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I. Der Gegenstand der Grammatik. Vieldeutigkeit des Terminus "Grammatik".

Aufgaben der
theoretischen Grammatik. Morphologie und Syntax.

1.Der grammatische Bau der Sprache. Vieldeutigkeit des Terminus "Grammatik". Grammatik im
weiteren Sinne des Wortes. Der Aufbau und der Inhalt der Grammatikbücher.
Der grammatische Bau der Sprache. Vieldeutigkeit des Terminus "Grammatik". Grammatik
im weiteren Sinne des Wortes. Der Aufbau und der Inhalt der Grammatikbücher.
     Das Wort "Grammatik" ist mehrdeutig. Dieser Begriff wird verwendet als Bezeichnung der
Sprachwissenschaft, die sich mit den sprachlichen Formen beschäftigt, als theoretische Darstellung,
Lehrbuch der Grammatik.
Das Wort "Grammatik" wird unterschiedlich begreifen (im weiteren und engeren Sinne).
Entsprechend spiegeln sich die Unterschiede im Aufbau und im Inhalt der Grammatikbücher wider.
     Grammatik im weiteren Sinne des Wortes bezeichnet das gesamte Sprachsystem einerseits und die
dieses System beschreibende Theorie andererseits. Dazu einige Beispiele der traditionellen Auffassung
der Grammatik: Duden-Grammatik 1984 ("Die Grammatik der deutschen Gegenwartssprache"). Sie
enthält zwei Abschnitte: das Wort und den Satz. Im ersten Hauptabschnitt werden die Lautlehre, die
Morphologie, die Lexikologie und die Wortbildung behandelt. Im zweiten Hauptabschnitt werden der
Satz, sowohl der einfache als auch der zusammengesetzte, und seine Klanggestalt dargestellt. Die
Darstellung des Buches erfolgt in der Richtung vom Wort zum Satz, anders gesagt von den Bestandteilen
zu den konstruierten Einheiten. In der entgegengesetzten Richtung, d.h. vom Satz zum Wort, ist die
"Grammatik der deutschen Sprache" von W. Jung (1980) aufgebaut. Sie enthält folgende Abschnitte:
Syntax, Wortarten, Wortbildung, Aussprache und Betonung.
2.Grammatik im engeren Sinne des Wortes. Der Aufbau und der Inhalt der Grammatikbücher.
 Unter dem grammatischen Bau einer Sprache wird die Gesamtheit der grammatischen Einheiten dieser
Sprache und der Regel ihrer Verwendung verstanden.
     Grammatik im engeren Sinne des Wortes bezeichnet den grammatischen Bau einer Sprache einerseits
und die diesen Bau beschreibende Theorie andererseits. Beispiele:
     Die meisten Bücher, die sich auf diese Auffassung der Grammatik gründen, bestehen aus zwei
Hauptteilen: aus der Wort- und Satzlehre. Solch einen Aufbau hat z.B. das Buch von W.G. Admoni "Der
deutsche Sprachbau". Von diesem Buch unterscheidet sich die "Einführung in die Grammatik und
Orthographie der deutschen Gegenwartssprache" von K.E. Sommerfeldt, G. Starke und D. Nerius
dadurch, dass hier auch orthographische Probleme ausführlich behandelt werden. In den letzten Jahren
sind auch Grammatikbücher erschienen, in denen die Textproblematik zur Sprache kommt.
     Es gibt verschiedenartige Variationen in der Auffassung und Darstellung. Diese Unterschiede sind
durch mehrere Ursachen bedingt, die sowohl objektiver, als auch subjektiver Natur sein können. In
diesen Büchern wird keine systematische, alle Probleme umfassende Darstellung des grammatischen
Baus angestrebt. Behandelt werden vor allem diejenigen Fragen der Morphologie, Syntax und
Textgrammatik, die nach der Ansicht des Verfassers interessant und wichtig sind.
3. Hauptzüge des deutschen Sprachbaus.
     Sehr charakteristisch für die deutsche Sprache ist der ausgiebige Gebrauch der inneren Flexion, die in
anderen germanischen Sprachen jetzt eine durchaus bescheidene Rolle spielt. In Verbindung mit der
äußeren Flexion und den analytischen Mitteln der Grammatik führt die innere Flexion oft zu einer
beträchtlichen Übercharakterisierung (d.h. zur Bezeichnung eines und desselben grammatischen Inhalts
durch mehrere grammatische Formmittel). So wird in der Form die Wälder der Plural dreimal zum
Ausdruck gebracht: mit Hilfe des Umlauts, der Pluralmorphems -er und der Pluralform des Artikels.
     Sehr wesentlich für die morphologische Struktur des Wortes im Deutschen ist die ungleichmäßige
Verteilung der Flexion. Bei einigen Redeteilen ist die Flexion bedeutend stärker ausgebildet als bei den
anderen. Besonders arm an der Flexion ist das Substantiv. Nicht nur das Verb, sondern auch das
demonstrative und possessive Pronomen und das Adjektiv, also die Wortarten, die syntaktisch als
Bestimmungen des Substantivs auftreten, haben viel reichhaltigere Flexionssysteme als das Substantiv.
Sehr reich an Flexion ist der Artikel, obgleich er nur ein Hilfs- oder Formwort ist.
     Zu den charakteristischen Merkmalen der deutschen Morphologie gehört die Herausbildung einer
Reihe von Formen mit veränderlicher Flexion. Das sind die Formen, die in einer und derselben
grammatischen Funktion verschiedenartig flektiert werden können. So bekommt das Adjektiv in einem
und demselben Kasus, Geschlecht und Numerus zuweilen die "starken" (pronominalen), zuweilen die
"schwachen" (nominalen) Endungen: schönes Wetter – das schöne Wetter.
4. Die Stellung der theoretischen Grammatik unter anderen linguistischen Disziplinen.
    Die Stellung der Grammatiktheorie unter den anderen linguistischen Disziplinen ergibt sich aus der
Stellung des grammatischen Baus im Sprachsystem. Die Sprache kann als ein System, d.h. als eine
Gesamtheit von zusammenwirkenden sprachlichen Einheiten betrachtet werden. Der grammatische Bau
ist ein organischer Bestandteil des Sprachsystems, der mit anderen Bestandteilen des Sprachsystems auf
innigste verbunden ist.
     Jeder Bestandteil (Komponente/Ebene) des Sprachsystems besitzt eigene Einheiten sowie die Regeln
ihrer gegenseitigen Verknüpfung und ihres Funktionierens. Es ist möglich, jeden Bestandteil des
Sprachsystems zum eigenständigen Untersuchungsobjekt zu machen, indem man von den Beziehungen
zu den anderen Bestandteilen abstrahiert. Aber diese Beziehungen müssen dort, wo sie nötig sind,
berücksichtigt werden.
     Die Verbindung der Grammatik mit dem Lautsystem und den prosodischen Mitteln (Intonation und
Akzent) ist verschiedenartig. So z.B. bestehen alle grammatischen Morpheme aus Phonemen oder
Phonemfolgen, die durch Laute bzw. Lautfolgen ausgedrückt werden. Die Betonung spielt beispielsweise
in der Formbildung eine gewisse Rolle (z.B. das betonte Präfix wird vom Verbalstamm abgegrenzt). Am
wesentlichsten aber ist, dass die prosodischen Mittel als bestimmende Elemente des Satzes fungieren,
indem sie diesem eine bestimmte Klanggestalt verleihen. Die Intonation kann ein einzelnes Wort zum
Satz machen (z.B.: Feuer! Fort!).
5. Der Gegenstand und die Aufgaben der theoretischen Grammatik.
Die Aufgaben der theoretischen Grammatik:
1. die Einheiten des grammatischen Baus sowie die Regeln ihrer gegenseitigen Verknüpfung und
ihres Funktionierens aufzuzeigen, ihr Wesen zu erkennen und zu beleuchten;
2. ihre Beziehungen zu den Einheiten anderer Komponenten des Sprachsystems mit in Betracht zu
ziehen;
3. die wichtigsten Konzeptionen kritisch zu besprechen;
4. die Ursachen der wesentlichen Unterschiede in der Darstellung des grammatischen Baus durch
die einzelnen Autoren kritisch und möglichst objektiv zu erklären;
5. die Fähigkeit der Studierenden, logisch zu denken und zu analysieren, zu vervollkommnen.
6. 6. Die Gliederung des grammatischen Sprachbaus in Morphologie und Syntax. Die
Textgrammatik.
     Traditionell werden als Grundeinheiten der Sprache WORT und SATZ angesehen. Dementsprechend
wird der grammatische Bau in zwei Hauptbereiche gegliedert: in Morphologie und Syntax. Eine ähnliche
Gliederung wird auch innerhalb der Grammatiktheorie vorgenommen.
     In den letzten Jahrzehnten wird auch der Text immer mehr als Objekt grammatischer Forschung
angesehen. Deshalb ist auch Textgrammatik als Theorie des Textes entstanden, vgl. z.B. /Москальская
1981/.

7. Literatur:

1. Admoni W.G. Der deutsche Sprachbau, Moskwa, 1986


2. Moskalskaja O.J. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, 1983
3. Абрамов В.А. Теоретическая грамматика немецкого языка. Москва, 1959
4. Erben J. Deutsche Grammatik. Ein Abriß. München, 1972
5. Schendels E.J. Deutsche Grammatik. Moskwa, 1982
II. Die Grundbegriffe der theoretischen Grammatik.

1. Der Gegenstand der Morphologie

     In den Grammatikbüchern wird der Gegenstand der Morphologie (Wortlehre/Formenlehre) nicht
einhellig festgelegt. So wird z.B. in /Schmidt 1973/, /Erben 1972/, /Brinkmann 1971/ die traditionelle
Abgrenzung der Morphologie und der Syntax in irgendwelcher Form beibehalten. Daneben gibt’s
Grammatikbücher, wo von der Syntax ausgegangen wird. So nennt P.Eisenberg den Gegenstand seines
Buches Morphosyntax, weil er syntaktische Einheiten auch unter morphologischem Blickwinkel
betrachtet.

     Moskalskaja in ihrem Buch "Grammatik der deutschen Gegenwartssprache" führt folgende Definition
des Gegenstandes der Morphologie an: "Gegenstand der Morphologie ist das Wort mit allen seinen
grammatischen Eigenschaften". In den Bereich der Morphologie rechnet sie deshalb:

1. die Lehre von den Wortarten, ihrer Gliederung und ihren grammatischen Eigenschaften;
2. die Paradigmatik der Wortarten (die Lehre vom Formensystem flektierender Wortarten);
3. die Lehre von den grammatischen Kategorien flektierender Wortarten.

     In "Russkaja Grammatika" gibt es folgende Definition: "Morphologie ist jener Teil des
grammatischen Baues der Sprache, der die grammatischen Wortklassen (Redeteile) erfasst, die diesen
Klassen angehörenden grammatischen (morphologischen) Kategorien und Wortformen". N.A.Slüssarewa
meint, "Morphologie existiert vor allem als Technik für die Syntax".

2. Morphologische Einheiten (abstrakte und konkrete): Morphem und Allomorph, Wort, Wortform, Form
des Wortes.

     Mit dem Ausdruck "Wort" wird gemeint:


1. Realisierungsform. In diesem Sinne "Wortform" ist eine konkrete Form, in der der Satz auftritt. Diese
Form ist einem Lexem zugeordnet. Bei der Bildung der Realisationsformen können zusätzliche Lexeme
beteiligt sein.
2. Das Lexem, lexikalisches Wort. Das ist ein Wort als Einheit des Lexikons oder Wörterbuches, als
Repräsentant aller Realisationsformen (Wortformen), in denen er im Satz erscheinen kann.
3. Vokabel, semantisches Wort. D.h., Wort als kleinste, relativ selbstständige bedeutungstragende
Einheit. Sie kann aus einem oder mehreren Lexemen bestehen.

     Das Morph ist ein Minimalzeichen noch ohne Berücksichtigung seiner Zugehörigkeit zu einer Klasse
(zu einem Morphem), die kleinste Ausdruck- und Inhaltseinheit, in die sich Äußerungen zerlegen oder
segmentieren lassen.

     Das Morphem ist eine Klasse oder Menge von Morphen, die denselben wert bei identischer oder
ähnlicher Ausdrucksseite haben.

     Die Allomorphe sind Morphe, die demselben Morphem angehören, z.B. das Morphem Arbeit hat nur
ein phonisches Allomorph, dem ein grafisches Allomorph entspricht ([arbaet] = Arbeit). Im Morphem
Rad gibt es 4 verschiedene Allomorphe:

1. [ra:d] - in der grafischen Form des Rades;


2. [ra:t] – in der grafischen Form Rad;
3. [rE:d] – in der grafischen Form Räder;
4. [rЕ:t] – in der grafischen Form Rädchen.

Ihnen entsprechen nur 2 grafische Allomorphe:


1. Rad-;
2. Räd-.

     Morpheme unterscheiden sich nach mehreren Gesichtspunkten in unterschiedliche Typen.


Hinsichtlich ihrer Bildungsfunktion gibt es lexikalische und grammatische Morpheme. Hinsichtlich ihres
Vorkommens (auch Selbstständigkeit) gibt es freie und gebundene Morpheme.

