sie für das weitere Leben verletzt.
Um auch die andere Seite darzustellen, ein ganz anderes Beispiel.
Einst kam ein junges Mädchen während eines Ferienaufenthaltes
einer Klasse im Schwimmbad ums Leben. Schweren Herzens ging
der Klasslehrer der Waldorfschule zu den Eltern, um die Todes-
124

nachricht zu überbringen. Am Schluß dieser Begegnung tröste-


ten die Eltern den Lehrer. Die Eltern lebten mit dem Gedanken-
gut Rudolf Steiners. Diese wahre Geschichte offenbart die le-
bensbejahende Wirkensweise der "Geisteswissenschaft ", wenn sie
individuell verinnerlicht wird.
Die Tragik dieser Weltanschauung besteht darinnen, sie wird von
ihren eigenen Vertretern oft zu wenig ernst genommen. Zu sehr
wartete man/frau auf die unter der Hand verbreitete Wiederkunft
Steiners. Das Jahr und einige Begleitumstände erfuhr ich schon
ganz am Anfang der Begegnung mit der Anthroposophischen Ge-
sellschaft. Eine ältere Dame, die sich als ehemalige Theosophin
vorstellte, hatte auch gleich zwei frühere Inkarnationen des Gei-
stesforschers mitgeteilt. Mit 23 Jahren bedeutete dieses Wissen
eine gewisse Verantwortung.
Möglicherweise waren diese Schicksalsumstände mit die Voraus-
setzung dafür, in der Schulkreuzauseinandersetzung so konse-
quent die allgemein gültigen Menschenrechte einzufordern, gegen
den massiven staatlichen und kirchlichen Widerstand. Ein ört-
licher Journalist, der von sich aus Kontakt mit uns aufnahm,
sagte wiederholt, jeder, dem er die Angelegenheit unterbreite, sei
entsetzt. Jemand der gegen Staat und Kirche vorgeht, der kann
nur "verrückt" sein. Gegen solch eine geballte Übermacht an-
zutreten, übersteigt menschliche Vernunft. Wie kann ein Einzel-
ner es wagen, sich gegen Staat und Kirche zu stellen. Er muß
von allen guten Geistern verlassen sein. So die Meinung vieler
örtlicher hoch gestellter Persönlichkeiten hinter den Kulissen, mit
denen der Journalist sprach. Diesem Manne wird später noch so
manche erhellende Information zu verdanken sein.

Zurück in die Psychiatrie.

Während der sich quälend langsam dahin schleichenden Stunden


der Gefangenschaft zogen all diese bisherigen Lebenserfahrun-
gen, Gedanken, Ideen, Einsichten, sowie Fragen vor dem innerem
Auge vorüber. Eine Zäsur des Lebens. Konnte der eigenen Er-
fahrung vertraut werden? War das persönliche Weltbild, vor allem
durch das Werk Steiners inhaltlich geformt, tragbar?
Nachdem die massive Provokation mit dem Kruzifix bisher keinen
Erfolg für die Drahtzieher im Hintergrund erbrachte, beschloß
ich, die "Weißkittelträger" nur noch zu ignorieren. Es war jedoch
klar, auch die winzigste Gelegenheit für einen Gewaltakt gegen
meine Person mußte vermieden werden.
125

„Herr Seler, kommen Sie bitte in das Stationszimmer, Herr Dr. V.


möchte Sie sprechen“, plärrte die technisch veraltete Laut-
sprecheranlage durch den Raum.
Es schien ratsam, der Aufforderung nachzukommen, um keinen
Anlaß für körperliche Gewalt zu bieten.
Was wird mich wohl erwarten?

Die klassische Situation aller Verfolgten der Erde. Die Gefange-


nen der Geschichte, die Märtyrer der Menschlichkeit, all die
Frauen und Männer, denen wir die Erkenntnisse, den Fortschritt
der Gegenwart verdanken, sie mußten auch diesen Weg gehen.
Vollkommene Ungewißheit der Zukunft, das äußere Ausgeliefert-
sein den Häschern der politischen Systeme. Eine eigenartige
Spannung zwischen Seele und Geist. Die Seele ersehnt die Wirk-
lichkeit des Geistes.

In jenen Tagen ergab sich eine Rätselfrage.


Durch privates Studium verschiedener Religionen und Weltan-
schauungen wurde kristallklar die Erkenntnis geboren, nur Men-
schen, die unabdingbar ihr persönliches Eigensein außer Acht
lassen, sind in der Lage, Gedanken und Ideen zu gebären, welche
in der Gegenwart Lösungen bieten. Alles andere bewirkt nur ein
Wiederaufkochen, Geschwürebilden, ist ein Zurückschrecken vor
der Verantwortung des eigenen höheren "Ich bin". Die religiösen
Menschen wollen sich an alte Glaubensbilder festkrallen, begeh-
ren einen strafenden, richtenden Gott, wollen mit der Dualität
weiterleben. Hier das Gute, dort das Böse. Inwieweit gehört das
"Böse", welches der Weißkittel verkörperte, zu dem Ganzen. Sri
Aurobindo lehrte die Kunst, die Dualität in der Einheit zu den-
ken. Im Christentum zerfällt am Ende der Zeit während eines
Strafgerichtes die Welt in Himmel und Hölle.
Das Auftauchen meiner Person im Schicksalskreis des Arztes, der
anderen Personen, war eine Prüfung. Wie gehe "Ich" mit meiner
persönlichen Verantwortung in dieser heiklen Situation um. Die-
se Frage mußte sich jeder stellen, der mit dem "Fall Seler" zu tun
bekam, bis hin zu den RichterInnen am Bundesverfassungsge-
richt. Niemand konnte sich aus der Verantwortung stehlen. Wir
alle durften aus der gegebenen Situation Erfahrungen und Leh-
ren gewinnen. Freiwillig oder unfreiwillig.
Für mich lag ein Gewinn in dem unmittelbaren Erleben, der Geist
weht wo er will, er läßt sich weder durch die Mauern einer Ner-
venheilanstalt, noch durch ihre Betreiber aufhalten. Daneben
126

fühlte ich mich in meiner Lauterkeit geprüft. Ein falsches Wort,


welches Böses mit Bösem vergilt, wäre der Anlaß für den zeit-
lichen Untergang des Persönlichen geworden. Es lebte auch die
Ahnung, jegliches chemische Präparat kann das Bewußtsein
höchstens lähmen, vielleicht wäre sogar die Erfahrung gereift,
der menschliche Geist kann Psychopharmaka überwinden. Ver-
mied jedoch durch tollkühnes Verhalten eine solche weitere Prü-
fung provoziert zu durchleben. Möglicherweise hätte aber auch
nur Unachtsamkeit ausgereicht, um den "Gegnern" Anlaß für ei-
nen körperlichen Übergriff zu bieten.

Vor Jahren entfachten Schriften von Sri Aurobindo ein Licht,


welches jetzt stärkte. Damals hatte sich neben der äußeren
Wahrnehmung dieses ringenden Geistes, auch eine innere Bezie-
hung entwickelt. Diese sich wiederholende Erfahrung, das Lesen
von Schriften stellt eine Brücke, eine geistige Beziehung her, hat-
te das Schicksal wesentlich geprägt. Es konnte aber auch umge-
kehrt geschehen, zuerst eine innere Wahrnehmung, dann eine
physische Begebenheit. So ergab sich einmal ein geistiges Bild
von Jesus Christus. Verschiedene Erdzustände entstanden, ver-
gingen. Im Mittelpunkt Christus, der jeden Planetenzustand sou-
verän überstrahlt. Dieses kosmische Erlebnis war erschütternd,
ein lebendiges Weltbild. Es ist ein Unterschied, ob man/frau Ge-
danken nur äußerlich liest, wie etwa Vorträge von Rudolf Steiner,
oder aber in die Urbilder hinter den Gedanken erfahrend ein-
taucht. Das innere Erlebnis wirkte befeuernd. Es war dies si-
cherlich eine schicksalshafte Einweihung in das lebendige Wesen
des Christus. Ging damals aus Freude des Daseins in die Stadt.

An einem Stand wurden islamische Schriften ausgelegt. Dies war


neu. Bis dahin missionierten in den Großstädten nur christliche
oder östliche Religionen. Wir alle kennen die Zeugen Jehovas, die
Heftchen in ihren Händen, in früheren Zeiten die kahlgeschore-
nen Hare Krsna-Mönche mit ihren lustig wippenden Zöpfchen. Es
fallen auch die immer äußerst proper gekleideten Mormonen auf,
mit ihren Namensschildern, ihrem Zwillingsdasein, weil sie wäh-
rend ihrer Missionszeit praktisch nie vereinzelt auftreten.

Es entwickelte sich ein Gespräch mit den Vertretern des Islam,


eine Einladung, das Miterleben islamischer Religiosität. Später
eine Begegnung mit einem Geistlichen dieser islamischen Er-
neuerungsbewegung, welche von Pakistan ihren Weg in die Welt
127

fand. Aus Erfahrungswerten heraus, war damals klar, das spiri-


tuelle Erlebnis unmittelbar vor der physischen Begegnung mit
dieser Organisation hing mit dieser selbst zusammen.
Der "Mufti" verkörperte die fortlaufende Tradition muslimischer
Religionslehrer. Es wehte der mehr entichende Impuls islami-
scher Weltvorstellungen. Gleichmacherei als gemeinschaftlicher
Sinn des Lebens. Ein eigenartiger Rhythmus, wenn Tausende von
Menschen dieselben Körperbewegungen ausführen. Da weht
durchaus eine überwältigende Geistigkeit, die einen in den Bann
ziehen kann. Schutz vor der Vereinzelung, Geborgenheit in der
Menge. In Frankfurt war das Jahrestreffen der jüngeren männ-
lichen Mitglieder. Ein merkwürdiges Gefühl als Ehrengast. Da es
nur einen Gott für die Menschen geben kann, machte es keine
Schwierigkeiten, Gebete mit diesen Gläubigen zu verrichten.
Während eines persönlichen Gespräches mit dem Leiter der
Frankfurter Moschee die bemerkenswerte Mitteilung, Muslime
würden Jesus Christus achten, auch sei in der Moschee ein Be-
reich der Maria gewidmet. Wie befreiend das Fehlen religiöser An-
betungssymbole. Als Ausrichtung die "Kanzel", Verkündigungsort
des „Wort“ Gottes.

Erzählte dem für die Bundesrepublik zuständigen Geistlichen, ein


Treffen war von der örtlichen Gemeinde arrangiert worden, von
dem inneren Erlebnis mit Christus. Der Geistliche reagierte wie
elektrisiert.

Genau die geschilderten Bilder seien das Bekehrungserlebnis ih-


res Gründers gewesen. Diese Erfahrung habe ihn erkennen las-
sen, der Islam müsse erneuert werden. Am Anfang sei ihre Ge-
meinschaft gewalttätigen Verfolgungen ausgesetzt gewesen. Mitt-
lerweile umfasse ihre Bewegung an die 10 Millionen Menschen in
allen Ländern. Der leitende Geistliche lud ein, jederzeit ihre Ge-
meinschaft zu besuchen, auch nachts.

Erst viel später ergab sich die eigentliche Bedeutung dieser, wie
nebensächlich, hingeworfenen Schlußbemerkung. Auch Jesus
Christus besuchte Menschen des "nachts". In einem Vortrag von
Rudolf Steiner wird dieser Hinweis des Neuen Testamentes einge-
hend erklärt. Die Geisteswissenschaft enträtselt scheinbar sich
widersprechende Aussagen. Aber auch objektive gravierende Feh-
ler der Bibel, von interessierten Kreisen geschickt hinein ge-
strickt, waren endlich durch den Geistesforscher richtiggestellt
128

worden. Die in der Bibel geschilderten nächtlichen Besuche sind


im Lichte der Erkenntnis "Astralreisen". Der Körper liegt nachts
im Bette, Seele und Geist sind ohne die Last des Körpers unter-
wegs. Christus verweist mit seinen nächtlichen Besuchen auf die
spirituelle Reife der Genannten.
Schon von frühester Kindheit an mißfiel der "geschichtliche"
Christus am Kreuz. Sein weinerliches Gehabe angesichts des To-
des wirkte abstoßend. Die Schilderungen der Religionslehrer, der
Pfarrer, sie fühlten sich als unwahr an. Ein Christus, der selbst
"Angst" verströmte, der den "Gottvater" nur jammernd seine
Ohnmacht entgegen hauchte, ein solcher "JammerChristus" an-
gesichts des Todes konnte niemals Vorbild sein.

Zugang zu Christus war erst erwachsen, als einige Zeit vor dem
zwanzigsten Lebensjahr durch Schicksalskunst das Buch die
"Autobiographie eines Yogi" von Paramahansa Yogananda auf-
tauchte. Die Worte dieses Yogi schufen den ersten Zugang, sich
mit Christus innerlich auseinanderzusetzen. Erinnerung an das
Christusbild der Jugend, welches die Evangelische Kirche prägte,
war stets begleitet von dem damals unerklärlichen Gefühl der
Unvernunft. Es seien Worte eines deutschen Kardinals eingefügt,
der im Jahre 1998 während einer Predigt aussprach: "die Bot-
schaft Jesu Christi endet am Kreuz".

Genau gegen diese weltweit missionierende Botschaft des christ-


lichen Abendlandes, in Wahrheit der Katholischen Kirche, sträub-
te sich mein Wesen. Die Menschen werden quasi selbst alle am
Kreuz festgenagelt, ihnen wird eingetrichtert, sie hätten ein
"Kreuz" zu tragen. Den Menschen wird verwehrt, ihr eigenes Be-
wußtsein reifen zu lassen. Erst mit Hilfe der Offenbarungen und
Gedanken Steiners öffnete sich der Sinn des Wirkens des Chri-
stusgeistes. Die "Auferstehung" konnte erahnt werden.

Solche Gedankeninhalte, Erfahrungen, bildeten ein Lebenstab-


leau, begleiteten mich auf dem Weg zu dem Behandlungszimmer.
Ähnlich dem physischen Tode, da für den Einzelnen eine Rück-
schau auf das bisherige Leben eintritt, bewirkte die Gefangen-
nahme einen seelischen Tod, welche eine "Seelenrückschau" aus-
löste.

Betrete den Raum. Aggressive Gedanken schlagen entgegen. Ei-


nige Meter von der Tür entfernt steht der Arzt wie eine Salzsäule.
129

Bleibe im Bereich der Türe. Der Weißkittel beginnt unvermittelt


zu schimpfen, versucht den Menschen zu treffen.

Zornig glühende Augen springen mir fast ins Gesicht, als der
Mann plötzlich mit schnellen Schritten auf meine Person zueilt,
sich drohend aufbaut. Der Mund schnappt auf und zu, verzerrt
sich, Schimpfwort auf Schimpfwort werden mir entgegen ge-
schleudert, ohne Sinn, zusammenhanglos. Das Geschehen ist
irrational, wechsle sofort in einen meditativen Bewußtseinszu-
stand über. Kein Gedanke, keine Angst, nur Beobachtung des
Irrationalen. Natürlich formt sich im Hintergrund ein Erstaunen,
eine Erwartungshaltung. Kein Wort kommt über die Lippen.
Fühle mich in meinem Körper geborgen, unverletzlich. Das äuße-
re Geschehen gleitet ab. Die Aggressivität verpufft, schlägt auf
den Angreifer zurück, reizt ihn noch mehr.

Sehe, wie der rechte Arm des Arztes sich langsam hebt, während
erneut pausenlos böse Worte hernieder prasseln. Obwohl die ge-
samte Situation nur kurze Zeit dauert, vergeht eine Ewigkeit.
Eine Einweihung, keine Prüfung.
Die Hand zuckt drohend zum Schlag.

Plötzlich wird die zweite Tür des Arztzimmers, die zum Stations-
zimmer der Pflegermannschaft führt, mit schneller Wucht aufge-
rissen. Der bullige Pfleger Herr Hi. stürmt herein und schreit den
Arzt mit lauten Worten von hinten an: "Herr Dr. V. kommen Sie
ganz schnell auf die Station, Sie werden dort dringend ge-
braucht."

Die zum Schlag erhobene Hand hält abrupt inne, die Augen des
Psychiaters erwachen wie aus einem Bann. Der Blick fällt in sich
zusammen. Mit giftigen Worten schickt mich der Mann hinaus,
solle zurück auf die Station. Sicherlich kann das Behandlungs-
zimmer von außen überwacht werden, um dem Arzt in einer
brenzligen Situation beizustehen. Unbemerkt könnte ansonsten
ein "Patient" während eines "Anfalles" dem Psychiater den Hals
zudrücken.

Der offensichtlich letzte Versuch, eine Zwangsmedikamentation


meiner Person zu provozieren, war kläglich gescheitert. Persönlich
schenkte das Erlebnis die Erfahrung, der Hinweis Steiners zu Bi-
beltexten entspricht der Wahrheit. Hat man/frau keine Angst vor
130

dem Schlag auf die Wange, würde man auch die andere Backe
ruhig hinhalten, soll doch der Feind tun was er will, so wird der
erste Schlag ausbleiben.

Das Aufreißen der Türe, als der Arzt von dem Pfleger in seiner
Wahnsinnstat gestoppt wurde, entsprang einer höheren Regie.
Das Leben ist ein Tr-AUM. Ein Priester der Christengemeinschaft,
deren Kultus von Rudolf Steiner am Anfang des letzten Jahrhun-
derts begründet worden war, sprach eines Tages nach einem Ge-
spräch, welches der Priester rituell beschließen wollte, die Worte,
ungefähr, "alles Leben ist ein Traum Gottes". Während er dies
aussprach, zeichnete er mit dem Daumen ein Kreuzeszeichen auf
die Stirne. Dies fand lange vor dem ersten Schulbesuch unserer
Kinder statt. Kurz nach Verkündigung des sog. Kruzifixurteiles
schrieb dieser Mann einen Brief. Während eines Urlaubes am
Meer sei ihm zufällig der Karlsruher Richterspruch durch eine
Zeitung bekannt geworden. Vor Lachen habe er sich auf dem Bo-
den wälzen müssen. Das Urteil sei vollkommen in Ordnung.

Eine TrAUM-Sequenz war vorüber.


Die Gegner meiner Person hatten ihr Ziel verfehlt.
Es war ihnen mißlungen, "Herrn Seler" aus dem seelischen
Gleichgewicht zu kippen, um dann mit Hilfe einer psychiatrischen
Zwangsbehandlung den vermeintlichen "Kruzifixfeind" auszu-
schalten.

Während der ganzen Zeit seelisch tragend die Prophetie des un-
bekannten Meisters, die Gefangenschaft werde bald vorüber sein.
Ob der inszenierte körperliche Angriff zur Standardausbildung
der Psychiater gehört, um vermeintliche Kranke der Gemeinge-
fährlichkeit zu überführen, wenn sie sich wehren, zurückschla-
gen, wäre zu hinterfragen.
In all den Tagen bildete das Telephon eine wertvolle Hilfe. Konnte
mit meiner Ehefrau die Lage besprechen. Erfuhr von ihren Be-
mühungen, die Medien auf unsere Situation aufmerksam zu ma-
chen.

Es ist sonnenklar, ohne Beistand der Presse wäre ich eiskalt ab-
gespritzt worden. Neben dem ersten großen Zeitungsartikel gleich
nach der Gefangennahme, schützte wohl die Livenachricht im
Fernsehen, als die Ehefrau mit den Kindern von den skandalösen
Ereignissen berichtete.
131

Hatte einen Pfleger gebeten, um 11.30 Uhr den Fernseher aufzu-


schließen, meine Ehefrau werde im Nachrichtenblock zu Wort
kommen. Normalerweise durfte erst in der Abendzeit der Apparat
eingeschaltet werden. Leider wurde nur ein wüster Musikclip ge-
sendet, in dem Szenen aus dem Dritten Reich eingefügt worden
waren. Die "Patienten" gebärdeten sich immer unruhiger. Die
neugierigen Pfleger, die sehen wollten, ob Herr Seler mit seiner
Ankündigung recht behielt, befürchteten, die Musik werde Unheil
anrichten. Der Fernseher wurde ausgeschaltet. Man scheuchte
uns in den Speisesaal, wo wir auf das Mittagessen warten sollten.
Nach dem Mahl wurde auf meine Bitte hin erneut der Fernseher
freigegeben. Möglicherweise war ein falscher Zeitpunkt genannt
worden.
Siehe da, nach kurzer Zeit begann eine Nachrichtensendung. Am
Ende wurde über unseren Schulstreik wegen des Kreuzes berich-
tet. Meine Ehefrau konnte dann die Festnahme meiner Person
schildern. Die Öffentlichkeit erfuhr zum ersten Mal von der dro-
henden Abspritzung. Sicherlich verdanken wir auch vor allem
dieser Fernsehsendung die leibliche Unversehrtheit meiner Per-
son. Ein halbes Dutzend Pfleger schaute sich zusammen mit den
Bewohnern der Station die Sendung an.

Einige Tage später flippte ein sog. Patient aus, als er während der
Besuchszeit meine Ehefrau aus der Sendung erkannte. Er wollte
sich nicht beruhigen: “Ich habe die Frau doch am Bildschirm ge-
sehen“, rief er eins um andere Mal, starrte mich mit großen Au-
gen an. Er konnte die „Bilder“ nicht zuordnen.

Das Fernsehen erschien in jenen Tagen wie ein "künstliches"


Hellsehen. Eingesperrt, verbanden die Bilder mit der Außenwelt.
Dachte an die Schlacht von Kuruksetra, da der Seher dem König
die Geschehnisse beschreibt, wie sie in der Ferne stattfinden.
Diese Schilderungen in der Bhagavat-Gita, dem Heiligen Buch
der Inder, verbanden sich Jahre zuvor innig mit meinem Seelen-
leben. Beschloß später dieses „künstliche" Hellsehen zuzulassen,
um mich mit der bildlichen Wirklichkeit des Erdgeschehens zu
verbinden. Der „Fernseher" kann auch in die andere Richtung
benutzt werden, besonders bei Livesendungen; kleiner Hinweis
für esoterisch Interessierte.

Kurze Zeit nach diesen dramatischen Ereignissen stellte sich das


von dem unbekannten Meister im Nachtbereich angekündigte
132

Zeichen ein. Nun wußte ich, die Freiheit ist nahe. Der gegenüber
dem Richter mündlich ausgesprochene Widerspruch gegen die
Zwangseinweisung führte etwa 10 Tage nach der Festnahme
durch die Polizei zu einem Gerichtstermin der nächsten Instanz.
Das gerichtliche Verfahren wurde im Bezirkskrankenhaus abge-
halten. Es war die reinste Farce.

Wohl aus Angst, ich könnte während der Anhörung dem Richter
von den Vorkommnissen berichten, lud der Stationsarzt mich
kurz zuvor erneut zu sich. Er war wie ausgewechselt, faselte
menschliche Worte. Wohl aus taktischen Gründen fand dies im
Pflegerzimmer statt, wo üblicherweise die "Wachmannschaft" in
gemütlicher Runde das zweite Frühstück einnahm. Da duftete
echter Bohnenkaffee, während wir Insassen ein undefinierbares
Gebräu vorgesetzt bekamen. Sicherlich befanden sich irgendwel-
che Chemikalien darinnen. Auf jeden Fall wurden früher alle
männlichen Patienten mit Hilfe des Kaffees in ihrer Drüsentätig-
keit manipuliert, das ist Fakt. Trank nur einmal von dem Gesöff.
Sollte ich noch einmal geprüft werden?

Als wir so dasaßen, der Arzt sichtlich bemüht, seinen unverzeih-


lichen körperlichen Angriff vergessen zu machen, trat unvermit-
telt die Assistenzärztin in den Raum. Diese war bisher nur ein-
mal in Erscheinung getreten, als sie mich mit ihrem Chef minu-
tenlang anstarrte.

Die Ärztin begann sofort mit weinerlicher Stimme, sie sei hilflos,
kein Medikament schlage bei einem Patienten mehr an. Der Na-
me wurde genannt. Der Arzt schaute immer wieder zu mir, wäh-
rend er begütigend auf seine Kollegin einredete. Mir wurde das
Ganze zu bunt. In meiner Gegenwart die Krankengeschichte eines
Patienten auszudiskutieren, schien unpassend. Stand auf, ent-
fernte mich einige Meter von den Beiden. Der Arzt musterte mich
seltsam, während er ein bestimmtes Medikament vorschlägt.
Die Augen blitzten verdächtig boshaft. Es blieb unklar, genierte
sich der Arzt, daß ich seine Kollegin so erlebte, oder war dies eine
inszenierte Falle, damit ich mich einmischte. Die Ärztin antwor-
tete weinerlich, aber wir haben doch von dem Medikament zu
wenig da, worauf er ein anderes nennt. Ein Schnupftuch wird
von der Ärztin hervorgeholt. Ist das Weinen, Greinen echt? Hüte
mich, auch nur ein Wort über den „Saftladen“ zu äußern. Wenn
tatsächlich ein Medikament zur Neige ging, deshalb keine An-
133

wendung finden konnte, so war dies ein Skandal, unabhängig der


grundsätzlichen Frage, ob Psychopharmaka bejaht oder verneint
wird.
Erst nach Minuten bekam sich die Ärztin wieder seelisch in den
Griff, verließ den Raum. Bis heute bleibt die Frage, spielten der
Stationsarzt und seine Assistentin Theater, oder war das Greinen
echt. Sollte meine Reaktion erneut getestet werden, um daraus
irgendwelchen Gewinn zu ziehen?

So oder so, dieses Ereignis bildete ein denkwürdiges Geschehen.


Der Arzt gab bekannt, würde nach dem Gerichtstermin bald frei-
gelassen werden, ob ich nicht nach Hause wolle. Welch eine blö-
de Frage. Wenn der Arzt bereits vorher das Ergebnis kennt, wird
das Gerichtsverfahren zur Farce. Er hätte mich sofort freilassen
müssen.

Als ich ihm gestatte, meinen Körper zu untersuchen, also Ge-


wicht, Größe etc. zu notieren, was anfangs verweigert wurde, rea-
giert der Mediziner verwirrt. Fast widerwillig beginnt er seine Ar-
beit. Später stellt er in einem Gutachten fest, er könne keine kör-
perlichen Ursachen für eine Geisteskrankheit finden.

Zwei Tage später ist der Termin des Landgerichtes angesetzt.

Während der gerichtlichen Anhörung spricht die Referendarin,


welche meine an Lungenentzündung erkrankte Anwältin vertritt,
kein einziges Wort zur Sache. Sie kritisiert weder die Festnahme,
noch den Zwangsaufenthalt. So erfahre ich bis zum Schluß des
Aufenthaltes in der Nervenheilanstalt keinerlei Begründung, war-
um ein Richter ... .
Einen Tag nach der Gerichtsverhandlung, welche ohne einen Be-
schluß endete, arrangiert ein weiterer Anwalt, der von dem Ge-
schäftsführer des Waldorfkindergartens vermittelt worden war,
meine Freilassung.

Bin schon erstaunt, als ein Pfleger unvermittelt mitteilt, solle


meine Sachen zusammenpacken. Im Stationszimmer, Begegnung
mit der Ärztin. Sie spricht kein Wort mit mir.
Mit aufgeregter Stimme erkundigt sie sich beim leitenden Pfleger,
wieso Herr Seler freigelassen werden soll. Solange kein schriftli-
cher Beschluß des Gerichtes vorliegt, werde sie keine Unterschrift
unter den Entlassungsschein setzen.
134

Der Pfleger sagt gelassen, sie solle doch selbst beim Gericht an-
rufen, dieses habe gerade die sofortige Freilassung telephonisch
verfügt. Geschäftig ruft die Ärztin beim Landgericht an.
Wortlos unterschreibt sie den Entlassungsschein. Reiche der selt-
samen Frau versöhnend die Hand. Kälte ist spürbar, als sie wi-
derwillig einschlägt. Mir wird später ein verschlossener Brief an
den Hausarzt mitgegeben, der nie ankommt, mir jedoch interes-
sante Einzelheiten liefert.

Die ewig ärztliche Überheblichkeit, die „Krankheit“ so mancher


Doktoren, die glauben, über den Patienten herrschen zu dürfen.
Denken wir nur, wie vielen Frauen wurden ganz sinnlos die Brü-
ste wegoperiert, oder die Gebärmutter herausgeschnitten, nur
weil aus Amerika die Frauenfeindlichkeit zu uns herüber
schwappte. Männer mußten nie unter aberwitzigen Modetrends
der Chirurgen leiden. Sie haben sich nie etwas vorsorglich ab-
schneiden lassen. Ob die „Frauenfeindlichkeit“ auch mit dem
"christlichen Weltbild" erklärt werden kann? Denken wir nur an
die herabwürdigenden Äußerungen des Kirchenfürsten Thomas v.
Aquin.

Das ganze Leid des Berufsstandes der Psychiater schlägt mir ent-
gegen, das Unglück, letztlich die Seele eines Menschen lediglich
als Anziehung und Abstoßung von Molekülen im Gehirn erklären
zu können, dem Menschen nur noch abstrakt seelische Qualitä-
ten zuzusprechen. Der Mensch als Zusammenspiel von Körper,
Seele und Geist wird geleugnet. Der Geist, der Kern des Men-
schen wird nie krank, entzieht sich dem Zugriff der Psychiater.
Abertausende Menschen wurden im Dritten Reich von Psychia-
tern im Stich gelassen, vielfach mißbraucht. Einige wenige junge
Ärzte haben dieser Tage den Mut, die grausige Vergangenheit der
staatlichen Psychiatrie offenzulegen. Es ist dies aber eine Min-
derheit. Die schrecklichen Bilder die sie veröffentlichen, die Men-
schenversuche, all dies belastet die gesamte Psychiatrie. Die Ka-
tholische Amtskirche, welche den Diktator anfangs in den Him-
mel hob, ihn als Gesandten Gottes dem Kirchenvolk präsentierte,
trug wesentlich zu dem nationalen und internationalen Unglück
bei. Der kirchenamtliche Wahlaufruf -auch mit Plakaten- für Hit-
ler sein „Kreuz“ zu machen, begründete das sich etablierende Un-
recht, ermöglichte das Unheil. Sicherlich verstrickte sich auch
das Bezirkskrankenhaus, in welchem ich gefangen gehalten wur-
de, mit Untaten in der Vergangenheit.
135

Der Pfleger wirkt erleichtert, richtig heiter die Verabschiedung.


Draußen am Flur vor dem Stationszimmer scharen sich die Ge-
fangenen der Station. Der Pfleger erklärt, das ist immer so, wenn
einer entlassen wird, dann werden sie unruhig.
Verteile meine restlichen Lebensmittel. Lasse von einem Pfleger
einem „Patienten", der seit Jahren hier wohnen muß, Obst auf
dessen Zimmer bringen. Nach wenigen Minuten naht dieser über-
schwenglich, bedankt sich, stammelt eine Entschuldigung, weil er
mich am ersten Abend auf dieser Station mehrmals körperlich
bedroht hatte. Unbekannt mit den örtlichen Verhältnissen, knip-
ste ich damals das Licht in dem Zweibettzimmer aus, wohin ich
verlegt worden war. Kam an der offenen Türe des Zimmers vorbei,
schaute nach, ob sich jemand in dem Raume aufhalten würde,
sah niemanden. Kaum war das Licht verloschen, stürzte aus
dem Dunkeln dieser sog. Patient hervor. Er hatte sich hinter dem
Schrank verkrochen gehabt. Es gelang gerade noch zu fliehen.
Im Stationszimmer erzählte der Pfleger, der Mann sei für seine
Gewaltausbrüche bekannt. Weigerte mich zum Schlafen zurück
auf dieses Zimmer zu gehen.

Im Nachhinein kann der Verdacht entstehen, die ärztliche Lei-


tung hat mich bewußt zu diesem Patienten verlegt, damit mögli-
cherweise irgendeine körperliche Auseinandersetzung stattfän-
de.......die man dann leicht auch Herrn Seler anlasten konnte.
Aus einigen kurzen Gesprächen mit dem Insassen vor dem kör-
perlichen Angriff, entstand der Eindruck, die Aggressionen rühr-
ten eher von der jahrelangen Gefangenschaft des Mannes, als daß
er wirklich gefährlich war. Sicherlich hatte er irgendwelche seeli-
schen Probleme, doch der Ansatz zu einer Heilung gelang mit der
bloßen jahrelangen physischen und psychischen Ausgrenzung
kaum. Die intuitive Geste, ihm in einer symbolischen Handlung
Obst überreichen zu lassen, welche die Entschuldigung erst er-
möglichte und so "therapeutisch" ihn von seiner Last befreite, of-
fenbarte, wie verwahrlost sich dieser Mensch in der Psychiatrie
erleben mußte. Draußen warte auf ihn eine Frau, so sagte er am
Anfang des Kennenlernens. Eine Seele die irgendwelche Schwie-
rigkeiten mit dem Weiblichen hatte, keine Erfüllung erlebte.
Ob ich feige war, als ich es ablehnte die erste Nacht mit diesem
Patienten gemeinsam in einem Zimmer zu verbringen? Es war
auf jeden Fall zu riskant, wäre mein Zimmernachbar durch meine
Anwesenheit gereizt worden. Der Nachtpfleger meint, es gäbe kei-
nen anderen Schlafplatz, die Station sei voll belegt. Plötzlich fällt
136

ihm ein, am Morgen war ein Patient getürmt, ein Bett war frei. Es
war dies in dem viel zu kleinen Zimmer außerhalb der beengten
Station. Ursprünglich diente es wohl dem diensthabenden Arzt
während der Nachtschicht zum ausruhen.
Mußte also umziehen.

In der Nacht flammte mehrmals ein Lichtschein auf.

Entdeckte erst später, der Bettnachbar entzündete unter der


Bettdecke sein Feuerzeug. Berichtete dies natürlich am nächsten
Morgen dem diensthabenden Pfleger. Der meinte nur achselzuk-
kend, ja der Mann habe Frühstücksdienst, müsse eher aufstehen
als die anderen.

Der Arme besaß keine Nachttischlampe, um auf seine Armband-


uhr zu schauen. Wies den Pfleger auf die Gefährlichkeit des Ge-
schehens hin. Wie leicht konnte die Zudecke sich entzünden.
Welches Drama konnte sich entwickeln. Mir schien es von An-
fang an merkwürdig, alle Insassen durften Feuerzeuge mit sich
herumtragen, obwohl wir alle als gefährlich weggesperrt wurden.
Die Station war stets vom Qualm der Zigaretten geschwängert.

Nach 12 Tagen und Nächten Zwangsaufenthalt in der geschlos-


senen Station des Bezirkskrankenhauses, erlange ich meine kör-
perliche Freiheit wieder. Die seelische Belastung hat vorerst ein
Ende. Die Prophetie des unbekannten Meisters hat sich erfüllt.
Als "gemeingefährlich" eingewiesen, lebte ich 12 Tage gemein ge-
fährlich, alleine durch die Feuergefahr, die von meinem Bett-
nachbar ausging, der jede Nacht die Feuerzeremonie mehrmals
unter der Bettdecke ausführte.
Las Jahre später von einem Vorfall, in der Nacht habe ein Patient
die Vorhänge dieser Station 19a angezündet. Zum Glück wurde
der Brand gelöscht, bevor größerer Schaden entstand.

Meine Anwältin, welche von meiner Ehefrau vermittelt worden


war und den vom Staate bestellten - hier wirklich als echten
Rechtsverdreher zu bezeichnenden - Anwalt ablöste, hatte eigent-
lich in dem Verfahren nichts zu tun, weil bereits Beschwerde
eingelegt worden war. Während der Verhandlung am Landge-
richt, die auf der geschlossenen Station des Krankenhauses statt-
fand, hatte ihre Vertreterin kein einziges Mal das Wort ergriffen.
Es fehlte nach der Freilassung der Mut, die Machenschaften der
137

Justiz aufzudecken. Sie meinte, rechtlich gegen die Zwangsein-


weisung vorzugehen, hätten wir keine Chance, weil das Landge-
richt in seinem Aufhebungsbeschluß die Hintergründe unberück-
sichtigt ließ. Nun, das Gericht selbst verdrehte die Tatsachen, als
es schrieb, bei der Zwangseinweisung sei meine Gemeingefähr-
lichkeit durch Fachärzte festgestellt worden. Selbstverständlich
mußte der Rechtsbruch mit scheinbarer Rechtsstaatlichkeit ge-
deckt werden. Der Bürger hat ja keinerlei Rechte gegenüber erlo-
genen, fabrizierten Gutachten, welche eine Straftat der Justiz
decken. Hier handelte das Bundesland genauso wie die Machtha-
ber der DDR oder der Sowjetunion, welche vermeintliche oder tat-
sächliche Regimegegner in Psychiatrien und Gefängnissen ver-
schwinden ließen. Natürlich handelte der Staat jetzt raffinierter,
im Ergebnis aber genauso perfide und gemein. Den Gipfel der
Bosheit staatlicher Psychiatrie war es, in dem Aufhebungsbe-
schluß des Gerichtes die eindeutig schwachsinnige Äußerung des
Stationsarztes hineinzuschreiben zu lassen, Herr Seler habe sich
während des Klinikaufenthaltes mißtrauisch verhalten. Der „See-
lenverklempner“ hatte gleich zu Beginn den Protest von mir erhal-
ten, zwei Kollegen von ihm hätten behauptet, ich sei schon ein-
mal in der Psychiatrie gewesen. Meine Bitte diesen Unsinn auf-
zuklären, überhörte er einfach. Und da soll ich vertrauensvoll mit
den Weißkitteln zusammenarbeiten, soll kein Mißtrauen hegen.
Jemand der bei der Begrüßung sagt, sie sind sehr krank, ich gebe
Ihnen ein Medikament damit Sie anders denken, wegen des Kreu-
zes, ist wohl das Vorbild eines liebenswürdigen, einfühlsamen
Facharztes, der sich um das Seelenheil seines Gegenüber be-
müht.

Eine denkwürdige Begegnung zeigt, wie das Leben selbst als


Kunstwerk verstanden werden kann. Traf nur einige Tage nach
Erlangung der Freiheit im wahrsten Sinne des Wortes "zufällig" in
der nahen Kreisstadt den Beamten des Landratsamtes, der sich
zu Beginn des Konfliktes um das Schulkreuz bei uns meldete.
Seit dieser Zeit hatte der Mann wiederholt aus seinem Büro ange-
rufen. Wir sprachen über private Angelegenheiten, im Besonderen
über sein durch die Bekanntschaft erwachtes geistiges Interesse.
Hervorzuheben ist, bei einem solchen Gespräch gab er den Rat,
doch gerichtlich gegen die vorzugehen. Er meinte, dies würde si-
cherlich zu großer Aufregung in der Bundesrepublik führen, aber
bezüglich der Darstellung des Gekreuzigten gäbe es einsehbare
Argumente. Gegen das einfache Kreuz vorzugehen hätten wir je-
138

doch keine Chance. Wir sehen, die erste Anregung den Schul-
kreuzstreit gerichtlich regeln zu lassen, kam von einem mit der
Angelegenheit befaßten Beamten.

Betrete gerade ein Kaufhaus, da ruft jemand von hinten meinen


Namen. Der Beamte kommt schnellen Schrittes zu mir. Er tut so,
als müsse er ebenfalls einkaufen. Mir ist zu diesem Zeitpunkt
unklar, inwieweit mein Begleiter in die Zwangseinweisung verwik-
kelt ist. Wir kommen ins Gespräch. Offensichtlich bedrückt etwas
den Mann. Als er sich innerlich wieder gefaßt hat, beginnt er un-
gefragt Hintergründe der Zwangseinweisung zu erzählen. Im Ver-
laufe einer Stunde, wir stehen zwischen zwei Regalen, kommen
interessante Einzelheiten zur Sprache.

Eines Tages sei Jemand zu ihm in das Büro gekommen und habe
gesagt, der Fall Seler sei eine Unterbringungssache. Daraufhin
hätten drei Beamte, auch er, ein Dokument unterschrieben, auf-
grund welches der Richter die Zwangseinweisung einleitete. Spä-
tere Akteneinsicht wird zeigen, das belastende Schreiben ist we-
der in den Gerichtsakten, noch in den Akten des Landratsamtes
zu finden.
Gehe davon aus, die Beamten unterschrieben zu dritt, Herr Seler
stelle eine Gefahr für die Öffentlichkeit dar.
Der Bekannte hatte sich nach der Festnahme angeboten, persön-
liche Dinge von meiner Ehefrau entgegenzunehmen und sie in
das Bezirkskrankenhaus zu fahren. Hierbei habe er den leitenden
Stationsarzt gesprochen. Dieser habe ihm versichert, er werde auf
jeden Fall die drei Monate des Richters in der Einstweiligen Ver-
fügung zeitlich voll ausschöpfen. Im Verlaufe ihres Gespräches
habe sich herausgestellt, auch der Arzt habe das Buch von Para-
mahansa Yogananda, die "Autobiographie eines Yogi" gelesen. Sie
hätten sich über den Inhalt unterhalten.

So hatte mein früherer Tipp mit Yogananda an den Behördenver-


treter immerhin dahin geführt, daß ein staatlicher Psychiater und
ein deutscher Beamter sich über östliche Geisteswelten unterhal-
ten konnten. Ein von dem Beamten erbetenes Gespräch mit mir
habe der Stationsarzt verweigert.

