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Suggested Citation: Adam, Brigitte; Sturm, Gabriele (2014) : Was bedeutet Gentrifizierung
und welche Rolle spielt die Aufwertung städtischer Wohnbedingungen?, Informationen zur
Raumentwicklung, ISSN 0303-2493, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
(BBSR), Bonn, Iss. 4.2014, pp. 267-276,
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-58299-1 ,
https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/veroeffentlichungen/izr/2014/4/Inhalt/DL_Adam_Sturm.pdf
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Informationen zur Raumentwicklung
Heft 4.2014 267
links: Zum Wohn- und Arbeitshaus umgebautes Speicherhaus „Siebengebirge“ im Rheinauhafen Köln; rechts: Musterwohnung des
„Erste-Klasse-Wohnens“ im Rheinauhafen Köln Fotos: Brigitte Adam
Aktuelle Relevanz des Begriffs pakter Strukturen, kurzer Wege und einer
Gentrifizierung tragfähigen Daseinsvorsorge auf Quartiers
ebene.
Eine Reihe deutscher Großstädte hat seit
einigen Jahren wieder Bevölkerungsgewin Parallel zur Qualifizierung der Bestände
ne zu verzeichnen. Damit einher geht eine wurde in deutschen Großstädten zusätz
wachsende Nachfrage nach Wohnraum und licher Wohnraum durch Brachflächen
in der Folge steigende Mieten und Preise. nutzung geschaffen, denn im Laufe des
Dabei zeigen sich Konzentrationen und Strukturwandels wurden zentral gelegene
eine verstärkte Nachfrage in ganz bestimm Industrie-, Bahnhofs- oder Hafengebiete
ten Stadtquartieren (z. B. sehr eindrücklich zur Disposition gestellt. Kommunen haben
bei Kühl et al. 2013). Bei den gewünschten in den letzten Jahren eine Reihe spektaku
Wohnorten handelt es sich vielfach um in lärer Projekte auf diesen Flächen errichtet,
nenstadtnahe Altbauquartiere, die heute die weit über das Ziel hinausgehen, Wohn
– nachdem sie vormals unsaniert weniger raum bereitzustellen. In der Kombination
zahlungsfähigen Bewohnerinnen und Be mit Bürostandorten, Kultureinrichtungen
wohnern zugänglich waren – einen hohen oder Freizeitangeboten, halböffentlichen
Sanierungsstand aufweisen und bei gut bis öffentlichen Wegebeziehungen und ei
verdienenden Bevölkerungsgruppen sehr ner meist auffälligen Architektur des Areals
Dr. Brigitte Adam
gefragt sind. Innerstädtische Konzentra werden Wohnimmobilien im gehobenen
Dr. Gabriele Sturm
tionen der Bevölkerungsentwicklung auf Preissegment angeboten (BMVBS 2011a; Bundesinstitut für Bau-,
Quartiersebene können selbst in schrump Frank/Greiwe 2012). Stadt- und Raumforschung
fenden Städten beobachtet werden (BBSR im Bundesamt für Bauwesen
i.E.). Die Aufwertung innenstädtischer Ge Urbanes Wohnen wird auf Brachflächen und Raumordnung
Deichmanns Aue 31–37
biete als Wohnstandorte ist stadtpolitisches und durch Baulückenschließungen an
53179 Bonn
Ziel (Deutscher Bundestag 2013) und dient zahlungsfähige Nachfrager adressiert – in E-Mail:
vom Prinzip her der Stärkung der Innenent wachsenden Städten vermehrt auch an zu brigitte.adam@bbr.bund.de
wicklung von Städten, der Schaffung kom nächst weniger attraktiven Standorten (z. B. gabriele.sturm@bbr.bund.de
Brigitte Adam, Gabriele Sturm: Was bedeutet Gentrifizierung und welche Rolle spielt
268 die Aufwertung städtischer Wohnbedingungen?