     Lexikalisches Morphem ist Morphem mit eigener lexikalischen Bedeutung (Sachbedeutung).


Kombinationen von lexikalischen Morphemen ergeben neue Wörter oder Wortstämme, vgl.: auf,
Schreib-tisch). Grammatisches Morphem ist Morphem mit grammatischer oder struktureller Bedeutung.
Kombinationen von lexikalischen mit grammatischen Morphemen ergeben Wortformen (nicht neue
Wörter!), vgl.: Büch-lein (Büch- ist lexikalisches Morphem, das Suffix -lein ist grammatisches
Morphem).

     Freies Morphem ist Morphem, dessen Allomorphe allein für sich ohne direkte Bindung an ein anderes
Morphem in einem Satz als Wort auftreten können. Gebundenes Morphem ist Morphem, dessen
Allomorphe in einem Satz nicht selbstständig als Wort auftreten können, sondern immer an ein anderes
Morphem gebunden sind, vgl.: Auf dem Schreibtisch liegt Büchlein (Das Morphem auf ist lexikalisch
und frei, dem ist grammatisch und gebunden, Schreib- ist lexikalisch und frei, -tisch ist lexikalisch und
frei, lieg- ist lexikalisch und frei, -t ist grammatisch und gebunden, Büch- ist lexikalisch und frei, -lein ist
grammatisch und gebunden).

     Diskontinuierliche Morpheme sind mehrere Morphe, welche nicht direkt aufeinander folgen, sondern
die durch andere Elemente getrennt sind, ergeben das Gesamtmorphem, vgl.: ge-lande-t, ge-koch-t
(diskontinuierliche Morpheme sind ge- und -t).

     Portmanteau-Allomorph ist nicht zerlegbarer Ausdruck, dem die Inhaltseiten mehrerer Morpheme
zugeordnet zugeordnet sind. Zum Beispiel, in Formen im, am sind die Präpositionen in, an mit der
Partikelform dem verschmolzen. Formen des Verbs sein, bin, bist, sind lassen sich nicht wie die
entsprechenden Formen anderer Verben (sing-e, sing-st) in Stamm und Endung zerlegen, so dass bin,
bist, sind als Ganze zu betrachten sind, in denen Stamm- und Endungsbedeutung unsegmentierbar
präsentiert wird.

3. Prinzipien der Klassifikation der Morpheme.

     Nach dem funktionalen Prinzip unterscheidet man lexikalische, derivationelle (oder wortbildende)
und grammatische (oder Flexions-) Morpheme.
1. lexikale Morpheme: BUCH-es, SING-en, GUT-er, DORT usw.;
2. Wortbildungsmorpheme: Lehr-LING, Fisch-ER, dort-IG, interess-IER-t, VOR-stellen usw.;
3. grammatische Morpheme: BUCH-es, interessier-T, laut-ER usw.

     Nach dem strukturellen Prinzip unterscheidet man Wurzel- und affixale (präfixale und postfixale,
flektivische) Morpheme.
1. (Basis-/Grund-) od. Wurzelmorpheme sind lexikalische Morpheme;
2. alle grammatischen und wortbildenden Morpheme, die sich an das Basismorphem anschließen,
heißen AFFIXE. Diejenigen, die vor dem Basismorphem stehen, werden PRÄFIXE genannt. Diejenigen,
die auf das Basismorphem folgen, heißen POSTFIXE. Diese zerfallen ihrerseits in SUFFIXE (Lehr-ER,
Löw-IN, Kind-ER, Klub-S) und FLEXIONEN oder ENDUNGEN (arbeit-ET, gut-ER, Buch-ES).

     Ein Präfix und ein Suffix, die zusammenwirkend in einem Wortbildungs- (BE-schön-IG-en, GE-läut-
E) oder einem Formbildungsakt (GE-arbeit-ET, GE-komm-EN) verwendet werden, werden KONFIXE
genannt.

     Eine sprachliche Einheit, die aus einem Wurzelmorphem und mindestens einem wortbildenden
Morphem besteht heißt LEXIKALER STAMM (heutig, Bruderschaft). Eine sprachliche Einheit, die aus
einem Wurzelmorphem und mindestens einem formbildenden Morphem besteht, heißt
GRAMMATISCHER STAMM (Kinder, Frauen). Der Stamm ist eine abstrakte Einheit.

4. Die grammatischen Kategorien. Die Definition. Der Begriff des markierten und des unmarkierten
Gegengliedes.

     Die grammatischen (morphologischen) Kategorien sind die Gesamtheiten (Mengen) von Wortformen
gleicher Art. Deshalb nennt man z.B. die Gesamtheit der Kasusformen die Kategorie des Kasus und die
Gesamtheit der Tempusformen die Kategorie des Tempus.

     Von einer grammatischen (morphologischen) Kategorie kann nur dann gesprochen werden, wenn es
mindestens zwei Wortformen gleicher Art gibt. Notwendig ist dabei, dass sie sich in Bedeutung und
(normalerweise) in Form unterscheiden. Z.B. die Kategorie des Numerus gründet sich auf die
Gegenüberstellung der Singularform und der Pluralform: Kind – Kinder, Tisch – Tische, Frau – Frauen.
Das erste Glied jedes Paars heißt unmarkiert, weil es kein Formans besitzt. Das andere Glied dagegen
heißt markiert, weil es ein Formans aufweist, das den Plural anzeigt.

     Bei der Bildung von grammatischen Kategorien wird von der lexikalen Bedeutung abgesehen. In
diesem Sinne sind die grammatischen Kategorien von den lexikalen Bedeutungen unabhängig.

5. Der Begriff des morphologischen Paradigmas. Das Paradigma als Existenzform einer grammatischen
Kategorie. Das Verhältnis des Mikro- und Makroparadigmas.

     Mit dem Begriff der grammatischen Kategorie ist der Begriff des Paradigmas aufs engste verbunden.
Das Paradigma einer Kategorie ist die Gesamtheit der durch sie erfassten Wortformen. Deshalb kann das
morphologische Paradigma als Existenzform einer grammatischen Kategorie angesehen werden. Man
nennt so ein definiertes Paradigma auch Mikro- oder Kleinparadigma zum Unterschied von Makro- oder
Großparadigma, das seinerseits die Gesamtheit der Mikroparadigmen darstellt, die einer flektierenden
Wortklasse zugewiesen werden. Zum Makroparadigma des Verbs zählt man die Mikroparadigmen der
Person, des Numerus, des Tempus, des Modus und des Genus.

     Das Mikroparadigma eines Wortes verhält sich zum Makroparadigma seiner Wortart wie das
Besondere zum Allgemeinen.

6. Lexikalische und grammatische Bedeutung

     Lexikalische Bedeutung ist die Bezeichnung zwischen einer sprachlichen Einheit und dem durch sie
Bezeichneten, das real oder nur gedacht sein kann.
     Jede Wortform hat eine grammatische Bedeutung. Die grammatische Bedeutung hat ihren Träger, z.B.
im Formativ Kinder ist Formans (Wortform) er der Träger der grammatischen Bedeutung und bedeutet
Plural. Im Formativ (er ist) kleiner (als) bedeutet Formans er Komparativ. Ein Formans kann zugleich
Träger von mehreren grammatischen Bedeutungen sein, z.B.: -ES drückt die Bedeutungen des Genitivs
(Buches) und des Singulars (GEHST).

7. Literatur:

1. Admoni W.G. Der deutsche Sprachbau, Moskwa, 1986


2. Moskalskaja O.J. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, 1983
3. Абрамов В.А. Теоретическая грамматика немецкого языка. Москва, 1959
4. Erben J. Deutsche Grammatik. Ein Abriß. München, 1972
5. Schendels E.J. Deutsche Grammatik. Moskwa, 1982

III. Der Begriff der Wortart bzw. der Wortklasse. Die Einteilung der deutschen
Wortarten.

1. Der Zweck der Gliederung des Wortbestandes in grammatische Wortklassen.

     Der Wortschatz bzw. der Wortbestand jeder Sprache kann als ein System angesehen werden. Dieses
System besteht aus vielen unterschiedlich gearteter Elemente, die untereinander durch mannigfaltige
Beziehungen verbunden sind. Das ist ein offenes System, d.h. es wird stets durch neue Elemente
bereichert. Es entsteht die Bedürfnis, die Aufgabe und Formbesonderheiten dieser neuen Elemente zu
beschreiben. Um dies Prozess zu erleichtern, lassen sich alle Wörter in einzelne Gruppen gliedern, die
wir Wortarten (Wortklassen/Redeteile) nennen.

2. Der Begriff der grammatischen Wortklasse (der Wortart, des Redeteils).

     Das Wesen der Wortarten wird von den Linguisten unterschiedlich beurteilt. Häufig werden sie als
lexikalisch-semantisch charakterisiert. Manchmal nennt man sie grammatisch-semantisch. Einige
Linguisten betrachten sie als grammatische Klassen (W.G. Admoni, O.I. Moskalskaja). Moskalskaja
meint: „Wortarten sind Wortklassen, worin die Grammatik den Wortschatz einer Sprache gliedert.“ Im
„Linguistischen Wörterbuch“ versteht man darunter Klassen der Wörter mit gleicher syntaktischen,
morphologischen und semantischen Eigenschaften. H.Bussmann fasst Wortarten als „Ergebnis der
Klassifizierung der Wörter einer Sprache nach Form- und Bedeutungsmerkmalen auf“.

3. Das Problem der Gliederung des Wortbestandes in grammatische Wortklassen.

     Man muss berücksichtigen, dass sich der Wortschatz nicht nach irgendeinem streng logischen Prinzip
herausgebildet hat, denn:
 der Wortschatz enthält Elemente mit den unterschiedlich ausgeprägten Eigenschaften, weshalb die
Zugehörigkeit manches Elements zu einer bestimmten Wortklasse nicht ohne weiteres werden kann;
 zwischen den Elementen des Wortschatzes bestehen mannigfaltige Beziehungen, die über die Grenzen
einer Wortklasse hinausgehen können.
 die Anwendung entweder des semantischen oder des syntaktischen oder des morphologischen Prinzips
führt zur Ermittlung der Klassen der im Grunde genommen verschiedenen Einheiten.

4. Die Prinzipien der traditionellen Einteilung der Wortarten in der älteren deutschen Grammatik.

     Im wissenschaftlichen Schrifttum gibt es zwei Tendenzen in der Einteilung der Wörter in Wortarten
(Redeteile, Wortklassen):
1. (die traditionelle Einteilung) zu präzisieren (d.h. klarer, genauer zu machen);
2. Eine neue Gliederung vorzulegen.

     Die Präzisierung beruht auf Versuchen, die Ausgliederungskriterien der Wortarten, die grammatische
Semantik, die morphologische Form und die syntaktische Funktion tiefer und allseitiger zu begründen,
unterschiedliche Schichten einer Wortart aufzudecken und die Wechselbeziehungen zwischen den
Wortarten und den Redeeinheiten zu erforschen.

     Die Grammatiker, die gegen die traditionelle Einteilung auftreten, wenden sich gegen das semantische
Merkmal als „nicht grammatisches“ Ausgliederungskriterium und gegen die Einteilung aufgrund von
drei Kriterien, weil jede wissenschaftliche Klassifizierung nur nach einem Grundsatz vollzogen werden
dürfe.

     Für die zweite Tendenz (neue Einteilungen) werden „rein grammatische“ oder der Struktur der
Sprache angemessene Prinzipien, morphologische oder syntaktische Merkmale gewählt.
     Das Vorhandensein der gewissen Wortarten wird von den Linguisten nicht bestritten. In den
Streitfragen geht es nur um die Gruppierung der betreffenden Wortarten, um ihre Hierarchie und um ihre
Benennung.

     Die Zahl der Wortarten schwankt in der Geschichte der Grammatik zwischen 2 und 15. Diese
unterschiedlich hohen Zahlenangaben werden nicht jeweils nur bestimmten Epochen der
Sprachwissenschaft zugeordnet. Die Geschichte der Wortartenfrage zeigt, dass sehr unterschiedliche
Einteilungsgesichtspunkte zu allen Zeiten möglich und auch angewandt worden sind.      Platon und
Aristoteles unterschieden zwei Wortarten: Onoma (Substantiv, Adjektiv + Subjekt) und Rhema (Verb +
Prädikat).

     Die Stoiker haben gegenüber Platon und Aristoteles schon eine differenzierte Einteilung der
Wortarten entwickelt. Sie unterschieden 5 Redeteile: Nomen, Appellativum, Verbum, Konjunktion,
Artikel. Bei ihnen findet man bereits die Unterscheidung von deklinablen und undeklinablen Redeteilen.

     Im Altertum, welches bereits echte philologische Arbeit kannte, entstand die Lehre von 8 Wortarten.
Diese Lehre war durch Jahrhunderte in Europa vorherrschend gewesen. Laut dieser Lehre unterschied
man: Nomen, Verb, Partizip, Artikel, Pronomen, Präposition, Adverb, Konjunktion.

___________________________________

 das Appellativum (имя нарицательное) ist im Gegensatz zum Eigennamen, der bestimmte Individuen
(Personen, Länder, Gebäude usw.) benennt, bezieht sich das Appellativum auf eine gesamte Gattung:
Mann, Frau, Tier, Pflanze, Buch, Stein, Haus usw.
 das Nomen (die Nomina): 1. Substantiv. 2. Begriff für deklinierbares Wort, besonders für Substantiv
und Adjektiv; im weiteren Sinn werden ihm auch die deklinierbaren Numeralia und die Pronomina sowie
der Artikel untergeordnet.

