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Jeder kennt das, wenn sich einfach nichts richtig anfühlt.

Manchmal kommt es einem vor, als wäre man nicht erfolgreich genug,

die Beziehung nicht glücklich genug,

und als hätte man einfach nicht das, wonach man sich sehnt.

Eine chronische Unzufriedenheit, die uns mit Neid auf andere blicken lässt

und mit Enttäuschung auf uns selbst.

Popkultur, Werbung und soziale Medien machen es noch schlimmer:

Laut ihnen muss dich dein Job zu 100 Prozent erfüllen,

du musst ständig großartige Erfahrungen sammeln,

dem Schönheitsideal entsprechen,

einen Haufen Freunde haben und deinen Seelenverwandten finden.

Scheinbar führen alle anderen genau so ein Leben

und sind total glücklich.

Und natürlich sorgt der Selbstoptimierungs-Trend dafür,

dass du dich so fühlst, als müsstest du nur hart genug an dir arbeiten,

um das alles auch zu erreichen.

Vor 20 Jahren haben Wissenschaftler

mit der Suche nach einem Gegenmittel für Unzufriedenheit begonnen.

In diesem Zusammenhang ist die Positive Psychologie entstanden.

Sie erforscht, was das Leben lebenswert macht.

Außerdem wurde die kognitive Verhaltenstherapie entwickelt,

um negativen Gefühlen entgegenzuwirken.

Wissenschaftler stellten sich die Frage:

Warum sind manche Menschen glück- licher und zufriedener als andere?

Und: Können wir von dem lernen, was sie automatisch richtig machen?

In diesem Video geht es um eines der wichtigsten Anzeichen dafür,

wie glücklich wir sind, wie leicht es uns fällt, Freunde zu finden,

und wie gut wir mit Krisen umgehen können,

sozusagen ein Mittel gegen Unzufriedenheit: Dankbarkeit.

Dankbarkeit mag wie ein weiterer Selbstverbesserungs-Trend klingen,


der vom Hashtag-Volk gepredigt wird.

Aber tatsächlich basieren alle Erkenntnisse in diesem Bereich

auf zahlreichen Studien.

Links dazu findest du in der Videobeschreibung.

Dankbarkeit kann für jeden Menschen

und in jeder Lebenslage etwas anderes bedeuten.

Sie ist ein Charakterzug, ein Gefühl, eine Tugend und eine Verhaltensweise.

Man kann sie jemandem gegenüber emp- finden, der etwas Nettes getan hat,

aber zum Beispiel auch für das Wetter, die Natur

oder eine glückliche Fügung,

und sie ist fest in unseren Genen verankert.

Vor der Dankbarkeit gab es zunächst das Prinzip der Gegenseitigkeit,

eine bei Tieren angeborene Motivation,

Dinge zum gegenseitigen Vorteil zu tauschen.

Dieses Verhalten findet man bei manchen Fischen, Vögeln, Säugetieren

und vor allem bei Primaten.

Wenn dein Gehirn feststellt, dass je- mand etwas Nettes für dich getan hat,

reagiert es mit Dankbarkeit und motiviert dich so dazu,

dich zu revanchieren.

Das sorgt dafür, dass wir uns um andere kümmern, und sie sich um uns.

Eine sehr wichtige Entwicklung,

denn als das menschliche Gehirn mit der Zeit lernte,

die Gefühle anderer besser zu deuten,

wurden egoistische Individuen schnell identifiziert und gemieden.

Sich mit anderen gut zu stellen,

verschaffte uns also einen Evolutionsvorteil.

Hatte ein Mensch zum Beispiel Hunger

und jemand zeigte ihm einen Platz mit leckeren Beeren,

hat er ihm gegenüber Dankbarkeit empfunden.


Es entstand eine Verpflichtung, den Gefallen zu erwidern,

und damit eine Motivation, sich sozial zu verhalten.

Wurde der Gefallen schließlich erwidert,

empfand das Gegenüber wieder Dankbarkeit.

Dieses Prinzip hat unsere Vorfahren eng zusammengeschweißt.

Diese frühen Formen der Dankbarkeit waren biologische Mechanismen,

die unser Verhalten kooperativer gemacht haben

und dem Menschen dabei geholfen haben, die Erde zu erobern.

Aber im Laufe der Zeit ist aus Dankbarkeit mehr geworden

als eine bloße Motivation für faires Handeln.

Wissenschaftlern zufolge regt Dankbarkeit im Gehirn

Zentren für Belohnung und soziale Bindungen an

und verbessert außerdem unsere Fähigkeit,

die Absichten anderer zu deuten.

Dankbarkeit wirkt sogar direkt

negativen Gefühlen und Tendenzen entgegen,

wie zum Beispiel Neid, Vergleichsdrang, Narzissmus,

Zynismus und Materialismus.

Menschen, die dankbar sind, egal wofür,

neigen deshalb dazu, glücklicher und zufriedener zu sein.

Sie führen glücklichere Beziehungen und finden schneller Freunde,

sie schlafen besser,

sind weniger anfällig für Depressionen, Sucht und Burnout,

und können obendrein noch besser mit traumatischen Ereignissen umgehen.

In gewisser Weise schützt Dankbarkeit dich davor,

in eine der psychischen Fallen zu tappen,

die das moderne Leben dir stellt.

Zum Beispiel wirkt Dankbarkeit messbar der Tendenz entgegen,

Positives zu vergessen oder herunterzuspielen.

Wenn du ein Ziel nach langer, harter Arbeit erreichst,


kann sich das leer und bedeutungslos anfühlen.