Er sei ihm schleierhaft, daß ich wieder in Freiheit sei, hätte wohl
einen besonders guten Stern, so der "private" Beamte. Diesen
Worten kann entnommen werden, daß ausschließlich politische
139

Kräfte die Zwangseinweisung betrieben haben. Denn wozu brau-


che ich einen guten Stern. Entweder es wird Gemeingefährlichkeit
nachgewiesen, die einen Zwangsaufenthalt in der Psychiatrie
rechtfertigte, oder aber ich muß freigelassen werden.

Im Landratsamt habe man(n) sich ausgemalt, Herr Seler werde


die Kinder und die Ehefrau als Geiseln festhalten, könnte sogar
mit einem Messer einen Polizisten, die Ehefrau bedrohen. Wo-
chenlang seien dann lauter Fernsehteams um das Grundstück
verteilt, was würde der Ministerpräsident dann dazu sagen, so die
weitere freiwillige Auskunft über die Hintergründe meiner Fest-
nahme. Das Geiseldrama von Gladbeck fand einige Zeit zuvor
statt, sie hätten im Landratsamt Angst gehabt, das alles könnte
sich wiederholen, so ihre vorgeblichen Befürchtungen.

Es darf vermutet werden, der ominöse unbekannte Mann, der zu


meinem Bekannten ins Büro kam und die Unterbringungssache
einfädelte, hat die wüsten Phantasien von sich gegeben. die bei-
den anderen haben sich brav antreiben lassen, ihre Unterschrift
auf das folgenschwere Dokument gesetzt.

Von außen war das Landratsamt in seine rechtswidrigen Hand-


lungen hineingetrieben worden. Da wir Eltern von Anfang an die
Spitze der politischen Führung in die Schulkreuzangelegenheit
einweihten, kann nur von dort die Idee, mit Hilfe der Psychiatrie
das Kruzifixproblem zu lösen, gekommen sein. Der Beamte hatte
ja ganz am Anfang schon mitgeteilt, „höchste kirchliche und
staatliche Stellen sind eingeschaltet worden“. Da wird kein ver-
nünftig denkender Mensch annehmen, die kleinen Beamten vor
Ort haben das Problem in Eigenverantwortung zu lösen versucht.
Der Bekannte verabschiedete sich mit den Worten, "Ihnen ist
größtes Unrecht widerfahren". Dieser Satz deutete auch auf die
politische Urheberschaft der Festnahme hin. Wir werden später
sehen, politische Kräfte gaben zu keiner Zeit auf, immer wieder
bei der geringsten Chance mit Hilfe ihrer Machenschaften gegen
meine Person vorzugehen.

Nach Freilassung aus der staatlichen Psychiatrie blieb die Ange-


legenheit um das Schulkreuz weiterhin ungelöst. Wir Eltern be-
standen trotz vorangegangener massivster Einschüchterung auf
Entfernung der staatlich/religiösen Symbole in den Schulzim-
mern unserer Kinder. Behördenvertreter vermieden es, erneut
140

Kontakt mit uns aufzunehmen. Offensichtlich war von höchster


politischer Stelle die Entscheidung getroffen worden, auf keinen
Fall der Familie Seler in irgendeiner Weise entgegen zu kommen.
Es sollte kein Präzedenzfall geschaffen werden. Nur staatliche
Behörden durften und sollten über das Schulkreuz entscheiden.
Eltern hatten einfach kein Mitspracherecht. Den hinter den Ku-
lissen agierenden Politikern war klar, wenn erst einmal ein El-
ternpaar Mitspracherecht erhielt, würde eine Erosion des staat-
lichen Schulmonopols einsetzen.

Die von Rudolf Steiner am Anfang des Jahrhunderts als Notwen-


digkeit erachtete Freiheit des Schulwesens, darf sich auf keinen
Fall verwirklichen. Lehrer und Eltern bedürfen für alle Zeit der
Bevormundung durch eine staatliche Behörde, die alleine Inhalt
und Form des Unterrichts selbstherrlich bestimmt. Sogar der ört-
liche Priester darf keinen dauerhaften Kompromiß mit dem
Schulkreuz abschließen.
Die staatliche Gewalt verweigerte für die weitere Schulzeit. einen
dauernden Kompromiß zu unterbreiten. Das Angebot einer sol-
chen Garantie, hätte uns Eltern dazu bewogen, die Kinder wieder
in die Schule zu schicken. Aufgrund der Gegebenheiten mußten
wir den Schulstreik fortführen.

Einige Wochen gingen ins Land. Wir setzten den Heimunterricht


für die Kinder fort. Währenddessen bemühte sich die Anwältin
aus eigener Initiative heraus um eine Waldorfschule. Wir sahen
einer solchen Lösung eher skeptisch entgegen. Durch das inten-
sive Studium der Religionen, der Geisteswissenschaft Rudolf
Steiners sowie den eigenen inneren Erfahrungen, war klar gewor-
den, die Schicksalskonstellation verlangte von uns Eltern, der
Stimme des Gewissens zu folgen.

Der von den Behörden angeregte und von uns durchgeführte Ver-
such eines Schulwechsels, war von umfassenderen Schicksals-
kräften unterbunden worden. Durch spirituelle Erlebnisse war
der Weg gewiesen. Die Gabe der Prophetie war einer schweren
Prüfung unterzogen worden, hatte sich zum wiederholten Male
als tragend erwiesen. In jenen Monaten nach der Psychiatrie gab
es eine innere Wahrnehmung: eines Tages werden mehrere Fern-
sehteams vor unserem Hause stehen, wegen des Schulkreuzes.
Auch wird die Öffentlichkeit Einzelheiten über die skandalösen
Vorkommnisse in der staatlichen Psychiatrie erfahren.
141

Viele Bürger machen sich vollkommen falsche Vorstellungen von


Menschen mit hellseherischen Gaben. Sie meinen, ein solcher
Zeitgenosse müsse jede kleinste Begebenheit im Voraus wissen.
Die Allgemeinheit kennt den Begriff "Déjà-vu" aus dem Französi-
schen. Jeder Einzelne trägt in sich die Gabe der zukünftigen
Schau. Besonders Frauen haben durch ihre Fähigkeit, Leben zu
gebären, von Natur aus eine innige Beziehung zu dem sog. Jen-
seitigen. Es gibt viele, welche die Ankunft ihres Kindes vor der
Geburt, ja vor der Zeugung im Traumesleben bewußt wahrneh-
men. Manche Frau erfährt auf diese Weise sogar den zukünftigen
Namen ihres Babys. Noch ist es für Frauen schwer, ihre Qualitä-
ten für das Wohl der Menschheit im politischen Leben umzuset-
zen.

Rudolf Steiners Hinweise zukünftiger Menschheitsverhältnisse


prägten meine politischen Ansichten, mein Handeln. Unsere (eu-
ropäische) Aufgabe bestünde darinnen, ein neues Modell des Ar-
beitslebens der Welt hinzustellen, so die mahnenden Worte des
Gründers der Anthroposophie. Er beschreibt zukünftige Realitä-
ten. Menschen werden ihre Arbeitskraft der Allgemeinheit schen-
ken. Die Gemeinschaft wird dem Einzelnen die materiellen Güter
zur Verfügung stellen, welche individuell benötigt werden. Es
wird dann also weder "Sklavenhalter" (Arbeitgeber) noch "Skla-
ven" (Arbeitnehmer) geben. Die wirtschaftlichen Dinosauriers der
Gegenwart werden ausgestorben sein. Das Tragische am sog.
Kommunismus ist, er stellt eine spätere Gesellschaftsform dar,
die zu früh zur Menschheit kam. Die verantwortlichen Menschen
in jenen Tagen waren unfähig, in der Leere einer untergehenden
Kultur, lebensbejahende neue Ideen hineinzustellen. In dieses
geistige Vakuum mischten sich Ideenformen, die zur Unzeit ge-
boren wurden. Der Kommunismus werde nur etwa 70 Jahre le-
bensfähig sein, dann werde er von innen her zerfallen. Umfassen-
dere Gedanken zu diesem Thema finden sich in anthroposophi-
scher Literatur.

Jeden Tag rechneten wir mit neuen Überraschungen seitens


staatlicher Stellen. Zweimal versuchte das Landratsamt mit Hilfe
der Polizei die Kinder zur Schule zu verbringen. Eines Morgens
klingelte es erneut an der Haustüre. Vorsorglich wurde die Ein-
gangstür zu gelassen. Durch ein Fenster sprachen wir mit den
"ungebetenen" Gästen: ein Beamter des Landratsamtes, einge-
hüllt in einen dunkelbraunen langen Ledermantel, der örtliche
142

Polizeichef in Uniform und ein Handwerker in Montur, einen


Werkzeugkasten in der Hand.
Die Situation trug erkennbare Züge vergangener Zeiten. Der Be-
amte drohte mit Gewalt in das Haus einzudringen, sollten wir uns
weigern, die Kinder freiwillig den Behörden zu übergeben. Man(n)
wolle die Kinder zur Schule fahren. Wir weigerten uns, solange
die Schulkreuze weiter in den Klassenzimmern hingen.
Schnell wurde die Wohnungstür zusätzlich mit dem Sicherheits-
schloß von innen verriegelt. Es sollte den Herren das Eindringen
so schwer wie möglich gemacht werden. Wir zogen uns in die
Wohnküche zurück.

Es dauerte einige Zeit, bis es dem Handwerker gelang, die Haus-


türe mit einem Dietrich zu öffnen. Mit Absicht zerstörte er wäh-
rend seiner Aktion das Schloß, welches später ausgewechselt
werden mußte. Weiter wurde die Türe selbst beschädigt, mit ro-
her Gewalt das Holz zersplittert.
Im Hausflur setzte dann ein lautes Palaver ein, nachdem der
Schlosser entdeckte, das im Türschloß steckende Sicherheits-
schlosses verwehrte den Zutritt zur Wohnung. Der Dietrich ver-
sagte. Nach einiger Zeit trollten sich die Gesellen davon.

Wir beschlossen sofort, uns bei Freunden vor weiteren staatlichen


Übergriffen zu verstecken. In Folge wurden wir zur Fahndung
ausgeschrieben und so mancher Bekannter erhielt Besuch von
der Polizei, wie wir im nachhinein erfuhren. Mit unserer Anwältin
standen wir in dieser Zeit in telephonischer Verbindung. Aus un-
serem Versteck heraus versandten wir an alle Parteien des Land-
tages und Bundestages, sowie an alle führenden Presseorgane ei-
ne umfassende Darstellung unserer Situation, skizzierten auch
die Ereignisse der Psychiatrisierung. Baten um Hilfe. Bis auf eine
einzige "Grüne" reagierte Niemand von den Politikern. Lediglich
eine örtliche Zeitung nahm über unsere Anwältin Kontakt mit
uns auf. Von dem Reporter erfuhren wir durch Andeutungen, die
Behörden planen uns die Kinder wegzunehmen.

Die Staatsmacht weigerte sich, die Kreuze aus den Klassenzim-


mern abzuhängen, bzw. den Kompromiß auf Dauer zu garantie-
ren. Lieber wollte sie mit ihrem Gewaltmonopol den Eltern die
Kinder wegnehmen. Wir lebten in einer besonderen Art von Dikta-
tur. Der Staat schreibt das Vorhandensein eines religiösen Sym-
bols vor und stiehlt mit einer willfährigen Justiz den Eltern, die
143

sich dagegen aussprechen und zur Wehr setzen, die Kinder. Die-
ser Plan war sogar vom Ministerpräsidenten abgesegnet worden.
Da wird kein Richter in diesem Bundeslande es wagen, dem
christlichen „Landesvater“ zu widersprechen.
Rief nach der Information durch den Journalisten sofort beim
Landratsamt an. Tatsächlich hatte der Beamte auf dem Tisch ei-
nen Antrag auf Amtshilfe liegen, der am nächsten Tag an das
Amtsgericht abgesendet werden sollte. Auch hatte die Behörde bei
den Großeltern vorgesprochen und deren Einverständnis abge-
preßt, daß diese die Kinder aufnehmen und erziehen würden, wie
wir später erfuhren.

Nun waren wir gezwungen, den Schulstreik zu beenden. Die Ge-


richte in diesem Bundesland anzurufen, wäre von vorneherein
aussichtslos gewesen. Zu sehr waren durch Jahrzehnte Partei
und Exekutive verwoben, als daß Grundrechte bei Gerichten Ge-
ltung hätten, wenn es um die Katholische Kirche, ihren Machtan-
teil ging. Schließlich hatten zuvor Verwaltungsgerichte, vom
Landratsamt angerufen, es wiederholt abgelehnt, eine Erzwin-
gungshaft gegen uns Eltern anzuordnen. Die Begründung lautete,
dies würde uns nur in eine Märtyrerrolle hineintreiben. Das
heißt, die Gerichte hatten sich auf die Seite des Kreuzes geschla-
gen, jedoch die Rolle des bösen Buben spielen. Die Richter rieten,
die Familie mit Polizeigewalt psychisch und physisch unter Druck
zu setzen. Diese Haltung des Gerichtes erfolgte ohne vorherige
rechtliche Anhörung der Eltern. Weil die Regierung sich durch
das Gericht gedeckt fühlte, zu Straftaten regelrecht ermuntert
wurde, inszenierte sie dann im Hintergrund den schauspieleri-
schen Polizeiüberfall, der in die Hose ging. Einen „Hellseher“ zu
überraschen, ist schwer. Selbstverständlich muß auch ein sol-
cher staatliches Unrecht über sich ergehen lassen. Doch ist er
innerlich alleine durch die Sicherheit, es gibt eine Geistige Welt,
auf Schicksalsschläge vorbereitet. Vor allem vermeidet er Fehler.

Zufällig begannen gerade die Pfingstferien, konnten wir ohne Sor-


ge wieder in unser Haus zurückkehren. Meldeten die Rückkehr
der Kinder bei den Schulbehörden an. Nach den Ferien begleite-
ten wir unsere Sprößlinge vorsichtshalber mit zur Schule.
Der Schulleiter gebärdete sich freundlich, wir waren alle in sei-
nem Amtszimmer versammelt. Ging intuitiv in ein Klassenzim-
mer, um zu überprüfen, ob der bisherige Kompromiß mit dem
Schulkreuz noch eingehalten wird.
144

Da hing doch glatt wieder das rießige Kruzifix mitten über der Ta-
fel. Demonstrativ wurde der gesamte Unterricht der Kinder mit
dem Abbild des Toten am Kreuz überstrahlt.

Der Schulleiter lehnte es kategorisch ab, den bisher funktionie-


renden Kompromiß wieder herzustellen. Er habe kein Recht, das
Kruzifix umzutauschen. Unser Hinweis, wir würden sofort wieder
in den Schulstreik treten, schockierte den Schulmann sichtlich.
Die Behörden dachten wohl, die Zwangspsychiatrisierung, die
Androhung der Kinderwegnahme, die eingeleitete Suche mit der
Polizei hätte uns eingeschüchtert, wir würden nun auch das
ursprüngliche große Kruzifix hinnehmen.

Nervös telephonierte der Lehrer mit dem Schulamt, vertrat seinen


Standpunkt. Zum Schluß des Gespräches bat er mich, selbst mit
der Behörde zu sprechen, übergab den Hörer.
Der Schulrat jammerte lediglich, seine Behörde habe keinerlei
Einfluß darauf, wie das Schulkreuz auszusehen habe.
Weder Schulleiter, noch Schulamt erklärten sich zuständig. Wir
bestanden jedoch darauf, das Kruzifix müsse auf jeden Fall gegen
das bisherige einfache Kreuz ausgetauscht werden. Zähne-
knirschend willigte der Schulleiter schließlich ein, schlichte
Kreuze an den seitlichen Wänden anzubringen. Da er jedoch ab-
lehnte, sofort den Austausch vorzunehmen, begann der Unter-
richt für unsere Kinder erst am nächsten Tag.

Jetzt erst konnten wir endgültig den Schulstreik beenden, der


fast ein ganzes Jahr dauerte.

Letztendlich hatten wir vor der Gewalt des Staatsapparates zu-


rückweichen müssen. Gegen blind gehorchende Richter, die in
vorauseilendem Gehorsam dem "Fürsten" unterwürfig dienen,
war in diesem Bundesland kein Kraut gewachsen. Sicherlich wä-
ren bei weiter andauerndem Schulstreik uns die Kinder wegge-
nommen worden.

Fast zu gleicher Zeit weigerte sich in der Schweiz ein Lehrer, un-
ter einem Kruzifix zu unterrichten. Diese Angelegenheit war in-
zwischen gerichtsmassig, eine Entscheidung des höchsten
schweizerischen Gerichtes stand an. Ein öffentlicher Hinweis auf
den Rechtsstreit in der Schweiz, wäre den Landesbehörden si-
cherlich schwer aufgestoßen. Eine "staatliche Kindsentführung"
145

wegen unseres Schulkreuzstreikes wäre von der Presse mit Hin-


weis, ein Schweizer Lehrer wehrt sich gegen ein Schulkruzifix,
aufgegriffen worden. Leider war uns dieser Rechtsstreit damals
noch nicht bekannt.

Natürlich war es für die Familienmitglieder angenehmer, nicht


mehr tagtäglich mit einem erneuten Polizeiübergriff rechnen zu
müssen. Die unmittelbar negative Seite des Schulstreikes für die
Kinder wurde durch ein Jahr Schulferien mehr als aufgewogen.
Wir Eltern achteten in dieser schwierigen Zeit darauf, die Kinder
von allen Sorgen fern zu halten. Da sie zu dritt waren, gut mit-
einander auskamen, bildeten sie eine kleine Spielgruppe. Sicher-
lich ist es überlegenswert, ob es prinzipiell die Möglichkeit einer
längeren Schulpause für manche Kinder geben darf. Schaut man
auf die eigene Schulzeit zurück, so war dies eine Zeit ununterbro-
chenen blinden Gehorchens. Zum Glück wandelte sich zwischen-
zeitlich auch die staatliche Pädagogik, "klaute" sogar Ideen bei
den Waldorfschulen, den Montessorischulen. Endlich sind die
Kleinen während der ersten Jahre von dem typischen Notenkult
befreit. Aber schon wird wieder zurückgeschraubt. Die alten Wer-
te von blindem Gehorsam, der sich im Notenkult ausdrückt, soll
doch schon den Kleinsten eingeimpft werden. Die "Kopfnote"
wurde wieder in einem Bundesland eingeführt. Das Wort allein
zeigt die menschenverachtende Schulpolitik der Materialisten, die
zurzeit fast alle Schalthebel der Entscheidungszentralen der Men-
schen besetzt halten.

Tage nach Beendigung des Schulstreikes, während den Pfingst-


ferien 1989, ein Anruf an den örtlichen Polizeichef. Erzählte die-
sem, der "stern" habe einen kleinen Bericht über den Schulstreik
und den Psychiatrieaufenthalt kurz vor unserer Flucht heraus-
gebracht. Von sich aus teilte der Polizist mit, nachdem sie bei uns
in das Haus eindrangen, vor der Wohnungstüre kapitulieren
mußten, wurde seitens der Behörden (sie gab der Polizei die An-
weisungen) beschlossen, am nächsten Tage wiederzukommen
und mit einer Axt die Türe zu zertrümmern, um so der Kinder
habhaft zu werden. Zufällig erschien an diesem Morgen im
"stern" der Artikel. Von höchster Stelle sei die Gewaltaktion ganz
schnell abgeblasen worden. Die vierte Gewalt im Staate war aktiv
geworden. Ohne Presse sind Grund- und Menschenrechte auch in
der Demokratie den Übergriffen durch die Politiker wehrlos aus-
geliefert.
146

Wir gingen davon aus, die Schulbehörden tragen ab jetzt dafür


Sorge, unsere Kinder werden in der Zukunft keine neue Konfron-
tation mehr erdulden müssen.

An dieser Stelle sei auf Argumente Dritter eingegangen: vielleicht


ist den Kindern das Kruzifix egal?

Nun, wir durften von der Erfahrung mit unserer Tochter ausge-
hen, die drei Wochen lang unmittelbar vor dem großen fremden
Korpuskreuz sitzen mußte. Ohne Änderung der Situation wäre
möglicherweise eine Gewöhnung eingetreten. Wer kennt jedoch
die seelischen Folgen einer ständigen unbewußten Indoktrinie-
rung mit einem religiösen Symbol? Schließlich gibt es ernstzu-
nehmende Wissenschaftler, welche durchaus das Kruzifix für
kleine Kinder ablehnen. Einige ältere Frauen nahmen nach den
ersten Presseveröffentlichungen Kontakt mit uns auf. Sie erzähl-
ten aus ihrer Vergangenheit. Eine Dame berichtete, wie sie sich
als junges Mädchen während der Besuche bei der Großmutter
fürchtete. Sie mußte in deren Schlafzimmer übernachten. Das
große Kruzifix auf der Kommode flößte dem kleinen Mädchen
Angst und Schrecken ein. Der Tote am Kreuz war unheimlich,
egal was die "Großen" ihr auch erzählten. Das Blut an Händen
und Füßen, der wunde Kopf, all das war grausam, ihr unbegreif-
lich, so die Briefschreiberin. Im Laufe der Jahre erhielten wir eine
stattliche Anzahl solcher Schreiben, aber auch in Telephonan-
rufen stärkten uns Mitbürger, machten Mut, weil sie als Kinder
selbst unter dem Kruzifix gelitten hatten. Damals wagte noch
niemand, sich öffentlich gegen eine solch grausame Erziehung zu
wenden. Christen haben durch Jahrhunderte zu keiner Zeit da-
nach gefragt, wie Kinder auf das Korpuskreuz reagieren.
Der Zuspruch aus der Bevölkerung stärkte nachträglich die elter-
liche Einsicht, kein Korpuskreuz den Kindern aufzwingen zu las-
sen.

Das dritte Schuljahr unserer Tochter ging zu Ende. Das vierte


Schuljahr kam, das Letzte an der Zwergschule. Der Verstand sag-
te uns, die Schulbehörden werden auf jeden Fall darauf achten,
kein neuer Konflikt solle um das Kruzifix entstehen. Doch das
Unterbewußtsein ahnte, ja wußte, es wird wieder eine Auseinan-
dersetzung geben.
Schon einige Wochen vor Ende des Schuljahres schrieben wir an
das Schulamt. Die Antwort, sie seien nicht zuständig.
147

Kurz vor den Sommerferien wandten wir uns direkt an den


Schuldirektor der zukünftigen Hauptschule, er möge doch bitte
den bisherigen Kompromiß mit dem religiösen Symbol überneh-
men. Die Antwort lautete nur, die Schule halte sich an die beste-
henden Gesetze. Wir schrieben deshalb erneut an den Direktor
sowie an das Schulamt, erbaten eine dienstliche Anweisung, da-
mit im Herbst kein neuer Schulstreik durch die Schule provoziert
werde. Das Schulamt reagierte ausweichend. Wir mußten „unse-
ren“ Anwalt einschalten.

Dem "stern" verdankten wir indirekt die Beiziehung des kompe-


tenten Juristen. Durch den Artikel Frühjahr 1989 nahm die Mi-
tarbeiterin eines Verlages Kontakt mit uns auf, verwies auf diesen
Anwalt, er sei kompetent. Wir zögerten erst, Verbindung aufzu-
nehmen, da wir keine Gerichte einschalten wollten. Unser Miß-
trauen gründete sich auf die Tatsache, daß viele braune Richter
in der Anfangszeit der Bundesrepublik Deutschland in Amt und
Würden blieben, sogar die neue Generation der Richter ausbilde-
ten.
Meine Ehefrau trug dem Anwalt die Problematik um das Schul-
kreuz, den bisherigen Ablauf vor. Er antwortete, er wolle sich bei
weiteren Schwierigkeiten für uns einsetzen. Es verging dann fast
ein Jahr, bis der Schulwechsel von der Zwergschule zur Haupt-
schule anstand. Nachdem wir vergeblich beim Schuldirektor und
bei der Schulbehörde den weiteren Kompromiß anmahnten, es
völlig ungewiß war, was uns im Herbst erwartete, unterbreiteten
wir dem Anwalt die neue Situation, in die uns die Kultusbehörde
zwang. Denn es war offensichtlich, letztlich verhielt sich die unte-
re Schulbehörde nur entsprechend den Anweisungen aus dem
Kultusministerium. Dort entschied man(n) sicherlich ent-
sprechend den Anweisungen des Ministers, nachdem auch im
Kabinett das grundsätzliche Verhalten der staatlichen Gewalt
besprochen und festgelegt worden war.

Der Anwalt verfaßte ein Schreiben an das Staatliche Schulamt.


Der Inhalt wird wiedergegeben, da er für die beginnende recht-
liche Auseinandersetzung das Fundament bildet, auf dem zum
Schluß das sog. Kruzifixurteil sich wiederfinden sollte. Wäre nach
diesem Schreiben von der Schulbehörde für die Zukunft der
Kompromiß garantiert worden, hätten wir Eltern die Frage nach
der rechtlichen Situation offen gelassen.
148

Das Schreiben.

„An das
Staatliche Schulamt
Postfach 1840 16.August 1990

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich zeige an, daß mich Frau R. Und Herr. E. Seler, ........., mit der Wahrneh-
mung ihrer Interessen anwaltlich beauftragt haben.

Mit dem neuen Schuljahr wird die Tochter meiner Mandanten, X. Seler, auf
die Volksschule N. wechseln. Bereits vor mehreren Monaten brachten meine
Mandanten dem zuständigen Schulrat, Herrn K., fernmündlich ihren
Wunsch zur Kenntnis, daß in keinem der von ihrer Tochter besuchten Schul-
räume über oder neben der Tafel ein Kreuz mit Korpus hängen dürfe, da
dieses mit ihrer anthroposophischen Weltanschauung, nach deren Grund-
sätzen sie ihre Tochter erziehen, in unvereinbarem Widerspruch steht. Nach
den mir vorliegenden Unterlagen erfolgte hierauf seitens der Schulbehörde
über Monate hinweg keinerlei Reaktion. Meine Mandanten wiederholten
daraufhin ihre Forderung durch Schreiben an das Schulamt S. vom 30.6.90.
Sie brachten in diesem Schreiben sogar ihre Bereitschaft zum Ausdruck,
auch für die Volksschule N.... der bereits seit vier Jahren an der Grundschu-
le Fischbach geltenden Regelung zuzustimmen und ein kleines helles Kreuz
ohne Korpus an der Seite des Klassenzimmers zu akzeptieren. Durch
Schreiben vom 5.7.90 teilte das Schulamt meinen Mandanten u.a. mit, es
sei nicht seine Sache, den Schulen Anweisungen über Größe, Form, Farbe
und Anbringungsort der Schulkreuze zu geben. Meine Mandanten wandten
sich daher an den Schulleiter der Volksschule N.... mit Schreiben vom
9.7.90, in welchem sie ebenfalls ihre Bereitschaft zu einer einvernehmlichen
Regelung mitteilten. Das Antwortschreiben des Schulleiters an meine Man-
danten vom 19.7.90 erschöpfte sich in dem Satz, daß an der Volksschule N.
das in X geltende Schulrecht angewendet werde. Auf das erneute Schreiben
meiner Mandanten vom gleichen Tage hin teilte der Schulleiter mit Schreiben
vom 23.7.90 ohne jede Stellungnahme lediglich mit, die Schule werde ihrem
Anliegen "in angemessener Weise Rechnung tragen".

Ich muß zunächst darauf hinweisen, daß diese Handhabung des Verwal-
tungsverfahrens durch die Schulbehörde eine gravierende Verletzung des in
X. geltenden Verwaltungsverfahrensrechtes darstellt. Nach Art. 10 S2, 24
Abs.3, 28 Abs.1 und 39 Abs.1 B.... ist die Behörde verpflichtet, die in ihren
Zuständigkeitsbereich fallenden Erklärungen und Anträge des Bürgers ent-
gegenzunehmen, das Verwaltungsverfahren einfach und zweckmäßig - d.h.
insbesondere in zügiger und fairer Weise (vgl. Kopp, VWVfG, '10, Rnr.3 ff) -
durchzuführen und nach Gewährung rechtlichen Gehörs eine begründete
sachliche Entscheidung zu treffen. Diese verfahrensrechtlichen Pflichten
sind durch die Schulbehörden umso strikter zu beachten, als ihnen bekannt
149

ist, daß die hinhaltende und ausweichende Handhabung des Verfahrens


für meine Mandanten eine Situation schwerster Gewissensnot und eine
unerträgliche psychische Belastung ihrer ganzen Familie zur Folge hat. Ins-
besondere ist darauf hinzuweisen, daß das Schulamt selbstverständlich
gegenüber dem Schulleiter nicht nur Weisungsrecht, sondern im vorliegen-
den Fall auch eine Weisungspflicht hat, um den Grundrechten meiner Man-
danten zur Geltung zu verhelfen.,

Der Rechtsanspruch meiner Mandanten auf Entfernung des Kruzifix aus


sämtlichen von ihrer Tochter in der Volksschule N. Besuchten Schulräumen
folgt aus Art.4 Abs.1 und Art.6 Abs.2 GG, Art. 9 Abs.1 EMRK sowie Art. 107
Abs.1 und Art. 136 Abs. 1 BV. In seinem Beschluß vom 17.7.1973 hat das
Bundesverfassungsgericht zudem explizit klargestellt, daß der einzelne
Bürger durch den für ihn unausweichlichen Zwang, entgegen eigenen religi-
ösen oder weltanschaulichen Überzeugungen ein Kruzifix in staatlichen
Amtsräumen tolerieren zu müssen, in seinem Grundrecht der Glaubens- und
Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs.1 GG verletzt wird (BVerfG NJW 1973,
2196, 2198). Die Verbindlichkeit dieser Feststellung auch und gerade für
den schulischen Bereich hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Ent-
scheidung vom 17.12.1975 durch die ausdrückliche Bezugnahme auf den
Beschluß vom 17.7.1973 mit folgenden Worten dargelegt:
"Bei dem besonderen Gewicht, das dem weltanschaulich-religiösen Element
in der elterlichen Erziehung jedenfalls bis zur Religionsmündigkeit des Kin-
des zukommt, kann eine bekenntnismäßig anders geprägte Schulerziehung
das gesamte Eltern-Kind-Verhältnis belasten. Diese Belastung bringt den
Erzieher wegen der nicht lösbaren Verbindung von Erziehungsarbeit und
weltanschaulich-religiöser Grundhaltung in Konflikt mit seiner religiösen
oder weltanschaulichen Überzeugung und trifft damit den Schutzbereich
des Grundrechts auf Religionsfreiheit in Art.4 GG. Deshalb schließt dieses
Grundrecht auch das Recht der Eltern ein, ihren Kindern die von ihnen für
richtig gehaltende religiöse oder weltanschauliche Überzeugung zu ver-
mitteln. Daraus entspringt zwar kein Anspruch gegenüber dem Staat, daß
die Kinder in der Schule in der gewünschten weltanschaulichen Form erzo-
gen werden; dieses Recht kann aber durch die Verpflichtung der Erzie-
hungsberechtigten, ihre Kinder einem ihrer Überzeugung widersprechenden
weltanschaulich-religiösen Einfluß aussetzen zu müssen, beeinträchtigt
werden. Die Erziehungsberechtigten können kraft ihres Freiheitsrechts aus
Art.4 GG staatliche Maßnahmen abwehren, die beeinträchtigend in ihren
persönlichen, grundrechtlich geschützten Bereich hineinwirken. Dieses Indi-
vidualrecht steht jedem einzelnen Erziehungsberechtigten zu und gewinnt
seine besondere Bedeutung als Minderheitenschutz, wenn der einzelne
durch den Staat ohne die Möglichkeit des Ausweichens mit einer weltan-
schaulich ausgerichteten öffentlichen Einrichtung konfrontiert wird (vgl.
BVerfGE 35, 366, 375f. - Kreuz im Gerichtssaal.)."

Auch in seiner Entscheidung vom 16.10.1979 hat das Bundesverfassungs-


gericht nochmals bestätigt, daß christliche Glaubensinhalte, als deren sym-
bolischer Inbegriff das Kreuz gilt (VverfG NJW 1973, 2196, 2197), nicht Teil
des Unterrichts sein können und dürfen (BVerfGE 52, 233, 238f., unter Be-
150

zugnahme auf BVerfGE 41, 29, 5).


Diese Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Schulbe-
hörden (' 31 Abs.1 BVerfGE) und gehen natürlich auch den Vorschriften ei-
ner einfachen Rechtsverordnung wie ' 13 Abs.1 S.3 VSO vor. Nachdem
meine Mandanten ausführlich und wiederholt dargelegt haben, daß das
christliche Kruzifix mit Korpus an der Frontseite des Klassenzimmers das
gesamte Eltern-Kind-Verhältnis zu ihrer Tochter schwer belastet und sie
wegen der nicht lösbaren Verbindung von Erziehungsarbeit und weltan-
schaulich-religiöser Grundhaltung in Konflikt mit ihren weltanschaulichen
Überzeugungen und in einem Zustand äußerster Gewissensnot bringt, sind
die Schulbehörden zur Beseitigung des Kruzifixes verpflichtet.
Im übrigen wird durch die Rechtsprechung seit jeher - teilweise unter aus-
drücklicher Bezugnahme auf Art. 136 Abs. 1 BV, demzufolge beim Unter-
richt die religiösen Empfindungen aller zu achten sind - einhellig die maß-
gebliche Bedeutung des Gedankens der Toleranz für Andersdenkende im
schulischen Bereich hervorgehoben. Kraft des verfassungsrechtlichen Tole-
ranzgebotes darf die Schule die Schüler nicht durch Werbung ihrer Weltan-
schauung entfremden, sondern muß für andere weltanschauliche und reli-
giöse Inhalte und Werte in der Weise offen sein, daß deren Anhänger nicht
isoliert, sondern gleichberechtigt in die Schulgemeinschaft integriert werden
( BayVerfGH, VerfGHE 41, 44, 48; BVerfGE 41, 29, 51 f.; OVG Hamburg
DVBl. 1985, 456, 457 f.) Meine Mandanten haben, obgleich sie hierzu nicht
im mindesten verpflichtet sind, ihre Bereitschaft erklärt, auch in der
Volksschule N. wie in den vergangenen vier Jahren an der Grundschule F.
ein kleineres und seitlich angebrachtes Kreuz ohne Jesus-Darstellung zu
akzeptieren. Würde auch dieser mehr als entgegenkommende Vorschlag
meiner Mandanten durch die Schulbehörden zurückgewiesen werden, so
läge hierin eine schwerwiegende und evident rechtswidrige Verletzung des
Toleranzgebotes im Sinne der zitierten Rechtsprechung.
Durch eine derartige Haltung würde nicht nur der bereits mit dem Preußi-
schen Allgemeinen Landrecht von 1794 erreichte Standard unterschritten
(vgl, insoweit die treffenden Ausführungen von Richter am BayVGH Dr.
Renck in JuS 89, 451, 453) sondern auch die Mindestanforderung an Tole-
ranz gegenüber christlichen Minderheiten gemäß der Verfassung der BRD.
Die Verantwortlichen würden sich auf die Ebene begeben, auf der die rö-
misch-katholische Kirche im Mittelalter die Nestorianer, die die Je-
sus-Darstellung am Kruzifix ablehnten, verfolgte.
Nachdem die Schulbehörde über Monate hinweg keine Entscheidung in der
Sache getroffen hat und hierdurch meine Mandanten und ihre Familie - ge-
rade auch in der für die Erholung der Kinder besonders wichtigen Ferienzeit
und angesichts des herannahenden Schulwechsels der Tochter X - bekann-
termaßen in eine Situation unerträglicher psychischer Belastung und Ge-
wissensnot gebracht wurden, bitte ich nunmehr um die rasche Bestätigung
der von meinen Mandanten gewünschten Regelung. Als Termin für die Wie-
dervorlage habe ich mir den 28.August 1990 notiert.
Mit freundlichen Grüßen
XXX
Rechtsanwalt“
151

Wohl zähneknirschend wurde von den Behörden dem Anwalt die


Zusage gemacht, es werde ein einfaches Kreuz aufgehängt.

Zum wiederholten Male hatten Schulamt und zwei Schulleiter,


sowie die Klassenlehrer die Ansicht vertreten, sie besäßen jeweils
kein Recht, wegen des Kruzifixes einzuschreiten. Niemand fühlte
sich für den Konflikt verantwortlich. Das Kultusministerium ent-
zog sich seiner Pflicht.

Hätte das Schulamt sich als Aufsichtsbehörde zu seiner gesetz-


lichen Verantwortung bekannt, wäre eine klare rechtliche Situati-
on für die Zukunft zu erkennen gewesen. Nach den bisherigen Er-
fahrungen mit Behörden und Schulen blieb uns Eltern nichts an-
deres übrig, als eine gerichtliche Klärung der Rechtslage herbei-
zuführen. Für den in den nächsten Jahren zu erwartenden
Schulwechsel der jüngeren Geschwister war es unumgänglich,
endlich die Rechtslage bezüglich der Schulkreuze zu klären, da
sich Niemand für eine Garantie des Kompromisses zuständig
fühlte.

Unser Anwalt verfaßte eine Klageschrift, sowie einen Antrag auf


Einstweilige Verfügung. Am 5.2.1991 gingen die gerichtlichen
Schreiben beim zuständigen Verwaltungsgericht ein.

Im März 1991 wurde der Antrag auf Einstweilige Verfügung abge-


schmettert.

Kritisch zu erachten ist die immer wieder festzustellende Tat-


sache, gerichtliche Termine werden häufig an den persönlichen
Daten des Bürgers ausgerichtet. Wie oft hört man, "zufällig" er-
gehe das Urteil am "Geburtstag" des Angeklagten. Natürlich ist
dies kein Zufall, im oberflächlichen Sinne. Es ist pure Absicht der
Gerichte, der Richter, wenn immer wieder der Geburtstag für ei-
nen gerichtlichen Termin hergenommen wird. Mancher Richter
mag eine verborgene sadistische Veranlagung ausleben. Vielleicht
gehört dies aber auch zu einem menschenverachtenden Ver-
ständnis des Bürgers während der Ausbildung zu Richtern. Es
wird hervorgehoben, diese werden zuvor stets als Staatsanwälte
ausgebildet. Richter haben Gerichtsfälle nie von der Verteidiger-
seite her kennengelernt, gehen grundsätzlich unbewußt von der
Schuld des Bürgers aus, wie ein Staatsanwalt. Es mag nur der
einzelne Jurist als Idealist die veraltete Ausbildung der Richter
152

wieder wett machen. Wenn an dieser Stelle die staatliche Ausbil-


dung grundsätzlich in Frage gestellt wird, die Methodik etc., dann
trifft dies auch andere Berufe zu. Es ist bekannt, Polizisten, wel-
che zuvor einen anderen Beruf erlernten und ausübten, sind
menschlichere und damit gerechtere Diener an den Bürgern. Ein
Fernsehbericht über einen Bergmann hebt sich hervor. Er wurde
erst nach einer Zechenschließung Polizist. In seinem Stadtviertel
war der Mann hochgeachtet, viele Streitigkeiten konnten außerge-
richtlich bereinigt werden. Das Gesetz diente vor Ort dem Men-
schen.

Die mutwillig irrationalen Winkelzüge der Verwaltungsrichter in


der Ablehnung der Klage werden jeden Juristen entzücken. Es
wird einfach behauptet, die Eltern hätten es versäumt, ihr An-
liegen glaubhaft vorzubringen. Folgende Textstelle des Urteiles ist
so außergewöhnlich, sie sei veröffentlicht:

"Vielmehr kann insoweit auch von ihnen Toleranz und Achtung der religiö-
sen Überzeugungen anderer erwartet werden, wenn sie deren Religions-
ausübung in der Schule begegnen.
Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 9.EMRK, denn unter Berücksichti-
gung der weitgehenden Schrankenregelung in ihrem Absatz 2 bietet die
Vorschrift jedenfalls keinen weitergehenden Schutz der Glaubens- und Be-
kenntnisfreiheit als das Grundgesetz (vgl. von Mangoldt/Klein/Starck,
3.Aufl., Art.4GG Rd.Nr.9). Deshalb kann hier offenbleiben, ob es sich bei
dieser Vorschrift überhaupt um deutsches innerstaatliches Recht handelt.. ."

Es fällt auf, die Richter geben zu, der Kreuzeskult in der Schule
beinhaltet Religionsaussübung, die Andersdenkende gefälligst zu
tolerieren haben.

Das Gericht mißachtet höchstrichterliche Entscheidungen, wel-


che Religionsaussübung während des normalen Unterrichtes an
staatlichen Schulen untersagen. Das Schulgebet wurde nur des-
halb als verfassungsgemäß erachtet, weil der einzelne Schüler
das Recht hat, dem Gebet aus dem Wege zu gehen, das Schul-
zimmer verlassen darf.
Der ablehnende Beschluß der Richter ist so erkennbar rechtswid-
rig, daß jegliche Achtung vor der Justiz schwinden kann, ja muß.
Die Justiz gebärdete sich wie in sog. Bananenrepubliken. Der Ge-
richtsbeschluß hätte wegen gravierendster Mängel von der dienst-
lichen Aufsicht der Richter kassiert werden müssen.
Ein beängstigendes Zeichen für beginnende diktatorische Ver-
153

hältnisse in diesem Bundesland darf die Ansicht der Richter ge-


wertet werden, da sie die Frage aufwerfen, ob die Europäischen
Menschrechte überhaupt innerstaatliches Recht sind. Dies, ange-
sichts der Tatsache, daß die Bundesrepublik sich vertraglich ver-
pflichtete, die Menschenrechte einzuhalten.