5. Die aktuellen Prinzipien der Ausgliederung der Wortklassen.

     Die aktuellen Prinzipien der Ausgliederung der Wortklassen:


1. das morphologische Prinzip;
2. das semantische Prinzip;
3. das syntaktische Prinzip;
4. das komplexe Prinzip

     Vor mehr als 2000 Jahren sind mehrere Gesichtspunkte bei der Gruppierung der Wortarten beachtet
worden, z.B. die Sachbedeutung, die morphologische Struktur, die syntaktische Verwendung.
     Das komplexe Prinzip (4) gestattet, semantische, morphologische und syntaktische Eigenschaften der
Wörter als Kriterien zur Gewinnung von Wortklassen heranzuziehen. Auf diesem Prinzip basiert die in
der deutschen Grammatik herkömmliche Unterscheidung von 10 oder 9 Wortarten (je nachdem, ob man
den Artikel als eigene Wortklasse oder zum Pronomen zählt). (1) Von der Form oder der
morphologischen Struktur des Wortes geht man aus, wenn man zunächst in flektierbare und nicht
flektierbare Wortarten teilt und unter den flektierbaren als konjugierbaren (die Verben) den anderen als
deklinierbaren (Substantiv, Adjektiv, Pronomen) gegenüberstellt. Bei den Pronomen und Numeralien ist
dieses Einteilungsprinzip aber offensichtlich nicht angewandt, denn es gibt sowohl flektierbare als auch
nicht flektierbare Pronomen und Zahlwörter. In solchen Fällen fungiert als Einteilungsprinzip die
Sachbedeutung (2), der semantische Gehalt. Und der Einteilung in die Wortarten – Adjektiv, Präposition,
Konjunktion und Artikel – liegt die syntaktische Verwendung (3) der Wörter zugrunde. Hier wird mit
den so genannten „diagnostischen Rahmen“ gearbeitet. Angenommen wird, dass es für Wörter jeder
Wortklasse einen typischen syntaktischen Rahmen gibt:

für das Substantiv:      Der … arbeitet fleißig.


für das Verb:       Der Student … fleißig.
für das Adjektiv:      Der … Student arbeitet.
für das Adverb      Der Student arbeitet …

     Einige Beispiele der Einteilung der Wortarten:

     Hans Glinz unterschied zuerst 3 „große Wortartkomplexe“: Vorgangswörter, Größenwörter und


Angabewörter. Später werden sie aber in mehrere Unterarten eingeteilt, so dass letztendlich alle
bekannten Wortgattungen erscheinen, nur anders genannt und kombiniert. Man hat: Vorgangswörter
(Verben), Größennamen (Substantiv), Artwörter in Begleitform (Adjektiv), Artwörter in Angabeform
(die von Adjektivstamm gebildeten Adverbien und Adjektive in Kurzform), Stellwörter (Adverbien, die
nicht vom Adjektivstamm gebildet sind und Präpositionen, die adverbiale Homonyme haben),
Zahlwörter (aber Ordnungszahlwörter werden als Begleitartwörter – Adjektive und die Formen I, II, III
u.s.w. – als Stellwörteradverbien angesehen), Größenhinweisen, Größenumrisse, Größenzeichen,
Mengewörter (Artikel und Pronomina in kleinere Gruppen eingeteilt), Flugwörter (Präpositionen, die
nicht zu Stellwörter gehören und Konjunktionen).
     Aus diesem System folgt, dass die Hauptredeteile, die die Grundlage des traditionellen Systems
bilden, bei Glinz unangetastet bleiben. Einige andere, die zu den wichtigsten gehören, nur zum Teil
umgebaut werden (Adjektive und Adverbien). Das Neu, was Glinz in die Theorie bringt, bezieht sich
hauptsächlich auf die Wortarten, die von den Sprachforschern in der traditionellen Grammatik auch
ungebeugte Teile verschiedenartig behandelt werden. Es ist wichtig zu betonen, dass einzelne
Abänderungen im System der traditionellen Morphologie keinen Umbau des ganzen Systems erfordern.

     Hans Brinkmann betrachtet das System der Wortarten vom Inhalt, vom Formenkreis und der
syntaktischer Leistung aus. Er unterscheidet 6 Wortarten: 4 Wortarten mit eigener Geltung (Substantiv,
Adjektiv, Beziehungswort, Verb) und 2 für die Rede angelegte Wortarten (Pronomen/Umrissenwörter,
Konjunktion). Das Numerale stellt er als eine besondere Schicht des Adjektivs dar und bezeichnet es als
Mengewort. Den Artikel hält er zur Ausstattung der Wortart Substantiv. Adjektivadverbien als Adjektiv
und die übrigen Adverbien als Konjunktionen zusammen mit Interjektion.

Die moderne allgemeine Übersicht der Redeteile im Deutschen.


1. Substantiv (Hauptwort)
2. Adjektiv (Eigenschaftswort)
3. Numerale (Zahlwort)
4. Pronomen (Fürwort)
5. Negation (Verneinung)
6. Verb (Tätigkeitswort, Zeitwort)
7. Adverb (Umstandswort)
8. Modalwort
9. Artikel (Geschlechtswort)
10. Konjunktion (Bindewort)
11. Partikel (Füllwort)
12. Interjektion (Empfindungswort)

     4 von 13 Wortklassen (Artikel, Präposition, Konjunktion, Partikel) umfassen die Hilfswörter oder
Formwörter, d.h. solche Wörter, die ausschließlich zur morphologischen und syntaktischen Bestimmung
und Organisierung anderer Wörter, Wortgruppen und Sätze dienen. Zu den Hilfswörtern gehören auch
einige Arten der Verben (Hilfsverbe, Kopula), Pronomina (reflexive, unpersönliches „es“,
Personalpronomina, Negationen).

     Manche Wortarten werden als Übergangserscheinungen qualifiziert und zur gleichen Zeit an
verschiedene Redeteile angeschlossen: z.B. die Wörter „manche, eigene“ neigen zugleich zu Adjektiven,
Numeralien und Pronomina. Die Kreuzung mit anderen Redeteilen und Grenzfälle sind eine Folge des
Aspektreichtums der sprachlichen Erscheinungen und speziell der Feldstruktur der Redeteile.

     Eine ganz eigenartige Stellung nehmen unter den Wortarten die Interjektionen ein, weil sie eine ganz
eigenartige Bedeutung besitzen (Ausdruck Gemüts- und Willensregung), die Rolle eines Satzgliedes
nicht spielen können und eine vollständige und selbstständige Äußerung bilden.

6. Die Beurteilung der traditionellen Einteilung von S.Kaznelson.

     „Die traditionelle Grammatik ging immer intuitiv davon aus, dass zwischen Grammatik und
Wortschatz kein absoluter Gegensatz besteht und die grammatischen Unterschiede den ganzen
Wortschatz durchziehen und ihn von innen her organisieren. Die grammatische Klassifizierung der
Wörter, ihre Einteilung in die „Redeteile“, gehört seit jeher zur grammatischen Beschreibung der
Einzelsprachen als deren unabdingbare Schlüsselkomponente. Die Berechtigung der traditionellen
Klassifizierung und die Zweckmäßigkeit ihrer Anwendung in der deskriptiven Grammatik unterliegen
keinem Zweifel. Mit Hilfe der Klassifikationsmerkmale bestimmt man leicht die Zugehörigkeit eines
Wortes zu einer bestimmten Wortart und präzisiert man im Rahmen dieser Wortart die Regeln seines
Verhaltens in der Rede. Die offensichtlichen Mängel dieser Klassifikation fallen nicht besonders ins
Gewicht, solange wir es mit einer empirischen Beschreibung der Struktur einer Einzelsprache zu tun
haben. Ganz anders verhält es sich jedoch, sobald wir breit angelegte typologische Vergleiche
vornehmen und verallgemeinernd die Strukturen mehrerer Sprachen betrachten. Dann behindern die
logische Inkonsequenz und die Verworrenheit der traditionellen Lehre, ihr „vager und steriler
Empirismus“ …, eine theoretische Deutung der Fakten ernstlich. Wie schon Hermann Paul und
Fortunatow schrieben, ermangelt das alte Klassifikationsschema eines einheitlichen
Einteilungsprinzips… Die Wortarten werden darin nach gemischten, morphologischen, syntaktischen
und logisch-semantischen Kriterien bestimmt, die sich nicht auf einen gemeinsamen Nenner bringen
lassen, weil Form und Inhalt sowie Syntax und grammatische Semantik asymmetrisch sind. In dem
Bemühen Unvereinbares zu vereinbaren, geht die traditionelle Grammatik in ihren Wortartdefinitionen
mal von der Morphologie, mal von der Syntax und mal vom kategorialen Inhalt aus. So wird kein
einziges Prinzip konsequent eingehalten.“

7. Literatur:
1. Admoni W.G. Der deutsche Sprachbau, Moskwa, 1986
2. Moskalskaja O.J. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, 1983
3. Абрамов В.А. Теоретическая грамматика немецкого языка. Москва, 1959
4. Erben J. Deutsche Grammatik. Ein Abriß. München, 1972
5. Schendels E.J. Deutsche Grammatik. Moskwa, 1982

IV. Feldstruktur der Wortarten und der Austausch zwischen den Wortarten.

1. Feldstruktur der grammatischen Einheiten (unter ihnen auch die Feldstruktur der Wortart)

     Die Struktur der grammatischen Erscheinungen und Einheiten ist keine abgeschlossene und scharf
umrissene Struktur. Die grammatischen Einheiten sind miteinander durch verschiedene
Übergangserscheinungen verbunden. Die Wörter und Wortformen sind gleichzeitig auf verschiedene
Wortarten ausgerichtet. Im Sprachgebrauch verschieben sich die Schranken zwischen den Wortarten und
zwischen den einzelnen grammatischen Erscheinungen. Jede Feldstruktur hat die Kerne (Zentren) und
die Peripherien, die sich um diese Kerne lagern. Sie berühren sich und kreuzen sich mit
Nachbarnfeldstrukturen.

     Nur die offene Grammatiktheorie berücksichtigt das Fließende in der Grammatik, verfügt über
reichhaltigen Stoff, in dem sie alle grammatisch relevanten Erscheinungen notiert; sie ermittelt die
Perspektiven, die von den festen Ansatzpunkten in die Übergangsbereiche und zu den
Einzelerscheinungen der Sprache führen. Dadurch ermöglicht die offene Grammatik die Erfassung des
immer neu hinzukommenden Materials. Die offene Grammatiktheorie lässt die Hierarchie der
grammatischen Strukturen bestimmen, die dominierenden Typen der grammatischen Erscheinungen
aufstellen. Sie ist eben darauf gedacht, die Kerne der Feldstrukturen zu bestimmen und auf diese Weise
die „reinen“ grammatischen Typen zu systematisieren.

2. Struktur einer Wortart nach H.Brinkmann. Was kennzeichnet den Grundbestand der Wortart? Wie
entstehen die übrigen Schichten der Wortart? Der Unterschied der Schichten vom Grundbestand. Was
versteht H.Brinkmann unter dem 'Austausch der Wortarten'.

     In seiner Theorie behauptet H.Brinkmann: strukturell weisen die „höheren Wortarten“ verschiedene
Schichten auf, die sich in verschiedenem Anteil an Formenkreis der Wortteile zeigen. Die Formen der
Wortarten sind ihrerseits mit verschiedenen Leistungen im Satz verbunden. Jede Wortart enthält eine
Grundschicht, welche alle Formen komplett besitzt und dementsprechend zu allen Leistungen dieser
Wortart fähig sind. Die übrigen Schichten enthalten Wörter, die nicht alle Formen der Grundschicht
besitzen. Diese entstehen dadurch, dass ein Übertritt aus einer Wortart in die andere erfolgen kann. Dabei
ist ein Überwechseln oft mit einer Veränderung der Lautgestalt des Wortes (Präfigierung, Suffigierung,
Ablaut u.ä.) und der Leistungen oder Funktionen verbunden. Unter „syntaktischer Funktion“ versteht
man die aktive Rolle des betreffenden Redeteils, die Aufgabe, die der Redeteil im Satz erfüllt.

3. Die Transposition unter den Wortarten (Die grammatische Umsetzung in eine andere Wortart:
Konversion).

     Der Übertritt der Elemente oder der Wörter aus einer Wortart in die andere ohne jegliche
Wortbildungsmittel heißt Transposition (Wortartwechsel, Konversion, implizierte Ableitung). Die
Transposition ist ein Mittel der Bereicherung der Sprache.

     Der Übertritt geschieht unter den Autosemantikern (Vollwörtern oder selbstständige Wortarten), unter
den Synsemantikern (unselbstständige Wortarten) wie auch zwischen den beiden Klassen.

     Am leichtesten erfolgt die Substantivierung. In diesem Fall bekommt das Wort einen Artikel, ein
Zeichen des neuen Ranges. Substantivierte Adjektive und Partizipien können alle 3 Geschlechter haben.
Der Infinitiv und alle unflektierten Arten außer den Kardinalzahlwörtern erhalten das sächliche
Geschlecht (z.B. das Gehen, das Heute, das Ach). Nur die Zahlwörter sind weiblichen Geschlechts.

