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S.

Heinhold-Krahmer
I Einleitung

1 Der „Tawagalawa-Brief“ – Anmerkungen zum Text, zur Geschichte seiner


­Erforschung und zur derzeitigen Forschungslage

Kaum einem anderen keilschriftlichen Dokument in hethitischer Sprache wurde so viel Aufmerksamkeit
zuteil wie dem sog. Tawagalawa-Brief VAT 6692 (KUB 14.3). Seit seinem Bekanntwerden schon in der Früh-
phase der Hethitologie in den 1920er Jahren beschäftigte er nicht nur Fachleute, sondern interessierte in
hohem Maße auch Forscher aus dem Bereich der Nachbarwissenschaften, wie z.  B. Althistoriker, Archäolo-
gen, Altphilologen und Assyriologen.
Dieser Text aus dem 13. Jahrhundert v. Chr. richtete sich an einen Herrscher des Landes Aḫḫiyawa, der
darin von einem hethitischen Großkönig, dem Autor des Schriftstückes, als gleichrangig anerkannt wurde.
Diese Gleichrangigkeit lässt sich nicht allein aus der in der damaligen internationalen Korrespondenz übli-
chen Anrede unter unabhängigen und gleichgestellten Königen erschließen, die „mein Bruder“ ­(šeš-ia) lau-
tete.1 Sie ergibt sich vor allem aus Hinweisen und Anspielungen der – zumindest vom hethitischen König so
dargestellten – großköniglichen Stellung und der Ebenbürtigkeit des Adressaten. Die Namen beider Könige
fehlen auf dieser Tafel.
Es geht in dem Schriftstück, wie schon Ferdinand Sommer, ein Forscher der ersten Hethitologen-Gene-
ration, 1932 hervorgehoben hat,2 hauptsächlich um die Auslieferung eines hochrangigen Mannes namens
Piyamaradu. Dieser war vermutlich ein abtrünniger westkleinasiatischer Vasall des hethitischen Großkö­
nigs,3 vielleicht auch Nachkomme eines ehemaligen Vasallen von dort.4 Weniger wahrscheinlich ist, dass
er ein bedeutender Würdenträger direkt am Hofe des hethitischen Großkönigs war, was vielleicht Sommer
mit seinen Äußerungen andeuten wollte5 und auch andere Forscher vermuteten.6 Dieser Mann hatte sich mit
seiner Familie und zahlreichen Flüchtlingen nach Millawanda (Milet?) an die Westküste Kleinasiens begeben.
Der Ortsname Millawanda ist sowohl als Stadt als auch als Land bezeugt, die zur Zeit des Textes dem Macht-
bereich des Königs von Aḫḫiyawa angehörten. Diese Stadt mit ihrem Umland wird auch oft bezeichnet als
eine kleinasiatische Kolonie des Landes Aḫḫiyawa, da sie von Piyamaradus Schwiegersohn Atpa verwaltet
wurde, der offensichtlich Befehlsempfänger des Königs von Aḫḫiyawa war. Das Zentrum von Aḫḫiyawa mit
der Residenz des Herrschers lag nach der Communis opinio jedoch außerhalb Kleinasiens, wahrscheinlich
auf dem griechischen Festland, vielleicht auch im Bereich der ostägäischen Inselwelt. Vom westkleinasiati-
schen Küstenbereich aus hatte Piyamaradu Angriffe auf Gebiete unternommen, die der hethitische Großkö­
nig beanspruchte. Von seinem sicheren Asylgebiet in und um Millawanda aus plante er anscheinend noch
weitere Überfälle auf hethitisches Terrain. Er stellte jedenfalls aus hethitischer Sicht eine gefährliche Bedro-
hung für die Sicherheit des Großreiches, zumindest aber für dessen westlichen Bereich, dar. Dieser Gefahr
versuchte der Hethiterkönig sowohl mit kriegerischen als auch mit diplomatischen Mitteln zu begegnen.
Die schon in den letzten Jahrzehnten von den meisten Forschern bevorzugte Datierung von VAT 6692
in die Regierungszeit von Ḫattušili III., der um die Mitte des 13.  Jahrhunderts v. Chr. (ca. 1265–1237) über

1 Dazu Hagenbuchner 1989a, 45  f.; Hoffner 2009, 303 Anm. 276 (mit Lit.); vgl. dagegen Sommer, AU 65  f., der sich gegen eine
Gleichrangigkeit beider Herrscher aussprach, mit der Begründung, dass der König von Aḫḫiyawa nicht als Großkönig bezeugt
sei; doch dazu unten S. 159  f.
2 Sommer, AU 113.
3 Heinhold-Krahmer 2002, 370.
4 Mellaart (1974, 508) u. Ünal (1991, 31) versuchten Piyamaradu mit Piyama- dlamma (sum-dlamma), dem Sohn des von Muršili II.
besiegten Königs Uḫḫa-Ziti von Arzawa, zu identifizieren; s. jedoch Heinhold-Krahmer 2002, 370 Anm. 59. Auch Starkes These
(1997, 453 Anm. 63–65), dass Piyamaradu ein Enkel jenes Uḫḫa-Ziti gewesen sei, scheint zwar möglich, bleibt aber spekulativ
(vgl. Hawkins 1998, 17 Anm. 76), da jener hartnäckige Gegner auch irgendeinem anderen westkleinasiatischen Königshaus ent-
stammen konnte.
5 AU 115  f., 192  f. u. passim.
6 Wie z.  B. Huxley 1960, 1: „a Hittite subject“; Bryce 2005, 244: „a renegade Hittite of high birth“.

https://doi.org/10.1515/9783110581164-001
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2   S. Heinhold-Krahmer

das hethitische Großreich herrschte, dürfte aufgrund philologischer, historischer, paläographischer und
orthographischer Gesichtspunkte7 durch die nachfolgende Neuedition dieses Textes bestätigt werden. Nur
sehr wenige Wissenschaftler haben in neuerer Zeit noch die Auffassung vertreten, dass der Text schon unter
Muwatalli II., dem älteren Bruder von Ḫattušili II., entstanden sei.8 Der Name des Königs von Aḫḫiyawa, des
Adressaten, bleibt hingegen wohl weiterhin im Dunkeln.

Die Tontafel mit dem sog. Tawagalawa-Brief befindet sich seit dem frühen 20. Jahrhundert, vermutlich schon
seit mehr als 100 Jahren, im Besitz der Vorderasiatischen Abteilung der Staatlichen Museen zu Berlin. Der
genaue Zeitpunkt, an dem sie in diese Abteilung gelangte und dort mit der Inventarnummer VAT 6692 archi-
viert wurde, konnte nicht ermittelt werden. Ebenso lassen sich die Fundumstände des Schriftstückes nicht
exakt klären, und auch der Entstehungsort ist inzwischen nur ungefähr zu bestimmen. Die Vermutung, dass
die Tafel während der Grabungen von Heinrich Winckler und Theodor Makridi (1906/7 oder 1911/12) in Boǧa-
zköy zu Tage gefördert wurde, am Ort der ehemaligen hethitischen Metropole Ḫattuša, erscheint nicht abwe-
gig.9 Allerdings liegt kein Hinweis auf die Fundstelle innerhalb des dortigen Grabungsareals vor. Es wäre
auch denkbar, dass die Tafel schon vor diesen offiziellen deutschen Ausgrabungen in Boǧazköy (Ḫattuša)
nach Europa, vielleicht auch direkt nach Berlin, gelangt ist und dann dort ihren Weg in das Vorderasiatische
Museum gefunden hat.10
Sicher dürfte nur sein, dass der zwischen 1917 und etwa 1925/6 intensiv mit den hethitischen Keilschrift-
dokumenten11 im Berliner Museum beschäftigte Altorientalist und Keilschriftspezialist Emil O. Forrer aller-
spätestens 1923 den noch unveröffentlichten Keilschrifttext auf der Taf. VAT 6692 als wichtigste Quelle neben
der ebenfalls im Museumsbesitz befindlichen Taf. VAT 6210, dem sog. Madduwatta-Text (später [1926] ediert
von Götze in KUB 14.1), für seine im März 1924 veröffentlichte Griechenhypothese ausgewertet hat.12 Zudem
hat er bereits am 3. Januar 1924 in einem in Berlin in der Vorderasiatisch-Ägyptischen Gesellschaft gehalte-
nen Referat auf seine Thesen zu Aḫḫiya(wa) als frühgriechisches Großreich hingewiesen.13

Das umfangreiche hethitische Dokument besteht aus insgesamt vier Kolumnen, je zwei auf Vorder- und
Rückseite, und enthält insgesamt ungefähr 276 Zeilen (mit Einberechnung der zerstörten Abschnitte).

7 Dazu vor allem im vorliegenden Buch Kapitel III u. VI; zusammengefasst in Kapitel VIII.
8 Freu 1990, 32–38 u. 2008, 111–118; Ünal 1991, 19 u. 33; Smit 1992/93, 86–97; Gurney 2002, 133–141.
9 Zu dieser Vermutung s. z.  B. Hoffner 2009, 298 Anm. 313.
10 Zu einigen Fakten und Überlegungen hinsichtlich des Auftauchens von Fundgegenständen in Berlin und auch in London s.
Alaura 2006, 105 mit Lit.
11 Diese ca. 11 000 hauptsächlich aus den Grabungen von Winckler und Makridi (1906/7 u. 1911/12) stammenden Keilschrifttafeln
waren noch während des 1. Weltkriegs 1917 aus Istanbul (damals noch Konstantinopel) nach Berlin gesandt worden zwecks Res-
taurierung und fotographischer Erfassung.
12 Nach ernsthaften Differenzen mit dem Leiter der Vorderasiatischen Abteilung Otto Weber (verstorben 1928) und vor allem
mit dessen Assistenten Hans Ehelolf, dem späteren Kustos dieser Museumsabteilung, scheint Forrer nach 1926 die Arbeit an den
Keilschrifttexten zunehmend erschwert worden zu sein. Dies zeigt ein späteres, von heftigen Emotionen beladenes Schreiben
Forrers aus dem Jahr 1936 an einen Dr. Steinbeck, Führer des NS-Dozentenbundes in Berlin, in dem er diesem „auf ausdrücklichen
Wunsch“ einen Bericht über seine Erfahrungen mit Ehelolf erstattete. Es ging damals um die Neubesetzung des assyriologischen
Lehrstuhls von Bruno Meissner in Berlin, um den sich Ehelolf beworben hatte. Diese von Oberheid (2007, 239–245) veröffentlichte
Stellungnahme aus dem Jahr 1936 ist nicht nur sehr umfangreich. Forrers Bericht wirkt auch äußerst peinlich. Er beurteilte Ehe-
lolfs Leistungen als Wissenschaftler und auch als Leiter der Vorderasiatischen Abteilung der Berliner Museen durchwegs negativ,
während er seine eigene frühere Tätigkeit am Museum als Herausgeber der Editionsreihe der Keilschrifttexte aus Boghazköi (KBo),
womit er von der DOG beauftragt war, die jedoch 1921 eingestellt werden musste, sowie seine dortigen organisatorischen Fähig-
keiten, insbesondere aber seine gesamte bisherige wissenschaftliche Tätigkeit, ständig in den Mittelpunkt stellte.
13 Wahrscheinlich hatte Forrer entgegen seiner Behauptung (1924b, 2  f.), dass er „als Endergebnis einer größeren geographi-
schen Untersuchung über die Arzaova-Länder …“ (erschienen 1926) „aufschlussreiche Erwähnungen der Griechen und Griechen-
lands“ gefunden habe, schon einige Jahre zuvor erste Überlegungen bezüglich eines Auftretens von Griechenland und Griechen
in hethitischen Texten angestellt. Jedenfalls könnte man dies aufgrund eines – leider schlecht erhaltenen – Schreibens vermu-
ten, welches er am 12. April 1920 an seinen Mentor und Förderer, den Althistoriker Ed. Meyer, gerichtet hatte; s. Oberheid 2007,
102  f.

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I Einleitung   3

Die bis heute meist vertretene Annahme, dass es sich bei VAT 6692 um die wahrscheinlich letzte Tafel
einer ursprünglich dreiteiligen Serie handelte, deren vorausgehende Tafeln nicht aufgefunden werden
konnten, stützt sich auf die Unterschrift in Kolumne IV:

3 DUB Q[A-TI]

Diese Unterschrift14 befindet sich im ansonsten schriftfreien letzten Viertel von Kolumne IV und weist eine
größere Schrift auf als der in Kolumne IV bereits mit Zeile 57 endende gesamte Text der Tafel.15 Sie weicht von
der Mehrzahl der bekannten Kolophone am Ende von Tontafeln mit hethitischen Texten ab.16 Diese schlecht
erhaltene Unterschrift auf der Taf. VAT 6692 könnte folgende Bedeutung haben:

„Tafel 3 vo[llständig]“17

Hinzu kommt, dass der Beginn des Textes in Kolumne I Zeile 1 erwarten lässt, dass es sich hier um die Fort-
setzung einer Beschwerdeschrift handelt, die schon auf der verlorenen Taf. 2 oder vielleicht sogar auf Taf.
1 begonnen hat. Der Autor fand es jedenfalls nicht nötig, in seinem unvermittelt einsetzenden Bericht über
die Zerstörung der Stadt Attarimma den Namen des dafür verantwortlichen Mannes zu nennen. Dieser Name
dürfte als bekannt vorausgesetzt worden sein, da er aller Wahrscheinlichkeit nach bereits zuvor genannt
worden war.
Dass die chemische Zusammensetzung des Tonmaterials von Taf. 3 nicht mit der einer Reihe von unter-
suchten Schriftstücken aus Boǧazköy übereinstimmt, haben Lehmanalysen ergeben. Diese wurden in neuerer
Zeit von Goren (Universität Tel Aviv) durchgeführt,18 und zwar in Kooperation mit weiteren Wissenschaftlern,
wie Mommsen (Helmholtz Institut für Strahlen- und Kernphysik, Universität Bonn) und Klinger (Fachbereich
Geschichts- und Kulturwissenschaften, Institut für Altorientalistik der FU Berlin). Die Lehmanalysen deuten
darauf hin, dass die Taf. VAT 6692 und damit der darauf befindliche sog. Tawagalawa-Brief im äußersten
Westen der anatolischen Halbinsel entstanden sein dürften.19 Goren und seine Mitautoren lokalisieren das
Herkunftsgebiet im ostägäischen Küstenbereich südlich von Ephesos. Das Tonmaterial ähnelt, wie sie fest-
stellten, dem der Produktion von Amphoren aus Samos, die auch in Milet und in „der samischen Peraia“
hergestellt wurden.

Von den meisten Forschern wird das Schriftstück nach wie vor als Tawagalawa-Brief bezeichnet. Dies scheint
in doppelter Hinsicht verfehlt zu sein, sowohl was die Charakterisierung des Textes als Brief betrifft, als
auch die Benennung mit dem Namen Tawagalawa.20 Ein briefartiger Charakter scheint sich zwar auf den
ersten Blick durch die in der internationalen Korrespondenz unter unabhängigen Herrschern, insbesondere
unter gleichgestellten Großkönigen, übliche Anrede des Adressaten als „mein Bruder“ (šeš-ia) anzudeuten
(s. oben S. 1 mit Anm. 1), aber dagegen ist Folgendes einzuwenden:
1. Das Dokument VAT 6692 dürfte in der vorliegenden Form kaum als ein Schreiben an den König von
Aḫḫiyawa abgesandt worden sein. Diese Annahme ergibt sich, ganz abgesehen von Fehlern verschiedener
Art, mehreren Tilgungen, Korrekturen und Nachträgen in kleinerer Schrift, hauptsächlich aus der Tatsache,
dass Briefe mit insgesamt vier Kolumnen (je zwei Kolumnen auf Vs. u. Rs.) bislang sehr selten in Anato-
lien und im Alten Orient überhaupt belegt sind.21 Außerdem gilt es zu bedenken, dass Schriftstücke aus der

14 Dazu unten Kapitel III Kommentar S. 304  f.


15 Dazu die Tafelabbildung in V.3, unten S. 315  f.
16 Zu den typischen Kolophonen s. Hoffner 2009, 44  f.; W. Waal, 139–155; ferner unten Kapitel III Kommentar S. 304  f.
17 Hoffner 2009, 313; besonders auch Waal 2015, 238  f.
18 Goren et al. 2011, 684–696.
19 Goren et al. 2011, 686 (Table 1 Nr. 12), 688, 690 (Table 2 Nr. 12), 691 u. 693 f.
20 Heinhold-Krahmer 2002, 360 mit Anm. 13.
21 Hagenbuchner 1989a, 29  f; Heinhold-Krahmer 2002, 360 mit Lit.

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internationalen Korrespondenz, insbesondere hethitische Briefe, wohl keinen Kolophon besitzen, wie dies
dagegen bei VAT 6692 der Fall ist.22
Es gibt nun eine Reihe von Möglichkeiten, womit sich die Entstehung dieses Dokuments erklären lassen
könnte. Nachfolgend seien nur drei Beispiele angeführt:
a. Es könnte sich bei dem Text um einen Briefentwurf oder um die Abschrift eines solchen handeln,23 der
dann möglicherweise dem dafür zuständigen Schreiber als Grundlage für eine viel kürzere und prägnan-
tere Brieffassung, vielleicht wie der wohl zeitgenössischen Briefentwurf KUB 21.38,24 dienen sollte. Dieser
enthielt allerdings nur je eine Kolumne auf Vorder- und Rückseite, jedoch dafür mit sehr langen Zeilen.
b. Denkbar wäre auch, dass das Schriftstück in der vorliegenden Form als Argumentationskonzept für
einen zum König von Aḫḫiyawa reisenden Gesandten gedient hat. Es wäre dann wohl auf Anweisung
und nach Absprache mit dem König von Ḫatti während seines Aufenthaltes im Westen Kleinasiens ver-
fasst worden.25
c. Möglich wäre ferner, dass der ursprünglich aus drei Tafeln bestehende Text eine für das Archiv in Ḫattuša
bestimmte Sammlung von diversen die Piyamaradu-Affäre betreffenden Aufzeichnungen darstellte.26
Diese sub c. aufgeführte Möglichkeit eröffnet den Weg zu einer weiteren Spekulation: Eine in Westkleinasien
während des dortigen Aufenthalts des hethitischen Königs erstellte Kompilation könnte vielleicht deshalb
schon in Briefform verfasst worden sein, da vielleicht vom Hethiterkönig beabsichtigt war, nach seiner Rück-
kehr nach Ḫattuša dem König von Aḫḫiyawa auf dieser Textgrundlage in verkürzter Form einen Brief erstel-
len zu können oder ihm zumindest Argumente daraus mündlich durch den Gesandten vermitteln zu lassen.
Damit würden wir dann aber wieder bei einer der sub a. und b. aufgeführten Möglichkeiten angelangen.
Für den Fall, dass diese Möglichkeit zutreffend war, dürfte man davon ausgehen, dass sich die Kom-
pilation aus textlichen Elementen verschiedenster Art zusammensetzte. Neben den diversen Schilderungen
Piyamaradus feindlicher Aktivitäten, die er aus hethitischer Sicht begangen hatte und vermutlich noch zu
begehen gedachte, wurden auch die jeweiligen Gegenreaktionen des hethitischen Großkönigs beschrieben.
Diese Gegenreaktionen konnten kriegerischer Art, aber auch diplomatischer Art sein. Im letzteren Falle bot
er verschiedene Sicherheitsgarantien für Piyamaradu an und versuchte mit seinen Angeboten viele Möglich-
keiten auszuschöpfen, um ihn – offen bleibt, ob in guter oder böser Absicht – zu einer Rückkehr in hethiti-
sches Hoheitsgebiet zu motivieren. Dabei wurden sowohl Hinweise auf direkte Verhandlungen des Königs
von Ḫatti mit Atpa, dem Schwiegersohn Piyamaradus, der Befehlsempfänger und vermutlich Gouverneur
des Königs von Aḫḫiyawa in Millawanda war, als auch Briefe an den König von Aḫḫiyawa selbst zu den jewei-
ligen Problemen mit Piyamaradu in den Text eingeflochten. Ebenso finden sich dort Reaktionen der Kontra-
henten – von Atpa mündliche, vom König von Aḫḫiyawa schriftliche, meist in zitierter Form bzw. mit Zitaten
aus den Berichten des Boten aus Aḫḫiyawa. Auch wird auf vorausgehende Probleme zwischen beiden Herr-
schern Bezug genommen, die jedoch aus hethitischer Sicht entweder schon bereinigt worden waren oder
noch geklärt werden konnten. Nachdem in den beiden ersten Kolumnen (I–II) überwiegend die Misserfolge
bei den Versuchen, Piyamaradu aus seinem Asylland in den hethitischen Machtbereich zu holen, geschildert
wurden, ergingen dann im unteren Teil von Kol. II (50–76) und in den beiden letzten Kolumnen (III–IV) von
Seiten des hethitischen Herrschers milde formulierte Aufforderungen an den König von Aḫḫiyawa, sich nun
selbst um die Lösung der Piyamaradu-Affäre zu kümmern. Diese Aufforderungen waren mit Ratschlägen ver-
sehen, wie dies vor sich gehen sollte.

22 Dazu Hoffner 2009, 45; vgl. auch schon Hagenbuchner 1989a, 106, die betont, dass „Kolophone im hethitischen Gebiet unge-
bräuchlich“ zu sein scheinen. Waal 2015, 238 gibt neben VAT 6692 noch zwei weitere Dokumente (KBo 1.23 u. KBo 13.62) mit Ko-
lophon an, doch scheinen auch diese Texte nach ihren Überlegungen nicht unbedingt Briefe im eigentlichen Sinne darzustellen.
23 Sommer, 1932, AU 190  f. Drei Jahre zuvor hatte Forrer (1929, 150) die Vermutung geäußert, dass das Dokument eine an der
Grenze von Millawanda angefertigte Abschrift eines Briefkonzepts darstellt.
24 Zu KUB 21.38 s. Hoffner 2009, 281.
25 Zur Möglichkeit eines Argumentationskonzepts für den Gesandten s. bereits Heinhold-Krahmer 2000, 155 u. 2002, 360 mit
Anm. 13 (mit Lit.).
26 Den Hinweis auf diese Möglichkeit verdanke ich Theo van den Hout (Chicago); s. auch Hagenbuchner (1989a, 106), die als ein-
zigen Beleg eines Kolophons in einem Brief auf VAT 6692 hinweist und dies damit begründet, dass dieser Text ein Archivexemplar
darstellen könnte; vgl. jedoch Waal 2015, 239 Anm. 712.

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I Einleitung   5

2. Auch der Name Tawagalawa scheint nicht besonders geeignet zu sein, um diese einzige Taf. VAT 6692
der wahrscheinlich dreitafeligen Serie (s. oben S. 3) zutreffend zu charakterisieren. Forrer (1929, 95), der Erst-
bearbeiter von VAT 6692, hatte die auf ihn zurückgehende Bezeichnung des Textes als „Tavagalavas-Brief“
zunächst folgendermaßen begründet:

„Um eine kurze, einprägsame und nicht mißzuverstehende Bezeichnung dieses Textes zu haben, … nenne ich diesen Brief,
weil weder der Name des Absenders noch der des Empfängers erhalten ist, nach seiner kennzeichnendsten und anderwärts
nicht vorkommenden Person, von der er handelt, den Tavagalavas-Brief.“

Im Kommentar zu seiner Textbearbeitung (1929, 122) wies er aber noch darauf hin, dass die am Beginn der
vorliegenden dritten Tafel nicht namentlich genannte Person, ein „Er“, Tawagalawa gewesen sein müsse.
Dieser Mann hatte dem hethitischen Herrscher während dessen Kampagne nach Westkleinasien bereits in
Šallapa27 eine Botschaft entgegen gesandt (§ 1, Kol. I 6–8). Forrers Begründung dafür lautete, dieser Namen
sei das namentlich nächstgenannte Subjekt in Kol. I (Z. 3).
Auch Sommer, der drei Jahre nach Forrer eine neue Textbearbeitung publizierte (AU I), sah ebenso wie
dieser in der Person, die in §§ 1–2 (I 6–31) und § 5 (I 67–I 71 u. II 2–8) ohne Namensnennung auftrat, Tawaga-
lawa. Allerdings hatte er bereits 1932 erkannt (AU 113 u. passim), dass nicht Tawagalawa, sondern in Wirk-
lichkeit Piyamaradu die Hauptperson war, um die es im Text ging. Er behielt jedoch in seiner Edition den
Namen „Tavagalava“ zur Kennzeichnung des Textes bei und taufte diesen „aus praktischen Gründen“ nicht
mehr um; zu dem nur drei Mal bezeugte Tawagalawa,28 der vermutlich jeweils nur rückblickend erwähnt
wurde;29 s. S. 69  f. in Kapitel III Kommentar.

Seit den Anfängen der Hethitologie in den 1920er und 1930er Jahren besteht immerhin weitgehend Einigkeit
darüber, dass der „Tawagalawa-Brief“ eine der zwei bis drei wichtigsten Textquellen oder sogar das wich-
tigste Dokument für die Beziehungen zwischen dem Hethiterreich und dem Land Aḫḫiyawa darstellt.30 Auch
kann der Text inzwischen als die am meisten diskutierte Aḫḫiyawa-Urkunde gelten, ja sogar „in vielerlei
Hinsicht zu den umstrittensten Urkunden aus Ḫattuša“31 gerechnet werden.

Die Geschichte der Erforschung dieses Dokuments wurde in ihrem Verlauf stark geprägt von der in den
1920er Jahren entstandenen, berühmten, aber auch berüchtigten Aḫḫiyawa-Kontroverse. Es ging dabei um
die Frage, ob der darin und in weiteren hethitischen Texten bezeugte Name Aḫḫiyawa (identisch wohl mit
der in zwei Texten belegten älteren Form Aḫḫiya) mit Griechenland, dem Land der homerischen Achäer,
gleichzusetzen sei.
Die Hypothese von einem griechischen Großreich Aḫḫiyawa (Aḫḫiya) im 14. und 13.  Jh.  v. Chr. hatte
Forrer im März 1924 in zwei Aufsätzen an die Öffentlichkeit gebracht.32 Er war inzwischen durch wichtige Pub-
likationen, insbesondere aufgrund seiner intensiven Beschäftigung mit den Boǧazköy-Texten weit über die
Grenzen Deutschlands hinaus bekannt geworden und galt zum Ärger einiger bedeutender deutscher Fach-
kollegen besonders im Ausland als der Hethitologe, der sich am besten mit den hethitischen Keilschrifttexten
auskannte.33 Seine sog. Griechenthesen, auf die er seine Hypothese aufbaute, betrafen nicht nur Versuche,

27 Wichtige Station und wohl auch Musterungsort bei hethitischen Feldzügen in den Westen; s. J.D.H. unten S. 344, 347, 363  f. u.
passim.
28 Singer 1983a, 213; Heinhold-Krahmer 1986, 50–55.
29 Heinhold-Krahmer 1986, 50–55; Alparslan 2005, 36–38; Miller 2010, 167–169.
30 So z.  B. Forrer 1929 (mit seiner 138 Seiten umfassenden Erstbearbeitung des Textes); Friedrich 1931, 223; Sommer 1932, 2–196
(mit einer Textbearbeitung von 195 Seiten an erster Stelle seiner Aḫḫijava-Urkunden [AU]); Schachermeyr 1935, 24; Houwink ten
Cate 1974, 150  f.; Güterbock 1984, 119; Popko 1984, 199; Forlanini 1988, 157; Parker 1999, 61; Taracha 2001, 420 Anm. 14; Heinhold-
Krahmer 2004a, 205; Alparslan 2005, 34; Freu/Mazoyer 2008, 109.
31 Miller 2006, 241.
32 Forrer 1924a, 113–118; 1924b, 1–22.
33 Lobende Worte zu Forrer fanden z.  B. der Österreicher Vetter (1924, 185): „Emil Forrer, der beste Kenner dieser Keilschrifttexte“,
die englischen Forscher Burrows (1924, 708): „… E. Forrer, a Hethaeologist of the first rank“ und Sayce (1925, 161) sowie der pol-
nische Wissenschaftler Przeworski (1924, 90 Anm. 9).

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hethitische Ortsnamen mit griechischen zu identifizieren, wie heth. Lazpa mit der griech. Insel Lesbos, heth.
Wiluša mit griech. Elaiousa, Milawanda/Milawata mit der Landschaft Milyas, Taruiša mit Troia und Aššuwa
mit Asia. Auch Personennamen, die in Texten mit der Nennung von Aḫḫiya(wa) vorkamen, versuchte er mit
Namen von Helden aus der griechischen Sagenwelt gleichzusetzen, wie heth. Antarawa mit griech. Andreus,
heth. Attar(ri)šiya mit griech. Atreus und vor allem auch den nur in VAT 6692 bezeugten Namen Tawagalawa
mit griech. Eteokles. Hinzu kamen noch Gleichungen einzelner hethitischer Wörter mit griechischen, wie
heth. kuriwanaš/kuirwanaš mit griech. κοίρανος und heth. ayawalaš mit griech. Αἴολος („Äoler“).
Forrer versuchte 1924 u.  a. dreizehn Hauptpunkte zugunsten seiner Griechenhypothese anhand von
fünf Texten vorzubringen. Diese Hauptpunkte berechtigten ihn seiner Meinung nach dazu, „Aḫḫijavā als
Griechenland und seine Könige als Griechen anzusehen.“ Bei den fünf Texten handelte es sich neben dem
Tawagalawa-Text (KUB 14.3: Punkte 1, 2, 3 u. 6) um einen Orakeltext (KUB 5.6+: Punkte 4 u. 5), um den sog.
Madduwatta-Text (KUB 14.1+: Punkte 7, 9, 10, 12 u. 13), um den Vertrag mit Šaušgamuwa von Amurru (KUB
23.1+: Punkt 8) und um ein Fragment historischen Inhalts über das westkleinasiatische Šeḫa-Flussland,
worin auch ein König von Aḫḫiyawa Erwähnung findet (KBo 6.27+: Punkt 11).34
Zweifellos nahm schon damals der „Tawagalawa-Brief“ neben dem sog. Madduwatta-Text (VAT 6210)
eine prominente Stellung ein. Vier von den insgesamt dreizehn Hauptpunkten Forrers stützten sich auf
diesen noch unveröffentlichten Text der Taf. VAT 6692, den er zunächst fälschlich für einen Annalentext
Muršilis II. hielt.35 Diese recht apodiktisch formulierten Thesen lauteten (wörtlich zitiert):36
1. Der König des Landes Aḫḫijavā = Ἀχαίϝα war seit etwa 1330 v. Chr. als Großkönig und damit als „Bruder“
des Ḫatti-Königs anerkannt.
2. Er war zugleich als Vasall des Ḫatti-Königs mit Pamphylien belehnt.
3. Er war ein Ajavalas = Äolier.
4. Tava-g(a)lavas = Eteokles war sein Sohn und Nachfolger37 seit etwa 1325 v. Chr.

Dass hier – wie überdies auch bei den meisten seiner weiteren Einzelthesen zu Aḫḫiyawa – weder die zeit-
lichen Angaben (in 1. u. 6.) noch geographische Hinweise (wie in 2.) stimmten und vor allem auch einige
Namengleichungen (wie in 1., 3. u. 6.) problematisch waren, war zunächst jedoch nur wenigen seiner deut-
schen Fachkollegen klar; dazu unten S. 7–14.
Es waren ja erst sieben Jahre vergangen, seit Friedrich (= Bedřich) Hrozný38 – erfolgreicher als vor ihm der
norwegische Forscher Jørgen A. Knudtzon39 – den Nachweis erbracht hatte, dass das Hethitische im Wesent-
lichen als indogermanische Sprache zu betrachten sei. Erst ab 1920 hatte dann mit dem Artikel „Hethiti-
sches“ von Sommer40 die systematische philologische Erschließung dieser Sprache eingesetzt.41 Forscher aus
der ersten Hethitologen-Generation hatten gerade mit der Edition von einigermaßen gut erhaltenen Texten
begonnen.42 Unter ihnen befand sich auch Forrer, der 1920 den vierten Band der „Keilschrifttexte aus Bogha-
zköi“ erstellt hatte. Die Schaffung von philologischen Wörterbüchern und Grammatiken des Hethitischen lag

34 Hier ist nur jeweils das Hauptexemplar eines jeden Textes angegeben. Duplikate und später aufgefundene Zusatzstücke zu den
oben genannten vier Texten, die neben VAT 6692 von Forrer ausgewertet wurden, finden sich jeweils bei: https://www.hethport.
uni-wuerzburg.de/hetkonk/hetkonk_abfrage‌F.php.
35 Forrer 1924b, 7–10; vgl. ders. 1924a, 113–115.
36 Forrer 1924b, 21.
37 Mit dem Vater des „Tava-g(a)lavas“ – als „sein Sohn und Nachfolger“ wird T. in 6. bezeichnet – ist der von Forrer (1924b, 21)
in seiner 5. (und oben nicht zitierten) These genannte „Ant(a)ravas“ gemeint, ein Name, den er dem Orakeltext KUB 5.6 entnahm
und mit griech. Andreus gleichsetzen wollte.
38 Hrozný 1917.
39 Knudtzon 1902.
40 Sommer 1920, 1–23.
41 Dazu Kammenhuber 1969b, 130.
42 Im März des Jahres 1924 bei Veröffentlichung von Forrers Griechenhypothese lagen erst folgende Editionsbände aus Berlin
vor: „Keilschrifttexte aus Boghazköi“ (KBo) 1–6 (erschienen von 1916 bis 1921). Nach Unterbrechung dieser Editionsreihe bis 1954
wurde jedoch ebenfalls im Jahr 1921 mit der Reihe „Keilschrifturkunden aus Boghazköi“ (KUB) begonnen, von der bis zur Ver-
öffentlichung von Forrers Griechenhypothese im März 1924 bereits die Bände 1–7 u. 9 erschienen waren; s. auch Klengel 1999, 9  f.

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I Einleitung   7

jedoch noch in weiter Ferne. So mussten sich die an Forrers Griechenhypothese interessierten Forscher aus
dem Bereich der Nachbarwissenschaften voll und ganz auf dessen knappe Darlegungen seiner Griechenthe-
sen verlassen, die er hauptsächlich auf noch unveröffentlichte Schriftstücke, wie die Taf. VAT 6692, stützte.
Vor allem Althistoriker – unter diesen besonders Frühgeschichtsforscher, aber auch Archäologen – hatten
darauf gehofft oder sogar erwartet, dass sich in den damals ca. 11 000 meist sehr fragmentarischen Tontafeln
aus Boǧazköy/Ḫattuša, die sich in der Vorderasiatischen Abteilung der Museen zu Berlin befanden, Hinweise
auf die noch im Dunkeln liegende Frühgeschichte Griechenlands entdecken ließen. So wurden Forrers „Grie-
chenthesen“ in diesen Kreisen meist freudig begrüßt, häufig sogar als Fakten übernommen und mit weiteren
Hypothesen, insbesondere aus dem Bereich der Sagenforschung, verknüpft. Da jedoch keine der Forrerschen
Thesen bezüglich Aḫḫiyawa uneingeschränkte Zustimmung bei seinen hethitologischen Fachkollegen vor
allem in Deutschland fand, ja seine sog. Griechenhypothese insgesamt bei diesen sogar nach wenigen Jahren
auf schroffe Ablehnung stieß, entstand die bereits oben genannte Aḫḫiyawa-Kontroverse. Berüchtigt wurde
sie vermutlich u.  a. deshalb, weil fast alle Beteiligten – wenngleich nicht so häufig wie Forrer – selbst manch-
mal von sachlicher Argumentation abrückten und eigene Fehler kaum oder nur widerwillig einräumten. Ein
weiterer Grund dürfte auch gewesen sein, dass Forrer offenbar nicht einsehen wollte, dass er seine phanta-
siereichen und oft auch falschen Ideen viel zu früh an die Öffentlichkeit gebracht hatte und bei der sprachli-
chen und inhaltlichen Interpretation der Aḫḫiyawa-Texte nicht selten zu oberflächlich vorgegangen war. Oft
geschah dies ohne allzu große Rücksichtnahme auf den damaligen Forschungsstand in der jungen Disziplin
Hethitologie, aber auch ohne große Vorsicht beim Heranziehen von Personen, Örtlichkeiten und Ereignissen
für seine Griechenhypothese, die er aus der noch sehr unerforschten griechischen Frühgeschichte und aus
der Sagenüberlieferung zu gewinnen versuchte.

Als Hauptgegner von Forrers Kombinationen hinsichtlich des nur in den Boğazköy-Texten bezeugten Landes
Aḫḫiyawa und seiner Könige erwiesen sich spätestens ab 1927 vor allem drei sehr bedeutende Vertreter der
jungen hethitologischen Disziplin in Deutschland: Johannes Friedrich, Albrecht Götze (s.  A. Goetze) und
der renommierte Indogermanist Ferdinand Sommer. Zweifellos spielte auch Forrers wohl größter Gegner in
Berlin, Hans Ehelolf,43 im Hintergrund eine gewisse Rolle, der – anders als mit Forrer – offensichtlich in
gutem Einvernehmen mit Friedrich und Goetze stand. Er gewährte als Kustos den beiden jungen Forschern
nicht nur problemlosen Zutritt zu den Keilschrifttafeln im Museum, sondern unterstützte sie vor allem auch
in fachlichen Fragen.44 Mit Sommer, mit dem Ehelolf gemeinsam Das hethitische Ritual des Papanikri von
Komana bearbeitet hatte (erschienen schon 1924), verband ihn sogar eine sehr enge Freundschaft.45
Diese Fachleute waren nach wenigen Jahren zum Ergebnis gelangt, dass fast alle Forrerschen Griechen-
thesen Mängel aufwiesen. Dabei störte vor allem die Apodiktik, mit der Forrer sie vorgetragen hatte.
Als Erster unter Forrers Kritikern meldete sich Friedrich zu Wort.46 Er berichtete in seinem 1927 publizier-
ten Vortrag, den er während des Orientalistentages am 1. 10. 1926 in Hamburg gehalten hatte, bereits beim
ersten Durchlesen von Forrers Darlegungen gegenüber einzelnen Namengleichungen bedenklich gewesen

43 Zu diversen Auseinandersetzungen und Animositäten zwischen Forrer und Ehelolf s. Oberheid 2007, 172–175 u. passim. Ins-
besondere zwei von Oberheid veröffentlichte Briefe Forrers weisen deutlich auf die Schwierigkeiten zwischen beiden Forschern
hin:
1. Forrers schon oben (S. 2 Anm. 12) erwähntes Schreiben vom 3. 12. 1936 an den Leiter der Dozentenschaft in Berlin, Dr. Stein-
beck, bei Oberheid 2007, 239–245 (dazu auch Oberheids Darstellung und Bewertung der Konsequenzen [S. 245–250])
2. ferner sein Brief vom 28. 5. 1945 an den Oberbürgermeister von Berlin, worin er u.  a. schrieb: „Prof. Ehelolf verstand es aber,
sich überall in das von mir geschaffene Nest zu setzen, verdrängte mich aus dem Arbeitszimmer im Museum, übernahm die
genannte Publikationsreihe <Keilschrifturkunden aus Boghazköi>, setzte sich in den von mir geschaffenen Thesaurus der hethi-
tischen Sprache usw.“ (s. Oberheid 2007, 301–304).
44 Dies geht z.  B. deutlich aus dem Vorwort von Friedrichs erstem Teil seiner Staatsverträge des Ḫatti-Reiches in hethitischer
Sprache 1926, S. III hervor; s. auch Goetzes Vorwort zu seiner 1925 erschienenen Bearbeitung des großen Textes von Ḫattušiliš.
Beide Forscher unterstützten sich nicht nur gegenseitig bei den Korrekturen dieser Textbearbeitungen, sondern legten sie sowohl
Sommer als auch Ehelolf zur Korrektur vor.
45 Zinsmeister 1977, 336.
46 Friedrich 1927, 87–107.

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8   S. Heinhold-Krahmer

zu sein.47 Seine Skepsis betraf von Anfang an insbesondere die Namengleichungen, darunter auch die des in
VAT 6692 bezeugten Tawagalawa mit griech. Eteokles.48 Nachdem er 1927 alle Einzelthesen, mit denen Forrer
versucht hatte, seine Hypothese von Aḫḫiyawa als Land der homerischen Achäer zu untermauern, entweder
in Frage gestellt oder in der Mehrzahl sogar widerlegt zu haben glaubte, gelangte Friedrich abschließend
zum Resultat, dass ihm Forrers Hypothese „in der Hauptsache als verfehlt“ erscheine, als „Irrweg“ also.
Jedoch sind ihm ebenfalls Fehldeutungen und falsche Einschätzungen vorzuwerfen, und zwar nicht nur
aus heutiger Sicht.49 Dies geschah bereits teilweise in den 1920er und 1930er Jahren, und zwar nicht nur in
Forrers Replik.50
Forrer zeigte sich nun immerhin bereit, zwei seiner von Friedrich angesprochenen Fehler zu korrigieren,
wobei einer den Tawagalawa-Text betraf.51 Er bestätigte die Richtigkeit von Friedrichs Feststellung, dass der
in KUB 14.3 II 60 genannte Tawagalawa ein Bruder der dort angeredeten Person sei und nicht diese selbst.
Im Gegensatz zu Friedrichs Bedenken (1927, 104) hielt er aber zu Recht an seiner Meinung fest, dass die im
Text vom Hethiterkönig mit „mein Bruder“ angesprochene Person ein König war. Forrer erklärte in diesem
Zusammenhang weiter, sich ursprünglich auch in Bezug auf die Gattung dieses Textes geirrt zu haben. Erst
im April 1925 habe er erkannt, dass diese Inschrift kein Annalentext, sondern ein Brief an den Großkönig von
Aḫḫiyawa sei (1930, 254). Auf die Textgattung hatte sich sein Kontrahent Friedrich nicht explizit festgelegt.
Was nun die weiteren von Friedrich vorgebrachten Kritikpunkte anbelangte, so wurden sie durchwegs von
Forrer abgelehnt. Er beendete die Verteidigung seiner Griechenthesen, indem er auf die oft zufallsbeding-
ten und nicht an Sprachgesetze gebundenen Veränderungen von Wörtern, insbesondere von Namen, bei
der Übernahme von einer Sprache in eine andere hinwies. Die Einwände Friedrichs seien, so Forrer, vor
allem deshalb verfehlt, weil „unzweifelhaft der historischen Wahrheit entsprechende Namengleichungen“
sich erwiesenermaßen philologisch nicht erklären ließen. Nach dem Versuch, dies anhand von teilweise
stark voneinander abweichenden altpersischen, neubabylonischen und griechischen Formen bestimmter
Personennamen zu klären, gelangte er zur Feststellung, die Vergleichende Sprachwissenschaft sei gar nicht
imstande, „über die Wahrheit einer aus anderen Gründen aufgestellten Gleichung entlehnter Worte oder
Namen ein negatives Urteil zu fällen“. Gleichzeitig sprach Forrer (1930, 272) noch von seiner (Friedrichs)
„beschränkten und dem Problem nicht gerecht werdenden Methode“. Mit diesem Versuch einer völligen Dis-
qualifizierung von Friedrichs vorwiegend philologischer, aber auch auf Sommers sprachwissenschaftliche
Arbeiten hinweisender Kritik an seinen (Forrers) Namengleichungen, die er 1924 im Rahmen der Griechenhy-
pothese vorgelegt hatte, war zweifellos eine weitere Schwelle der Polemik in der Aḫḫiyawa-Kontroverse
überschritten worden. Eine Rückkehr zu einer sachlichen Diskussion musste schon damals in Hethitolo-
gen-Kreisen illusorisch erscheinen.

47 Friedrich 1927, 89.


48 Friedrich 1925, 66–68.
49 Erwähnt sei hier aus heutiger Sicht nur den „Tawagalawa-Brief“ Betreffendes.
So lehnte z.  B. Friedrich (1927, 97) zwar Forrers Gleichung des damals allgemein a-i̯a-u̯ a-la-aš gelesenen Hapax legomenons
(= griech. Äolier bei Forrer 1924b, 21: Hauptpunkt bzw. These 3) zu Recht ab, doch ist einerseits diese bisher allgemein über-
nommene Lesung in I 12 fraglich (s. unsere Translit. S. 38  f. u. 77–79 mit Anm. 9: x-ia!-u̯ a-la-aš) und andererseits dürfte seine Inter-
pretation des zugehörigen Satzes verfehlt sein (s. unseren Kommentar u. vgl. dazu Sommer, AU 3 u. 41–54).
Ferner erkannte Friedrich zwar, anders als Forrer (1924b, 10), dass der hethitische König im Text VAT 6692 (KUB 14.3.) nicht mit
Tawagalawa selbst verhandelte, da von diesem nur in der 3.Sg. die Rede sei. Es handle sich, so Friedrich (1927, 104  f.), um eine
andere Person, die der Hethiterkönig mehrfach mit „mein Bruder” anrede, und Tawagalawa scheine nach Kol. II 60  f. vielmehr
ein Bruder des wohl aus Aḫḫiyawa stammenden Angeredeten zu sein. Aber er bezweifelte nur aufgrund von Forrers Fehldeutung
eines „Äolier-Königs“ in Kol. I 11  f., dass Tawagalawa im Text als König (von Aḫḫiyawa) nachgewiesen werde. Dieser Nachweis,
sogar eines Großkönigs Tawagalawa, ergibt sich jedoch klar aus I 71  f. (s. Kommentar unten S. 131–143) und wurde bereits von E.
Sturtevant (1928, 227) erwogen.
50 Forrers Antwort auf Friedrich (1927 (= KlF I/1)) wurde bereits im September 1927 bei der Redaktion von KlF eingereicht, doch
erschien dieser Artikel mit dem Titel „Für die Griechen in den Boghazköi-Inschriften“ nach Streitigkeiten mit den Herausgebern,
Sommer und Ehelolf, erst 1930 (KlF I/2).
51 Als zweiten Fehler räumte Forrer (1930, 252–272) ein, dass im sog. Madduwatta-Text (KUB 14.1 Vs. 63) nicht, wie er (1924b, 17)
behauptet hatte, von 100 Schiffen des Angreifers Attar(i)šiya aus Aḫḫiya die Rede war, sondern von 100 Wagen.

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I Einleitung   9

Zwar lehnten neben Friedrich inzwischen auch Goetze und Sommer die sog. Griechenhypothese von
Forrer, die Hypothese von einer Großmacht in Griechenland mit einer Kolonie im kleinasiatischen Pamphy-
lien, gänzlich ab, indem sie alle mehr und mehr für eine Lokalisierung von Aḫḫiyawa insgesamt auf klein-
asiatischem Boden plädierten und sich gegen eine Identifizierung der Bewohner dieses Landes mit den bei
Homer bezeugten griechischen Achäern aussprachen. Doch dass auch Goetze und Sommer nicht in allen
Einzelheiten mit Friedrichs Kritik an Forrers Thesen übereinstimmten, zeigte sich bald.

Goetze, der 1924, im selben Jahr wie Forrer ebenfalls, aber wesentlich vorsichtiger als jener, auf den Anklang
von Aḫḫiyawa an den Namen der Achäer hingewiesen hatte,52 dann sogar noch 1925 von einer Identität der
Leute von Aḫḫiyawa mit Griechen ausging, indem er vom „Eintreten einer neuen Großmacht in den Bereich
Vorderasiens“ und von dem ersten „Auftreten der Griechen in der Weltgeschichte“ in Verbindung mit ihrem
Fußfassen an der Küste Kleinasiens zur Zeit Muršilis berichtete,53 änderte – zweifellos auch unter dem Ein-
fluss Sommers – wenig später seine Meinung völlig. In seiner 1927 erschienenen Bearbeitung des sog. Mad-
duwatta-Textes (KUB 14.1) berichtete er bereits im Vorwort, dass Sommer das Manuskript gelesen und mit
kritischen Noten versehen habe. Auch wies er (1928, 54  f.) auf dessen mündliche Kritik an Forrers Ansatz
einer nur erschlossenen und zudem falschen griech. Vorform *Ἀχαίϝα zu hethitisch bezeugtem Aḫḫiya im
Madduwatta-Text hin, die als Landesname zu Ἀχαιϝóς nämlich *Ἀχαιϝíα anzusetzen sei. Dieser Kritik schloss
sich Goetze an.
Anders als Friedrich (1927, 103 Anm. 1), der in Verbindung mit dem Aggressor Attar(ri)šiya, dem Mann
aus Aḫḫiya, behauptet hatte, dass dieser sicher kein König gewesen und Forrers These (1924b, 21 Hauptpunkt
7) ein „Phantasieprodukt“ sei, da von den Hethitern der Titel „König“ auch feindlichen Fürsten nie vorent-
halten werde, machte Goetze deutlich, dass feindliche Herrscher, wie der assyrische König Assur-uballit I.,
nur mit dem zugehörigen Ethnikon (lú uruAssur „Assyrer“) bezeichnet werden konnten; s. z.  B. AM 26–29:
KUB 14.16 I 16, 18 u. 22.

Sommer hatte zwischen 1924 bis zum Beginn der 1930er Jahre selbst keine einschlägige Untersuchung zum
Thema Aḫḫiyawa vorgelegt. Doch wird seine negative Einstellung gegenüber Forrers Behauptungen und sein
Engagement hinter den Kulissen aus einzelnen kurzen Bemerkungen dazu deutlich. So äußerte er 1926 Bezug
nehmend auf die aus VAT 6692 gezogenen Folgerungen von Forrer und dessen Anhängern:

„Ich fürchte jetzt schon, daß der Aiolerkönig Eteokles sich sehr bald wieder in Orchomenos begraben lassen kann.“54

Ebenfalls auf diesen Text bezog sich seine Rezension, die Goetzes Edition KUB 14 (1926) betraf:

„Hoffentlich gelingt Forrer wenigstens der Beweis für seine Behauptung (s. MDOG 63, S. 10), dass wirklich Tawagalawa als
‚Ajavalas-König vom Aḫḫijavā-Lande‘ vom hethitischen König, obwohl er ‚als Herrscher von Pamphylien Vasall des Hatti-
Königs‘ ist, stets mit ‚mein Bruder‘ angeredet wird; davon hängt immerhin einiges für Forrers weitschweifende Folgerungen
ab.“55

Fest steht immerhin, dass Sommer, auch wenn er Forrers Gleichung des u.  a. im Madduwatta-Text (KUB 14.1
Rs. 89) bezeugten Wortes kuriwana-/kuirwana- mit griech. κοίρανος ebenso wie Friedrich (1927, 106) nicht
beipflichtete, doch – im Gegensatz zu Letztgenanntem – feststellte:

„Die Hauptsache bleibt, daß ich für die begriffliche Deutung von kuriu̯ ana- mich allerdings im wesentlichen auf die Seite
Forrers stellen kann.“56

52 Goetze 1924, 26 Anm. 5.


53 Dazu schon Heinhold-Krahmer 2007, 364–367 mit Lit.
54 Sommer 1926, 560 (in einer Besprechung zu einem 1925 erschienenen Büchlein des Indogermanisten Paul Kretschmer).
55 Sommer 1930, 337.
56 Sommer, AU 344.

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10   S. Heinhold-Krahmer

Mit Friedrich ging er zwar davon aus, dass es sich bei dem Wort um ein Adjektiv handelte und nicht um ein
Substantiv, wie Forrer annahm (1924a, 117; 1924b, 22: „unabhängiger Herrscher“), doch kam er nach einem
Vergleich mit den weiteren Belegstellen sinngemäß letztlich zu einer ähnlichen Deutung wie Forrer und
stellte fest:

„kuriu̯ ana- bezeichnet ein Verhältnis der Art, daß der eine dem andern nichts zu befehlen hat, politisch = ‚unabhängig‘.“

Sein Versprechen bei der Verkündigung der Griechenhypothese im Jahr 1924, in wenigen Monaten eine
Untersuchung über „die Arzaova-Länder, Assuva und die Griechen“ gedruckt vorzulegen,57 konnte Forrer
aus vielen Gründen58 nicht erfüllen.59 Erst 1929 brachte er dann im Selbstverlag wie schon den ersten Teil
seiner „Forschungen“ (I/1) auch deren zweiten Teil (I/2) mit dem Titel „Die Nachbarländer des Hatti-Reiches
von Arzaova bis Griechenland“ heraus. Darin stellte er allerdings nicht das damals vorhandene einschlägige
Textmaterial vollständig vor, ja nicht einmal alle Texte, auf die er seine Thesen fünf Jahre zuvor gestützt
hatte. Sowohl Fachkollegen als auch interessierten Forschern aus dem Bereich der Nachbarwissenschaften
stand also auch nach fünf Jahren Wartezeit noch immer keine vollständige Bearbeitung aller Texte von Forrer
zur Verfügung. Immerhin legte er aber in diesem neuen Teil seiner Forschungen eine ausführliche Bear-
beitung des „Tavagalavas-Briefes“ (ediert von Goetze bereits in KUB 14.3) mit Transliteration, Übersetzung
und Kommentar (S. 95–238) sowie auch des „Milawata-Briefes“ (S. 233–261) vor. In letztgenanntem Text (KUB
19.55)60 treten Namen auf, die auch in Verbindung mit Aḫḫiyawa bezeugt sind, ohne dass dieses Land selbst
in dessen erhaltenen Teilen erscheint. So ist z.  B. der Name der Hauptperson, um die es im Tawagalawa-
Brief geht, des Unruhestifters Piyamaradu, – wohl rückblickend – darin erwähnt, und auch der Ortsname
Milawata (=Millawanda), wonach das Schreiben seinen Namen erhalten hat.
Sieht man von der schon damals „veraltet“ wirkenden Transliteration ab,61 so entspricht diese Dreitei-
lung bereits der von Sommer und Ehelolf 1924 bei der Bearbeitung des Papanikri-Rituals angewandten Vor-
gehensweise. Auch Forrers Gegner Friedrich (1931, 223) und Goetze (1930a, 286) begrüßten es, dass Forrer
sich nun darum bemühte, vor der Aufstellung weiterer Hypothesen diese beiden wichtigen Texte philolo-
gisch zu bearbeiten. Allerdings zeigten sie sich mit seinen Ergebnissen auf diesem neu beschrittenen Weg
ebenfalls nicht zufrieden.62

Drei Jahre nach Forrers Erstbearbeitung erschien dann 1932 Sommers umfangreiches Werk „Die Aḫḫijavā-Ur-
kunden“, in dem er sich der mühevollen Aufgabe unterzog, alle Texte, die damals zur Verfügung standen,
auch die kleinsten Bruchstücke, die Aḫḫiyawa oder zumindest in Verbindung damit bezeugte Personen
oder Örtlichkeiten erwähnten, „philologisch und sprachlich auf ihren realen Inhalt zu untersuchen“ (s. sein

57 Forrer 1924a, 118.


58 Zu Forrers Schwierigkeiten in den 1920er Jahren, besonders sein ungeschicktes und teilweise überhebliches Verhalten gegen-
über seinen wissenschaftlichen Kontrahenten s. ausführlich Oberheid 2007 passim.
59 Nachdem er in seinen 1926 erschienenen „Forschungen“ (Band I/1) mit dem Titel „Die Arzaova-Länder“ nur einen Teil seines
Planes realisiert hatte, wies er im Anschluss an das zugehörige Inhaltsverzeichnis darauf hin, dass das 2. Heft, Forschungen (1/2),
„das die Lugga-Länder, Assuwa (Lydien) und Ahhijavā (Griechenland)“ behandle, Anfang 1927 erscheinen werde. Doch auch
dieses Ziel wurde nicht erreicht, da Forrer 1926 eine Forschungsreise nach Anatolien unternahm.
60 Zu den seither neu hinzugekommenen Zusatzstücken zu KUB 19.55 s. Hoffner 1982, 130–137; Weeden 2012, 63–65.
61 Forrer erhielt zwar immerhin die Gelegenheit, im zweiten Teil von „Kleinasiatische-Forschungen“ (Band I.2) – herausgegeben
von Sommer und Ehelolf – zu der von Friedrich im selben Band (I.1 [1927]) geübten Kritik an seiner „Griechenhypothese“ Stellung
zu nehmen, doch erschien sein 1927 eingereichter Artikel erst 1930. Es kam währenddessen noch zum Streit mit den Heraus-
gebern. Forrer fühlte sich, da er sich als Erster mit den hethitischen Tontafeln im Berliner Museum befasst hatte, berechtigt,
die von ihm bevorzugte Umschrift der Keilschrifttexte weiterhin anzuwenden. Er war nicht gewillt, seine Transkription der der
anderen, im selben Band publizierenden Hethitologen – Ehelolf, Friedrich, Goetze und Sommer – anzupassen. Als Forrer drohte,
seinen Artikel zurückzuziehen, zeigten sich die Herausgeber bereit, eine Ausnahme zu machen. Ihre in KlF I.2, 252*) gegebene
Erklärung für ihr Nachgeben lässt die verfahrene Situation in der Aḫḫiyawa-Kontroverse deutlich erkennen: Sie wollten „die
Freiheit der Polemik“ im Rahmen ihrer Zeitschrift nicht beschränken.
62 Dazu z.  B. die Rezensionen von Goetze 1930a, 285–192 u. Friedrich 1931, 223–232. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit
Forrers Ergebnissen in Forschungen I/2 bot dann vor allem Sommer 1932 (AU).

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I Einleitung   11

Vorwort S. X). Er erweckte mit seiner gründlichen philologischen Bearbeitung nicht nur Begeisterung bei
den Hethitologen,63 sondern auch große Bewunderung bei vielen Historikern, obgleich Letztere ihm häufig
nicht bei seinen historischen und geographischen Ausführungen zustimmen konnten.64 Jedenfalls hatte er
das Buch nach eigenen Worten „eigentlich wider Willen geschrieben und nur auf wiederholtes Drängen von-
seiten mehrerer Vertreter der althistorischen Disziplin“ (Vorwort S. IX).
Sommers Werk enthielt insgesamt 19 „Aḫḫijavā-Urkunden“.65 Die Bearbeitung des „Tawagalawa-Briefes“
beanspruchte darin mit 196 Seiten bei weitem den größten Raum. In einer „Zusammenfassung des Inhalts“
(AU 191–196) sowie in seinen Bemerkungen zu den geographischen Namen und den Personennamen (AU
350–375) und in den Schlußbemerkungen (AU 376–379) stützte er sich nach der hauptsächlich philologischen
Bearbeitung dieses schwierigen Textes auf seine daraus resultierenden Ergebnisse. Diesen Ergebnissen
haftete allerdings insofern manchmal etwas Subjektives an, als er häufig – wenn auch anders als Forrer meist
mit Fragezeichen –entweder an beschädigten Stellen des stark zerstörten Textes Ergänzungen vornahm66
oder vorhandene Stellen, die verschiedene Deutungen zuließen, ganz in seinem eigenen Sinne entgegen der
Auffassung von Forrer auslegte.67
Er betonte, dass für ein Großkönigtum des Königs von Aḫḫiyawa keinerlei Beweis beizubringen sei.
Es ergebe sich aus der Anrede „mein Bruder“ weder eine Großmachtstellung noch ein Großkönig (AU
191 u. 377). Er bezog die ersten Abschnitte des Textes (§§  1–2), die den Gegner des Hethiterkönigs betra-
fen, fälschlich auf Tawagalawa (AU 191  f.) und noch nicht auf Piyamaradu, den er für einen abtrünnigen
und ehemals hochgestellten hethitischen Untertan hielt (AU 192); s. S. 1 u. Anm. 5 u. 6. Daher betrachtete
er Laḫurzi, der im Bericht des hethitischen Großkönigs über kriegerische Ereignisse in und um Iyalanda
genannt wird (Kol.  II 26  f.), als einen Bruder des Tawagalawa. Dies schien ihm schließlich neben seinen
sprachlichen Argumenten einen weiteren Beweis dafür zu bieten, dass Tawagalawa als Bruder des
Laḫurzi, des Trägers eines kleinasiatischen Namens also, kein Grieche gewesen sein könnte (s. AU 374).
Er erkannte immerhin aber schon, dass Piyamaradu und nicht Tawagalawa, wie Forrer annahm, die Haupt-
person im Text war, und dass die Bemühungen des heth. Großkönigs, diesen „irgendwie unschädlich zu
machen“, den Mittelpunkt des Textes bildeten (AU 192).
Ebenso wie im Falle von Forrers Gleichung des Tawagalawa mit griech. Eteokles ließ Sommer auch
dessen übrige Gleichsetzungen mit griechischen Namen nicht gelten (AU 372–375). So war auch sein Ergeb-
nis bezüglich dessen Gleichungen, die die geographischen Namen betrafen, negativ (AU 350–364). An erster
Stelle lehnte er es aus sprachlich-philologischen Gründen ab, den Namen des Landes Aḫḫiyawa auf den
eines nicht belegten und von Forrer falsch erschlossenen griechischen Landes *Ἀχαι̃ϝα zurückzuführen
(AU 350–357). Ebenso falsch war es seiner Meinung nach, die Bewohner des hethitisch bezeugten Landes
Aḫḫiyawa mit den homerischen Achäern zu identifizieren. Weniger überzeugend als Sommers sprachliche
Argumente waren in letzterem Fall seine Versuche, dies mit archäologischen, historischen und geographi-
schen Argumenten in seinen Schlußbemerkungen (AU 378  f.) zu untermauern.
Sommers jüngere Kollegen Friedrich und Goetze stimmten ihm in allen diesen und noch weiteren
Punkten ausnahmslos und freudig zu. Friedrich stellte fest (1934, 22):

„Die Art, wie Sommer seine Aufgabe als Ganzes gelöst hat, kann einfach nicht überboten werden.“

Goetze schrieb (1934, 178):

„Man kann ruhig sagen: Nur Sommer konnte dieses Buch schreiben.“

63 Friedrich 1934, 22; Goetze 1934, 178; Sturtevant 1932, 301.


64 Schachermeyr 1935.
65 Zum heutigen Bestand an Texten, die Aḫḫiyawa nennen, und Personen und Orten, die in Verbindung damit bezeugt sind, s.
unten S. 19 mit Anm. 98.
66 Dagegen zu Recht schon Schachermeyr 1935, 25.
67 Dazu später Güterbock 1986b, 309–311.

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12   S. Heinhold-Krahmer

Da Goetze zu Recht bedachte, dass für die Leser seiner Rezension die Frage von Wichtigkeit war, wie es
nach Sommers Textbehandlung mit der Griechenhypothese Forrers stehe, versuchte er Forrers 13 Punkte aus
MDOG 63, 21  f., auf die jener seine Hypothese stützte, dahingehend zu überprüfen, „was von ihnen nun zu
halten ist.“ (1934, 178–183). Am Ende seiner äußerst harten und nach heutigem Wissensstand nicht immer
richtigen Kritik stellte er fest:

„Ziehen wir die Summe, so bleibt von Forrers Griechen-Hypothese nichts übrig, als die Erwähnung eines Landes Aḫḫijawā
in den Boghazköi-Texten, das außerhalb Kleinasiens zu suchen nicht die mindeste Veranlassung vorliegt.“

Sich abschließend an die Historiker wendend meinte er: „Sie haben jetzt das Wort!“

Vor allem der Frühgeschichtsforscher Fritz Schachermeyr folgte alsbald dieser Aufforderung in seinem 1935
erschienenen und hier bereits zitierten Werk Hethiter und Achäer. Er verlieh darin (1935, 26) seiner Verwun-
derung darüber Ausdruck, dass jeder, der die Besprechungen des Sommerschen Werks von Friedrich, Goetze
und Sturtevant las, den Eindruck gewinnen musste, „daß dieser Behandlung des Aḫḫiava-Problems über-
haupt keine Ergänzungen hinzuzufügen wären, daß mit der Erledigung der Forrerschen Thesen die Aufgabe
der Forschung beendet sei.“
Dass Schachermeyr in seinem Buch versucht hatte, eine vermittelnde Position zwischen den in der
Aḫḫiyawa-Frage zerstrittenen Parteien einzunehmen, gilt als unbestritten. Aufgrund seiner Kenntnisse nicht
nur im historischen, sondern auch im archäologischen Bereich – hinzu kommt, dass er damals bereits als
einer der wenigen Historiker in der Lage war, Keilschrifttexte zu lesen – wies er darauf hin, dass sich die
Aktivitäten von Aḫḫiyawa im östlichen Mittelmeer in gleichen Gebieten und im gleichen Zeitraum abgespielt
hatten wie die der mykenischen Griechen. Dass Aḫḫiyawa nicht nur im kleinasiatischen Küstenbereich lag,
was auch Sommer festgestellt hatte, sondern entgegen seiner (Sommers) Auffassung (AU 376) sogar im Ver-
gleich zu anderen ans Meer grenzenden kleinasiatischen Ländern eine bedeutende Seemacht war, konnte
der Historiker ebenfalls plausibel machen.68
Aus dem Tawagalawa-Brief ergab sich für ihn, dass zwischen dem in Kleinasien zu suchenden und sicher
am Meer gelegenen Millawanda und dem Land Aḫḫiyawa mit dem Wohnsitz der in den hethitischen Texten
bezeugten Könige „ein größerer Zwischenraum“ bestanden haben müsse. Wie Hrozný69 dachte auch er an
eine Gleichsetzung von Millawanda mit Milet.70 Er gelangte schließlich zum Ergebnis, dass die Identität der
Bewohner von Aḫḫiyawa mit griechischen Achäern zwar ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit beanspru-
chen könne, dass jedoch ein stringenter Beweis noch fehle. Das Gleiche galt seiner Meinung nach für seine
Vermutung, Mykene sei der Sitz des Königs von Aḫḫiyawa gewesen.71
Im Gegensatz zu Forrer, der die kleinasiatische Kolonie von Aḫḫiyawa in Pamphylien lokalisierte und
Arzawa in Kilikien,72 oder zu dessen Kontrahenten Sommer, der Aḫḫiyawa selbst am ehesten in Kilikien
suchte,73 entsprachen Schachermeyrs Vorstellungen, dass sich die Kolonie des von ihm im mykenischen
Griechenland (vorrangig mit Hauptsitz in Mykene) gesuchten Aḫḫiyawa an Anatoliens Westküste befunden
haben dürfte,74 bereits 1935 der heute vorherrschenden Meinung.
Schachermeyr (1935, 47–49, 85, 168) verließ sich aber ohne weiteres auf Sommers Behauptung (AU 191
u. 377), dass sich den Aḫḫiyawa-Urkunden, insbesondere dem Tawagalawa-Brief, kein Beweis für ein Groß-
königtum entnehmen lasse.

Leider kam die Besprechung des polnischen Hethitologen Ranoszek (1938, 38  f.) von Sommers Aḫḫijavā-
Urkunden für Schachermeyrs Buch zu spät. Ranoszek hatte erkannt, dass in Kol. II 13–16 des „Tawagalawa-Brie­

68 Schachermeyr 1935, 168.


69 Hrozný 1929, 329  f.
70 Schachermeyr 1935, 68, 136 u. passim.
71 Schachermeyr 1935, 160, 164–167 u. passim.
72 Dazu z.  B. Forrer 1924a u. 1924b, 21.
73 Sommer, AU 379.
74 Schachermayr 1935, z.  B. 53–56, 98–102, 125–128, 136 u. 139.

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I Einleitung   13

fes“ auch eine andere Interpretation als die von Sommer möglich war. Aus dieser ergab sich, dass der Hethi-
terkönig den König von Aḫḫiyawa doch als einen ihm Gleichgestellten, einen Großkönig, bezeichnete. Aber
erstaunlicherweise fand seine aufgrund des Kontextes heute sehr wahrscheinlich wirkende Deutung dieser
Textstelle lange Zeit kaum Beachtung; s. unten S. 160 im Kommentar. Immerhin wurde durch Schachermeyrs
Werk klar, dass auch die Argumentation gegen ein griechisches Aḫḫiyawa bis dato nicht ohne Hypothesen
ausgekommen war.

Während sich Forrer nach 1930 mehr und mehr aus der Kontroverse mit seinen deutschen Fachkollegen
zurückgezogen hatte, geriet Sommer nicht nur intensiv in Streit mit seinem indogermanistischen Kollegen
Paul Kretschmer (Wien); s. seine Publikationen mit den Titeln „Aḫḫijavāfrage und Sprachwissenschaft“ aus
dem Jahr 1934 und „Aḫḫijavā und kein Ende“ aus dem Jahr 1937. Auf diese in Spitzfindigkeit ausartende und
nicht zuletzt von Sommer provozierte Kontroverse mit Kretschmer einzugehen, würde hier zu weit führen.
Sommer (1937) erhob auch gegen die Argumente Schachermeyrs, die dieser in seinem Buch „Hethiter
und Achäer“ (1935) zugunsten der Griechenhypothese vorgebracht hatte, sehr heftigen Einspruch. Seine kri-
tische Stellungnahme betitelte er „Zur Lage und geschichtlichen Stellung von Aḫḫijavā“. Seine Kritikpunkte
waren zumindest partiell unrichtig, da er auf historischem Terrain nicht allzu sehr bewandert zu sein schien.
Immerhin erkannte er hinsichtlich Schachermeyrs Plädoyer zugunsten eines außerhalb von Kleinasien in
Griechenland gelegenen Aḫḫiyawa an, dass dies „nur in der Form einer Wahrscheinlichkeitshypothese,
nicht der einer apodiktischen Behauptung“ erfolgt sei. In seiner Antwort auf Schachermeyrs Ausführungen
zu einer möglichen Identität von Millawanda mit Milet war es dann Sommer, der apodiktisch behauptete,
die Hethiter seien an der Gegend von Milet nicht interessiert gewesen und es gäbe keinerlei Anhalt, dass sie
jemals in diese Gegend gekommen seien.

Dass Forrer (1929) bei den von ihm bearbeiteten Texten, insbesondere dem „Tawagalawa-Brief“– freilich
oft auf rein intuitivem Weg – auch zu Deutungen im lexikalischen, syntaktischen und inhaltlichen Bereich
gelangte, die erst mehr als ein halbes Jahrhundert später aufgrund der Fortschritte in der hethitologischen
Forschung als richtiger oder zumindest wahrscheinlicher gegenüber denen seiner damals mit mehr Syste-
matik arbeitenden Fachkollegen anerkannt wurden, konnte in der Frühphase dieser Disziplin noch nicht
gewürdigt werden. Dass seine Griechenhypothese in eine Zeit fiel, in der die Hethitologie noch in den Kin-
derschuhen steckte, blieb jedenfalls nicht ohne Konsequenzen. Einerseits wurde eine zeitaufwendige Aus-
einandersetzung mit Forrers Behauptungen und oft wirren Kombinationen nötig, die seine Kritiker aus der
Reihe der Hethitologen von wichtigen anderen anstehenden Arbeiten abhielt. Neben dieser zweifellos retar-
dierenden Wirkung auf die Realisierung der Forschungspläne seiner Fachkollegen betraf andererseits die
allzu frühe Ankündigung seiner Griechenhypothese wahrscheinlich auch die Aḫḫiyawa-Forschung selbst.
Wie es Forrer bereits 1924 selbst empfand, „schwebt ein besonderer Unstern gerade über diesen wegen der
Erwähnung der Griechen besonders wichtigen Tafeln; gerade sie nämlich gehören zu den zerstörtesten und
am schwersten lesbaren Tafeln, die wir aus Boghazköi haben, …“.75 Selbst die Texte, die noch einen größeren
Zeilenumfang aufwiesen im Gegensatz zu den meisten Aḫḫiyawa bezeugenden Fragmenten, waren auch in
sprachlicher Hinsicht oft kompliziert. Es wäre zweifellos günstiger für seine Hypothese gewesen, abzuwar-
ten, bis die nötigen Grundlagen für ein besseres Verständnis derart schwieriger Texte geschaffen worden
waren. Allzu große Fehler auch sprachlicher Art, wie sie vor 1929 in Forrers Auslegungen der Aḫḫiyawa-Texte
gemacht und teilweise dann schon durch seine eigenen Bearbeitungen, vor allem aber durch Sommers
mühevolle Arbeit 1932 bereinigt werden konnten, wären dann nicht entstanden. Eine der größten Kontro-
versen in der Hethitologie wäre dadurch vielleicht vermieden worden oder hätte zumindest auf zivilere Art
geführt werden können.

75 Forrer 1924b, 3.

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14   S. Heinhold-Krahmer

Bekanntlich hat Sommers pamphletartig wirkende Arbeit „Aḫḫijavā und kein Ende“ aus dem Jahr 1937 ihre
Wirkung nicht verfehlt. Wie er selbst feststellte,76 war die Kontroverse an einem „toten Punkt“ angelangt und
er stellte in gemäßigtem Ton die Frage, ob es nicht wirklich richtiger sei, „abzuwarten, ob die Zukunft einmal
Besseres und Anderes, sei es in Richtung auf kleinasiatische Achaeer, sei es auf die europäische Großmacht
beisteuert …“.
Im deutschsprachigen Raum hielt sich die Mehrzahl der Hethitologen, Altorientalisten und Sprach-
wissenschaftler fast ein halbes Jahrhundert lang an diese indirekte Aufforderung Sommers. Ein knapper
Hinweis auf sein in vielfacher Hinsicht bewunderungswürdiges Werk „Die Aḫḫijavā-Urkunden“ bildete in
der Regel sogar in historischen Abhandlungen das Hauptargument für eine Ablehnung von Forrers Grie-
chenhypothese insgesamt, insbesondere auch dadurch, dass sich mehrere Historiker in Deutschland bereits
damit abgefunden hatten, dass das hethitisch bezeugte Land Aḫḫiya(wa) und dessen Bevölkerung nichts
mit frühen Griechen und deren Kultur während der Spätbronzezeit (ca. 1400–1200 v. Chr.) zu tun hatten.
Wichtige Ergebnisse philologischer Art, die Sommers Buch in großer Zahl bot, fanden meist – wenn auch
nicht immer zu Recht – Eingang in die Wörterbücher und Grammatiken.77

1964 durchbrach der Altorientalist Gerd Steiner, der die Position Sommers in der Aḫḫiyawa-Frage vertrat, die
langjährige Zurückhaltung der Fachleute, sich ausführlich zu dem Thema zu äußern. Als Verdienst ist ihm
anzurechnen, dass er in Anmerkungen seines umfangreichen Artikels mit dem Thema „Die Aḫḫijawa-Frage
heute“78 eine Zusammenstellung der wichtigsten einschlägigen Literatur bot. Diese umfasste nicht nur den
Zeitraum von 1924–1937, der von Forrers Ankündigung seiner Griechenhypothese bis zum einstweiligen
Stagnieren der dadurch entstandenen Aḫḫiyawa-Kontroverse reichte, sondern sie schloss auch die häufig
außerhalb Deutschlands publizierte einschlägige Literatur aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs bis in die
frühen 1960er Jahre mit ein.79 Steiner vertrat den Standpunkt, dass neueres Material, das eine sichere Ent-
scheidung in der Aḫḫiyawa-Frage hätte bringen können, seit dem Abschluss der älteren Diskussion nicht
hinzu gekommen sei.80 Er verwies auf einige wenige Texte, die Aḫḫiyawa oder den König dieses Landes in
Verbindung mit Arzawa und zugehörigen Ländern erwähnen, was für ihn, trotz des stark fragmentierten
Zustands dieser Schriftstücke ergab, dass Aḫḫiya(wa) an Arzawa grenzte.81 Zu Recht lehnte er eine Lokalisie-
rung von Aḫḫiyawa an der Südküste Kleinasiens ab. Er suchte das Land an der Westküste, wo jedoch nach
unserer heute fast allgemein vertretenen Auffassung nur eine westkleinasiatische Kolonie des aller Wahr-
scheinlichkeit nach außerhalb von Kleinasien zu suchenden Landes Aḫḫiyawa gelegen hat, und zwar in und
im Umkreis des maritimen Millawanda (Milet?). Wie noch zu zeigen ist (s. S. 219  f. in Kapitel III Kommentar),
konnte Millawanda mit dem zugehörigen Umland, wo Repräsentanten des Königs von Aḫḫiyawa regierten,
keineswegs jedoch dieser selbst, wohl in einem weiteren Sinne auch unter die Bezeichnung Aḫḫiyawa fallen.
Was den Tawagalawa-Brief anbelangt, so glaubte Steiner, ihm einen wichtigen Hinweis auf eine klein-
asiatische Lage des Landes Aḫḫiyawa – mit seinem Zentrum im westkleinasiatischen Küstengebiet – ent-
nehmen zu können. Es handelt sich um die Entsendung des kartappu, des Wagenlenkers Dabala-Tarḫunta,
über die der hethitische König nach seinen ergebnislosen Verhandlungen mit Atpa in Millawanda wegen der
Auslieferung des renitenten Piyamaradu dem König von Aḫḫiyawa berichtete (VAT 6692 II 57  f.). Diese Ent-
sendung des Dabala-Tarḫunta diente nach Steiner dazu, den Piyamaradu „für eine persönliche Aussprache“
zum König von Ḫatti zu bringen. Da die Entsendung eines Wagenlenkers nach Aḫḫiyawa jedoch erwarten
lasse, so Steiner, dass die Beförderung auf dem Wagen geschehen sollte, sei damit die Landverbindung zwi-
schen Aḫḫiyawa und dem Standort des hethitischen Königs vorauszusetzen.82 Diese Interpretation Steiners,

76 Sommer 1937, 287.


77 Beispielsweise Friedrich, HW (1952) nebst HWErg.1–3 (1957–1966) u. HE I (1940) u. HE I2 (1960); Friedrich†/Kammenhuber, HW2
(1975–84).
78 Steiner 1964, 365–392.
79 Steiner 1964, 267–369 (Anm. 13–23) u. passim.
80 Steiner 1964, 370.
81 Steiner 1964, 371 mit Anm. 35–39.
82 Steiner 1964, 371  f.

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I Einleitung   15

die er bis in neuere Zeit zugunsten einer Lokalisierung des Königreiches Aḫḫiyawa insgesamt auf kleinasia-
tischem Gebiet vorbrachte, bedarf jedoch heute einer weitaus differenzierteren Betrachtung; s. dazu unten
S. 218  f. im Kommentar.

Anders als in Deutschland befassten sich Forscher, in der Mehrzahl Historiker, in anderen europäischen
Ländern, insbesondere in Österreich, den Niederlanden, England und Frankreich, aber auch in den USA
weiterhin nach 1937 mit der Aḫḫiyawa-Frage.83 Ihnen war es offensichtlich ein Anliegen, dass man das unge-
löste Problem nicht ohne weiteres ad acta legen dürfe. Eine große Motivation, sich wieder der Griechenhy-
pothese Forrers zuzuwenden, stellte zweifellos die Entschlüsselung der mykenischen Linear-B-Texte Anfang
der 1950er Jahre durch die englischen Forscher Michael Ventris und John Chadwick dar,84 die dadurch den
Nachweis erbringen konnten, dass es sich bei der Sprache dieser Texte um ein frühgriechisches Idiom han-
delte. In den frühen 1960er Jahren zeigte sich bereits, dass Friedrichs und Sommers allzu heftige Ablehnung
von Forrers Namengleichungen hethitischer Eigennamen mit griechischen nicht immer berechtigt war. Was
z.  B. den nur aus VAT 6692 bekannten Namen Tawagalawa betraf, so ergab sich Folgendes: Das mykenische
Patronymikon E-te-wo-ke-re-we-i-jo erwies die von Forrer für Eteokles erschlossene Form *Etewoklewes als
wahrscheinlich und die Gleichung mit heth. Tawagalawa zumindest als möglich.85

Von den zahlreichen Publikationen jener Forscher, die sich vor den frühen 1980er Jahren außerhalb von
Deutschland intensiv mit dem Aḫḫiyawa-Problem und dabei auch mit dem „Tawagalawa-Brief“ befassten,
soll hier nur auf zwei Beispiele kurz eingegangen werden, die einen nachhaltigen Eindruck in der Fachwelt
hinterließen. Es handelt sich um den 1960 erschienenen Artikel von George L. Huxley mit dem Titel „Achae-
ans and Hittites“ (S. 1–54) und den 1973/4 veröffentlichten Vortrag von Philo H.J. Houwink ten Cate mit dem
Thema „Anatolian evidence for relations with the West in the Late Bronze Age“ (S. 141–161).
Der englische Forscher Huxley bemühte sich, den Inhalt von insgesamt 23 fragmentarischen Aḫḫiya-
wa-Texten zu erläutern.86 Neben vielen interessanten Beobachtungen, die vor allem auch Althistoriker und
Gräzisten interessierten, sei hier nur auf einige seiner Überlegungen zum „Tawagalawa-Brief” eingegangen,
den er an erster Stelle behandelte und auf den er u.  a. hauptsächlich auch seine wesentlichen Argumente
zugunsten einer Lokalisierung des Königreiches Aḫḫiyawa auf dem griechischen Festland stützte, die wie-
derum für seine althistorischen, altphilologischen und mykenologischen Kollegen von großer Bedeutung
waren. Immerhin war er bereits der Erste oder einer der Ersten, der erkannte (1960, 1), dass es Piyamaradu
war, der auch für die Zerstörung der zu Beginn des Textes (VAT 6692 Kol. I 1  f.) berichteten Vernichtung von
Attarimma verantwortlich war, weswegen die Lukka-Leute sich nicht nur an Tawagalawa, sondern auch an
den hethitischen Großkönig wandten (VAT 6692 I 3–5). Auch stellte er fest, dass nichts darauf hindeute, dass
Piyamaradus Ausgangsbasis für unternommene und geplante Überfälle in Gebiete, die der hethitische Herr-
scher für sich beanspruchte, dort lag, wo der König von Aḫḫiyawa residierte (1960, 19). Ebenso gab es seiner
Meinung nach keinen Hinweis darauf, dass Piyamaradu von Millawanda (an der Westküste Kleinasiens) aus
ins Zentrum von dessen Land geflohen sei mitsamt seiner Familie, Flüchtlingen usw., was andere Forscher
damals häufig annahmen (1960, 18).
Huxley (1969, 18–21) vermutete, Piyamaradu habe sich mit seiner Familie, seinem Hauswesen und den
bei ihm befindlichen flüchtigen Zivilgefangenen von Millawanda, das er mit Milet gleichsetzte, auf eine nahe
der westkleinasiatischen Küste gelegene Insel außerhalb der hethitischen Reichweite begeben. Er vermutete,
dass es sich dabei um die Insel Samos gehandelt habe.
Da die Mehrheit der an vorliegender Neubearbeitung Mitwirkenden inzwischen aus grammatikalischen
Gründen davon ausgeht, dass Piyamaradu nicht vor dem herannahenden Hethiterkönig zu Schiff aus Milla­
wanda geflohen war, sondern vom Schiff aus dorthin an Land kam (s. unten Kommentar S. 118–121), wie schon
Forrer richtig angenommen hatte, dürften Huxleys Ausführungen zu dem, was im Text VAT 6692 unter die

83 Dazu die zahlreichen Literaturhinweise in Steiner 1964.


84 Ventris/Chadwick 1953, 84–103.
85 Chadwick/Baumbach 1963/64, 195.
86 Huxley 1960, 1–11.

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16   S. Heinhold-Krahmer

Bezeichnung Aḫḫiyawa fiel, fraglich sein. Er vertrat die Auffassung, dass Millawanda zwar zu den übersee-
ischen Territorien Aḫḫiyawas gehörte und sich in der Einflusssphäre des Königs dieses Landes befunden
habe, doch behauptete er, es sei nicht so genannt worden (1960, 16). Dagegen scheint jedoch, wie noch zu
zeigen ist (s. unten S. 213 im Kommentar) eine Stelle in VAT 6692 II 68  f. zu sprechen
Da die hethitischen Texte über Aḫḫiyawa nichts über die genauere Lokalisierung des Machtzentrums
dieses Landes außerhalb von Kleinasien ergaben, suchte es Huxley (1960, 23, 25–28) hauptsächlich mit Hilfe
archäologischer Argumente, wobei er auch noch reichlich Sagenstoff heranzog (1960,  36–42, 44–48), auf
dem griechischen Festland, und zwar in der Argolis mit der königlichen Residenz in Mykene. Allerdings
schloss er sich – wie schon Schachermeyr 1935 – Sommers Meinung an, dass der König von Aḫḫiyawa kein
dem hethitischen Großkönig gleichgestellter Herrscher war (1960, 15  f.). Offensichtlich war auch ihm, wie
vielen anderen Wissenschaftlern damals, die wichtige Interpretation der Stellen Kol. II 13–16 u. IV 55  f. im
„Tawagalawa-Brief“ entgangen, die der polnische Forscher Ranoszek als bessere Alternative zu Sommers
Deutungen schon im Jahr 1938 vorgelegt hatte; s. oben S. 12  f..
Im Gegensatz zu Huxley kannte Houwink ten Cate (1973/74, 151) diese von Ranoszek vorgeschlagene
Interpretation jener zwei Stellen im „Tawagalawa-Brief“. Er war bereits davon überzeugt, dass der vom
hethitischen Herrscher als „mein Bruder“ angesprochene König von Aḫḫiyawa von diesem auch expressis
verbis als ein ihm gleichgestellter Machthaber (II 13  f. u. IV 55  f.) und als ein Großkönig (II 13  f. u. IV 55)
bezeichnet wurde. Allerdings suchte er das Land Aḫḫiyawa nicht außerhalb von Kleinasien, sondern er ten-
dierte damals noch zu einer Lokalisierung in der Troas, die wohl als Erster Goetze als Möglichkeit in Betracht
gezogen hatte.87
Einige weitere wichtige Aspekte lieferte Houwink ten Cate zur Datierung des „Tawagalawa-Briefes“.88 Er
tendierte nun dazu, die von Sommer 1932 (AU 36 Anm. 1) offen gelassene Frage der zeitlichen Einordnung
des Dokuments im Sinne Güterbocks (1936) zu klären; s. auch unten Kapitel VIII S. 367. Erstens betonte er,
dass der im Text Kol. I 73 bezeugte dkal-aš (s. unten Kapitel II.1 Translit. I 73 m dlamma-aš) die zweite uns aus
der hethitischen Prosopographie bekannte Person dieses Namens gewesen sein dürfte und zwar aller Wahr-
scheinlichkeit der Sohn Muwatallis (II.), der mit dem gleichnamigen König der Sekundogenitur Tarḫuntašša
identisch war (1973/74, 150  f. mit Lit.). Zweitens wies er (1973/74, 151) auf den schon von Sommer (AU 34) aus-
führlich behandelten und in der Zeit von Muwatalli (II.) und Ḫattušili (III.) bezeugten Namen Šaḫurunuwa in
Kol.  III 41′ u. 47′ hin; s. jedoch zur Datierung von zwei Personen dieses Namens in jener Epoche unten
S. 240–246 in Kapitel III Kommentar. Drittens stellte er fest (1973/74, 150), dass die geographische Bezeich-
nung Luk­ka-Länder (auf die ja zumindest indirekt in Kol. I 3–5 eingegangen wird), selten bezeugt und nur
noch in den fragmentarischen Annalen von Ḫattušili III. zu finden sei, während der geographische Name
ansonsten in hethitischen Texten nur im Singular bezeugt sei.89 Houwink ten Cate kann somit als ein Weg-
bereiter für die in den 1980er Jahren erneut einsetzende intensive Beschäftigung mit den Aḫḫiyawa-Urkun-
den, insbesondere auch dem „Tawagalawa-Brief“, gelten.

Es lässt sich feststellen, dass Forrers Ansehen als genialer Forscher der ersten Hethitologen-Generation,
das vor allem in der angelsächsischen Fachwelt nie verloren gegangen war, auch wieder in Deutschland
zunehmend wuchs, insbesondere seit Ende der 1960er Jahre90 und vor allem dann nach seinem Tod 1986 (in
San Salvador).91 Aufgrund der Fortschritte in der hethitologischen Forschung, vor allem im philologischen

87 Goetze 1933c, 172 u. 1957, 183 mit Anm. 5.


88 Houwink ten Cate, 1973/74, 141–161, besonders 150  f.
89 Dazu bereits Houwink ten Cate 1970, 72  f. Anm. 105 u. ders. 1973/4, 151. Zu weiteren wahrscheinlichen, jedoch nur fragmen-
tarisch erhaltenen Belegen der Lukka-Länder s. Heinhold-Krahmer 2010c, 197 Anm.  24 u. unten Kapitel  VIII S.  370 Anm.  45
u. 48.
90 Dies wird z.  B. ersichtlich aus dem umfangreichen Beitrag „Hethitisch, Palaisch, Luwisch und Hieroglyphenluwisch“ im Hand-
buch der Orientalistik von A. Kammenhuber 1969b, 120, 130, 152  f. u. passim.
91 Zur Würdigung von Forrers Verdiensten um die Hethitologie s. z.  B. Güterbock 1986b, 309–311; Szemerényi 1988, 257–294 (mit
viel Lit.); s. auch Rüster/Neu 1989, 7  f., die ihr Hethitisches Zeichenlexikon (HZL) Forrer widmeten, der in seiner Sammlung von
Keilschriftzeichen aus Boğazköy-Texten bereits 1922 (WVDOG 42) eine Pionierleistung vollbracht hatte; ferner Groddek/Rößle
2004 mit zahlreichen Beiträgen von Forschern im In-und Ausland und Oberheid 2007, passim.

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I Einleitung   17

Bereich, zeigte sich zudem sehr bald, dass die über Jahrzehnte hinweg fast durchwegs als absolut zuverlässig
geltenden Bearbeitungen von hethitischen Texten durch Sommer in mancher Hinsicht doch einer Revision
bedurften – eine Tatsache, die nach etwa einem halben Jahrhundert weiterführender Forschung keineswegs
erstaunlich sein dürfte und auch die hervorragenden Leistungen dieses Pionierforschers nicht schmälert.
Allerdings hat die intensive Beschäftigung mit dem „Tawagalawa-Brief“ seit den frühen 1980er Jahren
bis hin zu unserer hier vorgelegten Neuedition deutlich gezeigt, dass Forrers Interpretation dieses Textes in
seiner Erstedition (1929) aufgrund neuerer Forschungsergebnisse (s. dazu S.  19) an mehreren wichtigen
Stellen der Vorzug zu geben ist gegenüber der Sommerschen Bearbeitung in den „Aḫḫijavā-Urkunden“
(1932). Dass Sommer aufgrund persönlicher Animositäten nicht selten den Boden sachlicher Argumentation
bei seiner Kritik an Forrers Arbeiten verlassen hat, ist hinreichend bekannt.

Während der in den 1980er Jahren erneut beginnenden, intensiven Auseinandersetzung mehrerer Hethito-
logen mit der Aḫḫiyawa-Frage und den damit in Verbindung stehenden Themen spielte der „Tawagalawa-
Brief“ weiterhin eine prominente Rolle. Im Folgenden soll nur knapp auf einige wichtige und fast allgemein
anerkannte Ergebnisse hingewiesen werden, da diese ja auch im vorliegenden Kommentar zur Sprache
kommen:
1. Die von Güterbock für wahrscheinlich gehaltene Datierung von VAT 6692 in die Regierung von Ḫattušili
III. (1936, 327; 1983, 135; 1984, 119 mit Anm. 125) konnte durch weitere Untersuchungen von Singer (1983,
209  f.), Heinhold-Krahmer (1983, 86–97) u. Popko (1984, 199–203) gestützt werden; dazu auch Houwink ten
Cate 1983/4, 34 mit Anm. 4; vgl. ferner van den Hout 1984, 91  f.
2. Güterbock (1983, 133–143 u. 1984, 120  f.) konnte bei zwei für die Aḫḫiyawa-Frage äußerst wichtigen
Textstellen die von Sommer abgelehnte Interpretation Forrers (1929, 112  f.) als richtig oder zumindest wahr-
scheinlich herausstellen. Dies betraf zum einen die Stelle in Kol. II 61  f.92 Es handelt sich dabei um die schon
auf Friedrich (1927, 104  f.; s. oben S. 8 Anm. 49) zurückgehende und von Forrer akzeptierte Annahme (1930,
254), dass es sich bei Tawagalawa um den Bruder des Königs von Aḫḫiyawa gehandelt hat und, wie Forrer
schon richtig folgerte, um eine sehr hochgestellte Person; s. unten Kapitel II S. 30 (Kol. II 60  f.) u. Kapitel III
S. 197  f.. zu Tawagalawa. Güterbock wies darauf hin, dass es entgegen der „Sommerschen Regel“ gute Belege
aus der Zeit Ḫattušilis III. dafür gebe, dass bei einer appositionellen Verbindung eines Eigennamens mit
einem Ideogramm die akkadische Präposition doppelt auftreten könne. Beispiele dafür zeigte er dann einige
Jahre später in seinem Artikel „Wer war Tawagalawa“ (1990, 138). Zum anderen war es die Stelle in II 9–20,
darin vor allem II 13–15, die Güterbock (1983, 135  f.) anders als Sommer (AU 6  f. Kol. II 13–15), teilweise aber
auch etwas anders als Forrer übersetzte: „But now, My Brother, the Great King, my equal, has written to me;
shall I not listen to the word of my equal?“ Zunächst geschah dies offensichtlich unabhängig (1983, 135) und
ohne Kenntnis der Interpretation von Ranoszek (1938, 38  f.), die ja ebenfalls den Passus II 11–15 (s. zusätzlich
noch IV 32–57, davon besonders IV 55  f.) betraf; s. dazu dann Güterbock 1984, 121 mit Hinweisen auf weitere
Lit. in Anm. 32. Zu Recht hob Güterbock (ibid.) hervor, dass der Ton von Seiten des hethitischen Königs im
„Tawagalawa-Brief“ im allgemeinen höflich und achtsam sei – mit Hinweis auf seine Erklärungen bezüglich
des Vordringens nach Millawanda oder seine Entschuldigung wegen (ihm zum Vorwurf gemachter) beleidi-
gender Worte – was nicht zur unhöflichen Sprache passe, die sich aus Sommers Deutung der Stelle ergebe.
3. Durch Arbeiten von Singer (1983, 210–213) und Heinhold-Krahmer (1983, 81  f.; 1986, 47–62) ergab sich,
dass die Hauptperson, um die es im „Tawagalawa-Brief“ ging, Piyamaradu war; zustimmend dazu Güter-
bock, 1984, 120 mit Anm. 28. Dies hatte bereits Sommer erkannt (AU 113 u. 192  f.), doch identifizierte er die
Person, die gemäß den Paragraphen 1 u. 2 (Kol. I 6–31) den Hethitern Schwierigkeiten bereitete, noch mit
Tawagalawa wie zuvor schon Forrer.
4. Sowohl Singer (1983, 209) als auch Heinhold-Krahmer (1983, 90–93) erbrachten anhand weiterer Frag-
mente, die über Piyamaradu berichten, den Nachweis, dass dessen antihethitische Aktivitäten nicht nur
unter Muwatalli II. stattfanden, sondern dass sie sich auch in die Regierungszeit von Ḫattušili III. erstreckten.

92 So nach Forrers und Sommers Zeilenzählung; dagegen Kol. II 60  f. nach Goetzes Ed. und nach unserer Translit. unten Kapitel
II.1 S. 30.

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18   S. Heinhold-Krahmer

Obgleich diese Ergebnisse fast allgemein Zustimmung fanden, gab es doch einige wenige Gegenreaktionen,
die meist die Datierung des „Tawagalawa-Briefes“ in die Zeit Ḫattušilis III. betrafen; s. dazu unten S. 368
Anm.  26 in Kapitel  VIII. Auch sprachen sich wenige Historiker aus dem Bereich der griechischen Früh-
geschichte, vor allem Schachermeyr93 und Parker94, wieder für eine Identifikation des in Kol. I und an weite-
ren Stellen auftretenden Unruhestifters mit Tawagalawa aus.

Seit den Ersteditionen von VAT 6692 aus den Jahren 1929 und 1932 stellt der Abschnitt Kol. I 71 – Kol. II 1 wohl
die umstrittenste und am häufigsten diskutierte Stelle in diesem Text dar. Es handelt sich dabei um die zweite
der drei im Text vorhandenen rückblickenden Erwähnungen des Tawagalawa, der gemäß einer Interpreta-
tion aus den 1980er Jahren (Heinhold-Krahmer 1986, 52–55) in I 71 als Großkönig (lugal.gal) bezeichnet
wurde. In neuerer Zeit haben sich hethitologische Fachleute dieser Deutung in I 71 angeschlossen; s. z.  B.
Miller 2006, 243 f. Anm. 31 u. 2010, 164–169, Alparslan 2005, 35–38, Taracha 2015, 280. Positiv aufgenommen
hatte dies bereits Jahre zuvor auch schon Güterbock (1990, 159–165), der akzeptierte, dass lugal.gal („Groß-
könig“) in Appositon zu Tawagalawa war, wobei er (1990, 164  f.) aber die Frage offen ließ, ob Tawagalawa
ein Mitregent seines Bruders, des Adressaten von VAT 6692, oder ob er ein „Bruder“ im Sinne des dama-
ligen diplomatischen Protokolls, also Großkönig eines anderen Gebiets, war. Die von Heinhold-Krahmer
(1986, 55) geäußerte Vermutung (1986, 55), Tawagalawa könne der Vorgänger des im Text mit „mein Bruder“
titulierten aktuellen Königs von Aḫḫiyawa gewesen sein, lehnte Güterbock (1990, 164) damals ab,95 da er
nicht glaubte, dass der Hethiterkönig im Abschnitt I 71–II 1 auf ein früheres Ereignis zurückgegriffen habe;
s. jedoch inzwischen Heinhold-Krahmer (2010b, 106–122) zu textlichen Exkursen in die Vergangenheit, die in
junghethitischer Zeit in asyndetisch beginnenden Nebensätzen mit der Konjunktion kuwapi („damals als“)
anzutreffen sind. Gegen einen Großkönig Tawagalawa äußerte sich bislang anscheinend nur der Historiker
und Mykenologe Parker (1999, 69–75).96 Vorsichtig verhielten sich bei dieser Deutung Hoffner (2011, 305:
„when Tawagalawa himself (representing?) the Great King [of Aḫḫiyawa] …“) und Beckman et al. (2011, 106:
„When Tawagalawa himself, (as the representative of?) the Great King, …“), die, obgleich sie die weitgehend
gleiche Transliteration wie ehemals schon Heinhold-Krahmer (1986) und später Miller (2010) und Alparslan
(2005) boten, nicht ganz sicher in ihrer Übersetzung bezüglich eines Großkönigs Tawagalawa waren.

Alparslan (2005, 37  f.) und Miller (2010, 166–169) gingen aber nicht nur davon aus, dass Tawagalawa, wahr-
scheinlich ein Bruder des Adressaten von VAT 6692, als Großkönig bezeichnet wurde, sondern brachten
weitere Argumente dafür vor, dass er auch dessen Vorgänger war, wie bereits in der 1980er Jahren vor-
geschlagen worden war; s. Heinhold-Krahmer 1986, 55. Dagegen betrachtete jüngst Taracha (2015, 281–285)
es als wahrscheinlicher, dass um die Mitte des 13.  Jahrhunderts zwei mykenische Herrscher, Tawagalawa
und der Adressat des „Tawagalawa-Briefes“, gleichzeitig im Westen Kleinasiens agierten, so dass beide aus
hethitischer Perspektive gleichrangig waren, als „rulers of kingdoms with heartlands within the Mycenaean
world“. Dabei scheint er übersehen zu haben, dass es sich bei dem Abschnitt I 71–II 1 aller Wahrscheinlich-
keit nach um einen Exkurs mit Rückblick auf die Situation zur Zeit Tawagalawas (I 71–73) gehandelt haben
dürfte; dazu Heinhold-Krahmer 2010, 106–122. Taracha vermutete, dass Kreta die beste Option für Tawaga-
lawas mykenisches Königreich sei, während er das Zentrum von Aḫḫiyawa auf dem griechischen Festland
suchte und als Metropole Mykene annahm (2015, 285). Er lehnte wie viele Mykenologen mit Recht Kelders
Hypothese von einem mykenischen Großreich97 ab; s. Taracha 2015, 285; ferner z. B. Deger-Jalkotzy 1996, 153
u. Deger-Jalkotzy/Hertel 2018, 119.

93 Schachermeyr 1986, 218–232.


94 Parker 1999, 61–83, besonders 66–68, 78–81.
95 Neuerdings ablehnend auch Taracha 2015, 281.
96 Parker (1999, 69  f.) ist in seiner nach eigenen Worten „gründlichen Analyse des Textes“ zwar zuzustimmen, dass der Nominal-
satz „Als Tawagalawa Großkönig war“ hier eher nicht korrekt ist. Nach neueren Ergebnissen (s. unten Kapitel III Kommentar
S. 131–143) reicht der Nebensatz mit kuwapi („damals als“) bis ans Ende von I 72 wegen des Prädikats tapuša uet in I 72, welches
die an den Namen angehängte Ortspartikel -kan in I 71, Tawgalawaš=pat=kan erfordert. Die letztgenannte Lesung wurde durch
Kollation bestätigt und allein schon deshalb kann man Parkers weiteren Argumenten nicht ohne weiteres zustimmen.
97 S. noch Kelder 2008 u. 2010, 85–120 u. passim u. 2012, 45 f.

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I Einleitung   19

Die Aḫḫiyawa-Forschung der letzten zwei Jahrzehnte ist gekennzeichnet durch die Behandlung zahlreicher
Detailfragen, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll. Soweit die neuere Literatur zu Aḫḫiyawa
den „Tawagalawa-Brief“ betrifft, ist sie bis 2015 weitgehend und in Ausnahmefällen auch neueste Publi-
kationen bis 2018 im Kommentar (Kapitel III) und in der Bibliographie berücksichtigt. Inzwischen wird die
Zahl der sog. Aḫḫiyawa-Urkunden mit ca. 23–2898 verschiedenen Texten angegeben, doch finden sich die in
den letzten Jahrzehnten neu hinzugekommenen Aḫḫiyawa-Belege meist in nur sehr kleinen und wenig aus-
sagekräftigen Textbruchstücken. Bei den in Transliteration und Übersetzung erschienen Publikationen des
„Tawagalawa-Briefes“ in neuerer Zeit handelt es sich
1. um die von Hoffner (2009, 302–313) mit einigen wertvollen einleitenden Bemerkungen und Fußnoten
zum Text (2009, 389–393) und
2. um die von Beckman et al. (2011, 101–119 [AHT 4]): Transliteration u. Übersetzung). Dazu mit einem
– nicht philologischen – Kommentar zum Text von Bryce (2011, 119–122) und einem auch den Text VAT 6692
inhaltlich berücksichtigenden Epilog von Cline (2011, 267–283).

Diese Publikationen erfolgten allerdings jeweils in einem größeren Rahmen. Bei Hoffner ging es um hethi-
tische Briefe, wie schon der Titel seines Buches, Letters from the Hittite Kingdom, besagt, und Beckman,
Bryce und Cline wollten in ihrem Werk mit dem Thema The Ahhiyawa Texts ein Korpus der Aḫḫiyawa-Texte
mit einer Übersetzung ins Englische bieten, nachdem fast acht Dezennien nach Sommers deutschspra-
chiger Ausgabe von 1932 vergangen waren. Dass der sog. Tawagalawa-Brief und die übrigen behandelten
Dokumente in diesen Werken keine ausführliche philologische und historische Kommentierung erfahren
konnten, entspricht allein schon den Vorgaben der Reihe Writings from the Ancient World (WAW), in die sie
aufgenommen wurden. Somit schien uns die schon seit Langem für nötig erachtete und dann auch beschlos-
sene Neubearbeitung dieses wichtigen Textes unausweichlich.

2 Rechtfertigung und Zielsetzung unserer Neuedition

Nach Fortschritten in der hethitologischen Forschung und wichtigen Ergebnissen in Verbindung mit der
Entschlüsselung der mykenischen Linear-B-Texte zog – wie schon oben dargelegt – auch die Aḫḫiya-
wa-Frage wieder die Aufmerksamkeit von Forschern verschiedener wissenschaftlicher Ausrichtungen auf
sich. Dadurch konnten in zahlreichen Spezialuntersuchungen schon manche zuvor als unlösbar betrach-
tete Fragen bereits in den 1980er Jahren geklärt oder zumindest einer Lösung nähergebracht werden. Unge-
achtet dieser Voraussetzungen, die wesentlich günstiger waren als zur Zeit der Pionierforscher, gab es aber
zumindest von hethitologischer Seite schon sehr bald kaum mehr ein Zweifel daran, dass ohne neue Funde
von textlichen Zeugnissen wenig Aussicht auf weiterführende Erkenntnisse zum Thema Aḫḫiyawa bestand.
Allein durch eine Neubearbeitung der aussagekräftigsten Aḫḫiyawa-Urkunde, des „Tawagalawa-Briefes“,
hoffte man, noch neue Ergebnisse erzielen zu können.

98 Dazu z.  B. Marazzi 1986b, 393: 23 Texte; Ünal 1991, 18–21: 25 Texte (jedoch nur 24, da KUB 6.7 u. KUB 18.58 in letztgenannter
Edition zu einem Text zusammengeschlossen werden konnten); Heinhold-Krahmer 2007, 195 Anm. 48: „maximal 28 Texte“; im
Textkorpus The Ahhiyawa Texts von Beckman/Bryce/Cline 2011: 28 Texte.
Die Zahl 28 ergibt sich bei Heinhold-Krahmer l.  c. wegen der Nennung von drei Fragmenten, bei denen Aḫḫiyawa teilweise ergänzt
wurde. Sicher scheint dabei nur KBo 16.35 Z. 6′ zu sein, wo auch noch der Name Piyamaradu (Z. 3′ u. 7′) auftritt (s. Heinhold-Krah-
mer 2010c, 206  f.). Bei Beckman et al. 2011 hingegen werden noch das winzige Orakelfragment KBo 48.22 (Ed. 2007), ferner aber
zwei unter einer Nummer (AHT 27 A u. B) genannte Briefe vom heth. Königshof, wahrscheinlich zur Zeit von Šuppiluliuma II., an
Ammurapi von Ugarit (RS 94.2530 u. 94.2523) aufgeführt, die den ON Ḫiyawa als Ethnikon aufweisen. Hinzu kommt noch eine
Bilingue (phönizisch u. luwisch) aus Çineköy (südlich von Adana), bearbeitet von Tekoǧlu/Lemaire 2000, 961–1007. Die luwische
Fassung des Textes AHT 28 weist ebenfalls diesen Ortsnamen auf. Hiyawa betrachten die Autoren als Spätform von (Aḫ)ḫiyawa;
vgl. aber z.  B. Forlanini 2005, 113 u. Lanfranchi 2005, 482 mit dem bezüglich dieser Namensgleichsetzung skeptischen Aufsatz von
Gander 2012, 281–309 (mit weiterer Lit.). Diese Ḫiyawa-Belege sind wiederum bei Heinhold-Krahmer (2007, 195 Anm. 48) nicht
mitgezählt; s. jedoch Heinhold-Krahmer 2004a, 209  f.

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20   S. Heinhold-Krahmer

Dass eine Neuedition dieses Textes notwendig wurde, nachdem mehr als ein halbes Jahrhundert seit dem
Erscheinen von Sommers „Aḫḫijavā-Urkunden“ vergangen war, wurde in mehrfacher Hinsicht offenkundig,
so z.  B. was die zentrale Figur in diesem Schriftstück anbelangte, die Person des Piyamaradu, der sich zwi-
schen dem Hoheitsbereich von Aḫḫiyawa und einigen zum hethitischen Großreich gehörenden oder vom
hethitischen König beanspruchten Gebieten hin und her bewegte; s. schon Heinhold-Krahmer 1986, 47. In
seinem 1996 in erster Auflage erschienenen Buch Hittite Diplomatic Texts legte Gary M. Beckman neben Ver-
trägen und verschiedenen weiteren Dokumenten auch eine Reihe von Briefen und briefartigen Dokumenten
aus der diplomatischen Korrespondenz der Hethiter in Übersetzung vor. Doch zum Bedauern mancher His-
toriker fehlte dort der sog. Tawagalawa-Brief.99 Ganz gleich, wie man diesen Text charakterisieren möchte
(dazu oben S. 3  f ), vermittelt er jedenfalls den Eindruck eines meisterhaften diplomatischen Geschicks des
hethitischen Autors, wie dies in der Hauptsache auch aus sicher datierbaren textlichen Quellen der Zeit
Ḫattušilis III. zum Ausdruck gelangt. Es mag Beckman ähnlich ergangen sein wie zuvor schon Albertine Hagen-
buchner, die in ihrem umfangreichen zweibändigen Werk Die Korrespondenz der Hethiter mit der Samm-
lung von zahlreichen Dokumenten in Band II ganz bewusst von einer Aufnahme des „Tawagalawa-Briefes“
Abstand genommen hat. Dies begründete sie damit, dass eine Auswertung des gesamten Textes mit Einarbei-
tung der neuen Erkenntnisse wegen des umfangreichen Materials eine gesonderte Untersuchung erfordere;
s. Hagenbuchner 1989b, 318  f. (unter Nr. 216).
Die in den letzten Jahrzehnten erschienen Spezialuntersuchungen – sowohl aus dem Bereich der Myke-
nologie und griechischen Frühgeschichte, die nicht selten für Hethitologen zu fachbezogen sind, als auch
umgekehrt die hethitologischen Detailbeiträge zu Aḫḫiyawa, die insbesondere den „Tawagalawa-Brief“
betreffen und die für Mykenologen und Historiker nicht immer die nötige Klarheit bieten – sind für alle inte-
ressierten Forscher oft nur schwer zugänglich.
Diese Situation führte einige Wissenschaftler, die sich neben ihren speziellen Forschungsgebieten im
Bereich der Altorientalistik und insbesondere der Hethitologie schon immer auch für das Thema Aḫḫiyawa
interessierten und teilweise auch einiges dazu publizierten, zu dem Plan, gemeinsam eine Neuedition des
„Tawagalawa-Briefes“ zu erstellen.
Ich selbst hatte schon in den 1990er Jahren – zweifellos mit allzu viel Optimismus – als Hethitologin und
Althistorikerin geplant, eine Neubearbeitung des schwierigen Textes vorzunehmen, und zwar im Rahmen
einer von der damaligen Obfrau der Mykenischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissen-
schaften, Sigrid Jalkotzy-Deger, angeregten Arbeit über die Aḫḫiyawa-Frage. Nach einigen Kollationen in
Berlin musste ich jedoch mehr und mehr erkennen, dass einerseits eine neue Bearbeitung dieses umfangrei-
chen und schwierigen Textes keinen Platz fand innerhalb eines die Aḫḫiyawa-Frage insgesamt betreffenden
Werkes. Andererseits schien mir eine Behandlung dieses Themas ohne eine vorausgegangene Neubearbei-
tung des dafür zentralen Textes keinen Fortschritt gegenüber früheren Abhandlungen bieten zu können.
Da regte 2002 der englische Assyriologe und Hethitologe J. David Hawkins (J.D.H.), der zudem als
bester Kenner des Hieroglyphen-Luwischen gilt, ein Treffen im Vorderasiatischen Museum zu Berlin an, um
gemeinsam die Originaltafel VAT 6692 anzusehen. Zu diesem Treffen brachte er den niederländischen Alt-
orientalisten Joost Hazenbos (J.H.) mit, und wir betrachteten zwei Tage lang gemeinsam schwer lesbare und
strittige Stellen des Textes auf der Tafel, gelangten jedoch nicht über die erste Kolumne hinaus. Auf dem
VI. Internationalen Hethitologenkongress in Rom (im September 2005) trafen wir den an der Akademie in
Mainz tätigen kanadischen Assyriologen und Hethitologen Jared L. Miller (J.L.M.), der gerade damit beschäf-
tigt war, eine Übersetzung des „Tawagalawa-Briefes“ zu erstellen, die dann 2006 erschien. Wir konnten ihn
für eine Mitarbeit an der geplanten Neuedition gewinnen. Schließlich zeigten sich während des 6. Interna-
tionalen Colloquiums der Deutschen Orient-Gesellschaft in Würzburg (2006) die Marburger Indogermanistin
und Hethitologin Elisabeth Rieken (E.R.) und Mark Weeden (M.W.) an einer Mitwirkung bei der Neuedition
interessiert. Letzterer hatte klassische Philologie in Oxford und Indogermanistik und Iranistik in Hamburg
studiert und befasste sich damals gerade mit seiner Dissertation über hethitische Logogramme. Im Rahmen

99 Dazu Heinhold-Krahmer 2000, 154  f.

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I Einleitung   21

seiner paläographischen und orthographischen Studien hatte er sich auch schon mit dem Tawagalawa-Text
beschäftigt.
Unsere internationale Arbeitsgruppe bestand also aus sechs Teilnehmern. Wir alle hofften, dass eine
Kooperation von Forschern verschiedener Disziplinen, die zudem aus verschiedenen, früher teilweise auch
in der Aḫḫiyawa-Frage uneinigen Schulen stammten, einen entscheidenden Schritt zur Änderung der derzeit
unkoordinierten Forschungslage bewirken konnte.
Den Beginn unserer Zusammenarbeit leitete ein Workshop ein mit Vorträgen aller sechs Beteiligten zum
Thema „Der Tawagalawa-Brief: Neubearbeitung eines bedeutenden historischen Dokuments in interdiszip-
linärer Forschung“. Er fand 2007 vom 7.–9. Mai in Berlin statt und wurde auf die freundliche Einladung von
Professor Jörg Klinger hin hauptsächlich in dessen Institut an der Freien Universität durchgeführt. Im Vorder-
asiatischen Museum konnten wir zudem gemeinsam eine Kollation von einigen problematischen Stellen mit
der Originaltafel vornehmen. Auch haben wir in Berlin bereits mit der Besprechung der geplanten Translite-
ration, der Übersetzung und des zum Text zugehörigen Kommentars begonnen, wobei – teilweise durchaus
auch korrekturbedürftige – Vorlagen einer Transliteration und Übersetzung von mir zur Verfügung standen.
Gleichzeitig erfolgte eine erste, später noch etwas abgeänderte Zuteilung der Arbeitsbereiche an alle
Beteiligten. Vorgesehen und realisiert wurde dann Folgendes:
1. Die Herstellung einer Autographie der Tafel (von E.R., s. Kapitel IV)
2. Die Vorlage einer neuen Transliteration und Übersetzung sowie eines philologischen und historischen
Kommentars (von S. Heinhold-Krahmer [S.H.-K.], s. Kapitel II und III)
3. Eine Untersuchung von Paläographie, Handschrift und Graphie der Tafel (von M.W., s. Kapitel VI)
4. Ein Beitrag zur Topographie des „Tawagalawa-Briefes“ (von J.D.H., s. Kapitel VII)
5. Ein Kapitel zur Datierung dieses Textes in die von ca. 1265–1237 v. Chr. dauernde Regierungszeit von
Ḫattušili III. (von S.H.-K., s. Kapitel VIII).
6. Die Verfassung des Glossars (von J.H.).

Es erfolgten weitere Treffen aller Beteiligten zwischen 2007 und 2011 im In- und Ausland. Ein Hauptziel war
es, dass sich durch Gedankenaustausch und Diskussionen von neueren Erkenntnissen die Edition des Textes
auf möglichst viele übereinstimmende Ergebnisse aller Beteiligten gründen konnte. Weitgehend stimmten
wir z.  B. hinsichtlich der Interpretation der Stellen überein, die Piyamaradu betrafen. Auch über die Datie-
rung des Dokuments waren wir uns einig.
Ein weiteres Ziel war es jedoch, dass verschiedene Meinungen, die zu keinem gemeinsamen Ergebnis
führten, durchaus im ausführlichen Kommentar zum Ausdruck gebracht werden sollten. Dadurch sollte es
dem Leser erleichtert werden, einhellig Geklärtes unterscheiden zu können von noch strittigen und derzeit
unlösbaren Problemen. Letztere betreffen z.  B. die Topographie Westkleinasiens, aber auch Schwierigkeiten
bei der Interpretation teilweise zerstörter Stellen im Text oder unterschiedliche Betrachtungweisen und Dar-
stellungen der Zeichenformen, wie sie zwischen der Autographie und Kapitel VI bestehen.
Weitere Ziele unserer Arbeit waren es herauszufinden, ob und welche Kriterien sprachlicher, paläogra-
phischer und graphischer Art es im Text noch zusätzlich zu den bereits bekannten Argumenten gibt, die für
seine Datierung von Relevanz sein können.
Äußerst hilfreich waren bei der Interpretation vieler Textstellen die Hinweise auf die Informationsstruk-
tur im Junghethitischen, die uns Elisabeth Rieken mit ihrem Fachwissen auf dem Gebiet der Historisch-Ver-
gleichenden Sprachwissenschaft mit dem Schwerpunkt Hethitologie bieten konnte. Was die neue Translite-
ration anbelangt, konnten vor allem Jared L. Miller und Mark Weeden wertvolle Hinweise beisteuern.
Ursprünglich war es beabsichtigt, diese Arbeit in ein bis zwei Jahren zu bewerkstelligen. Doch dieser
Plan war zu optimistisch. Nicht nur die terminliche Abstimmung und Organisation der gemeinsamen
Arbeitstreffen im In- und Ausland sowie längere unvorhergesehene Erkrankungen von Beteiligten übten eine
retardierende Wirkung auf die Fertigstellung der Neuedition aus. Es ergaben sich immer wieder im Lauf der
Jahre neue Überlegungen und Ideen, deren Berücksichtigung viel Zeit beanspruchte.
Unser besonderes Anliegen war es jedenfalls – ähnlich wie dies auch schon bei Sommers Bearbeitung zu
konstatieren ist (s. AU, Vorwort) – Interessenten aus dem Bereich der Nachbarwissenschaften eine Bearbei-
tung des „Tawagalawa-Briefes“ vorzulegen, die einen Eindruck vom Forschungsstand bezüglich dieses wich-

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22   S. Heinhold-Krahmer

tigsten Aḫḫiyawa-Dokuments bietet. Im Unterschied zu den im Streit liegenden beiden Ersteditoren Forrer
und Sommer versuchten wir, möglichst sine ira et studio deren Ergebnisse auszuwerten. Die verwendete Lite-
ratur umfasst die wichtigsten einschlägigen Publikationen von 1924 bis mindestens 2015; s. die Bibliographie
im Anhang. Gleichzeitig soll den Lesern eine Kontrolle der noch bestehenden, jedoch auch der von uns als
gelöst betrachteten sprachlichen Probleme ermöglicht werden, obgleich die Diskussion mancher schwieri-
ger Stellen nicht selten als zu ausführlich erscheinen mag. Autoren und Autorinnen sind für die jeweils von
ihnen erstellten Teile des gemeinsamen Buches selbst verantwortlich, auch wenn sie sich gegenseitig mit
Korrekturen und Korrekturvorschlägen unterstützten.100

3 Einige Bemerkungen zur formalen Gestaltung

Ein Buch mit Beiträgen verschiedener Autoren aus dem In- und Ausland bereitet, was seine einheitliche
formale Gestaltung anbelangt, einige Schwierigkeiten. So haben wir uns darauf geeinigt, dass im Abkür-
zungsverzeichnis von den englischsprachigen Autoren ein eigener Abschnitt über ihre speziellen Abkürzun-
gen erstellt wurde. Außerdem wird im Beitrag von J. D. Hawkins (Kapitel VII The Topography [with Addenda])
die in englischsprachigen Publikationen häufige Schreibung hethitischer Eigennamen ohne diakritische
Zeichen bevorzugt, obwohl diese Zeichen in den anderen Kapiteln verwendet werden; s. z.  B. die Ortsnamen
Hatti statt Ḫatti und Sallapa statt Šallapa oder die Personennamen Hattusili statt Ḫattušili und Mashuiluwa
statt Mašḫuiluwa. Hinzu kommt Folgendes:
1. Zitate aus Transliterationen anderer Forscher werden ohne Veränderungen in unsere Texte übertragen,
auch wenn es sich wie im Falle Forrers (z.  B. 1929, 106–118) um obsolete Umschriften handelt, die bereits von
seinen zeitgenössischen Mitforschern kritisiert wurden. Sie dürften allerdings schon aus rein forschungsge-
schichtlichem Aspekt nicht uninteressant sein.
2. Nach Wunsch des Herausgebers der Reihe UAVA, Walther Sallaberger, sollen Sumerogramme und
Akkadogramme in Kapitälchen geschrieben werden. Gleiches gilt für die einem Wort vorausgehenden, oft
auch hochgestellten sumerographischen Determinative und die wenigen nachfolgenden Determinative, wie
die Pluralkennzeichnungen, außerdem auch für phonetische akkadische Komplemente. Akkadogramme
und ebenso akkadische Komplemente werden im Gegensatz zu den sumerischen Logogrammen und Deter-
minativen in kursiver Schrift dargestellt. Sie befinden sich auf gleicher Höhe mit dem vorausgehenden Ideo-
gramm, z.  B. a-U̯ a-temeš und dutu-ši.
3. Bei der Darstellung der Enklitika wird verfahren wird wie bei der Bezeichnung der einzelnen Lemmata
in den neueren Wörterbüchern aus München (HW2) und Chicago (CHD) und auch in der Grammatik von
Hoffner und Melchert (GrHL), indem die enklitischen Partikeln einen vorangestelleten Bindestrich erhalten
(z.B. -kan), die (flektierten) enklit. Pronomina -a- einen vorangestellten Bindestrich und einen nachgestell-
ten Stammstrich. In der gebundenenen Umschrift werden die Enklitika jedoch durch ein „=“ voneinander
getrennt. Wörter und Sätze werden in der Regel in der Schreibweise der Transliteration in den Kommentar
übernommen, wie es bei der Darstellung der einzelnen Belege eines Wortes auch im Glossar geschieht. Bei
Zitaten werden jedoch auch im Kommentar die Schreibweisen, wie sie in der zitierten Stelle vorgegeben sind,
übernommen. Aus zeitlichen Gründen konnten wir Abweichungen wie die oben genannte nicht mehr exakt
abgleichen.
4. Die Transliterierung von akkadisch awātum in hethitischen Texten erfolgt sowohl in der Translitera-
tion und im Kommentar als auch im Glossar gemäß der schon bei Sommer (AU 4) vorzufindenden Umschrift,
auch wenn sie den lautlichen Gegebenheiten des Akkadischen nicht entsprechen mag; s. auch die Belege im
Plural in VAT 6692 I 34, 60, 62 a-U̯ a-temeš; s. auch Otten 1988, Kol. I 91 (u. weitere Belege in dessen Glossar
S. 86).

100 Für die besonders große Hilfe bei der Korrektur des umfangreichen Kommentars möchte ich vor allem Elisabeth Rieken und
Mark Weeden danken. Für mehrere Korrekturen in der Transliteration und im Glossar bin ich Joost Hazenbos, Jared L. Miller und
J. David Hawkins dankbar.

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I Einleitung   23

5. Die Indizierung der Lautwerte richtet sich nach Ch. Rüster/E. Neu, Hethitisches Zeichenlexikon (HZL).
Die Benennung eines jeweiligen Zeichens, z.  B. AŠ (HZL 1) oder E (HZL 187), erfolgt in Normalschrift und in
Großbuchstaben.
6. Literaturhinweise werden in der Regel nur in gekürzter Form (Name des Autors/der Autoren, Erschei-
nungsjahr der Publikation, Seitenhinweis) gegeben. Die jeweils vollständigen Angaben finden sich in der
Bibliographie.
7. Die Zählung der Zeilen im Text entspricht in Kol. II ab § 7 Z. 50 derjenigen in Goetzes Edition (KUB 14.3).
In Kol. III wird die etwas unsichere Zählung nach einer Lücke von ca. 6 Zeilen mit angefügtem Strich gekenn-
zeichnet (ab Z. 34′ bis Ende der Kolumne).

Vielleicht könnte mancher Leser in dem umfangreichen Werk einen Sachindex vermissen, doch helfen hier
das Glossar und die zahlreichen Querverweise im vorliegenden Buch weiter, und auch ein Blick in Sommers
ausführliche Indices (AU, 398–468).

4 Erklärung von verwendeten Sonderzeichen


[  ] Textlücke mit und ohne Ergänzung
[(  )] Ergänzung einer zerstörten Stelle mit Hilfe eines Duplikats
⸢  ⸣ Beschädigte(s) Zeichen
(  ) Erläuterung in der Transliteration und Übersetzung zum besseren inhaltlichen Verständnis,
jedoch nicht im Originaltext enthalten
(/  ) Alternative Übersetzung oder Lesung eines Keilschriftzeichens
{  } Überflüssige(s) Zeichen
<  > Ergänzende oder erläuternde Bemerkung oder Konjektur in Übersetzung und Kommentar
x Beschädigtes unleserliches Zeichen
! So zu lesen trotz fehlerhaft geschriebenem oder an der betreffenden Stelle fragwürdigem Zei-
chen sowie bei ansonsten unüblicher Zeichenform
? Hochgestellt nach fraglichem oder fehlerhaft geschriebenem Zeichen oder nach unsicherer
Wortdeutung
*  * Kennzeichnung von Zeichen, die entweder über Zeichenresten oder Rasur geschrieben oder
aber getilgt wurden und noch teilweise sichtbar sind
𒀹 Glossenkeil; vor fremdsprachigen, insbesondere vor luwischen Wörtern
𒑱 Doppelter Glossenkeil; vor fremdsprachigen, insbesondere vor luwischen Wörtern

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S. Heinhold-Krahmer
II Der Text

1 Transliteration und Übersetzung VAT 6692 Kol. I–IV

Kol. I
§ 1
1 [nam-m]a-aš1 pa-it nu uru At-⸢ta-ri-im⸣-ma-a[n]2 ⸢ar⸣-ḫ[a]3
2 [ḫar-g]a-⸢nu⸣-ut4 na-an ar-ḫa u̯ a-ar-nu-ut iš-tu ⸢bàd⸣ émeš 5 lugal
3 [nu] a-na m⸢Ta⸣-u̯ a-ga-la-u̯ a lúmeš uruLu-uk-ka4-a g[im]-an zi-ni6
4 [a]r-nu-e-er na-aš ⸢ke⸣-e-da-aš kur-e-aš ú-et ú-uk-ka4 qa-tam-ma
5 zi-ni ar-nu-e-er *nu-⸢kán⸣*7 ke-e-da-aš kur-e-aš ⸢gam⸣ ú-u̯ a-nu-un
6 nu gim-an i-na uruŠal-la-pa ar-ḫu-un nu-m[u u]n-an igi-an-da
7 u-i-ia-at ìr-an-ni-u̯ a-mu da-a nu-u̯ a-mu lú⸢tu⸣-uḫ-kán-ti-in
8 u-i-ia nu-u̯ a-mu it-ti dutu-ši ú-u̯ a-te-ez-zi nu-uš-ši
9 lú
tar-te-nu u-i-ia-nu-un i-it-u̯ a-ra-an-za-an-⸢kán⸣ a-⸢na⸣ gišgigir
10 gam-an ti-it-ta-nu-⸢ut⸣ nu-u̯ a-ra-an ú-u̯ a-ti a-[pa-a-aš]-⸢ma⸣8-kán
11 lú
tar-te-nu ka-ri-⸢ia⸣-nu-ut nu-za ú-ul me-m[a-aš] ⸢lú⸣tar-te-nu-ma
12 ú-ul a-na ⸢lugal⸣ x-ia!-u̯ a-la-aš  9 šu-an-ma-an ḫa[r10-ta] nu-uš-ši-za egir-an
13 ú-ul me-ma-aš na-an a-na pa-ni kur.kur meš te-pa-u̯ [a-a]ḫ-da11
14 nu a-pa-a-at nam-ma-pát iq-bi lugal-ut-ta-u̯ a-mu ⸢ka⸣-a pé-di-ši
15 pa-a-i ma-a-an-u̯ a ú-ul-ma nu-u̯ a ú-ul ú-u̯ a-m[i]

§ 2
16 gim-an-ma ina12 uruU̯ a-li-u̯ a-an-da ar-ḫu-un nu-uš-ši aš-pur
17 ma-a-an-u̯ a am-me-el en-ut-ta ša-an-ḫe-eš-ke-ši nu-u̯ a ⸢ka⸣-a-ša
18 i-na uruI-ia-la-an-da ku-it ú-u̯ a-mi nu-u̯ a-kán šà u[ruI-]⸢ia⸣-la-an-da13
19 [t]u-e-el un-an le-e ku-in-ki ú-e-mi-ia-mi [zi-i]k-ka4-u̯ a-za-kán
20 egir-pa an-da le-e ku-in-ki tar-na-at-ti ta14-pa-r[i?-ia?-u̯ a-m]u15-za-kán
21 le-e an-da ki-iš-ta-⸢ti⸣ am-me-el-u̯ a ìr meš x16[                 egi]r?-⸢an⸣ 17
22 ša-an-aḫ-mi gim-an-ma i-na uruI-ia-la-an-d[a                         ]18
23 nu-mu lúkúr 3 aš-ra za-aḫ-ḫi-ia ti-ia-at nu(-)19[                    ]20
24 ar-pu-u-u̯ a-an nu-kán gìr-it ša-ra-a pa-a-u-u[n nu                  ]x21
25 lú
kúr ḫu-ul-li-ia-nu-un nu-kán unmeš-tar a-pí/pé-x22[                             ]23
26 m
La-ḫur-zi-<iš->ma-mu24 a-pé-el šeš-šu še-na-aḫ-⸢ḫa⸣ [                          ]25
27 nu šeš-ia pu-nu-uš-pát ma-a-an ú-ul ⸢kiš⸣-an mL[a26-ḫur-zi-iš-ma-kán]27
28 za-aḫ-ḫi-ia an-da ú-ul e-eš-ta am-mu-uk-ka4-an [                      I-NA?         ]28
29 ⸢kur⸣? 29 uruI-ia-la-an-da ú-ul ak-šu-ud a-pé-x[                                   ]30
30 ša-ku-u̯ a-aš-ša-ri inim uruI-ia-la-an-da ú-u[l-u̯ a                                  ]31
31 i-na uruI-ia-la-an-da pa-a-i-mi

§ 3
32 nu-ut-ta ke-e ku-e inim meš aš-⸢pur⸣ nu gim-an [                       ]32
33 nu lugal.gal li-in-ku-un d1033 iš-ta-ma-a[š34-ke-ed-du    ]35
34 iš-ta-ma-aš-kán-du ⸢gim⸣-an ke-e a-u̯ a-te ME[Š           ]36

https://doi.org/10.1515/9783110581164-002
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II Der Text   25

Kol. I
§ 1
1 [Fern]er zog er los, und ver[nich]tete die Stadt Attarimma
2 völli[g]. Niedergebrannt hat er sie bis auf die (Befestigungs-)Mauer der königlichen Gebäude.
3 W[ie] die Lukka-Leute den Tawagalawa (davon) in Kenntnis
4 [g]esetzt hatten, und er in diese Länder gekommen war, ebenso
5 setzten sie auch mich (davon) in Kenntnis, und ich kam in diese Länder hinab.
6 Und als ich nach Šallapa gelangte, schickte er m[ir einen Ma]nn
7 entgegen (mit folgendem Ansuchen): „Nimm mich in den Vasallenstand (auf) und den tuḫkanti
8 sende mir, damit er mich zur Majestät bringe!“ Da schickte ich ihm
9 den tartenu (mit dem Auftrag): „Geh! Lass ihn auf dem Wagen
10 (bei Dir) Platz nehmen und bring ihn her!“ D[er ab]er
11 brüskierte den tartenu und lehn[te] ab. Ist aber der tartenu
12 nicht ein Repräsentant? für einen König? Die Hand (/Befugnis?) hät[te er (gehabt)]. Und ihm
13 hat er hinterher „Nein“ gesagt und ihn vor den Ländern ernie[dri]gt!
14 Weiter hat er sogar noch dies gesagt: „Das Königtum gib mir hier an Ort und
15 Stelle! Wenn aber nicht, so komm[e] ich nicht.“

§ 2
16 Als ich in Waliwanda angelangt war, schrieb ich ihm:
17 „Wenn Du nach meiner Oberherrschaft immer noch verlangst, so will ich,
18 da ich meinerseits in die Stadt Iyalanda kommen werde, innerhalb von [I]yalanda
19 keinen deiner Leute vorfinden. Auch sollst [D]u
20 nicht wieder irgend jemanden hinein lassen, und Du darfst Dich [mei]nem? Befe[hls-Bereich?]
21 nicht nähern. Um (meine) Untertanen […]
22 werde ich mich [… kü]mmern.“ Als [ich] jedoch in der Stadt Iyaland[a angekommen war],
23 stellte sich der Feind mir an drei Stellen zum Kampf und [das Gelände? (war)]
24 schwierig. Da zog ich zu Fuß hinauf [und dort?]
25 bekämpfte ich den Feind. Die Bevölkerung [vo]n dort […-te ich?]
26 Laḫurzi aber, sein Bruder, […-te] mir einen Hinterhalt.
27 So frag doch, mein Bruder, ob es nicht so (war)! Hat L[aḫurzi?]
28 an der Schlacht nicht teilgenommen? Habe ich ihn [im …]
29 Land? Iyalanda nicht angetroffen? [Von d]ort? […]
30 in der ganzen Iyalanda-Angelegenheit (hieß es?): „Ich werde nic[ht …]
31 in die Stadt Iyalanda gehen.“

§ 3
32 Wie nun die Worte, die ich Dir geschrieben habe, […],
33 habe ich, der Großkönig, beschworen. Der Wettergott [soll zu]hören [und …]
34 sollen zuhören, wie diese Wort[e …]

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26   S. Heinhold-Krahmer

§ 4
35 ⸢gim⸣-an-ma kur uruI-ia-⸢la⸣-an-da ar-ḫa [ḫar-ga-nu-(nu-)un?               ]37
36 nu kur-tu4 ku-it ḫu-u-ma-⸢an⸣ ar-ḫa ḫar-x[38                ]39
37 uru
At-ri-ia-an 1-en Ḫal-Ṣu a-na uru[40                         ]41
38 ⸢ḫa⸣-an-da-aš ⸢da⸣-li-ia-nu-⸢un⸣ 42 nu-kán e[gir-pa?       ]43
39 ša-ra-a ú-u̯ a-nu-un x?44 šà uru⸢I⸣-ia-[la-an-da-?           ]45
40 e-šu-un nu-kán kur-⸢tu4⸣ ḫu-u-⸢ma⸣-a[n                                  ]47
46

41 𒑱 ḫa-aš-pa-ḫa a-na nam.⸢ra⸣[meš                ]48


42 [gim]-an u̯ a-a-tar nu.gál x[               ]49
43 nu-⸢mu⸣-kán50 karašḪi.a x51[                  ]52
44 egir-an-da ú-ul pa-a-u-u[n                       ]53
45 ša-ra-a ú-u̯ a-nu-un ma-a-x[54                  ]55
46 egir-pa-ma-a-na-an ú-ul [                  ]56
47 nu-za-kán i-na uru A-ma?-x? 57[                             ]58
48 nu i-na uruMi-il5-la-u̯ a-[an-da59 a-na m              aš-pur]60
49 an-da-u̯ a-mu-kán e-⸢ḫu⸣61 [nu kiš?]-a[n62 a-na šeš-ia-ia63  ]x64 zag
50 aš-pur ke-e-da-ni-i[a-u̯ a-ra-a]n65 me-⸢mi-ni⸣ aṣ-bat ki-i-u̯ a-mu

51 m
Pí-ia-ma-⸢ra⸣-[du-uš  66 kur-tu4 k]u-it u̯ a-al-aḫ-ḫe-eš-ke-ez-zi
52 nu-u̯ a-ra-at še[š67-ia i-de nu-u̯ ]a-ra-at ú-ul-ma i-de

§ 5
53 gim-an-ma-mu68 [lúṬe4-mu ša šeš-i]a69 an-da ú-e-mi-ia-at
54 nu-mu ú-u[l     ]70 ú-da-aš ú-ul-⸢ma-mu⸣ 71 up-pé-eš-šar
55 ku-it-⸢ki⸣72[                           ]73-⸢ma⸣ iq-bi a-na mAt-pa-u̯ a iš-pur
56 m
Pí-i[a-ma-ra-du-un-u̯ a-ká]n a-na lugal uruḪa-at-ti šu-i da-a-i
57 x74[             ]75x[                              ] x-un76
58 [nu i-na uruMi-il5-l]a-u̯ a-an-da77 pa-a-u-un pa-a-u-un-ma
59 [ke]-⸢e-da-ni⸣-[ia m]e-mi-ni ḫa-an-da-aš a-na! mPí-ia-ma-ra-du-u̯ a
60 [ku-e] a-u̯ a-temeš me-ma-aḫ-ḫi nu-u̯ a-ra-at ìr meš šeš-ia-ia
61 [iš-t]a-ma-aš-ša-an-du nu-kán mPí-ia-ma-ra-du-uš gišmá-za
62 [ar-h]a ú-et na-an a-na a-u̯ a-temeš ku-e-da-aš ḫar-ku-un
63 [na-a]t mAt-pa-aš-ša ⸢iš⸣-ta-ma-aš-ke-et mA-u̯ a-ia-na-aš-ša
64 [iš]-ta-ma-aš-ker nu-uš-ma-ša-aš lúe-mi-šu-nu ku-it
65 [nu?]-<u>-u̯ a78 me-mi-an ku-u̯ a-at ša-an-na-an-zi
66 na-aš li-in-ga-nu-nu-un nu-ut-ta me-mi-an ša-ku-u̯ a-šar
67 me-ma-an-du ú-ul-kán lútar-te-e-nu pa-ri-ia-an
68 u-i-ia-nu-un i-it-u̯ a-kán pa-ri-ia-an pé-en-ni
69 nu-u̯ a-ra-an šu-an e-ep nu-u̯ a-ra-an-za-an-kán a-na gišgigir
70 [gam-a]n ti-it-⸢ta⸣-nu-ut nu-u̯ a-ra-an-mu igi-an-da ú-u̯ a-ti
71 [   u]l79 *m[e?-]ma*-aš m⸢Ta⸣-u̯ a-ga-la-u̯ a-aš-pát-kán ku-u̯ a-pí lugal.gal80
72 [i-na? 81 u]ruMi-il5-la-u̯ a-an-da ta-pu-ša ú-⸢et⸣
73 [ -i]a?-ma82 m dlamma-aš ka-a e-eš-ta nu-ut-ta lugal.gal
74 [igi-an-d]a83 u-un-né-⸢eš-ta⸣ ú-ul-aš šar-ku-uš lugal-uš e-eš-ta

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II Der Text   27

§ 4
35 Als [ich] aber das Land Iyalanda völlig ver[nichtet hatte],
36 ließ ich, da ich das gesamte Land total verni[chtet hatte […],
37 die Stadt Atriya als einzigen Distrikt um der Stadt [X]
38 willen bestehen. Dann kam ich w[ieder? in die Stadt Iyalanda?]
39 hinauf, und innerhalb der Stadt Iya[landa …]
40 hielt ich mich auf. [Während?] ich das [ganze] Land […]
41 niedergeschlagen hatte, da [  ] den NAM.RA [aber? …]
42 Als Wasser nicht vorhanden w[ar? …],
43 und [  ] mir die Truppen nicht? [  ]
44 hinterher zog i[ch] nicht. […]
45 kam ich hinauf. [Ich] wär[e …]
46 Zurück hätte [ich?] ihn/sie nicht […]
47 Dann in der/die Stadt Ama?-[…]
48 Und in die Stadt Millawa[nda schrieb ich an Atpa? folgendermaßen]:
49 „Komm her zu mir!“ [Und folgend]er[maßen? auch an meinen Bruder? …] Grenze
50 schrieb ich: „Au[ch] in dieser Angelegenheit habe ich [gegen ih]n (den Atpa) den Vorwurf erhoben,
dass mir
51 Piyamar[adu] dieses [Land] ständig überfällt.
52 [Weiß mein] Brud[er das, od]er weiß er es nicht?“

§ 5
53 Als aber bei mir m[eines Bruders Bote] eintraf,
54 brachte er mir nich[t …], noch [brachte er?] mir irgendeine
55 (Geschenk-)Sendung. [Folgendermaßen] jedoch sprach er: „An Atpa hat er geschrieben:
56 ‚Den Piy[amaradu] händige dem König von Ḫatti aus!‘“
57 Zeile getilgt.
58 D[a] zog ich [nach Mill]awanda. Ich zog aber los
59 [auch] entsprechend [fo]lgendem Grundsatz: „Die Worte,
60 [die] ich dem Piyamaradu sagen möchte, die sollen auch die Diener meines Bruders
61 [hö]ren.“ Da kam Piyamaradu vom Schiff
62 [we]g. Die Vorwürfe, die ich gegen ihn erhob,
63 [di]e hörte sich sowohl Atpa an als auch Awayana;
64 sie hörten zu. Warum verschweigen sie, weil er ihr Schwiegervater
65 (ist), die Angelegenheit i[mmer no]ch?
66 Nun habe ich sie vereidigt, und sie sollen Dir die Sache vollständig
67 berichten. Habe ich nicht den tartenu hinüber
68 geschickt? (mit der Anweisung): „Geh! Fahr hinüber!
69 Fass ihn an der Hand! Lass ihn auf dem Wagen
70 [bei Dir] Platz nehmen und bring ihn mir entgegen!“
71 [Ab]gelehnt hat er! Damals als Tawagalawa, der Großkönig, selbst
72 an die Küste [nach] Millawanda gekommen war,
73 war me[in? …] Kurunta hier. Dann fuhr Dir (dem Adressaten) ein Großkönig
74 (hierher) [entgeg]en. War er (etwa) kein mächtiger König?

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28   S. Heinhold-Krahmer

Kol. II
1 na-aš ú-⸢ul⸣-ma 𒑱 x x (x)84[                              ]85
2 a-pa-a-aš-mu ku-u̯ a-at ú-ul[                         ]x86[                          ]87
3 ma-a-an-ma ki-i me-ma-i [                      -n]a?-⸢an⸣[-                     ]88x-x-x-un89
4 nu-uš-ši ú-ul dumu-ia *lú*tar-⸢te-e?⸣-[nu  90 igi-a]n-⸢da⸣91 u-⸢i-ia⸣-nu-⸢un⸣ 92
5 na-an ki-i u̯ a-tar-na-aḫ-ḫu-un [                                               ] x x93 [ ]94
6 li-in-ki nu-u̯ a-ra-an šu-an x x95 nu-u̯ a-ra-an-mu
7 igi-an-da ú-u̯ a-ti ku-na-an-na-aš-⸢ma⸣-aš me-mi-ni [k]u-e-[d]a-ni
8 na-aḫ-ta *x e-eš-ḫar* i-na kur uru⸢Ḫat-ti⸣96 a-a-ra n[a-a]t97 ⸢ú⸣-ul

§ 6
9 gim-an-ma-mu lú⸢Ṭe4⸣-mu ša šeš-i[a]98 ⸢me-mi-an iq-bi⸣
10 a-pu-u-un-u̯ a un-an da-a le-e-u̯ a(-)[                    ]99
11 nu ki-i aq-bi ma-a-an-u̯ a-mu am-me-el x-[ ] x x x x x100
12 iq-bi na-aš-šu šeš-ia ma-a-an-u̯ a a-⸢pé-el-la⸣ x-BI x101
13 me-mi-an aš-mé ki-nu-na-u̯ a-mu šeš-ia ⸢lugal⸣.gal ⸢am⸣-me-el102
14 an-na-ú-li-iš iš-pur nu-u̯ a am-me-⸢el an⸣-na-⸢ú-li⸣-[ia-aš]103
15 me-mi-an ú-ul iš-ta-ma-aš-mi nu ⸢ú?-ki?⸣-la [  ]104
16 pé-en-na-aḫ-ḫu-un ma-a-an ma-a-an Ú -x x x x x x (x)106
105

17 ma-an šeš-ia nam-ma iq-bi am-me-⸢el-u̯ a⸣ x-an107 ⸢ú-ul⸣ iš-mé108


18 ú-ul-u̯ a-ra-aš-mu ka-a-ri t[i-i]a-⸢at⸣ 109 x x (x) x-an ul110
19 pu-nu-šú-un ma-an111 ul! šeš-ia ki-i x[       ]112 ⸢ka-a⸣-ri *x x*113
20 ti-ia-at ú-uk-ma pa-a-u-un-pát nu-kán [                   ]114 pa-ra-a
21 ti-ia-nu-un nu a-na mAt-pa-a ⸢aq⸣-b[i115                še]š?-ia116-u̯ a-⸢at⸣-ta ku-it
22 iš-pur i-it-u̯ a-ra-an a-na lugal kur! 117 ur[uḪat-ti118 pé]-⸢e⸣-ḫu-te119
23 nu-u̯ a-ra-an ú-u̯ a-ti nu-u̯ a-za-kán ⸢ka-ru⸣-[ú gim-an120 a]m-me-⸢el⸣ 121
24 me-mi-an gaba-ši 𒑱 pa-ši-ḫa-a-id-d[a122  ]-za-kán123
25 me-mi-an gaba-ši 𒑱 pa-ši-ḫa-a-ti ma-⸢a-an⸣-[ma-u̯ a ki-i me-ma-i]124
26 na-aḫ-mi-u̯ a nu-u̯ a ka-a-ša 1-en be-⸢lu125 u⸣-[i-ia-mi]126
27 na-aš-ma-u̯ a šeš127 u-i-ia-mi nu-u̯ a-[aš-ši ka-a-aš pé]-⸢di⸣-eš-ši128
28 ⸢e⸣-ša-ru a-pa-a-aš-ma nu-u-u̯ a-pát me-m[i-iš-ke-et]129
29 [na]-aḫ-ḫe-eš!-ke-mi-u̯ a nu-mu mAt-pa-a(-)[ iq-]⸢bi⸣ 130
30 ⸢ utu⸣-ši-u̯ a šu-an a-na dumu.nita pa-a-i [nu-u̯ a-ra-an  ]131
d

31 [a-p]é-e-da-ni pé-eš-⸢du⸣ 132 nu a-pád-da133 [ ]134


32 [ ]x ma-a-an me-ek-ki-pát i-ia-at [          ]136-⸢ia⸣
135

33 [𒀹 za-a]r-ši-ia137 gam-an da-li-ia-nu-un [           ]x138


34 [ ]x-nu-nu-⸢un⸣ 139 nu-uš-ši šu-an ad-di[n] x[                 ]x140
35 [            ]141x te-ḫi nu-u̯ a-ra-at-ta KA[       ]x-x-at-ta(-)142
36 [   ]143 te-eḫ-ḫi nu-u̯ a-ra-at a-na še[š-ia] lug[al kur uru?Aḫ-ḫi-i]a-u̯ a-a144
37 [ḫa-at-ra-a-mi (x-)]x-za145 ul me-em-ma-aš x x x x-at146
38 [                 ]147(x) x-e-el ak-kán-t[a? ]x-ta148
39 [          (-)]x-ḫi-mu-⸢uš⸣-ša ⸢kur⸣ Da-aḫ-⸢da⸣-aḫ-ḫu150
149 uru

40 [          ]151x x x x152 lugal-⸢ut⸣-ta am-mu-uk


41 [                                  ]x-x153-ki-ia-nu-un154
42 [                                   a]r-ḫa155 ti-ia-zi
43 [                  ]-az? 156 lugal-ut-ta
44 [                   ]x-⸢ta⸣ pa-x157
45 [                      ]x x158
46 [                               k]u-it ⸢ú⸣-ul ú-⸢et⸣ 159
47 [                             ]x x160
48 [      ]x?[                 ]
49 x?[      ]x?[                 ]161
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II Der Text   29

Kol. II
1 Und […] er aber nich[t …]
2 Warum [ist/hat?] jener (= Piyamaradu) mir (mich) nicht […]?
3 Wenn er aber dies sagt: „Ich […]-te.“
4 Habe ich ihm nicht meinen Sohn, den tarte[nu entgeg]en geschickt
5 und ihm dies aufgetragen: [Geh!?]
6 Leiste […] einen Eid! [Nimm] ihn bei der Hand und bring ihn
7 mir entgegen! Was jedoch seine Befürchtung getötet zu werden
8 anbelangt: Ist etwa Bluttat in Ḫatti rechtens? Das ist es n[ich]t!

§ 6
9 Als aber der Bote mei[nes] Bruders mir die Nachricht übermittelte:
10 „Nimm jenen Menschen! […] nicht!“
11 Da sagte ich dies: „Hätte mein […] zu mir?
12 gesprochen oder mein Bruder, ich hätte auch dessen […]
13 Wort gehört. Jetzt aber hat mir mein Bruder, ein Großkön[ig], ein mir
14 Gleichgestellter, geschrieben. Und ich sollte das Wort [eines] mi[r]
15 [G]leichgestellt[en] nicht hören?“ Da bin ich selbst […]
16 losgefahren. Wenn [ich?] ni[cht? …] wäre/hätte,
17 hätte mein Bruder dann gesagt: „Mei[n Wort?] hat er nicht gehört.
18 Nicht hat er meinem Wunsch ent[spro]chen.“ […] nicht.
19 Hätte ich meinen Bruder nicht dies gefragt: „Hast (/hat?) etwa Du (/er?) [meinem]? Wunsch
20 entsprochen?“ Ich aber bin eben losgezogen. Und […] ich
21 ausgestiegen bin, da habe ich zu Atpa gesa[gt]: „[…], weil mein [Bru]der?, Dir
22 geschrieben hat: ‚Geh und br[ing] ihn zum König von [Ḫatti]!‘
23 So schaff ihn her! Nun [wie] er frühe[r m]ein
24 Wort missachtet hat, [… so] wird er [auch]
25 […] Wort missachten. [Falls er aber sagt:]
26 ‚Ich fürchte mich.‘ Da [werde ich] meinerseits einen Würdenträger […]
27 oder einen Bruder werde ich schicken. Dann soll [der für ihn] an seiner [St]elle
28 sitzen.“ Jener aber sa[gte] noch weiterhin:
29 ‚Ich habe immer noch Furcht.‘ Nun [sprach] Atpa [folgendermaßen] zu mir:
30 „Majestät, reiche die Hand einem männlichen Nachkommen (/dem Erbsohn?)! [Und …]
31 soll er [sie? j]enem geben!“ Und deswegen/dadurch […]
32 […] obwohl er (Piyamaradu?) viel angestellt hat, habe ich […]
33 unter [(Sicherheits)-Garan]tie belassen […]
34 […]-te ich und ich gab ihm die Hand [und schrieb ihm:? „…]
35 […] werde ich setzen und Dir die Angelegenheit? [...] Dir?
36 […] werde ich setzen. Auch [werde ich] es meinem Bruder, dem Kön[ig von Aḫḫi]yawa,
37 [schreiben.“ Doch] er lehnte ab. […]
38 […] meine Manen […]
39 […Land/Stadt?] Ḫimušša? Land Daḫdaḫḫu
40 […] die Königsherrschaft mir (/mich)
41 […]-te ich.
42 […] fällt er ab
43 […] x Königtum
44 […]
45 […]
46 [… w]eil er nicht gekommen ist
47–49 (Hier sind wenige Zeichenspuren vorhanden, aber keine vollständigen Wörter.)

