Text 1: Caesarius von Heisterbach, Dialogus miraculorum, XI,63
De monstro quod in specie feminae interfecit Über ein Gespenst, das in der Gestalt einer Frau die familiam duarum curiarum, cum in eas Familien zweier Höfe tötete, als es sie anblickte. In respiceret. In Episcopatu Coloniensi villa cui Stammheim, einem Dorf im Bistum Köln, wohnten vocabulum est Stamheim, duo milites zwei Ritter mit Namen Gunther und Hugo. Eines habitabant, ex quibus unus Guntherus, alter Nachts – es war zu der Zeit, wo der schon genannte Hugo vocabatur. Nocte quadam, cum iam Gunther übers Meer gefahren war – brachte die dictus Guntherus esset in partibus Magd seine Kinder vor dem Zubettgehen nach transmarinis, ancilla pueros eius, antequam draußen auf den Hof, damit sie ihre natürliche irent cubitum, ad requisita naturae in curiam Notdurft verrichten konnten. Während sie bei ihnen ducebat. Quae cum staret iuxta illos, ecce stand, stand eine Frau in weißem Kleid und mit species quaedam mulieris in veste nivea et bleichem Gesicht da und blickte über den Zaun. Als facie pallida contra ipsos ultra sepem respexit. sie nichts sagte und es der Magd bei ihrem Anblick Quae cum nihil loqueretur, et ancilla in grauste, ging das Gespenst zum benachbarten Besitz aspectu eius horreret, monstrum idem des Hugo herüber und schaute – wie vorher – über possessionem Hugonis quae proxima erat den Zaun und kehrte dann zum Friedhof zurück, adiens, ultra sepem illius praedicto modo woher es gekommen war. Wenige Tage später respexit, deinde ad cimiterium de quo venerat erkrankte das älteste Kind Gunthers und sagte: ‚Nach rediens. Post paucos vero dies infans Guntheri sieben Tagen werde ich sterben. Nach sieben maior infirmatus ait: „Septimo die moriar; weiteren Tagen wird meine Schwester Dirina post alios septem dies morietur Dirina soror sterben und eine Woche danach wird meine jüngste mea; deinde post post hebdomadam morietur Schwester sterben!‘ Und so geschah es tatsächlich. soror mea minor.“ Quod ita factum est. Post Nach dem Tod dieser Kinder starben deren Mutter mortem vero infantum, mater et ancilla de qua und die Magd. Zur selben Zeit starb ebenfalls der supra dictum est, defunctae sunt. Eodem Ritter Hugo und dessen Sohn. Glaubwürdiger Zeuge tempore obiit Hugo miles et filius eius. Horum hierfür ist unser Subprior Gerlach. testis fidelis est Gerlacus Subprior noster.
Text 2: Ebd., XII,20 Et ecce ex remoto vox quasi venatoris Und siehe, ein Klang aus der Ferne hörte sich an, als terribiliter buccinantis, nec non et latratus ob ein Jäger schrecklich in ein Jagdhorn blies, und canum venaticorum praecedentium Jagdhunde bellten, die ihm vorausliefen. Als die Frau audiuntur. Quibus auditis illa dum nimis dies alles hörte, zitterte sie furchtbar. Nachdem der tremer et, miles cognitis ab ea causis equum Ritter die Gründe für ihre Angst erfahren hatte, servo committens, tricas capillorum eius übergab er das Pferd seinem Diener, band ihre brachio suo sinistro circumligavit, dextera Haarflechten um seine linke Hand und nahm das gladium tenens extentum. Approximante gezückte Schwert in seine Rechte. Als der höllische infernali illo venator, ait mulier militi: Jäger sich näherte, rief die Frau dem Ritter zu: ‚Laßt „Sine me currere, sine me currere; ecce mich laufen! Laßt mich laufen! Seht, da kommt er appropinquat.“ Illo fortius eam retinente, schon!‘ Als der Ritter sie noch stärker festhielt, misera diversis conatibus militem pulsans, schlug die Unglückliche, nach vergeblichen tandem ruptis capillis effugit. Versuchen, sich loszureißen, auf ihn ein. Schließlich Quam diabolus insecutus cepit, equo suo eam riß ihr Haar und sie entfloh. Der Teufel aber iniiciens, ita ut caput cum brachiis penderet ex verfolgte sie, nahm sie gefangen und warf sie so auf uno latere, et crura ex altero. Post paululum sein Pferd, daß ihr Kopf und die Arme auf der einen militi sic obvians, captam praedam deportavit. Seite des Pferdes herabhingen und ihre Beine auf der anderen Seite. Nach kurzer Zeit kam er dem Ritter so entgegen und schleppte die Beute fort.
Text 3: Petrus Venerabilis, De miraculis libri duo (1122-1156), I,26 Que quia se uidisse dicebat, ipsum introduco Da er versicherte, dass er sie selber gesehen habe, loquentem, ut non a me, set quasi ab ipso qui lasse ich ihn auch selber reden, damit man nicht michi primo retulit, audiatur. mich, sondern ihn, der sie mir als erster berichtet hat, höre.