     Die weitere Möglichkeit der Transposition ist Verbalisierung, wenn sich eine Wortart (meist ein
Substantiv oder ein Adjektiv) in ein Verb verwandelt. In solchen Fällen bekommen die Wörter alle
Verbalformen, vor allem das Infinitiv-Suffix (rein -> reinen, Mond -> monden).      Die dritte Art ist die
Adverbialisierung (Adjektivisierung), wenn Substantiv mit oder ohne Präposition in ein Adverb
verwandelt wird. Seine lexikalische Bedeutung ändert sich dementsprechend (z.B. zuhause, zuzeiten).

Manche Synsemantiker treten in zwei Funktionen auf:

 bald als Präposition, bald als Partikel (z.B. er kommt zu mir und beginnt über seine Arbeit zu
erzählen)
 bald als Konjunktion, bald als Präposition (z.B. während er sprach, beobachtete ich sein Gesicht;
während seiner Erzählung…)

     Ein Wort aus der autosemantischen Klasse kann zu einem synsemantischen Wort herabsenken (z.B.
Zweck – zwecks +G). In allen Fällen entstehen homonymische Reihen.

     Zu den Mitteln der Transposition gehören: der Artikel (bei Substantivierung), das Infinitiv (bei
Verbalisierung), Präfigierung und Suffigierung (bei Adverbialisierung/Adjektivisierung). Man
unterscheidet auch die „reine“ Transposition, d.h. das Wort übergeht in eine andere Klasse ohne
Veränderungen.

_________________________

 Autosemantikum ist das Wort, das im Gegensatz zum Synsemantikum über eine eigenständige
Bedeutung verfügt. Autosemantika werden vorwiegend durch die Wortarten Substantiv, Adjektiv und
Verb vertreten (z.B. Stuhl, weich, laufen).
 Synsemantikum ist das Wort, das für sich genommen über keine eigene Bedeutung verfügt.
Synsemantika können im Gegensatz zu den Autosemantika nicht alleine vorkommen, da sich ihre
Bedeutung aus ihrer Verbindung mit einem Bezugselement ergibt. Zu den Synsemantika zählen
Wortarten wie die Artikel, Pronomen, Präpositionen und Konjunktionen.
 Homonyme sind gleichlautende Wörter, die verschiedenen Wortarten angehören.

4. Literatur:

1. Admoni W.G. Der deutsche Sprachbau, Moskwa, 1986


2. Moskalskaja O.J. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, 1983
3. Абрамов В.А. Теоретическая грамматика немецкого языка. Москва, 1959
4. Erben J. Deutsche Grammatik. Ein Abriß. München, 1972
5. Schendels E.J. Deutsche Grammatik. Moskwa, 1982

V. Die Valenz.

1. Der Valenzbegriff in der Linguistik.

     Der Begriff der Valenz bedarf zuerst eines Überblicks über die verschiedenen Fassungen des Valenz
Begriffs in der Linguistik. Dem Sinne nach erscheint der Valenzbegriff in der Unterscheidung der älteren
Grammatik in absolute bzw. subjektive (d.h. keine Ergänzung fordernde) und relative bzw. objektive
(d.h. eine Ergänzung fordernde) Verben. Zu den absoluten (subjektiven) Verben gehören solche, die
außer dem Subjekt keine weiteren Angaben brauchen, damit ein grammatisch korrekter Satz entsteht. Zu
den relativen (objektiven) Verben gehören solche, die außer dem Subjekt noch mindestens eine weitere
Ergänzung brauchen, damit ein grammatisch korrekter Satz entsteht.

     Später erkannte Bühler, dass „die Wörter einer bestimmten Wortklasse eine oder mehrere Leerstellen
um sich eröffnen, die durch Wörter bestimmter anderer Wortklasse ausgefüllt werden müssen“. Diese
Bemerkungen sind Vorläufer für den Valenzbegriff in der Linguistik.

2. Die Konzeptionen des Begriffs der Valenz.

     Tesniere geht im Rahmen seiner Abhängigkeitsgrammatik bei seiner strukturellen Satzanalyse vom
Verb aus und sieht als dessen „subordines immediats“ die „actants“ und die „circonstans“ (d.h. die
„Handelnden“ und die „Umstände“) an. Die „actants“ sind im Satz zahlenmäßig durch das Verb
begrenzt. Die Fähigkeit der Verben eine bestimmte Anzahl von Aktanten zu sich zu nehmen, vergleicht
Tesniere mit der Wertigkeit eines Atoms und nennt sie Valenz. Er nimmt 3 Arten von Aktanten an, die in
gleicher Weise direkt vom Verb abhängig sind und auf der gleichen Ebene stehen. Das sind Subjekt,
Akkusativ- und Dativobjekte. Ausgeschlossen aus den Valenzbeziehungen sind bei Tesniere die
Adverbialbestimmungen und die Prädikative. Das Subjekt bei Tesniere nur ein semantischer Name für
den ersten Aktanten. Aus der traditionellen semantischen Opposition zwischen Subjekt und Objekt macht
er die strukturelle Differenz zwischen den ersten und zweiten Aktanten. Nach der Zahl der „actants“
unterscheidet Tesniere avalente Verben (ohne Aktanten), monovalente Verben (mit einem Aktanten),
divalente Verben (mit 2 Aktanten), trivalente Verben (mit 3 Aktanten).

     Für die deutsche Grammatik ist der Valenzbegriff zuerst von H.Brinkmann und John Erben gebraucht
worden. Brinkmann definiert Valenz als „die Fähigkeit des Verbums weitere Stelle im Satz zu fordern“
und Mitspieler als „die Stellen selbst, die für weitere Beziehungen offen sind“. Das Verb bestimmt
darüber, wie viele Stellen im Satz besetzt werden müssen/können, und stiftet somit im Satz eine
Hierarchie.

     Bei Erben taucht der Valenz-Begriff unter dem Terminus „Wertigkeit“ auf. Für ihn bildet das Verb im
deutschen Satz den charakteristischen „Aussagekern“. „Von seiner Art und Wertigkeit – man kann sie
geradezu mit der Valenz des Atoms vergleichen – hängt es wesentlich ab, welche und wie viele
Ergänzungsbestimmungen im Vor- und Nachfeld des Verbs auftreten und das Satzschema gestalten“.
Von der Wertigkeit der Verben her, welche an der Zahl von Ergänzungsbestimmungen gemessen wird,
entwickelt Erben seine Grundmodelle des deutschen Satzes.

     Angesichts der Vielfalt der Konzeptionen des Valenzbegriffs und der Erweiterung des Begriffs
„Fügungspotenz“ kann man 3 Gruppen von den Linguisten unterscheiden:
1. einige, vor allem einheimische (sowjetische), Linguisten betrachten den Begriff der „Valenz“ bzw.
„Fügungspotenz“ als eine Eigenschaft, die allen Wortarten zukommt. Diese Konzeption wurde
vorbereitet von Bühler, vertreten von Admoni, angenommen von Brinkmann, Kaznelson, Lomtew und
Meltschuk. Schattierungen gibt es in Einzelheiten. Z.B. bezeichnet Lejkina die vom übergeordneten
Glied ausgehende - im Sinne Admoni’s fakultative - Fügungspotenz als aktive Valenz; die vom
untergeordneten Glied ausgehende - im Sinne Admoni’s obligatorische - Fügungspotenz als passive
Valenz. Abramow versteht im ähnlichen Sinne die von dem Verb als strukturellem Zentrum ausgehende
Potenz als zentrifugal, die zu dem Verb hinführende Potenz als zentripetal.
2. Die zweite Gruppe von Linguisten besteht, dass die Valenz als eine Eigenschaft nur und
ausschließlich dem Verb zukommt.
3. Die dritte Gruppe vertritt die Meinung, dass der Begriff der Valenz nicht nur aufs Verb oder
Wortarten, sondern sogar auf alle sprachlichen Elemente anwendbar ist und sie definiert die Valenz als
potenzielle Verknüpfbarkeit von gleichartigen Sprachelementen. Deshalb spricht man in der Linguistik
nicht nur von syntaktischen und semantischen Valenzarten, sondern auch von morphologischer und
phonologischer Valenz. Es wird neben der äußeren Valenz zwischen Wörtern eine innere Valenz
zwischen Konstituenten eines Wortes angenommen.

________________________

 Cirkonstant (freie Angabe) ist im Gegensatz zu den vom Verb abhängigen obligatorischen und
fakultativen Aktanten ein für die Satzstruktur nicht konstitutives Element. So z.B. können etwa dem
grammatisch vollständigen Satz „Ich gehe ins Kino“ folgende weglassbare Angaben hinzugefügt werden:
„heute abends“, „mit meiner Freundin“.

3. Die Arten der Fügungspotenzen der Redeteile nach W.Admoni. Die Bezeichnung zwischen
Fügungspotenzenarten und den „dominierenden“ bzw. „abhängigen“ syntaktischen Beziehungen.

     Die syntaktischen Beziehungen jedes Redeteils zerfallen in 2 Gruppen: nach dem Grad ihrer
Notwendigkeit für das Auftreten des Redeteils im Satz.
1. obligatorische Beziehungen (ohne an ihnen teilzunehmen kann der Redeteil überhaupt im Satz
nicht erscheinen)
2. fakultative Beziehungen (der Redeteil kann solche Beziehungen auch entbehren; z.B. ist für das
Adjektiv eine Beziehung zum Substantiv obligatorisch. Dagegen ist die Beziehung des Substantivs mit
dem attributiven Adjektiv nur fakultativ).

     Der betreffende Redeteil kann in einer Fügung als grammatisch vorherrschen, dominierend, regierend
oder umgekehrt als grammatisch abhängig regiert auftreten. Die regierende oder dominierende
Beziehung fällt oft mit den fakultativen zusammen. So dominiert das Verb über das Adverb oder
präpositionale Gruppen mit adverbialer Bedeutung und kann zugleich syntaktisch ohne sie bestehen. Die
regierte oder abhängige Beziehung ist in der Regel mit den obligatorischen verbunden. Das Adverb hängt
vom Verb an und kann im Satz ohne Verb nicht erscheinen.

     Diese Arten der Beziehungen sind nicht identisch. Die Beziehungen des abhängigen Redeteils zum
dominierenden Redeteil sind immer obligatorisch. Aber die Beziehung des dominierenden zum
abhängigen kann sowohl fakultativ, als auch obligatorisch sein. Das hängt gewöhnlich nur von
semantischen Gründen ab. Z.B. regieren solche syntaktisch relative Adjektive wie „ähnlich, gleich“
Bestimmungen im Dativ, die aber für diese Adjektive unentbehrlich sind. Es gibt auch solche Formen,
die syntaktisch immer abhängig und regiert sind, aber von verschiedenen regierenden Redeteilen
abhängen können. Z.B. gehört der Genitiv immer als abhängige Form bald zu einem Substantiv, bald zu
einem Adjektiv, bald zu einem Verb. In jedem Fall ist die syntaktische Beziehung für den Genitiv
obligatorisch.      Jeder Redeteil enthält in sich eine Reihe von Fügungspotenzen. Sie werden aktualisiert
bei der Einschaltung in den Satz. Diese Potenzen schlummern im Redeteil und werden erst durch die
Berührung mit dem konkreten Redeprozess zum Leben erweckt. Diese Potenzen bestimmen das ganze
Wesen vom Redeteil. Sie sind in ihm als Projektionen vorhanden, die außerhalb des entsprechenden
Wortes führen. Diese Potenzen bezeichnet man auch wie Lehrstellen, Ergänzungsbestimmungen oder
Aktanten. Die Lehrstellen teilt man in Lehrstellen der obligatorischen und fakultativen Fügungspotenzen
ein.

     Eine obligatorische Fügungspotenz wird von der entsprechenden Wortform besonders aktiv
ausgestrahlt. Die syntaktische Komponente, die als zweites Glied der Fügung erscheint, wird von der
betreffenden Form projiziert, d.h. sie wird auf irgendeine Weise in ihrem allgemeinen grammatischen
Bedeutungsgehalt mitgedacht, wenn man sich die Ausgangsform situationsfern und kontextfrei vorstellt.
Je mehr eine Wortform isoliert steht, desto klarer gibt sich die von ihr ausgehende Projektion kund. Die
grammatischen Fügungspotenzen berühren sich mit den lexikalen, d.h. mit solchen Fügungspotenzen, die
den Wörtern aufgrund ihrer lexikalen Semantik und des Gebrauchs eigen sind.

___________________________________

 Die Distribution a) Verteilung von Sprachelementen (z.B. Phoneme oder Morpheme) innerhalb
größerer sprachlicher Einheiten; b) Gesamtheit aller Umgebungen, in denen ein sprachliches Element
vorkommt, im Gegensatz zu jenen, in denen es nicht erscheinen kann.
 Nominalisierung ist die Ableitung eines Substantivs („Nomen“ im engeren Sinne) aus einer anderen
Wortart (z.B. Adjektiv: reif – die Reifung; Verb: laufen – der Läufer).
4. Polyvalenz nach J.Erben.