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30   S. Heinhold-Krahmer

§ 7
50 a-pé-e-el-ma un-aš KA162[
51 é-er-ši-kán ku-it ⸢máš⸣163[
52 ⸢am-me⸣-el-la le-en-ga-uš x164[
53 ku-iš-ki x-⸢az⸣165 pé-ra-an x166[
54    dingir-lu4-an ku-iš-ki sig5-u-i pa-ra-⸢a⸣[167

§ 8
55 nu nam-ma-pát a-na šeš-⸢ia⸣ ḫa-an-da-aš ú-ul ma-a[n-ka4 i-ia-nu-un nu ma-a-an]168
56 šeš-ia ku-u̯ a-at-ka4 da-a-ri-⸢ia⸣-nu-zi a-na lugal kur Ḫat-[ti-u̯ a  ]169
57 nu-u̯ a-mu-kán kaskal-ši da-a-ú nu ka-a-aš-ma mDa-ba-l[a-d10-an]

58 kar-tap-pu u-ia-nu-un mDa-ba-la-d10-aš-ma ú-ul k[u-iš-ki]170


59 egir-ez-zi-iš un-aš dumu-an-na-aš-mu lúkar-tap-pu a-na gišgigir [  ]171


60 gam-an ti-iš-ke-ez-zi a-na šeš-ka-ia-aš-kán172 a-na mTa-u̯ a-ka-la-u̯ a(-)x?[ ]? 173
61 gam-an ti-iš-ke-et nu a-na mPí-ia-ma-ra-du 𒀹 za-ar-ši-ia-an ⸢ú⸣-[ul? ad-din?]174

62 𒀹 za-ar-ši-ia-aš-ma i-na kur Ḫat-ti kiš-an ma-a-an ninda(/níg) ši-ia-an-ta-a[n]175

63 ku-e-da-ni up-pa-an-zi nu-⸢uš⸣-ši-kán Ḫul ul ták-ki-iš-ša-an-⸢zi⸣


64 𒀹 za-ar-ši-ia-ma še-er ki-i ar-nu-nu-un e-ḫu-u̯ a nu-u̯ a-mu-za ar-k[u-u̯ a-ar]176

65 i-ia nu-u̯ a-ták-kán kaskal-ši te-eḫ-ḫi kaskal-ši-ma-u̯ a-ták-kán gim-an te-eḫ-ḫ[i]


66 nu-u̯ a-ra-at a-na šeš-ia ḫa-at-ra-a-mi nu-ut-ta177 ma-a-an ⸢zi⸣-an-za
67 u̯ a-ar-ši-ia-zi e-eš-du-u̯ a ma-a-an-ma-u̯ a-at-ta zi-an-za-⸢ma⸣ 178
68 ú-ul u̯ a-ar-ši-ia-zi nu-u̯ a ú-et gim-an egir-pa-ia-u̯ a-at-ta
69 i-na kur uru Aḫ-ḫi-ia-u̯ a-a am-me-el un-aš qa-tam-ma pé-ḫu-te-ez-zi
70 ma-a-an-ma-u̯ a ú-ul-ma nu-u̯ a-aš-ši ka-a-aš lúkar-tap-pu
71 pé-di-ši e-ša-ru ku-it-ma-na-aš ú-ez-zi ku-it-ma-na-aš
72 *a-pí-ia egir-pa ú-ez-zi ⸢ka⸣-a-aš*-ma lúkar-tap-pu ku-iš179
73 ša munus.lugal-za ku-it ša máš-ti ḫar-zi i-na kur uruḪat-ti ša munus.lugal
74 máš-tu4 *me-ek-ki* šal-li na-aš-mu ú-ul im-ma lúḪa-<ta>-nu180
75 nu-uš-ši a-pa-a-aš pé-e-di-eš-ši e-ša-ru ku-it-ma-na-aš ú-ez-zi
76                 ku-it-ma-na-aš egir-pa ú-[ez-z]i

Kol. III
1 šeš-ia-ia-an-za-an181 ḫa-an-za ⸢e-ep⸣ na-an tu-⸢e-el⸣ [ ]182
2 ú-u̯ a-te-ed-du nam-ma-aš-ši ⸢šeš⸣-ia 𒀹 za-⸢ar-ši⸣-ia-[an]
3 ki-iš-ša-an a-ša-an-ta-an x[183        ]x-u̯ a184
4 nam-ma ku-⸢it-ki⸣ u̯ a-aš-ta-185 [                       ]⸢nam⸣-ma186
5 an-da tar-na-aḫ-ḫi na-an x x [     ]187x-⸢zi⸣
6 na-an kaskal-ši gim-an te-ḫi nu [              ] x188

§ 9
7 ma-a-an-ma ⸢ke⸣-e-ia189 ú-⸢ul⸣ [               ]x190
8 nu šeš-ia ke-e-el (x) x x x x-an191 i-ia
9 nam.ra meš -kán me-⸢ek-ki-iš  ?⸣ 192 [ku-i]š  ? 193 ta-pu-ša
10 ú-et 7 li-im ⸢nam.ra meš⸣-[ ]-mu194 šeš-ia ⸢šu⸣-p[ur?]195
11 nu am-me-el un-aš ú-ez-⸢zi⸣ nu-⸢za šeš⸣-ia196
12 be-lumeš pé-ra-an gam da-a-⸢i géšpu⸣-za-kán ku-i[t ]197
13 ta-pu-ša ú-u̯ a-te-et nu šeš-⸢ia⸣ [                                  ]198

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II Der Text   31

§ 7
50 Jenes Menschen Angelegenheit? […]
51 Das Haus(wesen), welches ihm (ist/gehört und?) die Fami[lie …]
52 Aber? (/und?) die Eide von mir […]
53 irgendein(/e) […] vor […]
54 irgendeine Gottheit [wird] ihn zum Guten (/Wohl) weiter (/vorwärts) […]

§ 8
55 Und weiter noch [habe ich] meines Bruders wegen über[haupt] nichts [unternommen. Sollte]
56 er meinen Bruder irgendwie darauf ansprechen (wobei er äußert): „Zum/Dem König von Ḫatti […]
57 Er soll mich auf den Weg setzen!“ Nun habe ich dorthin (in dein Machtgebiet) den Dabal[a-
Tarḫunta …],
58 den Wagenlenker, abgesandt. Dabala-Tarḫunta aber ist nicht [irgendein??]
59 unbedeutender Mensch. Von Kindheit an pflegt der Wagenlenker mit mir auf den Wagen
60 zu steigen. Auch mit deinem Bruder, mit Tawagalawa selbst, pflegte
61 er a[uf den Wagen]? zu steigen. [Habe ich] (etwa?) ni[cht] dem Piyamaradu eine (Sicherheits-)Garan-
tie [gegeben?]?
62 Eine (Sicherheits-)Garantie aber [bedeutet] in Ḫatti folgendes: Wenn man ein gesiegeltes Brot?
(/  etwas Gesiegeltes?)
63 an jemanden schickt, dann fügt man ihm nicht Böses zu.
64 Obendrein zur (Sicherheits-) Garantie jedoch brachte ich (noch) dies (vor): „Komm! Mache deine
Rech[tfertigung] (/rech[tfertige Dich])
65 vor mir und ich werde Dich auf den Weg setzen. Wie ich Dich aber auf den Weg setzen werde,
66 das werde ich meinem Bruder schreiben. Wenn sich dein Gemüt
67 beruhigt, soll es so sein! Wenn sich dein Gemüt aber
68 nicht beruhigt, dann wird Dich, wie Du gekommen bist, der Mann von mir
69 auch ebenso ins Land Aḫḫiyawa zurückbringen.“
70 Falls (das) aber doch (wieder) nicht (/nichts ist), dann soll dieser Wagenlenker sich für ihn
71 an seine Stelle setzen, während er (her-)kommt <und> bis er
72 dorthin zurückkehrt. Wer (ist) aber dieser Wagenlenker?
73 Da er (eine Frau) aus der Sippe der Königin hat – in Ḫatti ist die Familie
74 der Königin sehr bedeutend – ist er für mich in etwa (/nicht ganz?) ein Sch<wa>ger.
75 Jener soll sich an seine Stelle setzen, während er (her-)kommt
76 (und) bis er zurückk[ehr]t.

Kol. III
1 Und, mein Bruder, hab Acht auf ihn! Ihn soll Dein […]
2 herbringen. Ferner, mein Bruder, g[ab ich]?
3 ihm Garantie folgenden Inhalts: „[…]
4 weiterhin irgendwie sündig-[…] werde ich […]
5 wieder hineinlassen.“ Ihn wird [ein …]-en.
6 Wie ich ihn auf den Weg setzen werde, d[as soll mein Bruder wissen!?]

§ 9
7 Wenn er aber auch dies(/e) nicht […],
8 dann, mein Bruder, erledige Du den (/die/das) […]? dieses […]
9 Viele Zivilgefangene, welche an die Seite (/Küste??)
10 gekommen sind, 7000 (Zivil-) Gefangene, mein Bruder, schi[cke] mir!
11 Nun wird einer meiner Leute kommen. Und er wird?, mein Bruder,
12 die Herren vorne dazu stellen (/vor Gericht stellen?). Weil er (Piyamaradu) […] mit Gewalt
13 an die Seite (/Küste??) gebracht hat, nun, mein Bruder, […],

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32   S. Heinhold-Krahmer

14 am-me-el-la un-aš ar-ta-⸢ru⸣ 199[      ]200


15 me-ma-i aš-šum mu-nab-ti-u̯ a-k[án                       ]201
16 na-aš a-pí-ia e-eš-du x202[             ]203
17 gešpu-aḫ-⸢ta-u̯ a-mu⸣ n[a? 204         ]205
18 ma-a-an x[
19 ar-ḫa x[
20 x[
21 [

§ 10
22 a-pa-a-⸢aš-ma⸣ 206 [
23 me-ek-k[i
24 mu-nab-tu4[
25 ar-ḫa x207[
26 le-e [
27 am-me-e[l208
28–33 Lücke von ungefähr sechs Zeilen
34′ [                       ]x
35′ [                       ]
36′ [                               (-)?]⸢kán⸣(-)209 x x
37′ [                                  ]KI x x ŠA [ ]
38′ [            210 egi]r-pa an-da i-⸢ia-an⸣-[t]a-ri211
39′ [            ]212 ku-e-da-ni tuku.tuku-eš-z[i
40′ [          ]213 an-da tar-ni-⸢iš-ke⸣-ez!-zi214
41′ [         m…]215-dingir-lì-ia-at ⸢dumu⸣ mŠa-ḫu-[ru-nu-]⸢u̯ a⸣-kán216
42′ [         L]Úmu-nab-tu4-kán217 ⸢a⸣-na šeš-ia [  ]218
43′ [    ]219x ⸢ú⸣-ed-du ma-a-na-aš be-lu ma-a-na-aš [  ]220
44′ tar-na-na-⸢at⸣ 221 lugal.gal-za am-me-el an-na-[ú-li-i]š222 [?]
45′ ⸢kar⸣-ga-ra-an-ti a-pé-e-da-ni a-pa-x [   ] x x [  ]223
46′ am-⸢me⸣-el-ši-⸢kán⸣ ku-u̯ a-pí lú.meš mu-nab-t[u4? 224  ] x x225
47′ *pa-it nu-⸢kán⸣ mŠa*-ḫu-ru-nu-ua-aš a-⸢na⸣ [x-]ma226 x x [x]227
48′ a-pa-a-aš-ma ⸢ša-ra-a⸣ ti-ia-at na-aš-⸢kán a-pé-e⸣-[da-ni]228
49′ ⸢an-da⸣ pa-it ⸢a-pa-a⸣-aš-ma-za-an-kán ⸢egir-pa⸣ x[  ]229
50′ tar-na-aš230 šeš-ia-⸢ia-an⸣ a-pé-e-da-ni inim-ni [ ] x-ši231
51′ ma-⸢a⸣-an-x(-)[ ]x x232-ki ḫu-u-ia-zi nu-kán x x(-x) [ ]233-x egir-pa-an-da *x* píd-da-eš-ker!(?) 234

§ 11
52′ nam-ma ka-a-ša-aš-ši-ia235 ki-i{-u̯ a}236 me-mi-iš-⸢ke-ez-zi⸣ 237
53′ šà kur Ma-a-ša-u̯ a-kán kur Kar-ki-ia pár-ra-an-⸢da⸣
54′ pa-a-i-mi nam.ra meš -ma-u̯ a-za dam-ia! 238 dumumeš é-[tu4-ia]239
55′ ka-a ar-ḫa da-li-ia-mi na-aš gim-an ka-a-aš
56′ me-mi-aš dam-sú-ši ku-u̯ a-pí dumumeš é-tu4-ia
57′ ša *šeš*-ia šà kur-ti ar-ḫa da-li-ia-⸢zi⸣
58′ na-an-kán tu-el kur-e-an-za ḫa-an-ti-ia-⸢zi⸣
59′ ⸢a⸣-pa-a-aš-ma kur-ti-ia u̯ a-al-⸢aḫ-ḫe⸣-eš-ke-ez-zi
60′ [m]a-a-an-ma-ši-ia-at-kán 𒑱 ⸢ú⸣-ša-a-i-ḫa
61′ ⸢na⸣-aš egir-pa ina kur-ka ú-⸢ez⸣-zi
62′ šeš-ia-za ma-la-a-ši ⸢ki-i-ma⸣ ut-tar x x x240

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II Der Text   33

14 und der Mann von mir soll dastehen […]


15 sagt er: „Des Fliehens wegen (/wegen des Flüchtlings /der Flüchtlinge) […]“,
16 soll er dort sein (/bleiben). […]:
17 „Gezwungen hat er mich“, dann […]
18 wenn […]
19 weg/heim […]
20 […]
21 […]

§ 10
22 Jener ab[er …]
23 viel[e …]
24 Flüchtling (/Flüchtlingsangelegenheit) […]
25 weg/nach Hause […]
26 nicht […]!
27 meines/von mir?? […]
28 bis Z. 33 (?) (völlig zerstört ohne jeden Zeichenrest)
34′ […]
35′ […]
36′ […]
37′ […]
38′ […] gehen sie wieder hinein
39′ […] welchem (gegenüber?) er zornig ist (/zürnt)
40′ […] er pflegt hinein zu lassen.
41′ […] und das [dem/den X-]ili?, Sohn des Šaḫur[unu]wa,
42′ […] ein Flüchtling zu meinem Bruder […]
43′ […] soll kommen, sei es ein Würdenträger, sei es […]
44′ Es ist erlaubt. Der mir gleich[gestellte] Großkönig […]
45′ gerne? jenem di[es? …]
46′ Als zu ihm Flüchtlinge von mir […]
47′ gegangen sind, da? […] Šaḫurunuwa de[m …]
48′ Der jedoch machte sich auf und ging zu jenem
49′ hin. Jener aber hat ihn (dann) wieder
50′ [fort]gelassen. Auch Du, mein Bruder, […] ihn in jener Angelegenheit […]
51′ Wenn [… irgend]ein? entflieht, da pflegten sie [… jenem] hinterher zu laufen.

§ 11
52′ Ferner, hier (bei mir) ist auch (lautbar geworden?): („)? Er (Piyamaradu) sagt ständig dies (“)?:
53′ „Ins Land Maša (und/oder) ins Land Karkiya hinüber
54′ werde ich ziehen. Die NAM.RA-Leute jedoch, meine (sic!) Frau, die Kinder und das Haus(wesen)
55′ werde ich hier zurücklassen.“ Wie nun ist (/stellt sich) dieser

56′ Sachverhalt (/dar)? Solange er ihm (meinem Bruder) seine Frau, die Kinder und das Haus(wesen)
57′ innerhalb des Landes meines Bruders zurück lassen wird,
58′ versorgt ihn Dein Land.
59′ Jener aber wird ständig mein Land überfallen.
60′ Wenn ich es ihm jedoch 𒑱 ⸢ú⸣-ša-a-i-ḫa,
61′ dann wird er in Dein Land zurückkehren.
62′ Mein Bruder, billigst Du es? Diese Sache aber […]

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34   S. Heinhold-Krahmer

§ 12
63′ nu-uš-ši šeš-ia a-pa-a-at 1-an ⸢ḫa⸣-at-⸢ra-a-i⸣
64′ ma-a-an ú-ul nu-u̯ a ša-ra-a ti-i-⸢ia⸣
65′ nu-u̯ a i-na kur Ḫat-ti ar-ḫa i-it
66′ en-ka-u̯ a-at-ta ⸢egir⸣-*an* kap-pu-u[-u̯ a]-⸢it⸣
67′ [m]a-a-⸢an⸣-ma-u̯ a ul nu-u̯ a ina kur Aḫ-ḫi-ia-⸢u̯ a⸣-a
68′ [a]r-ḫa e-ḫu nu-u̯ a-at-ta ku-e-⸢da⸣-ni pé-[di]241
69′ [ ] a-ši-ša-nu-mi [ ]? 242

Kol. IV
1 [243                                 ]x244
2 [        ]meš x x[        ]x x[        ]x x ⸢ti⸣-i-ia245
3 [nu-u̯ a-kán da-me-]⸢e⸣-da-ni pé-di246 gam e-eš ⸢nu-u̯ a-za⸣ a-na lugal kur Ḫa-at-ti
4 [ku]-⸢u̯ a-pí ku-ru⸣-ur nu-u̯ a-za da-me-⸢da-za⸣ kur-e-za ku-ru-ur e-eš
5 am-me-ta-za-ma-⸢u̯ a⸣-za-kán kur-e-za ⸢ar⸣-ḫa le-e ku-ru-ur
6 ma-a-an-u̯ a-ši247 i-na kur Kar-ki-ia kur Ma-a-⸢ša⸣ zi-za
7 nu-u̯ a a-pí-⸢ia⸣ i-it lugal kur Ḫa-at-ti-u̯ a-an-na-aš-kán ú-uk
8 ku-e-da-ni a-na ⸢inim uruU̯ i5⸣-l[u-š]a248 še-er ku-ru-ur
9 e-šu-u-en249 nu-⸢u̯ a-mu⸣ a-pé-e-⸢da-ni⸣ inim-ni la-ak-nu-u[t]
10 nu-u̯ a ták-šu-⸢la⸣-u-[en] x-ni?(-)x-⸢u̯ a⸣-[an]-na-aš ku-ru-ur ul ⸢a-a⸣-ra250
11 nu-uš-ši A-x[        m]a-a-an-ma-⸢an⸣ uruMi-il5-la-u̯ a-an-da-ma251
12 ar-ḫa d[a-        252n]u-kán ìr meš-ia a-pé-⸢e-da⸣-ni
13 𒑱 kar-ga-r[a-an-ti? egir-pa-a]n-⸢da⸣? 253 píd-⸢da-iš-kán-zi⸣
14 nu šeš-⸢ia⸣ [                  i-n]a254 ⸢kur⸣ Mi-il5-la-u̯ a-an-da
15 igi[-an-da?          -i]a255-an har-mi

§ 13
16 [        ]256 mPí-ia-ma-ra-du
17 [        ]257nu-mu šeš-ia me-mi-ia-ni
18 [        ]258na-at-mu šu-pur
19 ⸢nu⸣[    ku-e-da-ni me]-mi-ni259 še-er ku-ru-ri-aḫ-ḫu-u-en260
20 nu-za-x[        na]m-ma261 ku-it
21 ma-a-a[n         lú]262tap-pí-šu pé-ra-an u̯ a-aš-túl
22 tar-na-⸢i⸣ [nu        lútap-p]í-šu263 pé-ra-an
23 u̯ a-aš-túl t[ar-na-i264           ar-ḫa]265 ⸢ú-ul⸣ pé-eš-ši-ia-iz-zi
24 am-mu-uk-ka4[              ]266 ⸢a⸣-na šeš-ia pé-ra-an
25 tar-na-aḫ-ḫu-[un             ]x267 a-na ⸢šeš⸣-ia
26 le-e nam-m[a             ]268

§ 14
27 nu ma-a-an še[š-ia    ]269-an d[a-         ]270
28 nu-mu egir-pa šu-[pur           ]271x x[       ]272
29 ša ìr-ia ku-u̯ a-[ 273
30 ar-ḫa pé-eš-ši-i[a-
31 na-at unmeš -an-ni-ma-[

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II Der Text   35

§ 12
63′ Nun mein Bruder, schreib ihm (doch) dieses eine da,
64′ falls (es) nicht (so ist): „Mach Dich auf!
65′ Geh weg ins Land Ḫatti!
66′ Dein Herr hat sich um Dich bemüht.
67′ Falls aber nicht, dann komm ins Land Aḫḫiyawa
68′ her, und an dem Ort, an welchem
69′ ich Dich […] ansiedeln werde […]

Kol. IV
1 […]
2 […] mach Dich auf
3 [und] lass Dich an einem [and]eren Ort nieder! [So]lange Du dem König von Ḫatti gegenüber
4 feindlich (bist), sei (ihm) von einem anderen Land aus feindlich!
5 Von meinem Lande aus jedoch darfst Du (ihm) nicht feindlich (sein)!
6 Wenn Dir! der Sinn nach dem Land Karkiya und (/oder) dem Land Maša steht,
7 dann geh dorthin. In der Wi[luš]a-Angelegenheit, derentwegen wir,
8 der König von Ḫatti (und) ich, einander feindlich
9 waren, in jener Angelegenheit hat er mich umgestimmt,
10 und wir haben uns vertragen. […] unter uns? (ist) Feindschaft nicht rechtens.“
11 Nun […] ihm d[ies?]. Wenn […] aber ihn die Stadt Millawanda (doch)?
12 zurück/weg/fort [… wird/würde, d]ann werden/würden meine Untertanen jenem
13 immer wieder ger[ne? na]ch?laufen (/zu jenem fliehen).
14 Nun, mein Bruder, […] im/ins Land Millawanda
15 entg[egen? …] habe ich ge[…]

§ 13
16 […] Piyamaradu
17 […] nun, mein Bruder, mir in der Angelegenheit
18 […] Schreib es mir!
19 Und [… in der Ange]legenheit, weswegen wir Feindschaft hatten,
20 nun […], was (bedeutet es) noch!
21 Wen[n ein? …] vor seinem Kollegen eine Verfehlung
22 zugibt, [dann …] vor seinem [Kolleg]en
23 eine Verfehlung zu[gibt …], wird er nicht fallen lassen/zurückweisen.
24 Auch ich ha[be …] vor meinem Bruder
25 zugegeben [und? …] meinem Bruder
26 nicht weiter [  ].

§ 14
27 Wenn nun [mein] Bruder […]
28 Schr[eib?] mir zurück […]
29 soba[ld]? meines Untertanen […]
30 verstö[ßt?…]
31 nun das für die Bevölkerung aber […]

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36   S. Heinhold-Krahmer

§ 15
32 šeš-ia-ma-mu ka-ru-[ú        iš-pur]274
33 géšpu-u̯ a-mu up-pé-eš-ta x[275
34 tur-aš e-šu-un ma-a-an x[276
35 ú-uk aš-pur ú-ul-⸢ma⸣ x[277
36 ma-a-an-mu qa-tam-ma a-š[a?-278
37 a-pé-e-ni-šu-u-an-za-kán me-[mi-aš
38 ka×u-za i-ia-at-ta-ri [279
39 lú érinmeš šu-ul-li-ia-zi[
40 mar-le-eš-ša-an-za nu a-pé-x(-)[280
41 me-ma-i am-mu-uk-aš-*⸢kán⸣ x*281 ku-u̯ a-[282
42 a-pé-e-ni-iš-šu-u-an-za me-mi-aš AN(-)x[283
43 ma-a-an-kán a-pa-a-aš me-mi-aš am-mu-uk[
44 géšpu *x* up-pa-aḫ-ḫu-un ki-nu-na-ma[
45 me-mi-aš ka×u-za ú-et a-na lugal.gal[
46 ú-et nu-za a-pa-a-at di-nu pé.-an284 gam[
47 tu-el ku-in-ki ìr-tu4 u-i-ia nu-ut-[ta285
  a-pa-a-aš INIM-aš ḫar-kán-na ku-iš286
48 ú-da-aš na-an-kán ka-a ḫa-an-ti[287
49 sag.du-an ku-ra-an-du ma-a-an-ma-a[t(-)        ]-ut? 288
50 nu-kán a-pu-u-un un-an sag.du-an k[u-ra-an-du        ]x289
51 ku-in ku-ra-an-zi na-an-kán mar-x[290          
52 nu a-pa-a-at e-eš-ḫar ku-ua-pí pa-iz-z[i291
53 ìr-ka me-mi-iš-ta nu-kán a-pa-a-aš me-[mi-aš  292
54 ka×u-za ú-ul ú-et na-an-kán ìr-tu4 x293[
55 ul-an-kán tu-uk si×sá-it ma-a-na-an lug[al.gal am-me-el]294
56 an-na-u̯ a-li-iš me-mi-iš-ta ìr-tu4-ma-na-an [         ]295
57 a-pa-a-aš-kán inim-aš 1-an-ki ma-an-ka4 ne-pí-š[a              ]x? 296

3 dub q[a-ti?]

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II Der Text   37

§ 15
32 Mein Bruder aber [hat] mir früh[er folgendermaßen geschrieben:? …]
33 „Aggressivität (/Gewalt) hast Du mir geschickt297 […].
34 war ich jung.“ Wenn […]
35 ich meinerseits schrieb. [Ist es]? nicht aber […]?
36 Wenn mir/mich ebenso […]
37 Ein solches Wo[rt …]
38 aus dem Munde kommt […]
39 der Soldat? (/Mann aus der Truppe) streitet […]
40 ist verrückt. Nun (aufgrund?) jener/jenes [Angelegenheit? …]
41 sagt er. Wa[rum?] er mir/mich (/ich sie)? […]
42 ein solches Wort x […]
43 Wenn jenes Wort mir/mich […]
44 habe ich Aggressivität geschickt. Jetzt aber ist doch […]
45 ein Wort aus dem Mund entkommen. Zum Großkönig […]
46 kam (es?). Nun jene Rechtsangelegenheit vor […]
47 Schicke irgendeinen deiner Untertanen. Und [derjenige (Bote?), welcher]? D[ir/Dich …]
  – jenes Wort, welches zu zerstören [/löschen] (ist) –298
48 gebracht hat, den hier […] vor […]
49 soll man das Haupt abschneiden! Wenn aber [Dir/Dich …],
50 soll man jenem Menschen das Haupt ab[schneiden …]!
51 Welchen man abschneidet, den [soll man] zerleg[en/verunstalten …]
52 und sobald (/wohin) jenes Blut abfließ[t …]
53 Dein Untertan hat gesprochen, und jenes Wo[rt …,]
54 aus dem Mund ist es nicht gekommen, und ein Untertan [hat] es […]
55 und er hat es nicht auf Dich bezogen. Wenn es ein [mir]
56 gleichgestellter [Großkö]nig gesagt hätte (/sagen würde), hätte (/würde) es ein Untertan […]
57 Jenes Wort einmal irgendwie? […] des Himm[els …] x

Tafel 3 b[eendet?]

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38   S. Heinhold-Krahmer

2 Anmerkungen zur Transliteration und Übersetzung

1 Die Begründungen für diese und nachfolgende Ergänzungen finden sich im ausführlichen Textkommentar.
2 Während Goetze (Ed.) und Forrer (1929, 106) das Zeichen AN noch vollständig zu erkennen glaubten, ist der
senkrechte Keil auf der Tafel heute nicht mehr sichtbar; s. schon Sommer (AU 2) und Autographie.
3 Goetze (Ed.), Forrer (1929, 106) und Sommer (AU 2) scheinen von AR nur Spuren bemerkt bzw. vermutet zu
haben; s. jedoch die Autographie nach jüngster Kollation, wonach der größte Teil des Zeichens noch existiert.
4 Diese auch früher nie in Frage gestellte Lesung des stark zerstörten Verbs ist aufgrund des vorhandenen
Raumes und des Kontextes kaum zu bezweifeln; vgl. noch I 35–36.
5 Während Goetze (Ed.), Forrer (1929, 106) und Sommer (AU 2) ohne Bedenken é meš transliterierten, was
auch nach den Fotos in BoFN 738 u. AU Taf. I nicht problematisch erscheint, wurde beim Erstellen der neuen
Autographie statt MEŠ auch das Zeichen ME erwogen. Eine erneute Kollation durch J.H. in Berlin ergab,
dass anhand des heutigen Tafelzustandes schwer zu entscheiden ist, ob nach dem senkrechten Keil nur ein
Waagrechter (HZL 357) oder zwei (HZL 360) gestanden haben. J.H. hält Letzteres (also MEŠ) für wahrscheinli-
cher, da der Waagrechte bei ME in I 11 und 21 wesentlich kürzer ist (jedoch sind sicher keine drei Waagrechten
zu sehen wie in Goetzes Ed.). So behalten wir die bisherige Lesung bei, die auch für den Textinhalt einen
besseren Sinn ergibt.
6 Die Partikel nu am zerstörten Satzbeginn wurde und wird hier allgemein – und wohl zu Recht – ergänzt,
da der vorhandene Raum kaum etwas anderes zulässt; vgl. jedoch die beiden weiteren, den Tawagalawa
nennenden Stellen in I 71 u. II 60, wo jeweils der Beginn des rückblickenden parenthetischen Abschnitts
asyndetisch beginnt.
Das Zeichen AN nach dem nur partiell erhaltenen vorausgehenden G[IM] ist trotz der stark abgeriebenen
Stelle noch vollständig erkennbar; s. schon Goetze (Ed.), Forrer (1929, 106) u. Sommer (AU 2); ferner Hoffner
(2009, 302) u. Beckman et al. (2011, 102); s. ebenso Autographie.
7 Wohl über Rasur geschrieben, wobei Reste des Getilgten noch sichtbar sind. Im Gegensatz zu Forrers (1929,
106: nu), Sommers (AU 2: nu!) und Hoffners (2009, 302: nu!) Auffassung scheint hier nicht nur nu gestanden
zu haben. Zum einen lassen die Zeichenspuren und auch der vorhandene Raum zwischen arnuēr und kēdaš
vermuten, dass sich im Anschluss an nu noch ein weiteres Zeichen befunden hat, zum anderen erscheint
uu̯ a- in Verbindung mit gam (katta/kattan) ohnehin häufig mit der enklit. Partikel -kan, und zwar dann, wenn
sich eine Person bzw. Personen von ihrem genannten oder gedachten Aufenthaltsort entfernt bzw. entfernen,
indem sie von dort „herab kommt/kam“ bzw. „herab kommen/kamen“; s. z.  B. KBo 3.4+ II 58 (AM 62); KUB
14.15+ III 46 (AM 56); KUB 19.37 II 36 (AM 170); manchmal allerdings auch ohne -kan, z.  B. in KUB 19.10+ I 8
(DS 65: fragm. 13).
8 So mit Forrer (1929, 106) gegenüber š]a?- in Sommer (AU 2 u. 38), Hoffner (2009, 302) u. Beckman et al. (2011,
102); vgl. MA in I 11 u. 12; s. auch Autographie.
9 Die in bisherigen Textbearbeitungen anscheinend noch nie angezweifelte Lesung a-ia-u̯ a-la-aš (hapax le-
gomenon) ist nicht unproblematisch. Unkorrekt bzw. unsicher nach neusten Kollationen der Originaltafel
scheint Goetzes Ed. in dreifacher Hinsicht, und zwar bezüglich A, I.A und LA, so dass nur die Zeichen PI
(s. Translit. -u̯ a) und AŠ als korrekt geschriebene Bestandteile des Wortes gelten können.
1. Zu A: Goetzes Wiedergabe (Ed.), nämlich zwei senkrechte, oben in gleicher Höhe endende Keile, wobei der
zweite gebrochen ist, scheint nach heutigem Zustand der Tafel falsch zu sein. Ebenso scheint das voraus-
gehende A bei a-na in derselben Zeile entgegen Goetze (Ed.) keinen gebrochenen zweiten Senkrechten auf-
zuweisen; s. auch Foto BoFN 738 und Autographie. Der zweite senkrechte Keil des bislang angenommenen A
beim fraglichen Wort ist jedenfalls nach Kollation von E.R. (s. Autographie) tiefer angesetzt als im Falle des A
bei a-na, wo der zweite senkrechte Keil eindeutig höher ist als der erste. A wäre jedoch akzeptabel, wenn wir
wie Goetze sicher von einem gebrochenen zweiten Senkrechen ausgehen könnten, wobei dann der obere Keil
als zerstört zu betrachten wäre. Doch erscheint die Stelle oberhalb des erhaltenen Keiles nach Meinung von
E.R. und J.L.M. nicht allzu stark abgerieben, so dass ein ursprünglich darüber befindlicher zweiter Keil eigent­
lich in Spuren noch sichtbar sein müsste; vgl. Autographie. Nach Autopsie beim gegenwärtigen Zustand der
Stelle wäre also kaum mit einem gebrochenen Keil zu rechnen, und der von E.R. gemachte Vorschlag, hier
anstelle von A besser in den zwei senkrechten Keilen die Schreibung für die Zahl 2 zu sehen (HZL 361), wurde

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II Der Text   39

näher ins Auge gefasst; s. Kommentar. Wie schwierig allerdings eine Entscheidung hier ist, wird allein aus
der Tatsache deutlich, dass die beiden senkrechten Keile auf BoFN 738 ganz anders in Erscheinung treten.
Sie enden oben fast auf gleicher Höhe. Hinzu kommt, dass auch die beiden Senkrechten am Ende von E (HZL
187), die A (HZL 364) entsprechen, in I 5 bei ar-nu-e-er anscheinend auf gleicher Höhe enden, während bei
den beiden weiteren in derselben Zeile vorkommenden E die zweite, die gebrochene Senkrechte eindeutig
höher endet als die ihr vorausgehende ungebrochene; s. BoFN 738 u. AU Taf. I. Es ist also offensichtlich mit
verschiedenen Varianten zu rechnen. Ein Vergleich zwischen älteren Fotos (BoFN 738 u. AU Taf. I) und dem
Ergebnis der neuesten Kollationen (s. Autographie) hinsichtlich der Schreib­varian­ten von A innerhalb der
Kol. I, nämlich entweder zwei Senkrechte, wobei der zweite etwas höher als der erste endet, oder zwei Senk-
rechte, wobei der zweite höhere durch einen weiteren Keil gebrochen ist, macht zudem deutlich, dass hier
vom äußeren Eindruck her voneinander abweichende Ergebnisse erzielt werden können.
2. Zu I.A: Es weicht von den übrigen Schreibungen dieses Zeichens (entgegen Goetzes Ed.) hinsichtlich Zahl
und Anordnung der waagrechten Elemente ab: statt fünf Waagrechten sind nur vier sichtbar, die leicht schräg
nach rechts unten hin verlaufen, doch scheint eine alternative Deutung nicht möglich.
3. Zu LA: Auch die Schreibung dieses Zeichen mutet auf den ersten Blick etwas seltsam an, und zwar wegen
des wie ein kleiner senkrechter Keil wirkenden Elements oberhalb des ersten Waagrechten. Goetze (Ed.)
deutete Spuren einer Tilgung an besagter Stelle an, die jedoch nach Kollation nicht eindeutig erkennbar
sind. Auch hat er fälschlich sechs Waagrechte kopiert anstatt der nur fünf tatsächlich vorhandenen; s. Auto-
graphie.
10 Die gemeinsame Kollation der Originaltafel bestätigte ḫa[r-ta] (so schon Forrer 1929, 106; Sommer, AU 2;
Goetze, Ed.); s. weiteren Beleg des Zeichens ḪAR [HZL Nr. 333] in I 26 anstatt der dort zunächst auch erwoge-
nen Lesung su[m-ta], die Millers Übersetzung (2006, 242) zugrunde liegt.
11 Weder exaktes TA (Sommer, AU 2 mit Ausrufezeichen und anschließend zwei Fragezeichen) noch vollstän­
diges DA. Bei TA würden der zweite Winkelhaken sowie zwei eingeschriebene senkrechte Keile in der Mitte
fehlen, bei DA wäre der dritte in der Mitte befindliche, waagerechte und gebrochene Keil nur rudimentär er-
halten. Für DA spricht entgegen Hoffner (2009, 302: -ta!) und Tischler (HEG III/9, 317), dass der Winkelhaken
relativ weit nach unten geht (Foto BoFN 38) und in I 30 u. 38 eine ähnlich knapp dargestellte Form erscheint;
vgl. noch unten I 74 Anm. 83; s. M.W., S. 317 u. 220  f. Table I u. II, Nr. 214.
12 In Hoffner 2009, 302 fälschlich gim-an i-na.
13 S. schon Goetze (Ed.) und Sommer (AU 2), wofür auch BoFN 738 und AU Taf. I und ebenso auch das jüngste
Foto (hethiter.net/: PhotArch BoFN00738) sprechen. Forrer (1929, 106: i?-ia-la-an-da) schien noch etwas mehr
gesehen zu haben; vgl. auch CHD L-N 467 nu A h 5′: ur[uI]yalanda; s. jedoch Hoffner (2009, 302: uru[I-i]a-la-
an-da).
14 Die Lesung ta- (s. auch Sommer, AU 2 u. 57; ebenso Hoffner 2009, 303 u. Beckman et al. 2011, 102) scheint
gegenüber ša- (so Goetze, Ed.; erwogen auch von Forrer 1929, 128) gesichert.
15 Entgegen Goetze (Ed.) sind vor ZA noch Reste vorhanden, die zu MU passen. Auch Forrer (1929, 106) sah
Spuren, die er jedoch versuchsweise als AN deutete. Sommer (AU 2) dagegen zog bereits MU in Erwägung. In
Hoffner (2009, 303) wird MU sogar als vollständig erhaltenes Zeichen transliteriert, in Beckman et al. (2011,
102) dagegen mit Halbklammern.
16 Die auf den älteren Fotos (BoFN 738 u. AU Taf.  I) sichtbare und auch von Goetze (Ed.) gesehene Zei-
chenspur nach ìr meš wurde wohl auch von Forrer (1929, 106) bemerkt, doch zu Recht sah er von einer Deutung
ab. Auch heute scheint ein winziger Rest bemerkbar; s. Autographie. Sommer (AU 2) berücksichtigte ihn aller-
dings nicht in seiner Translit. Zur möglichen Ergänzung in Verbindung mit den auf die kurze Lücke folgenden
Zeichenresten s. die nachfolgende Anmerkung und den Kommentar.
17 Von dem allgemein vermuteten AN sind auf den älteren Fotos der abschließende senkrechte Keil und eine
Spur des davor befindlichen Waagrechten zu sehen. Davor wäre EGIR nach den schwachen Spuren durchaus
zu erwarten; s. BoFN 738. Vor dem angenommenen egi]r?-⸢an⸣ (ebenso CHD Š, 168, wo nur das Fragezeichen
fehlt) besteht in der Lücke noch Raum für ca. 2–3 Zeichen.
18 Raum für ca. 4–5 Zeichen bis zum Rand.
19 Sowohl Forrer (1929, 106) als auch Sommer (AU 2), Letzterer mit Fragezeichen, vermuteten nach dem Satz
einleitenden nu an der abgesplitterten Stelle noch die Spuren von ZA zu erkennen. Während die Fotos BoFN

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40   S. Heinhold-Krahmer

738 u. AU Taf. I nicht unbedingt dagegen zu sprechen scheinen, wird aus einer jüngeren Aufnahme (hethiter.
net/: PhotArch BoFN00738) deutlich, dass dies kaum zutreffend ist. Zu Hoffners Argument gegen eine Lesung
nu-za aus grammatikalischen Gründen s. Kommentar.
20 Raum für ca. 4–5 Zeichen. Zu Ergänzungsversuchen s. Kommentar. Eine von Forrer und Sommer bemerkte
Zeichenspur im Interkolumnium, für die sie das Zeichen RA in Erwägung zogen, ist heute kaum mehr sicht-
bar.
21 Hierher gehört wahrscheinlich die nahe am rechten Kolumnentrenner bzw. sogar auf diesem befindliche
Spur eines Zeichens; vgl. auch Goetze, Ed. u. Autographie. Sie ist wohl, bedingt durch den nicht ganz exakten
Zusammenschluss des linken Bruchstücks mit dem rechten der Tafel (feststellbar auch aufgrund des rechts
leicht nach oben verschobenen Paragraphenstrichs zwischen I 15 und 16), in eine Lage zwischen I 23 und I
24 geraten. Forrer (1929, 106), Sommer (AU 2) und Hoffner (2009, 303) stellten diesen Rest offenbar an das
Ende von I 23, wo von ihnen die Ergänzung aš-r]a? erwogen wurde. Zur Zugehörigkeit besagter Zeichenspur
zu I 24 s. noch Kommentar. In diesem Fall wäre in der vorausgehenden Lücke mit ca. 3–4 weiteren Zeichen
zu rechnen.
22 Der schwach erkennbare Zeichenrest vor der Abbruchstelle (nicht berücksichtigt in Goetze, Ed.) wurde
bislang unterschiedlich gedeutet. Während Forrer (1929, 106) ohne Fragezeichen hier a-bi-[e-iz da-aḫ-ḫu-un]
und Sommer (AU 2) versuchsweise a-pí-i̤[z? aṣ-bat] ergänzt hatten, dachte J.L.M. (mündl.; vgl. auch seine
Übersetzung: Miller 2006, 243) ursprünglich an eine Ergänzung a-pé-e[l + Verb], da der Zeichenrest vor dem
Bruch seiner Meinung nach bestenfalls als Winkelhaken gedeutet werden konnte. Inzwischen kamen wir
nach erneuter gemeinsamer Auswertung aller Fotos zum Ergebnis, dass es sich dabei doch eher um den Rest
eines waagrechten Keils gehandelt haben dürfte, was sowohl mit Sommers Ergänzung als auch mit der von
Hoffner (2009, 303) erwogenen Ergänzung a-pí-y[a? harmonieren könnte; s. auch Kommentar.
23 In der vorausgehenden Lücke ist ein Verb zu erwarten, wofür maximal 4–5 Zeichen veranschlagt werden
könnten. Bei den Eindruckstellen zwischen den Kolumnenlinien hier und in den beiden folgenden Zeilen ist
nicht erkennbar, ob es sich um Zeichenreste oder um Zerstörungsspuren handelt.
24 Die fehlende Nominativ-Endung wurde hier in Entsprechung zu den übrigen Namensbelegen des Textes
eingefügt; so auch Hoffner (2009, 303) u. Beckman et al. (2011, 102).
25 Lücke mit Raum für etwa 4–5 Zeichen.
26 Eine ganz schwache Zeichenspur befindet sich nach dem allgemein als sicher geltenden Determinativ
für männliche Personennamen. Nicht einmal dieses Determinativ ist nach unten hin vollständig erhalten;
s. Autographie. Auch ist dieser zweifellos senkrechte Keil nach den Fotos noch von winzigen Eindrücken
umgeben, bei denen nicht eindeutig erkennbar ist, ob es sich um Zeichenreste oder nur Zerstörungs- bzw.
Verschleißerscheinungen der Tafeloberfläche handelt; s. BoFN 738 u. AU Taf. I; vgl. dazu hethiter.net/: Pho-
tArch BoFN00738.
Hoffner (2009, 303) hat diese Stelle fälschlich mit der Anm. 323 versehen. Hierfür war wohl die in seiner Über-
setzung befindliche Anm. 278 vorgesehen. Zur Lesung des hier zu erwartenden Namens mL[a-ḫur-zi-iš nebst zu
ergänzenden enklit. Partikeln, von denen -kan vielleicht noch Raum im Interkolumnium beansprucht haben
könnte; s. Kommentar.
27 Lücke von etwa 4–5 Zeichen bis zum Kolumnentrenner. Im Gegensatz zu Hoffner (2009, 303) konnten wir
keinen klar deutbaren Rest des wegen des Prädikats in I 28 (anda eš-) zu erwartenden -kan im Bereich des
Interkolumniums feststellen. Erkennbare Vertiefungen im dort abgesplitterten Bereich könnten eventuell auf
ein Zeichen zurückzuführen sein, falls es sich nicht nur um zerstörungsbedingte Eindruckstellen handelt;
s. AU Taf. I, BoFN 738 u. hethiter.net/: PhotArch BoFN00738.
28 Zur Frage der Ergänzung der Lücke von ca. 5 Zeichen bis hin zum Kolumnentrenner s. Kommentar.
29 Die vorhandenen Zeichenreste (s. Autographie) deuten eher auf KUR hin (vgl. I 35; s. auch schon Forrer
(1929, 106) und Sommer (AU 2) als auf das zunächst von uns gemeinsam vermutete ŠA, woran die vagen Spu-
ren auf dem Foto BoFN 738 denken ließen. Goetze (Ed.) war sich offenbar völlig unschlüssig.
30 Während Goetze (Ed.) nach a-pé- noch deutlich den Beginn der beiden Waagrechten, die z.  B. zu E (NH 187)
oder EZ, IZ (NH 178) gehören könnten, gezeichnet hat (s. auch Fotos BoFN 738 u. AU Taf. I; vgl. hethiter.net/:
PhotArch BoFN00738), lässt die Tafel heute nur noch den Rest von einem Waagrechten klar erkennen. Da-
nach ist bis zur Kolumnenlinie noch Raum für ca. 5 Zeichen. Forrer (1929, 106) las hier a-bí-e[? und Sommer

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II Der Text   41

(AU 2) erwog a-pí-i]z?. Hoffner (2009, 303) schließlich trug keinerlei Bedenken, sich klar auf a-pé-e[z fest-
zulegen. Eine vollständige Ergänzung der Lücke versuchten Sommer und nach ihm Beckman; s. Kommentar.
31 Zusätzlich zu dem ergänzten -u̯ a (-wa(r-)), der in der Lücke zu erwartenden Partikel der direkten Rede,
scheint noch Raum für etwa 5–6 Zeichen gewesen zu sein.
32 Bis zur Kolumnenlinie ist Raum für ca. 8 Zeichen. Zu bislang versuchten Ergänzungen s. Kommentar.
33 S. HZL Nr. 261, wo noch wie früher Du gelesen wird; doch wird dieser den Wettergott betreffenden Lesung
dort bereits hinzugefügt: „(eigentlich Dx = „10“) Wettergott“.
34 Im Gegensatz zu Zeiten von Goetze (Ed.), Forrer (1929, 106) u. Sommer (AU 4) wirkt heute auf der Taf. MA
sehr zerstört und anschließend in der Abbruchstelle ist ein Rest von AŠ kaum mehr zu sehen; s. Autographie.
35 Raum für ca. 8 Zeichen. Zur Ergänzung s. Kommentar.
36 Raum für ca. 7 Zeichen.
37 Für den Fall, dass eine Ergänzung [ḫarganu(nu)n] nach arḫa korrekt ist, wäre noch mit einem Raum von
ca. 3–4 Zeichen bis zum Kolumnentrenner zu rechnen. Doch ist die Zeile hier mit dem Prädikat wohl aufgrund
des in I 36 mit nu neu einsetzenden Satzes beendet gewesen.
38 Goetze (Ed.), Forrer (1929, 106) und Sommer (AU 4) glaubten hier noch einen Teil von GA zu sehen. Der
Platz in der Lücke reicht für ca. 8 Zeichen nach ḫar-x[-…]; als Ergänzung des Verbs kämen neben ḫar-g[a-nu-
(nu-)un …] auch ḫar-g[a-an …] oder ḫar-k[án …] in Betracht; s. Kommentar.
39 Nach dem unvollständigen Verb ḫar-x[ dürfte am Zeilenende noch die Einleitung des in I 37 nachfolgen-
den Satzes gestanden haben. Zur Ergänzung der fehlenden Zeichen s. Kommentar.
40 a-na uru ist auf den Fotos BoFN 738 u. AU Taf. I noch zu erkennen; s. auch Goetze (Ed.), Forrer (1929, 106)
und Sommer (AU 4). In Letzterem steht jedoch uru bereits mit Fragezeichen. Nach der jüngsten Kollation
durch J.H. ergab sich, dass an dieser Stelle nur noch sehr wenig sichtbar ist. Von A ist nur ein senkrechter Keil
erhalten, von NA sind nur die zwei Winkelhaken und ein Senkrechter erhalten. Der waagrechte Keil am Be-
ginn des Zeichens scheint durch Abnutzung verloren zu sein. Die Stelle ist glatt. Vom nachfolgenden Zeichen
URU ist kaum mehr etwas zu sehen. Zu versuchten Ergänzungen der nachfolgenden Lücke s. Kommentar.
41 Raum für ca. 8–9 Zeichen, der aber vermutlich nicht ganz ausgenutzt wurde.
42 Gegenüber dem früheren Erhaltungszustand (die Fotos BoFN 738 u. AU Taf. I; vgl. Goetze, Ed.) weist die
Tafel in I 38 heute weitere Abnutzungserscheinungen bei einzelnen Zeichen auf; vgl. Autographie.
43 Raum für ca. 8 weitere Zeichen.
44 Die noch auf auf den Fotos BoFN 739 u. AU Taf. I nach ú-u̯ a-nu-un und vor šà sichtbare Spur ist heute auf
der Tafel nicht mehr eindeutig als Zeichenrest zu erkennen; s. Autographie. Sie wurde früher ziemlich einhel-
lig als nu gedeutet; s. Goetze, Ed., Forrer 1929, 106 (mit Fragezeichen) und Sommer, AU 4 (ohne Bedenken).
Nach E.R. ist diese Spur auf den alten Fotos sowie einem neueren Arbeitsfoto von M.W. zu schwach gegenüber
den anderen Zeichen der Umgebung, und auch der Raum für nu wäre zu knapp. Nach M.W. könnten zwar die
Spuren auf nu hinweisen, doch gegen diese Lesung spräche die Tatsache, dass kein Spatium zwischen dem
vermeintlichen nu und dem mit dem Verb ú-u̯ a-nu-un schließenden vorausgehenden Satz vorhanden sei.
J.L.M. hält aufgrund der Fotos BoFN 739 u. AU Taf. I für möglich, dass es sich um ein nachträglich eingesetztes
nu handeln könnte. Hoffner (2009, 304) betrachtet nu šà aufgrund des Fotos AU Taf. I als unklar und liest
stattdessen KUR; s. jedoch Kommentar.
45 Nach ergänztem ⸢I⸣-ia-[la-an-da?- noch Raum für ca. 5–6 Zeichen.
46 Auch in dieser Zeile weist die Tafel heute gegenüber den Fotos BoFN 739 u. AU Taf. I (s. z.  B. oben Anm. 40,
42, 44) weitere Abnutzungen auf.
47 Noch Platz für ca. 9–10 Zeichen.
48 Raum für weitere 10–11 Zeichen. Zur möglichen Ergänzung der Lücke s. Kommentar.
49 Raum für ca. 11–12 Zeichen.
50 Die beiden ersten Zeichen sind heute noch stärker abgenutzt als früher.
51 Der Zeichenrest stellt zweifellos einen Winkelhaken dar. Während Forrer (1929, 108) hier versuchsweise
u[l? setzte, was aufgrund des Vergleichs mit UL in I 44 u. I 46 sehr gut möglich scheint, zog Sommer (AU 4) die
Lesung t[e? in Erwägung (ebenso Hoffner 2009, 304 u. Beckman et al. 2011, 104), wogegen freilich die Position
des Winkelhakens sprechen dürfte. Zu Sommers Ergänzungsversuch s. Kommentar.
52 Raum für ca. 11–12 Zeichen.

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42   S. Heinhold-Krahmer

53 Raum für ca. 11–12 Zeichen. Zu Sommers Ergänzung der Lücke (AU 4) s. Kommentar.
54 Nach ma-a- ist auf den alten Fotos (BoFN 739 u. AU Taf. I) noch der Anfang eines waagrechten Keils zu
erkennen, der einerseits an ma-a-a[n denken lässt (so auch Goetze, Ed. u. Forrer 1929, 108), andererseits
auch an ma-a-n[a-an wie in Sommer (AU 4), Hoffner (2009, 304) u. Beckman et al. (2011, 104); vgl. hierzu die
nachfolgende Zeile I 46: egir-pa ma-a-na-an.
55 Raum für 11–12 Zeichen.
56 Raum für ca. 12 Zeichen; zu Sommers fragwürdigem Ergänzungsversuch s. Kommentar.
57 Die Translit. und der Ergänzungsversuch durch Sommer, A-ba-u̯ [i?-i̯a (s. AU 4–5; vgl. auch Hoffner 2009,
304: uru A-ba?-x[-…] und Beckman et al. 2011, 104: uru A-ba-x[-…]) wurden in neuerer Zeit wieder in Frage ge-
stellt oder sogar für unrichtig erachtet. Der Vorschlag, hier statt eines BA besser ein MA zu lesen (so schon
nach Goetze, Ed.; Miller 2006, 243; ebenso J.D.H. unten S. 340, 351 u. 355) konnte jedoch durch erneute Kol-
lation in Berlin von J.H. (am 29. 01. 2009) nicht mit letzter Sicherheit gestützt werden. Nach J.H. ist der mitt-
lere waagrechte Keil an dieser Stelle in I 47 klarer gezeichnet als bei den in der Umgebung vorkommenden
Schreibungen für MA (z.  B. I 36, 45, 46, 51). Es fällt jedoch noch weiter auf, dass das im Text nur zwei Mal
sicher bezeugte Zeichen BA, das in zwei aufeinander folgenden Zeilen bei ein und demselben Namen vor-
kommt (II 57  f.), dennoch völlig unterschiedlich dargestellt wurde. Während es in II 57 stark von den MA-
Schreibungen im Text abweicht, indem der Kopf des mittleren waagrechten Keils viel weiter links vom oberen
und unteren Waagrechten angesetzt ist und nicht wie die beiden Letztgenannten bis an den nachfolgenden
senkrechten Keil heranreicht, könnte es in II 58, nur eine Zeile später, durchaus mit dem MA in III 15 sowie
einigen von dessen Varianten in Kolumne IV (z.  B. IV 6, 49, 55) verglichen werden; s. Fotos u. Autographie;
vgl. aber M.W. Table I u. II. Es ist also einerseits nicht ganz auszuschließen, dass in I 47 noch eine dritte
Variante für BA vorliegen könnte, und Sommers Lesung somit korrekt wäre. Es wäre aber anderseits auch
die von J.H. erkannte auffällig klarere Darstellung des mittleren waagrechten Keils in I 47 gegenüber den
umliegenden Schreibungen von MA kein sicheres Argument dafür, dass hier statt eines MA ein BA vorliegen
müsse. Forrer (1929, 108) schließlich hatte den nur fragmentarisch erhaltenen Ortsnamen (Uru-Íd-) š[e-e-ḫa
gelesen. Dieser Deutung der Zeichenreste widersprach jedoch Sommer (AU 74) entschieden, indem er unter
anderem darauf hinwies, dass die für die zweite Hälfte von ÍD nötige Brechung des mittleren waagrechten
Keils nicht vorhanden sei; s. auch Autographie. Aufgrund von HZL Nr. 365, wo die zweite Variante von ÍD
eindeutig ohne Brechung dieses mittleren Waagrechten dargestellt ist, scheint jedoch Sommers Argument
hinfällig geworden zu sein. Somit wäre auch Forrers Lesung nicht völlig auszuschließen. Fraglich bleibt
zudem, ob wir im Anschluss an die beiden vollständig erhaltenen, wenngleich unterschiedlich gedeuteten
Zeichen noch mit Goetze (Ed.) einen Winkelhaken annehmen dürfen (vgl. auch die älteren Fotos BoFN 739
u. AU Taf. I), oder ob hier nur mit einer zerstörungsbedingten Beschädigung (vgl. Autographie) zu rechnen
ist.
58 Raum für ca. 12 Zeichen.
59 Auch hier ist die Zerstörung der Tafel gegenüber früher größer geworden. Goetze (Ed.) sah offenbar noch
das gesamte PI (hier: -u̯ a-) ebenso Forrer (1929, 108). Sommer (AU 4) glaubte sogar noch einen Rest des nach-
folgenden AN erkennen zu können. Jedenfalls ist das gesamte PI (hier: -u̯ a-) auch noch auf den älteren Fotos
(BoFN 739 u. AU Taf. I) zu erkennen.
60 Zwischen ergänztem a-na und aš-pur wäre in der Lücke Raum für ca. 5–6 weitere Zeichen, falls die Zeile
mit aš-pur bis hin zum Kolumnentrenner gereicht hat. Sie kann aber auch schon früher geendet haben, so
dass die Lücke dann kleiner zu veranschlagen wäre. Zur Ergänzung des darin zu erwartenden PN s. Kom-
mentar.
61 Während auf den älteren Fotos das E noch klar sichtbar ist und von ḪU alle Bestandteile bis auf den zwei-
ten Senkrechten erkennbar sind (s. auch Goetze, Ed., Forrer 1929, 108 u. Sommer, AU 4), zeigt die Tafel in
ihrem heutigen Zustand nur noch ein E (bestätigt durch die letzte Kollation von J.H.).
62 So lautet auch in Sommer (AU 4), Hoffner (2009, 304) u. gemäß Millers Übersetzung (zuletzt 2010, 160) die
weitere Ergänzung nach ⸢e-ḫu⸣; vgl. dagegen Forrer (1929, 108), der danach kiš-š]a-a[n-va-za) las. Die auf den
Fotos AU BoFN 739 u. AU Taf. I auftretenden Vertiefungen und der vorhandene Raum scheinen nicht gegen
das hier auch inhaltlich mögliche kiš?]-a[n zu sprechen. Von -a[n sind auch heute noch die beiden waagrech-
ten Keile sichtbar; s. Autographie.

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II Der Text   43

63 Vorausgesetzt diese schon von Sommer (AU 4), ferner Miller (2006, 243) u. Hoffner (2009, 304) vorge-
nommene Ergänzung, die sich aufgrund der nachfolgenden Zeilen 50–52 geradezu aufdrängt, ist korrekt, so
bliebe im Anschluss an [nu kiš?]-a[n a-na šeš-ia-ia …] noch Raum für etwa ein weiteres Zeichen vor ]x zag.
64 Die Lesung der Zeichenspuren vor ZAG wurde ausführlich diskutiert. J.L.M. schlug vor, hier [a-š]ar? zag
statt Sommers ma.]ḪẠr? zag (AU 4) zu lesen. Gegen ḪAR ließe sich einwenden, dass die auf Winkelhaken
hindeutenden Spuren etwas weiter als gewöhnlich von den Waagrechten entfernt sind (vgl. I 36 u. 49). Nach
der letzten Kollation durch J.H. in Berlin (am 29. 01. 2009) wäre aber das Zeichen ḪAR, für das auch J.D.H.
plädierte, möglich, ŠAR dagegen auszuschließen. Die Spuren scheinen jedenfalls nicht allzu gut in Einklang
mit ŠAR in I 66 zu stehen; vgl. die Autographie.
65 Während unmittelbar nach ke-e-da-ni- auf der Tafel nach derzeitigem Zustand bestenfalls schwache Spu-
ren von drei waagrechten Keilen des Zeichens HZL 218: I.A (I̯A) vor der Abbruchstelle zu erkennen sind (s.
Autographie), erscheinen auf BoFN 739 u. AU Taf. I deutlichere Reste dieses Zeichens; vgl. auch Goetzes Ed.
Im Anschluss an die Lücke von etwa zwei weiteren vollständigen Zeichen folgt dann als Rest eines weiteren
Zeichens eine Waagrechte, an die eine Senkrechte unmittelbar anschließt, was auf AN (vgl. z.  B. I 6 u. 61)
schließen lässt. Zu der inhaltlich passenden und schon von den Pionierforschern vorgenommenen Ergän-
zung s. Kommentar sub I 50.
66 Von RA ist noch der größte Teil sichtbar; s. Sommer (AU 4; so auch Hoffner 2009, 304; Beckman et al.
2011, 104 u. Miller 2010, 161), der nach fast vollständigem RA auch noch Spuren des nachfolgenden DU zu
erblicken glaubte; s. die Fotos BoFN 739 u. AU Taf. I, wo es sich bei zwei Spuren auf der schrägen Abbruch-
stelle vielleicht um Reste der beiden unteren Waagrechten dieses Zeichens (HZL 128, 12. Variante) handeln
könnte; vgl. dagegen Goetze, Ed. u.  E.R., Autographie, wonach nichts davon zu sehen wäre; zur Ergänzung s.
Kommentar.
67 Auf den älteren Fotos (AU Taf. I u. BoFN 739) sind oberhalb des waagrechten Keils noch die drei ersten
Winkelhaken von ŠEŠ (HZL 79) zu sehen. Es fehlen nur die beiden abschließenden Winkelhaken. Heute ist
nur noch ein Teil des waagrechten Keils klar erkennbar; s. Autographie.
68 Auf den Fotos BoFN 739 u. AU Taf. I ist MU ziemlich vollständig sichtbar, nicht mehr jedoch auf der Tafel
in ihrem heutigen Zustand; s. Autographie.
69 Den zweiten Teil von I.A (HZL 218) haben Forrer (1929, 108) u. Sommer (AU 4) jeweils mit Fragezeichen in
ihre Translit. eingefügt. Nach den Fotos BoFN 739 u. AU Taf. I, sowie Goetzes Ed. wären nur noch Reste von
drei waagrechten Keilen und am Ende zwei Senkrechte (s. z.  B. I.A in I 35 oder 51) zu erkennen. Die Kollation
in Berlin hat jedoch ein A mit einem waagrechten und einem gebrochenen senkrechten Keil sowie davor
noch die zu I gehörigen Reste von drei waagrechten Keilen ergeben; zur Ergänzung nach II 9 aufgrund des
Kontextes s. Kommentar.
70 In der Lücke ist Raum für ca. 6–7 weitere Zeichen.
71 Während Forrer (1929, 108) bereits wie wir heute im Anschluss an die Negation die Partikel -ma u. das
Pronomen -mu las, erwog Sommer hier ú.ul-i̯ạ?-mu. Zu weiteren Parallelen der Folge -ma=mu s. Kommentar.
72 KI ist auf den älteren Fotos (BoFN 739 u. AU Taf. I) noch recht gut erhalten (s. Goetze, Ed., Forrer 1929, 108,
Sommer, AU 4), während das Zeichen heute nur noch unvollständig zu sehen ist; s. Autographie.
73 Raum für 6–7 Zeichen in der vorausgehenden Lücke.
74 Auf BoFN 739 u. AU Taf. I sind vor der Abbruchstelle ein vermutlich waagrechter und anschließend zwei
senkrechte Keile zu erkennen (s. auch Goetze, Ed.), weshalb Forrer (1929, 108), Sommer (AU 4) u. Hoffner
(2009, 304) hier Ú (mit Fragezeichen) in Betracht zogen. Dieses Zeichen war anscheinend ebenfalls wie ein
weiterer großer Teil der Zeile (mehr als deren zweite Hälfte) getilgt worden; s. Autographie.
75 In der Lücke Platz für etwa 7 Zeichen.
76 Vor -un ist mehr als die Hälfte der Zeile getilgt, wobei noch einige Zeichenspuren sichtbar sind. Das Zei-
chen unmittelbar vor -un las Forrer (1929, 108) -mu, Sommer -n]u?- (vgl. Hoffner 2009, 304: -nu?-). Eine Ent-
scheidung ist kaum möglich (vgl. Goetze, Ed. u. Autographie).
77 Ob Forrer (1929, 108) auf der Tafel noch den Anfang von [n]u am Zeilenbeginn gesehen hat, bleibt sehr
fraglich; vgl. Goetze, Ed., wonach schon 1926 nichts mehr zu erkennen gewesen wäre. Nach Sommer (AU 4
u. 80) jedenfalls war auf dem Original nichts mehr davon zu sehen und er versuchte diese Lesung nur noch
aufgrund des Fotos (AU Taf. I) nachzuvollziehen. Zur Ergänzung des Ortsnamens s. Kommentar.

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44   S. Heinhold-Krahmer

78 An Stelle der von Sommer (AU 4 u. 83) hier erwogenen, aber aus Raumgründen abzulehnenden Ergänzung
[nu-u?-]u̯ a bleibt nur der Ausweg, ein <u> als Konjektur anzubringen. Vom Ende eines waagrechten Keils vor
-u̯ a, wie nach Goetzes Ed. anzunehmen wäre, ist auf der Tafel und den Fotos nichts zu erkennen; s. Autogra-
phie und bereits Sommer, AU 84 Anm. 1.
79 Zu Ergänzungsmöglichkeiten am Zeilenbeginn s. die ausführliche Diskussion im Kommentar.
80 Sommers las ṳ́ ?-[u̯ ]ạ?-nụ?-ụn im Anschluss an lugal.gal Dieses Verbum begann nach seiner Meinung
unterhalb von GAL und durchquerte schräg nach unten verlaufend den Kolumnenzwischenraum bis etwa
auf das Niveau von Kol. II 73. Diese Lesung der problematischen Zeichenspuren lässt sich jedoch nicht mehr
halten; s. hierzu ausführlich den Kommentar S. 133  f. zu I 71 u. S. 217 zu II 72.
81 So nach Miller 2010, 163 Fig. 4; s. auch Kommentar.
82 Zur möglichen Lesung des Zeichenrestes vor -ma zuletzt Miller 2010, 165.
83 Zu DA vgl. oben I 13 mit Anm. 11.
84 Weder Forrers (1929, 108: 𒑱 za-a[r?-ši-ia-an ]) noch Sommers (AU 6: 𒑱 zạ-ar?-ši̤??-i̯a̤?[…]) Lesung an dieser
Stelle lässt sich anhand der älteren Fotos BoFN 738 u. AU Taf. I, Goetzes Ed. und der Originaltafel in ihrem
heutigen Zustand als gesichert erweisen. Daher sehen wir im Gegensatz zu Hoffner (2009, 305) und Beckman
et al. (2011, 106) von einer Translit. der unsicheren Zeichenspuren ab; s. Autographie. Eindeutig erkennbar
scheint ein doppelter Glossenkeil zu sein. Zu den übrigen Belegen von zaršiya- im Text mit jeweils nur einem
einfachen Glossenkeil (II 61, 62, 64; III 2) s. Kommentar. Für ZA als erstes Zeichen nach dem doppelten Glos-
senkeil könnte zwar die Tatsache sprechen, dass das Foto in AU Taf. I noch zwei senkrechte Keile auf gleicher
Höhe erkennen lässt; s. auch die beiden vergrößerten Fotos der Stelle in Miller 2010, 167 Fig. 8. Nach Miller
(2010, l. c.) lassen sich aber die anschließend noch sichtbaren Spuren kaum mit einem AR vereinbaren. Dies
hatte auch Sommer (AU 92) bezüglich der Belege dieses Zeichens in I 2, 5, 6 usw. festgestellt, doch glaubte er,
die entsprechende Form von AR in II 61 (in Sommer II 62), und zwar beim selben Wort, gefunden zu haben,
was jedoch allein schon aufgrund der wenigen und schlecht erhaltenen Elemente des in Frage kommenden
Zeichens nicht ganz nachvollziehbar ist. Am ehesten könnte eine Entsprechung zumindest bezüglich der
Höhe des Winkelhakens am Beginn von AR in 𒀹 za-ar-ši-ia-aš in II 62 (in Sommer II 63) konstatiert werden,
der in etwa oben auf gleichem Niveau mit dem vorausgehenden ZA endet. Dies wäre auch in II 1 der Fall,
vorausgesetzt, es ist nach dem doppelten Winkelhaken dort tatsächlich ein ZA zu lesen und bei dem Beginn
des nachfolgenden Zeichenrestes handelt es sich tatsächlich um einen Winkelhaken; vgl. Autographie und
Fotos in Miller 2010, 167 Fig. 8.
85 Auf der zerstörten zweiten Zeilenhälfte ist Raum für mindestens 9–10 Zeichen; Zeichenspuren sind noch
schwach erkennbar.
86 Goetze (Ed.) glaubte hier ein DA zu sehen, während Forrer (1929, 108) ID (mit Fragezeichen) erwog und
davor und danach noch weitere Zeichen zu deuten versuchte. Sommer wagte zu Recht keine Identifizierung
der Zeichenspuren. Jedenfalls erlauben die älteren Fotos (BoFN 738 u. AU Taf. I) und insbesondere der heutige
Zustand der Tafel keinerlei Deutung mehr.
87 Nach ú-ul ist jedenfalls Raum für mindestens 9–10 Zeichen, wobei wie zuvor in I 1 ebenfalls noch Spuren
sichtbar sind.
88 Zwischen me-ma-i und dem Verb am Zeilenende ist Raum für ca. 6 Zeichen, die teilweise in Spuren noch
sichtbar sind. Die beiden vorhandenen Zeichenreste (s. Autographie) lassen neben -n]a?-⸢na⸣[-  ] noch eher
an die Lesung n]a?-⸢an⸣[  ] denken.
89 UN befindet sich bereits zum Teil auf dem Rand; s. Autographie. Es handelt sich hierbei um die Endung
des heute ansonsten nur noch in Spuren vorhandenen Verbs (1.Sg.Prt.). Goetze (Ed.) kopierte vor UN und
einem weiteren kaum sichtbaren Zeichen noch zwei Zeichenreste, die wohl zu Recht mit NA und AḪ in Ver-
bindung gebracht wurden; s. Forrer 1929, 108, Sommer, AU 6, vgl. auch die Fotos BoFN 738 u. AU Taf. I.
90 Goetze (Ed.) kopierte nach ⸢tar-te- Spuren, die eher an das Zeichen E als an NU erinnern; s. auch Auto-
graphie. Forrer (1929, 108) und Sommer (AU 6) waren sich über den Zeichenrest unschlüssig, indem sie zwar
NU einsetzten, aber mit Fragezeichen versahen (ebenso Hoffner 2009, 305). Wir entschieden uns nach Au-
topsie der Tafel und aufgrund der Fotos für die Lesung von Goetze.
91 Die Lesungen von Forrer (1929, 106: [ši]-an-da) und Sommer (AU 6: Ịgị?-ạn-da) dürften hier korrekt sein.

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II Der Text   45

Die älteren Fotos sprechen nicht dagegen, auch wenn man hier zunächst entsprechend I 67  f. pa-ri-ia-an er-
warten möchte; gegen Letzteres s. jedoch Kommentar.
92 Die beiden letzten Zeichen sowie zur Hälfte das vorausgehende Zeichen I.A sind über bzw. auf den Rand
geschrieben (s. AU Taf. I Rd. Vs. II u. Autographie). Goetze (Ed.) bemerkte noch U, den Beginn des Verbs;
in Sommer (AU 6) findet sich ụ-ị-i̯a-nu-un (s. auch AU Taf. I). Dass Forrer (1929, 108) das gesamte Verb noch
völlig unversehrt vor Augen hatte, wie seine Translit. suggeriert, ist kaum anzunehmen (vgl. auch BoFN 738;
AU Taf. I).
93 Raum für ca. 4 Zeichen in der vorausgehenden Lücke. Anschließend die Reste von etwa 2 Zeichen. Wäh-
rend Forrer (1929, 108) hier [dag-šu-ul]-va-aš-ši ergänzte, findet sich in Sommer (AU 6) die Lesung i̤?-i̤t?-u̯ ạ-
aš-ši, der sich Hoffner (2009, 305: ⸢i?-it?-wa-aš-ši⸣) u. Beckman et al. (2011, 106: ⸢i-it-wa-aš-ši⸣) anschlossen.
Doch hat schon Goetze (Ed.) nur 2 Zeichenreste angedeutet, die auch heute noch zu sehen (s. Autographie),
jedoch nicht klar zu deuten sind, s. auch die Fotos älteren (BoFN 738 u. AU Taf. I) u. neueren (S. 311 u. 314 u.
PhotArch BoFN00738) Datums.
94 Etwa ein bis zwei weitere Zeichen wären nach den beiden sichtbaren Spuren noch vom Platz her bis zum
Rand hin möglich. Ob es sich bei diesen Spuren um Zeichenreste oder aber, wie Sommer (AU 96) annahm, nur
um bedeutungslose Vertiefungen handelt, oder um Reste von Korrigiertem, lässt sich nicht klären.
95 Nach nu-u̯ a-ra-an šu-an wäre ein Verb in der Imperativform, und zwar e-ep analog zu I 69 zu erwarten,
doch scheinen die vorhandenen schwachen Spuren dies nicht zu stützen, so dass Forrer (1929, 108) und
Sommer (AU 6) e-ep nur sehr zögerlich mit Fragezeichen an dieser Stelle einsetzten (ebenso Hoffner 2009,
304; dagegen ohne Bedenken Beckman et al. 2011, 106). Schon Goetze (Ed.) sah vom ersten Zeichen nur einen
waagrechten und vielleicht den Rest eines senkrechten Keils. Foto BoFN 738 (s. unten S. 311 sub Kapitel V.2.)
könnte allerdings beim ersten Zeichen an ein E denken lassen.
96 Goetze (Ed.) war sich über die vorhandenen Zeichenspuren offenbar nicht ganz im Klaren. Forrer (1929,
112) las bereits kur.(uru-) had-ti; Sommers (AU 6) kur uruk ỤbẠbbẠr??-ti̤ (s. auch Hoffner 2009, 306 u. Beck-
man et al. 2011, 106) dürfte dagegen aus Raumgründen auszuschließen sein. Statt der hier vorgenommenen
Lesung Ḫat-ti ist heute auch häufig die sumerographische Lesung gidru-ti zu finden; s. HZL 174: Wir einigten
uns jedoch auf die erstgenannte Lesung, da im Text auch die Schreibvariante Ḫa-at-ti (I 56 u. IV 7) belegt ist.
J.H. wies auf den Beleg uruḪat-ti-na-an in KUB 19.18 IV 18′ hin (RGTC 6, 101), womit die Verwendung von ḪAT
bei einem weiteren Ortsnamen bezeugt ist; s. auch GrHL 17, wo ebenfalls die Lesung Ḫat-ti vertreten wird.
97 Die Lesung dieser beiden vor ⸢ú⸣-ul befindlichen Zeichen als n[a-a]t scheint möglich, trotz Sommers Skep-
sis (AU 98) gegenüber seinem eigenen Vorschlag.
98 Auf den älteren Fotos (BoFN 738 u. AU Taf. I) ist im Gegensatz zur Tafel in ihrem heutigen Zustand noch
der Beginn von I.A mit mindestens vier Waagrechten zu erkennen. Wenn auch Goetze dies in seiner Ed. nicht
berücksichtigt hat, scheinen es Forrer (1929, 110) und Sommer (AU 6) bemerkt zu haben, wobei sie jedoch
šeš-ia mit Fragezeichen versahen. Nach Hoffners Translit. (2009, 306) wäre I.A (bei ihm: YA) sogar vollstän-
dig erhalten; Beckman et al. (2011, 106) setzt es in Halbklammern.
99 Während Goetze (Ed.) anscheinend keinen Zeichenrest unmittelbar nach le-e-u̯ a- entdecken konnte und
nur einen solchen nach einer Lücke von ca. 2–3 Zeichen sowie einen weiteren am Zeilenende andeutete, fin-
det sich in Forrers Translit. (1929, 110): li-e-va-ra-an ar-ḫa bi??-e??-; in Sommer (AU 6): li-e-u̯ a-ra̤ ??-a̤ n?? ạr?-ḫạ?
da̤ ?-a̤ t??-tị??; vgl. auch Hoffner (2009, 306): le-e-wa-ra?-an? […] u. Beckmann et al. (2011, 106): le-e-wa-⸢ra-an⸣
[…]. Auch auf den älteren Fotos sind noch Spuren sichtbar, die jedoch schwerlich zu deuten sind. Nach le-e-
u̯ a(-)[ wäre jedenfalls noch Raum für mindestens 6 Zeichen; vgl. Autographie. Anscheinend hat sich auch hier
der Zustand der Tafel (starke Vertiefungen) im Laufe der Jahre stark verschlechtert.
100 Das Zeichen nach am-me-el lässt, wie schon Sommer (AU 99) zu Recht hervorhob, an dieser Stelle an
eine Personenbezeichnung denken. Sowohl be-[lu] (s. Autographie), als auch en könnte man – auch auf-
grund des am Beginn von II 12 folgenden Verbs iq-bi – erwarten, doch die vagen Zeichenspuren erlauben
keine klare Entscheidung zugunsten dieser oder anderer Deutungen; s. noch Kommentar. Nicht sicher blei-
ben auch genaue Anzahl und Lesung der anschließenden Zeichenspuren, von denen die Pionierforscher
(ebenso auch Beckman et al. 2011, 106) die letzten drei als ku-iš-ki zu deuten versuchten.
101 Forrer (1929, 110) sah nach a-bi-el-la (so seine damalige Lesung von a-⸢pé-el-la⸣) noch Raum für 3 Zeichen,
ohne anhand der Spuren eine Lesung zu wagen; vgl. Sommer (AU 6), der 2 fehlende Zeichen als gesichert

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46   S. Heinhold-Krahmer

betrachtete, ein weiteres, also ein drittes jedoch als fraglich; vgl. auch Beckman et al. 2011, 106. Das in Goetze
(Ed.) zu findende BI ist heute auf der Tafel noch durchaus erkennbar; s. Autographie. Goetze hat überdies auf
dem Rand noch einen weiteren Zeichenrest wahrgenommen, so dass er wie Forrer offenbar 3 Zeichen nach
a-⸢pé-el-la⸣ ansetzte; ebenso Miller (nach seiner unv. Translit.) u. Hoffner 2009, 306.
102 Hier war auf der Tafel in ihrem derzeitigen Zustand noch mehr zu erkennen, als dies aufgrund von Goet­
zes Ed. den Eindruck erweckt. Bei ihm findet sich nach šeš-ia eine kurze Lücke, dann ist ein Rest von GAL
sichtbar und schließlich noch ein Teil des Senkrechten von ME; vgl. jedoch seine „Corrigenda“ nach dem
Vorwort zur Ed.; s. auch Forrer 1929, 110, dessen Lesung wir uneingeschränkt zustimmen; dagegen Sommer,
AU 6 etwas vorsichtiger; zu vergleichbaren Stellen s. Kommentar.
103 Diese Lesung wurde schon vorsichtig mit unterschiedlicher Gewichtung der Fragezeichen von Forrer
(1929, 110) und Sommer (AU 6) vorgestellt. Während zwar in Goetze (Ed.) nach am-me-e[l keinerlei weitere
Zeichenspuren verzeichnet sind, wird aber aus den älteren Fotos deutlich, dass hier mindestens 5–6 weitere
Zeichen gestanden haben. Von diesen sind Reste von AN, Ú und LI noch in BoFN 738 u. AU Taf. I zu erken-
nen, die heute weitgehend verschwunden sind (s. Autographie); die vorhandene Vertiefung an der Stelle
des früher wohl partiell sichtbaren I.A ist nach Überprüfung der Tafel (E.R.) mit diesem Zeichen kompatibel.
104 Die von Forrer (1929, 110) erwogene Lesung der gesamten schadhaften Stelle: ú?-ki?-la? pa??-ri??-an?? (vgl.
Sommer, AU 6: ú?-ki-lạ x̤ x̤ x̤ x̤ u. Hoffner 2009, 306; außerdem Beckman 2011, 106) steht, was das Pronomen
betrifft, nicht im Widerspruch zu Goetzes Kopie (Ed.); s. hierzu Autographie und Kommentar. Für ca. 3–4
Zeichen dürfte jedenfalls Platz bis zum Rand sein. Ob die Zeile über den Rand hinaus noch etwas fortgesetzt
wurde, ist anhand der minimalen Eindrücke oder Kratzspuren nicht erkennbar.
105 Hier ist Forrers Lesung ú?-ki?-la? der Vorzug gegenüber Sommers ạm-mẹ-ẹl zu geben, und zwar nicht
allein aufgrund des auf den älteren Fotos (BoFN 738 u. AU Taf. I) Sichtbaren und dessen, was Goetze (Ed.)
gesehen hat (zwei waagrechte und anschließend die Reste von zwei der drei senkrechten Keile von Ú [HZL
195]), sondern auch nach neuerer Kollation (s. Autographie), die eindeutig dieses Ú (vgl. auch II 1, 2, 4, 8, 15)
erkennen ließ.
106 Zum Rand hin Spuren von ca. 5–6 Zeichen; auch auf dem Rand findet sich noch eine Spur, die den Rest
eines Zeichens darstellen könnte (vgl. Goetze, Ed. und Forrer 1929, 148); zur Frage der Ergänzung des zer-
störten letzten Drittels der Zeile s. Kommentar.
107 Nach BoFN 738 u. AU Taf. I sind nach am-me- noch weitere Zeichenreste vorhanden gewesen, die heute
kaum mehr sichtbar sind. Während Forrer (1929, 110) dann insgesamt bis zum Zeilenende am-me-el-ma kiš?-an
ú-ul iš-mi gelesen hatte, findet sich in Sommer (AU 6) folgende Translit.: am-me-e̤ l-u̯ a̤? mẹ?-mi̤?-an ú? -ul iš.mi.
Festzustehen schien damals also 1. am-me-el-, das gemäß Sommer mit PI (U̯ A) und nicht mit Forrers MA zu
verbinden wäre; 2. vor dem ú-ul ein AN, von dem zwar nach Goetzes Edition ebenso wie heute auf der Tafel
(s. Autographie) nur der senkrechte Keil zu sehen war, das aber auf BoFN 738 u. AU Taf. I durchaus erkennbar
ist.
108 Ab Z.17 bis Z.36 wurde eindeutig häufig über den Rand geschrieben.
109 Von dem AT, der Endung dieses mit kāri zu verbindenden Prädikats, scheinen früher (Fotos BoFN 738 u.
AU Taf. I, Goetze, Ed.) gegenüber heute (s. Autographie) noch der senkrechte Keil und nach den Fotos sogar
Spuren davor sichtbar gewesen zu sein. Wir geben Sommers Lesung t[i-??]i̯ạ?-a̤ t?, die sich sowohl räumlich
als auch mit den Zeichenresten einigermaßen in Einklang bringen lässt, den Vorzug gegenüber Forrers t[i-]
i?-ia?-ad ??; s. Sommers Argumentation in AU 104.
110 Sowohl Forrer (1929, 110) als auch Sommer (AU 6) lasen an dem über den Rand hinaus geschriebenen
Zeilenende egỊr-ạn ul (ebenso Hoffner 2009, 306 u. Beckman et al. 2011, 106), wobei EGIR von Forrer und
Hoffner als vollständig erhalten, von Sommer und Beckman jedoch als teilweise zerstört angegeben wurde.
Eindeutig erkennbar war für uns allerdings nur das AN, während EGIR nach Kollation nicht mehr sicher
erschien; auch entgegen Millers Übersetzung (2006, 244). Nach E.R. käme am ehesten die Lesung -u̯ a-an in
Betracht.
111 Im Gegensatz zu Forrer (1929, 110) und Sommer (AU 6; so auch Hoffner 2009, 306 u. Beckman et al. 2011,
106) transliterieren wir hier nicht pu-nu-šú-un-ma-an, sondern pu-nu-šú-un ma-an; vgl. Sturtevant (1928, 223:
bu.nu.šú.un ma-an). Sommer (AU 106) hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wegen einer Korrektur an die-
ser Stelle Raumnot herrschte, was allein schon dadurch deutlich wird, dass der Beginn des Verbs (pu-) links

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II Der Text   47

bereits auf der Kolumnenlinie einsetzt und dass das ansonsten im Text nicht verwendete, aber weniger Platz
als ŠU beanspruchende Zeichen ŠÚ für dessen dritte Silbe herangezogen wurde. Dadurch erklärt sich auch,
dass durch die Beschriftung der getilgten Stelle mit dem Verb dieses näher als gewöhnlich an die Partikel
man heranrückte und hier nicht unbedingt mit der Irrealis-Partikel -man in ihrer enklit. Variante zu rechnen
ist, was jedoch auch nicht ganz auszuschließen ist.
112 Raum für ca. 5–6 Zeichen. Während Forrer (1929, 110; so auch Hoffner 2009, 306 u. Beckman et al. (2011,
106) zu Recht auf einen Ergänzungsversuch verzichtete, setzte Sommer (AU 6) hier mit vielen Fragezeichen
zị?-ga̤ ??-u̯ a̤??-mṳ?? [ku?-]ịt?-kị? ein. Goetze (Ed.) deutete noch den Beginn eines Zeichens an. Diese Spuren könn-
ten an zwei räumlich versetzte Waagrechte denken lassen, nicht jedoch an Sommers zị?-; vgl. noch die Auto-
graphie, wonach mehrere, allerdings kaum deutbare Spuren erkennbar sind, sowie die Fotos BoFN 738 u. AU
Taf. I. Das ul vor šeš-ia ki-i erscheint aufgrund genannter Fotos entgegen Goetze (Ed.) und der vorliegenden
Autographie ziemlich problematisch.
113 Tilgung (s. Autographie), so auch schon Goetze (Ed.), Sommer (AU 6) u. Beckman et al. (2011, 106); nicht
berücksichtigt dagegen in Forrer (1929, 110) und Hoffner (2009, 306).
114 Raum für ca. 4–5 Zeichen in der Lücke. Dort sind zwar ebenso wie in den vorausgehenden und nachfol-
genden Zeilen vage Zeichenspuren zu sehen, doch können diese kaum sicher gedeutet werden, wie schon
die voneinander abweichenden, mit vielen Fragezeichen versehenen Versuche von Forrer (1929, 110) und
Sommer (AU 6; im Anschluss daran auch Hoffner 2009, 306 u. Beckman et al. 2011, 106) deutlich machen.
Jedenfalls scheint die erwogene Lesung a?-[p]í-[y]a? ku?-w[a]?-pí? (so Hoffner 2009, 306) etwas zu lang für die
schadhafte Stelle zu sein. Goetze (Ed.) verzeichnete keinerlei Zeichenreste.
115 Nach Kollation von E.R. ziemlich sicher (s. Autographie); vgl. die Fotos BoFN 738 u. AU Taf. I; s. auch
schon aq-b[i] in Forrer (1929, 110), Sommer (AU 8) u. auch Hoffner 2009, 306 sowie Beckman et al. 2011, 106
a[q]-b[i …]; wohingegen in Goetze (Ed.) nur ein Teil von AK erscheint.
116 Obgleich vom Inhalt her šeš-ia sehr nahe liegend ist (s. auch schon Forrer 1929, 110), versah Sommer
das Zeichen [ŠE]Š mit einem Fragezeichen, und dies nicht ohne Grund: Das Foto AU Taf. I vermittelt den
Eindruck, vor dem I.A habe als Rest des vorausgehenden Zeichens ein senkrechter Keil gestanden und nicht
die stattdessen zu erwartenden beiden Winkelhaken am Ende des Zeichens ŠEŠ. Auch Goetzes Edition weist
diesen senkrechten Keil auf. Hoffner (2009, 306) liest: aq-b[i…]x-ya-wa-at?-ta, Beckman et al. (2011, 306): aq-
b[i…y]a-wa-⸢at-ta⸣. Die Kollation durch J.H. und E.R. (s. auch Foto BoFN 738) ergab aber dann doch wieder še]
š, da der vermeintliche Senkrechte nur eine Beschädigung zu sein scheint. Vor diesem Zeichen ist noch Raum
für etwa zwei weitere in der Lücke; zu deren wahrscheinlicher Ergänzung s. Kommentar.
117 Das erste der beiden Zeichen, URU, wurde wohl vom Schreiber aller Wahrscheinlichkeit nach versehent-
lich geschrieben. Ebenso wie Sommer (AU 8), Hoffner (2009, 306) und Beckman et al. (2011, 106) emendieren
wir das erste URU zu kur!.
118 Vom Raum und den vagen Spuren her ist diese Schreibvariante (s. bereits II 8) zu bevorzugen, die schon
Forrer (1929, 110) anhand der damals noch besser sichtbaren Spuren mit Fragezeichen anwandte; s. auch die
Spuren von ḪAT und TI in Goetzes Edition. Sommers Vorschlag (AU 8; so auch Hoffner 2009, 306 u. Beckman
et al. 2011, 106), nämlich die Lesung urụk ỤbabbẠr?-ti, wird daher hier nicht vertreten.
119 Offenbar war der Zustand der Tafel hier früher noch etwas besser. So bemerkte Goetze zwar nicht das BE,
das Forrer (1929, 110: bi??) und Sommer (AU 8: pí) anscheinend partiell sahen (BoFN 738 u. AU Taf. I), doch von
E kopierte er immerhin den gebrochenen senkrechten Keil vom Ende des Zeichens und davor noch einen Rest
des einfachen Senkrechten; vgl. Autographie.
120 Die Lesung ⸢ka-ru⸣-[ú ist durch die beiden ersten, heute noch weitgehend erhaltenen Zeichen ziemlich
sicher; s. Autographie; vgl. auch schon Goetze, Ed. und Sommer, AU 8; abweichend dagegen Forrer 1929, 110.
Das nachfolgend ergänzte gim-an lässt sich aus dem Kontext folgern.
121 Von am-me-el ist beim ersten Zeichen (HZL 168) heute nach Kollation (s. Autographie) noch ein Winkel-
haken, und zwar der am höchsten gelegene, sichtbar. Das letzte Zeichen (HZL 307) befindet sich mit seinem
letzten senkrechten Keil kurz vor dem Rand, und zwar etwa auf der Höhe der über den Rand geschriebenen
Z. 51′ von Kol. III; s. auch dort mit Anm. 233.
122 Eher DA statt TA (Letzteres mit Fragezeichen in Sommer, AU 8); für DA (HZL 214) spricht, dass der mitt-
lere Waagrechte gebrochen zu sein scheint, und auch der damit verbundene Winkelhaken erkennbar ist;

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48   S. Heinhold-Krahmer

s. Autographie; vgl. Foto BoFN 738 u. M.W.: Kapitel VI Table I u. II, Nr. 14. Hoffner dagegen liest 𒑱 pa-ši-ḫa-a-it
m[a?-…]-za-kán.
123 In der Lücke vor dem auf dem Rand befindlichen -za-kán ist Raum für ca. 5 weitere Zeichen.
124 Ähnlich schon Forrer 1929, 110 u. Sommer, AU 8. Auf der Tafel ist jedenfalls nach wie vor mehr sichtbar
als in Goetzes Ed. verzeichnet wurde (von ma-⸢a-an⸣-[ma-u̯ a jedenfalls vollständiges MA am Anfang, erster
Senkrechter von A, Senkrechter von AN; s. Autographie und auch die Fotos BoFN 738 u. AU Taf. I); vgl. jedoch
Hoffner, 2009, 306 u. Beckman et al. 2011, 108, die hier offenbar, wie schon Goetze, keine Zeichenspuren
entdecken konnten.
125 Was in der Autographie nach BE bestenfalls noch als schwache Vertiefung zu sehen ist, zeichnete Goetze
(Ed.) als senkrechten Keil, der sich anhand der älteren Fotos (BoFN 738 u. AU Taf. I) nicht exakt verifizieren
lässt. Nach Kollation durch E.R. scheint jedoch die schon von Forrer (1929, 110: be-l[u]) und Sommer (AU 8:
be-l[u]) vertretene Lesung an dieser Stelle sinnvoll.
126 Nach be-⸢lu⸣ wurden von Forrer (1929, 110: u-i[-i]a-m[i]) noch einzelne Zeichenspuren am Ende von II
26 gesehen, die auch Sommer (AU 8) teilweise anerkannte. Zumindest U (s. Autographie) scheint uns gegen
Zeilenende erkennbar zu sein, so dass auch wir am Ende von II 26 das Prädikat ⸢u⸣-[i-ia-mi] einsetzen; vgl.
dagegen Hoffner (2009, 306, der hier nur eine Lücke angibt) u. Beckman et al. (2011, 108 mit vollständiger
Ergänzung).
127 Auffällig ist der ungewöhnlich große Abstand von šeš zu dem nachfolgenden Prädikat nach rechts hin;
s. die älteren Fotos (BoFN 738 u. AU Taf. I) sowie die Autographie.
128 Offensichtlich war früher noch das erste Zeichen von pé]-di-eš-ši ganz oder partiell sichtbar, bei Goetze
(Ed.) findet sich aber nur der obere Teil davon, bei Forrer (1929, 110) vollständig: bi-di-eš-ši, in Sommer (AU
8) vollständig: pí-di̤-eš-ši. Dies führt, in Verbindung mit dem Verb in II 28 betrachtet, zu einer weiteren wahr-
scheinlichen Ergänzung der vorausgehenden Lücke in II 27; s. Kommentar.
129 Diese Ergänzung (s. schon Sommer, AU 8) ist räumlich möglich und inhaltlich wahrscheinlich aufgrund
des Kontextes.
130 Raum für 3–4 Zeichen kann vor dem ergänzten [iq]-⸢bi⸣ veranschlagt werden. BI ist auf einem neueren
Foto von BoFN 738 (s. hethiter.net/: PhotArch BoFN00738) noch weitgehend sichtbar; vgl. auch Forrer 1929,
110; zur übrigen Ergänzung der Lücke, in der sowohl Forrer als auch Sommer noch Zeichenreste zu bemerken
glaubten, während Goetze (Ed.) überhaupt nichts sah; s. Kommentar.
131 Es wäre noch Raum für etwa 2 weitere Zeichen in der Lücke.
132 Während meist als letzte Silbe dieses Verbs ein TA transliteriert wurde (s. Forrer 1929, 110: bi-eš-ta; Som-
mer, AU 8: pí-eš-ta̤ ; Hoffner 2009, 307 u. Beckman et al. 2011, 307: pé-eš-⸢ta⸣), wird hier nach eingehender
Überprüfung das von J.L.M. vorgeschlagene Zeichen DU bevorzugt, also pé-eš-⸢du⸣ gelesen; vgl. auch Millers
Übersetzung (2006, 244), der diese Lesung zugrunde liegt; zudem findet sich bereits in Forrer (1929, 151  f.) ein
Hinweis darauf, dass das Zeichen nach pé-eš- (in Forrer bi-eš-) wie DU aussähe, eine Lesung, die jener jedoch
ablehnte mit der fragwürdigen Begründung, dass bi-eš-du eine unmögliche Form sei. Das nicht ganz vollstän-
dig erhaltene und hier angenommene Zeichen würde in etwa dem DU in I 61 (s. M.W.: Kapitel VI Table II obv.
Nr. 128) entsprechen; vgl. auch Goetze, Ed. und BoFN 738).
133 Nach Kollation von E.R. ist nach a-pád-da ein weiterer Zeichenrest nicht mehr erkennbar. Ob früher mehr
erhalten war, ist anhand der Fotos (BoFN 738 u. AU Taf. I) nicht feststellbar. Die Pionierforscher kamen zu
unterschiedlichen Deutungen. Nach a-pád-da sah Goetze (Ed.) noch zwei übereinander stehende Winkelha-
ken, Forrer (1929, 110) las a-bad-da-i[a?, Sommer (AU 8: a-píd-da) schließlich vermutete danach den Beginn
eines neuen Wortes mit Ú, und ergänzte es weiter zu ṳ́ ??-[uq-qa  ]; auch Hoffner (2009, 307) u. Beckman et al.
(2011, 108) markieren einen Zeichenrest vor der Lücke.
134 Raum für ca. 6–7 Zeichen bis zum Rand.
135 Anhand der bekannten Fotos sind noch Spuren – zumindest eines Zeichens, vielleicht des Kopfes eines
senkrechten Keils (s. auch Goetze, Ed.) – am zerstörten Zeilenbeginn auszumachen. Nach dem Foto AU Taf. I
könnten die Spuren vor dem möglichen senkrechten auch noch auf drei waagrechte Keile hinweisen, so dass
sich vielleicht MA ergäbe, doch könnte es sich auch nur um zerstörungsbedingte Einkerbungen handeln. Die
Pionierforscher vermuteten hier den Rest von [ma-a]n. Vor der kaum mehr deutbaren Zeichenspur, von der
heute nichts mehr zu sehen ist (s. Autographie), ist wohl nur Raum für noch ein weiteres Zeichen vorhanden,

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II Der Text   49

so dass jedenfalls mit insgesamt zwei verlorenen Zeichen vor dem anschließend vollständig erhaltenen ma-
a-an zu rechnen ist.
136 Nach i-ia-at sind – insbesondere am Beginn der Lücke (mit insgesamt ca. 6–7 Zeichen bis zum Rand) –
noch Zeichenspuren sichtbar; im Kolumnenzwischenraum folgt dann noch -⸢ia⸣.
137 Heute sind vom ersten Wort am Zeilenbeginn nur noch die Zeichen ŠI und I.A sichtbar. Dass früher noch
etwas mehr existierte, zeigt der in Goetze, Ed. vermerkte obere Zeichenrest von zwei Senkrechten, hinter dem
Forrer (1929, 110) und Sommer (AU 8) einen Rest von AR zu sehen glaubten. Zur Ergänzung [𒀹 za-a]r-ši-ia aus
inhaltlichen Gründen s. Weiteres im Kommentar.
138 Am Ende der Zeile ist noch ein senkrechter Keil erhalten; s. Goetze, Ed. u. Autographie. Davor sind einige
schwache, nicht deutbare Zeichenspuren vorhanden (BoFN 738 u. AU Taf. I). Die zerstörte Stelle bietet Raum
für etwa 6 Zeichen.
139 Während Goetze vor -nu-nu-⸢un⸣ noch zwei übereinander befindliche Winkelhaken zeichnete, die auch
Forrer (1929, 110) und Sommer (AU 8) sahen, als Rest des Zeichens GA (HZL 159) betrachteten und daher li-
in-g]a-nu-nu-un bzw. li-in-g]a?-nu-nu-un annahmen (so auch Hoffner 2009, 307), ist heute dieser Zeichenrest
kaum mehr zu sehen; s. Autographie. Die Fotos BoFN 738 u. AU Taf. I lassen zwar einen Rest des vorausgehen-
den Zeichens in der nicht in gerader Linie verlaufenden Zeile erkennen, doch ist eine Deutung problematisch.
Die Lücke am Zeilenbeginn bietet jedenfalls Raum für etwa 3 Zeichen.
140 Wie in II 33 ist gegen Zeilenende hin ebenfalls ein senkrechter Keil zu erkennen. Die Lücke davor bietet
Raum für etwa 5 Zeichen.
141 In der vorausgehenden Lücke ist Platz für ca. 4–5 Zeichen.
142 Über den Rand geschrieben ist die Lesung -at-ta(-) anzunehmen. Goetze (Ed.) glaubte noch die Spu-
ren von etwa 3 weiteren Zeichen zu sehen. Auch Sommer (AU 8) setzte mit Fragezeichen noch 2 Zeichen
an, während Forrer (1929, 110) danach nichts verzeichnete. Auch die älteren Fotos (BoFN 738 u. AU Taf. I)
bieten keine sicheren Anhaltspunkte. Heute ist der Rand nach TA abgesplittert. Vor -at-ta(-) sind noch 2
Zeichenreste erkennbar, und in der davor befindlichen Lücke dürften ebenfalls 2–3 Zeichen Platz gefunden
haben.
143 Es fehlen ca. 5 Zeichen in der Lücke am Zeilenbeginn.
144 Einige der damals vorhandenen Zeichenspuren scheinen zu Zeiten der Pionierforscher noch besser iden-
tifizierbar gewesen zu sein (BoFN 738 u. AU Taf. I), vor allem die Stelle lug[al.kur uru?Aḫ-ḫi-i]a-u̯ a-a am Ende
von II 36 bis in den zugehörigen Kolumnenzwischenraum; vgl Forrer 1929, 110 u. Sommer, AU 8 mit der neuen
Autographie von E.R.
145 In der Lücke befand sich zweifellos das zum unvollständigen Satz in II 36 gehörende Verb, das hier ana-
log zu II 66 ergänzt wird; s. hierzu Kommentar. Von der Einleitung des nächsten Satzes ist nur noch das letzte
Zeichen, die Partikel -za, eindeutig erkennbar. Zu Ergänzungsmöglichkeiten der vermutlich noch 2 voraus-
gehenden zerstörten Zeichen, die nach ergänztem ḫa-at-ra-a-mi in der Lücke von etwa 7 Zeichen anzusetzen
wären, s. ebenfalls Kommentar.
146 Das letzte Zeichen in II 37 (AT) ist nach wie vor gut erkennbar (s. BoFN 738 u. AU Taf. I; ferner Auto-
graphie), die vorausgehenden Zeichenspuren dagegen kaum.
147 Es ist mit ca. 8 fehlenden Zeichen in der vorausgehenden Lücke zu rechnen.
148 Sommer (AU 8 u. 122  f.) betonte zu Recht, dass nach ak-kán-, vorausgesetzt die Autographie in Goetze
(Ed.) u. die Lesung in Forrer (1929, 110) seien korrekt, sich nichts anderes beibringen lasse als das substan-
tivierte Partizip akkant- von ak- „sterben“, im Plural „die Verstorbenen, die Manen“. Auch die Spuren auf
den Fotos BoFN 738 u. AU Taf. I helfen nicht weiter; vgl. die Autographie, wonach x-el ak-kán-t[a?, dem sich
vielleicht wieder die Silbenfolge ak-ká]n-ta anschließt, zu sehen ist. Während in jüngerer Zeit Hoffner (2009,
307) auf eine Lesung verzichtete, schloss sich Beckman et al. (2011, 108) in etwa Sommer an, wobei er noch
2 Zeichen mehr zu erkennen glaubte und zudem weniger Fragezeichen setzte. Zur problematischen Deutung
s. Kommentar.
149 Die von Forrer (1929, 110: ]-ḫi-mu?-uš-ša) und Sommer (AU 8: kur ur]u??ḫi-mụ?-ụš-ša) erwogenen Lesungen
erscheinen nach den Spuren in BoFN 738 und AU Taf. I (vgl. auch Goetze, Ed.) weitgehend vertretbar, wenn-
gleich von MU ebenso alle Elemente erkennbar sind wie von UŠ; s. Autographie. Auch eine Lesung (-) g] i-mu-
uš-ša ist nicht auszuschließen. Die vorausgehende Lücke könnte ca. 8 Zeichen umfasst haben.

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50   S. Heinhold-Krahmer

150 Zum Inhalt der Zeile s. Kommentar.


151 Die Lücke am Zeilenbeginn ist mit ca. 10 Zeichen noch etwas größer als die der vorausgehenden Zeile.
152 Nach Goetze (Ed.) erinnert die letzte der 4 hier sichtbaren Zeichenspuren an LI, was auch Forrer (1929,
110: an-]tu?-va?-šal?-li) annahm; etwas vorsichtiger dagegen Sommer (AU 8: ]tṳ??-u̯ a̤???-šạl?-li?). Im Gegensatz zu
den Tafelfotos BoFN 738 und AU Taf. I, die zwei senkrechte Keile am Ende des Zeichens noch deutlich zeigen,
ist heute nur noch ein Senkrechter erhalten. Auch sind die bei LI zu erwartenden fünf Winkelhaken auf den
Fotos nicht klar zu erkennen und heute auf der Tafel nicht einmal in Spuren mehr vorhanden, so dass diese
Lesung nicht sicher erscheint.
153 Bei der ersten der beiden Zeichenspuren zogen Forrer (1929, 110) und Sommer (AU 8) die Lesung DU
(mit Fragezeichen) in Betracht. Auch der von Goetze (Ed.) gezeichnete Teil des Zeichens ließe sich mit DU in
Einklang bringen; s. BoFN 738 und AU Taf. I. Die Lücke vom Zeilenbeginn bis zu beiden Zeichenspuren bietet
Raum für ca. 13 Zeichen.
154 So auch nach Kollation; s. die Autographie; vgl. Forrer (1929, 110) u. Sommer (AU 8).
155 Die Lücke vor ar-ḫa bis zum Zeilenanfang dürfte ca. 15 Zeichen umfasst haben.
156 Vorausgehend eine Lücke von ca. 16 Zeichen.
157 Von den ursprünglich 4 anzunehmenden Zeichen und Zeichenresten (s. Sommer, AU 8; Fotos BoFN 739 u.
AU Taf. I; abweichend Forrer 1929, 110; vgl. auch Goetze, Ed.) sind heute nur der Rest von TA sowie vollstän-
diges PA zu sehen; s. Autographie. Zu Forrers und Sommers Ergänzungen s. Kommentar. Die Lücke ohne die
ehemals sichtbaren Zeichenreste dürfte bis zum Zeilenbeginn hin wie die vorausgehende Zeile ca. 16 Zeichen
umfasst haben.
158 Nach der großen Lücke von ca. 16–17 Zeichen sind heute nur noch 2 nicht deutbare Zeichenspuren er-
kennbar; s. Autographie. Goetze (Ed.) zeichnete deutlich erkennbar die Zeichenfolge me-mi(-), Forrer (1929,
110) las hier me?-mi-aš? und Sommer transliterierte ]mẹ-m[i] x x. Die älteren Fotos bieten keine sicheren An-
haltspunkte.
159 Während heute nur noch ein Teil von Á (-it) bei früher erkennbarem k]u-it, von Ú bei ⸢ú⸣-ul sowie eine mi-
nimale Spur von Á (-et) in ⸢ú⸣-et sichtbar sind (s. Autographie), lassen BoFN 739 u. AU Taf. I sowie die Translit.
von Forrer (1929, 110) und Sommer (AU 8), aber auch Goetzes Ed. diese Translit. zu. Die letzten beiden Wörter
sind über den Rand geschrieben. Die Lücke vor k]u-it umfasst ca. 16–17 Zeichen.
160 Von ehemals zwei Zeichenspuren ist heute nur noch eine sichtbar; s. Autographie.
161 Nach II 47 bis zum Paragraphenstrich wäre noch Raum für zwei Zeilen (Goetze, Ed.), vielleicht sogar drei
(Forrer 1929, 110 u. Sommer, AU 8). Wir schließen uns im Folgenden der Zeilenzählung von Goetze (Ed.) und
Miller (2006, 244) an; anders Hoffner (2009, 307) u. Beckman et al. (2011, 108), die Sommer (AU 8) folgen. Auf
dem Rest von Kol. II § 7, der sich bereits auf dem unteren Bruchstück der Tafel befunden hat, etwa ab II 49,
sind links zwischen dem Kolumnentrenner bis hin zur Abbruchstelle heute keinerlei sichere Zeichenspuren
zu erblicken, die früher möglicherweise noch vorhanden waren; s. Forrer 1929, 110 u. Sommer, AU 8; vgl. aber
Goetze, Ed. Aus BoFN 739 und AU Taf. I geht leider nicht eindeutig hervor, ob die sichtbaren Einkerbungen
Zeichenreste oder Abnutzungserscheinungen sind. J.L.M. ist der Auffassung, dass es sich hierbei nicht um
Zeichenreste handelt.
162 Forrer (1929, 112) las vor der Abbruchstelle ka-a?, während Sommer (AU 8) inim? schrieb (bei beiden II 51);
s. Autographie II 50 und BoNF 739. Auf ein weiteres, teilweise erhaltenes Zeichen nach KA in Forrer (1929, 112)
deuten weder BoFN 739 und AU Taf. I. oder Goetzes Ed. noch Sommers Translit. (AU 8) hin. Bis zum rechten
Rand von Kol. II 50 ist Platz für ca. 11–12 Zeichen.
163 Statt TI in Goetze (Ed.) und Forrers Lesung nam? scheint nach E.R. eher ⸢máš⸣ zuzutreffen, wobei der
erste Winkelhaken nicht ganz klar ist. J.L.M. dagegen plädiert für TI. Die anschließende Lücke bis zum Rand
entspricht etwa der in II 50.
164 Zeichenspur noch sichtbar auf AU Taf. I. Danach ist in der Lücke bis zum Rand Platz für ca. 10–11 Zeichen.
165 Sommers si̤ g5-ạz (vgl. II 54) ist fraglich; nicht sicher ist auch das bei unserer Diskussion in Erwägung
gezogene ⸢é?-az⸣; vgl. Goetze, Ed. u. Autographie.
166 Eine Zeichenspur, so wie früher (Goetze, Ed.; BoFN 739; AU Taf. I), ist heute auf der Tafel kaum mehr
sichtbar; s. Autographie. Die anschließende Lücke bis zum Rand hin bietet Raum für ca. 8–9 Zeichen.
167 Raum für ca. 5–6 Zeichen bis zum Rand.

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II Der Text   51

168 Während heute nach MA auf der Tafel der Text abbricht, ist auf BoFN 739 u. AU Taf. I noch ein winziger
Teil von AN sichtbar; s. auch Goetze (Ed.), Forrer (1929, 112) und Sommer (AU 10 u. 125-128). Für Sommers bis-
lang allgemein akzeptierte Ergänzung dieser Zeile (hierzu Kommentar) dürfte der Raum bis zum Rand kaum
ausgereicht haben. Es ist daher, falls sie korrekt ist, anzunehmen, dass über den Rand weiter geschrieben
wurde.
169 Für die Ergänzung des Prädikats (hierzu Kommentar) bietet sich bis zum Rand ein Raum von etwa
3–4 Zeichen an. Es könnte jedoch auch, wie schon manchmal im vorausgehenden Teil, die Zeile über den
Rand hinaus verlängert worden sein.
170 Der Beginn von KU ist heute (s. Autographie) wie früher (s. BoFN 739 u. AU Taf. I) noch erkennbar. Zur
Ergänzung des Wortes s. Kommentar.
171 Fraglich, ob mit GIŠgigir die Zeile beendet war, wie nach Goetze (Ed.) zu vermuten ist, und was offensicht-
lich auch Forrer (1929, 112) und Sommer (AU 10; s. auch Hoffner 2009, 307) annahmen, oder ob danach noch
Weiteres gestanden hat, was nach J.L.M. nicht auszuschließen wäre.
172 In Hoffner (2009, 307) versehentlich šeš-ya-ya-aš-kán.
173 Die Deutung eines Zeichenrestes direkt im Anschluss an Tawagalawa, von dem heute bestenfalls nur
ein winziger Rest eines waagrechten Keils übriggeblieben ist (s. BoFN 739; nicht erkennbar auf AU Taf. I; vgl.
Autographie, wo der waagrechte Keil von PI [U̯ A] ungewöhnlich in die Länge gezogen zu sein scheint), bleibt
weiterhin unsicher. Während Goetze (Ed.) und Forrer (1929, 112) keinerlei Zeichenspur nach diesem Namen
vermerkten, findet sich in Sommer noch die Lesung -i̯[a̤ (AU 10), da er die Anfänge von mindestens zwei
waagerechten Keilen zu bemerken glaubte. Diese Lesung wurde von Güterbock (1983, 136 u. 1984, 120) abge-
lehnt. Was eine Deutung des möglichen Zeichenrests anbelangt, so eröffnen sich nach unseren gemeinsamen
Diskussionen derzeit vor allem zwei Möglichkeiten:
1.: g[išgigir-ni] (so nach Vorschlag von Güterbock 1990, 158, den auch J.L.M. in unserer Diskussion in Erwä-
gung zog; ferner in Hoffner 2009, 307; nicht dagegen in Beckman et al. 2011, 110, der zwar wie die Pionier-
forscher a-na gišgigir am Ende der Zeile ergänzte, aber offenbar schon das zweite PI [U̯ A] von Tawagalawa
nicht vollständig sah und daher in Halbklammern setzte; 2.: -pá[t ana gišgigir]; ähnlich auch eine Kollation
von L. Rost vom 15. 2. 1989: -pát! a̤ [-na gišgigir], die G. Steiner in einem Brief an S.H.-K. vom 19. 6. 2008 mit-
teilte.
174 Die Lesung ⸢ú⸣-[ul? …] in Forrer (1929, 112) kann wohl wegen des teilweise erhaltenen Ú mehr Wahrschein-
lichkeit beanspruchen als Sommers K[A (AU 10 u. 131), das jener versuchsweise zu k[a?-ru-ú …] ergänzte. Dies
wird schon aus Goetze, Ed. deutlich, der zwei waagrechte u. zwei senkrechte Keile gesehen hat, und es wurde
durch Kollation in Berlin ebenfalls bestätigt; s. Autographie. Der nach Sommer (AU 131 unten) „zwischen
dem oberen Waagerechten und dem erhaltenen Senkrechten“ unverkennbare „Ansatz eines Winkelhakens“
scheint also nicht zu existieren. Die Lesung ⸢ú⸣-[ul? liegt auch Millers Übersetzung (2006, 245) zugrunde;
ebenso Hoffner (2009, 307). Beckman et al. (2011, 110) hat hier in II 61 (s. bei ihm II 62) auf eine Lesung des
unvollständigen Zeichens und damit auf eine der beiden eben gezeigten Deutungsversuche verzichtet, jedoch
anschließend an das fehlende Wort als Prädikat ad-din ergänzt.
175 Forrer (1929, 112) und Sommer (AU 10) lasen ninda ši-ia-an-ta-ia? bzw. ninda ši-i̯a-an-ta-i̯[a?]; letztere
Schreibung auch in Beckman et al. 2011, 110. Hoffner (2009, 307 mit Anm. 304 [S. 392]) deutete dagegen das
letzte Zeichen ninda ši-ya-an-ta-a[n*]. Unter Berufung auf CHD (inzwischen 2013 erschienen in Š/3, 339)
verwies er auf eine direkt an ši-ya-an-ta- anschließende Zeichenspur in Goetzes Ed., eine horizontale Linie.
Diese, so Hoffner, ergebe nach dem Foto eher -a[n] als das von den Pionierforschern vermutete -y[a]. Fest-
steht, dass der Zeichenrest auf der Tafel in ihrem heutigen Zustand nicht mehr erkennbar ist; s. Autographie.
Die Fotos BoFN 739 u. AU Taf. I scheinen zwar keine Entscheidung zuzulassen, doch gibt es noch einen wei-
teren Beleg für das Wort, der die Ergänzung -a[n], auch hier in II 62 nahe legt; s. dazu Kommentar, und dort
ebenfalls zu der von uns neben ninda? ši-ia-an-ta-a[n] erörterten Lesungsmöglichkeit níg? ši-ia-an-ta-a[n].
176 So nach Kollation von II 64. Nach dem auf dem Rand befindlichen AR und dem Beginn des nächsten
Zeichens K[U ist allerdings keine Spur der nachfolgenden Zeichen mehr zu sehen; s. auch schon Goetze (Ed.).
Jedenfalls ist Forrers Lesung (1929, 112) des letzten Wortes dieser bei ihm und Sommer als II 65 gezählten Zeile,
nämlich za-ar-š[i-ia (ohne Glossenkeil), weniger wahrscheinlich; s. bereits Sommer (AU 133).
177 In Hoffner (2009, 307) nu-wa!?-ta; zur hier vermissten Partikel der direkten Rede s. Kommentar.

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52   S. Heinhold-Krahmer

178 Während Forrer (1929, 112) und Sommer (AU 10) in dem auf zi-an-za folgenden und auf dem Rand be-
findlichen, unvollständig erhaltenen Zeichen die Partikel -kan vermuteten, einigten wir uns auf die Lesung
-⸢ma⸣; s. auch Hoffner 2009, 308. Beckman et al. (2011, 110) hingegen hat die Zeichenspuren nach zi-an-za
nicht berücksichtigt.
179 Falls den Zeichenresten im Interkolumnium (etwa auf der Höhe von II 73) die Schreibung für un-aš
„Mensch“ (N.Sg.c.) zugrunde lag, was J.D.H. nach einem Vorschlag von E.R. für wahrscheinlich hält, so
könnte un-aš zum vorausgehenden Satz in II 72 gestellt werden. Die Übersetzung würde dann lauten: „Aber
dieser Wagenlenker, was für ein Mensch (ist er)?“; s. dazu ausführlich den Kommentar S. 131 u. 133 zu I 71
sub 3. und S. 217 zu II 72  f.
180 Zur Einfügung von TA in das letzte Wort dieser Zeile s. Kommentar.
181 Goetze (Ed.) hielt die ersten 6 Zeichen am Beginn von Kol. III 1 offenbar allesamt für beschädigt, wie aus
der Schraffur deutlich wird. Aus Forrers (1929, 112) Translit. wird dies nicht ersichtlich, während Sommer (AU
12) die Zeichen AN und ZA sogar mit Fragezeichen versah. Nach den Fotos BoFN 740 u. AU Taf. II wären das
zweite I.A und AN leicht beschädigt, wobei jedoch die Darstellung aller Zeichenelemente gut nachvollziehbar
ist; s. Autographie.
182 In Goetzes Ed. ist am Ende der Zeile eine kleine punktartige Vertiefung angedeutet, die auch auf dem Foto
BoFN 740 u. auf der Originaltafel erkennbar ist, dort allerdings eher zwischen III 1 u. 2 am Zeilenende. Es ist
aber nicht ganz sicher, dass es sich um einen Zeichenrest handelt. Jedenfalls wäre in der Lücke bis zum Rand
hin Raum für ca. 2–3 Zeichen; zur möglichen Ergänzung s. Kommentar.
183 Die Zeichenspuren nach a-ša-an-ta-an, die aufgrund von BoFN 740 u. AU Taf. II auf zwei waagrechte
Keile hindeuten und noch den Rest eines weiteren (wohl senkrechten) Keiles oder Winkelhakens erkennen
lassen, könnten mit PA (so in Forrer 1929, 112 [mit Fragezeichen], vielleicht auch mit ŠA oder UP (Letzteres
Sommer, AU 12 [mit Fragezeichen]; ebenfalls Hoffner 2009, 308 u. Beckman et al. 2011, 110 [offenbar ohne
Zweifel]) in Verbindung gebracht werden. Von den nachfolgenden Zeichen ist heute zwar nichts mehr zu
sehen, doch weisen die älteren Fotos weitere Zeichenreste auf. So hat Sommer den vagen Spuren im An-
schluss an das von ihm vermutete UP auch noch ein BI mit zwei Fragezeichen abzuringen versucht (s. auch
Hoffner, l. c. u. Beckman, l. c.), wofür die anschließenden Spuren auf den älteren Fotos jedoch eher nicht zu
sprechen scheinen. Außerdem hat er bis zum Ende der Zeile weitere Zeichen zu lesen versucht, wie zuvor
auch schon Forrer (1929, 112).
J.L.M. hat darauf hingewiesen, dass die auf den Fotos sichtbaren Zeichenspuren einmal zur Lesung pa-x
und dann wieder zu pé-eḫ/eš- führen könnten. Wir haben uns dann schließlich gemeinsam darauf geeinigt,
dass das Zeichen BI (HZL 153), also eine Lesung pé?-, für das auf a-ša-an-ta-an folgende Zeichen bevorzugt in
Betracht kommen dürfte, wenngleich auch dies nicht absolut sicher ist. Deshalb schien es sinnvoll, es in der
Translit. nur mit x[ anzugeben; zu diversen Möglichkeiten auch aufgrund der inhaltlichen Gegebenheiten s.
den Kommentar. Im Anschluss an die von J.L.M. vorgeschlagene Lesung pé?- und dann anschließend viel-
leicht eḫ oder eš wäre auch e in Betracht zu ziehen; J.H. aufgrund von BoFN 740.
184 Die Lücke bietet Raum für ca. 6 Zeichen, von denen heute kaum mehr Spuren erkennbar sind. Die Zei-
chenreste am Ende der Zeile wurden unterschiedlich gedeutet. Sommers Lesung D̤ ỤtỤŠỊ nach Forrers vorsich-
tigem Ergänzungsversuch (1929, 112), der sich inzwischen auch Beckman et al. (2011, 110) anscheinend ohne
Bedenken anschloss, erschien uns sehr fraglich; vgl. auch Hoffner 2009, 308. So befindet sich beim letzten
Zeichen des von Sommer vermuteten D̤ ỤtỤŠỊ nicht, wie zu erwarten, ein Winkelhaken vor dem senkrechten
Keil (s. IGI in HZL 288), sondern es sind dort zwei Winkelhaken wie in HZL 317 zu erkennen; s. Autographie.
Nach Vorschlag von J.L.M. wurde daher nach der Lücke die Translit. […]x-u̯ a bevorzugt. Nicht ganz auszu-
schließen wäre auch -š]a-aš; vgl. Goetze, Ed. D̤ ỤtỤṢ̌ m
185 Es fehlen in III 4 nach u̯ a-aš-ta- etwa 6–7 Zeichen (teilweise schwache Spuren). Hoffner (2009, 308)
liest – im Gegensatz zu Sommer (AU 12, mit jeweils zwei Fragezeichen) – offenbar ohne jeglichen Zweifel im
Anschluss an u̯ ašta- als Verbalendung noch -ti und dann noch nu-u̯ [a- als Beginn des nachfolgenden Satzes;
etwas vorsichtiger Beckman et al. 2011, 110: u̯ ašta⸢ti⸣ (ohne nachfolgende Spuren). Tatsächlich ist heute nicht
einmal mehr in Spuren ein ti auf der Tafel zu erkennen; vgl. Autographie; aber auch schon Goetze, Ed. u.
Forrer 1929, 112. Ebensowenig stützen die Spuren auf den älteren Fotos eine solche Deutung.
186 Vor den beiden am Zeilenende erkennbaren Zeichen ist eine Lücke von ca. 8 Zeichen zu vermuten, die

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II Der Text   53

an ihrem Beginn noch die Endung des Prädikats vom vorausgehenden Satz enthalten haben muss. Der in
Goetzes Ed. fehlende Rest des vorletzten Zeichens wurde von Forrer (1929, 112) und Sommer (AU 12) nam?-
bzw. na̤ m- gelesen; vgl. auch nam- am Beginn der Zeile. Aufgrund des Fotos (BoFN 740) scheint dies gut zu
passen; s. auch Autographie.
187 In der Lücke ist Raum für ca. 5 Zeichen. Während die Verbalendung -zi am Zeilenende einigermaßen
klar zu erkennen ist, lässt sich über vorausgehende Zeichenreste keine klare Aussage treffen. Sommer (AU
12) gab vor -zi 2 Zeichenspuren x̣? x̣ an; Forrer (1929, 112) las dagegen -ki; die älteren Fotos (BoFN 740 u. AU
Taf. II) sowie das neuere Foto (hethiter.net/: PhotArch BoFN00740) lassen noch den Kopf eines senkrechten
Keils erkennen; s. Autographie. Ebensowenig erlauben die heute sichtbaren 1–2 Zeichenspuren nach na-an
vor der Lücke eine Deutung.
188 Vom wohl ehemals vorhandenen Zeichen oder einem Zeichenrest am Zeilenende – Forrer (1929, 112) und
Sommer (AU 12) lasen hier du – ist heute nichts mehr erkennbar; s. Autographie. Goetze (Ed.) hat vom letz-
ten Zeichen offenbar nur die Reste von drei Waagrechten und abschließend einen senkrechten Keil gesehen.
Die Lücke davor umfasste ca. 5 Zeichen. Sommer (AU 143) wies zu Recht auf den nachfolgenden freien Raum
bis zum Paragraphenstrich von annähernd einer Zeile hin, wo noch auf der Paragraphenlinie selbst das zu
Kol. III 7 gehörende Zeichen i.a erscheint; s. unten Anm. 190. Weitere Spuren führte er auf die Schraffur bzw.
auf durch spätere Beschädigungen entstandene Vertiefungen zurück.
189 Das Zeichen i.a ist nachträglich über der Kol. III 7 an ke-e- angefügt: s. Kommentar; dies ist in neueren
Bearbeitungen nur in Beckman et al. (2011, 112) nicht berücksichtigt.
190 Nach einer Lücke von 1–2 Zeichen sind noch Spuren erkennbar, die auf zwei Winkelhaken hindeuten,
danach scheint die Zeile nach E.R. einen Leerraum aufzuweisen; s. Autographie. Goetze (Ed.) hatte keinerlei
Zeichenspuren innerhalb des von ihm schraffierten Teils der zweiten Zeilenhälfte vermerkt. Der letzte Teil
dieser Zeile mit Platz für ca. 3–4 Zeichen wäre nach seiner Darstellung völlig leer gewesen, was auch Forrers
Translit. (1929, 112) andeutet. Nach den älteren Fotos (BoFN 740 u. AU Taf. II) sowie dem neueren Foto (hethi-
ter.net/: PhotArch BoFN00740) dagegen sind dort weitere, jedoch kaum deutbare Spuren erkennbar, die
Sommer (AU 12) bei seiner Ergänzung des Prädikats mit 6 Zeichen nach ú-⸢ul⸣ zu berücksichtigen versuchte.
191 Vor dem Zeichen an finden sich noch Spuren von etwa 4–5 Zeichen; s. hierzu Kommentar.
192 Vom Zeichenrest am Ende des Wortes ist auf dem Original nur noch ein senkrechter Keil und davor ver-
mutlich ein Winkelhaken erkennbar; es ist nicht absolut sicher, dass er zu mekki gehört; s. Autographie. Auf
früheren Fotos ist ebenfalls nicht viel mehr zu sehen.
193 Da zwischen mekki und tapuša Raum für etwa 2–3 Zeichen zu sein scheint (nach Hoffner 2009, 308 sogar
4), was auch die vagen Spuren auf dem Foto vermuten lassen, gelangten wir nach längerer Diskussion und
ausführlicher Überprüfung zu me-⸢ik-ki-iš?⸣ [ku-i]š? als wahrscheinlichste Lesung und Ergänzung.
194 Von dem vor MU von Sommer (AU 12 u. 145) vermuteten I.A ist heute fast nichts mehr erkennbar. Auf den
Fotos BoFN 740 u. AU Taf. II scheint noch ein niedriger senkrechter Keil sichtbar, der den unteren Teil des
gebrochenen senkrechten Keils von A darstellen könnte; vgl. die Autographie mit dem heute noch sichtbaren
Rest des Kopfes eines senkrechten Keils; ähnlich wie Sommer (l. c.) auch Hoffner (2009, 309: nam.ra.meš[-y]
a-mu) u. Beckman et al. (2011, 112: nam.ra.meš[-ya]-mu).
195 Sommer versuchte am Zeilenende (AU 12 u. 145) nach šeš-ia als Prädikat d[ib!?-t]a̤ ?? zu lesen, war aber
selbst von dieser Deutung nicht völlig überzeugt. Er wies darauf hin, dass sich für dib drei Keile am Anfang
geltend machen ließen, „die allerdings nicht ganz gleichmäßig lang sind und (nach dem Rande zu) schräger
nach unten laufen als bei ‚dib‘ (‚lu‘) normal ist.“ Zwar überwiegt bei diesem Zeichen die gleichmäßige Länge
der waagrechten Keile am Anfang, doch wie aus HZL 210 deutlich wird, gibt es auch Varianten, die bei den
waagrechten Keilen eine unterschiedliche Länge zeigen. Gravierender gegen DIB wiegt dagegen die Tatsache,
dass diese Keile in Richtung nach rechts schräg nach unten verlaufen; s. dagegen die Autographie mit nur
zwei Waagrechten, wofür HZL 210 kein Beispiel enthält.
Gegen eine Lesung des heute noch teilweise gegen Ende der Zeile sichtbaren Zeichens ŠU (HZL 68) spricht
nach erneuter Kollation von J.H. (am 29. 01. 2009) dagegen nichts. Vom nachfolgenden Zeichen existiert nur
noch der Rest eines waagrechten Keils. Zur Ergänzung ⸢šu⸣-p[ur?] nach IV 18 s. Kommentar.
196 Während Goetzes Ed. nach dem zweiten nu ein klares -za, also nu-za, erkennen lässt, versahen Forrer
(1929, 112) und Sommer, (AU 12 u. 146) ihre Translit. der Satzeinleitung mit Fragezeichen. Nach neuer Kolla-

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54   S. Heinhold-Krahmer

tion ist -za nur noch partiell auf der Tafel sichtbar; s. Autographie. Dagegen scheinen auf dem Foto (AU Taf. II)
noch die vor šeš⸣-ia etwas tiefer angesetzten vier Köpfe von -za erhalten zu sein; s. auch BoFN 740.
Offen bleibt auch, ob gegen Ende der Zeile nach šeš-ia noch etwas gestanden hat oder nicht. Nach Sommer
(AU 146) handelt es sich dort vor dem Bruch nur „um kleine (wohl bedeutungslose) Kratzer“.
197 Fraglich ist, ob nach ku-i[t ] ursprünglich noch ein weiteres Wort gestanden hat; Goetze, Ed. u. die
älteren Fotos (BoFN 740 u. AU Taf. II) bieten keinen Zeichenrest; s. auch Autographie. Forrers (1929, 112)
Ergänzung nam.ra (bei ihm: [Nam-Ra]) und Sommers Ergänzung [ku-i-u]š wurden in neuere Bearbeitungen
nicht übernommen.
198 Die Anzahl der fehlenden Zeichen lässt sich nicht mehr genau abschätzen. Nach Forrer (1929, 112) wären
es 4–7 gewesen. Weder er noch zuvor Goetze (Ed.) sahen nach šeš-⸢ia⸣ am Ende von Kol. III 13 Zeichenreste.
Dass es aber damals im Gegensatz zu heute (s. Autographie) noch an der Abbruchstelle Spuren gegeben hat,
zeigen die Fotos BoFN 740 u. AU Taf. II.
199 Sommer (AU 12) glaubte im Gegensatz zu Forrer (1929, 112) und Goetze (Ed.) nach ar-ta-ru noch einen Rest
der Einleitung des anschließenden Satzes und weitere Zeichenspuren sehen zu können; s. Kommentar; vgl.
Autographie (nach Kollation) mit Foto BoFN 740.
200 Es wäre Raum für ca. 7 Zeichen bis zum Rand. Genaueres ist kaum zu ermitteln. Zu bisherigen Ergän-
zungsversuchen s. Kommentar.
201 Forrer (1929, 112) und Sommer (AU 12) gingen bei ihren unterschiedlichen Ergänzungen der Lücke nach
mu-nab-ti-u̯ a-k[án von 7 fehlenden Zeichen aus; zur Frage, ob vor mu-nab-ti noch ein Determinativ lú.meš
fehlt (s. III 46′) und daher einzufügen wäre, s. Kommentar. Zu weiteren Lesungsmöglichkeiten des an mu-
nab-ti-u̯ a angeschlossenen Zeichenrestes s. Kommentar S. 236 zu III 15 sub 3. Forrer (1929, 112) las vollständig
und Sommer mit Fragezeichen im Anschluss an mu-nap-ti-u̯ a- noch -kán bzw. -ká[n?. In seinem Kommentar
(AU 147) schrieb Letzterer allerdings, H. Ehelolf und er sähen im Original und auf dem Foto (AU Taf. II) eher
-an statt -kan. Möglich schiene aber auch a[t-; s. HZL 105; vgl. aber Goetzes Ed. u. Autographie.
202 Goetze zeichnete in seiner Edition vor dem Abbruch noch einen waagrechten und dann den Rest eines
senkrechten Keils ein. Dies entspricht auch dem Ergebnis unserer gemeinsamen Kollation; s. Autographie.
Forrer (1929, 114: ku-i[š …]) und Sommer (AU 12 u. 148: ma-a??[-…]) hingegen glaubten je ein vollständiges und
ein abgebrochenes Zeichen zu bemerken, die sie jedoch unterschiedlich deuteten; s. Kommentar; vgl. die
Fotos BoFN 740 u. AU Taf. II.
203 Forrer (1929, 114) und Sommer (AU 12) ergänzten 6 bzw. 7 Zeichen im fehlenden rechten Teil von Kol. III
16; s. Kommentar.
204 Während Forrer (1929, 114) noch ein klares na zu erkennen glaubte, erschien dies Sommer (AU 12) frag-
lich. Auch Goetzes Ed. trägt hier nicht zur Klärung bei; vgl. Autographie und Foto BoFN 740.
205 In der Lücke könnten 8–9 Zeichen gestanden haben. Auf dem Foto von Frau Ehelolf (BoFN 740; s. auch
Sommer, AU Taf. II) sind am Rand noch die Spuren von zwei senkrechten Keilen bemerkbar, die heute nicht
mehr sichtbar sind; vgl. Autographie.
206 Im Gegensatz zu früher (Goetze, Ed.; Forrer 1929, 114; Sommer, AU 12 u. 148 [mit Hinweis auf A. Walthers
Handexemplar zu KUB 14.3]; vgl. Fotos BoFN 740 u. AU Taf. II) ist von den letzten beiden Silben von a-pa-a-
⸢aš-ma⸣ heute nichts mehr zu sehen; s. Autographie (nach erneuter Kollation von J.H. am 29. 01. 2009), wo die
Abbruchstelle schon unmittelbar nach a-pa-a-[…] erfolgt.
207 Nach Forrer (1929, 114) und Sommer (AU 112) könnte hier BI gestanden haben, wogegen auch die erhal-
tenen Spuren – sichtbar sind zwei parallele Waagrechte sowie im Anschluss an die obere Waagrechte noch
ein Winkelhaken (s. BoFN 740, AU Taf. II u. Autographie] – nicht zu sprechen scheinen. Doch besteht keine
Sicherheit, da mehrere Zeichen so beginnen können; s. HZL Nr. 120  ff.
208 In Goetzes Ed. sind hier noch Zeichenspuren sichtbar, ebenso auch auf den Fotos BoFN 740 u. AU Taf. II,
die Sommer (AU 12) im Anschluss an Forrer (1929, 114) wohl zu Recht am-mẹ-ẹ[l las; vgl. III 46.
209 Goetze (Ed.) und auch Sommer (AU 12) glaubten hier anscheinend deutlich na-an bzw. n]ạ-an zu sehen,
während Forrer (1929, 114) nur AN sah. Die Kollation dagegen ergab das Zeichen GAN. Es ist nicht auszuschlie-
ßen, dass die Lesung (-)?⸢kán⸣(-) hier Teil eines Wortes und nicht die enklit. Partikel -kan darstellte.
210 Etwa 9 fehlende Zeichen am Zeilenbeginn.