Sollte Art. 9 EMRK tatsächlich keinen weitergehenden Schutz als


das Grundgesetz bieten, so handelte es sich bei diesem Men-
schenrecht doch um innerstaatliches Recht. Der merkwürdige
Hinweis der Richter erfolgte deshalb, weil das Schweizerische
Bundesgericht sich in seiner "Kruzifixentscheidung" am
26.September 1990 auf Art. 9 Ziffer 2 EMRK beruft, als es ab-
schließend feststellt:

"Der Grundsatz der konfessionellen Neutralität im Unterricht nach Art. 27


Abs. 3 BV verpflichtet die öffentlichen Schulen dazu, Anhänger aller Be-
kenntnisse ohne Beeinträchtigung ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit
aufzunehmen. Der französische Text der Verfassung drückt diesen Gedan-
ken noch deutlicher aus, indem er den Ausdruck verwendet <....d´aucune
façon...> ( Fritz Fleiner/Zaccaria Biacometti, Bundesstaatsrecht, Zürich
1949, S. 329). Diese Bestimmung sieht einen verstärkten Schutz der Rechte
für die nicht anerkannten konfessionellen Minderheiten vor wie auch für
Personen, die sich zum Atheismus und zum Agnostizismus bekennen oder
in religiösen Angelegenheiten gleichgültig sind, soweit nicht Gründe der öf-
fentlichen Ordnung oder des öffentlichen Interesses die Anwendung ein-
schneidender Maßnahmen erfordern (Art. 49 Abs. 5 BV und Art. 9 Ziffer 2
EMRK), denen auch die traditionell vorherrschenden Religionen in er
Schweiz unterworfen sind. Diese letzteren dürfen auf jeden Fall den (staat-
lichen) Behörden im Bereich der Schule keine Verhaltensweisen aufdrän-
gen, die geeignet sind, die religiösen Gefühle von Schülern und Eltern ande-
rer Überzeugungen zu verletzen. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit in
der Schule kann vor allen Dingen durch eine tolerante Haltung garantiert
werden..... .
Nach diesen Grundsätzen ist die konfessionelle Ausrichtung des Unterrichts
durch die Behörden oder die Lehrer -zugunsten oder zuungunsten einer
oder mehrerer Religionen- verboten."

Wir stellen fest, in der Schweiz findet Artikel 9 EMRK innerstaat-


liche rechtliche Anwendung, während in der Bundesrepublik
Deutschland Verwaltungsrichter die Frage stellen, ob es sich um
innerstaatliches Recht handelt.

Es wird eine Textstelle des Schweizerischen Bundesgerichtes wie-


dergegeben, die besonders unsere elterlichen Bedenken gegen das
Kruzifix berücksichtigt. Inwieweit möglicherweise indirekt der Ar-
154

tikel des "stern" von 1989 über unseren Schulstreik auch inner-
halb der Schweiz unter Richtern zu einem Aufhorchen führte,
bliebe zu erforschen.

"....Der Staat als Garant der von Art. 27 Abs. 3 BV bestätigten konfessionel-
len Neutralität der Schule kann sich jedoch nicht die Befugnis herausneh-
men, die eigene Verbundenheit mit einer Konfession in jedem Fall deutlich
zu zeigen. Er muß es vermeiden, sich mit einer Mehrheits- oder Minderheits-
religion zu identifizieren und so die Überzeugungen der Bürger anderer Be-
kenntnisse zu beurteilen. Es ist deshalb begreiflich, dass jemand, der die
öffentliche Schule besucht, in der Zurschaustellung eines solchen Symbols
den Willen sieht, die Auffassungen der Christlichen Religion im Unterrichts-
stoff zu verwenden oder den Unterricht unter den Einfluß dieser Religion zu
stellen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass einige Personen sich in ihren
religiösen Überzeugungen verletzt fühlen, wenn in der Schule dauernd ein
Symbol einer Religion gegenwärtig ist, der sie nicht angehören. Das kann
nicht unbedeutende Auswirkungen haben, vor allem auf die geistige Ent-
wicklung der Schüler und auf ihre religiösen Überzeugungen - die diejenigen
der Eltern sind und zu denen sie anderseits zur gleichen Zeit in der Schule
erzogen werden, Folgen, die Art. 27 Abs. 3 BV gerade vermeiden will. Ab-
schließend ist festzuhalten, dass diese Erwägungen praktisch mit jenen zu-
sammenfallen, die den Supreme Court der Vereinigten Staaten von Amerika
dazu geführt haben, das Anbringen der Zehn Gebote in den Schulzimmern
als Widerspruch zur Glaubensfreiheit, die im I Amendment der Verfassung
ist, zu erklären..... ."

Es ist für den wachen Zeitgenossen interessant, das Kruzifixprob-


lem tritt fast zeitgleich in der Schweiz und der Bundesrepublik
Deutschland auf. In der Schweiz mußte der betroffene Lehrer so-
fort zu Gericht gehen, wir konnten erst mit dem Ortspfarrer einen
Kompromiß erreichen, wurden dann von den Schulbehörden,
bzw. dem Kultusministerium in ein Gerichtsverfahren getrieben.
Nachdem das untere Verwaltungsgericht den Eilantrag unseres
Anwaltes abschmetterte, wurde ein solcher der nächsten Instanz
vorgelegt. Schließlich blieb zur Klärung der rechtlichen Fragen
nur noch der Gang nach Karlsruhe übrig. Der Anwalt fügte den
Beschluß des Schweizerischen Bundesgerichtes seiner Verfas-
sungsbeschwerde bei.

Er stellte gleichzeitig einen Antrag auf Einstweilige Verfügung.


Das Bundesverfassungsgericht ließ sich recht lange Zeit, bis es
eine Entscheidung vornahm. Wir warteten und warteten, die Ver-
fassungsrichter rührten sich nicht.
155

Statt dessen rührte sich Mutter Erde. Es war schon ein Kurio-
sum, daß im Fraktionsraum der CDU/CSU in Bonn die Decke im
Angesicht des dort aufgehängten dominierenden Kreuzes herab-
fiel. In einer überregionalen Boulevardzeitung war ein Kirchturm
der Bundeshauptstadt abgebildet, dessen Kreuz aufgrund des
Erdbebens sich aus der Verankerung löste und schräg von der
Turmspitze herabzufallen drohte. Eine Warnung, ein Zeichen der
Natur? Mahnung an die Richter des Bundesverfassungsgerichtes
eine Entscheidung zügig anzugehen? !

In jenen Jahren des Wartens auf eine endgültige rechtliche Klä-


rung strahlte das öffentliche Fernsehen einen interessanten Bei-
trag aus. Das Wasser stieg und stieg. Vater Rhein verließ sein
Bett, besuchte das Regierungsviertel. Das Wasser umfloß das
Bundeshaus. Im Inneren war für die Weihnachtsfeier alles vorbe-
reitet. Ein Kruzifix stand auf einem Tisch. Die großen Glasfenster
hielten das Wasser zurück. Zentimeter um Zentimeter stieg die
Flut. Das Ganze wirkte wie ein umgekehrtes Aquarium. Schließ-
lich mußte das Fest ausfallen, das Kruzifix blieb einsam und al-
lein zurück. Der Kameramann hatte die Bilder dramatisch insze-
niert. Das verlassene Kruzifix als Schlußbild.
Eines Tages erreichte uns ein Brief des Anwaltes, indem die bal-
dige Entscheidung der Einstweiligen Verfügung angekündigt
wurde. Begleitende Stellungnahmen der Landesregierung ließen
befürchten, das Verfassungsgericht werde unsere elterlichen Be-
lange vollkommen ignorieren, sich nur mit dem juristischen Ge-
schwafel der Ministerien und Kirchen auseinandersetzen.

Wir beschlossen deshalb in einem Eilbrief unsere elterlichen


Sichtweisen zum Kreuz vorzutragen. Letztlich kann auch kein
noch so guter Anwalt, die persönlichen Argumente der betroffe-
nen Mandanten formulieren.

Es wird aus einem Brief vom 7.8.91 an das Bundesverfassungs-


gericht zitiert. Wir verwendeten als Einleitung teilweise ein frühe-
res Schriftstück von Juni 1990, welches damals an viele Medien-
vertreter gesandt wurde, doch keinerlei Reaktion auslöste.

Nach einigen einleitenden Worten:

„Zum besseren Verständnis des Schulkreuzkonfliktes.


156

Auf den folgenden Seiten werden Worte Rudolf Steiners zitiert, welche die
Seelenhaltung der Eltern im Konflikt um das Schulkreuz verständlich ma-
chen wollen.

Als Einführung ein Satz aus dem Buche


"Wiederverkörperung und Karma"

"Und jene, die sich heute Anthroposophen nennen, sind dazu berufen, das
ihrige zu tun, daß die Wahrheit von Reinkarnation und Karma sich bis in
das Kindergemüt hinein ergießt".

Indem wir uns als Eltern gegen eine "charakterliche Prägung durch das
Schulkreuz" (Definition des Kultusministeriums) wenden, vor allem gegen
eine Prägung mit einer Darstellung der Christusleiche, tragen wir als Min-
derheit nicht Anthroposophie in die staatlichen Schulen. Wir wollen aus dem
Verständnis der Anthroposophie eine Prägung unserer Kinder mit Hilfe ei-
nes staatlich verordneten religiösen Symbols vermeiden. Eine charakterliche
Prägung eines Christentums, wie sie durch den Ehrendoktor der Theologie
unseres Ministerpräsidenten Str. zum Ausdruck kommt:

Verfilzung von Staat und Kirche durch Ämter und Titel


......
Eine Stelle aus dem Buche

"Geschichtliche Symptomatologie" (Rudolf Steiner)

"Innerhalb der Staatsorganisation darf das religiöse Leben überhaupt keine


Rolle spielen, sondern nur innerhalb der als Seelen zusammenlebenden
Menschen in völligster Unabhängigkeit von irgendeiner Organisation, wenn
Sozialismus herrschen soll. Was ist dagegen gesündigt worden! "Christus
ist der Geist" - daneben diese furchtbare Kirchenorganisation des Zarismus!
"Christus ist der König" - absolute Zusammenkoppelung von Zarismus mit
religiösen Überzeugungen! Und nicht nur, daß die Kirche, die rö-
misch-katholische Kirche selber sich konstituiert hat als politisches Reich,
sie hat auch den Weg gefunden, namentlich in den letzten Jahrhunderten
mit dem Umwege über den Jesuitismus, in die anderen Reiche sich einzu-
schleichen und die mitzuorganisieren, sie mitzudurchtränken (So läßt sich
auch das diktatorische Gesetz des Schulkreuzes in der b. Schulordnung er-
klärte). Oder denken Sie, wie hat sich schließlich das Luthertum entwickelt?
Gewiß, Luther ging hervor aus jenem Impulse - so habe ich ihn auch einmal
dargestellt-, und er ist so recht ein Geist, der mit einem Gesicht nach dem
vierten mit dem anderen Gesicht nach dem fünften Zeitraum (nachatlanti-
sche Einteilung der Kulturperioden, insg. sieben) weist und insofern einen
zeitgemäßen Impuls hat. Er tritt auf, aber was geschieht dann? Dann kop-
pelt sich dasjenige, was Luther auf religiösem Gebiete gewollt hat, mit den
Fürsteninteressen der einzelnen deutschen Höfe zusammen. Ein Fürst wur-
de Synodale, Episkop, und so weiter; also auch da zusammengekoppelt
dasjenige was niemals zusammengekoppelt werden darf."
(Staat und Kirche).
157

An anderer Stelle desselben Buches ein Hinweis, welche Ziele die rö-
misch-katholische Kirche mit der Seelenentwickelung der Menschen vor hat.
Zum besseren Verständnis des Buchausschnittes: die Geistesforschung
(Anthroposophie) vermittelt uns sieben nachatlantische (Arche Noah) Kultur-
perioden, angefangen bei der urindischen...bis zur vierten Kulturperiode, die
bis zum Jahre 1413 dauerte. In der vierten Kulturperiode war es die Auf-
gabe die Verstandes- und Gemütsseele des Menschen zu entwickeln. Die
Aufgabe unserer Kulturperiode, welche bis zum Jahre 3573 dauern wird, ist
die Entwickelung der Bewußtseinsseele. In der sechsten K-Periode beginnt
die Entwickelung des Geistselbstes des Menschen. Sie wird getragen durch
das russische Volk, welches das Christusvolk ist. Europa-West verkörpert
den von Rom ausgehenden toten Kirchenstaat. - wir haben von indischen
Yogis eine ähnliche Darstellung der Kulturentwickelung erhalten (pers. Kon-
takt). U.a. wird die siebte K-Periode eine Spiegelung der urindischen Kultur
sein.
vierte Kulturperiode Entwickelung der Verstandes- und Gemütsseele
fünfte " " der Bewußtseinsseele (gegenwärtig)

ebenfalls aus dem Buche -Symptomatologie (Geschichte)


/das Zitat verdeutlicht warum wir als Eltern gegen die Folgen einer charak-
terlichen Prägung unserer Kinder durch das Schulkreuz sind/

"Die Bewußtseinsseele sollte herankommen. Rom wollte bewahren gegen-


über der Bewußtseinsseele- und bewahrt es bis heute- die suggestive Kul-
tur, jene suggestive Kultur (die durch das 80 cm große Kreuz und den 60 cm
großen Christusleichnam nur drei Meter von unserer Tochter entfernt zum
Ausdruck kommt. Indem das Kreuz über oder neben der Tafel hängen soll,
wird das Schulkind einer suggestiven Charakterprägung ausgesetzt, wäh-
rend es etwa Mathematik an der Tafel lernt, stundenlang, wochenlang, mo-
nate- und jahrelang das römisch-katholische Kreuz unbewußt aufnimmt),
welche geeignet ist, die Menschen zurückzuhalten vom Übergehen zum Be-
wußtseinsseelenzustand, welche geeignet sein soll, die Menschen auf dem
Standpunkte der Verstandes oder Gemütsseele zu halten. Das ist ja der ei-
gentliche Kampf, den Rom gegen den Fortgang der Welt führt, daß es behar-
ren will, dieses Rom, bei etwas, was für die Verstandes- oder Gemütsseele
taugt, während die Menschheit in ihrer Entwickelung fortschreiten will zur
Bewußtseinsseele.
Aber auf der anderen Seite bringt sich die Menschheit mit dem Fortschritt in
die Bewußtseinsseele wahrhaftig in eine recht unbehagliche Lage, die für
weitaus die meisten Menschen zunächst in den ersten Jahrhunderten des
Bewußtseinszeitalters und bis heute unbequem empfunden wurde. Nicht
wahr, der Mensch soll sich auf sich selbst stellen, der Mensch soll als Per-
sönlichkeit sich emanzipieren. Das verlangt von ihm das Zeitalter der Be-
wußtseinsseele. Er muß heraus aus all den alten Stützen (wie den Kreu-
zen). Er kann sich nicht mehr bloß suggerieren lassen dasjenige, an was er
glauben soll (Schulkreuz), er soll selbsttätig teilnehmen an der Erarbeitung
dessen, was er glauben soll. Das empfand man, insbesondre als dieses
Zeitalter der Bewußtseinsseele heraufstieg, als eine Gefahr für den Men-
158

schen. Instinktiv fühlte man: Der Mensch verliert seinen alten Standpunkt,
Schwerpunkt, er soll einen neuen suchen. - Aber auf der anderen Seite sag-
te man sich auch: Wenn man gar nichts tut, was sind dann die Möglichkei-
ten des Geschehens? - Die eine Möglichkeit besteht darinnen, daß man ein-
fach den Menschen hinausfahren läßt auf das offene Meer des Suchens
nach der Bewußtseinsseele, ihn gewissermaßen freigibt (vom Schulkreuz)
dem, was in den freien Impulsen des Fortschritts liegt. Die andere Möglich-
keit, wenn der Mensch so hinaus segelt, ist die, daß Rom dann eine große
Bedeutung gewinnt, eine große Wirkung üben kann, wenn es ihm gelingt,
abzudämpfen (mit dem Schulkreuz) das Streben nach der Bewußtseins-
seele, daß der Mensch nicht zum Geistselbst (in der nächsten Kulturperiode)
kommt, daß der Mensch seine zukünftige Entwickelung verliert."

........ .Gerade diese suchende Verbundenheit mit dem lebendigen Christus


hat uns den vom Staate und seinen Organen zugefügten Schmerz ertragen
lassen. Richter und Ärzte waren Handlanger der römisch-katholischen
Staatsinteressen (vor kurzem lud St. alle Bischöfe .... zu einer Besprechung
ein; es ging um die Zukunft Europas; so werden die Gedanken und Ideen
der Katholischen Kirche Einfluß auf die Staatsregierung und ihre Taten ha-
ben).
Mit Gewalt hat man nun die Kinder dem Staatschulkreuz unterjocht.
Aus Angst vor dem "geistigen Schwert" (so ein Beamter), in einem Brief an
die Behörden wurde der Vater wegen angeblicher Gemeingefährlichkeit
zwangspsychiatrisiert. Dabei wurden alle Grundgesetze, -rechte verletzt, es
wurden also nicht die notwendigen gesetzlichen Bestimmungen eingehal-
ten-
Monatelang sollte er von der materialistischen Staatspsychiatrie untersucht
werden (Drittes Reich!) -

....................

07.8.91
"Da das Bundesverfassungsgericht der Auffassung ist, die Klageschrift
enthalte nicht Gründe für eine Einstweilige Anordnung, im Folgenden einige
Gründe, die so nur unmittelbar von den betroffenen Eltern -gemeinsam-
formuliert werden können. Mögen die Richter diesmal nicht so "blind" lesen
wie in der Klageschrift und diese bitte nochmals genau studieren und sich
an ihrer Gedankenklarheit im eigenen Urteil ausrichten (Wer richtet das
Bundesverfassungsgericht?!!!).
Wenn auf dieser Erde bereits höchste Richter zu der Auffassung gekommen
sind, daß Kreuze die ureigensten Rechte der Kinder verletzen, so kann die-
se Entscheidung nicht ohne Auswirkung auf die Rechtsprechung anderer
Länder bleiben. Diese Rechte, welche auch von der Europäischen Men-
schenrechtskonvention beschlossen wurden, welche auch von der Bundes-
republik Deutschland unterzeichnet wurden und welche ein wichtiger Grund
für die Schweizer Bundesrichter waren, müssen auch in Bayern gelten.
Alleine das Schweizer Urteil rechtfertigt nun eine Einstweilige Anordnung,
da höchste europäische Richter sich genauestens mit genau demselben
Schulkreuz eingehendst befaßt haben, ein über sechs Jahre dauernder
159

Rechtsstreit für das Kind und gegen das Schulkreuz entschieden wurde.
Es müßte das Bundesverfassungsgericht aufhorchen lassen, wenn Richter
des VWG Regensburg in ihrem Urteil die Menschenrechte als womöglich
nicht innerstaatlich wirksam bezeichnen.
Jeder klar denkende Mensch wird erkennen, daß die Darstellung eines
tot-sterbenden männlichen Körpers eine Zumutung für eine reifende Kindes-
seele ist.
Erst ein Glaubensakt verwandelt diesen "Toten" in die Figur des Erlösers.

Nur eine Einstweilige Anordnung verschafft unserer Familie Rechtssicher-


heit. Zwischenzeitlich mußten wir erneute Versuche der Behörden, den (Je-
sus)Leichnam zu installieren, vehement abwehren. Von den Schulbehörden
gegebene Versprechen wurden mehrmals gebrochen. Es besteht keine Ver-
trauensbasis mehr.
Auch die nicht so drastische Darstellung des Kreuzes, ohne Korpus, ist eine
nicht hinzunehmende, unzulässige ständige Beeinflussung der Kinder!
Wir hatten die Kinder sofort nicht mehr zur Schule geschickt, nachdem uns
das Kultusministerium schrieb, daß mit dem Schulkreuz mit oder ohne Kor-
pus, eine charakterliche Prägung der Kinder erfolgen soll.
Letztendlich mußten wir uns der brutalen staatlichen Gewalt beugen und
die Kinder gegen unseren Willen zur Schule schicken, man hätte lieber den
Eltern die Kinder weggenommen, als ein totes Stück Holz entfernt!
Vertrauen in die deutsche Gerichtsbarkeit hatten wir damals, wie heute
nicht (wie sich dies bereits als berechtigt erwies) - Deutsche Richter verfol-
gen wieder Andersdenkende (ein Richter im Bezirkskrankenhaus- "Sie stö-
ren die Ordnung", als der Vater ihn frug, warum er überfallartig verschleppt
wurde).
Menschenrechte sind unteilbar.
Verweigert das BVG eine Einstweilige Verfügung, dann untermauert es die
geistige Haltung der bay. Staatsregierung, welche in dieser Frage wie ein
dekadenter Fürst des Mittelalters seine "Untertanen" zu seinem Glauben
zwingen will. -Das Schulkreuz ist ein Übrigbleibsel solcher unseliger Zeiten,
als Andersgläubige ihre Heimat verlassen mußten oder zwangsgetauft
wurden.
.....
Möge Ihnen dies alles zu r-ich-t-iger Einsicht verhelfen. Sie stehen in einem
Bewußtseinsdilemma, wie Ihre Aufregung am 20.7.91 im Seelengeisteslan-
de wahrgenommen worden war. Am liebsten würden Sie nichts tun, Angst-
Angst vor einer Entscheidung, ihren Folgen.
So oder so.
E. Seler
R. Seler“

Ein bestimmter Textteil des Schreibens, er betrifft die Zukunfts-


schau über den Ministerpräsidenten, sowie weitere okkulte De-
tails über Zusammenhänge der Wechselwirkung zwischen der
staatlichen Verfolgung und äußeren Geschehnissen, muß derzeit
einer breiteren Öffentlichkeit vorenthalten werden.
160

Einschlägige Literatur wird dem Leser Hintergründe liefern. Viele


Vereinigungen kennen das scheinbar geheimnisvolle Wirken sog.
okkulter Kräfte. Der Hinweis auf die fehlenden Zeilen erfolgt für
den esoterisch interessierten Leser der Hintergründe des sog.
Kruzifixurteiles.

Das Bundesverfassungsgericht lehnte den Antrag auf Einstweilige


Verfügung ab. Der Tenor der Begründung ließ erkennen, die Ver-
fassungsrichter werden nur mit der "positiven" und "negativen"
Religionsfreiheit in der Hauptentscheidung argumentieren. Es
war zu erwarten, letztendlich würde die "positive Religionsfrei-
heit", also die Religion der Mehrheit, über die "negative Religions-
freiheit", also die Religion oder Weltanschauung (die auch das
Absehen jeglicher spiritueller Ansichten beinhalten kann) der
Minderheit, siegen.

Immerhin fällt der Satz:

".... Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die tatsächliche Beein-


trächtigung durch die derzeitige Handhabung - Ersetzung der Kruzifixe in
den Klassenräumen durch Kreuze an weniger auffälliger Stelle - erheblich
abgemildert ist."

Die Höchsten Richter schreiben also von einer "tatsächlichen Be-


einträchtigung", welche durch den Kompromiß abgemildert sei.

Es fiel auf, durch die Jahre hatte sich in verschiedenste Gerichts-


entscheidungen die verwirrende Praxis eingeschlichen, von einer
positiven und negativen Religionsfreiheit zu sprechen. Das
Grundgesetz kennt keine solche Unterscheidung. Diese kam erst
auf, als Entscheidungen anstanden, die dem Bürger das Recht
auf Religionsfreiheit hätten zugestehen müssen. Flugs wurde der
Begriff der "negativen" Religionsfreiheit erfunden. Negativ ist ja
immer die "Minderheit", sind die Rechtlosen, sind die, mit denen
Behörden und Gerichte nach Gutdünken umspringen. Das Bun-
desverfassungsgericht sanktionierte in der Vergangenheit durch
eigene höchst fragwürdige Urteilsbegründungen die verschwom-
menen Begriffe der unteren Gerichte, trug so zu der verwirrenden
Rechtsprechung bei.

Die maßgeblichen BVerfG-Richter weigerten sich, die das Grund-


gesetz verletzende Bestimmung in der Landesverfassung, welche
161

alle Grundschulen zwingend zu christlichen Bildungsstätten dek-


larierte, für verfassungswidrig zu erklären.
Die Richter verfielen auf die problematische, juristisch zweifel-
hafte Lösung, das Wort "christlich" seines religiösen Inhaltes zu
berauben und somit jeden Schüler und Lehrer quasi zum "Chri-
sten" im kulturellen Sinne zu erklären.

Wer die "christlichen" Schulen besucht, ist automatisch "Christ",


egal ob dies Wort religiös oder kulturell definiert wird. Es war
deshalb logisch, daß die Landesregierung später unter Berufung
auf dieses Urteil triumphierend verkündete, sogar die Höchsten
Richter hätten die "christliche Schule" als verfassungsgemäß ab-
gesegnet.
Im weiteren Verlauf der Schulbesuche, beim Überwechsel auf ei-
ne Realschule, ging der ganze K(r)ampf mit dem Kruzifix aufs
Neue los. Nach vergeblichen Mühen unserseits mußten wir wieder
den Anwalt einschalten.

Das anwaltliche Schreiben vom 11.Dezember 1992 aus dem der


Ablauf der Ereignisse ersichtlich wird:

„An das
Staatsministerium für Unterricht,
Kultus, Wissenschaft und Kunst

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit zeige ich an, daß mich Frau R. Seler und Herr E. Seler...... ...im eige-
nem Namen sowie im Namen ihrer Tochter ..... ...mit der Wahrnehmung ihrer
Interessen anwaltlich beauftragt haben.

....Seler besucht seit Mitte September 1992 die .....Schule in ..... .Bereits mit
Schreiben vom 7.Mai 1992 an die Realschule in .... teilten meine Mandanten
im Hinblick auf den bevorstehenden Wechsel von .... an diese Schule mit,
daß in keinem der von .... besuchten Schulräume ein Kruzifix hängen dürfe,
da dies mit ihrer anthroposophischen Weltanschauung in unvereinbaren
Widerspruch steht.
Mit Schreiben vom 18.5.1992 ließ der Realschulrektor erkennen, ohne aller-
dings auf das Anliegen meiner Mandanten konkret einzugehen, daß er die-
sem nicht entsprechen werde. Meine Mandanten wandten sich daher erneut
an den Realschulrektor und baten mit Schreiben vom 20.5.1992 um Mittei-
lung von Art und Ort der in den Schulräumen der Realschule aufgehängten
Kreuze. Mit Schreiben vom 23.5.1992 erklärten sie sogar ausdrücklich ihre
Bereitschaft, kleine, helle Kreuze ohne Corpus seitwärts, d. h. außerhalb
des Gesichtsfelds der Schüler, zu dulden, um der Schulgemeinschaft Auf-
162

regung und Ärger - vor allem aber auch .... eine zusätzliche seelische Bela-
stung - zu ersparen.
Hierauf erfolgte seitens der Schulleitung über Monate hinweg keinerlei
Reaktion. Meine Mandanten wandten sich mit Schreiben vom 15.9.1992
nochmals an die Realschule und beantragten die Entfernung aller Kreuze
(mit oder ohne Corpus) aus den von...... besuchten Schulräumen.
Mit Schreiben vom 12.10.1992 erklärte der Realschulrektor dann unter Be-
rufung auf eine angebliche Stellungnahme des Bayerischen Staatsministe-
riums für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst, daß eine Beeinträch-
tigung der Rechte meiner Mandanten in "unzumutbarer Weise" nicht vorlie-
ge.
In einem weiteren Schreiben vom 26.10.1992 an die Realschule.... erklärten
meine Mandanten nochmals ausdrücklich ihre Bereitschaft zu einer einver-
nehmlichen Regelung. Dieses Schreiben wurde nicht einmal beantwortet.
In den von... besuchten Schulräumen - Klassenzimmer, Biologieraum (Phy-
sik und Chemie), Musikraum, Maschinenschreibraum, Handarbeitsraum
sowie den Schulraum für Kochen - sind entgegen den mehrfach ausdrück-
lich erklärten Willen meiner Mandanten Kreuze angebracht; in dem Biologie-
raum sogar mit einem Corpus.
Der Rechtsanspruch meiner Mandanten auf Entfernung der Kreuze aus
sämtlichen von..... in der ...Realschule in ... besuchten Schulräumen ergibt
sich aus Art. 'Abs. ! und Abs. 2 und Art. 6 Abs. 2 GG, Art. 9 Abs.1 EMRK
sowie Art. 107 und Art. 136 Abs. 1 BV.
Die Verletzung meiner Mandanten in ihren Grundrechten ist - wie jede
Grundrechtsverletzung - selbstverständlich unzumutbar. Daß ein Grund-
recht nicht in "zumutbarer Weise" verletzt werden kann, sollte insbesondere
im Hinblick auf Art. 1 Abs. 3 GG auch einem Realschulrektor bekannt sein.
Vorliegend ist die Grundrechtsverletzung meiner Mandanten vor allem auch
deshalb besonders schwerwiegend, da... bereits - wie dem Staatsministe-
rium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst bekannt ist - in der
Volksschule... tagtäglich einem Kreuz ausgesetzt gewesen ist. Es ist ferner
bekannt, daß vor dem.... Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren wegen Ent-
fernung der Kruzifixe aus den von u.a. ......Seler im Rahmen ihres Schulbe-
suchs aufgesuchten und noch aufzusuchenden Räumen in öffentlichen
Schulen sowie diesbezüglich auch beim Bundesverfassungsgericht eine Ver-
fassungsbeschwerde anhängig ist.
In seinem Beschluß vom 17.7.1973 hat das Bundesverfassungsgericht ex-
plizit klargestellt, daß der einzelne Bürger durch den für ihn unausweich-
lichen Zwang, entgegen eigenen religiösen oder weltanschaulichen Über-
zeugungen ein Kruzifix in staatlichen Amtsräumen tolerieren zu müssen, in
seinem Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 GG ver-
letzt wird (BverfG NJW 1973, 2196, 2198). Die Verbindlichkeit dieser Fest-
stellung auch und gerade im schulischen Bereich hat das Bundesverfas-
sungsgericht in einer weiteren Entscheidung unter ausdrücklicher Bezug-
nahme auf den Beschluß vom 17.7.1973 hervorgehoben (BVerfGE 41, 29,
47 f).
Diese Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Schulbe-
hörden (' 31 Abs. 1 BVerfGG).
Im übrigen sei auf die in Anlage beigefügte Verfassungsbeschwerde meiner
163

Mandanten vom 12.7.1991 - BvR 1087/91 verwiesen.


Nachdem die .... Realschule nun seit Monaten unter schwerwiegender Miß-
achtung der Grundrechte meiner Mandanten die Entfernung der Kreuze aus
den von .... besuchten Schulräumen verweigert und dies zu einer unerträg-
lichen Belastung meiner Mandanten führt, bitte ich nunmehr um Bestäti-
gung der von meinen Mandanten beantragten Regelung und entsprechende
Anweisung an die ..... Realschule bis zum 11.1.1993).
Mit freundlichen Grüßen
XXXX
Rechtsanwalt“

Festzuhalten ist, in diesem Bundesland haben Entscheidungen


des Bundesverfassungsgerichtes im Einzelfall keinerlei Bedeu-
tung. Denn die Schulbehörden wären aufgrund der Begründung
des Obersten Gerichtes verpflichtet gewesen, Kruzifixe auf jeden
Fall gegen einfache Kreuze umzutauschen ("....Dabei ist allerdings
zu berücksichtigen, daß die tatsächliche Beeinträchtigung durch
die derzeitige Handhabung - Ersetzung der Kruzifixe in den Klas-
senräumen durch Kreuze an weniger auffälliger Stelle - erheblich
abgemildert ist.", so das BVerfG). Die Schulbehörde ignorierte,
wohl in Absprache mit dem Kultusministerium, die Begründung
der Verfassungsrichter. Es wäre zu hinterfragen, ob -würdigt man
die gesamten Ereignisse- von der Bildung einer strukturell-
kriminellen Vereinigung ausgegangen werden muß.

Wir lebten mit den hart erkämpften Kompromissen um das


Schulkreuz. Die gerichtliche Auseinandersetzung pausierte, da
die nächste Instanz des Verwaltungsgerichtes erst eine Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichtes abwarten wollte. In dieser
Zeit des Wartens entdeckten wir zufällig, während des Ethikun-
terrichtes eines unserer Söhne befand sich ein Kruzifix über der
Tafel. Natürlich war dies ein bewußter Affront durch die betref-
fende Schule.

Wir verfaßten Spätherbst 1993 einen gemeinsamen elterlichen


Brief an die Schulleitung, beriefen uns auf die Worte der Verfas-
sungsrichter, verlangten, das Kruzifix solle gegen ein kleines ein-
faches Kreuz an der Seite ausgetauscht werden.
Sicherheitshalber wurde gleich ein erneuter Schulstreik ange-
kündigt, sollte der von dem Bundesverfassungsgericht aner-
kannte und vorläufig festgeschriebene Kompromiß weiter hinter-
gangen werden.
164

In unserem Schreiben vom 10.10.1993 steht u.a.:

"Es handelt sich bei den Korpussen um die Zurschaustellung eines nackten
männlichen Körpers, in leidender, sterbender Pose; ein Mordopfer – ent-
sprechend brutalen Videos, welche Kinderseelen verändern, manipulieren
(nur dem "Gläubigen verwandelt" sich der Leichnam in den "Erlöser").
Wir Eltern sind strikt gegen die bewußte oder unbewußte Prägung unserer
Kinder mit Hilfe von "Leichnamsdarstellungen".
Die Evangelische Kirche hat sich unserer Argumentation nicht verschlossen.
Auf dem Wege einer Rechtsfindung durch das Bundesverfassungsgericht
erhielten die beiden christlichen Großkirchen eine Kopie unseres Schreibens
"zum besseren Verständnis des Schulkreuzkonfliktes", in welchem wir aus
anthroposophischer Sicht unsere ablehnende Haltung gegen ein staatlich
verordnetes Kreuz erläutern.
In ihrer Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht anerkennt die
Evangelische Kirche die Verfassungswidrigkeit von Korpuskreuzen; sie
anerkennt auch, daß Kreuze nicht über oder neben der Tafel hängen dürfen.
Es handelt sich nun bei Ihren Schulkreuzen um rein katholische Korpusse
(=Leichnamsdarstellungen).
Auch das Bundesverfassungsgericht hat bereits unsere massiven Bedenken
gegen eine zwangshafte Begegnung Kind-Leichnam aufgegriffen und schrift-
lich betont, daß die Ablehnung unseres Antrages auf einstweilige Anord-
nung u.a. deshalb erfolgte, weil die Korpuskreuze bis zu einem Entscheid in
der Hauptverhandlung gegen einfache Kreuze seitwärts ausgetauscht wur-
den.
So ist die Begegnung der "christlichen" Art (Leichnam-Kind), eine rein katho-
lisch-staatliche Zwangshandlung, sollten Sie nicht einsichtig sein.
Wir werden unseren Sohn leider von der Schule nehmen müssen, wenn er
nach Ablauf von sieben Tagen den Korpusdarstellungen während seines
staatlich verordneten Schulunterrichtes begegnen muß (Streik).
In Anbetracht der Tatsache, daß die Obersten Richter der Schweiz (mittler-
weile, Herbst 90) ein staatliches Schulkreuz in Schulräumen für verfas-
sungwidrig erklärten und außerdem herausfanden, daß die Europäischen
Menschenrechte verletzt wurden, werden Sie wohl hoffentlich nicht an einer
Eskalation interessiert sein, die dadurch entstehen könnte, daß Sie die Kor-
puskreuze hängen lassen. (Schweizer Verfassung hier textgleich mit der
deutschen, Menschenrechte auch in Deutschland rechtswirksam)."

Wohl zähneknirschend wurde das Kruzifix abgenommen. Für die


Ethiklehrerin bedeutete dies zusätzlichen Sport, da sie nun vor
jeder Unterrichtsstunde auf einen Stuhl zu steigen hatte, um das
Kruzifix abzuhängen.
Mir selbst schwante nichts Gutes. Im Hintergrund ballten sich
grauschwarze Wolken zusammen.
Die Behörden versuchten wieder meiner irgendwie habhaft zu
werden.
Natürlich mußte dies verhindert werden.
165

Sandte deshalb der staatlichen Psychiatrie, wo man mich 1989


einsperrte, eine Kopie des Briefes an die Schule. Auszüge aus
dem Begleitschreiben vom 20.12.1993:

"An die ÄrztInnen......


in meinen Briefen an die Behörden wurde erwähnt, Rudolf Steiner war in
der letzten Inkarnation Thomas v. Aquin. Vielleicht war dies auch ein
Grund, mich zwangszupsychiatrisieren. Denn ich konnte nur auf eine münd-
liche Mitteilung verweisen.
Nun ist ein Buch eines Kollegen von Ihnen erschienen, der drei Wochen vor
seinem Tode sein Wissen um die Inkarnationen veröffentlichte. Nun kann
jeder nachlesen, wer Rudolf Steiner in der Geschichte war. Seine erste In-
karnation3 war "Enkidu", der zusammen mit "Gilgamesch" gegen den
Schwarzmagier "Huwawa" kämpfte..... .
Immer noch! ist meine Psychiatrisierung nicht aufgeklärt. .... . Ein Rechts-
anwalt hat nun persönlich darauf hingewiesen, daß der vom Gericht anstatt
meiner gehörte Anwalt gar nicht meine Interessen vertreten konnte, wie das
Gericht behauptete, da er mich ja gar nicht kannte ("wildfremd").
Sicherlich war Ihrem Hause bekannt, nach welchen gesetzlichen Grund-
lagen eine Zwangseinweisung erfolgen konnte. Alle gesetzlichen Kriterien
wurden von Ihnen nicht eingehalten. Sie hätten die Formfehler des Richters
erkennen müssen!
Die nun beigelegten Briefe an die Schule beinhalten nun u.a. Zitate des
Schweizer Obersten Gerichtes und die Haltung der Evangelischen Kirche.
Sie können erkennen, meine Gedanken und Ideen um Korpus und Kreuz
lebten unabhängig ein zweites Mal (beim Schweizer Lehrer) und werden
auch von den Evangelischen Teilweise anerkannt.
.........an mir erwies sich die Unfähigkeit der Psychiatrie, so wie ein Polizeiof-
fizier aus Bonn, der mir "beichtete", er habe nach dem Krieg einige! katholi-
sche Priester in der Psychiatrie abgeliefert, weil sie ihren "Beruf" niederleg-
ten."

Soweit aus dem Schreiben an das Bezirkskrankenhaus.

Es sollten sich dann die Befürchtungen, die Ahnung, die Gewiß-


heit bestätigen.

Fuhr im Januar 1994 wie so oft zum Einkaufen in die nahe


Kreisstadt. Es erging mir fast genauso wie 1989, als damals der
Polizeiüberfall in unser Leben hereinplatzte. Diesmal berichtete
die Ehefrau am Telephon, ein Brief des Amtsgerichtes sei einge-
troffen. Sie las ihn teilweise vor. Wir wußten gleich, der Staat
plant wegen der erneuten Eskalation in der Kruzifixsache den
vermeintlichen Verursacher mit geeigneten psychiatrischen
Zwangsmaßnahmen der staatlichen "Norm" anzupassen. Bereits
1989 wollte der staatliche Psychiater "nur" mein Denken mit ei-
166

nem Medikament ändern. Den staatlichen Machthabern störten


die Gedanken um das Schulkreuz gar mächtig.
Fuhr selbstverständlich mit recht gemischten Gefühlen nach
Hause, da ab jetzt zu jeder Zeit wieder ein erneuter Polizeiüberfall
im Raume stand. Sicherlich würden einzelne willfährige staatliche
Rechtsverdreher diesmal eine Zwangsbehandlung mit aller Gewalt
durchsetzen wollen. Las zu Hause das richterliche Schreiben ge-
nau durch. Es teilte mit, ein Betreuungsverfahren sei eingeleitet
worden.... ..... „aufgrund einer Anregung“ mir staatliche Hilfe bei
meinen Besorgungen zuteil werden zu lassen.

Aufgelistet sind: "Gesundheitsfürsorge", "Vermögenssorge", "Be-


stimmung des Aufenthaltes", sowie das "Empfangen und Öffnen
der Post".