     Unter Polyvalenz versteht J.Erben „das Auftreten vieler Verben mit verschiedener Wertigkeit und
wechselnden „Mitspielern“. Er unterscheidet drei Arten der Polyvalenz:
1. scheinbare Polyvalenz, d.h. die Möglichkeit, die Stellen der fakultativen Aktanten zu besetzen
oder nicht zu besetzen;
2. Polyvalenz als „fakultative Formvarianz“, d.h. die Möglichkeit, die Form des Aktanten zu
variieren (z.B. mich/mir graut);
3. Polyvalenz als Ausdruck einer Polysemie.

5. Literatur:

1. Admoni W.G. Der deutsche Sprachbau, Moskwa, 1986


2. Moskalskaja O.J. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, 1983
3. Абрамов В.А. Теоретическая грамматика немецкого языка. Москва, 1959
4. Erben J. Deutsche Grammatik. Ein Abriß. München, 1972
5. Schendels E.J. Deutsche Grammatik. Moskwa, 1982

VI. Das deutsche Verb als Wortart

1. Allgemeine Charakteristik des deutschen Verbs.

     Der verallgemeinerte grammatische Bedeutungsgehalt des Verbs ist der Gehalt der Tätigkeit oder des
Tätigkeitsverlaufs. Das Verb verfügt über folgende Formen: die konjugierbaren und nicht
konjugierbaren. Diese Formen sind die wichtigsten im verbalen Paradigma. Zu den konjugierbaren
Formen gehören: 3 Personalformen im Singular und Plural, 6 Zeitformen, 3 Genera (Aktiv, Passiv,
Stativ), 3 Modi (Indikativ, Konjunktiv, Imperativ). Zu den Nominalformen gehören 4 Infinitivgruppen
(Infinitiv I, Infinitiv II, Aktiv und Passiv) (in einigen Grammatikbücher sind es 6 (+Stativ), 2 Partizipien.

_________________________________

 Nominalform ist infinite (nicht konjugierte) Verbform, z.B. der Infinitiv.

2. Semantische Einteilung des Verbs.

     Die semantische Einteilung zeigt eine semantische Ungleichwertigkeit der Verben. Diese semantische
Ungleichwertigkeit bedingt den Gebrauch der Verben. Die Verben, die Prozesse, Handlungen, Zustände
bezeichnen und im Satz als vollwertige Prädikate auftreten, heißen Vollverben. Die anderen, die im Satz
entweder als Kopula oder als Teile des Prädikats auftreten, fasst man unter dem Namen Hilfsverben oder
Funktionsverben zusammen. Dazu gehören Modalverben, „haben, sein, werden, beginnen, anfangen,
pflegen, aufhören“ u.ä., „bringen, kommen und gehen“ als Bestandteile der so genannten
„Streckformen“. Die Unvollwertigkeit der Modal- und anderen Verben zeigt man durch die
Abstreichmethode. Die Verben „haben, sein, werden“ können auch als Vollwerben auftreten, aber sie
verlieren vollständig ihre Semantik, falls sie analytische Form bilden helfen. Die so genannten
„Streckformen“ bestehen aus einem Funktionsverb und einem Substantiv mit oder ohne Präposition.
Diese Formen konkurrieren mit einem Vollverb (z.B. Rache nehmen an+D = sich an+D rächen). Die
Streckformen tragen mehr Information als die Vollverben allein (z.B. bewegen = in Bewegung setzen,
kommen).

     Die Vollverben sind mehrfach geschichtet. Hans Brinkmann unterscheidet unter den Vollverben:

 Tätigkeits- oder Handlungserben, die eine aktive Handlung bezeichnen, welche nach außen gerichtet
ist (z.B. arbeiten, wandern, tanzen usw.);
 Vorgangsverben, die eine Veränderung in der Verfassung (состояние, настроение, расположение
духа) von Menschen und Dingen ausdrücken (z.B. altern, hungern, sterben usw.);
 Zustandsverben, die eine bleibende Lage von Menschen und Dingen bezeichnen (z.B. sitzen, liegen
usw.);
 Geschehensverben (Unpersönliche Verben, darunter auch Witterungsverben: z.B. es regnet, es
donnert usw.).

     Jede dieser Untergruppen lässt sich weiter einteilen. Es werden thematische Gruppenausgesondert wie
die Verben der Bewegung, der Mitteilung, der Gefühlte, der Einschätzung, der Sinneswahrnehmung u.a.

     Die Funktionsverben lassen sich in folgende Untergruppen einteilen:

 Modalverben (wollen, sollen, dürfen, mögen, müssen, können, lassen);


 Kopula;
 Hilfsverben der analytischen Formen;
 Angaben der Aktion und des Genus;
 Streckformen.

______________________________

 Vollverb ist eine Subklasse des Verbs, bei der im Gegensatz zum Hilfsverb oder Modalverb die finite
Verbform die Fähigkeit besitzt, selbständig Handlungen, Zustände, Ereignisse usw. auszudrücken. Die
Vollverben bilden somit das Zentrum der Wortart Verb; sie verfügen über Valenz. In Verbindung mit
Hilfs- oder Modalverben trägt das im Infinitiv stehende Vollverb die eigentliche Aussage.
 Kopula ist ein Bindeglied zwischen dem logischen Subjekt und Prädikat einer Aussage, das im
Deutschen sprachlich realisiert wird durch die finiten Verbformen von „sein, werden, heißen, bleiben,
scheinen“, die die Verbindung von Subjekt und Prädikatsnomen herstellen (z.B. Anne ist Studentin; Hans
wird Elektriker).
 analytisch heißt in Einzelteile zerlegend.

3. Syntaktische Einteilung der Verben.

     Die syntaktische Klassifikation der Verben stützt sich auf den Begriff der Valenz. Unter der Valenz
des Verbs versteht man die Fähigkeit, um sich die Lehrstellen zu eröffnen, d.h. Satzglieder an sich
heranzuziehen, die durch „Mitspieler“ des Verbs ausgefüllt werden können, zwar einerseits das Subjekt,
andererseits das Objekt, Adverbialbestimmungen und Prädikative. Das Subjekt ist keine bloße Ergänzung
des Verbs, sondern ein ganz besonderer Mitspieler mit einer selbstständigen vom Verb unabhängigen
Rolle. Im Satz ist es obligatorisch (es fehlt nur in den Ausnahmen). Die anderen Mitspieler sind dagegen
verbale Ergänzungen. Das Verb braucht sie, um sinnvoll zu werden. Objekte und Adverbialen können
obligatorisch oder fakultativ sein. Die Prädikative sind immer obligatorisch. Die zweiseitigen Valenzen
des Verbs sind nicht gleichwertig.
___________________________________

 Prädikativ ist ein nominaler Satzteil, der zusammen mit einem Kopulaverb (Kopula) das Prädikat
bildet (z.B. Prädikatspronomen: er bleibt Präsident).

4. Die morphologische Klassifikation der Verben. Persönliche und unpersönliche, objektive und
subjektive, transitive und intransitive Verben.

     Das Subjekt kann persönlich oder unpersönlich sein, dementsprechend unterscheidet man:
 Persönliche Verben. Sie können sich mit dem Subjekt in allen 3 Formen verbinden.
 Begrenzt persönliche Verben. Die Verben sind nur auf die 3. Person beschränkt
(Naturerscheinungen, Tier- und Pflanzenwelt: fließen, (sich) bewölken, grasen). Nur in übertragener
Bedeutung können solche Verben in der 1. und 2. Person (ich belle = ich huste). Zu dieser Gruppe
gehören auch Geschehensverben, die mit einer kleinen Anzahl von Subjekten verbunden werden
(gelingen, passieren usw.).
 Unpersönliche Verben, deren Fügungspotenz noch geringer ist. Sie lassen nur das Subjekt in der
Form des unpersönlichen Pronomens zu. Dazu gehören Witterungsverben (echte unpersönliche Verben
oder echte Impersonalia). Nur metaphorisch können sie mit einem persönlichen Subjekt auftreten (z.B.
Seine Stimme donnerte Befehle, die Apfelbäume scheinen Blüten).

     Alle anderen Gruppen von unpersönlichen Verben nennt man unechte unpersönliche Verben (unechte
Impersonalia), weil sie auch persönlich gebraucht werden können (z.B. Gemütszustand bezeichnen).

     Daneben bestehen Parallelformen ohne unpersönliches Pronomen „es“: es friert mich = ich friere, es
hungert mich – ich hungre. Nicht alle Verben aus dieser Gruppe lassen eine Umformung zu: es
schwindelt mich (у меня кружится голова) – ich schwindle (я вру).

     Manche Verben können persönlich und unpersönlich gebraucht werden. Dabei kann die Bedeutung
unverändert bleiben (z.B. der Vorsitzende läutet/es läutet). Die Bedeutung kann auch geändert werden
(z.B. Er gibt mir das Buch/Es gibt auf dem Tisch ein Buch). Bei der Fügung des Verbs mit dem Subjekt
muss die Bedeutung des Subjekts berücksichtigt werden, weil die Semantik des Verbs und seine weiteren
Fügungswerte davon abhängen. Vor allem ist die Einteilung in Lebewesen und Nichtlebewesen wichtig
(z.B. der Schlot raucht/der Mensch raucht).

     Die Verben, welche ein Objekt haben können oder müssen, heißen objektive Verben (die meisten
Handlungsverben). Die Verben, die mit keinem Objekt zusammengefügt werden, heißen subjektive
Verben (dazu gehören: Zustands-, Vorgangs- und ein Teil von Ereignisverben; manche Wissenschaftler
zählen dazu auch Witterungsverben). Unter allen Objekten hebt man das Akkusativ-Objekt und die
Verben mit solchem Objekt nennt man transitive Verben, im Gegensatz zu allen anderen den so
genannten intransitiven Verben. Es gibt Fälle, wo ein Genetiv- oder Präpositionalobjekt eine ebenso
innige Beziehung zwischen der Handlung und dem Gegenstand widerspiegelt, wie Akkusativ (z.B. den
Gast erwarten/auf den Gast warten; eines Kugelschreibers bedürfen/einen Kugelschreiber brauchen).

     Die Verben mit den Vorsilben „an-, be-, er-„, welche von den entsprechenden intransitiven Verben
abgeleitet sind, brauchen immer ein Akkusativobjekt. Die genannten Präfixe ändern die lexikale
Bedeutung des Verbs, deswegen darf man sie nicht als grammatische Mittel der Transivierung
betrachten. Einen obligatorischen Mitspieler im Akkusativ haben die so genannten kausativen Verben.
Sie haben Entsprechungen unter den starken Verben, von denen sie abstammen, und bezeichnen das
Veranlassen zur Handlung oder Zustand (legen, stellen, setzen). Semantisch verwandt mit den Kausativa
sind die faktitiven Verben, welche von Adjektiven abgeleitet und auch immer ergänzungsbedürfig sind
(schärfen, kürzen). Einige transitive Verben sind nicht ergänzungsbedürfig, sondern ergänzungsfähig.
     Morphologisch hat das deutsche Verb drei Grund- oder Stammformen, welche allen anderen Formen,
welche allen anderen Formen zugrunde liegen. Je nach der Bildung der Grundformen baut man folgende
morphologische Klassifikation der Verben auf:

1. die schwachen;
2. die starken;
3. die Verben mit Präsensumlaut;
4. die Präteritopräsentia;
5. die unregelmäßigen Verben

_____________________________

o kausativ/faktitiv: Gruppe von Verben, die ein „Verursachen“ beschreiben. Viele von ihnen
können durch syntaktische Konstruktionen mit „machen“ oder „bewirken“ umschrieben werden.
Abhängig davon, ob der –>Stamm ein Verb oder ein Adjektiv ist, unterscheidet man zwischen kausativ
und faktitiv. kausativ: tränken (= trinken machen) faktitiv: schärfen (= scharf machen)

5. Die aktionsmäßige Klassifikation der Verben.

     Unter der Aktionsart versteht man die semantische Kategorie des Verbs, um einen Vorgang nach
zeitlichen bzw. inhaltlichen Gesichtspunkten zu charakterisieren. Bei der Aktionsart muss zunächst
einmal grundsätzlich unterschieden werden zwischen durativen (imperfektiven) und nicht-durativen
(perfektiven) Verben. Die durativen Verben beschreiben eine Handlung oder einen Vorgang als einen
zeitlich nicht strukturierten Ablauf (z.B. blühen, wachsen). Im Gegensatz dazu wird bei den nicht-
durativen Verben die durch eine Beginn- oder Endphase begrenzte Entwicklung eines Geschehens
betrachtet (z.B. verblühen, erwachsen).

     Die aktionsmäßige Unterschiede machen sich in der Wahl des Hilfsverbs bei der Bildung des Perfekts
bzw. Plusquamperfekts der intransitiven Verben bemerkbar, vgl.: wachen (haben) – erwachen (sein),
blühen (haben) – erblühen (sein) usw., dann in der Möglichkeit das Partizip II attributiv zu verwenden:
der erwachende, der wachende; in der Bildung des Stativs: das Buch ist aufgeschlagen.

___________________________________

Transitiv nennt man Verben, die durch ein Akkusativobjekt ergänzt werden, das bei der
Passivtransformation zum Subjekt des Satzes wird (Transformation): ich schreibe einen Brief, hole ein
Brot.