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II Der Text   55

211 Die beiden letzten Zeichen -[t]a-ri waren wohl über den Rand geschrieben; s. die Fotos BoFN 741 u. AU
Taf. II; vgl. aber auch die Autographie, wonach sie heute nicht mehr sichtbar sind. Sie wurden jedenfalls
schon in Goetze (Ed.) u. Forrer (1929, 114) im Anschluss an i-⸢ia-an⸣- berücksichtigt, in Sommer (AU 12) da-
gegen mit Fragezeichen versehen.
212 In der Lücke am Zeilenbeginn von III 39′ keine Zeichenspur(en) sichtbar; s. Autographie; ebenso Forrer
(1929, 114). Goetze (Ed.) verzeichnete noch einen minimalen Zeichenrest vor ku-e-da-ni und Sommer (AU
150) zog sogar Spuren von 2 Zeichen an dieser Stelle in Erwägung. Es ist mit ca. 9 fehlenden Zeichen bis zum
Zeilenanfang zu rechnen.
213 Es fehlen ca. 8 Zeichen am Zeilenbeginn von Kol. III 40′. Vor an-da ist kein Zeichenrest mehr zu sehen; so
auch Forrer (1929, 114). In Goetzes Ed. ist noch eine minimale Spur verzeichnet; Sommer (AU 150) versuchte
hier gam zu lesen, was jedoch aufgrund der Fotos (BoFN 741 u. AU Taf. II) eher unwahrscheinlich ist.
214 Obgleich von ki wenig zu sehen ist, und das Zeichen vor zi eventuell über kleinere Zeichenreste geschrie-
ben sein mag, scheint eine andere Lesung kaum möglich; s. Goetze, Ed., der ein eindeutiges iz bot; ebenso
die Translit. in Forrer 1929, 114 u. Sommer, AU 112.
215 Etwa 7–8 Zeichen sind in der Lücke verloren gegangen; s. hierzu Kommentar.
216 Der Name in Kol. III 41′ ist über den Rand hinaus geschrieben. Aufgrund der Fotos (BoFN 741 u. AU Taf. II)
und seines erneuten Auftretens in III 47′ kann er ergänzt werden. Vor den früher auf dem Rand zumindest
teilweise lesbaren -u̯ a-kán (vgl. Goetze, Ed.; Forrer 1929, 114; Sommer, AU 14), ist heute jedoch nichts mehr
auf der Tafel erkennbar; s. Autographie. Nach Hoffners (2009, 309) und Beckmans (2011, 114) Translit. wäre
allerdings noch alles sichtbar.
217 Am Beginn der Zeile ist mit etwa 7–8 fehlenden Zeichen zu rechnen.
218 Am Rand könnte man vielleicht noch eine minimale Zeichenspur vermuten; s. Goetze (Ed.), Foto AU
Taf. II und Sommer (AU 14), der am Rand sogar 4 Zeichen ergänzt. Forrer (1929, 114) hat hier dagegen keine
weiteren Zeichen in Betracht gezogen. In Hoffner (2009, 309) findet sich im Anschluss an Sommer nach šeš-
ya noch [-ya …] ergänzt; Beckman (2011, 214) fügt in seiner Translit. nach šeš-ia nichts mehr ein, wobei er
wie Goetze (Ed.) auch das letzte heute sichtbare Zeichen i.a nur als unvollständig erhalten kennzeichnet.
219 Am Beginn dieser Zeile III 43′ vor dem fraglichen, von Sommer (AU 14 u. 150) gelesenen Zeichen -d]ạ, hier
x, ist jedenfalls mit 3–4 fehlenden Zeichen zu rechnen.
220 Zu den Ergänzungsversuchen von Forrer (1929, 114), Sommer (AU 14), Hoffner (2009, 309) u. Beckman et
al. (2011, 114  f.) s. Kommentar.
221 Goetze (Ed.) versah die 4 Zeichen des ersten Wortes in III 44′ allesamt mit Schraffur. Nach Auffassung
von Sommer (AU 14) wäre nur das erste Zeichen als unbeschädigt zu betrachten, wohingegen nach dem Foto
in AU (Taf. II) sämtliche Zeichen beschädigt wirken. Nach Foto BoFN 741 scheinen die beiden ersten Zeichen
vollständig erhalten zu sein, während die beiden letzten partiell beschädigt sind. Nach der Kollation von E.R.
sind die drei ersten Zeichen komplett erhalten, das letzte dagegen geringfügig beschädigt; s. Autographie.
222 Ergänzt nach II 14. Es ist fraglich, ob hier anschließend am Ende von III 44′ noch mit einem weiteren Wort
zu rechnen ist; s. auch Goetze, Ed.; Forrer 1929, 114; Hoffner 2009, 309 u. Beckman et al. 2011, 114, wenngleich
Sommer, AU 14 dies offenbar für möglich hielt.
223 Nach Goetze (Ed.) wäre nach a-pa- mit einer Lücke (wohl von etwa 2–3 Zeichen) zu rechnen. Danach
markierte er noch Reste von etwa 2 Zeichen (senkrechte Keile). Anschließend hat er nichts mehr gesehen.
Die Fotos BoFN 41 u. AU Taf. II hingegen deuten noch auf einen kleinen Zeichenrest nach a-pa-x vor besagter
Lücke hin, der sich dann Reste von 2–3 Zeichen zum Rand hin anschließen. Während Forrer (1929, 114) gemäß
seiner Ergänzung nach a-pa- mit 5 Zeichen bis zum Rand rechnete, bietet Sommers Versuch (AU 14) insge-
samt noch 6 Zeichen; so auch Hoffner (2006, 309); 8 Zeichen vermuten Beckman et al. (2011, 114). Fraglich
ist, ob nach den erkennbaren Resten noch mit auf den Rand führenden Zeichen zu rechnen ist; s. dort die
Einkerbungen auf der Höhe von III 45′ (AU Taf. II); vgl. jedoch zum heutigen, stark verschlechterten Zustand
die Autographie.
224 Es finden sich zu lú.meš mu-nab-t[u4? in Kol. III 46′ folgende Lesungen bei früheren und heutigen For-
schern: in Forrer 1929, 114: Lù(-Meš)mu-nab-t[i], in Sommer, AU 14: lú meš mu.nab.t[i?, wobei Hoffner 2009,
309 u. Beckman et al. 2011, 114 wie Sommer, jedoch ohne Fragezeichen. Vom letzten Zeichen hat Goetze, Ed.
allerdings nichts gesehen. Später las Miller dagegen in seiner unv. Translit. zu seiner Übersetzung (2006)

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56   S. Heinhold-Krahmer

mu-nap-t[um. In der Tat sind Reste von TUM (TU4) sowohl auf den Fotos BoFN 741 u. AU Taf. II als auch
lú.meš

auf dem neueren Foto (hethiter.net/: PhotArch BoFN00741) sowie auf der Originaltafel selbst (s. Autographie)
zu erkennen.
225 Nach einer Lücke von etwa 2 Zeichen waren hier ursprünglich noch Spuren von ca. 2 Zeichen zu sehen;
s. Goetze, Ed.; Forrer 1929, 114; Sommer, AU 14; Hoffner 2009, 309 u. Beckman et al. 2011, 114; ferner die Fotos
BoFN 741 u. AU Taf. II. Zum heutigen Zustand vgl. Autographie.
226 Durch die zerstörte Stelle nach a-⸢na⸣ (s. auch schon Goetze, Ed.) ist auf jeden Fall ein Zeichen verloren
gegangen, vielleicht auch noch ein weiteres, das dann relativ schmal gewesen sein dürfte. Forrer (1929, 114)
und Sommer (AU 14) glaubten jedoch, hier tur bzw. dumu erkennen zu können (vgl. Fotos BoFN 741 u. AU
Taf. II: mit unklaren waagrechten Zeichenspuren?), was sie zusammen mit dem bis heute vollständig erhal-
tenen nachfolgenden Zeichen Tur-šu (= tur-šu) bzw. dṲmỤ-šỤ lasen. Hoffner (2009, 309) übernahm Sommers
Lesung u. Beckman et al. (2011, 114) ergänzte sie. Ein Vergleich der für dumu/tur beanspruchten zerstörten
Stelle hier in III 47′ mit III 41′, 54′ u. 56′ führte uns dazu, von dieser Ergänzung Abstand zu nehmen. Statt -šu
schien die Lesung -ma angebracht.
227 Goetze (Ed.) bemerkte am Zeilenende nach dem von uns nun als ma gelesenen Zeichen nur noch einen
senkrechten Keil. Forrer (1929, 114) schloss anhand der schwachen Spuren, wenn auch zweifelnd, auf 3 Zei-
chen und Sommer (AU 14) rechnete sogar mit 4 und versuchte tu[ku?.tuku-eš-ta] (nach III 39′: tuku.tuku-
eš-z[i) zu ergänzen; vgl. BoFN 741, AU Taf. II u. Autographie.
228 Sommer (AU 14) glaubte die schon von Forrer (1929, 114) ergänzten beiden Zeichen -da-ni noch vage er-
kennen zu können; BoFN 741 u. AU Taf. II scheinen noch auf Reste von Griffeleindrücken hinzudeuten. Goetze
(Ed.) bemerkte offenbar keinerlei Spuren.
229 Forrer (1929, 114) erwog am Zeilenende die Lesung an??-da??, Sommer (AU 14) dagegen a̤ r?[-ḫa]. Die Reste
auf den Fotos BoFN 741 u. AU Taf. II sowie die heute noch spärlicher erhaltenen Spuren auf der Tafel (s. Au-
tographie) scheinen mit dem Winkelhaken am Beginn des ersten Zeichens sowie den Resten von zwei Senk-
rechten eher auf AR als auf AN hinzudeuten, weshalb Sommers Lesung a̤ r?[-ḫa], wenngleich nicht sicher, so
doch wahrscheinlicher als die von Forrer sein dürfte.
230 Die Zeichen von tar-na-aš in III 50′ sind ebenso wie die der nachfolgenden Zeile III 51′ auf der Tafel in
kleinerer Schrift als der fortlaufende Text verfasst.
231 Nach inim-ni sind 2–3 Zeichen zerstört. Vor dem auf dem Tafelrand erhaltenen -ši ist heute noch ein senk-
rechter Keil sichtbar, während Goetzes Ed. die Köpfe von zwei senkrechten Keilen zeigt; anhand der Fotos
(BoFN 741 u. AU Taf. II) ist besagter Zeichenrest nicht mehr klar zu deuten.
232 Die Anzahl der im Anschluss an mān bis hin zu KI noch teilweise in Spuren vorhandenen Zeichen lässt
sich nicht exakt bestimmen. Dass hier sehr unterschiedliche Einschätzungen möglich sind, zeigen die stark
voneinander abweichenden Darstellungen Goetzes (Ed.) mit ca. 5 Zeichen, Forrers (1929, 114) mit ca. 6 Zei-
chen u. Sommers (AU 14) mit ca. 7 Zeichen; vgl. Autographie.
233 Nach dem Satz einleitenden nu-kán und 2–3 weiteren Zeichenspuren ist bis zum Rand noch Raum für
maximal 3–4 Zeichen.
234 Der Rest des in dieser Zeile III 51′mit nu-kán beginnenden Satzes wurde von […]-x egir-pa-an-da an über
den Rand geschrieben, wobei das zugehörige Verb píd-da-eš-ker!(?)  – nur anscheinend den Zeilen II 23 und
22 ausweichend, welche in Kol. II allerdings schon vor dem Rand endeten – in senkrechter Linie nach oben
gezogen wurde, und zwar bereits oberhalb des Zeichens AN von egir-pa-an-da. Dieses frühe Ausweichen war
aber zweifellos bedingt durch das über den Rand geschriebene -kán in II 24.
Zuvor hatte der Schreiber anscheinend die erste Silbe des Prädikats, píd-da-eš-ker!(?), direkt im Anschluss
an […]-x egir-pa-an-da noch geschrieben, jedoch dann wieder getilgt und sich für die senkrecht nach oben
verlaufenden Schreibung entschlossen; s. Translit.
Die Kollation und die gemeinsame Diskussion haben für die letzte Silbe wieder die Sommersche Lesung -kir!(?)
als die Wahrscheinlichste ergeben; vgl. dagegen Goetze, Ed. u. Forrer 1929, 114: bad-da-eš-ki-zi?. Freilich ist
sie nicht konform mit dem Zeichen GIR (HZL 244). Das Zeichen ist jedoch, vermutlich bedingt durch die er-
wähnte Randlage, nur zu hastig und verzerrt eingezeichnet worden. Unsere Translit. -ker als letzte Silbe des
Prädikats (3.Pl.Prt.) von piddaešk-, die sich als Lesungsvariante von GIR bzw. gir weder in HZL 244 noch in
Borger, MesZL2 (letzteres Zitat nach Hinweis von J.H.) findet, entspricht auch der Lesung dieser Stelle in CHD

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II Der Text   57

P/3, 353 u. 355 A 5 g; vgl. jedoch Hoffner (2009, 310), der hier stattdessen die Lesung píd-da-eš-ke?-⸢ši!?⸣ erwog,
und Beckman et al. (2011, 114), der nicht zu Unrecht auf eine Lesung völlig verzichtete.
235 Die Autographie (nach Kollation) zeigt einen relativ großen Abstand zwischen ŠA und AŠ (s. auch Fotos
BoFN 741 u. AU Taf. II), der in Goetzes Ed. nicht deutlich wird. Schon Forrer (1929, 114: Ka.(1?)ša-aḫ?-ši-ia …)
und Sommer (AU 14: ka?-a?-šạ(-?)x̣-ši-i̯a) vermochten die Zeichenfolge nicht befriedigend zu interpretieren;
vgl. auch Miller (2006, 245 mit Anm. 36); ferner Hoffner (2009, 310) u. Beckman et al. (2011, 114  f.) sowie un-
seren Kommentar zur schwierigen Deutung der fehlerhaften Syntax in III 52′.
236 Zur in jüngerer Zeit meist angenommenen fehlerhaften Verwendung der Partikel -wa an dieser Stelle s.
Kommentar.
237 Vor allem Forrers (1929, 114: me-mi-iš-ki-iz-zi) Translit. des Prädikats – vgl. dagegen Sommer (AU 14: me-
mi-ịš-k[i̤-ị]z-zi̤) – vermittelt zunächst den Eindruck eines damals noch besseren Zustands des Zeilenendes. Die
Fotos (BoFN 741 u. AU Taf. II) zeigen zwar ebenfalls Spuren der zu vermutenden Lesung -ke-ez-zi, doch schon
in Goetze (Ed.) ist nach me-mi-iš- innerhalb der zerstörten Stelle, die problemlos den Raum für die 3 Zeichen
bis zum Rand bietet, nur der Kopf eines senkrechten Keiles eingetragen, und zwar etwa in der Mitte der Lücke.
Die Autographie von E.R. weist dagegen zwei Winkelhaken auf, und zwar einen hochgelegenen etwa an Stelle
des Kopfes jenes senkrechten Keils in Goetze (Ed.), den zweiten in gleicher Höhe am Zeilenende, welcher
zu den Winkelhaken (insgesamt 4) am Ende von ZI gehören dürfte; vgl. jedoch die voneinander abweichen-
den Translit. in Hoffner (2009, 310), der offenbar alle Zeichen mit allen Bestandteilen vollständig zu sehen
glaubte, u. Beckman (2011, 114), der die 3 letzten Zeichen in eckiger Klammer ergänzte. Die Zeichenspuren auf
den Fotos und der nachfolgend gut erhaltene Text dürften jedenfalls die Lesung me-mi-iš-⸢ke-ez-zi⸣ erlauben.
238 Das sinnentstellende und daher sicher fehlerhafte Pronomen -sú, das hier in der direkten Rede des Piya-
maradu in Verbindung mit dessen Gattin, dam-sú „seine Gattin“, erscheint, darf wohl mit Recht zu dam-ia!
„meine Gattin“ korrigiert werden; s. Kommentar.
239 Ergänzung nach III 56′; so auch schon Sommer (AU 14) mit Fragezeichen, während Forrer (1929, 114) nur
É-t[um] transliterierte; vgl. ferner Hoffner 2009, 310 u. Beckman et al. 2011, 114.
240 Forrers (1929, 116) Translit. im Anschluss an ma-la-a-ši lautete: ku-va-ad ki-i a-va-te(-Meš), wobei er über
-va und -te jeweils drei Ausrufezeichen (!!!) setzte. Sommer dagegen (AU 14) schrieb: ki-nụ?-ṳn?? ki??-i̤?? x̣ x̣
x̣meš, wobei ihm in neuerer Zeit Miller (2006, 245, gemäß seiner Übersetzung) u. Beckman et al. (2011, 114)
weitgehend folgten (Letzterer statt x x xmeš jedoch x x x-eš). Hoffner (2009, 310) verzichtete auf eine Deutung
der unklaren Zeichenspuren. Ein Vergleich von Goetze (Ed.) u.  E.R. (Autographie) zeigt die Schwierigkeiten
einer Deutung.
241 Wir schlossen uns bei der Ergänzung Sommers (AU 14) und Forrers (1929, 116) Deutung an dieser Stelle
an, u.  a. aufgrund des erhaltenen Prädikats in III 69′ (Weiteres im Kommentar). Allerdings ist heute vom
Zeichen DI in III 68′, das Forrer und Sommer und sogar in neuerer Zeit auch Beckman et al. (2011, 114) hier
partiell noch zu sehen glaubten, auf der Tafel nichts mehr vorhanden; s. Autographie. Auch schon Goetze
(Ed.) hatte eine mögliche Spur des DI nach BI (vgl. Foto AU Taf. II Rd. zu Rs. III) nicht verzeichnet; s. aber noch
die Translit. in Hoffner (2009, 310) mit ergänztem pé-[di] wie auch hier.
242 Ob oder was vor dem Verb in III 69′ gestanden hat, dort wo Forrer (1929, 116) und Sommer (AU 14 u. 167)
noch [gam-a]n annahmen bzw. erwogen haben (s. auch Hoffner 2009, 310 u. Beckman et al. 2011, 114), ist
kaum zu entscheiden. Hier könnte die Zeile auch ähnlich wie die letzte Zeile von Kol. II nach rechts hin ein-
gerückt gewesen sein, da nicht sicher ist, ob es sich bei den auf den Fotos (BoFN 741 u. AU Taf. II) sichtbaren
Eindrücken auf dem Lehm, und zwar vor dem weitgehend erhaltenen A von a-ši-ša-nu-mi, um Zeichenreste
oder um zerstörungsbedingte Spuren handelt.
Die anschließend an das Verb von Forrer (1929, 116) wohl für möglich und von Sommer (AU 14 u. 167) für
sicher gehaltenen Zeichenreste (s. auch Hoffner 2009, 310 u. Beckman et al. 2011, 114) finden sich nicht in
Goetzes Edition. Sie ließen sich auch nicht anhand des Originals in seinem heutigen Zustand sichern; vgl.
Autographie. Es könnte sich hier wie bei den in etwa auf gleicher Höhe befindlichen Einkerbungen im Inter-
kolumnium zwischen Kol. III u. IV (s. die älteren Fotos BoFN 741 u. AU Taf. II) vielleicht auch nur um Beschä-
digungen gehandelt haben.
243 Während Forrer (1929, 116) hier in Kol. IV 1 den Beginn eines neuen Paragraphen (§ 13) vermutete, nahm
Sommer (AU 167) an, dass nach a-ši-ša-nu-mi in III 69′ bereits der zugehörige nachgestellte Hauptsatz begann,

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58   S. Heinhold-Krahmer

der dann bis in Zeile IV 1 gereicht hätte. Tatsächlich weisen die Fotos BoFN 741 u. AU Taf. II in Kol. III 69′ Spu-
ren auf, bei denen es sich um Zeichenreste handeln könnte; s. bereits oben Anm. 241. Aufgrund von Goetzes
Ed. und der Tafel in ihrem heutigen Zustand (s. auch Autographie) lässt sich dies zwar nicht mehr verifizieren,
aber allein schon die Tatsache, dass der in zitierter Rede verfasste Brief an Piyamaradu in III 64′ beginnt und
erst in IV 10 endet, lädt zur Annahme ein, dass der nach der horizontalen Linie in III 63′ beginnende Para-
graph 12 bis IV 15 reichte. Zu diesem in III 63′ beginnenden Paragraphen 12 rechneten nach Sommer, AUch
Fachleute in neuer Zeit die Zeilen IV 1–15; s. Miller 2006, 246; Hoffner 2009, 310  f.; Beckman et al. 2011, 114–117.
244 Goetze (Ed.) sah hier am Ende von IV 1 das Zeichen PI (U̯ A), wogegen auch die Fotos BoFN 740 u.
AU Taf.  II nicht unbedingt sprächen, und zeichnete davor noch den Rest des vorausgehenden Zeichens
(eines waagrechten Keils?). Forrer (1929, 116) dagegen erwog die Lesung -ta?-aš?, während Sommer (AU 16)
wiederum ]x̤ -u̯ a?-aš?? für möglich hielt; vgl. auch Beckman et al. 2011, 114: […]x-wa(-)[…]. Heute scheint jedoch
nur noch der Rest eines nicht mehr ganz sicher zu deutenden Zeichens erkennbar, nämlich ein senkrechter
Keil und davor zwei schräg nach oben verlaufenden Winkelhaken; s. Autographie. Diese Reste könnten den
Beginn des Zeichens PI bei Goetze darstellen.
245 Außer dem Zeichen MEŠ in der ersten Zeilenhälfte und ⸢ti⸣-i-ia am Zeilenende sind nur wenige, kaum zu
deutende Zeichenreste erhalten geblieben. Schon Goetze (Ed.) zeichnete vor ⸢ti⸣-i-ia nur einen winzigen Zei-
chenrest; vgl. ebenso Autographie. Dennoch las Forrer (1929, 116) [ša-]ra-a ti-i-ia, und Sommer (AU 16) folgte
ihm zweifelnd, indem er ša-r]a̤ ??-a̤ ?? ti-i-i̯a transliterierte. Diese Wendung fand sich bereits in III 64′ und wurde
wohl deshalb auch von Miller (2006, 246) u. Beckman et al. (2011, 114) hier übernommen. Eine Ergänzung der
gesamten Zeile wagte nur Sommer (AU 16 u. 167  f.); s. dazu Kommentar.
246 Forrer (1929, 116) bot am Zeilenbeginn die Lesung ⸢nu-va-gan da-me-e-da-ni bi-di Gam e-eš (wohl fehler-
haft mit Halbklammer begonnen, wobei die zweite Klammer völlig fehlt); vgl. auch Sommer, AU 168. Bereits
aus Goetzes Ed. ging hervor, dass etwa die ersten 5 Zeichen der Zeile an völlig zerstörter Stelle gestanden
haben mussten, was auch die alten Fotos BoFN 740 u. AU Taf. II bestätigen. Als Ergänzung scheint jedoch
aufgrund des nachfolgenden Textes das von Forrer Gebotene sehr wahrscheinlich zu sein (s. dazu Weiteres im
Kommentar), so dass sich nachfolgende Bearbeitungen seiner Lesung – allerdings mit klarer Kennzeichnung
der fehlenden Zeichen – zumeist anschlossen; s. Sommer, AU 16; Miller 2006, 246 (gemäß Übersetzung);
Hoffner 2009, 310 (ohne Ergänzung der 3 ersten fehlenden Zeichen am Satzbeginn); Beckman et al. 2011, 114.
Auch wir halten gemeinsam die Ergänzung Forrers für wahrscheinlich.
247 Statt ma-a-an-u̯ a-(at-)ta „wenn dir“ wurde hier wohl nur versehentlich ma-a-an-u̯ a-ši „wenn ihm“ ge-
schrieben, denn der ganze Satz befindet sich innerhalb des vorformulierten Briefes, den der König von
Aḫḫiyawa auf Vorschlag des Königs von Ḫatti an Piyamaradu senden sollte, und der in direkter und an Letz-
teren gerichteter Rede verfasst ist (III 64–IV 10); s. dazu Forrer 1929, 181; ferner Miller 2006, 246, Hoffner 2009,
310 mit Anm. 315 u. Beckman et al. 2011, 115  f.; zu Sommers Auffassung (AU 169) s. noch den Kommentar.
248 Nach erneuter Kollation einigten wir uns auf diese Lesung des Ortsnamens. Das erste Zeichen HZL 131
GEŠTIN (= u̯ i5) steht außer Zweifel; s. hierzu auch das spät-jungheth. Fragment KUB 48.90 Z. 9′ u. 10′. Die
Deutung der beiden nachfolgenden Zeichenreste als LU und ŠA kann als wahrscheinlich gelten, jedenfalls
solange kein anderer Ortsname außer Wiluša belegt ist, mit dessen Lesung diese Zeichenspuren in Einklang
gebracht werden könnten; s. Kommentar.
249 Obgleich Goetze (Ed.) beim E zwei waagrechte Keile verzeichnet hat, ergab die Kollation, dass hier drei
Waagrechte gestanden haben. Auch Sommer hat in seinem Kommentar (AU 170) darauf hingewiesen und das
Zeichen in seiner Translit. mit Ausrufezeichen versehen, doch ist diese Schreibweise nicht ungewöhnlich; s.
HZL 187, Varianten 11 u. 12.
250 Die älteren Fotoabzüge lassen in Kol. IV 10 noch einiges mehr erkennen, als es der heutige Tafelzustand
erlaubt. Nach der teilweise nur noch in Spuren erhaltenen Schrift dürfte die Zeile insgesamt etwa 21 Zeichen
umfasst haben. Weitgehend Einigkeit besteht über ihre Lesung am Anfang und Ende, auch wenn sich kleinere
Abweichungen bei den einzelnen Forschern konstatieren lassen.
1. Zu nu-u̯ a ták-šu-⸢la⸣-u-[en am Zeilenanfang: Nach Forrer (1929, 116) wäre das EN, von dem heute nichts mehr
sichtbar ist (s. hethiter.net/: PhotArch BoFN00738 u. Autographie), teilweise noch zu erkennen gewesen.
Dies scheinen auch die Abzüge des alten Fotos (BoFN 740 u. AU Taf. II) zu stützen, wenngleich in Goetzes
Ed. nichts davon zu sehen ist und Sommer ein Fragezeichen hinter dieses Zeichen setzte. Hoffner (2009, 311)

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II Der Text   59

hegt anscheinend keinen Zweifel bezüglich des EN und des vorausgehenden U, doch weist seine Umschrift
ein Fragezeichen bei LA auf, das in der Tat ebenfalls sehr schlecht erhalten ist, jedoch kaum anders gelesen
werden kann.
Möglicherweise ist zwischen dem – auch aus inhaltlichen Gründen – anzunehmenden EN und der nächsten
erkennbaren Zeichenspur noch ein weiteres kleines, nicht einmal mehr in Spuren erhaltenes Zeichen in der
Lücke anzusetzen. Problematisch bleibt auch nach wie vor die Lesung der nach der Lücke erkennbaren Zei-
chenspuren. Als Lesungsmöglichkeiten und -vorschläge für den ersten Zeichenrest nach der Lücke wurden
die Zeichen ḪA, TI, ZI und ÌR in unserer Diskussion vorgeschlagen. TI wurde zunächst der Vorzug gegeben
(vgl. III 57′). Doch letztlich ist keine Sicherheit zu gewinnen, auch wenn man die älteren Fotos (BoFN 740 u.
AU Taf. II) vergleichsweise heranzieht. Bei einem Treffen in München von E.R. und S.H.-K., bei dem es um
eine nochmalige Überprüfung von Translit. u. Autographie ging, und zu dem sich noch J.H. und J.L.M. ein-
fanden, schien dann ÌR die bessere Lösung zu sein. Doch auch ZI (HZL 33) wäre nicht unmöglich; vgl. I 26 u.
I 65 in der Liste von M.W. Table II S. 318), bei dem zwischen dem letztem senkrechten Keil und dem am höchs-
ten stehenden Winkelhaken ein relativ großer Abstand wie bei unserem Zeichenrest in IV 10 konstatierbar
ist.
Das anschließende Zeichen kann nach derzeitigem Zustand der Tafel -ni- gelesen werden, doch die älteren
Fotos scheinen auf ein kompakteres Zeichen hinzudeuten.
2. Zu ]-na-aš ku-ru-ur ul ⸢a-a⸣-ra am Zeilenende; s. Kommentar.
3. Ziemlich unterschiedliche Lesungsversuche liegen bislang für die etwa 5–6 Zeichen vor, die in Spuren noch
zwischen dem kleinen Satz am Zeilenbeginn (oben sub 1.) und ]-na-aš ku-ru-ur ul ⸢a-a⸣-ra am Ende der Zeile
(s. sub 2.) auftreten. Weitgehend Einigkeit besteht immerhin darüber, dass vor dem -naš auch noch mindes-
tens ein weiteres Enklitikon zu erwarten ist, nämlich -u̯ a-. Diese zu erwartende Partikel der direkten Rede ist
allerdings schon auf den alten Fotos (BoFN 740 u. AU Taf. II) nicht mehr eindeutig erkennbar; s. auch Goetze,
Ed. Während in Forrer (1929, 116) die Zeichenspur wie ein vollständig erhaltenes Zeichen behandelt wurde,
setzte Sommer (AU 16) sie mit zwei Fragezeichen ein; Beckman et al. (2011, 116) ergänzte sie, Hoffner (2009,
311) dagegen verzichtete auf eine Ergänzung. Nach der Autographie (E.R.) wäre auf der Tafel immerhin vor
-na-aš, und einem weiteren fehlenden Zeichen noch der schwache Rest eines senkrechten Keils zu sehen,
der zu -u̯ a- gehören könnte. Die gesamte Zeile IV 10 scheint jedenfalls noch immer Bestandteil des in III 64
beginnenden zitierten Briefes zu sein und erst für IV 11 ergibt sich, dass nun das dem König von Aḫḫiyawa
empfohlene, an Piyamaradu zu richtende Schreiben beendet ist. So erscheint die schon von den Erstbearbei-
tern vertretene Vermutung, dass vor -na-aš die Abfolge -u̯ a-an- gestanden haben dürfte, also insgesamt von
einer Lesung -⸢u̯ a⸣-[an]-na-aš auszugehen sei, durchaus akzeptabel, auch wenn sie in der Beurteilung des
Erhaltungszustandes der einzelnen Silben teilweise voneinander abwichen; s. Forrer 1929, 116: -va-[an]-na-aš
u. Sommer AU, 16: -u̯ ạ?-a̤ n??-nạ-aš.
251 In der Lücke vor m]a-a-an-ma-⸢an⸣ fehlen etwa 4 Zeichen.
252 Es ist hier mit ca. 3–4 fehlenden Zeichen zu rechnen, die aller Wahrscheinlichkeit nach zu dem mit
d[a- beginnenden Verb gehören. Von dem zur Zeit von Forrers Bearbeitung (1929, 116) noch erkennbaren
Zeichenrest vor Beginn des nächsten Satzes mit n]u-kán (s. oben IV 12) ist auf der Originaltafel nichts mehr
zu erkennen. Forrer erwog als Lesung dieser Zeichenspur (s. seinen Anhang Taf. II mit vielleicht vier Winkel-
haken) die Verbalendung -zi?? (3.Sg.Prs.).
253 Hier sind Sommers – allerdings mit Fragezeichen versehene – Lesung (AU 16) und auch Ergänzung von
Raum und Inhalt her betrachtet am wahrscheinlichsten; s. schon oben III 51, wo das Prädikat egir-pa-an-da
(+ -kan) in Verbindung mit dem Prädikat bereits belegt ist; vgl. auch die Spuren in Goetze, Ed. zu IV 13. Nicht
völlig auszuschließen wäre auch x-⸢it⸣ statt a]n-⸢da⸣, worauf J.L.M. hinwies; s. auch Forrer (1929, 116), der hier
versuchsweise ku??-id ? las; vgl. Autographie, wonach die mittlere Waagrechte bei dem teilweise erhaltenen
Zeichen eindeutig gebrochen ist. Letzteres ist sowohl bei DA belegt (HZL 214; zu Belegen in VAT 6692 s. Liste
von M.W. [ohne die fragliche Stelle in IV 13]) als auch bei IT (HZL 215; zu Belegen in VAT 6692 s. die Liste von
M.W. [ohne die fragliche Stelle)].
254 Wir ergänzen hier mit Sommer (AU 16): i-n]a; s. Kommentar. Forrer (1929, 116), der wie Goetze (Ed.)
anscheinend noch das vollständige NA auf der Tafel sah, ergänzte dagegen a]-na; s. auch Hoffner 2009, 311:
a-n]a. In der Lücke zwischen šeš-⸢ia⸣ […i-n]a dürfte Raum für ca. 4–5 Zeichen gewesen sein.

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60   S. Heinhold-Krahmer

255 Forrer (1929, 116) las und ergänzte am Zeilenbeginn ŠI-a[n-da …], also igi-a[n-da …]. Sommer (AU 16)
vermutete dagegen s[ig5-an-ti-pít …]. s[ig5 kommt jedoch weniger in Betracht, da hier der erste waagrechte
Keil aufgrund der nachfolgenden Elemente des Zeichens sich nicht so weit nach rechts hin erstreckt haben
dürfte wie bei IGI; vgl. SIG5 in II 53 u. die Varianten in HZL 293 mit denen in HZL 288. Auch Hoffner (2009, 311)
u. Beckman et al. (2011, 116) haben sich gegen Sommers Lesung entschieden. Für die Lücke zwischen igi und
i]a sind ca. 6–7 fehlende Zeichen zu veranschlagen.
256 Die Zahl der fehlenden Zeichen vor mPi-ia-ma-ra-du ist aufgrund der Größe der Lücke in dieser und auch
in den nachfolgenden Zeilen nur ganz grob zu bestimmen. Es dürfte sich um ca. 9–10 Zeichen gehandelt
haben.
257 Die Zahl der fehlenden Zeichen vor nu-mu entspricht in etwa der in IV 16. Goetze (Ed.) sah am Zeilen-
beginn vor der Lücke offenbar noch eine Spur des ersten Zeichens; ebenso Forrer (1929, 116) u. Sommer (AU
16).
258 Die Zahl der fehlenden Zeichen in der Lücke entspricht wieder in etwa der in IV 16 u. 17. Vor der Lücke
am Zeilenanfang findet sich eine Zeichenspur in Goetze (Ed.), die auch noch Forrer (1929, 116: me?-) auf der
Tafel bemerkte, nicht mehr jedoch Sommer (AU 16 u. 173).
259 Zusätzlich zum hier Ergänzten (Begründung dafür im Kommentar), dürften noch etwa 4–5 weitere Zei-
chen in der Lücke zu vermuten sein.
260 Die Lesung von Forrer (1929, 116) lautete ku-ru-ri-aḫ-ḫụ-u-ẹn. Ihr gab in neuerer Zeit auch Hoffner (2009,
311) den Vorzug gegenüber Sommers Translit. ku-ru-ri-ịḫ-ḫụ-u-ẹn (AU 16), der sich vor kurzem jedoch wieder
Beckman anschloss (2011, 116). Beckman schrieb allerdings wohl versehentlich statt U beim vorletzten Zei-
chen E. Wir entschieden uns hier zuletzt für Forrers Lesung; vgl. Kommentar S. 288.
261 In der Lücke, die [… na]m-ma vorausgeht, ist Raum für ca. 9–10 Zeichen. Nach Goetzes Ed. scheint diese
Lücke unmittelbar nach nu-za zu beginnen; vgl. jedoch Forrer (1929, 116); Hoffner (2009, 311) u. Beckman et
al. (2011, 116), die noch den Anfang von -kan zu sehen glaubten. Auch Sommer (AU 16) zog dies in Erwägung.
Noch heute weist die Tafel (ebenso wie die Fotos BoFN 740 u. AU Taf. II) an dieser Stelle einen Zeichenrest
auf, der von einem waagrechten Keil stammen dürfte; s. Autographie. Da sich dieser Keil etwa auf der Höhe
der unteren senkrechten Keile des vorausgehenden Zeichens ZA befindet, wäre es durchaus möglich, dass
hier -k[án (GÁN = HZL 61) gestanden hat; s. z.  B. die vollständig erhaltenen Zeichen in IV 5, 43 u. 55, wo der
untere Waagrechte schräg nach links oben verläuft und dabei die Höhe des Senkrechten am Ende des vor-
ausgehenden Zeichens erreicht.
262 Raum der Lücke etwa wie in IV 20.
263 Die Lücke vor den ergänzten Zeichen könnte Raum für ca. 8–9 Zeichen bieten.
264 Goetze (Ed.) und Forrer (1929, 116) haben nach u̯ aštul anscheinend keinen Rest von TAR gesehen. Auch
ist nach heutigem Zustand der Tafel ein solcher nicht zu erkennen; s. Autographie. Auf den älteren Fotos
(BoFN 740 u. AU Taf. II) jedoch ist noch ein Teil des ersten waagrechten Keils dieses Zeichens schwach sicht-
bar; wie Sommer (AU 16) transliterierten Hoffner (2009, 311) u. Beckman et al. (2011, 116) sogar ta[r-.
265 Zwischen den ergänzten Teilen (dazu Kommentar) ist noch Raum für ca. 5 Zeichen.
266 Raum für ca. 9–10 Zeichen in der davor befindlichen Lücke.
267 Raum für ca. 9 Zeichen zwischen tar-na-aḫ-ḫu-[un und dem Zeichenrest nach der Lücke.
268 Während heute am Zeilenbeginn nur noch le-e nam-[…] vor der Lücke zu sehen ist (vgl. Autographie;
s. auch Goetze, Ed.), wurde von Forrer (1929, 116) und Sommer (AU 16) im Anschluss an nam- noch ein Teil
von ma erkannt; vgl. auch die Fotos BoFN 740 u. AU Taf. II mit Resten von ein bis zwei waagrechten Keilen.
Fraglich bleibt, ob der den zerstörten Teil der Zeile umfassende Raum nur teilweise oder vollständig beschrie-
ben war. Nach dieser Lücke, deren Umfang in etwa dem von IV 25 entspricht, ist die Zeile jedenfalls nicht
mehr beschriftet.
269 Raum für ca. 6 Zeichen in der Lücke zwischen ergänztem -ia und erhaltenem -an in IV 27.
270 Raum für ca. 4–5 Zeichen in der zweiten Lücke von IV 27. Die Zeile war anscheinend nicht bis zur Kolum-
nenlinie hin beschrieben.
271 Etwa 6 weitere Zeichen fehlen in der an das ergänzte šu-[pur …] anschließenden Lücke; s. noch šu-pur
in IV 18.
272 Raum in der zweiten Lücke von IV 28 für etwa 5–6 Zeichen bis zum Kolumnentrenner.

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II Der Text   61

273 Kein sicherer Anhaltspunkt, wie weit die Beschriftung der Zeile nach der Abbruchstelle gereicht hat.
Dies gilt auch weitgehend für die nachfolgenden Zeilen bis IV 49. Forrer (1929, 116) zog hier eine Ergänzung
ku-va-[bi? ] in Erwägung; s. auch Hoffner 2009, 312 u. Beckman et al. 2011, 116.
274 Die Ergänzung iš-pur (3.Sg.Prt.) innerhalb der zu ca. zwei Dritteln zerstörten Zeile wird im Kommentar
begründet. Dabei bleibt unsicher, an welcher Stelle der Lücke dieses Prädikat stand.
275 Vor der Bruchstelle enthalten die Fotos BoFN 740 u. AU Taf. II wohl noch einen Zeichenrest (vgl. auch
Sommer, AU 18), der jedoch nicht mehr auf der Tafel in ihrem heutigen Zustand sichtbar ist (s. Autographie)
und auch von Goetze (Ed.) und Forrer (1929, 118) nicht vermerkt wurde.
276 Hier befindet sich vielleicht ebenfalls die Spur eines Zeichens vor der Abbruchstelle; s. Foto BoFN 740.
277 Zu diversen Deutungsversuchen s. Kommentar.
278 Hier ist nach neuester Kollation die schon von Forrer (1929, 118) erwogene Lesung a-š[a?- am wahrschein-
lichsten.
279 In Goetzes Ed. ist vor der Abbruchstelle noch ein kleiner Zeichenrest verzeichnet; s. auch Sommer (AU 18)
sowie AU Taf. II (nichts dagegen zu sehen auf BoFN 741), während Forrer (1929, 118) nichts bemerkt zu haben
schien und auch heute auf der Tafel nichts mehr zu sehen ist; s. Autographie.
280 Ebenso wie a-pé-⸢ez⸣(-)[ wäre hier auch a-pé-⸢e⸣(-)[el] möglich; s. Goetze, Ed. u. Autographie.
281 Die Lesung ist ziemlich kompliziert. Während Goetze (Ed.) hier am-mu-ug-aš-kán sowie ein weiteres nicht
erkennbares Zeichen (s. auch Forrer 1929, 118 u. Sommer, AU 18) feststellte (die beiden letzten Zeichen auf
Rasur), tendierten wir bei unserer Diskussion aufgrund des Vorschlags von J.L.M. zunächst eher zu dessen
Lesung am-mu-uk-ka4-*an?-⸢kán⸣*; s. allerdings die Autographie, wonach die fraglichen Zeichen auf der Ori-
ginaltafel offenbar von E.R. wieder so wie von den genannten älteren Forschern gesehen wurden.
282 Ob hier mit Forrer (1929, 118: ku-va-[bi): ku-u̯ a-pí oder mit Sommer (AU 18): ku-u̯ a-[at? zu ergänzen ist,
kann aufgrund des fragmentarischen Kontexts nicht entschieden werden.
283 Die Ergänzungen Forrers (1929, 118): An-l[im u. Sommers (AU 18): Dut[u bleiben natürlich wie die meisten
Ergänzungen überhaupt fraglich, auch wenn sich Letzterem Hoffner (2009, 312) u. Beckman et al. (2011, 118)
angeschlossen haben. Für die anschließende Lücke wurden in Forrer u. Sommer 10 Zeichen veranschlagt.
284 So die Abkürzung für pé-ra-an; dazu Kommentar.
285 Die Lesung des Zeichenrestes vor der Abbruchstelle entspricht eher dem Beginn von UD (HZL 316; s. auch
Sommer, AU 18; ferner Hoffner 2009, 312 u. Beckman et al. 2011, 118) als dem von MU (HZL 17) in Goetzes Ed.
und Forrers Translit. (1929, 118).
286 Die Wörter von a-pa-a-aš bis ku-iš sind zwischen die Zeilen IV 47 und 48 eingefügt. Goetze deutete in sei-
ner Ed. beim letzten Wort nur einen vagen Zeichenrest an; Forrer (1929, 118) erwog a?-uš?-du???, doch Sommers
vorgeschlagene Lesung ku-iš erscheint korrekt; s. Autographie; vgl. jedoch Hoffner (2009, 312) u. Beckman et
al. (2011, 118), die hier keine Lesung wagten.
287 Forrer (1929, 118) veranschlagte 9 fehlende Zeichen in IV 48, ohne eine Ergänzung vorzunehmen; zu
Sommers Ergänzung s. Kommentar.
288 Goetze (Ed.) sah im Kolumnenzwischenraum ein UD. Forrer (1929, 118) ging von ca. 8 fehlenden Zeichen
in der Lücke vor diesem Zeichen aus, welches er jedoch als t]a? las; Sommers Lesung (AU 18) lautete ]-ụt, was
er als Endung (3.Sg.Prt.) zu ergänztem waḫnu- „verdrehen“ betrachtete; so auch Hoffner (2009, 312) u. Beck-
man et al. (2011, 118); die verbreitete Lesung -ut scheint jedoch nicht völlig sicher zu sein; s. die älteren Fotos
(BoFN 741 u. AU Taf. II), das neuere Foto (hethiter.net/: PhotArch BoFN00741) sowie die Autographie. Nur aus
inhaltlichen Gründen (s. Kommentar) würde sie gut zur Ergänzung [u̯ a-aḫ-nu]-ut passen.
289 Während Forrer (1929, 118) den von Goetze (Ed.) im Kolumnenzwischenraum gesehenen Zeichenrest für
fraglich hielt, versuchte Sommer (AU 18) ihn als ein -m]a̤ zu transliterieren; zu seiner gesamten Ergänzung
der Lücke nach ergänztem k[urandu s. Kommentar.
290 Die erhaltenen Zeichenspuren lassen in Verbindung mit mar-x[ an zwei Deutungsmöglichkeiten denken:
a) mar-k[án, wobei -kán nach Meinung aller Beteiligten an dieser Bearbeitung vergleichbar mit dem in IV 57
wäre; b) mar-aš-š[a. Forrers (1929, 118) und Sommers (AU 18) mar-ri-[ ist wenig wahrscheinlich; vgl. die Fotos
BoFN 741; AU Taf. II u. Autographie (E.R.).
291 Es ist Raum für ca. 9 Zeichen bis zum Zeilenende; zu Forrers (1929, 118) und Sommers (AU 18) Ergän-
zungsversuchen s. Kommentar.

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62   S. Heinhold-Krahmer

292 So schon Forrer (1929, 118); ferner Miller (2006, 246 gemäß Übersetzung) u. Hoffner (2009, 313); anders
dagegen Sommer (AU 18), der hier die Lesung I-aš? erwog und dem sich Beckman et al. (2011, 118) anschloss;
zu den auch dadurch bedingten Ergänzungsversuchen s. Kommentar.
293 Goetze (Ed.) sah hier zwei parallele waagrechte Zeichen, jedoch dürfte die untere Waagrechte gebrochen
sein; s. Autographie. Daher dachte Sommer (AU 18) wohl an eg[ir?; vgl. jedoch egir-Belege im Text (z.  B.
III 66 u. IV 28), bei denen die unteren aufeinander folgenden Waagrechten viel weiter auseinander liegen;
Forrer (1929, 118) versuchte stattdessen k[u-iš-ki zu lesen, was jedoch mit dem Zeichenrest ebenfalls nicht
harmoniert.
294 Ergänzt nach II 13  f. und III 44.
295 Raum für ca. 5–6 Zeichen.
296 Goetze (Ed.) bietet nach der Lücke Reste des letzten – bereits innerhalb der Kolumnentrenner befind­
lichen – Zeichens dieser (IV 57) oder vielleicht sogar der vorausgehenden Zeile (zu IV 56 s. hethiter.net/:
PhotArch BoFN00741), und zwar einen senkrechten Keil mit anschließend oben folgendem Winkelhaken.
Forrer (1929, 118) dagegen übersah diese Spur. Sommer (AU 18 u. Foto Taf. II) erwog auf der Höhe von IV 57
ein -š]a(?), da sich der Winkelhaken vor und nicht nach dem senkrechten Keil befindet; s. auch Autographie.
Hoffner (2009, 313) u. Beckmann (2011, 118) sahen diese Zeichenspur in IV 57, spekulierten jedoch nicht über
eine Lesung.
297 So wörtlich; möglicherweise mit Sommer (AU 18 mit Kommentar) freier: „Aggressiv bist du gegen mich
geworden!“ s. Übersetzung S. 37.
298 Alternativ: „jenes Wort, welches vorzuwerfen ist“ s. S. 37.

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S. Heinhold-Krahmer unter Mitwirkung von J.D. Hawkins, J. Hazenbos, J.L. Miller,
E. Rieken, M. Weeden
III Der Textkommentar aus philologischer und historischer
Perspektive

Kol. I

Paragraph 1 (Kol. I 1–15)

I 1 [nam-m]a-aš pa-it
Diese Ergänzung wurde erstmals in den 1980er Jahren vorgeschlagen; s.  Heinhold-Krahmer 1986, 59. Sie
steht im Gegensatz zu Versuchen, hier Personennamen einzusetzen; s. Forrer 1929, 106: [nu (1-A]n-)Kal-aš
pa-id (= [nu m  d]lamma-aš pa-it); Sommer, AU 2: [nu? Igul-(?)]lạ?-aš pa-it (= [nu? mGul-l]a?-aš pa-it) und auch in
jüngerer Zeit wieder Beckman et al. 2011, 102: [o m o -l]a-aš pa-it). Liane Jakob-Rost hatte die Stelle damals
im Vorderasiatischen Museum (Berlin) freundlicherweise kollationiert und der vermuteten Ergänzung
zugestimmt (Brief vom 20. 4. 1981 an S.H.-K.); zustimmend auch Hans G. Güterbock (Brief vom 9. 12. 1986
an S.H.- K.); s. außerdem die Übersetzungen von Miller (2006, 242) u. die Translit. von Hoffner (2009, 302
Anm. 258): [nam-m]a?-aš… (unter Berufung auf Miller l. c.).
Für namma finden sich in VAT 6692 noch weitere Belege (I 14; II 17, 56; III 2, 4, 52; IV 20, 26); s. Heinhold-
Krahmer 1986, 59 Anm. 85; zu namma allgemein s. CHD L-N, 378–391, jedoch ohne direkte Bezugnahme auf die
Textstelle hier. Ein ähnlicher Beleg aber tritt z.  B. noch in KBo 2.5a III 1–3 (AM 186) + KBo 16.17 auf: (1) nam-ma-
at i-na k[ur? uruAš-ša-ra-aš-š]a pa-a-ir (2)nu uruAš-ša-ra-aš-š[a … ur]uAš-ša-ra-aš-ša-ia (3)ḫar-ni-<in>-ki-ir „Ferner
zogen sie ins L[and? Aššarašš]a. Dann die Stadt Aššarašš[a …], und [die Sta]dt Aššarašša vernichteten sie.“
Das mit namma verbundene enklit. Personalpronomen -aš (N.Sg.c.) hier in VAT 6692 I 1 ist mit großer
Wahrscheinlichkeit auf den erst in I 51 namentlich genannten Piyamaradu zu beziehen (s. Singer 1983, 211;
Heinhold-Krahmer 1986, 58  f.), der somit für die Zerstörung von Attarimma (zur Lage s. gleich unten) ver-
antwortlich gewesen wäre und demnach spätestens zu Ende der vorausgehenden, nicht mehr erhaltenenen
zweiten Tafel genannt worden sein müsste.

I 1 uru At-⸢ta-ri-im⸣-ma-a[n]
Weitere Belege befinden sich in RGTC 6, 55 u. 6/2, 18 sub Atarima. Als Stadt und/oder Land ist A. auch in zwei
zeitlich früheren Quellen (im sog. Madduwatta-Text: KUB 14.1 Rs. 30 (Madd. 26  f.) und in den Ausf. Annalen
Muršilis II.: KUB 14.15 III 29 u. 14.16 III 31 (AM 52  f. u. 58  f.) bezeugt, und zwar ebenfalls in Verbindung mit
Hinweisen und Orten, die wie KUB 14.3 I 1–5 auf eine Zugehörigkeit zum Lukka-Bereich (Lykien und/oder bis
nach Karien und/oder bis Pamphylien u. Lykaonien) hinzudeuten scheinen; hierzu vor allem Bryce (1974,
398–401; ders. 1979, 92); ferner z.  B. auch Eichner (1983, 65).1 Als Land erscheint A. noch in dem 2006 edier-
ten Fragment KBo 50.209 lk. Kol. 8′, das eine Reihe von Ortsnamen, und zwar meist nicht lokalisierbare
hapax legomena, bezeugt. Des Weiteren tritt es möglicherweise in einem Fragment historischen Inhalts auf,
KUB 19.33 Rs. 14: […-r]i-im-ma, wo zuvor (Z. 6) das Land Mira (Arzawa-Bereich) erscheint; s. auch noch KUB
23.45 Z. 26: lúmeš uru At-[…] und in einem Text aus Ortaköy (Or. 90/1299 Rs. 22; s.  Süel 2014, 935  f.). Weiteres zu
A. bei Gander 2010, besonders 17  f., 38  f., 64  f., 107, 115, 199  f., 269 [Indices]; Forlanini 2012, 138  f.

1 Lässt man dagegen Steiners Einwand (1993, 130 Anm. 71) gelten, dass sich aus KUB 14.3 I 1–5 nicht die Zugehörigkeit von Atta-
rimma zum Lukka-Bereich folgern lasse, so muss man entweder unterstellen, dass die im Anschluss an den Bericht über die Zer-
störung Attarimmas (I 1–2) sowohl mit Tawagalawa (I 3–4) als auch mit dem König von Ḫatti (I 4–5) bezeugte Kontaktaufnahme der
sog. Lukka-Leute nicht als Hilfegesuch der unmittelbar durch die Vernichtung Attarimmas betroffenen bzw. eingeschüchterten
Bevölkerung zu verstehen ist, oder bestenfalls, dass in einem nicht unmittelbar zum Lukka-Bereich gehörenden Attarimma auch
Lukka-Leute ansässig waren, die sich nach der Zerstörung an Tawagalawa und an den hethitischen Großkönig wandten; zu letzt-
genannter Möglichkeit s. Gander (2010, 17  f. u. 38  f.).

https://doi.org/10.1515/9783110581164-003
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64   S. Heinhold-Krahmer

I 1  f. ⸢ar⸣-ḫ[a ḫar-g]a-⸢nu⸣-ut


3.Sg.Prt. von arḫa ḫarganu- „gänzlich/völlig vernichten, zugrunde richten, zerstören“; hierzu vor allem Ünal
(1984, 71–78) mit Belegen ab Ḫattušili III. und dem Ergebnis, dass früher gebräuchliche Formen, vor allem
(arḫa) ḫarnink-, durch (arḫa) ḫarganu- weitgehend verdrängt wurden. Eine erneute Überprüfung der Beleg-
sammlung am Oriental Institute der Universität von Chicago, die Theo van den Hout auf die Nachfrage von
J.H. freundlicherweise vornahm, bestätigte diese zeitliche Einordnung.
Für die Frage der Datierung des Tawagalawa-Textes interessant ist, dass Ünal (1984, 77  f.) schon vor
mehr als drei Jahrzehnten aufgrund seiner diachronischen Übersichtstafel der verba delendi zu ḫarnink-/
ḫarganu- Folgendes konstatierte: „Anhand dieser Erkenntnisse könnte man einige umstrittene Texte, wie
den Tawagalawa-Brief und die Orakeltexte KUB V 1; XXII 25, die ausschließlich (arḫa) ḫarganu- gebrauchen,
in das 13. Jahrhundert, genauer in die Regierungszeit Ḫattušilis III., datieren.“

I 2 iš-tu ⸢bàd⸣ émeš lugal


é lugal bedeutet wörtl. „Königshaus“ (s. HW 270), „Haus des Königs“ (vgl. Weeden 2011, 474) und bàd
„Mauer, Festung, Befestigung“ (vgl. Weeden 2011, 446). Sommer (AU 28) deutete die auffällige Stellung
dieser Wortgruppe  – nämlich erst nach dem Prädikat arḫa warnut „er verbrannte völlig, brannte nieder“
(transitiv) – wohl zu Recht dahingehend, dass durch sie „emphatisch die rücksichtslose radikale Zerstörung“
von Attarimma hervorgehoben werden sollte. Ferner wollte er den Plural émeš kollektiv als den Häuserkom-
plex verstanden wissen, aus dem die gesamte zerstörte Anlage bestanden habe. Er gelangte so in Verbin-
dung mit der Präposition iš-tu zur Deutung „mitsamt der Mauer der Königsburg“. Diese Deutung betrachtete
er (s. Kommentar AU 28), wie dann auch aus seiner Übersetzung (AU 3) hervorgeht, als identisch mit der
Wendung „bis auf die Mauer der Königsburg“. Doch das kann missverständlich sein, wie auch die entspre-
chende Übersetzung von Forlanini (1998a, 224): „fino alle mura del palazzo reale“ ins Italienische deutlich
werden lässt, die wohl in exklusivem Sinn zu verstehen ist, und zwar „bis (hin) auf die Mauer der Königs-
burg“ (also quasi „ausgenommen/ohne die Mauer der Königsburg“). Sommers Gleichsetzung von „mitsamt
der Mauer“ und „bis auf die Mauer“ ist wohl auf die im Deutschen häufig hinsichtlich der Bedeutung unter-
schiedliche Verwendung von „bis auf“ zurückzuführen. So versteht man z.  B. einen Satz wie den Folgenden:
„Die Explosion erschütterte das Gebäude bis auf die Grundfesten“ nicht im exklusiven Sinne dahingehend,
dass die Grundfesten des Gebäudes von der Explosion nicht erschüttert wurden, sondern im inklusiven Sinn,
dass die durch die Explosion bedingte Erschütterung des Gebäudes auch die Grundfesten erfasste.
Während Sommers irritierende Deutung „bis auf die Mauer“ jedenfalls in deutsche Übersetzungen
ansonsten keinen Eingang mehr gefunden zu haben scheint, wurde die Wiedergabe von iš-tu im inklusiven
Sinne „mit, mitsamt“, wie sie vor Sommer ebenfalls bereits Forrer (1929, 107) vorgenommen hatte, in neuerer
Zeit auch wieder von Miller (2006, 242) bevorzugt; vgl. auch im Englischen Hoffner (2009, 302): „including
the fortification wall of the royal acropolis“ und Beckman et al. 2011, 103: „together with the fortified royal
compound“.
Uneinigkeit herrscht aber nach wie vor unter den an vorliegender Neuedition von VAT 6692 Beteiligten
hinsichtlich der Frage, ob die akkad. Präposition iš-tu vor ⸢bàd⸣ émeš lugal hier in I 2 tatsächlich den oben
aufgeführten Übersetzungen „mit, mitsamt, inklusiv“ im Deutschen und „including, together with“ im Eng-
lischen entspricht.
J.D.H. hatte bei einem unserer Arbeitstreffen geäußert, dass hier eine exklusive Bedeutung anzunehmen
sei. Trotz ausführlicher Diskussion waren wir dabei zu keinem allseits zufriedenstellenden Ergebnis gelangt.
Bei einem Gespräch Anfang September 2011 am Rande des 8. Internationalen Kongresses für Hethitologie
in Warschau stimmte H. Craig Melchert der Meinung von J.D.H. zu, dass iš-tu vor ⸢bàd⸣ émeš lugal exklusiv
zu verstehen sei. Der Zerstörer von Attarimma hätte also die Stadt niederbrennen lassen „bis (hin) auf die
Mauer“ bzw. „Befestigung der königlichen Gebäude“, was bedeuten würde, dass die Mauer oder Befestigung
nicht zerstört wurde. Melchert wies darauf hin, dass eine Zerstörung inklusive der Mauer/Befestigung die
akkad. Präposition qa-du statt iš-tu erfordern würde (mündlich Hinweis von J.D.H.). Nun wird aber, wie
S.H.-K. (E-Mail vom 14. 12. 2011 an alle Mitwirkenden vorliegender Neubearbeitung) einwandte, insbeson-
dere in den AM (z.  B. KBo 3.4 I 33  f. oder KUB 14.26 I 26) im Anschluss an Berichte über die Eroberung von

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   65

Orten oder Ländern gesagt, dass die siegreichen heth. Könige oder Feldherrn diese mitsamt (iš-tu) Zivilisten,
Rindern und Schafen aufnahmen und nach Ḫattuša verbrachten. Dem hielt J.D.H. entgegen, dass die dis-
kutierte Stelle in VAT 6692 I 2 doch exklusive Bedeutung haben müsse, da es sich um einen Ablativ im Sinne
von „Richtungsanweisungen“ handle, wie man sie z.  B. in Grenzbeschreibungen fände (E-Mail vom 24. 01.
2012, übermittelt von M.W.). Der inklusive Ablativ dagegen sei vom Instrumentalis abgeleitet. Anschließend
wies M.W. noch auf weitere bedenkenswerte Gesichtspunkte hin, wie z.  B., dass die akkadographische Wie-
dergabe bei Verwendung des vom Instrumentalis abgeleiteten inklusiven Ablativs in älteren Texten qa-du
laute, wie z.  B. im sog. Madduwatta-Text (KUB 14.1 Rs. 22), wo es ebenfalls – wie in den genannten Stellen mit
iš-tu aus AM – um die Kriegsbeute gehe. Des Weiteren schrieb er zu Recht, dass wir keine aussagekräftigen
Belege besäßen, die uns zeigen könnten, wie man einen inklusiven Ablativ mit ⸢bàd⸣ émeš lugal zur Zeit von
Ḫattušili III. ausdrückte, und es bestehe die Frage, ob man diesen Ablativ in Verbindung mit dem Prädikat
arḫa warnut inklusiv oder exklusiv verstehen solle. Auch scheine es Belege für den inklusiven Ablativ mit é
für die Zeit, aus der unser Text stammt (vermutlich Ḫattušili III.), nicht zu geben.
Hierzu seien nur wenige und kaum die Probleme endgültig klärende Bemerkungen vorgebracht, ohne
künftigen Beiträgen in HW2 und CHD zu den akkad. Präpositionen iš-tu und qa-du und ihrer Anwendung im
Hethitischen vorgreifen zu wollen:
Es lässt sich feststellen, dass qa-du im sog. Madduwatta-Text zwar insgesamt sechs Mal auftritt, aber
auch iš-tu in der Bedeutung „mit“ erscheint ein Mal (Vs. 45) dort.
In den überlieferten Tatenberichten Muršilis II. dagegen findet sich iš-tu im Sinne von „mit, mitsamt“
gegenüber qa-du häufiger belegt. Aus der Regierung von Muršilis Sohn und Nachfolger Muwatalli  II. ist
diese Textgattung zumindest in Ḫattuša nicht überliefert. In dessen Vertrag mit Alakšandu von Wiluša aber
erscheint iš-tu zwar ebenfalls häufiger als qa-du, doch Ersteres tritt überwiegend in ablativischer Bedeutung
auf, während es im Sinne von „mit, zusammen mit“ nur in Kol. IV innerhalb der Fluchformel ein Mal bezeugt
ist. Dort (KUB 21.1 IV 31–36) wird für den Fall einer Vertragsverletzung durch Alakšandu festgelegt, dass
ihn die Göttereide völlig vernichten sollen, und zwar: „mitsamt (iš-tu) deiner Person, deiner Gattin, deinen
Söhnen, deinen Ländern, deinen befestigten Städten, deinem Weingarten, deinem Dreschplatz, deinem
Anbaugebiet, deinen Rindern, deinen Schafen und mitsamt (qa-du) deinem Besitz“ (IV 33–35). Hier wechselt
iš-tu also mit qa-du ab. In der sog. Segensformel hingegen wird ausschließlich qa-du verwendet. In dem von
Singer (1996) bearbeiteten Gebet Muwatallis II., in KUB 6.45+ (nebst Duplikaten), findet sich hingegen qa-du
überhaupt nicht, iš-tu dagegen fünf Mal (III 22, 24, 33, 34, 74 [davon zweimal in instrumentaler und dreimal
in ablativischer Bedeutung]). Weiter fällt z.  B. auf, dass qa-du in der sog. Apologie von Muwatallis jüngerem
Bruder Ḫattušili III. anscheinend überhaupt nicht auftritt, dafür aber iš-tu im Sinne von „mit, mitsamt“;
s. z.  B. Apologie II 39, 67, III 11, 45.
In der Münchner Zettelsammlung für HW2 waren zwar keine weiteren Belege für einen inklusiven
Ablativ in Verbindung mit ⸢bàd⸣ émeš lugal zu finden. Immerhin enthält aber der entweder während der
Regierung von Ḫattušili III. oder Tutḫaliya IV. entstandene Vertrag mit Ulmi-Teššup (KBo 4.10) wiederum
jeweils in der Fluch- und Segensformel (Rs.  7 u. 9) ein u.  a. auch auf é zu beziehendes qa-du, also é in
inklusiver Bedeutung. Da unter Ḫattušili auch – bevorzugt in der sog. Apologie – der Ablativ in inklusiver
Funktion mit iš-tu also Verwendung fand (dazu schon oben), der außerdem noch in der Fluchformel des
Alakšandu-Vertrags aus der Regierung seines Bruders Muwatalli, und zwar ebenfalls in Verbindung mit Ver-
mögenswerten (allerdings ohne Nennung des Hauses) auftritt, wäre deshalb auch ein inklusiver Ablativ bei
⸢bàd⸣ émeš lugal nicht völlig auszuschließen. Dass arḫa warnu- „wegbrennen, niederbrennen“ allein schon
auf eine brutale kriegerische Vorgehensweise bei der Zerstörung von Attarimma hindeutet, bedarf keiner
Erklärung. Auffallend ist aber doch, wie schon Sommer (AU 28; s. oben S. 64) hervorgehoben hat, die End-
stellung der Gruppe ⸢bàd⸣ émeš lugal nach diesem Prädikat arḫa warnut; zu zahlreichen Belegen des Verbs
s. Ünal (1983, 164–180). Dies zusammen betrachtet könnte die Annahme fördern, dass man den Ablativ hier
inklusiv zu verstehen hat.
In einer etwas späteren Nachricht berichtete M.W. (E-Mail vom 14. 02. 2012), dass J.D.H. nach wie vor an
seiner Deutung festhalte, dass iš-tu an der diskutierten Stelle (VAT 6692 I 2) exklusive Bedeutung habe. Er
sei der Meinung, dass ein Ablativ mit Ortsangabe wie bei iš-tu ⸢bàd⸣ émeš lugal anders zu verstehen sei „als
ein Ablativ in historisch instrumentaler Verwendung mit comitativer Bedeutung“.

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66   S. Heinhold-Krahmer

Während in neuerer Zeit J.L.M. (s. auch Miller 2006, 242), S.H.-K. und J.H. (gemäß E-Mail vom 05. 02.
2012) die Übersetzung „mit, mitsamt“ von iš-tu in VAT 6692 I 2 bevorzugten oder zumindest nicht ausschlos-
sen, stellte E.R. nicht zu Unrecht fest (E-Mail vom 30. 01. 2012), dass iš-tu ⸢bàd⸣ émeš lugal hier „doppeldeu-
tig“ bleibe. In unserer Übersetzung müssen wir uns allerdings für eine der beiden Möglichkeiten, die bisher
am häufigsten vertretene oder die mit ebenfalls wichtigen Argumenten und mit Nachdruck verfochtene von
J.D.H. entscheiden. Es scheint nun angesichts der dargestellten Beleglage – kein Beleg mit iš-tu in Verbin-
dung mit é, geschweige denn mit ⸢bàd⸣ éMEŠ lugal, und nur ein einziger mit qa-du é – durchaus sinnvoll,
uns der Übersetzung unserer englischen Kollegen anzuschließen und hier einem separativen Ablativ mit
exklusiver Funktion den Vorzug zu geben.
Ein weiterer zu beachtender Punkt nach dem oben Dargelegten ist, dass wir letztlich nicht ganz genau
wissen, von welcher Art dieser wohl in königlichem Besitz stehende oder ursprünglich daraus stammende
Gebäudekomplex war. Forrer (1929, 107) sprach von „Königsschlössern“, Sommer (AU 3) von „Königsburg“,
Garstang/Gurney (1959, 111) von „the king’s palace“, Eichner (1983, 65) ebenso von einem „Königspalast“,
Miller (2006, 242) vom „Königshaus“, Hoffner (2009, 302) wiederum von „the royal acropolis“ und Beckman
et al. (2011, 103) von „the fortified royal compound“. Nach Starkes Vermutung (1979, 98 Anm. 112) handelte
es sich bei dem erst in jungen Texten aufkommenden é lugal um „das dem sprachwirklichen Begriff (ḫaššu-
wan per-//parna-) sekundär nachgebildete Sumerogramm“, an dessen Stelle früher ausschließlich das Sume-
rogramm é.gal verwendet worden zu sein scheint. Auch Giorgadze (1982, 77) wies im Anschluss an eine
frühere Untersuchung von Archi (1973, 212) darauf hin, dass é lugal wahrscheinlich ebenso wie é.gal im
Sinne von „Königsresidenz“ und „Königshof“ gebraucht wurde.
Da es sich bei der Bevölkerung von Attarimma zumindest teilweise um Lukka-Leute (s. oben sub I 1;
ferner unten zu I 3) handelte, deren schwer kontrollierbare Stammesverbände kaum eine politische Einheit
gebildet haben dürften (s. z.  B. Bryce 1986, 4 u. ders. 2005, 54; Singer 2005, 438; vgl. dazu Gander 2010,
passim, vor allem 20–23 mit Lit.; ferner Forlanini 2012, 135), ist nicht anzunehmen, dass an ihrer Spitze ein
König stand. So folgerte Steiner (1993, 130), es könnte mit „König“ innerhalb dieses Ausdrucks „Häuser des
Königs“ letztlich nur der Herrscher von Aḫḫiyawa oder der von Ḫatti gemeint worden sein. Er zog jedoch
daneben auch noch in Erwägung, dass der Begriff vielleicht generell, d.  h. ohne Bezug auf einen bestimm-
ten „König“, lediglich die Zitadelle einer Stadt bezeichnet habe; s. aber auch die gegenteilige Annahme von
Giorgadze (1982, 81), wonach an der fraglichen Stelle die Residenz eines lokalen Herrschers in Attarimma
gemeint sei.2
Lukka bzw. die Lukka-Länder stellten jedenfalls ein vom heth. Großkönig beanspruchtes, wenn auch
nicht vollständig und dauerhaft kontrolliertes Territorium dar. Daher könnte es sich hier durchaus um eine
befestigte Anlage, vielleicht sogar einen (ehemaligen?) heth. „Regionalpalast“3 gehandelt haben, um eines
jener Bauwerke also, die nach Eroberung eines Ortes oder größeren Gebietes zum Zwecke der Sicherung und/
oder Verwaltung errichtet worden waren.
Dass es in Attarimma eine Oberstadt bzw. eine hoch gelegene Burg mit Befestigung gegeben hat, ist zwar
nicht auszuschließen (s. die oben zitierte Übersetzung von Hoffner 2009, 302: „the fortification wall of the
royal acropolis“), doch die wörtliche Übersetzung von émeš lugal lautet im Englischen eben nur „the king’s
houses“; s. auch Hoffner 2009, 302 Anm. 259.
Die Übersetzung in I 2 lautet demnach zumindest vorläufig: „Niedergebrannt hat er sie bis auf die (Befes-
tigungs-)Mauer der königlichen Gebäude.“

2 S. dazu seinen Hinweis (Giorgadze 1982, 81) auf einen weiteren, das Land Išuwa nennenden Beleg (KUB 44.4 Vs. 26), wobei die
betreffende Stelle nur fragmentarisch innerhalb einer Festbeschreibung erhalten ist. Man müsste sie, die Richtigkeit von Gior-
gad zes Annahme vorausgesetzt, dann folgendermaßen ergänzen: é[meš].lugal kur uru*I*-šu-u̯ a.
3 Grundlegendes über Bedeutung und Funktion des sog. Regionalpalastes in der Verwaltung des Hethiterreiches findet sich in
­Siegelová 2001, 193–208 (mit Lit.); vgl. auch Imparati in: Klengel 1999, 343; ferner Imparati 2002, 93–100 (Hinweis von M.W.), bes.
94  f.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   67

I 3 a-na m⸢Ta⸣-u̯ a-ga-la-u̯ a (Tawagalawa)


Der Träger dieses Namens (hier im D.-L.), nach dem der Text VAT 6692 als „Tawagalawa-Brief“ in die Lite-
ratur eingegangen ist (s. oben S. 5), und dessen Herkunft aus Aḫḫiyawa seit eh und je außer Frage steht (s.
sogar Sommer, AU 191, 372), wird nur an insgesamt drei Stellen, nämlich VAT 6692 I 3, I 71 u. II 60 bezeugt;
s. hierzu auch unten S. 67  f., 131–143 u. 197–199; vor allem aber Singer 1983, 212  f. u. Heinhold-Krahmer 1986,
50–55. Mehr und mehr Eingang in die einschlägige Literatur hat seit 1983 Güterbocks (1983, 136) an Friedrich
(1927, 105) und Forrer (1929, 112  f., 154) anknüpfende Lesung und Interpretation der dritten Tawagalawa-Stelle
im Text (II 60)4 gefunden; s. z.  B. Singer 1983, 210; Heinhold-Krahmer 2004a, 206; Hoffner 2009, 307. Danach
wäre Tawagalawa dort (entgegen Sommer, AU 130  f., 191, 372) als Bruder des Adressaten, des Königs von
Aḫḫiyawa, bezeichnet worden. Zur problematischen Deutung des im Anschluss an den Namen Tawagalawa
erhaltenen Zeichenrestes sowie zu den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Interpretation der
Textstelle s. Translit. S. 30 Anm. 173 u. Kommentar S. 197–199 sub II 59–61.
Forrers (1924a, 114 u. 124b, 9) schon früh aufgestellter Namengleichung: Tavagalavas = griech.
*Ἐτεϝοκλέϝης (Ἐτεοκλῆς) kann nicht mehr im Sinne Sommers (AU 374; ferner ders. 1934, 56–59) mit völliger
Ablehnung begegnet werden, da ja inzwischen in einem Linear B-Text aus Pylos das Patronymikon e-te-wo-
ke-re-we-i-jo bezeugt ist; s. Chadwick/Baumbach 1963/64, 195; Chadwick 1973, Nr. 58 Z. 8.

I 3 lúmeš uruLu-uk-ka4-a
Ein weiterer Beleg für „Lukka-Leute, Leute von Lukka“ findet sich in KBo 16.83 II 8′; fragmentarisch wahr-
scheinlich auch noch in KUB 21.31 Z. 3′ u. KUB 57.19 Z. 11′.
Zur spärlichen Erwähnung von deren Ländern (im Plural) in keilschriftlichen Quellen, auch mit Verweis
auf diese Stelle, s. Houwink ten Cate 1973, 151; ferner Heinhold-Krahmer 1983, 96  f.; zudem noch bezeugt in
der hieroglyphenluwischen Inschrift von Yalburt; s. Poetto 1993, 47  f.
Lukka im Singular (mit Determinativ für Stadt und/oder Land) findet sich dagegen häufiger; s. z.  B. RGTC
6/1 u. 6/2 sub Luka; Röllig 1987–90, 161–163; Gander 2010, bes. 15–23 „Zur Verwendung des Begriffs ,Lukka‘“
u. passim mit Belegstellen und Lit.
Die Lokalisierung von Lukka – zumindest mit seinem regionalen Schwerpunkt – im südwestlichen Ana-
tolien, und zwar im Bereich des klass. Lykien und vielleicht auch noch in dessen Umgebung, hat sich gegen-
über geographischen Ansätzen im nordwestlichen Kleinasien (z.  B. Mellaart 1968, 191  f. u. passim; Macqueen
1968, 179 u. 182; Otten 1961, 112  f.), aber auch im Bereich des klass. Lykaonien im südlichen Zentralanatolien
(Cornelius 1958, 382 u. passim; Bryce 1974, 397  f. u. passim) seit den 1990er Jahren mehr und mehr durch-
gesetzt; s. z.  B. Gurney 1992, 219; Steiner 1993, 135; Hawkins 1998, 1 u. 26; ders. unten S. 339  f, passim; Bryce
20052, 43 [Karte], 53 [Karte] u. passim; Singer 2005, 437.
Eine nicht unbedeutende Rolle bei dem Versuch, Ortschaften der Späten Bronzezeit im lykischen Raum
ausfindig zu machen, dürfte das erst gegen Ende des 20.  Jh.s entdeckte römische Wegweisermonument
von Patara spielen, dessen rekonstruierbares Wegenetz in klass. Zeit vielleicht auch zu Rückschlüssen auf
noch ältere Hauptverbindungsstraßen führen könnte (s. Işkan 1998/99, 79, 90, 103), insbesondere wenn
man Parallelen zu den Berichten hethitischer Herrscher (in keilschriftlichen Quellen und in Hieroglyphen-
inschriften) über Feldzüge in den Lukka-Bereich erkennen kann. Eine ausführliche und systematische Arbeit
mit dem Titel Die geographischen Beziehungen der Lukka-Länder von Max Gander liegt seit 2010 in THeth 27
vor; bereits oben zitiert und ders. 2016a, 80–87.

I 3  f. u. I 5 zi-ni arnu-


Wörtl. „zur/in die Seele gelangen lassen“ (s. Sommer, AU 28–33) oder „zur Seele bringen“ (HW2 A, 332  f.). Die
frühen Übersetzungsversuche von Sturtevant (1928, 225: „to send down for succor“ [„um Hilfe rufen“]) und
Forrer (1929, 107: „Verlangen tragen [nach jemanden]“) sind vielleicht etwas zu frei. Sommers Deutung (AU 3)
lautete dann „(jemanden) angehen“.

4 So nach unserer Zeilenberechnung in Kol. II (s. auch Goetze in seiner Edition KUB 14.3); s. dagegen II 61 bei Forrer (1929, 112)
und Sommer (AU 10), denen sich Hoffner (2009, 307) u. Beckman et al. (2011, 110) angeschlossen haben.

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68   S. Heinhold-Krahmer

An dieser Stelle könnte der Ausdruck im Deutschen in etwa den Redewendungen „ans Herz legen,
nahe bringen“ oder aber „in den Sinn bringen“ (Letzteres Steiner 1993, 130 mit Anm. 67) bzw. „zur Kenntnis
bringen“ entsprechen; s. die ähnliche Deutung bei Miller 2006, 242: „darauf aufmerksam machen“; vgl. Gar-
stang/Gurney 1959, 111: „to approach“ („zukommen [auf jemanden]“); Hoffner 2009, 302: „to notify“ („infor-
mieren“) u. Beckman et al. 2011, 103: „to appeal“ („ansprechen“). Es scheint sich hierbei um eine bislang nur
im Tawagalawa-Text bezeugte Redewendung zu handeln;5 s. auch HW2 I, 260, sub ištanza(na)- 2.5.
Jedenfalls scheint Sommers Auffassung (AU 30; ähnlich auch Forrer 1929, 121), dass die Kampagne beider
Personen (des Tawagalawa und des Hethiterkönigs) in die Lukka-Länder als Ergebnis von zi-ni arnu- zu
betrachten sei, korrekt, da ja auch die Präsenz beider im Westen aus dem weiteren Text (s. unten) eindeutig
hervorgeht; vgl. allerdings Steiner (1993, 130), der ohne nähere Begründung davon ausging, dass Tawaga-
lawa eine Intervention abgelehnt bzw. unterlassen habe.
Weitere Übersetzungsvarianten zu I 3–5:
1. Bei Steiner (1993, 130): „Und so wie die Leute von Lukkā dem Tawagalawa antrugen, in diese Länder zu
kommen, ebenso trugen sie mir an, in diese Länder zu kommen.“
2. Betrachtet man eine Stelle in der aus der Zeit Tutḫaliyas IV. stammenden Bronzetafel II 38: nu a-na
zi-ia še-er ki-iš-ša-an le-en-kat-ta, welche Otten (1988, 17 u. 49 [Kommentar]) folgendermaßen wiedergab:
„und leistete mir persönlich folgenden Schwur“, so könnte unsere Textpassage auch lauten: „Wie die Leute
von Lukka vorstellig geworden waren bei Tawagalawa selbst (/persönlich), und er in diese Länder gekom-
men war, ebenso wurden sie bei mir selbst (/persönlich) vorstellig, und ich kam in diese Länder herab.“
Kammenhuber (1964, 179–187) hingegen hatte in ihrer lange vor Entdeckung jenes Vertrags vorgenommenen
Auswertung der einschlägigen Belege die Meinung vertreten, dass sich die Bedeutung „Person“ oder „selbst“
bei zi = heth. ištanza(na) nicht für die Texte Ḫattušilis III. aufrecht halten ließe, für die Zeit also, in die wir
unseren Text datieren möchten; s. noch HW2 I, 262 sub ištanza(na) IV.1.

I 4 von [a]r-nu-e-er bis ú-et


Zur Übersetzung dieser präteritalen Verbformen im Plusquamperfekt: Tawagalawa (I 3) wurde hier vermut-
lich wie an den beiden anderen Stellen seiner Nennung im Text (s. unten zu I 71 und II 60) in Verbindung
mit zurückliegenden Ereignissen erwähnt; so z.  B. schon Bryce 1979, 92 u. 94 u. Heinhold-Krahmer 1986, 50  f.
Daher erscheint Sommers Wiedergabe (AU 3) der im Zusammenhang mit der Erwähnung des T. auftreten-
den präteritalen Verbformen im Plusquamperfekt sinnvoll; s. zur Begründung seinen Kommentar in AU 29
oben (mit Verweis auf AU 59). Es handelt sich dabei um zi-ni … [a]r-nu-e-er (3.Pl.Prt.), wobei die Lukka-Leute
Subjekt sind, und um ú-et (3. Sg.Prt.), wobei das im satzeinleitenden na-aš enthaltene enklit. Personalprono-
men -aš Subjekt ist, und zwar hier eindeutig bezogen auf Tawagalawa.

I 4 ú-uk-ka4
Betontes Personalpronomen (1.Sg., hier D.-L.) „und/auch mir“ (GrHL 133–135).
Es ist bezogen auf den Autor des Textes, den heth. Großkönig, und zwar parallel zu I 3: a-na Tawaga-
lawa. Beide Dative sind Objekte zu zi-ni ar-nu-e-er I 3  f. u. 5. Zu dieser anscheinend bislang nur in der späten
Stufe des Junghethitischen anzutreffenden Verwendung dieses Pronomens (im D.-L., aber auch im A.) in der
ansonsten im Nominativ gebräuchlichen Form s. schon Sommer (AU 33), der das Phänomen dahingehend
erklärte, „daß, je mehr sich die vollere, ursprünglich oblique Form ammug auch den Nominativ eroberte,
deren nunmehrige Verwendbarkeit in beiden Funktionen ganz gelegentlich umgekehrt die Überführung der
alten Nominativform in den Gebrauch als Obliquus mit sich brachte.“ Er wies noch auf drei weitere Texte mit
Belegen von uk als casus obliqui hin (s. auch Friedrich, HW 232  f.), nämlich: KUB 6.45 III 60 (ú-ga-kán // 46 IV
29 [am]-mu-ga-kán)6 im Gebet Muwatallis II. (ediert von Singer 1996a); KBo 4.14 II 80 (ú-uk-ka4-ma-an-u̯ a) im

5 So nach Mitteilung von J.H., der das Belegmaterial in der Zettelsammlung für HW2 (München) überprüft hat.
6 Auch noch KUB 6.45 III 74 ú-uk // 46 IV 42 am[-mu-uk]; s. Singer 1996a, 91.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   69

Vertrag aus dem letzten Drittel des 13. Jh.s (Tutḫaliya IV. oder Šuppiluliuma II.); VBoT 1 20 III 117 (tu-uk-at …
ú-uk-ka4-at) im Ritual der Allaituraḫi.
Hoffner (1989, 91b) konnte noch einige zusätzliche Belegstellen vorlegen, wobei er zu Recht gegenüber
Kammenhuber (1969a, 272–279 und HW2 A, 597) betonte, dass diese nicht allesamt der Regierung Muwa-
tallis II. entstammen müssten, wie ja allein schon der spätheth. Text KBo 4.14 zeige. Jedenfalls spricht die
Verwendung von ūk im Dativ in KUB 14.3 I 4 nicht gegen die im vorliegenden Buch von allen Mitwirkenden
befürwortete Datierung des Dokumentes auf Ḫattušili III.; s. noch unten S. 366–376 zu dieser Datierung. An
weiteren Stellen unseres Textes: II 20, IV 7 u. 35 (s. unten) tritt ūk im Nominativ auf.

I 5 *nu-⸢kán⸣*
Von den beiden wohl über Rasur geschriebenen Zeichen wurde bislang nur NU erkannt (s. Translit. S. 24 u.
38 Anm. 7). Es ist jedoch anzunehmen, dass im Anschluss an NU ein weiteres Zeichen existiert hat, bei dem
es sich um GÁN (HZL 61) gehandelt haben dürfte.
Zum einen lassen die Zeichenspuren und auch der vorhandene Raum zwischen arnuēr und kēdaš dies
vermuten, zum anderen erscheint das am Ende der Zeile befindliche Prädikat uwa- in Verbindung mit gam
(katta/kattan) ohnehin häufig mit der enklit. Partikel -kan, und zwar dann, wenn sich eine Person bzw.
Personen von ihrem genannten oder gedachten Aufenthaltsort entfernt bzw. entfernen, indem sie von dort
„herab kommt/kam“ bzw. „herab kommen/kamen“; s. z.  B. KBo 3.4 II 58 (AM 62), KUB 14.15 III 46 (AM 56);
KUB 19.37 II 36 (AM 170). Gelegentlich kann gam (katta/kattan) uwa- allerdings auch ohne -kan auftreten;
z.  B. in KUB 19.10 I 8 (DS 65, fr. 13).

I 1–5 Ein Interpretationsversuch dieser Zeilen


Offenbar versuchte der König von Ḫatti bereits an dieser, wie auch noch an weiteren Stellen (s. Sommer,
AU 79, 86  f., 172  f.; Singer 1983, 214; Heinhold-Krahmer 1986, 55 mit Anm.  57), seine anschließend berich-
tete Kampagne in die Lukka-Länder (I 6–52) und sein später erwähntes Vordringen bis nach Millawanda (I
58–67, II 15, II 20–37) vor dem Adressaten, dem König von Aḫḫiyawa, zu rechtfertigen. Er wies dabei auf die
Lukka-Leute hin, die sich nach der Zerstörung von Attarimma angeblich an ihn ebenso wie an den zuvor
genannten Tawagalawa, den vermutlichen Bruder und Vorgänger des Königs von Aḫḫiyawa (s. unten zu I
71  f. u. II 60) gewandt hatten. Dadurch waren anscheinend beide – wenn auch wohl nicht gleichzeitig – zu
Kampagnen in den Lukka-Bereich (s. oben I 3–5) bewogen worden, und jeweils auch nach (oder in die nähere
Umgebung von) Millawanda gelangt; s. unten S. 134–140 zu I 71  f. [Tawagalawa] u. I 58–67, I 73–II 1, II 15–37
[der hethitische König]. Jene Stadt stand damals mit dem dazugehörigen Land zweifellos unter der Ober-
hoheit von Aḫḫiyawa; s. unten S. 136–143. Es erscheint jedenfalls nicht abwegig, in dieser Schilderung des
Hethiters den klassischen Vorwand eines Machthabers zu sehen, sein Vordringen in den Herrschaftsbereich
eines anderen zu begründen und sogar als legitim erscheinen zu lassen.

I 6 URUŠal-la-pa
Obgleich dieser Ort als Zwischenstation bei Kampagnen hethitischer Könige in den Westen Kleinasiens
(s. Heinhold-Krahmer 1977, 360–362 [359  f. mit Belegen]; RGTC 6/1 u. 6/2 sub Šalapa; Miller 2008, 577  f.) oder
auf dem Rückweg von dort Richtung Ḫattuša (Heinhold-Krahmer 1977, 70  f., 286) bezeugt ist, konnte eine
einhellige Lokalisierung bislang nicht erzielt werden. Zu neueren Versuchen s. vor allem Gurney (1992, 220
u. 2002, 140  f.), der offensichtlich seinen früheren Vorschlag, Š. bei Sivri Hisar (klass. Pessinus) zu suchen,
zugunsten einer südlicheren Lokalisierung aufgab. Dabei schien ihm (1992, 220) zunächst Forlaninis Iden-
tifikationsversuch (1977, 222; Forlanini/Marazzi 1986, Tav. XVI) mit klass. Selme (heute Gözören) möglich.
Ferner verwies Gurney (1992, 221) auf Mellaarts Arbeitshypothese (1983, 345–348), Š. mit Yaraşlı nordwestlich
des Tuzgölü zu identifizieren.

7 Nach Sommer (AU 33) vielleicht noch VBoT 1 20 II 24.

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70   S. Heinhold-Krahmer

Hawkins (1998, 22; 2015, 25  f. u. unten S.  347) hält weiterhin an Sivri Hisar fest; vgl. jedoch Gander
(z.  B. 2010, 149  f.; 192  f.; 212), der eher zugunsten einer südlicheren Lokalisierung argumentiert – auch unter
Berücksichtigung der geographischen Verknüpfungen von Š. mit weiteren im südlichen Zentralanatolien zu
suchenden Orten wie Waliwanda (dazu auch unten sub I 16) und Allašša (Gander 2010, 146  f., teilweise unter
Berufung auf Heinhold-Krahmer 1977, 359–362). Während sich Gander (2010, 136  f.) jedoch im Anschluß an
de Martino (2005a, 301 mit Anm. 126), Miller (2008a, 577 u. 2008b, 589) und andere Forscher gegen eine
Gleichsetzung von Šallapa mit dem im Madduwatta-Text genannten Ort Šalpa ausspricht, da aus einem wei-
teren Text, nämlich KBo 32.202, hervorzugehen scheine, dass sich Šalpa nur drei Tagereisen von Ḫattuša
entfernt befunden habe, was für Šallapa nicht in Betracht käme, wandte Kryszeń (2012a, 570) dagegen ein,
dass Gander einer Gleichsetzung von Waliwanda, welches nach Š. die nächste Station auf der Kampagne des
hethitischen Großkönigs nach Westkleinasien gemäß VAT 6692 I 16 (s. dort) war, mit Uliwanda nicht abgeneigt
sei. Das mit großer Wahrscheinlichkeit im Unteren Land zu lokalisierende Uliwanda (s. auch Gander 2010,
148–150) ließe aber, vorausgesetzt die vermutete Identifikation mit Waliwanda sei korrekt, darauf schließen,
dass die erste bezeugte Station, Š., ebenfalls im Bereich des Unteren Landes oder in dessen Nähe zu verorten
sei. Dies wiederum spräche dann nicht gegen eine Gleichsetzung von Š. mit Šalpa. Freilich scheint die Inter-
pretation der Passage im Text KBo 32.202 Rs. 14′–16′, die in Verbindung mit einem Monatsbeginn (Rs. 14′)
einen siebten und dann einen zehnten Tag (Rs. 15′) nennt, äußerst schwierig, was auch Gander (2010, 138  f.)
einräumt. Es bleibt jedenfalls zum einen fraglich, ob der genannte siebte Tag tatsächlich auf den Aufbruch
der Majestät aus Ḫattuša (Rs. 15′) und der zehnte Tag auf die anschließende Anwesenheit dieses Herrschers
in Šalpa (Rs. 16′) zu beziehen ist, und zum anderen, ob man, wenn dies überhaupt der Fall gewesen sein
sollte, nur mit einer drei- oder viertägigen Reise von einem Ort zum anderen rechnen könnte.8

Zusatz: In einem Artikel mit dem Titel „A Hittite Tablet from Büklükale“ stellt Weeden (2013, 19–21) auch Überlegungen zur Lage
des Fundortes als ein Knotenpunkt auf einer möglichen hethitischen Route nach Westen an. Dabei kommt ebenfalls die Diskus-
sion über die Lokalisierung von Šallapa zur Sprache, jedoch bleibt die Frage derzeit noch offen (l. c., 20).

I 7 ìr-an-ni-u̯ a-mu da-a


„Nimm mich in den Vasallenstand (/in Dienstbarkeit/Knechtschaft) auf!“ Diese Wendung ist – insbesondere
in den Annalen Muršilis – mehrfach belegt. Es könnte sich zum einen um die an den hethitischen Großkönig
gerichtete Bitte eines Königs, Fürsten, Adeligen oder entlaufenen Untertanen gehandelt haben, ihn als Vasal-
len anzunehmen, eine freiwillige Unterwerfung also (z.  B. KBo 14.19 III 12; KUB 14.15 IV 21, 30; KUB 19.49 I 42).
Solche Gesuche wurden nicht selten durch einen (wie hier I 6  f.) oder mehrere Abgesandte übermittelt. Zum
anderen aber findet sich die Ausdrucksweise auch dann, wenn sich mehrere Personen oder sogar größere
Menschengruppen, wie z.  B. flüchtige Zivilgefangene, dem Hethiterkönig ergaben; s.  nu-u̯ a-an-na-aš-za  …
ìr-an-ni da-a z.  B. in KBo 4.4 IV 34; ferner auch KUB 14.15 III 47  f.

I 7 LÚ⸢tu⸣-uḫ-kán-ti-in
A.Sg. von tuḫkanti- „Kronprinz, (designierter) Nachfolger“; so Otten 1988, 48  f.
Forrer (1929, 107 u. 122) deutete den hier erwähnten Würdenträger fälschlich als „Feldmarschall“ und
setzte ihn mit dem in I 9 (ferner I 11 [2x], 67, II 4) genannten lútar-te-nu sowohl hinsichtlich des Amtes als
auch der Person gleich. Zudem nahm er an (1929, 98  f.), es handle sich bei diesem tuḫkanti (/akkad. tartēnu)
um den in I  73 genannten Mann namens dlamma (Kurunt[iy]a). Diesen Namen ergänzte er damals auch
noch am Beginn der Zeile I 1 (1929, 106  f.). Sommer (AU 36–38) sprach sich gegen Forrers Deutung und die
begriffliche Identität beider Amtsbezeichnungen aus. Zu Recht hob er zwar in Bezug auf den tuḫkanti hervor
(1929, 37), „daß diesen Rang immer der Sohn eines (regierenden oder früheren) Königs“ innegehabt habe.
Dennoch vermochte er das Amt nicht näher zu definieren und vertrat nur die Auffassung, dass der Begriff

8 Es ist wohl kaum anzunehmen, dass eine Reise von Boğazköy (Ḫattuša) nach Šalpa und/oder Šallapa nur drei bis vier Tage ge-
dauert hätte, selbst wenn der (/die) Zielort(e) im zweiten Jahrtausend v. Chr. in einem Bereich gelegen hätte(n), der nur in geringer
Entfernung südlich des mittleren Halys gelegen hätte und von Ḫattuša nur ca. 200 km entfernt gewesen wäre.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   71

nicht Kronprinz bedeute, wenngleich der Kronprinz dieses Amt bekleiden konnte. Sein Hauptargument
gegen die Deutung „Kronprinz“ war Folgendes: Ḫattušilis Sohn Nerikaili sei sowohl unter seinem Vater (s.
KBo 4.10 Rs. 28 = Ulmi-Teššup-Vertrag) als auch unter dessen Nachfolger Tutḫaliya IV. (Bo 2048 Rs. 28/KUB
26.43 Rs. 28 = „Šaḫurunuwa-Urkunde“) tuḫkanti gewesen.
Auch Goetze (1930, 288) wandte sich gegen Forrers Gleichsetzung. Ebenso lehnte sie Friedrich ab, wie
sich aus HW 226 ergibt, wo zu lesen ist:
„tuḫkanti- ((lú)tuḫukanti-) c. (einer der höchsten hethitischen Würdenträger, der Königsfamilie angehörig;
wohl nicht = akkad. tartēnu)“. Über die früher sehr unklare bzw. umstrittene Bedeutung9 ist aufgrund der
1988 publizierten Bronzetafel mit Hinweisen auf die Thronfolge-Änderungen und -Bestimmungen (Otten
1988, 16–19 [§  13–14] u. 18–21 [§  18–19]) insofern nahezu ein Konsens erreicht worden, als neben der nun
heute meist anzutreffenden Übersetzung mit „Thronfolger, Thronerbe, Kronprinz“ auf der einen Seite10,
zumindest auf der anderen Seite eine – wenn auch mehr eingeschränkte – Deutung wie „nicht unbedingt
designierter Thronfolger“ (so Klengel 1991, 226; ders. 1999, 287 Anm. 602) oder aber eine leicht abgewandelte
wie „mutmaßlicher Thronerbe“ bzw. „designierter Thronfolger“ (Houwink ten Cate 1992, 264; 2007, 198)
für tuḫkanti vorgenommen wurde. Houwink ten Cates Präzisierung des Titels als „the second in command“
(1992, 263–264; s. auch van den Hout 1995, 98) anhand von § 18 der Bronzetafel11 entspricht der Tatsache,
dass die zweithöchste Person nach dem heth. Großkönig eben diejenige war, die zum Zeitpunkt ihrer Bezeu-
gung mit diesem Titel auch als künftiger Thronfolger des Großkönigs rangierte (ähnlich auch Houwink ten
Cate 1992, 263  f.). Ein Inhaber dieses Amtes, der nicht als Thronfolger vorgesehen war, lässt sich jedenfalls
nicht nachweisen. Der Begriff „crown prince“ („Kronprinz“) freilich, wie ihn neben anderen Gurney (1983,
97  f. u. passim)12 benutzte, ist vielleicht etwas zu sehr von Vorgaben in europäischen Kaiser- und Königs-
häusern belastet, wo häufig das Recht der Primogenitur bestand, d.  h. der erstgeborene Sohn auch der Kron-
prinz war und die mit der Kronprinzenwürde eines fürstlichen Hauses verbundenen speziellen Titel besaß.
Diese waren dagegen nicht für zur Nachfolge bestimmte Personen vorgesehen, die einer Nebenlinie ent-
stammten.
Für tuḫkanti scheint die Übersetzung „Thronfolger“ am unverfänglichsten; vgl. dazu die jüngst erschie-
nene Untersuchung zum Titel tuḫkanti von Planelles Orozco (2017, 110, 121, 123 u. passim [Hinweis von M.W.]).

I 9 lútar-te-nu
Als Titel, den Forrer (1929, 99 u. passim) und Sommer (AU 427, Indices) zunächst als „Feldmarschall (/Gou-
verneur)“ zu deuten versuchten, taucht das Wort in keilschriftlichen Texten, die in der ehemaligen heth.
Hauptstadt gefunden wurden und gleichzeitig einigermaßen sicher auf einen Würdenträger hethitischer
Provenienz bezogen werden können, bislang anscheinend nur in KUB 14.3 auf.13 Als Abstraktum hierzu ist in
Boğazköy noch zweimal die Amtsbezeichnung tartennutu („tarten(n)u-Würde/Amt/Funktion“) bezeugt,
und zwar in KBo 3.3 II 6 (CTH 63: Arbitrage au sujet de Barga) und in KBo 1.3 Vs. 29 (CTH 52: Traité de Matti-
waza (Kurtiwaza) du Mitanni avec Suppiluliuma Ier [= Vertrag des Šattiwaza von Mitanni mit Šuppiluliuma I.]).
Im erstgenannten Text schließt sich vermutlich an II 6 … ana lútartennuti=šunu als Apposition in II 7 die

9 Hierzu Gurney 1983, 97–101 [mit Lit.], der selbst für „Kronprinz“ eintrat, u. Klinger 1996, 221; s. ferner z.  B. Friedrich HW 226 sub

tuḫkanti: „einer der höchsten hethitischen Würdenträger, der Königsfamilie angehörig“; Goetze 1957, 103: „Hoher Würdenträ-
ger“; Imparati 1974 (erschienen 1977), 144: „… dignitá … generalmente attribuita all’erede designato al trono, ma non era titolo
esclusivo di questo“; Siegelová 1986, Bd. III, 623: „Thronfolger“; Tischler, HEG III/107, T, 409: „Benennung eines der höchsten
heth. Würdenträger, einer der Titel des Thronanwärters“.
10 Besonders Otten 1988, 48  f.; s. ferner z.  B. Bryce 2005, 272  f.; Giorgieri/Mora 1996, 16  f.: „erede al trono“; Hawkins 2001, 173–175:
„crown prince“; Heinhold-Krahmer 1991, 142b u. 144a; Imparati 1995, 151–157 u. 1999, 324; Klinger 1996, 220–223: „Thronfolger,
Kronprinz“; Miller 2006, 242: „Kronprinz“; Pecchioli-Daddi 1997, 175: „heir to the throne“.
11 Bo 86/299 II 79–83 (Otten 1988, 18  f.), wo betont wird, dass allein der tuḫkanti gegenüber den Königen der Sekundogenituren
Karkamiš und Tarḫuntašša einen höheren Rang einnehme. Somit rangierte dieser zweifellos als zweitmächtigste Person unmit-
telbar hinter dem Großkönig.
12 So auch Bryce 2005, 272–273; Hawkins 2001, 173–175; Miller 2007, 242.
13 Sehr fraglich, jedoch nicht ganz unmöglich, ist wohl die Ergänzung L[Útar-te-ni] in KUB 23.127 III 3 (CTH 85.1) am Zeilenende,
die Houwink ten Cate (1992, 266 Anm. 47), einem Vorschlag Güterbocks folgend, versuchte.

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72   S. Heinhold-Krahmer

hurr. Glosse 𒀹  šinaḫila an. Wilhelm (1970, 277  f.) nahm für sie die gleiche Bedeutung wie für tarten(n)u
an, wobei er beides mit „Kronprinz“ übersetzte; zur Gleichsetzung von 𒀹  šinaḫila mit lútarten(n)u s. auch
Houwink ten Cate 2007, 198.
Zu 𒀹  šinaḫila merkte J.H. Folgendes an:

In KBo 3.3+ II 7 steht nach einem Glossenkeil das Wort šinaḫila als Glosse zu II 6: a-na lútar-te-en-nu-ut-ti-šu[-nu] „in
die Funktion seines tartennu-s“ (iškun „setzte er ein“). Dieses Wort ist wohl hurritisch zu analysieren: Essiv von šinaḫili,
bestehend aus Stamm šina „zwei“, dem Zugehörigkeitssuffix -ḫe und dem Suffix für Funktionen und Berufe -li; s. z.  B.
G. Wilhelm 1970, 277  f.; ders., 1992, 243 mit Anm. 21; M. Giorgieri 2000, 210. Die Glosse šinaḫila wäre also zu übersetzen mit
„als Zweitrangiger“. Das Wort kommt auch außerhalb von Ḫattuša vor und erscheint in mehreren hurritisch beeinflussten
Orten. Es ist – akkadisiert als šinaḫilum – sogar vereinzelt schon zur altassyrischen Zeit in Anatolien belegt, vgl. Veenhof
1989, 524  f. (gegen Bedeutung „Kronprinz“ für das altass. Material, eher „second in command“). In Nuzi und Emar ist es
Attribut u.  a. zu Möbeln und Lebensmitteln und bedeutet dann wohl „von zweiter Qualität“ (z.  B. Speiser 1936, 404; Westen-
holz 2000, 78).

In akkadischsprachigen Texten aus Ugarit ist der lútarten(n)u etwas besser als in Boğazköy belegt und
eindeutig auf den Thronfolger zu beziehen; s.  Liverani 1962, 254 (im Anschluss an Nougayrol 1956, 264);
Wilhelm 1970, 277; Malbran-Labat 2004, 77  f.
Wilhelm (1970, l. c.) schloss aus den oben genannten Belegen des Abstraktums in zwei akkadisch-spra-
chigen Texten aus Boğazköy (KBo 3.3 II 6 u. KBo 1.3 Vs. 29) aufgrund des Kontextes zu Recht, dass auch hier
wie in den Texten aus Ugarit vom Amt des „Kronprinzen“, also des designierten Thronfolgers, die Rede sein
müsse.

I 7–9 lútuḫkantiš = lútarten(n)u?


Auch in neuerer Zeit gibt es, wie schon zu Zeiten der Pionierforscher (s. oben sub I 7), keinen völligen Konsens
bezüglich der Antwort auf die Frage, ob auch speziell an dieser Stelle unseres Textes (I 7–9) davon ausgegangen
werden darf, dass es sich bei tartenu nur um die akkadographische Schreibung von tuḫkanti handelt und
somit hier von ein und derselben Person berichtet wird. Während zwar die meisten der Fachleute dies – vor allem
im Anschluss an Gurney (1983, 97–101) – bejahten, nahmen einige, wie z.  B. Melchert (1980, 94) u. Hoffmann
(1992, 290) an, dass es sich um zwei unterschiedliche Amtsbezeichnungen und daher auch um zwei verschie-
dene Würdenträger gehandelt habe. Eine gewisse Unsicherheit bezüglich deren Identität ergibt sich auch aus
Publikationen von Bryce (1979, 92; 2003, 203 mit Anm. 11), Heinhold-Krahmer (1991, 144) und Klinger (1996,
221).
Unter den sechs Autoren des vorliegenden Buches teilen immerhin fünf die Auffassung, dass tuḫkanti
und tartenu an unserer Textstelle (I 7–9 u. passim) nur zwei Schreibvarianten (heth. u. akkad.) für ein und
denselben Titel mit der Bedeutung „Thronfolger“ darstellten (J.D.H., J.H., J.L.M., E.R., M.W.); s. auch Hoffner
2009, 302 mit Anm. 263 u. Beckman et al. 2011, 103.
Die Verfasserin dieses Kommentars widerspricht zwar keineswegs der aus den oben erwähnten For-
schungsergebnissen resultierenden Tatsache, dass sowohl der tuḫkanti in den Texten aus Boǧazköy als auch
der akkad. bezeugte ta/erd/tennu (s. AHW III) in Quellen aus Syrien und Mesopotamien und in wenigen
Texten aus Boǧazköy, die jedoch das syrische und mesopotamische Umfeld betreffen, den (designierten)
Thronfolger im jeweiligen Herrscherhaus bezeichneten. Bekannt ist ja sogar ein im nordsyrischen Ugarit
gefundener und in akkad. Sprache verfasster Erlass Šuppiluliumas I., in dem nicht der Thronfolger des dor-
tigen Königshauses, sondern offensichtlich der designierte Nachfolger des heth. Großkönigs als tartenu
unmittelbar nach dem Herrscherpaar und vor weiteren hohen heth. Würdenträgern genannt wird, denen
gegenüber der König von Ugarit zu Tribut verpflichtet wurde (Nougayrol 1956, 40–44 [RS 17.227+ u. Dupli-
kate]; Beckman 19992, 166  f. [28A]).
Doch bleibt andererseits festzuhalten, dass diese Amtsbezeichnung zumindest nach den überlieferten
Belegen in hethitisch-sprachigen Texten aus Boǧazköy für den hethitischen Thronfolger ansonsten kaum
Anwendung gefunden hat. Auch die beiden bereits genannten Belege (oben sub I 9) des Abstraktums tar-
ten(n)utu in Boǧazköy erscheinen jeweils in einem vertraglichen Kontext, der nicht die Verhältnisse im ana-
tolischen Raum, sondern eben in Ländern im nordsyrischen bzw. obermesopotamischen Raum reflektiert.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   73

Die einzige Ausnahme, nämlich die Anwendung des Titels tartenu auf den heth. Thronfolger in einem
hethitisch-sprachigen Text, würde somit – vorausgesetzt die heute von der Mehrheit bevorzugte Interpreta-
tion von VAT 6692 I 7–9 ist korrekt – allein nur das Dokument VAT 6692 bieten.
Dass nach wie vor eine gewisse Vorsicht bei der Deutung der Textstelle angebracht ist, empfiehlt sich
aber vor allem aus zwei Gründen: a) aufgrund der Bedeutungsvarianten bei der lexikalischen Bestimmung
des akkadischen Wortes (s. AHW III, ta/erd/tennu) und b) aufgrund des Textinhalts selbst.
Zu a) Bedeutungsvarianten: Im mesopotamischen und nordsyrischen Bereich lässt sich für ta/erd/ten(n)u
nicht ausschließlich die Bedeutung „Thronfolger“ nachweisen (s. AHW l.  c. und Wilhelm 1970), sondern
u.  a. auch die von „jüngerer Bruder, Sohn“, von „zweitrangig“, ja wahrscheinlich sogar „von zweiter Quali-
tät“ (Letzteres allerdings bislang nur als Eigenschaft von Tieren und von verschiedenen Gegenständen und
Materialien bezeugt; s.  oben S.  72). Es kann daher aufgrund der spärlichen Überlieferung des Begriffs in
heth. Texten nicht völlig ausgeschlossen werden, dass sich an der fraglichen Stelle im sog. Tawagalawa-Brief
unter dem Akkadogramm ein jüngerer Bruder des tuḫkanti, vielleicht sogar ein Vize-Thronfolger verbarg, der
natürlich auch rangmäßig hinter jenem gestanden hätte. Eine zweifache Besetzung des Thronfolger-Amtes
ist jedenfalls allein schon aufgrund der Tatsache in Betracht zu ziehen, dass dies auch für andere hohe
Chargen in Ḫatti mehrfach bezeugt ist.14 Zudem hat bereits Sommer (AU 37  f.) darauf hingewiesen, dass es in
Assyrien einen „tartēnu zur Rechten“ und einen „zur Linken“ gegeben hat.
Zu b) Textinhalt: Nicht abwegig erscheint Goetzes Argument (1930, 288), dass Tawagalawa – nach heu-
tigem Forschungsstand allerdings Piyamaradu15 – bei einer Personengleichheit von tuḫkanti und tartenu
den vom Hethiterkönig entsandten Würdenträger kaum hätte abweisen können, wenn er selbst zuvor (I 7  f.)
um dessen Entsendung gebeten hätte (s. auch Sommer, AU 37  f.; ferner Friedrich, HW 226). Diese Auffas-
sung kann man nur ablehnen, wenn man von vornherein unterstellt, dass er (Piyamaradu) seinen Launen
freien Lauf ließ und den zuvor angeforderten Würdenträger dann plötzlich ohne ersichtlichen Grund einfach
ablehnte.
Dass aber der entsandte tartenu nicht die von Piyamaradu erwünschte und erwartete Person, nämlich
der tuḫkanti war, kann auch die in I 11  f. gestellte Frage vermuten lassen, wenn man dort der ersten der beiden
in Erwägung gezogenen Deutungen von x-ia?-u̯ a-la?-aš den Vorzug gibt; s. unten S. 77 Kol. I 12 sub 1. Diese
Frage folgt unmittelbar nach dem Hinweis auf Piyamaradus Weigerung, sich von diesem Abgesandten zum
heth. Großkönig bringen zu lassen und lautet: „Ist (denn) aber der/ein tartenu nicht ein Stellvertreter? für
den/einen König?“ Ebenso wie „Stellvertreter?“ käme auch Repräsentant? oder „Bevollmächtigter?“ in Erwä-
gung; vgl. Sommer, AU 3, 53.
In Verbindung damit wäre noch eine weitere Frage heranzuziehen, die sich in II 4 findet: „Habe ich ihm
(= Piyamaradu) nicht meinen Sohn, den tarte[nu, entgegen] geschickt?“ Dass hier gesondert auf das Ver-
wandtschaftsverhältnis zwischen dem Entsandten und dem hethitischem Großkönig hingewiesen wurde,
was bei Personengleichheit mit dem tuḫkanti ohnehin klar gewesen wäre, könnte vielleicht auch Zufall, aber
eben doch eher Absicht gewesen sein, um den hohen Rang und die Kompetenz des entsandten tartenu
hervor zu heben.
Gegen die Annahme von zwei verschiedenen Würdenträgern wurde allerdings ein Argument syntak-
tischer Art von J.L.M.16 vorgebracht. Es lautet: Wenn es einen Gegensatz zwischen tuḫkanti und tartenu
gegeben hätte, hätte dies syntaktisch mit -ma zum Ausdruck gebracht werden müssen, so dass I 7–9 dann
folgendermaßen hätte aussehen müssen (Botschaft des Piyamaradu):

14 Als Beispiel sei hier nur das Amt des gal uku.uš angeführt, für das gleichzeitig ein gal uku.uš gùb-la-aš und ein gal uku.
uš zag-na-aš (s. Bo 86/299 IV 33 u. 39), also je ein Würdenträger zur Linken und zur Rechten, bezeugt werden.
15 So nach der fast allgemein akzeptierten Neuinterpretation von VAT 6692 durch Singer (1983) und Heinhold-Krahmer (1983
u. 1986). Für die früher vorherrschende Meinung, dass es sich bei diesem Gegner des Hethiterkönigs in Westkleinasien um Ta-
wagalawa gehandelt habe, plädiert heute wohl nur noch Parker (1999), ohne freilich weitere diese Neuinterpretation stützende
Piyamaradu-Fragmente zu berücksichtigen; zu diesen Fragmenten s. Heinhold-Krahmer 1983, 84–86 u. passim u. 1986, 60  f.;
Singer 1983, 210–213; vgl. Freu 2008, 109–117.
16 E-Mail vom 30. 03. 2008.

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74   S. Heinhold-Krahmer

„… ,Schicke mir den tuḫkanti, und er wird mich zur Majestät bringen!‘ Ich schickte ihm aber (-ma) den tartenu.“

So wie er im Text stehe, müsse man den mit nu eingeleiteten Satz (I 8  f.) aber übersetzen:

„… und ich schickte ihm den tartenu …“,

was quasi bedeute, der Hethiterkönig habe dem Wunsch des P. entsprochen und ihm den verlangten tuḫkanti
geschickt. Dieses Argument fand die Zustimmung von E.R.17, wenn auch mit einer Einschränkung:

Er (der König von Ḫatti) tut, wozu er aufgefordert wird, es sei denn, er stellt es so dar, als ob er es tut.

Gerade diese Einschränkung scheint jedoch – insbesondere wegen der bei Identität mit dem tuḫkanti unnö-
tigen Hinweise auf die hohe Stellung (I 11  f.) und die enge verwandtschaftliche Beziehung des tartenu zum
hethitischen Großkönig (II 4) – naheliegend.
Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass der Hethiter sich einfach nähere Begründungen für die Ent-
sendung eines nicht mit dem angeforderten tuḫkanti personengleichen tartenu zu ersparen versuchte,
indem er einfach feststellte: „Und ich schickte ihm den tartenu“.
Falls die auch in unserer Diskussion getroffene Feststellung von E.R., dass die Funktion von -ma nicht
auf der syntaktischen, sondern auf der pragmatischen Ebene liege, grundsätzlich Geltung hat, stünde der
Annahme von zwei verschiedenen Würdenträgern in I 79 wegen des fehlenden -ma nicht unbedingt ein syn-
taktisches Problem im Wege, sondern wir könnten weiterhin auf der sachbezogenen Ebene argumentieren.
Auch Melchert (2009, 191  f.) wies in seinem wichtigen Artikel „Discourse Conditioned Use of Hittite -ma“
darauf hin, dass keine der drei von ihm beschriebenen Funktionen von -ma aus der Apologie von Ḫattušili
III. grammatikalisch bedingt sei. Dem Autor oder Sprechenden stünde es frei zu wählen, ob er es (-ma) ein-
setze oder nicht. Die Motivation für das Erscheinen von -ma sei daher pragmatisch. Er nimmt u.  a. Bezug auf
Apologie II 48, wo mit der Nennung von Ḫattušilis Bruder Muwatalli (II.) eindeutig ein Topik-Wechsel erfolgt.
Zwischen dem Auftreten von Muwatalli in II 48 und dessen letzter zuvor berichteter Aktivität in II 35  f. liegen
11 ganze Zeilen, in denen es ausschließlich um kriegerische und daran anknüpende Ereignisse und Hand-
lungen Ḫattušilis geht. Melchert vermutete als Grund für das fehlende bzw. zu erwartende -ma in I 48, dass
Ḫattušili die Aufmerksamkeit völlig auf seine eigenen Abenteuer in diesem Teil der Erzählung richten wollte
und es daher vorzog, dem Auftreten seines Bruders nicht den Vorrang zu geben.
Da es sich beim sog. Tawagalawa-Brief zweifellos um ein Dokument aus dem engeren oder weiteren
Bereich der internatonalen Diplomatie handelt – ganz egal ob es einen Briefentwurf oder eine Kopie eines
solchen darstellte, ob es ein Argumentationskonzept für einen Gesandten oder eine Zusammenstellung aller
Botschaften und Schreiben in Sachen Piyamaradu, die sich an den König von Aḫḫiyawa gerichtet hatten und
dann für das heth. Archiv bestimmt waren, war (s. oben S. 4 a–c der Einleitung) – könnte man nun neben
anderen Möglichkeiten auch in Betracht ziehen, dass der Autor bemüht war, manches, was ihm ungünstig
ausgelegt werden oder dem Adressaten zuviel Einblick in die innen- oder außenpolitischen Verhältnisse von
Ḫatti gewähren konnte, nicht allzu deutlich darin hervorzuheben. Ja manchmal möchte man sogar anneh-
men, dass der Autor bestrebt war, etwas zu verschleiern. Sollte der vom Hethiterkönig entsandte tartenu
tatsächlich nicht mit dem tuḫkanti identisch gewesen sein, so dürfte es allein schon aus diplomatischen
Gründen kaum im Interesse des Hethiters gelegen haben, die Tatsache, dass er der Bitte des Piyamaradu
zuwidergehandelt hatte, durch ein kontrastierendes -ma hervorzuheben. Gerade wenn Ḫattušili III. der
Autor von VAT 6692 war, was alle an dieser Neubearbeitung Beteiligten annehmen, ein Mann also, der vor
Geschichtsverfälschungen keineswegs zurückschreckte (s. z.  B. Hawkins 2001, 176 zum Fall Urḫi-Teššup), so
scheint dieser Gedanke nicht abwegig zu sein.
Vorausgesetzt also, es handelte sich bei dem angeforderten tuḫkanti und dem dann entsandten tartenu
um zwei verschiedene Personen (dazu schon Heinhold-Krahmer 1991, 144), so könnte man weiter hinter
dieser Ungereimtheit im Text (fehlendes -ma) aber auch einen Reflex der innenpolitischen Entwicklung in

17 E-Mail vom 30. 04. 2008.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   75

Ḫatti zur Zeit Ḫattušilis III. vermuten. Gemeint ist die Absetzung jenes älteren Sohnes von Ḫattušili aus dem
Amt des tuḫkanti und die Bestimmung Tutḫaliyas (IV.) zu seinem Nachfolger, worüber uns die berühmte
Bronzetafel aus der Ära des letztgenannten Herrschers rückblickend berichtet (s. Otten 1988, 18  f.). Piya-
maradu hätte in diesem Fall den erstgenannten als tuḫkanti angefordert (I 7), doch an dessen Stelle wäre
dann vielleicht der erst seit kurzem zum Nachfolger auserkorene jüngere Sohn, der spätere Großkönig Tutḫa-
liya IV., unter dem Titel tartenu gesandt worden. Dies hätte dann den Versuch des Hethiterkönigs darge-
stellt, die sich verändernde oder bereits veränderte und wohl auch nicht einfache innenpolitische Situation
zunächst nicht allzu deutlich nach Außen dringen zu lassen.
Allerdings kann dabei die schwierige Frage, welcher Sohn oder welche Söhne des Autors dann unter
den Bezeichnungen tuḫkanti und tartenu im vorliegenden Text auftreten, derzeit nicht endgültig geklärt
werden.18

Der zunächst mehrheitlich bevorzugte Vorschlag, die Amtsbezeichnungen heth. tuḫkanti und akkad.
tartenu hier mit „Thronfolger“ zu übersetzen, wurde wieder aufgegeben (E-Mail von J.L.M. am 30.  03.
2008). Es scheint uns angesichts der gegenwärtig mageren Quellenlage sinnvoll, beide Titel an den jeweili­
gen Stellen unübersetzt zu belassen, so dass die Textstelle für unterschiedliche Interpretationen offen bleibt;
zur Gleichsetzung von tuḫkanti mit tarten(n)u und einem weiteren sich daraus ergebenden Problem für die
Identifikation des in II 30 genannten dumu.nita s. unten S. 169–172 zu II 29–31. Auch im Abschnitt „Tuḫkanti
and Tartēnu“ seines jüngst erschienenen Artikels gelangt Planelles Orozco (2017, 119  f.) hinsichtlich der
Frage der Identität von beiden im sog. Tawagalawa-Brief bezeugten Titeln zu keiner Entscheidung, wenn er
abschließend feststellt:

So, with regard to the observation made here about the use of Tartēnu for crown princes of vassal states, we should accept
that either the Tawagalawas Letter represents an exception or that there are still some subtleties we have not fully com-
prehended.

I 9  f. i-it-u̯ a-ra-an-za-an-⸢kán⸣ a-⸢na⸣ gišgigir gam-an ti-it-ta-nu-⸢ut⸣


Hier findet sich die in jh. Texten erstmals in den DS, dem Bericht Muršilis über die Taten seines Vaters,
Šuppiluliuma I., anzutreffende doppelte Verwendung des enklitischen Personalpronomens -a-, und zwar als
A.Sg.c. -an innerhalb der an das Verbum īt (2.Sg.Imp.) anschließenden Enklitika-Kette; s. GrHL 411  f. § 30.19.
Dieses Phänomen tritt offenbar nicht erst ab Muwatalli II. auf, wie in HW2 A, 41 zu lesen ist.
Nach HW 225 bedeutet das Verb tittanu- „hinstellen, hinsetzen; Platz nehmen lassen; einsetzen“ (hier
2.Sg.Imp.). In Verbindung mit gam-an erfordert es offensichtlich die Ortspartikel -kan (s. auch I 69  f.). Nun
kann gam-an (= kattan) als Adverb „unten, hinab, herab, nieder“ aber auch „damit, dabei, dazu“ bedeuten
und als Postposition u.  a. „unter, unten an; bei, mit, zu“.
Die Annahme, dass es sich bei dem Fahrzeug, mit dem der tartenu den Piyamaradu zum König von
Ḫatti bringen sollte, um den bei den Hethitern üblichen Streitwagen handelte (mit zwei Stehplätzen) und
nicht um eine Luxuskarosse mit Sitzbänken, führte uns hier zunächst im Gegensatz zu Sommer (AU 3: „Laß
ihn auf dem Wagen bei (dir) sitzen …“) zur Übersetzung: „Stell ihn dazu auf den Wagen …“.
Sommers Hinweis (AU 38) auf zwei weitere, angeblich der Bedeutung in I 9  f. entsprechende Belege von
gam-an/kattan ist insofern etwas abweichend, als diese Belege jeweils – sowohl in KBo 6.29 II 23 (nu-uš-ši
enmeš ku-i-e-eš … kat-ta-an e-še-er)19 als auch in KUB 13.4 II 77 (na-aš-za munus-ni-i gam-an še-eš-du)20 – Post-
positionen zu den Dativen -ši („bei/mit ihm“) und munus-ni-i (bei/mit einer Frau) darstellen, wohingegen
hier in I 9  f. gam-an eher als Präverb zu betrachten ist; vgl. ferner II 59–61.
Allerdings bleibt unsicher, welche Strecke der „künftige Vasall“ – vorausgesetzt er hätte dem hethiti-
schen Willen entsprochen und sein Mitkommen nicht verweigert  – auf dem Wagen des tartenu bis hin

18 Zur Diskussion darüber, wer der aus dem Thronfolger-Amt abgesetzte ältere Bruder Tutḫaliyas IV. war, s. z.  B. Houwink ten Cate
1983/4, 38 Anm. 18; Güterbock 1990, 162; Heinhold-Krahmer 1991, 144–146; Gurney 1999, 43 mit Anm. 27.
19 Goetze, Ḫatt 48  f.
20 Taggar-Cohen 2006, 55 u. 77 § 10/1 Z. 82.

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76   S. Heinhold-Krahmer

zum Großkönig hätte zurücklegen müssen und ob den Reisenden im Falle einer mehrtägigen Fahrt damals
tatsächlich ständiges Stehen zugemutet wurde.
Wo letztlich die Zusammenkunft zwischen dem um Aufnahme in den Vasallenstand ansuchenden Piya-
maradu und dem künftigen hethitischen Oberherrn geplant war, ob in Šallapa, in der hethitischen Haupt-
stadt oder einer anderen Residenz, ergibt sich leider nicht mit absoluter Sicherheit aus dem Text. Die Ent-
sendung des tartenu erfolgte vermutlich von Šallapa (s. oben I 6–9) aus, wo sich zu diesem Zeitpunkt auch
der Großkönig befand. Über den Aufenthaltsort des Piyamaradu und den Treffpunkt mit dem tartenu lässt
sich nur spekulieren. Vielleicht weilte Piyamaradu gerade im Umland von Iyalanda oder in diesem Ort selbst,
was indirekt aus dem nachfolgenden Paragraphen geschlossen werden könnte (s. unten zu I 18). Jedenfalls
wird er nach dem Bericht über sein respektloses Verhalten dem tartenu gegenüber (I 10–15) von dem anrü-
ckenden Herrscher dann bei dessen Zwischstation in Waliwanda (I 16–21) aufgefordert, seine Leute aus Iya-
landa abzuziehen.
Für den Fall, dass die Entfernung zwischen Piyamaradu und dem Großkönig eine Strecke von mehre-
ren Tagereisen umfasst haben sollte, wäre noch zu beachten, dass zumindest im Kult für den gišgigir der
Typus eines Wagens zum Sitzen bezeugt ist (Hagenbuchner 2004, 364  f.), der allerdings in den einschlägigen
hethitischen Texten zusätzlich gekennzeichnet wurde als gišgigir ašābi und gišgigir ašannaš. Nach Hagen-
buchner (2004, 369 mit Anm. 62) sind in Texten aus Mesopotamien sogar Reisestühle für den gišgigir belegt.
Hoffner (2009, 302) übersetzte: „Go stand him alongside yourself on the chariot“; Beckman et al. (2011,
103): „Go set him on the chariot with you.“
Wir einigten uns auf folgende Übersetzung dieser Stelle: „Lass ihn auf dem Wagen (bei dir) Platz nehmen.“

I 10 a-[pa-a-aš]-⸢ma⸣-kán
Zur Lesung s. Translit. S. 38 Anm. 8. Auf den häufigen Gebrauch der Partikel -ma in Verbindung mit dem
Demonstrativpronomen apaš-, wenn ein bekannter Referent, wie hier Piyamaradu, wieder neu in den Topik-
status erhoben wird, wies uns bereits E.R. am Beginn unserer Arbeit hin; s. weiter vor allem noch Melchert
2009, 187–195 (mit Lit.) zu den Funktionen von -ma in Texten von Ḫattušili III.; vor allem aber Goedegebuure
2014, 497–503 zu apā- in Verbindung mit -a und -ma bei Topikwechsel. Zu beachten sind jedoch auch die
Ausführungen von Goedegebuure über Beispiele, die ebenfalls apā- + -a/-ma enthalten, obgleich dies nicht
zu erwarten ist (2014, 503–512), da es sich nicht um kontrastierende Darstellungen (2014, 490–497) oder
Topikwechsel (2014, 497–503) zu handeln scheint.

I 11 ka-ri-⸢ia⸣-nu-ut
Forrer (1929, 106  f., 122) wagte keinerlei Deutung des Wortes. Goetze (1930, 286 u. Anm. 2 [mit Belegen]) über-
setzte (einschließlich Ende von I 10): „Dieser … ließ … stehen“. Sommer (AU 38  f.) dagegen deutete das Verb:
„Er machte … schweigen, ließ … nicht (zu Ende) reden“; s. im Anschluss daran auch Friedrich HW karii̯anu-
„zum Schweigen bringen“.
Inzwischen hat sich immerhin die Anzahl der Belege des mit kariyanu- (hier in I 11) gleichgesetzten Verbs
karinu- seit Sommer vermehrt, der nur zwei Texte mit Belegen von karinu-, und zwar in den Festbeschrei-
bungen KUB 1.17 III 17; VI 31 u. KUB 12.8 II 21, nannte. Der nachfolgenden Zusammenstellung dieser und
neuerer Belegstellen des Wortes liegen vor allem Texte zugrunde, die J.L.M. dankenswerter Weise im Archiv
der Akademie der Wissenschaften in Mainz durchgesehen und an S.H.-K. weitergeleitet hat. Es handelt sich
dabei um: KUB 1.17 III 17, VI 31; KUB 12.8 II 21′; KUB 56.46 II 22′; KBo 20.113+KBo 35.162++ II 20′; KBo 25.31 III
7′ (frgm.); KBo 25.33 + KBo 20.14 Vs. 14′, 26′ (frgm.); KBo 30.154 I 4; KBo 37.68 Vs.? 12′; ferner in frgm. Kontext:
KUB 28.104 II 5′; KBo 30.57 Rs. 13′; KBo 43.81 Vs.? 7′; und zudem noch aus der Münchner Zettelsammlung zu
HW2: KBo 45.111 Z. 4′. Allerdings gehören diese Texte, wie schon die beiden bei Sommer genannten, wohl
ausschließlich der Gattung der Festbeschreibungen an, in denen das Wort immer das Verstummen bzw. das
zum Schweigen-Bringen von Musikinstrumenten ausdrückt und im Gegensatz zu unserer Stelle ohne die
Silbe -ia- in Erscheinung tritt; s. auch Klinger 1996 (Index) u. ferner HED 4, 82  f.
Aufgrund des Kontextes könnte man statt der mit Hilfe oben genannter Belege erschlossenen Bedeutung
„er brachte zum Schweigen, ließ nicht ausreden“ (s. auch Miller 2006: „J[ener ab]er unterbrach“ u. Beckman

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   77

et al. 2011, 103: „But [that one] squelched“) das Verb an unserer Stelle (I 11) auch noch freier übersetzen mit „er
fuhr über den Mund, brüskierte“. Es geht hier offensichtlich um die unwürdige und erniedrigende Behand-
lung, die der vermeintliche Anwärter auf den Vasallenstand dem tartenu in rüder Weise zuteil werden ließ,
indem er strikt sein Mitkommen verweigerte (I 11 u. 13) und ihn so „vor den Ländern“ (I 13) blamierte. Ähnlich
verstand wohl auch Hoffner 2009, 302: „But he (i.  e., Piyama-radu) snubbed“ das Verb ka-ri-ia-nu-.

I 11 nu-za ú-ul me-m[a-aš]


Ähnlich I 12  f.: nu-uš-ši-za egir-an ú-ul me-ma-aš, u. sehr wahrscheinlich auch in verkürzter Form in
I 71 (s.  dort); vgl. noch II 37: ]x-za ul me-em-ma-aš, wo jeweils der Bezug zu Piyamaradu ebenfalls nahe
liegt.
Bereits Forrer (1929, 122–124) wies darauf hin, dass das Verständnis von I 10–13 auch davon abhänge,
ob man me-ma-aš zu mema- „sprechen“ (wobei 3.Sg.Prt. üblicherweise me-mi-iš-ta lautet) oder zu mimma-
„ablehnen“ (3.Sg.Prt. wäre meist me-em-ma-aš) stelle. Aufgrund der aus dem Kontext zu erschließenden
Sinnesänderung jenes Mannes (nach Forrer und Zeitgenossen Tawagalawa, nach heutigem Kenntnisstand
Piyamaradu), der zuerst durch den tuḫkanti zum heth. Großkönig gebracht werden wollte (I 7  f.) und der
dann den von jenem abgesandten tartenu respektlos behandelte (I 13) und schließlich sein Mitkommen an
die Forderung knüpfte, ihm das Königtum an Ort und Stelle zu verleihen (I 14  f.), sei, so Forrer, wohl auch in
ú-ul memaš eine ablehnende Äußerung zu verstehen.
Da er davon ausging, dass ú-ul mimma- genau das Gegenteil bedeuten würde, nämlich „nicht ableh-
nen“, versuchte er zu übersetzen: „er hat ja nicht gesprochen“, was für ihn gleichbedeutend war mit der
„Verweigerung der Audienz“.
Friedrich (1927, 98 mit Anm. 1 u. HW 140), Goetze (1930, 286) und Sommer (AU 39–41) vertraten dann
energisch die Auffassung, dass aufgrund des Kontextes hier eine Form von mema- „sagen, sprechen“ vor-
liege, die mit der Negation ú-ul zur Bedeutung „nein sagen“ führe. Begründet wurde dies hauptsächlich
damit, dass „Schwankungen zwischen den Flexionsklassen beim Verbum recht häufig“ seien (Goetze 1930,
286  f. Anm. 3), und auch mit Verweis auf ähnlich geartete Doppelformen bei anderen Verben, wie tarnaš/
tarništa oder uppaš/uppešta (Sommer, AU 40). Die aus dem Zusammenhang zu erschließende Bedeutung sei
daher in etwa: „Er weigerte sich, indem er sagte: ‚Nein‘.“
Eine gewisse Unsicherheit bleibt zwar weiter bestehen. Doch Melchert (1984, 154 Anm.  126) wies zu
Recht darauf hin, dass memaš hier (I 11 wie I 12  f.) und bei einigen anderen jh. Beispielen mit der enklit.
Partikel -z(a) verbunden sei, die sonst in ah. u. mh. Texten bei mimma- „refuse“ auftrete. So sei auch jh.
-z(a) memma- zurückzuführen auf mimma-. Ein älteres Beispiel, KBo 16.59 Rs. 4 (nu=za ul mimmiwen), das
nach dem Kontext eindeutig wie auch unsere Stelle eine Ablehnung dargestellt haben muss, deutete er „We
refused (with the word/saying): ‚No‘!“. Dies sei dann im Junghethitischen zu „say ‚No‘!“ umgedeutet worden,
was zur e-Schreibweise geführt habe und teilweise zur Vereinfachung von -mm- zu -m-. Die Verfasser von
CHD L-N, 261 (sub 12.b.) verbuchen ú-ul memaš (in I 13, wonach I 11 ja hier ergänzt ist) ebenfalls unter dem
Lemma mema-, memi-, memiya-.

I 12 x-ia!-u̯ a-la-aš
Die Lesung ist, wie schon in der Translit. angemerkt (s. S. 38  f. Anm. 9), nicht unproblematisch. In näheren
Betracht gezogen wurden hierfür zwei Möglichkeiten, bei denen es sich aber jeweils um singuläre Bezeugun-
gen innerhalb des überlieferten Textmaterials handeln würde:
1. Die erstmals bei Forrer (1924a, 114) zu findende und für ihn außer Zweifel stehende Lesung „a-ia-va-
la-aš (= a-ia-u̯ a-la-aš)“. Sie hat bis dato in alle weiteren Transliterationen von VAT 6692, angefangen bei
Sturtevant (1928, 221: A-ya-wa-la-áš) über Sommer (AU 2: a-i̯a-u̯ a-la-aš) bis Hoffner (2009, 302: a-ya-wa-la-aš)
u. ebenso Beckman et al. (2011, 103), Eingang gefunden und wurde auch in allen einschlägigen Arbeiten zum
Text ohne Einschränkung übernommen.
2. Die von E.R. vorgeschlagene Lesung II-ia!- u̯ a-la-aš. Erstmals während der Erstellung der vorliegenden
Autographie des Textes mündlich von E.R. geäußerte Bedenken gegen die bisherige Lesung (s. sub 1.) sind
hier nicht ohne Weiteres zu vernachlässigen (vgl. Autographie).

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78   S. Heinhold-Krahmer

Zu 1: Sommers Annahme (AU 50  f.) eines luwischen Ursprungs für ein hapax legomenon „ai̯awalaš“ wurde
von Kammenhuber (HW2 A, 48) wieder in Frage gestellt. Auch Melchert (1980, 95) sprach sich dagegen aus.
Das Wort fehlt zudem in van den Houts Liste der unmarkierten, d.  h. der nicht mit Glossenkeil(en) versehe-
nen, luwischen Wörter (van den Hout 2006, 248–251).
Forrers Gleichung: „a-ia-va-la-aš = *Aἰϝoλoς = Aeolier“ (Forrer 1924a, 114; 1924b, 21; 1929, 125–128; 1930,
255–260; s.  auch Sturtevant 1928, 228) konnte sehr bald ad acta gelegt werden, und zwar nach Sommers
versuchter Deutung (AU 2  f. u. 54) „Repräsentant?“, Stellvertreter?“ (so auch HW2 A: ai̯au̯ ala-) und seiner sehr
einleuchtenden Untersuchung und Interpretation des Kontextes I 11  f. (AU 41–54), wodurch er schließlich
zum Ergebnis gelangt war, dass lugal in I 12 nicht persönlich auf den Autor des Textes bezogen wurde,
sondern mit dem Satz lútartenu-ma ú-ul ana lugal a-i̯a-u̯ a-la-aš mehr eine allgemeine Formulierung
bezweckt war, wie seine Übersetzung (AU 3): „Ist denn aber ein tartēnu nicht der rechte Repräsentant (?) für
den König?“ ja auch zeigt.
Später ergaben sich bezüglich ayawala- noch ganz neue Hypothesen. So glaubte Melchert (1980, 90–95)
hierin das heth. Wort für „Sohn“ gefunden zu haben, was aber von anderen mit guten Argumenten wieder
in Zweifel gezogen wurde; s. z.  B. Neu, 1983, 229 Anm. 9; Hoffmann 1992, 289–293. Goedegebuure (2003, 61
u. 67) gab im Anschluss an ihre Zusammenstellung der wichtigsten bisherigen Deutungsansätze dem von
Hoffmann (1992, 290) den Vorzug, die ayawala- mit „gleichgestellt, ebenbürtig“ wiedergab. Hoffmann hatte
diese Bedeutung aufgrund der Annahme angesetzt, dass nicht der hethitische König hier mit a-na lugal
gemeint sein könne, denn dieser bezeichne sich in der Regel in Briefen als lugal.gal oder dutu-ši niemals
aber nur als lugal. Somit könne mit ayawalas hier nicht dessen Repräsentant gemeint sein. Vielmehr sollte
hiermit, so Hoffmann, die Gleichstellung des tartenu gegenüber dem renitenten Piyamaradu zum Aus-
druck gebracht werden, welcher sich nach ihrer Einschätzung ja selbst als König bezeichnet hätte.21 Doch
diese Auffassung überzeugt nicht unbedingt.
Als Wort mit der Bedeutung „gleichgestellt, ebenbürtig“ erscheint immerhin schon ein anderes in VAT
6692, nämlich annauli-/annau̯ ali- (s. HW2 A, 80  f.) bzw. annauli-/annawali- (s. Glossar), und zwar sogar drei
Mal, wobei der Hethiterkönig immer auf das Verhalten eines ihm gleichgestellten Großkönigs Bezug nimmt
(II 14, III 44′, IV 56). Hoffmanns Annahme ist zwar zutreffend, was die unmittelbare Selbstbezeichnung
hethitischer Könige in Briefen betrifft. Doch an unserer Stelle sollte offensichtlich dem Adressaten mittels
der sehr allgemein formulierten Frage, ob ein tartenu nicht ein Stellvertreter für einen König sei, auf diplo-
matische Weise nahe gebracht werden, dass dieser vom heth. Großkönig entsandte Würdenträger durchaus
als dessen Bevollmächtigter zu gelten hatte, was ja auch durch den daran anschließenden Satz (unten sub I
12) noch bestätigt zu werden scheint.
Als ein weiteres Beispiel dafür, dass bei einer verallgemeinernden Aussage in Verbindung mit einem
Großkönig innerhalb eines Briefes nur vom „König“ die Rede ist, sei eine Stelle in KUB 23.103 (Mora/Giorgieri
2004, 159  f.) angeführt. Dort wird nämlich nach der Erwähnung des Todes des assyrischen Großkönigs (Vs.
6′  f.) gesagt (Vs. 9′): lugal-uš-za ku-u̯ a-pí dingir-lÌ-iš [ki-ša-at x] „Sobald ein König gestorben ist (=  Gott
geworden ist)  …“, um dann zu schildern, wie sich Vasallenkönige des Verstorbenen dessen Nachfolger
gegenüber – zweifellos ebenfalls einem Großkönig gegenüber – im Allgemeinen verhalten.
Aufgrund des Kontextes, wonach ja die Kompetenz des entsendeten tartenu von Piyamaradu offen-
sichtlich nicht anerkannt wurde, erscheint es sinnvoll, ayawala- weiterhin sinngemäß wie Sommer zu
deuten. Auch J.L.M., der zunächst unter Berufung auf Goedegebuure (2003, 67  f.) in ayawala- ein Adjektiv
in der Bedeutung „ebenbürtig“ sah (Miller 2006, 242 mit Anm. 26), akzeptiert einen Deutungsversuch des
Wortes als Nomen im Sinne von „Stellvertreter“, „Repräsentant“ oder „Bevollmächtigter“. Wir können also
davon ausgehen, dass mit dem Fragesatz in I 11  f. nicht gemäß Hoffmann (l. c.) die gleichrangige Stellung
des tartenu gegenüber dem potentiellen Vasallen (Piyamaradu) hervorgehoben werden sollte, sondern
seine Zuständigkeit als Stellvertreter des heth. Königs bei Piyamaradus Unterwerfung unter die hethitische
Botmäßigkeit; vgl. ferner Friedrich HWErg. 2, 39: ai̯au̯ ala-„Beauftragter(?)“, wobei er hier mit Verweis auf
Laroche (DLL 24) die Frage stellt: „luw. nomen agentis im Heth.?“

21 In I 14  f. bezeichnete sich der aufmüpfige Anwärter in den Vasallenstand jedoch nicht direkt als König, sondern stellte nur die
Forderung auf eine Verleihung des Königtums an Ort und Stelle.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   79

Ein Versuch Sommers, die luw. Herkunft von ayawala- zu stützen, findet sich überdies noch in AU 387
sub „Nachträge und Berichtigungen“, wo eine Identifikation mit 𒀹  a-ú-u̯ a-al-la-aš (Bo 4428 Z. 4 = KUB 36.96
Z.  11′) in Erwägung gezogen wurde, und zwar unter der Voraussetzung, dass auch im Luwischen ein teil-
weiser Schwund eines intervokalischen -i̯- stattgefunden habe.
Für den Fall aber, dass für ayawalaš gemäß Kammenhuber und Melchert (s. oben l. c.) nicht luwischer,
sondern hethitischer Ursprung anzunehmen ist, könnte einerseits, wie gesagt, für die Deutung zugunsten
von „Stellvertreter, Repräsentant“ (eventuell auch „Bevollmächtigter, Beauftragter“) ins Gewicht fallen,
dass für diese Begriffe bislang im Hethitischen noch kein adäquates Wort zur Verfügung zu stehen scheint,
während für „ebenbürtig, gleichgestellt“ ein solches schon vorhanden und sogar einigermaßen gut im Text
selbst bezeugt ist (s. oben S. 78). Hinzu kommt jedoch andererseits noch, dass Goedegebuures Identifikati-
onsvorschlag (2003, 67) – des im ah. Ritual KBo 17.17 + Vs. 7′ erstmals auftretenden Lemma (lú) ānt- „equal“
mit einem als luwisch angenommenen ayawalaš – nicht durch den genannten Text selbst oder ein weiteres
„Hittite Royal Substitution Ritual“, in dem aiawala- dann an ähnlicher Stelle erscheinen sollte – zu gewin­
nen ist. Nach wie vor ist aiau̯ alaš/ayawalaš ein bislang nur in VAT 6692 I 12 gelesenes Wort, ein hapax lego-
menon also. Nach Textkollation durch E.R. scheint diese Lesung zudem nicht völlig sicher zu sein. Es handelt
sich bei dieser Gleichsetzung von Goedegebuure letztlich um eine von ihr vermutete Identität der Bedeutung
von beiden in Texten unterschiedlicher Gattung auftretenden Lemmata.
Zu 2: Ließe sich die von E.R. vorgeschlagene Lesung II-ia?-u̯ a-la?-aš als „der Zweitrangige, ein Zweitran-
giger“ im Sinne von „der Zweite in der Rangordnung, engl. the second in command“ sicher deuten, so wäre
aufgrund des Kontextes auch die Annahme einer Identität von tuḫkanti, der ja rangmäßig unmittelbar hinter
dem Großkönig stand, und tartenu (I 9 u. 11), auf den sich II-ia?-u̯ a-la?-aš (I 12) dann ja bezöge, kaum mehr
anzuzweifeln. Doch leider scheinen bislang weitere Belege zu fehlen, nämlich Belege einer Zahl + stam-
mauslautendem Element -wal(l)a-, die diese Lesung nebst Deutung sichern könnten.

I 12 šu-an-ma-an ḫa[r-ta]
Für diesen kurzen Satz wurde bislang nicht nur eine einzige Deutung in Erwägung gezogen.
Forrer (1929, 107 u. 127) versuchte, ihn mit dem vorausgehenden Satz zu verbinden, wobei er -man als
enklitisches Possessivpronomen betrachtete. Seine Übersetzung lautete: „Aber hat der Feldmarschall <der
tartenu> nicht dem Ajavalas-Könige meine (des Ḫatti-Königs) Hand (hin)gehalten?“ Obgleich Sommer (AU
51  f.) nicht ausschloss, dass es sich bei -man auch um die enklitische Irrealis-Partikel handeln konnte, zog
er es ebenfalls vor, in -man den A.Sg.c. des enklit. Possessivpronomens -ma-, -mi- zu sehen. Er betrachtete
die Stelle jedoch bereits als eigenständigen Satz: „Hat[te] er <der tartenu> doch meine Hand!(?)“ (AU 3 u.
51–54). Im Anschluss daran verstanden auch Imparati und de Martino (2004, 796  f.) -man als enklitisches Pos-
sessivpronomen: „av[eva] la mia mano“, wobei sie – wie zuvor Sommer – dies durchaus in dem Sinne deuten
wollten, dass der vom heth. Großkönig abgesandte tartenu von diesem ermächtigt war, ihn gegenüber dem
Anwärter in den Vasallenstand (= Piyamaradu) zu vertreten. J.L.M. wies bei unserer gemeinsamer Diskussion
darauf hin, dass gegen diese Annahme der Umstand spreche, dass das enklitische Personalpronomen -mi-,
-ma- in jh. Texten nicht vorkomme (mit Hinweis auf CHD L-N, 215–223). Hoffner (2009, 390) betonte jüngst
sogar, dass diese Art von Possessivpronomen am Ende der ah. Periode ausgestorben sei; s. jedoch z.  B. das
schon von Sommer (AU 52) in Verbindung mit I 12 genannte Beispiel tu-uz-zi-ma-an „mein Heer“ in KUB 23.11
II 22 (Tutḫaliya-Annalen, nach verbreiteter Definition also mh., entstanden um 1400 v. Chr.).
Miller (2006, 242) übersetzte: „[Er] <der tartenu > hätte (ihm) <dem Piyamaradu> die Hand geg[eben]“, in-
dem er -man als Irrealis-Partikel betrachtete, was ja auch Somme als Möglichkeit nicht ausgeschlossen hatte.
Mil­lers Lesung des Prädikats, su[m-ta] statt ḫa[r-ta], gäbe zwar einen guten Sinn („[Er] hätte (ihm) die Hand
geg[eben]“), doch hat unsere gemeinsame Kollation der Originaltafel ergeben, dass die Zeichenspuren für
ḫa[r-ta] sprechen; s. Autographie S. 307; ebenso auch Hoffner 2009, 302 Anm. 266 im Anschluss an Sommer,
AU 2; vgl. Beckman et al. 2011, 102. Zudem ist das Dativobjekt („ihm“) im Text nicht vorhanden und müsste
dann eingefügt werden.
So könnte man bei Annahme der Irrealispartikel -man und dem Verb ḫa[r-ta] spontan auch an folgende
Übersetzung von I 12 denken: „Die Hand hätte er (Piyamaradu) gehabt“, wobei jedoch dann der unerwartete

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80   S. Heinhold-Krahmer

Subjektwechsel gegenüber dem vorausgehenden Satz (von tartenu in I 11  f. zu „er“ [= Piyamaradu] in I 11)
erklärungsbedürftig wäre, da er auch grammatikalisch hätte hervorgehoben werden müssen, wie J.L.M. zu
Recht dagegen einwandte.
Hoffner (2009, 302 mit Anm. 266 [S. 390]) schließlich plädierte für eine weitere Möglichkeit, indem er
analog zu I 69: nu-wa-ra-an šu-an e-ep „take him (Piyamaradu) by the hand“ auch hier zwei Akkusative
annahm, nämlich: šu-an=ma=an ḫa[r-ta?] „(The crown prince) held him by the hand“.
Weiter ist jedoch auch noch zu bedenken, dass in Verbindung mit šu (= heth. keššar-/keššara-) „Hand“
nicht nur Redewendungen bezeugt sind, deren Sinn sofort aufgrund der Bedeutung der Einzelwörter gedeu-
tet werden kann, wie „an der Hand packen, fassen“, „an/mit der Hand halten“, „die Hand geben/reichen“,
„die Hand erheben (zum Gebet)“, sondern dass vielmehr eine große Bandbreite idiomatischer Ausdrücke
vorliegt, von denen bislang nur ein Teil sinngemäß erfasst werden konnte. In Verbindung mit unserer Stelle
betrachtet scheinen z.  B. folgende Stellen in den heth. Staatsverträgen interessant:
1. Friedrich (1926, 120  f.), Kup § 11 Z. 40  f.: tamain=ma=za šu-an l)ē kuinki (ilaliyaši) „irgendeine andere
Herrschaft (/Macht/Oberhoheit) aber begehre nicht!“ Zu dieser Stelle vgl. auch Imparati/de Martino (2004,
797), die die Grundbedeutung „Hand“ vorziehen.
2. Friedrich (1926, 12  f.), Dup § 8 Z. 23: šu lugal „Macht des Königs“.

Angesichts des vorausgehenden Fragesatzes in I 12 bezüglich der Bedeutung des abgewiesenen tartenu ist
hier wohl am ehesten an eine weitere, auf diesen bezogene Aussage zu denken, wie z.  B. wörtlich „Die Hand
hätte er doch gehabt“. Gemeint wäre mit „er“ der tartenu als Stellvertreter und Sohn (II 4) des Königs von
Ḫatti. Der Ausdruck „die Hand haben“ wäre dann hier ähnlich wie bei den oben erwähnten Beispielen aus
den von Friedrich bearbeiteten Staatsverträgen im Sinne von „Macht, Machtposition“ zu verstehen. Man
könnte bei einer idiomatischen Wendung auch daran denken, dass sie einen konkreten Hintergrund hatte.
Die Übertragung einer Amtsgewalt bzw. Machtbefugnis des Großkönigs auf seinen Nachfolger oder einen
anderen hohen Würdenträger könnte durchaus in Verbindung mit einer symbolischen Handlung erfolgt sein,
sei es, dass diese Handlung schon bei der Einsetzung des Ersteren oder aber weiterer hoher Würdenträger
geschah, sei es, dass sie kurzfristig stattfand, wenn ein ranghoher Herr im Auftrag des Herrschers als dessen
Repräsentant und Bevollmächtigter agieren musste. Dabei hätte dann der Großkönig die Hand seinem Stell-
vertreter gereicht, wodurch diesem die Machtbefugnis bzw. Amtsgewalt übertragen worden wäre; s.  auch
auch unten zu II 30.
Die in I 12 vorliegende Asyndese wäre beim Irrealis durchaus korrekt; s. Hoffner 2007, 390  f. zu Asyndese
bei Sätzen im Irrealis u. Potentialis; s. z.  B. auch CHD L-N sub man, S. 141: KUB 14.17 II 6 (AM 84  f.).

I 12  f. von nu-uš-ši-za bis te-pa-u̯ [a-a]ḫ-ta


Nach der ersten Schilderung von Piyamaradus ungehörigem Verhalten dem tartenu gegenüber und seiner
Ablehnung, sich von diesem zum hethitischen König geleiten zu lassen (I 10  f.), sowie dem Bemühen des
Autors, dem Adressaten die Zuständigkeit des tartenu als Stellvertreter des Großkönigs eindringlich nahe
zu bringen (I 11  f.), folgt nun erneut die von Verärgerung getragene Feststellung: „Und ihm (dem tartenu)
hat er hinterher „Nein“ gesagt und ihn vor den Ländern ernie[dri]gt.“

I 14  f. von nu bis pa-a-i


Bei der Interpretation dieses Satzes kann man sich weitgehend Sommer (AU 56) anschließen. Die Frage, wo
sich das Land befand, über welches Piyamaradu von hethitischer Seite das Königtum verliehen bekommen
wollte, lässt sich allerdings nicht definitiv klären. Sommer (l. c.) vertrat zu Recht die Auffassung, dass der
Ausdruck pé-di-ši in I 14, wo der schwierige Anwärter in den Vassallenstand das Königtum für sich forderte,
am besten mit „an Ort und Stelle“ wiederzugeben sei. Im Gegensatz zur Meinung einiger Forscher, insbe-
sondere aus neuerer Zeit, dass Piyamaradu aus dem Herrscherhaus des schon von Muršili II. zerschlagenen
Königreiches Arzawa stammte, über das er nun wieder regieren wollte – eine Hypothese, für die es einige gute
Argumente gibt (s. vor allem Starke 1997, 453  f.; nicht abgeneigt z.  B. auch Hawkins 1998, 17 mit Anm. 76) –
vertrat Sommer eine ebenfalls ernst zu nehmende Auffassung. Eher beiläufig bemerkte er nämlich: „ob das

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   81

betreffende <gemeint ist das von dem renitenten Nein-Sager angeforderte> Königreich als solches schon
vorher existierte, bleibt unbekannt; jedenfalls erfahren wir nicht, dass es irgendjemandem hätte genommen
werden sollen, um dem T. <statt T. = Tawagalawa nach heutigem Kenntnisstand jedoch P. = Piyamaradu>
anvertraut zu werden“. Ob Piyamaradu also die Königsherrschaft über ein neu zu installierendes, bislang
nicht existierendes Königreich verlangte, etwa auf einem auch von Ḫatti beanspruchten Terrain im Lukkabe-
reich, wo er sich laut Forrer (1929, 127  f.) gerade befunden hätte, oder aber in irgendeinem anderen ebenfalls
zum hethitischen Machtbereich gezählten Land (s. z.  B. III 52′  f. mit Erwähnung seines Planes, in Maša und
Karkiša einzufallen), ja ob er sogar den Thron von Vorfahren, etwa auf dem Boden des vernichteten König-
reiches Arzawa (Starke, l. c.), und/oder in einem von dessen nun unter hethitischer Oberhoheit stehenden
Reststaaten (nach Hawkins l. c. wäre Mira der wahrscheinlichste Kandidat) begehrte, ließe sich nur mit Hilfe
neuer einschlägiger Textquellen mit klaren Hinweisen endgültig klären.
Da unmittelbar vor dem oben erwähnten pedi=ši „an Ort und Stelle“ sich noch das Ortsadverb kā befin-
det, was dann insgesamt als Übersetzung des Satzes ergibt: „Gib mir das Königtum hier an Ort und Stelle“
(vgl. Goedegebuure 2014, 291), könnte man zunächst mit Forrer (l. c.) annehmen, dass der Widersacher sich
damit nur auf seine gewünschte Einsetzung und Ernennung als königlicher Vasall des Hethiters an dem Ort
bezog, der die Hauptstadt seines künftigen Landes darstellte, und wo er sich gerade aufhielt. Doch wenn
man noch den nachfolgenden Satz in I 15 hinzuzieht, wo er gleichsam damit droht, dass er für den Fall,
seine Forderung würde nicht erfüllt werden, nicht (zum Großkönig) kommen werde, kann man diese For-
derung auch anders interpretieren. Vielleicht wollte Piyamaradu das Königtum über das uns – namentlich
und seiner genauen Lage nach  – unbekannte Land gleich dort, wo er mit dem tartenu zusammentraf,
zugesprochen bekommen, ehe er es aus Sicherheitsgründen wagte, zum König von Ḫatti geleitet zu werden.
Als Aufenthaltsort des Piyamaradu, wo das Treffen mit dem hethitischen Würdenträger stattgefunden hatte,
und wo er die – aus hethitischer Sicht sicher ungehörige – Forderung nach Verleihung des Königtums gestellt
hatte, könnte man mit Sommer (AU 56) durchaus auch Millawanda annehmen.

I 15 ma-a-an-u̯ a ú-ul-ma
Zur Stellung der enklitischen Partikel -ma in Verbindung mit (ú-)ul s. schon Sommer, AU 56. Es finden sich
noch weitere Belege, und zwar zum einen die von Sommer genannten im Text selbst (II 1: na-aš ú-ul-ma,
ferner II 70 [hier doppelt gesetzt am ersten und zweiten Wort des Satzes: mān=ma=wa ú-ul=ma]; vgl. auch
noch I 52, wo -ma im verneinten Satz einer Doppelfrage an die an zweiter Stelle befindliche Verneinung
[nu-u̯ a-ra-at ú-ul-ma] angeschlossen ist). Zum anderen sind weitere Beispiele in CHD L-N, 156 sub mān 7 h.
aufgeführt mit dem klaren Hinweis, dass anstatt eines vollständigen negativen Konditionalsatzes häufig
einfach mān (ú-)ul-ma „but if not“ als feste Redewendung benutzt werde. Zu einer anderen Wortreihung,
nämlich mān=ma (ú-)ul, wie sie überdies auch in unserem Text in III 67 (s. dort) anzutreffen ist, s. ebenfalls
Beispiele in CHD L-N (l. c.).

Zusammenfassung des Kommentars zu § 1 (Kol. I 1–15)


Weitgehend Einigkeit besteht unter den Fachleuten darüber, dass es sich bei jenem Mann, der gemäß I 1  f.
Attarimma völlig zerstört und niedergebrannt hatte, um Piyamaradu handelte. Der König von Ḫatti weist in I
3–5 den Adressaten darauf hin, dass sich die Lukka-Leute, ebenso wie sie sich an Tawagalawa gewandt und
dessen Kommen in diese Länder bewirkt hätten, (dann) auch an ihn gewandt hätten, was seine Kampagne
in diese Länder zur Folge gehabt habe. Dieses angeblich zweifache, vermutlich aber nicht zeitgleich erfolgte
Ansuchen der Lukka-Leute kann man wohl durchaus als Rechtfertigungsversuch des Hethiters für seine
anschließend näher beschriebenen Aktivitäten im südwestlichen Anatolien bewerten.
Als der hethitische König auf seiner Route in den Südwesten Kleinasiens in Šallapa (zur umstrittenen
Lokalisierung s. oben I 6) eintraf, erreichte ihn ein Bote Piyamaradus, der ihm dessen Wunsch um Aufnahme
in den Vasallenstand übermittelte (I 7). Zwecks Geleit zu seinem künftigen Oberherrn verlangte P. nun von
diesem, ihm den tuḫkanti, den Thronfolger, entgegen zu senden (I 7  f.). Der Hethiterkönig schickte (aber?)
den tartenu mit dem Auftrag, P. auf dem Wagen zu ihm zu bringen. Dies stellte sich jedoch als erfolglose
Mission heraus, da der potentielle Vasall den tartenu brüskierte, indem er ihn anscheinend nicht zu Wort

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82   S. Heinhold-Krahmer

kommen ließ oder ihm das Wort abschnitt und ihm sein Mitkommen verweigerte (I 9–11). Diese „Sinnesände-
rung“ (s. Forrer 1929, 123) seines Kontrahenten bedeutete für den hethitischen Abgesandten und hohen Wür-
denträger aus dem Königshaus22 eine Demütigung „vor den Ländern“ (I 13), worunter vielleicht die bereits in
(I 4  f.) genannten und wohl zum Lukka-Gebiet gehörenden Territorien verstanden wurden (S.H.-K.). Jedoch
könnten damit ebenso die Länder und deren Regenten gemeint sein, die bei einer  – nun nicht zustande
gekommenen – Vertragsunterzeichnung als Zeugen anwesend gewesen wären (J.L.M.); vgl. ferner Hoffner
2009, 302 Anm. 267 mit weiteren Belegen über befürchtete oder tatsächlich erfolgte Demütigungen des heth.
Königshauses durch benachbarte Länder und Vasallenstaaten. An diese Demütigung des tartenu knüpfte
der potentielle Vasall noch die Forderung an, ihm das Königtum (gleich?) hier an Ort und Stelle zu verleihen,
andernfalls würde er nicht kommen (I 14  f.).
Wie schon aus dem oben Dargelegten deutlich wurde (S. 72  f.), wird derzeit kaum mehr in Frage gestellt,
dass die Begriffe tuḫkanti in Boğazköy-Texten und tartenu in syrischen und mesopotamischen Quellen
den designierten Thronfolger bezeichneten.23 Daher ist es verständlich, dass das gleichzeitige Vorkommen
dieser Bezeichnungen im sog. Tawagalawa-Brief, tuḫkanti (I 7) und tartenu (I 9, 11[2 mal], 67, II 4), in der
neueren Forschung wieder überwiegend zu ihrer Bewertung als gleichbedeutend geführt hat (ehemals schon
in Forrer 1929, 107, 122 und zuletzt in Miller 2006, 242 Anm. 25); s. jedoch die oben S. 72–75 vorgebrachten
Bedenken gegenüber einer Personenidentität von tuḫkanti und tartenu im vorliegenden Text.

Paragraph 2 (Kol. I 16–31)

I 16 uruU̯ a-li-u̯ a-an-da (Waliwanda)


Hierzu RGTC 6, 472: Waliwanta u. RGTC 6/2, 185: Waliwanta; s. ferner Hoffner 2009, 302 Anm. 268 (S. 390) mit
Lit. u. Gander 2010, Index 273.
Obgleich Hawkins (unten S.  348–350) die insbesondere von Garstang/Gurney (1959, 78  f.) vertretene
Identifikation Waliwandas, gelegen auf des Hethiterkönigs Route von Šallapa (s. oben S. 69  f. zu I 6) nach
Iyalanda (s. unten S. 83  f. zu I 18), mit klass. Alabanda in Karien hervorhebt und betont, dass für Ḫattušili W.
zwar irgendwo entlang der Strecke gelegen haben mochte, dass jedoch die Berücksichtigung der für die Bot-
schaften beanspruchte Zeit unterwegs für eine Art Nähe zu Iyalanda sprechen könnte,24 zeigt er ausführlich
einige größere Probleme auf, die einer Lokalisierung von W. in Karien im Wege zu stehen scheinen. Dass W.
nicht nur wie der als erste Station genannte Ort Šallapa auf der Route von Ḫattuša ins Arzawa-Gebiet gelegen
hat, sondern auch in unserem Text erscheint, wo wohl Millawanda den Endpunkt der Reise darstellt, sagt
noch nichts über die Nähe der genannten Orte zueinander aus. Nach Gander (2010, 143–150; ferner 193  f., 212
[zusammenfassend]), der aufgrund der Quellen eine Identifizierung von W. mit dem karischen Alabanda
ablehnt, wäre es weiter östlich als Alabanda anzusetzen. Vor allem die von ihm angesprochene Möglich-
keit, einer Identität von W. mit dem in den in den Tutḫaliya-Annalen (KUB 23.27 I 8) bezeugten Uliwanda,
dessen Lage im Bereich des Unteren Landes anzunehmen ist, würde dann für eine Lokalisierung von W. in
die Gegend südlich des mittleren Halys weisen (s. noch Kryszeń 2012a, 570); jedoch auch Hawkins, unten
S. 348–350 u. 363.

22 Auch wenn hier in VAT 6692 I 7–9 hinter tuḫkanti und tartenu zwei verschiedene Personen gestanden haben sollten, so steht
fest, dass nicht nur der erstgenannte, hier ganz sicher als der Thronfolger zu verstehende, sondern auch der zweite, zweifellos
sehr hohe Würdenträger (s. II 4) ein Sohn des heth. Großkönigs (s. II 4) war. Grundsätzlich scheint von der Zugehörigkeit hoher
Würdenträger zur königlichen Familie im engeren und weiteren Sinne auszugehen zu sein; s. van den Hout 1995, 7, 80.
23 S. allerdings von Soden, AHW III: ta/erd/tennu, der die Bedeutung „Kronprinz“ und „Kronprinzenstellung“ auch noch nach
Wilhelms Darlegungen (1970, 277–282; dazu oben S. 72) mit einem Fragezeichen versah.
24 Die Nachricht, die der Hethiterkönig von Waliwanda aus an Piyamaradu sandte, mit dem Inhalt, dass er bei seiner Ankunft in
Iyalanda keinen von dessen Leuten dort vorzufinden wünsche (I 16–19), könnte zwar an eine nicht allzu große Entfernung zwischen
beiden Orten denken lassen. Wenn Piyamaradu bzw. Piyamaradus Leute aber zwischenzeitlich das von ihm zerstörte Attarimma
(I 1  f.) und Iyalanda verlassen haben sollten, was aufgrund des nachfolgenden Textes anzunehmen ist (§§ 2–5), und er selbst sich
bereits in Millawanda befand, sagt die aus W. gesandte Botschaft wenig über die Entfernung zwischen Iyalanda und Waliwanda
aus. Zudem scheint auch die Lokalisierung von Iyalanda in Karien nicht über jeden Zweifel erhaben zu sein (s. unten sub I 18).

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   83

Zu berücksichtigen ist aber bei der Lokalisierungsfrage vor allem noch die Tatsache, dass W. einerseits in
der sog. Šaḫurunuwa-Urkunde (KUB 26.43 // 50 Vs. 42  f.) eine Zeile vor Allašša erscheint, andererseits aber in
Muršilis II. Bericht über die Taten seines Vaters (KBo 12.26 IV 11′–19′) die Route Allašša-Waliwanda-Šallapa
wohl bei dessen Rückkehr von einem Arzawa-Feldzug erwähnt wird (Heinhold-Krahmer 1977, 70 u. 284–286;
del Monte 2008, 50  f., 64; Gander 2010, 146  f. u. demnächst ders. ausführlich in seiner noch unv. Dissertation;
dazu jedoch Hawkins unten S.  348–350), wobei sich diese Orte unter Šuppiluliuma  I. zweifellos schon in
hethitischer Hand befanden, da auch von Bau- bzw. Befestigungsarbeiten am jeweiligen Ort die Rede ist.
Da J.D.H. die meisten der aufgezählten Orte und Gebiete in der Šaḫurunuwa-Urkunde wohl zu Recht
innerhalb des zentralanatolischen Hochplateaus lokaliseren möchte (s. unten S. 349  f.), ist für Waliwanda
(IV 42) und das kurz danach bezeute Allašša zu vermuten, dass sie ebenfalls dort zu suchen sind.
Müssen wir also mit einem gemeinsamen Auftreten von relativ selten bezeugten Orten namens Wali-
wanda und Allašša sowohl im Westen Kleinasiens (in Karien und auf dem Weg in den Arzawa-Bereich) als
auch in Zentralanatolien rechnen? Dies hieße doch, dass wir hier dem Zufall eine allzugroße Chance einräu­
men würden. J.D.H. stellt die Problematik klar dar. Zwar wird durch sie die Gleichung von Millawanda mit
Milet kaum berührt, wie er zu Recht feststellt. Allerdings führen die von ihm vorgebrachten Überlegungen
bezüglich einer Lösung der Probleme (s. unten S. 350), nämlich dass man annehmen könnte, Šaḫurunuwa
habe tatsächlich diese zwei Orte auf der Route nach Westen besessen, oder, dass die Ergänzung All[ašša]25
im Fragment aus den DS, KBo 12.26 IV 11′, falsch sei, und dass dann das dort anschließend in IV 15′ bezeugte
Waliwanda ein anderes sei, als das in der Šaḫurunuwa-Urkunde, zu keiner endgültigen Klärung.