Weiter wird mitgeteilt, ein Arzt oder eine Ärztin des Gesundheits-
amtes werde sich demnächst melden und er als Richter rege an,
die Untersuchung solle doch bei mir zu Hause stattfinden.
Selbstverständlich ist kein Rechtsbehelf dem Schreiben beigefügt.
Etwa der Hinweis, als Betroffener des Betreuungsverfahrens kann
jeder Bürger dem Richter oder Arzt die Türe weisen, braucht nie-
manden hereinlassen, niemand hat das Recht, eine Untersu-
chung vorzunehmen. Das Betreuungsgesetz sieht extra vor, daß
diese Grundrechte dem Betroffenen vorenthalten werden können.
Ein fürsorglicher Gesetzgeber. Der Bürger soll auf keinen Fall
über seine Rechte in Kenntnis gesetzt werden.
Dem Brief war ein Formular beigefügt, welches innerhalb einiger
Tage ausgefüllt zurückgesandt werden sollte. Natürlich wiederum
ohne Rechtsbehelf.
Kein Richter hat das Recht, persönliche Daten vom Bürger abzu-
fragen, wenn eine Begründung für die Eröffnung eines gericht-
lichen Verfahrens fehlt. Es muß eindeutig öffentliches Interesse
vorliegen, etwa Selbstgefährdung oder Gemeingefährlichkeit. Der
Richter müßte in einem Vorverfahren erst prüfen, ob Verdächti-
gungen durch Dritte auch stichhaltig, nachprüfbar und beweis-
kräftig sind. Alle diese Voraussetzungen fehlten in dem geheim
eröffneten Gerichtsverfahren.
Wußte nach dem Lesen, warum während der Meditation am Vor-
abend leise die Stimme meines ohne physischen Körper existie-
renden Zwillingsbruders zu vernehmen war (als Schwingung, kein
physisches Hören). Er teilte mit, alles was nun folgen würde, ge-
höre zu meiner "Ausbildung".
167

Wie durch öffentliche Darlegungen verschiedenster Geistes-


schulen bekannt, ist es durch gewissenhafte Übung möglich,
manchmal geschieht dies jedoch völlig spontan, mit sogenannten
Verstorbenen Kontakt aufzunehmen. Rudolf Steiner berichtet, in
einer zukünftigen Kulturepoche wird es selbstverständlich sein,
vor wichtigen Entscheidungen Rat bei den uns Vorangegangenen
einzuholen. Steiner selbst hatte als Knabe ein eindringliches Er-
lebnis im Wachbewußtsein, als er die kurz zuvor verstorbene See-
le einer Verwandten erlebte. In der niedergeschriebenen Lebens-
rückschau dieses Mannes, kann sich der interessierte Leser ein-
gehender mit der Entstehungsgeschichte der sog. "Anthroposo-
phie" beschäftigen.

Meine eigene Wahrnehmung spielte sich während der Meditation


ab, bei Steiner während des normalen Tagesbewußtseins. Da es
mittlerweile Psychiater gibt, die Rudolf Steiner anhand seines
schriftlichen Werkes für schizophren erklären, könnte natürlich
ein übereifriger Vertreter dieses überforderten Berufstandes ver-
sucht sein, den Hinweis eines Kontaktes mit einem Verstorbenen
als Beweis einer Geisteskrankheit zu werten. Vermutlich werden
alle ernsthaften Vertreter der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners
nur aufgrund ihrer Weltanschauung von der materialistischen
Psychiatrie als Geisteskranke eingestuft. Kontakt mit Verstorbe-
nen?! Das verbieten wir Psychiater, ein Jeder der vom Geiste als
eine Wirklichkeit spricht, muß von uns für geisteskrank erklärt
werden. Angst, nur Angst sollen die Menschen verspüren, wenn
sie der Normalität des Alltages entfliehen wollen.

Ein holländischer Psychiater durchsuchte die in der Bibel aufge-


führten Worte, die Jesus Christus im Laufe seines Lebens von
sich gegeben haben soll. Nach den Maßgaben und Normen der
materialistischen Psychiatrie war Jesus Christus hochgradig
schizophren. Das beste Beispiel für den menschenverachtenden,
erfundenen Begriff der Schizophrenie, der erst seit einigen Jahr-
zehnten existiert, der nur Unheil über die Menschheit bringt. Ein
künstlicher Begriff eines gewissen Herrn Bleuler. Es waren Worte
Rudolf Steiners, die schon vor Jahren auf die schlimme Verwen-
dung des sog. Krankheitsbegriffes der "Schizophrenie" aufmerk-
sam machten. Steiner befürchtete verheerende Folgen, wenn Psy-
chiater mit ihren Methoden nicht davor zurückschrecken, sich
auf Jesus Christus zu stürzen. Tatsächlich haben sich so manche
Befürchtungen des Geistesforschers bewahrheitet.
168

Steiner:

„Die anderen aber, die von den oberflächlichen Seelenkräften ausgehen,


werden gerade diese, die die Erleuchtung bekommen haben, als Narren, als
Wahnsinnige verschreien. Ein Anfang dazu ist ja schon in einer fürchter-
lichen Weise gemacht worden. Psychiater haben sich schon auf die Christus
Jesus-Forschung geworfen. Man studiert die Evangelien auf die Symptome
des Wahnsinns hin. An solchen Erscheinungen sollte man nicht achtlos vor-
beigehen, sondern man sollte dadurch zur Einsicht kommen, daß die andere
Seite, die darstellt ein Verständnis für den Christus, der in die Menschheit
eingetreten ist in einer Zeit, in der er am wenigsten verstanden werden
konnte und der fortwirkt, um vorzubereiten das Verständnis, das in Zu-
kunftszeiten kommen wird.
Der Mensch, der in die Zukunft blickt, sollte nicht mit einer abstrakten, all-
gemeinen Phrase dasjenige abtun, was sich in der Zukunft zeigt. Die Zu-
kunft zeigt sich von zwei Seiten, von der Seite der Verödung, des Aufgehens
im Materialismus, aber auch von dem Geborenwerden einer neuen geistigen
Welt, nicht nur in den Gedanken, oder, sagen wir, in der Anschauung, son-
dern für das Dasein. Denn der Christus wird dem Menschen an die Seite
treten und sein Rater werden. Nicht als Bild allein ist das gemeint, sondern
in Wirklichkeit werden die Menschen die Ratschläge, die sie brauchen von
dem lebenden Christus empfangen, der ihnen Berater und Freund sein
wird, der zu den Menschenseelen sprechen wird so wie ein Mensch der
physisch neben uns geht.“

Diese Worte wurden am 12. Oktober 1913 in Kopenhagen ge-


sprochen4.
Es ist klar, das Fremde, Andersartige usw., wird für die materia-
listische Psychiatrie zur Bedrohung ihres eigenen Weltbildes. Die-
se Psychiater erklären sich das seelisch-geistige Leben des Men-
schen nur mit Hilfe eines atomaren-chemischen Modells der
Hirnfunktionen. Es ist für solche Leute fürchterlich, sich vorzu-
stellen, der Mensch könne etwa leibfrei denken. Ein Denken wel-
ches eben außerhalb der Funktionsweise des Gehirnes stattfin-
det.
Das materielle Gehirn bietet nur die Grundlage für Vermittlung
zwischen Geist und Seele. Es mag Steiners Hinweis, in Zukunft
werden die Menschen immer mehr die Fähigkeit des lebendigen
-des leibfreien- Denkens verlieren, weil dem Getreide seine Reife
fehlt , als vergebliche Warnung bewertet werden. Chemische
Düngung verhindert das Ausreifen des Eiweißes im Korn. Den
"Gedanken" fehlt die physische Grundlage, das ausgereifte Ei-
4 "Vorstufen zum Mysterium von Golgatha" S. 90, ISBN 3-724-1520-7.
169

weiß, um sich mit dem Gehirn zu verbinden. Es mag auch die


Warnung zitiert werden, wenn die Menschen in Zukunft sich dem
Alkohol verschreiben, werden die Männer immer häufiger ihrer
Zeugungsfähigkeit beraubt sein. Ebenso fänden inkarnierende
Seelen immer seltener einen geeigneten physischen Körper, mit
dem sie sich verbinden könnten.

Rudolf Steiner schuf mit der von ihm begründeten biolo-


gisch-dynamischen Anbauweise, allgemein bekannt unter den
Namen "Demeter", die Voraussetzungen, seine warnenden Hin-
weise praktisch aufzugreifen. Ein "Seher" wird neben seiner War-
nung vor dem "Unheil" immer auch einen Lösungsweg aufzeigen,
damit das Kommende abgewendet, zumindest abgemildert wer-
den kann. Es liegt in der Freiheit des Menschen, wie er sich ent-
scheidet. Wer die Gelegenheit hat, Demeterprodukte zu kosten,
wird den praktischen Wert der Ideen Rudolf Steiners unmittelbar
und ohne gedankliche Anstrengung mit den Sinnen erfahren,
prüfen können.

Nach diesem erklärenden Ausflug zurück zu dem richterlichen


Schreiben. Es gab eine Galgenfrist. Doch war unklar, wie ein sol-
ches Betreuungsverfahren sich abspielen würde.
Es war angekündigt worden, eine Amtsärztin oder ein Amtsarzt
würde Verbindung mit mir aufnehmen. Möglicherweise sollte kein
staatlicher Überfall wie 1989 stattfinden. Die Hintermänner des
Betreuungsverfahrens wollten diesmal offensichtlich den An-
schein der Rechtsstaatlichkeit vorerst wahren.

Nahm als erste Gegenmaßnahme zu dem staatlichen Ansinnen,


eine staatliche Betreuung einzurichten, Kontakt mit Medien auf.
Zuerst mit der örtlichen Tageszeitung. Diese druckte dann einen
Artikel, indem sie aus früheren Briefen um das Schulkreuz Text-
stellen verwendete. Es waren darunter Prophetien Rudolf Stei-
ners. In einem späteren Gespräch mit dem verantwortlichen
Journalisten erhellte sich, er war davon ausgegangen, in den
Briefen stünden meine persönlichen Aussagen. Da diese Be-
schreibungen zukünftiger Menschheitsverhältnisse grotesk er-
scheinen müssen, werden sie aus dem Zusammenhang und ohne
Erklärung in einer Zeitung veröffentlicht, wollte die Zeitung ei-
gentlich dem Staate helfen, indem sie in der Öffentlichkeit den
vermeintlichen "Unsinn" des Herrn Seler verbreitete? Eine amt-
liche Betreuung könnte dann nämlich auch für die Öffentlichkeit
170

als nachvollziehbarer Akt erscheinen. Wir sehen, wie man sich in


der Medienlandschaft vor den Wölfen im Schafspelz hüten muß.
Natürlich waren die Briefe 1989 "vertraulich" der Presse über-
geben worden, sie hätten also niemals ohne Einwilligung von uns
veröffentlicht werden dürfen.

Etwa drei Tage nach Veröffentlichung des Zeitungsberichtes riß


ein "Blizzard" von zwei Türmen der "Kreuzbergkirche" die Wetter-
fahnen mit ihren an der Spitze befindlichen Kreuzen herunter.
Die Zeitung schrieb "wie abgezwickt". Ein Kreuz durchschlug das
Kirchendach, das andere Kreuz wurde von der Macht der Natur
auf eine Wiese geschleudert. Das Amtsgericht, welches das Be-
treuungsverfahren ankündigte, befindet sich unterhalb des Ber-
ges in der Kreuzbergstrasse. Von den Fenstern des Gerichtes aus
durften die Damen und Herren Richter die kreuzlosen Türme der
Kirche bewundern.

Berichtete dem Justizministerium des Bundeslandes von diesem


himmlischen "Zufall", reichte später sogar Photos der kreuzlosen
Türme nach. Die Wiederinstandsetzung zog sich einige Monate
hin. Inwieweit "höhere" Mächte warnend in das Ränkespiel der
Behörden, der Justiz und der Staatsregierung eingriffen, um mit
dem „Herunterholen“ der Kreuze ein Zeichen zu setzen, sei der
Phantasie, der Ahnung oder der Gewißheit des Lesers anheimge-
stellt. Liebhaber der Bücher Castanedas etc. werden ihre Freude
haben. - Bei Korrektur dieses Textes am 25. Juni 1999: einige
Tage zuvor kam der Vorsitzende der Bischofskonferenz Herr Leh-
man mit einem Stück Holz zu einer Pressekonferenz. Ein Blitz
habe just in dem Momente in einem Baume vor einem Fenster
eingeschlagen, als der Bischof Herr Dyba das Wort bei den Bera-
tungen um das Papstschreiben im Zusammenhange der Abtrei-
bungen ergriffen hatte. Einige Zeitungen druckten das Stückchen
Holz in der Hand von Herrn Lehman ab. Diese Anekdote belegt,
auch Katholische Bischöfe tragen in ihrem Innern ein sog. Heid-
nisches magisches Weltbild.
Erinnerte mich damals, vor vier Jahren rüttelte eines Morgens ein
herrlicher Sturm an den Fenstern. Es rauschte, klirrte, zog,
knirschte, das Holz knarrte, ein seliges Gefühl der Einheit von
Oben und Unten durchströmte den Körper. Der vierzigste Ge-
burtstag begann in diesen Stunden. "Der Wind ist mein Vater", so
tönte einst die Botschaft in einem Seelenbild. Der "Wiebke" als
Bote göttlicher Mächte.
171

Und nun ein kleiner, aber feiner örtlicher Blizzard. Es gibt Berich-
te von Medizinmännern, die aufgrund ihrer Ausbildung Blizzards
entstehen lassen und lenken können. In einem Buche wird ge-
schildert, wie ein Medizinmann einen unschuldigen Indianer aus
einem Gefängnis der Weißen befreite, indem er mit einem Wirbel-
wind die Mauern zerstörte. Niemand kam ums Leben, oder wurde
verletzt.

Neben den Bemühungen die Medien einzuschalten, war es rat-


sam, sicherheitshalber auf eine kleine Reise zu gehen, um so
möglichen Übergriffen, oder einem plötzlichen Hausbesuch des
Amtsarztes aus dem Wege zu gehen. Jeder Konflikt war zu ver-
meiden. Spätere Akteneinsicht zeigte auf, der Amtsrichter hatte
das Gesundheitsamt gebeten, die angeordnete Untersuchung
meiner Person zu Hause erstellen zu lassen. Der Richter in sei-
nem Schreiben:

"ich bitte, die Untersuchung im Wege eines Hausbesuchs durchzuführen,


weil es für die Begutachtung wichtig erscheint, daß auch Sie als Sachver-
ständiger einen Eindruck von dem Betroffenen in der üblichen Umgebung
erhalten".

Das ist doch eine schreckliche rechtliche Neuerung, welche die


Bevölkerung über sich stillschweigend hat ergehen lassen. Die
Wohnung des Bürgers wird akustisch und nun auch ärztlich
überwacht. Ein heimlicher Unrechtsstaat wächst da heran.

Jeder kann sich vorstellen, welcher Konflikt entstanden wäre,


wenn der Amtsarzt zur Durchsetzung seiner Amtshandlung mit
der Polizei bei mir zu Hause erschienen wäre. Hatte zum Glück
bereits 1989 einem Amtsarzt vor Ort von den Ereignissen in der
Psychiatrie erzählt. Anlaß des Telephonats waren Einschulungs-
schwierigkeiten des jüngsten Sohnes, der ob des Polizeiüberfalles,
den seelischen Folgen, sich einer Einschulung widersetzte, eine
Zurückstellung erforderlich wurde. Übrigens plante später einmal
die Schulbehörde die Wegnahme dieses Sohnes. Er sollte von
"staatswegen" (wegen der Schulverweigerung) in einer anderen
"sozialen" Umgebung aufwachsen. Das Jugendamt lehnte das An-
sinnen der Schulbehörde ab. Dies spielte sich wieder im Gehei-
men ab, wurde erst später von uns zufällig aufgedeckt.
Zu den Schilderungen der rechtswidrigen Einweisung in die Psy-
chiatrie und dem dort erlittenen Unrecht, den eindeutigen Schi-
172

kanen durch Ärzte, durch einzelne Pfleger reagierte der Amtsarzt


am Telephon äußerst erregt und sagte, er würde die Ärzte des Be-
zirkskrankenhauses anzeigen.

Und jenes Telephonat kam mir dann 1994 wohl zugute. Das Ge-
sundheitsamt ignorierte einfach das Schreiben des Richters. Letz-
terer mußte schriftlich nachfragen. Erst hierauf reagierte der
Amtsarzt mit der schriftlichen Bemerkung, es sei kein Psychiater
am Gesundheitsamt angestellt und es könne deshalb kein Sach-
verständigengutachten angefertigt werden.

Jeder Jurist weiß, natürlich hätte der Amtsarzt bei öffent-


lich-belegbaren Gründen dem Richter ein Gutachten erstellen
müssen, da nur ein Amtsarzt die Notwendigkeit eines öffentlichen
Eingreifens begründen kann. Aufgrund dieses Gutachtens hätte
dann ein eingehendes Sachverständigengutachten erstellt werden
können. Rechtlich gesehen, braucht der Bürger zu keiner Zeit ei-
ner Untersuchung zustimmen. Keinen Arzttermin hat er zu be-
achten. Es muß nur damit gerechnet werden, von dem Landrats-
amt beim Arzt vorgeführt zu werden. Aber auch dann genügt es,
höflich Guten Tag zu sagen und keine weiteren Auskünfte zu er-
teilen. Der Vorteil einer solchen Taktik liegt darinnen, die Beam-
tenvertreter müssen ihr Ansinnen sauber begründen, der Bürger
kann später immerhin die Staatsvertreter eventuell wegen Amts-
mißbrauch belangen. Jedes staatliche Handeln muß vernünftig
und für Dritte nachvollziehbar sein. Die sog. richterliche Unab-
hängigkeit ist kein Freibrief für Willkürakte. Leider ist der Bürger
durch die Betreuungsgesetze schlechter gestellt als ein Straftäter.
Dieser hat wesentlich mehr Eingriffsmöglichkeiten im gericht-
lichen Hauptverfahren, kann sich so gegen einen willkürlich han-
delnden Richter zur Wehr setzen. Das Betreuungsgesetz sieht
keinerlei Abwehrrechte bei Eröffnung des Betreuungsverfahrens
vor. Ein Strafverfahren kann durch den Richter nur eröffnet wer-
den, wenn der Beschuldigte zuvor rechtlich gehört worden ist.
Warum darf ein Richter ein Betreuungsverfahren willkürlich
eröffnen, ohne je den Bürger Gelegenheit für eine Stellungnahme
gegeben zu haben.
Das Gesundheitsamt durchkreuzte die Pläne des Richters. Dies
spielte sich ohne mein Wissen im Hintergrund ab, konnte erst ei-
nige Monate später durch Akteneinsicht entdeckt werden.
Es war klar, die Beiziehung eines Anwaltes würde möglicherweise
die Behörden veranlassen, den gesetzlichen Bestimmungen ge-
173

nauere Beachtung zu schenken. Die sogenannten Betreuungsge-


setze waren erst 1990 vom Bundesparlament verabschiedet wor-
den, als besonders menschenfreundlich gepriesen und gelobt. Sie
traten 1992 in Kraft. Die allgemeine Öffentlichkeit, so auch ich,
wußte zu keiner Zeit, was eigentlich in den Betreuungsgesetzen
steht.
Eine Beratung bei einem Anwalt sollte Klarheit verschaffen.
Erfuhr durch ein führendes Mitglied der Humanistischen Union
die Adresse eines Anwaltes, der sich für "besondere" Fälle interes-
sierte.

Der Anwalt schrieb folgenden Brief:

„An das Amtsgericht...... 2.2.1994


In Sachen
E. Seler

wegen Anregung der Betreuung

Zunächst erlauben wir uns unter Vorlage einer Vollmacht im Original anzu-
zeigen, daß wir Herrn E. Seler........ in dieser Angelegenheit vertreten.
Zu Ihrem Schreiben vom 10.01.94 teilen wir Ihnen nach Rücksprache mit
unserem Mandanten mit, daß beim besten Willen nicht ersichtlich ist, wes-
halb unser Mandant zur Besorgung seiner Angelegenheit nicht selbst in der
Lage sein soll.
Es wäre interessant zu erfahren, aufgrund welcher Anregung das Verfahren
offensichtlich von Amts wegen eingeleitet worden ist.
Mangels eines anderen Anhaltspunktes muß davon ausgegangen werden,
daß der einzige Grund für das nunmehrige Verfahren die bekannte Einstel-
lung unseres Mandanten gegenüber Schulkreuzen ist.
Angesichts der Tatsache, daß das Grundgesetz den Staat zu weltanschau-
licher Neutralität verpflichtet und auch im Hinblick auf die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichtes, so z.B. auf die Schulgebetsentscheidung,
lassen sich überzeugende verfassungsrechtliche Argumente gegen das Auf-
hängen von Kreuzen in Klassenzimmern, noch dazu in der von unserem
Mandanten kritisierten Form, vorbringen.
Wenn dies zum Anlaß genommen wird, ein Betreuungsverfahren in Gang zu
setzen, bei dem sogar das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie das Recht
zur Entgegennahme und zum Öffnen der Post entzogen werden soll, dann
ist dies mehr als erstaunlich.
Solange keine überzeugenden Gründe vorgetragen werden, wird sich unser
Mandant einer amtsärztlichen Untersuchung nicht unterziehen, da er nicht
verpflichtet ist, zu beweisen, daß eine Betreuung überflüssig ist.
Das Gesetz kennt auch nicht die Möglichkeit der Einleitung eines prophylak-
tischen Betreuungsverfahrens, ansonsten könnte jedem, der sich in der
Bundesrepublik aufhält, ein Schreiben wie das vom 10.1.94 zugesandt
werden mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen.
174

Da die Notwendigkeit einer Betreuung nicht ersichtlich und bisher auch


nicht vorgetragen wurde betrachten wir das Verfahren als erledigt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. M. S.
Rechtsanwalt“

In der Betreuungsakte steht folgender Vermerk:

„Herr RA Dr. S. wurde von mir am 07.02.1994 um 11.30 Uhr angerufen


und mit ihm der bisherige Verfahrensstand besprochen. Herrn. Dr. S. wurde
mitgeteilt, daß aufgrund des fachärztlichen Hinweises das Betreuungsver-
fahren von Amts wegen weitergeführt werden muß. Herr. Dr. S. erklärte,
daß sich der Betroffene aufgrund seiner Vorbehalte gegen die Psychiatrie
wohl nicht untersuchen lassen wird. Herrn Dr. S. wurde erklärt, er bzw. der
Betroffene könne Vorschläge für die Person des Gutachters machen. Herr
Dr. S. wird dies mit dem Betroffenen besprechen und ihm dies anraten.
Herr Dr. S. erklärte weiter, er werde voraussichtlich die Angelegenheiten an
einen S....r Rechtsanwalt abgeben. Dieser werde dann um Akteneinsicht
nachsuchen.
M.

Richter am Amtsgericht.“

An dieser Stelle wollen wir einmal die Kunst der Aktenführung


anschauen.

Es macht sich doch recht gut, wenn der Richter darauf verweisen
kann, der Anwalt werde dem Betroffenen anraten, sich einem
Sachverständigengutachten zu unterziehen.
Jeder der die Akte liest, die nächste Instanz, sogar das Bundes-
verfassungsgericht, wird denken, ja wenn der Anwalt sogar die
Seite wechselt und dem Ansinnen des Richters beipflichtet, dann
ist der Mandant, der sich gegen das Betreuungsverfahren wehrt,
alleine durch sein Verhalten, verdächtig, "verrückt" zu sein. Ein
Querulant. Und wirklich listet das schöne neue Betreuungsgesetz
"Querulantentum" für sich als Grund für eine staatliche Zwangs-
betreuung auf.

Was geschieht aber tatsächlich?!

Die Anwaltskanzlei setzt mich schriftlich von dem richterlichen


Gespräch in Kenntnis, unterbreitet, es gäbe zwei Möglichkeiten.
Mitmachen, oder aber den harten Weg wählen.
175

Der Anwalt fiel dann doch aus den Wolken, als er erfuhr, seit
Jahren fehlt ein regelmäßiger Kontakt zu dem Hausarzt. Es kön-
ne also auf keinen Fall ein Facharzt mich kennen. Sicherlich
komme die Anregung aus dem Bezirkskrankenhaus.
Der Anwalt schrieb am 28.2.94 an das Amtsgericht, nachdem er
Kopien meiner/unserer Briefe erhielt, aufgrund derer laut richter-
licher Aussage gegenüber dem Anwalt, eine Ärztin angeblich ein
Betreuungsverfahren angeregt habe:

"An das Amtsgericht..... .


In vorbezeichneter Angelegenheit sind wir nach wie vor der Auffassung, daß
das Verfahren einzustellen ist, da ein Grund für die Einleitung eines Be-
treuungsverfahrens von Amts wegen nicht gegeben ist.
Die "Ferndiagnose" von Briefen des Herrn Seler reicht hierzu nicht aus, auch
wenn diese von einer Psychiaterin stammen mag. Immerhin gehört die Psy-
chiaterin, die die "Anregung" gegeben hat, zu der Institution, die Herr Seler
mit seinem Schreiben kritisiert hat und ist daher als unbefangene "Gutach-
terin" in dieser Sache alles andere als geeignet. Wenn diese "Ferndiagnose"
eines Briefes ausreichen soll, um ein Betreuungsverfahren einzuleiten, dann
kann über jeden Einwohner der Bundesrepublik Deutschland nach diesen
Maßnahmen ohne weiteres sofort ein Betreuungsverfahren eingeleitet wer-
den.
Im übrigen trifft die Behauptung, die ganze Sache hätte mit dem Schul-
kreuzstreit nichts zu tun, auch nicht zu: Auslöser dieser ganzen Angelegen-
heit ist und bleibt der Schulkreuzstreit.
Abweichende Auffassungen des Herrn Seler in dieser oder in anderer Ange-
legenheiten rechtfertigen in keinem Fall eine, womöglich sogar zwangs-
weise, psychiatrische Untersuchung und Beurteilung unseres Mandanten.
Wir gehen daher davon aus, daß diese Angelegenheit erledigt ist und ver-
bleiben
Dr. M. S.
Rechtsanwalt"

Hörte nichts mehr von dem Richter, von meinem Anwalt. Die An-
gelegenheit schien erledigt.

Etwa vier Wochen später stand ein launischer Artikel in der ört-
lichen Zeitung, "auch Richter müssen beweglich sein". "Mein"
Richter wurde auf eine Außenstelle versetzt.

Das Merkwürdige, erst drei Monate zuvor war von demselben


Amtsgericht ein Richter an diese Außenstelle just auf diesen Po-
sten versetzt worden, wie der Zeitung zu entnehmen war. Der ar-
me Richterkollege mußte nun als Staatsanwalt zum Landgericht.
Auf dem Foto stand dieser "Nochrichter" mit recht belämmerten
176

Gesicht herum. "Mein" Richter kam in den Genuß, Amtsleiter der


Außenstelle zu werden. Er fiel sozusagen die Treppe hinauf, wie
ein Sprichwort lautet.

Hatte unabhängig meines Anwaltes bereits vor der ersten Bera-


tung Beschwerde gegen die Eröffnung des Betreuungsverfahrens
eingelegt. Diese wurde vom Landgericht als unzulässig abgelehnt.
In der Begründung wiesen die Richter jedoch einen Weg aus dem
Konflikt:

„Das Verfahren könne ja formlos eingestellt werden.“

Ehefrau, Schwiegereltern, sowie der Bruder legten ebenfalls ver-


geblich eine Beschwerde gegen das Betreuungsverfahren ein.
Auch ihre Rechtsmittel wurden als unzulässig abgeschmettert.
Der Gesetzgeber hat offensichtlich bewußt den Richtern unum-
schränkte Macht geschenkt, damit sie über Wochen, Monate, ja
Jahre willkürlich ein Betreuungsverfahren aufrechthalten kön-
nen. Ein Gerichtsverfahren, welches auch für die gesamte Ver-
wandtschaft eine außerordentliche seelische Belastung darstellt.
Schließlich mußten bereits im Jahre 1989 die Angehörigen miter-
leben, wie ich von den Behörden verschleppt worden war. Eltern,
Schwiegereltern und Geschwister kannten ja alle Einzelheiten der
Vorkommnisse in der staatlichen Psychiatrie. Ihre Ängste waren
mehr als berechtigt. Auch alle Dienstaufsichtsbeschwerden wur-
den als unzulässiger Eingriff in die sog. richterliche Unabhängig-
keit wiederholt abgeschmettert. Wobei sich Jahre später heraus-
stellte, der Präsident des Landgerichtes, zuständig für diese Be-
schwerden, war 1989 mit in das Unterbringungsverfahren ver-
strickt, als er noch als kleiner Richter am Amtsgericht tätig war.
In diesem Bundesland gibt es sogar Spottlieder, in denen aufge-
zeigt wird, wie die herrschende Partei für die "Unabhängigkeit"
der Justiz sorgt, indem sie die Richter auswählt.

Tage, Wochen, Monate vergingen.

Kein Schreiben eines Gerichtes, eines Anwaltes.

Hatte sicherheitshalber bereits am 23.02.1994 ein Schreiben an


das Justizministerium gesandt.
Je mehr Leute von der Angelegenheit erfuhren, um so schwieriger
war es, eine staatliche Aktion "klammheimlich" durchzuführen.
177

Ein Justizskandal käme der Staatsregierung ungelegen, da in ei-


nigen Monaten Wahlen in dem Bundesland anstanden.
Der Text an das Justizministerium vom 23.02.1994:

„Sehr geehrte Damen und Herren,


wie mir bekannt wurde, haben Sie alle Akten wegen des "Betreuungsver-
fahrens" in Ihr Haus genommen. Da keine Akten mehr am hiesigen Gericht
sind, konnte die Beschwerde meines Bruders, im Namen der Familie Seler,
nicht weitergeleitet werden.
Um Ihre Prüfung der Akten zu erleichtern, sende ich Ihnen ein Schreiben,
welches Ihnen helfen kann (bei gutem Willen) das offensichtlich rechtswid-
rige Verfahren gegen mich zu beenden.
Betonen will ich, daß das Amtsgericht bereits mehrmals auf die Rechts-
brüche des Jahres 1989 hingewiesen wurde, als der Amtsgerichtsdirektor
Herr Sch. nur auf Grund von Verdachtsmomenten meine Psychiatrisierung
anordnete, ohne mich vorher anzuhören, obwohl dies das Gesetz zwingend
vorschreibt. Statt dessen wurde ein mir unbekannter Rechtsanwalt gehört
-widersinnig-.
Auch wurden mir innerhalb der Psychiatrie "Dokumente" vorgelegt, die ei-
nen angeblich früheren -stationären- Psychiatrieaufenthalt "bewiesen". Mir
wurde Einsicht in die "Dokumente", sie lagen vor mir, verweigert, sowie ein
Anruf an die Ehefrau, welche ja wissen müßte, ob ich je in einer Psychiatrie
war. ....
Des weitern behauptete der Gutachter, er habe die schriftliche Erlaubnis
des Richters, mich gegen meinen Willen zu medikamentieren. Er konnte auf
Verlangen nicht das Schreiben vorweisen. Auch wollte er ausdrücklich mein
Denken um das Kreuz mit dem Medikament ändern.
Ich hatte den verantwortlichen Richter im Herbst 1989 auf die Rechtsbrüche
aufmerksam gemacht, ihn des Deliktes der Freiheitsberaubung bezichtigt.
Da ich auf eine Strafverfolgung verzichtete, leitete er meinen Brief nicht an
die Staatsanwaltschaft weiter (wegen der unbewältigten "braunen" Vergan-
genheit der Justiz hielt ich eine Anzeige für schwierig, wie ich dem Richter
ausdrücklich schrieb).
Die Behörden haben nur meine Briefe als Grundlage ihres Handelns. Die
Briefe waren notwendig, da uns der Staat seine Schulkreuze und Chri-
stus-Leichname(Darstellungen) aufzwingt. Einzelne Sätze oder Briefe, die
aus dem Zusammenhang gerissen werden, bedürfen wegen des anthropo-
sophischen Weltbildes (schließlich handelt es sich bei den Kreuzen um von
Priestern "magisch" aufgeladene Objekte) der genauen Kenntnis der Gei-
steswissenschaft Rudolf Steiners.
Hochachtungsvoll.“

Möglicherweise aufgrund dieses Briefes wurde der Amtsrichter


am 1.4.1994 durch das Eingreifen der obersten Aufsichtsbehörde
versetzt. Diese hatte bereits, durch verschiedene Zeitungsartikel
aufgeschreckt, von sich aus die Akten eingeholt. Mein Schreiben
178

wurde dahingehend beantwortet, die richterliche Unabhängigkeit


verhindere ein Eingreifen. Auffällig ist, wiederholt wurden Richter
im Zusammenhange meiner Person versetzt, aus der Schußlinie
genommen.

Wußte intuitiv, die Sache rumort im Hintergrund. Die Behörden


versuchen weiterhin, mich in die Psychiatrie einweisen zu lassen.
Bei einer amtlichen Betreuung könnte mit Hilfe von "Vermögens-
sorge" der vom Gericht bestellte Anwalt die Verfassungsbe-
schwerde bezüglich der Schulkreuze zurückziehen. Der Staats-
regierung, dem Justizminister war klar, das Bundesverfassungs-
gericht hatte sehr schlechte Karten, die Beschwerde ohne weite-
res abzulehnen. Unser Anwalt hatte das Schweizer Urteil zu
staatlichen Schulkreuzen seinem Schriftsatz beigefügt. Die Ober-
sten Richter der Schweiz stützten sich einerseits auf die Europä-
ische Menschenrechtskommission, andererseits auch auf eine
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, welches den
Kreuzeszwang in Gerichtssälen verbot und auch auf Texte eines
bekannten Anwaltes der BRD, Herrn Fischer.

In einer großen Tageszeitung stand einmal, dem Justizminister


dieses Bundeslandes muß jede kleinste Begebenheit von politi-
scher Bedeutung zur Überprüfung vorgelegt werden. Sprach zu-
fällig in jener Zeit, noch vor den staatlichen Aktionen mit einem
anderen Minister des Kabinetts im Anschluß eines Katholischen
Hochamtes. Die Landbevölkerung hielt sich ehrfürchtig von die-
sem Manne fern. Packte die Gelegenheit beim Schopfe, stellte
mich im Laufe des Gespräches vor. Der Regierungsmann (Mini-
ster Goppel jun.) gab zu, von dem "Kruzifixfall" gehört zu haben.

Horchen wir einmal, was die "Gegenseite" zu sagen hat:

Herr Seler stört unsere Kreise. Er fordert Grundrechte ein, die mit unserer
Landesverfassung unvereinbar sind. Wir wollen alle Kinder in der Ehrfurcht
vor Gott erziehen. Hierzu benutzen wir das Kruzifix, weil es mit seiner Dar-
stellung den Kinderseelen ihre Urschuld gegenüber dem Christus einimpft.
Wenn die Kinder während ihrer Schulzeit ständig den Gekreuzigten in sich
aufnehmen, so prägen wir auf Dauer ihr Unterbewußtsein. Sie werden Gott
fürchten, wegen der Schuld, die ihnen ständig vor Augen gehalten wird. Wir
lähmen mit dem Kruzifix auch das Selbstbewußtsein der heranwachsenden
Staatsbürger, die Staatsführung braucht keine Freidenker. Es reicht voll-
kommen, wenn die Bürger wissen, wie und wo sie ihr "Kreuz" bei der Wahl
machen sollen, alles andere erledigen wir im Auftrage und Absprache mit
179

den großen Wirtschaftskonzernen und den Kirchenoberen.


Leider schlug das mit der Zwangseinweisung in die Psychiatrie im Jahre
1989 fehl. Die vorbereiteten "Dokumente", welche einen früheren Aufenthalt
des Herrn Seler in einer Nervenheilanstalt belegten, verfehlten ihre erhoffte
Wirkung bei dem Betroffenen. Zwar konnte der Kruzifixgegner in dem Be-
zirkskrankenhaus keine Hilfe von den Pflegern erbitten, die seinen Beteue-
rungen, er sei noch nie in der Psychiatrie gewesen, keinen Glauben schenk-
ten. Sie sahen in den Akten die ärztlichen Dokumente, welche einen frühe-
ren Aufenthalt des Herrn Selers in einer Nervenheilanstalt belegten. In die
Quere kamen uns die Medien, die sich für den Fall interessierten, sogar
bundesweit war Interesse vorhanden. Nur mit Mühe und Not konnten wir
einen Journalisten von Sat 1 bremsen, der die Mutter und die Kinder nach
Hamburg in eine Sendung holen wollte. Zum Glück haben unsere Leute
noch Einfluß auf manche Medienorgane. Wir mußten aber Herrn Seler frei-
lassen, nachdem zu viele Leute von der Psychiatrisierung erfuhren. Doch
wir wollen, müssen den Kerl unbedingt unschädlich machen.
Unsere Landesjuristen haben "zufällig" ein neues Bundesgesetz wesentlich
mitgeformt, welches dem Staate erlaubt, bei jeder Anregung durch Dritte ein
gesetzliches Betreuungsverfahren gegen jeden Bürger dieser Republik ein-
zuleiten. Gezielt haben unsere Juristen die Verfahrensrechte des Bürgers
beschnitten. Auf diese Weise gelingt es uns, jeden Querulanten von der
Bildfläche verschwinden zu lassen. Wir haben diesen Punkt extra in die
ausführenden Gesetze mit hereingenommen. Jeder Querulant kann unter
Betreuung gestellt werden. Natürlich ließen wir das Stimmvieh über die
Einzelheiten der Betreuungsgesetze im Unklaren. Das Volk läßt sich mit
Volkstümelei, mit Sport und Spielen, mit Lotto und weltweit inszenierten
Krisenherden in Schach halten.
Wir werden Herrn Seler unter Betreuung stellen, dann kann die Verfas-
sungsbeschwerde in Karlsruhe zurückgezogen werden. Sein Betreuer wird
die Klage zurücknehmen, da er in Vermögensfragen bevollmächtigt ist. Er
wird einfach die Kostenübernahme für Anwalt und Gerichte verweigern. Die
Ehefrau wird alleine verzweifeln, schließlich kann sie ihn nur noch einmal
im Monat besuchen und das nur für zwei Stunden. Unser Arzt wird einfach
behaupten, mehr Kontakt schade dem Krankheitsverlauf. Wir erklären mit
unseren staatlichen willfährigen Psychiatern Herrn Seler nach § 1896 BGB
für psychisch behindert, werden ihn isolieren und sogar seine Post kontrol-
lieren lassen. Herr Seler wird von uns unschädlich gemacht.

Durch frühere Saisontätigkeiten bei der Deutschen Bundespost


war klar, der in dem richterlichen Schreiben genannte Be-
treuungspunkt "Empfangen und Öffnen der Post" findet nur auf
einer geschlossenen Station eines Heimes oder Bezirkskranken-
hauses seine Anwendung. Natürlich würde auch keine Post un-
kontrolliert abgesandt werden können. Nur an den Anwalt, an
Abgeordnete, an Verfassungsorgane muß die Post durchgelassen
werden.
Aber wie soll das der "Gefangene" überprüfen, wenn Briefe unter-
180

schlagen worden sind. Der Staat würde mit dem Betreuungs-


punkt bezüglich der Briefe jeglichen Kontakt des "Kruzifix-
klägers" in der Zukunft kontrollieren können.