6. Die Nominalformen des Verbs (Bildung und Bedeutung).

     Nominalformen oder Verbum infinitum heißen die Formen des Verbs, die nicht durch eine Person
bestimmt sind. Es sind dies Infinitive und Partizipien. Sie stehen ohne Bezug zu einem Subjekt. Sie sind
zwar zeitlich unterschieden, aber die Zeit ist bei ihnen nicht wie bei dem finiten Verb auf das gerade
ausgedrückte Geschehen festgelegt. Der Infinitiv Präsens z.B. steht beim Futur oder bei einem in der
Vergangenheit ausgedrückten Geschehen: Ich werde dich besuchen. Ich habe mich gefreut, dich zu
sehen. Sie stehen ohne Beziehung zum Modus: Du kannst ihn fragen. Du könntest ihn fragen.

Infinitiv des Präsens (Infinitiv I) des Aktivs und des Passivs: tragen/getragen werden.
Infinitiv des Perfekt (Infinitiv II) des Aktivs und des Passivs: getragen haben/getragen worden sein.

     In einigen Grammatikbüchern zählt man auch Stativ dazu:


Infinitiv I Stativ: gebaut sein
Infinitiv II Stativ: gebaut gewesen sein

7. Literatur:

1. Admoni W.G. Der deutsche Sprachbau, Moskwa, 1986


2. Moskalskaja O.J. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, 1983
3. Абрамов В.А. Теоретическая грамматика немецкого языка. Москва, 1959
4. Erben J. Deutsche Grammatik. Ein Abriß. München, 1972
5. Schendels E.J. Deutsche Grammatik. Moskwa, 1982

VII. Das Substantiv.

1. Das Wesen des Substantivs.

     Das Substantiv ist neben dem Verb die wichtigste Wortart. Substantive machen mehr als die Hälfte
unseres Wortschatzes aus und heißen deshalb auch „Hauptwörter“. Die grammatische Bedeutung des
Substantivs liegt im Ausdruck jedes Begriffs oder jeder Vorstellung als etwas Dinghaftes oder eine
Substanz. Wenn ein Substantiv unmittelbar den Begriff eines Dinges bezeichnet, dann fällt die
grammatische Bedeutung mit der lexikalischen zusammen. Wenn ein Substantiv den Begriff eines
Prozesses, einer Eigenschaft bezeichnet, dann widerspricht lexikale Bedeutung Substantivs der
grammatischen Bedeutung.

     In funktionaler Hinsicht ist die Wortklasse Substantiv ebenfalls die wichtigste: ihre Elemente können
im Satz in allen syntaktischen Funktionen auftreten:

 als Subjekt und Objekt: Unser Staat gibt den Werktätigen viele Entwicklungsmöglichkeiten.
 als Attribut: Das Haus des Vaters.
 als Adverbiale: Eines Tages. Der Arzt kam nachmittags.

     Von der funktionalen Wichtigkeit des Substantivs zeugt auch die Tatsache, dass jede beliebige nicht-
substantivische Spracheinheit im Prinzip substantiviert werden kann. Am leichtesten erfolgt die
Substantivierung der Adjektive und der Infinitive im Deutschen.

     Die morphologische Struktur des Substantivs ist im Deutschen durch zwei Merkmale gekennzeichnet.
Erstens wird das Substantiv dekliniert, also nach Kasus und Zahl verändert, wobei aber die Formen
dieser grammatischen Kategorien sehr ungleichmäßig und zum Teil sehr unzureichend in der Struktur
des Substantivs selbst bezeichnet werden. Als Folge dieser flexivischen Mangelhaftigkeit des Substantivs
werden zweitens in breiterem Umfange die grammatischen Kategorien des Substantivs durch die Form
anderer Wortarten wiedergegeben, die zur Gruppe des Substantivs gehören und mit ihm kongruieren
(übereinstimmen) (das Prinzip der MONOFLEXION). Der Artikel hat einen wichtigen Anteil am
Ausdruck aller grammatischen Inhalte des Substantivs (bei der Bezeichnung des grammatischen
Geschlechts, bei der Individualisierung oder Generalisierung, bei der Bestimmtheit oder
Unbestimmtheit).

______________________________

 die Kongruenz – formale Übereinstimmung von mindestens zwei Konstituenten, ausgedrückt durch
morphologische Mittel. Mit dem Begriff Kongruenz wird in erster Linie die formale „Übereinstimmung“
von Subjekt und Prädikat in Person, Numerus und Genus bezeichnet.

2. Die grammatischen Kategorien des Substantivs.


     Das Substantiv hat 3 unbestrittene grammatische Kategorien und einige Erscheinungen, die mit der
grammatischen Kategorie verwandt sind. Die unzweifelhaften grammatischen Kategorien sind: Numerus,
Kasus, Genus. Zu den Erscheinungen, denen einige Züge der grammatischen Kategorie eigen sind
gehören die Beziehung der Bestimmtheit und Unbestimmtheit des im Substantiv ausgedrückten Begriffs,
die Hervorhebung des Umfangs, in welchem dieser Begriff gedacht wird, und die Angabe seines
semantisch-grammatischen Charakters vom Standpunkt der Zählbarkeit und der Konkretheit.

     O.I.Moskalskaja meint, dass das Substantiv im Deutschen noch eine Kategorie besitzt: die Kategorie
der Bestimmtheit/ der Unbestimmtheit.

3. Die semantisch- grammatischen Arten des Substantivs

     Innerhalt der Wortart SUBSTANTIV lassen sich einige semantisch-strukturelle Klassen auseinander
halten, die sich voneinander durch semantische und grammatische Eigenschaften ihrer Elemente
unterscheiden.

     

Es gibt mehrere Klassifikationsvorschläge:

Substantive werden zunächst in Konkreta und Abstrakta eingeteilt. Die erste Klasse wird
Admoni
weiter aufgegliedert in Eigennamen, Gattungsnamen, Kollektiva und Stoffnamen.
Substantive werden zunächst in Eigen- und Gattungsnamen eingeteilt. Die Eigennamen
Stepanowa werden in belebte und unbelebte eingeteilt. Gattungsnamen – in Konkreta und Abstrakta.
Konkreta weiter in: Individuativa, Kollektiva, Unika, Stoffnamen.
Moskalskaja Wie Admoni. Sie hält aber auch zählbare und unzählbare Substantive auseinander.

______________________

 Gattungsnamen bezeichnen eine Gruppe gleichartiger Wesen und Dinge (Menschen, Tiere, Pflanzen,
Dinge): das Tier, der Fluss, die Karte
 Sammelnamen (die Kollektiva) fassen eine Mehrheit gleichartiger Dinge zusammen: das Gebirge, das
Vie, das Gemüse, die Kleidung.
 Stoffnamen bezeichnen eine Stoffmasse; jeder kleinste Teil wird ebenso bezeichnet wie das Ganze:
(das) Gold, (das) Holz, (der) Wein, das Wasser.
 Eigennamen bezeichnen ein bestimmtes Einzelnes. Dazu gehören Personennamen, geographische und
andere Eigennamen: Alexander, die Elbe, das Schwarze Meer.

4. Das grammatische Geschlecht.

     Das grammatische Geschlecht ist eine alternative grammatische Kategorie, d.h. sie stützt sich auf die
grammatischen Verschiedenheiten der Substantive untereinander. Ihren formellen Ausdruck findet diese
Kategorie nicht in der Struktur des Substantivs selbst, sondern in der Struktur der kongruierenden Glieder
der Substantivgruppe, z.B. des Artikels: der Strauß, die Maus, das Haus. Die Form des Wortes selbst ist
imstande, das grammatische Geschlecht nur in einem Falle ganz genau zu bezeichnen: wenn das
Substantiv mit Hilfe eines solchen Suffixes gebildet ist, das mit einem grammatischen Geschlecht fest
verbunden ist. (Von den wichtigeren Suffixen sind –ung, -heit, -keit, -schaft, -tät, -tion immer mit dem
weiblichen Geschlecht, -ling, -ist, -ant, -ismus mit dem männlichen, -chen, -lein mit dem sächlichen
verbunden).

     Die Einteilung nach dem grammatischen Geschlecht der Wörter, die Lebewesen bezeichnen, weist
einen Zusammenhang des grammatischen Geschlechts mit dem biologischen auf. Die überwiegende
Mehrheit der männlichen Lebewesen sind Maskulina (der Mann, Knabe, Vater), die der weiblichen
Lebewesen – Feminina (die Frau, Mutter, Tochter). Das war eben der Grund, weshalb man die
betreffenden Bezeichnungen (Maskulinum, Femininum, Neutrum) für diese grammatischen
Erscheinungen wählte und diese Kategorie überhaupt das grammatische Geschlecht nannte.

     Aber ursprünglich war in den indoeuropäischen Sprachen die Einteilung nach den grammatischen
Geschlechtern mit der Einteilung nach den natürlichen, biologischen Geschlechtern wahrscheinlich gar
nicht verbunden. Einige Beispiele der Nichtübereinstimmung:      Sehr viele Substantive, die leblose
Wesen bezeichnen, sind Feminina oder Maskulina: die Bank, die Tür, der Stuhl. Eines der wichtigsten
Wörter, das zur Bezeichnung der Frau verwendet wird, ist sächlichen Geschlechts: das Weib.

     Die Verschiedenheit im grammatischen Geschlecht kann bei homonymen Substantiven zur


Unterscheidung der Wortbedeutungen dienen und auf diese Weise die Homonymie beheben: der Hut
(Kopfbedeckung) – die Hut (Vorsicht)… Bei einigen Substantiven schwankt das grammatische
Geschlecht: der Liter – das Liter.

     Die Beibehaltung des grammatischen Geschlechts ist im Deutschen durch das Vorhandensein einer
ziemlich entwickelten Flexion bedingt. Im Englischen ist das grammatische Geschlecht bis auf ganz
geringe Reste beseitigt. Außer seiner Hauptfunktion, der Organisierung des Substantivbestandes, erfüllt
das grammatische Geschlecht im Deutschen noch eine Funktion – es dient zur Präzisierung der
Beziehungen zwischen den Dingbegriffen in den Sätzen und größeren Redekomplexen, z.B.: Wieder
führte der Pfad eine Weile durch das grüne Dunkel, bis er sich plötzlich wandte und der Kandidat das
Landhaus in der Entfernung von wenigen Schritten vor sich erblickte (C.F.Meyer).

5. Die grammatische Kategorie der Zahl.

     Unmittelbar gründet sich die Kategorie der Zahl beim deutschen Substantiv auf die Gegenüberstellung
von Singular und Plural. Der Ausgangspunkt, die „normale“ Form im Zahlensystem der Substantive ist
der Singular. Der Plural wird durch eine Reihe von besonderen Hilfsmorphemen bezeichnet. Im Laufe
der Sprachentwicklung haben sich diese Morpheme von anderen Funktionen befreit, die ihnen früher
eigen waren (der Ausdruck der Stammzugehörigkeit und des Kasus). Im Gegensatz zu den Kasus, die in
der Struktur des Substantivs selbst nur sehr mangelhaft ausgedrückt werden, wird also die Zahl in der
Regel schon in der Form des Substantivs sichtbar. Hier kommt sowohl die äußere als auch die innere
Flexion in Betracht.

     Die pluralbildenden Morpheme sind:

-(e)n – bei allen drei Geschlechtern: Bär – Bären, Tafel – Tafeln, Auge – Augen;
-e – bei allen drei Geschlechtern: Berg – Berge, Kuh – Kühe, Werk – Werke;
-er – bei Maskulina und Neutra: Geist – Geister, Kind – Kinder;
-s – bei Fremdwörtern: Kerl – Kerls, Porträt – Porträts.

     Die innere Flexion (der Umlaut) tritt entweder allein (Kasten – Kästen, Mutter – Mütter) oder im
Anschluss an die äußere Flexion auf: Land – Länder, Gans – Gänse.      Es gibt eine Anzahl von
Substantiven, die in ihrer Struktur die Gegenüberstellung Singular – Plural nicht zum Ausdruck bringen.
Es sind Maskulina und Neutra mit Grundmorphemen, die auf -er, -el, -en enden: der Jäger – die Jäger,
das Mädchen – die Mädchen u.a. Bei solchen Substantiven übernehmen die syntaktischen Mittel die
Aufgabe, die Einzahl von der Mehrzahl zu unterscheiden (Artikel und Personalendungen des Verbs): Der
Jäger kommt – Jäger kommen.

     Es gibt noch Singulariatanta, die keine Pluralform bilden, und Pluraliatanta, die nur die Form des
Plurals besitzen (die Eltern, die Geschwister).

6. Die Deklinationstypen des Substantivs.

     Eine wichtige Neuerung des deutschen Sprachbaus ist die Differenzierung der pluralbildenden
Morpheme von den kasus- und stammbildenden Morphemen. Von dieser Tatsache ausgehen, betrachten
die sowjetischen Germanisten die Deklinationsparadigmen des Substantivs als ein reines Kasussystem,
das unabhängig von den verschiedenen Arten der Pluralbildung bestimmt werden kann.