I 17 ⸢ka⸣-a-ša
Forrers Übersetzung des nicht flektierbaren Wortes (1929, 107) lautete: „unter diesen Umständen“. Sommer
dagegen (AU 3 u. 65) sprach sich vehement für die damals fast allgemein akzeptierte Wiedergabe „siehe!“
aus, eine Interjektion also; s. auch später noch Friedrich, HW 104 „siehe, fürwahr, nun“; vgl. ferner HED 4,
118  f. u. HEG 1/3, 532  f.
Bereits 1968 deutete Hoffner (1968, 532) jedoch kāša – ebenso wie kāšma und kāšatta – dahingehend,
dass es zur Hervorhebung des Gegenwartsbezuges der Beschreibung eines Sachverhalts diene; s.  hierzu
Rieken 2009, 265. Dieser Auffassung schloss sich Miller (2006, 242) zunächst an und übersetzte daher in I  17  f.:
„… da ich gerade nach Ijalanda komme …“. Rieken (2009, 266–272) konnte inzwischen aber überzeugend
darlegen, dass die Hauptfunktion der Partikeln kāša, kāšma und kāšatta nicht gemäß Hoffners Annahme in
der Betonung des Gegenwartsbezugs, also in der Zeitangabe, liegt, sondern dass es sich bei diesen Partikeln
um Morpheme handelt, die sich auf „die Gesprächssituation und die kommunikative Interaktion“ beziehen.
Dieser neuen Erkenntnis pflichtet auch J.L.M (mündlich) bei. Somit ist in I 17 kāša auf den Sprecher (Absen-
der) bezogen, also auf den König von Ḫatti fokussiert, folgendermaßen zu übersetzen (I 17–19): „Da ich hier
(/ich jedenfalls/ich meinerseits) in die Stadt Iyalanda kommen werde, möchte ich keinen deiner Leute in
[Iy] alanda vorfinden.“

I 18 URUI-ia-la-an-da (Iyalanda)
Hierzu Heinhold-Krahmer 1976, 254  f.; RGTC 6,134  f.: Ijalanda; RGTC 6/2: Ijalanda. Die wichtigsten Belege
wurden inzwischen bei Gander 2010, 94–115 behandelt.
J.D.H tritt nach wie vor für die Lage von I. in Karien ein und hält die häufig vertretene Identifikation mit
klass. Alinda für plausibel; s. Hawkins 1998, 26; ders. 2015, 27 u. unten S. 348. Einige überzeugende Einwände
gegenüber dieser Lokalisierung brachte Gander vor (2010, 94–115; 191–197, 212 u. passim [s. Index 270]), der
Iyalanda aufgrund der engen Beziehung zu weiteren Orten, insbesondere zu Talawa, in Lykien ansetzt. Weit-

25 Zur mit großer Wahrscheinlichkeit korrekten Ergänzung von All[ašša] in KBo 12.26 IV 11′ allein aufgrund der Beleglage von ON,
die mit al-la- beginnen, s. Gander 2010, 146  f. Hinzu kommt aber noch, dass diese Ergänzung durch das Auftreten des Ortsnamens
in einem weiteren, jedoch in der 1.Sg. verfassten und wohl Šuppiluliuma I. selbst zuzuschreibenden Tatenbericht gestützt wird,
welcher ebenfalls eindeutig in das Arzawa-Gebiet weist (KBo 19.49 Vs. 7, 8); s. Heinhold-Krahmer 1977, 289; vgl. del Monte 2008,
162, 192 (Glossario).

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84   S. Heinhold-Krahmer

gehend zustimmend zu Ganders Argumentation bezüglich einer Lokalisierung von I. in Lykien und gleichzei-
tig damit von Waliwanda weiter östlich von I. (s. oben sub II 16) äußerte sich auch Forlanini (2012, 138–140).
Der hier in I 18 als Stadt (uruI-ia-la-an-da [2 mal]) belegte ON (nachfolgend noch in I 22, 39 [fragm.] und in
I 30, 31 [vollständig)], erscheint gleichzeitig auch als Land (kur uruI-ia-la-an-da [I 29, 35]).
Als einziger Text neben VAT 6692 ist das Fragment KBo 22.10 überliefert, das gleichzeitig Stadt (III 4′) und
Land (III 3′) Iyalanda bezeugt. Aufgrund des von J.L.M. (nach seiner mündlich Mitteilung; s. ferner S. Košak:
hethiter.net/: hetkonk (v. 1.98) u. Gander 2016a, 85) erkannten Zusammenschlusses von KBo 22.10 mit einem
weiteren Bruchstück, nämlich KBo 19.80, wird deutlich, dass Piyamaradu auch dort als Gegner auftrat oder
zumindest aus hethitischer Sicht als Hauptschuldiger an den kriegerischen Auseinandersetzungen in und
um Iyalanda galt, wie sie hier im Text VAT 6692 I 18–41 auch geschildert wurden. Dadurch ist, wie schon
zuvor vermutet (Heinhold-Krahmer 1986, 60  f. mit Anm.  92 und zustimmend Güterbock [brieflich]), KBo
22.10+ aller Wahrscheinlichkeit nach inhaltlich mit der im vorliegenden Text VAT 6692 geschilderten Kam-
pagne Ḫattušilis III. nach Westkleinasien zu verknüpfen. Überdies tritt, wie bei der Form ku-ru-ri-aḫ-ḫu-en in
VAT 6692 IV 19 (s. unten S. 288) auch in KBo 22.10 III 5′ mit ku-ru-ri-aḫ-ḫi-ir die relativ seltene Schreibung des
Verbs kururiyaḫḫ- ohne die übliche Schreibung des Gleitlauts durch das Syllabogramm -ia- auf.

I 19  f. [zi-i]k-ka4-u̯ a-za-kán egir-pa an-da le-e ku-in-ki tar-na-at-ti


Während Sommers Übersetzung (AU 3) hier lautet: „Auch darfst [d]u weder einen wieder hineinlassen“
(ebenso auch Miller 2006, 242; ähnlich Friedrich [HE § 310 b]: „Laß du keinen wieder hinein!“ und Hoffner
2009, 303: „You must not let anyone go back in“; ferner relativ frei übersetzt in Beckman et al. 2011, 103: „You
shall not allow anyone back in“), wird die Stelle in CHD L-N 467 anders interpretiert, nämlich: „don’t let any
man remain behind!“ („Lass keinen Mann zurückbleiben!“). Das emphatische „Du“ gelangt am ehesten in
Friedrichs Übersetzung zum Ausdruck.
Gegenüber der oben zitierten Interpretation der Stelle in CHD bevorzugen wir aufgrund des Kontextes
derzeit die zuvor aufgeführten Deutungen. Dass der Großkönig keinen der Anhänger von P. in der Stadt I. bei
seiner Ankunft mehr vorfinden will, wird ja bereits in I 18  f. gesagt. Anschließend (I 19–21) wird vermutlich näher
ausgeführt, was sein Kontrahent künftig zu beachten hat: Er darf niemanden wieder nach I. hinein lassen, das
heißt praktisch zurückkehren lassen, und wohl auch sich selbst nicht in den Machtbereich des Hethiters be-
geben.

I 20  f. von ta-pa-r[i?-ia?-u̯ a-m]u-za-kán bis le-e an-da ki-iš-ta-⸢ti⸣


Vom Beginn des neuen Satzes am Ende von Z. 20 sind nur die beiden ersten Zeichen sowie die enklit. Parti-
keln -z(a) und -kan am Ende dieses mit einer Enklitikakette versehenen, ersten betonten Wortes im Satz voll-
ständig erhalten. Während Goetze (Ed.) keinerlei weitere Zeichenreste vermerkte, lassen nicht nur die älteren
Fotos (BoFN 738 u. AU Taf. I), sondern auch die Tafel in ihrem derzeitigen Zustand (s.  in Abbildungen von
Fotos u. Kapitel IV Autographie) durchaus Spuren von jeweils einem Zeichen vor und nach der Abbruchstelle
erkennen. Unter den ca. drei bis vier zerstörten Zeichen – wobei die noch sichtbaren Reste der besagten zwei
Zeichen mitgerechnet sind – ist wahrscheinlich noch die Partikel -wa(r-) der direkten Rede zu veranschlagen,
die bei Sommers Ergänzung (AU 2) fehlt. Das Zitat eines vom Hethiterkönig wohl an Piyamaradu gesandten
Schreibens setzt nämlich bereits Z. 17 ein und wird bis in Z. 22 fortgeführt, wobei in den erhaltenen Sätzen
die Partikel -wa(r-) jeweils konsequent eingesetzt wird. Es gibt keinen Grund, in der Lücke von I 20 von ihrem
Fehlen im ursprünglichen Textganzen auszugehen, wie auch ein Vergleich mit den von Fortson (1998) auf-
geführten Paradigmata ohne -wa(r-) nahe legt. Hoffner (2009, 303) u. Beckman et al. (2011, 102) ergänzen
ebenfalls -wa-.
Dass das von Sommer erwogene enklitische Personalpronomen -mṳ? tatsächlich zwischen ergänztem -u̯ a
und am Zeilenende erhaltenem -za-kán gestanden hat, ist anhand der beiden unmittelbar vor -za erkennba­
ren Winkelhaken (s. Kapitel IV Autographie S. 307) recht wahrscheinlich; vgl. auch Hoffner 2009, 303, der
-mu offenbar vollständig zu sehen glaubte; vgl. auch die Schreibungen von MU in I 49 oder II 57.
Jedenfalls ist Sommers Lesung ta-pa-r[i̤?-ia- der Vorzug zu geben gegenüber Forrers (1929, 106) ta?-pa-v[a-
nu-; s. auch Hoffner 2009, 303.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   85

Schon Sommer (AU 51, 58) vermutete luw. Ursprung des Nomens taparii̯a-; s. z.  B. auch Friedrich 1930,
90  f. und HW 210  f., Laroche 1959, 91 und Starke 1990, 259. Das zugehörige Verbum tapar- findet sich zudem
auch mit Glossenkeil belegt; s.  Liste der mit Glossenkeil markierten luwischen Wörter bei van den Hout,
2006, 239; ferner Tischler, HEG III: T, D, 118  f. zum Abstraktum.
Allein schon aufgrund des Kontextes leuchtet Sommers Feststellung (AU 58) ein, dass hier ein Nomen
taparii̯a- zum Verbum (𒑱  )tapar- „leiten, verwalten, regieren“ (s. HW 210  f.; s. auch tapar(r)ii̯a- „bestimmen,
anordnen“) zu erwarten sei, und zwar im Sinn von „Befehlsgewalt, Befehl(sbereich), Herrschaft(sbereich)“.
Goetze (AM, 312) nahm auch noch die Bedeutung „Befehlshaber“ an, ähnlich dem im Madduwatta-Text KUB
14.1 Rs. 39 bezeugten lútapariyalli- (von Goetze 1927, 138 als Ableitung von einem Nomen taparii̯a- vermutet;
s. auch Friedrich 1930, 91: „Verwalter, Leiter, Fürst“); zu *tapariya- als Nomen im Abl. in den hieroglyphenlu-
wischen Inschriften in logographischer Schreibung von Sultanhan (F1 § 41; s. Hawkins, CHLI, 261–265) und
Körkün (§ 3); s. Giusfredi 2010, 104  f. [mit Lit.] und zu weiteren inschriftlichen Belegen in logographischer
Schreibung, auch als Verben; s. Giusfredi 2010, 104–107. Es dürften die als Nomina gedeuteten Belege nach
Giusfredi ähnlich wie jene aus den keilschriftlichen Quellen eher im Sinne eines Abstraktums, etwa „Macht,
Autorität, Befehlsgewalt(/-bereich)“, zu deuten sein, denn als Titel.
Innerhalb der Textgattung Briefe taucht tapariya- noch in KUB 40.1 Rs.  19, 21 (Hagenbuchner 1989b,
Nr.  45) und in fragm. Kontext in KBo 18.88 Vs. 17′ (Hagenbuchner 1989b, Nr.  93) auf. Erstgenannter Brief
wurde von Hagenbuchner (1989b, 73) zwar in die Zeit ab Tutḫaliya IV. datiert, doch einige der von ihr genann-
ten Datierungskriterien (wie jüngeres LI, ina statt i-na und ul statt ú-ul) finden sich auch schon in unserem
wahrscheinlich in die Regierung von Ḫattušili III. zu datierenden Text (VAT 6692). Auffällig ist weiter, dass
das relativ selten belegte Wort pašiḫa(i)-, das hier in VAT 6692 II 24 u. 25 erscheint, auch in jenem Brief KUB
40.1 Rs. 9 belegt ist; zu Vorkommen und Datierung der Belege von diesem Wort s. unten sub II 24  f. Für das
Brieffragment KBo 18.88 erwog bereits Hagenbuchner (1989b, 144) eine Datierung in die Ära Ḫattušilis III.
unter der Voraussetzung, dass die in Rs. 7′erwähnten Kaufleute tatsächlich aus Kinaḫḫa (Rs. 5′) stammten.
Neueres Belegmaterial zu tapariya- gibt es offenbar nicht (so auch die Auskunft von J.H.).
Zu weiteren Belegen der hier in Verbindung mit den enklitischen Partikeln -z(a) und -kan (Ende von
Z. 20) auftretenden Wendung anda kiš- „sich anschließen“ (Anfang I 21) s. Friedrich, HW 111 sub kiš-. Eine
entsprechende Stelle findet sich z.  B. im Vertrag Kup § 13 Z. 6 nu=za=kan apedani anda lē kištati „du darfst
dich jenem nicht anschließen/dich mit jenem nicht einlassen“(s. auch Kup § 11 Z. 39  f.) u. Targ § 2 Z. 8 (hier
-šan statt -z(a) und -kan); s. Friedrich 1926, 73; vgl. dagegen Man § 9** Z. 13: nu=za apel kištati; hierzu Friedrich
1930, 29; wörtl.: „du wirst (einer) von ihm“ = „du trittst auf seine Seite“; ähnlich Huqq § 16*Z. 42  f. (Friedrich
1930, 146). In Kup § 11 lautet der Kontext nach Friedrich (1926, 120  f.) in etwa (Z. 39): „[lass] dich mit keinem
Bösen ein“, worauf anschließend folgt (Z. 40): „irgend eine fremde Herrschaft <Hand> aber begehre nicht“.
Sommer (AU 58) wies zu Recht darauf hin, dass nicht bei all den von Friedrich ausgewerteten Stellen ohne
Weiteres hinter dem Dativ eine Person stehen müsse. So könnte die zuletzt genannte Stelle auch bedeuten
„lass dich auf nichts Böses ein“. Daher stört es auch nicht, wenn der in I 20 angenommene Dativ tapar[iya …]
in Verbindung mit dem „lē anda kištati“ hier in I 21 nicht ohne Weiteres als Person gedeutet werden kann.
Dieser mit le-e an-da ki-iš-⸢ta-ti⸣ endende Satz beschließt dann die Reihe der in I 18 einsetzenden Prohi-
bitiv-Sätze.
Da Sommer übersehen hatte, dass in der Lücke wegen des noch in die direkte Rede eingebetteten Satzes
die Partikel -wa(r-) zu erwarten ist (s. oben), und somit aus Raumgründen das von ihm im Anschluss an
ta-pa-r[i?-ia- ergänzte zweite -ia zu Gunsten des -u̯ a aufzugeben ist, kann bezüglich I 19  f. nicht mehr von
-(i)a – -(i)a (nämlich: 19[zi-i]k-ka4-u̯ a-za-kán … 20ta-pa-r[i?-ia-ia-m]u?-za-kán) in Verbindung mit lē ausgegan-
gen werden. Somit entfällt bei unserer Übersetzung das bei Sommer (AU 2  f.) u. Miller (2006, 242) zu fin-
dende „weder … noch“. Sommers Übersetzungsvorschlag (AU 3 u. 58): „und gerate nicht (begib dich nicht) in
meinen Befehlsbereich!“ (ähnlich Hoffner, 2009, 303: „nor attach yourself to? (territory under) my command“
u. Beckman et al. 2011, 103: „nor become involved in my domain“) scheint logisch auch in Anbetracht der
Tatsache, dass der Hethiter unmittelbar zuvor schon betonte, er möchte keinen der Leute von Piyamaradu in
Iyalanda vorfinden (I 18  f.) und dieser dürfe auch niemanden wieder hineinlassen (I 19  f.).

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86   S. Heinhold-Krahmer

I 21  f. am-me-el-u̯ a ìrmeš x[… egi]r?-⸢an⸣ ša-an-aḫ-mi


Die Lesung und Ergänzung der Lücke am Ende von I 21 x[… egi]r?-⸢an⸣ (bei Sommer, AU 2: [ú-ki-la egi]r?-an?;
so auch Hoffner 2009, 302 u. in Beckman et al. 2011, 103: [ú-ki-la egir-a]n?) ist nach wie vor nicht ganz sicher,
jedoch bietet sich aufgrund des nachfolgenden Verbs in Verbindung mit dem Kontext kaum eine bessere
Lösung an; zu appan (/egir-an) šanḫ- „nachfragen, sich kümmern um, aufpassen, Sorge tragen“ s. HW 182
und unter Einbeziehung dieser und ähnlicher Stellen CHD Š, 168 (mit dem Vermerk „without local particle“).
Die Spuren nach ìr meš könnten nach den älteren Fotos (BoFN 738 u. AU Taf. I; vgl. aber Autographie)
auf I.A hindeuten (vgl. z.  B. III 10, IV 12, 29); anders jedoch J.L.M., der hier einen klaren Winkelhaken sehen
möchte.
Dem von J.L.M. angesprochenen Problem, dass die schon von Sommer (AU 2) vorgeschlagene Ergänzung
[ú-ki-la egi]r?-an? die Lücke nach ìr meš nicht ganz ausfüllen würde, wäre durch I.A allerdings abzuhelfen:
am-me-el-u̯ a ìr meš-i[a ú-ki-la egi]r?-⸢an⸣ ša-na-aḫ-mi „[Auch] um mei[ne] Untertanen werde ich [selbst mich
k]ümmern“. Trotz des vorausgehenden ammel=wa wäre hier natürlich auch statt -ia das akkad. enklit. Pos-
sessivpron. -ia möglich, so dass sich am-me-el-u̯ a ìr meš-i[a  ] ergäbe; vgl. auch unten I 16: a-pé-el šeš-šu;
s. ferner ähnliche Stellen in GrHL 278 (§ 18.4.). Doch bleibt auch dieser Ergänzungsversuch ebenso wie der
vorausgehende Spekulation.
Wenngleich es sich hier nicht mehr wie bei den vorausgehenden Sätzen des zitierten Schreibens um
einen Prohibitiv-Satz handelt, sondern eher um einen Erläuterungssatz: „Um meine Untertanen werde ich
mich [… kü]mmern“, wäre die Asyndese nicht verwunderlich. Die hiervon abweichende Begründung bei
Friedrich (HE § 310 b) wurde bereits in CHD L-N, 467 abgelehnt.
Ein Teil des in I 17–22 zitierten Briefes, den der Hethiterkönig von Waliwanda aus (I 16) an Piyamaradu
schrieb, nämlich I 18–22, wurde auch in CHD L-N, 467 (sub nu A h 5′) behandelt.

I 22 zum abgebrochenen Verb am Zeilenende


Hier ist zweifellos Sommers Ergänzung ar-ḫu-un (AU 2 u. 59  f. mit Begründung) der Vorzug zu geben gegen-
über Forrers i-ia-aḫ-ḫa-ad ? (1929, 106). Das erstgenannte Verb liegt auch der Übersetzung von Miller (2006,
242) zugrunde und wird ebenso in Hoffner (2009, 303) u. Beckman et al. (2011, 102) ergänzt. Eine Stütze bietet
zudem die Parallele in I 16.

I 23  f. von nu(-) bis ar-pu-u-u̯ a-an


Das von Forrer (1929, 106) und Sommer (AU 2) nach nu innerhalb der abgesplitterten Stelle am Ende von
I 23 aufgrund von vagen Zeichenspuren erwogene ZA (s. auch Translit. S. 39  f., Anm. 19), wodurch auf die
Lesung nu-⸢za⸣ zu schließen wäre, ist nach Hoffner (2009, 303 Anm. 272) in Sätzen ohne Kopula nur bei einem
Subjekt in der 1. oder 2. Pers. möglich (mit Hinweis auf GrHL § 28.32), was hier nicht der Fall sein kann. Er
bietet daher eine andere Ergänzung. Statt nu-[z]a? vermutet er hier in Anlehnung an die schon zuvor in der-
selben Zeile genannten drei aš-ra, an denen der Feind gegen den hethitischen Großkönig zum Kampf antrat,
erneut die Zahl Drei bzw. deren Rest und ergänzt [2+]1?.
Nach Forrer (1929, 106), Sommer (AU 2) und Hoffner (2009, 303) gehörte noch ein Zeichenrest zwischen
den Kolumnenlinien an das Ende dieser Zeile. Sie zogen dafür die Lesung RA in Erwägung, wobei die Ergän-
zung bei Forrer: nu-z[a ki-e aš-r]a?, bei Sommer: nu-[z]a̤ ? [a-pí-e aš-r]a̤ ? (so auch Beckman et al. 2011, 102,
freilich ohne -za) und bei Hoffner (unter Berücksichtigung seines obigen Einwandes): nu [2+]1? [ku-it aš-r]a?,
lautete; s. jedoch noch unten sub I 24.
Durch ähnliche Stellen im hethitischen Schrifttum lässt sich nun sowohl Hoffners Annahme eines
Nebensatzes (kausal mit Ergänzung ku-it) stützen, der die Begründung für den anschließend erwähnten Auf-
stieg des Großkönigs per pedes (I 24: nu-kán gìr-it ša-ra-a pa-a-u-u[n …) auf die vom Feind besetzten und in
oder im Umkreis der Stadt Iyalanda befindlichen drei hochgelegenen, schwierig zu erreichenden Örtlichkei-
ten liefert (vgl. KUB 15 III 42–44; AM 54  f.), als auch Forrers (1929, 106), Sommers (AU 2), Millers (2006, 242) u.
Beckmans (2011, 102) Verwendung eines Hauptsatzes; s. KUB 19. 37 II 5–8; AM 166.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   87

I 24 ar-pu-u-u̯ a-an
Nach HW2 A, 341 bedeutet arpuwant- „schwierig“; jedoch ist vielleicht auch „steil“ in Betracht zu ziehen;
s. unten.
Das Adjektiv ist meist bezeugt in Verbindung mit unwegsamen Örtlichkeiten im Gebirge, die auf schwie-
rigem Gelände nur zu Fuß erreicht werden konnten. Dies wird auch hier durch den anschließenden Satz
(I 24) bestätigt; s. Sommer, AU 62. Während Miller (2006, 242) ebenfalls die Bedeutung „schwierig“ annimmt,
lautet Hoffners Übersetzung (2009, 303) „rugged“, also „zerklüftet, felsig“; ähnlich Beckman et al. (2011,
103): „rough terrain“. Allerdings findet sich in den Annalen Muršilis II. bereits an inhaltlich ähnlichen Stellen
ein anderes Adjektiv für „felsig, uneben“, nämlich: na₄perunant- (s. CHD P, 315), wohingegen arpuwant- auch
noch in Verbindung mit „schwierigen“ oder „ungünstigen Vorzeichen“ (KUB 5.1 III 48; s. Ünal 1974b, 73, 142;
HW2 341) belegt ist. Das überwiegende Auftreten von arpuwant- in Verbindung mit beschwerlichen Anstiegen
bei Kampagnen in gebirgiger Landschaft lässt neben „schwierig“ auch noch analog zu lat. arduus an die
Deutung „steil“ denken, die allerdings auch wieder für nakki- (CHD L-N, 364–368) zutrifft. Es fällt jedenfalls
auf, dass beide Adjektive bislang nicht gemeinsam bei der Schilderung schwer ersteigbarer Berge und Berg-
festungen auftreten.
Puhvel (HED I, A 169) schließlich bietet noch eine weitere Deutung an, nämlich „hazardous“ („gefähr-
lich, unsicher“).

I 24 zur Ergänzung des Zeilenendes


Da in dieser Lücke der Beginn des Satzes gestanden haben muss, der I 25 mit lúkúr ḫulliyanun „den Feind
bekämpfte ich“ abschließt, und dieses Verb keine enklitische Partikel wie etwa -kan etc. erfordert, könnte
hier durchaus mit Sommer nu ergänzt werden. In diesem Fall schiene dann auch aufgrund des verfügbaren
Raumes seine weitere Ergänzung a-pi-i̯a „dort“ nicht abwegig: pa-a-u-u[n nu a-pí-ia]; so auch Hoffner 2009,
303 u. Beckman et al. 2011, 102. Auf die äußerst gering einzuschätzende Wahrscheinlichkeit, dass hier am
Zeilenende bloßes Satz einleitendes nu + enklit. Partikel (s. Forrers nu-uš-ša-an) zu erwarten wären, hat
schon Sommer (AU 62) zu Recht hingewiesen.

I 24 Zeichenrest? zwischen den Kolumnentrennern; s. oben I 23


Nach allen zur Verfügung stehenden Fotos durchschneidet ein möglicher Zeichenrest – es handelt sich um
eine winzige waagrechte Linie sowie darunter eine ebenso winzige, schräg nach links unten verlaufende
Linie im Interkolumnium – sogar den rechten Kolumnentrenner, ähnlich wie ŠI bei pé-di-ši in I 14 und wei-
teren Fällen.
Schon bei Goetze (Ed.) ist jene vage Spur, die Forrer, Sommer und Hoffner mit dem Ende von I 23 in
Verbindung bringen wollten (s. oben sub I 23), zwischen den Kolumnenlinien der nachfolgenden Zeile I 24
angedeutet. Goetzes Zuordnung erscheint korrekter, da durch das nicht ganz exakte Verbinden der beiden
oberen Bruchstücke der Tafelvorderseite beim rechten Fragment die Zeilenenden von Kol. I etwas nach oben
verschoben erscheinen. Dies wird besonders deutlich anhand des Paragraphenstrichs zwischen I 15 und
I 16, der nach der Bruchstelle nicht ganz die Linie auf dem linken Fragment einhält, sondern etwas höher
anschließt; s. die älteren Fotos BoFN 738 u. AU Taf. I sowie das Foto BoFN 738 in: Hethiter net/:Phot.Arch.
Falls diese Annahme korrekt ist, und die vermutliche Zeichenspur zwischen den Kolumnentrennern zu Zeile I
24 gehört (s. Translit. mit Anm. 21), so wäre dort die Ergänzung a-pí-ia von Sommer (AU 2), Hoffner (2009,
303) u. Beckman et al. (2011, 102) klar abzulehnen, da das Erhaltene schwerlich mit dem letzten Zeichen I.A
zu vereinbaren wäre; s. Foto BoFN 738 u. Autographie.

I 25 zur Lücke am Zeilenende


Hier muss der neue, vor Zeilenmitte mit nu-kán eingeleitete Satz noch am Zeilenende beendet worden sein,
da in I 26 ein neuer Satz beginnt. Das Verbum in I 25 ist leider vollständig abgebrochen. Sommers Ergän-
zung (AU 62) nu-kán a-pi-i̤[z? a Ṣ-bat] scheint zunächst sowohl inhaltlich als auch bezüglich des zur Verfü-
gung stehenden Raumes nicht unmöglich. Hoffner (2009, 303 mit Anm. 273), der statt dessen die Ergänzung

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88   S. Heinhold-Krahmer

a-pí-y[a? …] wie schon am Ende der vorausgehenden Zeile (I 24) in Erwägung zieht, meldet Bedenken gegen
Sommers Ergänzung an. Er weist darauf hin, dass -z(a) + Abl. + epp- in der Bedeutung „von … wegnehmen“
nicht bezeugt sei, wobei er -za wohl versehentlich an Stelle der tatsächlich in I 25 bezeugten Satzeinleitung
(nu-kán) mit Partikel -kan nennt. Aber auch für -kan + Abl. + epp-/ṢabĀtu scheint kein Beleg zu existieren;
vgl. HW2 E, 63.
Jedenfalls konnte nach erneuter gemeinsamer Überprüfung von unserer Seite immerhin Einigkeit
darüber erzielt werden, dass die nach a-pí/pé- sichtbare Zeichenspur eher den Rest eines waagrechten Keils
als einen Winkelhaken darstellen dürfte; s. Translit. S.  23 u. 40 Anm.  22. So scheint Hoffners Ergänzung
a-pí-y[a? ebenso möglich wie eine im Anschluß an Sommers a-pí-i̤[z zu erwägende Translit. a-pé-e[z.
Da eine Ergänzung wegen fehlender Parallelen im Text selbst nach wie vor schwierig ist, kann man über
den weiteren Inhalt von I 25 nur spekulieren. Fraglich bleibt zunächst vor allem, ob unmeš-tar das Subjekt
oder ein Akkusativ-Objekt im Satz darstellte, wobei im letzteren Falle dann wie in den zwei vorausgehen-
den Sätzen der Hethiterkönig Subjekt gewesen wäre. Aufgrund der nur kurzen Erwähnung der Bevölke-
rung, und zwar im Anschluss an das Kampfereignis auf der (/den) hochgelegenen Örtlichkeit(en), scheint
die Vermutung naheliegend, dass die Bevölkerung – ähnlich wie das in den Muršili-Annalen bezüglich der
nam.ra-Leute oder auch einzelner Personen, die sich auf hochgelegenen Orten verschanzt hatten, berichtet
wird – entweder freiwillig herabkam (vgl. z.  B. KUB 14.15 III 46; AM 56) oder aber herabgebracht wurde (s.
z.  B. KBo 2.5 IV 22; AM 192).
So könnte man bei einer Lücke von maximal vier bis fünf fehlenden Zeichen (s. Translit. S.  23 u. 40
mit Anm.  23) und der Annahme, dass unmeš-tar Nominativ war, an eine Ergänzung des fragmentarischen
Satzes etwa folgender Art denken: nu-kán unMEŠ-tar a-pé-e[z kat-ta ú-et] „Und die Bevölkerung [kam von d]
ort [herab]“. Als Vergleich hierzu bietet sich ein weiteres Beispiel mit -kan + Abl. + uwa- an, und zwar in
KBo 3.4 II 58 (AM 62): [nu-ká]n mTa-pa-l[a-zu-na-u̯ ]a-liš … uruPu-ra-an-da-za kat-ta ú-et „[Und] Tapal[azunaw]
ališ … kam von Puranda herab“. Schwieriger wird es angesichts des zur Verfügung stehenden Raumes, wenn
man wie Sommer unmeš-tar als Objekt betrachtet, und das Verb  – bezogen auf den Hethiter als Subjekt  –
dann in der 1.Sg. verfasst sein müsste. Möchte man bei Sommers a Ṣ-bat (heth. e-ep-pu-un) – der Kürze der
Schreibung wegen  – bleiben, so müsste man eventuell auch noch ein Adverb ansetzen, etwa gam (heth.
katta), das in Verbindung mit ep(p)-/app- „unten ergreifen, nach unten nehmen“ (s. HW2 E, 71) mit und ohne
Ortspartikel stehen kann. Es ergäbe sich dann folgender Satz: nu-kán unmeš-tar a-pé-e[z? gam aṣ-bat] „und
die Bevölkerung [nahm ich] von dor[t nach unten (/hinunter),]“, der ohne Weiteres Platz in der Lücke finden
könnte.

I 26 mLa-ḫur-zi-<iš>-ma-mu
Der PN Laḫurzi, an den noch die enklit. Partikel -ma und das enklit. Personalpron. -mu angehängt sind und
dem dann die Apposition a-pé-el šeš-šu („sein [/dessen] Bruder“) folgt, tritt ansonsten bislang nirgends auf;
s. NH Nr. 676. Forrer (1929, 106, 130  f.) las La-ḫar-zi. Möglich wäre auch eine Lesung La-mur-zi. Doch Sommers
Lesung La-ḫur-zi, die er damit begründete (AU 373), dass sie sich zumindest lautlich mit anderem Boğaz-
köy-Material zusammenbringen lasse, wurde meist in der Fachliteratur übernommen; s. z.  B. Miller 2006,
243; Hoffner 2009, 303; Beckman et al. 2011, 102.
Da auch die anderen im Text (I 61, 63, 71, 73; II 58; III 47) jeweils als Satz-Subjekt auftretenden Namen mit
der Nominativendung versehen wurden, wäre dies auch beim Namen Laḫurzi zu erwarten gewesen, weshalb
hier diese Endung eingefügt wurde; s. mLa-ḫur-zi-<iš->ma-mu und auch noch die Translit. S. 23 u. 40 Anm. 24.
Die Frage, wessen Bruder Laḫurzi war, kann heute als geklärt gelten. Er war Piyamaradus Bruder.
Sommer allerdings vertrat die Auffassung (AU 63, 131, 372  f.), dass jener der Bruder des Tawagalawa gewesen
sei. Dadurch schien er eine weitere Stütze gegen Forrers Griechenthese gewonnen zu haben, denn letztlich
führte dies zu folgendem Resultat:
Laḫurzi sei ein kleinasiatischer Name, also der Träger dieses Namens kein Grieche, und daher auch
dessen Bruder Tawagalawa kein Grieche; vgl. AU 374  f.
Forrer (1929, 130  f.) hingegen hatte bereits zu Recht Laḫurzi als Bruder des Piyamaradu betrachtet, was
sich ja auch mehr als ein halbes Jahrhundert später ohnehin ganz zwanglos aus der Neuinterpretation der

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   89

vorausgehenden Zeilen (Singer 1983, 211; Heinhold-Krahmer 1986, 60) ergab, in denen nicht  – wie früher
angenommen – Tawagalawa, sondern Piyamaradu als Kontrahent des heth. Großkönigs auftritt. Das Argu-
ment Forrers, das er gegen Tawagalawa als Bruder des Laḫurzi vorbrachte, besagte, dass Tawagalawa schon
als Bruder des Adressaten „dein Bruder“ genannt werde (in II 61; nach unserer Zählung  II 60), weshalb
Laḫurzi, falls er ein Bruder des T. gewesen wäre, gleichzeitig auch als Bruder des Adressaten, des Königs
von Aḫḫiyawa, hätte bezeichnet werden müssen. Dieses Argument war jedoch für Sommer ohnehin gegen-
standslos, da er Forrers Interpretation von II 61 (s. unsere Translit. II 60), dass Tawagalawa der Bruder des
Königs von Aḫḫiyawa gewesen sei, strikt ablehnte; vgl. AU 130  f.
Da Laḫurzi auch nach dem gegenwärtigen Forschungsstand ein Bruder des kleinasiatischen Piyamaradu
gewesen sein dürfte, ist auch Huxleys Hinweis (1960, 25) auf L.R. Palmers Gleichung des Namens mit griech.
Laertes (ohne Literaturangabe) hinfällig. Dies gilt auch für die positive Bemerkung von Schachermeyr (1986,
228 Anm. 24) zu diesem Hinweis von Huxley.

I 26 še-na-aḫ-⸢ḫa⸣
Die von Sommer (AU 2  f., 63–65) erwogene Bedeutung „eilends?“ (AU 3) bzw. „in Eilmarschtempo“ (AU 64) ist
abzulehnen, wie Goetze (AM 250–252) einleuchtend dargelegt hat. Er gelangte, wie zuvor auch schon Forrer
(1929, 107, 130) zum Ergebnis, dass das Nomen „Hinterhalt, Überfall“ bedeute. Trotz der später bei Friedrich
erneut anklingenden Unsicherheit (s. HW 190 šenaḫḫa- n.? „Hinterhalt(?)“) hat sich diese Deutung inzwi-
schen durchgesetzt; s.  z.  B. Tischler HEG S, 1045–47; ders. HHw2 167; Miller 2006, 243; Hoffner 2009, 303;
Beckman et al. 2011, 103 u. jüngst CHD Š, 373–375 sub šinaḫḫ- (Verb); „to set a trap, ambush“ u. sub šinaḫḫa-,
šenaḫḫa- (Nomen n. Pluraletantum)“,26 „trap, ambush“.
Uneinigkeit bzw. Unsicherheit bestand nach wie vor in der Frage nach dem Genus des Nomens. Während
Forrer (1929, 130) an dieser Stelle den Lokativ zu einem N.Sg.c. šenaḫḫaš annahm, bezeichnete Friedrich (HW
190), wenn auch mit Fragezeichen, šenaḫḫa als Neutrum, wobei diese Form als N.-A.Sg. betrachtet wurde.
Goetze (l.  c.) wiederum nahm genus commune an. Tischler HEG S l.  c. u. HHw2 167 gab hierfür sowohl genus
commune als auch genus neutrum an.
Irritierend bei der Erschließung des Genus wirkte zweifellos, dass Belege wie še-(e-)na-aḫ-ḫa daiš „er
legte einen Hinterhalt“ (z.  B. KUB 19.11 I 15, IV 4) an A.Pl.n. denken ließen (HW 190), andererseits aber die
singulär bezeugte Form ši-na-aḫ-ḫa-an (KUB 23.77 Z. 85) wiederum einen A.Sg.c. suggerierte, der dann auch
Forrer (1929, 106  f., 130) bei šenaḫḫa dāi- hier in I 26 zu einer Deutung als Lokativ (nach heutiger Terminolo-
gie: Allativ) gelangen ließ.
Es ist Th. van den Hout zu verdanken, dass er das Problem einer Klärung näher bringen konnte. Schon
vor Erscheinen seiner oben genannten Beiträge šinaḫḫ- u. šinaḫḫa-, šenaḫḫa- in CHD Š ließ er uns freundli-
cherweise seine auch für die Interpretation unserer Stelle einleuchtenden Ergebnisse zukommen. Zwei wich-
tige Erkenntnisse werden hier nur kurz angesprochen, wobei allerdings auf van den Houts Einschränkungen
CHD Š/3 374 (s. das Kleingedruckte, rechte Spalte oben) hinzuweisen ist:
1. Da dem bezeugten Verbalsubst. ši-na-aḫ-ḫu-ar (s. KUB 8.14 Vs. 9) ein Verbum zugrunde liegen muss
(s.  jetzt CHD Š, 374 sub šinaḫḫ-), kann ši-na-aḫ-ḫa-an als Partizip (N.-A.Sg.n.) dieses Verbums gedeutet
werden.
2. Beim Nomen šinaḫḫa-/šenaḫḫa- dürfte es sich um ein Neutrum handeln, das ein plurale tantum dar-
stellt.27

Für das Belegmaterial ist seit den Untersuchungen von Sommer und Goetze nur ein unwesentlicher Zuwachs
von überwiegend kleineren und wenig aussagekräftigen Fragmenten zu verzeichnen, wobei teilweise das
Wort selbst nur in fragmentarischem Zustand erhalten ist, und zudem das Verb im Satz fehlt (KBo 14.3 III +

26 Der Hinweis in CHD Š, 374 (rechte Spalte unten) auf die Habilarbeit 95  f. von Hazenbos (Leipzig) in Verbindung mit KBo 5.8
I 10–11, 15–17 (AM 146–149) und dem dort erwähnten Hinterhalt ist nicht richtig. Gemeint ist wohl Hazenbos 2007, 95  f.
27 Auch im Lateinischen stellt das Wort für „Hinterhalt, Falle“ ein plurale tantum dar (insidiae).

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2′; KBo 14.104 Z. 9′; KBo 18.148 Z. 3; KBo 41.146 Rs. 5; KBo 47.59 Vs. 7; KUB 52.85 III 7, 10; HKM 26 Z. 6). Die Ver-
wendung des Wortes ausschließlich in kriegerischen bzw. militärischen Kontexten steht nach wie vor fest.

I 26 Ergänzungsversuche des abgebrochenen Verbs nach še-na-aḫ-⸢ḫa⸣


Forrer (1929, 106) ergänzte še-na-aḫ-ḫa [bi-ra-an da-iš] und übersetzte den gesamten Satz: „Sein Bruder
Laḫarzis aber [legte sich vor] mir in den Hinterhalt.“ Sommer (AU 64) dagegen setzte wegen seiner von
Forrer abweichenden, jedoch nach heutigem Ermessen falschen Deutung von šenaḫḫa (s. oben) in der Lücke
pí-ra-an pa-it ein, wobei er an dem piran festhielt wegen des an das Subjekt des Satzes angeschlossenen
enklit. Dativobjekts -mu. Dies ergab für ihn den Satz: „Laḫurzi aber, sein Bruder, [ist] eilends (?) [vor] mir
[davongezogen].“ Diese Interpretation wirkte dann auch auf seine Deutung der nachfolgenden Zeilen 27–31
(s. unten) ein. Hoffners Ergänzung mLa-ḫur-zi-<iš->ma-mu a-pé-el šeš-šu še-na-aḫ-ḫa [pé-ra-an ti-iš-ke-et?],
die einen Raum von sieben Zeichen in der Lücke beanspruchen würde, erscheint etwas zu lang, wenngleich
sie sich – ebenso wie die von Forrer – auf einige andere Belege außerhalb unseres Textes stützen könnte;
s. tiške/a- als Ableitung von dai-/te-/tiya- „setzen, stellen, legen“ in Verbindung mit šenaḫḫa noch KBo 5.8 I
10, 16  f., 20  f.; dai-/te-/tiya- in KUB 19.11 I 15′ u. IV 4. Aus Raumgründen wäre hier einer Ergänzung pé-ra-an
da-iš der Vorzug zu geben, die auch Hoffner (2009, 303 Anm. 275) als Alternative angibt und Beckman (2011,
102) ebenfalls bietet.

I 27 nu šeš-ia pu-nu-uš-pát
Hier erfolgt erstmals auf dieser Tafel die direkte Anrede des Adressaten, des Königs von Aḫḫiyawa, mit šeš-ia
„mein Bruder“ durch den Autor des Textes, den König von Ḫatti; ausführlich hierzu bereits Sommer (AU 65).
Weitere, teils vollständig erhaltene, teils fragmentarische Belege, die sich auf den König von Aḫḫiyawa bezie-
hen, finden sich in: I 52; II 9, 13, 19, 36, 56, 57, 66; III 1, 2, 8, 10, 11, 13, 42, 50, 57, 62, 63; IV 14, 17, 24, 25, 27, 32.
Das hierdurch vom heth. König anerkannte Großkönigtum des Adressaten hatte Sommer (AU 65  f.) allerdings
trotz dieser in der internationalen Korrespondenz unter unabhängigen Herrschern üblichen gegenseitigen
Anrede mit šeš-ia abgestritten, und zwar mit dem Hinweis, dass auch der nicht-großkönigliche Herrscher
von Alašiya (Zypern) den Pharao in der El-Amarna-Korrespondenz (EA 33–39) mit šeš-ia angesprochen habe
et vice versa. Letzteres ergibt sich aus dem Zitat aus einem Brief des Pharaos (EA 38 Z. 8); zum Großkönigtum
des Königs von A. s. jedoch vor allem unten sub II 13  ff.

I 27 nu šeš-ia pu-nu-uš-pát ma-a-an ú-ul ⸢kiš⸣-an


„Frag doch, mein Bruder, ob es nicht so (gewesen ist)“; s. Sommer, AU 3; Miller 2006, 243; Hoffner 2009, 303
Anm. 277 u. Beckman et al. 2011, 103.
Diese Art von Aufforderung an den Adressaten, sich das vom Autor bzw. Absender Geschilderte durch
Nachfrage – wohl bei Personen, die mittelbare oder unmittelbare Kenntnis von der Sachlage hatten – bestä-
tigen zu lassen, findet sich auch noch in weiteren Texten mit Briefcharakter; s. Belege in CHD P, 378 sub
punušš-; hierzu Hoffner 2009, 303 Anm. 277.28 Auskunft konnte sich der König von Aḫḫiyawa vermutlich von
Piyamaradu selbst einholen lassen, der sich ja im kleinasiatischem Hoheitsgebiet von Aḫḫiyawa oder zumin-
dest auf seinem Schiff vor der kleinasiatischen Küste (s. I 61) befunden haben dürfte; s. unten zu II 67–72 u.
II  5  f.; ferner die Überlegungen zu I 61  f.; III 54′–62′; III 67′–69′, IV 11  f.

28 Der Brief KUB 21.38 (Vs. 11  f., 24) wäre hier in Hoffner 2009, 303 Anm. 277 korrekt als Text 98 zu zitieren (s. auch Hoffner 2009,
281–290) und nicht, wie fälschlich angegeben, als Text 102.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   91

I 27 Zeilenende: Zur Lesung u. Ergänzung des zerstörten Personennamens (mL[a-ḫur-zi-iš-ma-kán]) nebst


Enklitika
Sommers Ergänzung am Zeilenende lautet IL[a̤ -ḫur-zi-iš=ša] im Anschluss an Forrers (1-)l[a-ḫar-zi-iš] (1929,
106); so später auch Garstang/Gurney (1959, 112), während Friedrich (1931, 225) und mit ihm anscheinend
Goetze (so nach Friedrichs Hinweis, l.  c.) an dieser Stelle an IP[í-i̯a-ma-ra-du-uš] gedacht hatten. Später wollte
Güterbock (1983, 137) zunächst hier eher T[awagalawa] ergänzen,29 ebenso Schachermeyr (1986, 231). Die
Zeichenspur nach dem Determinativ für männliche Eigennamen (zu dessen Lesung s. Translit. S. 23 u. 40
Anm. 26) ist allerdings kaum anhand der beiden älteren bekannten Fotos (AU Taf. I u. BoFN 738) deutbar und
zudem, wie die neue Autographie zeigt, heute nicht mehr zu sehen.
Als Namen kamen bei unserer Diskussion nur Piyamaradu oder Laḫurzi in Betracht. Tawagalawa – ver-
mutlich Bruder und Vorgänger des Adressaten – kam aus zeitlichen und inhaltlichen Gründen als Kriegs-
gegner des Hethiterkönigs nicht mehr in Frage. Die drei ihn eindeutig bezeugenden Stellen können kaum als
zeitgleich mit der im Text beschriebenen hethitischen Kampagne betrachtet werden; s. dazu oben sub I 3 u.
unten I 48  f., I 71  f., II 60  f. usw.
Über eine Ergänzung mP[iyamaradu] wurde zwar anfänglich ausführlich diskutiert, wofür zunächst
J.D.H. und S.H.-K. eintraten. Begründet wurde dies hauptsächlich damit, dass Piyamaradu jener Mann
gewesen sei, an den zuvor der Hethiterkönig von Waliwanda aus (I 16) einen Brief gesandt hatte (s. schon
Heinhold-Krahmer 1986, 60), mit der Aufforderung, seine Leute aus Iyalanda abzuziehen (I 17–21), und auch
aufgrund weiterer Text-Fragmente, die Piyamaradu in Verbindung mit Iyalanda erwähnen; s. insbesondere
KBo 22.10 (+ KBo 19.80 nach mündlichem Hinweis von J.L.M.); hierzu schon oben sub I 18 u. ferner KBo 27.4
Z. 7′  ff.; vgl. auch Singer 1983, 211.
Den Personennamen Laḫurzi kann man jedoch an dieser Stelle in I 27 einerseits aufgrund des Kontex-
tes erwarten, wie im Anschluss an mündliche Ausführungen von Miller (2007 in Berlin) deutlich wurde;
s. bereits Miller 2006, 243 Anm. 27. Seiner Auffassung schlossen sich überdies einige Jahre später Hoffner
(2009, 303 Anm.  278) u. Beckman et al. (2011, 102) an. Andererseits aber konnte Miller (2010, 159 u. 160
Fig. 1 u. 2) anhand von Vergrößerungen des Fotos BoFN00738 zeigen, dass die schwachen Reste des ersten
Zeichens nach dem Namensdeterminativ eher auf mL[a- als auf mP[í- hinweisen, was sich noch durch die
Übertragung einer Kopie von LA aus dem Namen Laḫurzi (in I 26) an die fragliche Stelle (I 27) bekräftigen
ließ; s. Miller 2010, 160 Fig. 1 d.

I 27  f. von mL[a-ḫur-zi-iš-ma-kán] bis e-eš-ta


Millers Ergänzung des Namens L[aḫurzi] leuchtet aus inhaltlichen Gründen insbesondere im Anbetracht
der Tatsache ein, dass in I 26 dieser Laḫurzi in Verbindung mit einer feindlichen Aktion, einem von ihm
bereiteten Hinterhalt (šenaḫḫa-, s. oben), Erwähnung fand. So gelangte Miller dann konsequenterweise zur
Deutung des zum PN (Ende I 27) gehörenden Satzes (I 28) und auch des daran anschließenden (I 28  f.) als
Fragesätze (Miller 2006, 243 u. 2010, 159  f.), nämlich: „(27)Ist [PN] (28)beim Kampf nicht dabei gewesen? Hab ich
ihn [im …] (29)Land? Iyalanda nicht angetroffen?“
Dass als letztes Zeichen dieser Zeile (I 27) ursprünglich die in Verbindung mit anda eš-/aš- „drinnen,
dabei sein“ zumeist bezeugte enklit. Partikel -kan gestanden haben dürfte, ist anzunehmen (s. HW2 A, 102
[Belege]; ferner z.  B. -kan + anda eš-/aš- im Gebet des Ḫattušili III. und der Puduḫepa [KUB 21.19 II 3–5]),
wenngleich wir im Gegensatz zu Hoffner (2009, 303: -k]án) einen eindeutigen Rest davon weder auf den Fotos
noch auf der Tafel selbst innerhalb des Interkolumniums, wo sich dieser befinden müsste, klar erkennen
konnten; s. auch Translit. S. 23 u. 40 Anm. 27.

29 Die Neuinterpretationen von Singer (1983) u. Heinhold-Krahmer (1983 u. 1986), durch die der in I 16–21 auftretende Gegner des
hethitischen Großkönigs ebenso wie an weiteren Stellen nicht mehr mit Tawagalawa, sondern mit Piyamaradu zu identifizieren
war, und der Güterbock dann auch zustimmte, kannte er noch nicht im Detail, als er seinen 1983 erschienenen Artikel schrieb.

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92   S. Heinhold-Krahmer

I 28  f. von am-mu-uk-ka4-an bis ú-ul ak-šu-ud


Dass in der Lücke am Ende von I 28 ein i-na (möglich auch ina; s. I 16, III 61′, 67′) zu erwarten ist, allein schon
aufgrund der erhaltenen Teile des Satzes, nämlich des in I 29 nachfolgenden Ortsnamens (Land Iyalanda),
des Prädikats ú-ul ak-šu-ud „ich fand nicht“ sowie des in I 28 am ersten Wort des Satzes befindlichen enklit.
Pronomens -an „ihn“ (am-mu-uk-ka4=an „und ich ihn“), ist kaum von der Hand zu weisen. So wurde i-na
bislang auch ziemlich einhellig ergänzt; s. Forrer 1929, 106; Sommer, AU 2, 2; Miller 2006, 243 (gemäß seiner
Übersetzung); Hoffner 2009, 303 u. Beckman et al. 2011, 103. In der Lücke am Zeilenende zum Kolumnen-
trenner hin ist Raum für ca. fünf Zeichen. Bezüglich einer weiteren Ergänzung (zusätzlich zu i-na oder ina
also noch maximal drei bis vier Zeichen) scheint jedoch die Sicherheit geringer zu sein, auch wenn Forrers
Ergänzung [i-na Šag-bi] durchaus in den Kontext passen könnte, und daher wohl auch von Sommer [i.na
šà bi], Beckman u. Hoffner [i-na šà-bi] jeweils aufgegriffen wurde. Es wäre aber auch durchaus möglich, dass
sich hier ursprünglich nur i-na (bzw. ina) befand und der restliche Raum freigelassen wurde. Sommer (AU
67) freilich hielt einen freien Raum am Zeilenende wenn auch nicht für „unerhört“, so doch für „unschön“.
Ein freier Raum ließe sich aber ohne Weiteres damit begründen, dass man eine unmittelbar nach i-na (bzw.
ina) folgende Einheit ⸢kur⸣ uruI-ia-la-an-da ungern auseinanderriss, sie jedoch am Zeilenende von I 28 kaum
mehr unterbringen konnte; s. z.  B. I 18, wo der Schreiber zur Unterbringung des Ortsnamens nebst Determi-
nativ das Interkolumnium dahingehend nutzen musste, dass er in den Freiraum nach oben bis auf Höhe von
I 16 ausweichen musste. Ob eine solche Ausweichmöglichkeit im zerstörten Kolumnenzwischenraum von I
28 nach oben hin (wie im Falle von I 18) für ⸢kur⸣ uruI-ia-la-an-da möglich gewesen und dann auch genutzt
worden wäre, wissen wir leider nicht.
Zur Deutung des Satztypus als rhetorische Frage wie bereits im Falle des vorausgehenden Satzes s. oben
sub I 27  f.

I 29  f. von a-pé-x[…] bis inim uruI-ia-la-an-da


Forrer (1929, 106) ergänzte die zerstörte Stelle in I 29 nach den von ihm gelesenen Zeichen a-bi-e[? nicht.
Sommers Ergänzungsvorschlag a-pí-i[z?-za-aš pa-it] „[er war von] dor[t abgezogen]“ könnte sowohl zum vor-
handenen Raum in der Lücke bis hin zum Kolumnentrenner passen als auch zum erhaltenen Kontext, bleibt
aber dennoch unsicher. Er wurde auch in CHD Š, 61 (ap[ez=aš pait] „He went forth from] there“) übernom-
men. Freilich müsste bei einer Übernahme dieser Ergänzung berücksichtigt werden, dass hier durchaus noch
die am Ende von I 27 einsetzenden Fragen (s. oben I 27  f.) fortgeführt worden sein könnten, was dann ergäbe:
„[War er (etwa) von] dor[t abgezogen?“ Beide Interpretationen wären in Verbindung mit den letzten beiden
Zeilen von § 2 denkbar, würden aber einen unterschiedlichen Sinn ergeben; s. unten sub I 30  f. Zunächst zu
den drei nachfolgenden Wörtern ša-ku-u̯ a-aš-ša-ri inim uruI-ia-la-an-da:
Die vorhandenen Belege zum Adjektiv šakuwaššar(ra)- im D.-L. sind äußerst spärlich und jeweils nur in
fragmentarischem Kontext bezeugt; s. CHD Š, 61. Insbesondere in Verbindung mit dem Sumerogramm inim
scheint bislang kein weiteres Beispiel überliefert zu sein, wie auch die Durchsicht der Zettelsammlung zu
HW2 ergab. Da das Ideogramm keine Komplementierung aufweist, wissen wir auch nicht, ob es für uttar oder
memiya(n)- steht.
Bisherige Übersetzungen namhafter Forscher weichen jedenfalls voneinander ab; s.  Sturtevant (1928,
226): „according to the regular plan, [I shall] not [destroy] (the city of) Iyalanda“; Forrer (1929, 107): „nach
einem aufrichtigen Wort von (der Stadt) Iyalanda“; Sommer (AU 3): „gemäß der loyalen Versicherung betreffs
der Stadt Iyalanda“; Miller (2006, 243): „[…] in der ganzen Angelegenheit von Ijalanda“; bei Hoffner (2009,
303): „in the whole matter Iyalanda“; Beckman et al. (2011, 103): „in accordance with his candid statement
about Iyalanda“; s. ferner CHD Š, 61: „in accord with (his) complete statement on Iyalanda“. Die Deutungen
der beiden erstgenannten Hethitologen fanden wohl zu Recht keine Zustimmung. Sturtevants Interpretation
dieser Wortgruppe sowie des nachfolgenden Textes – soweit erhalten – bis zum Ende von § 2 macht wenig
Sinn im Hinblick auf den übrigen Kontext. Zu Forrers Deutung nahm bereits Sommer (AU 67  f.) ausführlich
Stellung. Da, wie schon in Sommer (AU 3, 68), der am Ende von I 30 weitgehend zerstörte Beginn des dann in
I 31 beendeten Satzes (s. dort) aufgrund der erhaltenen Worte ein Zitat dargestellt haben dürfte, scheint hier
zunächst eine Übersetzung wie bei Sommer oder Beckman naheliegend, wonach inim mit „Versicherung“

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   93

(ähnlich wäre „Zusicherung, Zusage“) oder mit „statement“ (entspräche hier in etwa „Äußerung, Erklärung,
Verlautbarung“) wiedergegeben wurde. Freilich räumte bereits Sommer (AU 67 unten) ein, dass seine Über-
setzung „gemäß“ („gemäß der loyalen Versicherung betreffs der Stadt Iyalanda“) etwas frei sei, und zwar mit
der Begründung, „da wir hier unser ‚in‘ nicht anwenden können.“ Der grammatischen Gegebenheit, dem
D.-L., entsprechen die Übersetzungen von Miller und Hoffner zweifellos eher, auch wenn sie zumindest im
Deutschen nicht sehr günstig wirken.
Vielleicht könnte man sich damit behelfen, dass man šakuwaššari inim uruIyalanda entsprechend zu
Hoffners Übersetzung „in the whole matter Iyalanda“ auf Deutsch wiedergibt mit „in der ganzen Iyalan-
da-Angelegenheit“ oder eher noch „bei (/im Anbetracht) der ganzen Iyalanda-Angelegenheit“30 und dann
zusätzlich einfügt: „mit der Zusage, mit dem Inhalt, mit dem Wortlaut“, worauf das erwähnte Zitat in I 30  f.
einigermaßen unproblematisch folgen würde. Derartige Ergänzungen erschienen im Text zum besseren Ver-
ständnis auch an anderen Stellen angebracht, wo Zitate nachfolgen; s. z.  B. Kol. I 6  f., 8  f., 68; II 56; III 56′.

I 30  f. von ú-u[l-u̯ a …] bis pa-a-i-mi


Sturtevant (1928, 229) hatte als Erster in seinem Kommentar darauf hingewiesen, dass das in I 31 befindliche
Verb pa-a-i-mi (1.Sg. Prs. oder Fut.) an eine zitierte Rede denken lasse. Allerdings bezog er fälschlich den
nachfolgenden Abschnitt § 3 (I 32–34) in die vermeintlich ohne -wa gekennzeichnete ziterte Rede mit ein;
s. schon Sommer, AU 68 Anm. 1. Erst Letzterer (AU 68) schlug vor, die Partikel der zitierten Rede nicht auf
den Autor unseres Textes, den heth. Großkönig, zu beziehen, sondern auf Laḫurzi, da das Präsens pa-a-i-mi
aus den umgebenden Äußerungen dieses Herrschers herausfalle. Außerdem ergibt sich klar aus dem vor-
ausgehenden Text (I 18, 22), dass der Hethiter persönlich in der Stadt Iyalanda angelangt war, weshalb die
zitierte Zusicherung oder (rechtsverbindliche?) Angelegenheit, nicht in die Stadt I. zu kommen, entweder
von Piyamaradu selbst oder von Seiten der Parteigänger des Piyamaradu bzw. dessen Bruder ausgegangen
sein dürfte. Daher ergänzte Sommer das fehlende -u̯ a in Anschluss an das ú-u[l …] am Ende von I 30. Dieser
einleuchtenden Ergänzung schlossen sich auch Miller (2006, 243 [gemäß Übersetzung]); Hoffner (2009, 303)
u. Beckman et al. (2011, 102) an.
Freilich differieren die Ergänzungen in der Lücke von etwa vier bis fünf Zeichen nach dem ergänzten -u̯ a
zum Kolumnentrenner hin. Während Forrer hier nach ú-u[l von jeglicher Ergänzung absah, und sich Miller
u. Hoffner auf das -wa beschränkten, findet sich bei Sommer u. Beckman ú-u[l-u̯ a (bzw. -wa) nam-ma].
Diese also mit Wahrscheinlichkeit dem Konto des feindlichen Piyamaradu zuzuweisende Aussage:
„Nicht werde ich […] in die Stadt Iyalanda gehen“ (vgl. hierzu die an Piyamaradu ergangene Aufforderung,
seine Leute bzw. Anhänger aus I. abzuziehen oben I 16–22) – auch wenn sie von seinem Bruder Laḫurzi oder
dessen Anhängern gemacht wurde – ist noch in Verbindung mit einem vorausgehenden dritten Satz mögli-
cherweise als eine Frage (dazu schon oben sub I 29  f.) zu betrachten. Falls also der mit a-pé-e[z …] Ende I 29
beginnende Satz die Reihe der am Ende von I 27 einsetzenden Fragen beendet, und wir die Ergänzung (a-pí-
i[z-za-aš pa-it] von Sommer bzw. (a-pé-e[z-ma-aš pa-it] von Beckman akzeptieren, würde das in Verbindung
mit I 30  f. den folgenden Sinn ergeben, nämlich:

„[War er (etwa) von] dor[t (weg)gegangen bei (/im Anbetracht) der ganzen Iyalanda-Angelegenheit (mit der Zusage): ,In die
Stadt Iyalanda werde ich nic[ht …] gehen?‘“

Dieser Satz würde dann wie die beiden vorausgehenden Fragesätze bedeuten, dass eben die in I 16–21 an
Piyamaradu gestellte Forderung des Hethiterkönigs nicht eingehalten wurde.
Würde man jedoch Sommers Interpretation seiner Ergänzung, die lautete: „[er war von] dor[t abge-
zogen]“ mit dem nachfolgenden (wie oben) kombinieren, so ergäbe sich, dass der Bruder Piyamaradus der
hethitischen Forderung nachgekommen war. Erstere Möglichkeit scheint eher zuzutreffen, denn es wurde ja
das ganze Land Iyalanda vernichtet, wie der Hethiter dann in § 4 berichtet.

30 Vgl. ein ähnliches Beispiel aus einem Instruktions-Text z.  B. in Friedrich, HE2 121 § 206, KUB 13.6 + II 16: nu=za dingir meš-aš
zi-ni mekki naḫḫanteš ešten „Seid bei der Sinnesart der Götter sehr vorsichtig!“ Taggar-Cohen (2006, 50 § 7, Z. 29) übersetzt dies
ins Englische: „Be very much afraid (regarding) the soul of the gods.“

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94   S. Heinhold-Krahmer

Zusammenfassung des Kommentars zu § 2 (Kol. I 16–31)


Das von Piyamaradus Anhängern und seinem Bruder Laḫurzi bewohnte oder besetzte Iyalanda wurde offen-
bar von Ḫatti beansprucht. An P. erging von Waliwanda aus die schriftliche Aufforderung des heranrücken-
den hethitischen Großkönigs, dass er bei seiner Ankunft keinen von dessen Leuten (wohl Anhängern bzw.
Mitstreitern) mehr dort vorfinden möchte, falls er (P.) noch hethitischer Vasall werden wolle (I 16–19). Des
Weiteren folgte die Anweisung, niemanden wieder hinein (wohl nach Iyalanda) zu lassen (I 19  f.) und sich
nicht in den hethitischen Befehlsbereich? zu begeben (I 20  f.). Beim Eintreffen in Iyalanda fand der Großkö-
nig jedoch Feinde vor, die ihm gleich an drei Stellen zum Kampf entgegentraten (I 22  f.). Wegen des schwieri-
gen Geländes musste der König von Ḫatti (und sicher auch seine Soldaten) zu Fuß (auf die Festung?) hinauf-
steigen, um mit dem Feind zu kämpfen (I 23–25). In unklarem Zusammenhang ist auch von der Bevölkerung
Iyalandas die Rede (I 25).
Welche Rolle Laḫurzi, der Bruder des Piyamaradu, letztlich bei den Kämpfen spielte, bleibt unklar. Es
wird jedoch von Seiten des Hethiters festgestellt, dass dieser Mann einen Hinterhalt bereitet habe (I 26).
Die Aufforderung an den Adressaten, den König von Aḫḫiyawa, sich zu vergewissern, dass dieser Bericht
des Königs von Ḫatti den Tatsachen entspreche (I 27: „So frag doch, mein Bruder, ob es nicht so [war]“),
setzt voraus, dass jener auch Zeugen der kriegerischen Aktionen in Iyalanda in seinem Machtbereich hatte.
Anschließend wird der Adressat nochmals unmittelbar in Form von mindestens zwei (I 27–29) oder sogar
drei rhetorischen Fragesätzen (I 27–31) mit den kriegerischen Ereignissen in Iyalanda konfrontiert. Bei diesen
Geschehnissen scheint Piyamaradus Bruder Laḫurzi, der am Zeilenende von I 27 eher zu ergänzen ist als
Piyamaradu (Miller 2010, 159  f.), erneut als aktiver Gegner des Hethiters aufgetreten zu sein, wodurch eine
offenbar zuvor gegebene Zusage (von jenem oder von Piyamaradu?) gebrochen wurde (I 30  f.); vgl. jedoch die
Interpretation von Sommer (AU 3).

Paragraph 3 (Kol. I 32–34)

I 32 nu-ut-ta ke-e ku-e inimmeš aš-⸢pur⸣ nu gim-an […]


Zeile 32 scheint inhaltlich trotz des abgebrochenen Endes (etwa sechs bis sieben Zeichen bis zur Kolum-
nenlinie; s. Translit. S.  23) verständlich, wie schon die nur geringfügig voneinander abweichenden Inter-
pretationen von Sommer, Miller, Hoffner und Beckman zeigen; s. Sommer, AU 5: „Wie nun diese Dinge, die
ich dir geschrieben habe, [geschehen sind(?)]“, mit Ergänzung ki-ša-an-ta-at; Miller 2009, 243 (ohne Ergän-
zung): „Nun, wie diese Erklärungen, die ich Dir geschrieben habe, […]“; Hoffner 2009, 303: „… that these
things about which I have written to you happened this way“; Beckman et al. 2011, 105: „… that these things
about which I have written to you (indeed) took place“. Zur wenig überzeugenden Bearbeitung dieser Stelle
durch Forrer 1929, 106 (mit Ergänzung ka-ru-ú li-in-ku-un): „Gleichwie ich diese Worte, welche ich dir schrieb,
[früher beschworen habe]“; s. die Äußerungen von Sommer (AU 68  f.).
Der Relativsatz in I 32 erinnert an ähnliche Stellen in Briefen und briefartigen Texten, wie z.  B. in einem
Schriftstück aus der hethitisch-assyrischen Korrespondenz, KBo 18.24 I 9–12: ki-nu-un-ma-at-ta inim Ḫi.a ku-e
ḫa-at-ra-a-nu-un  … na-at sig5-in iš-da-ma-aš „Die Angelegenheiten aber, welche ich Dir jetzt geschrieben
habe, … höre sie gut!“ Die Aufforderung, das Schreiben anzuhören, findet sich in unserem Text ebenfalls,
und zwar in den beiden nachfolgenden Zeilen (I 33  f.). Sie richtet sich in KBo 18.24 I 11  f. zwar direkt an den
Adressaten, den König von Assyrien, während hier in I 33  f. die Verbformen ištama[škiddu] „er [soll zu]hören“
auf den Wettergott (I 33) und ištamaškandu „sie sollen zuhören“ noch auf mindestens einen weiteren oder
sogar weitere Götter zu beziehen sind; Näheres dazu unten sub I 33  f. Doch spielten auch in dem Dokument
aus der Korrespondenz mit Assyrien wenig später die Götter eine Rolle, da die Tafel des heth. Schreibens
vor den „großen Göttern“ gelesen werden sollte (KBo 18.24 I 14). Das bedeutet wohl, dass diese auch dort als
Zeugen zugegen sein sollten.
In den oben zitierten Übersetzungen unserer Textstelle (VAT 6692 I 32) wurde das Verb aš-pur durch-
wegs mit Perfekt wiedergegeben. Mit Ausnahme von Forrer (1929, 131), der an ein früheres Schreiben dachte,
waren sich die Fachleute wohl darüber einig, dass sich der König von Ḫatti damit ausschließlich auf das
unmittelbar zuvor in § 2 (= I 16–31) Geschilderte bezog; s. vor allem Sommer, AU 68. Es könnten hier aber –

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   95

wie im oben genannten Beispiel aus der hethitisch-assyrischen Korrespondenz – auch noch die nachfolgen-
den Ausführungen oder zumindest ein Teil davon gemeint gewesen sein.
Dies hängt wohl ab von der nicht endgültig klärbaren Frage nach der Art des Dokuments VAT 6692;
s. Kapitel I Ein­leitung, S. 4. Wenn es sich um ein Argumentationskonzept für den Gesandten handelt, dann
könnten die vorausgehenden und nachfolgenden Ausführungen zur Piyamaradu-Affäre allesamt in das vom
Hethiterkönig vor den Göttern Beschworene eingeschlossen sein. Stellt unser Text jedoch eine fürs Archiv
bestimmte Zusammenstellung verschiedener bisheriger diplomatischer Kontaktaufnahmen in Sachen Piya-
maradu dar, so ist vielleicht nur die Richtigkeit des Berichts über die Auseinandersetzung wegen Iyalanda
vom Hethiter beschworen worden; zur Klassifizierung des ebenfalls vierkolumnigen briefartigen Dokuments
KBo 18.24 vgl. auch Mora/Giorgieri 2004, 87.
Jedenfalls ist bei der Schilderung der Ereignisse, die aufgrund der feindlichen Aktionen des Piyama-
radu zur Kampagne des hethitischen Großkönigs in den Westen bis hin nach Millawanda (I 58) führten und
die sich während dieses Unternehmens abspielten, insbesondere die Darstellung der Auseinandersetzungen
und Geschehnisse in und um Iyalanda (I 17–31, I 35–44) durch den hier einsetzenden dreizeiligen Abschnitt
(I 32–34) kurz unterbrochen worden, denn sie wird in § 4 fortgeführt.
Wenngleich hier – anders als im obigen Beispiel aus der heth.-assyr. Korrespondenz – ein kinun („jetzt“)
fehlt, so sollte man wohl dennoch das sog. Brief-Perfekt oder Brief-Präteritum in die Erwägungen zu einer
möglichst korrekten Übersetzung miteinbeziehen. Auf das „preterito epistolare“ haben Mora/Giorgieri
(2004, 95) in Verbindung mit KBo 18.24 I 9 (mit früherer Literatur) hingewiesen. Beispiele ohne kinun finden
sich ebenfalls bei Mora/Giorgieri. Dies scheint insbesondere angesichts der Tatsache möglich, dass von den
Gottheiten ja nicht gesagt wird, sie hätten bereits zugehört, sondern dass ein Zuhören erst angefordert wird.
Somit dürfte eine Übersetzung von aš-pur im Präsens durchaus erwägenswert sein, und die Zeile könnte
dann insgesamt etwa so interpretiert werden: „Wie [sich] nun diese Dinge, die ich Dir schreibe, [zugetragen
haben]“ oder „Wie [sich] nun diese Dinge, die ich Dir schreibe, [verhalten]“.
Hoffner (2009, 303 Anm. 280) betonte, dass Sommer fälschlich das am Ende der Zeile ergänzte Verb im
Plural [kišantat] statt im Singular [kišat] ergänzt habe, da das Subjekt im Neutrum Plural gestanden habe –
worauf ja auch eindeutig das Relativpronomen kue hinweist. Ebenso käme nach Hoffner als Ergänzung ašan
in Betracht und kaum ašanteš. Diese bislang zur Ergänzung vorgeschlagenen Verben sind auch für I 34 in
Erwägung zu ziehen; s. unten sub I 34.

I 33 nu lugal.gal li-in-ku-un
Hier folgt nun der Hauptsatz auf den vorausgehenden Nebensatz, wobei in diesen Nebensatz noch ein wei-
terer untergeordneter Satz integriert ist. Ein ähnliches Beispiel findet sich in Hoffner/Melchert in GrHL 425
§ 30.59, und zwar in KUB 21.27 IV 44  f., einem Gebet Ḫattušilis III. und Puduḫepas. Dieses dürfte somit in
zeitlicher Nähe zu VAT 6692 gestanden haben; s. auch Sürenhagen 1981, 118  f.

I 33  f. von d10 iš-ta-ma-a[š-ke-ed-du …] bis iš-ta-ma-aš-kán-du


Dass das in I 33 befindliche u. nur teilweise erhaltene Verb iš-ta-ma-a[š-…] analog zu I 34 (ištamaškandu)
ebenfalls die durative Form von ištamaš- aufweisen und gleichermaßen im Imperativ stehen dürfte (hier
allerdings wegen des genannten Wettergottes nur im Singular zu ergänzen: iš-ta-ma-a[š-ke-ed-du]), wurde
seit Sommer (AU 4 u. 69) nie bezweifelt; s. auch Miller 2006, 243 (gemäß Übersetzung); Hoffner 2009, 303;31
Beckman et al. 2011, 105. Ebenso wenig wurde in Frage gestellt, dass in der Lücke am Ende von I 33 das zu
ištamaškandu (I 34) gehörende Subjekt zu ergänzen ist. Es gibt jedoch verschiedene Ergänzungsmöglich-
keiten, von denen hier drei erwägenswert scheinen:
1. Sommer (AU 4, 69) ergänzte dingir meš-i̯a, wobei er bereits auf die Konstellation du … dingir meš-i̯a in
einem Gebet an die Sonnengöttin von Arinna (KUB 21.19 IV 17 [CTH 383]) verweisen konnte; zur Lesung d10
statt du (Letztere noch bei Sommer, s. oben) für den Wettergott s. Translit. S. 23 u. 41 Anm. 33. Dieses Gebet

31 Vgl. auch GrHL 314 § 23.7.

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96   S. Heinhold-Krahmer

stammt von Ḫattušili III. und Puduḫepa (s. Sürenhagen 1981, 88–108) und steht somit wie das oben sub I 33
genannte Gebet unserem Text, den wir ebenfalls in die Ära dieses Herrschers datieren möchten (s. unten
S. 366–376), zeitlich nahe. Hoffner (2009, 303) u. Beckman et al. (2011, 104) schlossen sich der Ergänzung
Sommers an. Miller dagegen (2006, 243) sah von einer Ergänzung ab. Es sind jedenfalls noch weitere Ergän-
zungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen.
2. Es ist nicht zu leugnen, dass die Bekräftigung der Schilderungen des Hethiters durch einen Schwur,
und die Aufforderung, dass der Wettergott und wohl noch ein weiterer Gott oder weitere Götter zuhören
sollten, auch an Klauseln in Verträgen erinnern kann, die sich dort unmittelbar vor den sog. Schwurgöt-
terlisten befinden; s. dazu Christiansen 2012, 152–158 u. passim. Daher könnte man auch daran denken, in
der Lücke am Zeilenende von I 33 vor ištamaškandu (I 34) „die tausend Götter“, nämlich li-im dingir meš- ia ̯ ,
zu ergänzen (Vorschlag von S. H.-K. beim ersten Treffen in Berlin, Mai 2007). Da der vorhandene Raum bis
zum ehemals vorhandenen Kolumnentrenner an dieser Stelle maximal sieben bis acht Zeichen zulässt,
und bereits von dem ergänzten iš-ta-ma-a[š-ke-ed-du …] gut drei Zeichen beansprucht werden, würde der
Platz freilich etwas knapp werden (so der Einwand von J.L.M. und J.H.) und man müsste dann unterstellen,
dass die Zeile ein wenig bis in den Kolumnen-Zwischenraum fortgeführt wurde, wofür es in den erhaltenen
Partien von VAT 6692 immerhin mehrere Beispiele gibt.
Zu bedenken gilt hier allerdings, dass sich die Klauseln über die Beiziehung der „1000 Götter“ als Ver-
tragszeugen in junghethitischen Abkommen, die meist mit dem Hethiterkönig unterstellten Vasallen, Klein-
königen und Fürsten von Sekundogenituren abgeschlossen wurden, nicht immer nur auf die Aufforderung
beschränken, dass die Götter zuhören, sondern auch, dass sie zusehen und Zeugen sein sollten; s. schon
Korošec (1931, 94  f.) zu den meist nur geringfügig voneinander abweichenden Aufforderungen an die tausend
Götter in diversen Vasallenverträgen, als Vertragszeugen zu fungieren. Dabei hatte der hethitische Groß-
könig selbst im Gegensatz zu dem ihm untergeordneten Fürsten keinen Schwur zu leisten. Die jeweils im
Anschluss an die Schwurgötterliste folgende Fluchformel für den Fall einer Vertragsverletzung sowie die
Segensformel für die Einhaltung des Vertrags betrafen nur den dem Hethiterkönig untergeordneten Vertrags-
kontrahenten.
Da aber nun der König von Aḫḫiyawa nach dem gesamten Tenor von VAT 6692 offenbar vom Autor als
ebenbürtiger Partner betrachtet oder zumindest als solcher angesprochen wurde (s. z.  B. unten sub II 13–14),
kann hier mit einer anderen rechtlichen Lage gerechnet werden. Betrachtet man die Schwurgötterliste im
paritätischen Vertrag zwischen Ḫattušili III. und Ramses  II. von Ägypten, die allerdings nur in der hiero-
glyphischen Version erhalten ist, so wird dort von Ḫattušili gesagt, dass die tausend Gottheiten, männliche
und weibliche, aus Ḫatti und die tausend Gottheiten, männliche und weibliche, aus Ägypten als Zeugen, die
diese Worte [hör]en, bei ihm seien („bei mir“ = Ḫattušili); s. Edel 1997, 69 (§ 21 A–C). Vom Zusehen der tausend
Götter wird in diesem paritätischen Vertrag nichts gesagt. Auch wendet sich die anschließende Fluch- und
Segensformel an jeden der beiden gleichgestellten Partner gesondert.
Die hier (VAT 6692 I 32–34) erfolgte Bekräftigung seiner an den König von Aḫḫiyawa gerichteten Beschwer-
den über Piyamaradu durch einen Schwur vor dem Wettergott gibt jedenfalls zur Vermutung Anlass, dass der
Hethiterkönig dadurch nicht nur seine – freilich bis dato fehlgeschlagenen – Maßnahmen zur Ergreifung des
renitenten Mannes zu rechtfertigen versuchte, sondern dass er damit auch seinen im nachfolgenden Text
in Aussicht gestellten Garantien im Bezug auf dessen Sicherheit (II 2–8; III 62–76; III 41′–50′) Glaubwürdig-
keit verleihen wollte und vor allem eine für die Gegenseite verbindliche Rechtssituation herzustellen beab-
sichtigte. Gemeint ist mit Letzterer ein Rechtsverhältnis, wie es damals üblicherweise unter gleichgestellten
Großkönigen bestand. Ein solches sollte zweifellos dem Ziel dienlich sein, eine Auslieferung des Piyamaradu
zu erreichen; s. hierzu die Erklärungen und Belehrungen des Adressaten durch den König von Ḫatti bezüg-
lich des Verhaltens von Großkönigen in Flüchtlingsangelegenheiten; z.  B. unten II 11–15; III 41′–51′.
Falls dies zutrifft, ließe ištamaškandu (I 34) die Erwägung zu, dass auch die sonst am Beginn der Schwur-
götterlisten in Staatsverträgen als Zeugen herbeigerufenen und zum Zuhören aufgeforderten tausend Götter
(s. z.  B. Friedrich 1926, 68  f. [Targ § 15 Rs. 55  f.]; ders. 1930, 75  f. [Al § 19, III 81–83]; van den Hout 1995, 38  f. [§ 9,
Vs. 50  f.]; Otten 1988, 25–27 [§ 25]) am Ende von I 33 erwähnt wurden.
Dass abgesehen davon bereits eine (vertragliche) Vereinbarung zwischen Ḫatti und Aḫḫiyawa  – oder
zumindest zwischen Ḫatti und dem unter der Botmäßigkeit von Aḫḫiyawa stehenden Millawanda – bestan-

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   97

den haben könnte, zog Sommer in Erwägung (AU 70); hierzu unten sub I 38. Die Existenz eines schriftlichen
Abkommens zwischen Aḫḫiyawa und Ḫatti unterstellten mit größerer Bestimmtheit Page (1959, 11), wonach
sinngemäß Atriya (s. unten sub I 37  f.) vom Hethiter unversehrt gelassen worden wäre wegen eines Vertrags
mit dem König von Aḫḫiyawa, und Schachermeyr (1986, 190  f., 226, 249, 272), der einen vertraglich besiegel-
ten Friedensschluss z.  Zt. Muršilis II. annahm und sogar an die Existenz eines sog. „Doppeluntertänigkeits-
vertrags“ glaubte.
3. Schließlich scheint noch eine weitere Möglichkeit für eine Ergänzung naheliegend zu sein, wozu eine
spätere Stelle in unserem Text selbst anzuregen vermag. In VAT 6692 I 63  f. findet sich nämlich eine ähnliche
Art der Verwendung des Verbs ištamaš-, und zwar ebenfalls zweimal mit dem Suffix -ške/a- (zu diesem s. GrHL
318–323) nacheinander im Singular und Plural auftretend, wenn auch nicht wie hier mit dem Imperativ, sondern
im Präteritum 3.Sg. u. Pl., indem es dort heißt: [na-a]t mAt-pa-aš-š[a i]š-ta-ma-aš-ke-et mA-u̯ a-ia-na-aš-ša [iš]-
ta-ma-aš-ker „die (Worte) hörte sowohl Atpa an, als auch Awayana – sie haben (sie an)gehört. So könnte man
zunächst erwägen, ob nicht analog zu den beiden Personenamen in I 63 hier in I 33  f. neben dem Wettergott
nur noch eine einzige weitere Gottheit genannt ist (so als Möglichkeit in Erwägung gezogen von J. Klinger und
J.L.M. während unseres ersten Workshops in Berlin im Mai 2007, wobei man dann entsprechend zum genann-
ten Beispiel in I 63  f. übersetzen könnte: „Der Wettergott soll zuhören! [Und die Gottheiten X], sie sollen
zuhören!“ Man sollte allerdings beachten, dass im Gegensatz zu hier beide Subjekte in I 63  f. jeweils mit der
enklitischen Konjunktion -a versehen sind, was bei doppeltem Auftreten „sowohl … als auch“ bedeuten dürfte
(HW2 A, 43).
In GrHL 241, §  15.18. sub „Grammatical Agreement“ findet sich der Hinweis auf ein weiteres Beispiel:
KUB 11.23 V 8–12. Dieses Phänomen beschreiben die Verfasser folgendermaßen: „And finally, there are cases
where a scribe used a plural verb on the second of two clauses in which one member of a pair of persons acts.“
Nach S. Košak (hethiter.net/:netkonk (v. 197)) wäre letztgenannter Text nebst Duplikaten als sjh. zu datieren.
Dies würde wieder zeitlich gut zu unserer Datierung von VAT 6692 in die Zeit von Ḫattušili III. passen.
Darauf, dass zumindest der erste Imperativsatz in I 33 – vom zweiten ist ja nur das Verb erhalten – asyn-
detisch auftritt, hat schon Sommer (AU 68) hingewiesen. Er hat dies auf den „affektischen Charakter“ der
„Beteuerungsformel in I 33  f.“ zurückgeführt. In den oben genannten Imperativsätzen aus Staatsverträgen,
in denen es ebenfalls u.  a. um das Zuhören der Götter geht, tritt allerdings keine Asyndese auf.

Wegen der noch weiter bestehenden Unsicherheiten sehen wir jedenfalls von einer Ergänzung der Lücke in
I 33 ab.

I 34 zur Ergänzung am Zeilenende


Über eine mögliche, jedoch nicht unbedingt notwendige Ergänzung nach gim-an ke-e a-u̯ a-teme[š hat bereits
Sommer (AU 69) ausführliche Überlegungen angestellt. Nach seiner Aussage wäre hier „am ehesten eine
Versicherung über die Richtigkeit des Beschworenen“ zu erwarten. Er erwog deshalb gim-an ki-e a-u̯ a-teme[š
(a-ša-an-te-eš?)] „wie diese Dinge (richtig berichtet?) (sind)“ zu ergänzen.
Hoffner (2009, 303) setzte nach gim-an ke-e a-u̯ a-teme[š …] als Prädikat mit Fragezeichen ki-ša-at? (3.Sg.
Prt.) in die Lücke ein, wie auch schon bei seiner Ergänzung in I 32; ebenso Beckman et al. 2011, 104, aller-
dings ohne Fragezeichen.
In I 32 dürfte immerhin das Relativpronomen kue (N.-A.Pl.n.; zu diesem s. Rieken et al. 2011, 107–109),
bezogen auf inim meš auf neutrales Genus dieses im Plural stehenden Nomens hinweisen. Das würde dann
bekanntlich die Ergänzung eines kollektiven Singulars beim Prädikat erfordern; vgl. allerdings noch GrHL
149 § 8.2. Anm. 5 mit einigen wenigen Beispielen für kue, die dort auch unter acc. com. Pl. (entspricht unserer
Abk. A.Pl.c.) aufgeführt sind.
Laut CHD L-N, 269 zeigen die im Plural stehenden Nomina inim meš (I 32) und a-u̯ a-teme[š (I 34) fast immer
aufgrund ihrer Kongruenz mit anderen Satzteilen, dass es sich bei ihnen um Neutra handelt, welche für heth.
uttar stehen; vgl. jedoch Weeden 2011, 445 sub awātu. Allerdings ergibt sich dies hier in I 34 für das Akka-
dogramm nicht so klar, wie für das Sumerogramm inim meš in I 32. Das Demonstrativpronomen ke-e könnte
neben N.-A.Sg.n. oder Pl.n. auch N.-A.Pl.c. darstellen; s. Rieken et al. 2011, 113 mit Tabelle 8.1.

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98   S. Heinhold-Krahmer

Wenn man aber ungeachtet der angesprochenen Unsicherheiten jeweils das Verb an den Zeilenenden
von I 32 u. 34 ergänzen möchte, so ist der von Hoffner erwogenen Ergänzung ki-ša-at? an beiden Stellen
gegenüber Sommers Einfügungen von zwei unterschiedlichen Verben wohl eher zuzustimmen. Vor allem
aufgrund der erhaltenen Teile dieses kurzen Paragraphen scheint ja die Annahme durchaus naheliegend,
dass a-u̯ a-teme[š hier in I 34 demselben hethitischen Nomen entsprach wie inim meš in I 32.

Zusammenfassung des Kommentars zu § 3 (Kol. I 32–34)


Mit diesem zwischen Paragraphenstrichen befindlichen Abschnitt von drei Zeilen unterbrach der hethiti-
sche Großkönig seinen Bericht über Anlass und Verlauf seiner Kampagne nach Westkleinasien. Offensicht-
lich war ihm daran gelegen, durch diese Unterbrechung dem König von Aḫḫiyawa die Glaubwürdigkeit des
bisher Dargestellten, aber möglicherweise auch noch die Seriosität seiner nachfolgenden Ausführungen und
Vorschläge zur Lösung der mit Piyamaradus Umtrieben verbundenen Probleme nahe zu legen; s. oben sub I
32 zur möglichen Deutung von aš-pur als Brief-Perfekt in präsentischer Bedeutung. Der Hinweis auf die von
ihm ausgeführte eidliche Bekräftigung seiner Erklärungen, und die an vertragliche Vereinbarungen erin-
nernde Aufforderung an den Wettergott (und vermutlich an einen weiteren Gott oder weitere Götter) zuzu-
hören, also als Zeuge(n) seiner Aussagen zu fungieren, sollte dem Adressaten zweifellos das Gefühl einer
rechtlichen Sicherheit vermitteln.

Paragraph 4 (Kol. I 35–52)

I 35 zur Ergänzung am Zeilenende


Die Ergänzung [ḫar-ga-nu-(nu-)un] in Verbindung mit dem vorausgehenden, noch erhaltenen ar-ḫa hatte
bereits Forrer (1929, 106) aufgrund von I 36 vorgenommen, wo nach seiner Meinung ar-ḫa ḫar-g[a-nu-nu-un]
gestanden hätte. Sie wurde von Sommer (AU 4: [ḫar-ga-nu-un]) in verkürzter Form akzeptiert; vgl. Miller
(2006, 243 [gemäß Übersetzung]); Hoffner (2009, 303: [ḫar-ga-nu-nu-un] u. Beckman et al. (2011, 104: [ḫar-
ga-nu-un]). Da die nachfolgende Zeile (I 36) an ihrem Beginn mit nu einen neuen Satz einleitet, dürfte in I 35
nach arḫa und dem ergänzten Verbum nichts mehr gefolgt sein; s. Translit. S. 26 u. 41 Anm. 37. Zum Auftreten
von arḫa ḫarganu- ab Ḫattušili III. s. oben sub I 1–2.

I 36 Zeilenende
Statt ar-ḫa ḫar-g[a-nu-(nu-)un  …] „ich vernichtete völlig, zerstörte völlig“ könnte hier ebenso das Partizip
ar-ḫa ḫar-k[án …] (wie KUB 19.29 IV 17  f.) oder ar-ha ḫar-g[a-an …] (z.  B. KBo 16.32 IV 12′) „völlig zugrunde
gerichtet, völlig zerstört“ (bei Orten und Ländern) ergänzt werden; s. HW2 Ḫ, 301 sub 2.2.
Im Anschluss an ein teilweise ergänztes ḫarg[anu(nu)n …] wäre noch Raum für etwa vier bis fünf Zeichen;
ergänzte man dagegen ḫark[an …] bzw. ḫarg[an …] bestünde noch Platz für maximal sieben Zeichen. Falls es
sich um das Partizip gehandelt hat, könnte anschließend noch das Hilfsverb e-eš-ta gestanden haben, und
schließlich wäre in beiden Fällen am Zeilenende noch die Einleitung für den sich über I 37 bis I 38 (ḫandaš
daliyanun) erstreckenden nachfolgenden Satz zu erwarten.
Während Forrer (1929, 106) die Zeile mit dem Verb enden ließ, ergänzte Sommer im Anschluss daran
noch a-pí-i̯a-ma „dort doch“ („dort aber/jedoch“) als Beginn des nachfolgenden Satzes. Weil uns statt dieser
Einfügung, die auch Hoffner (2009, 303) u. Beckman et al. (2011, 104) vornahmen, kaum etwas Besseres
einfiel, haben wir hier von einer Ergänzung der zu erwartenden Einleitung des anschließenden Satzes (nu
oder enklit. -ma bzw. -(i)a) nebst einer Ortsangabe abgesehen.
Bezüglich arḫa ḫark- wird bei der Übersetzung Forrers und Sommers Ergänzung beibehalten, da das
außer dem Präteritum mögliche Partizip zumindest inhaltlich keinerlei Änderung bedeuten würde.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   99

I 37 URUAt-ri-ia-an
Die Stadt Atriya ist nur hier und im sog. Milawata-Brief (KUB 19.55 + KUB 48.90 +, unterer Rand Z. 4 u. linker
Rand Z. 4) belegt; zu letzterem Text s. Sommer, AU 204  f.; del Monte/Tischler 1978, 56  f. u. del Monte 1992, 18;
Hoffner 1982, 131 u. 2009, 320; Beckman et al. 2011, 129–131. Zur Vervollständigung der Stelle, die am linken
Rand Z. 4 die Geiseln von Utima und Atriya nennt, s. Weeden (2012, 63–65, bes. 64), der vor wenigen Jahren
die Zugehörigkeit von KBo 18.117 zum Milawata-Brief erkannte.
Nach korrekter Interpretation von VAT 6692 I 35–38 lag A. geographisch entweder in unmittelbarer Nähe
von Iyalanda oder – noch wahrscheinlicher – innerhalb von Iyalanda selbst; s. schon Forrer (1929, 238) u.
Sommer (AU 70). Da J.D.H. (s. unten S. 348) Iyalanda mit Alinda im Westen Kariens gleichsetzen möchte, tritt
er – wie zuvor schon andere Forscher (z.  B. Freu 1980, 318; Carruba 1996, 32 Anm. 31) – für eine Identifizie-
rung von A. mit einem Ort in Westkarien ein, und zwar mit Idrias („later Stratoniceia“ nach J.D.H.); s. hierzu
unten S. 350 u. bereits Hawkins 1998, 26  f.
Gander jedoch hält eine Identifikation von Iyalanda mit Alinda für fraglich, insbesondere wegen Iya-
landas Nähe zu Talawa und Kuwalapašša sowie zu weiteren nach seiner Auffassung in Lykien zu lokalisie-
renden Orten (Gander 2010, 94, 114  f., 194–197; dazu schon oben S. 83  f. sub I 18). Folglich scheint ihm auch
eine Lokalisierung von Atriya im Westen Kariens unsicher, und er tendiert eher zu einer weiter östlichen Lage
Richtung Lykien oder sogar in Lykien selbst; Gander 2010, 117–119, 202  f.
Einigkeit besteht heute jedenfalls darüber, dass A. im Südwesten der anatolischen Halbinsel zu suchen
ist, und nicht etwa im Nordwesten, in der Troas. Letzteres hatten vor Jahren einige Forscher propagiert,
wobei Atriya sogar als keilschriftliche Wiedergabe von Troia betrachtet wurde; hierzu s. Easton 1984, 30, 34
u. ders. 1985, 192 (mit Lit.).

I 37 1-en Ḫal-ṣu
Die Wiedergabe von Ḫ alṢu mit „Feste, Festung“ (so z.  B. Forrer 1929, 107; Sommer, AU 5; Miller 2006, 243)
versah Hoffner (2009, 303) mit Fragezeichen. Er wies dann in Anm.  282  – innerhalb seiner Übersetzung
(l.  c.  303) bezog er sich jedoch fälschlich auf Anm.  281  – unter Berufung auf Neu (1996, 132–134) auf die
Übersetzung „Distrikt“ hin, was in etwa auch „Bezirk, Landstrich, Bereich“ entspricht; s. nun auch die Aus-
führungen von Weeden (2011, 179–183), die für Ḫ alṢu gegenüber birtu „fort, garrison“ klar die Bedeutung
„district“ ergeben. Zur Stelle I 37 bemerkte Weeden (2011, 180): „Ḫ alṢu at KUB 14.3 I 37  f., despite a fragmen-
tary and unclear context, does appear to refer to a whole town and not just a fortified part of one“.

I 37 zum fraglichen Ortsnamen nach a-na uru[…]


Über den Namen jenes in der zerstörten zweiten Hälfte von I 37 zu erwarteten Ortes, zu dessen Gunsten
der heth. König die Stadt Atriya als einzigen Distrikt bestehen bleiben ließ, herrscht weitgehend Einigkeit,
obgleich das Zeichen uru vor der Abbruchstelle, das sich in Goetzes Edition findet (s. auch Forrer 1929, 106,
132; bei Sommer, AU 4 jedoch schon mit Fragezeichen), heute nicht mehr deutlich sichtbar ist; zur Kollation
von J.H. s. Translit. S. 26 u. 41 Anm. 40.
Forrer (1929, 107) ergänzte hier Millawanda; Sommer (AU 4) schloss sich ihm mit Fragezeichen an; Scha-
chermeyr (1986, 233) hielt Millawanda für sicher; s. auch Garstang/Gurney 1959, 112 mit Anm. 1; Bryce 1979,
93; Parker 1999, 79. Dagegen schlug Huxley (1960, 18) vor, Aḫḫijavā zu ergänzen, mit der Begründung, der
König von Ḫatti sei bemüht gewesen, den König von Aḫḫiyawa nicht zu verärgern, da sich das zu dieser Zeit
in der Nachbarschaft von Iyalanda gelegene Atriya vermutlich ebenso wie Millawanda in der Einflusssphäre
von Aḫḫiyawa befunden habe; s. hierzu auch Freu 1980, 307 u. Easton 1985, 194.
Miller (2006, 243), Hoffner (2009, 303) u. Beckman et al. (2011, 104) sahen zu Recht von einer Ergänzung
ab. Hoffner (2009, 303) bezifferte fälschlich in seiner Übersetzung die Anmerkung zum zerstörten Namen der
Stadt mit 282, statt korrekt 283. Er verwies noch auf weitere Literatur zu dieser Stelle.

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100   S. Heinhold-Krahmer

I 38 ⸢ḫa⸣-an-da-aš
Postposition mit Dativ (zu a-na uru […]; s. oben zu I 37 u. Translit. S. 26 u. 41 Anm. 40); Bedeutung nach HW2
Ḫ, 171  f. „entsprechend, um – willen“.
Sommer, AU 5 übersetzte „in Vertragstreue zu“ und äußerte die Vermutung (AU 70), die Schonung von
Atriya könne auf einer Vereinbarung mit Millawanda(?) oder für Millawanda(?) (mit dem König von Aḫḫiyawa?)
beruhen. Auffällig und für die Datierung unseres Textes von gewisser Relevanz ist aber auch noch die Tatsa-
che, dass ḫandaš meist in Texten aus der Ära Ḫattušilis III. belegt ist (hierzu HW2, l.  c., wo aber unsere Stelle
nicht vermerkt ist); s. noch unten I 59 u. II 55.

I 38 zur Ergänzung der zweiten Zeilenhälfte


Sowohl Forrer (1929, 106) als auch Sommer (AU 4) versuchten nach nu-kán die Ergänzung e[gir-pa? i-na
uru
i-i̯a-la-an-da], was aufgrund des am Beginn von I 39 befindlichen Prädikats šara uwanun sowie des daran
anschließenden Anfangs des neuen Satzes x? šà uru⸢I⸣-i̯a-[la-an-da …] eine gewisse Wahrscheinlichkeit bean-
spruchen kann. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich hier ein anderer Ort befunden hat, da ja auch
das vermutete e[gir-pa? nicht über jeden Zweifel erhaben zu sein scheint. So belassen wir die Stelle uner-
gänzt; s. Miller 2006, 243; Hoffner 2009, 304.

I 39 x? šà uru⸢I⸣-ia-[la-an-da
Vor šà (zur Lesung s. unten) wurde ursprünglich ein satzeinleitendes nu gelesen; s. Translit. S.  26 u. 41
Anm. 44. Allerdings las und ergänzte Hoffner (2009, 304): kur uruI-ia-[la-an-da-za-kán …] anstatt der früheren
Lesung nu šà uruI-ia-[la-an-da …], die auch noch Millers Übersetzung (2006, 243) zugrunde liegt. Ferner fügte
Hoffner in die Lücke nach uruI-ia-[la-an-da-za-kán …] am Zeilenende – anstelle von Sommers še-ir ku-it-ma-
an – nun an-da ku-it-ma-an ein, worauf dann das den Satz beschließende Prädikat e-šu-un am Beginn von I
40 folgt. Seine Übersetzung lautet „While I was283 in the land of Iyalanda“; so auch Beckman et al. 2011, 104  f.32
Nun müsste bei dieser Ergänzung zum einen das Fehlen einer Satz verknüpfenden Partikel begründet
werden. Zwar hatte Hoffner selbst vor wenigen Jahren (2007, 391) festgestellt, dass Asyndese in temporalen
kuitman-Sätzen auftrete, jedoch mit der Einschränkung, dass es sich hierbei dann um Nebensätze handle,
die dem Hauptsatz nachgestellt seien; s. auch CHD L-N, 468 b′ sub nu. Bei vorangestellten kuitman-Sätzen
wie im Falle seiner Ergänzung in I 39 wäre, falls kein anderer Grund für Asyndese, wie etwa direkte Rede,
der Beginn eines Textes oder eines neuen größeren Abschnitts, vorliegen sollte, in der Regel eine satzein-
leitende Partikel erforderlich; s. z.  B. KBo 5.8 I 31–33: nu=kan kuitman kur uruIštalupa ištarna arḫa iyaḫḫat

kúr uru Kapupa=ma kur.kur meš uruKaška=ya ḫūmanda niniktat „Solange ich durch das Land Ištalupa hin-
durch marschierte, mobilisierten aber der Feind von Kapupa und die Kaška-Länder allesamt“ (vgl. AM 150  f.;
ähnlich auch KBo 3.4 III 47, vgl. AM 78  f.) oder Ḫatt I 73  f.: kuitman=ma=za dumu-aš ešun nu=za kur.kur

kúr kue tarḫiškinun na=at Ṭ up-pu ḫantī dù-mi … „Und welche Feindesländer ich nach und nach besiegte,
solange ich noch jung war, darüber werde ich gesondert eine Tafel anfertigen …“.
Möglicherweise aber sah Hoffner eine Lösung des Problems darin, dass er den nachfolgenden Satz in I
40  f. (von nu-kán bis 𒑱ḫa-aš-pa-ḫa) diesem erstgenannten Nebensatz beiordnete und dadurch ein „verspä-
tetes“ nu fand, noch vor dem von ihm als (nachgestellten) Hauptsatz interpretierten Satz in I 41 (von a-na
nam.  r a[… bis zum ergänzten Rest). Dies wäre vielleicht nicht völlig auszuschließen, aber erfordert wohl
doch etwas zu viel Mut auf unsicherem Gelände.
Beckman (2011, 105) betrachtet den auf den vermuteten kuitman-Satz unmittelbar nachfolgenden und
mit nu eingeleiteten Satz anders als Hoffner nicht als Neben-, sondern als Hauptsatz.

32 Die von Hoffner (2009, 304 [S. 391]) zu seiner Lesung KUR (s. seine Translit.) statt nu šà (s. unsere Translit.) angebrachte
Anm. 283 erscheint zunächst etwas verwunderlich. Sie beruht aber zweifellos auf einem Versehen, da dort zunächst von einer
Ergänzung des Ortsnamens Millawanda durch Forrer und Sommer die Rede ist, was jedoch auf deren Ergänzung am Ende von I
37 (s. oben) zu beziehen wäre. Ebenso befinden sich die Hinweise auf Anm. 281 und 282 in der Übersetzung jeweils am falschen
Platz, wie sich dann auf S. 391 zeigt. Die Inhalte von Anm. 281 bis Anm. 283 wurden eindeutig untereinander vertauscht. Zu I 39
gehört seine Anm. 281, nicht Anm. 283.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   101

Um diese Interpretation aufrechterhalten zu können, müsste auf jeden Fall mindestens ein weiteres Bei-
spiel für einen dem Hauptsatz vorangestellten kuitman-Satz mit fehlendem nu gefunden werden.
Zum anderen haben aber die Kollation der Tafelstelle für die Autographie durch E.R. (s. unten S. 307)
und die intensive Überprüfung der Fotos durch alle an der vorliegenden Arbeit Beteiligten nun eindeutig
die Lesung šà uru⸢I⸣-ia-[…] ergeben. Hinsichtlich der früheren Deutung der möglichen Zeichenspuren vor šà
als satzeinleitendes nu konnte dagegen keine Einigkeit erzielt werden; s. Translit. S. 26 u. 41 Anm. 44. Sie
muss als äußerst fraglich eingestuft werden. Möchte man sich aber dennoch Sommers und Hoffners Ergän-
zung eines temporalen, dem Hauptsatz vorausgehenden kuitman-Nebensatzes anschließen, und zwar wie
bei Hoffner unter Verzicht auf das fragwürdige nu, so ließe sich das syntaktische Problem unschwer dadurch
lösen, dass man die bei Hoffners Ergänzung vermisste satzverknüpfende Partikel nach einem Vorschlag
von E.R. mit enklit. -ma an Iyalanda anschließt, wodurch sich für I 39 bis Anfang I 40, Folgendes ergäbe:
šà uru⸢I⸣-ia-[la-an-da-ma-za-kán ku-it-ma-an] e-šu-un „[Solange] ich aber innerhalb der Stadt Iya[landa]
weilte“.
Was hier aber ein weiteres Problem aufwirft, ist die Tatsache, dass wir somit zehn Zeichen bis zum Zei-
lenende ergänzen müssten, bis zum Kolumnentrenner jedoch nur maximal acht bis neun Zeichen Platz
fänden. Dass vielleicht wie des Öfteren weitere Zeichen in den nicht mehr erhaltenen Kolumnenzwischen-
raum geschrieben worden waren, scheint zwar möglich, muss aber offenbleiben.
Man sollte bei dieser Interpretation zudem noch bedenken, dass der nachfolgende Satz (I 40  f.) allein
schon aufgrund der inhaltlichen Logik kaum der zugehörige Hauptsatz zu einem vorausgehenden, mit Ergän-
zung kuitman versehenen Nebensatz sein dürfte. Dies würde ja bedeuten, dass der Hethiter zuerst berichtete,
dass er in Verbindung mit der völligen Zerstörung des Landes Iyalanda nur die Stadt Atriya verschont habe
(I 35–38), und dass er dann w[ieder?] in eine Stadt, mit einiger Wahrscheinlichkeit (wegen I 39) eben in die
Stadt Iyalanda, hinaufgezogen sei (I 38  f.). Er hätte dann, während er sich dort (innerhalb der Stadt) befand,
das ganze Land vernichtet. Insbesondere die zweifache Erwähnung der Zerstörung des ganzen Landes I., die
die ohnehin fragliche Ergänzung kuitman mit sich bringt, ist problematisch. So schien es angesichts der dar-
gelegten Probleme, im Gegensatz zu Sommer, Hoffner u. Beckman sinnvoll, auf diese zu verzichten und den
Satz in I 39  f. als selbständigen Satz etwa so zudeuten: x? šà uru⸢I⸣-ia-[la-an-da-ya-za-kán] e-šu-un „Und ich
hielt mich innerhalb von Iyalanda auf.“ Dies ließe sich insbesondere dann erwarten, wenn man wie Forrer,
Sommer und Beckman im vorausgehenden Satz (I 38  f.) Iyalanda ergänzt, dessen Höhenlage ja bereits aus
I 22–25 hervorgehen dürfte, so dass I 38–40 dann folgenden Text ergeben würden:

„Dann zog ich w[ieder in die Stadt Iyalanda] hinauf; und innerhalb von Iy[alanda …] hielt ich mich auf.“

I 40  f. von nu-kán bis 𒑱  ḫa-aš-pa-ḫa


Das Prädikat 𒑱  ḫa-aš-pa-ḫa (1.Sg.Prt.) am Beginn von I 41 macht in Verbindung mit der in der vorausgehen-
den Zeile (I 40) erhaltenen Satzeinleitung nu-kán sowie dem daran anschließenden Objekt kur-tu4 ḫu-u-
⸢ma⸣-a[n …] deutlich, dass der Autor hier nochmals (s. zuvor schon in I 36) auf die erfolgreiche Niederwer-
fung des ganzen Landes Iyalanda Bezug genommen haben dürfte; s. Sommer, AU 5; vgl. auch Miller 2006,
243 u. Hoffner 2009, 304. Fraglich bleibt allerdings, was in der Lücke am Ende von I 40 gestanden hat, wo
noch Raum für maximal neun bis zehn Zeichen bestand; s. Translit. S. 26 u. 41 Anm. 47. Sommer ergänzte hier
die Konjunktion kuwapi und fügte noch ein eventuell zum nachfolgenden Verb 𒑱  ḫa-aš-pa-ḫa gehörendes
arḫa hinzu. Miller (2006, l.  c.) und Hoffner (2009, l.  c.) sahen dagegen von einer Ergänzung ab; vgl. noch
Beckman et al. 2011, 104.

I 41 𒑱  ḫa-aš-pa-ḫa
Hinsichtlich der lange angenommenen Grundbedeutung „vernichten, zerstören“ (z.  B. Goetze 1927, 118  f.;
Sommer, AU 5, 71; Friedrich, HW 63; vgl. auch Laroche, DLL 80: „broyer, fouler“) des hier in der 1.Sg.Prt.
bezeugten Verbs 𒑱  ḫašp- wurde ein neues Ergebnis erzielt.
Nach E.R. wäre „zerstören“ die Grundbedeutung des luwischen Verbs ḫašp-, das bisher ausschließlich
in hethitischem Kontext bezeugt ist. Melchert (2007, 253–257) jedoch konnte es als „schneiden“ bestimmen.

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102   S. Heinhold-Krahmer

Grundlage ist KUB 33.66 + KBo 40.333 III 4  f.: … aniat n=at=kan wārašta gištiyeššar daiš n[=a]t=kan ḫašpadda
„Er säte aus und erntete ab. Er legte einen Wald an und fällte ihn (lit. schnitt ihn ab).“ Damit wird Puhvels
(HED H, 233) früherer Deutungsvorschlag „to handle, come to grips with, take care of, dispose of“ hin-
fällig.
Ebenso scheint damit auch Kammenhubers Wiedergabe 𒑱  ḫašp- „in Besitz nehmen, überwältigen“, arḫa
𒑱  ḫašp- „völlig überwältigen, besiegen“ in HW2 Ḫ, 425 nicht korrekt zu sein. Zwar ist hier in I 41, da unmittel-
bar vorher noch immer vom Land Iyalanda die Rede war, durchaus zu erwarten, dass der Autor erneut auf
die schon in I 35  f. berichtete Zerstörung oder Eroberung des ganzen Landes anspielte (s. I 36: kur-tu4 ku-it
ḫu-u-ma-an; I 40: kur-⸢tu4⸣ ḫu-u-⸢ma⸣-a[n …]), doch während in I 35  f. arḫa ḫarganu- „völlig vernichten/zer-
stören“ als Verbum delendi verwendet wurde, dürfte das in I 41 benutzte Verbum, das im oben genanntem
Beispiel Melcherts auf das Fällen eines Waldes angewandt wird, hier (I 41) in Verbindung mit dem zuge-
hörigen Satzbeginn in I 40: nu-kán kur-⸢tu4⸣ ḫu-u-⸢ma⸣-a[n …] 𒑱  ḫa-aš-pa-ḫa eine Deutung etwa im Sinne von
„Und das ganz[e] Land [  ] brachte ich zu Fall/mähte ich nieder, schlug ich nieder (wörtlich: schnitt ich ab)“
oder Ähnlichem zulassen. Die Partikel -kan tritt, wie bereits Kammenhuber (HW2 Ḫ, 425) festgestellt hat, in
Verbindung mit 𒑱  ḫašp- und arḫa 𒑱  ḫašp- immer auf.

I 41 a-na nam.⸢ra⸣[meš …]
Sommers Interpretation und Ergänzung des in dieser Zeile nach 𒑱  ḫa-aš-pa-ḫa beginnenden und wohl auch
endenden Satzes (I 41; s. AU 5): a-na nam.ra[meš-ma egir-an-da ú-ul pa-a-u-un] „[machte ich mich jedoch
nicht hinter] den Gefangenen [her]“ würde ebenso einen Sinn geben wie Goetzes etwas früherer Versuch
(1930, 288 Anm. 3): „Den Gefangenen [wäre ich nachgesetzt]“; zu letzterer Möglichkeit, bei der es sich um
eine Irrealis-Konstruktion handelt, s. das unten sub I 41–44 gezeigte Beispiel KUB 19.37 III 49 usw.
Sommers Auffassung war jedenfalls, dass es sich hierbei um den Hauptsatz zu zwei vorausgehenden, nur
fragmentarisch erhaltenen Nebensätzen: x? šà uru⸢I⸣-ia-[-la-an-da …] e-šu-un (I 39  f.; so nach unserer Lesung)
sowie nu-kán kur-tu4 ḫu-u-⸢ma⸣-a[n …] 𒑱  ḫa-aš-pa-ḫa (I 40  f.) gehandelt haben müsse, deren Konjunktionen
er, wie schon oben gesagt, mit kuitman (I 39) und kuwapi (I 40) zu ergänzen versuchte. Bei der Anordnung
von Hauptsatz und Nebensätzen stimmte mit ihm auch Hoffner (2009, 304) überein, der allerdings bei der
Rekonstruktion von Einzelheiten, wie der Einsetzung einer zweiten Nebensatzkonjunktion kuwapi (I 40)
oder der Lesung nu šà (s. oben sub I 39), abwich.
Wie schon aus dem oben sub I 39 Dargelegten deutlich wird, würde in diesem mit nu-kán eingeleiteten
Satz (I 40) anders als im vorausgehenden (I 39) die Ergänzung kuitman grammatikalisch recht gut passen.
Aber auch inhaltlich ergäbe sich dann aus dem nachfolgenden Hauptsatz ein verständlicher Grund dafür,
dass der Hethiterkönig hier nochmals in einem Nebensatz auf die Vernichtung bzw. Niederschlagung des
ganzen Landes zurückkam: Es ging ihm vermutlich darum, dem Adressaten zu erkären, weshalb er die flüch-
tigen nam.ra-Leute nicht verfolgt hatte, solange sie sich noch außerhalb des Machtbereiches von Aḫḫiyawa
befanden. So könnte I 40  f. durchaus folgendermaßen gedeutet werden: „[Solange] ich das ganz[e] Land
[völlig] niederschlug, [zog ich jedoch nicht hinter] den Zivilgefangen[en her]“.
Dass Sommer in I 41 in Verbindung mit den nam.ra[…] das wohl in ähnlichem Zusammenhang in
I  44 erhaltene egir-an-da ú-ul pa-a-u-u[n …] ergänzte (so auch Hoffner 2009, 304; dagegen Forrer 1929,
108; Miller 2006, 243 u. Beckman et al. 2011, 104 ohne Ergänzung), versuchte er näher begründen. Er berief
sich dabei auf Hinweise über Verfolgungen flüchtiger nam.ra in anderen Feldzugsberichten, wobei er KBo
3.4 II 37 (AM 54  f.) als Beispiel nannte; s. z.  B. auch KBo 5.8 III 40  f. [AM 158–161]: ammuk=ma ina Ḫur.sag Kaššū
ana mPittipara ù ana nam.ra egir-anda pāun „Ich aber zog ins Gebirge Kaššu hinter Pittipara und den nam.
ra her“.
Dass der Hethiter jedenfalls versuchte, nicht nur eine Auslieferung des Piyamaradu, sondern auch jener
nam.ra, die gemeinsam mit diesem entkommen bzw. hinter ihm hergezogen waren, durch den König von
Aḫḫiyawa zu erreichen, ergibt sich ohnehin klar aus III 9–17; s. dazu unten S. 230–236. An der hier behandel-
ten Stelle VAT 6692 I 41 wird also wahrscheinlich auf die 7000 nam.ra des Königs von Ḫatti Bezug genom-
men, die Piyamaradu in das Hoheitsgebiet von Aḫḫiyawa gefolgt waren, oder die er dorthin verschleppt hatte
(III 10; vgl. III 54; s. Sommer, AU 72). Ganz offensichtlich versuchte der König von Ḫatti gegenüber dem König

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   103

von Aḫḫiyawa, wie schon oben gesagt, in I 40  f. zu begründen, warum er nicht schon hinter den Flüchtlingen
hergezogen war (vgl. noch I 43  f.), bevor sie auf das Terrain von Aḫḫiyawa gelangt waren.
Mindestens einen weiteren Grund führte er dann in den nachfolgenden Zeilen I 42  f. an.

I 42 gim-an u̯ a-a-tar nu.gál x[…]


Die wörtliche Bedeutung lautet: „Als Wasser nicht vorhanden w[ar?,  ...]“, oder etwas freier mit Sommer
(AU 5) übersetzt: „Als Wassermangel her[rschte? …]“. Diese oder ähnliche Feststellungen finden sich auch in
anderen, leider ebenfalls fragmentarischen Texten, insbesondere in Tatenberichten und Annalen:
Eindeutig belegt in KUB 34.23 II 27′ (DS Fragm. 26; Del Monte 2009, 72, 80), wobei es sich um Wasser-
mangel in Waššukanni während Šuppiluliumas Mitanni-Feldzug handelt; sehr wahrscheinlich erwähnt auch
in KUB 31.19 IV 7 (sog. Annalen Ḫattušilis III.; s. Gurney 1997, 132) und auch in KUB 19.37 III 54 (AM 178  f.),
wo zwar Wasser (watar) jeweils in der Lücke vor nu.gál noch zu ergänzen wäre, dies jedoch mit gewisser
Berechtigung, da anschließend immer von Durst die Rede ist.
Ob in I 42 im Anschluss an nu.gál das Verb e?[-eš-ta zu ergänzen ist, wie von Forrer (1929, 108), Sommer
(AU 4), Hoffner (2009, 304) u. Beckman et al. (2011, 104) erwogen wurde (s. z.  B. auch KUB 31.19 Rs. IV 7),
oder ob mit einem in Verbindung mit nu.gál nicht selten auftretenden Nominalsatz zu rechnen ist (s. z.  B.
KUB 19.37 III 54), und daher der nicht mehr deutbare Zeichenrest nach nu.gál in I 42 bereits zum Beginn des
nachfolgenden Hauptsatzes gehörte, lässt sich nicht klären.
Forlanini (1988a, 157  f.; ders. 2012, 138  f.) versuchte die oben genannte Stelle KUB 31.19 IV 7 mit der hier in
VAT 6692 I 41–44 zu behandelnden Passage wegen des jeweils erwähnten Wassermangels inhaltlich zu ver-
binden. Dafür könnte sprechen, dass beide Texte überwiegend Ḫattušili III. zugeordnet werden. Doch man
sollte nicht vergessen, dass die fast wie Topoi anmutenden Hinweise auf geplante, jedoch dann aufgrund von
Wassermangel unterlassene militärische Aktionen auch in weiteren, insbesondere unter Muršili II. entstan-
denen Tatenberichten (s. oben) zu finden sind.

I 43 zur Ergänzung nach nu-⸢mu⸣-kán karašḪi.a x[…]


Sommer (AU 72) stellte fest, dass „die hethitische Heeresmacht“ zu dem vom Großkönig geplanten Unter-
nehmen, der Verfolgung und Ergreifung der flüchtigen nam.ra, „irgendwie untauglich gewesen“ zu sein
scheint, so dass dieser von seinem Vorhaben Abstand nehmen musste. Eine Weigerung der Truppen, auf-
grund des Wassermangels, wie sie Goetze (1930, 288 Anm. 3) vermutete, hielt er (AU 72 Anm. 2) für fraglich,
da er bezweifelte, dass der Autor dies dem Adressaten berichtet hätte. So vermutete er, dass der Hethiter das
Aufgeben seines Plans mit der ihm zur Verfügung stehenden zu geringen Heeresstärke begründet hätte, und
ergänzte nach nu-mu-kán karašḪi.a t[e?-pa-u-u̯ a-za e-eš-ta „Da [hatte ich zu] w[enig?] Truppen.“ Nun wäre
eine solche Ergänzung durchaus in einem diplomatischen Text wie VAT 6692 in Betracht zu ziehen, in dem
es dem Autor wohl u.  a. darauf ankam, dem Adressaten gegenüber die friedlichen Ziele seines Unternehmens
deutlich zu machen, hier eben, dass er auf seinem Zug in den Westen nicht von einer mächtigen Heeresschar
begleitet wurde. Allerdings ist uns auch kein Beispiel dafür bekannt, dass ein hethitischer König gestand,
eine geplante Verfolgungskampagne aufgegeben zu haben aufgrund eines zu geringen Bestands an Streit-
kräften. Jedenfalls wurden die von Sommer für seine Ergänzung herangezogenen Textstellen (Ḫatt II 21  f.;
KBo 5.8 II 29 [s. AM, 154  f.]), die von nur wenigen zur Verfügung stehenden Truppen oder Unterstützungskräf-
ten berichten, jeweils angewandt, um zu zeigen, dass dieser Mangel an Soldaten die hethitische Seite nicht
daran hindern konnte, sich dennoch gegen ihre Feinde zu wenden.
Schwerer wiegt allerdings ein bereits vorgebrachtes Argument (s. Translit. S. 26 u. 41 Anm. 51): Forrers
versuchte Lesung u[l? … (= u[l? …) lässt sich aufgrund der Position des noch erkennbaren Winkelhakens eher
vertreten als Sommers t[e?-pa-u-u̯ a-za …]. So sollte man vielleicht doch lieber eine Deutung bevorzugen, die
besagt, dass das Heer dem König aufgrund des Wassermangels nicht nachfolgen konnte.
Dagegen leuchtet Sommers Ergänzung der restlichen Zeile I 43 (AU 4: … nu a.na nam.ra meš) ein, da sie
sich problemlos mit dem Beginn von I 44: egir-an-da ú-ul pa-a-u-u[n, vereinbaren lässt und gut in den
gesamten Kontext passt.

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104   S. Heinhold-Krahmer

I 41–44 von a-na nam.⸢ra⸣[meš …] bis egir-an-da ú-ul pa-a-u-u[n …]


Während Forrer (1929, 108  f., 132) auf Ergänzungen und eine Kommentierung der fragmentarischen Zeilen
völlig verzichtet hatte, führte in der Folgezeit der Hinweis auf Wassermangel (oben sub I 42) in Verbindung
mit den zuvor genannten nam.⸢ra⸣meš (I 41) im Wesentlichen zu zwei unterschiedlichen Interpretationen des
unmittelbar nachfolgenden stark zerstörten Textes (I 42–44). Nach Sommers Auslegung (AU 71) hätte diese
Notlage unmittelbar die flüchtigen nam.ra (I 41) betroffen, weshalb der Hethiterkönig plante, die Dürresitu-
ation der späten Jahreszeit zu nutzen, um die bislang aufgrund seiner Vernichtungsaktivitäten in Iyalanda
unterlassene Verfolgung dieser flüchtigen Menschen erfolgreich aufnehmen und die Übergabe bzw. Unter-
werfung der von Durst Geplagten erzwingen zu können. Nach der Deutung anderer Forscher (s. z.  B. Goetze
1930, 288 mit Anm. 3; Forlanini 1988, 158; Parker 1999, 79  f.) hätte der Wassermangel jedoch ein Problem für
die Hethiter dargestellt, wodurch sich der Großkönig gezwungen sah, auf eine Verfolgung der Flüchtlinge zu
verzichten.
Zum besseren Verständnis der nachfolgend dargelegten unterschiedlichen Positionen seien hier
Sommers Übersetzung und Transliteration der Stelle wiederholt:

41 … a.na nam.ra[meš -ma egir-an-da ú-ul pa-a-u-un]


42 gim-an u̯ a-tar nu.gál e̤ ?[-e̤ š-ta ma-an-ši egir-an-da pa-a-u-un]
43 nu-mu-kán karašḪi.a t[e?-pa-u-u̯ a-za e-eš-ta nu a.na nam.ra meš]
44 egir-an-da ú-ul pa-a-u-u[n nu                  ]
41  … [machte ich mich jedoch nicht hinter] den Gefangenen [her]
42 [Ich hätte mich], als Wassermangel he[rrschte, hinter ihnen hergemacht].
43 Da [hatte ich zu] w[enig?] Truppen. [So] macht[e] ich mich [denn] nicht hinter
44 [den Gefangenen] her [und …]

Nach Parkers Auffassung (1999, 79) würden Sommers Ergänzungen dieser Zeilen den Sachverhalt eher ver-
wirren als klären. Seiner Meinung nach wäre in I 42 eine Ergänzung im Sinne von „Als kein Wasser vor-
handen war, zog ich nicht mehr hinter ihnen (den nam.ra) her“ zu erwarten. Statt der noch zweimal in
unmittelbarer Nähe in Verbindung mit den nam.ra auftretenden Wendung egir-an-da ú-ul pa-a-u-un (I 44
u. zuvor I 41 bereits in Ergänzung) könne man, so Parker, der Abwechslung halber in I 41 auch na-an egir-an
ú-ul aṣ-bat ergänzen, wobei er eger statt üblichem egir schreibt. Allerdings akzeptierte er dann wieder
Sommers Ergänzungsvorschlag für I 43 und gelangte zu folgender Übersetzung (von I 41: a-na nam.⸢ra⸣[meš
bis I 44: pa-a-u-u[n):

„Die Kolonen [aber verfolgte ich nicht.] \ Während Wassermangel he[rrschte, setzte ich ihnen nicht nach]. \ Mir [waren] ja
die Truppen g[ering]. \ Also verfolgte ich [die Kolonen] nicht.“

Auch Hoffner (2009, 304 Anm. 284) lehnte Sommers Ergänzung in I 42 ab mit den Worten: „Sommer’s resto-
ration here makes little sense and is only his guess. The two clauses following the water giving out seem to be
reasons why he decided not to pursue the nam.ra.“ So ließ er I 42 unergänzt, übernahm aber dann ebenso
wie zuvor schon Parker Sommers Ergänzung in I 43.
Gerade wenn man im Gegensatz zu Sommer den in I 42 bezeugten Wassermangel als Problem für die
Hethiter selbst begreifen möchte, so scheint aber dessen weitere Ergänzung der Zeile mit einem Satz im
Irrealis nicht abwegig. Immerhin lässt sich anhand einiger Beispiele in Feldzugsberichten belegen  – und
Teil eines solchen stellen ja die hier behandelten Zeilen innerhalb unseres briefartigen Dokuments VAT 6692
dar –, dass ein hethitischer Kriegsherr recht großspurig betont, dass er sein ursprüngliches Vorhaben trotz
eines eingetretenen Problems durchgeführt hätte, wenn nicht noch ein weiterer Hinderungsgrund hinzuge-
kommen wäre.
Die besten Beispiele lassen sich in den Annalen Muršilis II. finden. So ließe sich z.  B. syntaktisch und
auch vom inhaltlichen Aufbau her ein Vergleich zwischen KUB 19.37 III 49–55 und unserem Passus her­
stellen:
1. Ursprüngliches, jedoch noch nicht ausgeführtes Vorhaben:

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   105

KUB 19.37 III 49 (nach Goetze, AM 176  f.): (49)[nu] pạ-ra-a pa-a-un ma-an-kán h ̮ur.sagTe-eḫ-ši-na-an šạ[-ra-a] pa-a-un  „[Und] ich
zog weiter; ich wäre das Gebirge Teḫšina hi[nauf] gezogen.“
VAT 6692 I 41 (nach Sommer, AU 4  f.; s. oben sub I 41): (41)… a-na nam.ra[meš-ma egir-anda ú-ul pa-a-u-un] „… [machte ich
mich jedoch nicht hinter] den Gefangenen [her].“
VAT 6692 I 41 (nach Goetze 1930, 288): (41)… a-na nam.ra[meš-ma-ma-an-ma egir-an-da pa-a-u-un] „… den Gefangenen [wäre
ich nachgesetzt].“

2. Auftretendes Problem, das den Großkönig dennoch nicht an der Realisierung seines Vorhabens gehin-
dert hätte:

KUB 19.37 III 50–53 (s. Goetze, AM 176  f.): (50)[…-]ma-mu pí-ra-an ar-pu-u̯ a-an-te-eš e-ši[r (51)[nam-m]a-at u̯ a-ar-ḫu-iš e-šir
ma-an-mu [ma-a-an …] (52)[pí-ra-a]n ar-pu-u̯ a-an-te-eš-ša e-šir a[m-mu-uk-ma-an-kán] (53)[i-na] h ̮ur.sagTe-eḫ-ši-na ša-ra-a-pát
pa-a-u[n …] „(50)[…] aber vor mir ware[n] schwierig […] (51)[fern]er waren sie schwer zugänglich. Wenn auch […] (52)[vo]r mir
schwierig gewesen sein mögen, i[ch wäre] (53)[ins] Gebirge Teḫšina trotzdem hinauf gezoge[n …].“
VAT 6692 I 42 (nach Sommer, AU 4  f.): (42)gim-an u̯ a-a-tar nu.gál x[… ma-an-ši egir-an-da pa-a-u-un] „(42)[Ich hätte mich,] als
Wassermangel he[rrschte, hinter ihnen hergemacht]“.

3. Ein weiterer Hinderungsgrund, der den Großkönig schließlich zur Aufgabe seines Planes zwang:

KUB 19.37 III 53–55 (Goetze, AM 178): (53)[i-na] h ̮ur.sagTe-eḫ-ši-na ša-ra-a-pát pa-a-u[n nu …] (54)[…-]x-u̯ a nu.gál nu ka-a-ni-in-ti
ḫa-x[…] (55)[nu íd]Ma-ra-aš-ša-an-da-an kat-ta pa-a[-un …] „(53)[ins] Gebirge Teḫšina trotzdem hinauf gezoge[n. Da mir?  ] (54) […
‚…] ist nicht vorhanden‘. Und dem Durst (/des Durstes) we[gen? …] (55)Da zo[g] ich den Marassanda-[Fluss] entlang […].“
VAT 6692 I 43  f. (Sommer, AU 4  f.): (43)nu-⸢mu⸣-kán karašh ̮i.a x[… nu a-na nam.ra meš] (44)egir-an-da ú-ul pa-a-u-u[n …] „(43)Da
mir/mich die Truppen […], (44)zog ich nicht hinter [den Gefangenen] her. […]“

Somit erscheint hier Sommers Ergänzungsversuch keineswegs völlig verfehlt. Als weitere zum Vergleich
geeignete Stellen könnten z.  B. Folgende dienen:
KUB 14.15 IV 14–32 (AM 66–71): Muršili plante einen Rachefeldzug gegen Manapa-Tarḫunta von Šeḫa.
Auf dem Weg dorthin sandte ihm jener einen Boten mit einem Unterwerfungsangebot entgegen. Der Hethi-
terkönig wäre trotzdem weitergezogen, doch als sich ihm die Mutter des Gegners zu Füßen warf, akzeptierte
er die Unterwerfung und brach den Feldzug ab; in verkürzter Version wird dies noch in KBo 3.4 II 10–18 (AM
66–71) berichtet.
KBo 4.4 III 22  f. (AM 124–127): Hiernach wäre der heth. König trotz später Jahreszeit von Tegarama aus
nach Hayaša/Azzi gezogen, doch die ihm entgegenkommenden Herren warnten ihn, weshalb er dann seinen
Plan aufgab.
So böte sich nach diesen Ausführungen z.  B. folgende Rekonstruktionsmöglichkeit der stark zerstör-
ten Zeilen von VAT 6692 I 40–44 an, auch wenn wir in der Translit. und der Übersetzung von Ergänzungen
absehen möchten:
– Der Hethiter erklärte, dass er, während er das ganze Land Iyalanda niederschlug, die nam.ra-Leute
nicht verfolgen konnte; s. oben I 40  f.
– Als (dann) Wassermangel herrschte, wäre er (dennoch) hinter ihnen hergezogen; s. Sommers Ergänzung
AU 4  f. zu I 42 u. oben S. 104.
– Dann ergab sich für ihn ein Problem, bei dem das Heer eine wie auch immer geartete Rolle spielte (I 43,
dazu oben S. 104 zur bevorzugten Lesung: „nun … die Truppen mir nicht?“).
– Daraufhin zog er nicht hinter den nam.ra-Leuten her (I 43  f.); s. oben S. 104.

I 44  f. Ergänzung des verlorenen zweiten Teils von I 44 […] bis I 45 ú-u̯ a-nu-un
Aus dem am Beginn von I 45 erhaltenen Prädikat ša-ra-a ú-u̯ a-nu-un „ich kam hinauf“ ist zu schließen, dass
der in I 44 nach pa-a-u-u[n beginnende neue Satz den Hinweis bot, an welchen hochgelegenen Ort der Hethi-
terkönig gelangte, nachdem er von einer Verfolgung der nam.ra-Leute Abstand genommen hatte. Ob dieser
mit der in I 47 bezeugten und mit A anlautenden Stadt identisch ist, deren Lesung uru A-ma?-[…] zudem nicht
als absolut sicher gelten kann (s. unten sub I 47), bleibt ebenso fraglich wie Sommers übriger Ergänzungs-

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106   S. Heinhold-Krahmer

versuch der Zeile 44 (AU 4  f., 72  f.: (44) …-u[n nu še-šu-u̯ a-an-zi i.na urua-ba-u̯ (i-i̯a?)] (45)ša-ra-a ú-u̯ a-nu-un „[und]
kam[, um Quartier zu nehmen, zur Stadt Abavija(?)] hinauf.“). Vorsicht dürfte hier angebracht sein.

I 45  f. von ma-a-x[… bis egir-pa-ma-a-na-an ú-ul […]


Es bleibt fraglich, ob in I 45 ma-a-n[a-an oder ma-a-a[n zu lesen ist; s. dazu Translit. S. 26 u. 42 Anm. 54.
Sommers Ergänzung der beiden Zeilen I 45 und 46 (AU 4), von denen jeweils rechts mehr als die Hälfte fehlt,
erscheint etwas gewagt. Zu Recht hat schon Forrer (1929, 108  f.) und haben später auch Miller (2006, 243),
Hoffner (2009, 304) u. Beckman et al. (2011, 104) auf eine Ergänzung verzichtet. Dennoch kann die Annahme
(AU 72  f.), dass der Hethiterkönig bereits hier innerhalb der Lücken auf den zweifellos für die Gefangenen-
affäre verantwortlichen Piyamaradu zu sprechen kam, der ja erstmals im selben Paragraphen in I 51 (s.
unten) namentlich erscheint, als nachvollziehbar gelten; zur jedoch sehr unwahrscheinlichen Ergänzung
dieses Namens in I 48 s. unten. Immerhin konnte Sommer (AU 72) zum einen aufgrund einer späteren Stelle
(III 54) darauf hinweisen, dass sich die nam.ra-Leute, deren geplante Verfolgung der Hethiter ja nach I 41–44
hatte aufgeben müssen, offenbar bei Piyamaradu, im Lande des Adressaten, befanden; s. III 54–58. Zum
anderen merkte er zu Gunsten seiner Ergänzung von Piyamaradus Namen in I 45 an, dass in dem ganzen
Passus in Kol. III mit der Erwähnung der besagten nam.ra meš von Piyamaradu die Rede sei. Dabei machte er
gleichzeitig auf eine Parallele in beiden Abschnitten aufmerksam: Sowohl in I 51 als auch in III 59′ weist der
Hethiterkönig auf die – ständig stattgefundenen bzw. weiter zu befürchtenden – Überfälle in hethitisches
Hoheitsgebiet durch Piyamaradu hin.
Sommers Ergänzung von Piyamaradu in der Lücke von I 45 scheint insbesondere dann nicht abwegig,
wenn man wie er (AU 72) bedenkt, dass der hethitische Großkönig dem Adressaten die ganze Geschichte
um seinen misslungenen Plan, die nam.ra einzufangen (oben I 41–44), nicht zu dessen angenehmer Unter-
haltung erzählt hat, sondern wohl um zu begründen, weshalb er diese nicht bereits vor ihrer Ankunft im
Hoheitsgebiet von Aḫḫiyawa ergriffen habe, und wohl auch, weshalb er dann selbst weiter in Richtung auf
das Hoheitsgebiet von Aḫḫiyawa, nämlich nach Millawanda, vorgerückt sei. Dass sich die nam.ra-Leute
ebenso wie Piyamaradu auf dem Terrain von Aḫḫiyawa befanden, ist ja nicht allein aufgrund von III 54–58,
sondern auch noch von III 9–17 anzunehmen.
Einigkeit besteht mit Sommer aufgrund der in I 45 vor der Abbruchstelle sichtbaren Zeichenfolge ma-a-
x[…] sowie dem in I 46 erhaltenen neuen Satzbeginn egir-pa-ma-a-na-an ú-ul immerhin darüber, dass es
sich bei dem verloren gegangenen Text um Sätze im Irrealis gehandelt haben dürfte. Wenn man also Sommers
Überlegungen noch so weit folgen könnte, dass in I 45 irgendwie davon die Rede war, dass Piyamaradu die
flüchtigen nam.ra-Leute mit sich genommen habe: ma-a-n[ạ-an Ipí-i̯a-ma-ra-du-uš ú-ul da-a-aš] „Hät[te
Pijamaradu sie (sc. die Gefangenen) nicht an sich genommen]“, so wirkt seine Ergänzung von I 46 nach
egir-pa-ma-a-na-an ú-ul [ku-u̯ a-at-qa kap-pu-u-u̯ a-nu-un(?)] „[ich] würde ihm kein[erlei Schuld angerech-
net haben!(?)]“ etwas gewagt; vgl. auch Hoffner 2009, 304 mit Anm. 285. Unsicher bleibt letztlich also, auf
wen das an die Irrealis-Partikel mān angeschlossene enklit. Pronomen -an (A.Sg.c.) in I 46 zu beziehen ist,
nämlich 1. auf den in Z. 51 genannten und von Sommer bereits in I 45 ergänzten Piyamaradu, 2. als kollektiver
Singular auf die nam.ra meš in I 41 (oder in der Ergänzung der Lücke I 43) oder 3. auf eine andere aufgrund der
Lücken uns unbekannte Person.

I 47 uru A-ma?-x?[…]
Sommer (AU 74), der Forrers (1929, 108) Lesung und Ergänzung des fragmentarischen Ortsnamens vor Abbruch
der Zeile I 47, nämlich (Uru-Íd-) š[e-e-ḫa], ablehnte, und zwar ebenso wie die sich aus Goetzes Ed. ergebende
Lesung uru A-ma-x[…] (schon bei Sturtevant 1928, 222), versuchte hier uru A-ba-u̯ [ i̤?-i̯a …] zu lesen. Näheres
zur schwierigen Deutung des zweiten Zeichens des ON sowie zum möglichen Zeichenrest vor der Abbruch-
stelle findet sich in der Translit. S. 26 u. 42 Anm. 57. Eine vollständige Ergänzung̤ dieses Ortsnamens aufgrund
von I 47 erwog Sommer bereits für I 44; zustimmend hierzu Parker (1999, 80). Sommer hielt den Namen des
von ihm ergänzten Ortes für identisch mit dem des Landes Appawiya, welches, wie er zu Recht betonte, geo-
graphisch mit dem Šeḫa-Flussland in engstem Kontakt gestanden habe. Nicht ganz auszuschließen ist, dass
er, der sich in Fragen der Geographie des Hethiterreiches quasi für nicht zuständig erklärte (s. AU XI), doch

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   107

irgendwie bei seiner Ergänzung von Forrers Vorgabe, eben dessen Lesung Šeḫa, beeinflusst war, und daher
das zumindest seit Muršili II. zu jenem Land gehörende Appawiya in I 47 in Erwägung zog.
Sommers uru A-ba-u̯ [i̤?-i̯a] findet aber in den bezeugten Schreibungen von Appawiya keine exakte graphi-
sche Entsprechung. Als eine dieser Schreibung am nächsten kommende betrachtete er (AU 74) a-ab-ba-ú-i̯a
in KUB 21.1 I 32′; s. Friedrich 1930, 52. Neuerdings zieht Forlanini (2007a, 293; vgl. auch schon Sommer, AU 74
Anm. 1) eine Ergänzung Aba[ša] =? Apa[š]a (Hauptstadt von Arzawa z.  Zt. Muršilis II.) in Betracht.
Die Diskussion um eine letztlich nicht völlig gesicherte Ergänzung dieses Ortsnamensrestes wäre vermut-
lich in der Gegenwart ausgeblieben, wenn sie nicht im Rahmen der geographischen Rekonstruktion des spät-
bronzezeitlichen Westkleinasien von besonderem Interesse wäre. Liegt doch der fragliche Ort auf der in VAT 6692
geschilderten Route des hethitischen Großkönigs von Šallapa bis nach Millawanda (= Milet?; hierzu unten sub
I 48 u. im Beitrag von J.D.H. unten S. 339  f. u. 351). Sollte es sich bei dem fragmentarischen Ortsnamen in
I 47 mit Sommer um Appawiya gehandelt haben, so wäre jedenfalls jenen Forschern Recht zu geben, die
Šeḫa im Mäander-Bereich suchen (z.  B. Forlanini/Marazzi 1986, Tav. XVI; Freu 2004, 300, 307; Freu/Mazoyer
2008, 112  f.). Doch die Befürworter der Sommerschen Lesung, insbesondere auch Freu und Mazoyer (2008,
113 Anm. 271), die J.D.H. vorwarfen, er lehne die Lesung a-ba-w[i-ya] in KUB 14.3 I 47 ab, „pour pouvoir iden-
tifier ce toponyme connu et associé au Šeḫa, à lʼAbbaitis classique située plus au nord“, kann umgekehrt
der Vorwurf nicht erspart bleiben, dass sie sich wohl zu wenig oder sogar kaum mit Gegenargumenten aus-
einander gesetzt haben, die gegen diese Lesung angeführt werden können. J.D.H. schlug 1998 (23 Anm. 136
[nicht 36!]) jedenfalls noch keine alternative Lesung vor, ebensowenig wie zuvor O.R. Gurney (1992, 219  f.).
Die beiden letztgenannten Forscher machten aber deutlich, dass einerseits A. stets nur als Land und nicht
als Stadt wie der fragliche Ort in VAT 6692 I 47 bezeugt sei, und dass andererseits, was Sommer bereits
herausgestellt hatte, die Schreibweise hier von den bisher in Verbindung mit Šeḫa belegten Varianten von
A., nämlich kur uru Ap-pa-u̯ i5-ia (drei Belege) sowie kur A-ab-ba-ú-ia (ein Beleg), abweiche; s. RGTC 6, 27 sub
Apawija. Daher hat sich auch Gander in seiner Untersuchung über „Die geographischen Beziehungen der
Lukka-Länder“ (2010, 103, 153) gegen eine Gleichsetzung mit Appawiya ausgesprochen. Eine Lesung uru A-
ba?-x?[…] kann freilich nicht mit völliger Sicherheit ausgeschlossen werden.33 Dies gilt gleichermaßen für
eine Lesung uru  íd Š[e?-e-ḫa …] (s. Translit. S. 26 u. 42 Anm. 57), auch wenn ein solcher nur mit dem Stadt-Deter-
minativ versehener Beleg bislang nicht aufgetreten ist.34 Doch scheint Millers Lesung (2006, 243) uru A-ma-
allein schon aufgrund der besseren Vergleichsbasis im Vorteil, die die zahlreichen Belege von MA gegenüber
dem nur zweimal bezeugten BA im Text VAT 6692 bieten. Sie wurde deshalb, wenn auch mit Fragezeichen, in
unsere Translit. aufgenommen, obgleich wiederum BA in neuerer Zeit von Hoffner 2009, 304: uru A-ba?-x[-…]
u. Beckman et al. 2011, 104: uru A-ba-x[-…] bevorzugt wurde.

I 48 nu i-na uruMi-il5-la-u̯ a-[an-da


Diese Ergänzung des hier nur mit seinen vier ersten Silbenzeichen erhaltenen Ortsnamens, von dem einige
Zeilen später in I 58 dann nur die drei letzten Zeichen vollständig bezeugt sind, und der schließlich in I 72 u.
IV 11 u. 14 auch noch vollständig erscheint, steht außer Frage. In unserem Text gibt sich Millawanda haupt-
sächlich als ein in Meeresnähe gelegener und unter der Oberhoheit von Aḫḫiyawa stehender Ort zu erken-
nen; s. VAT 6692 I 48–67. Der Name wird später aber auch ein Mal in unklarem Kontext mit der Bezeichnung
Land (VAT 6692 IV 14; s. unten) versehen. Ein Land M. ist bereits in den Annalen Muršilis II. (KUB 14.15 I 24;

33 Zu erwähnen wäre ein weiterer ON in KBo 28.77 Z. 13′: i-na kur A-ba[-?…] in fragm. Kontext (vgl. Cornil 1990, 13), bei dem es
sich jedoch auch um einen Beleg der in del Monte/Tischler 1978, 457 unter Upi aufgeführten und immer als Land (kur) bezeugten
Schreibvariante handeln könnte, der Schreibung eines Landes also, das nicht im Südwesten Kleinasiens, sondern im Bereich um
Damaskus gesucht wird.
34 Sommer konnte immerhin ein Beispiel für eine solche Verbindung, nämlich AU 74: „uru íd aš-ri-i̯a“, vorlegen. Für Šeḫa gibt
es jedoch bislang keinen Beleg, der allein das Determinativ uru vor dem íd aufweist. Eine Stadt Šeḫa ist also nirgends bezeugt.
uru tritt bislang nur zweimal gemeinsam mit dem Determinativ kur (Land) vor dem Ortsnamen Šeḫa (kur uruŠ.) auf, und zwar
in KUB 49.66 Z. 12′ u. Bo 86/299 IV 32; vgl. Belege in Heinhold-Krahmer 1977, 371  f. u. 2010a, 350.
Auf einen Irrtum zurückzuführen ist daher der Hinweis von del Monte/Tischler in RGTC 6, 548 sub Šeḫa, wo zu lesen ist: „Außer-
dem zahlreiche Belege für uru ídŠeḫa“. Allerdings wird dort kein einziger Beleg aufgeführt, der diese Behauptung stützen könnte.

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108   S. Heinhold-Krahmer

AM 36  f.) bezeugt, und zwar ebenfalls in Verbindung mit Aḫḫiyawa und auch mit Arzawa; Heinhold-Krahmer
1977, 97–100. Schließlich erscheint Milawata, das allgemein mit Millawanda identifiziert wird, ebenfalls als
Land in einem dritten Text (KUB 19.55 + 48.90 + Rs. 45′ u. 47′), dem sog. Milawata-Brief aus dem späten 13. Jh.;
vgl. Hoffner 1982, 131–133; ders. 2009, 313–321 mit Lit.; Beckman et al. 2011, 123–133. Weiteres zu dem nur in
den genannten drei Texten eindeutig bezeugten Ortsnamen und zu möglichen fragmentarischen Belegen
findet sich z.  B. in Heinhold-Krahmer 1994, 188  f. mit Lit.; s. zu einer Identifikation von M. mit Milet in Karien,
die die Mehrzahl der Forscher befürwortet; s. J.D.H. unten S. 345  f. mit Lit.; vgl. jedoch auch Gander (2010,
203–209, 212), der zwar dieser Identifikation nicht abgeneigt ist, sie jedoch keineswegs für endgültig gesichert
hält. Zu der von einigen wenigen Forschern befürworteten, jedoch sehr fraglichen Gleichsetzung Millawa(n)
das mit Mylias s. ebenfalls Gander (2010, 205  f.).
Dass M. zum Zeitpunkt des Tawagalawa-Textes zum Machtbereich des Königs von Aḫḫiyawa gehörte,
hatte schon Forrer (1929, 137, 141 u. 215) erkannt. Dies wird z.  B. deutlich, wenn er von der „Landeshoheit
des Königs von Aḫḫijavā über Miellavanda“ sprach. Er konnte dies auch teilweise einleuchtend begründen
(Forrer 1929, 141). Sommer (AU 191 u. 362) hingegen zog es vor, die Stadt Millawanda nur als „Kernpunkt der
Einflusssphäre von Aḫḫijavā“ zu bezeichnen oder sie zumindest „zum Interessengebiet von Aḫḫijavā“ zu
rechnen.
Nun wird aber zum einen von ìr meš „Untergebenen, Untertanen, Knechten, Vasallen“ (s. I 60  f.) des Königs
von Aḫḫiyawa berichtet, die in M. seine Befehle empfingen (wie Atpa, s. I 55  f.), und die ihn anscheinend gar
nicht oder mehr schlecht als recht über die antihethitischen Umtriebe des Piyamaradu in Westkleinasien
informierten (Atpa und Awayana, s. I 63–67). Zum anderen versuchte der hethitische Großkönig gegenüber
dem Herrscher von Aḫḫiyawa sein Vordringen bis nach M. zu begründen (I 55–II 20), was auch Sommer (AU
191) nicht verborgen blieb. Die Erklärungen des Hethiters wirken jedenfalls wie eine Rechtfertigung, was
doch nahelegen dürfte, dass er mit dem Betreten dieses Terrains ein Hoheitsgebiet von Aḫḫiyawa verletzt
hatte.