Aus Schaden klug geworden, als 1989 den Verantwortlichen der


Zwangseinweisung voreilig verziehen wurde, setzte ich den Bun-
deskanzler Herrn Kohl und den Bundespräsidenten Herrn Weiz-
säcker von dem staatlichen Versuch, mich unter Betreuung zu
stellen, in Kenntnis. Beide Herren waren schon vor Jahren von
dem Schulkreuzkonflikt unterrichtet und vergeblich um eine
Vermittlung gebeten worden.
Das Schreiben an den Kanzler:

„An den Bundeskanzler Montag, 14.Februar 1994


der Bundesrepublik Deutschland
Herrn Helmut Kohl

-offener Brief-

Betreff: "MODERNE INQUISITION" in einem Bundesland

Herr Bundeskanzler,
obwohl die Evangelische Kirche Deutschlands sich in ihrer Stellungnahme
an das Bundesverfassungsgericht gegen KorpusKreuze-Kruzifixe aus-
spricht, nur einfache Kreuze, nicht im Tafelbereich befürwortet und auch
das Bundesverfassungsgericht unsere Bedenken gegen eine Zwangsbegeg-
nung Korpus-Kind aufgegriffen hat (in der einstweiligen Verfügung), haben
sich zwei bayerische Schulen geweigert, die Korpusse zu entfernen, so daß
diese Schulen immer wieder auf den Kompromiß, wie er an der Grund-
schule F. erzielt wurde, hingewiesen werden mußten.
Es sind dies die........ .
Bereits im Jahre 1989 wurde ohne mein Wissen ein Gutachten über meine
Briefe erstellt, wobei die "künstlerischen" Umrahmungen (der Gutachter hat-
te nur "Schwarzweißkopien"!!) als Zeichen einer Geisteskrankheit gewertet
wurden. Dieser "Verdacht" wurde mit einem weiteren Verdacht erweitert,
nämlich, es könne sein, der Schreiber sei höchst gemeingefährlich. Ja so ge-
fährlich, daß nicht einmal der Richter ihn anhören könne, obwohl dies ge-
setzlich vorgeschrieben wird - es lag ja keine akute Situation vor, keine
Entmündigung..... .
Nun hat das Bezirkskrankenhaus einen, oder mehrere Briefe "diagnosti-
ziert". Die Presse erhielt vorab Informationen, die mir vorenthalten wurden.
So daß ich aus der Presse erfuhr, "ärztlicher Hinweis" wäre der Grund für
ein "Betreuerverfahren". Anbei die Kopie des richterlichen Schreibens.
Lesen Sie auch meinen "Widerspruch", in dem der Hintergrund des Verfah-
rens geschildert wird, wie er sich nun als wahr offenbart. Eine Ärztin er-
stellte eine "Ferndiagnose", die Pressestelle der Justiz verbreitet "unter der
Hand" "akute schizophrene Schübe", die der Schreiber habe. Nun ist offen-
181

bar, der Brief an die Schule .... ist der Grund für das erneute rechtswidrige
Eingreifen des ..... Staates.
......
Es muß betont werden, wir haben einen neuerlichen "Streik" angekündigt,
da der Schulleiter X, der Hauptschule nicht bereit ist, die Begegnung Kind-
(Christus)Leichnam auszuschließen, sondern meint, unser Sohn solle sich
anders setzen.
Der Leichnam verwandelt sich ja nur für den Gläubigen in den Auferstan-
denen. Dieser Glaubensvorgang kann keinem Staatsbürger aufgezwungen
werden. Besonders nicht Minderjährigen, die ja- wie die Schweizer Verfas-
sungsrichter betonten- besonders empfindlich sind, sich nicht wehren kön-
nen.
Sollte das rechtswidrige Verfahren nicht bald begründet eingestellt werden,
die Beschwerden der Verwandten nicht ernst genommen werden, so wird
das Ausland von den skandalösen deutschen Rechtsverletzungen in Kennt-
nis gesetzt.
.......
Anbei eine kleine Hilfestellung "Hellsehen in der Gegenwart" (Text von Ru-
dolf Steiner)
- wie im Dritten Reich, die Beamten, Angestellten etc. vollführen blind die
"Befehle" von "Oben". Werden wieder Andersdenkende, in diesem Fall ein
Anthroposoph und Künstler vom Deutschen Staat verfolgt... .... ausgelöscht.
....
Die "materialistische Staatspsychiatrie" versucht unsere Familie zu zer-
stören, in wessen Auftrag???!
Mit freundlichen Grüßen
Ernst Seler“

Fatal wäre es, sollte von der Bundesregierung im Hintergrund


grünes Licht für die Zwangseinweisung etc. gegeben worden sein.
Man brauchte ja den Landesbehörden nur signalisieren, man(n)
werde die gravierenden Rechtsverstöße durch örtliche Behörden
decken, schließlich ist die vielgelobte sogenannte unabhängige
Justiz in Wahrheit weder unabhängig noch frei, wie sie vorgibt.
Man/frau denke nur an die sog. Prominentenurteile. Ein Wink
genügt. Interessant der Lübecker Brandanschlag, als der folgende
Bundespräsident Herr Herzog öffentlich drohte und die Staats-
anwaltschaft ab diesem Zeitpunkt nur noch in eine Richtung er-
mittelte. Oder der Landesminister, der im Suff einen Bürger tot
fuhr. Man ersparte ihm einen Gefängnisaufenthalt, indem flugs
die Straflatte neu justiert wurde.

Reichte eine Petition beim Deutschen Bundestag ein, schilderte


unseren Fall, verwies darauf, dem Bürger fehle ein Schutz gegen
Willkür und Mißbrauch durch einzelne Richter. Der Bürger habe
keinerlei effektive Verfahrensrechte, um die Einleitung eines ge-
182

richtlichen Betreuungsverfahrens dahingehend überprüfen zu


lassen, ob denn öffentlich-rechtlich nachprüfbare Gründe für die
Einleitung eines solch schweren Gerichtsverfahrens vorliegen
würden.
Diese Petition wurde Frühjahr 1995 als unbegründet zurückge-
wiesen. Mein Antrag auf Änderung der bestehenden Betreuungs-
gesetze wurde von dem Parlament per Abstimmung abgeschmet-
tert. Die Damen und Herren Abgeordneten behaupteten wider
besseren Wissens, die Verfahrensrechte des Bürgers seien aus-
reichend.

Erfragte im Sommer des Jahres 1994 bei dem Gericht schriftlich


den Stand des Betreuungsverfahrens, ob es, wie das Landgericht
angeregt hatte, formlos eingestellt sei. Legte Abschriften der Brie-
fe an die Politiker bei. Hier der Text:

„An das Amtsgericht Schwandorf 24.07.94


Betreff: Ermittlungen Ihrerseits
Bis heute hat das Landratsamt, welches durch Herrn Landrat Sch. den "Be-
such" von Herrn B. ankündigte, uns nicht mitgeteilt, ob das "Ermittlungsver-
fahren" eingestellt worden ist oder nicht.
Auch gab es bis jetzt keine weitere Reaktion Ihrerseits auf den letzten Brief
meines Anwaltes... ...insofern muß wohl von einer Einstellung des Verfah-
rens ausgegangen werden. Da aber die Anfrage an das Landratsamt - wie-
derholt - nicht beantwortet worden ist und in der Presse von "Ermittlungs-
verfahren" - verschiedenster Bereiche - berichtet wird, welche sich über Jah-
re hinstrecken, so kann auch in unserem Falle..... das "Verfahren" Jahre.... .
Ich habe mich mittlerweile an die Petitionsausschüsse des Landtages, so-
wie des Bundestages gewandt, da dort die "Gesetze" formuliert werden, die
der "Bürger" schließlich -manchmal- erleiden muß. ...... geklärt werden, ob
eine "Ferndiagnose", erstellt an Briefen, Grundlage für die Eröffnung eines
Ermittlungsverfahrens sein kann.
Es erhebt sich auch die Frage, wer am Amtsgericht die Verantwortung für
die Verleumdung meiner Person übernimmt: die Pressestelle der Nürnberger
Justiz verbreitete unter den Journalisten den Hinweis, "Herr Seler leide un-
ter akuten schizophrenen Schüben" und die Oberärztin, welche die "Anre-
gung" gab, hätte Herrn Seler im Jahre 1989 "betreut". Ich wurde 1989 we-
der "untersucht" - ich weigerte mich strikt - noch wurde ich irgendwie "be-
treut", also ich wurde weder "behandelt", noch erhielt ich sonst eine "ärzt-
liche" Zuwendung.
....
Anbei nun zwei Briefe von 1992, an das Bezirkskrankenhaus und das
Amtsgericht Schwandorf.
Sie beweisen, ich schrieb ständig Briefe, warum also plötzlich 1994 die An-
kündigung der möglichen vollständigen Aberkennung der bürgerlichen
Rechte (Aufenthalt...): In den Briefen verweise ich auf die Rechtsbrüche von
183

1989, wie sie mir ein ortsansässiger Rechtsanwalt aufzeigte.


Ich habe mich auch an das Bundesverfassungsgericht gewandt, welches
mir ausführlich antwortete, die Unterlagen den zuständigen Richtern un-
terbreitete. Ich schrieb, es wirft auf das Verfassungsgericht ein merkwürdi-
ges Licht, auch wenn es keine Schuld hat, wenn der Bürger, der gegen die
Schulkreuze klagt, wegen der Briefe, die er im Zusammenhange der immer
wieder aufgezwungenen Korpusse, der "Leichname", schreiben muß - viele
Briefe sind von meiner Ehefrau mitverfasst, unterschrieben - seiner Grund-
rechte beraubt wird. Gerade auch das Ausland, etwa islamische Staate,
werden doch interessiert am Ausgang der gerichtlichen Auseinandersetzung
sein.
Merkwürdig ist auch, daß der Richter einerseits die Ermittlungen einleitete
und Entscheidungen trifft. Wenn etwa die Staatsanwaltschaft Ermittlungen
anstellt, kann sie auch nicht gleich richterliche Entscheidungen fällen. Die
Ankündigung von Herrn M., er habe den Amtsarzt beauftragt, ein "Sachver-
ständigengutachten" zu erstellen, war rechtlich nicht zulässig, insofern wä-
re auch mein Widerspruch hierzu zulässig gewesen. Herr Richter M. hätte
den Amtsarzt nur beauftragen können, mich zu untersuchen, "ob" ein Sach-
verständigengutachten notwendig ist oder nicht. Diese Einsicht geht aus
dem Landgerichtsurteil hervor, welches schrieb, daß gegen eine Unter-
suchung beim Amtsarzt keine Rechtsmittel eingelegt werden können (natür-
lich kann ich nur zum Erscheinen verpflichtet werden, muß nur die Persona-
lien angeben; dies hatte ich Ihnen gegenüber geschrieben, im "Widerspruch"
- ohne Anwalt, ohne Richter zu sein). Gegen die Erstellung des "Sachver-
ständigengutachtens", welches Herr Richter bereits in Auftrag gab, war also
die Einlegung von Rechtsmitteln zulässig. ......
Nun "Sie" -Ihr Haus hat "mitgespielt"
- durch mein "Sehertum kannte ich die reale Gefahr, die hinter der Aktion
stand, daß "Sie" als Marionetten - von Schreibkraft, bis Richter -willfährig
den "Oberen", die das Ganze anzettelten, dienlich sind, wie eben auch im
Dritten Reich die Richter den OBEREN dienten und große Mitschuld am Ent-
stehen des Unrechtssystems - ungesühnt- tragen. Stehen wir wieder am
Beginn eines solchen Unrechtssystems/schließlich gab es 1989 "gefälschte"
Dokumente, welche einen früheren, stationären Aufenthalt meiner Person in
einer "Irrenanstalt" bewiesen. Man ließ mich damals nicht in die "Dokumen-
te" blicken, gewährte aber auch keine Anrufe an Ehefrau, welche ja wissen
müßte...., an keinen Anwalt.... ...untersuchte mich nicht bei der Aufnahme
und das Amtsgericht S. ..... trugen, tragen die Verantwortung. Meine Verhaf-
tung, die ja mißlang, war rechtlos, rechtswidrig, wie auch die wiederholten
Hausdurchsuchungen, die Befragung der kleinen Kinder, die Beschimpfung
meiner Ehefrau als Lügnerin durch einen Beamten, als sie meine Abwesen-
heit bekundete.
Es war für mich ein großer Trost, daß nach dem Artikel in der Mittelbayeri-
schen Zeitung ein "Blizzard" - der zeitweise direkt über S. stand, wie die Zei-
tung schrieb, die Symbole von der Kreuzkirche riß, so daß die Richter, die in
der Kreuzbergstraße residieren, nun, die nackten Kirchtürme sahen.
....
Meine Art, mein Wesen ist, ich verschweige nichts!, lege alles auf den Tisch.
Deswegen gleich einige Blätter, welche ebenfalls an Politiker gingen, welche
184

möglicherweise der Grund für die Aktion Ihres Hauses sind. Zukunftsaus-
sagen, welche "jetzt" unser Handeln erfordern. Doch statt dessen gibt es
das Gefasel der "alten Werte", die ja letztlich auch die "Werte" des Richter-
tums darstellen. Bestimmt brauchen wir auch eine Reform des Richterwe-
sens, des Gefängniswesens.... ..
Wenn meine Schriften (Briefe) in den "Wunden" des Staates brennen...., weil
ich wahre "Religionsfreiheit" einfordere, weil das Bundesland nicht die Ent-
scheidung des Verfassungsgerichtes achtet, welches den Kompromiß, die
korpusfreien Kreuze bis zur Hauptentscheidung festschrieb.... ....
....so ist der erneute Psychiatrisierungsversuch gleichzusetzen mit den Ver-
folgungen des Mittelalters. Nur kann man nicht wie damals den "Ketzer" auf
dem Scheiterhaufen verbrennen.
Jetzt hat man nur die Möglichkeit, entweder ihn (durch Geheimdienste -ob
staatlich oder kirchlich-) umbringen zu lassen -schon 1986/7 wurden solche
"Gedanken" gedacht, es wäre eine Möglichkeit das "Kreuzproblem" zu lösen,
wenn man.... - es hat auch Vorteile Hellseher zu sein, man kann die Gedan-
ken/Ideen der "Feinde" erkennen, so besser reagieren - oder ihn mit der
"chemischen Keule" zu behandeln..... ..

Mein Hausarzt: "man wollte sie durchdrehen lassen, doch jetzt haben sie ihr
Pulver verschossen"
.....
Daß auf den letzten Brief meines Anwaltes nicht reagiert wurde.............. .
Sie hätten meinem Anwalt schon schreiben müssen, wenn das Verfahren
nicht eingestellt worden wäre.
....... .“

Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.


Wochen, Monate vergehen, niemand rührt sich.
Eine Antwort auf die Anfrage unterbleibt.

Als angeblich freier und mündiger Bürger hat der unmittelbar Be-
troffene in dem Gerichtsverfahren keinerlei effektiven Rechte. Ei-
ne arrogante überhebliche Justiz. Das Schlimme, sie entzieht sich
geschickt jeglicher Kontrolle. Zu beachten ist, es waren die Ab-
geordneten, die wissentlich oder unwissentlich der Justiz diese
menschenverachtenden Gesetze gaben. Einige Wenige halten in
diesem Lande die Macht in Händen. "Fraktionszwang" heißt das
Zauberwort, welches der sog. Demokratie den letzten Anschein
freier Gewissensentscheidung der Parlamentarier beraubt.
Das Parlament ist in seiner jetzigen Erscheinung letzten Endes
eine Täuschung der Bevölkerung, da die Entscheidungen an ei-
nem anderen Orte fallen, lange zuvor in kleinen Kreisen von den
Parteioberen gefällt worden sind. Mittlerweile werden ja alle wich-
tigen Entscheidungen beim Bundesverfassungsgericht getroffen.
185

Dem sog. Volke wird ein politisches Theater vorgeführt, damit die,
welche mit ihrem Kreuz bei der Wahl ihre Macht an einige Wenige
abgegeben haben, glauben, es finde ein "demokratischer" Wett-
streit zum Wohle der Wähler statt. Das "Volk" hat sich durch die
"Freßwelle", "Wohnwelle", "Urlaubswelle", "Sexwelle" und später
durch die "Medienwelle" willig entmündigen lassen. Nur so konn-
ten letztlich die Betreuungsgesetze entstehen, die "zum Wohle"
jedes Bürgers willkürlich angewandt werden können, wie dies
mein Anwalt gegenüber dem Amtsgericht wiederholt schriftlich
zum Ausdruck brachte.

Nach den Erfahrungen mit der Zwangseinweisung von 1989 muß-


te der bisherige Ablauf des Gerichtsverfahrens hinterfragt werden.
Sicher ist, wäre zu diesem Zeitpunkt der Staat mit seinem will-
kürlichen Betreuungsverfahren einfach ignoriert worden, die
Drahtzieher im Hintergrund hätten ihr Vorhaben abgebrochen.
Aber stets hätte im Hintergrund die Unsicherheit gelauert, ob das
Verfahren weitergeführt, oder irgendein neues Gerichtsverfahren
unter Hinweis auf die Zwangseinweisung von 1989 gegen mich
eröffnet wird.

Wollte im Herbst 1994 dann doch wissen, welche Ärztin sich


denn hinter der angeblichen Anregung des Betreuungsverfahrens
verbarg. Wichtig war auch, zu erfahren, ob das Gerichtsverfahren
wie vom Landgericht vorgeschlagen "formlos" eingestellt worden
ist. Meine Frau nahm Kontakt mit einem Anwalt auf, den wir im
Jahre 1989 im Zusammenhange der damaligen Zwangspsychiat-
risierung durch ein Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft
vermittelt bekommen hatten. Der Jurist sollte Akteneinsicht vor-
nehmen und meine Ehefrau bezüglich des Betreuungsverfahrens
eventuell beraten.
Im Verlaufe der Geschäftsvereinbarungen erbat der Anwalt auch
eine Unterschrift von meiner Person. Ging selbstverständlich da-
von aus, diese ist wegen der Akteneinsicht notwendig. Meine
Ehefrau ließ sich eine Kopie der Akten schicken. Diese war an die
hundert Seiten stark.

Es stellt sich heraus, eine uns unbekannte Ärztin des Bezirks-


krankenhauses, wo ich 1989 rechtswidrig festgehalten wurde,
schreibt an eine Richterin einen Brief. Jahre später wird in ei-
nem Gutachten stehen, die Richterin war eine Bekannte der Ärz-
tin. In dem Brief steht nur, sie die Ärztin rätsele, warum sie Briefe
186

von mir erhalten habe. Weiter sei der Inhalt ihrer Meinung nach
mit Denkstörungen behaftet. Auch sei der Schreiber bereits ein-
mal in ihrem Krankenhaus in Behandlung gewesen und man ha-
be damals die Diagnose "schizophrene Psychose" gestellt. Auch
habe der Verfasser der Briefe möglicherweise zwei Kinder, sie wol-
le deshalb das Gericht informieren.

Kein Hinweis in dem Schreiben der Ärztin, man glaube ärztlicher-


seits, der Mann müsse unter Betreuung gestellt werden. Es wer-
den nur Gedanken als Denkstörung klassifiziert und eine fünf
Jahre alte angebliche Diagnose weitergegeben, die ohne persön-
liche Untersuchung erstellt worden war. Damit beim Leser kein
Irrtum entsteht, im Jahre 1997 stellt ein gerichtlich bestellter Gu-
tachter eines anderen Bundeslandes lapidar fest, er betont dies in
Fettschrift, zu keiner Zeit bestanden Diagnosevoraussetzungen
für die Feststellung einer psychischen Erkrankung.

Die Diagnose aus dem Jahre 1989 wird selbst nach den Normen
der materialistischen Psychiatrie als Willkürakt entlarvt.

Laut Gesetz darf kein Arzt eine Diagnose weitergeben, unabhän-


gig ihrer Entstehungsweise. Er macht sich strafbar. Es kommt
noch dazu, die Diagnose ist über fünf Jahre alt, also schon des-
halb unbrauchbar. Spätere Kenntnis einschlägiger gesetzlicher
Bestimmungen zeigt auf, eine behördliche Anregung zu einer Be-
treuung eines Bürgers hat ausschließlich schriftlich zu erfolgen
und muß genau die Umstände schildern, warum eine Betreuung
eingerichtet werden soll.
Das Bezirkskrankenhaus ließ die einschlägigen gesetzlichen Vor-
schriften außer acht, indem es rechtswidrig eine Diagnose wei-
terleitet. Ja es fehlen auch nur Verdachtsmomente welche meine
Person belasten könnten, damit öffentlich-rechtliches Handeln
geboten erscheint.

Bei einer „Fehldiagnose“ werden zuvor auf jeden Fall die Diagno-
sevoraussetzungen eingehalten. Fehlen diese, kann es nur be-
wußt falsche Diagnosen geben. Jeder Laie kann in entsprechen-
den Fachbüchern die genauen Diagnosevoraussetzungen für die
Festsstellung einer psychiatrischen Erkrankung nachlesen. Er
wird wahrscheinlich erstaunt sein, daß es für die Diagnose der
"Schizophrenie" keine nachprüfbaren wissenschaftlichen Kriterien
gibt. Eine solche Diagnose ist laut Fachliteratur immer nur die
187

persönliche Überzeugung des Arztes, die er aufgrund von Ge-


sprächen mit dem zu Untersuchenden subjektiv feststellt.

Für jeden Dritten einsehbar, auf jeden Fall müssen einige Ge-
spräche zwischen Arzt und Bürger stattfinden. Ein Arzt, der ohne
Gespräche eine so schicksalsschwere Diagnose stellt, wie die
vermaledeite "Schizophrenie", ist außer medizinischer Stümper,
vor allem williger Handlanger Dritter.

Grundlegend muß der zu untersuchende Bürger "freiwillig" sich


bereit erklären, an den Gesprächen teilzunehmen. Eine Zwangs-
untersuchung ist kein Ersatz, da es -noch- keine diagnostischen
Mittel, wie Blutuntersuchung, sonstige Apparatemedizin etc. gibt.
Die 1989 im Bezirkskrankenhaus gestellte Diagnose wurde ohne
die in der Psychiatrie allgemein anerkannten wissenschaftlichen
Methoden erstellt. Sie stützt sich ausdrücklich lediglich auf zwei
elterliche Schreiben zu der Schulkreuzauseinandersetzung.

Die Akten offenbaren weitere interessante Details.


So wird am Tage, da die Betreuungsakte datiert wurde -am
10.Januar 1994- bereits ein Brief des Richters an die Be-
treuungsbehörde am Landratsamt geschrieben. Darinnen wird
die Benennung eines Betreuers für Herrn Seler verlangt. Die Be-
hörde wird gebeten, die Eignung dieses Betreuers für sein Amt zu
überprüfen. Es wird weiter der Auftrag erteilt, Herrn Seler zu be-
fragen, wen er sich als Betreuer wünscht. Dies geschieht ledig-
lich, um die Form zu wahren. Natürlich wäre nur der von der Be-
hörde vorgeschlagene amtliche Betreuer bestimmt worden.

Sogar der Laie weiß, in jedem Gerichtsverfahren gehören Beweise


auf den Tisch, um einen richterlichen Beschluß zu fassen. Da die
unbekannte Ärztin keine Betreuung anregt, sondern nur ihre
persönliche Meinung um irgendwelche Inhalte von Briefen wie-
dergibt, besteht keinerlei Anlaß für das Gericht, ein Betreuungs-
verfahren zu eröffnen. Weiter dürfte der Richter das Landratsamt
erst dann mit der Bestellung eines Betreuers beauftragen, wenn
zuvor von einem Sachverständigengutachter die Notwendigkeit
einer öffentlich-rechtlichen Betreuung zweifelsfrei festgestellt
worden ist. Denn jeder Betreuer muß ja wissen, mit welchen amt-
lich festgestellten Umständen er es zu tun hat, mit welcher Er-
krankung er konfrontiert wird. Alle Amtsrichter wissen, eine fünf
Jahre alte Diagnose, die noch dazu während einer Zwangseinwei-
188

sung entstand und sich nachweislich nur auf elterliche Briefe um


das Schulkreuz stützt, ist aus mehreren Gründen medizinisch
und rechtlich unbrauchbar. Erstens ist die Diagnose viel zu alt,
zweitens gibt es für diese keine Rechtsgrundlage, da gegen die
Erstellung eines Gutachtens erfolgreich Rechtsmittel eingelegt
worden war, drittens unterliegt jegliche Diagnose, egal ob medizi-
nisch und rechtlich zulässig, der ärztlichen Schweigepflicht.

Kein Arzt darf eine Diagnose weiterleiten.

Das Bundesministerium, welches im Zusammenhang der bereits


erwähnten Petition den ganzen Krampf mit dem Betreuungsver-
fahren untersuchte, stellt anfangs 1995 fest, es habe 1989 nur
eine psychologische Untersuchung stattgefunden.

Jeder Student hätte bei gewissenhafter Arbeitsweise die recht-


liche Sachlage erkannt und korrekt entschieden. Er hätte, da
keine schriftliche Anregung zu einer Betreuung vorlag, auch kein
gerichtliches Betreuungsverfahren eröffnet. Er hätte vor allem
auch als Erstes geprüft, ob die Ärztin behandelnde Ärztin ist. Er
hätte sich vor einer eventuellen gerichtlichen Eröffnung eines
Verfahrens auf jeden Fall erst in einem Vorverfahren mit dem
"Beschuldigten" in Verbindung gesetzt, um sich selbst ein objek-
tives Bild zu machen. Schließlich darf er nur bei öffent-
lich-rechtlichen Gründen gegen den Bürger einschreiten. Ein ge-
richtliches Hauptverfahren darf stets nur eröffnet werden, wenn
der betroffene Bürger vom Richter zu der zu behandelnden Ange-
legenheit rechtlich gehört worden ist.

Das neue Betreuungsrecht mißachtet diese grundsätzliche


Rechtsnorm eines Rechtsstaates.

Schon einem Studenten wäre klar gewesen, läge ein belegbarer


öffentlich-rechtlicher Grund zum Einschreiten gegen einen Bür-
ger vor, so kommt nur ein sog. "Unterbringungsverfahren" in Be-
tracht. Nur mit Hilfe der Unterbringungsgesetzte kann gegen den
erklärten Willen eines Bürgers vorgegangen werden. Die Anwen-
dung der Betreuungsgesetze setzt die Bereitschaft des Bürgers
voraus, sich auch betreuen zu lassen. Folglich muß jeder Bürger
sich mit der Eröffnung eines Betreuungsverfahrens erst einver-
standen erklären, gerade wenn unbekannte Dritte ein solches
Verfahren anregen.
189

Summa summarum, das Gerichtsverfahren war eröffnet worden,


ohne daß der Richter in seinen Akten auch nur vage einen Grund
für seine Entscheidung angegeben hat. Weiter wurde das Ergeb-
nis des Verfahrens vorweggenommen, indem Behörden mehrere
Betreuer vorschlagen und deren Eignung überprüfen sollten, be-
vor ein Sachverständiger die Notwendigkeit einer Betreuung fest-
stellen konnte.

Eine saubere unabhängige Justiz. Kein Wunder, daß das Justiz-


ministerium dieses Bundeslandes nach Einschaltung der Presse
die Notbremse zog und den Richter sofort versetzte.

Es war nur der intuitiven Reaktion zu verdanken, innerhalb kür-


zester Zeit einen geeigneten Anwalt beizuziehen, der den willkür-
lich handelnden Richter einigermaßen ausbremste. Wäre der Un-
sinn der Justiz ignoriert worden, hätte der Richter sofort einen
Verfahrensanwalt bestellt, der wie 1989 mit einer Untersuchung
einverstanden gewesen wäre, natürlich ohne mich vorher zu kon-
sultieren und hoppla, da wären dann die Polizisten wieder vorge-
fahren. 1989 hatte man die Straftaten der Justiz nur dadurch ka-
schieren können, indem in dem Gerichtsbeschluß, der die
Zwangseinweisung aufhob, stand, die erhebliche Gefährdung der
öffentlichen Sicherheit sei bei der Einlieferung in die Psychiatrie
durch eine Untersuchung festgestellt worden.

Tatsächlich wurde ich weder bei der Ankunft im Bezirkskranken-


haus, noch später psychiatrisch untersucht. Es fehlt eine Dar-
stellung, worinnen die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Si-
cherheit denn bestanden haben soll und mit welcher wissen-
schaftlichen Methode dies festgestellt worden sei. Schließlich er-
folgte die Festnahme durch Polizisten während einer Meditation
im Lotussitz. Es hätte schon ein massiver körperlicher Wider-
stand gegen diese willkürliche Freiheitsberaubung erfolgen müs-
sen, um auch nur vage von einer Gemeingefährlichkeit zu spre-
chen.

1994 wäre im Laufe des Betreuungsverfahrens auf jeden Fall die-


se gerichtlich festgestellte Gemeingefährlichkeit als Schutzbe-
hauptung erneut herangezogen worden, um "Herrn Seler" wieder
sofort auf die geschlossene Station (der anregenden Ärztin noch
dazu) zu verbringen, um dann das passende Gutachten erstellen
zu lassen.
190

1989 funktionierte das bereits einmal. Ein Arzt des Bezirkskran-


kenhauses regt eine Untersuchung wegen Briefen in der Schul-
kreuzangelegenheit an, gibt den Behörden vor, bei positiver Diag-
nose müsse unbedingt eine Therapie erfolgen, höchstwahrschein-
lich unter Zwang. Werde in das Krankenhaus dieses Arztes einge-
liefert.
Die Ärzte halten zusammen, keiner besitzt den Mut, gegen den
Chefarzt, der rechtlich die Zwangseinweisung zu verantworten
hat und wohl auch die Maßnahmen billigte, vorzugehen.

Da werden psychiatrische Ferndiagnosen am laufenden Bande


erzeugt, die als Grundlage für staatliche Gewaltmaßnahmen die-
nen, die dann die gewünschten Gutachten liefern. Anregung zur
Zwangseinweisung und die Durchführung erfolgen von derselben
Klinik. Es ist klar, daß die gewünschte Diagnose sich dann finden
lassen wird. Die Zwangsmaßnahmen müssen doch auch ärzt-
licherseits im Nachhinein gerechtfertigt werden.

Festzuhalten ist, auch bei Vorliegen einer "Schizophrenie" recht-


fertigt diese Diagnose für sich keinerlei staatliche Maßnahmen.
Es müßte ein Gesetz existieren, welches für "Schizophrenie"
staatliche Gewaltfürsorge vorsieht. Die Damen und Herren Psy-
chiater haben kunstvoll durch Jahre die Bevölkerung mit der Un-
diagnose Schizophrenie in Angst und Schrecken versetzt. Wo
grausamste Verbrechen geschehen, wird seit einiger Zeit einfach
der Täter als schizophren eingestuft und in die Psychiatrie ver-
frachtet. Die Psychiater tun sich mit dieser Praxis eigentlich kei-
nen Gefallen, da die Bevölkerung mit der Zeit unter "Psychiatrie"
nur mehr Tollheit, Unberechenbarkeit, Ausgrenzung und sonstige
Gemeinheiten vermutet.
Natürlich belasten auch die "Erfolge" aller Bezirkskrankenhäuser
des Dritten Reiches, die vielfach dienstbeflissen am Morden der
Insassen teilnahmen. Hoffen lassen nur einige wenige Klinikärzte,
deren Ansatz Menschen zu helfen, sich auf eine spirituelle Sicht-
weise des Menschen gründet. Es gibt sogar eine private Klinik in
Bayern, deren äußere Anlagen sich an der Harmonie von japani-
schen Zengärten ausrichten. In den Gebäuden gibt es Räume, de-
ren Decken das lebendige Wesen der Farben als therapeutisches
Mittel einsetzen. In einem Fernsehbericht waren meditierende
sog. "Patienten" zu sehen. Der Klinikchef vertrat in der Öffent-
lichkeit die Ansicht, es gäbe durchaus Menschen, die sich von ei-
ner höheren Wirklichkeit "durchstrahlt" wissen. Diesen werde
191

man mit einem Krankheitsbegriff keineswegs gerecht. Wohltuend


während dem Interview, der "Doktor" sprach stets von "Klienten"!

In der Betreuungsakte war auch ein Schreiben abgeheftet, das an


den Bundeskanzler und den Bundespräsidenten wegen des Ge-
richtsverfahrens abgesandt worden war. Es war der Versuch, die
Aufmerksamkeit der führenden Politiker auf das fehlerhafte Ge-
setz zu richten. Ein Gesetz, welches dem Staat gestattet, jeden
Bürger nur auf Verdacht hin einem Betreuungsverfahren zu un-
terziehen, bei dem er seine Weltanschauung, seine religiöse An-
schauung, seine politische Anschauung (Schulkreuz) gegenüber
dem Richter und dem staatlich bestellten Psychiater zu recht-
fertigen hat. Schließlich waren nur Briefe weltanschaulichen In-
haltes Anlaß meines Verfahrens. Ein Begleitschreiben an die Ho-
hen Herren war überschrieben "Hellsehen in der Gegenwart". Ru-
dolf Steiner selbst war ein außerordentlicher "Seher" gewesen,
dessen Fähigkeiten durch viele Zeitgenossen bezeugt worden
sind. Nochmals ob seiner Bedeutung der wichtigste Teil des Be-
gleitschreibens vom 14. Febr. 1994:

„1899 war das Kali Yuga abgelaufen. Neue Kräfte bereiten sich im Men-
schen vor, doch nicht nur solche, die, wie es in der "Geheimwissenschaft"
geschrieben steht, in der okkulten Schulung gewonnen werden können. Es
wird in den nächsten Jahrzehnten so kommen, daß einige Menschen sagen
werden, sie sehen die Menschen ja ganz anders. Die Wissenschaft wird ih-
nen nicht mehr genügen. Den Ätherleib werden die Menschen allmählich
sehen. Vorausahnen, voraussagen werden einige Menschen dieses und je-
nes, Zusammenhänge und so weiter. Das tritt allmählich auf.
Zweierlei kann nun eintreten. Nehmen wir an, es hätte nie eine Anthroposo-
phie gegeben, die da sagt, daß sie so etwas erklären könne. Dann würden
die Menschen sagen solche, die so etwas sehen, sind irrsinnig - und wür-
den sie in Irrenhäuser stecken. Oder aber die Anthroposophie hat Glück und
findet Eingang in die Herzen der Menschen. So haben wir wieder zwei Ent-
wickelungsströmungen. Diese eben beschriebenen Fähigkeiten entwickeln
sich in der äußeren Menschheitsströmung; unsere Individualität aber muß
in diese Fähigkeiten hineinwachsen. Verstehen lernen müssen die Men-
schen-Iche, was das eigentlich ist, was sich da entwickelt."
(Rudolf Steiner)

"Hellsehen" tritt also allgemein auf. Nach den Steinerschen Hin-


weisen tritt diese seelisch-geistige Fähigkeit immer stärker von
"Natur" aus bei Menschen an die Oberfläche des Bewußtseins.
Manche Menschen werden vielleicht zuerst erschreckt reagieren.
Falls sie sich von Fachleuten Hilfe erhoffen, kann es sein, sie ha-
192

ben Pech, geraten an vollkommen unfähige Fachärzte, die ihnen


einreden, sie seien verrückt. Das "Verrückte" ist jedoch, wenn wir
in Printmedien lesen, wie hochrangige Politiker, etwa ein Herr
Adenauer sich bei einer "Buchela", "Seherin von Bonn" genannt,
Rat einholten, oder sogar Wirtschaftsmagnaten sich der Dienste
solcher seelischen Fähigkeiten bedienen. Man braucht nur in den
Lebenserinnerungen von Frau Buchela nachlesen und wird inter-
essante Einzelheiten finden, sowie noch gültige Prophezeiungen,
die sich zum Teil derzeit bewahrheiten. Etwa der Zusammen-
bruch des Sozialsystems, oder die Warnung, es werde sich ein
"Staat" im Staate bilden, mit eigenen Gesetzen. Buchela, selber
einer ausgegrenzten Volksgruppe angehörend, warnte vor der
vollkommen falschen Politik, so viele Gastarbeiter mit ihrer ganz
anderen Kultur und Religion nach Deutschland zu holen, wenn
wir es unterlassen, diese zu integrieren. Die billigen Fremdarbei-
ter wurden nur ausgebeutet, isoliert, ins Ghetto getrieben, bis sie
sich ihrer Herkunft erinnerten und sich in ihrer mehr rückwärts-
gewandten Religion und Kultur verschlossen. Christentum und
Islam, beide Religionen und Kulturen müssen vorwärtsschreiten,
müssen das Trennende überwinden und sich durch das sog.
"Heidentum" befruchten lassen.
Mahnende Worte Rudolf Steiners, ob ihrer Bedeutung nochmals
zitiert:

„Entweder wird die heutige zivilisierte Menschheit sich dazu bequemen


müssen, ein solches selbständiges Geistesleben hinzunehmen, oder die ge-
genwärtige Zivilisation muß ihrem Untergang entgegengehen, und aus asia-
tischen Kulturen muß sich etwas Zukünftiges für die Menschheit ergeben.“
Am 02.November 1919 (Bibligr. Nr. 191)

Verhallten sie ungehört? Gerade auch bei den sog. "Anthroposo-


phen"? Sind wir mit unserer westlichen Zivilisation mitten im Un-
tergang? Gelingt es, uns aus der Lethargie der Selbstbannung he-
rauszureißen?

Ob die Staatshäupter von den an sie gerichteten Schreiben, den


Inhalten etc. je erfuhren? Nun von dem damaligen Bundeskanzler
ist bewußt, er war in der Tiefe seiner Seele sogar interessiert, den
Urheber der Schriften persönlich kennenzulernen. Vom damali-
gen Bundespräsidenten war bewußt, er war "upset", als er von
den rechtlichen Verhältnissen des südlichen Bundeslandes er-
fuhr. Bei dieser inneren Wahrnehmung des Präsidenten war es
bewegend, mitzuerleben, wie diese Seele nach dem Zweiten Welt-
193

krieg die zerstörten Großstädte unseres Landes erlebte, welche


erschütternde Kraft die Wahrnehmung der toten Häuser, Straßen
etc., auf diese Seele ausübte, sein politisches Handeln mit formte.
Sein Seelisch-Inneres war ganz auf der Seite der staatlich verfolg-
ten Familie. Als oberster Repräsentant der Bundesrepublik konn-
te er wohl keine öffentliche Position beziehen.

Was erbrachte die Akteneinsicht noch?

Daten wurden manipuliert. Ein Brief an das Gesundheitsamt und


Landratsamt war vor der offiziellen Eröffnung des Gerichtsverfah-
rens geschrieben worden. Das konnte jemand bemerken, flugs
hatte ein „guter Geist“ das Datum mit der Hand geändert. Am
selben Tag wird bereits das Landratsamt beauftragt, mehrere Be-
treuer für mich auszusuchen, ihre Eignung festzustellen.
Wie kommt der Richter dazu, ohne mich persönlich zu kennen,
vor Eröffnung des Verfahrens bereits Betreuer auf ihre Eignung
hin überprüfen zu lassen. Dies ergibt die Akteneinsicht. Reine
richterliche Willkür, Manipulation der Akten.

An dieser Stelle passen Worte von Frau Buchela5, der sog. "Sehe-
rin von Bonn":

„Eure Richter sind verrottet. Sie geben Schuld nicht mehr nach dem Sagen
und dem Gesetz, sondern um sich selbst im Amte zu halten. Sie brauchen
sie. Die für Getanes hart, und viele, die für Ungetanes überhaupt büßen
müssen. Sie wollen und werden bald die größte Macht über euch und euer
Leben haben. Sie werden es mit Willkür durch Ungerechtigkeit zerstören... .“

Weiter die Akteneinsicht.

Zwei Monate nach Versetzung des Amtsrichters zieht ein Richter


des Landgerichtes, der offensichtlich die vakante Stelle vertritt
(meines Erachtens unzulässige Vermischung von Instanzen, da
kein Richter gleichzeitig an zwei Gerichtsinstanzen tätig sein darf)
die Gerichtsakten des Unterbringungsverfahrens von 1989 hinzu.
In der Betreuungsakte wird notiert, weil Herr Seler in seinen Brie-
fen eine Unterbringung erwähnt, wird das Landratsamt beauf-
tragt, nach etwaigen Akten zu forschen.

5 Aus "Buchela -Ich aber sage euch- Vermächtnis der großen Seherin“, S.258
194

Die Akten werden erwähnt, fehlen aber bei der Einsicht.


Es mögen Juristen erforschen, ob es mit dem Grundgesetz und
den Menschenrechten zu vereinbaren ist, wenn in einem Ge-
richtsverfahren der verantwortliche Richter versetzt wird und ein
neuer Richter das Verfahren übernimmt, ohne daß der Bürger
von dem Richterwechsel in Kenntnis gesetzt wird. Weiter ist zu
prüfen, ob während eines Gerichtsverfahrens der Bürger das
Recht hat, von jeglicher richterlicher Aktivität, die seine Person
betreffen, Kenntnis zu erhalten, damit er eben seine Interessen
wahren kann. In meinem Falle handelt es sich um ein reines ge-
richtliches Geheimverfahren, das geheim eröffnet, geheim durch-
geführt worden ist.
Nachdem der neue Richter die gewünschte Akte erhalten hat, gibt
er ein Ferngutachten in Auftrag. Er wählt natürlich einen befan-
genen Arzt. Es handelt sich um den Direktor eines weiteren Be-
zirkskrankenhauses, welches sich in demselben Amtsbezirk be-
findet, wo 1989 die Zwangseinweisung erfolgte.
Selbstverständlich verletzte der Richter die Gesetze, da Ferngut-
achten über Personen nur nach Aktenlage gesetzlich ausdrück-
lich verboten sind. Jedoch aufgrund der richterlichen Unabhän-
gigkeit kann diese Verletzung der Gesetze während des Gerichts-
verfahrens weder vom Anwalt, noch vom Betroffenen geahndet
werden. Weiter schützt der Gesetzgeber in unzulässiger Weise die
Richter, weil der Bürger grundsätzlich kein Anrecht hat, die Ver-
fahrensweise des Richters zumindest nachträglich überprüfen zu
lassen. Viele Anwälte werden die Diktatur der Richter kennen. Es
ist beschämend, wie oft erst der Bundesgerichtshof Abhilfe
schafft.

Das Gutachten wurde am 23.Juni 1994 erstellt.


Es ist in sich widersprüchlich.
Greifen wir einige Absätze heraus:

„Unter dem 20.12.1993 hat Herr S. an Ärzte/Ärztinnen des Bezirkskran-


kenhauses R..... geschrieben. Er hat hier - neben ausführlichen Darlegungen
Rudolf Steiners´scher Gedankengänge - sich gegen eine - wie auch immer
geartete psychiatrische Behandlung ausgesprochen.“

Der Gutachter lügt. Habe mich in diesem Schreiben weder für


oder gegen eine psychiatrische Behandlung ausgesprochen, son-
dern die Verletzung von Grundrechten aufgezeigt, die mit der
Zwangseinweisung einhergingen und von dem Bezirkskranken-
195

haus zu verantworten sind. Es wurde aufgezeigt, die verantwort-


lichen Ärzte, welche mich nach der polizeilichen Festnahme ohne
jegliche medizinische Untersuchung festhielten, verletzten meine
Grundrechte und machten sich strafbar. Sie verweigerten die Bei-
ziehung eines Anwaltes, der sicherlich sofort der Willkür ein Ende
gesetzt hätte. Später haben Gericht und Bezirkskrankenhaus die
Straftat zu vertuschen gesucht, mit Duldung meiner Anwältin,
indem behauptet wurde, es sei bei meiner Einlieferung durch eine
medizinische Untersuchung eine tatsächliche Gemeingefährlich-
keit festgestellt worden. Alleine in den Fängen der Weißkittel hat
der Bürger keinerlei Chance, mögliche Straftaten juristisch ahn-
den zu lassen, wenn Polizei und sogar Gerichte an den Straftaten
und später an der Vertuschung mitwirken.