Hauptverkehrsstraßen) oder durch die Aus städte die Bevölkerungsverluste der 1980er
nutzung vormals untergenutzter Grund Jahre und auch für einen Teil der ostdeut
stücke. Ob oder ab welcher Größenordnung schen Großstädte die Bevölkerungsverluste
derartige Projekte das Sozialgefüge verän der 1990er Jahre wieder ausgeglichen. Die
dern, ist noch nicht abzusehen. vielzitierte Attraktivität großer Städte (BBSR
2012a; Herfert/Osterhage 2012) gründet
Derartige Stadtentwicklungsprozesse wer also auf der Entwicklung der Großstädte
den von unterschiedlichen öffentlichen – insbesondere von bekannten (Universi
Diskursen begleitet. Dort, wo es die großen täts-)Städten. Deren Wiedererstarken ver
Medienunternehmen gibt, wie in Hamburg, weist auf längerfristig wirkende demogra
Berlin, München oder Köln, wird das The fische und gesellschaftliche Veränderungen
ma häufig unter dem Begriff Gentrifizierung (Deutscher Bundestag 2013), die unterstützt
regelmäßig in Presse, Funk, Fernsehen und werden durch prognostizierte Konzentra
Internetforen behandelt. Fokussiert werden tionen der Bevölkerungsentwicklung in be
dabei insbesondere Nutzungsänderungen, stimmten Großstadtregionen (BBSR 2012b).
Missbrauch von Wohnraum und steigen
de Mieten. Gentrifizierung ist dadurch aus Neue Einwohnerinnen und Einwohner wer
der stadtsoziologischen und -planerischen den vor allem von Erfolg versprechenden
Fachwelt heraus in den öffentlichen Wort Ausbildungs- und Arbeitsmärkten ange
schatz übergegangen. zogen. Gerade die Bildungswanderungen
junger Erwachsener tragen wesentlich dazu
Politik steuert gegen Fehlentwicklungen, bei, dass vor allem Hochschulstandorte ihre
die aus einer erhöhten Attraktivität vor al Bevölkerungszahlen in der Altersklasse zwi
lem zentraler, innenstädtischer Lagen re schen 18 und 24 Jahren steigern können.
sultieren. Politik zielt gleichzeitig auf eine Ein demografischer Effekt verstärkt diese
positive Ausstrahlung, die mit einladend Entwicklung, da derzeit die Bildungswan
gestaltetem öffentlichem Raum, vielfältigen derungen vor allem von den Kindern der
Konsum- und Kulturangeboten, sinnvoll re sogenannten Babyboomer der 1960er Jahre
stauriertem historischem Baubestand und getragen werden. In gewissem Umfang ist
ins Auge fallenden Neubauten verbunden das derzeitig verbreitet zu beobachtende
wird. Während der letzten Jahre wurde dazu Stadtwachstum also ein Bevölkerungsstruk
auf Programme der Städtebauförderung tureffekt. Unterstützt wird dieser durch
und auf die Förderung überregionaler Zu einen weiterhin anhaltenden Trend zu hö
sammenarbeit (z. B. Netzwerk Innenstadt heren Bildungsabschlüssen, der zu wach
NRW, Weißbuch Innenstadt) gesetzt. senden Studierendenzahlen pro Jahrgang
führt und dadurch das Volumen der Bil
Wo liegen die Schnittmengen, wo die Kon dungswanderungen erhöht.
fliktlinien zwischen Aufwertungsprozessen
und einer sozial gerechten Stadtentwick Weiterhin scheint die Anziehungskraft der
lung? Entlang dieser Fragestellungen wird Städte als Wohn- und Arbeitsstandort Re
hier im Weiteren das Wohnen in der Stadt in sultat sowohl gewandelter individueller
seinen aktuellen Ausprägungen diskutiert. Präferenzen als auch sich ändernder räum
licher Standortmuster in der Ökonomie zu
sein. In vielen der wachsenden wissens
Wohnen in der Innenstadt – aktuelle intensiven Dienstleistungsbereichen sind
Entwicklungstrends mit Jobwechseln häufig auch Arbeitsort
wechsel verbunden. So ziehen Großstädte
Das Statistische Bundesamt konstatiert seit inzwischen auch vermehrt Berufswanderer
2011 für die Bundesrepublik wieder positive im Alter zwischen 25 und 29 Jahren an. In
Wanderungssalden. Trotzdem ändert dies nenstädtische Quartiere bieten ihnen mit
kaum etwas am langfristigen Trend einer einem breiten Spektrum ökonomischer,
zurückgehenden Bevölkerung in Deutsch sozialer und kultureller Angebote Räume
land. Umso auffallender ist, dass Großstäd für postindustrielle Lebensweisen und Ar
te seit gut einem Jahrzehnt im Unterschied beitsverhältnisse. Nach Jahrzehnten der
zu allen anderen Siedlungsstrukturtypen Stadterneuerung im Bestand und neuen
steigende Bevölkerungszahlen verzeichnen. Stadtquartieren auf Brachflächen gibt es
Damit wurden für viele westdeutsche Groß ansprechende Wohnungsqualitäten für un
Informationen zur Raumentwicklung
Heft 4.2014 269
terschiedlichste Lebensentwürfe. Parallel gen betont, auf soziale Mischung und offe
dazu hat mit den Arbeitsmarktreformen ne Zugänglichkeiten in den Stadtquartieren
infolge der 2002 veröffentlichten Vorschläge hinzuwirken. Neuere Studien analysieren
der Kommission „Moderne Dienstleistun allerdings gegenteilige Effekte: Es werden
gen am Arbeitsmarkt“ die Zahl der befris Homogenisierungsprozesse beobachtet.