I 48 zum fraglichen Inhalt der zerstörten zweiten Zeilenhälfte


Da die nachfolgende Zeile  I 49 mit einer zitierten Rede: anda=wa=mu=kan eḫu „Komm her(ein) zu mir“,
asyndetisch beginnt (vgl. noch eḫu in Zitaten mit der Partikel -wa in II 64 u. III 68′), nahmen bereits Forrer
und Sommer an, dass unmittelbar zuvor in der zerstörten zweiten Hälfte von I 48 von der Entsendung eines
Boten bzw. von einem Schreiben des Hethiterkönigs die Rede gewesen sein müsse, wodurch diese Aufforde-
rung in I 49, die sich an eine in Millawanda (s. Beginn I 48) befindliche Person richtete, übermittelt worden
sei.
Im Gegensatz zu Forrer (1929, 108  f., 132  f.; s. auch Goetze 1930, 288), der in dieser Person einen Mann
namens Atpa sah (zu diesem s. unten I 55 bei seiner ersten namentlichen Nennung), bevorzugte es Sommer
(AU 4  f., 74), hier Piyamaradu „aus sachlichen Erwägungen“ (s. erste namentliche Nennung in I 51) zu ergän-
zen. Die Hauptperson, so Sommer, die der Hethiterkönig zur Rede stellen wollte, sei eben aufgrund des nach-
folgenden Kontextes Piyamaradu.
Im Gegensatz zu Forrer (1929, 109, 132  f.), der die auf I 48 folgenden Zeilen bis einschließlich I 52 in das
an die in Millawanda befindliche Person gerichtete Schreiben integrieren wollte, teilt die neuere Forschung
wohl ausnahmslos Sommers Meinung (AU 74), dass der Bericht des Hethiters über eine an den Aḫḫiyawa-Kö-
nig gesandte Nachricht ein zweites Schreiben betraf. Von diesem Schreiben war bereits nach eḫu in der Lücke
von I 49 die Rede und aus ihm wurde dann I 50–52 zitiert; s. Parker 1999, 64–66 u. 81; Miller 2006, 243 u. 2010,
161; Hoffner 2009, 304; Beckman et al. 2011, 104.
In neuerer Zeit versuchte nun Parker (1999, 66), den Namen Tawagalawa in diese Lücke von I 48 ein-
zusetzen. Das geschah wohl nicht zuletzt im Rahmen seines Bemühens, wieder möglichst viele Stellen des
Textes auf jenen Mann zu beziehen, nach welchem die Taf. VAT 6692 bereits von Forrer den Namen „Tawaga-
lawa-Brief“ erhalten hatte; s. oben sub I 3; vgl. dazu auch Miller 2010, 160. Forrer (1929, 132) hatte zunächst
neben dem in Millawanda befindlichen Atpa ebenfalls Tawagalawa in Erwägung gezogen. Er nahm – ähnlich
wie Jahrzehnte nach ihm Parker – an, dass jener Tawagalawa als eine hochgestellte Person aus Aḫḫiyawa,
ein Prinz, Fürst (Forrer 1929, 122  f., 127, 215–219 u. passim) oder Gouverneur (Parker 1999, 76), im Auftrag

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   109

seines Bruders, des Königs von Aḫḫiyawa, dessen kleinasiatische Besitzungen verwaltete und in Millawanda
residierte; s. aber dazu S. 135 sub I 71. Allerdings entschied sich Forrer (1929, 108, 132  f.) schließlich doch
gegen Tawagalawa und für Atpa als Adressaten der hethitischen Aufforderung in I 48  f. Sein Hauptargument
war, dass es im unmittelbar nachfolgenden Text um Piyamaradu ging und zwar um dessen Auslieferung,
wofür Atpa zuständig gewesen sei, der in Millawanda seinen Wohnsitz hatte (I 55–57 [§ 5]).
Auch J.L.M., der in seiner Übersetzung (Miller 2006, 243) zunächst noch davon abgesehen hatte, hier
einen bestimmten Namen zu ergänzen, legte schließlich 2010 (S. 160–162) überzeugend dar, dass die Person,
an die der Hethiter die Aufforderung, vor ihm zu erscheinen, richtete, höchstwahrscheinlich Atpa gewesen
sei, wobei er aber auch Piyamaradu nicht gänzlich ausschloss. Bei seiner Argumentation – es handelte sich
dabei hauptsächlich um eine Auseinandersetzung mit Parkers Behauptungen zugunsten von Tawagalawa
(Parker 1999, 66, 81) – spielte ähnlich wie schon bei den Pionierforschern der nachfolgende Text die Haupt-
rolle.
Die Auffassung, dass die Person, an die der König von Ḫatti die Aufforderung in I 48  f. gerichtet habe, nicht
Piyamaradu gewesen sein könne, sondern ein anderer, eben der schon in I 3 erwähnte Tawagalawa, auf den
er auch die meisten weiteren Schilderungen in Kol. I bezog, hatte Parker in etwa folgendermaßen begründet:
Der in Millawanda befindliche Adressat des hethitischen Schreibens in I 48  f. müsse identisch gewesen
sein mit jener Person, von der der Hethiterkönig in einem zweiten, an den König von Aḫḫiyawa gerichte-
ten Schreiben berichtete (I 49–52), einen Vorwurf gegen sie (-a]n) erhoben zu haben (I 50). Dieser Vorwurf
lautete, „dass Piyamaradu mir (dem König von Ḫatti) ständig dieses [Land] überfällt.“ (I 51)
Das Pronomen „ihn“ -a]n in I 50 wäre dann, wenn man in der fraglichen Person Piyamaradu sehen
wollte, seinem Bezugswort, dem erstmals in I 51 belegten Namen, vorausgegangen. Doch dies sei abzuleh-
nen, „denn wäre dieselbe Person in I 50 wie in I 51 gemeint, so stünde ein Pronomen an Stelle des Namens“.
Nach Miller (2010, 161  f.) allerdings könnten nun insbesondere zwei dieser Behauptungen Parkers, auf
die er seine auf Tawagalawa bezogene Interpretation von I 48–52 im Wesentlichen stützte, in Frage gestellt
werden:
Er hielt zum einen die bereits von den Pionierforschern vorgenommene Ergänzung des Pronomens -a]n
in I 50 (s. Forrer 1929, 108 u. Sommer, AU 4: ki-e-da-ni-i̯[a-u̯ a-ra-a]n), die außer bei Parker (1999, 65, 81) auch
noch in weiteren Transliterationen und/oder Übersetzungen der neueren Zeit anzutreffen ist (Hoffner 2009,
304; Beckman et al. 2011, 104; s. auch Miller 2006, 243 und nun auch unsere Translit. S. 26 u. 43 Anm. 65),
für nicht mehr ganz sicher. Sollten jedoch, laut Miller, die Ergänzung des Pronomens und Parkers daran
anknüpfendes Argument, dass dieses -a]n sich nicht auf Piyamaradu beziehe, korrekt sein, so wäre die frag-
liche Person, der der Hethiter in seinem Zitat aus seinem Schreiben an den König von Aḫḫiyawa in I 50 (s.
auch dort) quasi vorwirft, Piyamaradus Überfälle auf sein Land zuzulassen, nicht Tawagalawa, sondern sehr
wahrscheinlich der in Millawanda ansässige Atpa. Aus den nachfolgenden Zeilen I 53–6335 – zum Inhalt s.
unten S. 114–123 u. Miller (2010, 161) – gehe jedenfalls klar hervor, dass es Atpa gewesen sein müsse, dem der
König von Ḫatti gemäß I 48  f. befohlen habe, vor ihm zu erscheinen.
Zum anderen schien ihm aus zwei Gründen Parkers Behauptung, dass sich das -a]n in I 50 nicht auf
Piyamaradu beziehen könne, nicht unbedingt schlüssig zu sein.
Erstens sei später im Text die Person, gegen die der Hethiter seine Anschuldigungen erhebt (I 62), ein-
deutig der zuvor (I 61) genannte Piyamaradu. Wenn die Anklagen in I 50  f. parallel zu denen in I 62 seien,
dürfte erstere Stelle sich ebenfalls auf diesen Unruhestifter beziehen (Ergebnis der Diskussion mit J. Klinger,
J.D.H. und den anderen Teilnehmern während des Berliner Workshops [Mai 2007]).
Zweitens habe A.V. Sideltsev in einem Vortrag während der 53. Rencontre Assyriologique (Moscow/
St.  Petersburg) dargelegt, dass exakt dieser Typus von prolepsis vorkomme; s.  jetzt die Publikation von
Sideltsev 2010, 211–245.
Dass es sich genau um diesen Typus handelt, scheint allerdings fraglich. In I 50 stünde nämlich das pro-
leptische Pronomen -a]n im Akkusativ und das vermeintliche und teilweise in I 51 zu ergänzende Bezugswort
Pí-ia-ma-⸢ra⸣[du-uš …] im Nominativ (s. unten sub I 51), während die von Sideltsev gebotenen Beispiele beim

35 Bei Miller (2010, 161) wohl versehentlich II 53–63 statt I 53–63 geschrieben.

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110   S. Heinhold-Krahmer

proleptischen Pronomen sowie seinem Bezugswort jeweils denselben Kasus aufweisen. J.H., der dieser Auf-
fassung von S.H.-K. zustimmte, wies zudem darauf hin, dass das proleptische Pronomen und dessen Bezugs-
wort bei Sideltsev jeweils demselben Satz entstammen, während unsere fragliche Stelle eindeutig aus zwei
Sätzen besteht. Wenn wir also das zweite grammatikalische Argument von J.L.M. hier nicht berücksichtigen,
so hat doch das erste, das sich auf eine inhaltliche Grundlage stützen kann, noch Bestand.
Miller (2010, 162) gelangte jedenfalls insgesamt zu dem Ergebnis, dass in I 48 sehr wahrscheinlich Atpa
ergänzt werden sollte. Für I 50 jedoch käme als Bezugsperson entweder der in I 48 zu ergänzende Adressat
des Hethiters, Atpa aus Millawanda, in Betracht, was der Abschnitt  I 48–51 nahelegen könnte, oder aber
Piyamaradu aufgrund des Kontextes von I 61–63. Somit müsste, entgegen Parkers Auffassung (1999, 66), die
Person, gegen die der König von Ḫatti in seinem Schreiben an den König von Aḫḫiyawa gemäß I 50 einen
Vorwurf erhob, nicht unbedingt identisch mit jener Person gewesen sein, die er zuvor in I 48 angeschrieben
hatte. Der Name Tawagalawa scheidet jedenfalls für eine Ergänzung des Adressaten in I 48 allein schon nach
den Argumenten von Miller aus.
Hinzu kommen jedoch noch weitere Gesichtspunkte, die gegen Parkers Versuch sprechen, Tawagalawa
als Hauptperson, um die es seiner Meinung nach in VAT 6692 ging, auch an dieser Stelle einzusetzen. Es
seien hier nur zwei erwähnt:
1. Die drei Stellen mit namentlichen Erwähnungen Tawagalawas in VAT 6692 I 3–5, I 71–II 1 u. II 59–61
dürften in eine zurückliegende Epoche weisen, eine Zeit vor der Regierung des Königs von Aḫḫiyawa, an den
der Hethiterkönig sich mit der Anrede „mein Bruder“ in diesem Text wendet; s. schon Heinhold-Krahmer
(1986, 50–55) mit dem Hinweis, dass Tawagalawa ein Vorgänger des Adressaten von VAT 6692 auf dem Thron
von Aḫḫiyawa gewesen sein dürfte. So wurde anhand von weiteren Beispielen auf grammatikalischem Weg
nachgewiesen (Heinhold-Krahmer 2010b, 118–121), dass es sich im Falle der den Tawagalawa als Großkönig
erwähnenden Stelle in I 71  f. um den Beginn eines bis einschließlich II 1 reichenden Exkurses handelt, der
durch einen asyndetisch konstruierten und dem Hauptsatz vorangestellten, temporalen Nebensatz mit der
Konjunktion kuwapi im Sinne von „(damals) als“ eingeleitet wird. Das in Verbindung mit Tawagalawa im
ersten Teil dieses Exkurses geschilderte Ereignis (I 71 m⸢Ta⸣-u̯ a-ga-la-u̯ a-aš-pát-kán bis ka-a e-eš-ta in I 73)
bezieht sich eindeutig auf ein zeitlich weiter zurückliegendes Geschehen (s. unten) als das im anschlie-
ßenden zweiten Teil (I 73 ab nu-ut-ta bis einschließlich II 1). Alle drei Tawagalawa-Passagen im Text bieten
jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass Tawagalawa zur Entstehungszeit von VAT 6692 noch am Leben war,
geschweige denn in die dort berichteten Auseinandersetzungen während der West-Kampagne des hethiti-
schen Großkönigs involviert war. Alparslan (2005, 37  f.) vertrat ebenfalls die Auffassung, „dass Tawagalawa
eine Zeit lang Großkönig von Aḫḫiyawa war“. Als weitere Stütze dafür, dass jener, der vermutlich ein Bruder
des Adressaten unseres Textes war (s. II 60), vor diesem als König in Aḫḫiyawa regierte, zog er außerdem das
Fragment KUB 23.93 (Hagenbuchner 1989b, 418–420 Nr. 310) heran, ein Bruchstück einer Tafel, die wie unser
Text VAT 6692, zweikolumnig war. Aufgrund der Seltenheit von „zweikolumnig beschrifteten Brieftafeln“
hatte bereits Hagenbuchner eine Zugehörigkeit zur verlorenen ersten oder zweiten Tafel des sog. Tawaga-
lawa-Briefes erwogen. In diesem Fragment, das nur grosso modo der Korrespondenz von gleichgestellten
Herrschern zugeordnet werden kann, weist anscheinend der Autor den Adressaten auf einen erfolgten (oder
auch nicht erfolgten) Kontakt zwischen dessen Bruder und seinem eigenen Bruder (šeš-ka-ma a-na šeš-ia)
hin. Es dürfte eher nur dem Entwurf zu einem Schreiben im Rahmen einer solchen Korrespondenz entstam-
men (Rs. III? 3′) oder, wie möglicherweise im Falle von VAT 6692, zu einem schriftlich fixierten Argumenta-
tionskonzept für einen Gesandten oder zu einer für das heth. Archiv bestimmten Zusammenstellung der
Beschwerden über Piyamaradu gehört haben.
Miller (2010, 169 u. unten S.  186 Anm. 89) schließlich sympathisiert  – unter Berufung auf Alparslan
und nicht zuletzt aufgrund der fast allgemein verbreiteten Annahme, dass Ḫattušili III. der Verfasser von
VAT 6692 war – ebenfalls mit der Hypothese, dass mit den Brüdern, auf die sich der Autor von KUB 23.93
bezog, Tawagalawa, ein Bruder und Vorgänger des Königs von Aḫḫiyawa, des Adressaten von VAT 6692, und
Muwatalli II., der Bruder und Vorgänger Ḫattušilis III., gemeint sein dürften. Zu Recht stellte Miller fest, dass
sich schwerlich vier andere Potentaten aus dieser Periode im Alten Orient finden ließen, die mit dieser Kon-
stellation in Einklang zu bringen seien.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   111

Vor kurzem ist jedoch ein Aufsatz von Taracha (2015, 279–285) erschienen, der sich mit den eben geschilderten Positionen von
Heinhold-Krahmer, Alparslan und Miller auseinandersetzt. Der polnische Forscher plädiert entschieden dafür, dass der hethi-
tische Großkönig sich mit den drei Tawagalawa-Passagen in VAT 6692 nicht auf Ereignisse bezieht, die sich vor der Regierung
seines Adressaten, des zum Zeitpunkt des Textes regierenden Königs von Aḫḫiyawa, abgespielt hätten. Er geht vielmehr davon
aus, dass es sich sowohl bei Tawagalawa als auch bei dem König von Aḫḫiyawa, an den sich VAT 6692 richtete, um zwei Brüder
gehandelt habe, die beide etwa gleichzeitig in zwei unterschiedlichen Teilen des mykenischen Bereichs an der Macht gewesen
seien (l.  c.  281–285). Der Adressat, der uns namentlich nicht bekannte König von Aḫḫiyawa, habe, so Taracha, mit seinem
Kerngebiet irgendwo auf dem griechischen Festland geherrscht und asiatischen Landbesitz um Millawanda herum besessen,
Tawagalawa jedoch im Bereich der küstennahen Inseln in der südöstlichen Ägäis, wobei Kreta, so Taracha (l.  c. 284), die beste
Option bleibe. Eine Auseinandersetzung mit seinen Argumenten, die nicht in allen Punkten überzeugen, insbesondere was die
zeitliche Einordnung der drei oben genannten Tawagalawa-Stellen in VAT 6692 betrifft, kann hier leider nicht mehr erfolgen.
Nicht ganz uninteressant scheint allerdings sein Argument zu sein, dass die Lukka-Leute eher einen Großkönig Tawagalawa um
Hilfe gegen Piyamaradu nach der Zerstörung von Attarimma anrufen konnten, wenn er der mykenische Herrscher auf Kreta und/
oder anderen Inseln in der (südöstlichen) Ägäis war, als einen Großkönig, der auf dem griechischen Festland residierte (l.  c. 284).
[Nachtrag von S.H.-K.]

2. Ein wesentliches Argument Parkers (1999, 81) für seine Behauptung, dass Tawagalawa der Adressat des
hethitischen Schreibens nach Millawanda in I 48 gewesen sei, lautete, dass die ganze bisherige Tafel  –
gemeint ist also der vorausgehende Text von I 1–47 – von diesem gehandelt habe. Nun geht es in den Zeilen I
16–47 (s. oben) im Wesentlichen um die Auseinandersetzung mit einem nicht namentlich genannten Gegner
(nach Parker also Tawagalawa) wegen der Stadt Iyalanda, die der Hethiterkönig nach Kämpfen auf schwie-
rigem Gelände anscheinend einnahm und ebenso wie das zugehörige gleichnamige Land weitgehend ver-
nichtete. Dieses Argument Parkers scheint nun allein schon aus dem Grund nicht hieb- und stichfest zu sein,
dass er gewisse Fragmente bei seinen Überlegungen nicht berücksichtigt hat, die ebenfalls über kriegerische
Aktivitäten eines hethitischen Großkönigs in Verbindung mit Iyalanda berichten. Diese erlauben zum einen
die Annahme, dass die darin bezeugten Auseinandersetzungen in der Stadt Iyalanda und/oder im zugehö-
rigen Land zur Zeit Ḫattušilis III. stattgefunden haben; s. Singer 1983, 209 zu KBo 27.4 u. Heinhold-Krahmer
1986, 60  f. zu KBo 22.10; ferner Heinhold-Krahmer 2010c, 202  f. Diesen hethitischen König betrachtet ja auch
Parker (1999, 61 u. passim), ebenso wie die meisten Forscher heute, als den Autor des Tawagalawa-Textes.
Zum anderen aber deutet insbesondere KBo 27.4 darauf hin, dass es Piyamaradu war, der in diese kriegeri-
schen Ereignisse involviert war oder sie zumindest provoziert hatte, während von Tawagalawa nirgends die
Rede ist.

I 49 ]x zag
Forrer (1929, 108) bot in seiner eigenwilligen Transliteration K]a.Zag (gemeint ist inim zag). Er übersetzte dies
mit „Grenz-Note“, einem Terminus, von dem schon Sommer (AU 75) sagte, dass er ihm „nicht recht klar“ sei.
Sommer (AU 75) schlug mit aller Vorsicht die Lesung ma.Ḫ]Ạr? zag „v]or(?) der Grenze“ vor, was aufgrund des
Kontextes (vor allem I 53–58) recht plausibel erschien. Er wies jedoch auch schon darauf hin, dass ma-Ḫar
„in den Boghazköi-Texten im allgemeinen vor Personenbezeichnungen“ stehe. Es fungiere aber, wie er dann
betonte „generell als Äquivalent von heth. piran“. Der von ihm zu Gunsten dieser Behauptung herangezo-
gene Vergleich von KUB 13.2 III 22 (s. CTH 261.1A Instructions aux chefs de postes) mit KUB 13.4 II 42 (s. CTH
264.A Instructions aux prêtres et serviteurs de temples) überzeugt allerdings nicht, da er auf einer Fehllesung
beruht, die sich einige Jahre später auch bei Güterbock (1939, 30) findet. An erstgenannter Textstelle ist, wie
schon von Schuler (1957, 48, 57) aufgrund des Duplikats KUB 31.86 IV 7 zeigen konnte, nicht ma-Ḫar tuppiaz,
sondern giš.Ḫur tuppiaz zu lesen; s. auch Miller 2013, 228  f. mit Anm. 414. Somit liegt hier kein Nachweis für
eine Entsprechung von ma-Ḫar und dem in KUB 13.4 II 42 (= II 47 in der Textbearbeitung von Taggar-Cohen
2006, 52, 75 u. 101) bezeugten peran36 vor. Während ma-Ḫar nun nach wie vor nur vor Personenbezeichnun-
gen bezeugt zu sein scheint (s. z.  B. auch die Belege bei Weeden [2011, 574: „in front of“]), ist heth. peran als
lokale Postposition (CDH P, 291, 294: „before, in front of, in the presence of, in the sight or hearing of) neben
der entsprechenden akkadographischen Schreibung (a-na) pa-ni sowohl in Verbindung mit Personen- als

36 Hinzu kommt noch, dass peran dort als temporales Adverb und nicht als lokale Postposition auftritt; s. CHD P, 302.

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112   S. Heinhold-Krahmer

auch mit Gegenstandsbezeichnungen belegt. Als akkadographische Schreibung von heth. peran wird daher
auch in CHD P, 293 zu Recht nur pa-ni und nicht ma-Ḫar angegeben.
Insbesondere in Zusammenhang mit irḫa-/zag „Grenze, Territorium“ (s. HW2 IV, 73–80 sub irḫa-, arḫa-)
ist sowohl peran als auch pa-ni belegt. Bereits Sommer (AU 75) hat auf eine solche Stelle in den Ausf. Annalen
Muršilis II. hingewiesen. Es handelt sich um KUB 26.79 I 7  f. // KUB 14.17 III 13  f. (damals: 2 BoTU 56 I 7 //
KUB 14.17 III 13  f., s. AM 98  f.): (7)… nu=wa=ka]n ana zag kur-ka peran (8) [(X) t(uzziyanun … „… und] vor der
Grenze deines Landes [(X)] habe ich [g]elagert …“; vgl. HW2 I, 75; pa-ni zag-aš ist in dem jh. Fragment KUB
48.82 Z. 7′= VAT 16350 Z. 7 belegt (mit nachfolgender Erwähnung von [Šup]pilulium[a] in Z. 11′). Es wäre also
auch für die Bedeutung „vor der Grenze“ in VAT 6692 I 49 wohl eher peran bzw. pa-ni zu erwarten, was aber
wiederum nicht mit den erhaltenen Zeichenresten zu harmonieren scheint. Zur Diskussion um die nicht klär-
bare Frage, ob hier eher die Lesung a-š]ar zag „am Ort (/an der Stelle) der Grenze“ bzw. „im Grenzgebiet, am
Grenzort“ (zu ašru s. Weeden 2011, 444) statt ma-Ḫar vertretbar wäre s. Translit. S. 26 u. 43 Anm. 64.
Für die inhaltliche Interpretation des in I 49 nach eḫu in der Lücke beginnenden und in I 50 mit aš-pur
„ich schrieb“ endenden Satzes ist die Frage der Ergänzung einer Präposition vor zag am Ende von I 49 nicht
von allzu großer Bedeutung. Aus den, wenn auch schlecht erhaltenen, Zeilen I 53–58 lässt sich schließen,
dass das Eintreffen des zweifellos aus der Machtsphäre von Aḫḫiyawa stammenden Boten (dazu unten sub I
53) noch erfolgte, ehe der König von Ḫatti – anscheinend dann erst auf dessen Nachricht hin – diese Grenze
überschritten hatte, um nach Millawanda zu ziehen (I 58). Er befand sich also, als er besagten zweiten Brief
schrieb (dazu oben S. 108), wohl noch vor bzw. an der Grenze; vgl. auch Miller 2010, 160; Beckman et al. 2011,
105.

I 49 zur Ergänzung der Lücke zwischen an-da-u̯ a-mu-kán e-⸢ḫu⸣ und x zag
Sommers Annahme, dass es sich bei dem Adressaten des zweiten hethitischen Schreibens (s. oben S. 108),
aus dem in I 50 nach aš-pur bis (I 52) zitiert wird, um kaum einen anderen als den König von Aḫḫiyawa
gehandelt haben kann, wurde wohl zu Recht fast allgemein akzeptiert. Darauf deutet auch der Inhalt dieses
Zitats hin, worin der Hethiter in I 52 den Adressaten mit „mein Bruder“ ansprach. Die Ergänzung [nu kiš?]-a[n
a-na šeš-ia-ia …] x in I 49 vor dem Verb aš-pur (I 50) kann daher als sehr wahrscheinlich gelten.

I 50 ke-e-da-ni-i[a-u̯ a-ra-a]n me-⸢mi-ni⸣ aṣ-bat


Die schon von Forrer (1929, 102) und Sommer (AU 4 u. 75) vorgenommene Ergänzung der Partikel -wa(r-) der
zitierten Rede im Anschluss an das erste Wort des zitierten Hauptsatzes, nach aš-pur, erweist sich aufgrund
des Kontextes als sinnvoll; s. auch Parker 1999, 81; Hoffner, 2009, 304; Miller 2010, 160; Beckman et al. 2011,
104. Das gilt auch für die Lesung -a]n; s. Translit. S. 26 u. 43 Anm. 65, trotz gewisser Bedenken bei Miller 2010,
161; dazu schon oben S. 109  f. Sommers Übersetzung (u. dazu sein Kommentar AU 75): „Ich habe [gegen ih]
n a[uch] in der Angelegenheit Vorwürfe erhoben“ scheint in etwa dem Sinn zu entsprechen, auch wenn
sich bislang kein weiterer Beleg zu dieser Redewendung finden ließ; vgl. die ähnlichen Interpretationen bei
Parker l.  c.; Miller 2006, 243 u. 2010, 160; Hoffner l.  c.; Beckman et al. 2011, 105.

I 50 Zeilenende: ki-i-u̯ a-mu


Mit dem Demonstrativpronomen ki-i beginnt der in I 51 weiter geführte Nebensatz (hier wieder mit der Par-
tikel der zitierten Rede -wa(r-) und dem enklit. Personalpronomen -mu im Dat.). Es bezieht sich vermutlich
auf das in der Lücke von I 51 bereits in Forrer (1929, 108) und Sommer (AU 4) ergänzte kur-tu4 „Land“. Diese
Ergänzung galt offensichtlich auch den Forschern in neuerer Zeit zu Recht als die einzig sinnvolle; s. dazu
Parker 1999, 65  f.; ferner Miller 2006, 243; ders. 2010, 161; Hoffner 2009, 304; Beckman et al. 2011, 104.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   113

I 51 mPi-ia-ma-⸢ra⸣-[du-uš …] bis k]u-it u̯ a-al-aḫ-ḫe-eš-ke-ez-zi

I 51 zu Piyamaradu
Hier ist erstmals der Hauptgegner des hethitischen Großkönigs, Piyamaradu, namentlich genannt. Die
Ergänzung seines Namens im Nominativ, somit Subjekt des Satzes, scheint dort zwingend in Verbindung mit
dem Vorwurf des Hethiters, dass er ihm fortwährend dieses (Land?; dazu oben I 50) überfalle. Eine Stütze
für Sommers Ergänzung bieten auch andere Stellen des Textes, die, wenn man sie auf ihn bezieht, Piyama-
radu als einen für Ḫatti gefährlichen Aggressor darstellen; z.  B. I 1  f., dazu Heinhold-Krahmer 1986, 59  f. oder
III  52′–54′ u. 59′, dazu auch Sommer, AU 163.
Das relativ späte Auftreten von Piyamaradus Namen innerhalb der ersten Kolumne von VAT 6692 hatte
hauptsächlich dazu geführt, dass die Erstbearbeiter von VAT 6692 (Forrer 1929 u. Sommer 1932) und lange
nach ihnen auch Parker (1999) versucht hatten, den schon zuvor ohne Namen bezeugten Unruhestifter und
Feind, der neben anderen antihethitischen Aktivitäten den tartenu brüskiert hatte (I 8  ff.) und für die
Kämpfe im Bereich von Iyalanda verantwortlich war (I 16  ff.), mit dem bereits in I 3 erwähnten Tawagalawa
zu identifizieren.
Weitere namentliche, teils fragmentarische Belege Piyamaradus in VAT 6692 finden sich in I 56, 59, 61;
II  61′; IV 16; zu Nennungen des Namens in anderen Texten und Textbruchstücken s. Heinhold-Krahmer 1983,
84–86; Singer 1983, 208; s.  ferner noch Heinhold-Krahmer 2005, 561  f. u. Gander 2016b, 111–114. Das von
Forrer (1929, 92) behandelte unveröffentlichte Bruchstück Bo 3208a mit vermuteter Nennung des Piy[ama-
radu] (Z. 3′) und auch vielleicht des Atpa (Z. 2′) findet sich jetzt bei Fuscagni 2007, 14  f.; s. dazu unten sub I 55.

I 51 zur Art des Nebensatzes


Sommers Ausführungen (AU 76 unten mit Lit.) zum Nebensatz mit ku-it vielleicht als Kausalsatz („weil“,
so bei Forrer 1929, 109) oder aber noch eher als vom nachfolgenden Hauptsatz (I 52) abhängiger Behaup-
tungssatz (Objekt- bzw. Komplementsatz), wobei ku-it („dass“) dann dem faktischen quod im Lateinischen
entspräche, ist nichts hinzuzufügen; vgl. GrHL 426, § 30.65 mit einem weiteren Beispiel. Ebenso scheint es
keine bessere Alternative zur schon von Forrer (1929, 108) und Sommer (AU 76) vorgenommenen Ergänzung
kur (nebst akkad. Komplement) zu geben, wie bereits Parker (1999, 65  f.) gezeigt hat.

I 52 nu-u̯ a-ra-at bis i-de


Sommers Begründung für eine Aufteilung dieser Zeile in zwei Fragesätze (AU 77), vor allem wegen des zwei-
fachen Auftretens von nu-u̯ a-ra-at, wird heute wohl allgemein akzeptiert; s. Miller 2006, 243; ders. 2010, 160;
Hoffner, 2009, 304; Beckman et al. 2011, 105 u. unsere Übersetzung; ferner GrHL 397 § 29.31. Das Gleiche gilt
für die Ergänzung des ersten Satzes (entgegen Forrer 1929, 133; vgl. ferner Sturtevant 1928, 226) sowie für die
gesamte Übersetzung: „[Weiß mein] Brud[er] das? [Od]er weiß er es nicht?“ Beide Sätze bilden zusammen
eine sog. Doppel- oder Wahlfrage (AU 4  f., 77  f. mit weiteren Beispielen).

Zusammenfassung des Kommentars zu § 4 (I 35–52)


Trotz der Lückenhaftigkeit ergibt sich, dass der heth. König Iyalanda völlig vernichtete (I 35–41) bis auf das
Gebiet von Atriya. Jedoch scheint ihm nach Vernichtung des ganzen Landes eine Verfolgung der flüchtigen
nam.ra-Leute nicht mehr möglich gewesen zu sein (I 41–44). Diese nam.ra-Leute befanden sich ebenso wie
Piyamaradu zu jenem Zeitpunkt offenbar bereits im Bereich der westkleinasiatischen Kolonie von Aḫḫiyawa;
vgl. unten sub III 9–17. In I 48  f. berichtet der König von Ḫatti von zwei Versuchen, die er noch außerhalb des
Hoheitsgebietes von Aḫḫiyawa unternahm, um wegen Piyamaradu mit der Gegenseite Kontakt aufzuneh-
men. Bei der Person, an die er sich dabei zuerst wandte und die er aufforderte, zu ihm zu kommen (I 48  f.),
dürfte es sich um Atpa, einen in Millawanda residierenden und hochgestellten Untergebenen des Königs von
Aḫḫiyawa, vielleicht eine Art Gouverneur (s. noch unten I 53–67) gehandelt haben. Ferner erfolgt der Hinweis
auf ein Schreiben an den König von Aḫḫiyawa, das wohl vor oder an der Grenze von dessen kleinasiatischem
Territorium abgesandt wurde. Darin berichtete der Hethiter jenem darüber, was er Atpa vorwarf bzw. zuvor

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114   S. Heinhold-Krahmer

vorgeworfen hatte: Die ständigen Überfälle des Piyamaradu auf hethitisches Terrain (I 50  f.). Diese Überfälle
hatte Atpa anscheinend geduldet. Der Hethiter richtete dabei die Frage an den Adressaten, ob er darüber
Bescheid wisse oder nicht (I 52).
Abgesehen von einigen umstrittenen Ergänzungen, wie z.  B. dem ON uru A-ba-u̯ [i?-i̯a in I 47 u. auch schon
in I 44, ist Sommers Interpretation des Abschnitts weitgehend zuzustimmen.

Paragraph 5 (Kol. I 53–II 8)

I 53 zur Ergänzung der Lücke: … [lúṬe₄-mu ša šeš-i]a …


Zu den Zeichenresten von -i]a (HZL 218) s. Translit. S. 26 u. 43 Anm. 69 u. Autographie.
Dass im temporalen Nebensatz (I 53), eingeleitet durch gim-an- nebst den enklit. Partikeln (-ma-mu),
der König von Ḫatti vom Eintreffen eines Boten bei ihm, wohl noch im hethitischen Hoheitsbereich, berich-
tete: -mu […]A an-da ú-e-mi-ia-at, stand auch bislang trotz der Lücke vor allem aufgrund der nachfolgenden
Zeilen I 54–56 außer Zweifel; zu anda wemiye/a- in Verbindung mit dem Eintreffen von Boten s. z.  B. auch
KUB 23.101 Vs. II 6  f.
Uneinigkeit besteht heute nur in der Frage, von wem dieser Bote zum König von Ḫatti gesandt wurde.
Während Forrer (1929, 109, 135  f.), Sommer (AU 4, 78) sowie später auch Hoffner (2009, 304) und Beckman et
al. (2011, 104  f.) davon ausgingen, dass es sich um einen Boten des Königs von Aḫḫiyawa gehandelt haben
müsse, verzichtete Miller (2006, 243) zunächst auf eine Ergänzung der Lücke. Später schrieb er dann aller-
dings (Miller 2010, 161), dass Atpa, an den der Hethiterkönig in I 48 die Aufforderung gesandt hatte, vor
ihm zu erscheinen, dieser Aufforderung nicht nachgekommen sei, sondern stattdessen einen Boten gesandt
habe. Gemeint ist damit eben jener Bote, der in I 53 nach der Communis opinio zu ergänzen ist; s. auch unsere
Translit. S. 26 u. 43 Anm. 69. Zieht man jedoch mit Sommer (AU 78) die spätere Stelle in Kol. II 9 vergleichs-
weise heran und zudem die in I 54  f. auch sonst in Verbindung mit Boten auftretende Erwähnung von
uppeššar „Sendung, Geschenk“37, so wird dadurch die Annahme gestützt, dass derjenige den Boten (hier in
I 53) sandte, an den der hethitische König an oder vor der Grenze (I 49  f.) seine zweite Nachricht geschickt
hatte (I 49–52), nämlich der von ihm im Text als ebenbürtiger Herrscher behandelte König von Aḫḫiyawa und
nicht Atpa, der zu vermutende Adressat der ersten Nachricht; s. oben.
Zwar unterscheiden sich die beiden Zitate der Worte des Boten an beiden Stellen (vgl. auch Forrer 1929,
135  f.) insoweit, als dieser  – in I 53 zu ergänzende  – Gesandte verkündete (I 55  f.): „Dem Atpa hat er (der
König von Aḫḫiyawa) geschrieben: ‚Händige den Piy[amaradu] dem König von Ḫatti aus!‘“ Gemäß II 9  f. aber
überbrachte der Bote des Königs von Aḫḫiyawa dem Hethiterkönig die Aufforderung „Nimm jenen Menschen
(entgegen)!“, und zwar in Verbindung mit einem Verbot, dessen – leider auf der Tafel zerstörter – Inhalt nur
vermutet werden kann; s. unten u. sub II 10. Dass es sich an diesen beiden Stellen jedoch nicht um zwei
verschiedene Botschaften von zweierlei Gesandtschaften handeln dürfte, sondern um partielle Zitate aus
der Nachricht ein und desselben Emissärs, die der hethitische König an jeweils verschiedenen Stellen im
Gesamttext für seine Argumentation herangezogen hat, ist allein schon aufgrund folgender Gesichtspunkte
sehr wahrscheinlich:
1. Die beiden Zitate aus dem Botenbericht I 55  f. u. II 10 stehen in engem Bezug zu den jeweils vorausge-
henden Aussagen des Königs von Ḫatti, was gewisse Unterschiede bei diesen Zitaten zur Folge gehabt haben
dürfte. In den Zeilen (I 49–52) unmittelbar vor dem Bericht über das Eintreffen des Gesandten I 53 geht es
darum, dass der Hethiter den König von Aḫḫiyawa über Vorwürfe gegenüber Atpa wegen der Überfälle Piya-
maradus auf hethitisches Terrain (I 49–52) in Kenntnis setzte; dazu s. schon oben sub I 50–52. Darauf erfolgt
wenig später die Reaktion des Adressaten, die in Form des Zitats aus dem Botenbericht zur Sprache kommt,
nämlich I 55  f.: „Dem Atpa hat er geschrieben …“.

37 Für „die ganze Atmosphäre“ verwies Sommer (AU 78) auf Ḫatt IV 50 (Apologie 26); s. z.  B. auch KUB 23.101 II 1–25 (Mora/
Giorgieri 2004, 179–183).

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   115

Vor II 9  f., der zweiten Stelle aus dem Botenbericht, versucht der hethitische König dem König von Aḫḫiyawa
darzulegen, dass Piyamaradus Befürchtungen, bei einer Rückkehr in den hethitischen Machtbereich getötet zu
werden, völlig unbegründet seien (s. II 3–8). Dann zitiert er die durch den Boten an ihn übermittelte Erlaubnis
(II 10), jene Person (Piyamaradu) zu (über-)nehmen, woran jedoch anschließend durch den Prohibitiv lē ein
Verbot geknüpft wird, etwas nicht zu tun. Vermutlich ging es darum, Piyamaradu nicht zu töten; s. unten
sub II 10.
2. Der hethitische Großkönig benutzt im jeweils nachfolgenden Text die beiden zitierten Reden des Boten
gleichermaßen als Legitimation für sein persönliches Vordringen nach Millawanda, das, wie bislang schon
meist zu Recht angenommen wurde, dem Herrschaftsbereich des Königs von Aḫḫiyawa angehört haben
musste; s. z.  B. sub I 48 u. I 55  f. Gleich nachdem der Bote die Anordnung dieses Herrschers, dass Atpa den
Piyamaradu dem König von Ḫatti übergeben sollte, gemeldet hatte (I 55  f.), erfolgt nach der unleserlichen
und mit Tilgung versehenen Zeile I 57 die Feststellung des Hethiters, da sei er nach Millawanda gezogen;
s. I 58 [nu i-na uruMi-il5-l]a-u̯ a-an-da pa-a-u-un.
Ähnlich scheint es sich mit der zweiten zitierten Rede des Boten in II 10 zu verhalten, in der der heth.
Großkönig aufgefordert wird, jenen (Piyamaradu) zu nehmen. Nur erfolgt anschließend noch die nähere
Begründung des Autors (II 11–15; s. auch dort) mit der Quintessenz, dass er schließlich dem (durch den Boten
überbrachten) Wort eines ihm gleichgestellten Großkönigs Gehör schenke und dann selbst losgefahren sei;
s. II 15  f. nu ⸢ú?-ki?⸣-la […] pé-en-na-aḫ-ḫu-un. Nach weiterem Argumentieren (II 16–20) findet sich dann noch-
mals in II 20 die Feststellung: ú-ug-ma pa-a-u-un-pát „Ich bin also losgezogen“. Dass das Ziel des Hethiters
ebenfalls wie I 58 Millawanda war, ergibt sich eindeutig aus dem nachfolgenden Text II 20–30, wonach in
Verbindung mit seiner Ankunft dort vom Gespräch mit Atpa die Rede ist.

Wir können uns hier also getrost der in der Forschung verbreiteten Meinung anschließen, dass Sommers
Ergänzung [lúṬe4-mu ša šeš-i]a in I 53 große Wahrscheinlichkeit zukommt.

I 54  f. nu-mu ú-u[l bis ku-it-ki [+ Prädikat …]


Dass der Hethiterkönig hier in leicht vorwurfsvollem Ton das – zumindest nach den Gepflogenheiten der alt-
orientalischen Diplomatie – unübliche Auftreten des Gesandten rügte, stand wohl bislang trotz des lücken-
haften Textes außer Zweifel. Dieser Bote hatte ihm etwas, das in der Lücke von I 54 gestanden hatte, nicht
überbracht und auch keinerlei uppeššar übergeben (I 54  f.).

I 54 zu Ergänzungen der Lücke zwischen nu-mu ú-u[l …] und ú-da-aš


Forrers Ergänzung ar-kam-ma-an „Abgabe, Tribut“ in dieser Lücke kann nicht mit Sommers Vorschlag, hier
aš-šu-la-an einzusetzen, konkurrieren. Dass nämlich der König von Ḫatti vom Herrscher von Aḫḫiyawa,
den er im Text als ebenbürtigen Großkönig behandelte, einen Tribut erwartete, scheint undenkbar; s. auch
Sommer, AU 79. Letzterer berief sich bei seiner Ergänzung zunächst auf einen akkadisch-sprachigen Brief
aus El Amarna (EA 44 Z. 11–13); s. AU 80: „Ich habe an dich, meinen Vater, ein šulmānu geschickt und eine
Sendung für dich gesandt (šūbelta ultēbil).“ Doch auch dieser Versuch kann keineswegs als sicher gelten,
da Belege paralleler Stellen innerhalb der hethitisch-sprachigen Korrespondenz fehlen. Zu aššul(a-) „Gunst,
Gnade, Wohlwollen, Heil, Wohlergehen, Güte“ und zur Bedeutung speziell in Briefen „Gruß, Grußbotschaft,
Brief“ s. z.  B. die Belege in HW2 A (527–537), Alp 1991, 355 u. Mora/Giorgieri 2004, 213.
Sommer, dem es nicht gelang, ein Beispiel für das Auftreten von aššul(a-) im Sinne von „Gruß, Gruß-
botschaft, Brief“ und uppeššar, uppiyaššar „Sendung, Geschenk“ in zwei direkt aufeinander folgenden
hethitischen Sätzen als Stütze für seine Ergänzung zu finden, konnte nur eine ähnliche Stelle aus KUB 21.38
Vs.  5′ heranziehen. Bei diesem Text handelt es sich um einen heute zumeist derselben Ära wie VAT 6692
zugeordneten Brief bzw. Briefentwurf, wohl von Puduḫepa, der Gattin Ḫattušilis III., an Pharao Ramses II.
Dort las und übersetzte er: am-me-el aš-šu-la-an am-me-el ú.nu.t[e?meš -i̯a?] „meinen Gruß und meine Geräte
(d.  h. die als Geschenk übersandten G.)“. Beim zweiten Teil dieser Sendung, die die Boten der Königin dem
Pharao überbracht hatten (KUB 21.38 Vs. 1′), handelt es sich aber wohl um eine Fehllesung. Statt am-me-el

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116   S. Heinhold-Krahmer

ú.nu.t[e? meš -i̯a?] ist mit Edel (1994a, 217) eher am-me-el ú-nu-u̯ [a-aš-ḫa-an …] „mein Schmuck[geschenk …]“
zu lesen; vgl. Goetze, Ed.
Jedenfalls scheint uns eine Ergänzung der Lücke in I 54 aufgrund eines Vergleichs mit dieser Stelle im
Brief KUB 21.38 Vs. 5′ ebenfalls zu unsicher; s. auch Hoffner (2009, 304), während sich Beckman (2011, 104  f.)
Sommers Interpretation anschloss.

I 54 ú-ul-ma-mu
Die Enklitikafolge -ma=mu findet sich in VAT 6692 noch in I 26: mLa-ḫur-zi-<iš>-ma-mu, in I 53 u. II 9: gim-
an-ma-mu u. in IV 32: šeš-ia-ma-mu; zu dieser Folge s. auch das Beispiel in Melchert (2009, 191) aus der sog.
Apologie Ḫattušilis (I 70): kaniššuwar=ma=mu. Es fällt auf, dass sie in letztgenanntem Text – neben ihrem
häufigen Vorkommen in Briefen, die nach Hagenbuchner (1989a, 37) zum Großteil ohnehin aus der zweiten
Hälfte des 13. Jahrhunderts (hauptsächlich Ḫattušili III./Tutḫaliya IV.) zu stammen scheinen – häufig auftritt.
Die hier in I 54 belegte Verbindung ú-ul-ma-mu ist ebenfalls dort (Ḫatt I 40, 54) belegt, während sie in den
eine Generation früher entstandenen Annalen Muršilis II. offenbar nicht aufzufinden ist; ebenso auch nicht
in den meisten seiner Verträge; s. jedoch immerhin z.  B. zi-ik-ma-mu-za in KBo 5.4 Rs. 7 u. a-⸢pu⸣-uš-ma-mu
Rs. 8; Targ. § 9; Friedrich 1926, 60.

I 55 […] iq-bi bis iš-pur


Hier setzt nach iq-bi, wie bereits in Forrer (1929, 109, 135) und Sommer (AU 5, 79) zu lesen ist, die Rede des
Boten ein und beginnt mit der Aussage: „Dem Atpa hat er <der König von Aḫḫiyawa> geschrieben“. In der
Lücke zwischen ku-it-ki am Zeilenbeginn und dem unvollständig erhaltenen MA muss zunächst das Prä-
dikat des in I 54 beginnenden Satzes über die nicht vom Boten überbrachte Sendung gestanden haben;
nach Sommer, AU 80 ú-da-aš. Gut möglich wäre dann durchaus Sommers weitere Ergänzung ki-iš-ša-an-m] a
vor iq-bi „sonde]rn er hat [folgendermaßen] gesprochen“; so auch in Hoffner (2009, 304) u. Beckman et al.
(2011, 104). Die kaum wahrscheinliche Lesung mit Übersetzung in Forrer (1929, 108  f.) nu-mu a-va-]te ig-bi
„(sondern) er sagte [mir (nur) die Wor]te: …“ fand bereits Sommer (AU 80) „mehr als bedenklich“. Die Belege
für „Worte“ enthalten im Text immer das Pluraldeterminativ meš, also a-u̯ a-temeš; s. VAT 6692 I 34, 60, 62.

I 55 mAt-pa
Dass Atpa, ein Schwiegersohn des Piyamaradu (s. unten sub I 64), in den Machtbereich des Königs von
Aḫḫiyawa gehörte, da er in Millawanda anzutreffen war38 und deshalb vermutlich dort seinen Wohnsitz
hatte, stand nicht nur für Forrer (1929, 133 u. passim), sondern auch für Sommer (AU 372) außer Zweifel.
Allerdings betonte Letzterer (l.  c.) im Gegensatz zu Forrer (1929, 137  f., 214  f., 217), es sei nicht ganz gewiss,
dass Atpa „der Nationalität nach“ zu Aḫḫiyawa zählte. Auch dass jener von Anfang an Untertan des Königs
von Aḫḫiyawa war, schien ihm nicht sicher mit der Begründung, Atpa könne erst durch die Besetzung von
Millawanda (durch Aḫḫiyawa) in diese Lage gekommen sein. Gleichzeitig musste er aber einräumen (AU
372), dass Atpa vom König von Aḫḫiyawa den Befehl empfangen hatte, den Piyamaradu an den Hethiter zu
übergeben (I 55  f. u. II 21–23). Dass Sommer jedenfalls nicht zu Unrecht auch der Alternative zugeneigt war,
Atpa sei ebenso wie ja auch dessen Schwiegervater Piyamaradu kleinasiatischer Provenienz gewesen, kann
man aus seinen Formulierungen (AU 372) schließen.
Diese Alternative dürfte aber  – neben weiteren Gründen  – auch Sommers Interpretation einer späte-
ren Stelle im Text beeinflusst haben; s. AU 121–124 u. dazu unten S. 171–177 u. passim. Mit wohl zu großer
Bestimmtheit hat er nämlich die Meinung vertreten, dass sich die erneute Bezugnahme des Königs von Ḫatti
auf sein Gespräch mit Atpa in Millawanda nicht nur über die von Kol. II 21 bis ca. II 30 oder 31 reichende
Passage erstreckt habe, was wohl allgemein sicher erscheint, sondern dass dieser Mann auch in den nachfol-
genden stark zerstörten Zeilen von § 6 die Hauptrolle gespielt habe. Dass dort einige der wenigen erhaltenen
Worte, wenn sie mit einer im Text erscheinenden Person in Verbindung gebracht werden können, eher zu

38 Zum dortigen persönlichen Treffen des Hethiterkönigs mit Atpa s. unten zu I 58–67 u. ca. II 20–30.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   117

Piyamaradus Verhalten und den von diesem an den hethitischen König gestellten Forderungen passen, soll
unten sub II 32–46 dargelegt werden.
Von noch größerer Bedeutung für Sommers inhaltliche Rekonstruktion dieser Zeilen mit Atpa als Kontra-
hent des Hethiterkönigs (AU 114–121) war jedoch vor allem seine Deutung der Zeilen 61  f. in Kol. I (AU 81  f.).
Sie lautete, dass Piyamaradu bereits beim Herannahen oder der Ankunft des Hethiterkönigs in Millawanda
zu Schiff die Flucht ergriffen hätte (AU 114). Wegen der Abwesenheit Piyamaradus seien daher, wie schon
eindeutig in Kol. II 21–31, auch die restlichen Zeilen dieses Paragraphen auf Atpa, den Gesprächspartner des
Hethiters in Millawanda, zu beziehen. Aufgrund der nach eingehender Prüfung geänderten Deutung von
I 61  f. (s. unten), scheint auch dieses Argument von Sommer fraglich zu sein.
Der Name Atpa erscheint außer im sog. Tawagalawa-Brief (VAT 6692 I 55, 63; II 21, 29) noch in ein bis zwei
weiteren fragmentarischen Texten:
1. Er tritt einige Male im sog. Manapa-Tarḫunta-Brief (KUB 19.5 + KBo 19.79 Z. 7, 14, 19, 23, 25, 31) auf, der
heute fast allgemein in die Zeit Muwatallis II. datiert wird und daher nach unserer Meinung vor dem soge-
nannten Tawagalawa-Brief, den wir Ḫattušilis III. Regierung zuordnen, anzusetzen ist; s. vor allem Houwink
ten Cate 1983/4, 35; ferner Singer 2008, 21  f. u. Heinhold-Krahmer 2010c, 193, 196. Eine andere Meinung ver-
traten dagegen Forrer (1926, 91  f.), der damals eine Datierung des Textes entweder auf Muršili II. oder Muwa-
talli (II.) für möglich hielt, und Popko (1984, 201), der ihn aus paläographischen Gründen in die Regierungs-
zeit von Ḫattušili III. setzte. Auch aus diesem Dokument wird deutlich, dass Piyamaradu für Unruhen im
Westen Kleinasiens sorgte, indem er u.  a. dem hethitischen Vasallen in Šeḫa Probleme bereitete. Bei diesen
Aktivitäten spielte bereits Atpa eine wichtige Rolle.
2. Auf einen möglicherweise weiteren Beleg des Namens in dem winzigen Fragment 3208a wies bereits
Forrer (1926, 92  f.) hin. Er las dort in Z. 2′ a-na (1-)a]d-va-a-ma (s. auch Sommer, AU 372: [a.na IA]t-u̯ a-a(-ma)),
was aber nach Fuscagni (2007, 14  f.) [… a-na mA]t-pa-a-ma zu lesen wäre. Anhand des Fotos lässt sich m.  E.
keiner der beiden Lesungsversuche mit Sicherheit verifizieren, auch wenn eine Zeile später Atpas Schwie-
gervater mPi-i[a-ma-ra-du genannt worden sein dürfte. Was es zu Name und Person zu sagen gibt, findet sich
bereits größtenteils in Sommer (AU 372). Zu Atpa in Verbindung mit Awayana s. unten I 63  f.

I 56 Zitat aus einem Brief des Königs von Aḫḫiyawa an Atpa


Der in I 55 erfolgten Mitteilung des Boten, dass er (der König von Aḫḫiyawa) dem Atpa geschrieben habe,
schließt sich nun das Zitat der in dem Schreiben an Atpa enthaltenen Anordnung an: „Lege den Piy[ama-
radu] dem König von Ḫatti in die Hand!“ bzw. „Händige den Piy[amaradu] dem König von Ḫatti aus!“ Es
ist nicht auszuschließen, dass der König von Ḫatti dieses korrekte oder vielleicht auch inkorrekte Zitat aus
der Meldung des – anscheinend wenig respektvollen (vgl. Miller 2010, 161) – Gesandten zur Rechtfertigung
seines Aufbruchs nach Millawanda (I 58) vorbrachte und dadurch vielleicht gleichzeitig diesem Mann die
Schuld an der von ihm begangenen Verletzung des Hoheitsgebiets von Aḫḫiyawa in die Schuhe zu schieben
versuchte. Möglicherweise bezieht sich die in den fragmentarischen Zeilen von Kol. IV 44–46 u. 49–55 darge-
legte Rechtsangelegenheit, bei der es nach Sommer (AU 184–191) um die (falsche?) Aussage eines Untertans
des Königs von Aḫḫiyawa geht, auf diesen Boten. Leider ist dann die nachfolgende Zeile I 57, die sich unmit-
telbar vor dem in I 58 berichteten Aufbruch des Hethiterkönigs befindet, weitgehend getilgt. Vielleicht hätte
sie weitere Aufschlüsse bieten können.

I 57 eine fast völlig zerstörte Zeile


Abgesehen von wenigen Zeichenresten am Beginn und Ende der Zeile (zu den Deutungsversuchen in Forrer
1929, 108 u. Sommer, AU 4 u. 80 s. Translit. S. 26 u. 43 Anm. 74–76) sowie einigen völlig unklaren Spuren
wurde mehr als die Hälfte der Zeile sichtbar getilgt; s. Autographie. Über den Inhalt kann man, wie schon
angedeutet, leider nur spekulieren. Vielleicht fand sich hier, in dieser Zeile, ein Hinweis darauf, dass Atpa
der noch vor der Grenzüberschreitung oder im Grenzbereich an ihn gesandten Aufforderung des Hethi-
ters (I 49: „Komm her zu mir!“) nicht Folge geleistet hatte, oder dass er der Anordnung seines Oberherrn,
Piyamaradu dem König von Ḫatti zu übergeben (I 55  f.), nicht nachgekommen war. Dass Atpa nicht reagiert
hatte, lässt sich jedenfalls nur indirekt aus den nachfolgenden Zeilen (in § 5 u. § 6) erschließen. Es könnte

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118   S. Heinhold-Krahmer

sich neben weiteren Möglichkeiten bei der Tilgung von I 57 aber auch nur darum gehandelt haben, eine
fehlerhafte oder ungeschickt erscheinende Formulierung auszumerzen zugunsten einer nachfolgenden
Änderung.

I 58 von [nu i-na uruMi-il5-l]a-u̯ a-an-da bis I 61 [iš-t]a-ma-aš-ša-an-du


Die Übersetzung dieser einigermaßen gut erhaltenen Passage ist relativ unproblematisch. Die Ergänzungen
der Pionierforscher weichen nur geringfügig voneinander ab.
In I 58 scheint die bislang allgemein akzeptierte Ergänzung [nu i-na uruMi-il5-l]a-u̯ a-an-da gesichert, und
zwar einerseits der Ortsname aufgrund des Kontextes (s. § 4 I 48, § 5, § 6), andererseits das satzeinleitende nu
und anschließend die Präposition i-na aufgrund des Ortsnamens und des diesem nachfolgenden Prädikats
pa-a-u-un; zur Lesung n[u] statt [nu] in den Transliterationen von Forrer u. Sommer s. unsere Translit. S. 26
u. 43 Anm. 77.
Auf die Wiederholung des Verbs pa-a-u-un nebst enklit. -ma folgt dann am schlecht erhaltenen Beginn
von I 59 [ke]-⸢e-da-ni⸣-[ia m]e-mi-ni ḫa-an-da-aš. Sommer (AU 4, 80) hatte wohl zu Recht darauf hingewiesen,
dass dem ersten Wort der Zeile kēdani nicht wie in Forrer (1929, 108) die enklit. Partikel -pat, sondern eher -ia
(wenn auch mit Fragezeichen) anzufügen sei. Sein überzeugendes Argument lautete:

„Der König zieht nach Millavanda, wie er angibt, einmal, um dort durch Atpā, wie ihm zugesichert, den Pijamaradu in die
Hand zu bekommen, aber auch in dem Gedanken, dass das, was er diesem zu sagen hat, Untertanen des Aḫḫijavā-Königs
mitanhören sollen, die dem letzteren dann als glaubhafte Zeugen gelten müssen.“

Sommers Lesung und Ergänzung -i̯  ]a̤ bei [ke]-⸢e-da-ni⸣-[ia in I 59 hat sich in neuerer Zeit auch Beckman (2011,
104) angeschlossen, wobei er dann allerdings sein ergänztes -y]a in der Übersetzung nicht zum Ausdruck
brachte. Hoffner (2009, 304) hingegen wagte für die Zeichen vor m]e-mi-ni insgesamt keine Translit.
Bezüglich [ke]-⸢e-da-ni⸣-[ia m]e-mi-ni ḫa-an-da-aš weichen die Übersetzungen bzw. Deutungen nur
geringfügig voneinander ab. Sommer (AU 5) übersetzte die Worte recht frei: „indem ich mich [au]ch an [di]e
Meinung hielt“, während Forrer (1929, 109 [mit -bad = -pát statt -ia]) einer wörtlichen Wiedergabe den Vorzug
gab: „gerade [d]iesem Worte getreu“. Miller (2006, 243) schrieb: „mit Hinblick auf [fol]gende Angelegen-
heit“; s. ferner Beckman et al. (2011, 105): „because of this matter“. Mit Sommer (s. schon obiges Zitat aus AU
80) ist wohl anzunehmen, dass der hethitische Großkönig hier als „Vorwand“ oder „Exküse“ (AU 87 oben),
man könnte auch sagen als „Begründung“ bzw. „Rechtfertigung“ für sein Vordringen nach Millawanda, –
zusätzlich zu der vom König von Aḫḫiyawa angeordneten und von Atpa durchzuführenden Auslieferung des
Piyamaradu – noch einen weiteren Aspekt vorzubringen versuchte; s. das anschließende Zitat I 59–61. Dieser
sollte vielleicht sogar dazu dienen, seine Grenzverletzung moralisch in ein positives Licht zu rücken, denn
man könnte die Wendung [ke]-⸢e-da-ni⸣-[ia m]e-mi-ni ḫa-an-da-aš auch mit „gemäß dieser (meiner) Devise“,
„entsprechend diesem (meinem) Motto/Leitsatz“ oder sogar in Anlehnung an Forrer (1929, 137) „gemäß
diesem (meinem) Grundsatz“ wiedergeben.
Über den Inhalt des letzten Satzes dieser der Rechtfertigung des Hethiters dienenden Zeilen (I 59–62)
bestand und besteht keinerlei Zweifel: „Die Worte, [die] ich dem Piyamaradu sagen werde, die sollen auch
die Untertanen meines Bruders [h]ören!“

I 61  f. nu-kán mPí-ia-ma-ra-du-uš gišmá-za [ar-ḫ]a ú-et


Es geht hier nun um die Frage, ob Piyamaradu ein Schiff, auf dem er sich befand, verließ und an Land (nach
Millawanda) kam, oder ob er mit einem Schiff von dort entfloh (zum König von Aḫḫiyawa?).
Während Forrer (1929, 108  f., 137)  – ähnlich wie vor ihm schon Sturtevant (1928, 226) und nach ihm
auch Goetze (1930, 289) – Ersteres annahm, nämlich dass Piyamaradu „vom Schiffe weg, aus dem Schiffe
her“ gekommen sei und sich somit vielleicht die Vorwürfe des Hethiterkönigs persönlich angehört habe
(gišmá-za als ablativus separativus), bevorzugte Sommer (AU 4  f., 81  f.) als Deutung, die Flucht mit einem
Schiff (gišmá-za als instrumentaler Ablativ). Er begründete dies aufgrund des Gesamtinhaltes von VAT 6692 in
etwa folgendermaßen: Da immer wieder in diesem Schriftstück das Bestreben des hethitischen Großkönigs

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   119

deutlich werde, Piyamaradu in die Hand zu bekommen, könne, so Sommer, aus dieser Stelle nur geschlossen
werden, dass jener sich zu Schiff aus dem Staub gemacht habe, bevor der Hethiter im küstennahen Milla-
wanda eintraf, das im Machtbereich von Aḫḫiyawa lag. Die Tatsache vor allem, dass sich dieser nach seinem
dortigen Treffen mit Atpa und Awayana (I 63  f.), mit zwei Repräsentanten des Königs von Aḫḫiyawa, weiter-
hin bei Letzterem um die Auslieferung des renitenten Piyamaradu bemühen musste (s. vor allem II 55–76 u.
III 63′–66′), schien Sommer Recht zu geben und klar darauf hinzudeuten, dass der Verfolgte in Millawanda
nicht mehr erreichbar war.
Dass Sommer der Deutung von gišmá-za arḫa uwa- mit Hilfe von rein inhaltsbezogener Argumentation
beizukommen versuchte, ist darauf zurückzuführen, dass er damals auf grammatikalischem Gebiet nicht
recht weiter kam. Besonders folgende grammatische Schwierigkeiten sprach er an (AU 81  f.):
Dass der meist ablativische z-Kasus auch in instrumentalem Sinn vorkomme, sei zwar klar (šu-za „mit
der Hand“), doch nach Ehelolf (mündlich) pflege bei Verben der Bewegung das Mittel der Bewegung im
Instrumental auf -it zu stehen; s. Belege gìr(meš)-it „zu Fuße“. Für „die Vehikel“ gišgigir („Wagen“) und gišmá
(„Schiff“) fehlten allerdings nach Sommer Fälle mit -it. Ihr z-Kasus habe dagegen oft ablativische Funktion.
Er konnte nur einen sicheren textlichen Beleg für einen z-Kasus in instrumentaler Bedeutung gegen Ehelolf
vorbringen, und zwar in Verbindung mit dem Fahrzeugtypus gišḫuluganni-, nämlich KUB 10.17 I 20  f. Danach
„setzt sich der König ins gišḫ.,39 aus dem er erst I 27  f. wieder ‚absteigt‘ “. Dazwischen wird, so Sommer, berich-
tet, dass er damit in die Stadt Ḫattuša [hin]auf kommt (I 21  f.: … ták-kán lugal-uš *x x* uruḪa-⸢at⸣-tu-ši gišḫu-
lu-ga-na-az [ša]-ra-a ú-ez-zi); zu weiteren von ihm genannten, allerdings fraglichen Belegen s. AU 81 Anm. 4.
giš
má-za ar-ḫa ú-it könne also, so Sommer, einerseits im Sinne Forrers (1929, 137) aufgefasst werden, dass
Piyamaradu vom Schiff, auf dem er sich befand, herunterkam, und zwar vermutlich nach Millawanda, ande-
rerseits sei hier aber auch mit der Bedeutung „zu Schiffe“ zu rechnen, also etwa „er entkam zu Schiffe“.
Dabei führte Sommer (AU 82) eine Reihe von Belegen an, in denen weder das „Woher?“ noch das „Wohin?“
angegeben sei, und kein anderer Sinn als der des „Sich-Entfernens“ übrig bleibe.
In ihrem 1999 erschienenen Buch mit dem Titel „Principles of the Relation between Local Adverb, Verb
and Sentence Particle in Hittite“ hat Tjerkstra (1999, 56–59) inzwischen klar dargelegt, dass Sätze, in denen
die mit dem Lokaladverb arḫa verbundenen Verben pai- und uwa- auftreten, die Partikel -kan enthalten, wenn
der Ausgangspunkt bzw. der Ursprungsort angegeben ist (sub 3.2.3), in der Regel bei unbelebten Nomina im
Ablativ, bei belebten im Dativ; s. aber auch l.  c. 57 (105-NS). Dagegen enthalten Sätze mit diesen Verben nebst
arḫa kein -kan, wenn darin die Richtung, in die sich das Subjekt bewegt, vermerkt ist. Eine Richtungsangabe
betrifft entweder den Wohnort des Subjekts oder die Hauptstadt des Hethiterreiches; s. dazu l.  c. 58  f. mit
Ausnahme (114-MH). Unsere fragliche Stelle I 61  f. wird in ihrer Arbeit allerdings nicht berücksichtigt.
In jüngerer Zeit schlossen sich Miller (2006, 243), Hoffner (2009, 304  f.)40 u. Beckman et al. (2011, 105 u.
120) in ihren Übersetzungen der von den meisten Interpreten akzeptierten Meinung Sommers an. Auf der
anderen Seite vertritt nun Th. van den Hout in einer Übersetzung von VAT 6692, die er gemeinsam mit seinen
Schülern J. Burgin und H. Marcuson während eines Seminars im Frühling 2011 erstellt und uns freundlicher-
weise zur Verfügung gestellt hat (E-Mail vom 31. 10. 2011), sinngemäß wieder die Forrersche Interpretation
von VAT 6692 I 61  f., nämlich, dass Piyamaradu nicht zu Schiff vor dem Hethiter geflohen, sondern bei dessen
Ankunft in Millawanda zugegen gewesen sei: „Piyamaradu showed up on a boat (or by boat).“
All das gab den Anlass, sich in diesem Kommentar kritischer und ausführlicher als zuvor mit Sommers
zunächst plausibel erscheinenden Überlegungen grammatikalischer Art zu befassen. Nach einer Über-

39 Sommer (AU 81 mit Anm. 2) erwog damals für gišḫuluganni- die Bedeutung „Sänfte“, doch inzwischen besteht Einigkeit darü-
ber, dass es sich um einen „leichten“ Wagen gehandelt haben dürfte, der meist für Fahrten im Rahmen des Kultes Verwendung
fand; s. hierzu HW2 Ḫ, 705–710.
40 Nach Hoffner (2009, 304  f. Anm. 289) hätte auch Güterbock auf einer Übersetzung im Sinne Forrers bestanden, die gelautet
habe: „came away from the ship“. Nach Hoffners Bibliographie (2009, 420) müsste es sich um Güterbocks Aufsatz mit dem Titel
„Wer war Tawagalawa?“ (Or 59, 1990, 157–165) gehandelt haben, doch findet sich darin keinerlei Hinweis, dass jener die einst
von Forrer vorgelegte Übersetzung von I 61  f. ebenfalls vertreten hätte. In einem bereits 1983 erschienenen Aufsatz interpretierte
Güterbock (1983, 137) die Stelle jedenfalls dahingehend, dass Piyamaradu Millawanda zu Schiff verlassen habe. Leider fehlt bei
Hoffner auch ein Seitenhinweis auf den angeblich 1990 erschienenen und für unsere Stelle relevanten Aufsatz.

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120   S. Heinhold-Krahmer

prüfung der einschlägigen Belege in Mainz (durch E.R.) und München (durch S. H.-K.) hat sich bezüglich
Sommers Ausführungen Folgendes ergeben:
Zum einen ist sein Einwand gegen Ehelolf heute zu revidieren. Es existieren inzwischen auch Belege
für gigir mit der komplementierten Instrumental-Endung -it; z.  B. KBo 19.128 I 2–5 (daneben auch mit
giš

weiterem Beleg für gišḫulugannit), KBo 24.112 + KUB 30. 39 Vs. 12  f. Zum anderen gibt es für den z-Kasus, auch
wenn dessen ablativische Funktion in Verbindung mit dem Fortbewegungsmittel gišgigir überwiegt, weitere
Beispiele für eine instrumentale Bedeutung; z.  B. KBo 10.20 I 16  f.; IBoT 1.36 IV 23  f.
Anders ist die Beleglage bei gišmá, wofür bislang keine Beispiele mit Komplementierung -it (Instrumen-
tal) und -az/-za aufgefunden werden konnten. Die einzige Stelle, die trotz ihres fragmentarischen Zustandes
eine Deutung als Instrumental nahelegt, findet sich in KBo 3.4 III 4′ (AM 66): […] iš-tu gišmá u-i-i̯a-nu-un
„[…] schickte ich mit dem Schiff“, wobei innerhalb der Lücke vermutlich die von Muršili per Schiff (nach
Aḫḫiyawa?) entsandte(n) Person(en) genannt wurde(n). Unsicher bleibt hier  – ebenso wie bei manchen
Belegen von iš-tu gišgigir, deren instrumentale Bedeutung sich nur aus dem Kontext oder mit Hilfe von
Duplikaten oder Parallelstellen erschließen lässt (s. z.  B. KBo 16.36 + III 12  f.; s. Alp 1977, 644) –, ob dadurch
eine Kasusform im Ablativ (in instrumentaler Bedeutung) oder aber im Instrumental wiedergegeben wird;
vgl. auch GrHL 269 § 16.110.
Vor allem fällt auf, dass Sommer das Auftreten oder Fehlen der enklit. Partikel -kan am Beginn von Sätzen
mit arḫa uwe/a- und arḫa pai- noch nicht berücksichtigt hat.41 Dies geschah sowohl bei seiner Deutung der
fraglichen Stelle in I 61  f. als auch bei seinen (AU 82) aufgeführten Belegen von solchen arḫa uwe/a-Sätzen,
in denen weder das „Woher?“ noch das „Wohin?“ angegeben ist, was ihn zur bereits oben erwähnten Auffas-
sung gelangen ließ, dass kein anderer Sinn als der des „Sich-Entfernens“ übrig bleibe.
Um unsere fragliche Stelle I 61  f. im Sinne Sommers einigermaßen problemlos deuten zu dürfen, müssten
wir wenigstens einen Beleg dafür finden, dass das Subjekt eines Satzes einen Ort bzw. Orte (im Ablativ) oder
eine Person bzw. Personen (ausgedrückt durch den Dativ des enklit. Personalpronomens -ši/-šmaš) unter
Verwendung eines Fortbewegungsmittels (Instrumenal oder Ablativ in instrumentaler Bedeutung) verließ
(mit arḫa uwe/a- und Partikel -kan), doch hat sich bislang kein solches Beispiel mit gleichzeitigerAngabe des
Entfernungsortes und des Mittels der Entfernung in Sätzen mit arḫa uwe/a- + -kan finden lassen.42
Bei den in Mainz und München vorhandenen Belegen für arḫa uwe/a- + Ausdruck im Ablativ + -kan tritt
der Ablativ jedenfalls nie als Fortbewegungsmittel in Erscheinung, sondern immer nur als Ausgangspunkt,
von dem sich das Subjekt entfernt, was wiederum voll und ganz den von Tjerkstra aufgeführten Beispielen
entspricht.
Es gäbe nur einen – freilich derzeit nicht besonders zufriedenstellenden – Ausweg, um die Sommersche
Deutung zu retten: Wenn wir 1. ebenso wie er unterstellen, dass gišmá-za in I 61  f. instrumentale Funktion hat,
ohne dafür Belege zu besitzen, die dies stützen könnten, und 2. dann davon ausgehen, dass der Ausgangs-
punkt oder der Ursprungsort, der die Partikel -kan in Verbindung mit arḫa uwe/a- erforderlich macht, dem
Autor oder Schreiber klar war und somit im Geiste ergänzt wurde, vom Leser jedoch nur aus dem Kontext
erschlossen werden konnte. Dafür käme dann an erster Stelle das in I 58 genannte Millawanda in Frage, wo
sich Piyamaradu offensichtlich bereits vor der Ankunft des Hethiters aufgehalten hatte. Dieser zweite Schritt
(sub 2.) könnte sich immerhin auf weiteres Belegmaterial stützen. Ein vergleichbares Beispiel bietet Tjerkstra
(1999, 57, 108-MH) durch KUB 14.1 Vs. 60: ā[ppa]=ma=kán mAttariššii̯a lú uru Aḫḫii̯ā arḫa uit „Later, however,
Attariššii̯a, the man of Aḫḫii̯a appeared (and sought to kill you, Madduwatta).“ Als gedanklich zu ergän-
zender Ursprungsort wäre hier wahrscheinlich das direkt im Satz genannte Land des Attariššiya, nämlich
Aḫḫiyā, anzunehmen; s. hierzu Tjerkstras wörtliche Übersetzung (1999, 58): „the man of Aḫḫii̯a came out of
(Aḫḫii̯a or his native town)“.

41 Wichtige einschlägige Untersuchungen hierzu erschienen erst nach Sommers AU, wie z.  B. Goetze (1933b, 1–38) und Zuntz
(1936).
42 Dagegen kann ein Fortbewegungmittel im Instrumental oder im instrumental gebrauchten Ablativ in Verbindung mit einer
Richtungsangabe innerhalb eines Hauptsatzes auftreten (z.  B. KUB 10.17 I 21′–23′; KUB 58.4 Rs. 10′  f.), allerdings bislang ebenfalls
nie in Verbindung mit arḫa uwe/a-.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   121

Während wir nun aus rein grammatikalischen Gründen nach heutigem Beleg- und Wissensstand die
Deutung Sommers von I 61  f. als wenig wahrscheinlich ablehnen müssen, so können wir doch zumindest
seiner Folgerung aus dem nachfolgenden Text beistimmen, dass das Vordringen des Hethiters nach Milla-
wanda nicht zum gewünschten Erfolg geführt hatte – oder vorsichtiger ausgedrückt: nicht sofort erfolgreich
war –, da er sich nach VAT 6692 weiterhin um eine Auslieferung des feindlichen Piyamaradu beim König von
Aḫḫiyawa bemühen musste.
Gehen wir also mit Forrer davon aus, dass Piyamaradu von seinem Schiff an Land gekommen war und
sich zusammen mit seinen Schwiegersöhnen Atpa und Awayana die Vorwürfe des Hethiters persönlich
angehört hatte, so kommen vor allem zwei Möglichkeiten für dessen weiteren Verbleib im Machtbereich von
Aḫḫiyawa (hierzu bes. II 69  f.; III 52–62, 67–69) in Betracht, nämlich:
1. dass der Hethiter keine Gelegenheit sah, Piyamaradu innerhalb des Hoheitsgebiets von Aḫḫiyawa auf
kleinasiatischem Boden festzunehmen und nach Ḫatti zu schaffen, da das Treffen ja in Gegenwart und wohl
unter dem Schutz der Repräsentanten des Königs von Aḫḫiyawa stattgefunden hatte, und
2. dass es dem Großkönig  – ganz entgegen seiner gewohnten Weise auf kleinasiatischem Boden  –
unmöglich war, in Millawanda militärisch aktiv zu werden. Klarheit darüber, weshalb er davon absah, seinen
Gegner gewaltsam auf dem zu Aḫḫiyawa gehörenden Terrain festzunehmen, hätte vielleicht eine voraus-
gehende Stelle, I 41–44 (s. oben S. 104), bieten können, doch leider ist der Text so stark zerstört, dass hier
nur Vermutungen möglich sind. Der Zeilenbeginn in Kol. I 43: nu-mu-kán karašḪi.a x[…] könnte jedenfalls
annehmen lassen, dass dem Hethiter schon ehe er überhaupt nach Millawanda zog, und zwar in Verbin-
dung mit der Vernichtung von Iyalanda (I 40  f.), Schwierigkeiten bezüglich bzw. von Seiten seiner Truppen
erwachsen waren, die es ihm bereits unmöglich gemacht hatten, die Verfolgung der flüchtigen nam.ra-Leute
aufzunehmen (Kol. I 41 u. 43  f.). Es herrschte offenbar Wassermangel (I 42) und entweder aus diesem Grund
oder noch einem weiteren Problem – nach Sommer und anderen aufgrund nicht ausreichend verfügbarer
Truppen (s. oben sub I 43) – konnte er die Flüchtlinge nicht weiter verfolgen. Möglicherweise also war sein
Heer oder der nach der Niederschlagung Iyalandas verbleibende Rest desselben entweder gar nicht mit ihm
bis Millawanda gelangt, oder aber dort nicht mehr besonders aktionsfähig.

[Nachtrag Februar 2018: Wir haben Th. van den Hout dafür zu danken, dass er uns seinen für eine Festschrift verfassten und noch
unveröffentlichten Artikel zugesandt hat. Dieser trägt den Titel „Did he Come or Go? Hittite arḫa uwe/a-“. Sehr ausführlich setzt
er sich auch dort erneut mit der fraglichen Stelle (hier in VAT 6692 I 61  f.) auseinander und schließt nach seiner Untersuchung auf
jeden Fall eine Flucht des P. zu Schiff aus.]

I 62 na-an a-na a-u̯ a-teMEŠ ku-e-da-aš ḫar-ku-un


Die seltsame Übersetzung, die sich bei wörtlicher Wiedergabe ergeben würde, nämlich: „Zu/in welchen
Worten ich ihn (= Piyamaradu) gehabt (/gehalten) habe“, zeigt in Verbindung mit der nächsten Zeile betrach-
tet „[di]e hat auch (/sowohl) Atpa gehört …“, aber vor allem auch durch einen Vergleich mit der ähnlichen
Phrase in I 50, der eindeutig ein Zitat des Vorwurfs in I 51 folgt, dass es sich hier um eine idiomatische
Wendung handelt. Das Verbum ḫark- dürfte hier nicht im Sinne von „haben“, „halten“ oder „festhalten“ zu
verstehen sein. Es bedeutet in Verbindung mit a-na a-u̯ a-temeš (/memiyanaš) und der Nennung einer Person
im Akkusativ – hier das auf Piyamaradu in I 59 u. 61 zu beziehende Pronomen -an – vermutlich soviel wie
„ihm Vorhaltungen (/Vorwürfe) machen“; s. HW2 Ḫ, 289 sub VI. 3.3, allerdings nur mit Hinweis auf unsere
Stelle VAT 6692 I 62 als einzigem Beleg dieser Bedeutung. Goetze (1930, 289) schlug vor, den Ausdruck fol-
gendermaßen wiederzugeben: „Mit was für Worten ich ihn hernahm, …“. Dies hatte den Vorteil, dass das auf
Piyamaradu zu beziehende Personalpronomen -an tatsächlich im Akkusativ wiedergegeben werden konnte,
jedoch befriedigt dann keineswegs die Übersetzung des D.-L.Pl. a-na a-u̯ a-temeš ku-e-da-aš in instrumentaler
Bedeutung. Sommer (AU 75) jedenfalls hat zu Recht betont, dass ḫar-ku-un entgegen Forrer (1929, 133) hier
nicht als gleichwertig mit aṣ-bat (heth. eppun) in I 50 betrachtet werden könne, da Ersteres imperfektiv,
Letzteres aber perfektiv gebraucht werde; s.  auch HW2 Ḫ, 296  f. zu aspektuellen Unterschieden zwischen
beiden Verben.

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122   S. Heinhold-Krahmer

I 63  f. von [na-a]t bis [iš-]ta-ma-aš-ker


Die obige Deutung des Relativsatzes von I 62 ergibt zusammen mit dem hier nachfolgenden Hauptsatz
bei Sommer, AU 5: „Die Vorwürfe nun, die ich ihm zu machen hatte, [di]e haben auch Atpa und Avajana
[ange] hört“. Zu Forrers (1929, 109) verfehlter Deutung, die insgesamt auf seiner unrichtigen Lesung [iš-]
ta-ma-aš-ku-u statt [iš-]ta-ma-aš-ker in I 64 beruhte s. Sommer, AU 82  f. Ebenso ist hier der von Sommer (AU
83) verwendeten durativen Bedeutung dieses mit -ške/a-- erweiterten Verbalstammes von iš-ta-ma-aš- der
Vorzug zu geben gegenüber Forrers Annahme einer iterativen.
Nicht unbedingt beipflichten muss man dagegen dem, was er weiter zu [iš-]ta-ma-aš-ker (3.Pl.Prt.)
bezüglich der Syntax sagte, nämlich dass es sich entweder „um eine etwas lässige constructio κατὰ σύνεσιν“
handle, „wobei dem Verfasser die Mehrzahl der Hörenden (Atpā und Avajana) als Gesamtsumme vor-
geschwebt“ habe, oder aber er habe vergessen, dass Z. 63 schon ištamaškit gesagt worden sei, und deshalb
den Plural in I 64 korrekt gesetzt. Eine Übersetzung von I 63  f., wie sie in neuerer Zeit Miller (2006, 243) geboten
hat, nämlich „Die Vorwürfe, die ich ihm machte, die hörte auch Atpa; auch Awajana – sie haben gehört“
(ähnlich auch Hoffner 2009, 304  f.),43 dürfte mit einer verstärkten Wiedergabe der auch von Sommer (AU 83)
hier bevorzugten durativen Deutung zum besseren Verständnis von I 62–64 führen, nämlich: „Die Vorwürfe,
die ich gegen ihn (Piyamaradu) erhob, [di]e hörten sich sowohl Atpa als auch Awayana an – sie hörten zu.“;
s. dazu auch oben S. 97 zu 33  f. sub 3.
Bei dieser Aussage in I 63  f. ging es dem Hethiterkönig zweifellos darum, seinem Kollegen in Aḫḫiyawa
deutlich zu machen, dass es ihm durch sein Vordringen nach Millawanda gelungen war, seine Vorwürfe,
die er gegen Piyamaradu erhob, auch persönlich den dort ansässigen Untertanen des Königs von Aḫḫiyawa
(I 58–61) zu Gehör zu bringen. Insbesondere Atpa und Awayana wurden sogar, wie sich dann aus den Zeilen
I 66  f. ergibt, von ihm unter Eid genommen, damit sie diese Angelegenheit, die sie anscheinend bislang ver-
heimlicht hatten (s. unten zu I 64  f.), dem Oberherrn in Aḫḫiyawa wahrheitsgemäß berichteten. Der Hethiter
könnte also durchaus ištamašker „sie haben zugehört“ am Ende dieser Aussage gebracht haben, um seinem
vorausgehenden Hinweis, dass sowohl Atpa zugehört habe als auch Awayana, gegenüber seinem Adressaten
Nachdruck zu verleihen.
Dass die jeweils an die Namen Atpaš und Awayanaš angeschlossenen Enklitika -a hier einfach der im
Deutschen häufig verwendeten Bedeutung „sowohl … als auch“ entsprochen haben, scheint naheliegend.
Ein Beispiel, das zwei verschiedene Personen, wie hier in I 63, gleichermaßen betrifft, bietet Friedrich in HE2
155 § 304 b (Madd Vs. 64): ša mAttariššii̯a-i̯a 1 lú sig5-in kuennir anzēll-a-kan 1 lú sig5-in kuennir „sie töteten
sowohl einen Mann von A., wie auch einen Mann von uns“. Der Unterschied besteht zum einen darin, dass
in Friedrichs Beispiel beide Männer, die getötet wurden, sowohl der Mann „des A.“ als auch der Mann „von
uns“ (aus Ḫatti), Akkusativobjekte darstellen. Deren Unterscheidung nach Zugehörigkeit zu den Kämpfern
aus Attariššiyas Land (aus Aḫḫiya) oder aus Ḫatti wurde jeweils durch einen possessiven Genitiv aus-
gedrückt, und das Prädikat erscheint nicht nur nach dem erstgenannten, zu Attariššiya gehörenden Mann,
sondern wird auch nach Erwähnung der zweiten getöteten Person, „dem Mann von uns“, wiederholt. In VAT
6692 I 63 hingegen bilden beide Personen, Atpa und Awayana, die Subjekte; das Prädikat jedoch erscheint
nur nach Atpa im Singular und wird nach Awayana im Plural wiederholt; s. dazu auch schon oben sub I 33  f.
S. 97 sub 3. auch mit Hinweis auf ein weiteres Beispiel in GrHL 241, § 15.18.

I 63  f. zu Atpa und Awayana


Es scheint ziemlich klar (s. Sommers Interpretation in AU 82–84), dass der hier in I 63 wie schon zuvor
namentlich erwähnte Atpa (oben I 55) und der bislang nur hier bezeugte Awayana Schwiegersöhne des auf-
rührerischen Piyamaradu waren (I 64). Einen Gegensatz dazu stellte Forrers Interpretation (1929, 98, 214, 221)
dar, der Awayana als Schwiegervater von Atpa und Piyamaradu deuten wollte; s. unten I 64  f. sub „1.  Inter-
pretationen der Pionierforscher“. Unsicherheit bezüglich dieser familiären Beziehungen bestand offenbar

43 Vgl. dagegen Beckman et al. 2011, 104  f., die sich offensichtlich Sommers zweitem Vorschlag anschlossen, dass ištamaškit in I 63
auf ein Versehen des heth. Schreibers zurückzuführen sei, und daher nur ištamaškēr aus I 64 in der Übersetzung zu berücksichtigen
sei.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   123

auch bei Hoffner (2009, 305 Anm. 288); hierzu unten I 64  f. sub „2. Neuere Interpretationsvorschläge“. Atpa
und Awayana hielten sich in Millawanda auf, wohin anscheinend zumindest an Atpa der Befehl des Königs
von Aḫḫiyawa ergangen war, Piyamaradu an Ḫatti auszuliefern; s. I 55  f. u. II 20–23. Als Untertanen des
Königs von Aḫḫiyawa (s. z.  B. I 55  f. mit der Erwähnung von Atpa als dessen Befehlsempfänger oder I 60  f.
mit der Nennung der ìr meš des Adressaten, mit denen entweder nur diese beiden Schwiegersöhne des Piya-
maradu I 63  f. gemeint waren oder aber mehrere Personen, zu denen dann auch Atpa und Awayana zählten)
mussten sie sich die für Piyamaradu bestimmten Vorwürfe des hethitischen Großkönigs anhören; zu Forrers
wohl verfehlter Deutung der Stelle s. unten sub I 64  f. Beide Herren, Atpa und Awayana, wurden vom König
von Ḫatti durch Eid verpflichtet, die Angelegenheit (bezüglich Piyamaradu) wahrheitsgemäß dem König von
Aḫḫiyawa zu berichten; dazu unten S. 128 zu I 66  f.

I 64  f. nu-uš-ma-ša-aš lúe-mi-šu-nu ku-it [nu?]-<u-> u̯ a me-mi-an ku-u̯ a-at ša-an-na-an-zi


Diese Stelle bereitete nicht nur den Pionierforschern Schwierigkeiten. Sie zählte auch bei der Erstellung der
vorliegenden Neuedition zu den am intensivsten diskutierten Zeilen des Textes, ohne dass eine völlig zufrie-
denstellende Lösung erzielt werden konnte. Zunächst werden die Interpretationen der Pionierforscher vor-
gestellt.
Sturtevant transliterierte (1928, 226) am Beginn von I 65 [n]a̤ -áš und übersetzte: „Since (he is) their father-
in-law, why should one conceal the matter from them?“. Nach seiner Deutung stellte der Hethiterkönig also
die Frage, warum man ihnen (bezogen wohl auf Atpa und Awayana) die Angelegenheit verheimlichen solle,
(nur) weil er (Piyamaradu) ihr Schwiegervater sei. Während er den Nebensatz korrekt als Kausalsatz interpre-
tierte, war die Übersetzung des Hauptsatzes falsch. Allein schon aus Goetzes 1926 erschienener Autographie
von VAT 6692 in KUB 14.3, auf die sich Sturtevant stützte, wird deutlich, dass seine Lesung [n]a̤ -áš in I 65
von der unmittelbar darunter in I 66 befindlichen und vollständig erhaltenen Schreibung na-aš abweicht.
Letztere dehnt sich weiter nach rechts hin aus, wie schon anhand der älteren Fotos (AU Taf. I u. V.2: Foto
BoFN 00739) deutlich wird. Was am Beginn von I 65 erhalten ist, weist ziemlich eindeutig auf das Zeichen
PI (U̯ A) [s. HZL Nr. 317], also hier am Beginn des Hauptsatzes auf -u̯ a hin (s. z.  B. I 69, 70–72 u. passim]; vgl.
auch Autographie I 65  f. Hinzu kommt, dass Sturtevant bei seinem fälschlich gelesenen [n]a̤ -áš das an das
nu angehängte enklit. Personalpronomen -aš irrtümlich als Dativ Plural betrachtete; vgl. jedoch GrHL 135.
In Forrer, der in seiner Erstbearbeitung am Beginn von I 65 [nu-]va las, lautete die Übersetzung (1929,
109): „Warum verheimlichen sie den Grund, obwohl er ihnen ihr Schwiegervater ist?“ Offensichtlich war sich
Forrer bei der Deutung der Stelle völlig unsicher, denn einerseits behauptete er (1929, 98, 214, 221), dass Piya-
maradu und Atpa die Schwiegersöhne des Awajana gewesen seien, dem sie „den Grund“ für die Vorwürfe des
Hethiterkönigs verheimlichten; andererseits betonte er auch (1929, 138), dass es wahrscheinlicher sei, dass
Atpa und Awayana diese Vorwürfe dem König von Aḫḫiyawa verheimlicht hätten (unter Verweis auf I 52).
Die – vermutliche – Fehldeutung mit Awayana als Schwiegervater von Atpa und Piyamaradu ergab sich für
ihn vor allem dadurch, dass er am Beginn von I 64 fälschlich [iš-]ta-ma-aš-ku-u gelesen hatte, was er als 3.Sg.
Imp. (korrekt wäre dafür [iš]-ta-ma-aš-ke-ed-du) betrachtet hatte, anstelle der richtigen Lesung [iš-]ta-ma-aš-
ker. Diese Form (3.Pl.Prt.) hatte zuvor bereits Sturtevant (1928, 222) richtig erkannt; ebenso dann auch Goetze
(1930, 289 Anm. 2) u. Sommer (AU 5, 82  f.).
Zur Klärung der familiären Beziehungen zwischen Piyamaradu, Atpa und Awayana dürfte freilich
Sommer (AU 82–84) den überzeugendsten Beitrag geleistet haben, wenngleich letzte Sicherheit hierüber
nicht zu erzielen ist aufgrund der wenigen Informationen und der Probleme, die der Text bietet.
Zum einen wies er darauf hin, dass Awayana laut Text ja dabei gewesen sei und zugehört habe, als der
Hethiter seine den Piyamaradu betreffenden Vorwürfe in Millawanda vorgetragen habe; s. I 62–64. Dass also
Piyamaradu und Atpa ihrem ebenfalls anwesenden Schwiegervater die Angelegenheit verschweigen würden,
sei, so Sommer (AU 83), „Unsinn“ und „würde auch den König von Aḫḫijavā wenig interessiert haben“. Das
Gegebene sei, dass Atpa und Awayana gegenüber dem König von Aḫḫiyawa den Mund gehalten hätten, weil
Piyamaradu ihr Schwiegervater war. Dies leuchtet insofern ein, als der Hethiter auch gleich anschließend den
Adressaten (den König von Aḫḫiyawa), den er bereits vor seinem Betreten des Machtbereiches von Aḫḫiyawa
über Piyamaradus antihethitische Aktivitäten informiert hatte (s. z.  B. I 49–52), nun wissen lässt (I 66  f.), dass

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er sie – gemeint sind sicherlich Atpa und Awayana – eidlich verpflichtet habe (wohl noch während seines
Aufenthaltes in Millawanda), ihm (dem Adressaten) die Angelegeheit vollständig zu berichten; vgl. noch
Hoffner 2009, 305 mit Anm. 291.44
Zum anderen bemerkte Sommer (AU 83), dass aufgrund des Briefes KUB 19.5 Vs. 7  f. (Brief des Manapa-Tar-
hunta an einen König von Ḫatti [wohl Muwatalli II.]) Piyamaradu als dem Atpa übergeordnet in Erscheinung
trete, was nach seiner Meinung dafür spreche, dass Piyamaradu der Schwiegervater von Atpa (und damit
auch von Awayana) gewesen sei. Die letztgenannte Schlussfolgerung scheint allerdings auf schwächeren
Füßen zu stehen als die erstgenannte und ist bestenfalls subsidiärer Art, denn die von ihm aufgrund dieses
Briefes (KUB 19.5 Vs.  7  f.) nur vermutete mächtigere Position des Piyamaradu bleibt auch trotz des durch
das Zusatzstück KBo 19.79 erweiterten Textes von KUB 19.5 Vs. 14–30 (s. Houwink ten Cate 1983/4, 39  f., 45  f.)
sehr fraglich. Allein betrachtet lassen die den Piyamaradu erwähnenden Stellen keineswegs einen sicheren
Rückschluss auf die vielleicht erst später eingegangene familiäre Bindung zu Atpa zu (vgl. Houwink ten Cate
l.  c. 46, 51, 55) und schon gar nicht zu dem nur ein Mal, eben in VAT 6692 I 63, bezeugten Awayana.
Als weiteres Indiz jedoch dafür, dass die Angelegenheit, die aus Rücksicht auf „den Schwiegervater“
dem König von Aḫḫiyawa verschwiegen wurde, eben gerade auf Piyamaradu als diesen Schwiegervater hin-
deutet, auf den Schuldigen in der tartenu-Affäre, könnte noch die schon oben erwähnte folgende Tatsa-
che dienen: Nachdem der Autor, der hethitische Großkönig, im Anschluss an die Frage nach dem Grund
für dieses Verschweigen (I 65) festgestellt hatte, dass er sie (Atpa und Awayana) habe schwören lassen, die
Angelegenheit dem Adressaten (dem König von Aḫḫiyawa) vollständig zu berichten (I 66  f.), kommt er unver-
mittelt erneut auf die schon in I 7–15 berichtete und den Piyamaradu betreffende tartenu-Affäre (I 67–71) zu
sprechen.
Dass auch Forrers Interpretation des kuit-Satzes (I 64), den er als einen vorangestellten Nebensatz zu
dem in Form einer Frage (mit kuwat) gebildeten Hauptsatz (I 65) betrachtete, in der von ihm angewand-
ten konzessiven Bedeutung verfehlt ist,45 und dass es sich dabei vielmehr um einen Kausal-Satz handelt
(s. Sommer, AU 83 mit Anm. 1),46 bedarf auch aus heutiger Sicht keiner weiteren Erklärung.
Goetze (1930, 289 Anm. 3) bemerkte in seiner Rezension zu Forrer (1929), dass ihm die Frage mit kuwat
„warum“ (in I 65) unverständlich sei und er deshalb statt ihrer die Partikel kuwatka „etwa“ konjizieren wollte.
Er stellte die Zeile I 65 parallel zum kuit-Satz und betrachtete die nachfolgende Aussage in I 66 (na-aš li-in-
ga-nu-nu-un) als zugehörigen Hauptsatz, was dann lautete: „Und weil er ihr Schwiegervater ist, und sie das
Wort etwa (?) verheimlichen könnten, habe ich sie schwören lassen“. Diese vermeintliche „Verbesserung“
bezüglich des deutlich lesbaren kuwat zu kuwatka scheint jedoch mehr als unsicher zu sein, und damit auch
die Einbeziehung von I 65 in den vorausgehenden Nebensatz. Dennoch trat bei Goetze die enge inhaltli-
che Verknüpfung von I 64  f. mit den beiden nachfolgenden Sätzen in I 66  f. sehr deutlich hervor. Aus seiner
Übersetzung (1930, 289) ergab sich immerhin schon sinngemäß, dass Atpa und Awayana, denen an einer
Verheimlichung der Piyamaradu-Angelegenheit gelegen war, da es sich bei jenem Unruhestifter um ihren
Schwiegervater handelte, vom Hethiterkönig eidlich verpflichtet wurden (I 66), diese Angelegenheit voll-
ständig zu berichten (I 66  f.). Wem die beiden allerdings Bericht erstatten sollten, geht aus Goetzes Überset-
zung nicht klar hervor, denn – wie überdies auch schon Sturtevant (1928, 226) – schien er am Beginn des
zweiten Satzes in I 66 das enklit. Personalpronomen -ta (hier Dativ „dir“, so richtig bereits in Forrer 1929, 138)

44 Hoffner meint hier, dass neben Atpa und Awayana vielleicht auch noch Piyamaradu vereidigt worden sein könnte. Er bezieht
sich damit vermutlich auf seinen Hinweis in Anm. 289, wo er bezüglich I 61 feststellte, Güterbock habe 1990 auf der Interpretation
bestanden, dass Piyamaradu nicht geflohen, sondern vom Schiff weg (an Land also) gekommen sei; hierzu schon oben sub I 61  f.
Die oben dargelegte Wahrscheinlichkeit, dass Piyamaradu selbst in Millawanda anwesend war, als der hethitische Großkönig dort
die ihn betreffenden Vorwürfe vortrug, lässt aber nicht ohne Weiteres den Schluss zu, dass auch Piyamaradu eidlich verpflichtet
wurde, dem König von Aḫḫiyawa über seine „Untaten“ Bericht zu erstatten. Es scheint vielmehr naheliegend, dass diejenigen,
die aus Verwandtschaftsgründen die Piyamaradu-Affäre ihrem Oberherrn, dem König von Aḫḫiyawa, verschwiegen oder nur
unvollständig berichtet hatten, eben Atpa und Awayana (I 62–65), nun durch ihren Eid zu einer vollständigen Berichterstattung
gezwungen werden sollten.
45 S. GrHL 419 sub „Concessive Clauses“ und zur hierfür erforderlichen konzessiven Konjunktion mān …-(i)a.
46 S. GrHL, 418  f. über kausale Sätze mit der Konjunktion kuit.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   125

übersehen zu haben. Dieses Pronomen ist in VAT 6692 mit Ausnahme von Zitaten wohl immer auf den Adres-
saten, den König von Aḫḫiyawa, zu beziehen.
Sieht man von den Abweichungen in grammatikalischer Hinsicht ab, so ist immerhin eine Übereinstim-
mung in einigen wichtigen Punkten inhaltlicher Art zwischen Goetzes und Sommers Interpretation von I
64  f. in Verbindung mit I 66  f. konstatierbar, wie die nachfolgende Übersetzung des letztgenannten (AU 5)
zeigt: „Warum verschweigen sie <Atpa u. Awayana>, weil er <Piyamaradu> ihr Schwiegervater (ist), die Sache
i[mmer no]ch? Nun habe ich ihnen <Atpa u. Awayana> einen Eid abgenommen, und sie sollen dir <dem König
von Aḫḫiyawa> die Sache loyal melden“; so auch Beckman et al. 2011, 105.
Zu Recht hatte Sommer (AU 83) den Beginn von I 65 als ein Problem betrachtet. Forrer (1929, 138) hatte,
wie bereits gesagt, vor dem dort klar erhaltenen das Zeichen PI (U̯ A) ein Satz einleitendes nu ergänzt, wobei
er die enklit. Partikel mangels direkter Rede an dieser Stelle als „Irrtum des Abschreibers“ bezeichnete. Doch
da sich Sommer mit dieser Erklärung nicht abfinden konnte, suchte er einen anderen Ausweg. Obgleich er
einräumte, dass die Konstruktion mit Konjunktionalpartikel nu bei „kuit-Perioden sowohl zu Beginn wie
beim Übergang zum Hauptsatze“ vorherrsche, konnte er auch Beispiele für Asyndese in Hauptsätzen anfüh-
ren, die dem kausalen Nebensatz folgen. Es gelang ihm außerdem, einen grammatikalischen Parallelfall
zu unserer Stelle ausfindig zu machen (AU 83 unten), und zwar im sog. Madduwatta-Text KUB 14.1 Rs. 89  f.;
s. Goetze 1927, 38 u. Sommer, AU 338, 342–349. Dieser enthält ebenfalls einen durch nu eingeleiteten kausalen
Nebensatz mit der Konjunktion kuit sowie einen nachfolgenden Hauptsatz in Form eines Fragesatzes mit
kuwat ohne nu.
Die Tatsache aber, dass der Fragesatz mit kuwat im Madduwatta-Text asyndetisch konstruiert ist, brachte
Sommer (AU 83  f.) offensichtlich auf die Idee, hier statt eines satzverknüpfenden nu nebst der hier über-
flüssigen enklitischen Partikel der direkten Rede das Wörtchen nūwa „noch“, also [nu-u-]u̯ a, einzusetzen.
Dieser Rekonstruktionsversuch des Zeilenanfangs von I 65 würde sich in der Tat hervorragend inhaltlich
mit dem Kontext verbinden lassen, denn nachdem der Hethiterkönig seine Vorwürfe gegenüber Piyama-
radu in Millawanda auch offiziell vor den Untertanen des Königs von Aḫḫiyawa, insbesondere vor Atpa und
Awayana, kundgetan hatte, gab es wohl nach seiner Einschätzung keinen Grund mehr für Letztgenannte,
die ganze Geschichte aus Rücksichtnahme gegenüber ihrem Schwiegervater (Piyamaradu) noch weiterhin
zu verschweigen; s. Sommer, AU 84 zu I 65: „wozu sollen sie die Sache immer noch verschweigen?“ Völlig
konsequent wirkt daher auch der sofort an diese Frage anschließende und an den Adressaten, den König von
Aḫḫiyawa, (I 66: -ta „dir“) gerichtete Hinweis des Hethiterkönigs (in I 66  f.). Durch diesen Hinweis wird der
Adressat über die bereits in Millawanda erfolgte eidliche Verpflichtung beider Männer (Atpa und Awayana)
im Voraus in Kenntnis gesetzt, ihm, ihrem Oberherrn, nun die Angelegenheit vollständig zu berichten.
Zu Gunsten von Sommers Deutung (I 65) ließe sich hier noch zusätzlich anführen, dass auch bei weiteren
erhaltenen Belegen für einen kausalen kuit-Nebensatz, dem eine Frage mit kuwat folgt, Letztere ebenfalls
keine Asyndese aufweist; s. z.  B. den ebenfalls im Madduwatta-Text erhaltenen Beleg KUB 14.1 Rs. 56, aber
auch die zu Sommers Zeiten noch unbekannten Stellen in Maşat-Briefen Nr. 56 Vs. 7–10 u. Nr. 68 Vs. 4–7; Alp
1991, 224  f. u. 250  f.
Was den Satzbeginn von Fragesätzen mit kuwat „warum“ ohne vorausgehenden kuit-Satz im Allgemei-
nen anbelangt, so finden sich solche mit kuwat am Satzbeginn in der Regel ohne Satz verknüpfende Partikel;
s. hierzu die Beispiele in Hoffner 1995, 97  f. (Nr. 81–94). Wenn jedoch, wie auch in unserem Falle, kuwat nicht
am Satzanfang auftritt, so kann der Satz entweder asyndetisch sein oder aber – sogar häufiger noch – mit nu,
-a/-ya oder -ma erscheinen; s. Hoffner 1995, 98–100 (Nr. 95–115).47 In VAT 6692 selbst jedenfalls erscheint ein
weiterer Fragesatz mit nicht am Satzbeginn befindlichen ku-u̯ a-at in fragmentarischem Kontext in Kol. II 2,
der asyndetisch auftritt.48 Immerhin bemerkte aber auch schon Sommer (AU 84), dass der Raum in I 65 für
ein zu ergänzendes -u- zwischen [nu-] und -u̯ a „noch“ kaum vorhanden sei, weshalb er auf die sehr schmale
Schreibung von u in I 68 (u-i-ia-nu-un) hinwies.

47 In Hoffner 1995, 99 (Nr. 110) wird auch unsere Stelle KUB 14.3 I 64  f. aufgeführt. Am Beginn von I 65 steht [nu-]wa, was Hoffner
trotz des nicht von ihm dort ergänzten oder konjizierten u wie nu-u-u̯ a (engl. „still“), also entsprechend unserem „noch“ wieder-
gibt.
48 Ob auch in VAT 6692 IV 41 noch ku-u̯ a-[at? …] zu ergänzen ist, wie von Sommer (AU 18) erwogen, bleibt fraglich.

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126   S. Heinhold-Krahmer

Neben den eben vorgestellten Vorschlägen früherer Forscher gibt es mehrere neuere Interpretationsvor-
schläge, Widerlegungen und Überlegungen. In jüngeren Publikationen wurde zunächst wieder die Forrer-
sche Lesung gegenüber Sommers [nu-u?-]u̯ a bevorzugt. Miller (2006, 243 Anm. 29) wies auf die Spur eines
waagrechten Keils vor dem -u̯ a in Goetzes Ed. hin, was seiner Meinung nach für [n]u-u̯ a, also Satz einleitende
Partikel nu nebst enklit. Partikel der direkten Rede, spräche. Er übersetzte I 64  f.: „… Da er ihr Schwiegervater
(ist), warum verschweigen sie die Angelegenheit?“ Hoffner (2009, 305 Anm. 288) schloss sich, ebenso wie
Beckman et al. (2011, 106), der Lesung [n]u-wa an, war sich aber, wie ehemals Forrer, über die verwandt-
schaftlichen Beziehungen von Atpa und Awayana zu Piyamaradu nicht ganz sicher. Seine Übersetzung
entsprach dagegen eher der von Sommer: „But why – just because he (Piyama-radu?) is their (Atpā’s and
Away ana’s) father-in-law – are they concealing the word?“ Dass allerdings weder heute die Originaltafel (s.
auch Autographie) noch die älteren Fotos die in Goetzes Ed. enthaltene Spur andeuten, wurde bereits von
Sommer entgegen Goetze festgestellt; s. Translit. S. 26 u. 44 Anm. 78.
Während einer erneut einsetzenden Diskussion aller an vorliegender Neuedition Mitwirkenden im
Februar 201149 wurde versucht, nochmals die älteren Deutungsversuche zu überprüfen und weitere Inter-
pretationsmöglichkeiten ausfindig zu machen. Von den Versuchen der Pionierforscher kam allein der Som-
mersche weiterhin in Betracht, jedoch indem eine Konjektur in Kauf genommen werden musste; s. unten
S. 27 Vorschlag 3. Zwei neue, zunächst in die engere Wahl gezogene Vorschläge mussten jedoch, obgleich sie
einen guten Sinn ergeben hätten, aus syntaktischen Gründen wieder aufgegeben werden:

Vorschlag 1: Deutung des kuwat-Satzes (I 65) als indirekten Fragesatz zwischen I 64 u. I 66:

a) „Da er ihr (des Atpa u. Awayana [I 63  f.]) Schwiegervater ist? (Ist es das,) warum sie die Sache verschweigen? Nun habe
ich sie vereidigt …“
b) „Und weil er ihr Schwiegervater ist, (der Grund,) weshalb sie die Angelegenheit [no]ch? (immer) verschweigen, habe ich
sie vereidigt …“

In Fall b) wäre auch noch Goetzes Vorschlag insoweit berücksichtigt, als in I 64  f. zwei Nebensätze aufträten,
wobei der zugehörige Hauptsatz in I 66 zu suchen wäre.
Doch zu Recht wurde von E.R. eingewandt, dass bei den obigen Übersetzungen des kuwat-Satzes im
hethitischen Text etwa Folgendes zu erwarten wäre: apat memian kuwat šannanzi; zur äußerst geringen
Beleglage für Spaltsatzphänomene s. Rieken/Widmer (2011, 321–324). Wir konnten überdies weder in der
Münchner Zettelsammlung für das Hethitische Wörterbuch (HW2) noch unter den zahlreichen von Hoffner
(1995, 97–100) vorgeführten Beispielen bislang einen sicheren Beleg für abhängige, also indirekte Fragesätze
mit kuwat finden.

Vorschlag 2: Interpretation des kuit-Satzes als ein dem Hauptsatz (mit Prädikat ištamašker in I 64) nachge-
steller Kausalsatz (I 64), wobei der kuwat-Satz in I 65 als selbstständiger Fragesatz (Frage des Autors an den
Adressaten) zu betrachten wäre. Im Folgenden wird diese Übersetzung von I 64  f. innerhalb der beiden vor-
ausgehenden und nachfolgenden Zeilen aufgeführt:

62 „… Die Vorwürfe, die ich (König von Ḫatti) ihm (Piyamaradu) machte,
63 die hörten sowohl Atpa an als auch Awayana –
64 sie (Atpa und Awayana) haben zugehört, da er (Piyamaradu) ihr Schwiegervater (ist):
65 ,Warum verschweigen sie die Angelegenheit?ʻ
66 Ich habe sie schwören lassen, und sie sollen Dir (dem König von Aḫḫiyawa) die Angelegenheit vollständig
67 erklären. …“

49 Angeregt wurde die Diskussion erneut durch J.L.M., der auf einen Übersetzungsvorschlag seiner Studentin, Frau Richardson,
hinwies; s. Vorschlag 1 sub a.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   127

Dieser Versuch, eine Erklärung für die Partikel der direkten Rede im Falle einer Lesung nu-u̯ a (in I 65) zu
finden und damit auch auf Sommers räumlich kaum mögliche Lesung [nu-u?-]u̯ a (hierzu unten sub Vor-
schlag  3) verzichten zu können, scheint ebenfalls problematisch zu sein. Eine direkte Rede mit der Partikel
-wa(r-) wird an ihrem Beginn, wie das hier der Fall wäre, in der Regel nicht mit nu eingeleitet (Hinweis von
E.R.). Dies wird auch aus den für zitierte Rede angeführten Beispielen in Hoffner (2007, 388) u. Fortson (1998,
21  f. u. 27–30) deutlich; s.  z.  B. auch unten zu I 68–70 (Asyndese am Beginn der zitierten Rede). Erscheint
eine Satz verknüpfende Partikel dennoch am Beginn einer direkten Rede, egal ob es sich um nu oder eine
andere Konnektiv-Partikel handelt, ist -wa(r-) oft als überflüssig bezeichnet worden und wurde zurückge-
führt auf Fehler eines Schreibers, Abschreibers (Forrer 1929, 138) oder vielleicht auch eines Diktierenden;
zum Vorkommen von überflüssigem -wa(r-) s. z.  B. schon Friedrich HE2 § 292b; ferner Fortson 1998, 31–33 mit
Beispielen in Anm. 34. Allerdings scheint sich bei besagter Regel der Spruch „Keine Regel ohne Ausnahme“
zumindest in seltenen Fällen zu bewahrheiten, auf die Sommer (AU 165 mit Belegen) und Hoffner/Melchert
(s. GrHL 357 § 28.14 u. 403 § 29.48 mit Belegen) hingewiesen haben, Letztere mit den Worten: „Quoted speech
very rarely begins with a conjunction.“ Ein solcher Fall scheint sich in § 12 III 64′ nu-u̯ a zu befinden, und zwar
am Beginn eines längeren Zitates. Die Konnektivpartikel nu leitet dort anscheinend die Schlussfolgerung
bzw. die aus dem zuvor in § 11 Dargelegten zu ziehende Konsequenz (für Piyamaradu) ein, wofür dann die
Übersetzung „so … denn“, „also“ angewendet wird.
Dennoch gibt es keinen Grund, die Stelle hier (in § 5 I 65), bei der es sich nicht wie in § 12 III 64′ eindeu-
tig um ein zitiertes, vom Hethiter vorformuliertes Schreiben handelt, ja bei der nicht einmal sicher ist, was
das Zeichen PI (U̯ A) darstellt, mit der genannten Stelle (in § 12 III 64′) zu vergleichen. Zudem spricht gegen
die obige Interpretation, in der der kuit-Satz in I 64 nicht als ein zum nachfolgenden kuwat-Satz zugehöriger
Nebensatz betrachtet wird, sondern als nachgestellter Nebensatz zu dem in I 64 vorausgehenden Satz: „sie
haben gehört“, folgendes Argument: Nachgestellte kausale Nebensätze mit kuit treten in der Regel asynde-
tisch auf; s. Hoffner 2007, 391; GrHL 419, § 30, 45.

Vorschlag 3: Sommers Deutungsversuch mit Anbringung einer Konjektur: Die von Anfang an von J.H. prä-
ferierte Sommersche Version (s. oben) bot, wie bereits erwähnt, als Hauptproblem die Ergänzung [nu-u?-]
u̯ a am Beginn von I 65. J.L.M. riet erneut von dieser Ergänzung ab, da die Projektion auch sehr enger Schrei-
bungen an die fragliche Lücke (I 65), wie etwa von NU am Beginn von I 69 und U am Anfang von I 68, dies
aus Raumgründen unmöglich erscheinen lasse. Eine verkürzte Schreibung von nu-u-u̯ a in Form von nu-u̯ a
lässt sich nicht nachweisen; s. Belege in CHD L-N, 468–470.50 Als einziger Ausweg zugunsten der inhaltlich
einleuchtenden Interpretation von Sommer, schien sich daher anzubieten, innerhalb von [nu?-]u̯ a ein <u->
zu konjizieren.
Einen anderen Punkt, der diskutiert wurde, stellte die Frage dar, ob man ša-an-na-an-zi in I 65 auch
unpersönlich im Sinne von „man verheimlicht/verschweigt“ statt „sie verheimlichen/verschweigen“ wieder-
geben könne bzw. solle, was bereits Sturtevant (1928, 226) versucht hatte; s. oben S. 123. Dies ist als Mög­
lichkeit zwar nicht völlig auszuschließen, doch angesichts der Tatsache, dass gleich anschließend von der
wohl auf Atpa und Awayana bezogenen eidlichen Verpflichtung die Rede ist, die Angelegenheit dem König
von Aḫḫiyawa vollständig zu melden, kann wohl die Wiedergabe mit „sie verheimlichen“ mehr Wahrschein-
lichkeit beanspruchen.

Nach dem oben Dargelegten wären also am Beginn von I 65 zwei Möglichkeiten denkbar:
1. [nu]-<u->u̯ a, wobei eine Konjektur, nämlich -u-, akzeptiert werden müsste, um hier mit Hilfe von nūu̯ a
„noch“ einen syntaktisch möglichen asyndetischen Satzanschluss zu erhalten.
2. [nu]{-u̯ a}, wobei ein in Fragesätzen mit einem nicht am Satzbeginn befindlichen kuu̯ at ein satzeinlei-
tendes nu zu ergänzen wäre und gleichzeitig -u̯ a als fehlerhafte Anfügung betrachtet werden müsste. Diese
wäre dann auf einen Irrtum des Autors oder Schreibers zurückzuführen, welcher vielleicht zuerst daran
dachte, einen Satz aus der Rede (des Hethiterkönigs) in Millawanda (vor Atpa und Awayana) zu zitieren

50 Auch die Überprüfung der Belege der Münchner Zettelsammlung für HW2 führte zu keinem anderen Ergebnis.

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128   S. Heinhold-Krahmer

(„Warum verschweigt ihr die Angelegenheit [noch immer?]?“), der dann aber seinen Gedanken in eine rhe-
torische Frage an den Adressaten (König von Aḫḫiyawa, auf den auch eindeutig das Pronomen -ta in der
nachfolgenden Zeile I 66 zu beziehen ist) umgemünzt hätte.

Obgleich beide Möglichkeiten problematisch sind, müssen wir nach langer Diskussion mit vielfältigen Über-
legungen eine dieser Möglichkeiten für unsere Übersetzung auswählen. Hier scheint es dann allein schon
aus praktischen Gründen sinnvoll, Sommers Vorschlag (s. oben S. 127) beizubehalten, indem, wie sich inzwi-
schen gezeigt hat, die dafür nötige Konjektur in Kauf zu nehmen ist.

I 66 von na-aš bis I 67 me-ma-an-du


Bei den Personen, die der Hethiter schwören ließ, dem König von Aḫḫiyawa die Angelegenheit vollständig
zu berichten, hat es sich auf jeden Fall um die beiden zuvor (I 63  f.) genannten Schwiegersöhne des Piya-
maradu gehandelt. Dass Letzterer ebenfalls vereidigt wurde, erscheint trotz der oben (I 61  f.) dargelegten
wahrscheinlichen Präsenz des Piyamaradu bei Ankunft des Königs von Ḫatti in Millawanda wenig wahr-
scheinlich; hierzu schon oben sub I 64  f. S. 124 Anm. 44.

I 67 von ú-ul-kán bis I 71 [nu-za? u]l*m[e?]-ma*-aš


Diese erste Wiederholung der tartenu-Angelegenheit erfolgt gegenüber der ursprünglichen Darstellung in
I 8–11 (vgl. noch unten die zweite Wiederholung II 4–7) in leicht veränderter Weise und etwas ausführlicher.
Sie beginnt hier zunächst in Form einer rhetorischen Frage (I 67  f.), wobei diese Frage eine Erweiterung durch
die zitierte Rede erfährt, welche ausführlicher als in I 9  f. den an den tartenu gerichteten großköniglichen
Auftrag für seine Mission wiedergibt (I 68–70). Anschließend (I 71) wird erneut wie in I 11 der Misserfolg
dieser Mission konstatiert: Jener Mann nämlich, den der tartenu zum Großkönig geleiten sollte, lehnte sein
Mitkommen ab, indem er „Nein“ sagte. Dass es sich hierbei um die Piyamaradu-Affäre handelte, ergibt sich
nicht nur ziemlich eindeutig aus den vorausgehenden Zeilen 56–67; s. Güterbock 1990, 159; Heinhold-Krah-
mer 1986, 57  f.; Singer 1983, 211  f.

I 67  f. zur rhetorischen Frage


An Stelle des Aussagesatzes in I 8  f.: nu-uš-ši lútar-te-nu u-i-ia-nu-un „Da schickte ich ihm den tartenu“,
wird nun in I 67  f. die rhetorische Frage gestellt: ú-ul-kán lútar-te-nu pa-ri-ia-an u-i-ia-nu-un „Habe ich
nicht den tartenu hinüber geschickt?“. Die an das erste betonte Wort des Satzes angeschlossene enklit.
Partikel -kan steht hier wegen des vor uiyanun („ich schickte“) befindlichen Präverbs pariyan „hinüber“; s.
CHD P, 152 sub pariyan 1.b.6′. Die Asyndese (hier fehlendes nu gegenüber I 8) tritt häufig in Satzfragen auf,
insbesondere aber ziemlich regelmäßig in verneinten rhetorischen Fragen, in denen die Negation wie hier
am Satzanfang steht. Beispiele finden sich in Hoffner 1995, 91  f.; s. z.  B. auch sub I 74; vgl. dagegen aber unten
II 4, wo die fast gleiche Frage wie hier in I 67  f. in nur leicht abgeänderter Form erscheint. Dieser Fragesatz
enthält zu Beginn die Satz verknüpfende Partikel nu nebst enklit. Personalpronomen, dann erst folgt an
zweiter Stelle die Negation.

I 68–70 zur zitierten Rede


Sie betrifft hier wie in I 9  f. (und später in II 5–7) den an den tartenu gerichteten Auftrag des Hethiterkönigs,
den vermeintlich künftigen Vasallen Piyamaradu zu ihm zu geleiten. Während dieser zitierte Auftrag in I 9  f.
nur zwei Sätze enthält, nämlich: i-it-u̯ a-ra-an-za-an-⸢kán⸣ a-⸢na⸣ gišgigir gam-an ti-it-ta-nu-⸢ut⸣ nu-u̯ a-ra-an
ú-u̯ a-ti „Geh, lass ihn auf dem Wagen (bei Dir) Platz nehmen und bring ihn her!“, besteht er hier in I 68–70
aus vier Sätzen: i-it-u̯ a-kán pa-ri-ia-an pé-en-ni nu-u̯ a-ra-an šu-an e-ep nu-u̯ a-ra-an-za-an-kán a-na gišgigir
[gam-a]n ti-it-⸢ta⸣-nu-ut nu-u̯ a-ra-an-mu igi-an-da ú-u̯ a-ti „Geh, fahr hinüber! Fass ihn bei der Hand! Lass ihn
auf dem Wagen (bei dir) Platz nehmen und bring ihn mir entgegen!“

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   129

I 71 [nu-za? u]l *m[e?]-ma*-aš oder [ú?-u]l *m[e?]-ma*-aš?


Forrer (1929, 108), Sommer (AU 6; s. im Anschluss daran auch Parker 1999, 69, 75), Hoffner (2009, 305) u.
Beckman et al. (2011, 71) ergänzten analog zu I 11 hier [ú-u]l memaš, wobei sie jedoch auf die in I 11 enthal-
tene Satzeinleitung nu-za verzichten mussten. „Die eventuelle Partikellosigkeit“, die Asyndese also, betrach-
tete Sommer (AU 84) als „Kennzeichen eines Aussagesatzes im Affekt“, wobei er nicht ganz ausschloss, dass
am Beginn der Zeile vor ú-u]l doch ein nu Platz gefunden haben könnte; s. hierzu auch bereits Forrer 1929,
138  f. Für das Fehlen der in I 11 an die Partikel nu angeschlossenen Reflexivpartikel -z(a), die überdies auch
in der lückenhaften Zeile II 37 unmittelbar vor ul me-em-ma-aš zu erkennen ist, wird keinerlei Begründung
gegeben; zu -z(a) in Verbindung mit natta mema- jedoch oben sub I 11 mit Hinweis auf Melchert 1984, 154
Anm. 126.
Jedenfalls erscheint der verbleibende Raum vor memaš zu gering, um [nu-za ú-u]l unterzubringen, was
man beim ersten Versuch analog zu I 11 bevorzugt ergänzen möchte.
Hierfür zog Güterbock (1990, 160) bereits in Betracht, dass die ab Kol. II 18 neben häufigerem ú-ul auf-
tretende Kurzform ul (s. z.  B. in II 37; III 67′; IV 10, 55) verwendet worden sein könnte, so dass dann davor
auch Platz für nu-za möglich gewesen wäre. Dies scheint eine Möglichkeit zu sein, wenn auch nicht eine
völlig zufriedenstellende, da gerade die verkürzte Schreibung ul ansonsten nirgends in den erhaltenen
Partien von Kol. I auftritt.
Hinzu kommt aber noch ein weiteres Problem, auf das Güterbock aufmerksam machte, nämlich die Tat-
sache, dass hier im Gegensatz zu I 11 ein unmittelbarer Subjektwechsel vorliegt. So wäre eigentlich [na-aš-za
u]l me-ma-aš (so Güterbock l.c) zu erwarten analog zum Zeilenende I 10, wo der Subjektwechsel bereits in
dem unmittelbar vor nu-za ú-ul me-m[a-aš …] befindlichen Satz angezeigt wird. Doch dafür ist auf jeden
Fall der Platz zu gering. Wir könnten das Fehlen einer Kennzeichnung des Subjektwechsels vielleicht darauf
zurückführen, dass die syntaktische Korrektheit des Satzes am Beginn von I 71 der Überschreibung einer
Tilgung zum Opfer gefallen sein mag, einer Tilgung, die ja vor allem beim Verb sichtbar ist; zum Umfang der
überschriebenen Tilgung über mehr als die Hälfte der Zeile s. Sommer, AU 84 u. Singer 1983, 211 Anm. 27.
Auch könnte hier die Verkürzung des in I 10  f. vorhandenen und vielleicht als Vorlage dienenden Teils eine
Rolle gespielt haben. Gemeint ist die Streichung des den Subjektwechsel berücksichtigenden Satzes der dem
Satz nu-za ú-ul me-m[a-aš vorausging, nämlich: a-[pa-a-aš-]⸢ma⸣-kán lútar-te-nu ka-ri-⸢ia⸣-nu-ut „Jener aber
unterbrach den tar-te-nu (in seiner Rede).“
Schließlich erwähnte Güterbock (1990, 161) noch ganz kurz die oben zuerst genannte Möglichkeit,
nämlich dass natta memaš hier auch asyndetisch gebraucht worden sein könnte, wobei er auf den empha-
tischen Gebrauch an dieser Stelle verwies. Sollte Asyndese zutreffen, wovon ja auch die oben erwähnten
Forscher ausgegangen sind (s. zumindest Sommer, AU 84) oder was sie zumindest stillschweigend unterstellt
haben dürften, so wäre das -za ebenso wie die erwähnte Kennzeichnung des Subjektwechsels vom Schreiber
vernachlässigt worden. In diesem Fall hätte dann auch die in Kol. I durchwegs gebrauchte Schreibung [ú-u] l
vor memaš Platz gefunden.
In Verbindung mit dieser Alternative sollte nochmals der Abschnitt insgesamt betrachtet werden. Hier
handelt es sich ja, wie schon Sommer hervorgehoben hatte, zunächst um eine Rekapitulation des in I 9–11
Dargestellten, die jedoch teilweise ausführlicher gestaltet ist (s. oben I 68–70) und eingeleitet wird mit einer
rhetorischen Frage (s. oben I 67  f.).
Dabei fiel bereits (oben sub I 67  f.) auf, dass diese später (II 4) erneut mit Negation gestellte rhetorische
Frage nicht asyndetisch, sondern mit nu eingeleitet wird. Während Asyndeton bei rhetorischen Fragen mit
einer am Beginn des Satzes stehenden Verneinung ziemlich regelmäßig auftritt (s. schon oben sub I 67  f.),
scheinen rhetorische Fragesätze, in denen sich die Negation nicht an erster Stelle findet, sondern wie in II 4
erst nach dem enklitischen Personalpronomen -ši, auch mit Satz verknüpfenden Partikeln, also syndetisch
konstruiert zu werden; s. z.  B. unten Kol. II 14  f.; oder in Hoffner 1995, 90 Beispiel Nr. 12.
An beiden Stellen (I 67  ff. u. II 4  ff.) erfährt die Frage eine Erweiterung durch den in direkter Rede zitierten
Auftrag, den der tartenu für seine Mission erhielt. In I 68–70 schließt dieser zitierte Auftrag direkt an die
rhetorische Frage an, wobei man in der Übersetzung ergänzend einfügen möchte („mit dem Auftrag:“, „mit
den Worten:“ oder Ähnliches). In II 5 ist noch der Satz na-an ki-i u̯ a-tar-na-aḫ-ḫu-un („und habe ihm dies auf-
getragen: …“) zwischen Frage und zitiertem Auftrag eingeschoben. Während in I 71 aber dann das Resultat

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130   S. Heinhold-Krahmer

der Mission des tartenu, nämlich die Ablehnung von Seiten des renitenten Mannes (des Piyamaradu) zur
Sprache kommt, fehlt diese in II 4 gänzlich und der dort nachfolgende neue Satz in II 7 (s. unten) enthält eine
enklitische, satzverküpfende Partikel (in Form von -ma).
In unserem Text findet sich jedenfalls keine vergleichbare Stelle zu I 67–71, die sowohl eine asyndetisch
konstruierte, verneinte rhetorische Frage enthält, als auch eine dem asyndetischen natta memaš ähnliche
Aussage bzw. Antwort auf diese Frage hin (I 71). Doch könnte ein Hinweis in Hoffners Aufsatz über „Asyn-
deton in Hittite“ (2007, 388) gleichzeitig auch seine asyndetische Ergänzung [ú-u]l memaš in I 70 rechtferti-
gen. Demnach tritt Asyndeton dann auf, wenn ein einziger Sprecher aus rhetorischen Gründen einen Dialog
simuliert, indem er eine Frage stellt und diese selbst beantwortet. Hoffners dafür gebotenes Paradigma lautet
(KUB 13.4 I 21): †un-aš dingir meš-ašš=a zi-anza tamaiš kuiški †ul „Is the mind of man and of god something
different? †No!“51 Hier handelt es sich allerdings um eine direkt auf die Frage bezogene klare Antwort. In
unserem Fall jedoch wird die in I 67  f. mit Verneinung gestellte rhetorische Frage, wie schon gesagt, erweitert
durch den zitierten Auftrag an den tartenu. Die Aussage [ú-u]l memaš „Nein hat er gesagt“ wäre keine
unmittelbare Antwort auf die vom Autor gestellte Frage „Habe ich nicht den tartenu hinüber geschickt?“,
sondern nur seine Reaktion oder resignierende Feststellung auf die Erweiterung dieser Frage hin, nämlich:
„Habe ich nicht den tartenu hinüber geschickt? (mit dem Auftrag): ‚Geh, fahr hinüber! … Bring ihn mir
entgegen!‘ Nein hat er (Piyamaradu) gesagt!“
Die von uns in Erwägung gezogene Möglichkeit [nu-za? u]l *m[e?]-ma*-aš bleibt jedenfalls kaum weniger
problematisch als die von anderen bevorzugte Alternative [ú?-u]l *m[e?]-ma*-aš, was auch in unserer Trans-
lit. von I 71 berücksichtigt wird. Dort haben wir vor [  u]l keine der beiden Ergänzungsmöglichkeiten vorge-
nommen.
Nahezu völlige Einigkeit besteht jedenfalls heute darüber, dass hier wie in I 11 die Weigerung Piyama-
radus zum Ausdruck kam, sich vom tartenu zum hethitischen Großkönig bringen zu lassen. Parker (1999,
72) ist in neuerer Zeit wohl der einzige, der in dem renitenten Mann – wie vormals Forrer und Sommer –
Tawagalawa statt Piyamaradu sehen möchte.

I 71 von m⸢Ta⸣-u̯ a-ga-la-u̯ a-aš-pát-kán bis II 1 na-aš ú-⸢ul⸣-ma 𒑱  x x (x)[…]


Bei diesen im Folgenden sehr ausführlich zu besprechenden fünf Zeilen handelt es sich zweifellos um die
sowohl in syntaktischer als auch in inhaltlicher Hinsicht am meisten diskutierte Passage des sog. „Tawaga-
lawa-Briefes“.
Bereits zu Beginn der Aḫḫiyawa-Kontroverse in den späten 1920er und den 1930er Jahren wurde diesen
schwierigen Zeilen, insbesondere I 71–74 oder einem Teil dieses Abschnitts, große Aufmerksamkeit zuteil
(Sturtevant 1928, 223, 227, 230  f.; Forrer 1929, 138–145; Goetze 1930, 288  f.; Friedrich 1931, 226; Sommer, AU
6  f., 84–92), da ihre Bedeutung für die Aḫḫiyawa-Forschung außer Frage stand. Wissenschaftler wie Fried-
rich (l.  c.) und Goetze (l.  c.) hatten bereits einhellig festgestellt, dass ihnen das Verständnis des Abschnitts
erhebliche Schwierigkeiten bereite, und bis in die Gegenwart konnte noch keine vollständige Interpretation
geboten werden, die zu einem Konsens geführt hätte. So hat man bis heute nicht aufgehört, sich immer
wieder ganz oder teilweise damit zu beschäftigen, s. z.  B. Singer 1983, 211–213; Houwink ten Cate 1983/4, 37  f.
Anm. 17; Heinhold-Krahmer 1986, 52–55; Güterbock 1990, 160–165; Freu 1990, 34; ders. 2008, 114  f.; van den
Hout 1995, 89; Parker 1999, 68–75; Gurney 2002, 137  f.; Alparslan 2005, 35–37; Miller 2006, 243  f.; ders. 2010,
162–169; Hoffner 2009, 305, 391  f.; de Martino 2010a, 44–46; Beckman et al. 2011, 106  f., 120, 276; Taracha
2015, 281–284.
Inzwischen dürften jedoch wenigstens die Hauptprobleme, welche die Zeilen I 71 ab m⸢Ta⸣-u̯ a-ga-la-u̯ a-
aš-pát-kán bis I 73 ka-a e-eš-ta betreffen – bedingt durch unterschiedliche Lesungen und Schwierigkeiten
syntaktischer Art – weitgehend lösbar geworden sein. Dies muss zunächst näher dargelegt und begründet
werden, bevor auf den nach wie vor schwierigeren Teil, den nachfolgenden Abschnitt I 73 ab nu-ut-ta bis hin
zum schlecht erhaltenen Zeilenbeginn von II 1 na-aš ú-⸢ul⸣-ma 𒑱  x x (x)[…], eingegangen werden kann.

51 Das Sonderzeichen † stellt in Hoffner (2007) die Markierung der Asyndese dar.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   131

I 71 von m⸢Ta⸣-u̯ a-ga-la-u̯ a-aš-pát-kán bis I 73 ka-a e-eš-ta


Sieht man von einzelnen noch bestehenden, jedoch für das Gesamtverständnis nicht allzu gravierenden
Unsicherheiten ab, so wurden die Interpreten der Stelle nach den 1980er Jahren im Wesentlichen mit folgen-
den Problemen, aber auch neuen Ergebnissen konfrontiert:
1. Forrer (1929, 122–124) und Sommer (AU 40, 84 u. passim) hatten bekanntlich angenommen, dass es
sich bei jenem Mann, der den Hethiterkönig um Aufnahme in den Vasallenstand gebeten hatte (I 6–8), sich
dann aber vom tartenu nicht zu seinem künftigen Oberherrn geleiten ließ (I 8–11; I 67–71; II 4–8), um Tawa-
galawa (s. oben sub I 3) gehandelt habe. Daher verbanden sie das von ihnen am Beginn von I 71 gelesene und
die Weigerung jenes Mannes ausdrückende [ú-u]l me-ma-aš mit dem nachfolgenden Namen Tawagalawaš
zu einem Satz; s. Forrer (1929, 109): „(Aber) Tavagalavas hat [nich]t geantwortet“ u. Sommer (AU 7): „‚Nein‘
hat er gesagt, der Tavagalava!“
Wie jedoch Untersuchungen der 1980er Jahre ergeben haben, deutet alles darauf hin, dass es sich bei
der renitenten Person nicht um Tawagalawa, sondern um Piyamaradu gehandelt hat; s. Singer 1983, 211  f.;
Heinhold-Krahmer 1986, 57  f. u. dies. bereits 1983, 82 mit Anm. 5 (mit Hinweis auf den damals bereits zum
Druck eingereichten, aber erst 1986 erschienenen Teil  II der Untersuchung). So betrifft insbesondere der
unmittelbar vorausgehende Text (I 53–71) im selben Abschnitt (§ 5), der den bereits zweiten Hinweis auf die
tartenu-Episode (I 67–71) einschließt, eindeutig die Piyamaradu-Affäre.
2. Da die beiden Pionierforscher den [… u]l memaš-Satz mit dem vermeintlichen Subjekt, mit Tawagala­
waš, enden ließen, bemühten sie sich, als Einleitung des nachfolgenden Temporalsatzes mit der Konjunktion
kuwapi ein nu als satzeinleitende Partikel ausfindig zu machen, und zwar unter den zwei unmittelbar an den
Namen anschließenden und auf den ersten Blick aufgrund der Überschreibung der Tilgung etwas undeutlich
wirkenden Zeichen; s. Forrer (1929, 108): … (1) ta-va-ga-la-va-aš nu-gan ku-va-bi …; Sommer (AU 6): … Ita-u̯ a-­
ga-la-u̯ a-aš-pít?nu!? ku-u̯ a-pí …. Später jedoch stellten Singer (1983, 211) und Heinhold-Krahmer (1986, 53)
unabhängig voneinander fest, dass es sich bei den fraglichen beiden Zeichen, die Forrer und Sommer jeweils
unterschiedlich gedeutet hatten, um die an das Subjekt des nächsten Satzes, an Tawagalawaš, angeschlos-
sene Enklitika-Folge -pát-kán handeln müsse; s. weitere Belege mit dieser Enklitika-Reihung unten S. 133.
3. Während Forrer (1929, 108) die Zeile  I 71 mit dem noch etwas vor der Kolumnenlinie befindlichen
lugal.gal als beendet betrachtete, versuchte Sommer (AU 85) aus einem Zeichenrest sowie davor befind­
lichen vagen Spuren ein Verb zu rekonstruieren, das er noch zu I 71 rechnete. Dieses vermeintlich nachge­
tragene Verb wollte er als ṳ́ ?-[u̯ ]ạ?-nụ?-ụn „ich kam“ deuten. Die vagen Spuren setzten nach seiner Vermutung
rechts unterhalb des waagrechten Endkeils von gal (s. lugal.gal), und zwar noch vor der Abgrenzungslinie
von Kol. I, ein und reichten, schräg nach unten durch den Kolumnenzwischenraum verlaufend, bis nicht
ganz auf die Höhe von Kol. II Zeile 74 heran (so nach Forrers und Sommers Zeilenzählung; in unserer Trans-
lit. jedoch Zeile 73), wobei der rechte Kolumnentrenner unmittelbar vor ŠA, dem ersten Zeichen in II 73 (nach
unserer Zählung), zwei waagrechte Einkerbungen aufweist; s. Foto AU Taf. I u. neuere Fotos aus Berlin unten
S. 314 Kapitel V.3.
Singer (1983, 212) übernahm Sommers Lesung, während die Verfasserin dieser Zeilen (Heinhold-Krah-
mer 1986, 54) sie ablehnte, da die damals von L. Rost im Berliner Museum durchgeführte Kollation der Stelle
keinerlei Anhaltspunkte dafür bot.52
4. Forrer (1929, 108  f.) war der Auffassung, dass der temporale Nebensatz mit der Konjunktion kuwapi
von seiner Lesung nu-gán (= nu-kán) [in I 71] bis ta-bu-ša ú-id (= ú-et) [Ende I 72] gereicht habe. Er über-
setzte diesen Temporalsatz folgendermaßen: „Denn damals als der Großkönig an die Seite der Grenze des
Landes Miellavanda kam, …“. Dies erfolgte unter der Annahme, dass es sich bei genanntem Großkönig um
den hethitischen Herrscher und Autor des Textes gehandelt habe; Forrer 1929, 141, 145. Nach Sommer hinge-
gen umfasste der Satz nur vier zu I 71 gehörende Worte, beginnend mit dem fraglichen nu!? und endend mit
oben (sub 3.) beschriebenem, fraglichem ṳ́ ?-[u̯ ]ạ?-nụ?-ụn: „Und als ich, der Großkönig, kam, …“; ähnlich auch

52 Laut Brief vom 20.04.1981 (zitiert schon in Heinhold-Krahmer 1986, 54 mit Anm. 43 u. 44) kam L. Rost bei ihrer Kollation der
Textstelle zu folgendem Ergebnis: „Nach lugal.gal schräg nach unten führende leichte Beschädigung der Tafeloberfläche, keine
Zeichenspuren, danach -un; für [ú-wa-nu]-un m.  E. kein Platz. Ist es überhaupt -un? Vgl. I 74.“

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132   S. Heinhold-Krahmer

Singer 1983, 212. Der zugehörige Hauptsatz wurde dann nach Sommers Interpretation ausschließlich in der
nachfolgenden Zeile I 72 gesucht und lautete: „[da] hatte sich [der Herr von (??)] Millavanda abseits verzo-
gen!“; s. aber dagegen Singer l.  c.; außerdem dazu noch gleich unten im nächsten Absatz.
Vor allem aufgrund der syntaktischen Differenz bezüglich Haupt- und Nebensatz gab es Abweichungen
am Beginn von I 72 unmittelbar vor dem Ortsnamen Millawanda: Forrer ergänzte dort [Zag.Ku]r.(Uru- ) m.,
Sommer hingegen [nu en(??)] uruM., wobei Letzterer in dieser ergänzten Person den „[Herrn] von Milla-
wanda“, und zwar Tawagalawa, sehen wollte, der beim Heranrücken des Hethiterkönigs – ähnlich wie es
seiner Meinung nach zuvor in I 61  f. auch von Piyamaradu gesagt worden wäre – aus Millawanda geflohen
sei (AU 85–87).
Singer (1983, 212), der zwar im Gegensatz zu Sommer den Beginn von I 71, [(nu) ú-u]l me!-ma-aš (so
Singers Lesung), zu Recht zum vorausgehenden Bericht über die tartenu-Affaire (I 67  ff.) gestellt (s. oben
sub 1.), dann aber doch dessen verfehlte Lesung uwanun für das Zeilenende übernommen hatte, gelangte zu
folgender Übersetzung von I 71  f.:

„[No!] he said. Even Tawagalawa, when (I), the Great King, came, he came aside to Millawanda.“

Die Verfasserin dieser Zeilen (Heinhold-Krahmer 1986, 54), die den Beginn von I 71 (s. oben sub 1.) wie Singer
interpretiert hatte, ließ den temporalen Nebensatz in I 71 enden, jedoch ohne Verb (s. oben sub 3.), indem sie
ihn als Nominalsatz betrachtete: „Als der [oben erwähnte] Tawagalawa Großkönig war“. I 72 diente dann als
Hauptsatz: „war er abseits (seitlich?) von Millawanda (vorbei-? ) gekommen.“
5. Nach Forrer lautete der Hauptsatz, der auf seinen von I 71 (Lesung: nu-gan) bis I 72 reichenden tem-
poralen Nebensatz folgte, in I 73: [ul i]m-ma (1-An-)Kal-aš ka-a e-eš-ta. Er wurde von ihm als Fragesatz über-
setzt: „war nicht schon Inaras hier?“. Sommer hingegen ergänzte I 73: [ka- ru-] ú??-ma I dla m a-aš ka-a e-eš-ta
und übersetzte ihn als Aussagesatz: „[Zuvo]r(?) aber war schon dlama hier, …“; ebenso verfuhren dann auch
Singer (1983, 212) und Heinhold-Krahmer (1986, 54  f.).

Zu 1.: Güterbock (1990, 159) stimmte als Erster den Neuinterpretationen von Singer und Heinhold-Krahmer
zu. In der Forschung wird inzwischen die Auffassung fast allgemein vertreten, dass der renitente Mann, um
dessen Auslieferung sich der König von Ḫatti beim König von Aḫḫiyawa gemäß VAT 6692 bemühte, nicht
Tawagalawa, sondern Piyamaradu war. Der Meinung der Pionierforscher dagegen schloss sich unter den
heutigen Wissenschaftlern wohl als Einziger Parker (1999, 63–75) an.53
Ein relativ großes Problem für die Anhänger der Griechenhypothese war durch diese Neuinterpretation
jedenfalls endgültig beseitigt: Gemeint ist die bereits von Forrer (1924b, 12), später auch von Schachermeyr
(1986, 221–229 u. passim) und Güterbock (1993, 136) angesprochene paradoxe Situation, dass Tawagalawa,
eine hochgestellte Persönlichkeit aus dem mykenischen Bereich, ein Herrscher oder Prinz, die Oberhoheit
des heth. Großkönigs erbeten hätte, was man dann mit „doppelter Abhängigkeit“ (Forrer 1929, 215) oder
„Doppeluntertänigkeit“ (Schachermeyr 1986, 217, 230 u. passim) zu erklären und bereinigen versucht hatte.
Der anfängliche Bittsteller (Kol. I 7  f.) und anschließende Verweigerer (I 11–15, 71; II 2) stammte aber zwei-
fellos aus Kleinasien, da sein Name Piyamaradu ebenso wie der seines Bruders Laḫurzi (I 26–29) kleinasiati-
scher Provenienz war. Die jedoch den Tawagalawa betreffenden Überlegungen hinsichtlich seiner Herkunft
aus Griechenland und seines vermuteten griechischen Namens traten wieder in den Blickpunkt. Sommers
Einwand (vor allem AU 374) jedenfalls, dass Tawagalawa einen Bruder mit ungriechischem Namen Laḫurzi
besessen hätte und sein Name daher ebenfalls kleinasiatischer Provenienz gewesen sein müsse, entfiel nun
durch die Neuinterpretation des Textes.
Zu 2.: Die Lesung m⸢Ta⸣-wa-la-ga-la-wa-aš-pát-kán in I 71 mit beiden an den PN angeschlossenen enklit.
Partikeln -pat und -kan (Singer 1983, 212; Heinhold-Krahmer 1986, 53  f.) wurde von Güterbock (1990, 161)
anhand eines vergrößerten, von Frau Ehelolf stammenden Fotos (mit Hinweis auf den nur nach -kán sichtba-

53 Skeptisch gegenüber der Neuinterpretation hatte sich allerdings gleich nach ihrem Bekanntwerden auch der 1987 verstorbene
Althistoriker F. Schachermeyr in seinem Buch Mykene und das Hethiterreich (1986, 224, 227–245) geäußert.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   133

ren Abstand zum nächsten Wort: zu kuwapi) bestätigt. Ebenso wurde sie nach erneuten Kollationen im Ber-
liner Museum durch die Verfasser dieses Buches als zweifelsfrei erkannt. Weitere Beispiele zu dieser –  wenn
auch nicht allzu häufig auftretenden  – Enklitika-Abfolge finden sich überwiegend in junghethitischen
Texten und Niederschriften, und zwar wie hier in Texten des 13. Jh.s ab Ḫattušili III; s. z.  B. KUB 5.1 III 87:
ar-ḫa-pát-kán ku-er-mi (Orakeltext, ab Ḫattušili III.); KUB 19.23 Rs.  11′ (Brief von Tutḫaliya [IV.?] an die
Königin [Puduḫepa?]): an-na-la!-za-pát-kán gam-an pid-da-eš-k[er] (vgl. aber die Ergänzung von Hagenbuch-
ner 1989b, 28); KUB 21.27 II 15: ana dumu.nam.lú.u19.lu54-pát-kán an-da me-mi-an kiš-an me-mi-iš-ka-an-zi
(Puduḫepa-Gebet; s. Hoffner 1973a, 113; s. auch den Hinweis in Singer 1983, 212 Anm. 30); ferner die durch
das Pronomen -mu unterbrochene Enklitika-Folge ḫumanda=za=pat=mu=kan in Apologie  I 58; aber auch
schon im mh. Text: KUB 15.34 + Rs. III 48  f.: (48)egir-šu-ma uruTa-ú-ri-ša-pát-kán an-da pa-aš-šu-i-ša-a[n še-er]
(49)
iš-tu Ḫur.sagmeš qa-tam-ma ḫu-it-ti-ia-an-zi; s. dazu Dupl. und Lit. in CHD Š, 427 sub šēr 7 a 1′ a′ 2′′.
Die Fokuspartikel -pat in Verbindung mit dem Personennamen könnte hier anaphorisch, im Sinne von
„der bereits erwähnte Tawagalawa“ oder „besagter Tawagalawa“ gedeutet werden. Sie könnte aber auch der
Betonung des Namens gedient haben, wie etwa „Tawagalawa selbst“, „gerade Tawagalawa“. Die zweite Mög-
lichkeit wurde in neueren Untersuchungen bevorzugt; s. z.  B. Miller 2006, 243; ders. 2010, 164; Hoffner 2009,
305; Beckman et al. 2011, 105; ferner auch de Martino 2010a, 44: „lo stesso Tawagalawa“. Die Ortspartikel
-kan ist hier erforderlich wegen tapuša in I 72; dazu unten S. 139–140: Zu 4. sub tapuša + -kan.
Zu 3.: Bei Sommers versuchter Lesung ṳ́ ?-[u̯ ]ạ?-nụ?-ụn „ich kam“ (AU 6), die seiner Meinung nach das
Prädikat seines Nebensatzes in I 71 darstellte, handelt es sich um eine sehr unwahrscheinliche Deutung der
von ihm vermuteten Zeichenspuren und -reste, wenngleich sie von Singer (1983, 212), Parker (1999, 75), J.D.H.
(mündlich) und zunächst auch von M.W. (mündlich) akzeptiert wurde. Es fällt aber auf, dass weder Goetze in
seiner Erstedition des Textes (KUB 14.3) noch Forrer in seiner Translit. (1929, 108) den spärlichen Ritzspuren
eine Bedeutung für den Textzusammenhang in I 71 zugemessen hatten. Zwar wies Ersterer in seinen vor der
Autographie befindlichen Corrigenda aufgrund einer erneuten Kollation auf die Zeichenspuren im Interko-
lumnium hin. Er betrachtete diese offenbar jedoch in Verbindung mit II 73, wobei er anmerkte: „wohl ungül-
tig“. Letzterer las im Interkolumnium u??-ni?, brachte es jedoch weder mit I 71 noch mit II 74 (nach Goetzes Ed.
und unserer Translit. II 73) in direkten Zusammenhang.
Die von Sommer initiierte und mit drei Fragezeichen versehene Lesung wurde bereits bald nach ihrer
Ablehnung durch Heinhold-Krahmer (1986, 54 [aufgrund der erwähnten Kollation von L. Rost; s. oben S. 131 zu
3.]) auch von Güterbock (1990, 161) vor allem aufgrund eines vergrößerten Fotos von Frau Ehelolf ausgeschlos-
sen. Sie fand in jüngeren einschlägigen Publikationen ebenfalls keine Berücksichtigung; s. Alparslan 2005,
35  f.; Miller 2006, 243 u. ders. 2010, 164; Freu 2008, 114; Hoffner 2009, 305; Beckman et al. 2011, 106. Miller
(2010, 164) lehnte auch weiterhin ein zu I 71 gehörendes Verb an dieser Stelle ab, räumte aber doch ein, dass
das, was Sommer als -un las (als letztes Zeichen seines vermeintlichen Verbs), und was vielleicht auch noch
als AŠ und dann ZA lesbar war, auch als ein beschädigtes oder missratenes UN interpretiert werden könnte.
J.D.H. hat inzwischen betont (mündlich gegenüber M.W.), dass er die von Sommer (AU 6) erwogene und
lange Zeit bis hin in die neuere Forschung – insbesondere von Singer (1983, 212) – übernommene Lesung
zunächst nur deshalb aufgegeben habe, da nach unseren gemeinsamen Diskussionen die Lesung des Zei-
chenrestes UN etwa auf der Höhe von II 73 im Interkolumnium auch zu Kol. II gehören könnte.
Wie aber bereits unsere Überprüfungen der Tafel in Berlin zeigten, weisen die Zwischenräume zwi-
schen Kolumne I und II auf der Vorderseite der Tafel und zwischen Kolumne III und IV auf der Rückseite
mehrere kleine Rillen, Kratzspuren und Beschädigungen auf, die zunächst teilweise durchaus dazu ver-
locken könnten, sie als Zeichenspuren zu deuten. Da sie jedoch an den Stellen, wo sie auftreten, meist über-
flüssig erscheinen, sind sie eher als Beschädigungen oder vielleicht auch als Reste einer vorausgehenden
Beschriftung der Tafel zu bewerten, deren Oberfläche vor der Neubeschreibung nicht ausreichend geglättet
wurde. Jedenfalls deutet nichts darauf hin, dass sie als nachträgliche Korrekturen eingeritzt wurden, als die
Tafel bereits getrocknet war; zu diesen Problemen s. auch Miller 2010, 164. Als einzigen Zeichenrest kann
man zwar, wie schon gesagt, die von Sommer als -un gelesene Einritzung gelten lassen, die sich im Interko-

54 Die Translit. entspricht hier nicht der von Hoffner (1973a, 113), sondern der in HZL Nr. 237.

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134   S. Heinhold-Krahmer

lumnium etwa auf der Höhe von II 73 befindet (s. Translit. S. 30 u. 52 Anm. 179), doch auch dies muss letztlich
offen bleiben, wenn man Rosts Kollation in Heinhold-Krahmer (1986, 54 Anm. 44) ernst nimmt und zudem
Millers (2010, l.  c.) Hinweis berücksichtigt, dass das Vorhandene an benannter Stelle auch die Deutung AŠ
und ZA zuließe, was freilich auch auf ein zerstörtes oder deformiertes UN zurückgeführt werden könne.
Leider sind wir zu keiner endgültigen Einigkeit darüber gelangt, ob und wie man diese Zeichenspur(en),
insbesondere wenn es sich dabei um UN handeln sollte, mit dem in II 73 beginnenden Satz (ša munus.
lugal-za ku-it ša máš-ti ḫar-zi) grammatikalisch und inhaltlich verbinden könnte. Miller (2010, 164) wies
auf den mündlichen Vorschlag von E.R. hin, die Zeichenspuren nicht nur un, sondern un-aš zu lesen;
s. Autographie. Diese Lesung ließe sich allerdings ebenfalls nicht direkt mit II 73 verbinden.
Als Lösung böte sich laut J.D.H. (mündlich) im Anschluss an den Vorschlag von E.R. eine Verbindung
dieser Lesung mit dem vorausgehenden Satz in II 72 an, nämlich: (II 72)⸢ka⸣-a-aš*-ma lúkar-tap-pu ku-iš
   un-aš. Dies ergäbe dann, wenn wir, wie schon in unserer Übersetzung (dort ohne Berücksichtigung
(II 73)

von un bzw. un-aš) die Möglichkeit eines Fragesatzes zugrunde legen, folgende Übersetzung: „Aber dieser
Wagenlenker, was für ein (/welcher) Mensch (ist er)?“.
Zu 4.a): Tawagalawa und lugal.gal in I 7. Forrers Annahme, dass der temporale Nebensatz mit der
Konjunktion kuwapi (I 71) noch die ganze Zeile I 72 umfasste und mit dem Verb uet „er kam“ endete, ist zwar
zweifellos der Sommerschen Interpretation mit dem fälschlich angesetzten Verb uwanun in I 71 und dem dor-
tigen Ende des Nebensatzes vorzuziehen. Kaum wahrscheinlich ist jedoch sowohl seine als auch Sommers
Auffassung, dass mit dem lugal.gal in I 71 der hethitische Großkönig gemeint sei. Diese Deutung scheitert
heute insbesondere aufgrund der Tatsache, dass es sich bei der Person, die sich nach I 71 weigerte bzw.
,Neinʻ sagte (dazu oben sub I 71 [… u]l *m[e?]-ma*-aš), nicht – wie Forrer und Sommer annahmen – um den
anschließend genannten Tawagalawa gehandelt hat, sondern um Piyamaradu. Um Letzteren geht es ja auch
im unmittelbar vorausgehenden Bericht (I 68–70: mit der Wiederholung der tartenu-Affäre) und ebenso
schon davor in I 58–67, wo der Hethiterkönig berichtet, nach Millawanda gezogen zu sein.
Der in I 71 nach [… u]l *m[e?]-ma*-aš genannte Tawagalawa steht daher, wie schon gesagt (s. oben S. 131)
am Beginn eines neuen Satzes, und zwar eines asyndetisch beginnenden und dem zugehörigen Hauptsatz
in I 73 vorangestellten Nebensatzes. Er (Tawagalawa) ist Subjekt dieses Nebensatzes in I 71  f. und mit dem
nach der temporalen Nebensatzkonjunktion kuwapi („als, damals als“) stehenden lugal.gal zu verbinden.
Die Anwesenheit dieses Großkönigs Tawagalawa in Millawanda oder in der Umgebung davon dürfte
somit nicht zu gleicher Zeit mit der des Königs von Ḫatti stattgefunden haben. Hiergegen spricht zudem, dass
in den Abschnitten, I 58–67 und II 20–31, in denen der Hethiter von seinem Vordringen nach Millawanda und
dortigen Ereignissen und Gesprächen berichtet, nirgends von Tawagalawa die Rede zu sein scheint. Neben
Piyamaradu (I 59–62), um dessen Auslieferung sich alles dreht, ist nur die Rede von dessen Schwiegersöhnen
Atpa und Awayana, die wohl als Repräsentanten des Königs von Aḫḫiyawa dem Hethiter dort als Verhand-
lungspartner bezüglich der Piyamaradu-Affäre gegenüberstanden (I 62–67). Ähnliches ist in II 20–31 fest-
zustellen, wo ebenfalls Bezug auf die Verhandlungen mit Atpa während des Aufenthaltes des hethitischen
Großkönigs in Millawanda genommen wird und keine Erwähnung von Tawagalawa zu finden ist.
Wie die Lehmanalysen der Tafel nahelegen (s. oben Einleitung S. 3 anm. 18 u. 19), kann heute zudem davon
ausgegangen werden, dass nach diesem Vordringen des Hethiters in den Hoheitsbereich von Aḫḫiyawa und
der erneut misslungenen Auslieferung Piyamaradus noch dort, in Millawanda,55 oder zumindest an einem
anderen Ort im äußersten Westen Kleinasiens, die Aufzeichnung von VAT 6692 erfolgte. Die Schlussfolge-
rung, dass die Niederschrift des Textes noch in einem sehr zeitnahen Bezug zum erfolglosen Millawanda-
Unternehmen des hethitischen Großkönigs stand, scheint sich weiter dadurch zu erhärten, dass dieser im
nachfolgenden Text nichts unversucht ließ, den König von Aḫḫiyawa doch noch von der Notwendigkeit einer
Lösung des Piyamaradu-Problems zu überzeugen; s. z.  B. II 55–III 6 oder III 52–IV 7.