Einige weitere aufschlußreiche Sätze des Psychiaters aus der gut-


achtlichen Stellungnahme zeigen, der Gutachter versucht sich
aus der Affäre zu ziehen. Er will auf der einen Seite kein bewußt
falsches Gutachten abliefern, möchte aber auf der anderen Seite
der Justiz, dem Auftraggeber dienlich sein. Sollte ein Gutachter
wiederholt die Erwartungen der Justiz enttäuschen, so bekommt
er eben keine Aufträge mehr. Es gibt derartige Listen! Anwälte
haben dies wiederholt öffentlich beklagt.

„Die Ausführungen (in den Briefen) erscheinen einseitig, in der psychopatho-


logischen Nomenklatur sicherlich als sogenannte "überwertige Ideen", je-
doch nicht zwangsläufig wahngeprägt.“

Jeder Idealist, ja ein Jesus Christus dürfte nach den Normen der
staatlichen Psychiatrie mit seinen Ideen als "überwertig" beurteilt
werden. Kann es überwertige Ideale, Ideen geben? Welche Ver-
höhnung. Die Menschheit verdankt gerade den von der materiali-
stischen Psychiatrie als Spinner bewerteten Menschen ihren
Fortschritt. Was wären wir ohne die "überwertigen Ideen" eines
Moses, Buddhas, Sokrates oder eines Mahatma Gandhi. Ein
Schulrat sagt ganz am Anfang der Auseinandersetzungen um das
Schulkreuz zu einem Beamten des Landratsamtes: "vielleicht ist
Herr Seler seiner Zeit voraus".

Daß wir wegen neuer Ideen wie im Mittelalter verfolgt würden,


haben wir zu keiner Zeit uns vorstellen können. Uns war be-
wußt, wir hatten rechtliches Neuland betreten, doch appellierten
wir an die menschliche Vernunft, an die Einsicht, beriefen uns
196

auf Grundrechte. Hätten die Politiker sich nur an den Überlegun-


gen des kleinen Schulrates gehalten, es unterlassen, ihr mittelal-
terliches Menschenbild eines religiös zu bevormundenden "Unter-
tanen" mit allen Mitteln durchzusetzen.

Folgender Satz des Gutachtens ist interessant:

"In noch höherem Maße verteidigt Herr S. (wiederum unter seinem bürger-
lichen Namen) seine "Hellsichtigkeit", die er im Sinne Steiners durchaus sub-
jektiv folgerichtig darlegt."

Was sagt uns da der Fachmann?

Herr Seler erklärt seine Fähigkeiten im "Sinne Steiners" klar und


logisch. Nun geht die Frage, ob das Hellsehen echt ist, ob logisch
erklärt, weder der Justiz, noch die Psychiatrie irgend etwas an.
Der Gutachter meidet es, sich festzulegen, schiebt im folgenden
Satz die Verantwortung auf einen Kollegen:

"Die beiden letztgenannten Schreiben erscheinen in der Darstellung der An-


liegen in sich - und vor allen Dingen subjektiv, worauf es letztlich ankommt -
folgerichtig und auch für den Gutachter einfühlbar begründet. Zweifelsohne
vorhandene psychopathologische Auffälligkeiten ließen - ohne Kenntnis der
Vorgeschichte - nicht ohne weiteres auf das Vorhandensein einer Psychose
schließen."

Mit Vorgeschichte ist die Zwangseinweisung von 1989 gemeint.


Ja wenn der Herr Gutachter sogar auf meiner Seite ist, sich in
meine Situation einfühlen kann und weiter mein Vorbringen fol-
gerichtig und begründet beurteilt, warum wird dann unsere Fa-
milie von der Justiz verfolgt? War der Richter, der ja der Ent-
scheidungsträger sein sollte, unfähig, die elterlichen Briefe um
das Schulkreuz eigenverantwortlich zu bewerten? Ihm war doch
bekannt, das Bundesverfassungsgericht hatte das Schulkreuz-
problem anerkannt, wollte eine Grundsatzentscheidung fällen.
Sollten jedoch zu jenem Zeitpunkt eventuell einige Verfassungs-
richter sogar mit einer "psychiatrischen Lösung" klammheimlich
einverstanden gewesen sein???!!! Diese Frage sei einmal ange-
dacht. Immerhin wußten alle Verfassungsrichter des Ersten Se-
nates von Anfang an, wie wir verfolgt wurden, gewährten zu kei-
ner Zeit Schutz vor der willkürlichen Justiz des Bundeslandes. Es
war der "Schicksalskünstler" der endlich den damaligen Bundes-
verfassungspräsidenten Herrn Herzog weglobte, damit dann an-
197

dere Richter des Senates Mut faßten, das Rechtsproblem endlich


anzugehen. Wie viele Verfassungsbeschwerden mögen mit dieser
Taktik des „Aussitzens“ vom Obersten Gericht erledigt worden
sein. Der Europäische Gerichtshof rügte später das Bundesver-
fassungsgericht, weil andere Entscheidungen oft so lange dauer-
ten, sich über Jahre hinzogen.
In der Bundesrepublik Deutschland ist es nach den Normen der
Politik und der Justiz verboten, "hellsichtig" zu sein. Der Bürger
darf, wie im Dritten Reich, keine eigene Weltanschauung öffent-
lich vertreten. Damals wurde u.a. auch die Anthroposophie durch
die Machthaber verboten. Auch heute noch wird im Einzelfall die
Weltanschauung des Bürgers überwacht.
Der Gutachter:

Die jetzt als Beurteilungsgrundlage zur Verfügung stehenden schriftlichen


Zeugnisse des Herrn S. weisen in hohem Maße psychopathologische Auffäl-
ligkeiten auf. Unverkennbar ist jedoch, daß der formale Gedankengang in
diesen Schriftstücken geordnet erscheint, daß Hinweise eindeutiger Art für
das Vorhandensein von Wahngewißheiten, Wahnstimmungen vorhanden
sind, daß sich diese am ehesten als sogenannte überwertige Ideen zu
benenennden Auffälligkeiten (Hellsichtigkeit u.a.) nicht von im
Rahmen anthroposophischer Gedankengänge stehenden quasi reli-
giösen Überzeugungen trennen lassen.

In der Bundesrepublik Deutschland führt die Inanspruchnahme


eines Grundrechtes und Menschenrechtes, eine eigene Weltan-
schauung auszuüben, dazu, von dem Staat dahingehend beurteilt
zu werden, ob eine staatliche Zwangsbetreuung eingerichtet wer-
den muß. Anlaß für das Betreuungsverfahren bildete der zu er-
wartende Teilerfolg in Karlsruhe, denn die Zwangschristianisie-
rung mit Hilfe des Kruzifixes, also der Leichnamsdarstellung, wä-
re auf jeden Fall vom Höchsten Gericht dem Bundesland unter-
sagt worden.
Es ist wichtig darauf hinzuweisen, erst seit den Betreuungsgeset-
zen, welche im Jahre 1992 rechtliche Anwendung finden, ist diese
"Weltanschauungskontrolle" durch den Staat möglich. Zuvor
konnte der Staat wegen eines Briefes keine staatliche Aufsicht
einrichten. Sicherlich wurden auch vor 1992 Menschen wegen
Briefen etc. in Psychiatrien eingewiesen, doch mußten sie meist
doch bald wieder entlassen werden. Sicherlich sind dies Einzel-
fälle, doch folgender Bericht wird den Leser hoffentlich von dem
Irrtum kurieren, die Psychiatrie ist niemals Helfershelfer der Poli-
tik und der Kirche.
198

Im Jahre 1989 ein Anruf aus Bonn.

Der Mann stellte sich als ehemaliger Polizeioffizier vor. Er habe


gerade in einer Frauenzeitschrift über unseren Fall gelesen. Seine
Ehefrau sei kürzlich zum Amtsarzt bestellt worden, weil sie als
Geistheilerin tätig sei. Im weiteren Verlauf des Gespräches er-
zählte der ehemalige Polizist, er habe mehrere hohe Dekorationen
erhalten, unter anderem von einem afrikanischen und dem japa-
nischen Kaiser. Er sei nach dem Kriege für den Aufbau der Poli-
zeitruppe verantwortlich gewesen, welche die Motorradeskorde bei
den Staatsbesuchen stellte. Bezüglich der Psychiatrisierung
durch den Staat, könne er mir versichern, er habe noch in den
50er Jahren persönlich mehrere Katholische Priester in Nerven-
heilanstalten abgeliefert. Der einzige Anlaß für diese staatliche
Gewaltmaßnahme bestand darinnen, diese Männer wollten ihr
Amt aufgrund ihrer Erlebnisse im Dritten Reich niederlegen. Dut-
zende seien eingeliefert worden. Es war der Stimme des Mannes
zu entnehmen, wie er sein damaliges Handeln zutiefst bedauerte.
Vollkommen ungewiß blieb, ob und wann diese ehemaligen Ka-
tholischen Priester die Staatliche Psychiatrie verlassen hatten.

Bin dem Schicksal dankbar, daß der Polizeioffizier aus Bonn mich
über die Zusammenarbeit von Staat und Kirche unterrichtete. Es
wäre interessant, zu erfahren, wie es den ehemaligen Priestern
geht. Starben sie in den damals üblichen riesigen Gemeinschafts-
sälen, den Katakomben der Psychiatrie? Wurden sie als ungefähr-
liche seelische Krüppel entlassen, unfähig der Welt mitzuteilen,
warum sie ihr Priesteramt aufgaben, was sie in der staatlichen
Psychiatrie erlebten?

Das Gutachten endet lapidar:

"Nach Überzeugung des Unterzeichneten dürfte damit eine "psychische


Krankheit, eine seelische Behinderung im Sinne des § 1896 Abs.1, die zur
Errichtung einer Betreuung führten müßte, nicht vorliegen...." ("führten" so
im Original).

Interessant ist, dieses Gutachten geht am 29. Juni 1994 laut


Eingangsstempel beim Amtsrichter ein. Am selben Tag ging meine
Anfrage an das Gericht ein, ob das Verfahren beendet sei. Eben-
falls durch amtlichen Stempel nachprüfbar.
199

Blicken wir wieder in die Gerichtsakten:


S.98

"Amtsgericht S.
Vormundschaftsgericht
05.07.1994

Verfügung

Mit der Akte an das


Bezirkskrankenhaus W.

Sehr geehrte Herr. Dr. Sch.


Anbei übersende ich Ihnen nochmals die Betreuungsakte betreffend Herrn
E. Seler mit der Bitte, sich noch gutachtlich dazu zu äußern bzw. klarzustel-
len, ob der Betroffene aufgrund seiner psychischen Krankheit nicht für sein
eigenes gesundheitliches Wohl Sorge tragen kann und ob die Unterlassung
ärztlicher Hilfe dem Wohle des Betroffenen zuwiderlaufen würde. Würde
gegebenenfalls eine gegen den Willen des Betroffenen veranlaßte ärztliche
Maßnahme dem Wohle des Betroffenen eher abträglich sein? Ich bitte auch
noch um Stellungnahme dazu, ob davon auszugehen ist, daß der Betroffene
seinen Willen frei bestimmen kann. Ich ersuche, die nach Erstellung Ihres
Gutachtens eingegangenen weiteren Scheiben des Betroffenen mit in die gu-
tachtlichen Erwägungen einzubeziehen.
Für eventuell erforderliche telefonische Rückfragen stehe ich gerne zur Ver-
fügung (Tel.: XXXX).
E.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Richter am Landgericht"

Wie kommt ein Richter des Landgerichtes dazu, die Angelegenhei-


ten des Amtsgerichtes zu regeln? Das ist schon eine merkwürdige
Verquickung der Instanzen, wie bereits erwähnt.

Wir sehen wieder die Kunst der Aktenführung. Durch geschickte


Fragen wird dem Gutachter signalisiert, welches Ergebnis er-
wünscht wird. Der Richter scheut sich, eine Zwangsmedikamen-
tierung vorzunehmen. Er gibt aber vor, der Gutachter hat nun ge-
fälligst eine Krankheit festzustellen:

"ob der Betroffene aufgrund seiner psychischen Krankheit... ."


In dem Gutachten will der Arzt keine Krankheit feststellen, er be-
ruft sich auf eine fünf Jahre alte Diagnose, welche er in den Ak-
ten bereits vorfinden würde. Wir wissen jedoch, ein Gutachter ist
gesetzlich verpflichtet, alleinverantwortlich zu prüfen. Stützt er
200

sich auf ein früheres Gutachten, so könnten ja eventuelle Fehler


ungeprüft übernommen werden. Wie kommt also nun der Richter
dazu, von einer Krankheit zu schreiben? Er signalisiert dem Gut-
achter, was er haben will.
Wie ist es möglich, aufgrund von Ferngutachten und Ferndiagno-
sen festzustellen, ob ein Bürger einen freien Willen besitzt?

Der Gutachter ist eingeschüchtert.

Ohne auch nur an irgendwelchen Textstellen zu begründen,


schreibt er in einem Ergänzungsgutachten davon, bei einer Un-
tersuchung dürfte sich eine Krankheit feststellen lassen. Er gibt
also dem Richter anscheinend eine Legitimation in die Hand. Der
Arzt weigert sich immer noch, die Verantwortung ganz zu über-
nehmen. Trotzdem faselt er ohne konkreten Hinweis davon, es
dürfte sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben, Herr Seler be-
sitzt keinen freien Willen. Der Psychiater als Prophet. Er spricht
sich jedoch gegen eine Zwangsmedikamentierung aus, da sie kei-
ne Besserung versprechen würde. Auch würden die massiven Ne-
benwirkungen gegen eine Behandlung sprechen. Damit der Rich-
ter doch eine Handhabe hat, faselt der Gutachter weiter, wenn
Herr Seler etwa Diabetes hätte und sich nicht behandeln lassen
würde, käme seiner Ansicht nach u.U. eine Betreuung durch den
Staat in Betracht.

Der Richter hat ein Gutachten, welches ihn auffordert, nachzu-


forschen, ob Herr Seler eventuell Diabetes hat, oder ähnliches.
Hoppla, da haben wir einen erfundenen, konstruierten Rechts-
grund, um den "Kruzifixkläger" doch noch einer Zwangsuntersu-
chung zuzuführen.

Es soll ein Satz aus dem Gutachten erwähnt werden, der die gan-
ze Erbärmlichkeit der staatlich materialistischen Psychiatrie of-
fenbart:

-Seite 108 der Betreuungsakte-

„Die psychische Krankheit bei Herrn S. ist charakterisiert - soweit sich dies
aus dem Schriftverkehr entnehmen läßt - vor allem durch Störungen, die
sich auf das Geistige Erleben des Herrn S. Beziehen. Im weiteren läßt sich
entnehmen, daß die -anzunehmende- Erkrankung aus dem Formenkreis der
schizophrenen Erkrankungen erst nach dem 30. Lebensjahr manifest ge-
worden ist, und daß sich im weiteren ergeben dürfte, daß diese Erkrankung
201

überwiegend primär chronifizierend und fast ausschließlich in einer wahn-


haften Form aufgetreten ist.“

Wie ist dies mit dem ersten Gutachten desselben Mannes zu ver-
einbaren, als er feststellt:
-Seite 77 der Betreuungsakte-

„.....daß sich diese am ehesten als sogenannte überwertige Ideen zu benen-


nenden Auffälligkeiten (Hellsichtigkeit u.a.) nicht von im Rahmen anthropo-
sophischer Gedankengänge stehenden quasi religiösen Überzeugungen
trennen lassen.“

Wie ist der plötzliche Sinneswandel des staatlichen Gutachters zu


erklären? Widersprüche in den zwei Gutachten. Sicherlich gab es
Telephongespräche.
Der Leser mag bitte aufhorchen, wie geschickt der Gutachter das
Ergebnis eines zukünftigen Gutachtens an der Person vorgibt.
".....und daß sich im weiteren ergeben dürfte....". Da haben wir
doch glatt den Psychiater in der Rolle eines Propheten. Mit dem
Ergänzungsgutachten endet vorläufig die Betreuungsakte.

Erkenne sofort die außerordentliche Gefahr. Gegen eine einstwei-


lige Verfügung des Richters gibt es keine aufschiebenden
Rechtsmittel. 1989 mußte noch die Freiheitsberaubung mit der
Behauptung, eine Untersuchung hätte ergeben, Herr Seler sei
gemeingefährlich, gedeckt werden. Nun konnte der Betreuungs-
richter verfügen, nur eine stationäre Untersuchung könne fest-
stellen, ob eine Betreuung vonnöten sei.

Aufgrund des Aktenstudiums frage ich sofort schriftlich beim Ge-


richt nach dem Stand des Verfahrens. Wies außerdem auf all die
Widersprüche der Gutachten hin, beschwerte mich auch über die
geheime Erstellung derselben.

Erhalte keine Antwort, wochenlang.

Wiederholte Anfragen, auch per Einschreiben, werden mißachtet.


Weise den Richter darauf hin, wenn er sein Begehr nach einem
Gutachten begründet, würde ich mich eventuell sogar freiwillig
untersuchen lassen. Nur müsse der Staat sich bereit erklären,
auch die Kosten zu übernehmen. Der Richter wollte nämlich bis-
her, ich selbst solle das Gutachten in Auftrag geben, somit auch
die Kosten zahlen. Mit einer freiwilligen Untersuchung sollte die
202

Familie von der psychischen Belastung eines weiter andauernden


Gerichtsverfahrens mit ungewissem Schicksal entlastet werden.
Keine Reaktion des Richters.

Das ganze Geschehen konnte nur von Politikern im Hintergrund


inszeniert worden sein. Einzelne Richter als Hanswürste der Poli-
tik. Auch die sog. richterliche Unabhängigkeit bietet keine
Rechtsgrundlage, eine Familie über Jahre psychisch zu drangsa-
lieren. Da die Politik informiert war von Landrat über Minister-
präsident bis hin zum Bundeskanzler, hätten die Verantwortli-
chen auf allen Ebenen handeln müssen. Alleine der Amtseid des
Bundeskanzlers Kohl, Gerechtigkeit gegenüber jedem Bürger..... .

Bat schließlich meine Ehefrau, ihren Anwalt zu fragen, ob er


mich eventuell rechtlich vertreten würde.
Bevor eine Geschäftsvereinbarung zwischen Anwalt und mir zu-
stande kam, gab es einen Kontakt zwischen Richter und dem
Anwalt meiner Ehefrau. Offensichtlich übte der Richter massiven
Druck auf den Anwalt aus.

Der Anwalt stand während des ersten Telephongespräches er-


kennbar unter dem Einfluß des Richters, es fehlte der Mut, den
Justizskandal aufzudecken. Er wollte den Richter um einen 14-
tägigen Aufschub bitten, damit wir einen Gutachter vorschlagen
könnten. Anwälte sind letztlich von den Gerichten abhängig, ha-
ben tagtäglich mit Richtern zu tun. Nur selten wird ein Anwalt es
wagen, gegen die Mauschelei von Politik und Justiz offen vorzu-
gehen. Konnte mir keine Hilfe von diesem Anwalt erhoffen. Sagen
wir entschuldigend, es gab möglicherweise Mißverständnisse, da
der Anwalt für mich aktiv wurde, bevor eine Geschäftsvereinba-
rung vorlag. Der Anwalt warnte am Telephon eindringlich vor ei-
ner Zwangseinweisung. Er teilte mit, er wolle mir noch ein rich-
terliches Schreiben zusenden. Bat den Manne, er möge dem Rich-
ter mitteilen, er sei nicht mein Rechtsvertreter.

Das Schreiben des Richters vom 18.10.1994:

„Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt W.,


es wird mitgeteilt, daß der Hinweis im Zusammenhang mit der Aktenein-
sicht wegen der Vertiefung evtl. Maßnahmen gemäß ' 68 b FGG keine Reak-
tion ausgelöst hat.
Es wird daher um Stellungnahme binnen 2 Wochen gebeten, ob der Betrof-
fene bereit ist, sich aus freien Stücken bei einem Sachverständigen seiner
203

Wahl vorzustellen, damit dieser ein Gutachten erstellen kann.


Verneinendenfalls ist zu prüfen, ob von ' 68 b III 1 FGG (ggfs. Auch von ' 68
b IV FGG) Gebrauch zu machen ist; die gutachtlichen Ausführungen des Be-
zirkskrankenhauses W. vom 23.06.94 vor allem der vom 9.08.94 lassen ei-
nen Abschluß des Verfahrens bei derzeitigem Sachstand nicht zu.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. L.
Richter am Amtsgericht“

Als ich diese Zeilen in Händen hielt, lief es mir eiskalt über den
Rücken. Durch einschlägige Literatur war bekannt, der genannte
§ 68 beinhaltet die zwangsweise Vorführung des Bürgers zu ei-
nem Arzt, ja es wird sogar vom Richter eine mögliche stationäre
Zwangsuntersuchung (§ 68 b IV FGG) angedroht. Ohne gegen-
über dem Anwalt auch nur vage die richterliche Prüfung von
Zwangsmaßnahmen zu begründen, mißbraucht der Richter, al-
leine in dem er droht, seine sog. richterliche Unabhängigkeit.
Keine Dienstaufsicht, keine Strafanzeige, keine Verfassungsbe-
schwerde, wie wir sehen werden, kann den Richter stoppen. Die
Drohung der stationären Zwangseinweisung wird von Herbst
1994 bis zum März 1997 aufrecht gehalten werden.

Alle Befürchtungen waren gerechtfertigt, begründet. Ich würde


sicherlich wieder in das Bezirkskrankenhaus von 1989 einge-
wiesen werden und käme dann nie mehr heil aus der Psychiatrie
heraus. Das letzte Gutachten gab allen möglichen weiteren Gut-
achtern vor, was von ihnen erwartet wurde:

Herr Seler sollte für schizophren erklärt und dann zwangsbehan-


delt werden.

Nur so konnte die elterliche Verfassungsbeschwerde wegen der


staatlich verordneten Schulkreuze beim Bundesverfassungsge-
richt zurückgezogen werden.

Der richterlichen Unterschrift war zu entnehmen, mittlerweile


war der dritte Verfahrensrichter mit der Angelegenheit beschäf-
tigt.

Im Geheimen werden Richter versetzt, werden neue Richter aktiv,


die nie Kontakt mit mir aufnehmen. Auf Teufel komm raus sollen
staatlich gedungene Psychiater Herrn Seler für verrückt erklären.
Das Bundesland verhält sich wie eine "Bananenrepublik".
204

Schrieb nochmals dem Amtsgericht, es möge sich mit seinen An-


liegen direkt an mich wenden.
Es kam keine Antwort.
Reichte alsbald am 30.Oktober 1994 eine Feststellungsklage beim
Verwaltungsgericht ein. Es mußte festgestellt werden, ob die Ein-
leitung, die Verfahrensweise und die Dauer des Betreuungsver-
fahrens rechtens war.
Mußte als Betroffener seit zehn Monaten mit einer drohenden
staatlichen Betreuung gegen meinen Willen leben. Meine Ehefrau
mußte zehn Monate lang damit rechnen, ein Betreuer mischt sich
in ihre grundgesetzlich geschützte Ehe ein. Die Kinder mußten
zehn Monate mit der erneuten Verschleppung ihres Vaters rech-
nen.

Das Verwaltungsgericht nahm die Klage an!

Erhielt höchst interessante Abschriften im Laufe des Verfahrens.


Der von mir angegriffene Amtsrichter schreibt der Landesanwalt-
schaft einen Brief, in dem er in jammerndem Tone bekanntgibt,
die Briefe des Herrn Seler seien so ungewöhnlich, daß ein Be-
treuungsverfahren eingeleitet werden mußte.

Der dritte Verfahrensrichter vermeidet es, die Eröffnung des Ge-


richtsverfahrens mit der angeblichen Anregung durch eine unbe-
kannte Ärztin zu rechtfertigen, wie der erste Richter. Diese wäre
juristisch haltlos. Es müßte schon eine behandelnde Ärztin exi-
stieren, die dann auch schriftlich ihr Anliegen begründen müßte.
In dem Schreiben der Ärztin taucht weder die Anregung zu einer
Betreuung, noch sonst ein konkreter Anlaß, der zu einer solchen
führen könnte, auf. Der Richter gibt gegenüber dem Landesan-
walt an, lediglich die Inhalte von Briefen seien der Anlaß für das
Betreuungsverfahren. Erinnern wir nochmals, in dem beanstan-
deten Brief, der das Betreuungsverfahren auslöst, wird das Be-
zirkskrankenhaus beschuldigt, 1989 Rechtsbrüche begangen zu
haben, als es mich 12 Tage ohne Begründung und ohne Vorlage
des richterlichen Einweisungsbescheides festhielt. Offensichtlich
war das Verwaltungsgericht mit der Rechtsproblematik überfor-
dert, da es die Klage zuerst annahm und dann plötzlich feststellt,
die Zuständigkeit liege beim Landgericht.
205

Das Schreiben des Landesanwaltes an das Verwaltungsgericht:

„29.11.94
Verwaltungsstreitsache E. Seler
....

Der Verwaltungsrechtsweg ist nicht gegeben. Wir teilen die Bedenken des
Amtsgerichts -Vormundschaftsgericht- S. in anliegender Stellungnahme.
Bei den bisher getroffenen Maßnahmen nach dem Betreuungsgesetz bzw.
FGG handelt es sich um sog. unselbständige Verfahrenshandlungen. Diese
sind nicht selbständig anfechtbar. Dies ergibt sich nicht allein aus der Tat-
sache, daß der zuständige Richter des Vormundschaftsgerichts von Amts
wegen tätig wird und es sich um Maßnahmen der Amtsermittlung des Ge-
richts i. S. von § 12 FGG handelt, vergleichbar der Beweiserhebung des
Verwaltungsgerichts, die nicht selbständig anfechtbar ist. Dies gilt um so
mehr als die vom Gericht vorgenommen Verfahrenshandlungen durch das
Gesetz zwingend vorgesehen sind. Das Gesetz unterstellt als selbstver-
ständlich, daß die bisherigen Verfahrensschritte nicht einer isolierten An-
fechtungsmöglichkeit unterliegen. Dies belegt u.a. ein Blick auf § 68 b FGG,
wonach sogar die Anordnung unmittelbaren Zwangs (Vorführung zur Unter-
suchung) nicht anfechtbar ist. Um so weniger sollen sog. Verfahrenshand-
lungen gesondert anfechtbar sein. Eine Überprüfung der abschließenden
Entscheidung und des zugrundliegenden Verfahrens hat ex post im Wege
des Rechtsmittels zu geschehen und zwar nach FGG in einem Verfahren
durch die ordentliche Gerichtsbarkeit.
Aus dem Gesagten ergibt sich bereits, daß nach dem Willen des Gesetzge-
bers die eigentliche Entscheidung nach dem Betreuungsgesetz aber auch
gerichtliche Anordnungen, die mehr als nur einfache Verfahrenshandlungen
darstellen, erst recht aber letztere nicht der Verwaltungsgerichtsbarkeit un-
terworfen sind, wenn gleich sie "hoheitlich" getroffen bzw. durchgeführt
bzw. angeordnet werden. Rechtsmittel welcher Art auch immer sollen allein
im Zivilrechtsweg ergriffen werden können.
Die Landesanwaltschaft R. regt daher an, die Sache an die Zivilgerichtsbar-
keit zu verweisen. Dabei kommt nur eine Verweisung an das Landgericht in
Betracht, da eine Überprüfung des Handelns des Vormundschaftsgerichts
gem. § 19 FGG durch das Instanzgericht zu erfolgen hat. Dieses Verfahren
ist sachgerecht und ermöglicht dem Kläger bzw. Antragsteller effektiven
Rechtsschutz im Rahmen der Gesetze.
L.
Leitender Oberlandesanwalt.“

Die Klage wird hierauf vom Verwaltungsgericht als unzulässig er-


klärt. Rechtsmittel wurden eingeräumt. Immerhin war vorgese-
hen, die Klage als Beschwerde dem Landgericht zuzuleiten.

Da das Handeln des Verwaltungsgerichtes widersprüchlich war,


es hatte schließlich die Klage zuerst angenommen, wurde die
206

nächste Instanz angerufen. Diese schmetterte das Rechtsproblem


ebenfalls ab, wies ebenfalls den Weg, die Klage in eine Be-
schwerde umzuwandeln. Diese blieb am Landgericht bis Frühjahr
1996 liegen, wurde dann als unzulässig abgeschmettert.

Der "effektive Rechtsschutz" den sogar der Landesanwalt aner-


kannte, wird in diesem Bundeslande von den Verantwortlichen
ignoriert. Meiner Klage vor dem Verwaltungsgericht war der An-
trag auf Einstweilige Verfügung beigelegt. Dem Amtsrichter sollte
per einstweiliger Verfügung untersagt werden, mich zwangsein-
weisen zu lassen, um ein Gutachten zu erstellen. Eine Beschwer-
de gegen eine solche Verfügung hat keine aufschiebende Wir-
kung. Wie wir dem Schreiben des Landesanwaltes entnehmen
können, schiebt dieser die ganze Rechtsproblematik dem "Gesetz-
geber" in die Schuhe: "....daß nach dem Willen des Gesetzgebers"
und "...durch das Gesetz zwingend vorgesehen...".

Es war natürlich klar, wie man(n) in diesem Bundeslande mit


meinen Klagen und Beschwerden verfahren würde. Deshalb war
mit Erstellung der Klage beim Verwaltungsgericht zeitgleich eine
Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht worden.

Die Verwaltung des Bundesverfassungsgerichtes wollte zunächst


keine Voraussetzung für eine Beschwerde erkennen. Ich bestand
auf einer richterlichen Entscheidung. Nach mehrmaligem Schrift-
wechsel verlangte das Oberste Gericht eine Kopie der richter-
lichen Verfügung zur Erstellung der geheimen Gutachten.
Diese wurde dem Obersten Gericht zur Verfügung gestellt. Beton-
te nochmals, die Verfassungsbeschwerde richtet sich ausschließ-
lich gegen die geheim erstellten Gutachten. Die Einleitung des
Betreuungsverfahrens werde vom Verwaltungsgericht geprüft,
welches eine Feststellungsklage angenommen habe.
Gegen die Erstellung und Verwendung der geheim erstellten Gut-
achten gibt es keine Rechtsmittel.
Mit solchen geheimen Gutachten war ich ja 1989 zwangseinge-
wiesen worden. Wenn geheime Gutachten den Verlust von
Grundrechten bewirken, wird der Richter zum Handlanger der
Politik. Ich wurde erst eineinhalb Tage nach der Festnahme von
einem Richter gehört. Dieser beantwortete meine Frage, warum
ich in der Psychiatrie festgehalten werde, damit: „Sie stören die
Ordnung“, wobei er weder den Einweisungsbescheid noch das
angebliche Gutachten vorlegte. Kein Diktator würde seine Justiz
207

besser im Griff haben, wie die seit Jahrzehnten herrschende Par-


tei des Bundeslandes. Sie setzt von vornherein ihr hörige Richter
in alle entscheidenden Positionen ein. Sogar der Verfassungsge-
richtshof ist vor allem mit Richtern besetzt, die oft gleichzeitig
wichtige Funktionen innerhalb der Katholischen Kirche und der
Politik ausüben.

Auszüge aus der Verfassungsbeschwerde, welche der Erste Senat


des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe erhielt:

30.Oktober 1994
„Zur Vorgeschichte:
.....
Das Amtsgericht S. führt seit Januar 1994 Ermittlungen zur Einleitung einer
Betreuung... ...mit der eventuellen Folge, daß eine Zwangsuntersuchung
durchgeführt wird und mir dann (aufgrund des bisherigen Verfahrens an-
zunehmen) meine grundgesetzlich garantierten Bürgerrechte genommen
werden. Die im Verfahren genannten Maßnahmen:

Gesundheitsfürsorge
Bestimmung des Aufenthalts
Vermögenssorge
Empfangen und Öffnen der Post

Ursächlich steht dieses Verfahren im Zusammenhang mit unserem Vor-


gehen gegen das Schulkreuz -Klage beim Bundesverfassungsgericht (Az.: 1
BvR 1087/91).

Wie in der Ablehnung der einstweiligen Verfügung zum Schulkreuz Ihres


Gerichtes dargelegt, sollten sich bis zur endgültigen Entscheidung Kreuze in
den Klassenzimmern seitlich und ohne Kreuze befinden.
Trotzdem hat die Schulbehörde immer wieder versucht, in Klassenzimmern
Kreuze mit Korpus vorne im Tafelbereich aufzuhängen. Dagegen haben wir
uns brieflich zur Wehr gesetzt und dies auch mit unserer Weltanschauung
begründet.
Diese Briefe wurden nun zur Einleitung dieses oben genannten Verfahrens
benutzt, unter Weglassung des Zusammenhangs mit der Schulkreuz-
problematik.
Der das Verfahren auslösende Brief(e) stand in direkter Beziehung mit dem
Versuch der Schulbehörde, im Klassenzimmer unseres Sohnes während des
Ethikunterrichtes ein Korpuskreuz aufzuhängen.
Das Amtsgericht hat das Betreuungsverfahren eröffnet unter Weglassung
des ursächlichen Anlasses meiner/unserer Briefe.
Da nach sechs Monaten offensichtlich keine konkreten Erkenntnisse dem
Gericht vorlagen, die eine Fortführung des Verfahrens gerechtfertigt hätten,
wurden die Briefe -auch meine Briefe an das Amtsgericht, in welchen ich
versuchte, Hilfestellung zu geben - zu einem nervenärztlichen Gutachten
208

(ohne meine Kenntnis) verwendet.


Abgesehen von der Fragwürdigkeit eines Gutachtens nur durch Briefe, noch
dazu unter Weglassung des ursächlichen Zusammenhanges, wurde in die-
ser Stellungnahme (Dr. Sch.) meine Weltanschauung psychiatrisch bewertet.
Beispiel, (Akte 76, Blatt 5 der Stellungnahme, Abs.2,3,4):

"...Die Ausführungen erscheinen einseitig, in der psychopathologischen


Nomenklatur sicherlich als sogenannte "überwertige Ideen", jedoch nicht
zwangsläufig wahngeprägt."

"In noch höherem Maße verteidigt Herr S. (wiederum unter seinem bürger-
lichen Namen) seine "Hellsichtigkeit", die er im Sinne Steiners durchaus
subjektiv folgerichtig darlegt."

"Die beiden letztgenannten Schreiben erscheinen in der Darstellung der


Anliegen in sich - und vor allen Dingen subjektiv, worauf es letztlich an-
kommt - folgerichtig und auch für den Gutachter einfühlbar begründet.
Zweifelsohne psychopathologische Auffälligkeiten ließen -ohne Kenntnis
der Vorgeschichte - nicht ohne weiteres auf das Vorhandensein einer Psy-
chose schließen."

Unter "Vorgeschichte" sind hier die Gerichtsakten von 1989 (rechtswidrige


Psychiatrisierung) zu verstehen, die dem Gutachter Sch. zur Verfügung ge-
stellt wurden.
Die Verletzung meiner Grundrechte (Weltanschauung, Religion, politische
Meinung) kommt besonders deutlich auf Seite 6 des Gutachtens (Akte 77)
Abs. 3 zum Ausdruck:

"Die jetzt als Beurteilungsgrundlage zur Verfügung stehenden schriftlichen


Zeugnisse des Herrn S. Weisen in hohem Maße psychopathologische Auffäl-
ligkeiten auf. Unverkennbar ist jedoch, daß der formale Gedankengang in
diesen Schriftstücken geordnet erscheint, daß Hinweise eindeutiger Art für
das Vorhandensein von Wahngewißheiten sind, daß sich diese am ehesten
als sogenannte überwertige Ideen zu benennenden Auffälligkeiten (Hellsich-
tigkeit u.a.) nicht von im Rahmen anthroposophischer Gedankengänge ste-
henden quasi religiösen Überzeugungen trennen lassen.“

Diese Zitate stellen nur eine Auswahl dar.


Nach solchen psychiatrischen Untersuchungskriterien dürften wohl auch die
Großkirchen ihre Lehren nicht aufrecht erhalten können. Zum Beispiel stützt
sich der jetzige Papst auf die sogenannte Fatima-Prophezeiung, die im Sinne
des Gutachtens von Dr. Sch. als "Wahnstimmung", "Wahngewißheit" zu be-
werten ist.
Darauf hinzuweisen ist, daß bereits 1989 der zwangsweise Versuch einer
Psychiatrisierung auch nur auf Grund der Interpretation des weltanschau-
lichen Inhaltes meiner/unserer Schulkreuzbriefe erfolgte, ich ohne vorherige
Anhörung verhaftet wurde, wegen angeblicher Gemeingefährlichkeit.
Alle "Verdächtigungen" jetzt, so wie auch damals, wurden -werden- aus
Briefen entnommen. Wie z.B.:
209

"Der Betroffene hat ein völlig unberechenbares Verhalten an den Tag ge-
legt, wie den vorgelegten Briefen zu entnehmen ist. So führte er etwa aus,
daß er seine Kinder mit seinem geistigen Schwert unbarmherzig verteidi-
gen werde". (Beschluß in der Unterbringungssache 1989)

-zu bedenken ist, warum es zu jener Aussage kam:


ein Beamter hat uns am Sterbetag des Ministerpräsidenten St. mitgeteilt,
der Staat habe geplant, uns die Kinder zu nehmen. An jenem Tage fuhr die
Familie zur Waldorfschule. Das Landratsamt hatte uns gebeten, eine solche
zu suchen........ .
Der Begriff "geistiges Schwert", aus jeglichem Zusammenhange gerissen,
mag für sich erst einmal Fragen aufwerfen. Eingebettet an seinem ur-
sprünglichen Platze, ergibt sich das mythologische Bild, wie es etwa durch
bildnerische Darstellungen des Erzengel Michael zum Ausdruck kommt.
"Kampf mit geistigen Mitteln", da ja auch auf Yogatechniken in obigem Zu-
sammenhange verwiesen wurde.
Der vom Gericht vorgeschobene Grund, bei einer Polizeivorführung der Kin-
der könnte ich gewalttätig werden...hätte nur zu einer Vorladung zu einem
Amtsarzt gereicht, vor allem, da der Schulstreik bereits ein Jahr dauerte,
somit kein "Überfall" auf unser Heim notwendig war.
....
Im Weiteren werden eventuelle Zwangsmaßnahmen angekündigt, wenn ich
nicht "aus freien Stücken" (eine merkwürdige Formulierung) einen Sachver-
ständigengutachter vorschlage.
Als Folge der Grundrechtsverletzungen droht mir nach den Erfahrungen von
1989 ..... ..ein Leben in einem geschlossenen Heim, die vollkommene Iso-
lierung... ..

- 1989 wurde vom selben Amtsgericht eine Untersuchung bis zu 3 Monaten


beschlossen (es erfolgte ein Polizeiüberfall auf unser Haus...). Der Gutachter
sagte gleich zu Beginn des ersten Gespräches, "nach 6 Monaten entscheide
nicht ich, sondern die Richter, ob Sie frei kommen", was durchaus als Dro-
hung zu erleben war und meinen Hausarzt zu der Bemerkung veranlaßte,
"man wollte sie durchdrehen lassen" (es wurde bei der "Aufnahme" auf Do-
kumente verwiesen, die einen angeblich früheren stationären Aufenthalt
beweisen würden - deshalb wurde ich erst gar nicht untersucht, bei der
Aufnahme-; mir wurden damals Anrufe an Ehefrau, welche ja wissen müß-
te, ob ich stationäre Behandlung erfahren hätte, sowie an einen Anwalt
verwehrt /damals seit einigen Monaten geltendes Recht, sofortiger Anruf an
Anwalt/ ja mir wurde Einsicht in die angeblichen Dokumente verwehrt, um
einen möglichen Irrtum aufzuklären. Auch behauptete der damalige Gutach-
ter, er habe die schriftliche Erlaubnis des Richters, mich gegen meinen Wil-
len zu medikamentieren, er konnte das Schriftstück nicht vorweisen; nach
Hinweis auf mögliche Komplikationen wegen Yoga, sollte er mich zwangs-
spritzen, ließ er mich in Ruhe.... .)
........
Sicherlich wird und wurde auch die in Deutschland geltende Europäische
Menschenrechtskonvention -an mir- verletzt (die ja nach dem Verwaltungs-
210

gericht R. womöglich nicht innerstaatlich wirksam ist - Urteil im Zusam-


menhange des Schulkreuzes-).
...
Offensichtlich ist es in Deutschland gefährlich, Briefe zu schreiben, seine
Weltanschauung zu äußern. Bitte helfen Sie dem ab.