teten Arbeitsverhältnisse in Deutschland Zahlungsfähige Haushalte der Mittelschicht
deutlich zugenommen. Die damit einherge und speziell auch wieder Familienhaus
hende Stellensuche bedeutet wiederum für halte orientieren ihre Nachfrage auf ganz
viele einen Umzug in die mehr Angebote bestimmte innenstädtische Quartiere. In
bereithaltende Großstadt, während Eigen einem Projekt des Instituts für Landes-
tumsbildung und Fixierung einer dauerhaf und Stadtentwicklungsforschung (Kühl et
ten Wohnsituation im Umland der Städte al. 2013) wurden in einer Untersuchung
offenbar schwieriger werden (z. B. Läpple zu Wanderungen in Stadtregionen in den
2005). So hat sich während des vergangenen Großstädten klare Konzentrationsmuster
Jahrzehnts der Wanderungssaldo der 25- gefunden: Es werden jeweils nur kleine
bis 29-Jährigen in west- und ostdeutschen Ausschnitte des Stadtgebiets nachgefragt,
Städten auf einem in früheren Jahrzehnten während große Bereiche der Stadt aus der
unbekannten positiven Niveau stabilisiert. Wohnungssuche von vornherein ausge
klammert bleiben. Schnell zieht dort die
Die vermehrt in die größeren Städte ein Häufung der gruppenspezifischen Nach
gewanderten jungen Erwachsenen ziehen frage ergänzende Nutzungsangebote nach
also im Unterschied zu früher nicht mehr sich in Form von z. B. Cafés, Restaurants,
nach Ausbildung oder Studium aus den Bioläden oder Einrichtungen für Kinder.
Großstädten zurück in eine weniger städ Susanne Frank konstatiert in ihren Untersu
tisch geprägte Heimat, sondern suchen chungen (2011a,b; 2014), dass sich die neu
ihren Wohnstandort auch weiterhin bevor en „Urbaniten“ keineswegs zu Trägern und
zugt in städtischen Quartieren, die ihrem Motoren einer erwünschten offenen Stadt
Lebensstil am meisten entsprechen. Das gesellschaft mauserten. Vielmehr trügen sie
sind mehrheitlich innenstädtische bzw. in elementare Funktionen und Charakteristika
nenstadtnahe Wohngebiete. Die Analysen suburbanen Lebens in die Städte hinein,
kleinräumig vorliegender Städtestatistiken bildeten immer mehr Mittelstandsinseln,
im Kooperationsprojekt „Innerstädtische die sich gegen die Umgebung abgrenzten
Raumbeobachtung – IRB“ weisen für Stadt und ihre Bewohnerschaft gegen status
teile der Inneren Stadt (laut IRB-Lagetypik: niedrige oder gar bildungsfernere städti
City, Cityrand und Innenstadtrand) eine sche Bevölkerungsgruppen abschirmten.
typisch urbane Bewohnerstruktur nach: Deshalb spricht Frank im Zusammenhang
Überdurchschnittlich häufig leben in den mit solchen Familien-Wohnquartieren auch
zentralen Stadtgebieten junge Erwachse von Gentrifizierung bzw. von innerer Subur
ne, Einwohner mit Zweitwohnsitzen und banisierung. Als These steht im Raum, dass
Einpersonenhaushalte, aber auch Allein die Wohnbevölkerung eine Art kontrollierte
erziehende, Migrantinnen und Migranten Urbanität sucht, die Konflikte einer ansons
sowie SGB-II-abhängige Haushalte (Güleş/ ten mit Urbanität einhergehenden gesell
Sturm 2014). Diese verschiedenen Haus schaftlichen Mischung sowie Nutzungsmi
haltsgruppen sind – aus zeitlichen oder schung am liebsten ausspart.