     Nach diesem System gibt es beim deutschen Substantiv drei Haupttypen der Deklination (stark,
schwach und weiblich) und zwei Nebentypen: die Deklination der Eigennamen und ein Mischtypus, d.h.
die Deklination einer kleinen Gruppe von Maskulina, welche dem schwachen Typus folgen, aber
zusätzlich ein -s im Gen. Sg. erhalten: Buchstabe, Friede(n), Funke(n), Name(n) usw. auch das Neutrum
Herz.

     Die Anschaulichkeit und Übersichtlichkeit dieses Systems unterliegt keinem Zweifel. Doch werden
auch gewisse Einwände, und nicht ohne Grund, gegen dieses System erhoben.

     Es wird darauf hingewiesen, dass die Kasusendung -(e)n im Dativ Plural bei ehr vielen Substantiven
mit dem Pluralmorphem –(e)n zusammenfällt: die Genossen – den Genossen, die Namen – den Namen,
die Tafeln – den Tafeln. In allen diesen Formen gibt es tatsächlich, vom Standpunkt der heutigen Sprache
aus, keinen formalen Unterschied zwischen Nominativ, Genetiv, Akkusativ Plural und Dativ Plural.
Auch die Besonderheiten der Pluraldeklination mit dem Pluralmorphem -s werden in dem Schema nicht
berücksichtigt.

     Also, die Synthese der Kasusformen und Zahlformen wird im Dreitypensystem (stark-schwach-
weiblich) nicht berücksichtigt. Die meisten in der traditionellen Grammatik aufgestellten Systeme der
deutschen Substantivdeklination sind viel differenzierter und komplizierter als das Dreitypensystem, d.h.
die Anzahl der Haupttypen bleibt gewöhnlich dieselbe, aber sie werden anders aufgefasst und in mehrere
Unterabteilungen eingestellt. So, sondiert W.Jung die Deklination der Fremdwörter und Eigennamen aus.
Die Deklination aller üblichen Substantive wird in starke, schwache und gemischte eingeteilt. Oft wird
die Zahl der Unterabteilungen beträchtlich höher. So bringt L.Sütterlin bei den starken Substantiven 11
Deklinationsmuster, bei den schwachen 4 Muster, bei den gemischten 5 Muster. Im ganzen sind es also
20 Unterarten des Deklinationsparadigmas, die alle möglichen Kombinationen aller Variationen aller
Kasus- und Zahlmorpheme darstellen.

7. Kasusbedeutungen und Kasusfunktionen.

     Der Kasus dient dazu, die syntaktische Funktion des Substantivs und aller substantivischen und
substantivierten Wörter in seiner morphologischen Struktur zum Ausdruck zu bringen. Aber die Zahl der
Kasus ist viel geringer als die Zahl der syntaktischen Funktionen des Substantivs. Also sind sie
homonymisch, aber sie bleiben doch vom Standpunkt der Semantik mehr oder weniger einheitlich.
Anderseits können die Kasus synonymisch sein (z.B. Genitivadverbiale und Akkusativadverbiale: Ich
gehe des Weges – Ich gehe den Weg).

8. Kasustheorien (L.Helmslev, R.Jacobson, S.Kaznelson, G.Helbig).


     Die Forscher Paul Jackobson, Helbig, Kaznelson befassten sich mit mit Kasustheorie in der
Grammatik. Der Forscher Helmsner führt folgende Haupttesen auf:

     „Die Grammatik ist eine Theorie der Grundbedeutungen oder der Werte und der durch sie gebildeten
Systeme. Um ihre Aufgaben zu lösen, muss man empirisch vorgehen.“

     Aus dieser Formel hebt der Forscher 3 Kernprobleme hervor: Grundbedeutung, System und
empirisches Verfahren. Zu der Grundbedeutung der Kasus meint er:

     „Kasus wie Sprachform überhaupt bedeutet nicht verschiedene Dinge. Er bedeutet ein einziges Ding,
er prägt ein einziges abstraktes Begriff, aus dem man die konkrete Verwendung ableiten kann. Jakobson
unterstützt auch diese Position. Die Grundfrage, die sich der Forscher erhebt: Welches ist das objektive
Verhältnis zweier grammatischen Kategorien, namentlich zweier Kasus in der Sprache.

     Kaznelson vertritt eine andere Theorie über die Kategorie des Kasus: in jedem Einzelkasus schlagen
sich als eine Häufung verschiedene Funktionen nieder, die sich im System der Kasus spezifisch kreuzen.
Die Suche nach Gesamtbedeutungen der Kasus ist belanglos (незначительный). Die so genannten
spezifischen Bedeutungen der Kasus sind in Wirklichkeit einzelne funktionale Einheiten, von denen jede
durch das Sprachsystem bedingt ist und gesondert vermittelt werden muss. Helbig verteilt die primären
und sekundären Funktionen unter den deutschen Kasus. Dabei nimmt er folgende Ansätze auf:

1. Scheidung von syntaktischen (grammatischen) und nicht syntaktischen (semantischen)


adverbialen, lexikalen Funktionen, von denen die erste syntaktisch und die zweite denotativ genannt
werden, um die Zugehörigkeit zu den Ebenen primär oder sekundär zu kennzeichnen.
2. Die Tatsache, dass nicht alle Kasus syntaktische und semantische Funktionen brauchen, dass jede
dieser Funktionen dominant werden kann.
3. Die Scheidung von primären und sekundären Funktionen oder Verwendungsweisen, die sich nach
Wichtigkeit und Häufigkeit des Vorkommens einer Sprache vergeben (распределяются).

     Für Deutsche ergibt sich folgendes Bild:

Nominativ: primäre Funktion – Subjekt, sekundäre Funktion – Nennfall (denotativ), tertiäre – Prädikativ;
Akkusativ: primäre Funktion – direktes Objekt, sekundäre – Ort und Ziel;
Dativ: primäre Funktion – indirektes Objekt, sekundäre – freier Dativ;
Genetiv: primäre – Attributsgenetiv bei Subjekt oder Objekt, sekundäre – Objektsgenetiv, tertiäre – Ort
und Zeit;

     Dass im Deutschen jeweils die syntaktische Funktion primär ist, ist nicht zufällig, weil die konkreten
Kasus mit primäradverbialer Funktion als selbstständige Kasus nicht existieren und in andere Kasus
eingegangen sind (Lokativ, Instrumental, Ablativ).
___________________
 empirisch – auf Erfahrung beruhend
 Denotaion - Bedeutung einer sprachlichen Einheit, die vom jeweiligen Kontext und der Situation
unabhängig ist.

9. Der Gebrauch und die Bedeutung des Nominativs.


     Der Nominativ (der Werfall) nimmt einen ganz besonderen Platz im Kasussystem ein. Es ist der
Kasus des grammatischen Subjekts. Es ist die Form, in welcher man den vom Substantiv bezeichneten
Dingbegriff in ganz allgemeiner Form, von allen syntaktischen Bindungen losgelöst, bezeichnen kann.
Seine allgemeinste Bedeutung ist eben die Benennung des Begriffs. Weshalb er oft durch den Ausdruck
Nennfall verdeutscht wurde.

     Die Anzahl der Funktionen des Nominativs ist sehr groß. Die wichtigste Besonderheit des Nominativs
vom funktionellen Standpunkt aus besteht darin, dass er (in seinen Hauptfunktionen) syntaktisch
unabhängig ist, währen alle anderen Kasus in der Regel als syntaktisch abhängig auftreten. Der
Nominativ ist der direkte Kasus.

     Syntaktisch unabhängig tritt der Nominativ in folgenden Funktionen auf:

1. Das grammatische Subjekt;


2. Der „Benennungsnominativ“ (in den Wörterbüchern, Wortlisten usw.);
3. Der Vorstellungsnominativ: Bah, diese blaue, duftige Ferne, wie oft habe ich mich von ihr verlocken
lassen (Raabe).
4. Der vokativische Nominativ (Karl! Karl, komm!)
5. Der „emotionale“ Nominativ, als Ausdruck der Gemütsbewegungen gebraucht und sich den
Interjektionen nähernd: Donnerwetter! Teufel!
6. Die Bildung der Existenzialsätze. Diese Sätze bestehen nur aus dem Nominativ (oder aus dem
Nominativ mit seinen Attributen): Laue Wärme, kühle, tiefschwarze Nacht und helles Licht, Stimmen
vorbei, Gestalten (J. Schlaf).
7. Die Bildung der Benennungssätze. Diese Sätze, die auch nur aus dem Nominativ (oder aus der
attributiven Nominativgruppe) bestehen, sind im Gegensatz zu den Existenzialsätzen an den Kontext
oder die Situation geknüpft: Welch ein Bild! Ein schönes Bild! Was für ein schönes Bild!
8. Der absolute Nominativ in zweigliedrigen Konstruktionen (oder sogar eingliedrig), die sich an einen
Satz anlehnen: Dir ist der alte Müller bekannt, bettlägerig ins zwanzigste Jahr, der Geist noch kräftig,
heiter und klar.

     Doch wird der Nominativ in einigen Funktionen auch syntaktisch abhängig gebraucht. Diese
Abhängigkeit besteht darin, dass der Nominativ als solcher infolge seiner Bezogenheit auf einen anderen
Nominativ im Satz erscheint, und drückt sich in der Kongruenzangleichung im Genus und in der Zahl
aus. Hier kommen folgende Funktionen in Betracht:

1. Das Prädikativ. Es richtet sich gewöhnlich nach dem Subjekt, wenn sie beide Personen
bezeichnen: Ich bin Student – Wir sind Studenten; Er ist Student – Sie ist Studentin;
2. Das unselbständige und verselbständigte Attribut (die Apposition) in dem Falle, wenn das
leitende Wort (Substantiv oder Pronomen) im Nominativ steht: Der Lehrer Schmidt; Schmidt, der Lehrer.
3. Das prädikative Attribut: Er arbeitet als Lehrer (в качестве кого?)
4. Die adverbiale Bestimmung: Er kämpft wie ein Löwe (как?)

_______________________

 Vokativ – z.B. das Griechische und das Lateinische kannten für die Anrede eine besondere
Kasusform, den Vokativ, der im Deutschen durch den Nominativ ausgedrückt wird: Komm her, Fritz
(mein Sohn)! (lat.: filius (= Nominativ, Sohn); filie (Anrede, Vokativ))

10. Das Problem des 'Gemeinschaftskasus'.

     Man vergleicht ihn mit dem Nominativ. Er fällt formell mit dem Nominativ zusammen. In der
Grammatik von Mensing wird dieser Kasus als allgemeine Kasus bezeichnet und man sieht ihn
formelhaften artikellosen Verbindungen der Substantive, die von einer Präposition abhängen, z.B.
Konstruktionen: Altersstufe zwischen Knabe und Jungling.

     Der andere Forscher (Sitterling) sieht den Gemeinschaftskasus dort, wo kein Vergleich mit ähnlich
gebauten, aber grammatisch ausdrucksfähigen Formen gebraucht wird, z.B.: ein Pfund Kirschen,
Schulzws Beruf als Lehrer, Antrag Kanitz(s)

     Moskalskaja verbindet diese Erscheinung mit dem Übergewicht der 0-Flexion in der Substantiv-
Deklination. Sie weist auf das Fehlen des Artikels bei den entsprechenden Funktionen hin, z.B.: zwei
Sack Mehl.

     Brinkmann behandelt diese Erscheinung als Erstarrung der Gestalt des Substantivs, dazu zählt er auch
Fügungen mit der Wortart und dem Wortstück, nicht nur bei Stoffnamen, z.B.: ein Stück Welt, eine Art
Glück, eine Art Platz.

     Manche Gebrauchsweisen des Nominativs, die zum Gemeinschaftskasus gezählt werden, sind in der
Wirklichkeit mit den Hauptfunktionen des Nominativs als eines bestimmten Kasus verbunden, andere
Gebrauchsweisen beruhen sich auf der Tendenz zur Monoflexion.

     Es handelt sich um solche Besonderheiten im Kasusgebrauch, die den Substantiven nur als Gliedern
einer Substantivgruppe eigen sind. Nur die Substantivgruppe kann einem oder einigem von ihrem
Glieder die 0-Flexion oder die Nominativflexion statt der Kasusflexion aufzuzwingen, welche das
Substantiv haben sollte, falls es allein in derselben syntaktischen Funktion wie die ganze Gruppe
auftreten sollte. Die einzige Ausnahme ist der Gebrauch nach Präpositionen, z.B.: zwischen Affe und
Mensch.

     Es wäre wichtiger von den Ansätzen zu der Schaffung eines Kasus zu sprechen, der an eine
Grammatik gebunden ist und keinen klaren grammatischen Bedeutungsgehalt enthält.