Um baldige Entscheidung wird gebeten.“

Die Verfassungsbeschwerde stoppte erst einmal jeden möglichen


Überraschungsangriff seitens des Amtsgerichtes. Dieses war si-
cherlich weiterhin sehr daran interessiert. meine Person unter
Betreuung zu stellen. Schließlich war der Direktor des Amtsge-
richtes 1989 der Freiheitsberaubung bezichtigt worden. Anstatt
seinen Vorgesetzten zu unterrichten, wie einschlägige gesetzliche
Bestimmungen dies vorschreiben, hatte damals der Beschuldigte
nur geantwortet, weil von mir keine Strafverfolgung beabsichtigt
sei, leite er das Schreiben nicht an die Staatsanwaltschaft weiter.
Ob dieses Verhalten als indirektes Schuldeingeständnis zu werten
ist, bleibt der Beurteilung des Lesers überlassen. Kurz darauf
ging der Amtsgerichtsdirektor als "Aufbauhilfe" für ein Jahr in
den Osten Deutschlands. Nach seiner Rückkehr, arbeitete er fort-
an als Staatsanwalt. Offensichtlich nahm das Justizministerium
ihn aus der Schußlinie.

Wochen gingen ins Land.


Monate verstrichen ohne jegliche Reaktion der Gerichte. Erkun-
digte mich schließlich schriftlich bei dem nun dritten Be-
treuungsrichter, fragte nach dem Fortgang des Verfahrens. Kei-
nerlei Reaktion. Also erfolgte ein Einschreiben mit Rückschein.
So konnte später genau belegt werden, der Richter hatte einen
Brief erhalten. Bisher ließ dieser Richter alle Briefe und Ein-
schreiben nach der Akteneinsicht unbeantwortet. Sicherlich ge-
stehen einschlägige Gesetze den Betroffenen das Recht zu, sich
nach den Stand eines Gerichtsverfahrens zu erkundigen.

In dem neuerlichen Schreiben wurde der Richter auch gefragt, ob


mit einem erneuten Polizeiüberfall, wie 1989 geschehen, gerech-
net werden muß. Der Richter antwortete, die Betreuungsakte sei
in Karlsruhe, deshalb sei das Verfahren "quasi" stillgelegt. Nach
Rückkunft der Akte werde die Prüfung des Sachstandes wieder
aufgenommen.
Die Antwort war ungenügend. Mit einem erneuten Einschreibe-
brief wurde der Richter aufgefordert, meine Frage nach einem
211

möglichen Polizeiüberfall zu beantworten. Der Richter antwortete


knapp, es würden in Zukunft alle Maßnahmen vorher bekannt-
gegeben werden.
Also rechnete der richterliche Schlingel offensichtlich mit einer
Zwangsuntersuchung.
Es war somit unklar, wie das Ganze ausgehen würde.
Das Bundesverfassungsgericht hatte ursprünglich die Beschwer-
de sofort als aussichtslos ablehnen wollen. Und nun vergingen
Wochen und Monate, ohne daß das Annahmeverfahren "so oder
so" beendet wurde. Durch einen Verwaltungsrichter, der auf-
grund eines "stern"-Artikels privat Kontakt aufgenommen hatte,
war bekannt, daß normalerweise in einem Vierteljahr sich ent-
scheidet, ob ein Verfassungsbeschwerdeverfahren eröffnet wird.

Würde das Verfassungsgericht die Rechtsfrage bezüglich der ge-


heimen Gutachten zur Entscheidung annehmen? Das Oberste
Gericht wußte, wenn erst einmal solche Dokumente existierten,
hatte der Bürger keinerlei Chance gegen den Richter. Dieser hat
ja die Gutachten, auf die er sich berufen kann. Der Richter ver-
mag so mit Hilfe ihm genehmer Gutachter anstellen was er will.
Er kann jederzeit unter Berufung auf "geheim" erstellte Gutach-
ten den Betroffenen einer stationären Zwangsuntersuchung zu-
führen. Jegliche Beschwerde gegen eine Einstweilige Verfügung
hat keine aufschiebende Wirkung. Das grundsätzliche Prinzip, ein
Richter kann erst entscheiden, wenn der "Beschuldigte" zuvor
rechtlich gehört worden war, wurde mit dem neuen Betreuungs-
recht mißachtet. Ein gerichtliches Hauptverfahren war im Gehei-
men eröffnet und fortgeführt worden. Ja im Geheimen wechselten
wiederholt die zuständigen Richter. Unter Berufung auf geheime
Gutachten wurde das monatelang dauernde Gerichtsverfahren
nach einer Akteneinsicht fortgeführt und eine Zwangsunter-
suchung angedroht.

Das Bundesverfassungsgericht war in der Zwickmühle.

Da lag auf der einen Seite eine Verfassungsbeschwerde wegen der


Kruzifixe zur Entscheidung an, auf der anderen Seite bestand die
reale Gefahr, der "Kruzifixkläger" wird von dem Bundesland, ge-
gen das der Anwalt Klage erhob, unter Betreuung gestellt. Anlaß
waren ausschließlich Briefe um das Schulkreuz, die von den El-
tern an die Behörden gerichtet waren. Zu offensichtlich wurde
das neue Betreuungsgesetz, das noch dazu von dem beklagten
212

Bundesland im Wesentlichen für seine Zwecke und Ziele passend


zurechtgebastelt worden war, für politische Ziele mißbraucht. Der
"Kruzifixkläger" sollte außer Gefecht gesetzt werden, damit even-
tuell die Klage am BVerfG durch einen vom Staate ausgesuchten
Betreuer zurückgezogen werden konnte. Der Betreuungspunkt
"Vermögenssorge" gestattet dem vom Amtsgericht bestellten "Be-
treuer" die "unsinnige" Verfassungsklage gegen das Schulkreuz
zurückzuziehen. Vorsorglich sollten Herrn Seler alle bürgerlichen
Rechte genommen werden, er wäre faktisch wie bisher "entmün-
digt" und der Betreuer würde praktisch im Sinne eines gesetz-
lichen Vormundes handeln. In dem Verfahren stand eine ständige
Unterbringung in der Psychiatrie an. Der vermeintliche Kirchen-
feind sollte so lange auf einer geschlossenen Station schmoren,
bis er zu Kreuze gekrochen wäre. Dann hätte vielleicht das Amts-
gericht den Mann wieder in die Freiheit entlassen, aber nur unter
der Bedingung, daß er alle 14 Tage seine "Depotspritze" abgeholt
hätte. Immer wäre mit einer erneuten Gefangennahme zu rech-
nen. Mit der bewußt falschen Diagnose "Schizophrenie" hatten die
staatlichen Gutachter bereits 1989 gezielt die Würde des Fami-
lienvaters zu rauben versucht. Herr Seler sollte in der Öffentlich-
keit als "gemeingefährlich" gelten. Deswegen war bereits damals
vom Gericht wider besseren Wissens behauptet worden, bei sei-
ner Einlieferung in das Bezirkskrankenhaus habe eine Unter-
suchung die "erhebliche Gefährdung der Öffentlichkeit" ergeben.

Das Groß der Psychiater der Bundesrepublik hat es verstanden,


mit der Undiagnose "Schizophrenie", die keinerlei objektiver wis-
senschaftlicher Überprüfung standhält, die alles und nichts bein-
haltet, sich als verkommene "Zauberer" der Neuzeit zu gebärden.
Sie, die modernen "bösen" Zauberer, die mit bloßer Gaukelei die
Menschen in Schach halten, sie die modernen Scheinschamanen
sind die eigentlichen Unherren der Gegenwart. Ihr Urteil bedeutet
den bleibenden Seelentod, das gesellschaftliche Aus des Einzel-
nen. Sie sind die "Scharfrichter" der Politiker, der Kirchen und
aller boshaften Menschen. Männer ließen früher ihre Frauen mit
Hilfe von Psychiatern in der „Klapse“ unterbringen, weil sie
"Frischfleisch" begehrten.
Im Jahre 1997 brachte der "stern" einen umgekehrten Fall, da ei-
ne Frau mit Hilfe eines privaten, willigen Psychiaters - natürlich
ohne Untersuchung des Betroffenen - ihren vermögenden Ehe-
mann beim Amtsgericht anschwärzte, ihn unter Betreuung stel-
len wollte. Natürlich wurde das Betreuungsverfahren wieder ohne
213

vorherige rechtliche Würdigung des Betroffenen eröffnet. Schließ-


lich wurde dem Armen sogar von seinem Anwalt geraten, er möge
ganz schnell nach New York fliehen, da er in Deutschland mit al-
lem rechnen müßte, was letztlich heißt, kein Richter würde ihn
vor dem Schicksal der Entrechtung bewahren. Erst mit Hilfe von
Gutachtern in der Schweiz konnte der Mann endlich dem Amts-
gericht seine "Normalität" beweisen. Offensichtlich sind deutsche
Richter, von Amtsgericht bis hin zum Bundesverfassungsgericht,
fachlich unfähig, um lebensnahe Entscheidungen zu fällen, die
miserablen Betreuungsgesetze zu korrigieren. Äußerst kritisch ist
die Tatsache, der Richter entscheidet, ob ein Gutachten gewertet
wird. Der Bürger als Betroffener hat faktisch keinerlei Rechte, er
darf gnädig hinnehmen, wenn der Richter ihm die Auswahl eines
Gutachters zugesteht. Reine Augenauswischerei, denn wenn dem
Juristen die Nase des Benannten mißfällt, so wird er als Gutach-
ter ausgesondert.
Der Bürger als Manövriermasse der Justiz. Grund- und Men-
schenrechte sind bedeutungslos. Das Betreuungsrecht stattet
den Richter mit unanfechtbaren Rechten aus. Jede Beschwerde
hat keine aufschiebende Wirkung. So landet der Bürger in der
Psychiatrie, ohne daß er von Irgend jemanden vorher gesehen
worden ist, ohne rechtliches Gehör erhalten zu haben. Der Rich-
ter behauptet einfach, der Betroffene sei so gemeingefährlich, er
habe Angst gehabt, ihn anzuhören. Die Gutachter liefern dann im
Nachhinein schon die notwendigen Gründe. Eine Hand wäscht
die Andere. Und die falsch informierten Bürger lassen sich dieses
"Entmündigungsgesetz" gefallen. Kein Aufbegehren. Nur Betroffe-
ne versuchen sich zu wehren. Dem Vater, der seine Tochter als
Betreuerin wünscht, wird gegen den erklärten Willen ein Anwalt
vor die Nase gesetzt, der fleißig das Geld abschröpft. Der Wille des
Vaters, der Wunsch der Tochter, werden vom Richter ignoriert.
Richter und Anwälte können nach dem neuen Betreuungsgesetz
das Geld des Bürgers „legal“ stehlen. Man/frau möge bitte beim
Bayerischen Fernsehen nachfragen, welches über den geschilder-
ten Fall ausführlich berichtete.

Was sollten die Verfassungsrichter tun.


Die eine Klage war bereits zur Entscheidung angenommen. Sie
mußte einigermaßen fachlich sauber entschieden werden, auch
drückte im Hintergrund die Entscheidung des Obersten Gerichtes
der Schweiz, welches gegen ein staatlich verordnetes Schulkreuz
entschieden hatte. Noch eine Klage des Herrn Seler zulassen?
214

Nun war aus Seelenbegabung heraus bewußt, ein bestimmter


Verfassungsrichter sah "rot", als er die Betreuungsakte Frühjahr
1995 las. Er erschrak über die massiven Rechtsbrüche von 1989,
die einfach auffallen müssen. Der Verfassungsrichter erkannte
den Straftatbestand der Freiheitsberaubung.
Niemals kann ein Bürger nur auf Verdacht hin, er sei psychisch
erkrankt, per Einstweiliger Verfügung in ein Bezirkskrankenhaus
verbracht werden. Noch dazu ohne vorher rechtliches Gehör er-
halten zu haben. Eine "Ferndiagnose" ist rechtlich und medizi-
nisch unzulässig. Dann noch dem Bürger zu unterstellen, diese
Ferndiagnose beinhalte konkrete "Gemeingefährlichkeit", entlarvt,
wie Gutachter und Richter "mauscheln". Auch konnten massive
Verfahrensfehler des Betreuungsverfahrens 1994 nachgewiesen
werden. Es fehlte eine Anhörung vor der gerichtlichen Eröffnung.
Drei Richter mißachteten die wiederholten Schreiben des Anwal-
tes, der sich gegen das Verfahren aussprach, solange keine be-
legbaren Gründe für die Einleitung desselben vorgelegt werden.
Zweimal wies er schriftlich auf die Schulkreuzauseinanderset-
zung als alleinigen Anlaß des Betreuungsverfahrens hin. Die An-
gelegenheit sei „hiermit erledigt“, so das anwaltliche Schreiben.
Das Verfahren wurde über Wochen, Monate im Geheimen weiter
fortgeführt und gipfelte in der eindeutigen Grundrechtsverletzung
der Erstellung geheimer psychiatrischer Gutachten über Herrn
Seler.

Es lagen auch gravierende fachärztliche Mängel vor. Nur an Brie-


fen lassen sich keine Diagnosen erstellen. Auch hatte bereits
1989 ein Facharzt betont, es könne keine klare Beurteilung er-
stellt werden, da Herr Seler ganz in der anthroposophischen
Weltanschauung lebe. Es war wiederholt versucht worden, die
Gedankenwelt der Anthroposophie Rudolf Steiners mit dem
Krankheitsbegriff der Schizophrenie zu belegen. Wenn die Richter
am Bundesverfassungsgericht in den Akten lasen, "die Auffällig-
keiten in den Briefen -überwertige Ideen- lassen sich am ehesten
mit der anthroposophischen Weltanschauung erklären", dann
handelten die bisherigen Richter durchwegs im Sinne der mittel-
alterlichen Inquisition, da Staat und Kirche überprüfen, was der
Bürger zu denken und zu glauben hat. Eine "Inquisition" mit mo-
dernen Methoden war inszeniert worden. Anstatt des Scheiter-
haufens droht dem "Untertanen" das Abspritzen mit Psycho-
pharmaka. Erinnern wir uns daran, 1989 wollte der Stationsarzt
in der Psychiatrie mein "Denken" mit Medikamenten "ändern".
215

Wehe der Bürger kommt den Staatsorganen mit seinen Ideen in


die Quere. Es haben sich nur die Methoden gegenüber dem Mit-
telalter verfeinert. Nach wie vor treten die politischen und kirch-
lichen Machthaber unversöhnlich gegen jeden Bürger auf, der die
eingespielten Machtverhältnisse ins Wanken bringen könnte.
Nach wie vor ist der religiös unmündige, von einer Priesterkaste
gegängelte Bürger das Ziel aller staatlich-kirchlichen Bildungs-
ziele.

Der uns aufgezwungene gerichtliche Kruzifixstreit entwickelte


sich zu einem Bumerang für die Machthaber, der auf sie zurück-
schlug. Das Bundesverfassungsgericht war sich von Anfang an
der außerordentlichen Brisanz einer eventuellen Entscheidung
bewußt. Es war geplant, den Rechtstreit auszusitzen, da ein-
schlägige Gesetze es dem Bundesverfassungsgericht gestatten,
eine Beschwerde keiner Entscheidung zuzuführen, wenn zwi-
schenzeitlich der konkrete Fall nicht mehr existiert. Doch die ver-
antwortlichen Drahtzieher des Bundeslandes verhöhnten das
Höchste Gericht, weil sie sogar den Kompromiß mit dem ein-
fachen Kreuz immer wieder torpedierten und somit natürlich die
Eltern zu neuen Aktionen zwangen. Der Schulleiter der Volks-
schule verlangte dreist, das Schulkind solle sich anders setzen.

Die Höchsten Richter hatten die Ablehnung einer Einstweiligen


Verfügung damit begründet, daß das Kruzifix bis zu einer Ent-
scheidung in der Hauptsache gegen ein einfaches Kreuz ausge-
tauscht sei, dieses seitwärts an der Zimmerwand hinge. Die Ver-
fassungsrichter mußten sich durch das Bundesland hintergangen
fühlen. Der Kompromiß wurde bewußt ignoriert und dem "Kruzi-
fixkläger" drohte eine erneute Zwangseinweisung in die Psychiat-
rie. Ja es drohte eine dauerhafte Unterbringung, eine Zwangsbe-
handlung in einer geschlossenen Station einer Nervenheilanstalt.
Grundlage all dessen bildeten geheim erstellte und verwendete
Gutachten.

Da faßte sich dieser bewußte Verfassungsrichter ein Herz und


wollte die leidige Kruzifixangelegenheit bereinigen. Denn es war ja
das Eintreten gegen das Schulkreuz, welches die psychiatrische
Verfolgung in dem Bundesland auslöste. Ein späteres Schreiben
des Amtsgerichtes bestätigte, Karlsruhe hatte Frühjahr 1995 die
Betreuungsakte an sich gezogen, auf diese Weise das Verfahren
"quasi" stillgelegt.
216

Kurze Zeit nachdem der Erste Senat sich die Gerichtsakte vom
Amtsgericht überstellen ließ, wurde das sog. "Kruzifixurteil" be-
schlossen.

Dies spielte sich im Hintergrund ab, wurde nur teilweise an die


Bewußtseinsoberfläche gehoben. Wir Eheleute hatten unabhängig
voneinander eine „nächtliche“ Begegnung mit einem Bundesver-
fassungsrichter. Er teilte mit, er werde sich für unsere Familie
einsetzen. Die Seele des Richters war „aufgebracht“, richtig er-
schüttert..... .
Wir wußten zwar, es gibt Jemanden am Bundesverfassungsge-
richt, der sich massiv für uns einsetzte, doch es blieb offen, wann
ein Beschluß gefaßt wird. Wir mußten also neben der Warterei
auf eine Entscheidung in der Schulkreuzsache, weiter mit der an-
gedrohten Zwangsuntersuchung rechnen, die zu keiner Zeit zu-
rückgenommen oder begründet worden war. Effektiver Rechts-
schutz gegen einen willkürlich handelnden Richter ist in der
Bundesrepublik einfach vergessen worden. Die wiederholten ge-
heimen Gutachten im Betreuungsverfahren, die nur durch Zufall
entdeckt worden waren, rechtfertigten die Anrufung des Bundes-
verfassungsgerichtes. Nur dort konnte der bestehende schwere
Rechtskonflikt gelöst werden.
Schrieb wiederholt an das Amtsgericht und den Landgerichtsprä-
sidenten als Aufsichtsbehörde, mahnte ein baldiges Ende des Be-
treuungsverfahrens an. Mir wurde jedes Mal schriftlich mitgeteilt,
erst müsse das Bundesverfassungsgericht entscheiden, bevor das
Verfahren fortgeführt werden könne. Man(n) ließ uns also völlig
im Ungewissen, ob der Staat massiv in unser Familienleben ein-
greifen werde. Seit über einem Jahr stand drohend die praktisch
vollkommene Entmündigung meiner Person im Raume.
Ehefrau und Kinder mußten bis zum Schluß des Betreuungsver-
fahrens im Jahre 1997 mit der stationären Unterbringung meiner
Person in einer vollkommen isolierten Station einer Nervenklinik
rechnen.
Dies belastete unser Familienleben außerordentlich. Zu keiner
Zeit wurden die angekündigten möglichen richterlichen Maß-
nahmen irgendwie begründet, geschweige zurückgenommen.
"Bestimmung des Aufenthaltes", "Vermögenssorge", "Gesund-
heitsfürsorge" und "Empfangen und Öffnen der Post" hingen als
"Damoklesschwert", wie ein örtlicher Journalist bereits Anfang
1994 schrieb, über unserer Ehe und Familie, bedrohten mein
persönliches Leben.
217

So kam der Monat August 1995

Ein Anruf des ZDF aus Mainz.


Nächste Woche werde das Bundesverfassungsgericht seine Ent-
scheidung in der Kruzifixsache bekanntgeben, ob wir eventuell
bereit wären, bei einer Diskussionssendung mitzumachen.
So erfuhren wir erstmals von dem Datum des 10. August 1995
als Tag der Urteilsverkündigung.
Am Vortage vereinbarte der Landessender einen Termin mit uns.
Wir fuhren zur Schule.

Mir mißfiel die vom Regisseur erbetene Schauspielerei, welche wir


Eltern vor der Kamera vollführen sollten. Es kam zu einer ver-
balen Auseinandersetzung, zu sehr war zu spüren, letzten Endes
würde gezielt nur das verwendet, was Macher im Hintergrund für
ihre Ziele gebrauchen wollten. Der Bürgermeister des Ortes war
mit anwesend. Er meinte, auf keinen Fall werden wir Recht be-
kommen, allenfalls werde über den Platz, etc. des Schulkreuzes
entschieden werden. Der Journalist bemerkte, wir sollten froh
sein, wenn er mit uns drehe, am nächsten Tage werde sich nie-
mand mehr für uns interessieren.

Welch ein Irrtum. Wie mag der Mann bedauert haben, weil er die
Lage falsch einschätzte, meine Bedingungen ignorierte. Er wäre
der erste Journalist gewesen, der ein umfassendes Interview mit
uns Eltern hätte aufzeichnen können.

Meine Ehefrau erbarmte sich, erklärte sich bereit, ein kleines Sta-
tement zu geben. Sie verwies erstmals öffentlich darauf, wie die
ständige bewußte und unbewußte charakterliche Prägung der
Schulkinder mit Hilfe eines "Leichnams" die elterlichen Erzie-
hungsrechte verletzt.

Am Abend vor der Urteilsverkündigung zum Kruzifixbeschluß des


Bundesverfassungsgerichtes lag eine fühlbare Spannung über
dem Lande. Radiosender hatten bereits mehrmals die Nachricht
verbreitet, um 10 Uhr des nächsten Tages werde die Entschei-
dung des Höchsten Gerichtes in der Schulkreuzangelegenheit be-
kannt gegeben.

Mit dem Sekretariat des Ersten Senates in Karlsruhe wurde von


mir vereinbart, Punkt 10 Uhr solle der Anwalt eine Kopie des Ur-
218

teiles gefaxt bekommen. Es schien unpassend, daß die Betroffe-


nen, bzw. der Anwalt erst aus der Presse das Ergebnis der recht-
lichen Entscheidung erfahren würden. Normalerweise erhält der
Anwalt erst am Tage nach der Urteilsverkündigung mit der Post
eine Kopie des Urteiles, so die Dame aus dem Sekretariat.

Auch ein negativer Spruch würde eine Bewußtseinsveränderung


einleiten. Die Frage, inwieweit die Vertreter des Staates religiöse
Inhalte, Formen und Gebräuche an staatlichen Schulen zwingend
vorschreiben dürfen, würde auch nach einem negativen höchst-
richterlichen Urteilsspruch fortbestehen. Offenkundig würde ein
wesentliches Manko der Christenheit sich in der Neuzeit bestäti-
gen. Wie im Mittelalter würde der Staat seinen Bürgern die Religi-
on vorschreiben. Damals bestimmten einzelne Fürsten, was die
Untergebenen zu glauben hatten. Wer den Glauben des Fürsten
für sich ablehnte, der kann ja bitteschön das Land verlassen. Zu
Abertausenden mußten Evangelische oder Katholische, sowie
sog. Ketzer, die Heimat um ihres Glaubens Willen verlassen. Das
durch den Staat aufgezwungene Kreuz, die Zwangsbegegnung mit
dem Kruzifix ist ein Übrigbleibsel jener unseligen Zeiten.
Den Behörden war dies während der Auseinandersetzungen aus-
führlich dargelegt worden.

Durch die zweite Verfassungsbeschwerde wegen der geheimen


psychiatrischen Gutachten, war Karlsruhe letztlich gezwungen,
den Schulkreuzstreit als Anlaß für die psychiatrische Verfolgung
zu bereinigen.

Die Schweizer Verfassungsrichter hatten als Erstes Land in Eu-


ropa die Freiheit des Menschen vor einer Indoktrinierung mit ei-
nem religiösen Symbol rechtlich festgeschrieben. So war der Weg
auch für die Damen und Herren in den roten Roben in Karlsruhe
vorgezeichnet.

In der Schweiz, mit seinen besonderen Helden der Freiheit und in


der Bundesrepublik Deutschland, wo in erschütternder Weise
sich das Volk in die Irre führen ließ, keimte fast gleichzeitig der
Wille zur Tat.

Ein Lehrer und ein Elternpaar waren unabhängig voneinander


bereit, den im Geschichtsstrom notwendigen Geistigen Impuls zur
Inkarnation zu verhelfen. Der religiös mündige Bürger war das
219

Ziel. Durch Jahrhunderte waren Menschen gezwungen worden,


die Religion ihrer Landesherren anzunehmen. Einziger Ausweg
war später die Flucht nach Amerika, um seinen Glauben in Frei-
heit leben zu können. Die Katholische Kirche duldete in Europa
keine Andersgläubigen, erklärte sie zu Ketzern, die „notfalls“ ver-
brannt werden mußten.
Es war an der Zeit, daß in einem Europa, welches auf merkwür-
dige Weise sich zu einer Wirtschaftseinheit zusammenschloß, die
Flamme des individuellen Bewußtseins weiter brannte. Auch
wenn die Französische Revolution zwangsläufig am Anfang
scheinbar scheiterte, bewirkten die ihr zugrundeliegenden Geisti-
gen Impulse ein Fortschreiten der Menschheit. Von Paris aus
zündete in diesem Jahrhundert erneut der Freiheitswille. Schein-
bar geht der Impuls der 68er im Sumpf des materialistischen
Weltbildes verloren. Doch der Impuls „Freiheit, Brüderlichkeit,
Gleichheit“ wird sich am Ende durchsetzen.

Die Mehrheit der Verfassungsrichter erkannten ihre Aufgabe. Drei


Individualitäten waren darunter, deren Bewußtsein weit in die
Vergangenheit und Zukunft der Menschheit blickte. Sie fühlten
sich in der Verantwortung der unzähligen blutigen Opfer, die erst
die Grund- und Menschenrechte ermöglichten. Sie erkannten, ein
negativer Bescheid hätte verheerendere Folgen, als die künstliche
Aufregung, die von Bischöfen, Kardinälen, von Ministern und
sonstigen Politikern geschürt werden würde. Die Entscheidung
des Obersten Schweizer Gerichtes zu genau demselben Schul-
kreuzkonflikt, nur daß ein Lehrer sich weigerte, unter dem staat-
lich verordneten Kruzifix zu unterrichten, ermutigte die Mehrheit
des Ersten Senates am Bundesverfassungsgericht.

Nach der Veröffentlichung des sog. Kruzifixurteiles von 1995 ar-


beiteten bestimmte Politiker und Kirchenmänner zielstrebig an
der Demontage des Bundesverfassungsgerichtes. Ein Bischof, ein
ehemaliger Kultusminister des Bundeslandes, ja der Bundes-
finanzminister riefen öffentlich zur Mißachtung des Urteiles auf.
Höchste Staatsdiener dachten lautstark darüber nach, ob es an-
gezeigt ist, aus der Bundesrepublik Deutschland auszusteigen.
Örtliche Politiker glaubten auf unsere Familie einschlagen zu
können. In Bierzelten wurde polemisiert, zum Protest aufgerufen.
Schließlich gipfelte der religiös-staatliche Wahn darinnen, das
Christliche Abendland sei ernsthaft in Gefahr. Der Untergang des
Christentums drohe. Sogar die amtliche Zeitung des Vatikans
220

nahm dieses Szenario auf. Radio Vatikan malte das Wirken des
Antichristen an die Wand. Es war deshalb nicht verwunderlich,
als aus der ganzen Welt Fernsehteams sich des Themas an-
nahmen. Hierbei kamen amerikanische, französische, italienische
und sogar japanische Fernsehleute in unser Heim. Auch aus
England kam ein Team. Als besonderes Medienschmankerl trat
die staatlich-kirchliche "Kruzifixdemonstration" in München her-
vor. Wir alle sahen am Fernsehbildschirm zigtausende Menschen
mit Kreuzen, vor allem mit Kruzifixen in den Händen, zu jenem
Platz strömen, da einst ein Hitler mit Hakenkreuzen Menschen
anstachelte, dieses religiöse Symbol für politische Zwecke miß-
brauchte. Das ganze Kabinett war versammelt, als ein Kardinal
das Bundesverfassungsgericht nicht nur in die Nähe der Macht-
haber des Dritten Reiches rückte. Der Ministerpräsident sprach
ein Grußwort. Nicht Toleranz wurde verkündet, sondern religiöser
Haß wurde absichtlich oder unabsichtlich gesät, geschürt.
Grundrechte von Andersgläubigen oder gar Nichtgläubigen wer-
den in diesem Lande nicht geduldet, sie haben sich dem Kruzifix
unterzuordnen. Deswegen werde er, der Ministerpräsident, ein
neues Gesetz vom Landesparlament verabschieden lassen, wel-
ches für alle Volkschulen, aber auch für Realschulen und Gym-
nasien ein Kreuz im Klassenzimmer vorschreibt. Erstmals wurde
eine Demonstration in Gänze live vom Sender des Bundeslandes
übertragen. ARD schaltete ebenfalls live zu den Vorkommnissen
im Süden und ließ das merkwürdige Geschehen von einem sehr
profunden Rechtswissenschaftler kommentieren. Die Burschen-
schaften in voller Montur, fahnentragend, die Säbel gegürtet, viele
kirchliche Vereinigungen mit ihren Fahnen und Standarten.

Beide Großkirchen, sowie das ganze Kabinett mißachteten de-


monstrativ die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes,
der Staat dürfe das Aufhängen von Kreuzen nicht anordnen, der
Staat müsse sich neutral verhalten.

Flugs wurde das Kruzifix von der Politik "konfisziert", als nationa-
les, kulturelles Symbol des Landes erklärt, als bloßes kulturelles
Objekt definiert. Eltern, die sich gegen ein Schulkreuz aus-
sprechen sollten, hätten ihre Haltung gegenüber dem Schulleiter
zu begründen. Dieser müsse laut geplantem Gesetz den Willen
der Mehrheit in seiner Konfliktlösung berücksichtigen. Wenn das
Wort Schizophrenie eine Existenzberechtigung hat, dann an die-
ser Gedankenkonstruktion der Landesregierung.
221

Das Bundesverfassungsgericht, welches in dem Grundgesetz ge-


rade das Abwehrrecht von Minderheiten gegen den Willen der
Mehrheit erblickte, deshalb uns recht gab, wird vom Landesge-
setzgeber verhöhnt. Wie soll der Wunsch von Eltern, die kein
Kreuz oder Kruzifix für ihre Kinder wollen mit dem angeblichen
Willen der Mehrheit in Einklang gebracht werden.
In Folge landeten alle Streitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten
des Landes, die grundsätzlich ebenfalls die bindende Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichtes mißachteten.
Unser Gerichtsstreit wurde außergerichtlich beendet. Das zu-
ständige Verwaltungsgericht ließ uns über unseren Anwalt aus-
richten, es würde unsere Klage als unzulässig ablehnen und uns
alle Gerichtskosten aufbürden, wenn wir folgenden Vorschlag
ablehnen würden: der Staat würde sich verpflichten in allen Klas-
senzimmern unserer Kinder keine Kreuze aufzuhängen und alle
Gerichtskosten übernehmen.

Natürlich hätte das Gericht in der Sache entscheiden müssen.


Nach den vielen Morddrohungen die telephonisch und schriftlich
bei uns eingingen, wollten wir jedoch die Familie keiner weiteren
Gefahr aussetzen, welche unweigerlich von der Landesregierung
geschürt worden wäre, wenn wir per Gerichtsbeschluß die Ent-
fernung der Schulkreuze durchgesetzt hätten.

Kurz nach der Veröffentlichung des Kruzifixurteiles, Sept. 1995,


schrieb der stellv. ärztliche Direktor des Bezirkskrankenhauses,
von wo aus die wiederholten Psychiatrisierungsversuche mit Hilfe
geheimer Gutachten betrieben wurden an das Amtsgericht. Der
Facharzt warnte eindringlich vor der "erheblichen" seelischen Be-
lastung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit alle Familienmitglieder
ob des offenen Endes des seit Jan. 1994 bestehenden gericht-
lichen Ermittlungsverfahrens erleiden würden. Die verantwort-
lichen Richter ignorierten den ärztlichen Hinweis, ebenso die ver-
antwortliche Kammer des Bundesverfassungsgerichtes, welches
die Betreuungsakte seit Frühjahr 1995 an sich gezogen hatte.

Wir selbst hatten wiederholt vergeblich das Gericht, die Dienst-


aufsicht, die Ministerien, das Landesparlament, das Bundespar-
lament und auch das Bundesverfassungsgericht wegen der enor-
men tatsächlichen seelischen Belastung angeschrieben. Kein
Schreiben an den Ministerpräsidenten, an den Bundeskanzler, an
den Bundespräsidenten brachte Abhilfe.
222

Bezüglich der langen Dauer des Betreuungsverfahrens meiner


Person erfolgte März 1996 eine zweite Verfassungsbeschwerde,
welche gegen meinen Willen mit der Verfassungsbeschwerde von
1994 zusammengefaßt wurde. Auch meine Ehefrau reichte ob
des langen Gerichtsverfahrens eine Verfassungsbeschwerde ein,
nachdem ihre Dienstaufsichtsbeschwerden und Rechtsmittel er-
folglos blieben., bzw. als unzulässig beschieden wurden.

Nach eindringlicher Beschwerde bei der Präsidentin des Bundes-


verfassungsgerichtes Frühjahr 1997 wurde eine baldige Ent-
scheidung seitens der Ersten Kammer des Ersten Senates schrift-
lich zugesagt.

Statt dessen wurde das Betreuungsverfahren plötzlich beendet.


Eine Betreuung meiner Person wurde abgelehnt. Dem Beschluß
war ein neues Ferngutachten beigefügt. Der Richter hatte einen
Gutachter unter Berufung auf eine Sendung von Monitor aus
dem Jahre 1995 ausgesucht. Ein wohl einmaliger Vorgang in der
Rechtsgeschichte. Damals hatten Redakteure ohne unserem Wis-
sen die elterlichen Briefe um das Schulkreuz einem in der Bun-
desrepublik anerkannten Reformpsychiater vorgelegt, nachdem
wir einwilligten, das übergebene Material lediglich rechtlich über-
prüfen zu lassen. Der Facharzt, der natürlich auch die recht-
lichen Voraussetzungen für staatliches Eingreifen kennt, beton-
te, offensichtlich wollten die Behörden Herrn Seler einfach für
krank halten. Jemand, der gegen das Kreuz auftrete, müsse nach
Maßgabe der beteiligten Leute als krank eingestuft werden. Er
selbst könne keinerlei Anhaltspunkte für eine Erkrankung den
Briefen entnehmen, so der Reformpsychiater in „Monitor“.

Natürlich wußte das Gericht, dieser Herr war bereits pensioniert,


er wäre ja wegen seiner öffentlichen Äußerung gar nicht als unbe-
fangener Gutachter in Betracht gekommen und mauschelte mit
dem Nachfolger.

Sicherlich hatte der zuständige Richter an dem Amtsgericht keine


Aufzeichnung der vor zwei Jahren ausgestrahlten Monitorsen-
dung. Wie kommt er also an die Adresse der über mehrere hun-
dert km entfernten Landesklinik eines anderen Bundeslandes.
Für jeden Dritten muß der begründete Verdacht entstehen, daß
der kleine Richter am Amtsgericht von übergeordneten Dienst-
stellen angeleitet worden war. Wir sehen wieder, wie die sog. rich-
223

terliche Unabhängigkeit im Einzelfall gezielt von der Politik im


Hintergrund gelenkt wird. Obwohl eine Verfassungsbeschwerde
wegen der geheimen Gutachten seit Jahren zur Entscheidung an-
stand, das Annahmeverfahren in Kürze entschieden werden soll-
te, wurde ein erneutes geheimes Gutachten erstellt.
Das Gutachten ist widersprüchlich, widersinnig, menschen-
verachtend und entspricht ganz der psychiatrischen Tradition des
Dritten Reiches: der Mensch als Objekt des Staates, ohne jede
Möglichkeit der Abwehr, oder eventuellen Mitwirkung. Selbstver-
ständlich verletzt das Gutachten und seine Verwendung die be-
stehenden Gesetze, welche eine Begutachtung des Bürgers nur
nach Aktenlage ausschließen.

War natürlich über die Handlungsweise des Amtsgerichtes mehr


als erbost. Rief beim Bundesverfassungsgericht an, wurde mit ei-
nem wissenschaftlichen Mitarbeiter verbunden. Dieser ließ
durchblicken, die Kammer könne das gesamte Betreuungsverfah-
ren als verfassungswidrig bescheiden. Er könne dies aber nicht
garantieren.

Offensichtlich tat sich das Bundesverfassungsgericht sehr


schwer. Es erkannte eigentlich die Verfassungswidrigkeit des Be-
treuungsverfahrens als Ganzes.
Entgegen der schriftlichen Zusage durch die zuständige Sachbe-
arbeiterin erfolgte keine Entscheidung des Höchsten Gerichtes in
der angekündigten Zeit.

Im Herbst 1997 fragte die Ehefrau beim BVerfG nach dem Stand
ihrer Verfassungsbeschwerde von März 1996 nach. Sie erhielt die
schriftliche Antwort, eine Entscheidung werde noch länger auf
sich warten lassen. Ein vollkommen widersprüchliches Verhalten.
Möglicherweise wegen des weiteren ungewissen Schicksals der
gesamten Familie erlitt eine nahe Verwandte einen Schlaganfall.
Schrieb einen sehr erbosten Brief an das Oberste Gericht, da im
Anschluß der Zwangseinweisung in die Psychiatrie 1989 diese
Verwandte bereits einen Herzinfarkt erlitten hatte. Sicherlich ha-
ben die ungewöhnlichen Umstände der staatlichen Aktionen, die
jahrelange Ungewißheit über das weitere Schicksal, gesundheit-
liche Spuren auch bei Angehörigen hinterlassen.

Entgegen der Ankündigung an die Ehefrau, eine Entscheidung


würde noch längere Zeit beanspruchen, erhielten wir ganz plötz-
224

lich einen Beschluß des Obersten Gerichtes. Der Termin war so


gelegt worden, als würde die Nachricht mit dem Schlaganfall kurz
nach dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes in Karls-
ruhe eingegangen sein. Selbstverständlich hatte die Nachricht
über den Schlaganfall Bestürzung ausgelöst. Schließlich mußten
alle Verwandten über drei Jahre mit der Ungewißheit leben, ob
der Staat sich mit einer Gewaltbetreuung in unser Familienleben,
in die Ehe einmischen würde. Die Drohung des Richters, er wür-
de eventuell eine zwangsweise stationäre Untersuchung vor-
nehmen, die er Herbst 1994 schriftlich kundtat, galt von Januar
1994 bis zum März 1997. Der Landgerichtspräsident als Dienst-
aufsicht und der Betreuungsrichter selbst, verwiesen seit Früh-
jahr 1995 wiederholt darauf, erst müsse Karlsruhe entscheiden,
bevor das Gerichtsverfahren beendet werden könne. Nachweislich
trugen drei Damen und Herren in Rot alleine die entscheidende
Verantwortung für die jahrelange außerordentliche seelische Be-
lastung unserer Familie, gerade vor dem Hintergrund der skanda-
lösen Ereignisse von 1989.

Der Beschluß der Richter:

„Bundesverfassungsgericht
-1 BvR 2483/94
- 1 BvR 814/96

....hat die 1.Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts


.....am 13.Oktober 1997 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.


Damit erledigen sich die Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerden lie-


gen nicht vor, weil ihnen teilweise das Gebot der Rechtswegerschöpfung
und im übrigen der Grundsatz der Subsidiarität entgegenstehen. Soweit die
Beschwerdeführer sich dagegen wenden, daß das Landgericht in den
Gründen des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 3.März 1997 keine Be-
schwer gesehen hat, ist die weitere Beschwerde gegeben. Da diese dem Ge-
richt der weiteren Beschwerde auch Anlaß geben könnte, die Rechtmäßig-
keit der Einholung der Gutachten, auf die das Amtsgericht seine Feststel-
lung gestützt hat, sowie des von Amtsgericht eingeschlagenen Verfahrens
zu prüfen, steht den Verfassungsbeschwerden im übrigen der Grundsatz
der Subsidiarität entgegen. Diese Entscheidung ist unanfechtbar.“
225

Festzuhalten ist, die drei Richter gehören dem Minderheitenvo-


tum des sog. Kruzifixurteiles von 1995 an. Eine spätere "Be-
schwerde" bei der Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes
erbrachte nur, aufgrund der Unabhängigkeit der Verfassungs-
richter gäbe es keine dienstliche Aufsicht.
Vielleicht sollte doch beim Bundestag und Bundesrat eine Art Be-
schwerdekammer für offensichtliches Fehlverhalten von Verfas-
sungsrichtern eingerichtet werden. Bei Richtern der unteren Ge-
richte gibt es die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde. Sie
wird zwar selten Erfolg haben, doch gibt es immerhin dieses
"Rechtsmittel" als Notbremse. Selbstverständlich ging ich bei Ein-
reichung der Beschwerde davon aus, daß bei schweren Anschul-
digungen gegen einzelne Verfassungsrichter sich das "Plenum"
zusammenfindet, um in einer Art Selbstreinigung Abhilfe zu
schaffen.

Der angebliche Rechtsweg, den das Bundesverfassungsgericht


aufzeigt, wurde erst März 1997 möglich.