ökonomischen Gründen – auf kurze Wege
angewiesen oder bevorzugen sie zumin Gerd Kuhn weist im Zusammenhang mit
dest. Die Fluktuation in diesen Gebieten ist seiner Betrachtung der Reurbanisierungs
hoch. Rein statistisch wechselt sich nach debatte auf die von Immobiliengesellschaf
Daten der IRB die Innenstadtbevölkerung ten „bevorzugte städtebauliche Planfigur
deutscher Großstädte alle fünf bis acht des Wohnhofs“ (2012: 335) hin. Damit ent
Jahre aus. Insofern stehen Innenstädte im standen während der vergangenen Jahre
mer auch für „urbanen Wandel“, gehört zur „eine Vielzahl abgeschirmter und sozial oft
Stadtentwicklung selbstverständlich auch mals homogener Wohnprojekte mit einem
ein Auf und Ab von Stadtteilen. hohen Maß individueller Freiheit“ (ebd.).
Als Implantate in einer sowohl baulich als
Aus Sicht einer sozial gerechten Stadtent auch in der Zusammensetzung der Bewoh
wicklung werden nach wie vor Bestrebun nerschaft deutlich unterschiedenen Umge
Brigitte Adam, Gabriele Sturm: Was bedeutet Gentrifizierung und welche Rolle spielt
270 die Aufwertung städtischer Wohnbedingungen?
ren zu den begehrtesten Metropolen Euro sparnis keine Begründung für die Bevorzu
pas zählt, ausländische (bzw. auswärtige) gung der Suburbia ist. Aus Sicht einer so
Privatpersonen wie auch Großinvestoren zialen Stadtentwicklung muss städtisches
Wohnungen genau in solch bekannt gewor Wohnen deshalb für all die zugänglich sein,
denen Lagen. Das trägt zum einen dazu bei, die zentrale Wohnstandorte nachfragen.
dass im Fall von „Ferienwohnungen“ der Le
bensalltag der dauerhaft im Quartier Woh Problematisch wird Gentrifizierung, wenn
nenden ausgedünnt, das Quartier weniger zu wenig akzeptable Ausweichquartiere
lebendig wird, oder im einem anderen Fall für einkommensschwache Haushalte zur
das Mietniveau steigt. Auf jeden Fall wird Verfügung stehen und diese nicht nur ih
der Wohnungsmarkt aufgrund der erhöhten ren bekannten Sozialraum verlassen müs
Nachfrage enger. Einkommensschwache sen, sondern auch räumlich an den Rand
Bevölkerungsgruppen wie Handwerksbe der Stadt(-gesellschaft) gedrängt werden
triebe im Hinterhof oder die alternative – bis hin zum Risiko der Wohnungs- oder
Kunstszene können sich das Quartier nicht Obdachlosigkeit. Begehrte Wohnquartie
mehr leisten und verbliebene Alteigentü re sind oft durch eine extreme Steigerung
mer können häufig den Ansprüchen an das von Miet- und Immobilienpreisen gekenn
Gestaltungsniveau und Erscheinungsbild zeichnet. Problematisch ist auch die mit
ihrer Immobilie nicht genügen, wofür sie Gentrifizierung verknüpfte Segregation,
Missbilligung bis hin zu Beschwerden der wenn bestimmte Adressen mit einer deutli
neuen Nachbarschaft ernten. chen Verminderung von Chancen bzw. mit
sehr unterschiedlich verteilten gesellschaft
Gleichzeitig gibt es Hinweise darauf, dass lichen Privilegien einhergehen (Branding
ein Ausufern von Gentrifizierungs- und von Adressen z. B. durch Geomarketing-
Segregationsprozessen hin zu sozial ho Firmen). Dann bedeuten negativ bewertete
mogenen Quartieren unter der Bedingung Wohnquartiere zugleich Ausgrenzung und
äußerst angespannter Wohnungsmärkte Diskriminierung.
in wachsenden Großstädten dadurch ge
bremst wird, dass auch einkommensstär Entsprechend wird Gentrifizierung derzeit
kere Gruppen in ihrer Wahlfreiheit einge in einigen wenigen deutschen Großstäd
schränkt sind. Deswegen müssten auch ten ausschließlich negativ konnotiert. Tat
sie in eher gemischten Quartieren wohnen sächlich haben Finanzkrise und Immobi
(Seidel-Schulze 2013). Speziell für das Bei lienboom Spekulationen und Verdrängung
spiel München würde dieser Zusammen Vorschub geleistet. Medien greifen dies
hang bedeuten, dass die Erfolge (niedrige teils verallgemeinernd, teils auch differen
residenzielle Segregation) des Wohnungs zierend auf. Eine negative Aufladung des
bauprogramms „München Modell“ (Süd Begriffs Gentrifizierung kann allerdings mit
deutsche Zeitung, 17.05.2010) durch den einer strukturkonservativen Komponen
angespannten Wohnungsmarkt zumindest te verknüpft sein: Stadt darf und soll sich
„unterstützt“ würden. nicht verändern; alles soll so bleiben, wie
es ist. Dabei übersehen diejenigen, die die
se Position vertreten, dass Stadt nie bleibt
Bewertungsansätze wie sie ist, und dass sie selbst Stadt bereits
verändert haben, häufig auch als Pioniere
Veränderungen in der Erwerbstätigkeits eines Gentrifizierungsprozesses.