55 Forrer (1929, 141) ging davon aus, dass der Hethiter nur an die Grenze des Landes Millawanda gelangt sei und diese nicht über-
schritten habe; Letzteres wird anscheinend inzwischen auch von Hawkins (2015, 22) vermutet. Doch die Stellen I 58–64 u. II 20  f.
dürften eindeutig die Anwesenheit des Hethiters in Millawanda bestätigen; vgl. schon Sommer, AU 86  f.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   135

Dass der Großkönig Tawagalawa zu einem früheren Zeitpunkt als der hethitische Herrscher nach Mil­
lawanda gekommen war, scheint also naheliegend; s. noch unten S. 141  f. zur Bedeutung von kuwapi „damals
als“; vgl. auch Forrer 1929, 141, 145. Diese bereits vor Jahren vorgebrachte These (s. Heinhold-Krahmer 1986,
53–55)56 wurde von Güterbock (1990, 161–164) akzeptiert und fand auch in wichtigen Textinterpretationen
aus neuerer Zeit weitgehend Zustimmung, wie in Alparslan 2005, 35–38; Miller 2006, 244 mit Anm. 31; ders.
2010, 162–169 u. de Martino 2010a, 44  f. Die Stellung des Titels Großkönig nach dem Namen, also „Tawaga-
lawa, der Großkönig“ war die wohl seit der Amarna-Zeit übliche Abfolge, während zuvor auch der Titel vor
dem Namen belegt ist; s. dazu Steiner 2000, 166 mit Lit. Offenbar weniger sicher bezüglich einer Bezeich-
nung des Tawagalawa als Großkönig durch den hethitischen Herrscher scheinen sich Hoffner und Beckman
et al. (2011, 105) zu sein. Dies lassen zumindest ihre Übersetzungen von I 71  f. vermuten; s. Hoffner (2009,
305): „When Tawagalawa himself (representing?) the Great King (of Aḫḫiyawa) crossed into the city Milla-
wanda“ u. Beckman et al. (2011, 105): „When Tawagalawa himself, (as the representative of?) the Great King,
crossed over to Millawanda“. Entschieden gegen einen Großkönig Tawagalawa sprach sich jedoch Parker
(1999, 70–76) aus.
Es wurde verschiedenlich geäußert, z.  B. in jüngerer Zeit von Parker (1999, 76), Miller (2006, 241) und
Hoffner (2009, 300), dass Tawagalawa über einige der Besitzungen von Aḫḫiyawa in Kleinasien geherrscht
habe, und zwar als Gouverneur und Vasall des Königs von Aḫḫiyawa (Parker l.  c.), somit als dessen Reprä-
sentant (Parker l.  c. u. Hoffner l.  c.). Während sich die meisten Forscher heute darüber einig zu sein scheinen,
dass er wahrscheinlich der Bruder des Adressaten des sog. Tawagalawa-Briefes war (s. unten zu II 60  f.), sind
jedoch die Auffassungen darüber, ob er wie jener ein Großkönig und dessen Vorgänger war, geteilt.
Genauer betrachtet gibt es jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass Tawagalawa unter seinem Bruder als
Gouverneur dessen kleinasiatische Besitzungen verwaltet hatte; vgl. inzwischen auch Miller (2010, 167), der
nun allerdings aufgrund seiner Interpretation von I 73  f. annimmt, dass der Großkönig von Aḫḫiyawa (Tawa-
galawa) von seinem Bruder, dem Adressaten von VAT 6692, der zu jener Zeit vielleicht als Gouverneur die
kleinasiatischen Besitztümer Aḫḫiyawas verwaltet habe, in Millawanda empfangen worden sein könnte.
Fest steht aber nur, dass der Befehlsempfänger des Königs von Aḫḫiyawa, des Adressaten, in Milla-
wanda, der wohl wichtigsten Niederlassung Aḫḫiyawas in Westkleinasien, Atpa und nicht Tawagalawa war;
s. oben sub I 55 u. II 20–31; vgl. auch Alparslan 2005, 37. Gleichzeitig war, wie schon oben angedeutet, dieser
Atpa auch der dortige Verhandlungspartner des Hethiterkönigs und nicht Tawagalawa, der zu diesem Zeit-
punkt vermutlich schon gar nicht mehr am Leben war; s. Heinhold-Krahmer 1986, 55; Miller 2006, 244 mit
Anm. 31 u. ders. 2010, 167  f.
Dass Tawagalawa jedoch durchaus aufgrund der Ausdehnung des Macht- und Einflussbereiches von
Aḫḫiyawa in den südwestlichen Küstenbereich Kleinasiens, zumindest nach Millawanda und Lukka hin,
den hethitischen Vorstellungen von einem großköniglichen Machthaber entsprochen haben dürfte, scheint
naheliegend zu sein. Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn er, wie als sehr wahrscheinlich gelten kann,
ein Bruder und Vorgänger des vom Hethiter ebenfalls als Großkönig und ebenbürtiger Herrscher anerkann-
ten Adressaten von VAT 6692 war; dazu noch unten S. 136.

56 Wie die Verfasserin dieser Zeilen erst vor wenigen Jahren im Rahmen einer forschungsgeschichtlichen Untersuchung über
Aḫḫiyawa herausfand, hatte bereits Sturtevant (1928, 223, 227) in Anschluss an Forrers Behauptungen (1924b, 7–10, 21) in Er-
wägung gezogen, dass Tawagalawa König von Aḫḫiyawa gewesen sein könne, und dabei auch folgende, von Forrer (1929, 109)
freilich abweichende Übersetzung von I 71–72 vorgelegt, wenngleich mit Fragezeichen hinter dem Großkönig in I 71: „He refused;
but when this same Tawagalawaš, the great king (?) approached the city of Mellawanda, …“. Dass dieser seiner Interpretation
bislang offensichtlich keinerlei Beachtung geschenkt wurde und sowohl ich selbst (S.H.-K.) als auch mehrere andere Forscher
dem Irrtum unterlagen, dass der Hinweis auf den in I 71 bezeugten Großkönig Tawagalawa erstmals 1986 erfolgt sei, ist wohl
nicht zuletzt auf die Tatsache zurückzuführen, dass Sturtevants Bemühung in einem Artikel von 1928, die Kolumnen I und II
des sog. Tawagalawa-Textes den mit der Keilschrift nicht vertrauten Forschern in Transliteration und Übersetzung vorzulegen,
nicht allzu positiv von Seiten anderer Wissenschaftler bewertet wurde; s. z.  B. Friedrich 1931, 223: „Die erste Bearbeitung … durch
Sturtevant … muß … hinter der Forrers naturgemäß weit zurückbleiben.“; Schachermeyr 1935, 30: „erster unbeholfener Überset-
zungsversuch von Sturtevant“. So fand Sturtevants Übersetzung nach Forrers (1929) und vor allem Sommers (1932) Bearbeitungen
bislang kaum mehr Beachtung.

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136   S. Heinhold-Krahmer

Da die diplomatischen Kontakte zwischen den Herrschern von Ḫatti und Aḫḫiyawa nicht allzu eng
gewesen sein dürften, was allein schon die spärliche Überlieferung textlicher Quellen nahezulegen scheint,
aber auch z.  B. die Passage in VAT 6692 I 53–56 mit dem Bericht über den Boten des Königs von Aḫḫiyawa,
der sich offenbar nicht besonders respektvoll gegenüber dem hethitischen Großkönig verhielt und mit den
Gepflogenheiten altorientalischer Diplomatie nicht allzu vertraut gewesen zu sein schien, konnten sich die
im Seewesen unerfahrenen Hethiter vermutlich kaum eine Vorstellung von der Größe Aḫḫiyawas machen.
Dieses Land dürfte im Vergleich zu den Territorien der ihnen bekannten damaligen Großmächte relativ
klein gewesen sein und vielleicht sogar nur aus einer oder mehreren ägäischen Inseln und/oder einem
ganz bestimmten Palastzentrum auf dem griechischen Festland bestanden haben. Für letztere Möglichkeit
wurden in den 1990er Jahren bis in die neuere Zeit vor allem wie schon früher Mykene, aber dann auch noch
Theben in Betracht gezogen; s. die Lit. in Niemeier 1998, 44; ders. 1999, 144; ders. 2008, 304–307; ferner in
Heinhold-Krahmer 2004, 208 mit Anm. 60. Neuerdings wird auch wieder über Pylos diskutiert; s. Bryce 2019,
191–197; dagegen aber Weeden 2019, 217–227..
Die Hethiter nahmen wohl nur zur Kenntnis, dass ein noch zur Zeit Muršilis II. von ihnen beanspruchtes
Gebiet, das Land Millawanda (s. KUB 14.15 I 23–26; AM 36–39), unter die Oberhoheit dieses Landes Aḫḫiyawa
gelangt war. Dabei wäre durchaus denkbar, dass die Hethiter Millawanda zur Zeit Muwatallis II. an Aḫḫiyawa
verloren hatten (s. zuletzt Bryce in Beckman et al. 2011, 121), und dass es Tawagalawa war, der damals west-
kleinasiatisches Terrain seinem Machtbereich einverleibt hatte. Gleichzeitig war ihnen wohl auch nicht ent-
gangen, dass zumindest Teile des Lukka-Gebietes unter den Machteinfluss von Aḫḫiyawa gelangt waren,
was ebenfalls zur Zeit Tawagalawas geschehen sein dürfte. Lukka-Leute hatten sich ja nach der Zerstörung
von Attarimma an jenen mit einem Hilfegesuch gewandt, und er war daraufhin in diese Länder gezogen;
s. oben zu VAT 6692 I 3  f.
Hier ist zugunsten der Annahme, dass Tawagalawa Großkönig von Aḫḫiyawa war, anzumerken, dass
Miller (2010, 168) bereits zu Recht darauf hingewiesen hat, dass auch das Hilfegesuch der Lukka-Leute an
Ḫattušili III., den wahrscheinlichen Autor unseres Textes, erging, als er bereits Großkönig war. Daher sei es
nicht unwahrscheinlich, dass diese Leute sich auch vorher an einen anderen Großkönig gewandt hätten,
nämlich an Tawagalawa. Es sei auch unwahrscheinlich, so Miller weiter, dass Ḫattušili oder irgendein
anderer Großkönig seine eigenen Aktivitäten vergleichen wollte mit denen eines Prinzen von Aḫḫiyawa oder
eines anderen rangmäßig Untergeordneten, und zwar als einen Präzedenzfall oder als Rechtfertigung für
seine eigenen Handlungen.
Es kommt aber noch ein weiterer Aspekt hinzu, der anscheinend bislang in diesem Zusammenhang noch
nicht berücksichtigt wurde: Tawagalawa könnte eine wichtige Aufgabe erfüllt haben, die zumindest nach
hethitischer Herrscherideologie (Groß-)Könige zu leisten hatten. Wie Starke (z.  B. 1980–86, 407 §  4a, sub
§ 4 Labarna und Königtum) herausgestellt hat, galt der heth. Herrscher mit dem Titel Labarna bereits seit
althethitischer Zeit als ein Repräsentant des Wettergottes auf Erden, von dem er sein Amt verliehen bekam.57
Der hethitische König hatte aber nicht nur den irdischen Besitz dieses Gottes zu verwalten und zu erhalten,
sondern war auch verpflichtet, ihn zu vergrößern. Dass hethitische Großkönige die Erfüllung gerade dieser
letztgenannten Aufgabe auch bei auswärtigen Machthabern zur Kenntnis nehmen mussten und jeweils mehr
oder weniger als Maßstab bei der Frage betrachteten, ob ein auswärtiger Herrscher als ein ihnen ebenbürti-
ger anzuerkennen sei oder nicht, ergibt sich spätestens aus großreichszeitlichen Texten. Insbesondere wird
dies gerade aus Briefen und Briefentwürfen des 13. Jh.s deutlich. Hier sei z.  B. auf die der Korrespondenz von
hethitischen Königen mit assyrischen Herrschern entstammenden Fragmente KUB 23.102 (Hagenbuchner
1989b, Nr. 192; Mora/Giorgieri 2004, Nr. 20; Hoffner 2009, Nr. 104) u. KBo 18.24 (Heinhold-Krahmer 1988,
88–90, 99–101; Hagenbuchner 1989b, Nr. 188; Mora/Giorgieri 2004, Nr. 4) hingewiesen.

57 Starkes Definition (1980–86, 404  f.) lautet wörtlich sogar: „Labarna … ist die ideologisch geprägte Bezeichnung des heth. Groß-
königs als irdischen Repräsentanten des Wettergottes mit göttlich legitimiertem Anspruch auf Vorherrschaft und Königtum.“ Er
setzte somit „Labarna“ mit Großkönig gleich.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   137

Im erstgenannten Schreiben, über dessen Adressat (wahrscheinlich ein assyrischer Herrscher) und Absender (ein hethitischer
Großkönig) derzeit noch keine völlige Einigkeit herrscht, weshalb auch die Frage der genaueren Datierung offen bleiben muss,58
erkennt nach Meinung der meisten mit dem Text befassten Forscher der König von Ḫatti den König von Assyrien als Großkönig
an; s. Vs. I 4: nu-za lugal.gal ki-iš-ta-at „Großkönig bist du geworden“59; vgl. aber Mora/Giorgieri (2004, 190, 193 [mit weiterer
Lit.]), die hier eine Deutung als rhetorische, ironische Frage bevorzugen: „sei forse diventato Gran Re?“, „bist du vielleicht Groß-
könig geworden?“. Ganz egal nun, ob es sich um eine von hethitischer Seite vorgebrachte Anerkennung des Assyrers als Groß-
könig nach seinem Sieg über Ḫanigalbat handelt oder nur um eine ironische Frage im Sinne von Mora/Giorgieri (l. c.),60 und
weiteren Forschern (vgl. z.  B. auch Hoffner 2009, 323 mit Anm. 322), so scheint doch Folgendes einigermaßen festzustehen:
Es geht hier wohl um die bereits stattgefundene Eroberung von Land im hurritischen Bereich (Vs. I 1–4; II 19?) und dabei wohl
auch um die Unterwerfung eines vorher unter hethitischer Botmäßigkeit stehenden Vasallen (Vs. I 1? 4; s. Mora/Giorgieri 2004,
187 Anm. 17 u. 19, 191–193), insbesondere aber um den dadurch entstandenen Anspruch und die wahrscheinlich in einem voraus-
gehenden Schreiben vorgebrachte Forderung des Eroberers auf die Anerkennung als Großkönig (Vs. I 4, 18; Rs. III 4′). Allerdings
wird ihm die unter gleichgestellten Großkönigen übliche Anrede šeš-ia „mein Bruder“ vom Hethiter verweigert (Vs. I 7–15). Da die
Tafel auf Vorder- und Rückseite je zwei Kolumnen enthielt, stellt sich – wie beim nachfolgend behandelten Text KBo 18.24 und
wie bei VAT 6692 – die Frage, ob es sich um einen Briefentwurf, vielleicht auch um eine zwecks Archivierung angefertigte Kopie
eines Briefes,61 oder aber um ein Argumentationskonzept für den Gesandten62 handelte.
Bei diesem zweiten Schreiben, KBo 18.24,63 ist zwar der Name des Adressaten – es ist der assyrische König Salmanassar I. –
genannt, doch besteht über den Autor, den hethitischen Großkönig, Unklarheit. Es wurden sowohl Ḫattušili III. als auch dessen
Sohn Tutḫaliya IV. in Betracht gezogen.64 Mora und Giorgieri (2004, 90, 95  f.) haben zwar nun in neuerer Zeit die in vorausgehen-
den Übersetzungen bevorzugte Interpretation von Vs. I 10 aufgegeben, wonach der Hethiterkönig den assyrischen Adressaten
dort als Großkönig bezeichnet hätte. Diese frühere Interpretation von I 10: nu-za lugal.gal ku-it ul-za 2-an ta-pa-ra-an-za hatte
z.  B. bei Hagenbuchner (1989, 243) gelautet: „weil (du [= Salmanassar]) ein Großkönig (bist) und kein ‚Zweitbefehlender‘“. Mora
und Giorgieri (2004, 92 u. 96) argumentierten aber zu Recht, dass in diesem Satz ohne Kopula statt eines Subjektes in der 2.Sg.,
bezogen auf den Adressaten, hier die 1.Sg., der hethitische Großkönig und Absender also, zu erwarten sei (2004, 92: „poiché (io
sono) un Gran Re e non un governante di secondo rango(?)“), da bei einem Subjektwechsel nach I 9 („Ma le cose che … ti scrivo“)
dann in I 10 das Pronomen zik („du“) erforderlich wäre. Außerdem bevorzugen sie es, 2-an ta-pa-ra an-za, ebenso wie auch andere
Forscher vor ihnen, nicht mit „Zweitbefehlender“, sondern mit „governante di secondo rango(?)“, „zweitrangiger Herrscher“
wiederzugeben.

58 Adressat ist vermutlich Adadnirari I.; so z.  B. Heinhold-Krahmer (1988, 89) mit Hinweisen auf frühere Vertreter dieser Da-
tierung u. Hoffner (2009, 322  f.) mit weiterer Lit.; s. jedoch z.  B. Mora/Giorgieri (2004, 184–187), die neben Adadnirari I. auch
Argumente für eine zweite Hypothese vorbringen, welche vor allem Tukulti-Ninurta (möglich aber wohl auch Salmanassar) als
Adressaten vorsieht. Als dritte Hypothese könnte nach ihrer Meinung auch ein Vasall der Adressat sein.
Als Absender kamen in Verbindung mit der erstgenannten Hypothese (mit Adadnirari I. als Adressat) bislang die Hethi-
terkönige Muwatalli II., Urḫi-Teššup (Muršili III.) und Ḫattušili III. in Betracht, deren Regierungen sich mit der des Adadnirari
überlappten, wobei in neuerer Zeit Urḫi-Teššup bevorzugt wird; s. die Argumentation von Hagenbuchner 1989b, 263; weitere Lit.
in Hoffner 2009, 322. Mora/Giorgieri (2004, 187 Anm. 14 u. Kommentar) wiederum sind der Meinung, dass einige paläographische
Indizien eine Entstehung in der zeitlichen Phase zwischen der Regierung von Ḫattušili III. und dem Beginn der Regierung von
Tutḫaliya IV. zu bekräftigen scheinen.
59 Eine solche Anerkennung könnte durchaus erfolgt sein, da der vom Hethiterkönig angesprochene Sieger (zi-ik „du“) mit der
Waffe einen Erfolg errungen hatte, wie aus dem unmittelbar vorausgehenden Text (I 3  f.) hervorgeht. Offenbar hatte jener jeman-
den und/oder etwas besiegt (fraglich wegen Textlücke), was der hethitische Großkönig entweder mit dem Possessivpronomen -ia
„mein“ versah oder mit der Konnektivpartikel -ia „und“ (I 4). Mit gewisser Berechtigung wurde lange einhellig die Annahme ver-
treten, dass hier der assyrische Sieg über Waša[šatta]? (I 1) <von Ḫanigalbat> bzw. das Land Ḫurri (I 2) gemeint sein dürfte. Beide
Wörter – das erste unvollständig und daher auch heute nicht mehr allgemein akzeptiert, das zweite aber vollständig erhalten –
treten zuvor in zerstörtem Kontext auf; so z.  B. Heinhold-Krahmer 1988, l.  c. mit früherer Lit. u. zuletzt wohl Hoffner 2009, 323 zur
neueren Lit.; vgl. aber auch die Bedenken von Mora/Giorgieri 2004, 184–194.
60 Hauptargument für die Deutung als ironische Frage scheint der unfreundliche Tenor des Schreibens zu sein, in dem sich der
Hethiter gegen eine unter gleichgestellten Großkönigen ansonsten übliche Anrede šeš-ia in wenig konzilianter Weise verwehrte
(Vs. I 5–20).
61 Zu beiden Möglichkeiten s. Mora/Giorgieri 2004, 87.
62 Das Dokument enthielt wie der „Tawagalawa-Brief“ insgesamt vier Kolumnen, wie Reste von Kol. II, III u. IV zeigen. Derart
umfangreiche Briefe bzw. briefartige Texte sind äußerst selten (EA 24, der Mitanni-Brief aus El Amarna) und wurden in dieser
Form aus Ḫatti möglicherweise gar nicht abgeschickt; dazu Heinhold-Krahmer 2002, 360 mit Anm. 13.
63 Auffällig ist neben den ursprünglich vier Kolumnen z.  B. auch, dass der Absender, der König von Ḫatti, hier wohl nur
d
utu-ši lugal.gal genannt wird (so nach allgemeiner, dem vorhandenen Raum entsprechender Ergänzung), was nach Hagen-
buchner (1989a, 44) – abgesehen von dieser in Schreiben an seine Untertanen und Vasallen üblichen Selbstbezeichnung, also
ohne Namen, aber mit dem Titel dutu-ši – nur sehr selten in Briefentwürfen aus der internationalen Korrespondenz vorkommt.
64 Heinhold-Krahmer 1988, 94–98; Hagenbuchner 1989b, 243; Mora/Giorgieri 2004, 88  f. u. 93 (mit weiterer Lit.).

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138   S. Heinhold-Krahmer

Es wird jedenfalls zum einen aus der, wenn auch nicht ganz vollständig erhaltenen, aber ergänzbaren Anrede am Beginn des
Textes (Vs. I 1  f.), deutlich, dass Salmanassar vom Absender als Großkönig betrachtet und mit šeš-ia angesprochen wurde; s. Vs. I
(1)
 … a-na m dŠùl-ma-nu-⸢sag⸣ (2)[lugal.gal lugal] kur A-aš-šur šeš-ia qi-bi-ma „… zu Salmanassar, [dem Großkönig, dem König]
des Landes Assur, meinem Bruder, sprich“; s. Hagenbuchner 1989b, 241 Nr. 188; Mora/Giorgieri 2004, 89, Nr. 4.
Zum anderen geht es im zerstörten Text weiterhin um die Bezeichnung „Großkönig“ oder vielleicht auch darum, wie sich
ein Großkönig verhält oder zu verhalten hat (Vs. I 18  f.). Hagenbuchner (1989b, 243) spricht von „Belehrungen über das Verhal-
ten eines Großkönigs“ und äußert die Vermutung, dass der Adressat erst vor kurzem Großkönig geworden war bzw. als solcher
anerkannt wurde. Ähnliches trifft wohl auch auf den Adressaten in VAT 6692 zu; zu dessen Belehrungen durch den Hethiterkö-
nig s. z.  B. II 8, 13–15, 62  f.; III 44′  f.; vielleicht auch IV 55  f.? Zudem wird Salmanassar schließlich mit dem Wettergott verglichen
(Rs. IV 4′: zi-ik-ma ša du i-u̯ a-ar x[…]), und es ist dabei von seinen Eroberungen die Rede (IV 5′–10′).

Der Skepsis oder Zurückhaltung gegenüber der Annahme, dass Tawagalawa in I 71 als Großkönig bezeichnet
werde, kann jedenfalls sowohl mit syntaktischen als auch mit sachlichen Argumenten begegnet werden.
Zu 4.b): Der temporale Nebensatz mit der Konjunktion kuwapi – zu Umfang und Inhalt. Doch nun zurück
zu Güterbock (1990, 164), der der Bezeichnung des Tawagalawa als Großkönig in I 71 zwar zugestimmt hatte,
aber die damals vorgeschlagene Deutung von mTawagalawaš=pat=kan kuwapi lugal.gal als Nominal-
satz ablehnte. Er schloss sich dem mündlichen Übersetzungsvorschlag von Hoffmann an (zitiert in Hein-
hold-Krahmer 1986, 54 Anm. 48), dass der temporale Nebensatz bis tapuša uet (Ende von I 72) gereicht habe,
und zwar mit der Begründung, dass Sätze ohne Kopula im Hethitischen nur im Sinne des Präsens gebraucht
worden seien, dass aber im Präteritum und Imperativ eine Form von eš- unerlässlich gewesen sei.
Diese Aussage erwies sich zwar als nicht ganz richtig, denn wie zwischenzeitlich gezeigt werden konnte,
sind – freilich nicht allzu häufig – auch Sätze mit eindeutigem Vergangenheitsbezug bezeugt, bei denen das
Verb eš- („sein“) fehlt; hierzu zuletzt Alparslan (2005, 36) mit Hinweis auf Cotticelli-Kurras (1991, 78–82).
Nach Cotticelli-Kurras zeigt sich dies übrigens bei Sätzen mit karū „früher“ oder karūiliyaza „von früher“,
und besonders in solchen, in denen Vergangenes zum Vergleich mit Gegenwärtigem herangezogen oder mit
einem Satz im Präteritum koordiniert wurde. Auf eine Situation oder ein Ereignis in der Vergangenheit weist
natürlich auch die Konjunktion kuwapi hin, die an dieser Stelle ziemlich einhellig mit „als“ bzw. „damals
als“ übersetzt wurde.65
Neben dem einleuchtenden Argument, dass man bei der Frage nach dem Umfang des kuwapi-Satzes –
entweder als Nominalsatz ohne Kopula in präteritaler Bedeutung (bis Ende I 71) oder aber mit Verbum (bis
Ende I  72)  – der letztgenannten üblicheren Variante den Vorzug vor der selteneren erstgenannten geben
sollte (J.L.M. mündlich), ist noch ein weiteres sehr gewichtiges Argument zu beachten, das eindeutig gegen
den ursprünglichen Vorschlag von S.H.-K. und zu Gunsten der Annahme des längeren temporalen Neben-
satzes spricht:
In I 72 erscheint tapuša zwischen dem Ortsnamen Millawanda und dem Prädikat uet „er kam“. Unab-
hängig davon, ob tapuša als Postposition zu einer Örtlichkeit, wie wohl hier zu Millawanda, oder aber als
Adverb, und zwar vor allem in Verbindung mit Verben der Bewegung (insbesondere des Gehens, Gelangens,
Schickens, Stellens, u.  Ä.), auftritt, ist dabei in jh. Texten in der Regel die enklit. Partikel -kan erforderlich
(s. Heinhold-Krahmer 1986, 54 Anm. 49; dies. 1992, 279–286 mit Beispielen), die sich meist am ersten Wort
des Satzes befindet, bzw. an andere am ersten Wort befindliche enklit. Partikeln anschließt.
Nun wäre am Beginn von I 72, wo sich nach einer früheren, jedoch verfehlten Einschätzung bereits der
Hauptsatz zum vorausgehenden als Nominalsatz gebildeten temporalen Nebensatz befunden hätte (so Hein-
hold-Krahmer 1986, 54), zwar durchaus Raum für satzeinleitendes nu nebst der erforderlichen Partikel -kan
vorhanden. Doch nicht beachtet wurde damals bei diesem Ergänzungsvorschlag, dass dann das an mTawa-
galawas=pat angeschlossene -kan in I 71 erklärungsbedürftig wäre. Zwar gibt es gerade in Texten Ḫattušilis
III. Beispiele mit Sätzen ohne Kopula, die -kan enthalten, wie z.  B. Ḫatt III 22:[(… mŠi-ip-pa-)]lú-iš-u̯ a-kán
ú-ul an[(-d)]a „Sipa-ziti <ist> nicht dabei“ (s. Otten, Apologie, S. 18), doch bietet unsere Stelle in I 71 keiner-
lei Adverb, sonstigen Ortsbezug oder einen Hinweis auf eine idiomatische Form, welche -kan erforderlich
machen könnten.

65 Auch Imperativ-Sätze können überdies ohne Kopula auftreten, wenn es sich um Prohibitiv-Sätze handelt; s. Cotticelli-Kurras
1991, 95–97. Dies wird z.  B. gerade auch aus unserem Text selbst, aus Kol. IV 5, deutlich.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   139

Somit scheint Forrers Auffassung, dass der temporale Nebensatz mit kuwapi bis Ende I 72 gereicht haben
muss, berechtigt; s. auch schon Sturtevant (1928, 227), der allerdings kein -kan transliterierte, aber bereits
zwei enklit. Partikeln an den Namen Tawagalawa anschloss und den Satz hier beginnen und mit tapuša uet
enden ließ; Jahrzehnte später dann Hoffmann in Heinhold-Krahmer 1986, 54 Anm. 48; Güterbock 1990, 161;
Miller 2006, 243 sowie Hoffner 2009, 305 u. Beckman et al. 2011, 106. Mit Ausnahme von Güterbock (1990, 161
[mit kurzer Notiz]) wiesen die hier zuletzt zitierten Forscher zwar nicht expressis verbis auf die notwendige
Verbindung von tapuša + -kan hin. Offensichtlich hatte aber bereits Forrer, obschon er in I 71 den Namen
Tawagalawa fälschlich von den enklit. Partikeln trennte – statt -pát-kán las er nach dem Namen nu-kán – und
zu ul memaš stellte, die Notwendigkeit von -kan in Verbindung mit tapuša (I 72) erkannt; s. seine Lesung
nu-kán in I 71. Sommer (AU 6, 86) hingegen war diese Notwendigkeit anscheinend völlig entgangen.

Nach Rieken (1999, 207–209), auch unter Berufung auf Neu (1970, 60), geht tapuša (Allativ), ebenso wie tapušza (Ablativ in
athematischer Form statt *tapušaz), als erstarrte Kasusform auf das Nomen tapuš- n. „Rippe, Seite“ zurück; zu diversen Ablei-
tungen und Deutungen im Verlaufe der Forschungsgeschichte (bis in die 1980er Jahre) s. Heinhold-Krahmer (1992, 277–280).
Da die Bezeichnung des Körperteils „Rippe“ allerdings nur in der bezüglich der Stammgestalt von tapūš- abweichenden Form
tāpuwašš(a)- in KUB 55.20 + KUB 9.4 I 10, 28 belegt ist, erwog Rieken (1999, 208) den Ansatz von zwei verschiedenen Lemmata,
nämlich t(a)pūš- „Seite“ als sekundäre s-Erweiterung eines u-Stammes und tāpuwašša- „Rippe“ als ein substantiviertes Zugehö-
rigkeitsadjektiv zu demselben u-Stamm.
Sehr deutlich treten nun unter den relativ zahlreich bezeugten Belegen von tapuša (mit Ortspartikel -kan) zwei Textgruppen
besonders hervor. Zum einen handelt es sich dabei um Texte, in denen kultische Handlungen beschrieben werden, die direkt
oder zumindest indirekt in Verbindung mit der Verehrung des Götterpaares Ḫepat und Teššup stehen; s. Heinhold-Krahmer 1992,
280–287.66 Zum anderen sind es Berichte historischer Art, die relativ häufig tapuša in postpositionaler Stellung zu Gewässern
wie Meer und Fluss belegen (Heinhold-Krahmer 1992, 280 Anm. 27); s. z.  B. Apologie IV 36: na-an-kán a.ab.b[(a ta-pu-ša up-pa-
aḫ-ḫu-un …)] „ich schickte ihn [den Urḫi-Tešup] seitlich ins/ans Meer, an die Seite/Küste vom Meer“; vgl. aber Otten, 1981, 24  f.:
„…  und schickte ihn am Meer(esufer) hinab“; KUB 19.9 I 16′ (historischer Bericht von Ḫattušili III., hier Šuppiluliuma I. betref-
fend): íd Ma-a-la-an-ma-kán ku-it ta-pu-ša e-eš-ta „was sich aber auf der Seite, seitlich zum Fluss Mala hin befand“; KBo 16.36 + III
11 (ebenfalls aus historischem Bericht Ḫattušilis III., diesmal über seinen Sohn, den gal mešedi Tutḫaliya): nu-kán gim-an íd
ta-pu-ša ar-aš „als er auf die Seite vom Fluss gelangte“ oder „als er an der Seite des Flusses angelangte“.
Nun ist auffällig, dass die Bedeutungsvarianten, die sich bezüglich der Nomina tapuš- und tāpuwašša- sowie der erstarrten
Kasusform tapuša ergeben haben, auch z.  B. im Falle von französisch côte „Rippe, Seite“ sowie à coté (de) „nebenan, neben“ ein
Analogon zu finden scheinen; s. schon Heinhold-Krahmer 1992, 280 Anm. 24. So erscheint auch Starkes Übersetzung der oben
zitierten Stelle (Apologie IV 36) „Ich schickte ihn an den Rand/das Ufer des Meeres“ nicht abwegig, denn côte bedeutet neben
„Rippe, Seite“ bekanntlich auch „Küste, Gestade, Meeresstrand“, so dass in Verbindung von tapuša mit Gewässern nicht nur die
wörtliche Übersetzung „seitlich, an der/die Seite, neben/nach nebenan“ möglich erscheint, sondern durchaus auch eine Wieder-
gabe mit „an der/die Küste, an dem/das Gestade“; s. dagegen jedoch Millers (2010, 167) Übersetzung von tapuša uet in I 72 (+ -kan
[I 71]) mit „he came over, came across“. Hier gilt zu bedenken, dass für „hinüber“ im Hethitischen immerhin schon parranda (mit
-kan) zur Verfügung steht.

Dass Tawagalawa zumindest in die nächste Umgebung von dem in Meeresnähe gelegenen Millawanda
gelangt ist, vermutlich an die Küste, lässt sich also allein schon aufgrund von tapuša (I 72) + -kan (I 71)
annehmen; s. hierzu auch Anm. 66. Ebenso aber könnte er sogar in die Stadt selbst gelangt sein, wie sich aus
den gleich unten (S. 139  f.) dargelegten Übersetzungsmöglichkeiten bzw. -vorschlägen ergibt.
Nun bestand bis vor kurzem keine Einigkeit bezüglich der Ergänzung des zerstörten Zeilenbeginns in
I 72 unmittelbar vor URUMillawanda, der maximal Raum für zwei Zeichen bieten dürfte. Zwei Möglichkeiten
schienen sich hier zu bieten, nämlich:
Möglichkeit 1: Ein Lokativ mit Ergänzung a-na vor dem ON, [a-na?] uruMillawanda tapuša, gemäß dem
Vorschlag von Hoffmann (in Heinhold-Krahmer 1986, 54 Anm.  48), was man mit „seitlich von M., an die

66 Aus den meisten dieser Belegstellen wird deutlich, dass durch tapuša (+ -kan) bei den für die oben genannten Gottheiten
getätigten Opfervorbereitungen oder -durchführungen, die nacheinander oder auch gleichzeitig stattfanden, der Hinweis auf die
Richtung erfolgte, in die man sich von einer Kultstätte zur anderen begab (wohin?) oder aber auf die Schauplätze, an denen die
Opfer stattfanden (wo?). Aufgrund der jeweiligen Kontexte liegt die Vermutung nahe, dass die meist adverbielle Verwendung von
tapuša in dieser Textgruppe auf ganz bestimmte räumliche Gegebenheiten in den Sakralbauten und den Örtlichkeiten zurück-
zuführen ist, an denen die gemeinsame Verehrung des Götterpaares und der in seinem nächsten Kreis befindlichen Gottheiten
stattfanden. Die Bedeutung dürfte hier mit „seitlich, auf die Seite, nach nebenan“ (wohin?) bzw. „seitlich, auf der Seite, nebenan“
(wo?) wiederzugeben sein; s. Heinhold-Krahmer 1992, 286  f.

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140   S. Heinhold-Krahmer

Seite/Küste von M.“ übersetzen könnte; ebenso Miller (2006, 243), der jedoch „nah der Stadt Millawanda“
annahm,67 Hoffner (2009, 305) mit Lesung: [a-n]a? uruMillawanda tapuša uet und Übersetzung „crossed into
the city Millawanda“; ähnlich auch Beckman et al. 2011, 106  f.: „crossed over to Millawanda“.
Möglichkeit 2: Der nach Güterbock (1990, 161  f.) häufiger gebrauchte Akkusativ, wobei er an ein kurzes,
ideographisch geschriebenes Nomen, wie Forrers (1929, 108) zag bzw. zag kur, oder aber nur kur oder
kaskal vor dem Ortnamen dachte. Seine Vorschläge zur Übersetzung lauteten dadurch entweder „als  …
Tawagalawa in die Nähe (der Grenze) von Millawanda kam“ oder „als … Tawagalawa die Grenze/Straße von
M. entlang kam“ (Güterbock 1990, 162).
Betrachtet man allerdings unter den oben aufgeführten Beispielen (S. 139) den Beleg von tapuša in Ver-
bindung mit einem geographischen Namen, nämlich dem Fluss Mala, im Akkusativ, so fällt auf, dass dort
(KBo 16.36 III 11) die Akkusativ-Endung -an erscheint, was man dann im Falle von der Stadt Millawanda auch
erwarten könnte. Jedenfalls wurde der Dativ-Lokativ-Konstruktion in neuerer Zeit der Vorzug gegeben; z.  B.
Miller 2006, l.  c. Der temporale kuwapi-Satz (I 71  f.) konnte also folgendermaßen übersetzt werden:

„(Damals) als der Großkönig Tawagalawa selbst an die Seite nach (/seitlich von) Millawanda gekommen war“

oder

„(Damals) als der Großkönig Tawagalawa selbst an die Küste (/das Gestade) von Millawanda/nach Millawanda gekommen
war“.

Nun gibt es aber auch Belege von Sätzen mit tapuša + -kan in Verbindung mit Verben der Bewegung, in
denen die Präposition i-na verwendet wird; Beispiele in Heinhold-Krahmer 1992, 281–285. Diese Möglich-
keit einer Ergänzung der wohl zwei fehlenden Zeichen am Beginn von I 72 unmittelbar vor uruMillawanda
scheint inzwischen vor allem aufgrund einer erneuten Überprüfung der Stelle durch J.L.M. überzeugend. Wie
er nämlich anhand eines Fotos deutlich machte (s. Miller 2010, 163 Fig. 4), kann die Lücke am Beginn von I 72
unmittelbar vor uruMillawanda mit hinein projiziertem, an anderen Stellen unseres Textes belegtem i-na68
exakt ausgefüllt werden ganz im Gegensatz zu dem bislang meist vermuteten kürzeren a-na.
In diesem Falle lassen sich die zwei oben dargestellten Übersetzungsvorschläge aufrechterhalten, wobei
in Anbetracht des oben S. 138–140 zu 4. b) Dargelegten und der Tatsache, dass die maritime Lage von Milla-
wanda textlich gesichert sein dürfte (s. oben S. 118–121 sub I 61  f.), der zweite Vorschlag in unserer Überset-
zung Anwendung findet; vgl. jedoch die Übersetzung von Miller (2010, 164): „Damals als Tawagalawa selbst,
als ein Großkönig, nah der/herüber zur Stadt Millawanda kam, …“.
Zu 5.: Für die einst von Forrer richtig erkannte Ausdehnung des temporalen Nebensatzes mit kuwapi bis
zum Ende von I 72 (s. oben S. 131 sub 4.), trat auch Güterbock (1990, 161  f.) ein. In seiner weitgehend positiven
Stellungnahme zu den Neuinterpretationen von KUB 14.3 Kol. I durch Singer (1983) und Heinhold-Krahmer
(1986) meldete er (l.  c.) allerdings Bedenken an gegen die Bewertung des temporalen Nebensatzes mit der Kon-
junktion kuwapi (I 71  f.) von Heinhold-Krahmer (1986, 54). Letztgenannte hatte ihn ebenso wie Forrer (1929,
108) und Hoffmann (in Heinhold-Krahmer 1986, 54 Anm. 48) als vorangestellten Nebensatz gedeutet (s. noch
Alparslan 2005, 35–38; Miller 2006, 244 Anm. 31; Hoffner 2010, 305; Beckman et al. 2011, 106), wenn auch,
wie schon dargelegt (s. oben S. 138  f. zu 4.), fälschlich als Nominalsatz. Güterbock legte nun dar, dass zwar
bei nachgestellten Temporalsätzen das satzeinleitende nu fehle, d.  h. sie seien asyndetisch an den Hauptsatz
angeschlossen, jedoch sei Asyndese, wie sie in I 71  f. auftrete, nicht zu erwarten bei vorangestellten Neben-
sätzen dieser Art; vgl. auch Parker 1999, 69, der Güterbocks Ausführungen hierbei völlig unkritisch folgte.

67 Auch wenn die Ankunft des Tawagalawa in der Umgebung von Millawanda aus tapuša wörtl. „seitlich/an der Seite“ gefolgert
werden kann, existiert für den Begriff „nahe, in die Nähe“ im Hethitischen ein eigenes, auch in Texten aus der Zeit von Ḫattušili
III. verwendetes Wort, nämlich ma(n)ni(n)kuwan; z.  B. Apologie II 50 u. KUB 48.123 I 17′ (Gelübde Puduḫepas); weitere Belege in
CHD L-N, 171–173.
68 In den Zeilen II 66 u. 68, denen nach Miller (1910, 163) die Belege für i-na entnommen wurden, findet sich dieses Wort aller-
dings nicht. i-na tritt in der näheren Umgebung dieser Zeilen, in I 47  f. (oder II 62, 69 u. 73), auf. J.L.M wies mich jüngst darauf
hin, dass er vermutlich die Projektion von i-na am Beginn von I 72 separat den Zeilen I 66 und 68 entnommen habe, nämlich NA
aus I 66 (na-aš) und I aus I 68 (u-i-ia-nu-un).

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   141

Güterbock schloss sich also zumindest teilweise der Sommerschen Deutung an und betrachtete als den
zum kuwapi-Satz zugehörigen Hauptsatz den Beginn von I 71, nämlich [… u]l *m[e?]-ma*-aš (s. oben sub I 71).
Dabei stellte er jedoch, wie schon gezeigt (s. oben S. 132  f. zu 2.), den Namen Tawagalawa anders als Sommer
(AU 7: „‚Nein‘ hat er gesagt, der Tavagalava!“; ebenso später Parker 1999, 72, 75) nicht zu diesem vermuteten
Hauptsatz, sondern als Subjekt in den als nachgestellten Nebensatz betrachteten kuwapi-Satz. Als Überset-
zung schlug er vor (1990, 162 oben): „Er (sc. Pijamaradu) hat nein gesagt, als … Tawagalawa in die Nähe (der
Grenze) von Millawanda kam“ (oder: „die Grenze/Straße von M. entlang kam“; s. auch de Martino 2010a, 44  f.
Die Mitwirkenden an vorliegender Neubearbeitung von VAT 6692 stimmten beim ersten Arbeitstreffen
in Berlin (Mai 2007) dem mit Güterbocks obiger Deutung harmonisierenden Übersetzungsvorschlag von
E.R. weitgehend zu. Zudem bestand Einigkeit darin, dass sich der – vermeintlich nachgestellte – temporale
Nebensatz mit der Konjunktion kuwapi („als, damals als“) auf ein Ereignis in der Vergangenheit beziehen
musste, nämlich auf die Zeit, als Tawagalawa Großkönig (in Aḫḫiyawa) war.
Anlässlich der Erstellung dieses Kommentars erfolgte dann erneut eine genaue Überprüfung von Tem-
poralsätzen mit der Konjunktion kuwapi. Dabei zeigte sich allerdings sehr bald, dass Asyndese auch bei vor-
angestellten Nebensätzen dieser Art vorkommt (Heinhold-Krahmer 2010b, 106–122), ganz entgegen Güter-
bocks Auffassung (1990, 161 mit Anm. 17), der sich auf die in CHD L-N sub nu h.8′ genannten Beispiele von
asyndetischen Nebensätzen berufen hatte, die allesamt dem Hauptsatz folgten. Bei diesen Beispielen in CHD
handelte es sich aber nicht um kuwapi-Sätze.69 Die genannte Überprüfung ergab nun Folgendes:
Sternemann (1965, 404) hatte zwar vor Jahrzehnten in seiner Untersuchung über „Temporale und kon-
ditionale Nebensätze des Hethitischen“ bereits geäußert, dass kuwapi in der jüngeren Sprache auch asynde-
tisch auftreten könne. Eine genauere Betrachtung der insgesamt drei dem Hauptsatz vorausgehenden tem-
poralen kuwapi-Sätze, die er seiner Feststellung zugrunde gelegt hatte, ergab jedoch noch keinen Beweis
dafür, dass für die Asyndese die temporale Konjunktion kuwapi verantwortlich bzw. allein verantwortlich
war; Heinhold-Krahmer 2010b, 112–114. Als ausschlaggebend erkannt für das Fehlen von Satz verknüpfen-
den Partikeln waren aber bereits Kriterien wie direkte Rede und parenthetische Erläuterungen; vgl. auch
Hoffner 2007, 388, 390.
Feststeht nun immerhin, dass Asyndese in vorangestellten Temporalsätzen mit kuwapi (in der Bedeutung
„als, damals als“) belegt ist, wenn dabei gleichzeitig eine der für Asyndese ausschlaggebenden Bedingungen
erfüllt wird; s. die Zusammenstellung der Bedingungen für Asyndeton zuletzt in Hoffner (2007, 387–397)70.
Meist geschieht dies, wenn sich diese Nebensätze am Beginn eines Textes, am Anfang eines neuen Absat-
zes befinden, wenn sie in einer direkten Rede auftreten oder wenn sie am Beginn einer Parenthese, eines
(erläuternden) Texteinschubs, erscheinen; Beispiele in Heinhold-Krahmer 2010b, 115–118. Die asyndetische
Kons truktion lässt sich in all den genannten Fällen eindeutig durch die Tatsache erklären, dass den betref-
fenden Sätzen oder Textpassagen nichts vorausgeht, womit sie unmittelbar verbunden werden könnten; vgl.
auch Hoffner 2007, 387.
Dass ein temporaler asyndetischer kuwapi-Satz, wie der viel diskutierte in I 71  f., um den es hier geht,
am Beginn einer Parenthese vor dem zugehörigen Hauptsatz stehen kann, am Beginn eines textlichen Ein-
schubs also, der den laufenden Kontext unterbricht und auf Vergangenes zurückgreift, oder anders gesagt,
am Anfang einer Parenthese, die einen in die Vergangenheit weisenden Exkurs darstellt, konnte nun anhand
weiterer Belege erwiesen werden; Heinhold-Krahmer 2010b, 118–121. Hier sei nur als Beispiel auf einen
ähnlich gelagerten Fall eines dem Hauptsatz vorausgehenden asyndetischen kuwapi-Satzes hingewiesen,
der sich im sog. Ulmitešub-Vertrag befindet; s. van den Hout 1995, 34. Dort unterbricht der hethitische Groß-
könig (Ḫattušili III. oder Tutḫaliya IV.) den fortlaufenden Text des darin integrierten Heeresvertrags (s. KBo
4.10 Vs. 40′–49′ // ABoT 57)71, indem er rückblickend auf die Zeit Muwatallis II. Bezug nimmt: KBo 4.10 Vs.

69 Bei den in CHD L-N: nu h. 8′ aufgeführten, dem Hauptsatz nachgestellten Nebensätzen mit Asyndese handelt es sich um:
a′ relative clauses, b′ temporal (kuitman) clauses, c′ indirect questions (mit nur einem Beispiel), d′ comparative maḫḫan clauses.
70 Hoffner hat in seinem Aufsatz „Asyndeton in Hittite“ (2007, 391, 395) in Bezug auf Temporalsätze nachgestellte temporale
kuitman-Sätze (mit Asyndese) und temporale mān-Sätze mit asyndetisch anschließenden Hauptsätzen behandelt.
71 S. auch KBo 4.10 Vs. 39′, wo auf die nachträgliche Ausstellung des Heeresvertrags Bezug genommen wird, der dann nach Para-
graphenstrich nebst einer Götterliste oder zumindest eines Teils derselben in den Vertrag integriert wurde.

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142   S. Heinhold-Krahmer

40′  f.: (40′)… ša-aš-ta-an-za ku-u̯ a-pí uru d10-ta-aš-ša-a[n] (41′)dingir meš uru d10-ta-aš-ša-ia mnir.gál i-ia-at na-aš-
kán uruḪa-ad-du-ša-aš ḫu-u-ma-an-za ḫa-an-ti-ia-it ki-nu-un-ma … „… Damals als Muwatalli die Stadt Tarḫun-
tašša zu seinem Lager (41)′gemacht hatte und die Götter von Tarḫuntašša gefeiert hatte, da hatte sie ganz
Ḫattuša versorgt. Jetzt aber …“; dazu Heinhold-Krahmer 2010b, 118.
Der dann auf den oben definierten Nebensatz (I 71  f.) folgende Hauptsatz ist, wie schon Forrer (1929,
109) richtig gesehen hat, relativ kurz. Er reicht in I 73 von der Lücke am Zeilenbeginn […-i]a?-ma nur bis
e-eš-ta. Die Forscher nach ihm betrachteten allerdings zumeist den Hauptsatz nicht wie Forrer als Frage,
sondern als Aussage; s. zuletzt vor allem Gurney 2002, 138; Miller 2006, 243; ders. 2010, 165; Hoffner 2009,
305; de  Martino 2010a, 44; Beckman et al. 2011, 105.
Umstritten waren bislang die Ergänzung von vermutlich ein bis zwei fehlenden Zeichen in der Lücke
am Zeilenanfang sowie die Lesung des Zeichenrestes nach dieser zerstörten Stelle. Forrers (1929, 108: [ul
i] m-ma  …) und Sommers (AU 6: [ka-ru-]ú??-ma) Lesungen lassen sich aber weder durch die frühen Fotos noch
durch Goetzes Ed. stützen. Sommers Interpretation des gesamten Satzes: „[Zuvo]r(?) aber war schon dlama
hier“ behielten zunächst auch Singer (1983, 212), Heinhold-Krahmer (1986, 54  f.) und Güterbock (1990, 163)
bei. Gurney’s Vorschlag (2002, 138 Anm. 20), hier [ki-nu-u]n-ma zu lesen aufgrund der von L. Rost auf der
Tafel gesehenen Zeichenspuren, nämlich eines zerstörten senkrechten Keils und dann eines gebrochenen
senkrechten vor -ma (in Heinhold-Krahmer 1986, 54 Anm. 45), wirkte auf den ersten Blick nicht unmöglich,
da gerade im Falle eines Exkurses in die Vergangenheit, wie er in diesem Abschnitt in I 71 (s. oben) durch den
asyndetischen Satz mit kuwapi eingeleitet wird, manchmal die Rückkehr in die Gegenwart durch kinun=ma
„jetzt aber“ gekennzeichnet wird; z.  B. KBo 4.10 Vs. 40′  f. (s. oben) und KUB 19.23 Rs. 12′–15′ (Hagenbuch­
ner 1989, 28  f.). Doch dass diese Lesung hier kaum wahrscheinlich ist, ergibt sich zum einen aus der Tatsa-
che, dass es sich hier im ersten Teil von I 73, wie bereits oben dargelegt, um den Hauptsatz handeln dürfte,
der auf den temporalen, bis Ende I 72 reichenden und in die Vergangenheit führenden kuwapi-Satz folgt,
weshalb an dessen Beginn schon aus inhaltlichen Gründen kein kinun=ma zu erwarten ist. Zum anderen
konnte jüngst Miller (2010, 165) zeigen, dass der noch sichtbare Kopf jenes ersten senkrechten Keils in Ver-
bindung mit dem nachfolgenden gebrochenen am besten zu I.A passen dürfte, was sich durch Kopie dieses
Zeichens aus anderen Textstellen an unsere fragliche Stelle (I 73) zeigen ließ; s. auch die Abbildung im Ver-
gleich mit den früheren Lesungsvorschlägen in Miller 2010, 165 Fig. 6 u. 7. Schon einige Jahre vorher hatte er
(Miller 2006, 243 Anm. 30) auf diese Lesung hingewiesen. Unter der Voraussetzung, dass der nachfolgend
genannte m  dlamma-aš wahrscheinlich mit König Kurunt(iy)a72 von Tarḫuntašša, einem Sohn Muwatallis II.
und Neffen Ḫattušilis III., zu identifizieren ist (s. unten S. 142  f.), und Ḫattušili III. tatsächlich der Autor von
VAT 6692 war, hatte Miller deshalb mit aller Vorsicht und unter Hinweis auf den sehr engen Raum in einer
Anmerkung auf die Möglichkeit der folgenden Ergänzung am Beginn von I 73: [dumu šeš-i]a-ma „aber m[ein
Neffe]“ hingewiesen, einer Ergänzung, wie sie überdies schon seit Forrer (1929, 100) auch für eine Stelle
in der Autobiographie Ḫattušilis III. vermutet wird; s.  KUB 1.1 IV 62. Dies wurde dann auch von Hoffner
in seiner Transliteration und Übersetzung (2009, 305) übernommen, während Beckman (2011, 106) jüngst
wieder die Sommersche Ergänzung (AU 6) bevorzugte. Inzwischen betonte Miller (2010, 165) nochmals und
mit Nachdruck, dass seine Ergänzung, obgleich gut in den historischen Kontext passend, wohl zu lang für
den vorhandenen Raum sei. Eine andere, ebenfalls historisch passende Ergänzungsmöglichkeit, nämlich
[ìr-i]a-ma „aber m[ein Diener]“ (s. Miller l.  c., Fig. 7 rechts), schien dagegen den Raum nicht ganz auszufül-
len. So schlug er als Übersetzung des auf den temporalen Nebensatz folgenden fragmentarischen Haupt-
satzes vor: „… war aber Kurunta, me[in …], hier“ und verzichtete zu Recht darauf, eine verwandtschaftliche
oder amtliche Beziehung zwischen dem hethitischen Großkönig und Kurunt(iy)a, die aufgrund der Lesung
-i]a-ma vermutet werden kann, als Ergänzung einzufügen. Das -ma im Sinne von „aber“ (AU 7) kann, wie bei
Hoffner (2009, 305), in der Übersetzung vernachlässigt werden, da hierdurch der Subjektwechsel markiert
wird; s. Hoffner/Melchert, GrHL § 29.30; Melchert 2009, 189. Ausführlich über Kurunt(iy)a von Tarḫuntašša
(mit Hinweisen auf einschlägige Literatur) berichteten vor allem van den Hout (1995, 82–96) und in neuerer

72 Zur Lesung des Namens Kuruntiya anstatt Kurunta s. Hawkins 2006, 51  f.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   143

Zeit de Martino (2010a, 44–49); zu Kurunt(iy)as Zuständigkeit für die Vertretung hethitischer Interessen in
Westkleinasien s. z.  B. Klengel 1999, 266 u. de Martino 2010a, 46.
Der Autor des Textes VAT 6692 stellte also rückblickend fest, dass damals, als der Großkönig Tawagalawa an
die Seite/Küste von Millawanda kam, Kurunt(iy)a hier gewesen sei (kā ēšta „er war hier“). Dieses Ereignis dürfte
sich zweifellos vor dem Eindringen des hethitischen Großkönigs in die Machtsphäre von Aḫḫiyawa zugetragen
haben. Eine genauere Zeitspanne, die zwischen der Anwesenheit des Tawagalawa im Bereich von Millawanda
und der des hethitischen Herrschers dort lag, lässt sich zwar nicht genau berechnen, doch kann man davon
ausgehen, dass Tawagalawas und Kurunt(iy)as Aufenthalt oder sogar Aufeinandertreffen dort zu einem nicht
allzu fernen Zeitpunkt vor der Ankunft des hethitischen Großkönigs stattgefunden hatte; vgl. auch Miller 2010,
167. Wir können jedenfalls davon ausgehen, dass der Autor von VAT 6692 nicht nur Zeitgenosse des Königs von
Aḫḫiyawa war, an den er sich in diesem Text mit seinen Beschwerden über Piyamaradu wandte, sondern dass
er auch schon mit dessen Vorgänger in dieser Angelegenheit zu tun hatte und dieser dürfte kaum ein anderer
als eben der dreimal im Text erwähnte Tawagalawa gewesen sein; zu diesem oben S. 67 I 3, S. 130–143 I 71 u.
unten S. 197–199 II 60  f.
Die Tatsache, dass sich der Hethiterkönig mit kā „hier“ auf die Anwesenheit des Kurunt(iy)a im küsten-
nahen Bereich von Millawanda zur Zeit des Tawagalawa bezog, steht wohl außer Zweifel. Dies führte Miller
(2006, 242) bereits zur Schlussfolgerung: „Wie man dem Wort kā ‚hier‘ (Kol. I, Z. 73) entnehmen darf, wurde
der Brief wahrscheinlich in Millawanda geschrieben.“ Dies könnte bedeuten, dass sich der später ebenfalls
nach Millawanda vorgedrungene König von Ḫatti bei der Abfassung des Textes persönlich noch dort befand.
Er könnte aber z.  B. ebenso die Abfassung des Schriftstückes, bestehend vielleicht aus mehreren Aufzeich-
nungen, vor seiner Rückkehr in den hethitischen Hoheitsbereich einer in Millawanda befindlichen Ver-
trauensperson übergeben haben oder möglicherweise dem dorthin entsandten kartappu Dabala-Tarḫunta;
s. II 57  f.

I 73 von nu-ut-ta bis II 1 na-aš ú-ul-ma 𒑱  x x (x)[…].


Trotz einiger nach wie vor fraglicher Punkte bei der schwierigen Deutung dieser Zeilen dürfen zwei Ergeb-
nisse vorab als unbestritten oder zumindest als weitgehend geklärt gelten:
1. Fast allgemeiner Konsens besteht heute hinsichtlich der zerstörten Zeichen am Beginn von I 74, wo
seit Forrer vor dem Verb u-un-né-⸢eš-ta⸣ meist das Adverb [igi-an-d]a (= menaḫḫanda) ergänzt wird; s. hierzu
auch Miller 2010, 166; anders noch Sturtevant 1928, 223, der [an-d]a u-un-ni-e̤ š-[t]a las; vielleicht auch Gurney
2002, 138 (etwa wie Sturtevant gemäß seiner Übersetzung). Bezeugungen dieses Adverbs finden sich in I 6 u.
II 4? mit uiye/a- sowie in I 70 u. II 7 mit uwate-. Mit unna- wie hier (I 74) erscheint menaḫḫanda in KUB 14.15 II
12 (AM 48, einem Bericht vom Treffen Muršilis II. mit Mašḫuiluwa in Aura): nu=mu menaḫḫanda ūnnešta „er
fuhr mir entgegen“; s. ferner KBo 4.4 II 69  f. (AM 120; CHD L-N, 283, 5.c.).
2. Bereits Sommer (AU 92) hatte angenommen, dass in II 1 das zweite Glied einer schon in I 74 ú-ul-aš šar-
ku-uš lugal-uš e-eš-ta beginnenden Doppelfrage gestanden haben musste. Auch Singer (1983, 212) vertrat
die Auffassung, dass die erste Zeile von Kol. II noch zu der mit Tawagalawaš=pat=kan in I 71 beginnenden
Passage gehörte, durch die der Bericht über Piyamaradu unterbrochen wurde. Zu II 1 und den beiden voraus-
gehenden Sätzen haben sich dann vor allem Güterbock (1990, 164  f.) und noch ausführlicher Gurney (2002,
137  f.) geäußert; vgl. auch Miller 2010, 167. Nicht näher behandelt oder berücksichtigt wurde II 1 dagegen im
Rahmen der Interpretation des Exkurses in Heinhold-Krahmer (1986, 52–56), ferner in Parker (1999, 68–75)
und de Martino (2010a, 44).

Der am Beginn von I 71 mit [… u]l *m[e?]-ma*-aš endende, auf Piyamaradu bezogene Text wird nach dem
Einschub bzw. Exkurs dann erst wieder in II 2 durch apāš=mu kuwat ú-ul […] aufgenommen (zum Topik-
wechsel durch apāš s. auch unten S. 153  f. II 2), während das enklit. Personalpronomen -aš (N.Sg.c.) in na-aš
hier am Beginn von II 1 sich noch auf das Subjekt des vorausgehenden Satzes in I 74, nämlich das Pronomen
-aš in ú-ul-aš am Beginn des Fragesatzes, beziehen muss (-aš als A.Pl.c. ist hier nach dem Kontext wenig
wahrscheinlich). Zum Fehlen des in II 2 zu erwartenden -ma und einer möglichen Erklärung dafür s. eben-
falls unten sub II 2.

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144   S. Heinhold-Krahmer

I 73  f. nu-ut-ta lugal.gal [igi-an-d]a u-un-né-⸢eš-ta⸣


Hier handelt es sich um einen Aussagesatz (s. schon die Übersetzungen in Forrer 1929, 109 u. Sommer, AU 7
nebst Kommentar in AU 89) und nicht um einen ursprünglichen Fragesatz, der durch einen Hörfehler (nutta
statt natta „nicht“) verändert wurde, wie ein Alternativvorschlag in Forrers Kommentar (1929, 144; s. jedoch
AU 88  f.) gelautet hatte.
Dieser schlichte Aussagesatz: „Und dir fuhr der/ein Großkönig [entgege]n“ konfrontierte jedoch –  obgleich
grammatikalisch unproblematisch  – die modernen Interpreten mit Problemen inhaltlicher Art. Bis heute
besteht noch keine Einigkeit bezüglich der folgenden Fragen:
1. Wer war die am Satzanfang mit dem enklit. Personalpronomen -ta „dir“ angesprochene Person, der ein
lugal.gal, ein Großkönig, [entgege]n fuhr?
2. Wer war dieser Großkönig?

Zu 1.: Bei der Beantwortung dieser Fragen herrschte aber immerhin in den Textbearbeitungen der 1920er
und 1930er Jahre weitgehende Übereinstimmung, was dort sonst ja häufig nicht der Fall war. Aufgrund ihrer
Interpretation des Kontextes vermuteten Forrer (1929, 144  f.) und Sommer (AU 89  f.), dass es sich bei nu-ut-ta
um einen Fehler handeln müsse.73 Dass mit -ta „dir“ hier der Adressat, der König von Aḫḫiyawa, wie z.  B.
kurz zuvor in I 66, gemeint sein könne, schlossen beide aus. Forrer wies darauf hin, dass bisher (wohl im
vorausgehenden Text) nicht zur Diskussion gestanden habe, dass der Ḫatti-König dem Briefempfänger ent-
gegengehe. Daher sei mit dem -ta „dir“ in I 73 Tawagalawa gemeint, der ja gemäß I 14 verlangt habe, vom
hethitischen Großkönig das Königtum hier (am Ort) zu erhalten. Entsprechend den Neuinterpretationen von
Singer (1983, 213) und Heinhold-Krahmer (1986, 58) wäre aber nun die in I 14  f. gemeinte Person der Unruhe-
stifter Piyamaradu gewesen, was nicht gut in den Einschub (I I 71–II 1) passen würde, da von P. erst ab II
2: apāš=ma wieder die Rede ist. Dass nu-ut-ta fälschlich für *nu-uš-ši „nun ihm“ geschrieben wurde, sei
zwar, so Sommer „vom Standpunkt der Logik aus gewiß ein böser Schnitzer“, doch ließe sich dieser Fehler
psychologisch begründen und im hethitischen Schrifttum oft genug nachweisen (Beispiele in AU 89  f.).
Als Beispiel für einen ähnlichen Wechsel, allerdings von zweiter in dritte Person, sogar innerhalb unseres
Textes bietet sich eine Stelle in einem in Kolumne III zitierten Schreiben an, das der König von Aḫḫiyawa
auf Verlangen des Hethiters an den flüchtigen Piyamaradu richten sollte. Dort, in VAT 6692 III 63′–IV 11,
wird der durchgängig in der 2.Sg.Imp. verfasste Text plötzlich durch mān=wa=ši in IV 6 (s. dort S. 270) unter-
brochen.
Bezüglich der Person, die mit dem enklit. Personalpronomen -ta „Dir“ gegen Zeilenende von I 73 hin
am Beginn des neuen Satzes (nu-ut-ta) angesprochen wird, vertreten zwar inzwischen einige Fachleute eine
völlig andere Auffassung als Forrer und Sommer. Doch den Erstbearbeitern von VAT 6692 schlossen sich
immerhin noch vier Forscher an, die dadurch aber auch deren Hypothese vom „psychologisch begründ-
baren“ fehlerhaften Wechsel des Pronomens von der 3. zur 2. Person (s. oben S.  144 zu 1.) übernehmen
mussten. Es handelt sich um Parker (1999, 75), der Tawagalawa als die widerspenstige Person betrachtete,
dem der Großkönig (von Ḫatti) nach Millawanda entgegen eilte, und ferner um Güterbock (1990, 163), Hoffner
(2009, 305) und auch Beckman et al. (2011, 105  f. mit nahezu gleicher Übersetzung wie Hoffner), die unter
Berücksichigung der oben erwähnten Neuinterpretation nun hinter dem Pronomen -ta Piyamaradu ver-
muteten.
Doch wahrscheinlicher ist es wohl, dass mit dem fraglichen -ta der Adressat von VAT 6692, der König von
Aḫḫiyawa, gemeint war; so Singer 1983, 212; Heinhold-Krahmer 1986, 55 mit Anm. 52; Freu 1990, 34; Gurney
2002, 138; de Martino 2010a, 44; Miller 2010, 166. Auf ihn, den vom Hethiterkönig meist mit šeš-ia „mein
Bruder“ Angesprochenen, bezieht sich nämlich auch an den weiteren Stellen im Text – von zitierten Reden
abgesehen – dieses enklit. Personalpronomen im Dativ (-ta); s. I 32, 66 u. IV [47]; dazu schon Heinhold-Krah-
mer 1986, l.  c. Die vor allem von Sommer (AU 89  f.) u. Güterbock (1990, 163) als notwendig erachtete Unter-
stellung eines psychologischen Fehlers kann dadurch jedenfalls problemlos vermieden werden. Auch über-
zeugen deren Argumente gegen eine Identifikation des -ta mit dem Adressaten von VAT 6692 nicht; s. z.  B.

73 Sturtevant (1928, 223, 227) ließ -ta in seiner Übersetzung allerdings ganz unberücksichtigt.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   145

Güterbocks in etwa folgendermaßen lautende Meinung, dass nirgends im Text davon die Rede sei, dass der
Hethiterkönig dem Herrscher von Aḫḫiyawa zwecks eines Treffens entgegengeeilt sei. In Millawanda habe er
nur Piyamaradu und Atpa sehen wollen.
Gurney (2002, 138) bot jedenfalls später in seiner Übersetzung einen einleuchtenden Hinweis darauf,
was der Hethiter in I 73  f. mit dem Satz nu-ut-ta lugal.gal [igi-an-d]a u-un-né-⸢eš-ta⸣ gemeint haben dürfte.
Seine englische Wiedergabe lautet nämlich: „(Moreover) a Great King (then) drove in to you (i.  e. to your
domain)“, wobei nicht ganz sicher ist, ob er Sommers Ergänzung [igi-an-d]a übernommen hat. Demnach
würde also der König von Ḫatti hier auf sein Vordringen nach Millawanda, in den Hoheitsbereich des Königs
von Aḫḫiyawa, anspielen, vorausgesetzt, mit dem lugal.gal in I 73 wäre tatsächlich der Hethiter gemeint;
s. Argumente dafür gleich unten zu 2.
igi-anda bzw. menaḫḫanda in Verbindung mit dem Verb unna/i(ya)- „herfahren“ findet sich auch in den
Annalen Muršilis II. belegt; s. z.  B. KUB 14.15 II 12, wo der hethitische König von Mašḫuiluwa sagt: nu-mu
me-na-aḫ-ḫa-an-da u-un-ni-eš-ta „Er fuhr (her) mir entgegen“. Das Treffen beider fand, wie aus der voraus-
gehenden Zeile II 11 hervorgeht, in Aura statt, einem Ort, der zumindest nach der Grenzbeschreibung des
Landes Mira im Vertrag mit Mašḫuiluwa von hethitischer Seite beansprucht wurde. Es gibt auch Belege, wie
KBo 4.4 II 69  f. (AM 120  f.), wobei noch eine Ortsangabe folgt, die ausdrückt, wo eine Person einer anderen
entgegenfuhr, in diesem Fall fuhr der Prinz Nanaziti dem König Muršili entgegen, und zwar kaskal-ši „auf
dem Weg“ bzw. „auf dem Feldzug?“.
Zu 2.: Einig waren sich Sturtevant (1928, 227), Forrer (1929, l.  c.) und Sommer (AU, l.  c.) darüber, dass es
sich bei dem entgegeneilenden Großkönig in I 73 um den hethitischen Herrscher gehandelt haben müsse,
den Forrer und Sommer allerdings fälschlich mit dem in I 71 genannten lugal.gal gleichgesetzt hatten, trotz
ihrer unterschiedlichen Beurteilungen bezüglich der Syntax; s. S. 131  f. sub 4. u. S. 134 zu 4a).
Seit den 1980er Jahren jedoch haben sich bei erneuten Beschäftigungen mit beiden Fragen Änderungen
bzw. unterschiedliche Positionen ergeben. Was nun die Identität des in I 73 genannten lugal.gal betrifft, so
sind bislang im Wesentlichen vier Hypothesen aufgestellt worden:
Hypothese 1: Mit ihm sei der Adressat von VAT 6692 gemeint, der König von Aḫḫiyawa; s. Singer 1983, 212.
Hypothese 2: Es handele sich um den unmittelbar zuvor in I 73 genannten dlamma-aš (= Kurunt[iy]a); so
von Güterbock (1990, 164) zunächst erwogen, aber dann wieder verworfen zugunsten von Hypothese 4;
vgl. auch Parker (1999, 74).
Hypothese 3: Er sei identisch mit dem schon in I 71 als Großkönig bezeichneten Tawagalawa; s. Miller 2006,
244; ders. 2010, 166; ferner de Martino 2010a, 45 u. zuletzt Taracha 2015, 281  f.; vgl. auch Güterbock 1990,
164.
Hypothese 4: Er sei, wie bereits Forrer und Sommer dargelegt hatten (s. oben S. 145  f.), der hethitische
Großkönig und Autor von VAT 6692; s. noch Houwink ten Cate 1983/4, 38 Anm. 17; Heinhold-Krahmer
1986, 55; Güterbock 1990, 164  f.; Freu 1990, 34; ders. 2008, 114; Parker 1999, 71, 74  f.; Gurney 2002, 137  f.;
Hoffner 2009, 305.

Zu Hypothese 1: Singer (1983, 212) hatte die beiden Sätze in I 73  f. miteinander verbunden und betrachtete
d
lamma (bei ihm Dkal [= Kurunt(iy)a]), das Subjekt des ersten Satzes, auch als Subjekt des zweiten. Dies
ergab bei ihm die Übersetzung: I 73  f. „[Previousl]y(?) Dkal was here and to you, Great King, he drove [in(?)]“.
Er betrachtete den lugal.gal somit als Vokativ „und zu Dir, Großkönig, …“. Güterbock (1990, 163) lehnte
diese Interpretation als Vokativ ab und stellte weiter fest, dass lugal.gal auch nicht als Apposition zu -ta
betrachtet werden könne im Sinne von „dir, dem Großkönig, fuhr er entgegen“, da dann nämlich das betonte
Pronomen tuk a-na lugal.gal zu erwarten wäre.
Singer ging vor allem davon aus, dass im Abschnitt (I 71–74) symmetrische Fälle dargestellt worden seien,
nämlich: Tawagalawa, der Ahhiyawäer, kam in die Nähe von Millawanda, vielleicht um den Großkönig von
Ḫatti zu treffen (?), während Dkal, möglicherweise Kurunta, König von Tarḫuntašša, kam, um den Großkönig
von Aḫḫiyawa zu treffen.
Kritiker dieser Interpretation, vor allem zunächst Houwink ten Cate (1983/4, 38 Anm. 17) u. später Gurney
(2002, 137  f.), brachten als wichtigstes Argument dagegen vor, dass die nachfolgenden Fragesätze (s. schon
oben), nämlich erstens die Frage in I 74 „War das kein mächtiger König?“ (s. unten zu šarkuš lugal-uš) und

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146   S. Heinhold-Krahmer

zweitens die mit na-aš eingeleitete „Fortsetzungsfrage“ in II 1 (s. dort), zeigten, dass mit dem lugal.gal, der
nicht im Vokativ auftrete, sondern das Subjekt des Satzes in I 73  f. darstelle, nur der hethitische Großkönig
gemeint sein könne; s. weitere Lit. oben S. 145 u. unten zu Hypothese 4.
Abgesehen vom Subjekt (enklit. Pronomen -aš [s. na-aš]), das sicherlich auf ein und dieselbe Person zu
beziehen ist wie das nämliche Pronomen im ersten Fragesatz (I 74: ú-ul-aš), trägt nun der wahrscheinlich
zweite Fragesatz (II 1) aufgrund seines schlechten Erhaltungszustandes entgegen der Meinung vor allem
von Houwink ten Cate (l.  c.), Güterbock (1990, 164  f.), Gurney (l.  c.) und Hoffner (2009, 305) kaum etwas zur
inhaltlichen Deutung von I 73  f. bei. Die nach na-aš meist anzutreffende Deutung der Zeichenspuren in II 1,
nämlich 𒑱  zaršiya, ist höchst fraglich; s. Translit. S. 25 u. 44 Anm. 84 u. unten S. 152  f. sub II 1.
Zu Hypothese 2: Zur rasch wieder aufgegebenen Vermutung Güterbocks (1990, 164), mit dem in I 73
genannten Großkönig könne der zuvor in derselben Zeile genannte Kurunt(iy)a gemeint sein, hatte ihn
zweifellos die Tatsache verlockt, dass dessen Name mit den Bezeichnungen „Meine Sonne“, „Großkönig“ u.
„Labarna“ auf Siegelabdrücken bezeugt wird. Diese wurden ab 1986 in der Oberstadt von Ḫattuša gefunden;
s. z.  B. Neve 1987, 402  f.; Otten 1988, 4, 5 Abb. 1; Hawkins 1995, 62 Anm. 250. Dass es sich dabei um Siegelab-
drücke des gleichnamigen Königs von Tarḫuntašša gehandelt haben dürfte, mit dem vermutlich auch der
d
lamma (Kuruntiya) hier in VAT 6692 I 73 zu identifizieren ist (z.  B. Miller 2006, 244 Anm. 31 u. de Martino
2010a, 45 mit weiterer Lit.),74 scheint das einige Jahre später entdeckte Felsmonument von Hatip (Dinçol
1998a, 27–35), ca. 17 km südlich von Konya gelegen, zu bestätigen; s. dazu Dinçols Argumente (l.  c., 29–31).
Die hieroglyphische Inschrift lautet nach Dinçols Interpretation (1998a, 28): „Kurunta, der Großkönig, [der
Held], der Sohn des [Mu]watalli, des Großkönigs, des Helden“. Diese Inschrift ermöglichte immerhin den
Schluss, dass König Kurunt(iy)a von Tarḫuntašša, der ebenso wie der König von Karkamiš mehr Privilegien
als andere Vassallenkönige im hethitischen Großreich genoss, zumindest innerhalb seines Landes für sich
den Titel Großkönig beansprucht haben dürfte; s. vor allem Singer 1996b, 63–71; de Martino 2010a, 47; ders.
2010b, 91. In dieselbe Richtung weisen z.  B. auch die Bemerkungen von Miller (2010, 166) u. Giorgieri/Mora
(2010, 144); s.  auch zum neueren Stand der Forschung Giorgieri/Mora 2010, 144  f. mit Literatur. Doch die
Frage, wann dies geschah, schon zur Zeit Ḫattušilis III. oder erst später, und ob dies in Verbindung mit den
Siegelabdrücken als Folge eines Staatsstreiches des Kurunt(iy)a gegen seinen großköniglichen Cousin Tutḫa-
liya IV. oder einen von dessen beiden Nachfolgern zu betrachten ist (s. z.  B. Otten 1988, 4, 9; Neve 1993, 86  f.
[Anhang]; Hawkins 1995, 62 mit Lit.; Dinçol/Dinçol 2005, 1–11) oder ob dies von Tutḫaliya schlichtweg nur
toleriert wurde (s. oben zitierte Arbeiten von Singer, de Martino, Miller u. Giorgieri/Mora), lässt sich schwer-
lich mit letzter Sicherheit klären.
Auch die bereits genannten Siegelabdrücke eines Großkönigs Kuruntiya auf Tonbullen aus der Ober-
stadt der hethitischen Zentrale machen die Inanspruchnahme des Großkönigstitels nebst der Bezeichnung
Labarna sehr deutlich. Hoffner (2009, 305 Anm. 296) wies allerdings in Verbindung mit seiner Identifikation
des Großkönigs in VAT 6692 I 73 (Großkönig von Ḫatti) darauf hin, dass Kurunt(iy)a den Titel „Großkönig“
kaum schon zur Regierungszeit seines Onkels Ḫattušili, während der VAT 6692 wohl verfasst wurde, eigen-
mächtig angenommen oder gar von diesem zugesprochen bekommen habe, da sich die Siegelabdrücke in
einem späteren Fundkontext (Šuppiluliuma II.) befunden hätten.
Zu Recht wurde auch schon von Güterbock (1990, 164) und anderen Forschern hervorgehoben, dass
Ḫattušili III., der Autor von VAT 6692, seinen Neffen schwerlich als „Großkönig“ bezeichnet haben würde.

74 Nach wie vor vertreten einige Fachleute die erstmals von Forrer (1929, 98  f.) geäußerte, jedoch dann wieder verworfene These
(ders. 1929, 99–103), dass der im ersten Satz von I 73 genannte Mann, dessen Namen er (1-An-)Kal-aš transliterierte (s. m dlam-
ma-aš in unserer Translit.) und in der Übersetzung mit Inaras (vermutlich Kurunt[iy]a; s. oben sub I 73) wiedergab, mit dem vom
Hethiterkönig als „mein Sohn“ (II 4) bezeichneten und dem mit der erfolglosen Mission zum ständigen Nein-Sager (Tawagalawa
nach Forrer, jedoch Piyamaradu nach heutiger Einschätzung) betrauten tartenu (I 9) identisch gewesen sei; s. Houwink ten Cate
1983/4, 37 Anm. 17; ders. 1992, 239–249 u. 259–269; van den Hout 1984, 92; ders. 1995, 88  f., 94, 96; Güterbock 1990, 162; Gurney
2002, 138–140; Freu/Mazoyer 2008, 114  f. Während Miller (2006, 244 Anm. 31) u. de Martino (2010a, 45) sich dieser Auffassung
nicht anschlossen, vermuteten sie aber ebenso wie die zuvor genannten Forscher (mit Ausnahme von Gurney u. Freu/Mazoyer),
dass es sich bei dem in I 73 genannten dlamma um den gleichnamigen König von Tarḫuntašša gehandelt habe (so auch schon
Singer 1983, 212, 214); vgl. jedoch Einwände von Freu 1990, 33–35; ders. 2004, 118  f.; Freu/Mazoyer 2008, 114 sowie Gurney 2002,
138–140. Unsicher hinsichtlich dieser Identifikation scheint inzwischen auch Miller (2010, 167) zu sein.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   147

Man kann noch hinzufügen, dass dies vor allem dann als sehr unwahrscheinlich gelten muss, wenn wir die
mit dem Pronomen -ta angesprochene Person in I 73 mit dem Adressaten, dem König von Aḫḫiyawa, iden­
tifizieren möchten; s. dazu oben S. 144  f ). Dass nämlich der hethitische Großkönig einem gleichgestellten
Herrscher gegenüber eine zwar hochkarätige, aber, wenn es sich um Kurunt(iy)a handelte, doch nicht
ebenbürtige Person als Großkönig bezeichnete, scheint sehr fraglich. Hinzu kommt, dass auf Kurunt(iy)a
dann auch noch die anschließende Frage in I 74 zu beziehen wäre, ob denn der Großkönig, der laut I  73
dem Adressaten entgegengefahren ist, nicht ein šarkuš lugal-uš „ein mächtiger König“ war. Der früheren
Annahme von Singer (1983, 212), dass Ḫattušili seinen Neffen als mächtigen König bezeichnet habe, und ins-
besondere Güterbocks (1990, 164 Anm. 32) Bezugnahme auf die Siegelabdrücke in der hethitischen Haupt-
stadt hielt auch Miller (2010, 166) sehr einleuchtend entgegen, dass das Großkönigssiegel vermutlich von
Kurunt(iy)a in Auftrag gegeben worden sei in der Absicht, seine eigene Position zu verbessern, wahrschein-
lich entweder als Gegenpol zur Macht von Ḫattuša und/oder nach dem Niedergang von Ḫattuša. Die hier
zu behandelnde Passage in VAT 6692 sei dagegen vom Großkönig von Ḫatti geschrieben worden, der kaum
verschiedene untergeordnete Machthaber mächtige Könige genannt haben dürfte, am allerwenigsten den
Bruder (Kurunt[iy]a) des von ihm selbst abgesetzten Königs (Muršili III./Urḫi-Teššup), der als solcher vor ihm
in der Thronfolgereihe des Reiches stand.
Zu Hypothese 3: Miller (2010, 166  f.) begründet seine Übersetzung von I 73 (ab letztem Drittel der Zeile)
bis I 74 (Ende): „Und der Großkönig ist Dir entgegengefahren. War er kein erhabener König?“ und seine
Annahme, dass mit dem dortigen lugal.gal (I 73) und damit auch dem im nachfolgenden Satz (I 74) genann-
ten šarkuš lugal-uš (= šarkuš ḫaššuš) der schon in I 71 als Großkönig bezeichnete Tawagalawa gemeint sein
müsse, vor allem mit den beiden Argumenten, dass hierbei zum einen „no syntactical or psychological gyra-
tions“ erforderlich seien (wie z.  B. in Sommer, AU 89  f. oder Singer 1983, 212) und dass zum anderen sich
die Deutung dieser wie auch der beiden vorausgehenden Zeilen in Einklang bringen lasse mit einem wahr-
scheinlichen Bild vom historischen Zusammenhang, der aus dem restlichen Brief und aus anderen Doku-
menten gewonnen werden könne.
Im ersten Punkt wird man Miller uneingeschränkt Recht geben; etwas schwieriger wird es dagegen mit
dem zweiten. Der von ihm versuchten Einordnung in einen historischen Kontext liegen neben einigen sehr
wahrscheinlichen auch einige zwar mögliche, aber doch recht spekulative Schlussfolgerungen zu Grunde.
Für die beiden unten zuletzt genannten, insbesondere die allerletzte, die gerade die Gleichsetzung von Tawa-
galawa mit dem in I 73 genannten Großkönig betrifft, lassen sich auch andere, zumindest wohl gleichwertige
Alternativen (s. unten zu Hypothese 4) in Erwägung ziehen.
Die Verfasserin dieser Zeilen teilt vor allem folgende Auffassungen von J.L.M. (Miller 2010, 167) weitge-
hend:
– Es handelt sich in den letzten vier Zeilen von Kol. I – hinzu kommt noch Kol. II 1 – um eine Rückblende.
Es scheint allerdings fraglich, ob dieser rückblickende Exkurs, von I 71 bis I 74 (bzw. II 1), nur auf die Zeit
zu beziehen ist, als Tawagalawa noch „Großkönig“ von Aḫḫiyawa war; gemäß Miller 2010, 162–167.
Es ist auch sehr gut möglich, ja nach Meinung der Verfasserin dieser Zeilen sogar noch wahrschein-
licher, dass in diesem Abschnitt zuerst auf die Anwesenheit des Tawagalawa in oder bei Millawanda
Bezug genommen wurde, und zwar vermutlich zu Ende seiner Regierung (s. Heinhold-Krahmer 1986,
55; dies. 2010, 120)und dann ab nu-ut-ta lugal.gal (in I 73) auf das Vordringen des hethitischen Groß-
königs selbst dorthin. Diese „Reise“ war wohl unmittelbar vor Abfassung des vorliegenden Textes (VAT
6692) erfolgt, da der Hethiter darin ja mehrfach diese Verletzung des Hoheitsbereichs von Aḫḫiyawa zu
rechtfertigen versuchte.
– Zu der Zeit, als Tawagalawa nach Millawanda kam, weilte auch Kurunt(iy)a (der König von Tarḫuntašša
oder aber irgendein anderer gleichnamiger Diplomat) am selben Ort (kā „hier“). Dies ergibt sich zweifels-
frei aus der Interpretation von Miller (2010, 165; s. auch oben S. 143).
– Bei Tawagalawas „Reise“ nach Millawanda ging es um die Piyamaradu-Affäre (Miller 2010, 168). Dies ist
ebenfalls sehr wahrscheinlich, wurde T. doch laut Text (s. Kol. I 3–6) ebenso wie der hethitische Groß-
könig von den Lukka-Leuten über Piyamaradus feindliche Aktionen informiert oder sogar um Hilfe ange-
gangen.

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148   S. Heinhold-Krahmer

– Der rückblickende Exkurs stellte einen Teil der Bemühungen des Hethiters dar, mit dem – vermutlich
relativ neuen – König von Aḫḫiyawa (hierzu noch unten S. 152) diplomatische Beziehungen aufzuneh-
men und/oder diese zu verbessern (Miller 2010, 167). Dies scheint ebenfalls naheliegend, sonst wäre
dieser Exkurs wenig sinnvoll.

Stärker spekulativ wirken dagegen die beiden folgenden Überlegungen: Zum einen, dass Kurunt(iy)a sich in
Millawanda aufhielt, um möglicherweise als Zeuge für einen Vertrag zu dienen, den Tawagalawa mit Piya-
maradu schließen wollte (Miller 2010, 167). Diese Erwähnung von Kuruntas Anwesenheit könnte auch anders
interpretiert werden, nämlich z.  B. als Hinweis auf hethitische Präsenz an diesem Ort zu der Zeit, als Groß-
könig Tawagalawa anrückte, vielleicht auch schon davor, oder als Andeutung, dass sich Tawagalawa als
Großkönig mit der Anwesenheit eines ihm rangmäßig unterlegenen Vertreters der hethitischen Interessen in
Sachen Piyamaradu begnügen musste; s. auch Güterbock 1990, 165.
Zum anderen, dass der Großkönig Tawagalawa von seinem Bruder (und späteren Nachfolger), dem
Adressaten von VAT 6692, in Millawanda empfangen worden sei, was darauf hinauslaufe, dass Letzterer
damals dort eine Rolle gespielt habe, vielleicht als Gouverneur in Aḫḫiyawas kleinasiatischen Kolonien. Auf
eine Anwesenheit des Adressaten in Millawanda während der Regierung des Tawagalawa gibt es aber keinen
Hinweis, weder in VAT 6692 selbst noch außerhalb davon, und der Schluss auf ein Amt als Gouverneur etwa,
das er damals in Kleinasien ausgeübt habe, kann nur allein durch die versuchte Deutung erfolgen, dass der
lugal.gal in I 73  f. Tawagalawa gewesen sei, der dem Adressaten unseres Textes entgegengefahren sei.
Millers Versuch, den lugal.gal in I 73 mit Tawagalawa zu identifizieren, ist zwar im Gegensatz zu den
beiden oben (S. 145–147) genannten Hypothesen 1 u. 2 durchaus als Möglichkeit in Betracht zu ziehen, doch
soll im Folgenden gezeigt werden, dass als weitere Möglichkeit die Gleichsetzung dieses lugal.gal mit dem
König von Ḫatti ebenfalls bestehen bleiben könnte, ja dass sie nach Ansicht der Verfasserin sogar noch mehr
Wahrscheinlichkeit beanspruchen dürfte.
Zu Hypothese 4: Für die Identität des lugal.gal in I 73 mit dem hethitischen Großkönig spricht kaum
allein die Tatsache, dass nach Forrer und Sommer die Fachleute in der Mehrzahl weiterhin dafür plädiert
haben. Bereits 1983 hatte Singer (1983, 212) gegen diese Hypothese vorgebracht, dass dann der hethitische
Großkönig in I 73  f. nicht wie ansonsten auf der Tafel von sich selbst in der 1., sondern in der 3. Person
spräche, und dies würde im Text die einzige Ausnahme darstellen.
Im Folgenden aber sollen drei Argumente vorgebracht werden, die die Hypothese 4, dass der in I 73 auf-
tretende lugal.gal mit dem hethitischen Großkönig zu identifizieren sei, wohl zu stützen vermögen.
Argument 1 für Hypothese 4: zur Darstellung von analogen Fällen in den drei Tawagalawa-Abschnitten.
Eine wichtige Beobachtung Singers (1983, 212) war seine schon oben (S. 145) erwähnte Feststellung, dass im
Abschnitt I 71–II 1 „symmetrical cases“, symmetrische Fälle also, geschildert worden seien. Auch wenn sich
seine damalige Identifikaton der in die dort geschilderten Ereignisse involvierten Personen inzwischen als
recht unwahrscheinlich erwiesen hat, u.  a. nach Wegfall der Lesung uwanun im Anschluss an lugal.gal I
71 (s. oben S. 131 u. 133), ebenso wie auch seine weitere Interpretation von I 73  f. (dazu oben S. 147), so scheint
die Grundidee von der Darstellung analoger Fälle an dieser Stelle nicht ohne Bedeutung zu sein. Dass ihn
zu dieser Idee die beiden anderen, viel mehr Klarheit bietenden Tawagalawa-Stellen im Text angeregt haben
dürften, ist zu vermuten. Es zeigt sich nämlich, dass an diesen beiden anderen Stellen, an denen – wohl
rückbli ckend – Tawagalawa Erwähnung findet, was ja auch hier an dieser Stelle (in I 71) der Fall zu sein
scheint. So wird in Verbindung mit der ersten Erwähnung Tawagalawas in I 3–5 berichtet:

„(3)W[ie] die Lukka-Leute den Tawagalawa (davon) in Kenntnis (4)[g]esetzt hatten und er in diese Länder gekommen war,
ebenso (5)setzten sie auch mich (davon) in Kenntnis, und ich kam in diese Länder hinab.“

Und die letzte, den Tawagalawa nennende Stelle II 59′–61′ lautet:

„(59)Von Kindheit an pflegt der Wagenlenker (= Dabala-Tarḫunta) mit mir auf den Wagen (60)
zu steigen. Auch mit Deinem
Bruder, mit Tawagalawa, pflegte (61)er [auf den Wagen?] zu steigen.“

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   149

Es sticht bei diesen beiden Stellen geradezu ins Auge, dass die dort geschilderten Umstände, Situationen
und Aktivitäten jeweils sowohl Tawagalawa als auch den hethitischen Herrscher betrafen:
In I 3–5 wird die – vermutlich nacheinander erfolgte – Kontaktaufnahme der Lukka-Leute mit beiden
Machthabern erwähnt, die dann, wohl zeitlich nacheinander, in deren Länder zogen; s. schon Bryce 1979,
92 u. 94; Heinhold-Krahmer 1986, 50  f.; auch noch oben S. 147. Dies geschah zweifellos, um den feindlichen
Aktivitäten Piyamaradus entgegenzutreten.
In II 59′–61′ erscheint die Nennung einer gemeinsamen Bezugsperson, nämlich des Dabala-Tarḫunta,
der als Wagenlenker offenbar das Vertrauen beider Potentaten beim Fahren auf dem Wagen genossen hatte
bzw. im Falle des Autors von VAT 6692, des hethitischen Großkönigs, noch immer genoss.
Vermutlich dienten diese beiden Stellen dem Hethiter dazu, vor dem Adressaten, dem König von
Aḫḫiyawa, seine eigenen, relativ zeitnah – vor Erstellung des Textes – erfolgten Maßnahmen in der Piyama-
radu-Angelegenheit, durch die es auch zu Spannungen zwischen beiden Herrschern gekommen sein dürfte,
zu begründen und zu rechtfertigen. Dabei versuchte er eben darzulegen, dass auch Tawagalawa (wahr-
scheinlich vor ihm) Gleiches unternommen und gleiche Beziehungen und Kontakte wie er gepflegt hatte.
Und wie könnte nun die zweite Tawagalawa-Stelle in Kol. I 71–II 1, um die es hier geht, zu verstehen sein?
Was bezweckte der Hethiterkönig mit diesem rückblickenden Exkurs?
Hier drängt sich geradezu die Frage auf, warum der hethitische Großkönig nicht auch innerhalb dieser
Passage, die Tawagalawa als Großkönig erwähnt, eine Rolle spielen sollte, und zwar indem  – ebenfalls
innerhalb einer symmetrischen Darstellung – einerseits auf gleiche Aktivitäten beider hingewiesen wird und
andererseits dabei gewisse gemeinsame Bezugspersonen oder aber Bezugsorte erscheinen. Warum sollte
gerade hier der vermutlich nicht mehr lebende Vorgänger (s. oben S. 135) und wohl auch Bruder des Adres-
saten (s. unten S. 197) aus einem anderen Grund als an den beiden anderen Stellen seiner Bezeugung erneut
rückblickend herangezogen worden sein?
Feststeht gemäß dem zeitlich zurückführenden Exkurs, dass es der Ort Millawanda war, an den oder an
dessen „Seite“ („Küste, Gestade“?) der Großkönig Tawagalawa gekommen war (I 71  f.). Weiter wissen wir aber
auch aus dem diesem Exkurs vorausgehenden Text im selben Paragraphen, dass der hethitische Großkönig
vermutlich unmittelbar vor der noch im Westen Kleinasiens stattfindenden Abfassung des Textes VAT 6692
(s. oben S. 117  f.) bis nach Millawanda gelangt war, und zwar zwecks Auslieferung des Piyamaradu an ihn.
Es scheint daher naheliegend, dass das Vordringen des Hethiters nach Millawanda, die dadurch bedingte
Verletzung des zu Aḫḫiyawa gehörenden Territoriums und das erfolglose Bemühen dort um die Auslieferung
seines Widersachers schließlich zur Einfügung des Exkurses in I 71–II 1 geführt haben. Wie bereits oben
dargelegt, war (damals), als Tawagalawa, ein Großkönig, dorthin gekommen war, dlamma, vermutlich der
König der hethitischen Sekundogenitur Tarḫuntašša, der wohl mit westkleinasiatischen Angelegenheiten
betraute Diplomat und Neffe des hethitischen Großkönigs, schon dort angekommen und präsent (I 73: kā
ēšta). Anschließend ist davon die Rede, dass der oder ein Großkönig einer mit dem enklit. Personalpronomen
-ta angesprochenen Person entgegenfuhr, die niemand anders als der Adressat des Briefes, der König von
Aḫḫiyawa, gewesen sein dürfte; s. oben S. 144  f. Somit kann allein schon aufgrund der wechselseitigen Ent-
sprechungen in den beiden anderen oben aufgeführten Stellen, an denen Tawagalawa bemüht wurde, die Ver-
mutung eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit beanspruchen, dass mit dem entgegenfahrenden Großkönig
der hethitische Herrscher gemeint war. Dies dürften auch die beiden nachfolgenden Argumente bekräftigen.
Argument 2 für Hypothese 4: zur Bezeichnung šarkuš lugal-uš im Hethitischen. Wie bereits oben (S. 143)
erwähnt, nahmen die meisten Fachleute wie schon Sommer (AU 6  f., 92) an, dass der Satz ú-ul-aš šar-ku-uš
lugal-uš e-eš-ta in I 74 den ersten Teil einer Doppelfrage bildete: „War er (etwa) nicht ein mächtiger König?“,
deren zweiter Teil in der weitgehend zerstörten Zeile  II 1 nachfolgte; s.  z.  B. Houwink ten Cate 1983/4, 38
Anm.  17; Gurney 2002, 138; Beckman 2011, 105–107; vgl. auch Forrers (1929, 109) Fortsetzungsfrage, die
inhaltlich jedoch von der Sommers abweicht. Goetze (1930, 289) hatte allerdings in I 74 übersetzt: „er war
kein oberster König“ und damit einen Fragesatz abgelehnt. Einen Aussagesatz vermutete in neuerer Zeit
auch Hoffner (2009, 305), der bezogen auf den zuvor in I 73 genannten Kurunt(iy)a, welcher in Millawanda
war, als Tawagalawa dort ankam, übersetzte: „Yet he (i.  e., Kurunt(iy)a?) was not a mighty king“.
Jedenfalls scheint die wohl erstmals bei Houwink ten Cate zu findende Feststellung (1983/4, 38 Anm. 17)
überzeugend, es sei äußerst unwahrscheinlich, dass ein Vassallenkönig als šarkuš lugal-uš bezeichnet

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150   S. Heinhold-Krahmer

worden sei, da dieser Titel in der Praxis für hethitische Großkönige reserviert gewesen sei. Ähnlich vertrat
Gurney (2002, 137) die Auffassung, dass Ḫattušili75 die Bezeichnung šarkuš lugal-uš kaum auf seinen Neffen,
den ihm untergeordneten König Kurunt(iy)a, angewandt haben dürfte. Diesen hatte Ḫattušili III. ja laut Bronze-
tafel (Bo 86/299 Kol. I 12  f.; s. Otten 1988, 11) großgezogen und bereits unmittelbar nach seiner Usurpation
des großköniglichen Thrones von Ḫattuša in die Königsherrschaft über das Land Tarḫuntašša eingesetzt.
Singers Hypothese (1983,212), dass der šarkuš lugal-uš in I 74 auf den in I 73 genannten Kurunt(iy)a
zu beziehen sei (dazu oben S. 145  f. zu Hypothese 1) würde also innerhalb eines Dokuments, dessen Autor
der hethitische Großkönig ist, einen singulären Beleg dieses Attributs für einen hethitischen Kleinkönig dar-
stellen und kann deshalb nur geringe Wahrscheinlichkeit beanspruchen.
Wollte man jedoch mit Miller (l.  c.) den auf den Großkönig in I 73 zu beziehenden šarkuš lugal-uš (I 74)
mit dem Großkönig Tawagalawa aus I 71 identifizieren, wäre hier ebenfalls ein singulärer Beleg, zumindest in
einem großreichszeitlichen Text, zu akzeptieren: Ein auswärtiger Herrscher, ein König von Aḫḫiyawa, wäre
dann mit diesem Epitheton ornans versehen worden. Nach den Belegen in CHD Š, 269 sub šarku- A 1. a.–d.
bezieht sich das Wort als Adjektiv hauptsächlich auf Götter (a.) und auf Könige (b.), und zwar auf hethitische
Großkönige b.1′. Als Beleg für einen dem hethitischen Herrscher untergeordneten König findet sich dort sub
b.2′ einzig und allein unser fraglicher Satz aus VAT 6692 I 74, und zwar in der viel widersprochenen Interpre-
tation von Singer (1983, 212), was mit keinem Wort erwähnt wird. Weitere Belege, die unter CHD Š, 269 sub
šarku- A 1.b.2′ (said of kings under the Hittite emperor) fallen könnten, wurden auch in der Münchner Zettel-
sammlung für HW2 nicht gefunden.
Bezeugungen in CHD Š, 269 sub šarku- A 1.b.3′ (other kings: only in foreign literature translated into Hittite),
auf die nach den hethitischen Großkönigen (b.1′) und dem sehr fraglichen untergeordneten König (b.2′) hin-
gewiesen wird, können nicht unbedingt als weitere stützende Beispiele dafür herangezogen werden, dass in
VAT 6692 der Hethiterkönig als Autor einen ganz bestimmten, namentlich genannten auswärtigen Großkö-
nig, nämlich Tawagalawa, als šarkuš lugal-uš bezeichnet hätte. Es handelt sich ja bei diesen in CHD Š, 269
sub šarku- A 1.b.3′ verbuchten Texten ausschließlich um Übersetzungen von Omen-Texten aus dem Akkadi-
schen ins Hethitische.
Argument 3 für Hypothese 4: zur allgemeinen Nennung einer konkreten Person, gestützt durch einen
weiteren zeitnahen Beleg. Singer (1983, 212) hatte, wie schon oben erwähnt, gegen Sommers These, der
lugal.gal in I 73 sei der hethitische Großkönig, eingewandt, dass dies dann die einzige Ausnahme auf der
Tafel sei, in der jener in der 3.Sg. von sich „als Großkönig“ spreche, was er sonst im Text doch nur in der 1.Sg.
tue. Auch Gurney (2002, 138), obgleich er im Gegensatz zu Singer in diesem lugal.gal den hethitischen Herr-
scher sah, räumte ein: „The use of the title ‚Great King‘ and the third person for his own action is strange“. Sein
Erklärungsversuch dazu erforderte die durchaus nicht abwegige Annahme, Piyamaradu habe in der Nach-
richt bezüglich seiner Unterwerfung erklärt, sein Einverständnis dazu nur einem souveränen Monarchen
(šarkuš lugal-uš) oder dessen echtem Repräsentanten zu geben. Hier wäre überdies die Frage zu stellen, ob
2002 nun auch Gurney entgegen seiner früheren Auffassung für möglich hielt, dass der vom Hethiter zu Piya-
maradu entsandte tartenu doch nicht identisch mit dem von jenem zwecks Geleit angeforderten tuḫkanti
war; s. dazu oben S. 72–75.
Schon Sommer (AU 90) hatte eine einleuchtende Erklärung dafür geboten, warum hier nach lugal.gal
das Prädikat gegen die Regel in der dritten Person erscheint: Das „liegt in dem, was die bissige Äußerung
will“, begründet. Ebenso interpretierte er die mit dieser Aussage zu verbindende anschließende Doppelfrage
bzw. deren erhaltenen ersten Teil am Ende von Kol. I, „in dem mit scharf pointiertem Hohn die Frage gestellt
wird, ob der erlauchte Großkönig vielleicht auch nicht genug war!“ Bezug auf diese Deutung Sommers nahm
dann auch Gurney, der feststellte (2002, 137): „the remark only makes sense as an ironical question, referring
to himself, the prospective suzerain“.
Wenn wir also diese verallgemeinernde, unbestimmte Ausdrucksweise auf den hethitischen Großkönig
in Verbindung mit seinem Vordringen in den Hoheitsbereich des Königs von Aḫḫiyawa (S. 145–152 zu I 73  f.
nu-ut-ta lugal.gal [igi-an-d]a u-un-né-⸢eš-ta⸣), nach Millawanda, beziehen möchten, auf eine konkrete

75 Gurney (2002, 133–141) datierte VAT 6692 zuletzt auf Muwatalli II.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   151

Person und ein reales Geschehen also, so können wir ebenfalls eine Übersetzung im Sinne von Miller (2010,
166) bieten, die „no syntactical or psychological gyrations“ erforderlich macht, von einer minimalen Ände-
rung abgesehen: In seine Übersetzung „Und der Großkönig ist Dir entgegengefahren. War er kein erhabener
König?“ wäre statt „der Großkönig“ nur der unbestimmte Artikel, nämlich „ein Großkönig“, einzusetzen.
Diese Interpretation sollte aber mindestens durch einen Beleg gestützt werden, der sich in zeitlicher
Nähe zu unserem Text VAT 6692 befindet und in dem eine großkönigliche Person ebenfalls in der 3. Person
von sich spricht, während dies an anderen Stellen ihres Briefes in der 1. Person geschieht.
Einen solchen Beleg gibt es wohl. Er fand sich im Brief KUB 21.38, der nach der heutigen Communis
opinio ein Schreiben der hethitischen Großkönigin Puduḫepa, der Gemahlin von Ḫattušili III. (wohl Autor
von VAT 6692), an Ramses II. von Ägypten darstellt. Aus KUB 21.38 Rs. 3  f. ergibt sich nach Edel 1994a, 222  f.
(unterstützt von F. Starke; s. Edel 1994a, 7; ders. 1994b, 326, 342) Folgendes:

munus.lugal ku-it i-na kur uru a-mur-ri ú-iz-zi ma-an-ni-in-ku-u̯ a-aḫ-mi-at-ta Rasur nu-kán a-na munus.lugal (4)ku-i-e
(3)

a-U̯ a-temeš zi-ni na-at a-na šeš-ia a-pí-ez-za ḫa-at-ra-a-mi „(3)Weil die Königin ins Land Amurru kommen wird und ich dir
nahe sein werde, (4)werde ich meinem Bruder von dort aus über die Angelegenheiten schreiben, die (mir), der Königin, im
Sinne (liegen).“

Diese Worte sind zwar nicht ironisch gemeint, im Gegensatz zur Stelle VAT 6692 I 73  f., und Puduḫepa
bezeichnet sich in diesen Zeilen auch nur als Königin, wenngleich sie als Großkönigin galt,76 doch es wird
deutlich, dass sie im kausalen Nebensatz (KUB 21.38 Rs. 3) in Verbindung mit ihrer bevorstehenden Reise
nach Amurru ganz unpersönlich in der 3. Person von sich spricht, um dann sofort wieder auf die ansonsten
meist im Brief für sich selbst verwendete 1.Sg.Prs./Fut. umzuschwenken. Auch im zweiten Nebensatz, dem in
den Hauptsatz integrierten Relativsatz, spricht sie nicht von den Angelegenheiten, „die (mir), der Königin,
im Sinne (liegen)“ (so bei Edel), sondern nur „die der Königin ein Anliegen (sind)“, wörtl.: „an der Seele
(sind/liegen)“. Die Darstellung in VAT 6692 I 71–II 1 kann also problemlos auch folgendermaßen interpretiert
werden:
Teil I (I 71–73): „Damals, als der Großkönig Tawagalawa selbst (von Aḫḫiyawa) an die Seite (/Küste) [nach]
Millawanda kam, war aber [me]in? […], Kurunt(iy)a, (ein hethitischer Kleinkönig und Vassal oder irgendein
gleichnamiger hethitischer Diplomat) hier.“ Der Hethiter könnte (so nach Millers Übersetzung 2006, 243  f.)
den Namen Kurunt(iy)a hier als Apposition zu dem noch teilweise am Zeilenanfang erhaltenen […-i]a?-ma
„aber me[in …]“, s. I 73: gestellt haben, wobei dann das vor der Apposition befindliche und mit dem akkad.
Possessivpronomen verbundene Nomen am Zeilenbeginn (von I 73) zerstört wäre; s. Millers Überlegungen
(2006, 243 Anm. 30) zu jenem verlorenen Nomen (vermutlich ein Sumerogramm) u. vgl. Miller (2010, 165);
s. auch bereits oben S. 142  f. mit Lit. Daraufhin erfolgt eine Art Vergleich zu diesem vorausgehend in I 71–73
Festgestellten, nämlich:
Teil II des Exkurses (I 73  f.): „Und dir, (dem jetzigen Großkönig von A.), fuhr (‚in deinen Machtbereich‘, so
Gurney 2002, 138) ein Großkönig (nämlich der von Ḫatti) entgegen.“ Daran schließt sich (mit Sommer, AU 7
u. 90) ironisch die Frage an, ob das etwa kein mächtiger König war. Leider kennen wir den zweiten Teil dieser
vermutlichen Doppelfrage aufgrund der Zerstörung nach den ersten Worten in II 1 nicht.

Als Ergebnis aus den Argumenten 1–3 (S. 148–151 u. 145) zugunsten von Hypothese 4 (S. 145 und 148–151)
wäre also durchaus die Meinung vertretbar, dass zu einem früheren Zeitpunkt, als der damalige Großkönig
Tawagalawa (von Aḫḫiyawa) an der Küste von oder in Millawanda ankam – vermutlich wegen der Piyama-
radu-Angelegenheit –, nur ein hethitischer Kleinfürst oder sonstiger Würdenträger in Millawanda präsent
war, während nun dem gegenwärtigen Herrscher von Aḫḫiyawa zumindest in dessen kleinasiatische Kolonie
nach Millawanda ein hethitischer Großkönig entgegen fuhr – zweifellos ebenfalls wegen Piyamaradu.

76 So bezeugt z.  B. in der Korrespondenz von Ramses mit Puduḫepa: KBo 28.40 Vs. 3 (Edel 1994a, 190  f.); KUB 3.68 Vs. 3 (Edel
1994a, 174  f.); zu Belegen in weiteren Keilschrifttexten s. Weeden 2011, 584  f.; ferner auch auf Siegel(abdrücken), z.  B. Otten 1993,
110–112 u. Taf. 7.

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152   S. Heinhold-Krahmer

Dem Hethiterkönig könnte hier daran gelegen gewesen sein, von seinem rechtswidrigen Vordringen
nach Millawanda abzulenken, indem er seinen viel höheren Rang gegenüber dem des damals anwesenden
Kurunt(iy)a hervorzuheben versuchte. Unter Tawagalawa war anscheinend die Auslieferung des P. geschei-
tert: Aber selbst seine, des Großkönigs, Anwesenheit in Millawanda genügte dann dem renitenten Mann
nicht. Und genau dies schien der Hethiter seinem Adressaten vermitteln zu wollen: Anders als damals (zur
Zeit von Tawagalawa) fuhr nun sogar ein hethitischer Großkönig in den Machtbereich des Herrschers von
Aḫḫiyawa, aber die Mühe war vergebens.
Eine gute Option scheint es demnach zu sein, im Großkönig von I 73 den hethitischen Herrscher zu
sehen. Es ist aber, wie schon gesagt, auch der zuvor in I 71 als Großkönig bezeugte Tawagalawa nicht völlig
auszuschließen, wenngleich diese Möglichkeit nach Meinung der Verfasserin weniger wahrscheinlich sein
dürfte. Wir erfahren zwar immerhin aus einem zeitlich zurückführenden Exkurs (mit kuwapi „damals als“),
dass der Großkönig Tawagalawa nach Millawanda gekommen war (I 71  f.). Auch berichtet der hethitische
Großkönig von seinem – vermutlich späteren und recht aktuellen – Vordringen bis dorthin (I 58–67; II 15–20)
sowie auch von den dortigen Gesprächen mit Atpa (II 21–30/31). Keinen Hinweis erhalten wir dagegen aus
dem vorhandenen Text auf die von Miller (2010, 166  f.; s. auch oben S. 145–148 zu Hypothese 3) erwogene
Möglichkeit, dass der Adressat und vermutliche Nachfolger des Tawagalawa bereits zu dessen Zeiten in der
westkleinasiatischen Kolonie von Aḫḫiyawa präsent gewesen sein könnte.

Kol. II

II 1 na-aš ú-⸢ul⸣-ma 𒑱 x x (x)[…]


Wenn man mit Gurney (2002, 138) das Personalpronomen -aš in na-aš als Nominativ betrachtet, ist es nach
dem oben Dargelegten auf die Person zu beziehen, die in I 73 als Subjekt, nämlich lugal.gal, erscheint und
auch in I 74 (ú-ul-aš) Subjekt ist, also entweder auf den König von Ḫatti oder – wohl etwas weniger wahr-
scheinlich – auf Tawagalawa. Das Pronomen -aš stellt dann das Subjekt des zweiten Teils einer Doppel- bzw.
Fortsetzungsfrage dar, denn erst in II 2 (apāš=mu) scheint durch a-pa-a-aš ein Topikwechsel zu erfolgen. Das
bedeutet, dieses letztgenannte Pronomen bezieht sich wieder auf den Nein-Sager Piyamaradu, von dem auch
in I 69 bis I 71 (… u]l *m[e?-]ma*-aš) die Rede war, und zwar unmittelbar bevor dieser Text durch den von I 71
(ab Tawagalawaš=pat=kan) bis vermutlich einschließlich II 1 reichenden Exkurs unterbrochen wurde.
Jedoch ist hier ein weiterer Punkt zu beachten: Personalpronomina im Nominativ -aš und -e treten nur
bei intransitiven Verben auf; s. dazu Garrett 1991, 227–242 mit Hinweis auf eine Beobachtung von C. Watkins.
Eine Ergänzung und Deutung des Satzes wie z.  B. in Forrer (1929, 108  f.), Sommer (AU 6  f.) u. Gurney (l.  c.)
erscheint allein schon deshalb unmöglich. Hierauf hat uns bereits E.R. bei unserem ersten Treffen in Berlin
(vom 7. bis 9. Mai 2007) unter Bezugnahme auf diese Stelle hingewiesen. Inzwischen hat sich auch Hoffner
(2009, 305 Anm. 297) in ähnlicher Weise zu dieser Stelle geäußert und festgestellt, dass, wenn -aš hier „he“
bedeuten würde, nicht ein Verb wie „offered safe-conduct“ gefolgt sein könnte. Andernfalls müsste -aš hier
Akkusativ sein, und zwar, wie hinzuzufügen wäre, ein Akkusativobjekt im Plural. Doch dies ist wohl weniger
wahrscheinlich als unser Verdacht, dass eben das weitgehend zerstörte Glossenkeilwort bislang falsch inter-
pretiert und ergänzt wurde.

II 1 zur Lesung der Zeichenspuren 𒑱  x x (x)[…]


Wie schon im Rahmen der Transliteration zu dieser Stelle (S. 28 u. 44 Anm. 84) angemerkt, sind die von den
ersten Editoren vorgeschlagene Lesung und Ergänzung der nach na-aš ú-ul-ma und dem doppelten Glossen-
keil befindlichen Zeichenspuren als 𒑱  za-a[r?-ši-ia-an  ] oder 𒑱  za-ar?-ši??-i̯a?[  ] ziemlich problematisch. Dies
gilt umso mehr, als sie in jüngerer Zeit sogar ganz ohne Fragezeichen vertreten wurden; s. Hoffner 2009, 305:
⸢𒑱   za-ar-ši-ya⸣ […] u. Beckman et al. 2011, 106: 𒑱  ⸢za-ar-ši-i̯a⸣[…].
Wie dort (Translit. S. 28 u. 44 Anm. 84) bereits festgestellt, scheint nur der doppelte Glossenkeil vor dem
nachfolgenden stark zerstörten Wort eindeutig erkennbar zu sein. Die übrigen Belege von zaršiya- im Text,
soweit erhalten, weisen jeweils nur einen einfachen Glossenkeil (II 61  f., 64; III 2) auf.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   153

Von weiteren ebenfalls in Briefen auftretenden Belegen, die schon zeitlich und/oder inhaltlich von manchen Forschern mit VAT
6692 in Verbindung gebracht wurden (s. Kommentar zu II 61  f.), fehlt meist der Beginn des Wortes, wie bei [za-a]r-ši-ia-[… in KUB
23.107 Z. 14′; s. Hagenbuchner 1989b, Nr. 231 mit Lit. Für einen Glossenkeil vor dem ergänzten za- am Zeilenbeginn scheint dort
jedenfalls kein Platz zu sein; s. schon Sommer, AU 195. In KBo 8.79 (Hagenbuchner 1989b, Nr. 304 Rs. 4′, 14′), ist nur der Beleg
Rs. 14′ vollständig erhalten. Dieser weist ebenfalls wie die gut erhaltenen Belege in VAT 6692 nur einen Glossenkeil auf.

Während aber der noch gut erhaltene doppelte Glossenkeil in II 1 allein nicht als Argument gegen das sonst
nur mit einfachem Glossenkeil versehene Wort 𒀹  zaršiya- angeführt werden sollte, da die Markierung eines
bestimmten Wortes durch einen und auch zwei Glossenkeile innerhalb ein und desselben Textes gleich-
zeitig auftreten kann (s. z.  B. KUB 38.1 I 11: 𒀹  ḫu-pí-ta-a-u-u̯ a-an-za und im selben Text IV 9: 𒑱  ḫu-pí-ta-u-u̯ a-
an-za nach einem Hinweis von J.H.) und zudem auch die Reste des ersten Zeichens nach diesem doppel-
ten Glossenkeil nicht gegen ein Zeichen ZA sprächen (s. Translit. S. 28 u. 44 Anm. 84), erlauben die nach-
folgend noch sichtbaren Zeichenspuren kaum eine Deutung als AR und ŠI; s. schon Miller 2010, 167 mit
zwei Fotos der Stelle. Die früher wie heute versuchte Lesung 𒑱  zaršiya- lässt sich jedenfalls nicht anhand
der älteren und neueren Fotos wahrscheinlich machen, geschweige denn anhand der Originaltafel in ihrem
heutigen Zustand; s. auch Autographie.
Der Verdacht, dass es sich hier bei dem kaum lesbaren Glossenkeilwort um zaršiya- gehandelt haben
könnte, hatte sich für Forrer und Sommer zweifellos aus der Tatsache ergeben, dass dieser Begriff später in
derselben Kolumne gleich noch vier Mal auftritt, und zwar vermutlich in II 33 und ganz sicher in II 61, 62 und
64 (so nach heutiger Zeilenzählung; dagegen nach AU II 62, 63 und 65), ferner dann noch wenig später in
III 2 – jeweils aber nur mit einem Glossenkeil versehen.
Es geht an jenen Stellen überwiegend um die Modalitäten, die Piyamaradu die Sicherheit bieten sollten,
ohne Gefährdung seiner Person zum König von Ḫatti zu gelangen, für den Fall, dass er dies noch anstrebte;
s. Sommer, AU 128. Auch wird dabei eine Definition dessen, was 𒀹  zaršiya- in Ḫatti bedeutet, geboten (II 61  f.).
Näheres zum Bedeutungsansatz entweder als „freies Geleit“, „safe-conduct“ oder allgemeiner gefasst als
„Sicherheitsgarantie“ findet sich unten sub II 61  f.
Angesichts der Unsicherheit bezüglich einer Lesung 𒑱  zaršiya- in II 1 lässt sich u.  a. darüber spekulieren,
ob es sich hier um ein mit doppeltem Glossenkeil versehenes Prädikat handeln könnte, dem sich dann in
dieser Zeile vermutlich noch ein weiterer kurzer Satz angeschlossen hätte, oder aber ob na-aš ú-ul-ma den
zweiten Fragesatz nach I 74, und zwar ohne Kopula, darstellte, und der anschließende Satz dann mit einem
Glossenkeilwort einsetzte. Doch eine einigermaßen sichere Deutung von II 1 ist nicht möglich.

II 2 a-pa-a-aš-mu ku-u̯ a-at ú-ul […]


Dass hier mit apāš ein Topikwechsel erfolgt, wurde bereits oben (S. 143) bemerkt. E.R. wies in unserer Dis-
kussion in Berlin (Mai 2007) allerdings noch darauf hin, dass apā- dann in der Regel mit der Partikel -ma
verbunden wird, wenn ein bekannter Referent neu in den Topikstatus erhoben wird. Der bekannte Referent
ist hier Piyamaradu, um den es ja bereits im vorausgehenden Text von § 5 vor der Unterbrechung durch den
Exkurs von I 71 bis II 1 ging. Es wäre hier in II 2 also apāš=ma=mu zu erwarten; vgl. I 10; II 28; III 22, 48′, 49′,
59′. Es gibt aber auch Beispiele mit Topikwechsel ohne -ma. Auf einen solchen Fall, bei dem ebenfalls gleich-
zeitig das enklit. Personalpronomen -mu in Erscheinung tritt, weist Melchert (2009, 192) hin. In Apologie II
48 nämlich kommt Ḫattušili III. nach einem längeren Bericht über eigene kriegerische Aktivitäten wieder
auf seinen 19 Zeilen zuvor erwähnten Bruder Muwatalli (II 29) zu sprechen. Statt nu=mu šeš=ia mnir.gál
egir-anda uet („Hinter mir kam mein Bruder Muwatalli“) möchte man erwarten: šeš=ia=ma=mu mnir.gál
egir-anda uet. Doch Melchert nimmt wohl zu Recht als Grund für das fehlende -ma an, dass Ḫattušili seine
eigenen Heldentaten in den Blickpunkt stellen wollte und daher bestrebt gewesen sei, die Tatsache, dass
sein Bruder hinter ihm her zog, nicht durch -ma ins Zentrum seines Berichtes zu rücken. Gleiches könnte
man auch für den nicht durch -ma markierten Subjektwechsel hier nach fünf Zeilen in II 2 annehmen, ins-
besondere dann, wenn man davon ausgeht, dass der hethitische Herrscher zuvor in I 73 mit dem lugal.
gal und in I 74 mit dem šarkuš lugal-uš sowie dem unmittelbar darauf bezogenen Personalpronomen -aš
in II 1 im Hinblick auf sich selbst als einer Persönlichkeit sprach, hinter der der in II 2 mit apāš gemeinte
Piyamaradu zurückzustehen hatte. In ihre Ausführungen zum (markierten u. nicht markierten) Topikwech-

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154   S. Heinhold-Krahmer

sel in Verbindung mit dem Pronomen apa- wurde von Goedegebuure (2014) dieses Beispiel aus II 2 offenbar
nicht aufgenommen. Ebensowenig wurde dort auf weitere Fälle eingegangen, in denen der fortlaufende Text
zunächst durch einen Einschub mit neuen Topiks unterbrochen wird und dann mit diesem Pronomen wieder
aufgenommen und weitergeführt wird.
Aus dem erhaltenen Teil des Fragesatzes „Warum […] jener mir/mich nicht […]?“ lässt sich in Verbindung
mit den nachfolgenden Zeilen des Abschnitts (II 3–8; s. unten) schließen, dass der König von Ḫatti hier eine
Frage stellte, die das Verhalten jenes Piyamaradu ihm gegenüber betraf. So finden sich bisher Deutungen
wie in Forrer 1929, 109: „Warum hat mir derselbe nicht [vertraut?  …]“, in Sommer, AU 7: „Warum [hat] er
mich nicht (abgewartet?) …“, in Hoffner 2009, 305: „Why did he not come to meet? me?“, in Beckman et al.
2011, 107: „Why did he not [meet(?)] me?“ Die drei letztgenannten Forscher gingen allerdings aufgrund ihrer
Deutung von I 61  f. davon aus, dass Piyamaradu vor dem nach Millawanda gelangten Hethiterkönig zu Schiff
entflohen sei. Da jener jedoch  – beschützt wohl von seinen Schwiegersöhnen  – sehr wahrscheinlich den
Großkönig doch dort auf dem Hoheitsgebiet des Königs von Aḫḫiyawa in Kleinasien getroffen oder zumin-
dest dessen Vorwürfe aus sicherer, jedoch nicht zu großer Entfernung mitbekommen haben dürfte (s. oben
sub I 61  f.), bezieht sich die Frage hier wohl auf die Tatsache, dass Piyamaradu sich geweigert hatte, das zu
Aḫḫiyawa gehörende Terrain von Millawanda zu verlassen und sich in den hethitischen Machtbereich zum
Großkönig zu begeben, geleiten zu lassen oder schlicht diesem zu folgen. Die Frage des Hethiters bezüglich
Piyamaradu könnte hier z.  B. folgendermaßen gelautet haben: apāš=mu kuwat ú-ul [kāri tiiat …] „Warum
[willfahrte] jener (= Piymaradu) mir nicht? …“ bzw. „Warum [entsprach] jener nicht meinem [Willen]? …“;
vgl. eine ähnliche Stelle im fiktiven Gespräch zwischen dem König von Ḫatti und dem König von Aḫḫiyawa
S. 162  f. zu II 18.

II 3 zur wahrscheinlichen Lesung und Ergänzung nach ma-a-an-ma ki-i me-ma-i


Nach der gut erhaltenen Äußerung am Zeilenbeginn „Falls er (= Piyamaradu) aber dies sagen sollte: …“ ist
leider kaum etwas von der wohl anschließend zitierten, vom Hethiterkönig in Betracht gezogenen Aussage
bzw. Ausrede des Piyamaradu erhalten geblieben. Immerhin ist die Endung -un (1.Sg.Prt.) des Verbs, die sich
größtenteils auf dem rechten Tafelrand befindet, noch partiell erkennbar. Forrer (1929, 145) und Sommer (AU
93) stimmten in der Annahme überein, dass hier bereits wie in II 7  f. von Furcht die Rede gewesen sein müsse.
Allerdings dürfte gegenüber Forrers Lesung: (Lù?-)tar??-te??-nu??-va?? na?-aḫ?-ḫu?-un „Den Feldmarschall? fürch-
tete ich“ eher der von Sommer der Vorzug zu geben sein, die in Anlehnung an II 7  f. lautet: [ini]m? kụ?-nạ-nạ?-
[ạ]š-?u̯ a? nạ-ạḫ-ḫu?-un „Ich geriet in Furcht, ermordet zu werden“, wörtl.: „eine Sache des Tötens fürchtete
ich“.
So schlossen sich in neuerer Zeit auch Hoffner (2009, 305) und Beckman et al. (2011, 106) Sommers
Lesung und Ergänzung der Zeile weitgehend ohne Bedenken an, Beckman ganz ohne Fragezeichen. Auf-
grund der älteren Tafelfotos und deren Abbildungen (BoFN 738 u. insbesondere AU Taf. I) scheint sich zu
ergeben, dass früher tatsächlich vor dem bereits bis in den rechten Rand reichenden UN die Zeichen NA und
AḪ noch erkennbar waren oder zumindest in Teilen existierten, wohingegen ḪU anhand der undeutlichen
Zeichenreste kaum mehr zu sehen war, was Sommer (AU 93) bereits betont hat. So scheint die Lesung ⸢na-aḫ⸣-
[ḫu-]un am Ende der Zeile nicht abwegig. Des Weiteren scheint naheliegend, das vor dem Verb Befindliche
ähnlich wie II 7  f. zu deuten, also etwa [inim?] ku-na-(an-)na-aš-u̯ a, wobei -u̯ a hier zusätzlich erforderlich
wäre wegen der zitierten Rede nach kī memai; s. Sommer, AU 93 zu inim kunannaš hier (II 3) als Parallele zu
kunannaš memini in II 7. Die vorhandenen Spuren auf dem Foto BoFN 738 sprächen nicht gegen inim. Von
kunan(n)aš=wa scheinen außerdem noch Spuren von ku, na und an erkennbar zu sein.

II 4–7 die dritte Erwähnung der tartenu-Episode


Hier bei dem erneuten Hinweis auf die Entsendung des tartenu zeigen sich vor allem folgende Abweichun-
gen gegenüber den beiden vorausgehenden tartenu-Stellen (I 8–11 u. I 67–71).
II 4: Zwar findet sich hier im Prinzip die inhaltlich fast gleiche rhetorische Frage wie in I 67  f., doch nicht
asyndetisch, sondern mit nu eingeleitet. Sommer (AU 95  f.) begründete dies damit, dass am Beginn von II 3
ja ein konditionaler Nebensatz stehe, der der rhetorischen Frage (in II 4  f.) vorausgegangen sei, so dass diese

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   155

als Nachsatz sozusagen mit nu eingeleitet werden könne. Mascheroni (1980, 61) weist zu Recht – auch mit
Nennung dieser Stelle – darauf hin, dass Fragen mit Verneinung die satzeinleitende Partikel nu in Verbin-
dung mit einem Pronomen (hier -ši) enthalten können; vgl. auch die bei Hoffner (1995, 91  f.) aufgeführten
Beispiele für verneinte Satzfragen; ferner noch GrHL 342  f. mit früherer Lit.
Auffällig ist, dass der Hethiterkönig den tartenu im Gegensatz zu den beiden anderen Stellen hier noch
zusätzlich als seinen Sohn bezeichnet. Es stellte sich bereits die Frage, ob er sich dazu veranlasst gesehen
hätte, wenn es sich bei diesem von ihm entsandten Würdenträger um dieselbe Person gehandelt hätte wie
bei dem von Piyamaradu angeforderten tuḫkanti, der ja in hethitischen Texten eindeutig als Thronfolger und
Sohn des Großkönigs bezeugt ist, während der tartenu als solcher nur aus Texten aus Ugarit sowie dem
weiteren syrischen bis mesopotamischen Milieu bekannt ist; hierzu s. oben sub I 7–9. Von den drei Zeichen
vor dem Prädikat des Satzes, vor u-⸢i-ia⸣-nu-⸢un⸣, sind heute noch zwei Zeichen, nämlich -a]n-⸢da⸣, zu erken-
nen; s. Translit. S. 28 u. 44  f. Anm. 91. Das an der entsprechenden Stelle in I 67  f. zu findende pariyan uiye/a-
ist hier nicht allein aufgrund der genannten Zeichenspuren entgegen Millers Übersetzung (2006, 244), der
dies offensichtlich zugrunde gelegt wurde, abzulehnen. Es ließe sich vor allem deshalb nicht rechtfertigen,
weil hier (II 4) am Satzbeginn -kan fehlt; pariyan uiye/a- steht aber mit -kan bzw. selten mit -z(a) (vgl. oben
I 67  f.), während menaḫḫanda uiye/a- ohne -kan auftritt; s. z.  B. oben I 6  f. u. CHD 3, 283 mēnaḫḫanda 5.b.
Somit ist hier [IGI-a]n-⸢da⸣ (= menaḫḫanda) anzunehmen.
II 5: Während in I 67  f. unmittelbar auf die Frage „Habe ich nicht den tartenu hinüber geschickt?“
gleich in zitierter Rede die an den tartenu gerichtete und vier Sätze umfassende Anweisung des Großkönigs
anschließt, ist hier in II 5 – im Anschluss an diese Frage in II 4 – noch zunächst von der Anweisung selbst
die Rede (na-an ki-i u̯ a-tar-na-aḫ-ḫu-un), die möglicherweise ebenfalls als Frage zu verstehen ist; s.  auch
Sommer, AU 7 u. Hoffner 2009, 305. Insgesamt ergäbe sich dann: „(4)Habe ich ihm nicht meinen Sohn, den
tarte[nu, entgeg]en? geschickt (5)und ihm dies aufgetragen?“. Diese Anweisung wird dann hier anschlie-
ßend mit drei Sätzen zitiert. In I 9  f. dagegen erscheinen nur zwei den Auftrag betreffende Sätze.
Sommer (AU 6, 96) schlug als Lesung am stark beschädigten Beginn des Zitats (gegen Ende von II 5) i̤?-
i̤t -u̯ ạ-aš-ši vor, da dieser Imperativ i-it (+ Enlkitika) auch jeweils an den entsprechenden Stellen der beiden
?

vorausgehenden tartenu-Abschnitte anzutreffen ist (I 9: i-it-u̯ a-ra-an-za-an-⸢kán⸣ u. I 68: i-it-u̯ a-kán). Aller-
dings lässt die zerstörte Stelle hier in II 5 auch auf den älteren Fotos keinerlei klare Spuren erkennen, weder
von i-it noch von daran angekoppeltem -u̯ ạ-aš-ši. Dennoch haben sich Hoffner (2009, 305) und Beckman et
al. (2011, 106) in ihren Transliterationen der nicht unwahrscheinlichen Sommerschen Deutung angeschlos-
sen; vgl. Translit. S. 28 u. 45 Anm. 93; vgl. auch Forrers Interpretationsversuch (1929, 108  f.): [dag-šu-ul]-va-
aš-ši in Verbindung mit dem in II 6 anschließenden li-in-ki (2.Sg.Imp.) „schwöre ihm [Freundschaft]“.
II 5  f.: Hier ist überhaupt erstmals davon die Rede, dass der tartenu einen Eid leisten sollte (li-in-ki),
zweifellos dem Mann, den er vor den hethitischen Herrscher hätte geleiten sollen, nämlich Piyamaradu. Die
auch schon von Sommer (AU 97) geäußerte Vermutung scheint naheliegend, dass eine Eidesleistung des
tartenu „zum ersten und einzigen Male hier, wo das heilige Recht der persönlichen Sicherheit in Frage
gestellt worden ist, als in den Auftrag eingeschlossen“ besonders erwähnt wird; s.  zuvor (II 3) und kurz
danach (II 7  f.), wo die Furcht des zu Geleitenden um seine persönliche Sicherheit angesprochen wird.
Der nächste Satz im Rahmen des Auftrags beginnt: nu-u̯ a-ra-an šu-an, und man möchte in den folgenden
beiden zerstörten Zeichen analog zu I 69 kaum etwas anderes als den Imparativ e-ep erwarten, wie ihn Forrer
(1929, 108: e?[-i]b?) und Sommer (AU 6: e̤ ???-ịp??) und nach ihnen Hoffner (2009, 305: ⸢e??-ep??⸣) aufgrund der
wenigen vorhandenen und unsicheren Spuren, wenn auch nur unter größten Bedenken, transliteriert haben.
Keine Zweifel dagegen haben offenbar Beckman et al. (2011, 106: ⸢e-ep⸣).
II 6  f.: Der dritte Satz entspricht wieder voll dem vierten Befehl innerhalb des Auftrags an den tartenu
in I 70 „und bring ihn mir entgegen!“ Es fehlt hier hingegen der in den beiden ersten Stellen enthaltene
Befehl (I 9  f. u. 69  f.), die zu geleitende Person bei sich auf dem Wagen Platz nehmen zu lassen.

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156   S. Heinhold-Krahmer

II 7  f. ku-na-an-na-aš-⸢ma⸣-aš me-mi-ni [k]u-e-[d]a-ni na-aḫ-ta


Wörtl.: „In welcher Angelegenheit des Getötet-Werdens aber er sich fürchtete“; s. hierzu bereits oben sub II 3.
Nachdem im Anschluss an die Entsendung des tartenu und seinen Auftrag (II 5–7) nicht wie in den
beiden vorausgehenden tartenu-Stellen mit nu=za ú-ul mem[aš] (I 11) und ähnlich (I 12  f. u. I 71) die Weige-
rung Piyamaradus zum Ausdruck gebracht wurde, sich vom tartenu zum hethitischen Großkönig geleiten
zu lassen, geht der Hethiter hier in II 7  f. wesentlich weniger entrüstet, sondern eher einlenkend auf den
Grund für Piyamaradus Weigerung ein, nämlich dessen vermutlich schon in II 3 erwähnte Furcht, ermordet
zu werden. Die Information über diese Furcht könnte er entweder während seiner persönlichen Anwesenheit
in Millawanda (I 58–67) oder aber durch eine Botschaft des Königs von Aḫḫiyawa oder des Atpa erhalten
haben; s. noch unten II 26.

II 8 *x e-eš-ḫar* i-na kur uru⸢Ḫat-ti⸣ a-a-ra n[a-a]t ⸢ú⸣-ul


Der Hethiterkönig bietet hier zu seiner rhetorischen Frage „Ist etwa Bluttat im Lande Ḫatti rechtens?“ auch
gleich die Antwort: „Das (ist es) nicht!“ Zu dieser Stelle s. Cohen (2002, 118–120 u. 121  f.) mit Hinweis auf die
im Vertrag zwischen dem Pharao Ramses II. und Ḫattušili III. garantierte Unversehrtheit von Flüchtlingen
bei deren Auslieferung; s. Edel 1997, 54–57.

Zusammenfassung des Kommentars zu § 5 (I 53–II 8)


Beim König von Ḫatti war – wohl auf sein am Ende von § 4 erwähntes Schreiben hin (I 49–52) – ein Gesand-
ter (des Königs von Aḫḫiyawa) eingetroffen, der ihm, anscheinend ohne die im damaligen diplomatischen
Verkehr üblichen Gepflogenheiten einzuhalten, nur mitteilte, dass jener (der König von Aḫḫiyawa) an Atpa
geschrieben habe, er solle den Piyamaradu dem König von Ḫatti aushändigen (I 53–56). Dies betrachtete der
Hethiter offenbar einerseits als Anlass, nach Millawanda, in den Hoheitsbereich von Aḫḫiyawa, zu ziehen (I
58). Andererseits begründete er dieses Vorgehen damit, er sei gemäß dem Grundsatz losgezogen: „Die Worte,
[die] ich dem Piyamaradu sagen möchte, die sollen auch die Untertanen meines Bruders [hö]ren“ (I 59–61).
Es handelt sich zweifellos um einen Versuch, vor dem Adressaten sein Vordringen in dessen kleinasiatische
Kolonie zu rechtfertigen.
Forrers Annahme, dass Piyamaradu vom Schiff, auf dem er sich befand, [we]g kam (I 61  f.), ist nach
Überprüfung aller zur Verfügung stehender einschlägiger Belege eher zuzustimmen als der auch in neuerer
Zeit vielfach vertretenen Meinung von Sommer, dass Piyamaradu zu Schiffe aus Millawanda geflohen sei,
bevor der Hethiterkönig dort eintraf; s. oben S. 118–121 zu I 61  f. Unter dem Schutz von Atpa und Awayana
könnte P. also ebenso wie diese (I 62–64) sich die Anklagepunkte des Hethiters gegen ihn dort angehört
haben. Der hethitische König wandte sich dann mit der rhetorischen Frage an seinen Adressaten (I 64  f.),
weshalb Atpa und Awayana die Sache – wohl aus Rücksichtnahme auf ihren Schwiegervater – [noch immer]
verschweigen würden, und informierte ihn (den König von Aḫḫiyawa) darüber, dass er den beiden einen Eid
abgenommen habe, ihm (-ta, „dir“) die Angelegenheit vollständig zu berichten (I 66  f.).
Es folgt nun in I 67–71 ein erneuter Hinweis auf die erniedrigende Behandlung des tartenu durch Piya-
maradu mit leichten Änderungen in sprachlicher Hinsicht gegenüber I 8–13, z.  B. beginnend mit einer rheto-
rischen Frage; vgl. jedoch auch die dritte diesbezügliche Stelle in II 4–7.
In I 71 bis II 1 erscheint dann ein rückblickender Exkurs, der die zweite Erwähnung von Tawagalawa, hier
(I 71) bezeichnet als Großkönig, in VAT 6692 bietet. Es wird berichtet, dass bei dessen Ankunft „an der Seite“
bzw. „an der Küste von Millawanda“ dlamma hier gewesen sei (I 71–73). Bei Letztgenanntem handelte es sich
wahrscheinlich um Kurunt(iy)a, den König der Sekundogenitur Tarḫuntašša und Neffen des hethitischen
Großkönigs Ḫattušili.
Es erfolgt dann quasi in Entsprechung zur vorausgehend berichteten und zeitlich zumindest etwas
zurückliegenden Anwesenheit beider genannter Herren in Millawanda vermutlich der Hinweis auf ein aktu­
elleres Ereignis dort, nämlich, dass nun „dir“ (dem Adressaten, also dem gegenwärtigen Großkönig von
Aḫḫiyawa) ein Großkönig entgegengeeilt sei. Für die Identifikation dieses entgegeneilenden Großkönigs
scheinen sich sprachlich und inhaltlich nur zwei der oben dargelegten und diskutierten vier Hypothesen
anzubieten, nämlich die von J.L.M. vertretene Hypothese 3 (S. 145 u. 147  f.) und die von S.H.-K. bevorzugte

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   157

Hypothese 4 (S. 145 u. 148–152). Miller (2010, 166  f.) sah in diesem Großkönig, der dem König von Aḫḫiyawa
entgegeneilte, den bereits in I 71 mit dem Titel lugal.gal versehenen Tawagalawa. S.H.-K. (Hypothese 4)
dagegen vertritt die Auffassung, dass hier in I 73 der König von Ḫatti die Bezeichnung lugal.gal auf sich
selbst bezogen habe, da er ja auch in den beiden anderen Passagen in Erscheinung trete, in denen Tawaga-
lawa und dessen Unternehmungen Erwähnung finden; s. I 3–5 u. II 58–61.
Es ging dem hethitischen Großkönig nach letztgenannter Hypothese 4 wohl jeweils darum, seine eigenen
Aktivitäten mit denen des Tawagalawa, die zeitlich vorausgegangen zu sein scheinen, zu vergleichen und
dadurch gleichzeitig auch zu rechtfertigen. Es hätte hier in I 71 bis 74 (oder sogar bis II 1) also ein Vergleich
stattgefunden zwischen der Situation in und um Millawanda (im äußersten Westen von Kleinasien) zur Zeit
der Ankunft des Großkönigs Tawagalawa (von Aḫḫiyawa), als eben nur ein hethitischer Unterkönig (oder
sonstiger Würdenträger), dlamma, präsent war, und der Situation dort zur Zeit des uns namentlich nicht
bekannten Großkönigs von Aḫḫiyawa und Adressaten von VAT 6692, vermutlich des Bruders und Nachfol-
gers von Tawagalawa, in dessen Hoheitsbereich sich der hethitische Großkönig schließlich selbst begab.
Ziel des Hethiters war es, Piyamaradu in hethitisches Gebiet zurückzuholen und vermutlich diesem „Stören-
fried“ ein für allemal das Handwerk zu legen. Seine Bedeutung gegenüber Kurunt(iy)a hob der hethitische
Großkönig wohl deshalb hervor, um sein vermutlich bei der Gegenseite Missfallen erregendes Vordringen
nach Millawanda, in den Hoheitsbereich von Aḫḫiyawa, zu beschönigen bzw. zu verharmlosen; zur ironisch
gemeinten Anspielung auf sich selbst, den hethitischen Großkönig, in der 3.Sg.Prt. s. Gurney 2002, 137  f. mit
Hinweis auf Sommer, AU 7 u. 90  f.
Während der ansonsten unklare Inhalt von Zeile II 1 sich noch als zweiter Teil einer in I 74 beginnen-
den Doppelfrage deuten lässt – ú-ul-aš šarkuš lugal-uš in I 74 ist ebenso wie na-aš in II 1 noch auf den in
I 73 genannten lugal.gal zu beziehen – wird der in I 71 beginnende Exkurs offenbar in II 1 beendet. Im
Rest des § 5 (II 2–8) kehrt der Autor zum Grundtext zurück, wobei es wieder wie vor dem Einschub um den
„Nein-Sager“ Piyamaradu (zuletzt Anfang I 71) geht. Der Subjektwechsel wird klar am Anfang von II 2 mit
dem auf Piyamaradu zu beziehenden a-pa-a-aš- markiert: apāš=mu kuwat ú-ul […] „Warum [hat] jener mir/
mich nicht […]?“.
Der anscheinend lautbar gewordenen Befürchtung Piyamaradus getötet zu werden (II 3, 7  f.), wenn er
zum hethitischen König gebracht werde, hält der Hethiter die tartenu-Geschichte (dritte Wiederholung)
entgegen (II 4–7), wobei diesmal im Gegensatz zu früher noch zum Ausdruck gebracht wird, dass der ent-
sandte tartenu sein Sohn sei (II 4) und einen Eid leisten musste (II 6), vermutlich zur Sicherheit des Piya-
maradu. Anschließend wird nochmals bekräftigt, dass Piyamaradus Furcht, getötet zu werden, unbegründet
sei, da Bluttat in Ḫatti nicht rechtens sei (II 7  f.).

Paragraph 6 (Kol. II 9–49)

II 9  f. von gim-an-ma-mu bis da-a


Der Nebensatz nimmt sehr wahrscheinlich Bezug auf das schon in I 53–56 Berichtete. Dort ist vom Eintreffen
einer Person (Text teilweise zerstört) beim Autor, dem nach Westkleinasien gezogenen König von Ḫatti, die
Rede. Es handelte sich dabei wohl um den nun hier (II 9) genannten Boten des Adressaten (lúṬe4-mu ša šeš-
i[a]), des Königs von Aḫḫiyawa, der in I 55  f. Folgendes sprach: „Dem Atpa hat er (der König von Aḫḫiyawa)
geschrieben: ‚Händige den Piy[amaradu] dem König von Ḫatti aus!‘“ Allerdings wird hier in II 10 die Nach-
richt des Boten etwas anders formuliert. Ihr erster Teil lautet jedenfalls: apūn=wa un-an dā „Nimm jenen
Menschen!“ Beide Aussagen des Boten lassen jedoch erkennen, dass der König von Aḫḫiyawa der Ausliefe-
rung des Piyamaradu an den König von Ḫatti zustimmte, und bewirkten letztlich die Reaktion des Hethiters,
zumindest nach seinen eigenen Aussagen: Sein Vorrücken bis nach Millawanda; vgl. I 58 mit II 13–16 u. 20.
Leider sind wir beim zweiten Teil dessen, was der Bote dem Hethiter im Auftrag seines Königs zu sagen hatte,
auf Vermutungen angewiesen; s. unten zu II 10.

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158   S. Heinhold-Krahmer

II 9 ⸢me-mi-an iq-bi⸣
Nur zögernd übernahm Sommer (AU 98: m[ẹ]?-m[ị]!?-ạn iq.bi) Forrers Lesung (1929, 110: m[e]-mi?-an ig-bi),
wobei er auf KUB 13.4 I 63  f. und KUB 25.23 IV 57 als Beispiele der Figura etymologica (memian memā-)
hinwies, jedoch betonte, dass diese als Hinweis auf eine folgende Rede „nicht gerade gebräuchlich“ zu sein
scheine; s. jedoch mehrere Belege in CHD 3, L-N sub memiya(n) 1.b.6′, 270  f.

II 10 zum stark beschädigten zweiten Teil des Botenberichts


Immerhin lässt das erhaltene le-e-u̯ a(-) erkennen, dass der vorausgehenden, an den Hethiter gerichteten Auf-
forderung im Imperativ („Nimm jenen Menschen!“) im zweiten Satz ein Prohibitiv folgte. Was ihm nun genau
verboten wurde, nach der Übernahme des Piyamaradu zu tun, bleibt letztlich offen, auch wenn die Pionier-
forscher versucht haben, etwas aus den damals offenbar noch besser sichtbaren Zeichenspuren herauszu-
lesen. Weder Forrers Deutungsversuch (1929, 110  f.: li-e-va-ra-an ar-ḫa bi??-e??- „be[strafe??] ihn aber nicht!“)
noch der von Sommer (AU 6  f.: li-e-u̯ a-ra̤ ??-a̤ n?? ạr?-ḫạ? da̤ ?-a̤ t??-tị?? „Mit fortnehmen (?) darfst du ihn nicht(?)!“)
können überzeugen. Hier sei nur Folgendes zu Sommers Deutung angemerkt, vorausgesetzt, die Annahme
ist korrekt, dass dieses Zitat ebenso wie das aus I 56 derselben Botschaft eines Gesandten aus Aḫḫiyawa
entstammte:
Die Anweisung in I 56, die der König von Aḫḫiyawa nach Auskunft seines zum Hethiter gesandten Boten
an Atpa geschrieben hatte, lautete angeblich: „Händige den Piyamaradu dem König von Ḫatti aus!“ Die
zitierte, leider unvollständig erhaltene Aufforderung hier in II 10, die sich direkt an den König von Ḫatti
gerichtet hatte, begann dagegen: „Nimm jenen Menschen! Nicht darfst Du […].“
Es wäre nun sehr unlogisch, wenn einerseits die an Atpa ergangene Anordnung des Aḫḫiyawa-Königs
gelautet hätte, den Piyamaradu an den König von Ḫatti auszuliefern, und wenn andererseits dem Hethiter
dann verboten worden wäre, diesen mit sich fortzunehmen.
Nachdem nämlich bereits unmittelbar zuvor in II 3 und 7  f. die Rede war von der Furcht des Piyamaradu,
getötet zu werden (II 3 und 7  f.), wobei für „töten, ermorden“ das Verb kuen- zur Verwendung kam, erscheint
der Ergänzungsvorschlag von J.D.H.: le-e-ua-[ra-an ku-e-ši] „töten darfst du ihn nicht!“ im Prohibitivsatz von
I 10 am überzeugendsten. Dies harmoniert durchaus mit den im Friedensvertrag zwischen Ḫattušili III. und
Ramses II. enthaltenen Paragraphen bezüglich der Auslieferung von Flüchtlingen; s. Edel 1997, §§ 17–18.

II 11 von nu bis II 16 pé-en-na-aḫ-ḫu-un


Die Entgegnung des Königs von Ḫatti auf die per Boten erfolgte Anweisung des Königs von Aḫḫiyawa – nach
Sommer (AU 99) wahrscheinlich an den meldenden Boten gerichtet (eventuell in Gegenwart weiterer Perso-
nen) – wird eingeleitet in II 11 durch nu ki-i aq-bi („Da sagte ich dies: …“). Trotz starker Zerstörung, insbe-
sondere gegen Zeilenende hin, ist klar zu erkennen, dass nun eine zitierte Rede des Hethiterkönigs von II 11
ma-a-an-u̯ a-mu bis II 15 (Mitte) iš-ta-ma-aš-mi folgte.
Sommer (AU 99–102) lehnte zu Recht Forrers etwas wirre Interpretation des Abschnitts (1929, 147  f.) ab
und hob hervor, dass der syntaktische Aufbau an den Stichworten ma-a-an-u̯ a- (II 11) – ma-a-an-u̯ a (II 12) –
ki-nu-na-u̯ a- (II 13), an einer irrealen Bedingungsperiode, erkennbar sei. Inhaltlich diente dieser Abschnitt
ebenso wie der nachfolgende in II 16–20 (s. unten) dem Hethiter dazu, sein Vordringen nach Millawanda zu
rechtfertigen. Dies wird aus den beiden Aussagen, die sich am Ende dieser Entgegnungen finden, deutlich,
sowohl aus II 15  f. nu ⸢ú?-ki?⸣-la [  ] pé-en-na-aḫ-ḫu-un „Da bin ich selbst … hingefahren“ als auch aus II 20
ú-uk-ma pa-a-u-un-pát „ich aber bin, wie gesagt, losgezogen“; AU 7.