Die Verfassungsbeschwerde gegen die geheimen Gutachten wurde


aber Herbst 1994 eingereicht. März 1996 kamen zwei Verfas-
sungsbeschwerden gegen das Betreuungsverfahren und seine
Länge hinzu. Diese wurden mit dem Annahmeverfahren von
Herbst 1994 zu einem Verfahren zusammengefaßt. Es gibt keinen
Rechtsweg gegen geheime Gutachten. Dies kommt durch das
Wörtchen "teilweise" zum Ausdruck. Hätte es einen Rechtsweg
gegeben, so wäre meine Verfassungsbeschwerde gegen die gehei-
men Gutachten innerhalb kürzester Zeit nicht zur Entscheidung
angenommen worden. So aber ließ man uns über Monate, ja Jah-
re im Ungewissen, obwohl die Höchsten Richter eindringlich auf
die außerordentliche psychische Belastung aller Familienmit-
glieder hingewiesen worden waren. Nicht einmal die eindringliche
fachärztliche Mahnung des Bezirkskrankenhauses, aus dem ur-
sprünglich die Anregung zu einer Betreuung kam, konnte das
Amtsgericht und die zuständige Erste Kammer des 1. Senates des
Bundesverfassungsgerichtes zum Handeln bewegen. Es wundert
auch nicht, wenn die Vorlage eines Attestes der Hausärztin keine
Reaktion zeigte. Oder wollte man eine psychische Überlastung der
Familie erreichen?! Dieser Vorwurf gilt den zuständigen drei Rich-
tern einer Kammer des 1. Senates.
Ein Rechtsanwalt, mit dessen Hilfe später Akteneinsicht bezüg-
lich der Zwangseinweisung von 1989 vorgenommen werden konn-
226

te, Amtsgericht und Verwaltungsgericht hatten zuvor die Akten


wiederholt hin und her geschoben, sagte nur, die ganze Angele-
genheit sieht nach "Rechtsverweigerung" aus.
Rechtsverweigerung vom Amtsgericht bis hin zum Bundesverfas-
sungsgericht.

Selbstverständlich müssen die "Gründe" des Obersten Gerichtes


als Aufforderung an untere Gerichte gewertet werden, das Be-
treuungsverfahren, die Anwendung der Gesetze, die Erstellung
der geheimen Gutachten, deren Verwendung rechtlich zu unter-
suchen. Interessant ist, daß die Rechtmäßigkeit der Einholung
der Gutachten weder durch Dienstaufsichtsbeschwerde, Be-
schwerde, Klage beim Verwaltungsgericht und auch nicht durch
eine Verfassungsbeschwerde festgestellt werden kann.
Die Obersten Richter schreiben nur, „da diese dem Gericht der
weiteren Beschwerde auch Anlaß geben könnte“. Selbstverständ-
lich stellt dieser Hinweis keinen einklagbaren Rechtsweg dar. Die
Obersten Richter stellen die Frage der Rechtmäßigkeit der Erstel-
lung geheimer Gutachten in die Beliebigkeit der unteren Gerichte.

Wenn wir bedenken, über viele Monate war die Frage nach den
Gutachten alleiniger Inhalt einer Verfassungsbeschwerde , welche
nach Jahren die Obersten Richter anerkennen, jedoch unbeant-
wortet lassen, so kann und muß ein eklatantes bewußtes Ver-
sagen der drei beteiligten Verfassungsrichter konstatiert werden.

Ob die Richter zumindest unbewußt ihre Niederlage bei er Be-


schlußfassung der Ersten Kammer in der Kruzifixsache "rächten",
vielleicht sogar mit dem Gedanken gespielt wurde, der "Kruzifix-
kläger" möge aufgrund der außerordentlichen psychischen Bela-
stung vielleicht zerbrechen, die Familie Schaden nehmen, das
darf nach der eindringlichen – vergeblichen - fachärztlichen Mah-
nung von September 1995, die ein rasches Ende des noch offenen
Betreuungsverfahren einforderte, angedacht sein.

Interessant auch, das Landgericht hatte keine weitere Beschwer-


de zugelassen. Das Bundesverfassungsgericht ließ eine "weitere
Beschwerde" zu, weil es eine seelische Belastung ob der geheimen
Ferngutachten anerkannte.
Das Oberste Landesgericht konstruierte in Folge einen angeb-
lichen Formfehler. Es kam zu keiner Prüfung über die Recht-
mäßigkeit des Betreuungsverfahrens etc..
227

Unsere weitere Beschwerde wurde eiskalt abgeschmettert.

Am 8. Januar 1998 wird eine vergebliche erneute Verfassungsbe-


schwerde der Ehefrau eingereicht.

An diesem Tage stirbt der Richter, der 1994 das Gerichtsverfah-


ren im Geheimen eröffnet hatte auf einer Dienstfahrt zu seinem
Gericht, wohin er sofort nach meiner Beschwerde beim Justizmi-
nisterium versetzt worden war. In der Zeitung wird von einem
Genickbruch berichtet, den sich der Beamte bei einem Autounfall
zugezogen haben soll. Die Staatsanwaltschaft sperrte die Straße
über drei Stunden, obwohl nur zwei kleine Autos beteiligt waren.
Das Auto des Richters war gegen eine Baumgruppe geschleudert.

Kurz darauf verstarb der ehemalige Justitiar des Landratsamtes,


welches mich 1989 wegen der Schulkreuzauseinandersetzung in
die Psychiatrie zwangseinweisen ließ. Der Herr war Jahre zuvor
direkt in unseren Fall verwickelt, kam zu uns nach Hause. Er
hatte als Rechtskundiger die Verantwortung dafür, daß der
Landrat grünes Licht für die Zwangseinweisung gab.

Einige Wochen zuvor war durch Akteneinsicht beim Landratsamt


entdeckt worden, ein Beamter bezichtigte sich 1988, er würde
eventuell eine Straftat gegenüber Herrn Seler begehen. In einer
Notiz wird festgehalten, der Staatsanwalt habe telephonisch zuge-
sichert, er werde eine eventuelle Strafanzeige auf jeden Fall nega-
tiv bescheiden. Als Grund für die beabsichtigte Zwangseinwei-
sung ist "religiöser Wahn" in den Akten mit der Hand niederge-
schrieben.

Wie sehr sich die vielen staatlichen Psychiater im Hintergrund


abstrampelten, zeigt ein Schreiben des stellvertr. Direktor des Be-
zirkskrankenhauses, wo ich 1989 eingewiesen worden war. Die
Zeilen wurden am 5.9.95 an das Amtsgericht geschickt und wur-
den mir erst März 1997 innerhalb des Beendigungsbeschlusses
des Betreuungsverfahrens bekannt:

„Das persönliche Auftreten des Herrn Seler in letzter Zeit im Fernsehen ge-
genüber zahlreichen Medienvertretern (nicht zuletzt in den letzten Tagen bei
einer Pressekonferenz in Regensburg) sowie seine dabei bekannt geworde-
nen Schriftstücke aus letzter Zeit sprechen dagegen, daß sich sein psychi-
scher Gesundheitszustand über den Januar 1989 oder den Dezember 1993
verschlechtert hat. Hier erscheint das Gegenteil der Fall zu sein.“
228

Der Text wurde einem erneut geheim erstellten Gutachten ent-


nommen, das März 1997 vom Richter in Auftrag gegeben wurde.

Festgestellt werden darf, daß offensichtlich die Aufnahmen des


einzigen Kamerateams, welches mit dem Logo von Sat 1 bei der
obig genannten Pressekonferenz in Regensburg erschienen war,
staatlichen Behörden zur Verfügung gestellt wurde. Die Kriminal-
polizei, welche sich ebenfalls für die Aufzeichnungen interessierte,
stellte fest, weder RTL, noch Sat 1 hatten das Kamerateam ge-
schickt. Wer das Kamerateam, welches unter falschem Logo er-
schien, wirklich sandte, bleibt im Dunkeln, darf aber erahnt wer-
den.

Wenn sich der stellv. Direktor des Bezirkskrankenhauses Herbst


1995 so auf die Vorkommnisse, die vorgelesenen Schriftstücke
während der Pressekonferenz in seiner Beurteilung meiner Person
berief, so darf zu recht vermutet werden, daß eine staatliche Or-
ganisation Aufzeichnungen der Pressekonferenz herstellen ließ.
In dem Gutachten heißt es weiter, es wird aus dem Brief des
stellv. Direktors zitiert:

„daß ein Grund für eine geschlossene psychiatrische Unterbringung und


stationäre Zwangsbehandlung von Herrn Seler sich heute (also zum dama-
ligen Zeitpunkt) ebensowenig erkennen lasse wie bei seiner Begutachtung
im Januar 1989, und daß eine ambulante psychiatrisch-psycho-
therapeutische Behandlung sich gegen den Willen von Herrn Seler auch
durch eine Betreuung nicht erreichen lasse.“

Offensichtlich wollten die im Hintergrund agierenden Persönlich-


keiten immer noch eine stationäre Unterbringung meiner Person,
obwohl die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes mein
Eintreten gegen das Kruzifix in Klassenzimmern als Verteidigung
von Grundrechten anerkannt hatte.
Der stellv. ärztliche Direktor fährt fort:

„abschließend wird noch einmal darauf hingewiesen, daß aus psychiatri-


scher Sicht daher nicht erkennbar sei, welchen sinnvollen Zweck die Errich-
tung einer Betreuung gegen den Willen von Herrn Seler gegenwärtig haben
könnte.
Zudem wird darauf hingewiesen, daß ganz unabhängig von der Frage, ob
bei Herrn Seler gegenwärtig eine psychische Erkrankung vorliegt oder nicht,
eine solche ja lediglich eine notwendige, jedoch nicht eine hinreichende Vor-
aussetzung für die Einrichtung einer Betreuung bedeuten, also keinesfalls
zwangsläufig eine Betreuung erforderlich machen würde.“
229

Weiter heißt es:

„Dem nicht erkennbaren praktischen Nutzen einer Betreuung im vorliegen-


den Falle steht aber gegenüber, daß die Fortdauer des immer noch an-
dauernden Betreuungsverfahrens aus ärztlicher Sicht mit hoher Wahr-
scheinlichkeit eine erhebliche psychische Belastung für Herrn Seler, seine
Frau und seine Kinder darstellt.“

Diese eindringliche fachärztliche schriftliche Mahnung wurde vom


Betreuungsgericht, welches das Verfahren einleitete und von den
drei Verfassungsrichtern der Ersten Kammer des Bundesverfas-
sungsgerichtes ignoriert. Das untere Gericht und die Dienstauf-
sicht hatten wiederholt auf die Verantwortung des Verfassungsge-
richtes hingewiesen. Ohne eine Entscheidung des Obersten Ge-
richtes könne das Verfahren nicht beendet werden.

Von Sept. 1995 bis März 1997 dauerte das Gerichtsverfahren wei-
ter an. Begonnen hatte es Januar 1994!

Es liegt eine bewußte willkürliche psychische Folter seitens der


Justiz der Bundesrepublik Deutschland vor. Offensichtlich wollte
die Justiz der Bundesrepublik Deutschland Nachtreten, sollte ei-
ne psychische Überlastung der Familie Seler, den Verwandten,
Schaden zufügen. Mit den Betreuungsgesetzen wurde eine Fami-
lie über Jahre bedroht.

Jeder, der ein bißchen Ahnung von Seelenkräften und spirituel-


len Gesetzmäßigkeiten hat, wird ahnen, wie die "seelischen Tur-
bulenzen", letztlich auch in die Allgemeinheit hineinwirkten. Es
war bewegend drei Tage vor dem Tode des Betreuungsrichters im
Geiste die "Schicksalsgötter" zu erleben, wie sie "ihr Urteil" spra-
chen, in das Schicksalsgeflecht eingriffen. Selbstverständlich
wurde die Bedeutung des geistigen Geschehens erst klar, als auf
der physischen Ebene die Nachricht von dem Ableben des Rich-
ters bekannt wurde. Mir war nur bewußt geworden, der Tod eines
Menschen wurde von den „Meistern des Schicksals“ als notwen-
dig erkannt. Die erlebte Szene war erschütternd.

Wir Menschen sind von der Göttlich-Geistigen Welt zur Freiheit


berufen.

Mißachten wir diese, kommt Höheres Gesetz zum Tragen.


230

Hätten die Bundesverfassungsrichter ihre Verantwortung über


Jahre wahrgenommen und neben dem Kruzifixstreit, auch die
damit ursächlich zusammenhängende Androhung einer Zwangs-
untersuchung, einer drohenden Zwangsbetreuung wirksam un-
terbunden, wäre höchstwahrscheinlich der tragische Tod des Be-
treuungsrichters vermieden worden. Auch diesem Richter wäre
mit Klärung des Rechtsstreites Gerechtigkeit und Entlastung wi-
derfahren. Dienstaufsicht und Obere Gerichte haben neben unse-
rer Familie auch der Familie des Betreuungsrichters letztlich
Schaden zugefügt.

Nehmen wir die Sagen und Mythen der Menschheit ernst, so ist
der Gedanke des Schicksalswirkens Höherer Mächte nachvoll-
ziehbar. Letztlich lassen sich auch in der Bibel Beispiele für das
Eingreifen Geistiger Welten finden.

Einige Zeit nachdem die Verfassungsbeschwerde vom 8. Januar


1998 ohne Begründung nicht zur Entscheidung angenommen
wurde, sie aber auch nicht als unbegründet oder unzulässig er-
klärt worden war, reifte der familiäre Plan, all die Erfahrungen
mit den Staatsorganen niederzuschreiben.
Bereits nach der Veröffentlichung des Kruzifix-Beschlusses wur-
den wir während der Heimreise nach einer Teilnahme der Talk-
sendung von Herrn Biolek, ARD, in einem Bahnhof von einem
Beamten des städtischen Tiefbauamtes eindringlich gebeten, un-
sere Geschichte um das Schulkreuz in einem Buche zu veröffent-
lichen.

Am 11.2.98 eine nächtliche Begegnung mit Rudolf Steiner.


Wir sind alleine, besprechen das Buchprojekt.
Richte die Frage an Steiner, ob ich persönliche Verantwortung für
die Veröffentlichung des Buches trage. Mein Gegenüber verneint,
verweist darauf, Verantwortung trügen die Leser des Buches.
Mein Lehrer gibt noch einen wichtigen Ratschlag.

Die erste nächtliche Begegnung mit dem Gründer war nach dem
Lesen des Buches "Geheimwissenschaft im Umriß" eingetreten.
Das Erlebnis war einschneidend, formte das weitere Leben.
Zwei Jahre später konnte mit einem direkten Schüler von Rudolf
Steiner, die Begegnung war von der damaligen Besitzerin der
Weltfirma Staedler, Frau Clara Kreutzer, arrangiert worden, der
Tr-AUM besprochen werden. Gleichzeitig wurde erklärt, wie das
231

prophetische Wissen im Nachtbereich entsteht. Noch mehr Ein-


blick über das Wirken des Geistigen während der Nacht, konnte
viele Jahre später dem Buche "Rudolf Steiner, Studienmaterial
aus dem Gesamtwerk, Über den Traum und seine Entwicklung
zum höheren Wahrnehmen" entnommen werden. Die nächtliche
Begegnung mit dem herausragenden Lehrer, sein Zuspruch, be-
wirkte eine außerordentliche Stärkung und nachträgliche Beja-
hung des Schicksalsdramas.

Um von der Irdischen Seite aus die tiefere Bedeutung des Ge-
schehens zu beleuchten, helfen hier einige warnende Worte von
Alexis de Tocqueville, entnommen seinem Buche

"Über die Demokratie in Amerika"

„Ich sage lediglich, daß in einem Staat, in dem die Juristen unangefochten
die gehobene Stellung einnehmen, die ihnen von Natur zukommt, ihre Gei-
steshaltung höchst konservativ sein wird und sich als antidemokratisch
ausweisen wird. ...

Heutzutage hat ein Bürger, den man unterdrückt, daher nur ein Verteidi-
gungsmittel; er muß an die gesamte Nation appellieren, und, wenn die ihn
nicht hört, an die Menschheit; dazu gibt es nur ein Mittel, die Presse. ...

Die Presse ist recht eigentlich das demokratische Mittel der Freiheit. ...

Gerade in den demokratischen Zeiten, in denen wir leben, müssen sich die
wahren Freunde der Freiheit und der menschlichen Größe immer standhaft
und bereit zeigen, zu verhindern, daß die staatliche Gewalt der allgemeinen
Durchführung ihrer Pläne die persönlichen Rechte einiger Individuen leicht-
fertig zum Opfer bringt. In diesen Zeiten ist kein Bürger so unbedeutend,
daß man ihn gefahrlos unterdrücken, ist kein individuelles Recht so unwich-
tig, daß man es ungestraft der Willkür ausliefern dürfte. ...

Es scheint, als werde der Despotismus, sollte er bei den heutigen demokra-
tischen Nationen sein Lager aufschlagen, andere Züge tragen: er dürfte
ausgedehnter und milder sein und die Menschen erniedrigen, ohne sie zu
quälen.
Ich hege keinen Zweifel, daß es den Herrschern in Zeiten der Aufklärung
und der Gleichheit - wie den unsrigen - viel leichter fallen wird, die gesamte
öffentliche Gewalt in ihrer Hand zu vereinigen und beständiger und tiefer in
den Kreis der privaten Interessen einzudringen, als irgendein Herrscher der
Antike das jemals vermochte. ...
Über diesen Bürgern erhebt sich eine gewaltige Vormundschaftsgewalt, die
es allein übernimmt, ihr Behagen sicherzustellen und über ihr Schicksal zu
wachen. ...“
232

Die seit 1992 geltenden Betreuungsgesetze haben die Befürch-


tungen von Alexis de Tocqueville leider wahr werden lassen. Am
19.Nov. 1998 strahlte das Zweite Deutsche Fernsehen eine ein-
dringliche Dokumentation über gravierende Mängel dieser Geset-
ze aus. Am erschütterndsten war der Fall der jungen Frau, die
gegen ihren Willen unter Betreuung gestellt wurde, aus der Psy-
chiatrie floh, in die sie sich freiwillig begeben hatte. Wochenlang
irrte sie umher, bis sie aufgrund ihrer Scheckkarte ausfindig ge-
macht wurde und wieder in der Psychiatrie landete. Ihr Lebens-
partner erreichte nur unter schwersten Mühen Akteneinsicht.
Hierbei stellte er fest, das psychiatrische Gutachten, aufgrund
dessen seine Lebensgefährtin für fünf Jahre unter Zwangsbe-
treuung gestellt wurde, war auf den Namen einer anderen Frau
ausgestellt.
Wie konnte ein Richter den Irrtum übersehen. Was nützt der vom
Gericht beigeordnete Verfahrensanwalt, wenn auch er den Ver-
fahrensfehler deckt. Warum war das Gutachten der Betroffenen
nicht vorgelegt worden, die sicherlich den Irrtum aufgedeckt hät-
te. Eine Erklärung mag hier eine Bemerkung des Lebenspartners
geben. Die vom Gericht bestellte Betreuerin war nach dem Ver-
schwinden der Betroffenen nicht so sehr an ihrem Auffinden
interessiert, vielmehr ging es ihr darum, eine Vermögensauffstel-
lung so schnell als möglich unter Dach und Fach zu bekommen.
Es ging um viel Geld.

Ein anderer Fernsehsender brachte den Fall eines Mannes, der


neun Monate in der Psychiatrie festgehalten wurde. Einige Tage
bevor das Kamerateam in dem Amtsgericht auftauchte, wurde der
Betroffene schnell entlassen. Er war mit Handschellen eingeliefert
worden, obwohl der Amtsarzt bei der freiwilligen Untersuchung
des Bürgers davon sprach, eine amtliche Betreuung sei unnötig.
Vergeblich hatte sich der arme Mitbürger sogar an den Justizmi-
nister gewandt. Wieder sehen wir, wie prophetisch klar sich die
Mahnung von Alexis de Tocqueville erfüllte.

Die Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen. Interessierte können


im Internet Hilfe und Unterstützung finden, ihre Fälle schildern.

Erst massiver öffentlicher Druck der Betroffenen und ihrer Ange-


hörigen wird den rechtlichen Schutz vor richterlicher Willkür er-
reichen. Schuld an der Misere tragen jedoch unsere Damen und
Herren Politiker in den Parlamenten, die sich weigern, per Gesetz
233

die sog. richterliche Unabhängigkeit in den sog. Betreuungsver-


fahren einzuschränken. Sie weigern sich, die Rechte der Bürger
zu stärken.

Dazu gehört unbedingt, ein gerichtliches Betreuungsverfahren


darf ohne vorherige rechtliche Anhörung des Betroffenen nicht
eröffnet werden. Das jetzige Gesetz verletzt das grundlegende
Prinzip jeglicher Rechtsprechung. Bevor ein Richter entscheidet,
muß er immer den Betroffenen zuvor rechtliches Gehör gewährt
haben. Bei allen anderen Gerichtsverfahren gilt dieser Rechts-
grundsatz. Sollten belegbare öffentlich-rechtliche Gründe für
staatliches Handeln vorliegen, wie nachgewiesener Verdacht auf
Selbst- oder Fremdgefährdung, so kann der Richter selbstver-
ständlich ein Unterbringungsverfahren nach Maßgabe der jeweili-
gen Landesgesetze einleiten.

Die Eröffnung eines Betreuungsverfahrens gegen den erklärten


Willen des Bürgers verletzt die Menschenrechte, die grundgesetz-
lich geschützte Würde des Menschen.

Weil Anwälte, Ärzte als Gutachter und andere Dritte an den ver-
meintlich schwachen Alten recht gut verdienen, wenn sie bei den
Betreuungsverfahren in ihrer jetzigen Gestalt mitarbeiten, bedarf
es eines energischen Aufbegehrens von Betroffenen, die sich in
Interessengruppen zusammenfinden müssen. Zwei Petitionen
1994 und 1998 (von mir) zur Änderung der Betreuungsgesetze
waren vom Bundesparlament eiskalt abgeschmettert worden. Un-
sere parlamentarische Demokratie entpuppt sich leider als Toten-
gräber der Würde des Menschen. Die hohen Renten der Alten, die
unter Mühen das zerstörte Deutschland aufbauten, verschwinden
als Kostgeld bei caritativen Einrichtungen. Ein örtlicher Journa-
list sagte mir, es gehe um sehr hohe Geldsummen, deswegen
traue sich niemand an das Thema der Betreuungsgesetze heran.
Das „christliche Abendland“ läßt grüßen!

Selbstverständlich spielt sich alles Weitere im Felde der göttlichen


Vorsehung ab. Doch wir Menschen, die wir zur individuellen
Freiheit berufen sind, haben es selbst in der Hand, wie die Zu-
kunft aussehen wird. Versagen wir aus Dummheit, Ignoranz oder
dem Willen zur Macht, die besonders in der Geldwirtschaft zum
Ausdruck kommt, so werden sich die Prophezeiungen Rudolf
Steiners, seine Warnungen erfüllen. Jeder mag hier in seinen
234

Werken selbst nachlesen. Aber auch die Warnungen der sog. Hei-
den, der Indianer, der Hopis werden sich erfüllen. Die Natur wird
uns Lehren.

Es gilt das Leben seiner beiden Fesseln zu entledigen. Tod und


Geburt engen den Strom des Lebens ein. Zur Auferstehung des
Christus vor 2000 Jahren muß ein neuer Geistesimpuls kommen.
Ob dies der so sehnsüchtig erwartete "ätherische" Christus ist,
wie er in der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners geschildert und
auch von vielen anderen spirituellen Bewegungen beschrieben
wird, sei dahin gestellt. Es werden die Geistestaten sein, welche
die Menschheit ändern wird. In ihrem tiefsten Inneren sind die
Menschen bereit. Der Psychiater, der in der Klinik vor mir stand,
die Hand zum Schlag erhob, es war seine Angst, die ihn verwirrte,
seine Ohnmacht, die ihn fehlleitete und doch hatte die göttliche
Vorsehung eingegriffen, damit er nicht gänzlich zum Verbrecher
wurde.
Vielleicht war es die Geistesgegenwart, die Unerschrockenheit in
diesem Augenblick, damit der Same unerschöpflicher, unerklär-
licher Welten in das Schicksalsgefüge eingreifen konnte.

Richter, die kein Wissen über den Wesensgrund der Menschheit,


des Menschen besitzen, werden immer nur den Machthabern,
den demokratischen oder diktatorischen Gesetzen dienen. Der
Denker und Philosoph Yeshayahou Leibowitz sprach einmal von
der Diktatur der Mehrheit in der Demokratie. Wer garantiert
denn, daß die Mehrheit nicht böse und gemein sei.

Ziel und Aufgabe der Menschheit, des Menschen ergibt sich we-
der aus diktatorischen noch aus demokratischen Staatsgefügen.
In beiden Staatsformen dient zur Zeit der Mensch dem System,
anstatt daß das System dem Menschen hilft, seine Ziele zu ver-
wirklichen. Auch in der Demokratie herrschen oftmals diktatori-
sche Wirtschaftsverhältnisse, die den Arbeitern die Bedingungen
aufzwingen. Nachdem der Kommunismus in der von Rudolf Stei-
ner prophezeiten Zeit zusammenbrach, fallen in der Gegenwart
die "demokratischen" Masken vieler Politiker.
235

Als Trost, Hoffnung, Stärkung ein paar Worte aus dem Buche
"Brücke über den Strom", erschienen im Novalis-Verlag.

„Keine äußeren Wunder wird er vollbringen, aber desto stärker wirkt Er, da
alles, was mit dem leiblichen Ich geschah, dieses Mal fortfällt und die Hilfe
sich ganz auf das Innerliche einstellt.
Die Wende hat sich vollzogen.
Die ganz große Wende menschlicher Begriffe (Erkenntnis). Der Deutsche
Raum steht im Mittelpunkt, von ihm aus strahlen diese Lichtkegel bis an die
Grenzen des Erdballs und darüber hinaus in den Kosmos unserer Sphären.
.....aufgefangen wurden und eingeschmolzen in die von Christus sehnsüch-
tig erwartete Licht- und Kraftquelle, die "Er" für seine Verkörperung im Äthe-
rischen benötigt.“

Rudolf Steiner hatte noch zu Lebzeiten die Quelle dieser Mittei-


lungen aus dem sog. Jenseitigen geprüft und für authentisch be-
funden. In dem Buche werden "Mitteilungen aus dem Leben nach
dem Tode eines im Ersten Weltkrieg gefallenen jungen Künstlers"
wiedergegeben. Die obig zitierte Mitteilung stammt vom 25.
Dez.1944.

Rudolf Steiner, dessen Namen vom früheren Innenminister Otto


Schily vor Jahren im Parlament des Bundestages während einer
Rede genannt worden war, mit der Aufforderung, wir könnten alle
noch viel von diesem Manne lernen, antwortete auf die an ihn ge-
stellte Frage nach dem Rechtsleben, der Justiz, seinen Hinter-
gründen: das Rechtsleben sei die höchste Kunst. Der Mensch
selbst ist Mittelpunkt des Rechtslebens. Unmittelbar in das Leben
greift das Rechtsleben, die Justiz, greifen die Richter ein. Insofern
handelt es sich hier um die höchste Kunst aller Künste.

Es darf das Drama um das sog. Kruzifixurteil auch als "Schick-


salskunstwerk" im Sinne der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners
bezeichnet werden.

Eine junge Mutter schrieb uns, sie wolle das Urteil des Bundes-
verfassungsgerichtes auch für ihre kleinen Kinder anwenden,
wenn sie später auf die Schule gehen müssen.
Der Einsatz unserer Familie, der am Anfang von Außen nur von
unserem Anwalt rechtlich gestützt wurde, führte letztlich dazu, es
können ohne Probleme in Zukunft Kruzifixe gegen einfache Kreu-
ze ausgetauscht, aus dem Tafelbereich entfernt werden. Aber
auch die Bürger, welche ein religiöses Symbol gänzlich im Schul-
236

unterricht für ihre Kinder verneinen, können nach einer Ent-


scheidung des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahre 1999
ohne tiefschürfende Begründung ihr Ziel erreichen.

Die staatlich-religiöse Entmündigung, Bevormundung des Bür-


gers, welche mit Hilfe staatlicher Gewalt dem Einzelnen auf-
gezwungen wurde, gehört nach 2000 Jahren -oft gewaltsamer-
Christianisierung der Vergangenheit an.

Lösungen der Gegenwartsprobleme werden nur Menschen er-


zielen, die gelernt haben, ihr religiöses Denken und Fühlen auf
dem Seelengrunde individueller Bemühungen wachsen zu lassen.
Solche Menschen werden lernen, das Gemeinschaftsleben in
Freiheit zu regeln. Gegenwärtig belügt doch eigentlich jede Partei
das "Stimmvieh", nur um die Macht zu erlangen, oder zu be-
halten. Die Menschen werden zur Zeit durch vielfach unfreie Me-
dien unwissend gehalten, von den wirklichen Fragen des Lebens
abgelenkt. Sie dürfen nur ihr „Kreuzchen“ machen. Dank des
Internets tauschen sich Menschen untereinander Nachrichten
aus, nur so konnten die Missbrauchsfälle der Katholischen Kir-
che in Amerika, Irland und auch Deutschland endlich in das Be-
wußtsein einer breiteren Öffentlichkeit gelangen.

Erst wenn keine Priester ihr dogmatisches Denken den Minder-


heiten und Mehrheiten aufzwingen können, werden Menschen
sich frei entwickeln. Wenn der Einzelne seinen individuellen di-
rekten Kontakt zur Geistigen Welt erstreben und erreichen wird,
sind wir reif für die Gegenwart, die Zukunft. Wir werden dann
auch das Arbeitsleben neu regeln und das Sklaventum, in wel-
ches viele Arbeitnehmer eingebunden sind, abschütteln.
Echte Priester hatten sicherlich ihre Berechtigung in der Ge-
schichte. Sie waren früher ausgebildete Mittler zwischen der gött-
lich-geistigen Welt und einer heranreifenden Menschheit. Sie
durchlief in einer Spirale viele Kulturstufen, angefangen bei den
Ur-Indern, über Persien, Ägypten, Griechenland usw. bis wir nun
Jeder für sich den Schritt zur Bewußtseinsseele selbstständig zu
wagen haben.

Erst wenn Geburt und Tod in ganz neuer Frage und Antwort den
Menschen neu befruchten, werden wir auch die sozialen Prob-
leme lösen, welche von den traditionellen Kirchen und Religionen
in ihrer gegenwärtigen Verfassung nicht gelöst werden können.
237

Ausgehend vom individuellen Menschen, der sein Bewußtsein er-


weitert, werden sich Menschen zu neuen Gemeinschaften zu-
sammenfinden, die nicht mehr durch Symbole und Rituale sich
abgrenzen. Jede Menschenbegegnung ist dann eine religiöse
Handlung, die gegenseitige Achtung

Ich-Bin

Das Zeitalter der religiösen Führer und Priester findet sein Ende,
im Menschen erwachen neue Fähigkeiten, das soziale Leben ge-
staltet sich neu..... .
238

Danksagung

Besonderer Dank gilt meiner Ehefrau, die von Anfang an den gei-
stigen Impuls gegen ein bevormundendes religiöses Symbol mit-
trug. Dank gilt auch unseren Kindern.

Zu danken habe ich all den geistigen Lehrern, wobei hier nur
stellvertretend einige genannt werden, in zeitlicher Folge:

Paramahansa Yogananda
Rudolf Steiner
Sri Aurobindo
Srila Prabhupada
Pir Vilayath Inayath Khan
Dr. Stylianos Atteshlis, gen. Daskalos
Don Juan Matus

Ohne die Lichtgestalt, welche sich am frühen Morgen des Oster-


montag 1985 uns Eltern zeigte, wäre der Kruzifixbeschluß nicht
entstanden.

Gedankt sei auch der Natur, den Tieren, welche oftmals in tiefster
innerer Not wieder Kraft schenkten, durchzuhalten.

Respekt den Feinden und Gegnern, welche ihre Rolle spielten.


Nachsicht erhoffe ich bei denen, welche unwissentlich und wis-
sentlich „im Eifer des Gefechts“ verletzt wurden.
239

Nachtrag

Es ist für den gegenwärtigen Bürger der Bundesrepublik eigentlich nicht


vorstellbar, all die staatlichen Übergriffe und gesetzlichen Verletzungen
durch Behörden und Gerichte haben sich so ereignet, wie geschildert.
Jetzt im Jahre 2010 werden die Übergriffe von Katholischen und Evangeli-
schen Priestern und Pfarrern bekannt. Es hat lange gedauert, bis die Opfer
Gehör in den Medien fanden, denn nur durch die Medien können solch mas-
sive Gesetzesverletzungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ein
bayerischer Bischof meinte, die 68er seien Schuld an den sexuellen Verfeh-
lungen der katholischen Priester. Wie kann ein leitener Mann der Kirche so
lügen, denn die durch die Medien aufgezeigten Verfehlungen innerhalb der
Katholischen Kirche ereigneten sich in der Mehrzahl vor 1968, ob in Ameri-
ka, Irland, Österreich oder Italien. Über Jahrzehnte wurden die Opfer sogar
gezwungen, einen Eid zu schwören, den zu brechen eine Todsünde bedeutet,
wenn sie sich über ihr erlittenes Unrecht öffentlich äußerten und Vielen
wurde gedroht, sie würden mit Gerichtsprozessen überzogen, sie müssten
dann viel Geld zahlen... .
Dank des Internets können sich Opfer zusammenschließen, sich gegenseitig
stärken, Mut machen, sich öffentlich äußern, ohne Zensur, welche oft doch
auch durch den Mainstream der Medien bewußt oder unbewußt ausgeübt
wird.

Am 20.04.2010 erschien in der Frankfurter Rundschau ein Beitrag mit dem


Titel:

Missbrauch auf der Bühne in Irland


Die dunkelste Ecke

Dokumentarisch werden auf der Bühne Beispiele aus der Geschichte Irlands
aufgeführt.

Für uns Eltern, die wir uns gegen die seelische Vergewaltigung mit Hilfe ei-
nes Kruzifixes zur Wehr setzten, ist dieser Satz aus dem Bühnenstück eine
nachträgliche Bestätigung, sich gegen das Zusammenwirken von Staat und
Kirche einzusetzen:

„Eine Nonne, so berichtet eine Frau, habe sie immer gern mit dem
Kruzifix verprügelt: Da wird auf groteske Art sinnfällig, wie die
christliche Botschaft ins Gegenteil verkehrt wird.“

Die Journalistin und Filmemacherin Mary Raftery hatte mit ihrem Doku-
mentarfilm 1999, also vier Jahre nach dem sog. Kruzifix-Urteil, „States of
Fear“ („Angstzustände“) den Opfern Stimme gegeben. Sie wurde in Berlin für
ihren Film ausgezeichnet. Nicht der Staat hat sich für die Opfer eingesetzt.
In dem Zeitungsartikel steht der Satz:
240

„Mary Raftery ordnet ihr Material geschickt. Obwohl sie nur Doku-
mente sprechen lässt, entsteht durch die Gegenüberstellung von
oben und unten eine immer stärkere dramatische Dynamik: erst die
Anklage gegen die Gewalt, dann die gegen sexuelle Übergriffe und
schließlich gegen das Zusammenwirken von kirchlicher und staat-
licher Obrigkeit.“

„Sie“ als Leser werden nun vielleicht doch geneigt sein, die Hintergründe der
Entstehung des Kruzifix-Beschlußes von 1995 nicht als Phantasie abzutun.
Das „Opfer“ hat keine Zeugen für die Vorfälle in der Psychiatrie, auch wenn
der Einweisungsbescheid den Gesetzesbruch des Richters beweist, da er
eben einen Bürger nur bis zu 6 Wochen zur Erstellung eines Gutachtens
einweisen darf und nur bei Bedarf nochmals 6 Wochen Verlängerung verfügt
werden dürfen. Wenn also sofort drei Monate Zwangsaufenthalt verfügt wur-
den, hat der Richter erwiesenermaßen das Gesetz gebrochen. Diese Straftat
wird nicht durch „richterliche Unabhängigkeit“ geschützt.

Am Ende des Buches sollen Worte4 des Geistesforschers Rudolf Steiner ste-
hen, welche verdeutlichen, warum die Vertreter der christlichen Religion im
Zusammenwirken staatlicher Stellen den „Urheber“ des Schulkreuzkon-
fliktes verfolgten. Steiner, der so viele Rätsel der Bibel erklärte, scheinbare
Widersprüche erklärend behandelt, er wird auch mit seinen Hinweisen zur
Katholischen Kirche die Wahrheit gesprochen haben. Jahre nach den Vorfäl-
len, welche in diesem Buche aufgezeigt wurden, ließ die Kenntnis der Worte
Steiners erahnen, warum die Verfolgung sich so massiv gestaltete, denn ich
hatte den Behörden ja noch während des Kompromisses mit dem Schul-
kreuz geschrieben, als Seher ist mir bewußt, die Gerichte werden versuchen,
unsere Famile zu zerstören, um das Schulkruzifix zu „retten“:

„Natürlich wäre sehr viel über die Esoterik der katholischen


Kirche zu sagen, vor allen Dingen das, daß die katholische
Kirche sehr gut weiß, daß, wenn heute ein neues Hellsehen
auftritt, damit etwas zutage tritt, was sie vor ihren Gläubigen
kaschieren will, und daß sie sich vor allen Dingen zur Auf-
gabe setzt, jenes neu auftretende Hellsehen zu bekämpfen.
Das gehört zu den Lehren, die die Eingeweihten unter der ka-
tholischen Priesterschaft heute schon bekommen.“
241

1 Hierzu paßt der später gefundene Text von Steiner:

„......das Bild des Christus Jesus als des Gekreuzigten, Leidenden, als des Schmerzenmannes, als-
desjenigen, der in Schmerzen vergeht unter dem Eindrucke des unsäglichen Leides, das ihm zuge-
fügt worden ist. Damit war ein Bruch gekommen in die ganze Anschauung der christlichenWelt;
denn dieses Bild, welches fortan durch die Jahrhunderte gegangen ist, der am Kreuze hängende,
schmerzdurchtränkte Christus, welcher nicht mehr in seiner geistigen Wesenheit aufgefaßt werden
kann, sondern allein in seiner leiblichkörperhaften Wesenheit. Und je mehr die Schmerzensmerk
male dem menschlichen Leibe aufgeprägt wurden, je mehr es die Kunst in ihrer großen Voll-
kommenheit zu verschiedenen Epochen zustande gebracht hat, dem am Kreuze hängenden Erlöser
die Schmerzensmerkmale aufzudrücken, um so mehr wurden Keime materialistisch-christlichen
Empfindens gelegt. Der Kruzifixus ist der Ausdruck für den Übergang zum christlichen Materia-
lismus. Dem widerspricht nicht, daß in einer großen gewaltigen Weise gerade das, was als
Schmerz des Erlösers durch die Kunst verkörpert worden ist, in seiner vollen Tiefe und Bedeu-
tung anerkannt werde. Trotzdem bleibt es wahr, daß mit diesem Bilde des Erlösers, der am Kreu-
ze unter Schmerzen vergeht, von einer eigentlich geistigen Auffassung des Christentums der Ab-
schied genommen worden ist. ( .... ) Geistige Erkenntnis muß an dem Auferstehungsgedanken den
ersten großen Halt finden, muß auch im Menschen anerkennen das Unberührtsein des Geistig-
Ewigen von dem, was leiblich-physisch ist, muß sehen in dem paulinischen Wort: > Und ist der
Christus nicht auferstanden, so ist euer Glaube tot< eine Bekräftigung - die in der neueren Zeit nur
auf andere, bewußtere Weise errungen werden muß-, eine Bekräftigung dessen, was im Grunde
genommen die eigentliche Wesenheit des Christus ausmacht. In dieser Art müssen wir uns heute
wiederum an den Ostergedanken erinnern. In dieser Art muß uns die Zeit, in der wir uns an den
Ostergedanken erinnern können, wiederum ein innerliches Fest werden, ein Fest, an dem wir uns
selber den Sieg des Geistes über die Leiblichkeit feiern. Uns muß, weil wir ja nicht unhistorisch
sein dürfen, vor Augen stehen der schmerzgeplagte Jesus am Kreuze, der Schmerzensmann; uns
muß aber über dem Kreuze erscheinen der Triumphator, der unberührt bleibt sowohl von der Ge-
burt wie vom Tode, und der allein unseren Blick hinaufwenden kann zu den ewigen Gefilden des
geistigen Lebens. Erst dadurch werden wir uns der wahren Wesenheit des Christus wiederum
nähern.“ Rudolf Steiner, GA 203. S.280 und 284
2
Verständnis für die geistige Entwicklung im Nachtbereich liefert dieses Buch:

Rudolf Steiner
Studienmaterial
aus dem Gesamtwerk
Über den Traum
Und seine Entwicklung
Zum bewussten
Höheren Wahrnehmen
- Verlag Die Pforte ( ISBN 3-85636-120-0 )

3
Alle Inkarnationen Steiners finden sich in dem Buch „Über die Rettung der Seele“
von Bernard Lievegoed

4
Gesamtwerk Buch 344 - Seite 221

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