Du findest dich emotional da wieder, wo du angefangen hast,

und versuchst, Befriedigung im nächsten großen Ziel zu finden,

anstatt zufrieden mit dir selbst zu sein.

Oder stell dir vor, du bist einsam und wünschst dir mehr Freunde.

Vielleicht gibt es in deinem Leben sogar einen oder mehrere Menschen,

die gerne Zeit mit dir verbringen würden,

aber dir kommt es vor, als wäre das nicht genug.

Du siehst dich als Versager, bist mit dir selbst nicht im Reinen.

Du schlägst ihre Einladung aus und wirst noch einsamer.

Wenn du allerdings dankbar bist für die Beziehungen, die du hast,

sagst du vielleicht öfter zu oder er- greifst sogar selbst die Initiative.

Je mehr du es riskierst, dich zu öffnen,

desto größer ist die Chance,

Beziehungen zu vertiefen und neue Leute kennenzulernen.

Im besten Fall wird durch Dankbarkeit eine positive Rückkopplung ausgelöst:

Positive Gefühle führen zu sozialem Verhalten,

was zu noch weiteren positiven sozialen Erfahrungen führt

und wieder positive Gefühle auslöst.

Das kommt häufig nach besonders schweren Phasen im Leben,

wie zum Beispiel einer Chemotherapie, vor.

Dann kann sich das Leben plötzlich ganz großartig anfühlen,

die kleinste Sache kann ein bodenloser Quell der Freude sein:

die Fähigkeit, zu schmecken, einfach in der Sonne zu sitzen,

oder, mit einem Freund zu plaudern.

Objektiv betrachtet ist dein Leben dasselbe wie zuvor

oder sogar ein klein bisschen schlechter,

aber dein Gehirn vergleicht deine aktuellen Erfahrungen mit Zeiten,

in denen das Leben schwieriger war, und reagiert mit Dankbarkeit.


Kurz gesagt: Dankbarkeit richtet deine Aufmerksamkeit

verstärkt auf die guten Dinge in deinem Leben.

Die Folge: Positive Gefühle und Erfahrungen nehmen zu.

Alles schön und gut, aber wie kann man mehr Dankbarkeit empfinden?

Nicht jeder Mensch hat die gleiche Veranlagung zur Dankbarkeit.

Es gibt individuelle Unterschiede,

sie kann entweder stärker oder schwächer ausgeprägt sein.

Das hängt von Genen, der Persönlich- keit und dem kulturellen Umfeld ab.

Wissenschaftler wollten herausfinden, ob es möglich ist,

an dieser Dankbarkeitsveranlagung

und damit auch an der Zufriedenheit zu arbeiten.

Bevor wir hier tiefer einsteigen, sollten wir erwähnen,

dass noch nicht ganz geklärt ist,

in welchem Maße und wie nachhaltig Dankbarkeit trainiert werden kann.

Es gibt leider keine magischen Glückspillen.

Das Leben ist kompliziert.

An manchen Tagen hat man das Gefühl, alles im Griff zu haben,

und an anderen Tagen eben nicht, und das ist okay.

Und manchmal, wenn du dich selbst zu sehr unter Druck setzt,

kann das Streben nach Glück dich auch unglücklicher machen.

Aber Dankbarkeit allein ist kein Heilmittel für Depressionen

und kann professionelle Hilfe nicht ersetzen.

Sie ist nur ein Puzzleteilchen im Gesamtbild der mentalen Gesundheit.

Die einfachste Dankbarkeitsmethode

mit fundierter wissenschaftlicher Basis ist das Dankbarkeits-Tagebuch:

Man muss sich nur ein- bis dreimal pro Woche

ein paar Minuten Zeit nehmen und fünf bis zehn Dinge aufschreiben,

für die man dankbar ist.

Vielleicht fühlt sich das komisch an. Fang deshalb mit etwas Leichtem an.

Kannst du für etwas Kleines dankbar sein,


vielleicht dafür, wie gut Kaffee schmeckt,

oder dafür, dass jemand freundlich zu dir war?

Hat jemand etwas Nettes für dich getan?

Oder fallen dir Menschen oder Dinge ein,

die dir fehlen würden, wenn sie plötzlich weg wären,

und für die du dankbar sein kannst?

Jeder Mensch ist anders.

Finde heraus, was sich für dich gut anfühlt.

Und das war's schon. Ehrlich.

Es klingt beinahe lächerlich,

eigentlich dürfte das nicht so einfach sein.

Aber in zahlreichen Studien haben Probanden berichtet,

dass sie sich glücklicher und allgemein zufriedener fühlen,

nachdem sie diese Übung ein paar Wochen lang gemacht hatten.

Studien konnten außerdem noch einige Monate später

eine Veränderung der Hirnaktivität feststellen.

Dankbarkeitsübungen können dich also tatsächlich umprogrammieren.

Dadurch wird deutlich,

dass Gefühle und Stimmungen nicht in Stein gemeißelt sind.

Wie du das Leben wahrnimmst,

beruht am Ende nur darauf, wie du es einordnest.

Veränderst du im Kern, wie du über dich selbst und das Leben denkst,

veränderst du damit deine Gedanken und Gefühle,

und damit auch dein Verhalten.

Es ist unglaublich, dass etwas so Simples wie Selbstreflexion

die Verknüpfungen im Gehirn so ändern

und damit Unzufriedenheit bekämpfen kann.

Wenn das mal kein Grund für Optimismus ist, was dann?

Ein Mensch zu sein, ist schwer,


aber man muss es sich nicht schwerer machen als nötig.

Geh ein bisschen aufmerksamer durchs Leben,

und du wirst viele Dinge bemerken, die es schon jetzt schöner machen.

(Ruhige Musik)

(Zwitschern)

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