11. Die Bedeutung und die Hauptfunktion des Genitivs.

     Die Hauptfunktion des Genitivs ist die des Attributs. Dementsprechend ist seine verallgemeinerte
Bedeutung die der Beziehung eines dinghaften Begriffes zu einem anderen. Der Genitiv hat folgende
Funktionen:
1. Das Attribut. Als Glied der Substantivgruppe ist der Genitiv in der Literatursprache trotz der
Konkurrenz von Seiten des Präpositionalattributs und der Zusammensetzungen sehr verbreitet. In der
Umgangssprache tritt er seltener auf. Man kann hier folgende Arten des Genitivattributs unterscheiden:
o genitivus possessivus (Gehörigkeit): Annas Hand, Karls Heimat, die Arbeiter der Fabrik, das Bein des
Stuhles;
o genitivus qualitatis (Eigenschaft): Menschen guten Willens, ein Substantiv männlichen Geschlechts.
Die Beispiele zeigen eine gewisse innerliche Verknüpfung der Begriffe. Es sind nicht zwei Dinge, die
voneinander gerissen werden können, wie es z.B. bei dem possessiven Verhältnis der Fall ist.
o genitivus objectivus: Entdeckung neuer Sterne (кого-чего)
o genitivus partitivus (Ein Teil von etwas): einer meiner Freunde
2. Das Objekt: Ich bedarf deiner Hilfe. Ich erinnere mich seiner.
3.
4. Die adverbiale Bestimmung. Dieser Gebrauch des Genitivs in der Gruppe des Verbs ist besonders
stark zurückgetreten. Es werden jetzt nur einzelne zum Teil halb erstarrte formelhafte Wendungen
gebraucht: des Weges (gehen).
5. Der adjektivbestimmende Genitiv: einer Heldentat fähig, des Erfolges würdig.
6. Die Genitivbestimmung bei den Interjektionen: Oh, des Esels!
7. Der präpositionale Genitiv: wegen des Diebstahls, infolge seiner Ankunft.
8. Das Prädikativ. Genitiv erscheint als ein unabhängiges und notwendiges Hauptglied des Satzes.
Es erscheint fas ausschließlich bei dem kopulativen Verb sein: Dieses Substantiv ist männlichen
Geschlechts.

12. Literatur:

1. Admoni W.G. Der deutsche Sprachbau, Moskwa, 1986


2. Moskalskaja O.J. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache, 1983
3. Абрамов В.А. Теоретическая грамматика немецкого языка. Москва, 1959
4. Erben J. Deutsche Grammatik. Ein Abriß. München, 1972
5. Schendels E.J. Deutsche Grammatik. Moskwa, 1982

VIII. Der Text. Texttheorie

Der Text ist eine inhaltliche, kommunikative und strukturelle Ganzheit. Dem Umfang nach unterscheidet
man einen Einworttext, Einsatztext, Text aus mehreren Sätzen und einen mehrsätzigen Text.

Um das ganze Redewerk und seine semantisch-strukturellen Bestandteile auseinander zu halten, benutzt
man für das Redewerk die Bezeichnungen: Makrotext, Ganztext, Großtext. Und für seine Bestandteile
die Bezeichnungen: Mikrotext, Teiltext, Kleintext. Die Bestandteile des Gesamttextes sind auch
verschieden: ein Literaturtext gliedert sich in Teile, jeder Teil in Kapitel, jedes Kapitel in Absätze.

Die Texte sind ebenso mannigfach und verschieden, wie die Arten, Absichten und Situationen der
sprachlichen Kommunikation.

Nach der Art des Textes unterscheidet man geschriebene und gesprochene Texte. Die mündlichen Texte
lassen sich analysieren nur wenn sie fixiert sind (z.B. Aufnahme). Nach der Mitteilungsabsicht kann eine
lange Reihe von Textsorten unterschieden werden, z.B.: Vorschrift, Anweisung, Bekanntmachung,
Telegramm, Brief… Teilweise decken sich diese Texte mit den Funktionalstilen. Doch ist die Zahl der
Textsorten viel größer als die der Stile. Jede Textsorte verlangt eine bestimmte sprachliche Ausformung.
Einige Textsorte reihen sich schwer in irgendwelchen Funktionalstil ein (z.B.: Roman in Briefen).

Die Sprechsituation wirkt auch auf die Gestaltung der Texte. Je nach dem Vorhandensein der
Gesprächspartner unterscheidet man partnerbezogene (Gespräch, Prüfung, Verhör), nicht
partnerbezogene (Monolog) und scheinbar partnerbezogene Texte (Fernseher, Radio, Internet).

Je nach der Form des Textes unterscheidet man offene und geschlossene Texte. Die geschlossenen sind
in der Regel vom kleineren Umfang und nach einem bestimmten sprachlichen Muster verfasst. Die
Anfangs- und Schlussgrenze ist deutlich zu erkennen. Die offenen Texte haben einheitlichen Aufbau,
kein Muster, nach dem sie verfasst werden. Obwohl die Granzsignale in solchen Texten nicht ganz
formelhaft sind kann man immer den Anfang und Ende eines Textes feststellen. Die interne Gliederung
eines Ganztextes in Textteile erfolgt verschiedenartig. Im mündlichen Text – durch größere Pause oder
Wechseln von Rollen. Im schriftlichen Text – durch Gliederung der Teile.

Mittel der Satzverflechtung im Text

In einem Ganz- oder Teiltext sind die Sätze inhaltlich und formell mit- und untereinander verflochten.
Die Satzverflechtung unterscheidet sich in Nachbarnbindung (Kontaktbindung), wenn es um die
Nachbarsätze und um Distanzverbindung geht. In der Verbindung der Sätze sind zwei Richtungen
möglich: die vorverweisende Richtung, die aufs folgende hinweist und das Erscheinen irgendwelcher
Aussageelemente vorbereitet. Solche Verbindung heißt die Katapher. Die rüchverweisende Verbindung,
welche etwas schon Erwähntes aufnimmt und auf das Vorhergesagte hinweist, d.h. die Anapher.
Kataphorische Mittel stehen in der Regel am Anfang des Textes, anaphorische – am Schluss. Mitten im
Text sind beide Richtungen möglich. Der unbestimmte Artikel ist ein kataphorisches Mittel. Solche
Wörter, wie „erstens“ gehören auch dazu. Die Wörter „also“, „folglich“ sind anaphorische Hinweise,
weil sie Schlussfolgerungen aufgrund des Vorhergesagten einleiten. Pronominaladverbien können beide
Richtungen einweisen, z.B.: Ich habe erfahren, dass der Zug zwei Stunden Verspätung hatte. Damit
(Anapher) habe ich nicht gerechnet. Ich habe damit (Katapher) nicht gerechnet, dass der Zug…

1. Lexikalisch-syntaktische Satzverflechtung
a) Pronomen
b) Pronominaladverbien (z.B.: nun, bald)
c) Konjunktionen und Partikeln
d) Fragewörter (die Antwort wird erwartet)
e) Zahlwörter (erstens…)
f) Wiederholungen (Wörtliche, synonymische und eine Paraphrase = Umschreibung)
g) Ellipsen (Ein elliptischer Satz wird erst in Anlehnung an Nachsatz verständlich, besonders häufig sind
Ellipsen im Gespräch, z.B.: Ich freue mich – sagte ich. Und Gesprächspartner: Worüber? Ich: Über sie
und unser Gespräch, weil ich sie mit meinen Problemen belästige)
h) Wortfolge. Eine besonders wichtige Rolle kommt der ersten Stelle als Anschlussstelle zu. Das Wort an
der Anschlussstelle wirkt als rückverweisendes Wortmittel und zugleich kann es auch das Thema der
Aussage festsetzen.

2. Morphologische Mittel
a) Artikelgebrauch
b) Genusgebrauch. Der Wechsel von Aktiv und Passiv erfolgt oft, wenn dasselbe Subjekt in
Nachbarsätzen bald als Agens, bald als Patiens auftritt.
c) Modusgebrauch. Bei der Gestaltung der Rededarstellung, besonders in der direkten Rede, der
Imperativ hat eine besondere Rolle, weil er aktivierenden Einfluss auf den Gesprächspartner ausüben
kann und somit eine sprachliche Reaktion verlangt.
d) Zeitformengebrauch, nämlich relativer Gebrauch der Zeitformen. Das Rahmen Perfekt und Präsens
historikum, das nur im Text sinnvoll ist und den Übergang vom einen Textteil zu anderen gestaltet.
e) Die Steigerungsstufen (Verlangen Erwartung).

3. Wortbildende Mittel der Satzverflechtung


a) Ableitung
b) Zusammensetzung

4. Rein lexikalische Mittel (Es geht um die Anwendung der Wörter aus demselben Themenkreis in allen
Sätzen eines Kleintextes).

Вопросы к экзамену по теорграмматике немецкого языка

1. Der Grammatische Bau der Sprache. Hauptaufgaben einer Sprache. Vieldeutigkeit des Terminus
„Grammatik“. Grammatik im weiteren und im engeren Sinne des Wortes.
2. Die Stellung der theoretischen Grammatik unter anderen linguistischen Disziplinen.
3. Gliederung des grammatischen Baus der Sprache in Morphologie und Syntax.
4. Die grammatischen Kategorien (logisch-grammatisch, kommunikativ-grammatisch, strukturell-
grammatisch) und die Formklassen des Sprachbaus.
5. Morphologische Einheiten (abstrakte und konkrete). Morphem und Allomorph, Wort, Wortform und
Form des Wortes.
6. Prinzipien der Klassifikation der Morpheme:
     a) funktionales Prinzip;
     b) strukturelles Prinzip;
7. Der Begriff des morphologischen Paradigmas.
8. Lexikalische und grammatische Bedeutung.
9. Aspektreichtum und Feldstruktur der sprachlichen Erscheinungen.
10. Hauptzüge des deutschen Sprachbaus.
11. Der Begriff der grammatischen Wortart (Wortklasse, Redeteil). Der Zweck der Gliederung des
Wortbestandes in grammatische Wortklassen.
12. Die wichtigsten Prinzipien der traditionellen Einteilung der Wortarten in der älteren deutschen
Grammatik.
13. Die aktuellen Prinzipien der Einteilung der Wortarten:
     a) das semantische
     b) das morphologische
     c) das syntaktische
     d) das komplexe
14. Die allgemeine Klassifikation der Redeteile im Deutsche (Moskalskaja, Admoni, Glinz, W. Flämmig)
15. Syntaktische Funktion und Fügungswerte der Redeteile. Die Oppositionsverhältnisse im System der
Wortarten
16. Die Syntaktischen Beziehungen eines Redeteils (dominierend – regiert; obligatorisch – fakultativ).
17. Die „Offenheit“ der Grammatiktheorie von W.Admoni.
18. Das Zentrum und die Peripherie einer Wortart (I.J.Charitonowa).
19. H.Brinkmanns Strukturierung einer Wortart (Grundbestand und die Schichten der WA).
20. Austausch zwischen den Wortarten (Transposition unter den Wortarten).
21. Der Valenzbegriff in der Linguistik.
22. (Verschiedene) Konzeptionen des Begriffs der Valenz, Polyvalenz nach I.Erben.
23. Die Begriffe Valenzträger, Aktant (Mitspieler, Ergänzung), Cirkonstant (freie Angabe).
24. Das Wesen des Substantivs.
25. Die grammatischen Kategorien des Substantivs.
26. Die semantisch-grammatischen Arten des Substantivs.
27. Das grammatische Geschlecht.
28. Die grammatische Kategorie der Zahl.
29. Die Deklinationstypen des Substantivs.
30. Kasusbedeutungen und Kasusfunktionen.
31. Kasustheorien (L.Helmslev, R.Jacobson, S.Kaznelson, G.Helbig).
32. Die primären und sekundären Funktionen der deutschen Kasus.
33. Der Gebrauch und die Bedeutung des Nominativs.
34. Die wichtigste Besonderheit des Nominativs. Syntaktisch-abhängige Funktionen des Nominativs.
35. Syntaktisch abhängige Funktionen des Nominativs. Der absolute Nominativ.
36. Das Problem des „Gemeinschaftskasus“.
37. Die Bedeutung und die Hauptfunktion des Genitivs.
38. Der Gebrauch des Akkusativs und Dativs.
39. Das Genus des Substantivs.
40. Der Numerus des Substantivs.
41. Das deutsche Verb. Allgemeine Charakteristik.
42. Semantische Einteilung der Verben.
43. Syntaktische Einteilung der Verben.
44. Persönliche und unpersönliche Verben.
45. Objektive und subjektive, transitive und intransitive (bewirkende) Verben.
46. Die Zahl der verbalen Ergänzungen.
47. Die morphologische Klassifikation der Verben.
48. Die Nominalformen des Verbs (Bildung und Bedeutung).
49. Die Bildung der Personalformen des Verbs.
50. Das System der Tempora.
51. Die Modi.
52. Das Genus (Genera Verbi).
53. Satztheorie. Die Definition des Satzes. Satzmodelle.
54. Die kommunikative Gliederung des Satzes.
55. Methoden der Satzanalyse: Abhängigkeitsgrammatik und Konstituentengrammatik.
56. Paradigmatische Betrachtungsweise in der Syntax. Syntaktisches Paradigma.
57. Wortgruppen. Definition der Wortgruppen. Arten von Wortgruppen.
58. Der Komplexe Satz. Parataxe und Hypotaxe.
59. Der Text. Texttheorie.
60. Transphrastisches Gebilde. Isotopie. Phorik. Thematische Progression.
61. Nominale Wortarten und ihre Wechselbeziehungen.
62. Die Kategorie der Bestimmtheit und der Unbestimmtheit. Die Referenz – Artikel und Artikelwörter.
63. Der Artikel als Ausdrucksmittel des kommunikativen Wertes des Substantivs im Satz.
64. Der Artikelgebrauch in Bezug auf die strukturell-semantische Subklasse des Substantivs.

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