II 11 zu Ergänzungsversuchen des unmittelbar nach ma-a-an-u̯ a-mu am-me-el erkennbaren Zeichenrestes


sowie etwa fünf weiterer Zeichenspuren
Transliterationen und Autographien in den Ersteditionen bleiben fraglich, auch wenn zu ihrer Zeit manche
Zeichenspuren noch besser erkennbar gewesen sein dürften als heute; vgl. Forrer 1929, 110; Sommer, AU 6
u. Goetze, Ed. Letzterer hatte anscheinend ebenfalls Spuren des von Forrer ohne Fragezeichen gelesenen
ku-iš-ki am Zeilenende gesehen; s. aber vor allem Ranoszek (1938, 38), dem offensichtlich die – wenn auch

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   159

mit Fragezeichen versehenen – Ergänzungsversuche von Forrer: am-me-el (Lù-??)Na??-Gad ku-iš-ki „irgend-
einer meiner Hüter (Beamten)“ und Sommer: am-me-el e̤ n? ki̤ ??? gal? kụ?-i̤š?-ki̤? „irgend einer meiner Thron-
herren (??)“ zu problematisch erschienen. Anzunehmen ist allerdings mit Forrer, Sommer u.  a., dass eine
Personenbezeichnung als Subjekt des Satzes an dieser Stelle gestanden haben dürfte. Ein solches Subjekt ist
hier jedenfalls aufgrund seines Fehlens im erhaltenen Satzbeginn und aufgrund des Prädikats iq-bi (3.Sg.
Prt.) am Beginn der nachfolgenden Zeile II 12 sowie schließlich des im Anschluss an dieses Prädikat, und
zwar vor Beginn des Hauptsatzes, erfolgten Zusatzes na-aš-šu šeš-ia wahrscheinlich.
Der Beginn des Nebensatzes in II 11 (mān=wa=mu), der die im Irrealis verfasste und zitierte Rede des
Hethiters einleitet und der gleichzeitig noch das auf diesen zu beziehende enklitische Personalpronomen
-mu (hier als Objekt im Dativ zu deuten) zeigt, lässt annehmen, dass am Ende von II 11 noch ein Subjekt
gestanden hat.
Der Irrealis ist in diesem Nebensatz wie im nachfolgenden Hauptsatz Z. 12  f. gekennzeichnet durch die
Partikel man – hier in der selteneren Schreibvariante mān; s. CHD L-M, sub man. Die zitierte Rede wird mar-
kiert durch die enklit. Partikel -wa(r-). Das auf diese Einleitung folgende ammel ist üblicherweise in jh. Texten
Possessivpronomen (1.Sg.; GrHL, 137 §  6.1.), woran sich die, wie vermutet, anschließende Amtsbezeich-
nung im zerstörten Text als Subjekt angeschlossen haben wird. Aufgrund des Prädikats iq-bi (3.Sg.Prt.)
am Beginn von II 12 ist wohl auch beim Subjekt in II 11 mit Singular zu rechnen, da hier nur eine wichtige
Person (zur möglichen Ergänzung en oder be-lu s. Translit. S. 28 u. 45 Anm. 100), ein Würdenträger bzw.
ein Angehöriger der königlichen Familie, in Betracht kommt, was auch die bereits erwähnte, im Anschluss
an das Prädikat stehende und zum Subjekt gehörende Erweiterung im Singular: na-aš-šu šeš-ia „oder mein
Bruder“ nahelegt.77
So ergibt sich folgendes Gerüst des Nebensatzes: „Hätte zu mir mein […] gesprochen oder mein Bruder“.

II 12  f. von ma-a-an-u̯ a a⸢pé-el-la⸣ bis aš-mé


Leider bleibt rätselhaft, was die zwei bis drei fraglichen Zeichen am Ende von II 12, denen ma-a-an-u̯ a a-⸢pé-
el-la⸣ vorausgeht und me-mi-an aš-mé zu Beginn von II 13 folgt, bedeutet haben könnten. Dass mit mān der
Beginn des auf den Nebensatz (II 11  f.) folgenden Hauptsatzes im Irrealis vorliegt, der mit aš-mé (II 12) endet,
ist aufgrund des Kontextes sehr wahrscheinlich; s. schon Sommer, AU 7: „so würde ich auch dessen Wort …
gehört haben!“; Miller 2006, 244: „hätte ich sein […] Wort gehört.“; Beckman et al. 2011, 107: „I would have
heard his […] word.“; vgl. aber Hoffner 2009, 306: „if his … word I had heard, …“. Ziemlich unverständlich
erscheint Forrers Übersetzung (1929, 111) der gesamten Passage II 11–15, wie schon Sommer (AU 99) zu Recht
festgestellt hat. Dieser Hauptsatz („hätte ich auch sein … Wort gehört.“) wirkt im Anschluss an den Nebensatz
hinsichtlich seines Aussagegehaltes durchaus schlüssig und ebenso aufgrund dessen, was in II 13 bis 15 folgt.

II 13–15 von ki-nu-na-u̯ a-mu bis ú-ul iš-ta-ma-aš-mi


Obgleich Sommer hier zur bis heute unbestrittenen Übersetzung: „Jetzt aber hat mein Bruder mir als ein
Großkönig, ein mir Gleichgestellter, geschrieben!“ gelangt war, wobei er das von Forrer (1929, 147  f.) falsch
als „Vetter“ wiedergegebene an-na-ú-li-iš anhand weiterer Belege richtig als „gleichstehend, ebenbürtig“
deutete (AU 101  f.; s. HW2 A, 80  f.), konnte und wollte er diese Stelle nicht als Beleg für eine – damals zumin-
dest formell – dem Adressaten (König von Aḫḫiyawa) zugestandene Ebenbürtigkeit akzeptieren. Zum einen
hielt er (AU 101) die Lesung lugal.gal nicht für „absolut sicher“, aber dann doch wieder für „gut möglich“.
Zum anderen versuchte er diese „Ebenbürtigkeit“ durch seine nicht sehr überzeugende Übersetzung des
anschließenden Satzes II 14  f.: „Das Wort eines mir Gleichgestellten höre ich nicht!!“ und mit Hilfe seiner
versuchten Paraphrase des Abschnitts II 11–15 (AU 102)78 als null und nichtig zu erweisen.

77 Dass in diesem Kontext etwa von Zivilgefangenen oder Sklaven die Rede gewesen sein könnte, deren Nennung als Subjekt im
Plural ein Prädikat im Singular (einen sog. kollektiven Singular) erwarten lassen könnte, ist wohl auszuschließen.
78 „Wenn der Ton deiner Rede geziemenderweise so gewesen wäre, dass aus ihr einer meiner Troninhaber(?) (= Unterkönige?)
von irgenwelcher Art, meinetwegen auch ein befreundeter Souverän gesprochen hätte, so hätte ich dagegen meine Ohren nicht
verschlossen. Du hast aber den Befehlston eines Großkönigs angeschlagen; darauf reagiere ich (der ich Großkönig bin), nicht!“

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160   S. Heinhold-Krahmer

Dass der polnische Forscher R. Ranoszek in seiner Rezension zu Sommers „Aḫḫijavā-Urkunden“ bereits
1938 (S. 38) darauf hingewiesen hatte, dieser Satz in II 14  f. könnte auch als Frage aufgefasst werden, fand
weder bei Sommer noch bei anderen seiner Zeitgenossen die gebührende Beachtung; vgl. noch unten zu
IV 55  f. Ranoszeks einleuchtendem Übersetzungsvorschlag der Worte des Hethiterkönigs an dieser Stelle
(II 11–15), der lautete: „… da sagte ich dieses: Wenn zu mir irgend ein … von mir gesprochen hätte oder (sagen
wir) mein ‚Bruder‘, so würde ich auch dessen  … Wort gehört haben! Jetzt aber hat an mich mein Bruder,
ein Großkönig, ein mir Gleichgestellter geschrieben. Das Wort eines mir Gleichgestellten werde ich nicht
hören? …“; s. dazu unsere Translit. von II 14  f.: nu-u̯ a am-me-⸢el an⸣-na-⸢ú-li⸣-[ia-aš] me-mi-an ú-ul iš-ta-ma-
aš-mi „Das Wort eines mir Gleichgestellten sollte (/werde) ich nicht hören?“ und vgl. die hinsichtlich der
Sicherheit der Lesungen einzelner Zeichen nur leicht variierenden Lesungen von Forrer 1929, 110 u. Sommer,
AU 6; Translit. S. 28 u. 46 Anm. 103.
Erst Houwink ten Cate (1974, 151) brachte diese Interpretation von Ranoszek Jahre später wieder ans
Licht der Öffentlichkeit; s. im Anschluss daran Heinhold-Krahmer (1983, 96 Anm. 84). Güterbock (1983, 135  f.)
kam dann – offenbar ohne Kenntnis von Ranoszeks Überlegung – zum selben Ergebnis wie jener: „But now
my Brother, the Great King, my equal, has written me; shall I not listen to the word of my equal?“ Etwas später
wies er dann auf die Übereinstimmung seiner Interpretation mit der seines polnischen Kollegen aus dem Jahr
1938 hin; s. Güterbock 1984, 121 mit Anm. 32. Inzwischen wird diese Interpretation auch von entschiedenen
Gegnern der Griechenhypothese akzeptiert; s. Ünal 1991, 35; Steiner 1990, 528; ders. 2000, 169.
Zu Sommers Einwand, dass auch die Anrede des Adressaten als šeš-ia „mein Bruder“ durch den Autor
des Textes, den König von Ḫatti, nicht auf ein Großkönigtum des Königs von Aḫḫiyawa schließen lassen
dürfe, s. bereits oben zu I 27 sowie seinen Kommentar (AU 65  f.).

II 15  f. nu ⸢ú?-ki?⸣-la […] pé-en-na-aḫ-ḫu-un


Während Sommer (AU 6) von einer Ergänzung zwischen nu ⸢ú?-ki?⸣-la (II 15) und pé-en-na-aḫ-ḫu-un (II 16)
absah, wobei er gemäß seiner Translit. Spuren von vier Zeichen bis zum Ende der Zeile 15 zu erkennen
glaubte, versuchte Forrer (1929, 110) am Ende von II 15 pa??-ri??-an?? zu lesen. Doch pariyan pennaḫḫun ließe
eigentlich ein -kan erwarten, wie z.  B. in I 68 dieses Textes oder in KBo 5.8 III 34 (AM 158); vgl. auch CHD
P sub penna- 1.f. 9′; ebenso mit -kan bei pariyan in Verbindung mit pai/pa- und uwe/a- (s. Tjerkstra 1999,
71  f.) und mit iye/a- (s. Tjerkstra 1999, 44); ferner auch bei pariyan uye/a- (mit einer Ausnahme [mit -z(a)];
s. CHD P sub pariyan 1.b.b′.6′). Nach ⸢ú?-ki?⸣-la wäre bis zum Rand jedenfalls noch Platz für drei bis vier
Zeichen gewesen, wobei Goetze (Ed.) anscheinend den Kopf eines senkrechten Keils beim letzten Zeichen vor
dem Rand gesehen hat. Eine inhaltlich naheliegende Ergänzung wie nu ⸢ú?-ki?⸣-la [I-NA uruMi-il5-la-u̯ a-an-da]
pé-en-na-aḫ-ḫu-un „Da fuhr ich? selbst [nach Millawanda]“, die – auch bei einer verkürzten Schreibung AŠ
für ina – etwa vier bis fünf Zeichen auf dem rechten Zeilenrand erwarten ließe, ist leider durch keinerlei
erkennbare Zeichenreste zu stützen.

II 16  f. von ma-a-an bis iq-bi

II 16 mān mān
Es tritt hier zuerst mān als Konjunktion auf, die einen Konditionalsatz kennzeichnet (CHD L-N, 151–157 sub
mān 7.; GrHL 419–423 [§ 30.47.–30.57.]), dann mān als modale Partikel, die den Irrealis markiert (s. CHD L-N
140–143 sub b 1′–c 2′ sub man, -man, [seltener mān]; GrHL 314  f. [§  23.10 u. §  23.15  f.]). Sommer hatte das
gemeinsame Auftreten beider mān im Gegensatz zu Forrer (1929, 110  f. u. 148) insgesamt schon 1932 richtig
interpretiert (s. seine Übersetzung von II 16, AU 7), auch wenn er noch nichts zur Abfolge von Konjunktion
und modaler Partikel anmerkte; vgl. noch Hoffner 2009, 306 u. Beckman et al. 2011, 106  f. Belege für das
gemeinsame Auftreten von konditionaler Konjunktion und Irrealis-Partikel gibt es zwar häufiger und in ver-
schiedenen Varianten, z.  B. in Wortverbindungen wie māmman (= mān + man) [im Nebensatz] … man [im
Hauptsatz] oder gesondert nebeneinander wie man mān [im Nebensatz] … man [im Hauptsatz]; zu diesen
und weiteren Varianten s. CHD L-N, sub man (Partikel) b.2′a–′b′. Doch beide in Pleneschreibung als eigen-
ständige, unmittelbar nebeneinander stehende Wörter kommen relativ selten vor.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   161

Abgesehen von VAT 6692 II 16 findet sich z.  B. ein Beleg bei Muršili II.: KBo 5.8 III 15 (AM 156) und ein
anderer in dem Puduḫepa, der Gattin Ḫattušilis III., zugeschriebenen Brief KUB 21.38 Vs. 28′; s. Edel 1994a,
Nr.105.
Es fällt auf, dass die Pleneschreibung bei der Irrealis-Partikel  – egal, ob bei Auftreten ohne oder mit
Konditionalsatz  – zur Zeit Ḫattušilis  III. immerhin einige Male vorkommt; so z.  B. in Textexemplaren von
dessen sog. Apologie (s. KBo 3.6 III 43′// KUB 1.4 III 42, 43 [Otten, Apologie S. 22 sub III 76 u. 77]; KBo 3.6 III
64 [Otten, Apologie S. 24 sub IV 33], aber auch im erwähnten Brief KUB 21.38 Vs. 28′  f.; Rs. 10 von Puduḫepa
an Ramses II. [s. Edel 1994a, Nr. 105] und in KBo 18.23 Vs. 14′ [Brief von Ḫattušili oder Puduḫepa an Ramses;
s. Edel 1994a, Nr. 109]). Diese Belege und ein weiteres Auftreten der modalen Partikel in der ansonsten eher
seltenen Schreibung mān innerhalb unseres Textes (VAT 6692 II 11  f.) könnten dessen Datierung in die Ära
Ḫattušilis zumindest stützen.

II 16 Ú?-x
Der Lesung ú?- von Forrer (1929, 110 und 148) im Anschluss an das doppelt auftretende mān, nicht aller-
dings seinem weiteren Deutungsversuch der Zeichenreste als ú?-ki?-la?, wird hier der Vorzug gegeben gegen-
über Sommers ạm-, dessen weitere Lesung der Zeichenspuren ạm-mẹ-ẹl lautete. Jeder weitere Versuch einer
Deutung nach diesem Ú, wie auch unser Vorschlag (s. unten S. 162), bleibt aufgrund der starken Zerstörung
der weiteren Zeichenreste Spekulation; s. Translit. S. 28 u. 46 mit Anm. 105  f. So ist Forrers weitere Lesung
und Ergänzung von II 16 nach Ú?, wofür er acht Zeichen veranschlagt: ú?-ki?-la?[a-na Še]š-ia? aš-[bur] „indem
sei es ich selbst [an] meinen [Br]uder sch[rieb]“, sehr fraglich.
Wenig überzeugend angesichts des umgebenden Textinhaltes erscheint jedenfalls die reichlich mit Fra-
gezeichen versehene Lesung und Interpretation der weiteren zerstörten Zeichen durch Sommer am Ende
von II 16, die lautet: ạm-mẹ-ẹl Ṳn?-a̤ š? a̤ ?-pí-i̯a̤ a̤ r??-aš? „(Denn) wenn auch (nur) einer meiner Leute(!) dort (?)
eingetroffen(?) wäre“.
Kurz zuvor wird in II 10 auf die vom Boten des Königs von Aḫḫiyawa überbrachte Aufforderung hinge-
wiesen, Piyamaradu entgegen zu nehmen. Diese Aufforderung dürfte der hethitische Herrscher gegenüber
dem Adressaten dahingehend interpretiert haben, dass er von ihm durch den Boten ja quasi dazu ange-
halten worden sei, höchstpersönlich in seinen Hoheitsbereich zu kommen, um Piyamaradu in Empfang zu
nehmen.
Zu Recht hatte allerdings schon Sommer (AU 86) festgestellt, dass der Hethiterkönig nicht vor der Grenze
zu Millawanda abgewartet habe, bis Atpa mit seinem Schwiegervater Piyamaradu zu ihm kam, um ihm Letz-
teren nach Geheiß des Königs von Aḫḫiyawa auszuliefern, sondern dass er sich eben „angeblich auf die
Worte des Aḫḫijavā-Boten hin“ für berechtigt gehalten habe, nach Millawanda zu ziehen, „um den P. dort zu
stellen“. Bei dieser seiner Darlegung berief sich Sommer nur auf I 56, meinte aber wohl den in § 5 enthaltenen
Passus I 53–58 (s. oben) insgesamt, der wahrscheinlich auf dieselbe Botschaft des Aḫḫiyawa-Königs und des
Hethiters anschließende Reaktion zu beziehen ist, wie dies bei II 9  f., II 15  f. und 20  f. der Fall ist. Diese Reak-
tion, das Vordringen nach Millawanda, dürfte in Aḫḫiyawa kaum Zustimmung gefunden haben.
Dass der Hethiter bemüht war, sich mit diplomatischem Argumentieren und allerlei Ausreden zu ver-
teidigen gegenüber jedweder bereits erfolgter oder noch zu erwartender Anschuldigung, das Hoheitsgebiet
des Adressaten verletzt zu haben, wird jedenfalls aus II 11–16 trotz der schlecht erhaltenen Zeichen am Zeile-
nende wahrscheinlich.
Nach heutiger Interpretation, entgegen der Sommerschen Paraphrase (zu dieser schon oben S.  159
Anm. 78 u. AU 7 u. 102), war der Tenor seiner Rede hier: „Wenn zu mir einer meiner Untergebenen? (nach
Sommer „ein Würdenträger von irgendwelcher Art“) gesprochen hätte, oder mein Bruder, hätte ich des-
sen  […] Wort gehört. Jetzt aber hat mein Bruder, ein mir gleichgestellter Großkönig, geschrieben, sollte
ich da das Wort eines mir Ebenbürtigen nicht hören? Also bin ich selbst losgefahren.“; s. schon oben zu II
11–16.
Der Hethiter hätte sich demnach nicht, wie Sommer gemäß seiner Paraphrase (AU 102) vermutete, beim
König von Aḫḫiyawa darüber beschwert, dass dieser sich in der Mitteilung durch den Boten wie ein Groß-
könig gebärdet habe. Der Adressat musste ja offenbar gemäß I 53–55 sogar eine Rüge hinnehmen, nämlich,
dass bei seiner Botensendung die ansonsten (wohl unter Großkönigen) üblichen Regeln missachtet worden

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162   S. Heinhold-Krahmer

seien; s. oben S. 115. Vielmehr versuchte der König von Ḫatti die von ihm selbst verursachte Verletzung des
Hoheitsterrains von Aḫḫiyawa zu verteidigen, indem er seine eigene – möglicherweise fragwürdige – Version
des Botenberichtes vortrug.
Damit jedoch wäre Sommers Ergänzung in II 16 sehr unwahrscheinlich, die statt des persönlichen Vor-
dringens des Königs von Ḫatti nach Millawanda auf eine wohl ebenfalls von Seiten Aḫḫiyawas nicht gebil-
ligte und auch nicht erfolgte Alternative hinweisen würde, nämlich die Entsendung eines seiner (des hethiti-
schen Königs) Leute dorthin. Wie Sommer selbst den unmittelbar auf II 16 nachfolgenden Text interpretierte,
war sich der hethitische Großkönig ja klar darüber gewesen, dass nach dem Willen des Adressaten Hethiter
grundsätzlich nichts in Millawanda zu suchen hätten, wobei er zu Recht vor allem auf II 22  f. verwies, wonach
es Atpa war, der den Piyamaradu zum König von Ḫatti hätte geleiten sollen.
Geht man also von der oben dargelegten Annahme aus, dass es dem Hethiter in diesem Abschnitt um
seine Verteidigung bezüglich der Grenzverletzung ging, so wäre folgende Interpretationsmöglichkeit wesent-
lich ungezwungener, nämlich:
Nach Forrers Ú ein UL (vgl. z.  B. II 1: ú-⸢ul⸣-ma) anzunehmen und als Verb des im Irrealis stehenden
Konditionalsatzes (eingeleitet mit mān mān) erneut das am Beginn von II 16 befindliche Verb pé-en-na-aḫ-
ḫu-un auch ein weiteres Mal am Zeilenende von II 16 zu vermuten; s. Translit. S. 28 u. 46 Anm. 105 u. 106. Dies
wäre sowohl räumlich als auch inhaltlich vertretbar und ergäbe ma-a-an ma-a-an ú-[ul pé-en-na-aḫ-ḫu-un]
„Wenn [ich?] ni[cht losgefahren wäre]“. Insgesamt mit dem vorausgehenden Satz II 15  f. und dem am Beginn
von II 17 (s. unten) anschließenden würden wir dann folgenden Sinn erhalten: „Und ich fuhr selbst […] los.
Wenn [ich] ni[cht losgefahren wäre], hätte mein Bruder weiter gesagt: … (II 17  f.: hier würde dann die fiktive
Rede des Königs von A. folgen).“ Dennoch kann, wie schon oben angedeutet, auch diese Interpretation der
schadhaften Stelle keineswegs als gesichert gelten; s. auch Hoffner (2009, 306) u. Beckman et al. (2011, 16),
die sich hier einer Ergänzung enthalten haben.

II 17 zur Ergänzung der 2. Zeilenhälfte


Der Beginn der Zeile II 17, der den im Irrealis verfassten Hauptsatz zu dem in II 16 endenden konditiona-
len Nebensatz im Irrealis darstellt (s. oben II 16), nämlich: ma-an šeš-ia nam-ma iq-bi („hätte mein Bruder
danach gesagt“), lässt anschließend die vom Hethiter vermutete Entgegnung in Form einer zitierten Rede des
Königs von Aḫḫiyawa erwarten. Dies erhält durch das Auftreten der Partikel der direkten Rede, durch -wa(r-)
in II 18, eine Stütze und rechtfertigt Sommers Hinweis, dass bereits in II 17 in Anschluss an seine Lesung
am-me-e̤ l-u̯ a̤? (s. oben sub II 16) ein ⸢-u̯ a⸣ zu postulieren sei, wogegen auch der vorhandene Raum nicht
spräche. Als Argument dafür kann jedenfalls gelten, dass sich der Satz asyndetisch anschließt.
„Die dem Aḫḫijavā-König in den Mund gelegten Worte bis iš-mi“ (in unserer Translit. iš-mé) seien, so
Sommer (AU 104), inhaltlich eine zusammengezogene Wiederholung der Rede des Hethiters in II 11–15. Die
Lesung mẹ?-mi̤?-an zwischen am-me-e̤ l-u̯ a̤? und ú?.ul iš.mi bei Sommer bleibt jedoch unsicher (s. Trans-
lit.; vgl. auch Miller 2006, 244), obgleich dies möglich ist im Hinblick auf II 14  f.: nu-u̯ a am-me-⸢el an⸣-na-⸢ú
-li⸣-[ia-aš] me-mi-an ú-ul iš-ta-ma-aš-mi „Das Wort eines mir Gleichgestellten werde ich nicht hören?“; s.
auch Hoffner (2009, 306) u. Beckman et al. (2011, 106).

II 18 ú-ul-u̯ a-ra-aš-mu ka-a-ri t[i-i]a-⸢at⸣


Das Verb ist nach den Fotos (s. BoFN 738; AU Taf.  I) t[i-i]a-⸢at⸣ zu lesen; vgl. Sommer (AU 6 u. 104:
t[i-??]iạ?-a̤ t?); entgegen Forrer (1929, 110: t[i-]i-ia?-ad ??); ferner Hoffner (2009, 306: t[i-ya-]at) u. Beckman et al.
(2011, 106: t[i]-⸢ya-at⸣).
Sommers Hinweis (AU 104), dass das Wort kāri eine Form von tiye/a- „schreiten, gehen“ (nach E.R.
bedeutet tiye/a- jedoch eher „hintreten, sich stellen“) als Prädikat erfordere, und zwar solange alle Belege
diese Verbindung zeigten, scheint heute einer kleinen Modifikation zu bedürfen. Neben mehreren weiteren
Belegen für kāri tiye/a- hat sich immerhin ein einziger gefunden, der mit einem anderen Verb verbunden
wurde, nämlich kāri zusammen mit dem Verb kariye/a- (Hinweis von J.H. nach Durchsicht der Münchner
Zettelsammlung für HW2); s. KUB 36.89 Rs. 63. Die Stelle dort lautet: ⸢ka⸣-a-ri-u̯ a-mu ka-a-ri dU uruNe-ri-ik;
s. Haas 1970, 156  f. u. 174; Lebrun 1980, 377; ferner HED 4, 81.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   163

Vergleicht man aber das mehrfach belegte kāri tiye/a- mit diesem singulären Beleg von kāri in Verbin-
dung mit kāriye/a-, so ist kāri tiye/a- allein schon aufgrund der Zeichenreste auf der Taf. VAT 6692 II 18 der
Vorzug zu geben. Hinzu kommt, dass hier die oben zitierte und nur ein Mal belegte Zusammensetzung mit
kāriye/a- aus inhaltlichen Gründen ziemlich unwahrscheinlich ist, und ferner eine Verbindung von kāri mit
irgendeinem beliebigen anderen Verb völlig unsicher wäre.
Den „partikellosen Satzbeginn“ am Anfang von II 18 begründete schon Sommer (AU 104) mit Emphase.
Im Gegensatz zu Forrer (1929, 111), der hier einen Fragesatz annahm, handelt es sich bei diesem zweiten Satz
der – schon in der Mitte von II 17 beginnenden – fiktiven Rede des Königs von Aḫḫiyawa ebenso wie bei dem
ersten Satz in II 18 wohl um eine Aussage. Beide Sätze stehen inhaltlich also in enger Beziehung und sind
asyndetisch konstruiert, wobei sich die Negation ú-ul in II 18 anders als in II 17 nicht beim Verb befindet,
sondern direkt am Satzbeginn (II 18); es handelt sich also entsprechend GrHL 342 (§ 26.4) um eine „emphatic
assertion“, eine emphatische Behauptung: (17)„Mein […] hat er nicht gehört. (18)Nicht hat er meinem Wunsch
ent[spro]chen.“
Während der erste Satz einer berichteten direkten Rede mit -wa(r-) ohnehin in der Regel Asyndese erfor-
dert (hierzu oben sub I 64  f. mit Lit.), schließt sich jedoch zumindest der nachfolgende Satz (häufig auch
einige nachfolgende Sätze) meist mit einer Konnektivpartikel an, vor allem mit nu, was einerseits schon
aus den bei Hoffner (2007, 388) und Fortson (1998, 21  f., 27–30) aufgeführten Beispielen für zitierte Rede mit
-wa(r-) ersichtlich wird, oder wenn man andererseits weitere derartige Stellen in den Annalen Muršilis II.
(s. z.  B. KBo 3.4 II 10–14, AM 46; KUB 14.15 III 28–32, AM 52 usw.) und in der sog. Apologie Ḫattušilis III. (z.  B.
I 37  f; III 68  f.; IV 9  ff.) betrachtet. Als Beispiel für zwei aufeinanderfolgende Hauptsätze in (berichteter) direk-
ter Rede, die beide Asyndese aufweisen, sei hier jedoch Folgendes in eben genannter Apologie Ḫattušilis III.
aufgeführt, in dessen Ära wir auch den Text VAT 6692 datieren möchten: (14)a-na mḪa-at-tu-ši-li-u̯ a mukam Ḫi.a
ma-ni-in-ku-u̯ a-an-te-eš (15)ú-ul-u̯ a-ra-aš ti-an-n[(a-aš)] „(14)Für Ḫattušili sind die Jahre kurz. (15)Nicht wird er
<lange> leben.“; s. Otten, Apologie 4, I 14  f.

II 18 zur Lücke zwischen t[i-i]a-⸢at⸣ und x-an ul


Forrer (1929, 110) hatte in der Lücke vor den drei letzten Zeichen am Zeilenende noch vier fehlende Zeichen
angesetzt, von deren Deutung er zu Recht absah. Sommer hingegen, der eine Lücke von drei Zeichen zwi-
schen t[i-i]a-⸢at⸣ und den über den Rand geschriebenen drei letzten Zeichen annahm, erwog hier nicht ohne
große Bedenken (s. AU 6 u. Sommers Kommentar [AU 106]) die Lesung lṳ́ ?? ụ́??.ḪỤb? „der taube Mann, der
Taube“ (Sommer, AU 7: „der taube Kerl (??)!“). Er berief sich dabei auf eine vermeintliche Parallelstelle im
Text, und zwar in I 71 ú-ul me-ma-aš ITa-u̯ a-ga-la-u̯ a-aš-pít? (Sommer, AU 106); s.  jedoch unsere Translit.
S.  26: [… u]l *m[e?-]ma*-aš m⸢Ta⸣-u̯ a-ga-la-u̯ a-aš-pát-kán. Diese Stelle hatte er allerdings nach heutigem
Kenntnisstand sowohl bezüglich der Lesung der gesamten Zeile als auch inhaltlich und grammatikalisch
falsch gedeutet (AU 7 u. 84 [Kommentar]), da er im Falle des PN von einer auffallendenden „Nachstellung
des Subjekts als Kennzeichen eines Aussagesatzes im Affekt“ ausging. Dies ist jedoch unzutreffend, da das
Verb [… u]l *m[e?-]ma*-aš noch auf das zuvor Berichtete (I 69  f.) und damit auf Piyamaradu zu beziehen ist,
während m⸢Ta⸣-u̯ a-ga-la-u̯ a-aš-pát-kán ku-u̯ a-pí lugal.gal den Beginn eines temporalen Nebensatzes mit
Tawagalawa als Subjekt darstellt, der in I 72 endet (mit zugehörigem Hauptsatz in I 73); dazu bereits oben
S. 131–143.
Zwar hatte Goetze (Ed.) an besagter Stelle in II 18 ebenfalls Zeichenspuren gesehen, die noch weniger
als auf den frühen Fotos hervortreten, doch lassen sich diese schwerlich mit Sommers Lesung in Einklang
bringen; vgl. auch HZL Nr. 50 u. 195.

II 18 x-an ul
Die bislang mit mehr oder weniger Zuversicht angenommene Lesung egir-an ul am Ende der über den
Rand hinausgeschriebenen Zeile  II 18 ist nach Kollation von E.R. sehr unsicher; s. Translit. S.  28 u. 46
Anm. 110. In Betracht käme laut E.R. am ehesten -u̯ a-an ul, doch -u̯ a scheint anhand der älteren Fotos und
auch der Autographie von E.R. ebenfalls nicht einwandfrei erkennbar zu sein.

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164   S. Heinhold-Krahmer

Weil Sommer egir-an ul (im Anschluss daran auch Hoffner 2009, 306 u. Beckman et al. 2011, 106) für
wahrscheinlich bzw. sogar sicher erachtete, konnte er dies mit dem Verb pu-nu-šú-un nebst anschließender
Irrealis-Partikel ma-an (nach AU 6 u. 105  f.: pu-nu-šú-un-ma-an) am Beginn der nachfolgenden Zeile  II 19
verbinden. Dabei musste er allerdings, da dieser Satz  – zu Recht auch nach seiner Interpretation  – noch
weiter die auf das Verb und die Irrealis-Partikel ma-an folgenden Worte ul šeš-ia ki-i umfasste, die dadurch
zweimalig erscheinende Negation ul begründen. Er wies (AU 106), wie schon bezüglich der „vom Normalen
etwas abweichenden Stellung der Satzteile“ (AU 105: „affektischer Ton“), dabei auf zwei weitere Beispiele
emphatischer Äußerung hin (Ḫatt IV 13 u. KUB 21.38 Vs.  48; also beide wieder aus der Ära von Ḫattušili
III., in die nach unserer Meinung VAT 6692 gehört). Da jedoch Sommers Lesung am Ende von II  18 sehr
fraglich ist, könnte sich x-an ul eher auf einen noch zur fingierten Rede des Aḫḫiyawa-Königs (II 17  f.) gehö-
renden Satz beziehen, dessen Prädikat in der Lücke zwischen t[i-i]a-⸢at⸣ und x-an ul (s. oben) zu suchen
wäre,79 und zwar an Stelle der wohl verfehlten Sommerschen Lesung lṳ́ ?? ụ́??.ḪỤb? (s. oben). Jedenfalls
kann ul auch am Satzende nach dem Verb stehen. Auf ein Beispiel mit hinter dem Prädikat auftretender
Negation (Ḫatt III 77) wies überdies auch Sommer (AU 106) hin, zog es jedoch nur zugunsten des – nach
seiner Interpretation – zweiten ul in II 19 heran. Im Tawagalawa-Text (VAT 6692 II 8) findet sich eine weitere
Stelle mit ul am Satzende; s. oben sub II 8 u. ferner CHD L-N, 417 sub h.2′; weitere Belege in CHD L-N, 418  f.
sub j.5′.

II 19  f. von pu-nu-šú-un ma-an ul! šeš-ia ki-i bis ⸢ka-a⸣-ri *x x* ti-ia-at
Schon Sommer (AU 105) hatte, obgleich er egir-an ul an den Beginn des vermeintlich in II 19 nachfolgen-
den Satzes stellen wollte (s. oben), eingeräumt, dass die Stellung der Irrealis-Partikel man hinter dem Verb
am Beginn von II 19 „auf den ersten Blick“ dafür spreche, dass mit Letzterem ein neuer Satz beginne. Miller
(2006, 244: „Ich hätte meinen Bruder nicht dies gefragt: …“) war wohl der erste, der nach Forrer (1929, 111)
mit pu-nu-šú-un ma-an einen neuen Satz anfangen ließ, allerdings als Aussage- und nicht als Fragesatz,
wie Forrer (l.  c.) und wir in unserer zuletzt gemeinsam besprochenen Übersetzung. Beides erscheint aber
möglich. Miller interpretierte die Reste des nach ki-i folgenden stark zerstörten Satzes trotz der wohl verloren
gegangenen Partikel -wa(r-) wie schon die Pionierforscher als direkte Rede. Dabei übersetzte er wie in der
vorausgehenden Zeile II 18, wo dies eindeutig ist, das Prädikat als 3.Sg.Prt. Es könnte hier in II 20 aber auch
die 2.Sg.Prt. zutreffend sein; s. Sommer, AU 7; ferner Hoffner 2009, 306, der beide Möglichkeiten (2. u. 3.Sg.
Prt.) angibt.
Da es sich hier immer noch um einen Teil des fingierten Rededuells zwischen beiden Herrschern handeln
dürfte, wobei hier in II 19  f. wohl die Replik des Hethiters auf die Rede des Aḫḫiyawa-Königs erfolgt, erscheint
die 2.Sg.Prt. durchaus wahrscheinlich, wenn nicht sogar in diesem Fall angebracht; s. weitere Belege in VAT
6692 in Verbindung mit šeš-ia im Vokativ (vom Hethiter unmittelbar angesprochen), wobei das Prädikat in
der 2.Sg. auftritt (z.  B.: 2.Sg.Prs. in: Kol. III ⸢50⸣, 62; 2.Sg.Imp. in: III 1, 8 12, 63, IV 18) und mit šeš-ia im Nomi-
nativ als Subjekt des Satzes mit Prädikat in der 3.Sg. (3.Sg.Prs. oder Prt. in: I 52; 3.Sg.Prt. in: II 13  f., 17, hier
immer bei akkadographischer Schreibung der Verben).

II 20 ú-uk-ma pa-a-u-un-pát
Diese Stelle ist problemlos „Ich aber bin also losgezogen.“
Hier nimmt der Hethiter wieder Bezug auf das schon Berichtete in I 58 („Da zog ich nach Millawanda“)
und II 15  f. („Da bin ich [selb]st? […] losgefahren“). Aus dem Text, der II 15  f. voraus geht, nämlich II 11–15,
einer zitierten Rede des Hethiters (nach aq-bi „sagte ich“), ergeben sich ebenso wie aus der fingierten Dis-
kussion II 16–20 vor der erneuten Erwähnung seines „Losziehens“ (nach Millawanda) die Begründungen,
quasi als Rechtfertigungen, für sein (des Hethiters) Vordringen in das zu Aḫḫiyawa gehörende Territorium.
Zu Ähnlichem diente auch der Kontext, in dem sich I 58 befindet, nämlich I 53–56 und I 59–67.

79 Auch schon von Sommer (AU 105 unten) als Möglichkeit in Erwägung gezogen, jedoch als „gequälte Auslegung“ wieder ver-
worfen.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   165

II 20  f. von nu-kán bis ⸢aq⸣-b[i


Feststeht immerhin, dass der mit nu-kán (II 20) eingeleitete Satz mit dem Prädikat pa-ra-a ti-ia-nu-un (II 20  f.)
endet, auch wenn über die erhaltenen Zeichenreste dazwischen nur spekuliert werden kann. Während in
Forrer (1929, 110) zu lesen ist: nu-gan a??-na??Zag??-ia?? pa-ra-a ti-ia-nu-un „und an der Grenze dieseits stellte
ich mich auf“, findet sich in Sommer (AU 6  f.) folgender Versuch: nu-kán a̤ ??-[p]í-[i̯]a?? ku??-u̯ [a]??-pí pa-ra-a
ti-i̯a-nu-un „und sobald(?) ich dort(?) ausstieg“. Ihm schlossen sich Hoffner (2009, 306: nu-kán a?-[p]í- [y]  a?
ku?-w[a]?-pí? pa-ra-a ti-ya-nu-un „And when I arrived there“) und Beckman (2011, 106: nu-kán ⸢a-pí-ya
ku-wa-pí pa⸣-ra-a ti-ya-nu-un „and when I set foot there“) weitgehend an, Letzterer wohl mit weniger Beden-
ken. Miller (2006, 244) wiederum betrachtete diesen Teil nicht wie Sommer und später Hoffner und Beckman
als Nebensatz zum nachfolgenden Satz nu a-na mAt-pa-a ⸢aq⸣-b[i „Da sagte ich zu Atpa:  …“, sondern wie
Forrer ebenfalls als Hauptsatz und übersetzte: „ich bin dann […] ausgestiegen, und ich habe dem Atpa ge-
sagt: …“.
Zu Recht stimmten die meisten Forscher jedoch nicht Forrers oben zitierter fraglicher Lesung des Restes
von II 20 nach nu-kán zu (s. dessen Begründung 1929, 149), auf der seine Interpretation fußte, dass der Hethi-
ter vor der Grenze zum Hoheitsbereich von Aḫḫiyawa Halt gemacht habe, weshalb auch das nachfolgend
wiedergegebene Gespräch mit Atpa vor dieser Grenze stattgefunden hätte; s. dazu Sommer, AU 106.
Der Hethiterkönig bezog sich ja bereits mit pa-a-u-un-pát höchstwahrscheinlich wieder auf das schon in
I 58 Gesagte, wo von seinem Vordringen nach Millawanda ([nu i-na uruMi-il5-l]a-u̯ a-an-da pa-a-u-un pa-a-u-
un-ma …) und seinem Treffen mit Atpa und Awayana die Rede ist, was jedoch offensichtlich, wie sich dann
auch aus II 21  ff. ergibt, nicht zur gewünschten Auslieferung des Piyamaradu geführt hatte.
So könnte in der genannten zerstörten Stelle von II 20 nach der Satzeinleitung nu-kán, der auch nach
Goetze (Ed.) und der neuen Autographie (s.  S.  307) keine sicheren Zeichenspuren abzugewinnen waren,
durchaus eine Nebensatzkonjunktion wie kuwapi im Sinne Sommers gestanden haben. Statt der für die
Lücke etwas zu langen Lesung a?-[p]í-[y]a? ku?-w[a]?-pí? (s. Translit. S. 28 u. 47 Anm. 114) wäre vielleicht auch
für den Satz in II 20  f. (20)nu-kán [ka-a ku-u̯ a-pí] pa-ra-a (21)ti-ia-nu-un in Betracht zu ziehen. Dies läge vor
allem dann nahe, wenn sich der Hethiter zum Zeitpunkt der Verfassung des vorliegenden Textes noch immer
in oder in der Umgebung von Millawanda aufgehalten hätte. Dafür könnte sprechen, dass er nach seinem
ersten Hinweis auf sein Vordringen nach Millawanda (I 53–67) dann noch während seines Aufenthaltes dort
rückblickend innerhalb des oben ausführlich behandelten Exkurses (I 71–II 1) berichtete, dass bei der – zeit-
lich zurückliegenden (kuwapi) – Ankunft des Tawagalawa an der Seite bzw. Küste von Millawanda dlamma,
wohl Kurunt(iy)a von Tarḫuntašša, „hier“ (kā) in Millawanda gewesen sei; s. schon Miller 2006, 242; ebenso
oben sub I 73; s. jedoch auch unten sub III 1  f. (S. 222).
Wenn der Text VAT 6692 freilich ein „Konglomerat“ von  – zu verschiedenen Zeitpunkten und an ver-
schiedenen Orten während der hethitischen Westkampagne verfassten – Aufzeichnungen darstellt, und die
ursprünglich drei Tafeln als Gedächtnisstütze oder Argumentationskonzept für den hethitischen Gesandten,
etwa Dabala-Tarḫunta (zu diesem s. unten sub II 57–61 u. 70–76), dienen sollten oder zur Aufbewahrung
im Archiv von Ḫattuša, dann könnte kā auch abhängig vom ursprünglichen Abfassungsort der einzelnen
zugrundeliegenden Schriftstücke sein und würde die Annahme, dass die Abfassung der Taf. VAT 6692 und
der beiden verlorenen Tafeln in Millawanda selbst erfolgte, nicht ohne Weiteres stützen.
Da wir keinerlei Anhaltspunkt dafür haben, dass nu-kán … pa-ra-a ti-ia-nu-un einen Hauptsatz darstellt,
wird hier die von Sommer vorgeschlagene Interpretation übernommen. Abgesehen von Forrers (1929, 111)
Übersetzung von pa-ra-a ti-ia-nu-un mit „ich stellte mich auf“ findet sich in Sommer (AU 106) und anderen
„ich stieg aus“, gemeint ist damit: „aus dem Reisewagen, in dem der König angekommen war“; so z.  B. auch
Miller 2006, 244: „ich bin … ausgestiegen“; ähnlich Hoffner und Beckman (vgl. oben l.  c.).
Während Friedrich in HW 223  f. sub tii̯a- eine ähnliche Deutung für parā tiye/a-, nämlich „heraustreten“,
bot, findet sich in CHD P eine solche Deutung nicht, und zwar vor allem wohl deshalb, weil unsere Stelle
VAT 6692 II 20  f. anscheinend nicht berücksichtigt wurde; sub para tiya- werden dort nur Belege ohne -kan
aufgeführt (CHD P, 121 sub 3.2′y.).

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166   S. Heinhold-Krahmer

II 21–23 von nu a-na mAt-pa-a ⸢aq⸣-b[i … bis ú-u̯ a-ti (Forderung des Hethiterkönigs an Atpa)
Sieht man 1. von einer kleinen Lücke in II 21 ab, die neben Teilen von aq-b[i und vermutetem še]š?-ia (dazu
Translit. S. 28 u. 47 Anm. 116) etwa zwei Zeichen enthalten haben dürfte, und 2. von den nur schwachen
Zeichenresten in der zweiten Hälfte von II 22 (Translit. S.  28 u. 47 Anm.  118  f.), so ist die Forderung, die
der Hethiter bei seiner Ankunft – wohl in Millawanda – an Atpa richtete, einigermaßen klar. Sie setzt nach
­⸢aq⸣-b[i … als zitierte direkte Rede ein.
Zu 1.: Während Forrer (1929, 110) zwischen die oben genannten ergänzten Teile von BI und ŠEŠ nur ein
einziges Zeichen in die Lücke stellte – und zwar schrieb er Ka (= ka, inim etc.; s. HZL 133) – fügte Sommer
(AU 8) drei Zeichen ein, nämlich e̤ ??-ḫṳ?-u̯ ạ?; vgl. Miller (in seiner Übersetzung 2006, 244); Hoffner (2009,
306: ⸢aq⸣-b[i …]x-ya-wa-at?-ta) u. Beckman et al. (2011, 106: a[q]-b[i …-y]a-wa-⸢at-ta⸣) dagegen boten keinen
Ergänzungsvorschlag.
Wie J.L.M. in unserer gemeinsamen Diskussion der Textstelle darlegte, würde auch en-k]a-ia-u̯ a-⸢at⸣-ta
statt še]š-ia-u̯ a-⸢at⸣-ta sowohl räumlich, wie uns die Projektion aus III 66: en-ka-ia-u̯ a-at-ta zeigte, gut in
diese Lücke passen, als auch inhaltlich, da ja anschließend die Anweisung des Königs von Aḫḫiyawa an
seinen Untergebenen Atpa, den Piyamaradu an den König von Ḫatti auszuliefern, zitiert wird (II 22  f.); doch
zur erneuten Kollation von E.R. und J.H., die die Lesung še]š? bevorzugen, s. Translit. S. 28 u. 47 Anm. 116.
Zu 2.: Für eine Korrektur des vom Schreiber wohl versehentlich doppelt geschriebenen uru, s. uru
[ Ḫat-ti …, in II 22, entschied sich bereits Sommer (AU 8: kur?! urỤk ỤbabbẠr? -tị …); ebenso Hoffner (2009,
ur u

306: ⸢kur⸣ ur[ukù.babbar-ti  …); vgl. auch Beckman et al. (2011, 106: kurer urukù.babbar-ti  …); vgl. auch
unsere Translit. (S. 28 u. 47 mit Anm. 117: kur! ur[uḪat-ti …); s. zur Schreibung des ON ferner unsere Translit.
in II 8 mit Anm. 96.
Beckman setzte ein hochgestelltes „er“ hinter kur (also kurer), was engl. erasure („Löschung/Tilgung“)
bedeuten sollte. Da er zwar uru getilgt, aber gleichzeitig durch kur ersetzt hat, scheint dies nicht die kor-
rekte Bezeichnung zu sein. Es handelt sich um eine Emendation.
Die Forderung des Hethiters an Atpa (II 22  f.) bezieht sich jedenfalls zweifellos auf das Schreiben bzw. die
Anweisung des Königs von Aḫḫiyawa an seinen Repräsentanten in Millawanda (s. I 55  f.), den Piyamaradu
dem König von Ḫatti auszuhändigen.

II 23 von nu-u̯ a-za-kán bis II 25 𒑱  pa-ši-ḫa-a-ti (Fortsetzung der an Atpa gerichteten Rede des hethitischen
Königs)

II 23 ⸢ka-ru⸣-[ú gim-an
Forrers Lesung der beiden unmittelbar auf die Satzeinleitung nu nebst enklit. Partikeln folgenden, stark
beschädigten Zeichen als Ka.Má (gemeint ist inim má) statt als ⸢ka-ru⸣-[ú  … und seine Deutung „Schiffs-
wort“ wurden bereits zu Recht von Sommer (AU 107) abgelehnt. Von dessen Deutung der nachfolgend
ergänzten Zeichenspuren als gim-an sind heute nicht einmal mehr kleine Reste sichtbar; s.  Autographie;
vgl. aber Hoffner 2009, 306 (mit gim-an ohne Fragezeichen) u. Beckman et al. 2011, 106 (keine Lesung).
Sommer (AU 8:GI̤M??-a̤ n??) dürfte jedenfalls noch Spuren davon gesehen haben (AU Taf. I); vgl. auch CHD P,
205 sub (:) pašiḫai- 2., wo ebenfalls ⸢gim-an⸣ an dieser Stelle transliteriert wurde. gim-an lässt sich immerhin
mit einiger Sicherheit aus dem weitgehend erhaltenen nachfolgenden Textzusammenhang erschließen; vgl.
Translit. S. 28 u. 47 mit Anm. 120 zu II 23. Es ergibt sich ja immerhin aus der Partikel der direkten Rede -war-
am Beginn der an die Satzeinleitung nu angeschossenen Enklitika-Kette, dass der Hethiterkönig seine an
Atpa gerichtete Rede fortsetzte. Er berichtete darüber, dass eine Person, mit der anscheinend Piyamaradu
gemeint war (so auch schon Sommer, AU 109), früher bzw. bisher (schon) sein (des heth. Königs) Wort (II
23  f.: a] m-me-⸢el⸣ me-mi-an „[m]ein Wort“) missachtet habe; zu gaba-ši 𒑱  pašiḫa(i)- „missachten“ s.  unten
S.  28 u. 47 zu II 24  f. Mit diesem idiomatischen Ausdruck äußerte der hethitische Herrscher Zweifel, wie auch
schon Sommer zu Recht konstatierte, „ob es dem Atpā gelingen werde, den Pijamaradu zum Kommen zu
bewegen.“ Da in II 25 dieses Idiom erneut auftritt, und diesmal nicht in der 3.Sg.Prt., sondern in der 3.Sg.
Prs., beide Male mit den enklit. Partikeln -za und -kan (II 23 u. 24) am jeweiligen Satzbeginn, liegt jedenfalls
die Vermutung nahe, dass hier der Hethiterkönig von Piyamaradus früherem Verhalten (II 23  f.) auf dessen

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   167

weiteres zu erwartendes Verhalten (II 24  f.) schloss. So scheint uns Sommers mit Fragezeichen gelesenes
gim-an in II 23 durchaus akzeptabel zu sein.

II 24 zur fraglichen Ergänzung der Einleitung des neuen Satzes am Zeilenende


Allerdings bleiben Lesung und Deutung des Beginns des zweiten Satzes am Ende von II 24 rätselhaft (so schon
Forrer 1929, 149) bzw. fraglich; s. die vielen Fragezeichen in Sommers Ergänzungsversuch, AU 8. Fest steht nur,
dass die Einleitung des zweiten Satzes analog zum vorausgehenden ersten, mit nu-u̯ a-za-kán (II 23) eingelei-
teten Satz ebenfalls noch ein -za=kan erkennen lässt. Auch könnte sie durchaus vor -za=kan ein heute nicht
mehr erkennbares -u̯ a enthalten haben; s. Sommer, AU 8 mit Fragezeichen; in Beckman et al. 2011, 108 er-
gänzt.
Forrer war von seiner Überlegung (l.  c.), dass hier u.  a. der König von Aḫḫiyawa vor dem -za-kán genannt
worden sein könnte (also parallel zu dem zuvor auf den Hethiter zu beziehenden Pronomen a]m-me-⸢el⸣
in II 23), selbst nicht überzeugt und verzichtete zu Recht auf eine Ergänzung am Ende von II 24. Sommers
Versuch, der zerstörten Stelle die Lesung tṳ??-e̤ ?-el̤??-lạ??-[u̯ ]a̤ ??-za-kán abzuringen, entbehrt zwar nicht einer
gewissen inhaltlichen Logik, denn der Ansprechpartner des Hethiters scheint noch immer Atpa zu sein, auf
den das Pronomen tuel bezogen werden könnte. Es wäre hier dann von der vorausgegangenen Missachtung
des Wortes des Hethiterkönigs und der zu erwartenden Missachtung des Wortes von Atpa die Rede gewesen.
Es könnte aber auch nur ein Vergleich zwischen der Missachtung der hethitischen Anweisungen früher und
der jetzt (kinun) oder künftig zu erwartenden stattgefunden haben. In diesem Fall wäre dann [am-me-el-la-
u̯ a-] vor dem erhaltenen -za=kan am Ende von II 24 (wobei sich =kan schon auf dem Rand befindet) zu vermu-
ten. Beide Ergänzungsmöglichkeiten der zerstörten Stelle am Ende von II 24 bleiben jedenfalls fragwürdig,
weshalb wir ebenso wie schon Forrer (1929, 110), Hoffner (2009, 306) und Beckman et al. (2011, 108) davon
Abstand nehmen möchten.

II 24  f. gaba-ši 𒑱  pa-ši-ḫa-a-id-d[a (II 24) und gaba-ši 𒑱  pa-ši-ḫa-a-ti (II 25)
Während sich in Forrer (1929, 110) vor dem damals offenbar nur hier belegten Verb 𒑱  pašiḫa(i)-, dessen
Bedeutung er fälschlich mit „beruhigen, ausgleichen“ angab (s. Forrer 1929, 149), die Transliteration gab-lim
findet, transliterierte Sommer du8(?)-ši, was er als adverbiellen Zusatz zu diesem Verb betrachtete und
mit „ungehemmt, frei?“ wiederzugeben versuchte (AU 8 u. 109 mit Anm. 1). Mit seiner zunächst aufgrund
des Kontextes vermuteten Bedeutung des Verbs kam er sinngemäß der heute gängigen Interpretation der
gesamten Redewendung (uzu)gaba-(š)i 𒑱  pašiḫa(i)- „missachten, ignorieren“ schon recht nahe. Er vermutete
als Bedeutung „in den Wind schlagen“ (AU 109). Als während seiner Arbeit an AU schließlich einige weitere
Belege zu (𒑱  )pašiḫa(i)- hinzukamen, schloss er auf eine Bedeutung wie „(zer)quetschen, zerstampfen“, was
ihn zu folgender Übersetzung (von II 23–25) im übertragenen Sinne führte: „… wie(?) er zu[vor](?) [m]ein
Wort unbedenklich(??) mit Füßen getreten hat(?), wird er auch dein(?) Wort unbedenklich(??) mit Füßen
treten (?)?“ Wie aus den Belegen des Verbs in CHD P, 205 sub (:)pašiḫai- S. 205, 2., und zwar in Verbindung
mit dem Nomen uzugab-i/gab-ši-„to betray(?), double-cross(?), disregard(?) (lit. to rub (something) on one’s
chest)“, erkennbar wird, scheint sich dieser idiomatische Ausdruck auf Texte aus der Zeit Ḫattušilis III. und
seiner Nachfolger zu beschränken, was wiederum als weiteres Indiz für eine Datierung von VAT 6692 in diese
Epoche herangezogen werden könnte.
Wenn jedenfalls das Zeichen HZL 164 in Verbindung mit 𒑱  pašiḫa(i)- auftritt, findet sich in neuerer Zeit
bevorzugt die Lesung (uzu)gab-(š)i (so z.  B. Sürenhagen 1981, 92  f. u. 106, der eine Stelle in einem Gebet von
Ḫattušili III. u. Puduḫepa [KUB 21.19 + II 33] nach VAT 6692 II 24 ergänzt und auf Interpretationsmöglich-
keiten hinweist; ferner CHD l.  c. mit Belegen und Lit.; Miller 2006, 244 mit Anm. 32; Hoffner 2009, 306) bzw.
gaba-(š)i (s. E.R. unten). In Beckman et al. (2011, 106) allerdings erscheint wieder duḫ-ši (s. oben Sommer:
du8(?)-ši), und zwar in der Bedeutung „ohne Zögern, unbedenklich“.
Wir einigten uns hier auf die erstgenannte Deutung, zu der E.R. Folgendes bemerkte:

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168   S. Heinhold-Krahmer

„Die wörtliche Übersetzung des idiomatischen Ausdrucks (-za)? und (-kan)? (uzu)GABA-(š)i (𒑱  )pašiḫa(i)- „missachten“ ist
wahrscheinlich „sich (etwas/jemanden) auf der Brust zerreiben“ (wie einen Klumpen Salbfett, bis er verschwindet?); zumin-
dest darf man wegen der Verwendung der Partikel -za vermuten, dass die eigene Brust des Agens gemeint ist.
Der Ausgang des Verbs schwankt zwischen einer eindeutig luwischen Form mit Stammauslaut -ā- mit lenierter Endung
und einem (ebenfalls luwischen?) Stammauslaut -ai- mit unlenierter Endung. Das Verhältnis beider Stammklassen ist noch
unklar (Rieken 2005, 69  f. mit weiterführender Lit.).“

II 25–28 von ma-⸢a-an⸣-[ma-u̯ a bis ⸢e⸣-ša-ru (noch zur Rede des Hethiters gehörig)

II 25  f.
Darauf, dass der hethitische König hier erneut auf den schon zuvor II 3 u. 7  f. erwähnten und wohl weiterhin
zu erwartenden Einwand des Piyamaradu gegen seine Überstellung nach Ḫatti zu sprechen kam, deuten
nicht nur das zitierte na-aḫ-mi-u̯ a „ich fürchte mich“ am Beginn von II 26 nebst dem nachfolgenden Text bis
II 29 hin. Es ist vor allem das am Beginn des schlecht erhaltenen letzten Drittels von II 25 gerade noch lesbare
ma-⸢a-an⸣-[…], das sich räumlich und inhaltlich unschwer nach II 3 ergänzen lässt zu ma-⸢a-an⸣-[ma-u̯ a ki-i
me-ma-i] „Falls er (Piyamaradu) aber dies sagt: …“. Dabei kann hier zusätzlich mit Forrer (1929, 110) u. Sommer
(AU 8) nach mān=ma ein -wa ergänzt werden, da es sich ja immer noch um die an Atpa gerichteten Worte des
Hethiters bezüglich der Auslieferung des Piyamaradu handeln dürfte, innerhalb derer dann zusätzlich noch
die weitere direkte Rede, nämlich die Äußerung des Auszuliefernden, sich zu fürchten (II 26), eingebettet ist.

II 26–28
Um weitere Ängste auszuschalten, unterbreitete der hethitische Großkönig Atpa den Vorschlag, eine hochran-
gige hethitische Persönlichkeit zu senden, die als Geisel für Piyamaradus Sicherheit bürgen sollte. Dabei ist
in II 26  f. von einem Würdenträger (be-⸢lu⸣) oder einem Bruder (šeš) die Rede; s. ferner unten (II 57  f. u. 70–76)
den an den König von Aḫḫiyawa gerichteten Hinweis auf die inzwischen erfolgte Entsendung eines solchen
Würdenträgers als Bürgen für die Sicherheit des Piyamaradu, nämlich eines kartappu namens Dabala-
Tarḫunta. Der nachfolgende Satz in II 27  f.: nu-u̯ a-[aš-ši ka-a-aš pé]-⸢di⸣-eš-ši ⸢e⸣-ša-ru „Dann soll [jener für
ihn] an seiner [St]elle sitzen“ (s. CHD P, 342, sub peda- A i 1′) lässt sich unschwer mit Hilfe der noch sichtbaren
Zeichen und anhand von II 70–72 u. 75 rekonstruieren. Zu ka-a-ša in II 26 s. schon oben S. 83 sub I 17 mit Lit.

II 28  f.: von a-pa-a-aš-ma bis [na]-aḫ-ḫe-eš!-ke-mi-u̯ a


Dass hier eine durative Bedeutung beim Verb in II 29 anzunehmen ist, wurde bereits von Forrer (1929, 110  f.:
„Ich [fü]rchte mich immer noch.“) und von Sommer (AU 9: „Ich werde meine Furcht nicht los!“ u. AU 111)
angenommen. Abweichend voneinander lasen und interpretierten die beiden Forscher allerdings das Prädi-
kat des unmittelbar vorausgehenden Satzes in II 28, wobei auch keine Einigkeit darüber bestand, auf welche
Person das Subjekt apāš zu beziehen sei. Diese äußerte weiterhin, dass sie sich noch immer fürchte (Tawa-
galawa in Forrer 1928, 151; Piyamaradu dagegen zu Recht in Sommer, AU 102  ff.). Während in Forrer a-pa-a-
aš-ma nu-u-va-bad me-m[i-an] iš-b[ur] „Aber selbiger hat immer noch (nur) das Wo[rt] gesa[ndt]: …“ zu lesen
ist, findet sich in Sommer a-pa-a-aš-ma nu-u-u̯ a-pít me-m[i?-iš-ki-it?] „Jener aber sa[gt(e?)] ja immer noch: …“;
s. auch Miller 2006, 244: „Jener aber sa[gte] weiter hin: …“; ferner Hoffner 2009, 307: a-⸢pa⸣-a-aš-ma nu-u-wa-
pát me-m[i-iš-ke-et …] „But (Piyamaradu) still kept saying: …“, und fast identisch mit Letzterem Beckman et
al. 2011, 107  f.: „But he still kept saying: …“.
Sommers Ergänzung schien uns ebenfalls die sinnvollste Lösung zu sein; vgl. Translit. S. 28 u. 48 mit
Anm. 129.
Nachdem die an Atpa gerichtete und hier zitierte Rede des Großkönigs (beginnend in II 21 nach nu a-na
m
At-pa-a ⸢aq⸣-b[i …]) wohl mit ešaru in II 28 beendet war, stellte der Hethiter nun in II 28  f. seinem Adressaten,
dem König von Aḫḫiyawa, gegenüber fest, dass jener Mann – gemeint ist zweifellos Piyamaradu (vgl. oben
II 3 u. 7  f.) – noch immer Furcht geäußert habe. Dies bedeutet wohl, dass der dem Atpa unterbreitete hethi-
tische Vorschlag (II 26–28), eine Geisel als Bürgen für Piyamaradus Sicherheit zu entsenden, von Letzterem
nicht oder noch nicht akzeptiert wurde.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   169

II 29–31 von nu-mu bis pé-eš-⸢du⸣ (an den Hethiterkönig gerichtete Worte des Atpa)
Im zweiten Satz von II 29, wo zweifellos Atpa als Subjekt, der Autor des Textes aber als Objekt (-mu) erscheint,
tritt keine Partikel der zitierten Rede in der Satzeinleitung auf. Der nächste, in II 30 mit ⸢d⸣utu-ši-u̯ a begin-
nende Satz enthält dagegen wieder eine solche (⸢d⸣utu-ši [hier wohl im Vokativ] + enklit. Partikel -wa). Da
zumindest der Anfang einer zitierten Rede in der Regel Asyndese aufweist (s. GrHL 357, § 28.14), wie dies in
II 30 der Fall ist, scheint die auch schon bisher einhellig vertretene Annahme berechtigt, dass am Ende von
II  29 als Prädikat [iq]-⸢bi⸣ (BI wohl noch teilweise sichtbar auf einem neueren Foto dazu S.  48 Anm.  130)
ergänzt werden darf. Atpa ergreift hier also im Rahmen der mit dem Hethiterkönig geführten Verhand-
lungen über Piyamaradus Überstellung oder Auslieferung das Wort; vgl. Forrer 1929, 110 u. Sommer, AU
111–114.
Allerdings weist auch die übrige Ergänzung der Lücke in II 29 bereits in Forrer (1929, 110: nu-mu
(1-) ad-pa- a-a[š ki-i ig??-b[i]) und Sommer (AU 8: nu-mu Iat-pa-a[-aš ki-iš-]ša̤ ??[-a]n?? I̤[q??.bi?]) einen kleineren
Unterschied auf. Beide Ergänzungen [ki-i] und [ki-iš-]ša̤ ??[-a]n?? scheinen jedoch möglich; s. schon Sommer,
AU 111. Sommer und nach ihm auch Beckman (2011, 108) bevorzugten trotz der sehr unsicheren Spuren
schließlich doch kiššan. Eine Entscheidung zugunsten von einer der beiden Möglichkeiten, die jeweils Bezug
nehmen könnte auf die nachfolgend zitierte Rede des Atpa (kī „dies“ u. kiššan „folgendermaßen“), scheint
uns nicht möglich und würde auch am Sinn des Satzes wenig ändern; vgl. auch Hoffner 2009, 106  f. ohne
Ergänzung in der Translit., jedoch mit sinngemäßer Übersetzung „Atpa spoke thus to me: …“.
Gravierende Unterschiede bezüglich Lesung und Interpretation ergeben sich erst im Anschluss an den
ersten vollständig erhaltenen Satz von II 30, der also – auch nach allgemeinem Konsens – ein Zitat von Atpas
Erwiderung auf die vorausgehenden Worte des Hethiters (II 21–28) darstellt. Entgegen Sommers Übersetzung
dieses ersten Satzes in II 30 (AU 9 u. 115: „Wird Meine Sonne einem jungen Manne die Hand geben?“; s. auch
CHD P, 49 sub pai- B j.5′) handelt es sich aber dabei wohl eher um eine Empfehlung oder sogar Aufforderung
des Atpa als um eine höfliche Anfrage. Die schon in Forrer (1929, 111) vorgenommene Deutung des Prädi-
kats pa-a-i als 2.Sg.Imp. und nicht als 3.Sg.Prs. (wie in Sommer l.  c. und in CHD l.  c., jeweils wiedergegeben
in futurischer Bedeutung), wird sowohl in Millers Übersetzung (2006, 244: „Meine Majestät, Du sollst dem
›Sohn‹ die Hand geben.“) als auch in Hoffner (2009, 306  f.: [d]utuši -wa šu-an a-na dumu.nita pa-a-i „Your
Majesty should give the ‚hand‘ to a ‚son‘“) u. in Beckman et al. (2011, 107  f.: [d]utuši -wa šu-an a-na ibila pa-a-i
„O, Your Majesty, give a hand to the heir!“) angewandt.
Hier wurde also der Hethiterkönig, den Atpa als Majestät ansprach, aufgefordert, dem oder einem dumu.
nita die Hand zu reichen. Während Forrer (1929, 110) u. Sturtevant (1928, 223) noch Tur-Uš bzw. dumu-uš
transliterierten, findet sich wohl erstmals bei Sommer (AU 8) an dieser Stelle die Lesung dumu.nita; ebenso
in neuerer Zeit z.  B. bei Miller (2006, 244 gemäß seiner Übersetzung) u. Hoffner (2009, 307). In Beckman et
al. (2011, 108) hingegen erscheint die Lesung ibila „Erbsohn, Erbe“. Wir richten uns hier nach der in HZL
Nr. 237 (S. 211) empfohlenen Lesung dumu.nita80. Zu dumu.nita sind vor allem auch die Ausführungen in
Weeden (2011, 202–204) heranzuziehen, der (l.  c., 202) auf KUB 21.38 Vs. 58′ hinweist, wo die Absenderin des
Schreibens – kaum eine andere als Puduḫepa, die Gattin von Ḫattušili III. – offensichtlich ihre aus dieser Ehe
hervorgegangenen Söhne und Töchter erwähnte: nu-za dumu.nita meš dumu.munušmeš dù-nu-un „and I pro-
duced sons and daughters“. Die Bezeichnung dumu.nita für „Sohn“ oder auch „männlicher Nachkomme“
ist jedenfalls zweifelsfrei.
Allerdings dürfte Weedens Annahme (l.  c., 204), dass Atpa hier mit dumu.nita sehr wahrscheinlich
Bezug genommen habe auf den von Piyamaradu geforderten tuḫkanti, nicht ganz ohne Schwierigkeit sein,
insbesondere da er Letzteren – wie heute die meisten Hethitologen – mit dem daraufhin vom Hethiterkö-
nig entsandten tartenu gleichsetzt; s. hierzu ausführlich oben sub I 7–9. Das Hauptproblem dabei ergibt
sich wohl vor allem aus folgender Überlegung: Die missglückte Mission des tartenu, insbesondere seine
dabei erfolgte Brüskierung von Seiten Piyamaradus (I 11–13), hätte ja, wenn man dem Text VAT 6692 Glauben
schenken kann, bereits zeitlich vor der (/den) Verhandlung(/en) des hethitischen Herrschers mit Atpa in Mil-

80 Diese Lesung von dumu.uš wird dort folgendermaßen begründet: „Statt ibila wird man im Kontrast zu dumu.munuš durch-
weg dumu.nita zu lesen haben.“

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170   S. Heinhold-Krahmer

lawanda stattgefunden, nämlich irgendwann zwischen der Ankunft des Hethiters in Šallapa (I 6) und seinem
weiteren Vordringen bis nach Waliwanda (I 16). Da wäre es kaum verständlich und es würde von keinerlei
diplomatischem Geschick zeugen, wenn Atpa nun beim mindestens einige Wochen, vielleicht sogar Monate
später stattfindenden Treffen in Millawanda (II 30  f.) für das Geleit seines Schwiegervaters zum König von
Ḫatti erneut nach einem mit dem tuḫkanti identischen tartenu verlangt hätte, der von Piyamaradu schwer
gedemütigt worden war.
Eine Lösung dieses Problems böte sich m.  E. nur dadurch an, dass es damals in Ḫatti oder zumindest
speziell zur Zeit unseres Textes doch einen rangmäßigen Unterschied zwischen tuḫkanti und tartenu gab,
und dass nur die als tuḫkanti bezeichnete Person, von der Piyamaradu ja in Verbindung mit seinem geforder-
ten Geleit zum König von Ḫatti gesprochen hatte, als Erbe bzw. Thronfolger des Großkönigs oder zumindest
als dessen erster Thronerbe galt vor einem zweitrangigen und nur ersatzweise bestimmten Würdenträger,
dem tartenu. Atpa hätte also dann bei seiner an den Hethiterkönig gerichteten Forderung in II 30 auf den
ursprünglichen Wunsch des Piyamaradu (s. I 7  f.) nach einem Geleit durch die nach dem Großkönig höchst-
rangige Person im Hethiterreich zurückgegriffen. Damit wäre dann auch Piyamaradus Ablehnung des Geleits
durch den tartenu und die weitere Weigerung des Atpa, ihn trotz Geheiß des Herrschers von Aḫḫiyawa
(I 53–56 u. II 9  f.) auszuliefern, verständlich.
In diesem Fall würde sich also Weedens Vermutung, dass hier in II 30 Atpa sehr wahrscheinlich auf den
tuḫkanti Bezug nahm und dass dumu.nita als „Erbe“ im Sinne von sum. ibila zu verstehen sei, gut in das
Gesamtbild des Textes einfügen, auch wenn es, wie Weeden weiter darlegt, nicht nötig sei, dass das Logo-
gramm als ibila gelesen wurde; s. auch die Bedenken in Weeden (l.  c., 204 Anm. 900).
Der König von Ḫatti hätte dann aber, wie sich aus dem nachfolgenden Text ergibt, wohl zum zweiten
Mal den Wunsch der Gegenseite missachtet, indem er – sicherlich wegen der Gefährlichkeit dieser Mission –
nicht seinen tuḫkanti entsandte, sondern, wie von ihm gegenüber Atpa zuvor in II 26 angeboten, einen Herrn,
und zwar vermutlich die in II 33  f. (s. unten S. 181  f. sub II 33  f.) gemeinte Person. Es ist nicht unwahrschein-
lich, dass es sich bei dieser um Dabala-Tarḫunta gehandelt hat, der sich ja, wie später zu erfahren ist, über
die Zusicherung des Freigeleits hinaus, falls erforderlich, auch noch selbst als Geisel in Aḫḫiyawa für die
Sicherheit der zugesagten Möglichkeit einer Rückkehr des Piyamaradu zur Verfügung stellen sollte; vgl. II
26–28 mit II 70–72.
Das Prädikat (am Beginn von II 31) des anschließend an den eben behandelten Imperativsatz noch in
II 30 einsetzenden weiteren Satzes wurde zwar noch von allen genannten Forschern – mit Ausnahme von
Miller (s.  unten)  – einheitlich als 3.Sg.Prt. betrachtet, da man pé-eš-⸢ta⸣ bzw. in älteren Transliterationen
bi-eš-ta oder pí-eš-ta̤ las, doch bei den Lesungen, Ergänzungen und Interpretationen des gesamten Satzes
wichen schon Forrer und Sommer stark voneinander ab. Ersterer (1929, 110  f ) betrachtete ihn als Nebensatz:
(30)
… [Gim-an-]va?-ra??-[an Šeš-ka]) 31[a-b]i-e-da-ni bi-eš-ta, der zum vorausgehenden Hauptsatz im Imperativ
(II 30) gehörte, wobei seine Deutung insgesamt ergab: (30)„Sonnenkönig, gib deinem!! Sohne die Hand, [wie
dein Bruder sie] (31)selbigem gegeben hat.“ Letzterer (AU 8  f.) nahm zwar ebenfalls einen Nebensatz an, doch
sollte dieser seiner Meinung nach nicht mehr zu Atpas Entgegnung gehören, sondern zu dem in II 31 mit
nu a-pád-da beginnenden, ansonsten aber zerstörten Hauptsatz, und zwar als ein diesem vorangestellter
Kausalsatz. Dabei musste freilich wieder einiges ergänzt werden, insbesondere auch das für diese Interpreta-
tion wichtige kuit als kausale Konjunktion am Ende von II 30: (30)… [nu šE̤ ]š??.i̯ [A̤ ?? šu-an ku-it] (31)[a-p] ị́-ẹ-dạ-ni
pí-eš-ta̤ nu a-píd-da ṳ́ ??[-uq-qa inim.zu aš.mi?] „[Weil nun mei]n B[ruder] [je]nem [die Hand] gegeben hatte,
deswegen [habe auch] i[ch(?) [sein Wort erhört(?)]“.
Nach Sommer hätte Atpa also nur die von ⸢dutu⸣-ši-u̯ a bis pa-a-i (II 30) reichenden Worte an den Hethiter
gerichtet. Forscher, die in neuerer Zeit ebenfalls wie Forrer und Sommer in II 31 pé-eš-ta lesen wollten, ver-
zichteten zu Recht auf die sehr unsicheren Ergänzungen und Interpretationen am Ende von II 30 und II
31, zu denen diese Lesung des Prädikats in II 31 führen konnte; s. Hoffner 2009, 307; Beckman et al. 2011,
108.
Aufgrund eingehender Überprüfung erstrecken sich aber die Worte des Atpa zumindest über zwei auf-
einander folgende Hauptsätze im Imperativ (bis II 31). Aus der neuen Lesung: pé-eš-⸢du⸣ (hierzu s. Translit.
S. 28 u. 48 Anm. 132) statt der bislang üblichen: pé-eš-⸢ta⸣ in II 31, die wir der Anregung von J.L.M. verdanken,
lässt sich immerhin Folgendes schließen:

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   171

Dieser dumu.nita, dem der König von Ḫatti gemäß Atpas Aufforderung (II 30) die Hand geben sollte,
hätte daraufhin die mit diesem Gestus verbundenen großköniglichen Vollmachten übertragen bekommen
und wäre dadurch befugt gewesen, Zusagen bzw. Garantien des hethitischen Herrschers, quasi als Mittler,
an einen anderen, einen Dritten also, weiter zu geben (II 31 [a-p]é-e-da-ni pé-eš-⸢du⸣: „[Dann?] soll er [sie?
j] enem geben!“ Die großköniglichen Kompetenzen wären demnach übertragbar gewesen; zu diversen idio-
matischen Ausdrücken in Verbindung mit „Hand“ im Hethitischen und zu Interpretationsmöglichkeiten des
„Handgebens“ und daraus resultierenden Konsequenzen s. vor allem Imparati/de Martino 2004, 787–802.
Dass unter dem Gestus des Handgebens hier schon ein Teil der Investitur eines untergeordneten Herrschers
zum Ausdruck kommen sollte – so Hoffner (2009, 306 Anm. 300), ebenfalls unter Berufung auf Imparati/de
Martino 2004 – ist zwar möglich, wirkt jedoch aufgrund der oben gezeigten neueren Lesung und des übrigen
Kontextes, soweit er verständlich ist, weniger wahrscheinlich.
Vorausgesetzt, diese unsere Lesung ist korrekt, so drängt sich am zerstörten Ende von II 30, dem Beginn
des zweiten Satzes des Atpa, als eine recht wahrscheinliche Ergänzung nu-u̯ a-ra-an auf, die neben der Satz-
einleitung nu und der Partikel der zitierten direkten Rede -wa(r-) auch noch das enklitische Personalprono-
men -aš, und zwar hier im Akkusativ -an, bezogen auf die im vorausgehenden Satz genannte Hand, enthalten
haben dürfte; s. Translit. S. 28 u. vgl. Forrer (1929, 110), der im zerstörten Teil von II 30 sogar Spuren von
-u̯ a-ra- zu bemerken glaubte, was in der von ihm ansonsten ergänzten Folge: [Gim-an-]va?-ra??-[an Šeš-ka] in
Erscheinung tritt.
Offen scheint nun vor allem noch die Frage zu sein, wer mit dem dumu.nita in II 30 gemeint war, dem
der Hethiter die Hand reichen sollte. Darüber wurden bereits Überlegungen angestellt. Nach Forrers Inter-
pretation (1929, 151  f.) hätte Atpa darunter Tawagalawa verstanden, eine Auffassung, der bereits Sommer
(AU 113–116) heftig widersprach. Dieser konnte zeigen, dass Forrers Resultat mehrfach auf fragwürdigen und
falschen Überlegungen basierte, und versuchte ausführlichst zu begründen, dass damit nur Atpa gemeint
sein könne, da er allein als persönlicher Gesprächs- und Verhandlungspartner des Hethiterkönigs im Text
nachweisbar sei. Ob sich Atpa jedoch mit dumu.nita in seiner in II 30 zitierten Rede selbst als „junger
Mann“ (so die Übersetzung in AU 9) bezeichnet haben kann, was natürlich bei der noch immer nicht ganz
beendeten Diskussion um die Datierung unseres Textes eine Rolle spielen dürfte,81 oder ob damit die Unter-
ordnung“ gegenüber dem hethitischen Großkönig markiert werden sollte, musste Sommer aber letztlich
offen lassen (AU 115). Hoffner (2009, 306 mit Anm. 301) hat ebenfalls – freilich vorsichtiger als Sommer –
in Erwägung gezogen, dass mit der Aufforderung [d]utu-ši-wa šu-an a-na dumu.nita pa-a-i Atpa vielleicht
zum Ausdruck gebracht habe, der Hethiterkönig solle ihm – der er ja ein Schwiegersohn des Piyamaradu
und de facto der Herrscher von Millawanda war  – die Hand reichen. Hoffners weitere Überlegung lautet:
„If Piyamaradu himself would not go to meet the Hittite king, would Ḫattušili accept Atpā in his stead,
perhaps only as Piyamaradu’s representative, just as Ḫattušili’s son and crown prince was his proper
representative?“
Es sind jedoch noch weitere Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen, vor allem aufgrund der Tatsache, dass
die nachfolgenden Zeilen vom Ende II 30 bis 34 beträchtliche Lücken, insbesondere jeweils in der zweiten
Zeilenhälfte, aufweisen. So kann man nur mehr oder weniger wahrscheinliche Überlegungen darüber anstel-
len, ob der Hethiter, der dann gemäß II 34 (s. unten) tatsächlich jemandem die Hand gab, diese dem Atpa
reichte oder einer anderen Person. Atpas Name ist jedenfalls nach II 29 nirgends mehr im Text erhalten und
könnte bestenfalls ergänzt werden, was Sommer (AU 8) am Ende von II 33 dann ja auch versuchte.
So wäre nicht auszuschließen, dass Atpa mit dumu.nita hier einen leiblichen Sohn bzw. einen männ-
lichen Nachkommen des Hethiterkönigs meinte, dem dieser die Hand geben sollte, um ihn zu ermächtigen,
erneut Verhandlungen mit Piyamaradu aufzunehmen, jenem also die „Hand“ im wörtlichen Sinne oder in
einer übertragenen Bedeutung (s. dazu oben S. 171) zu geben. Der König von Ḫatti wäre dann aber, wie bereits

81 VAT 6692 würde dann, wie zumeist schon früher (s. S. 367  f.), zeitlich wieder in die Nähe des sog. Manapa-Tarḫunta-Briefes
(KUB 19.5 +) gerückt werden, wo Atpa bereits neben Piyamaradu erscheint. Letztgenannter Text wird fast allgemein der Regierung
von Muwatalli II. zugeordnet (s. Heinhold-Krahmer 2010, 201 u. passim) und nicht der von Ḫattušili III., in die wir, wie heute die
meisten Forscher, den vorliegenden Text VAT 6692 datieren möchten; s. hierzu ausführlich Kapitel VIII, S. 366–376.

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172   S. Heinhold-Krahmer

oben (S. 170) dargelegt, nicht darauf eingegangen, da er anschließend (laut II 57  f. u. 70–76) nicht einen Sohn
oder anderen männlichen Nachkommen (Enkel), sondern einen Verwandten aus der Familie der Königin,
nämlich den kartappu namens Dabala-Tarḫunta, als Bürgen für Piyamaradus Sicherheit entsandte.
Zugunsten dieser Möglichkeit könnte immerhin zum einen angeführt werden, dass der Hethiter sich
gegenüber seinem Adressaten veranlasst sah, in II 4, also beim dritten Hinweis auf die misslungene Mission
des tartenu, zu betonen, dass jener tartenu ja ein Sohn von ihm sei. Mit diesem Hinweis (II 4), dem
seine Verhandlung mit Atpa in Millawanda (I 62–67) schon vorausgegangen sein muss, auf die er dann in II
21–31 nochmals etwas detaillierter Bezug nimmt, könnte er auch zum Ausdruck gebracht haben wollen, dass
die Entsendung des nun von Atpa geforderten Sohnes ja bereits ohne Erfolg stattgefunden hatte; s.  dazu
noch I 11  f., wo der Hethiter dem Adressaten bereits zu erklären versuchte, dass der entsandte, jedoch abge-
wiesene tartenu doch sein Repräsentant gewesen sei und die „Hand“ (Machtbefugnis?) gehabt hätte.
Zum anderen könnte für diese Möglichkeit sprechen, dass die hier zitierte, an den hethitischen Großkönig
gerichtete Aufforderung des Atpa, einem Sohn die Hand zu geben (II 30), wohl die unmittelbare noch bei
dem Treffen in Millawanda erfolgte Reaktion auf das dortige Angebot des Hethiters darstellt, einen Würden-
träger oder Bruder als Geisel zu senden (II 26  f.). Atpa hätte dann also zugunsten von Piyamaradus Sicherheit
nicht irgendeinen Würdenträger, sondern einen Sohn des Großkönigs als dessen Bevollmächtigten oder
gar als Geisel verlangt. Unterstützung könnte diese Vermutung in der Tatsache finden, dass ja hier (II 26
u. 29) unmittelbar vor Atpas Forderung wieder wie schon in II 3 u. 7  f. von Piyamaradus Furcht die Rede
ist.
Schließlich wäre auch damit, falls die von der Verfasserin vertretene Auffassung, dass es sich bei dem
von Piyamaradu angeforderten tuḫkanti und dem daraufhin entsandten und von diesem dann abgewiesenen
tartenu tatsächlich um zwei verschiedene Söhne des Königs von Ḫatti gehandelt hätte, die schon oben
in Betracht gezogene Hypothese wieder aufzugreifen, dass Atpa in II 30 mit dumu.nita auf die ursprüng-
liche Forderung Piyamaradus hinwies, den Thronfolger, den tuḫkanti, zu schicken. Dann wäre auch Weedens
Vermutung (2011, 204), dass dumu.nita wahrscheinlich hier speziell als „Erbe“ im Sinne von sum. ibila
gemeint sei, voll gerechtfertigt; s. oben S. 169  f.
Eine andere denkbare Möglichkeit wäre noch, dass mit dumu.nita im Sinne von „Sohn, männlicher
Nachkomme“ ein leiblicher Sohn des Piyamaradu oder ein Enkel (z.  B. Sohn aus der Ehe von Piyamaradus
Tochter mit Atpa?) gemeint worden sein könnte, dem der Hethiter die Hand (oder vielleicht freier übersetzt
„die Machtbefugnis“) geben sollte, damit dieser den Piyamaradu zu ihm geleiten konnte. Diese Möglich-
keit hatte Sommer offenbar nicht berücksichtigt, da eben eine solche Person in den nachfolgenden Zeilen,
zumindest soweit diese erhalten sind, nicht auftritt. Zu seiner allein auf Atpa bezogenen Identifikation des
dumu.nita, dessen Name, wie schon gesagt, ebenfalls im gesamten weiteren Text nicht mehr erhalten ist,
s. auch noch unten S. 180 sub II 33  f.
Bei der Person aber, der der dumu.nita die „Hand“ quasi stellvertretend für den hethitischen Großkönig
weiterreichen sollte, kann es sich nach unserer Auffassung kaum um einen anderen als Piyamaradu gehan-
delt haben (s. auch Weeden 2011, 204), dessen Furcht (zum König von Ḫatti zu kommen), bereits unmittelbar
zuvor wieder zur Sprache gekommen war (II 26 u. 29), mit dem ferner wohl auch die Person gemeint ist, die
laut II 32 (s. unten) viel getan (/gemacht oder angestellt/angerichtet) hat, und auf die sehr wahrscheinlich
auch die nachfolgenden Zeilen ebenso wie die dann noch stärker zerstörten in II 37–46 (hierzu unten) zu
beziehen sind.

II 31–34 von nu a-pád-da bis šu-an ad-di[n]

II 31 Interpretations- und Ergänzungsversuche von nu apadda nebst anschließender Lücke82


Sommer (AU 116) hatte wegen a-pád-da (damalige Lesung a-píd-da), wofür er hier die Bedeutung „deswegen“
annahm, den vorausgehenden Satz (II 30  f.) als zugehörigen kausalen Nebensatz mit kuit ergänzt (II 30  f.;

82 Diverse Lesungen sind bereits in der Translit. S. 28 u. 48 Anm. 133 aufgeführt.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   173

s. schon oben S. 170), da er meinte, „das Ende von II 30“ müsse „im kausalem Verhältnis zum Folgenden
stehen“ (unter Hinweis auf Friedrich 1926, 30 u. 1930, 85  f.). Das ergab zusammen mit seinem Ergänzungs-
versuch des in II 31 mit nu apadda eingeleiteten Satzes: „(30)… [Weil nun mei]n B[ruder] [je]nem (31)[die Hand]
gegeben hatte, deswegen [habe auch] i[ch](?) [sein Wort erhört(?)]“. Demnach hätte der Autor, der König
von Ḫatti, dem Atpa die Bitte, ihm die Hand zu reichen (dazu Sommers Interpretation von II 29  f.), deswegen
nicht ausgeschlagen, weil dies sein Adressat, der König von Aḫḫiyawa, anscheinend ebenfalls schon getan
hatte. Einen ähnlichen Bezug zum Adressaten hatte zuvor bereits Forrer (1929, 110  f.) herzustellen versucht
(s. oben sub II 30  f.), wobei er allerdings den weitgehend ergänzten Beginn des Satzes am Ende von II 30 bis
zu dessen Prädikat am Beginn von II 31 (nach Forrers Lesung: [a-b]i-e-da-ni bi-eš-ta) als einen zum voraus-
gehenden Imperativ-Satz (in II 30) gehörenden Nebensatz betrachtete: „(30)Sonnenkönig, gib deinem!! Sohne
die Hand, [wie dein Bruder <gemeint ist der König von Aḫḫiyawa>] sie (31)selbigem gegeben hat.“
Vorausgesetzt, dass die von uns vertretenenen Lesung pé-eš-⸢du⸣ in II 31 (statt der bisher gängigen pé-eš-
⸢ta⸣; s. hierzu Translit. S. 28 u. 48 mit Anm. 132) korrekt ist, was ergibt, dass wir es nun in II 30  f. mit zwei auf-
einanderfolgenden Imperativ-Sätzen zu tun haben, entfällt Sommers Versuch, im Anschluss an den ersten
Imperativsatz in II 30 einen Nebensatz zu konstruieren. Unsicher erscheint es auch, hier wie Forrer und
Sommer den Bezug auf eine Handlung des Adressaten anzunehmen. Es ist also in II 30  f. mit insgesamt
drei aufeinander folgenden und grammatikalisch eigenständigen Sätzen zu rechnen. Ob der dritte – mit nu
apadda beginnende – noch Bestandteil der zitierten Rede des Atpa selbst war wie die beiden vorausgehen-
den Sätze oder aber bereits zum Haupt- bzw. Grundtext gehörte, wie bisher allgemein angenommen wurde,
muss allerdings offenbleiben. Das fehlende -wa(r-) am erhaltenen Beginn dieses Satzes in II 31 (nu apadda)
kann jedenfalls nicht unbedingt als Argument gegen seine Zugehörigkeit zu dieser Rede vorgebracht werden,
da es sich ja dabei nicht um deren ersten, sondern dritten Satz handeln würde, und ein solches Fehlen der
Partikel dann nicht ganz ungewöhnlich wäre; s. GrHL § 28.13.
Da zweifellos jeder Ergänzungsversuch des Textes von II 31 in der verbleibenden Lücke von etwa sechs
bis sieben Zei­chen (s. Translit. S. 28 u. 48 Anm. 134) unsicher bleiben würde, haben wir in der Translit. und
in der Übersetzung von einem solchen abgesehen; s. auch Hoffner (2009, 307) und Beckman et al. (2011, 108).
Unterschiedliche inhaltliche Deutungen ermöglicht allein schon apadda in Verbindung mit dem, was
vom umgebenden Text erhalten ist; vgl. z.  B. Hoffner (2009, 306: „and that also …“) u. Beckman et al. (2011,
107: „Then with that […]“). Dieses Wort hat auch nicht nur kausale und modale Bedeutung, wie „deshalb,
deswegen“ (so in Sommers Übersetzung, AU 9 u. 116; ferner in Miller 2006, 244) oder „dabei, dadurch, auf
diese Weise“; s. auch HW2 A 168  f. u. GrHL § 19.8. Adverbs of Kind and Manner and Causality: ‚for that reason,
therefore‘. Besonders im Junghethitischen könnte es auch noch in lokalem Sinne „dort, dorthin“ auftreten;
s. HW2 A 168–170 sub apaddan, apadda u. GrHL § 19.5. Local Adverbs: ‚here, thither, to that place‘. Zieht man
die letztgenannte Möglichkeit in Erwägung, so ist zu bedenken, dass sich der Großkönig zum Zeitpunkt der
Verhandlung mit Atpa bereits im Bereich von Millawanda aufhielt. Folglich dürfte dann in Verbindung mit
apadda kaum mehr von seinem schon zuvor berichteten Vordringen „dorthin“ (nach Millawanda, s. I 58  f.)
oder seiner Ankunft „dort“ (II 20  f.) die Rede sein. Das Gleiche gilt bezüglich einer Entsendung des Beauftrag-
ten oder Mittelsmannes „dorthin“ (nach Millawanda). Letzterer war vielleicht schon mit dem hethitischen
Großkönig in Millawanda angereist, wenn er zu dessen Sippe gehörte, befand sich also in dessen Entourage.
Vielleicht war er auch von jenem nach dessen Rückkehr in hethitisches Hoheitsgebiet schon gleich nach M.
abgesandt worden, wenn es sich dabei um Dabala-Tarḫunta gehandelt hat (s. unten S. 181  f.), oder aber er
war bereits in M. oder der Umgebung ansässig.
Möchte man dennoch eine lokale Bedeutung von apadda in II 31 annehmen, so wäre eine solche wohl
am ehesten auf den speziellen Aufenthaltsort des Piyamaradu noch innerhalb oder im Nahbereich Millaw-
andas selbst zu beziehen, wohin sich der dumu.nita hätte begeben müssen, um jenem stellvertretend für
den König von Ḫatti die „Hand“ geben zu können, wie es Atpa gefordert hatte.
Erschwerend für jeden Ergänzungsversuch wirkt sich, wie oben (S. 172  f.) bereits angedeutet, aus, dass
wir nicht wissen, ob der mit nu apadda beginnende Satz noch zu der vom Hethiter zitierten Rede des Atpa
gehört oder bereits wieder zum umgebenden Haupttext, in dem der Großkönig sich an den Adressaten, den
König von Aḫḫiyawa, wendet. Im Folgenden seien zum einen unter Berücksichtgung einer modalen, zum
anderen einer kausalen Bedeutungsvariante dieses Adverbs nur zwei mögliche Rekonstruktionsversuche

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174   S. Heinhold-Krahmer

des verlorenen Restes von II 31 vorgeführt, die unter zahlreichen weiteren denkbaren Deutungen durchaus
erwägenswert erscheinen.
1. Dieser Versuch basiert auf der Voraussetzung, dass der mit nu apadda beginnende Satz in II 31 noch
zur zitierten Rede des Atpa gehört. Atpa könnte hier unter Verwendung von apadda als Adverb in modaler
Bedeutung (vgl. Beckman et al. 2011, 107), und zwar mit Bezugnahme auf seine in den vorausgehenden Impe-
rativsätzen ergangene Aufforderung, darauf hingewiesen haben, dass „auf diese Weise“ (bzw. „dadurch“
oder „somit“) der Hethiterkönig jenem (= Piyamaradu) seine „Hand“ reichen würde – auch wenn dies nicht
persönlich erfolgen konnte, sondern über einen Mittelsmann (den von Atpa vorgeschlagenen dumu.nita),
dem der Hethiter die „Hand“ geben sollte.
Dass der Großkönig diese von Atpa geforderte symbolische Handlung dann tatsächlich ausführte, um die
Bedenken und die Furcht des Piyamaradu (II 26, 29) zu beseitigen und dadurch vielleicht dessen Überstellung
an ihn endlich zu erreichen, könnte seine wenig später erfolgte Aussage in II 34 (s. dort) vermuten lassen.
Denkbar wäre dann nach nu apadda in II 31, wo noch mit sechs bis sieben fehlenden Zeichen bis zum
Rand zu rechnen ist, z.  B. eine Ergänzung, die lauten könnte: [šu-an a-pé-(e-)da-ni pe-eš-ti], so dass sich ins-
gesamt folgender Satz ergäbe: „Dadurch/Auf diese Weise [gibst du die Hand jenem].“
2. Bei diesem Versuch wird, wie schon in Forrer (1929, 111) und Sommer (AU 9), der mit nu apadda begin-
nende Satz wieder dem Haupttext zugeordnet, in dem sich der Hethiterkönig an den König von Aḫḫiyawa
wendet. Sommers Vermutung einer kausalen Bedeutung des Adverbs wäre in diesem Fall nicht fehl am
Platze, auch wenn wir seiner übrigen Deutung der Zeilen II 30  f. und seiner Lesung pí-eš-ta̤ statt pé-eš-⸢du⸣
in II 31 nicht zustimmen; s. oben S. 170 u. 172–174. Diese kausale Bedeutung scheint vor allem dann möglich,
wenn man bedenkt, dass es hier wieder um den rechtswidrigen Aufenthalt des Königs von Ḫatti auf dem
Hoheitsgebiet von Aḫḫiyawa gehen könnte, den dieser im Text gegenüber dem Adressaten einige Male zu
begründen und zu rechtfertigen versucht; zum entschuldigenden und auch beschwichtigenden Ton, den der
Hethiter gegenüber dem König von Aḫḫiyawa anschlägt, und zwar allgemein oder im Detail; s. z.  B. Sommer,
AU 86  f. u. 172; Singer 1983, 214; Güterbock 1983, 135  f. u. ders. 1984, 120  f.; Heinhold-Krahmer 1986, 55.
Sein Vordringen nach Millawanda und sein Aufenthalt dort wurden von ihm ja bereits an anderen Stellen
damit erklärt, dass eine andere Person ihm etwas mitteilte (mit Zitat von deren Rede), was ihn zu dieser Vor-
gehensweise veranlasste, s. z.  B.:

I 53–58:
a) Zitat aus dem Bericht des vom König von Aḫḫiyawa gesandten Boten folgenden Inhalts: Dem Atpa
sei von ihm (vom König von Aḫḫiyawa) mitgeteilt worden, er solle den Piyamaradu dem König von Ḫatti
aushändigen.
b) Dann Einsetzen des Haupttextes mit der an den Adressaten gerichteten Aussage des Hethiters: Da sei
er nach Millawanda (wo Atpa residierte) gezogen.

II 9–16:
a) Erneutes Zitat aus dem Botenbericht, und zwar die an den Hethiter gerichtete Aufforderung, jenen
Menschen (Piyamaradu) entgegenzunehmen. Nach seiner ebenfalls zitierten Antwort hierauf erfolgt dann
b) Einsetzen des Haupttextes, indem der König von Ḫatti gegenüber dem Adressaten feststellt, „Da bin
ich selbst […] hingefahren“ (nach Millawanda).
Analog zur Abfolge in beiden obigen Beispielen wäre also folgende Rekonstruktion denkbar:

II 30  f.
a) Zitat der an den hethitischen Großkönig bei seiner Ankunft in Millawanda gerichteten Aufforderung
des Atpa mit folgendem Inhalt: Er solle dem oder einem dumu.nita die „Hand“ geben, welcher sie dann
jenem (Piyamaradu) geben solle.
b) Dies hätte dem Hethiter jedenfalls auch dann als Begründung oder Entschuldigung gegenüber dem
König von Aḫḫiyawa dienen können, falls er sich noch immer in dessen Hoheitsgebiet aufhielt. Musste er in
diesem Fall doch abwarten, ob Piyamaradu tatsächlich auf die von Atpa geforderte symbolische Handlung
einging und sich dann zu ihm, dem hethitischen Großkönig, geleiten ließ.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   175

Falls der mit nu apadda beginnende Satz sich also an den Adressaten wandte, könnte er in etwa folgen-
den Inhalt besessen haben:

„Deshalb bin ich (/befinde ich mich) hier“ (nu a-pad-da [(u-uk) ka-a e-eš-mi]).

Die Verwendung von kā ēš- findet sich im Text immerhin in I 73. Sie bezieht sich an jener Stelle auf die
frühere Anwesenheit des Kurunta in Millawanda, und zwar zum Zeitpunkt, als auch Tawagalawa dorthin
kam; s. oben I 71–73. Auch führte dies zur Annahme, dass der Text VAT 6692 während der Anwesenheit des
Königs von Ḫatti dort (II 20  ff.) verfasst wurde; s. dazu auch Miller 2006, 242; außerdem oben S. 165; jedoch
auch unten sub III 1  f. S. 222.

II 32 [ ]x ma-a-an me-ek-ki-pát i-ia-at [ ]


Diese Stelle wurde meist als ein dem Hauptsatz vorausgehender Nebensatz betrachtet; s. Forrer 1929, 110  f.;
Sommer, AU 9 u. 117; Hoffner 2009, 306  f.; Beckman et al. 2011, 107  f.; vgl. aber auch die Übersetzung in Miller
2006, 244.
Forrer (1929, 110  f.) setzte am zerstörten Zeilenanfang vor dem erhaltenen ma-a-an ein [ma-a]n ein und
interpretierte diesen Nebensatz als Konditionalsatz im Irrealis („Wenn er sogar viel getan [hätte]“), wobei
er auch den anschließenden Hauptsatz als eine Konstruktion im Irrealis betrachtete, indem er an dessen
zerstörtem Beginn in II 32 ein weiteres ma-an ergänzte; zu Lücke u. Zeichenrest vor ma-a-an s. Translit. S. 28
u. 48 Anm. 135.
Sommer (AU 8) schloss sich Forrers Ergänzung des Nebensatzes  – allerdings mit Fragezeichen  – an,
nicht jedoch der des Hauptsatzes. Am Beginn des Hauptsatzes glaubte er Spuren zu erkennen, die sich eher
mit n[u? vereinbaren ließen. Im Gegensatz zu Forrer betrachtete er daher die gesamte Satzkonstruktion als
potentiale Protasis mit realer Apodosis (AU 117); zur Stellung von konditionalem man vor der modalen Parti-
kel s. CHD L-N, 143 linke Spalte.
Sätze mit Prädikat iye/a-, in denen mekki gleichzeitig auftritt, sind nicht sehr zahlreich überliefert. Vor
allem sind sie nicht mit dem vorliegenden Satz vergleichbar, wie aus den folgenden beiden Beispielen deut-
lich wird:

KUB 25, 23 IV 57  f.: (57)… DU EN-IA ḫé-e-ú-u[n-u̯ a] (58)me-ek-ki i-ia „… Wettergott, mein Herr, mache Regen in großen Mengen …“;
s. Hazenbos 2003, 35, 40 u. vgl. HW2 Ḫ, 578 sub ḫeu- II.2.
KUB 8.35 I 10: [nu]-⸢za⸣ DUMUmeš me-ek-ki i-ia-zi (Omen, CTH 545) „[Und] er zeugt Söhne in großer Zahl.“; vgl. Friedrich, HE2
§ 192.

Bei diesen Beispielen findet sich jeweils ein Akkusativobjekt im Satz, wobei nach Friedrichs Auffassung (l.  c.)
mekki als attributives Adjektiv betrachtet werden könnte, da es zu jenen Adjektiven gehört, die nur teilweise
flektiert werden und daher nicht immer mit dem zugehörigen Nomen übereinstimmen. Zumindest versuchte
er dies auch anhand seiner Übersetzung der oben zitierten Stelle KUB 8.35 I 10 zu verdeutlichen (HE2 117
§ 192: „… und er zeugt viel Kinder.“), wo dem Nomen im Akkusativ Plural ein undekliniertes mekki folgt. Eine
andere Meinung wird in CHD L-N, 247 sub mekki- A adj. 2. vertreten, wonach in derartigen Fällen mekki als
Adverb zu betrachten wäre; s. weiter noch CHD L-N, 248 sub mekki B adv., und zwar unter a.2′ (mit mehreren
Beispielen). Was nun unsere Stelle in II 32 anbelangt, so scheint in CHD eine gewisse Unsicherheit bezüglich
einer Deutung als Adverb oder Adjektiv zu herrschen. Einerseits wird die Stelle verbucht unter mekki [B e.]
als Adverb auf S. 249, andererseits zitiert unter mekki- als Adjektiv auf S. 246 [A 1.d.]; zu mekki s. zuletzt auch
GrHL § 19.13 (S. 202: greatly). Jedenfalls erscheint hier in II 32 im Satz kein Nomen als Akkusativobjekt.
Nach Meinung von J.H. (s. auch hier Glossar) wäre mekki (mit enklit. -pat) nun hier als Adjektiv im A.Sg.n.
zu betrachten, und keinesfalls als Adverb, das ebenfalls immer in dieser Form auftritt und als solches ein-
deutig in VAT 6692 II 74 bezeugt ist.
Zumindest nach der deutschen Grammatik könnte mekki in der Bedeutung „viel“ in Verbindung mit
iye/a- („viel tun“) auch als Adverb betrachtet werden, wenn man seine Steigerung „mehr tun, am meisten
tun“ berücksichtigt. Als Adverb ist me-ek-ki vielleicht auch in Verbindung mit mema- im Brief KUB 19.20

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176   S. Heinhold-Krahmer

Rs.  19 zu betrachten:  … ku-i]t me-ek-ki me-mi-iš-ki-ši „… wei]l du <fortwährend> viel sprichst“;83 so nach
Hagenbuchner (1989b, 307, dort Rs.  16′). Die auf einer Ergänzung von Rs.  19 beruhende Übersetzung von
van den Hout (1994, 69): 19„[Wa]s [das betrifft, daß du deine Truppen?] immer wieder zahlreich nennst, …“,
scheint zwar nicht unmöglich, aber wegen der zusätzlichen Lücke ebenfalls keineswegs sicher.
Der von den Pionierforschern gebotenen Übersetzung in II 32 (Forrer 1929, 111: „Wenn er sogar viel getan
[hätte], …“ u. 152; Sommer, AU 9: „Sollte er noch so viel angestellt haben, …“ u. 117) stehen die Übersetzun-
gen der modernen Forscher ohne Ergänzung von [ma-a]n vor dem erhaltenen ma-a-an gegenüber; s. Miller
2006, 244: „wenn er noch so viel gemacht hat …“; Hoffner 2009, 306 u. Beckman et al. 2011, 107: „If […] had
done much …“.
Uneinigkeit herrschte von Anfang an hinsichtlich der Person, auf die sich das Prädikat iyat (3.Sg.Prt.)
bezieht. Nach Forrer (1929, 152) handelte es sich dabei um Tawagalawa, was Sommer zu Recht ablehnte.
Dieser (AU 117) hingegen vermutete, dass Atpa gemeint sei; In neueren Textbearbeitungen wurde all dies
nicht kommentiert.
Eine dritte Person neben Sommers Atpa und Forrers – vor allem nach heutigem Forschungsstand abzuleh-
nendem – Tawagalawa wurde als Subjekt des Nebensatzes bislang entweder ausgeschlossen (s. schon Forrer
1929, 151  f. u. Sommer, AU 117) oder anscheinend gar nicht näher in Erwägung gezogen: nämlich Piyamaradu.
Obgleich nach wie vor auch dessen Schwiegersohn Atpa hier nicht gänzlich außer Betracht kommt, geht
es, wie schon oft betont, im vorliegenden Text hauptsächlich doch um den Unruhestifter selbst und seine
Auslieferung. Dies ist auch der Fall
1. bei der unmittelbar vor II 32 berichteten Verhandlung des Königs von Ḫatti mit Atpa in Millawanda
(II 21–31; s. oben S. 165–175); dabei ist – vor allem wenn man die von uns vertretene und oben begründete
Lesung pé-eš-⸢du⸣ in II 31 akzeptiert  – auch das unmittelbar vorausgehende Pronomen [a-p]é-e-da-ni auf
Piyamaradu zu beziehen; und
2. ferner sehr wahrscheinlich noch im nachfolgenden Teil, welcher Anhaltspunkte und textliche Paral-
lelen liefert, die auf diesen für Ḫatti gefährlichen Mann hindeuten dürften; besonders II 35–46; s.  unten
S. 176–190.

Es ist mit Forrer (1929, 111 u. 152), Sommer (AU 9 u. 117) und wohl auch den jüngeren Interpreten der Stelle in
II 32 zu vermuten, dass mekki iye/a- im Sinne von „viel tun“ hier kaum im positiven, sondern im negativen
Sinne (s. AU 9 „viel anstellen“) zu deuten ist, auch wenn bislang in den überlieferten Texten kein gleiches
Paradigma gefunden werden konnte. In KBo 14.4 III 16  f. z.  B. wird „Böses oder Schlechtes tun“ wörtlich mit
idālu iye/a- ausgedrückt.
Während nun die „Missetaten“ und das feindliche Verhalten des Piyamaradu – zumindest aus hethitischer
Sicht – bereits im vorausgehenden Text (z.  B. I 1  f.; I 6–23; I 26–31; I 50  f.; II 23–25), aber dann wohl auch im nach-
folgenden zur Sprache kommen (z.  B. III 9  f.; III 12  f.; III 52′–62′), ist von Atpa – vorausgesetzt die Darstellung des
Hethiterkönigs ist korrekt – nur bekannt, dass er die stattgefundenen und wohl auch weiterhin noch geplan-
ten aggressiven Aktionen seines Schwiegervaters vor dem König von Aḫḫiyawa bislang verschwiegen hatte
(I 64  f.) und dass er weiter der an ihn ergangenen Anordnung des Letztgenannten, Piyamaradu dem König
von Ḫatti zu übergeben (I 53–56; II 9  f.), noch nicht Folge geleistet hatte. Zudem hatte er auch die voraus-
gegangene Aufforderung des Hethiters, zu ihm, wohl auf hethitisches Hoheitsgebiet, zu kommen (I 48  f.),
allem Anschein nach ebenfalls nicht beachtet, so dass dieser persönlich nach Millawanda zog. Von kriege-
rischen Aktivitäten und beleidigendem Verhalten der Art, wie sie Piyamaradu zugeschrieben werden, wird
dagegen von Atpa in den erhaltenen Textpassagen von VAT 6692 kaum etwas berichtet. Was ihm von hethi-
tischer Seite angelastet werden konnte, war also eher sein passives Verhalten in der Piyamaradu-Angelegen-
heit. Allein schon deshalb ließe sich das Prädikat des Nebensatzes (3.Sg.Prt.) in II 32 eher auf Piyamaradu als
zugehöriges Subjekt beziehen.

83 Diese Zeilenzählung ergibt sich durch den von van den Hout (1994, 66, 69) vorgenommenen Zusammenschluss von KUB 19.20
Rs. mit dem kleineren Fragment KBo 12.23 (s. dazu van den Hout 1994, 63), wodurch sich allerdings nur eine Bereicherung für die
Zeilen Rs. 1–13 (nach der neuen Zählung) bietet, nicht jedoch für die oben zitierte Stelle Rs. 19 bzw. Rs. 16′ nach der alten Zählung
in Hagenbuchner 1989b, 305 u. 307, Nr. 208.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   177

Sommer aber (AU 117), dem zweifellos nicht entgangen war, dass auch Piyamaradu in Betracht zu
ziehen sei, versuchte zugunsten von Atpa anzuführen, dass von 𒀹  zaršiya- in Verbindung mit Piyamaradu
„erst nach den Verhandlungen, II 62  ff.84, und zwar ausführlich“ gesprochen werde, und Letzterer habe es
(𒀹  zaršiya-) vielleicht noch nicht zu der Zeit gehabt, auf die sich der Inhalt von II 32  f. beziehe. Doch ungeach-
tet der Tatsache, dass die von Sommer im Anschluss an Forrer (1929, 110) zu Beginn von II 33 vorgenommene
Lesung [𒀹  za-a̤ ]r?-šị-i̯a+ (vgl. auch unsere Translit. S. 28) gar nicht mehr in allen Bearbeitungen aus neuerer
Zeit gewagt wurde (s. die Übersetzung von Miller 2006, 244 u. die Translit. in Hoffner 2009, 307), so wirkt
Sommers Argument vor allem aus folgendem Grund nicht allzu überzeugend:
Der Inhalt des Haupttextes, in dem sich der hethitische Großkönig an den Herrscher von Aḫḫiyawa
wendet, um diesen zur Auslieferung des Piyamaradu zu bewegen, ist ganz offensichtlich – abgesehen von
der Schilderung der Marschroute des Hethiterkönigs bis nach Millawanda – nicht durchgehend nach chrono-
logischen Gesichtspunkten angeordnet. Bestimmte Ereignisse werden gegenüber dem Adressaten an diver-
sen Stellen von VAT 6692 zwei- oder sogar dreimal zur Sprache gebracht. Dies lässt sich schon allein anhand
der drei folgenden Beispiele erkennen.
a. Insgesamt dreimal wird auf die erfolglose Mission des tartenu hingewiesen, der als ein hoher Wür-
denträger und Sohn des hethitischen Großkönigs die Sicherheit des Piyamaradu beim Geleit zu diesem
Herrscher garantiert hätte (I 8–15; I 67–71; II 4–7). Die alleinige Schuld an dieser misslungenen Aktivität
trug aus hethitischer Sicht der störrische Unruhestifter selbst.
b. Zweimal wird Bezug genommen auf die an Atpa ergangene Anweisung des Adressaten, den Piyama-
radu dem König von Ḫatti auszuhändigen (I 53–56; II 21–23), was dem Hethiter als Begründung für sein
anschließendes Vordringen nach Millawanda dienen konnte.
c. Mindestens dreimal wird im Text von (flüchtigen) nam.ra-Leuten berichtet (I 41–44; III 9–17;
[III 22–25?]; III 54′  f.), die sich anscheinend Piyamaradu angeschlossen hatten, und die sich nun auf dem
zu Aḫḫiyawa gehörenden kleinasiatischen Terrain befanden. Deren Rückgabe versuchte der Hethiter
offenbar auf jeden Fall zu erreichen, auch für den Fall, dass Piyamaradus Rückkehr in den hethitischen
Machtbereich misslingen sollte.

So werden – ähnlich wie bei einer Verhandlung – in VAT 6692 manche Geschehnisse in leicht abgewandel-
ter Form wiederholt, sei es, dass es sich dabei um Schilderungen feindlichen Verhaltens von Piyamaradu
handelt, oder sei es, dass Erklärungen für bestimmte hethitische Gegenmaßnahmen geboten werden.
Warum also sollte jene Person, auf die im Nebensatz (II 32) die Wendung mekki iyat und ferner die Erwäh-
nung von 𒀹  zaršiya- im nachfolgenden Hauptsatz (II 33) zu beziehen ist, – vorausgesetzt die dortige Ergän-
zung ist korrekt – nicht mit Piyamaradu identisch sein? Auch wenn die an den König von Aḫḫiyawa gerichtete
Erläuterung dessen, was in Ḫatti 𒀹  zaršiya- bedeute, quasi welche Sicherheit dem betroffenen Piyamaradu
dadurch garantiert worden sei, erst später in II 62  f. erfolgt, so schließt das doch nicht aus, dass dieser Mann
schon hier in II 32  f. gemeint ist.
Sommer selbst widersprach sich dann bis zu einem gewissen Grade, indem er vor besagter Erläuterung
in II 61 (in Sommer II 62) den nicht vollständig erhaltenen Satz folgendermaßen ergänzte und übersetzte:
nu a.na Ipí-i̯a-ma-ra-du 𒀹  za-ar-ši-i̯a-an k[a?-ru-ú ad.din] „Nun [habe ich] dem Pijamaradu b[ereits?] Garantie
[gegeben?].“ Er scheint immerhin im weiteren Verlauf seiner Textbearbeitung davon ausgegangen zu sein,
dass Piyamaradu 𒀹  za-ar-ši-i̯a doch „schon“ („zuvor“ bzw. „früher“) erhalten habe (dazu AU 131  f.), und zwar
bevor der König von Ḫatti die Erläuterung zu 𒀹  za-ar-ši-i̯a für nötig erachtete. Allerdings wich er dabei (AU
132) weiterhin nicht von seiner schon in AU 117 geäußerten Vermutung ab, dass 𒀹  za-ar-ši-i̯a in II 32 eher
dem Atpa zuzuordnen sei. Der Hinweis auf Piyamaradus Empfang von 𒀹  za-ar-ši-i̯a konnte dann nach seiner
Meinung am zerstörten Ende von § 6 Platz gefunden haben.
Eine Festlegung auf Atpa in II 32  f. scheint jedoch nur dann einigermaßen logisch, wenn man wie Sommer
(AU 114  f.) den dumu.nita, der zuvor (II 30) innerhalb der an den Hethiterkönig gerichteten Rede des Atpa ins
Spiel gebracht wird, mit Letztgenanntem selbst identifiziert; zur schwierigen Frage bezüglich der Identität

84 Nach unserer Zeilenberechnung II 61  ff.

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178   S. Heinhold-Krahmer

des dumu.nita s. jedoch schon oben S. 169–172; zu weiteren gegen Sommers Atpa-Hypothese sprechenden
Überlegungen s. unten sub II 33  ff.

II 33 [𒀹  za-a]r-ši-ia gam-an da-li-ia-nu-un


Da gegen die von den Pionierforschern vermutete Ergänzung [𒀹  za-a]r?-ši-i̯a am Zeilenbeginn weder im Hin-
blick auf den vorhandenen Raum noch aus inhaltlichen Gründen gravierende Einwände vorzubringen sind
und auch keine alternative Lesung angeboten werden kann, haben wir uns deren Lesung angeschlossen;
s. Translit. S. 28 u. 49 Anm. 137; ferner auch Beckman et al. 2011, 108. Jedenfalls scheint auch das Prädi-
kat ­da-li-ia-nu-un im Hauptsatz gerade dann, wenn man den vorausgehenden Nebensatz auf Piyamaradu
bezieht, recht gut damit zu harmonieren (zu 𒀹  zaršiya in Verbindung mit Piyamaradu s. auch unten S. 199–213
sub II 61–69), ungeachtet der Tatsache, dass eine Ergänzung des Beginns dieses Hauptsatzes am Ende von II
32 problematisch erscheint; vgl. den Versuch einer Satzrekonstruktion in Forrer (1929, 110  f.): (32)[ma-an (An-)
Ud-ši Tur]-ia (33)[𒀹  za-a]r-ši-i̯a Gam-an da-li-ia-nu-un, was in Verbindung mit dem vorausgehenden Nebensatz
in II 32 zu folgender Übersetzung führte: „(32)Wenn er sogar viel getan [hätte], [hätte] ich, [der Sonnenkönig],
meinen [Sohn] (33)in [Gast]freundschaft belassen,“85 mit dem in Sommer (AU 8): (32)n[u? a-pu-u-un ku-u̯ a-pí-(?)]
i̯a+ (33) [𒀹  za-a̤ ] r?-šị-i̯a gam-an da-li-i̯a-nu-un „(32)Sollte er noch so viel angestellt haben, [ihn(?) habe ich [imme]
r(??) (33)unter [Garan]tie belassen.“
In seinem Kommentar vertrat Sommer (AU 117) die Meinung, gam-an (= kattan) dal(ii̯)a- [= daliye/a-],
was er als Verbum compositum betrachtete, werde „auch hier in der Bedeutung nicht weit vom Simplex abge-
standen“ haben, wobei er auf Friedrich 1926, 132 (Kup § 20 D 11 = KUB 6.41 IV 11) und auf KUB 13.20 I 24
hinwies. Sowohl im erstgenannten Text, dem Vertrag mit Kupanta-dkal von Mira als auch in letztgenanntem,
einer Militärinstruktion (s. Miller 2013, 144–153), ist an besagten Textstellen von Garnisonstruppen die Rede.
Es handelt sich dabei laut erstem Text um solche, die die Majestät beim Vasallen als Besatzung belassen
bzw. zurückgelassen hat; s. ferner auch KBo 5.4 Vs. 25 [Targ]; Friedrich 1926, 56  f. Nach dem zweiten Text, der
Militärinstruktion, geht es um solche Truppen, die die Majestät zur bzw. bei der Besatzung (irgendwo) belas-
sen oder zurücklassen wird. Der Unterschied besteht darin, dass im Vertrag KUB 6.41 II 11 kattan daliyanun
steht, und zwar ohne -kan, in der Militärinstruktion dagegen dālaḫḫi ohne kattan jedoch mit -kan (wegen
zusätzlichem Dat.-Lok.?). Sommer ist zumindest in Bezug auf diese beiden Beispiele Recht zu geben, dass
gam-an daliye/a-, dem Verbum compositum, und daliye/a-, dem Verbum simplex, in etwa dieselbe Bedeutung
zukommen dürften. Millers (2006, 244) Übersetzung von kattan daliyanun in II 33 lautet: „habe ich zurück-
gelassen“, wobei er noch auf eine Ergänzung des davor befindlichen Wortrestes verzichtete.86
Die wenigen Belege von 𒀹  za-ar-ši-i̯a- in der Münchner Zettelsammlung für HW2 (zu diesen und ihrer
Bedeutung „Sicherheitsgarantie, Freigeleit“ s. unten sub II 61  f.) sind ansonsten bislang nicht in Verbindung
mit gam-an und dala-, daliye/a- belegt.
Schließt man sich jedoch der nicht unwahrscheinlichen Lesung am Beginn von II 33, nämlich
[𒀹  za-a] r-ši- ia, an, so scheint auch die Annahme naheliegend, dass gam-an (= kattan) als Postposition (vgl.
Friedrich, HW 105) zu [𒀹  za-a]r-ši-ia zu betrachten ist, nämlich: „… habe ich … unter [Sicherheitsga]rantie
belassen“. So hat Sommer in seiner Übersetzung (AU 9) die Stelle im Prinzip ja dann auch trotz seiner anders
wirkenden Bemerkungen im Kommentar wiedergegeben.

85 Zu Forrers Interpretation von 𒀹  za-ar-ši-i̯a- auch an den anderen im Text vorkommenden Stellen als „Gastfreundschaft“
s. unten sub II 61  f.
86 Feststeht ferner, dass kattan daliye/a- in einigen Fällen, wie z.  B. in KBo 3.3 II 8  f. (hier mit -kan), auch im Sinne von „hin-
terlassen (nach dem Tode)“ verstanden wurde (s. Beckman 19992, Nr. 30 § 5), eine Bedeutungsvariante, die hier in VAT 6692 II 33
aber nicht zutreffen dürfte.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   179

II 32  f. zum Satzgefüge:


Abschließend bieten sich hauptsächlich zwei Möglichkeiten an, die Art des dem Hauptsatz vorausgehenden
Nebensatzes zu bestimmen und den Inhalt beider in ihrem Zusammenhang zu deuten:
1. Man könnte weiterhin mit Forrer (1929, 110) und Sommer (AU 8 mit Fragezeichen) am Beginn von
II 32 [ma-a]n? ergänzen; s. zur Stellung von konditionalem mān CHD L-N, 143 linke Spalte; freilich wäre es
demnach besser, ma-a-a]n vor der modalen Partikel, die hier dann ebenfalls mān geschrieben wäre, zu
ergänzen; s. oben S. 166  f. Begründen ließe sich aber die Ergänzung von Forrer u. Sommer damit, dass sie
a) räumlich passen würde, b) die Kombination von Nebensatzkonjunktion und modaler Partikel im Text
nicht singulär wäre (s. II 16) und c) dass wir für die Lücke von etwa zwei Zeichen „auch nichts Besseres“ (so
schon Sommer, AU 117) wüssten. Sommers Deutung würde allerdings eher mit seiner – bereits oben (S. 171
u. passim) in Frage gestellten – Auffassung harmonieren, dass hier von Atpa die Rede gewesen sei; s. AU 9:
„Sollte er noch so viel angestellt haben,“ (AU 117: „potentiale πρότασις“). Über Fehlverhalten von dessen
Seite in der Piyamaradu-Angelegenheit konnte der Hethiter ja anscheinend nur spekulieren (s. z.  B. I 63–65),
wozu eine Interpretation mit Potentialis in II 32 passen würde. Untaten des Piyamaradu dagegen wurden
mehrfach im Text als reale Geschehnisse aufgeführt, waren also bekannt und hätten deshalb vermutlich
keiner Modalisierung der Aussage bedurft.
2. Bedenkt man nun aber, dass der in II 31 mit nu a-pád-da beginnende Satz bis zum Ende der Zeile zer-
stört ist, so ist nicht sicher davon auszugehen, dass sich das verloren gegangene Prädikat am Ende von II 31
befunden hat. Es könnte auch erst am Beginn von II 32 in der Lücke vor ma-a-an gestanden haben. In diesem
Fall würde die von den Pionierforschern vermutete Modalpartikel entfallen, und der Nebensatz würde nur
durch mān  – hier dann Nebensatzkonjunktion  – eingeleitet werden. Da weiter, wie oben (S.  176–178 aus-
führlich dargelegt), mehr dafür zu sprechen scheint, dass mit der Person in II 32, die viel angerichtet hat,
Piyamaradu gemeint ist, liegt die Vermutung nahe, dass der Modus des dem Hauptsatz vorausgehenden
Nebensatzes in II 32 als Realis zu betrachten ist und dem mān hier dann problemlos auch konzessive Bedeu-
tung zukommen könnte. Dies ergäbe in II 32  f. dann zusammen mit dem anschließenden Hauptsatz folgende
Übersetzung:

„Obwohl er (Piyamaradu?) viel angestellt hat, […] (33)habe ich [ihn?] unter [Sicherheitsga]rantie belassen.“
(32)

Konzessivsätze werden zwar häufig durch mān  …-(i)a gekennzeichnet (s. GrHL §  30.46), doch manchmal
auch nur durch die Konjunktion mān alleine, worauf schon Friedrich (1926, 159 u. HE2 167) hingewiesen hat
mit einem Beispiel aus dem Vertrag mit Kupanta-dkal § 7 = KBo 5.13 Vs. I 18–20:

… zi-ik-ma-za mKu-pa-an-ta-dkal-aš (19)⸢ana mpíš.t⸣ur-u̯ a ku-it dumu-šu e-eš-ta ma-an-za ú-ul ma-an-ga u̯ a-aš-du-la-aš
(18)

 e-eš-⸢ta⸣ [m]a-an-ták-kán é a-bi-ka kur-ka-ia ú-ul ar-ḫa da-a-ir „Weil du aber, Kupanta-Kurunta der Sohn des Mašḫuiluwa
(20)

warst, hätte man da nicht dir, obwohl du keinesfalls gesündigt hast, das Haus deines Vaters und dein Land wegnehmen
dürfen?“

Eine Ergänzung des Zeilenendes von II 32, das den Beginn des in II 33 zu Ende geführten Hauptsatzes ent-
halten haben muss, bleibt letztlich unsicher, auch wenn Sommers Ergänzungsversuch n[u? a-pu-u-un ku-u̯ a-
̯ in Verbindung mit dem in II 33 anschließenden [𒀹  za-a]r-ši-ia gam-an da-li-ia-nu-un durchaus einen
pí-(?)] iạ
guten Sinn ergibt, nämlich: „[ihn (?) habe ich [imme]r (??) unter Garan]tie belassen.“ Ähnliches ergäbe sich
auch, wenn man die fehlenden Zeichen vor dem teilweise erhaltenen und über den Rand hinausgeschriebe-
nen -⸢ia⸣ in II 32 folgendermaßen ergänzen würde: [nu a-pu-u-un nam-ma-]⸢ia⸣, nämlich in Verbindung auch
mit dem vorausgehenden Nebensatz (32)„Obwohl er noch so viel angestellt hat, habe ich [jenen] auch [weiter]
(33)
unter Garan[tie] belassen.“

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180   S. Heinhold-Krahmer

II 33–37 von der Lücke am Zeilenende II 33 bis zur Lücke am Beginn von II 37

II 33 von der Lücke am Zeilenende II 33 bis ad-di[n] in II 34


Forrer (1929, 110) und Sommer (AU 8) ergänzten am Beginn von II 34 den Rest eines Verbs […]x-nu-nu-⸢un⸣
(= Suffix -nu- + Verbalendung 1.Sg.Prt.) zu [li-in-g]a-nu-nu-un (Forrer l.  c.) bzw. [li-in-g]a?-nụ-nu-ụn (Sommer
l.  c.) „ich vereidigte, ließ schwören“. Dies kann freilich nicht völlige Sicherheit beanspruchen, da einerseits
die Lesung g]a fraglich ist (s. Translit. S. 28 u. 49 mit Anm. 139) und andererseits das erhaltene Suffix -nu-
recht häufig bei diversen Verben im Hethitischen zur Bildung von Kausativa verwendet wurde; s. schon HE
§ 153, ferner HE2 74, § 140; ferner GrHL 178  f., § 10.15–§ 10.16. Immerhin ist linganu- auch in I 66 bezeugt. Außer
Frage steht auch, dass dieses Verb das Prädikat eines Satzes darstellt, der in der Lücke am Ende von II 33
begonnen haben muss.
Da Sommer den dumu.nita in II 30 mit Atpa selbst zu identifizieren versuchte, mit jener Person also, der
der Hethiterkönig gemäß Atpas eigenen Worten die Hand geben sollte – es handelt sich dabei, wie bereits
gesagt, nicht um eine Anfrage wie in Sommers Übersetzung, sondern nach neuerer und heute allgemein ver-
tretener Interpretation um eine Aufforderung (oben S. 169) –, erscheint seine Vermutung, dass es dann auch
Atpa war, dem der Hethiterkönig schließlich nach II 34 seine „Hand“ gab, durchaus folgerichtig. Deshalb
ergänzte Sommer, der auch die beiden vorausgehenden Sätze (s. oben II 32  f.) auf Atpa bezogen hatte, dann
am Ende von II 33 [nu-za Iat-pa-a-a]n(?), was in Verbindung mit dem von ihm ergänzten Prädikat in II 34
den Satz „Dann [vereid]igte ich [den Atpa]“ ergibt. Dies würde zweifellos einerseits auch die Lücke von ca.
sechs Zeichen bis zum Rand von II 33 ausfüllen, und andererseits ließe sich das vermutete letzte Zeichen -a] n
gut mit dem noch sichtbaren senkrechten Keil am Zeilenende vereinbaren.
Doch spricht einiges gegen diese Deutung:
1. Die Identifikation des dumu.nita mit Atpa kann, wie bereits oben (S. 171  f.) dargelegt, gar nicht als
sicher gelten, da auch andere Personen, wie z.  B. männliche Nachkommen des Piyamaradu oder des Königs
von Ḫatti, damit gemeint worden sein könnten.
2. Ein weiterer zu bedenkender Aspekt ergibt sich aus der bereits besprochenen und von Sommers Über-
setzung abweichenden neueren Interpretation von II 30 sowie der Lesung pešdu statt früher pešta in II 31 mit
dem Erhalt von insgesamt zwei aufeinanderfolgenden Imperativsätzen; s. oben S. 169 u. 170  f. u. vgl. unsere
Translit. u. Übersetzung von II 30  f. Legt man diese Änderung zugrunde, so scheint, wie schon festgestellt,
der Schluss sehr gut möglich, dass sich [a-p]é-e-da-ni im zweiten Imperativsatz höchstwahrscheinlich wie
schon zuvor apāš=ma in II 28 auf Piyamaradu beziehen muss, und nicht auf Atpa, wie Sommer vermutet
hatte. Dies wiederum ist dann auch für die Interpretation der nachfolgenden Zeilen nicht ohne Bedeutung.
Die sich aus der Neuinterpretation von II 30  f. ergebende Rolle des dumu.nita als Übermittler der „Hand“
bzw. einer „indirekten Handreichung“ des Königs von Ḫatti an Piyamaradu, quasi als dessen (des Hethiters)
Bevollmächtigter bei dem weiteren Procedere in der Piyamaradu-Affäre, lässt sich nicht mehr gleichermaßen
auch auf Atpa beziehen (s. auch unten sub drittens). Sommer hatte offensichtlich nicht ausgeschossen, dass
Atpa sich während der Verhandlungen mit dem König von Ḫatti in Millawanda bei Letzterem auch als Unter-
stützer bei der Lösung der Piyamaradu-Affäre angedient hatte (s. z.  B. AU 115  f.), doch scheinen seine weite-
ren Textauslegungen in AU (116–122) – gerade auch in Verbindung mit den dortigen Ergänzungen (s. bereits
II 30  f. und dann insbesondere seine Interpretation von II 33 Ende bis II 37) – eher darauf ausgerichtet zu sein,
ein Bestreben des Atpa darzulegen, persönlich von hethitischer Seite gefördert zu werden.
Skepsis scheint daher besonders gegenüber der – wenn auch räumlich recht gut passenden – Ergänzung
von Atpas Namen hier am Ende von II 33 angebracht zu sein, sowie gegenüber der Interpretation der nach-
folgenden Zeilen bis II 46 (AU 118–124).
Angesichts der möglich erscheinenden Ergänzung des Verbs am Beginn von II 34 zu [li-in-g]a?-nu-nu-un,
die Sommer im Anschluss an Forrer vorgenommen hatte, insbesondere in Verbindung mit dem anschlie-
ßenden Hinweis des Hethiterkönigs, dass er – zweifellos der vorausgegangenen Aufforderung des Atpa (in
II 30) entsprechend – jemandem dann tatsächlich die Hand reichte (II 34: nu-uš-ši šu-an ad-din), ergäbe sich
aber noch ein weiteres Problem sachlicher Art, das nicht unbedingt für Sommers Atpa-Hypothese sprechen
dürfte, sondern eher dagegen. Denn um Sommers eben genannte Ergänzungen am Ende von II 33 und am

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   181

Beginn von II 34 akzeptieren zu können, wäre nämlich noch Folgendes zu klären: Aus seinen Deutungen
dort, in Verbindung mit I 66 betrachtet, ergäbe sich ja, dass der König von Ḫatti dem Atpa während seines
Aufenthaltes in Millawanda Eide abgenommen hätte, die völlig unterschiedlichen Inhalts waren, und zwar:
a) Gemäß I 66  f. hatte Atpa gemeinsam mit Awayana schwören müssen, die Vorwürfe, die der Großkönig
gegenüber deren Schwiegervater Piyamaradu dort vorgebracht hatte (I 62–65), vollständig dem König von
Aḫḫiyawa zu melden, also nicht, wie es offenbar bisher geschehen war, darüber zu schweigen.
b) Betrachtet man dann noch Sommers Deutung von II 33  f. in Verbindung mit unserer Neuinterpretation
von II 30  f. (s. oben sub zweitens), so wäre Atpa vereidigt worden, quasi als Bevollmächtigter des Groß-
königs von Ḫatti, dem Piyamaradu die „Hand“ zu geben.
Hier müsste man also den Widerspruch akzeptieren, dass der Hethiter erstaunlicherweise einerseits dem
Atpa und dessen Schwager Awayana misstraute, da beide bislang die hethiterfeindlichen Aktivitäten ihres
Schwiegervaters vor dem Herrscher von Aḫḫiyawa, ihrem Oberherrn, verheimlicht hatten, dass er aber ande-
rerseits gleichzeitig gerade diesen Atpa ermächtigt hätte, an seiner Stelle mit Piyamaradu zu verhandeln,
zweifellos um dessen Überstellung und Unterwerfung unter hethitische Oberhoheit zu erreichen.
Zwar scheint im Rahmen der Diplomatie vieles, auch Widersprüchliches, möglich zu sein. Im Anbetracht
der schlechten Erfahrungen aber, die zuvor schon der mit diesem Auftrag betraute hohe hethitische Würden-
träger und Sohn des hethitischen Großkönigs, der tartenu, dessen Mission ja kläglich gescheitert war, mit
jenem hartnäckigen Gegner hatte machen müssen, weiter aber aufgrund der Tatsache, dass Atpa anschei-
nend nicht einmal dem Befehl seines eigenen Oberherrn, des Königs von Aḫḫiyawa, Piyamaradu dem König
von Ḫatti auszuhändigen (I 55  f.), hatte befolgen können oder wollen, erscheint es doch weiterhin ziemlich
fraglich, dass sich Letztgenannter auf einen solchen „Handel“ mit Atpa eingelassen hat.
Sommers Bemerkung (AU 118), dass es sich bei der nach seiner Meinung auch schon von Forrer „gewiß
mit Recht“ ergänzten Verbform in II 34 ([li-in-g]a?-nụ-nu-ụn „nahm ich … unter [Ei]d“) „um denselben Aktus“
handeln könne und werde wie schon bei der in I 66 berichteten Vereidigung von Atpa und Awayana, erscheint
folglich ziemlich problematisch. Die Berichte über die Vereidigungen weichen doch inhaltlich völlig vonein-
ander ab und unterscheiden sich dadurch stark von Stellen, die – nur mit unwesentlichen sprachlichen und
inhaltlichen Änderungen versehen – im Text parallel zwei- bis dreimal über die im Grunde selben Handlun-
gen und Ereignisse berichten.87
3. Angesichts der angesprochenen Schwierigkeiten, die sich aus Sommers Atpa-Hypothese in Verbin-
dung mit der Neuinterpretation von II 30  f. ergeben haben, scheint nun der Verdacht naheliegend, dass am
Ende von II 33 eine andere Person als Atpa, sei es mit ihrem Namen, sei es mit ihrer Amts- oder Rangbezeich-
nung, genannt worden sein dürfte, der der Hethiter schließlich „die Hand“ gegeben hat (II 34). Wen Atpa mit
dem dumu.nita gemeint hat, muss letztlich ohnehin unklar bleiben. Hier wäre zunächst, wie schon oben
(S. 171  f.) dargelegt, entweder an einen männlichen Nachkommen des Piyamaradu oder aber an einen des
Hethiterkönigs zu denken. Die Tatsache, dass über Personen aus der engeren Familie des Erstgenannten mit
Ausnahme von dessen Schwiegersöhnen Atpa und Awayana nichts aus dem Text zu erfahren ist, und einzig
Atpa als Verhandlungspartner des Hethiters darin stärker hervortritt, hat Sommer zweifellos zu seiner Iden-
tifizierung des dumu.nita mit Atpa selbst bewogen, dem der König von Ḫatti dann auch die Hand gegeben
hätte.
Dass der Hethiter wiederum nach der gescheiterten Mission des tartenu, eines Sohnes (II 4), der ja, wie
bereits aus I 12 hervorgeht, seine „Hand“ gehabt hätte, nochmals das Risiko einging, einen eigenen Nachkom-
men in Stellvertretung seiner Person, ausgestattet mit Vollmachten und Schutz-Garantien, zu Piyamaradu zu
senden, um diesen in den hethitischen Herrschaftsbereich zu geleiten, ist wohl nicht allzu wahrscheinlich.
Doch erfahren wir immerhin aus derselben Kolumne mehrere Zeilen später, dass der hethitische Großkönig
doch noch einen Versuch unternahm, eine Überstellung des „widerspenstigen“ Gegners zu erreichen, indem
er den Wagenlenker Dabala-Tarḫunta in den Machtbereich von Aḫḫiyawa entsandte (II 57  f.). Dabei pries er
diesen Mann gegenüber dem König von Aḫḫiyawa in höchsten Tönen an, und zwar nicht nur wegen dessen

87 S. z.  B. die drei Stellen über die tartenu-Affäre (I 8–11; I 67–70; II 4–7) oder die beiden Hinweise auf die Nachricht des Boten
aus Aḫḫiyawa (I 53–56; II 9  f.).

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182   S. Heinhold-Krahmer

besonderen Qualitäten als Wagenlenker und den auch damit verbundenen früheren Kontakten zu Tawaga-
lawa (s. unten II 57–61), dem vermutlichen Vorgänger des Adressaten (s. oben zu I 71), sondern vor allem
auch wegen dessen Eignung als Garant für Piyamaradus Sicherheit und für dessen Rückkehrmöglichkeit
nach Aḫḫiyawa. Dabala-Tarḫunta konnte jedenfalls als Familienangehöriger der hethitischen Königin als
eine hochrangige Geisel dienen (II 70–76).
Nicht unwahrscheinlich wäre es daher, dass bereits hier in II 33 Dabala-Tarḫunta namentlich oder in
seiner amtlichen Funktion genannt wurde, auch wenn es sich bei diesem nicht um den von Atpa geforderten
dumu.nita, einen Sohn bzw. männlichen Nachkommen des Königs von Ḫatti, gehandelt hat, sondern eben
nur um einen angeheirateten Verwandten.
Der Raum für ca. sechs Zeichen bis zum Rand von II 33 würde für diesen Namen zwar nicht ausrei-
chen, doch ist nicht ganz auszuschließen, dass der noch sichtbare und von Sommer als Rest von AN erwo-
gene senkrechte Keil bei seiner Ergänzung von [nu-za Iat-pa-a-a]n? im Falle von nu-za mDa-ba-la-d10-an den
Rest des Determinativs für dingir (von d10) darstellen könnte. Die beiden letzten Zeichen (10-an) müssten
dann – wie häufig der Fall in Kol. II – über den Rand geschrieben worden sein. Freilich ist schon auf den
älteren Fotos (AU Taf. I u. BoFN 738) davon so gut wie nichts mehr zu sehen gewesen. Dagegen könnte nu-za

kar-tap-pu in die Lücke bis zum Rand gepasst haben, doch ließe sich das letzte Zeichen nicht mit dem
noch sichtbaren senkrechten Keil vereinbaren.
Nach diesen beiden nicht allzu überzeugenden Möglichkeiten böte sich aber noch eine dritte an. Der
Hethiterkönig könnte an dieser Stelle – wie schon in seiner unmittelbar zuvor zitierten Rede gegenüber Atpa
(II 26–28) – nur von einem Herrn gesprochen haben, der sich quasi als Garant für Piyamaradus Sicherheit an
dessen Stelle setzen sollte, wenn jener zum Hethiterkönig geleitet werden würde. Die Aufgabe dieses Herrn
hätte genau der des dann tatsächlich abgesandten Dabala-Tarḫunta (II 57  f. u. II 70  f.) entsprochen. In die
Lücke könnte dann z.  B. nu-za 1-en be-lu (wie II 26) oder auch nu-za am-me-el be-lu passen, und der noch
sichtbare senkrechte Keil würde den Abschluss des Zeichens LU (vgl. HZL Nr. 210, Varianten 6, 10, 13–22)
bilden. Nach der Liste von M.W. (s. S. 320  f. Nr. 210) wird allerdings keine der drei im Text vorkommenden
Varianten von LU (I 3; III 12 u. 43) direkt durch den letzten senkrechten Keil abgeschlossen, sondern die
Enden der sich mit den senkrechten überschneidenden waagrechten Keile (jeweils drei) reichen über die
senkrechten Keile (jeweils zwei) nach rechts hin hinaus. Dies muss jedoch nicht unbedingt gegen eine
weitere Variante von LU am Ende von II 33 sprechen, bei der die waagrechten Linien der Keile bereits vor
dem letzten Senkrechten geendet hätten, denn auch die drei erhaltenen Varianten weichen vor allem durch
den unterschiedlichen Ansatz der Köpfe der waagrechten Keile vor und nach der ersten Senkrechten sowie
ihre jeweilige Ausdehnung nach rechts stark voneinander ab.

II 34 Zeilenende
Da aus den Zeilen II 35 u. II 36 trotz schlechtem Erhaltungszustand zu ersehen ist, dass der Text eine zitierte
Rede darstellte, denn die kennzeichnende Partikel -wa(r-) ist in jeder Zeile ein Mal erhalten, stellte Sommer
zu Recht fest, dass am zerstörten Zeilenende von II 34 ein Verbum der Mitteilung zu erwarten sei (AU 118). Er
ergänzte daher A̤ [Q.BI-ma-z]ạ? [o] x̣ „ich … sp[rach aber] …:“ (AU 8  f.). Vor ihm hatte dies bereits Forrer (1929,
153) erkannt, jedoch auf eine Ergänzung verzichtet. Er glaubte – anders als Sommer und auch wir (s. Auto-
graphie)  – etwa in der Mitte innerhalb der Lücke von ca. sechs Zeichen die Spuren von zwei Zeichen zu
erkennen. Für deren Lesung zog er – –ra?-a? – – (s. Forrer l.  c.) in Erwägung.
Sommer wies vor allem aufgrund seiner Interpretation von I 61  f. darauf hin, dass Piyamaradu bei den
Verhandlungen zwischen Atpa und dem König von Ḫatti nicht in Millawanda gewesen sei. Nach der Inter-
pretation von Forrer und van den Hout (von I 61  f.), der wir nun ebenfalls zustimmen (s. oben S. 118–121),
floh P. jedoch nicht mit dem Schiff von dort, als der hethitische Großkönig anrückte, sondern verließ es
wahrscheinlich sogar. Dennoch bleibt offen, ob er bei besagten Verhandlungen zwischen diesem und Atpa
persönlich dabei war – wenn ja, zumindest geschützt vor den Hethitern – oder ob er sich nur irgendwo im
Bereich von Millawanda aufhielt.
Sommer, der, wie gesagt, die Auffassung vertrat, dass sich der Hethiter auch in der im Anschluss an II 34
berichteten Rede II 35  f. an Atpa gewandt habe, stellte weiter fest, dass im Falle einer für Piyamaradu bestimm-

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   183

ten Rede am Ende von II 34 dann ḫa-at-ra-a-nu-un oder die akkad. Entsprechung aš-pur zu erwarten wäre.
Ersteres – vielleicht schon insgeheim von Forrer erwogen – wäre, wie Sommer zu Recht betonte – zusammen
mit der Satzeinleitung zu lang. Dass aber nu-uš-ši ki-i aš-pur räumlich möglich wäre, gab Sommer zwar zu,
doch da er sich ja schon im vorausgehenden Text II 32–34 auf Atpa festgelegt hatte, verwies er darauf, dass
ein Personenwechsel stattfinden würde, falls sich die zitierte Rede des Hethiters an Piyamaradu gerichtet
hätte. Für die notwendige Markierung eines solchen Personenwechsels, wie etwa nu a-pé-e-da-ni aš-pur, sei
aber nicht genügend Raum vorhanden.
Da nun aber nach den obigen Ausführungen zu II 30–33 Sommers Argument, dass der Hethiter dem Atpa
seine „Hand“ gab (II 34), weniger Wahrscheinlichkeit beanspruchen dürfte, als dass er sie einem hethitischen
Mittelsmann, am ehesten wohl Dabala-Tarḫunta, oder aber auch einem anderen Würdenträger – vielleicht
sogar einem direkten Nachkommen des Piyamaradu – reichte, scheint die Annahme naheliegend, dass die
nachfolgend zitierte Rede doch für Piyamaradu bestimmt war. Möglich wäre, dass hier auf die anzuspre-
chende oder angesprochene Person gar nicht eigens hingewiesen wurde, wie etwa in II 11, wo der Hethiter
von seiner Antwort auf die Meldung des Boten berichtete, ohne auf die Person Bezug zu nehmen, an die
er sich in der nachfolgend zitierten Rede wandte (II 11–15). Diese Antwort war zunächst wohl unmittelbar
an den Boten gerichtet, aber doch wohl für den König von Aḫḫiyawa bestimmt; s. II 11: nu ki-i aq-bi „Da
sagte ich dies: ,…‘“; s. z.  B. auch KUB 6.41 I 36 (Kup §  4): nu ki-iš-ša-an aq-bi „und ich sprach folgender-
maßen: …“.
Da Piyamaradu hier in II 34 kaum unmittelbar persönlich anwesend war – sonst wäre der Mittelsmann ja
nicht nötig gewesen –, wäre statt aq-bi eher aš-pur (1.Sg.Prt.) zu erwarten. šapāru kommt im Text häufiger
zur Anwendung als die heth. Entsprechung ḫatra(i)-, insbesondere fehlt Letztere in der 1.Sg.Prt. ḫa-at-ra-a-
nu-un, während aš-pur vier Mal erscheint, und zwar in I 16, 32, 50 u. IV 35. Es könnte sich daher die folgende
Möglichkeit einer Ergänzung am Ende von II 34 anbieten: nu ki-i aš-pur. Der hethitische Großkönig hätte hier
also dem Mittelsmann zwischen ihm und Piyamaradu die nachfolgend zitierte Nachricht bzw. das Schreiben
(II 35 bis vermutlich zum Beginn von II 37) an Letztgenannten aufgetragen haben können.
Nun wird in Verbindung mit heth. ḫatra(i)- bzw. akkad. šapāru „schreiben, schriftlich mitteilen, schi-
cken, eine (schriftliche) Nachricht, Anordnung schicken“ zwar meist der Empfänger der Mitteilung im
Dativ genannt; s. HW2 Ḫ, z.  B. 515, 523 u. passim. Jedoch gibt es auch Ausnahmen, wie z.  B. in HKM 39 Z. 4  f.
(Alp 1991, 190): (4)na-aš-ša-an k[u]-⸢e⸣-[da-ni] (5)[u]d-da-ni ḫa-at[-ra-a-it] „(4)[Über] w[elche] (5)[A]ngelegenheit
[er] sch[rieb]“, und in KUB 50.6 III 41  f. (s. van den Hout 1998, 163 u. 188  f.): (41)… nu uttar gim-an (42)[na-at
q] a-tam-ma ḫa-at-ra-a-an-zi „Und wie die Angelegenheit (ist/sich verhält), so werden sie [sie] schriftlich
darlegen.“

II 35 vom Zeilenbeginn […]x te-ḫi bis zur Lücke am Zeilenbeginn von II 37


Als wahrscheinlich kann es gelten, dass die zitierten Worte aus dem – wohl an Piyamaradu gerichteten –
Schreiben des Hethiterkönigs (II 35 bis einschließlich Beginn II 37) bereits vor der nachfolgenden Feststel-
lung: ul me-em-ma-aš (II 37) beendet waren; s. auch Sommer, AU 8  f.; vgl. jedoch Forrer 1929, 153, der für
möglich hielt, dass sich die zitierte Rede über den ganzen und zunehmend stärker zerstörten Abschnitt (§ 6)
erstreckt haben könnte. Wenn diese Aussage […]x-za ul me-em-ma-aš „er sagte Nein“ (II 37) sich auf Piya-
maradu bezog, was nach obigen Ausführungen zu vermuten ist (s. dazu auch unten sub II 37), ist sie wohl
wieder Bestandteil des Haupttextes und wurde hier wie auch an den anderen ähnlich lautenden Stellen
im Text wohl vom Hethiterkönig dem Adressaten mitgeteilt. Ab II 38 könnte, muss jedoch nicht, wieder
eine direkte Rede eingesetzt haben, worauf am-me-el in II 38 – falls die Lesung korrekt ist (s. dort) – und
am-mu-uk in II 40 (s. auch dort) hindeuten könnten. Im zerstörten Text ist jedoch keine Partikel der direkten
Rede erhalten. Sommer (AU 112) stellte auch anfänglich zu Recht in Verbindung mit lugal-ut-ta am-mu-uk
in I 40 (s. unten) fest: „Wir wissen weder, wer spricht, noch ob der Sprechende ein Königtum verlangt oder
verleiht“. Dann jedoch (AU 123 sub II 40) sympathisierte er mit der Idee, dass in II 40  ff. Atpa den Wunsch
nach Verleihung des Königtums an den Hethiter gerichtet hätte.
Während nun Forrer (1929, 110) von einer Ergänzung des stark zerstörten Zitats in II 35 bis einschließlich
dem Beginn von II 37 abgesehen hatte, orientierte sich Sommer dabei größtenteils an den gut erhaltenen

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184   S. Heinhold-Krahmer

Sätzen in II 65  f. (= AU II 66  f.), was er anhand der auffälligen und bereits von Forrer (l.  c. 153) bemerkten
Parallelen recht einleuchtend begründen konnte.
Sommer wies erstens darauf hin, dass an beiden Textstellen das Verb dai-/te-/tiya- jeweils zweimal
in zwei aufeinanderfolgenden Sätzen auftrete, nämlich te-ḫi bzw. te-eḫ-ḫi in II 35  f. und te-eḫ-ḫi in II 65
(zweimal), und zwar an letztgenannter Stelle beide Male in Verbindung mit vorausgehendem kaskal-ši. Für
diese nicht selten bezeugte Wendung kaskal-ši dai-/te-/tiya- (wörtl.: „auf den Weg setzen“) meinte er über-
dies (AU 118–120), eine an diese Stellen passende übertragene Bedeutung gewinnen zu können. Doch führte
die Überprüfung der Belege, deren Löwenanteil Texten aus dem religiös-kultischen Bereiche entstammt,
schon damals zu keinem sicheren Ergebnis. Er bevorzugte vielleicht nur deshalb die von ihm vermutete
metaphorische Bedeutung „ich werde dich in deiner Laufbahn fördern“ gegenüber der wörtlichen „ich werde
dich auf den Weg setzen“ (bzw. freier „ich werde dich geleiten lassen“ oder „ich werde dir ein Geleit stellen“),
da es ja in II 35  ff. nach seiner festen Überzeugung um Atpa, den Repräsentanten des Königs von Aḫḫiyawa in
Millawanda, ging und er auch den Verdacht äußerte, dass der König von Ḫatti „durch Versprechen einer För-
derung ihn <= Atpa> überhaupt auf seine Seite habe bringen wollen.“ Die wörtliche Bedeutung wäre jedoch
hier, wenn man Sommers Ergänzung gemäß II 65  f. (bzw. II 66  f. nach seiner Zählung) beitreten möchte,
ebenso wie dort wohl eher angebracht; s. auch Hoffner (2009, 307  f. u. 392 Anm. 302), der zu Recht auf eine
weitere Belegstelle für kaskal-ši dāi, und zwar II 58 (II 57 nach unserer Zählung), hinwies; vgl. unten. Diese
Stelle II 58 bzw. II 57 deutet in Verbindung mit dem anschließenden Text (s. II 57–61) eher auf das verspro-
chene sichere Geleit bzw. die sichere Reise denn auf eine Förderung der Karriere (gemäß Sommers übertra-
gener Bedeutung) hin; vgl. ferner noch Beckman et al. 2011, 111.
Zweitens nahm Sommer (AU 121  f.) wohl zu Recht an, dass ähnlich wie in II 65  f. (= AU II 66  f.), wo der
König von Ḫatti gegenüber Piyamaradu beteuerte, über die Art des kas-ši dāi- (heutige Lesung: kaskal-ši
dāi-; s. HZL 259 u. Weeden 2011, 529) dem Adressaten (a.na šeš-ia „meinem Bruder“) Bericht zu erstatten,
auch schon in II 36  f. eine solche Beteuerung zu finden sei. Dort lässt sich auch trotz des heute schlechteren
Zustands der Tontafel (s. Autographie) im Anschluss an a-na še[š-ia] „meinem Bruder“ noch der Rest der
Apposition lu[gal kur uru?Aḫ-ḫi-i]a-u̯ a-a „dem Kön[ig von Aḫḫiy]awa“ rekonstruieren, und zwar u.  a. auch
mit Hilfe von Goetzes Edition sowie der älteren Fotos BoFN 738 u. AU Taf. 1. Für Sommers Ergänzung des Prä-
dikats ḫa-at-ra-a-mi (nach II 66) stünde am zerstörten Beginn von II 37 genügend Raum zur Verfügung. Dies
gilt auch für die Einleitung des nachfolgenden neuen Satzes, von der heute nur noch die Partikel -za und
ein Zeichenrest in Form eines senkrechten Keils erkennbar sind; vgl. Autographie; s. aber unten sub II 37 zu
Ergänzungsversuchen. Fest steht, dass sich die beiden Textstellen, vorausgesetzt Sommers Rekonstruktion
von II 35–37 ist einigermaßen korrekt, sprachlich und inhaltlich nicht völlig entsprochen haben können.
Das zeigt allein schon der größere Umfang der von Sommer rekonstruierten Passage, die sich über die zwei
über den Rand hinausgeschriebenen Zeilen II 35  f. erstreckt sowie noch den Großteil der Lücke am Beginn
von II 37 umfasst, gegenüber dem nur etwa eine und eine halbe Zeile einnehmenden, vollständig erhaltenen
Abschnitt in II 65  f. (= II 66  f. in AU), der Sommer inhaltlich als Vorlage diente.
Wenn man die Interpretation von II 35–37 aus AU übernehmen möchte, wäre auf jeden Fall zu beachten,
dass kaskal-ši dāi- an den erhaltenen Stellen im Text (nach unserer Zählung II 57 u. II 65 [zweimal]) und
meist auch außerhalb davon,88 die Partikel -kan erfordert, was Sommer offensichtlich bei seiner Rekonstruk-
tion des hethitischen Textes in II 35–37 übersehen hat.
Weiter ist festzustellen, dass Sommer die beiden oben aufgeführten Parallelen, die ihn zu einer Ergän-
zung von II 35–37 nach II 65  f. veranlasst hatten, nicht als ausschlaggebend betrachtete für die Identifikation
der Person, die der König von Ḫatti gemäß seiner Ergänzung von II 35 auf den Weg setzen wollte. Während
die spätere Stelle ja eindeutig auf Piyamaradu zu beziehen ist (so auch noch II 57), blieb für ihn Atpa weiter-
hin die Person, um die es in II 35  ff. ging.