Contigit post hec non multo tempore elapso, iuxta Kurze Zeit darauf geschah es, dass ich zur siluam que supra dicto castro de Moras adiacet, Mittagsstunde am Rande des Waldes, der zum meridianis horis me iter agere. Cum ecce subito Schloss von Moras gehört, entlangritt. Da höre ich quasi inmensi exercitus strepitum post terga mea plötzlich hinter mir einen Lärm wie von einer audio. Cuius timore perterritus, contiguam siluam riesigen Armee. Zutiefst verängstigt gehe ich in occultandus ingredior. Cum que in condensa illius den Wald, um mich dort zu verstecken. Ich ging me inmergens tali ut putabam in loco resedissem, tief ins Gestrüpp hinein und versteckte mich an unde uidere transeuntes, nec uideri a einem Ort, von dem aus ich die Vorüberziehenden transeuntibus possem, sehen konnte, ohne, wie ich glaubte, von ihnen gesehen zu werden. multo armatorum agmine pretereunte, astitit Ein großer Tross von bewaffneten Männern war repente coram me miles quem supra memoraui vorübergezogen, als plötzlich der verstorbene defunctum, equo insidens, scuto pectori Ritter, von dem ich erzählt habe, vor mir stand, zu anteposito, haste militari innixus. Pferde, mit dem Schild vor der Brust, gestützt auf Quem ut uidi, primo exhorrui. At ille me seine Lanze. Als ich ihn sah, zitterte ich vor perterritum intuens: ‚Noli ait metuere, quia non Schrecken. „Hab keine Angst“, sagte er, „ich bin ad incutiendum tibi timorem, set ad rogandam nicht hier, um dich zu erschrecken, sondern um misericordiam huc ueni […]‘. deine Barmherzigkeit zu erbitten.“
Text 4: Iacopo Passavanti, Lo specchio della vera penitenzia (1357) Leggesi scritto da Elinando che nel contado di Bei Helinand von Froidemont liest man von einem Niversa fu uno povero uomo, il quale era buono e armen Mann, der in der Grafschaft von Nevers che temeva Idio, e era carbonaio e di quell’arte si lebte. Er war gut und fürchtete Gott. Von Beruf vivea. war er Köhler, und von diesem Handwerk lebte er. E avendo egli accesa la fossa de’ carboni una volta, Als er eines Nachts den Kohlengraben angezündet e stando la notte in una sua cappanetta a guardia und sich in seine kleine Hütte gesetzt hatte, um della accesa fossa, sentì in su l’ora della mezza den brennenden Graben zu bewachen, da hörte er notte, grandi strida. Uscì fuori per vedere che gegen Mitternacht ein lautes Geschrei. Er ging fosse, e vide venire verso la fossa correndo e hinaus um nachzuschauen, wer da sei; da sah er stridendo una femina scapigliata e gnuda, e dietro eine nackte Frau mit zerzausten Haaren schreiend le venia uno cavaliere in su uno cavallo nero, auf den Graben zulaufen. Und hinter ihr kam ein correndo, con uno coltello ignudo in mano e della Ritter auf einem schwarzen Pferd daher, mit bocca e degli occhi e dello naso del cavaliere e del einem blanken Messer in der Hand. Und dem cavallo uscia fiamma di fuoco ardente. Mund, den Augen und der Nase des Ritters wie des Pferdes entfuhren Flammen glühenden Feuers. Giugnendo la femmina alla fossa ch’ardea, non Als die Frau an dem brennenden Graben ankam, passò più oltre, e nella fossa non ardiva di gittarsi, kam sie nicht weiter, und in den Graben wagte sie ma, correndo intorno alla fossa fu sopragiunta dal sich nicht zu stürzen. Aber wie sie so um den cavaliere e dietro le correa, la quale traendo guai, Graben herum lief, wurde sie von dem Ritter, der presa per li svolazzanti capelli, crudelmente ferì hinter ihr her war, erreicht. Er packte sie an den per lo mezzo del petto col coltello che tenea in wehenden Haaren und stieß ihr das Messer, das er mano. in der Hand hielt, mitten durch die Brust. Und als E cadendo in terra con molto spargimento di sie zu Boden fiel und viel Blut umherspritzte, sangue, la riprese per l’insanguinati capegli, e packte er sie an den blutverschmierten Haaren gittolla nella fossa de’ carboni ardenti, dove und warf sie in den Graben mit den glühenden lasciandola stare per alcuno spazio di tempo, tutta Kohlen. Dort ließ er sie eine Zeit lang. Glühend und focosa e arsa la ritolse, e ponendolasi davanti in verbrannt zog er sie wieder heraus, warf sie vor sul collo del cavallo, correndo se n’andò per la via sich über die Kruppe des Pferdes und ritt dond’era venuto. stürmisch davon in die Richtung, aus der er gekommen war.
Walther Kabel-Krimis: Über 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band: Vier Tote, Moderne Verbrecher, Wer?!, Das graue Gespenst, Die Liebespost, Der Ring der Borgia…