struktur wie in der Struktur der Privathaus
halte erfordern für immer mehr Haushalte Jenseits dieser Problematisierung bestimm
eine vielfältige und gute wohnortnahe Ver ter Ausprägungen von Gentrifizierung darf
sorgungsinfrastruktur. Städtisches Wohnen nicht ignoriert werden, welcher Fortschritt
kann nicht nur bequemer und abwechs mit der Aufwertung städtischer Strukturen
lungsreicher sein als das Leben im Umland. im Laufe von mehr als 40 Jahren Städte
Für viele Bevölkerungsgruppen ist das Le bauförderung erzielt wurde. Städte sind
ben außerhalb von Dichte und Mischung vielerorts zu qualitätsvollen Wohn- und
gar nicht zu organisieren. Zudem haben Lebensstandorten entwickelt worden. Das
sich die Preise in manchem städtischen heute viel bemühte Leitbild der „Europä
Umland inzwischen denen in der Kernstadt ischen Stadt“ ist dadurch überhaupt erst
angeglichen, so dass langfristige Kostener denkbar geworden. Städtebauliche Miss
Brigitte Adam, Gabriele Sturm: Was bedeutet Gentrifizierung und welche Rolle spielt
274 die Aufwertung städtischer Wohnbedingungen?
stände sind heute nicht mehr ausschlagge zit darauf ausgerichtet werden, verschiede
bend für ein Verlassen der Stadt. Umgekehrt ne Gebäudetypen und Wohnungsangebo
darf heute nicht der Tatbestand hoher At te bereitzustellen (Adam/Sturm 2012: 99).
traktivität und hoher Preise eine neue Form Eine besondere Herausforderung stellt sich
segregierter und segregierender Randwan für die Kommunen bei der Organisation der
derung erzwingen. Partzipationsmöglichkeiten. Während sich
die einen „ihrer Anforderungen an die Leis
Politik und Verwaltung sind dem Wohler tungen ihrer Stadt ziemlich bewusst“ sind
gehen der gesamten Stadtbevölkerung ver und diese auch artikulieren können (Brake/
pflichtet. Insofern können zwar nicht alle Herfert 2012: 414), müssen andere emanzi
Stadtbewohnerinnen und -bewohner am piert und zur Beteiligung befähigt werden.
gewünschten Idealwohnstandort leben,
sollten aber weiterhin Wahlmöglichkeiten Konfliktpotenziale im Spannungsfeld zwi
haben und nicht gezwungen sein, „schlech schen Aufwertung und Gentrifizierung er
te Adressen“ als ihre Adresse zu akzeptieren halten aktuell weiteren Zündstoff: Die so
oder die Stadt zu verlassen. Kommunaler zialräumlichen Spreizungen in den Städten
Handlungsspielraum ist diesbezüglich ge dürften sich auf noch ungewohnte Weise
geben, wenn es eine genügend große An mit infrastrukturell notwendigem Erneu
zahl von Wohnungen im Eigentum der öf erungsbedarf verknüpfen. Insbesondere
fentlichen Hand bzw. mit Belegungsrechten die energetische Nachrüstung von Ge
gibt. Über Sozialwohnungsbau hinaus sind bäuden und Wohnquartieren im Bestand
spezifische Flächenpolitiken oder Beteili wird deutlichen finanziellen Mehraufwand
gungsverfahren kreativ einzusetzen, führen erfordern, der sich auch im Mietpreisge
allerdings nicht immer zum gewünschten füge niederschlagen wird. Je nachdem, in
Erfolg. Weitere Instrumente liegen in der welcher räumlichen Struktur (wer saniert
Mietpreisbremse, Milieuschutzsatzungen wo in welchem Ausmaß) und über welche
oder bei der Bauleitplanung, wenn es um Zeitspanne dieser zukünftige Stadtumbau
die Wiedernutzung städtischer Brachen stattfinden wird, sind sozialräumliche Aus
geht. Hierzu gibt es Beispiele wie das der wirkungen ausdrücklich mitzudenken.
Stadt Karlsruhe, wenn Neubaugebiete expli
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