88 Belege für kaskal-ši da-/te-/tiya- + -kan in Weeden 2011, 529 linke Spalte unten.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   185

II 37–46 von [… (x-)]x-za ul me-em-ma-aš bis k]u-it ⸢ú⸣-ul ú-⸢et⸣


Wie bereits oben angedeutet, bezog Sommer den nur in wenigen Worten erhaltenen Rest von § 6 weiterhin
auf Atpa, indem er konstatierte, dass zwischen ergänztem ḫa-at-ra-a-mi (in II 37) und dem etwa drei Zeichen
danach erhaltenen UL me-em-ma-aš aus Raumgründen keine Möglichkeit für einen Subjektwechsel bestehe.
Die Tatsache, dass es in II 21–29 bei der Verhandlung zwischen dem Hethiterkönig und Atpa eindeutig
im Wesentlichen um Piyamaradu und dessen Auslieferung gegangen war, vor allem dabei aber um die Ver-
suche einer Beseitigung von dessen Bedenken und Furcht, die eine Auslieferung an Ḫatti bis dato verhindert
hatten, diese Tatsache wurde bei Sommer ab II 30  ff. (AU 111–123) mehrfach in den Hintergrund gedrängt.
Allerdings dürften die Neulesung in II 30  f.: (30)… […] (31)[a-p]é-e-da-ni pé-eš-⸢du⸣ „… [und? …] er soll [sie?
j] enem (Piyamaradu) geben“ und insbesondere die damit verbundene Interpretation (s. oben S.  170–172)
nicht ohne Wichtigkeit auch für die Deutung der unmittelbar nachfolgenden Zeilen  II 31–34 sein (s. oben
S. 172–183), wobei sich II 32  f. dann ebenfalls auf diesen „Unruhestifter“ beziehen würden. Dies würde dann
weiter bedeuten, dass auch die zitierte Rede bzw. Botschaft von II 35 bis Anfang II 37 (s. oben) an Piyama-
radu gerichtet war bzw. vom Übermittler an ihn zu richten war. Dann würde auch vor UL me-em-ma-aš das
Anzeigen eines Subjektwechsels zu Recht entfallen, da kein solcher stattfand. Der nach Sommers Worten
„vielleicht angesichts des Stellenparallelismus sich zuerst einstellenden Versuchung, auch 35  ff. als an den
P. gerichtet zu nehmen“, wird man sich wohl doch entgegen AU 121 „hingeben“ dürfen.

II 37 Ergänzungsversuche der Satzeinleitung vor ul me-em-ma-aš und Interpretation des ganzen Satzes
Während Goetze (Ed.) anscheinend noch Reste von zwei dem ZA vorausgehenden Zeichen gesehen hatte,
bemerkte Forrer (1929, 110) nur noch eines, für das er wegen der offenbar vor dem senkrechten, noch sicht-
baren Keil befindlichen drei waagrechten Keile die Lesung des Zeichens MA erwog, was zu -ma?-za führte.
Sommer (AU 8) ergänzte die Satzeinleitung zu na-a]t?-zạ, der sich in neuerer Zeit auch Beckman et al. (2011,
108) ohne Fragezeichen anschlossen; Letzteres nahm zuvor auch schon Miller (2006, 244) an, wie aus seiner
Übersetzung deutlich wird.
Da Piyamaradu im Text nicht nur als gefährlicher Aggressor dargestellt, sondern auch als widerspens-
tiger und unberechenbarer Mann beschrieben wird, als einer, der es ablehnte, sich vom tartenu zum König
von Ḫatti geleiten zu lassen, wobei er, wie einige Male belegt, sein Mitkommen verweigerte, indem er „nein“
sagte (I 11 nu-za ú-ul me-m[a-aš; 12  f. nu-uš-ši-za egir-an ú-ul me-ma-aš, 71 [… u]l *m[e?-]ma*-aš) werden wir
in der Person, von der hier in II 37 ebenfalls gesagt wird […]x-za ul me-em-ma-aš „er weigerte sich (indem er
sagte): ,Nein‘; er lehnte ab“ (s. oben sub I 11 mit Lit.) mit größerer Wahrscheinlichkeit den notorischen „Nein-
Sager“ Piyamaradu sehen dürfen als den in der Affäre anscheinend wenig aktiven Atpa. Anders als die zuvor
genannten Beispiele erscheint hier das Verb noch in der auf mimma- zurückzuführenden Form memma-.
Sieht man einmal von den bereits oben ausführlich begründeten und für Piyamaradu angeführten
sprachlichen und inhaltlichen Argumenten ab (S.  176 u. passim), so könnten zugunsten einer Weigerung
von Atpa bestenfalls die oben sub II 32 erwähnten negativen Erfahrungen des Hethiters mit diesem Mann
angeführt werden. Die hethitischen Vorwürfe ihm gegenüber beziehen sich allerdings, soweit dem Text zu
trauen ist, eher auf seine Passivität in der Piyamaradu-Affäre, wie vor allem das Hinwegsehen, Dulden und
Verschweigen von dessen Untaten und außerdem sein Nicht-Reagieren auf die Anordnungen seines Ober-
herrn, des Königs von Aḫḫiyawa (I 55  f.), und auf die Forderungen des Königs von Ḫatti, zu ihm zu kommen
(I 48) und ihm Piyamaradu auszuliefern (II 21–23).

II 37 Zeilenende
Die Pionierforscher sahen nach me-em-ma-aš noch ca. fünf bis sechs Zeichen bzw. Zeichenreste. Überein-
stimmung bestand bei Forrer (1929, 110) u. Sommer (AU 8) hinsichtlich des letzten Zeichens AD, von dem
nicht nur auf den älteren Fotos (BoFN 738 u. AU Taf. I), sondern auch heute noch auf der Tafel das meiste zu
sehen ist; nach Goetzes Ed. unvollständig erhalten (vier waagrechte mit abschließendem senkrechten Keil)
u. nach Autographie vollständig erhalten. Sommers Lesung und Deutung kṳ-i̤t a-pa̤ ?-a̤ -at „Was soll das?“
wäre zwar keine unpassende Reaktion des Hethiters auf die vorausgehende Ablehnung seines Angebots
durch Piyamaradu (nach Sommer, AU 152 wäre es wieder Atpa), doch bleibt dies zu unsicher.

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186   S. Heinhold-Krahmer

II 38  f. zu den Wort- und Zeichenresten nach der Bruchkante bis zu den Zeilenenden
Die beiden Zeilen ergeben – soweit erhalten – keinen absolut sicheren Hinweis auf eine der im Text vorkom-
menden Personen.
In II 38 könnte, falls die nicht zweifelsfreie Lesung ạm-mẹ-el ak?-kán?-t[a? o?] (AU 8) überhaupt richtig ist,
mit Sommer (AU 122  f.) bestenfalls darüber spekuliert werden, ob der Sprechende – nach Sommer Atpa, nach
unseren Ergebnissen aber eher Piyamaradu – an den Wohnsitz seiner Vorfahren zurückzukehren wünschte
bzw. deren Manen zurückforderte; s. Sommers Verweis (l.  c.) auf KBo 3.3 I 16 (CTH 63 u. Beckman 1999, 171
Nr. 30).
Heth. akkant- und die sum. Entsprechung gidim erscheinen überdies noch in zwei weiteren Aḫḫiyawa-
Urkunden, nämlich:
1. KUB 23.107 Z.  3 (é.gidim „Totenhaus“), ein Brieffragment (s. AU Kapitel  II, S.  195  f.; Hagenbuchner
1989b, Nr. 231), in dem neben dem Hinweis auf „mein Bruder“ und „dein Bruder“ auch noch von Piyama-
radu [Z. 9′: mS]UM-ma-ra-du […] und vielleicht von [za-a]r-ši-ia[- in Z. 14′ sowie ferner von „Schiffen“ (Z. 17′:
giš
má Ḫi.a) und einem „Schiff“ (Z. 19′: gišmá) die Rede ist. Hagenbuchner (1989, 340) äußerte bereits, dass dies
an den Tawagalawa-Brief erinnere.89
2. KUB 26.91 Vs. 4 … nu ak-kán-ta-aš x ar-x[…], ein Brieffragment (s. Sommer, AU 268–274; Hagenbuch-
ner 1989b, Nr. 219; Hoffner 2009, 290–292; Beckman et al. 2011, 134–139), dessen Absender bzw. Autor nach
neueren Interpretationen der König von Aḫḫiyawa gewesen sein dürfte; ausführlich zu diesem Fragment (mit
Lit.) das 2006 im Internet publizierte Manuskript eines in Montreal gehaltenen Vortrags von H.C. Melchert
(S. 1–13); s. unsere Bibliographie sub Melchert 2006, vgl. aber jetzt Weeden 2018, 223–226. Die Belegstelle
ist so fragmentarisch, dass über den Zusammenhang, insbesondere über das, was der König von Aḫḫiyawa
(Vs. 1, 12) damit zu tun hat, höchstens Vermutungen angestellt werden könnten.
Zu gidim s. noch die beiden Belege in Weeden (2011, 499). Der erste, KBo 3.6 I 66 [B] // KUB 1.1 II 1 [A]
(CTH 81 B. u. A; s. Apologie 10  f. [Ḫattušili III.]), bietet gidim Ḫi.a-ia (A.Pl.) mit Bezug auf Muwatallis II. Umsie-
delung nach Tarḫuntašša und die Mitnahme der Manen; der zweite, KUB 19.3+ I 33 (CTH 61 II 5: Muršili II.),
lautet ša gidim Ḫ[i.a] (G.Pl.). Er betrifft das neunte Jahr der Ausf. AM, und zwar den Tod des Šarri-Kušuḫ von
Karkemiš und die damit verbundene Totenfeier.
Beckman et al. (2011, 108) lasen in VAT 6692 II 38 allerdings die Zeichen und Zeichenreste folgenderma-
ßen: ⸢am-me⸣-el ak-kán-⸢ta-an kat?⸣-ta und übersetzten dann „[…] my dead, down […]“.

In II 39 lässt sich die schon von Forrer (1929, 110: Kur?(Uru?-)da-aḫ-da-aḫ-ḫu) gebotene und auch von Sommer
(AU 8 u. 123) akzeptierte Lesung – beide versahen die Ortsdeterminative allerdings unnötigerweise mit Fra-
gezeichen  – auch heute noch aufrecht erhalten. Der von uns in II 39 als ⸢kur⸣ uruDa-aḫ-⸢da⸣-aḫ-ḫu trans-
literierte ON ist allerdings nach wie vor ein hapax legomenon. Ob die vorausgehenden Zeichen und Zeichen-
reste ebenfalls einen ON oder Teile davon darstellen, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Sommer (AU 123)
wies bei dem von ihm erwogenen Ortsnamen kur ur]u??ḫi-mụ?-ụš-ša – auch Forrer (1929, 110) las die Zeichen
-ḫi-mu?-uš-ša, allerdings ohne die Determinative zu ergänzen – auf die Existenz von auf -ušša-endigenden
Ortsnamen (mit Beispielen) hin. Es könnte hier auch […(-)g]i-mu-uš-ša gelesen werden, wie wir einhellig
feststellten; s. Translit. S. 28 u. 49 Anm. 149. Leider bleibt ungewiss, wo das Land Daḫdaḫḫu und auch der
vorausgehende Ort, falls es überhaupt einer war, zu suchen sind.

89 Allerdings ist ihre Erwägung abzulehnen, dass es sich bei KUB 23.107, falls die Zugehörigkeit zum Tawagalawa-Brief zuträfe,
um die letzte Tafel dieses Schreibens handeln könne, da das Fragment nur einseitig beschriftet sei. Die einzige erhaltene Tafel
des vierkolumnigen Dokuments KUB 14.3 = VAT 6692 bietet ja im unteren Teil von Kol. IV – im Gegensatz zu den vorausgehenden
drei vollständig beschrifteten Kolumnen – einen Leerraum, der, wenn dem Text noch eine weitere Tafel gefolgt wäre, mit ca. 15–17
Zeilen hätte beschriftet werden können. Immerhin findet sich innerhalb dieses Raumes der knappe Vermerk, nach Sommer (AU
190) die „Unterschrift“ 3 dub q[a-ti], weshalb es sich hierbei auch nach der Communis opinio bereits um die letzte Tafel des Tex-
tes handeln dürfte. Das nur einseitig beschriftete Fragment KUB 23.107 könnte jedoch durchaus einem der in VAT 6692 genannten
Schreiben des Hethiters an den König von Aḫḫiyawa bezüglich der Piyamaradu-Affäre entstammen. Dass KUB 23.107 gemäß Forrer
(1929, 206) in engerer Verbindung mit einer der beiden vorausgehenden Tafeln von VAT 6692 gestanden haben könnte, bleibt
ebenfalls fraglich. Eher käme dafür das Fragment KUB 23.93 in Betracht, in dem ebenfalls vom Bruder des Autors und dem des
Adressaten die Rede ist, und das einem vierkolumnigen Text entstammt; s. Hagenbuchner 1989, 419 Nr. 310; Alparslan 2005, 37  f.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   187

II 40 […] x x x x lugal-⸢ut⸣-ta am-mu-uk


Hier ist (wie noch wenig später in Zeile II 43) von „Königtum“ die Rede, wobei das anschließend am Zei-
lenende befindliche ammuk durchaus den Dativ „mir“ (vgl. Sommer, AU 9; Beckman et al. 2011, 109) zum
Pronomen uk, ammuk „ich“ darstellen könnte. Zu dieser Annahme kann man zwar auch gelangen, wenn man
mit Sommer (AU 123) von der Vermutung ausgeht, dass „die Gegenseite (Atpa) den Wunsch nach Verleihung
eines Königtums im genannten Gebiet <s. II 39> als Entgelt für die endgültige Beseitigung der Differenzen
beziehungsweise für die Umstellung zu Ḫatti hätte laut werden lassen.“
Es war allerdings Piyamaradu, der offenbar unmittelbar nach der Brüskierung des tartenu bereits
gemäß I 14  f. (§  1) die Forderung nach Verleihung des Königtums an ihn selbst, und zwar kā pedi=ši „an
Ort und Stelle“, beansprucht hatte: lugal-ut-ta-u̯ a-mu ka-a pé-di-ši pa-a-i. Dies war geschehen unter der
Androhung, dass er sonst nicht (zum König von Ḫatti) kommen würde (I 15).
Sommer lehnte jedoch anders als Forrer (1929, 153) einen Bezug von § 6 II 40 (u. weiter II 43), wo er Pläne
oder Wünsche des Atpa bezüglich einer Verleihung des Königtums vermutete, zu der eben genannten, bereits
in § 1 (I 14) geäußerten Forderung Piymaradus nach dem Königtum strikt ab, da er sie in § 1 – ebenso wie
auch Forrer – dem Tawagalawa zuschreiben wollte. Seine Begründung dafür lautete (AU 112), dass es sich in
II 40 ja um das Königtum der in II 39 erwähnten Gebiete handeln müsse, und hätte Tawagalawa (allerdings
Piyamaradu nach heutigem Forschungsstand!) diese haben wollen, wäre das schon in § 1 gesagt worden.
Diese Argumentation überzeugt nicht ohne Weiteres. Wir wissen, dass bestimmte Themen innerhalb des
Textes wiederholt zur Sprache kommen; s. oben S. 177. Dabei können sie, wie z.  B. die dreimal berichtete tar-
tenu-Affäre, neben dem gemeinsamen Hauptinhalt, nämlich der Entsendung des tartenu zu Piyamaradu,
um ihn zum hethitischen Großkönig zu geleiten, noch an den jeweiligen Stellen unterschiedliche Zusatzin­
formationen enthalten. So erfährt man nicht schon aus der ersten Stelle I 9–12, sondern erst aus der dritten
(II 4–7), dass der tartenu ein Sohn des Königs von Ḫatti war (II 4). Und aus dieser dritten Stelle erfährt man
außerdem noch, dass der tartenu vom hethitischen Großkönig den Befehl erhalten hatte, ihm (dem Piya-
maradu) einen Eid zu leisten (II 5  f.). Warum sollte man dann nicht auch erst hier über Orte und ihre Namen
erfahren, die in irgendeiner Weise mit den schon in I 14  f. geäußerten Königsaspirationen des Piyamaradu in
Verbindung gebracht werden können?
Leider lässt sich die Frage nicht sicher beantworten, wo genau Piyamaradu sich befunden hatte, als
der – wohl noch von Šallapa aus (s. I 6–9) – entsandte tartenu bei ihm eintraf. War er vielleicht noch im
Lukka-Bereich, wo er für antihethitische kriegerische Aktivitäten verantwortlich gewesen war? Hatte er sich
bereits auf den Weg nach Millawanda in die Machtsphäre von Aḫḫiyawa zu seinen Schwiegersöhnen Atpa
und Awayana begeben? Oder befand er sich bereits dort? Bei oder unmittelbar nach dieser diplomatisch
erfolglosen Begegnung mit dem hohen hethitischen Abgesandten (I 9–13) dürfte er jedenfalls die Forderung
nach dem Erhalt des Königtums an „Ort und Stelle“(I 14  f.) gestellt haben. Feststeht wohl, dass sich das von
ihm geforderte Königtum auf ein westkleinasiatisches Gebiet im hethitischen Machtbereich bezogen haben
muss, da ja der König von Ḫatti dafür zuständig war.
Zudem wissen wir nicht, wo das nur hier, und zwar ebenfalls in unmittelbarer Nähe zum genannten
„Königtum“ (II 40 u. 43) bezeugte Land Daḫdaḫḫu (II 39) zu suchen ist. Dabei hilft auch Sommers Verdacht
(AU 123) nicht, dass unmittelbar vor lugal-ut-ta, wo wir heute nur noch maximal vier Zeichenspuren aus-
machen konnten (s. Translit. S. 28 u. 50 Anm. 152), ein weiterer Ortsname gestanden haben könnte; Sommer
las in AU 8: …] tṳ??-u̯ a̤???-šạl?-li?; Forrer 1929, 110 dagegen: an-]tu?-va?-šal?-li.
Forrer (1929, 111) hatte die Zeile völlig anders als Sommer interpretiert. Er übersetzte „… dem [An]
tuvasallis-Mann (= Gefährten?) das Königtum ich …“. Mit diesem Mann bzw. Gefährten meint er den Daba-
la-Tarḫunta, den kartappu, der sich ja laut II 70–72 u. II 75  f. (s. dazu unten) als Bürge für Piyamaradus
Sicherheit und Rückkehrmöglichkeit an dessen Stelle setzen sollte, während dieser zum König von Ḫatti zog.
Goetze (1930, 289) hielt zu Recht Forrers Folgerung (1929, 156  f.) aus II 40 in Verbindung mit II 70  ff., nämlich
dass sich Dabala-Tarḫunta an die Stelle des Tawagalawa in Millawanda setzen und dort „interimistisch die
Königsherrschaft führen“ sollte, für eine ganz unmögliche Auffassung; vgl. auch Sommer, AU 111  f.
Sommers Überlegung fußte jedenfalls – wie auch manch andere, der wir nach heutigem Kenntnisstand
nicht zustimmen können – auf seiner mit Forrer geteilten Annahme, dass der in § 1 genannte Gegner des
Hethiterkönigs Tawagalawa und nicht, wie wir meinen, Piyamaradu gewesen sein müsse.

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188   S. Heinhold-Krahmer

II 41 x-[x]-ki-ia-nu-un
Hier handelt es sich um den Rest eines Verbs (1.Sg.Prt.), das, auch wenn Forrers Lesung und Übersetzung
(1929, 110  f.: du?-[uš]-ki-ia-nu-un „ich freute? mich!“) und Sommers Versuch (AU 8:  …]x̤ -dụ?[-o-]ki-i̯a-nu-un)
zutreffend wären, wenig ergibt. Nach ammel (II 38) und ammuk (II 40) ist es nur ein weiterer Anhaltspunkt
dafür, dass hier noch immer eine Person etwas sagt, schreibt, berichtet oder Ähnliches tut, sei es in zitierter
Rede (dann vermutlich Piyamaradu), sei es im Grundtext (dann der König von Ḫatti).

II 42 a]r-ḫa ti-ia-zi
Die Bedeutung „er fällt ab“ oder „er wird abfallen“ (3.Sg.Prs./Fut.) ist mit Sommer (AU 123 unter Verweis
auf Friedrich 1930, 210  f.) hier zu vermuten. Dies wäre vor allem dann passend, wenn das zuvor (II 40) und
unmittelbar danach (II 43) bezeugte Wort „Königtum“ mit der Forderung Piyamaradus in I 14  f. in Verbindung
stand. Dass jedenfalls aus der Sicht des hethitischen Großkönigs großes Misstrauen gegenüber dessen Zuver-
lässigkeit angebracht war, lässt sich aus dem Text unschwer erschließen. Dieses Prädikat des ansonsten zer-
störten Satzes könnte vermuten lassen, dass es sich hier um eine Bemerkung des Hethiters gehandelt habe,
die sich auf die Befürchtung bezog, dass Piyamaradu wieder abfallen könne, wenn er ihm den Wunsch nach
Verleihung des Königtums erfüllt hätte. Doch auch dies bleibt Spekulation.

II 43
Hier ist, wie schon sub II 40 bemerkt, erneut vom Königtum die Rede.

II 44
Die erhaltenen Reste von TA sowie das anschließende Zeichen PA (s. Translit. S. 28 u. 50 Anm. 157) geben
kaum Spielraum für eine Deutung. Forrers Ergänzung und Lesung (1929, 140  f.):  …  Lugal-]ud-ta pa-a-i „…
das Königtum gib!“, dem sich Sommer (AU 8  f. u. 123): lugalu]t?.ta pạ?-i̤?? „das Königt]um(?) gib(t) (?)“ sehr
zögernd mit Fragezeichen anschloss, wobei er pa-i gegenüber Forrers pa-a-i den Vorzug gab, sind zwar nicht
völlig auszuschließen, aber doch sehr unsicher.

II 45
Die zwei unsicheren Zeichenspuren (s. Translit. S.  28 u. 50 Anm.  158 u. Autographie) erlauben keinerlei
Deutung.

II 46 k]u-it ⸢ú⸣-ul ú-⸢et⸣


Wenn diese Lesung und damit die Übersetzung „w]eil er nicht kam (/gekommen ist)“ richtig ist, stellt sich
die Frage, wer damit gemeint sein könnte. Zwar ist Atpa, von dem nach Sommers Interpretation auch in den
unmittelbar vorausgehenden Zeilen (II 32–44; AU 117–123) die Rede gewesen wäre, nicht völlig auszuschlie-
ßen. Wir können zudem aufgrund einer anderen Stelle, nämlich I 48, annehmen, dass der König von Ḫatti,
ehe er nach Millawanda gezogen war, an den dort residierenden Atpa die Aufforderung, zu ihm zu kommen
(I 49), geschickt hatte, was Miller (2010, 160  f.; dazu oben S.  108  f. sub I 48) überzeugend dargelegt hat.
Und wir müssen dann weiter aufgrund des nachfolgenden Textes annehmen, dass Atpa dieser Aufforderung
nicht Folge geleistet hatte, also nicht gekommen war, denn der Hethiter zog schließlich persönlich nach
Millawanda zu Atpa, um bei ihm die Auslieferung von dessen Schwiegervater Piyamaradu zu erreichen. Aber
es kommt hier doch wieder Piyamaradu stärker in Betracht, von dem nicht nur an drei Stellen gesagt wird,
dass er sich von dem entsandten tartenu nicht zum hethitischen Großkönig geleiten ließ (I 7–13; I 67–71;
II 4–8), sondern der selbst mit seiner Aussage zitiert wird: I 15 ma-a-an-u̯ a ú-ul-ma nu-u̯ a ú-ul ú-u̯ a-m[i]
„Falls nicht <gemeint ist, dass seine in I 14  f. gestellte Forderung, das Königtum an Ort und Stelle zu erhalten,
nicht erfüllt werden würde>, so komme ich nicht.“ Um sein Erscheinen vor dem Hethiterkönig geht es ja
dann auch weiterhin; s. z.  B. II 55  f., 67–76; III 63–69.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   189

II 47 von zwei unklaren, ehemals sichtbaren Zeichenspuren bis II 48 (mit nur einem Zeichenrest)
Dass der Erhaltungszustand der Tafel sich seit den aus der Zeit der Pionierforscher erhaltenen Fotos (AU
Taf. I u. BoFN 739) weiterhin stark verschlechtert hat, wird auch aus der Tatsache deutlich, dass am Ende
der schon damals zerstörten Zeile II 47 heute nur noch ein Zeichenrest erhalten ist (gegenüber den zwei frü-
heren); Goetze, Ed.; Forrer 1929, 110: [  ú]-iz?-zi?; AU 8: [  ] x̣ x̣; vgl. dagegen Autographie. Gleiches gilt für die
mögliche Zeichenspur in II 48, die heute nicht mehr zu sehen ist.

II 48 bis zum Ende von § 6: Zur Zeilenzählung:


Im Gegensatz zu Sommer (AU 8 u. 124), der mit Forrer (1929, 110) bis zum Ende von Kol. II (§ 6) insgesamt 50
Zeilen zählte, wobei er sogar noch eine weitere Zeile (50a) für möglich hielt (vgl. auch Hoffner 2009, 307 u.
Beckman et al. 2011, 108), haben wir uns gemeinsam für die Zählung in Goetzes Edition (s. auch Autogra-
phie) entschieden, der bis zum Paragraphenende nur mit insgesamt 49 Zeilen rechnete und den neuen § 7
mit Z. 50 beginnen ließ. Mögliche Zeicheneindrücke am Beginn von II 48 und vielleicht auch II 49, die heute
nicht mehr sichtbar sind (s. Autographie), haben wir ebenso, wie ehemals schon Goetze, vernachlässigt.
Die Abbildung der Taf. I bei Forrer, die laut Sommer (AU 124 Anm. 1) eine Reproduktion eines Fotos aus dem
Jahr 1927 darstellt, wobei nicht gesagt wird, ob das Foto von Frau Ehelolf stammte, wies anscheinend deut-
licher als die Originaltafel zum Zeitpunkt von Sommers Bearbeitung zwei Schrammen auf und nicht, wie
Forrer (1929, 110) in seiner Transliteration angibt, zwei gekreuzte Keile. Die zwei Schrammen gingen aber laut
Sommer nach links über den Kolumnentrenner hinaus und er hielt sie deshalb aller Wahrscheinlichkeit nach
für „Zufallsprodukte“; s.  auch noch Sommers Hinweis (AU 124, Anm.  1) auf die anschließend fehlerhafte
Zählung bei Forrer (1929, Taf. I).

Zusammenfassung des Kommentars zu § 6 (Kol. II 9–49)


Zu Beginn dieses Abschnittes (II 9  f.) nahm der Hethiterkönig erneut (s. schon I 53–56) – wenn auch in etwas
abgewandelter Form – Bezug auf die Worte des Boten aus Aḫḫiyawa: „Nimm jenen Menschen!“, auf die er
u.  a. die Rechtfertigung für sein Vordringen nach Millawanda (II 15  f. u. 20; vgl. dazu auch I 58) gründete. In
I 58–67 gab er als weitere Argumente für das Eindringen in den Machtbereich des Königs von Aḫḫiyawa an,
er habe die Vorwürfe gegenüber Piyamaradu auch dessen Untertanen zu Gehör bringen wollen (I 59–61) und
ferner Piyamaradus Schwiegersöhne, Atpa und Awayana, schwören lassen, ihrem Oberherrn über die Ange-
legenheit vollständig Bericht zu erstatten (I 66  f.). In II 11–20 führte er vermutlich – soweit die jeweils in ihrem
letzten Drittel sehr stark zerstörten Zeilen überhaupt eine Deutung erlauben – näher aus, wie ernst er die
(durch den Boten übermittelte) Nachricht seines „Bruders“, des ihm gleichgestellten Großkönigs, genommen
habe, nämlich mit der Konsequenz: „Da fuhr ich selbst … hin“ (II 15  f.) und „Ich aber bin also losgezogen“
(II 20).
Dort (in Millawanda) angekommen fordert er dann mit Hinweis auf die Anordnung des Königs von
Aḫḫiyawa dessen Untergebenen Atpa auf, ihm Piyamaradu auszuliefern (II 21–23). Gleichzeitig aber äußerte
er wohl Bedenken, dass Letztgenannter wie schon zuvor sein Wort nun auch das des Atpa missachten würde
(II 23–25).
Für den Fall, dass jener sich wieder auf seine bereits am Ende von § 5 (II 3 u. 7  f.) erwähnte „Furcht“
(getötet zu werden) berufen sollte, bot der Hethiter die Entsendung eines Würdenträgers oder Bruders an, der
sich als Sicherheitsgarant, quasi als Geisel, an dessen Stelle setzen sollte (II 25–28). Da diese Furcht dennoch
weiter bestanden zu haben schien, machte Atpa dem Hethiterkönig offenbar einen Vorschlag (II 29–31). Die
Interpretation dieses Vorschlags hängt heute vor allem von der Lesung des am Beginn von II 31 befindlichen
Prädikats ab. Dieses Prädikat wurde und wird bislang meist mit Sommer (AU 8 u. 117) pí-eš-ta̤ bzw. pé-eš-
⸢ta⸣ „er hat (/hatte) gegeben“ transliteriert und übersetzt. Nach einem Vorschlag von J.L.M. scheint aber die
Lesung pé-eš-⸢du⸣ „er soll geben“ überzeugender; s. Translit. S. 28 u. 48 Anm. 132.
Der Vorschlag des Atpa wäre dann folgenden Inhalts: Die Majestät (der König von Ḫatti) solle dem/einem
dumu.nita (zu diesem Wort s. Weeden 2011, 202–204), einem männlichen Nachkommen oder sogar seinem
Thronerben (s. dazu oben sub II 30), die Hand geben, und der solle sie dann jenem (dem Piyamaradu) geben.
Es ist nicht auszuschließen, dass Atpa hier Bezug nahm auf die ursprüngliche Forderung des Piyamaradu in

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190   S. Heinhold-Krahmer

I 7  f., ihm den tuḫkanti, den Thronfolger, entgegen zu senden; zur Diskussion über die von S.H.-K. in Frage
gestellte Gleichsetzung tuḫkanti =? tarten(n)u in unserem Text s. oben S. 72–75.
Der Hethiter betont dann vermutlich (II 32  f.) – wohl an die Adresse des Königs von Aḫḫiyawa gerichtet –
dass er eine Person, obgleich sie so viel agiert habe (wohl gegen ihn, den Hethiterkönig?), unter Garantie(?)
belassen habe.
Argumente dafür, dass hier und auch im nachfolgenden, stark zerstörten Text eher von Piyamaradu
als von Atpa die Rede gewesen sein dürfte, finden sich oben S. 171 u. passim. Der Mann, den der Hethiter
möglicherweise vereidigte (II 33  f.) und dem er dann die Hand gab (II 34), muss nämlich keinesfalls der von
Sommer am Ende von II 33 ergänzte Atpa gewesen sein, sondern es könnte sich bei ihm um den in II 57  ff.
genannten und zur Sicherheit des Piyamaradu gesandten Wagenlenker Dabala-Tarḫunta gehandelt haben.
Der aufgrund der starken Zerstörung zunehmend noch schwerer deutbare Text in II 35–37 könnte analog
zu II 65  f. auf eine Nachricht des Hethiters an Piyamaradu hinweisen, die der vermutlich am Ende von II 33 zu
ergänzende Gesandte jenem übermitteln sollte. Wenn wir die erneute Ablehnung der vorausgehenden Vor-
schläge auf den notorisch „Nein“ sagenden Piyamaradu beziehen, wofür einiges spricht (s. oben sub II 37),
dann könnten auch die weiteren in II 38–46 bezeugten, wenigen Worte aufgrund dessen, was wir über ihn
wissen, auf diesen Unruhestifter hindeuten.

Paragraph 7 (Kol. II 50–54)

II 50–54 von a-pé-e-el-ma bis SIG5-u-i pa-ra-⸢a⸣ [+ Verb]


Es handelt sich hier um einen der drei kürzesten Paragraphen des Textes; s. noch § 3 und § 14. Die rechte
Hälfte der fünf Zeilen ist ebenso wie bei § 14 weitgehend zerstört.

II 50 a-pé-e-el-ma un-aš KA[…]


Selbst wenn man wie Sommer (AU 114–123) die vorausgehende Passage auf Atpa beziehen möchte, so wird
man wie er (AU 124) annehmen können, dass sich der mit a-pé-e-el-ma un-aš eingeleitete neue Abschnitt
aller Wahrscheinlichkeit nach auf Piyamaradu bezieht. Dies lässt auch der spärliche Rest der nächsten
Zeile II 51 vermuten (s. dort), der inhaltlich zu späteren Aussagen in Verbindung mit Piyamaradu zu passen
scheint (vgl. III 54′ u. 56′).
Allerdings ergibt II 50 nicht mehr als die Worte „Jenes Menschen […] aber …“ (s. auch Miller 2006, 244),
es sei denn, man liest das nachfolgende KA vor der Abbruchstelle mit Sommer (AU 8) INIM?, was möglich
scheint; dann kam vermutlich „die Angelegenheit? jenes Menschen aber …“ zur Sprache.
Sommer (AU 124) hat zwar eingeräumt, dass a-pé-e-el un-aš auch wie bei Forrer (1929, 113) verstanden
werden könnte, nämlich un-aš nicht als G.Sg.c., sondern als N.Sg.c., und das Pronomen apēl (G.Sg.) hier in
possessiver Bedeutung „dessen Mensch, sein Mensch“; s. auch Beckman et al. (2011, 109): „But that person’s
man […] the matter […]“. Doch erscheint die Sommersche Deutung, gerade wenn man sie in Verbindung mit
den nachfolgenden Passagen betrachtet, durchaus einleuchtend.
Piyamaradu ist überdies auch noch an anderer Stelle, wo von jenem Menschen gesprochen wird, gemeint,
und zwar in II 10 (A.Sg.c.: a-pu-u-un-u̯ a un-an). Dort sagt der in II 9 erwähnte Bote des Königs von Aḫḫiyawa:
„Nimm jenen Menschen!“ Unmittelbar davor II 2–8 ist jedenfalls von Piyamaradu die Rede, was ja nach
unserer Vermutung auch in den § 7 vorausgehenden stark zerstörten Zeilen II 31  ff. von § 6 der Fall sein dürfte.

II 51 é-er-ši-kán ku-it ⸢maš⸣[…]


Hier könnte durchaus wie auch später in III 54′ bis 57′ auf die damaligen Lebensverhältnisse des Piyamaradu
hingewiesen worden sein, dessen Hausstand einschließlich seiner Familie sich ja, wie man aus dem dort
besser erhaltenen Text erfährt, innerhalb des Hoheitsbereiches von Aḫḫiyawa befand.
Man könnte die wenigen Worte folgendermaßen wiedergeben: „Das Haus(wesen), welches ihm (ist
[/ gehört], und? die Fami[lie …].“ Nicht auszuschließen ist aber auch, dass in II 51 ein Kausalsatz gestanden
hat, der einem in II 50 befindlichen Hauptsatz nachgestellt war und daher Asyndese aufweist.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   191

II 52 ⸢am-me⸣-el-la le-en-ga-uš x[…]


Ob hier bei ammel mit Sommer (AU 11 u. 124) ein Genitivus objectivus anzunehmen ist, also „die mir geleis-
teten Eide“ oder ein Genitivus subjectivus, wobei dann der Großkönig als Schwörender zu verstehen wäre
(Forrer 1929, 113: „Auch meine Schwüre“; Beckman et al. 2011, 109: „and my oaths“), kann aufgrund des zer-
störten Textes kaum endgültig entschieden werden. Auch wenn Sommer es für weniger wahrscheinlich hielt,
dass hier der hethitische Großkönig sich selbst als Schwörenden gemeint haben könnte, so sei hier nur auf
einen Beleg an anderer Stelle im Text (I 33) hingewiesen, wo der Hethiter betont, dass er vor dem Wettergott
die Korrektheit seines für den König von Aḫḫiyawa bestimmten Berichtes beschworen habe.

II 53 ku-iš-ki x-⸢az⸣ pé-ra-an x[


Zu vermuten ist nur, dass hier irgendjemand sich entweder selbständig aus etwas heraus (peran mit Abl.)
begibt/begab oder aber einen anderen (/etwas anderes) heraus schafft/schaffte. Die Satzeinleitung stand
wohl im zerstörten Teil der vorausgehenden Zeile II 52 und Sommer (AU 10) versuchte dort (= II 53 bei ihm u.
Forrer) mit Fragezeichen dingir lum -ši zu ergänzen, was offenbar ähnlich auch schon Forrer (1929, 113) hinein
interpretiert hatte, wie zumindest aus seiner Übersetzung von II 53  f.: „irgend[ein Gott]“ hervorgeht.
Die Lesung des vor der Ablativendung -az stehenden Zeichens als sig5 in II 53 scheint jedenfalls äußerst
fraglich (II 54 bei Forrer 1929, 112: Šig-az bi-ra-an u. Sommer, AU 10: sI̤ g5?-az pí-ra-an); s. Translit. S. 30 u. 50
Anm. 165. Dazu, dass bei den Pionierforschern in Verbindung mit dem fraglichen sig5 eine Gottheit ergän-
zend ins Spiel gebracht wurde, hat zweifellos die letzte Zeile geführt, wo von „irgendeiner Gottheit“, dann
von sig5-u-i und schließlich bis hin zur Abbruchstelle noch von pa-ra-⸢a⸣ die Rede ist.

II 54 dingir-lu4-an ku-iš-ki sig5-u-i pa-ra-⸢a⸣ [


Sommer (AU 125) nahm wegen dieser Worte Bezug auf eine Stelle in den Annalen Muršilis, KBo 5.8 I 14+
KUB 19.36 I 9 (s. AM 148  f.), die lautet: a-aš-ša-u-i-ma-mu pa-ra-a tar-na-an ḫar-zi „er (der Gott) hat mich dem
Guten überlassen, zugewiesen“, was nach seiner Meinung in etwa bedeutete „zum Glücke geführt“. Hinzu
kam noch, dass dort im vorausgehenden Satz ähnlich wie hier in II 53 ebenfalls ein peran auftritt, nämlich
pé-ra-an ḫu-u-i-ia-an-za. Schon Goetze (1930b, 73  f.) hat in Verbindung mit seiner ausführlichen Behandlung
des Verbs tarna- (1930b, 64–78) – bereits vor Sommer90 – u.  a. auch auf die Verwendung von parā tarna- im
Sinne von „den Menschen Bösem oder Gutem ‚überlassen‘“ hingewiesen und neben mehreren Belegen auch
Ḫatt I 41; IV 12  f. (s. Otten, Apologie 6  f. u. 24  f.) und KUB 21.27 III 25 (Gebet Puduḫepas; s. Sürenhagen 1981,
114 III 24′  f.) genannt.
J.H. hat darauf aufmerksam gemacht, dass ebenso wie Sommers Vorschlag pa-ra-[a tar-na-a-i (?)] in der
Lücke am Ende von II 54 vielleicht auch pa-ra-⸢a⸣ [ḫu-it-ti-ia-az-zi] gestanden haben könnte; s. Beispiele von
para ḫuittiye/a- in Verbindung mit aššui/idalauwanni „zum Guten/Schlechten vorwärts ziehen“ in HW2 Ḫ,
679 (2.6.1.). Dies würde dann sinngemäß ergeben: „Irgendeine Gottheit wird ihn zum Guten vorwärts ziehen.“
Doch auch dies bleibt unsicher. Vermutlich ist aber das enklitische Personalpronomen -an (A.) wieder auf
Piyamaradu zu beziehen, wie apēl=ma un-aš in II 50 am Beginn des Paragraphen; s. dort.

Zusammenfassung des Kommentars zu § 7 (Kol. II 50–54)


Anhand der kaum interpretierbaren Reste dieses Abschnitts lässt sich bestenfalls vermuten, dass es hier
wieder um Piyamaradu ging (s. II 50 u. 54). Dabei werden anscheinend wie auch noch an anderer Stelle
(III 54–56) dessen Hausstand und Familie erwähnt (II 51), und am Ende brachte der hethitische König viel-
leicht seine Hoffnung zum Ausdruck, dass irgendeine Gottheit jenen zum Guten befördern (/bringen) bzw.
dem Guten überlassen (/zuweisen) werde.

90 Sommer (AU 125) zitierte Goetze (1930b, 73  f.) noch nicht.

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192   S. Heinhold-Krahmer

Paragraph 8 (Kol. II 55–76)

Dieser Paragraph ist zwar relativ gut erhalten, allerdings sind in seinem ersten Teil (II 55–64) jeweils am
Ende der Zeile Zeichen schlecht erhalten oder sogar völlig zerstört, was an einigen Stellen nach wie vor
Schwierigkeiten bei der Interpretation bereitet. Aber auch einiges innerhalb des gut erhaltenen übrigen
Textes (II  65–76), bei dessen Interpretation und Übersetzung wir uns immer noch häufig den Pionierfor-
schern anschließen können, bedarf heute nach mehr als acht Jahrzehnten, die uns von deren Texteditionen
trennen, einer Kommentierung.
Schon Forrer (1929, 154) hatte einst bemerkt: „Trotz der verhältnismäßig guten Erhaltung des §  8 hat
es viele Mühe gekostet, zu einem gesicherten sachlichen Verständnis zu kommen.“ Heute ist festzustellen,
dass wir trotz des noch immer relativ guten Erhaltungszustandes dieses Paragraphen, der Fortschritte in der
Erforschung der hethitischen Sprache und auch mancher „Mühen“ nicht „zu einem gesicherten sachlichen
Verständnis“ einiger Textstellen gelangen konnten.

II 55  f. von nu bis da-a-ri-⸢ia⸣-nu-zi


Über die Ergänzung der beiden unvollständig erhaltenen Sätze besteht im Anschluss an Sommer (AU 10  f. u.
125–128) heute weitgehend Einigkeit.

II 55 nu nam-ma-pát a-na šeš-⸢ia⸣ ḫa-an-da-aš ú-ul ma-a[n-ka4 i-ia-nu-un …]


Bei der Ergänzung des ersten Satzes in II 55 (= AU II 56: ú.ul ma-a[n-qa i-i̯a-nu-un …] griff Sommer auf die von
Forrer (1929, 112) zurück. Jener hatte diese Ergänzung mit gewisser Berechtigung in VAT 6692 II 55 (bei Forrer
l.  c. II 56) angewandt, weil es sich dabei um einen feststehenden Ausdruck zu handeln scheint; s. die Belege
in Ḫattušilis III. großem Text, insbesondere Ḫatt IV 61, S. 36  f.; s. auch Otten, Apologie III 38′  f. [teilweise
ergänzt], III 61  f.; IV 29  f. u. 61; ferner Goetze 1930b, III 38  f., S. 22  f. Hierzu berechtigte zum einen zweifellos
a-na šeš-⸢ia⸣ ḫa-an-da-aš und das anschließende ú-ul ma-a[n-ka4 in diesem Satz. Beides gehört zu den oben
genannten, bei Ḫattušili III. bezeugten Belegen des feststehenden Ausdrucks, die ein Prädikat i-ia-nu-un
(bzw. dú-nu-un) bieten oder erwarten lassen; s. dazu vor allem auch Hawkins 1998, 17 Anm. 73.
Allerdings überzeugte dann weder Forrers Übersetzung des gesamten Satzes mit genannter Ergänzung:
„Und noch einmal wieder blieb ich meinem Bruder getreu“ noch die von Sommer: „Ich [habe] so wieder, wie
bisher, meinem Bruder treu, nicht in Rücksicht auf mei[ne Person(?) gehandelt.“
Zwar hatte Forrer (1929, 100 Anm. 4) sich bei ú-ul ma-an-ka4 (s. seine Translit.: ú-ul ma-an-ka) mit dem
Bedeutungsansatz „in keiner Weise“ schon in etwa der späteren Deutung bei Friedrich (1926, 159 u. später
HW 136 sub manqa) „keineswegs, durchaus nicht“ angenähert (vgl. auch CHD L-N, 175 „not in any way, not
at all“), doch ging er, wie bereits Sommer (AU 125) zu Recht darlegte, „von einer ziemlich phantastischen
Bedeutungsentwicklung bei ii̯a- ‚machen, handeln‘ aus“, indem er in iyanun „ich tat“ statt einer Handlung
einen Zustand, „ich blieb“ sah, was ihn schließlich zu oben zitierter Übersetzung (1929, 113) führte.
Jedoch hat sich ganz offensichtlich auch Sommers Interpretation nicht durchsetzen können, der
(AU 125–127) ausführlich anhand mehrerer Belege darzulegen versuchte, dass der Ausdruck ú-ul ma-an-ka4
i-ia- bedeuten müsse: „nicht in Beziehung (/unter Rücksichtnahme) auf die eigene Person bzw. in eigener
Sache handeln“; s. dazu HW 136 u. CHD L-N, 175  f.
Neuere Übersetzungen mit gleicher Ergänzung wie bei den Pionierforschern lauten nun folgenderma-
ßen:
Miller 2006, 244: „Und ferner noch, [habe ich] in Anbetracht meines Bruders ga[r] nichts (Böses)
[getan. …]“; Hoffner 2009, 307: „So once again in consideration for my brother I have taken no action at all“;
Beckman et al. 2011, 111: „And yet again, out of consideration for my brother, [I have done] nothing at all“;
Hawkins 1988, 17 Anm. 73: „… in no way [did I act] contrary to (handas) my brother“.
Während Miller hier den weitgehend ergänzten Ausdruck „ich habe gar nichts getan“ im Sinne von „ich
habe gar nichts (Böses) getan“ verstanden hat  – was auch schon in Goetzes Übersetzung von Ḫattušilis
großem Text an einer Stelle (Ḫatt IV 61, S. 36) und in Ottens Übersetzung desselben an drei der vier dort
belegten Stellen (Apologie III 39′ [S. 21], IV 30 [S. 25], IV 61 [S. 29]) eingefügt wurde, haben Hoffner und auch

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   193

Beckman diese Aussage des Hethiterkönigs (II 56, nach unserer Zählung: II 55) dahingehend interpretiert,
dass dieser überhaupt nichts unternommen habe. Dies deckt sich wiederum mit Ottens Deutung des vierten
Belegs im genannten Text Ḫattušilis, der sog. Apologie III 62 (S. 23): „wurde ich überhaupt nicht tätig“. Es
fragt sich also,
1. ob der Hethiter hier im sog. Tawagalawa-Brief II 55 gegenüber dem König von Aḫḫiyawa betonen wollte,
dass er in Verbindung mit der Piyamaradu-Affäre überhaupt nichts (Böses) getan habe, was auch wieder
in Verbindung mit seinem unbotmäßigen Vordringen nach Millawanda, das vermutlich ohne kriegerische
Handlung vonstatten gegangen sein dürfte (s. oben sub I 55–61 u. II 13–20), gesehen werden könnte, oder
2. ob er nur feststellen wollte, dass er ferner (nach seinem Eindringen in den Hoheitsbereich von
Aḫḫiyawa?) nichts weiter mehr in der Piyamaradu-Angelegenheit unternommen habe.

Beides könnte jedenfalls unter Berufung auf seine Rücksichtnahme dem Adressaten gegenüber, auf den sich
a-na šeš-ia ḫandaš bezieht, erfolgt sein. Dass mit šeš-ia hier der auch sonst im Text so angesprochene König
von Aḫḫiyawa gemeint ist und nicht etwa Muwatalli II., der leibliche Bruder von Ḫattušili III., auf den sich
die oben zitierten Stellen aus der sog. Apologie beziehen, ist wohl anzunehmen.

II 55  f. [… nu ma-a-an] šeš-ia ku-u̯ a-at-ka4 da-a-ri-⸢ia⸣-nu-zi


Eine Entscheidung zugunsten einer der beiden oben (S. 192  f.  ) aufgeführten Übersetzungen aus neuerer Zeit
könnte vielleicht mit Hilfe des nächsten Satzes erleichtert werden, insbesondere dann, wenn man Sommers
Ergänzungsvorschlag für den Beginn dieses Satzes aufgreift, dem sich die drei oben genannten Forscher
(Miller in einer unv. Translit. zu seiner 2006 erschienenen Übersetzung, Hoffner 2009, 307 u. Beckman et al.
2011, 110) angeschlossen haben.
Sommers Erwägung, am Ende von II 55 (= AU II 56) als Einleitung des nachfolgenden Satzes nu ma-a-an
einzusetzen, was dann weitgehend auf dem abgebrochenen Rand erfolgt sein dürfte (s. Translit. S.  30 u.
51 Anm. 168), sowie auch seiner Deutung des übrigen Satzes in II 56 (= II 57 in AU): „(55)[… (Wenn er nun?)]
(56)
 meinen Bruder vielleicht darum angeht?: …“, ist tatsächlich kaum etwas Besseres entgegenzuhalten, und
zwar aus folgendem Grund:
Dem Prädikat dāriyanuzi in II 56 dürfte eine bis in II 57  – einschließlich kaskal-ši dāu  – reichende
zitierte Rede gefolgt sein, die der Absender hier dem Adressaten als vielleicht zu erwartende, jenem (dem
König von A.) gegenüber erfolgende Äußerung einer Person vorstellt. Der fiktive Inhalt dieser Äußerung
(II 56  f.; s. dort) lässt immerhin darauf schließen, dass diese Rede auf Piyamaradu zu beziehen ist. Nach den
zuvor fehlgeschlagenen Versuchen, diesen Mann in seinen Machtbereich geleiten zu lassen oder ihn dorthin
ausgeliefert zu bekommen, stellte vermutlich die Möglichkeit, dass sich Piyamaradu nach seinen erneuten
Sicherheitsangeboten (II 26–28, 32–37, 64–76; III 2–6) schließlich doch noch für eine Rückkehr in hethitisches
Hoheitsgebiet entscheiden könnte, für den Hethiterkönig vielleicht den letzten Hoffnungsschimmer bezüg-
lich einer Beendigung der Angelegenheit dar. Hinzu kommt auch noch der restliche Text von § 8, der zeigt,
dass es dort dem Hethiter ein Anliegen war, dem Adressaten noch näher zu erläutern, auf welche Weise
dem Piyamaradu bei seiner Rückkehr in den hethitischen Machtbereich eine akzeptable Sicherheitsgarantie
geboten werden sollte. Es geht also weiterhin (II 57–76) um den dabei ausdrücklich in II 61 genannten Piya-
maradu; s. auch Sommer, AU 125 u. passim.

II 56 da-a-ri-⸢ia⸣-nu-zi
Unterschiedliche Auffassungen bestehen allerdings über die exakte Bedeutung des Prädikats dariyanuzi
(II 56) im Satz II 55  f., dessen Beginn am Ende von II 55 von Sommer mit nu ma-a-an ergänzt worden war.
Wie schon angedeutet, dürfte die Bedeutung dieses Verbs bei der Entscheidung zugunsten einer der beiden
bereits genannten Interpretationsmöglichkeiten von ú-ul ma-a[n-ka4 i-ia-nu-un  …] im vorausgehenden
Satz II 55 wichtig sein; s. auch oben S. 193 sub 1 u. 2.
Während Miller (2006, 244) das Verb ähnlich wie Sommer („er geht darum an“) deutete, nämlich „[…]
er redet an (indem er sagt): …“, lautet die Übersetzung des gesamten Satzes bei Hoffner (2009, 307): „Now
if perhaps he protests? to my brother, saying: …“; vgl. Beckman et al. (2011, 111): „[And if] my brother should

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194   S. Heinhold-Krahmer

perhaps complain: …“. Zur Schwierigkeit einer exakten Bedeutungsklärung s. schon Friedrich, HW 213  f. mit
Lit.
Betrachtet man die nachfolgend zitierten Worte, soweit erhalten (II 57), die der Hethiter als mögliche
Äußerung des Piyamaradu dem Adressaten avisiert (s. unten sub II 56  f.), so ist zu vermuten, dass sich jener
Mann dann eher mit solchen Worten an den viel höher gestellten König von Aḫḫiyawa wenden würde, die
einem Ansuchen oder bestenfalls einer höflichen Aufforderung gleichkamen, als dass er gar protestierte
oder sich beklagte, wie die Deutungen von Hoffner oder Beckman vermuten lassen.
Diese Möglichkeit, dass sich Piyamaradu selbst an den König von Aḫḫiyawa wandte, muss überdies
nicht darauf schließen lassen, dass er sich in unmittelbarer Nähe jenes Herrschers, etwa in dessen Resi­
denzstadt, befand. Viel eher ist anzunehmen, dass er sich nur in dessen kleinasiatischem Hoheitsbereich
aufhielt, vermutlich sogar in Millawanda oder in der Umgebung davon; s. z.  B. oben S. 121 sub I 61  f. u. unten
S. 285 sub IV 11  f. Dass die Kontakte zwischen dem König von Aḫḫiyawa und dem von ihm offenbar geschütz-
ten Piyamaradu schriftlich stattfanden, ergibt sich jedenfalls eindeutig aus III 63; s. dort S. 265.
Wir bevorzugen hier jedenfalls für dariyanu- die Deutung von Sommer und Miller.

II 55 abschließend nochmals zu ú-ul ma-a[n-ka4 i-ia-nu-un …]


Sommer (AU 126) war nicht einverstanden mit einer Deutung von ú-ul ma-a[n-ka4 i-ia-nu-un …] im Sinne von
„ich tat nichts (Schlechtes), ich handelte keineswegs (böse)“, ähnlich wie sie auch in neuerer Zeit wieder als
Möglichkeit erwogen wurde; oben S. 193 sub 1. Eine solche Interpretation könnte freilich entweder wieder
im Zusammenhang mit dem damals wohl unmittelbar vorausgegangenen Vordringen des Hethiters nach
Millawanda und seinen dafür vorgebrachten und wohl einer Entschuldigung dienenden Begründungen in
Kol. I 53–61 u. II 9–23 gesehen werden oder aber in Verbindung mit den zeitlich wohl vorausgehenden Ausei­
nandersetzungen zwischen Aḫḫiyawa und Ḫatti wegen Wiluša (s. Kol. IV 8–10 u. 19–20) und in einer weite-
ren Angelegenheit (s. Kol. IV 32–57).
Die Übersetzung „ich tat nichts“ (s. z.  B. in Apologie  III 38′  f.) bezeichnete Sommer jedenfalls als
„farblos“ und eine Ergänzung mit „nichts (Böses/Schlechtes) tun“ als „nicht befriedigend“, wenngleich auch
sein Versuch einer Deutung „handeln ohne Rücksicht auf die eigene Person“ (AU 11 u. 126  f.) bislang kaum
Anhänger gefunden hat.
Sieht man einmal von den oben zitierten und weiteren kritischen Bemerkungen Sommers zur Deutung
„ich tat nichts (Schlechtes), ich handelte keineswegs (böse)“ ab, so kommt jedoch für den Ausdruck ú-ul
ma-a[n-ka4 i-ia-nu-un …] – vorausgesetzt seine bislang allgemein akzeptierte Ergänzung entsprechend den
oben genannten Stellen in der Apologie ist korrekt – (s. S. 192  f.), aufgrund nachfolgender Textpassagen eher
die oben S. 193 sub 2 genannte Möglichkeit einer Interpretation in Betracht. Nach all den bisher fehlgeschla-
genen und im Text VAT 6692 bereits ausführlich dargelegten Versuchen des Hethiters, Piyamaradu zu einem
Kommen in seinen Machtbereich zu bewegen, wäre nämlich durchaus Folgendes denkbar:
Der König von Ḫatti wollte dem König von Aḫḫiyawa in II 55 zu verstehen geben, dass er weiter überhaupt
nichts mehr in der Angelegenheit unternommen habe, vielleicht sogar, dass er überhaupt nichts weiter unter-
nehmen werde, wobei statt iyanun im letztgenanntem Fall dann iyami nach ú-ul ma-a[n-ka4 …] zu ergänzen
wäre. Die aufeinander folgenden Hinweise, dass dies aus Rücksichtnahme gegenüber dem Adressaten (II 55:
a-na šeš-ia ḫandaš) geschehen sei (oder geschehen werde?) und dass sich die Person, um die es ging (Piya-
maradu), nun vielleicht an jenen (II 56: šeš-ia kuwatka dariyanuzi) irgendwie wenden werde (bezüglich der
Auslieferung oder freiwilligen Rückkehr in den hethitischen Machtbereich?), deuten vermutlich darauf hin,
dass der Hethiter die ganze Verantwortung in der Piyamaradu-Angelegenheit nun dem gleichgestellten Groß-
könig, der dem Unruhestifter Asyl gewährte, zuschieben wollte. Dieser Verdacht dürfte u.  a. vor allem durch
Anhaltspunkte in folgenden Textabschnitten eine Stütze erhalten:
1. Durch Kol. III 7–17 (§ 9), wonach der Adressat aufgefordert wurde, bezüglich der 7000 namra-Leute
des Hethiterkönigs, die sich wie Piyamaradu auf dem zu Aḫḫiyawa gehörenden Terrain aufhielten, persön-
lich aktiv zu werden und im Beisein eines der Leute des Hethiters die Frage klären zu lassen, ob sie von
Piyamaradu mit Gewalt über die Grenze gebracht worden seien oder ob sie sich freiwillig auf die Flucht
begeben hätten.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   195

2. Durch Kol. III 52′–62′ (§ 11), wo sich der hethitische Herrscher über geplante Überfälle in die von hethi-
tischer Seite beanspruchten Länder Maša und Karkiša beklagte. Diese Überfälle würde Piyamaradu dann von
dem ihm Asyl gewährenden Land aus unternehmen, wohin er auch wieder zurückkehren würde/könnte, da
er die nam.ra-Leute, seine Familie und sein Hauswesen ja dort zurückließe. Dabei erging die Frage an den
auch hier als šeš-ia bezeichneten Adressaten, ob der dies denn billige.
3. Durch Kol. III 63′–IV 15 (§ 12), wo dann die Aufforderung an den König von Aḫḫiyawa erfolgte, sich
in dieser Angelegenheit mit Piyamaradu schriftlich in Verbindung zu setzen und ihm Vorschläge für seinen
weiteren Aufenthalt zu machen.

II 56  f. von a-na lugal kur Ḫat-[ti-u̯ a …] bis nu-u̯ a-mu-kán kaskal-ši da-a-ú
Problemlos ist der zweite Satz zu verstehen, insbesondere auch aufgrund weiterer Belege im Text (II 65;
III 6; s. auch schon den Kommentar zur fragmentarischen Stelle II 35–37 oben S. 183  f.). Er lautet wörtlich:
„Er soll mich auf den Weg setzen!“; für die wörtl. Bedeutung s. Forrer 1929, 113 u. 157–159 (auch eingehend
auf mögliche Bedeutungen in übertragenem Sinn; dazu ferner Sommer, AU 118–121) und in neuerer Zeit
noch Miller 2006, 244; ferner Hoffner 2009, 307:„Let him put me on the road“ u. 307 Anm. 302, der betonte,
dass gegenüber Sommers Deutung „Er soll mich in meiner Laufbahn(?) fördern(?)“ mit dem Ausdruck doch
eher gemeint sein dürfte, dass ihm (Piyamaradu) eine sichere Reise gewährt werden solle; s. schon oben zu
II 35–37; vgl. noch Beckman et al. 2011, 111 „so that he might send me on my way“.
Nicht ganz sicher scheint dagegen die Ergänzung im ersten wohl asyndetisch mit a-na lugal kur
Ḫat-[ti-u̯ a  …] beginnenden Satz zu sein. Dieser dürfte wegen der Asyndese den Beginn der zitierten fikti-
ven Rede des Piyamaradu darstellen, wie sie ja eindeutig im zweiten Satz (II 57) durch -u̯ a in nu-u̯ a-mu-kán
gekennzeichnet wird. Deshalb wurde bislang zu Recht das fehlende -u̯ a in II 56 ergänzt: a-na lugal kur
Ḫat-[ti-u̯ a  …]; s.  schon Forrer 1929, 112; Sommer, AU 10; Miller 2006, 244 (gemäß zitierter Rede in seiner
Übersetzung); Hoffner 2009, 307; Beckman et al. 2011, 110. Allerdings könnte die im Anschluss an Sommer
zumeist vorgenommene Ergänzung des Prädikats pa-a-i-mi, wodurch sich ergäbe: „[Ich will/möchte] zum
König von Ḫat[ti] gehen“, auch etwas anders gelautet haben. So könnte dem renitenten Piyamaradu z.  B.
auch vom Hethiter in den Mund gelegt worden sein, dass er sich an den König von Aḫḫiyawa wenden könnte
mit der Bitte: „Schreibe dem König von Ḫat[ti]!“ In diesem Fall wäre dann (wie in III 63′) ḫa-at-ra-a-i oder
kürzer (wie in IV 18) šu-pur im zerstörten rechten Teil von II 56 zu ergänzen.

II 57–II 59 von nu ka-a-aš-ma bis un-aš

II 57 ka-a-aš-ma
Nach Rieken (2009, 269) bildet kāšma „das funktional komplementäre Gegenstück zu kāša“; zu Letzterem
bereits oben sub I 17. Dass hierbei der inhaltliche Bezug zum Adressaten eklatant ist, kann sie durch Beispiele
eindeutig belegen, die neben kāšma Pronomina und Verbformen der 2. Person aufweisen. Es gibt aber auch
Sätze, in denen nur kāšma auftritt, z.  B. im Sinne von „bei dir/euch, zu dir/euch“, deren genauer Adressaten-
bezug sich dann jedoch meist nur aus dem Kontext erschließen lässt.
Hier in II 57 bezieht sich kāšma wohl auf den Adressaten des Textes, den zuvor in II 55  f. als „mein
Bruder“ angesprochenen König von Aḫḫiyawa, den der Hethiterkönig auch in III 1  f. so anredete, nachdem
er ausführlich über die Entsendung des Wagenlenkers Dabala-Tarḫunta, dessen hohe Position und die damit
verbundene Sicherheitsgarantie für Piyamaradu berichtet hatte.

II 57 mDa-ba-l[a-d10-an]
In den Übersetzungen der Pionierforscher wurde der Name des Mannes, der in II 58 vollständig im Nomi-
nativ, mDa-ba-la-d10-aš, auftritt, mit Dabala-Dattas (Forrer 1929, 113) oder entsprechend der damaligen und
auch heute noch zu findenden Translit. mit Dabala-DU (Sommer, AU 13) wiedergegeben. In neueren Überset-
zungen findet er sich meist in der Schreibweise Dabala-Tarḫunta; s. Miller 2006, 244 und Hoffner 2009, 307;
vgl. auch Beckman et al. (2011, 111) mit der Lesung: Tapala-Tarhunta.

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196   S. Heinhold-Krahmer

Zum luwischen Bestandteil D(/T)ab(/p)ala s. Laroche, DLL 90. Dieser Namensbestandteil scheint jedoch
nicht in den von Starke (1985) vorgelegten keilschriftluwischen Texten in Umschrift, auf die er sich in einer
verdienstvollen Arbeit stützte, bezeugt oder zumindest nicht von ihm besprochen worden zu sein (1990,
Vorwort u. 615–632). Keilschriftlich ist er jedenfalls nicht nur in einem weiteren Personennamen, in dem des
in den Annalen Muršilis II. bezeugten Prinzen Dapalazunawali aus Arzawa belegt; s. KBo 3.4 II 54, 56, 58, 62,
67, 71, AM 323 (Indices).
Der hier in VAT 6692 II 57 (mDa-ba-l[a-d10-an]) und II 58 (mDa-ba-la-d10-aš) bezeugte PN könnte viel-
leicht auch in fehlerhafter Schreibung in VS NF 12.113 Rs. 14′ vorliegen, sei es, dass diese sich schon auf der
Originaltafel befand, oder aber, dass sie erst in der Autographie versehentlich zustande kam. Der dort zu
lesende Name mŠa-pa-la-d10 scheint jedenfalls ansonsten nicht keilschriftlich belegt zu sein.
Es existierte auch ein noch nicht lokalisierter Berg dieses Namens, Tapala, der u.  a. in einigen Festbe-
schreibungen bezeugt ist; s. RGTC 6, 397 sub Tapala; RGTC 6/2, 158 sub Tapala; ferner z.  B. noch in VS NF 12.1
Rs. 15′: Ḫur.sagTa-ba-la.

II 58 lúkar-tap-pu
Die Deutung dieser Amtsbezeichnung hat sich heute gegenüber der älteren Forschung gewandelt. Während
Forrer (1929, 113) das Wort mit Gefährte wiederzugeben versuchte, was bereits Sommer (AU 128  f.) zu Recht
unter Berufung auf die Belege in Amarna-Briefen ablehnte, hob Letztgenannter hervor (AU 129), dass unsere
Textstelle den lúkar-tap-pu, den er mit „Hofstallmeister“ zu übersetzen versuchte, deutlich als einen Mann
von vornehmem Rang dokumentiere; vgl. dagegen Sturtevant (1928, 227 u. 231), dessen Deutung des Begrif-
fes „groom“ („Pferde­pfleger, Stallbursche“) lautete.
In neuerer Zeit hat sich dann vor allem im Anschluss an Pecchioli Daddi (1977, 169–191 [mit früherer Lit.]
u. 1982, 133–135: „auriga“) die Bezeichnung „Wagenlenker“ durchgesetzt; s.  auch Miller 2006, 244; ferner
Hoffner 2009, 307 u. Beckman et al. 2011, 111: „charioteer; s. ferner die hieroglyphenluwischen Entsprechung
in Herbordt 2005, 96  f. (MAGNUS AURIGA) u. 101 (AURIGA) und in Hawkins 2005, 300  f. u. passim.
Die hohe Stellung des entsandten kartappu (des Wagenlenkers) Dabala-Tarḫunta wird nicht nur in
II 58  f. (von mDa-ba-la-d10-aš-ma bis egir-ez-zi-iš un-aš) betont, sie ergibt sich auch aus dem anschließen-
den Text (von II 59 dumu-an-na-aš-mu bis gam-an ti-iš-ke-et in II 61) und schließlich noch aufgrund seines
beschriebenen Verwandtschaftsverhältnisses zum hethitischen Königshaus aus II 72–74. Zur diplomatischen
Tätigkeit von hochrangigen Personen mit dem Titel lúkartappu s. unten S. 218 sub II 75  f.

II 58  f. von mDa-ba-la-d10-aš-ma bis egir-ez-zi-iš un-aš


Die Ergänzung k[u-iš-ki] nach ú-ul am Ende von II 58 (so nach unserer Zählung) haben bereits Forrer (1929,
112 sub II 59) und Sommer (AU 10 sub II 59 mit Fragezeichen) vorgenommen und nach ihnen Hoffner (2009,
307) u. Beckman et al. (2011, 110). Sie harmoniert nicht nur mit dem auch heute noch auf der Tafel erhaltenen
Rest des ersten Zeichens KU (s. Translit. S. 30 u. 51 Anm. 170), sondern auch mit dem Kontext, der eindeutig
darauf hindeuten dürfte, dass der am Satzbeginn (II 58  f.) genannte Dabala-Tarḫunta nicht ein (nach Ergän-
zung: ir[gendein]) geringer (/unbedeutender) Mann sei.
Die Tatsache, dass der hethitische Großkönig hier gleich anschließend in II 59–61 und unten II 72–74 die
bedeutende Stellung des von ihm wohl in den kleinasiatischen Hoheitsbereich von Aḫḫiyawa entsandten
kartappu Dabala-Tarḫunta so stark betonte, könnte zu folgendem Schluss führen:
1. Der hethitische Großkönig hatte vermutlich bereits ein Mal der Forderung Piyamaradus nicht entspro-
chen und jenem an Stelle des – für sein Geleit in das hethitische Machtgebiet – angeforderten Mannes (des
tuḫkanti; s. I 7  f.) einen anderen Würdenträger (den tartenu; s. I 8–13) gesandt; s. oben S. 72–75 sub I 7–15 zu
tuḫkanti und tartenu u. S. 169  f. sub II 30  f. zu dumu.nita. Vermutlich aus diesem Grund hatte Piyamaradu
sein Mitkommen verweigert und den tartenu brüskiert (s. I 11–13).
2. Bei dem Treffen mit Piyamaradus Schwiegersohn Atpa in Millawanda hatte der Hethiter nach dem
Scheitern von Piyamaradus Auslieferung angeboten, einen Würdenträger bzw. einen Bruder als Geisel zu
senden, der sich als Garant für Piyamaradus Sicherheit an dessen Stelle setzen sollte (II 26  f.; s. S. 168). Da
Piyamaradu um sein Leben bangte (s. schon oben sub II 3 u. 7  f. und dann II 26 u. 29), hatte nun Atpa den

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   197

König von Ḫatti aufgefordert, seine Hand einem dumu.nita zu geben, der sie dann wohl stellvertretend für
den hethitischen Großkönig jenem (= Piyamaradu) geben sollte (s. oben S. 169–172 sub II 29–31).
3. Dieser Aufforderung der Gegenseite, die Atpa vorbrachte, kam der hethitische König offensichtlich
erneut nicht nach. Vermutlich entsandte er nun den Dabala-Tarḫunta an Stelle des als seinen Stellvertreter
erbetenen dumu.nita. Vor allem diese Hypothese könnte als Erklärung dafür dienen, dass der Hethiter sich
genötigt sah, die Bedeutung des entsandten kartappu seinem Adressaten, dem König von Aḫḫiyawa, relativ
ausführlich zu erläutern, insbesondere dabei auch auf dessen Zugehörigkeit zur Familie der Königin hinzu-
weisen (II 72  f.).

Natürlich ist dabei nicht auszuschließen, dass auf das an Atpa gerichtete hethitische Angebot hin – nämlich
einen Würdenträger oder einen Bruder (des Großkönigs) zu senden, der sich als Garant für Piyamaradus
Sicherheit und nötigenfalls als Geisel an dessen Stelle setzen sollte (II 26  f.) und der anscheinend auch mit
den nötigen Vollmachten ausgestattet war (II 34–37) – der König von Aḫḫiyawa selbst zwischenzeitlich durch
eine Botschaft beim hethitischen Herrscher Bedenken angemeldet hatte. Diese möglicherweise geäußerten
Bedenken könnten sich auf die Qualität der Sicherheit, die der Gesandte dem Piyamaradu bot, bezogen
haben. Jedenfalls war dieser kartappu rangmäßig nicht mit dem Thronfolger (tuḫkanti) vergleichbar und
auch nicht mit einem dumu.nita des hethitischen Herrschers, selbst wenn es sich bei einem solchen nur
um einen männlichen Nachkommen und nicht, wie oben (S. 169–172) im Anschluss an M.W. erwogen, um den
Erbsohn, den tuḫkanti (Thronfolger) selbst also, gehandelt hätte.

II 59–61 von dumu-an-na-aš-mu bis ti-iš-ke-et


Der Satzanfang in II 59 beginnt asyndetisch mit dumu-an-na-aš-mu „Von Jugend an  … zu mir“; s.  Forrer
1929, 112; Sommer, AU 10; Hoffner 2009, 307; fehlerhaft dagegen die Lesung von -ma in Beckman et al. 2011,
110: tur-an-na-aš-ma; vgl. Translit. S. 30. Die Asyndese erfolgte aufgrund des „erläuternd-parenthetischen“
Charakters, wie bereits Sommer (AU 129) zu Recht festgestellt hatte; innerhalb dieser Parenthese wird im
Rückblick auch auf Tawagalawa Bezug genommen; s. auch den asyndetischen Beginn der rückblickenden
Parenthese mit der zweiten Erwähnung des Tawagalawa in I 71; dagegen wird am Beginn der ersten Tawa-
galawa-Stelle im Text (I 3; s. S. 24) am zerstörten Satzbeginn allgemein ein den Satz einleitendes nu ergänzt.
Bezüglich der Deutung des ersten Satzes dieser Parenthese hier in II 59  f. mit Erläuterungen zur bedeu-
tenden Stellung des abgesandten kartappu Dabala-Tarḫunta besteht heute im Anschluss an Sommer (AU
11) weitgehende Einigkeit: Der König von Ḫatti legt hier dar, dass dieser Wagenlenker seit seiner Kindheit zu
ihm auf den Wagen zu steigen pflegt; s. Miller 2006, 244; Hoffner 2009, 307 u. Beckman et al. 2011, 111.
Hierzu sei nur noch angemerkt, dass bei der Wendung a-na gišgigir gam-an tiške/a- in diesem ersten Satz
die Partikel -kan im Anschluss an den Satzbeginn, an dumu-an-na-aš-mu, zu erwarten wäre. Doch erscheint
sie dann am Beginn des zweiten Satzes, der ebenfalls das Prädikat gam-an tiške/a- enthält; vgl. auch I 9  f. u.
69  f., wo jeweils -kan in Verbindung mit a-na gišgigir gam-an tittanu- erscheint.
Hinsichtlich des zweiten Satzes (II 60  f.) bestand bereits zur Zeit der Pionierforscher Uneinigkeit.
Während Friedrich (1927, 104  f.) u. Forrer (1929, 113; 1930, 254) angenommen hatten, dass es sich bei dem
hier genannten Tawagalawa, zu dem bzw. mit dem Dabala-Tarḫunta ebenfalls häufig auf den Wagen gestie-
gen sei, um den gleichzeitig genannten Bruder des Adressaten, des Königs von Aḫḫiyawa, gehandelt habe,
widersprach Sommer (AU 130  f.) dieser Interpretation aufs heftigste.
1. Er hielt das doppelte a-na vor der Apposition und vor dem Regens mit folgender Begründung für
bedenklich:

„In der Schreibweise der hethitischen Boghazköi-Texte gilt als ausnahmslose Regel, daß sowohl akk. ša als <auch> ana bei
der Verbindung einer Apposition mit einem Regens nur einmal gesetzt werden, ganz gleich, wie die Stellung ist, ganz gleich
auch, ob noch irgendwelche Elemente dazwischen stehen oder nicht.“

2. Er glaubte, unmittelbar im Anschluss an den Namen Tawagalawa Zeichenreste zu sehen, und zwar die
Anfänge von mindestens zwei waagrechten Keilen, in denen er den Beginn des enklitischen -i[a] „und“ ver-
mutete. Dadurch gelangte er zu folgender Übersetzung des zweiten Satzes:

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198   S. Heinhold-Krahmer

„auch mit deinem Bruder u[nd] mit Tavakalava ist er oft [(auf den Wagen?)] gestiegen.“

Sommer stellte schließlich fest (AU 131): „Tavagalava war also nicht ein Bruder des Aḫḫijavākönigs.“ Er hielt
sich nunmehr für doppelt berechtigt, in dem Laḫurzi von I 26 (zu diesem noch AU 372  f.) einen Bruder des
Tawagalawa zu sehen.

Zu 1.: Der vermeintlichen Ausnahmslosigkeit der sog. Sommerschen Regel konnte Güterbock (1990, 158;
s. auch schon 1983, 136 u. 1984, 120) anhand von Texten, die der Epoche Ḫattušilis III. entstammen, nach
mehr als einem halben Jahrhundert überzeugend widersprechen,91 indem er auf Beispiele gerade aus dieser
Ära hinwies, die eine zweifache Setzung akkadischer Präpositionen, nämlich sowohl vor dem Regens als
auch vor der Apposition, belegen. Es handelt sich dabei vor allem um eine Stelle in einem Gebet von Ḫat-
tušili  III. und seiner Gattin Puduḫepa, nämlich KUB 14.7 I 16′  f.: ma-a-an-ma-kán ú-et šà ⸢é⸣.lugal di-nu
ša fDa-n[u-ḫé-pa] ša munus.ama.dingir-lì-ka ki-ša-at „Als es aber geschah, dass innerhalb des Palastes
der Prozess der Dan[uḫepa], deiner Gottesmutter, stattfand“ (vgl. Sürenhagen 1981, 90  f.), ferner um eine
solche in einem nach Güterbock (1990, 158) wohl von Ḫattušili III. stammenden Gebet (KUB 36.89 Rs. 44:
kur.kur urukubab­bar-u̯ a ša dutu uru Arinna ša ama-ka „Die Länder von Ḫatti gehören der Sonnengöttin
von Arinna, deiner Mutter.“ Einen weiteren eindeutigen Beleg nannte Otten noch in seinem bereits hier in
Anm. 91 zitierten Aufsatz (1971a, 235), nämlich das Fragment zu den Festen von Zippalanda, KUB 41.29 III
4′ (sjh.): ša ama-ka ša dutu uru Arinna LÚsanga „deiner Mutter, der Sonnengöttin von Arinna, sanga-Pries-
ter“ (CTH 635.4), wozu inzwischen noch das Duplikat IBoT 4.92 zu stellen ist; s. Taggar-Cohen 2006, 266 mit
Hinweis auf Popko 1994, 214–217.
Zu 2.: Die Deutung eines Zeichenrestes direkt im Anschluss an Tawagalawa, von dem heute nur ein win-
ziger Rest eines waagrechten Keils sichtbar ist (s. BoFN 739; nicht erkennbar auf AU, Taf. I), bleibt weiterhin
unsicher. Wie schon in Translit. S.  30 u. 51 Anm.  173 dargelegt, bemerkten Goetze (Ed.) und Forrer (1929,
112) keinerlei Zeichenspur nach diesem Namen. Sommer (AU 10) hingegen fügte an Tawakalawa noch -i̯[a̤
„und“ an, da er die Anfänge von mindestens zwei waagrechten Keilen zu bemerken glaubte. Die Existenz von
weiteren Zeichenresten, die sich ohne Spatium an diesen Namen anschlossen, hatte ihm Ehelolf anschei-
nend schon bei der ersten Durchsicht 1929 (s. AU 131) bestätigt. Nicht klar bleibt freilich, ob Letztgenannter
ebenfalls -i̯[a̤ „und“ las.
Dieses -i̯[a̤ wurde aber von Güterbock (1983, 136 u. 1984, 120) abgelehnt, der wieder ähnlich wie Forrer,
nur etwas kürzer, am zerstörten Zeilenende nach Tawagalawa nun g[išgigir-ni] ergänzte; vgl. Forrers Translit.
(1929, 112): [a-na (Iz-)Gigir] u. auch diejenige in Sommer, AU 10: i̯[a̤ (a.nagišgigir? )].
Güterbocks Begründung dafür (1990, 158) lautete, dass die Spuren am Bruchrand, die er auf einer stark
vergrößerten Fotografie von Frau Ehelolf zu sehen glaubte, eben nur auf zwei und nicht drei Waagrechte
hindeuteten und daher nicht zu -ia, jedoch zum Anfang von GIŠ passen könnten.
Nach der heute meist abgelehnten Lesung und Interpretation von Sommer, durch die er Tawagalawa als
Bruder des Königs von Aḫḫiyawa ausschloss (s. oben S. 197  f.), steht also zum einen noch die von Güterbock
vorgeschlagene und von Hoffner (2009, 307) akzeptierte Lesung g[išgigir-ni] zur Debatte, wobei zu bemerken
ist, dass an allen übrigen Stellen im Text (I 9, 69; II 59), die den Dativ-Lokativ von gišgigir bieten, immer a-na
giš
gigir erscheint.
Zum anderen hatten wir angesichts der Tatsache, dass beim Namen Tawagalawa das waagrechte Zeichen
beim zweiten -u̯ a im Vergleich zum ersten stark in die Länge gezogen ist (s. Autographie), auch schon bei
unserem zweiten gemeinsamen Arbeitstreffen in Marburg im November 2007 die Möglichkeit erörtert, dass
es sich hier wie in I 71 (mTa-u̯ a-ga-la-u̯ a-aš-pát-kán) um die an diesen Namen angeschlossene Partikel -pat
handeln könne, wobei dieses Zeichen in II 60 allerdings weniger vollständig als dort erhalten wäre. Es fehlt
jedenfalls auf der Tafel in ihrem heutigen Zustand der Winkelhaken am Ende; s. aber das neuere Foto von

91 Bereits 1940 (s. dort S. 13 mit Anm. 39 u. 40) hatte Güterbock Zweifel an der Ausnahmslosigkeit dieser Regel geäußert. Er hatte
(l.  c., Anm. 39) dabei auch schon auf einen weiteren in die Zeit Ḫattušilis III. gehörenden Text, das Dekret KBo 6.28, hingewiesen,
wo offenbar, entgegen seiner später zwischenzeitlich wieder geändertern Auffassung (1970, 75) in Vs. 4 doch doppeltes ša auftritt
(… du]mu.dumu-šu ša mḪattušili lugal.gal ša lugal uruKuššar); s. dazu die einleuchtende Darlegung von Otten (1971a, 233–236).

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   199

O. Teßmer im Portal Mainz (BoFN 739), wo vor der Abbruchstelle eine möglicherweise auf einen Winkelhaken
hindeutende kleine Vertiefung sichtbar zu sein scheint.92
Auch wenn Güterbock (1990, 158) betonte, dass die oben erwähnte Verlängerung der Waagrechten beim
letzten -u̯ a des Namens „beliebt“ gewesen sei, und zwar beim letzten Zeichen zur Andeutung des Wortendes,
besonders wo kein Platz für einen regulären Wortabstand vorhanden sei, so sollte hier doch noch eine Kolla-
tion berücksichtigt werden, die Anfang 1989 von der damaligen Direktorin der Staatlichen Museen zu Berlin,
Frau Dr. L. Jakob-Rost auf Anfrage von Professor G. Steiner (Marburg) vorgenommen worden war.93 Frau Rost
hatte festgestellt – was uns unabhängig davon erst Jahre später auffiel –, dass das fragliche Zeichen dicht
auf das -u̯ a am Ende der Zeile, „wie zum Namen zugehörig“, folge. Nach dem Keil, bei dem es sich aber ihrer
Meinung nach möglicherweise auch um einen Riss am Ende der Waagrechten handeln könnte, seien weiter
noch zwei „klar erhaltene“ Senkrechtköpfe sichtbar.
Steiner las die Stelle daraufhin folgendermaßen: a-na šeš-ka-ia-aš-kán a-na Ita-wa-ka-la-wa-pát! a[-na
giš.gigir] gam-an ti-iš-ki-it. Er übersetzte dann: „und zu deinem Bruder, sogar zu Tawagalawa ist er (wieder-
holt) a[uf einen Wagen] aufgestiegen“. Er schrieb dazu in seinem Brief vom 19. 06. 2008:

„Auch wenn der Befund nicht ganz eindeutig ist, meine ich, daß danach Tawagalawa (gegen Güterbock) doch nicht ein
Bruder des Königs von Aḫḫiyawa ist; d.  h. es gilt hier auch die ‚Sommersche Regel‘.“

Dass die Übersetzung nach der Kollation von Frau Rost aber auch folgendermaßen lauten könnte: „Und zu
Deinem Bruder, zu Tawagalawa selbst (/zum [bereits] erwähnten Tawagalawa), ist er (wiederholt) auf den
Wagen gestiegen“, lässt sich dann akzeptieren, wenn man bedenkt, dass bei der zweiten Tawagalawa-Stelle
im Text (VAT 6692 I 71; s. dort) ebenfalls mTa-u̯ a-ga-la-u̯ a-aš-pát-kán erscheint, der Name also in Verbindung
mit der Partikel -pat in der Bedeutung „Tawagalawa selbst“ oder rückbezogen auf die vorausgehende, diesen
Mann nennende Stelle in I 3 „besagter/erwähnter Tawagalawa“.
Diese Möglichkeit scheint besonders einleuchtend aufgrund der sich aus einigen weiteren textlichen
Anhaltspunkten ergebenden Vermutung, dass der in I 71 als Großkönig bezeichnete Tawagalawa ein unmit-
telbarer Vorgänger des großköniglichen Adressaten von VAT 6692 auf dem Thron von Aḫḫiyawa war; s. Hein-
hold-Krahmer 1986, 55; Alparslan 2005, 37  f.; Miller 2010, 167–169; ferner auch oben sub I 71.

II 61 nu a-na mPí-ia-ma-ra-du 𒀹  za-ar-ši-ia-an ⸢ú⸣-[ul? ad-din?]

II 61 𒀹  za-ar-ši-ia-an (A.Sg.): Zur Bedeutung und Definition von 𒀹  zaršiya- c. (auch unter Berücksichtigung
der Belege in II 62, 64; III 2  f.; ferner in II 33)
Das mit Glossenkeil versehene Wort, das Forrer und Sommer bereits in II 1 lesen wollten (s. Translit. S. 28 u.
44 mit Anm. 84 u. vgl. II 1), das aber wahrscheinlich auf dieser Tafel erstmals in II 33 erscheint (s. Translit.
S. 28 u.49 mit Anm. 137), nämlich 𒀹  za-a]r-ši-ia (D.-L.Sg. mit Postposition gam-an, dazu auch oben S. 178 sub
II 33), tritt hier in § 8 gleich dreimal nacheinander auf, und zwar nach II 61 (A.Sg.: 𒀹  za-ar-ši-ia-an) noch in
II 62 (N.Sg.: 𒀹  za-ar-ši-ia-aš [+-ma]) und in II 64 (D.-L.Sg.: 𒀹  za-a]r-ši-ia [+-ma nebst Postposition šer]). Ferner
erscheint es dann auch in III 2 (A.Sg.: 𒀹  za-⸢ar-ši⸣-ia-[an]); s. dort (S. 222) die Begründung zur wahrscheinli-
chen Ergänzung.
Forrer (1929, 159) fasste hinsichtlich der Bedeutung zwei Möglichkeiten ins Auge, nämlich „Freigeleit“
und „Gastfreundschaft“ – Letzteres wohl aufgrund einer Fehllesung am Ende von II 64 (entspricht II 65 in
Forrer u. Sommer); s. dazu schon Sommer (AU 133) und unsere Translit. S. 30 u. 51 Anm. 176. Er legte sich aber
in seiner Übersetzung aller 𒀹  zaršiya-Stellen allein auf „Gastfreundschaft“ fest, was nach heutigem Ermessen
nicht allzu wahrscheinlich ist. Auch schon die Annahme von Sturtevant (1928, 227 u. 231), dass 𒀹  zaršiya-
„passport“ bedeute, konnte sich bislang nicht durchsetzen.

92 Eine darunter sichtbare schwächere Spur, die Sommer wohl zur Annahme einer zweiten Waagrechten bewogen und zur Le-
sung -i̯[a̤ geführt hatte, könnte auch auf den schlechten Zustand der Tafel zurückzuführen sein.
93 Steiner hatte freundlicherweise das Ergebnis der Kollation von Jakob-Rost bezüglich der fraglichen Stelle VAT 6692 II 60 nebst
ihrer brieflichen Mitteilung vom 15. 02. 1989 sowie seine daraus gezogenen Schlussfolgerungen am 19. 06. 2008 an S.H.-K. gesandt.

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200   S. Heinhold-Krahmer

Sommer (AU 93) stellte 1932 fest, dass man aufgrund von II 61  ff. (so nach unserer Zählung; nach Sommer
u. Forrer dagegen II 62  ff.) besser „Garantie“ (speziell für Leib und Leben) ansetzen sollte. In neuerer Zeit
hat auch Miller (2006, 245) 𒀹  zaršiya- mit „Garantie“ übersetzt. Es wäre zumindest teilweise auch die schon
von Forrer vorgeschlagene, aber von ihm nicht angewandte Bedeutung „Freigeleit“ oder „sicheres Geleit“
in Betracht zu ziehen, die in neuere Übersetzungen wieder als „safe conduct“ Eingang fand; s.  Hoffner
2009, 307 u. Beckman et al. 2011, 111; Letzterer übersetzte aber den unvollständigen Beleg in II 33 wieder wie
Sommer mit „Garantie“; s. l. c., 107: „guarantee“.
E.R. gelangte nach unseren gemeinsamen Diskussionen zu folgender Einschätzung:

„Der Bedeutungsansatz von 𒀹 zaršiya- als „freies Geleit“ oder „safe-conduct“ ist aufgrund von II 62–64 eindeutig. Nicht nur
die Glossenkeile, sondern auch die Lautung des Wortes (/ts/ vor a-Vokal) macht luwische Herkunft sehr wahrscheinlich. Es
handelt sich wohl um ein Abstraktum mit dem Suffix -ya- (ohne Mutation) zu einer bisher im Anatolischen nicht bezeugten
Wurzel *zars- < *ḱers-„laufen“ (vgl. lat. currere, currō „laufen“).“

Jedenfalls wird aus der von II 64 (ab e-ḫu-u̯ a) bis II 69 (pé-ḫu-te-ez-zi) reichenden Passage (dazu unten
S. 208–213), die das Zitat eines dem Piyamaradu übermittelten – entweder zusätzlich zu 𒀹  zaršiya- gebote-
nen oder 𒀹  zaršiya- unmittelbar selbst betreffenden – Angebots von Seiten des hethitischen Königs darstellt,
eines deutlich: Dieses Angebot entspricht inhaltlich zumindest teilweise dem, was z.  B. im Mittelalter, aber
auch später und sogar verschiedentlich heute noch im Deutschen unter dem Begriff „sicheres Geleit/freies
Geleit/Freigeleit“ verstanden werden konnte.

Einem – besonders im Mittelalter meist von seinem Oberherrn – Angeschuldigten, der sich durch Flucht in Sicherheit gebracht
hatte, wurde die Garantie auf freie Rückkehr in sein von ihm verlassenes Ursprungsland oder von dort aus auch wieder zurück
in sein Asyl-Land gewährt, wenn er sich dem zuständigen Gericht stellte. Dabei wurde – damals wie auch später – beschuldigten
Personen bei Vorladung vor eine außerhalb ihres Zufluchtsgebietes oder -ortes befindliche oder zumindest dort tagende Instanz
meist ein Geleitsrecht (ius conducendi) zugesagt, welches gewährleistet werden sollte durch das von der dafür zuständigen Obrig-
keit (im Mittelalter z.  B. vom Kaiser oder dem jeweiligen Territorialherrn) gegebene Schutzversprechen, ohne Gefahr für Leib und
Leben vor dem Gericht zu erscheinen und auch wieder unversehrt zurückkehren zu können. Dieser Schutz bzw. diese Schutz-
garantie bestand meist in einer Urkunde – vom Souverän bzw. von den zuständigen weltlichen oder geistlichen Oberhäuptern
und Behörden mit Siegel, Stempel und Unterschrift versehen – und auch in der Stellung von Geleitpersonen. (S.H.-K.)

Doch decken und deckten sich die Begriffe „Geleit“, „freies/sicheres Geleit“ u. „(Sicherheits-)Garantie“ im
Deutschen und in deutschen Übersetzungen von Begriffen ähnlicher Bedeutung aus anderen Sprachen nicht
immer und überall völlig mit der oben dargelegten Definition,94 die jedoch gerade in Verbindung mit den
dem Piyamaradu gewährten Zusagen von gewissem Interesse zu sein scheint. Hier seien nochmals folgende
Vorgehensweisen und Garantien des Königs von Ḫatti bei seinen vergeblichen Versuchen aufgeführt, Piya-
maradu zu einem Wechsel von dessen Asyl-Land in heth. Hoheitsgebiet zu bewegen, und zwar:

94 So wurde und wird z.  B. unter den Begriffen „Geleit“ oder „freies/sicheres Geleit“ auch der durch Machthaber innerhalb des
von ihnen beherrschten Gebietes gewährte Schutz vor Gewalt gegen Leib und Leben bezeichnet, der Personen in Ausübung
ihres Berufes betraf bzw. betrifft. Ein solcher Schutz durch bewaffnete Sicherheitskräfte und/oder auch eine schriftliche, meist
gesiegelte und unterzeichnete Sicherheitsgarantie – im Mittelalter auch oft gegen Bezahlung – wurde jedenfalls nicht nur Kauf-
leuten während ihrer Handelsreisen zuteil; s. z.  B. Meyers Großes Konversations-Lexikon, 7. Bd. 6, 1904, 519.
Noch heute sind vor allem Journalisten bei ihren gefährlichen Reisen in Krisen- und Kriegsgebiete auf Sicherheitsgarantien und
Begleitschutz angewiesen. Dies wurde in jüngster Zeit wieder deutlich aus dem Buch von J. Todenhöfer, Inside IS – 10 Tage im
„Islamischen Staat“ (München 2015), in dem die Begriffe „Sicherheitgarantie“ (z.  B. l.  c., 133  f. [Sicherheitsgarantie des Kalifen
auf Abb. 1], 164 u. passim) und „freies Geleit“ (z.  B. l.  c., 134, 161 u. passim) mehrfach vorkommen. Dabei wird der Begriff „freies
Geleit“ auch verwendet in Verbindung mit dem Hinweis auf eine früher vom sog. IS an eine Delegation sunnitischer Stämme
gegebene „Zusicherung freien Geleits“, also eine Sicherheitsgarantie, die dann anscheinend gebrochen wurde (l.  c., 161), da kei-
ner der Abgesandten jemals zurückgekehrt sei. Ähnliches geschah z.  B. auch im Mittelalter, als der mit dem Kirchenbann belegte
Jan Hus vom Konstanzer Konzil nicht mehr nach Böhmen zurückkehren konnte und 1415 zum Tod auf dem Scheiterhaufen ver-
urteilt wurde, obgleich ihm von Kaiser Sigmund (/Sigismund) Freigeleit zugesichert worden war. Aus diesen und weiteren Bei-
spielen scheint sich zu ergeben, dass die Begriffe „freies/sicheres Geleit“ und „Sicherheitsgarantie“ nicht immer klar zu trennen
sind bzw. getrennt werden.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   201

1. Die Entsendung von zwei hochrangigen Personen zwecks Geleit nach Ḫatti. Bei dem ersten von hethiti-
scher Seite entsandten Geleitsmann handelte es sich um den tartenu in I 8  f. Piyamaradu hatte den tuḫkanti
„Thronfolger“ angefordert (dazu oben I 7  f.; wobei jedoch eine fast allgemein angenommene Personengleich-
heit mit dem tartenu in Frage gestellt wurde; s. oben S. 72–75; s. ferner die wiederholte Erwähnung der erfolg-
losen Mission dieses tartenu in I 67–70 u. II 4–7 [in II 4 auch als Sohn des heth. Großkönigs bezeichnet]).
Der nach dem Misserfolg der Mission des ersten Geleitsmannes abgesandte zweite Mann, vermutlich der
Wagenlenker (kartappu) Dabala-Tarḫunta, konnte Piyamaradu anscheinend (zunächst?) ebenfalls nicht
zu einem Mitkommen nach Ḫatti bewegen; s. oben S. 181–184, 197 zu II 33–37 u. unten S. 205. Der Grund
dafür könnte gewesen sein, dass dieser kartappu, obwohl er mit dem hethitischen Königshaus verwandt-
schaftlich verbunden war (II 72–74; s. S. 216  f.), rangmäßig wohl kaum dem (/einem) von Atpa II 29  f. vor-
geschlagenen dumu.nita entsprach (dazu oben S. 197). Dabala-Tarḫunta hielt sich zur Zeit der Abfassung
von VAT 6692 vermutlich schon im Hoheitsgebiet des Königs von Aḫḫiyawa oder in der Nähe davon auf (s. § 8
II 57  f.), wahrscheinlich in der Phase, als der König von Ḫatti die Abwicklung der Piyamaradu-Affäre auf den
König von Aḫḫiyawa mit viel Diplomatie abzuwälzen versuchte (ab Kol. II § 8 bis etwa Kol. IV § 14).
2. Die Aufrechterhaltung und Gewährung von 𒀹  zaršiya-. Die fünf Belegstellen im Text:
Beleg 1: Die erste Bezeugung findet sich wohl in II 33 (S. 28 u. 49 Anm. 137) und nicht in II 1, wie Forrer
u. Sommer angenommen hatten (s. oben). Hier (II 33) betont der heth. Großkönig, er habe jemanden, wohl
Piyamaradu, unter [𒀹  zar]šiya- belassen. Indem er nämlich auf vorheriges Anraten des Atpa (II 29–31) hin
dem Piyamaradu über einen Mittelsmann – wahrscheinlich aber nicht stellvertretend durch den (/einen?)
angeforderten dumu.nita (= der tuḫkanti?), sondern vermutlich durch Dabala-Tarḫunta – die „Hand“ hatte
geben lassen (II 34), wollte er wohl diesem Mittelsmann seine großkönigliche Kompetenz übertragen und für
Piyamaradu das vermutlich schon früher in Verbindung mit der Mission des tartenu95 zugesagte sichere
Geleit nach Ḫatti weiterhin bestehen lassen.
Beleg 2: Der zweite erhaltene Beleg von 𒀹  zaršiya- in II 61 (s. unten S. 205) findet sich dann nach dem
Hinweis des hethitischen Königs, er habe für den Fall, Piyamaradu würde seine ablehnende Haltung ändern,
für dessen Geleit ja bereits den Wagenlenker Dabala-Tarḫunta abgesandt; zu dessen Bedeutung s. oben
II 57–61 u. unten II 70–74. An dieser Stelle in II 61 wurde der König von Aḫḫiyawa wohl nochmals darauf auf-
merksam gemacht, dass er (der Hethiter) dem Piyamaradu (bereits) 𒀹  zaršiyan (A. Sg.) gewährt habe; s. dazu
auch den Hinweis in II 33, wonach er ihn unter 𒀹  zaršiya- belassen habe.
Beleg 3: Da dies offensichtlich nicht zum gewünschten Erfolg geführt hatte und Piyamaradu sein Erschei-
nen vor dem heth. Großkönig weiterhin hartnäckig abgelehnt zu haben scheint (s. II 37: ul me-em-ma-aš „Er
lehnte ab, weigerte sich“; vgl. zuvor I 11, 13 u. 71), wurde nun in II 62  f. (dazu auch unten S. 205–207) dem
Adressaten gegenüber genauer erläutert, von welcher Art in Ḫatti 𒀹  zaršiya- sei und was dies für den Empfän-
ger bedeute, nämlich, dass ihm nichts Böses zugefügt werde, dass ihm also „Sicherheit für Leib und Leben“
garantiert werde; dazu unten S. 207 sub II 62  f.
Dass 𒀹  zaršiya- aufgrund dieser und der beiden vorausgehenden Stellen im Sinne von „freiem/sicherem
Geleit, Freigeleit“ verstanden werden kann, scheint naheliegend, wobei allerdings im Text jeweils nicht klar
zum Ausdruck gebracht wird, ob darunter auch ein sicheres Geleit zurück ins Asyl-Land verstanden wurde.
Beleg 4: Auch das unmittelbar auf den Satz mit dem vierten Beleg (II 64: 𒀹  za-ar-ši-ia-ma še-er ki-i ar-
nu-nu-un; s. dazu unten S.  207  f.) folgende Zitat, eine Mitteilung des Hethiters an Piyamaradu, von II 64
e-ḫu-u̯ a bis II 69 pé-e-ḫu-te-ez-zi (s. auch unten S.  208–213), könnte zumindest partiell zu einer Deutung
dieses Begriffs als „Freigeleit“ führen, nämlich dann, wenn man von einer Definition ausgeht, wie sie z.  B. in
Quellen aus dem Mittelalter und auch heute noch anzutreffen ist; s. oben S. 200.
In Verbindung mit der Aufforderung nämlich, er (Piyamaradu) solle kommen und sich vor ihm (dem
heth. Großkönig) rechtfertigen (II 64  f.), erfolgt dann die Zusage, ihn „auf den Weg zu setzen“ (II 65). Es folgen
jedoch noch weitere Zusicherungen nach:

95 Als mögliche Parallele vgl. I 11  f.: ⸢lú⸣tar-te-nu-ma ú-ul a-na ⸢lugal⸣ x-ia!-u̯ a-la!-aš šu-an-ma-an ḫa[r-ta] „Ist aber der tartenu
nicht ein Stellvertreter(?) für einen König? Die Hand <im Sinne von Macht(befugnis?)> hät[te er (gehabt)].“

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202   S. Heinhold-Krahmer

Im Laufe seiner Verhandlungen – mit dem König von Aḫḫiyawa (per Boten mündlich und schriftlich) und mit
Atpa in Millawanda (wohl hautpsächlich mündlich) – bezüglich einer Überstellung des Piyamaradu nach
Ḫatti sah sich der heth. Großkönig dabei vermutlich genötigt, noch weitere Zugeständnisse oder Garantien
zu Piyamaradus Sicherheit zu gewähren, und zwar zusätzlich zu dem sicheren Geleit nach Ḫatti und seinem
geschützten Verbleib oder Aufenthalt dort (II 64  f.) sowie vielleicht zusätzlich noch zu der ursprünglich nicht
verhandelten Zusage, Piyamaradu die Entscheidung über seinen Verbleib im hethitischen Machtbereich
oder eine Rückkehr nach Aḫḫiyawa zu überlassen (II 66–69).
Um eine solche zusätzliche Garantie dürfte es sich z.  B. bei der bereits genannten Zusicherung gehandelt
haben (II 65  f.), die in die das „freie Geleit“ betreffenden Ausführungen (II 64–69) eingeflochten ist und von
der auch schon in II 36  f. im Rahmen der Verhandlungen mit Atpa die Rede war: Gemeint ist das Versprechen,
den bisherigen Asylgeber, den König von Aḫḫiyawa, über die Art des „Auf den Weg-Setzens“ zu informieren;
s. dazu unten S. 210–212, II 65  f. In Verbindung mit dem 4. Beleg in II 64 (𒀹  za-ar-ši-ia-ma še-er ki-i ar-nu-­nu-un)
wird aber dann vor allem noch im Anschluss an das Zitat  II 64–69 (dazu S.  208–213) angeboten, Dabala-
Tarḫunta als Geisel an Piyamaradus Stelle zurückzulassen, bis Piyamaradu, sollte er sich für eine Rückkehr
nach Aḫḫiyawa entscheiden, dorthin zurückgelangt sei; vgl. dazu schon das gegenüber Atpa in Millawanda
geäu ßerte Angebot in II 26–28 hinsichtlich einer Geiselstellung. Dass Piyamaradu dem Vorschlag, in das bis-
herige Asyl-Land zurückgebracht zu werden, eventuell wieder nicht trauen könnte (vgl. schon II 37), scheint
der hethitische König einkalkuliert zu haben (s. II 70). Deshalb erläuterte er dem König von Aḫḫiyawa gegen-
über nun genauer die Vorgehensweise bei einer Rückführung des Betroffenen, wobei dann die hohe Stellung
der Geisel, nämlich als eines Angehörigen der königlichen Familie, besonders hervorgehoben wird.
Beleg 5: Obgleich der letzte erhaltene Beleg in Kol. III 2 ebenfalls noch zu § 8 gehört, bleibt letztlich auf-
grund des stark zerstörten Kontextes unsicher, wie er zu deuten ist; s. unten S. 222–224 sub III 2  f.
Der mit „mein Bruder“ angeredete Adressat wird hier in III 2  f. nämlich entweder darauf hingewiesen,
dass „ihm“, dem Piyamardu, „ferner“ (bzw. „weiter, zudem, zusätzlich“; s. CHD L-N/4, 378: namma) 𒀹  za-ar-
⸢ši-ia⸣-[an] (A.Sg.) „folgenden Inhalts“ geschickt oder gegeben worden sei – in diesem Fall wohl von Seiten
des Königs von Ḫatti (vgl. II 61)  – oder 𒀹  za-ar-⸢ši-ia⸣[an] „folgenden Inhalts“ geschickt oder übermittelt
werden solle – in diesem Fall vermutlich von Seiten des Königs von Aḫḫiyawa:
Kol. III 2  f.: (2)… nam-ma-aš-ši ⸢šeš⸣-ia 𒀹  za-⸢ar-ši⸣-ia-[an] … (3)ki-iš-ša-an a-ša-an-ta-an x[…]; zu diversen
Lesungsversuchen des Zeichenrestes nach a-ša-an-ta-an s. auch Translit. S. 30 u. 52 Anm. 183.
Über den Inhalt der anschließend vermutlich zitierten, bereits gegebenen oder noch zu gebenden Zusage
in III 3–5 kann auf der Basis einzelner erhaltener Wörter und Wortreste allenfalls spekuliert werden. Es
könnte sich dabei um eine weitere Garantie von Seiten des Hethiters gehandelt haben, zusätzlich zu dem,
was er dem Piyamaradu bereits zugesagt hatte. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass die Schilderung
des Inhalts von 𒀹  zaršiya- das „sichere/freie Geleit“ betraf, und zwar nicht nur zum König von Ḫatti hin, wie
man ja aus den bereits behandelten Belegen 1 bis 3 schließen kann, sondern es könnte hier nochmals um die
Zusicherung des Freigeleits auch für den Weg zurück ins Asyl-Land gegangen sein. Eine solche Zusicherung
müsste an dieser Stelle nicht unbedingt vom König von Ḫatti gegeben worden sein, der ein Geleit zurück ins
Asyl-Land schon zuvor angeboten hatte (II 67–69), sondern sie könnte auch dem König von Aḫḫiyawa zuge-
ordnet werden, an den sich der König von Ḫatti hier ja laut III 1 u. 2 direkt wandte.
Innerhalb des Zitats bezüglich des Inhaltes von 𒀹  zaršiya- erscheint in III 4 das Verb „sündigen, sich ver-
gehen“ und anschließend in III 5 ist von „wieder? hineinlassen“ (1.Sg.Prs.) die Rede (zu Interpretationsmög-
lichkeiten s. unten sub III 4  f.). Es handelt sich hier also um Wörter, die in den vorausgehenden Erwähnungen
von 𒀹  zaršiya- und den darauf zu beziehenden textlichen Informationen nicht vorkommen. Somit erscheint
die Schlussfolgerung, dass es sich hier um eine weitere Zusatzgarantie drehen könnte, nicht abwegig.
In III 6 findet sich dann der vollständig erhaltene Nebensatz na-an kaskal-ši gim-an te-ḫi „Wie ich
ihn auf den Weg setzen werde“, dessen zugehöriger nachgestellter Hauptsatz leider nahezu völlig zerstört
ist. Es wäre hier naheliegend, dass der Hethiter in ähnlicher Weise, wie schon zuvor in II 35–37 u. II 65  f.
(s. dort), versprach, seinen Adressaten zu benachrichtigen, wie er Piyamaradu „auf den Weg setzen“ werde,
also wohl wie das Geleit vonstatten gehen würde. Allerdings bleibt wegen der schon oben angesprochenen,
schwierigen Deutung des vorausgehenden Textes (III 4  f.) fraglich, ob es hier in III 6 erneut wie an der eben
genannten ähnlichen Stelle um das Geleit nach Ḫatti und dann eventuell wieder zurück ins Asyl-Land geht

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   203

(s. dazu II 66–69) oder ob es sich um das Geleit in ein dem Piyamaradu vor seiner Flucht angestammtes und
daher von ihm beanspruchtes Gebiet oder in ein anderes von ihm gefordertes Gebiet innerhalb des hethiti-
schen Machtbereiches handelte; s. dazu unten zu III 4  f. Eine weitere zu erwägende Möglichkeit wäre noch,
dass der König von Aḫḫiyawa als Asylgeber seinerseits einer eventuellen Rückkehr Piyamaradus in sein Land
zustimmen musste und jenem zu dessen Sicherheit vorab eine Einreise-Garantie gewähren sollte.
Es könnte hier also in III 2 ähnlich wie in II 64–76 um eine zusätzliche Garantie für Piyamaradu gehen,
die ihm entweder der Hethiterkönig selbst gesandt hatte, oder die ihm durch den König von Aḫḫiyawa über-
mittelt werden sollte.

Für die Frage nun, ob 𒀹  zaršiya- speziell als „freies Geleit“ oder besser allgemeiner gefasst als „Garantie“ zu
übersetzen ist, spielte zweifellos der Satz in II 64 (oben Beleg 4): 𒀹  za-ar-ši-ia-ma še-er ki-i ar-nu-nu-un die
größte Rolle, da šer – hier Postposition zu 𒀹  za-ar-ši-ia-ma – bislang unterschiedlich gedeutet wurde.
Sommers Übersetzung (AU 11, 120 u. 133) lautet: „Über die Garantie (hinaus?) [/obendrein zur Garantie]
ließ ich aber das ergehen:“; s. auch HW2 A, 335 sub arnu- V.8.: „Über die Garantie(?) hinaus brachte ich dies
(Folgende)“ und Miller 2006, 245: „Noch über diese Garantie hinaus bot ich dieses an: ‚…‘“. Dagegen über-
setzte Hoffner (2009, 307): „But with regard to the safe conduct I transported this (message): ‚…‘“; ähnlich
auch Beckman et al. (2011, 111): „In (the spirit of) safe conduct, I brought these things, (saying): ‚…‘“; ferner
noch Starke (1990, 37): „wegen der Garantie …“.
Je nach der Bedeutung also, die man der Postposition šer hier in Verbindung mit vorausgehendem
𒀹  zaršiya=ma zuteilt, wären die anschließenden Sätze ab II 64 e-ḫu-u̯ a bis II 76 ku-it-ma-na-aš egir-pa ú-[ez-
z] i entweder mit Sommer, Kammenhuber u. Miller als eine „obendrein“ gewährte Vergünstigung, also als
zusätzlich zu 𒀹  zaršiya- gewährte Zusage, zu bewerten oder mit Hoffner und Beckman enger mit 𒀹  zaršiya- als
„safe conduct“ zu verknüpfen, also quasi als zugehörig zum „Freigeleit“ zu betrachten.
Im erstgenannten Fall wäre dann nicht nur die nachfolgende Zusage des hethitischen Königs an Piyama-
radu, den König von Aḫḫiyawa darüber zu informieren, wie das „auf den Weg-Setzen“ nach Ḫatti erfolgen
sollte (II 65  f., vgl. schon II 36  f. und ferner III 6), als eine besondere Sicherheitsgarantie zu verstehen, als eine
Gewährleistung durch Informationaustausch in dieser Angelegenheit auf höchster diplomatischer Ebene
also.
Auch bei den weiteren unter Beleg 4 und 5 genannten Vergünstigungen könnte man von zusätzlichen
Garantien sprechen. Sollte es sich bei Beleg 5 also um eine zusätzliche Garantie gehandelt haben, wofür
einiges sprechen kann (s. unten S.  210–213), so würde dies bedeuten, dass auch eine solche zusätzliche
Zusage als 𒀹  zaršiya- bezeichnet werden konnte und dass der Begriff Freigeleit zumindest hier zu eng gefasst
wäre; vgl. auch Hoffner (2009, 308), der diesen Begriff in III 2 (Beleg 5) gegenüber den Belegen 2–4 nicht nur
mit „safe conduct“, sondern mit „my guarantee of safe conduct“ übersetzte.
Im zweiten Fall wäre 𒀹  zaršiya- meist mit dem Begriff „sicheres Geleit“ zu verbinden, welches zumin-
dest nach den oben genannten Belegen 1–3 anscheinend hauptsächlich sicheres Geleit zum König von Ḫatti
bedeutete. Auch in Verbindung mit dem nicht zu Stande gekommenen Geleit durch den tartenu war ja
immer nur davon die Rede, dass jener Piyamaradu auf seinem Wagen zum Hethiterkönig bringen sollte;
s. I 9  f., 69  f. u. II 4–7. Auch wenn eine durch Geleit gesicherte Rückkehr des Beschuldigten in das ehemalige
Asyl-Land nach den obigen Ausführungen (s. S. 301  f. sub Beleg 4) eher ein zusätzliches und anfänglich nicht
unbedingt vorgesehenes Angebot des Hethiters darstellte, kann natürlich nicht gänzlich ausgeschlossen
werden, dass ein Rückgeleit schon in der früher, wahrscheinlich in Verbindung mit der tartenu-Mission
überbrachten Garantie vorgesehen und daher in die Bedeutung dessen, was 𒀹  zaršiya- ausmachte, inkludiert
war. Dass aber die weiteren im Verlaufe der Verhandlungen getroffenen Zusagen Bestandteil von 𒀹  zaršiya- im
Sinne von „Freigeleit“ selbst waren, dürfte weniger wahrscheinlich sein.
Zusammenfassend lässt sich anhand von VAT 6692 für 𒀹  zaršiya- Folgendes feststellen:
– Es handelt sich dabei um eine Garantie, die Piyamaradu für seine Reise nach Ḫatti zwecks seiner Recht-
fertigung vom hethitischen König gewährt wurde (Beleg 1: II 33, Beleg 2: II 61, Beleg 4: II 64  f.).
– Diese ihm wohl auch in schriftlicher Form überbrachte Garantie, die dann vermutlich mit Siegel ver-
sehen war (Beleg 2: II 61 u. Beleg 3: II 62  f.; dazu unten S. 205–207), sollte dem Beschuldigten Sicherheit
für Leib und Leben bieten.

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204   S. Heinhold-Krahmer

– 𒀹  zaršiya- entsprach wohl teilweise dem Begriff „sicheres/freies Geleit“ bzw. „Freigeleit“, zumindest
was die Sicherheit der Reise des Beschuldigten nach Ḫatti zu seinem ehemaligen Oberherrn (s. III 66)
sowie wahrscheinlich seinen dortigen Aufenthalt (oder sogar weiteren Verbleib?) anbelangte; s. oben zu
Beleg 1–3.
– Es ist aber anzunehmen, dass zusätzliche Angebote bzw. Zusagen zur Sicherheit des Piyamaradu
(s. S. 202 sub Beleg 4) von hethitischer Seite erst im Laufe der Verhandlungen mit Atpa (in Millawanda)
oder unmittelbar danach gemacht wurden; s. II 26–28, II 70–72 u. 75  f.: Geiselstellung; ferner II 34–37; II
65  f. u. III 6?: Information des Asylgebers über die Art des Geleits.
– Diese Angebote können wohl nicht direkt mit dem Begriff „Freigeleit“ wiedergegeben werden, sondern
sind eher als Garantien bzw. Zusatz-Garantien zu bezeichnen.
– Aufgrund von Beleg 5 (III 2  f.), bei dem es sich wahrscheinlich um eine weitere nicht mit den bisherigen
Worten bezeugte Zusage oder Vergünstigung handelte (s. das nachfolgende Zitat III 3–5), ließe sich ver-
muten, dass 𒀹  zaršiya- auch als Bezeichnung für weitere Garantien auftreten konnte, die nicht unmittel-
bar mit Freigeleit verbunden waren.

Im Hinblick vor allem auf den letzten Punkt verdient noch das Auftreten des fraglichen Wortes (𒀹  zaršiya-) im
Brief KUB 8.79 // KUB 26.92 Rs. 4′ u. 14′ (s. Hagenbuchner 1989b, 400 Nr. 304) Berücksichtigung. Dieser gehört
vermutlich in dieselbe Epoche wie VAT 6692. Während die oben genannten Stellen in VAT 6692, wie schon dar-
gelegt, zumindest teilweise auch im Sinne von „sicheres Geleit/Freigeleit“ gedeutet werden könnten, findet
sich in KUB 8.79 // KUB 26.92 ein Beleg, der wohl für die allgemeinere Bedeutung „Garantie/Sicherheitsgaran-
tie“ auch in unserem Text sprechen könnte. Das Wort 𒀹  zaršiya- tritt dort zweimal (Rs. 4′ u. 14′) auf. Obgleich
der erste Beleg ebenso wie der zweite in fragmentarischem Kontext erscheint, und zwar in der Nähe von Tribut
(Rs. 9′: arkamman=a=wa u. Rs. 20′: inim arkammanaš) und Städten (urudidli.Ḫi.a s. Rs. 10′, 12′ u. Rs. 14′), besitzt
der zweite in Rs. 14′ wohl mehr Aussagekraft. Er lautet (nach Interpretationsvorschlag von E.R.): […] x-mu <<x>>
a-na urudidli.Ḫi.a 𒀹  za-ar-ši-ia-aš ku-i[n „welch[en … (Objekt)] der Garantie (G.) für die Städte [… (Subjekt)] mir
[… (Verb)]“. Wenn hier, was wahrscheinlich ist, 𒀹  zaršiyaš inhaltlich auf die vorausgehend genannten Städte
a-na urudidli.Ḫi.a zu beziehen ist (vgl. a-na mPí-ia-ma-ra-du 𒀹  za-ar-ši-ia-an in VAT 6692 II 61), dann dürfte es
sich kaum um „freies Geleit“, sondern um eine Garantie bzw. Sicherheit gehandelt haben, die die Städte
(a-na urudidli.Ḫi.a) betraf; vgl. Hagenbuchner 1989b, 402. Die Namen dieser Städte sind uns im fragmentari-
schen Text nicht überliefert, sieht man ab von Rs.  20′, wo neben der Angelegenheit der Städte noch von
der Tribut-Angelegenheit der Stadt Niya (RGTC 6, 281 sub Niya) die Rede ist. Es stellt sich dabei die Frage,
ob diese Garantie oder (Sicherheits-)Garantie irgendwie in Verbindung mit dem Tribut jener Städte gewährt
worden sein könnte und dann etwa bei Nicht-Erstattung entfiel.
Dass 𒀹  zaršiyaš in Verbindung mit der Person zu sehen ist, die sich hinter -mu, dem ersten erhaltenen
Zeichen der Zeile Rs.  14′ verbirgt, scheint jedenfalls schwieriger erklärbar. Wenn es sich freilich bei der
Person, die wohl hier innerhalb einer zitierten Rede (s. -wa Rs. 9′ u. passim) in der 1.Sg. berichtet, um jenen
Mann handeln sollte, der, wie u.  a. aus Vs. 4′, 9′  f., 14′  f., 25′ hervorgeht, um sein Leben bangte, so wäre auch
denkbar, dass es ihm um sein sicheres Geleit in besagte Städte ging. Das Resultat aus diesen Überlegungen:
Es scheint eine Deutung des Wortes 𒀹  zaršiya- im Sinne von „Sicherheitsgarantie“, die freilich auch das
sichere/freie Geleit betreffen bzw. inkludieren kann, durchaus sinnvoll.96

96 Ein weiterer fragmentarischer Beleg, der aber nicht zur Klärung des Begriffs beiträgt, findet sich vielleicht noch im Brieffrag-
ment KUB 23.107 Z. 14′: [za-a]r-ši-ia? […]. Möglicherweise handelt es sich aber um dasselbe ebenfalls nur fragmentarisch erhaltene
Wort, das in Z. 22′ als u̯ a-ar-ši-x[…] erscheint und wohl das Verb waršiye/a- „sich beruhigen, sich besänftigen, zufrieden sein“ oder
waršiyanu- „befriedigen, besänftigen“ darstellt, das in VAT 6692 II 67  f. ebenfalls – hier in Verbindung mit Piyamaradu – auftritt.
Wie schon Sommer (AU 195) zu Recht betont hat, wäre in KUB 23.107 Z.14′ vor einem ergänzten [za-a]r- kein Platz für einen bis-
lang immer vor diesem Wort belegten Glossenkeil. Dies müsste allerdings nicht unbedingt gegen zaršiya- sprechen. Zu Wörtern,
die mit und ohne Glossenkeil belegt sein können, s. van den Hout’s Listen (2006, 239–251) Appendix A und B: z.  B. daḫušiye/a- in
Ḫattušilis Apologie F III 62′ ohne u. III 65′ mit Glossenkeil; s. Otten, Apologie 75; mana- KUB 31.76 IV 21′ (CTH 294) mit Glossenkeil
(vgl. Werner 1967, 26) u. auch noch ohne Glossenkeil (jedoch leider ohne Zeilenangabe) in van den Houts Appendix B (2006, 248).
Dieses Bruchstück KUB 23.107 wurde schon verschiedentlich in die Nähe des Tawagalawa-Textes gestellt, und zwar aufgrund
der Erwähnung von Piyamaradu Z. 7′ (in der Schreibung: [ms]um-ma-ra-du), der Bezeichnung „mein Bruder“ (Z. 18′) und „dein

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   205

II 61 Ergänzung des Zeilenendes


Zwar ist Forrers Lesung des noch teilweise sichtbaren Zeichens vor dem zerstörten Zeilenende (1929, 112; dort
II 62: ú-[ul …]) der Vorzug zu geben (s. Translit. S. 30 u. 51 Anm. 174 zu ⸢ú⸣-[ul? …) gegenüber der von Sommer
(AU 10: k[a-ru-ú  …]), jedoch scheint die weitere Ergänzung und inhaltliche Deutung bei Letztgenanntem
zumindest aufgrund des Kontextes sinngemäß richtiger zu sein; s. auch seine Argumentation (AU 131) gegen
Forrer, die zumindest hinsichtlich der sachlichen Gründe überzeugt. Insbesondere ist heute kaum mit Forrer
(1929, 112  f.), der den vorausgehenden Teil von § 8 mit Tawagalawa in Verbindung bringen wollte, anzuneh-
men, dass am Ende von II 61 (entspricht II 62 in Forrer u. in Sommer) ⸢ú⸣-[ul? li-in-ku-un] zu ergänzen sei, was
bei ihm in Verbindung mit dem erhaltenen Teil des Satzes zu folgender Übersetzung führte:

„Dem Pijamaradu habe ich Gastfreundschaft ni[cht geschworen].“

Wenn man, wie Sommer (AU 124  f.) und ebenso wie wir heute, § 7 u. § 8 insgesamt auf die Piyamaradu-Affäre
bezieht,97 so scheint eine Interpretation des Satzes in II 61 nur dann einleuchtend, wenn aufgrund der nach-
folgenden Erläuterung dessen, was im Lande Ḫatti 𒀹  zaršiya- bedeutet (II 62  f.), schon in II 61 am zerstörten
Ende des Satzes mit dem Prädikat irgendwie angedeutet wurde, dass dem dort vorausgehend genannten
Piyamaradu (D.Sg.) diese dort ebenfalls genannte Garantie (A.Sg.) gegeben wurde, was ja auch Sommer (AU
10 II 62) mit der Ergänzung ad-din getan hat. Allerdings kann wegen der von uns bevorzugten Lesung und
Ergänzung ⸢ú⸣-[ul? ad-din] statt Sommers k[a-ru-ú ad.din] der ganze Satz aufgrund des Kontextes dennoch
keine negative Aussage wie bei Forrer darstellen. Miller (2006, 245) hat dieses Problem gelöst, indem er den
Satz als Frage interpretierte; s. auch Hoffner 2009, 307 u. Beckman et al. 2011, 110  f.

II 62  f. 𒀹  za-ar-ši-ia-aš-ma bis ták-ki-iš-ša-an-zi


Aus dem ersten, von 𒀹  za-ar-ši-ia-aš-ma bis kiš-an reichenden Satz (ohne Kopula) in II 62 geht klar hervor,
dass der König von Ḫatti dem König von Aḫḫiyawa gegenüber nun darlegen möchte, was in seinem Land
(Sicherheits-)Garantie (𒀹  zaršiyaš) bedeutet. Dies wird dann gleich nachfolgend erläutert. Diese Erläuterung
ist zumindest in syntaktischer Hinsicht unproblematisch. Dem konditionalen, mit der Konjunktion mān ein-
geleiteten Nebensatz in II 62  f. folgt der mit nu-uš-ši-kán beginnende Hauptsatz in II 63:

„Wenn man jemandem ninda (/níg) šiyanta[n zusendet, dann fügt man ihm nichts Böses (/keinen Schaden) zu.“

Über die Deutung des Ideogramms herrscht bis heute Unsicherheit bzw. Uneinigkeit, und auch die Endung
des nachfolgenden syllabisch geschriebenen Wortes wurde bis vor einigen Jahren unterschiedlich gelesen.
Die in neuerer Zeit von Hoffner (2009, 307 u. 392 Anm. 304) vertretene Auffassung, und zwar unter Hinweis
auf die Herausgeber von CHD (s. inzwischen CHD Š, 339 sub šiyant- B), dass eher die Lesung -a[n]98 für
das letzte Zeichen des zweiten Wortes ši-ia-an-ta-x[ statt der von den Pionierforschern gebotenen Deutung
-i[a (s.  Translit. S. 30 u. 51 Anm. 175) anzunehmen sei, lässt sich inzwischen mit Hilfe eines weiteren Beleges
gut begründen. Dieser findet sich in dem schon oben (sub II 61) in Verbindung mit 𒀹  zaršiya- erwähnten Text

Bruder“ (Z. 6′, 12′ u. 23′) sowie der Erwähnung von Schiffen (Z. 17′) und einem Schiff (Z. 19′); s. z.  B. Forrer 1929, 206–220; Hagen-
buchner 1989b, 320. Auch é.gidim („Totenhaus“, „Haus der Manen“) in Z. 3′ könnte an VAT 6692 II 38 erinnern, wo – ebenfalls in
Verbindung mit Piyamaradu – von Manen die Rede sein dürfte; dazu oben sub II 38. Es wurde sogar eine direkte Zugehörigkeit
zum Text VAT 6692 in Betracht gezogen; s. z.  B. Forrer (1929, 206), der eine Zugehörigkeit zu einer der beiden verlorenen ersten
Tafeln für möglich hielt. Dagegen vermute Hagenbuchner (1989b, 340), dass das nur einseitig beschriftete Fragment, falls man es
mit dem sog. Tawagalawa-Brief in Verbindung bringen dürfe, die letzte Tafel dieses Schreibens sein könnte; s. bereits oben S. 186
Anm. 89. Doch auch dies ist sehr unwahrscheinlich, denn die dritte Tafel scheint bereits mit Kol. IV 57 beendet gewesen zu sein;
s. die Tafelunterschrift im Leerraum nach IV 57 u. dazu unten S. 304.
97 Vgl. auch noch unseren Kommentar zum Passus § 6 II 32 bis 49 [= Ende von § 6], den wir im Gegensatz zu Sommer ebenfalls
auf Piyamaradu und nicht wie dieser auf Atpa beziehen möchten.
98 Die nach diesem ergänzten Zeichen stehende Anm. 349 befindet sich in Hoffner (2009, 307) am falschen Ort und betrifft nicht
unsere hier behandelte Stelle. Sie findet sich auf S. 394 und gehört zum Text KBo 2.11 Z. 11′ (in Hoffner 2009, 353); s. jedoch seine
vorsichtigen Überlegungen zu ši-ia-an-ta-a[n] (wortfinales AN wurde von Hoffner kollationiert) in Anm. 304 [S. 392].

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206   S. Heinhold-Krahmer

KUB 8.79 // KUB 26.92 (Hagenbuchner 1989b, 398–405 Nr. 304), der inhaltlich allerdings nicht in den Westen
Kleinasiens, sondern in den syrischen Raum weist (CHD l. c.; Hagenbuchner l. c., 405), jedoch der gleichen
Epoche wie VAT 6692 entstammen dürfte.
Hagenbuchner (l.c., 399) ergänzte in KUB 8.79 Vs. 20′ damals zunächst [X ma]-ši-i̯a-an-ta-an, doch auf-
grund des von Miller 2006 publizierten, wohl zum Text zugehörigen Fragments KBo 50.85 Z.  8′ (mit nur
einseitiger Beschriftung wie KUB 26.92, das Duplikat zu KUB 8.79 Rs.) konnte ein Ergänzungsversuch des
Satzes in KUB 8.79 Vs. 20 gewagt werden: [(nu-mu ninda-an/níg-an)] ši-ia-an-ta-an up-pé-eš-ta; vgl. auch
CHD Š/3, 339. Aus diesem Beleg geht also ebenso wie aus VAT 6692 II 62  f. hervor, dass es sich bei ninda-an/
níg-an (bzw. ninda/níg) ši-ia-an-ta-an um etwas handelte, was einer Person von einer anderen zugesandt
wurde; s. das Verb uppa- als Prädikat in beiden Belegstellen. Kann man nun aus VAT 6692 II 61 schließen,
dass es Piyamaradu war, dem der hethitische Herrscher – nach offenbar in Ḫatti üblicher Gepflogenheit – als
Garantie für seine Sicherheit ninda/níg šiyanta[n] geschickt hatte (II 62  f.), so dürfte in KUB 8.79 Vs. 20′//
KBo 50.85 Z. 8′ von einer ähnlichen Situation die Rede gewesen sein, denn auch hier ging es um eine Person,
die, wie Piyamaradu, um ihr Leben bangte und deren Befürchtungen getötet zu werden, eine andere Person
auszuräumen versuchte.
Die Ergänzung ši-ia-an-ta-a[n] in II 62 kann also gegenüber der von Forrer (1929, 112) und Sommer (AU 10
u. 132) mit Fragezeichen vorgeschlagenen Ergänzung ši-i̯a-an-ta-ia? bzw. ši-i̯a-an-ta-i[a?] mehr Wahrschein-
lichkeit beanspruchen.

II 62 ninda ši-ia-an-ta-a[n oder níg ši-ia-an-ta-a[n?


In welcher Form kann man sich nun die in Ḫatti gewährte Sicherheitsgarantie (𒀹  za-ar-ši-ia) vorstellen, die
einer gefährdeten oder – zumindest wie im Falle des Piyamaradu – einer Gefahr fürchtenden Person zuge-
sandt wurde?
Nicht allein Forrer (1929, 112  f. u. 163  f.) u. Sommer (AU 10 u. 132) gingen davon aus, dass man die Gewäh-
rung von 𒀹  zaršiya „durch Überreichung von ninda und einer anderen, einer šii̯ant- genannten Substanz
symbolisch zum Ausdruck brachte“ (AU 132), dass also das Logogramm und das syllabisch geschriebene
Wort zwei selbstständige Begriffe darstellten, die beide zusammen in einer bestimmten Situation überreicht
wurden.
Dass es sich bei ninda in Verbindung mit šiyant- um eine weitere der bereits zahlreich belegten Brotsor-
ten handeln könnte, ninda also als Determinativ zu šiyant- zu verstehen sei, wurde zu Recht bereits damals
ausgeschlossen, da der Abstand zwischen beiden Zeichen (níg/ninda u. ši) auf der Tafel relativ groß ist;
s. schon Forrer (1929, 164)99; ferner die Fotos BoFN 739 u. AU Taf. I.
Allerdings versuchte Forrer (1929, l.  c.) šiyant- mit „Salz“ (sum. mun; s. später auch Hoffner 1967, 77 mit
Fragezeichen) gleichzusetzen, wogegen Sommer (AU 132) Einspruch erhob.100 Letzterer dachte an „Rausch-
trank“ mit Hinweis auf das nicht seltene Erscheinen von kaš zusammen mit ninda „Brot“ in heth. Texten.
Sommers Deutung, dass es sich bei den genannten Wörtern um Brot und um eine flüssige Substanz
gehandelt haben müsse, wurde schon vor AU (s. dort 132 mit Lit.) vertreten, in neuerer Zeit z.  B. noch von
Beckman (2011, 111: „bread [and] beer?“ ) vermutet und auch von den Mitwirkenden an dieser neuen Textedi-
tion diskutiert, wobei J.H. noch auf den Flussnamen ídŠiyanda (s. RGTC 6, 548) hinwies. Dieser Fluss war in
Verbindung mit šiyanta in Forrer (1929, 164) ebenfalls schon erwähnt worden.101

99 Forrer (l.  c.) las zwar nicht ninda, sondern Gar (gar), was er aber ebenfalls mit „Brot“ übersetzte.
100 Sommer (AU 132) betonte, dass die Komplementierung des Ideogramms mun hier Schwierigkeiten bereite, da es im Akkusativ
als mun-an belegt sei und außerdem auch ein Nominativ mun-aš existiere. Er selbst nahm dagegen an, dass es sich bei ši-i̯a-an-ta-,
an das er, wie schon gesagt (s. oben), -ia („und“) anzuschließen versuchte, um einen nt-Stamm gehandelt habe. Da er das Duplikat
zu dem zweiten und sogar vollständigen Beleg: ši-ia-an-ta-an in KUB 8.79 Vs. 20′ (s. AU 132, Anm. 1) noch nicht kannte, nämlich
oben genanntes Fragment KBo 50.85 Z. 8′, und daher die Rekonstruktion des ganzen Satzes mit dem vorausgehenden Wort ninda-
an/níg-an für ihn nicht möglich schien, wollte er dort keine Entsprechung zu unserer Stelle in VAT 6692 II 62 (II 63 in AU) sehen.
101 Der Fluss Šiyanta war allerdings im Westen Kleinasiens gelegen und nicht in Kilikien, wie Forrer (1929, 164) behauptete. Dafür
spricht die sog. Grenzbeschreibung im Vertrag Muršilis II. mit Kupanta-Kurunta § 9; s. dazu Lit. unten S. 341, 344  f. u. passim im
Beitrag von J.D.H.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   207

Die Deutung des Logogramms als „Brot“ in II 62 überwiegt jedenfalls gegenwärtig noch; s. Miller 2006,
245; Beckman l.  c.; ferner Hoffner (2009, 307), der die beiden Wörter ninda šiyanta[n] in seiner Transliteration
unübersetzt ließ, jedoch in einer Anmerkung (2009, 307 Anm. 304 [s.  S. 392]) festhielt, es habe sich entweder
um „bread“ („Brot“) und „šiyanta“ oder um „sealed bread“ („gesiegeltes Brot“) gehandelt. Im Anschluss
daran stellte er dann die Fragen:

„Is this material merely a sign of hospitality, i.  e., a host gives food, so the Hittite king shows by the food that he is the man’s
host and protector? Or is it something the man is to take with him on the trip as his ‘passport’?“

In Verbindung mit diesen vorsichtigen Deutungsversuchen Hoffners (2009, l.  c.) und dem danach in CHD
Š (2013, 339) Gebotenen „When they send a sealed bread (or: something sealed) to someone, they will not
harm him“, scheint es naheliegend, rückblickend noch auf Sturtevants nur selten erwähnte Interpretation
von II 62  f. hinzuweisen,102 die dieser schon 1928 (S. 227 u. 231) im Anschluss an Goetzes Ed. vorgelegt hatte.
Er hatte zu Recht šiyant- mit dem Verb šai-, šiye- (s. CHD Š, 15  f.) in der Teilbedeutung „siegeln“ in Verbindung
gebracht (1928, 227 u. 231), wobei er allerdings in II 62 šiyanta[š] zu ergänzen versuchte. Dieses Wort hatte er
dann irrtümlicher Weise mit dem am Beginn von II 62 befindlichen 𒀹  zaršiyaš in Verbindung gebracht (s. aber
oben sub II 62  f.) – Letzteres nach seinem Deutungsversuch „passport“, nach unserem jedoch (Sicherheits-)
Garantie (s. oben S. 204) – und war so zur Übersetzung „a passport sealed“ („ein gesiegelter Pass“) gelangt;
s. dazu die kurze Bemerkung in Sommer (AU 132 Anm. 3), dass er selbst mit der Struktur des Satzganzen bei
Sturtevant nicht „ins Reine“ gekommen sei.
Unrichtig war auch Sturtevants Annahme, dass die Inschrift des Siegels in derselben Zeile erwähnt
sei, wobei er freilich zugab, diese nicht deuten zu können. Er las nämlich zwischen kišan und šiyanta- statt
ma-a-an ninda (/níg) fälschlich lu bar gar, was seiner Meinung nach eine nicht deutbare Siegelinschrift
darstellte.
Ungeachtet seiner Fehldeutungen ist es jedenfalls Sturtevants Verdienst, erstmals ein Augenmerk auf
die naheliegende Möglichkeit gerichtet zu haben, dass an dieser Stelle in II 62  f. in Verbindung mit šiyant-
tatsächlich von einer gesiegelten Urkunde die Rede gewesen sein könnte. Zwar ist auch weiterhin nicht
auszuschließen, dass die dem Piyamaradu laut II 61 gewährte „(Sicherheits-)Garantie“ (𒀹  zaršiya-) in Ḫatti
dadurch ihren Ausdruck fand, dass man ihm „gesiegeltes Brot“ oder „Brot“ nebst einem – nicht sicher zu
benennenden – „Getränk“ zusandte, doch es dürfte nach allem, was zumindest aus späteren Zeiten bis hin
in die Gegenwart über Garantien für Leib und Leben bzw. über freies/sicheres Geleit bekannt ist, eher anzu-
nehmen sein, dass Piyamaradu für die Reise in hethitisches Hoheitsgebiet, in ein Reich mit Schriftkultur, als
Garantie für seine Sicherheit ein Schriftstück von dem für ihn zuständigen Oberherrn erhielt. In diesem Fall
könnte es sich also vermutlich um ein mit dem Siegel des Königs von Ḫatti versehenes Dokument gehandelt
haben.
Die Verfasser von HZL haben unter Nr. 369 neben ninda „Brot“ u.  a. auch den Lautwert níg verbucht
und als Bedeutung dieses Logogramms „Sache?, Ding?“ in Erwägung gezogen; vgl. auch CHD Š, 339, wo alter-
nativ zu mān ninda ši-ia-an-ta-a[n] ku-e-da-ni up-pa-an-zi „Wenn man jemandem gesiegeltes Brot schickt“
auch noch mān níg ši-ia-an-ta-a[n] ku-e-da-ni up-pa-an-zi „Wenn man jemandem etwas Gesiegeltes schickt“
vorgeschlagen wird. Solange nicht neue Belege eine sichere Entscheidung erlauben, werden auch hier in der
Übersetzung beide Möglichkeiten beibehalten.

II 64 𒀹  za-ar-ši-ia-ma še-er ki-i ar-nu-nu-un


Dieser Satz wurde, wie schon oben (S.  201  f.) erwähnt, unterschiedlich interpretiert. Manche Forscher
betrachten das Wörtchen šer – hier zweifellos Postposition zu 𒀹  za-ar-ši-ia – im Anschluss an Sommer (AU
10  f. u. 133 [mit Rückverweis auf 120]) als Hinweis darauf, dass die anschließend zitierte Mitteilung an Piya-
maradu (II 64–69) als eine zusätzlich (/extra) zu 𒀹  za-ar-ši-ia gewährte Vergünstigung zu betrachten sei, was
in der Übersetzung „Über die Garantie (hinaus?)“ zum Ausdruck gebracht wird.

102 In CHD Š fehlt z.  B. in den Literaturangaben sub šiyant- B ein Hinweis auf Sturtevant.

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208   S. Heinhold-Krahmer

Andere wiederum gehen davon aus, dass šer hier mit „bezüglich, wegen, im Sinne von“ oder Ähnlichem
wiederzugeben sei, wodurch die anschließenden Zeilen II 64–76 dann direkt als zugehörig zu 𒀹  za-ar-ši-ia
bzw. sogar als Bestandteil dieses Begriffes bewertet werden könnten; zu den Bedeutungsvarianten von šer
als Postposition vgl. CHD Š, 400  ff. sub šēr, šer, wo allerdings diese Stelle nicht vermerkt ist; s. jedoch HW2 A,
335 sub arnu- 8. šer, wo II 64 zitiert wird, und zwar ähnlich wie Sommers Übersetzung: „Über die Garantie(?)
hinaus brachte ich dies (Folgende)“.
Das Prädikat des Satzes, arnunun (1.Sg.Prt.), wörtl. „ich brachte“, übersetzte Forrer (1929, 113 u. 159)
unrichtig mit „ich verlangte“; s.  dagegen Sommer (AU 133), der als Übersetzung vorschlug: „ich ließ fol-
gendes ergehen (an Piyamaradu gerichtet)“ bzw. „ich ließ folgendes an ihn gelangen“. In diesem Sinne,
jedoch etwas freier, Miller (2006, 245): „bot ich dieses an“; vgl. ferner Hoffner (2009, 307): „I transported this
(message)“ u. Beckman et al. (2011, 111): „I brought these things, (saying)“.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Hethiterkönig sowohl in seiner nachfolgend zitierten Rede, die
sich an Piyamaradu gerichtet hatte (II 64–69), als auch in seinen weiteren, wohl direkt an den König von
Aḫḫiyawa adressierten Erklärungen (II 70–III 6), zusätzliche Angebote und Vorschläge machte, die anfäng-
lich, etwa zu Zeiten der tartenu-Mission, noch nicht in der dem Beschuldigten gegebenen Garantie enthal-
ten waren; s. dazu unten S. 210–212. Somit dürften alle oben erwähnten Übersetzungen von kī arnunun, die
auf den nachfolgenden Text hindeuten – Forrers Versuch ausgenommen –, in die richtige Richtung weisen.
Hinzu kommt noch Folgendes: Falls Sommers Vermutung (AU 11 u. 133) richtig ist, dass in II 61 (= AU
II 62) von der dem Piyamaradu bereits (früher?) gewährten (Sicherheits-)Garantie die Rede war, deren Form
und Vorteil für den Betroffenen zudem erläutert wird (AU II 63  f.; hier II 62  f.), so scheint der Schluss nahe-
liegend, dass die dann darauf in II 64 folgende Feststellung des hethitischen Herrschers: 𒀹  za-ar-ši-ia-ma
še-er ki-i ar-nu-nu-un auf zusätzliche Vergünstigungen im nachfolgenden Text hindeutet. Weitere Argumente
dafür, dass 𒀹  za-ar-ši-ia-ma še-er in etwa „über die Garantie hinaus“ oder „zusätzlich zur Garantie“ bedeutet,
finden sich bereits oben S. 207  f.

II 64 von e-ḫu-u̯ a bis II 69 pé-e-ḫu-te-ez-zi


Hierbei handelt es sich um das Zitat einer Mitteilung bzw. Nachricht, die der König von Ḫatti dem Piyama-
radu hatte zukommen lassen.

II 64  f. von e-ḫu-u̯ a bis i-ia


Am Anfang dieser Mitteilung wendet sich der Hethiter an Piyamaradu mit einer durch zwei Imperative
gekennzeichneten Aufforderung. Der erste Imperativ e-ḫu „komm!“ (mit Partikel der zitierten Rede -wa)
findet sich im Text noch zweimal, nämlich bereits I 49 (anda e. + -kan) u. III 68′ (arḫa e.), und zwar jeweils
ebenfalls innerhalb einer zitierten Rede. Der zweite Imperativ i-ia „mache, tue“ in II 65 ergab bei Forrer (1929,
112  f.) zusammen mit dessen wohl falscher Lesung des vorausgehenden Satzteils am Ende von II 64 (bei ihm
II 65: nu-va-mu za-ar-š[i-ia] i-ia statt nu-u̯ a-mu-za ar-k[u-u̯ a-ar] i-ia; s. Translit. S. 30 u. 51 mit Anm. 176) dann
die Übersetzung „mache mir Gast[freundschaft]“. Die wohl nicht nur aufgrund älterer und neuerer Kollatio-
nen in Berlin, sondern auch aufgrund des Kontextes sehr wahrscheinliche Ergänzung ark[uwar] am Ende
von II 64 geht auf Sommer zurück, der den Satz insgesamt mit dem vorausgehenden e-ḫu-u̯ a folgendermaßen
übersetzte: „Komm, tue einen Bittga[ng] zu mir …!“; s. AU 11 u. 133  f.
Zweifellos hat sich die ältere Forschung angesichts der zahlreichen Bezeugungen von arkuwar in Texten
aus dem religiös-kultischen Bereich, vor allem in Gebeten, Ritualen und Orakeln, was in der Regel zu einer
Deutung „Gebet“ bei diesem Wort geführt hatte, dann bei den wenigen Belegen in sog. historischen Texten
(vgl. Laroche, CTH 1 bis 216 sub „Textes Historiques“), vor allem im sog. Madduwatta-Text (KUB 14.1 Rs. 36;
s.  Goetze 1927, 28  f.) und im Vertrag Muršilis  II. mit Duppi-Teššup von Amurru (KBo 5.9 III 4; s.  Friedrich
1926, 20  f.) auf die Bedeutung „Bitte“ festgelegt; s. auch HW 31 mit früherer Lit. Letzteres hat sich auch in
Sommers Deutung der oben zitierten Stelle von VAT 6692 II 64, nämlich „Bittgang“ (AU II 65) niedergeschla-
gen. Doch fand sie in Übersetzungen der neueren Zeit keinen Eingang: Miller (2006, 245): „Komm! Mach Dein
Plä[doyer] vor mir!“; Hoffner (2009, 307): „Come, make your case before me!“; Beckman et al. (2011, 111):
„Come! Give me an explanation …“. Zwar ist, wie diese Übersetzungen von arkuwar iye/a- + -za zeigen, auch

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   209

heute noch keine völlige wörtliche Übereinstimmung konstatierbar, doch zeichnet sich dabei jedenfalls eine
gemeinsame Richtung ab:
Die modernen Interpreten nehmen offensichtlich nicht an, dass Piyamaradu aufgefordert wird, „als Bit-
tender“ (AU 133) vor den heth. Großkönig hinzutreten oder als einer, der sich für die ihm vorgeworfenen Taten
demütig entschuldigt. Er soll vielmehr kommen, um vor seinem ehemaligen Oberherrn (s. III 66′) eine Erklä-
rung oder eine Begründung (für sein Verhalten) abzugeben, sich also zu verteidigen bzw. zu rechtfertigen.
Betrachtet man nun die beiden oben erwähnten Stellen im Madduwatta-Text und im Vertrag mit Dup-
pi-Teššup, so scheint auch dort jeweils eine Wiedergabe von arkuwar mit „Bitte“ nicht sinnvoll: Im erstge-
nannten Text (KUB 14.1) erscheint das Wort auf Rs. 36, und zwar nachdem unmittelbar zuvor (Rs. 34  f.) dem
Madduwatta vom heth. König vorgeworfen wurde, er habe eine Stadt (U]pniḫuwala oder P]íniḫuwala?) eigen-
mächtig besetzt und ferner Flüchtlinge aus Ḫatti, die zu ihm gekommen seien, (auf)genommen; s. Goetze
1927, 28  f. Weiter erfährt man, dass Madduwatta auch auf Schreiben des Vaters der Majestät und der Majestät
(selbst) hin diese Flüchtlinge nicht ausgeliefert habe. Goetzes Übersetzung von Rs. 36 mit seiner Deutung
von arkuwar als „Bitte“ lautete:

„Und wenn wir dir in dieser Sache. […] schreiben, [erhörest] du deshalb in der Sache unsere Bitte (doch) nicht.“103

Goetze verwies bei seiner Ergänzung (1927, 28 [Rs. 36 Anm. 3]) des zerstörten Prädikats am Ende von Rs. 36
Ụ́[-ul iš-ta-ma-aš-ti] auf die Belegstellen in KBo 3.3 IV 10  f.104 u. KUB 6.45 I 21105, wobei sich allerdings nur im
letztgenannten Text, dem Gebet Muwatallis II., das Verb ištamaš- in Verbindung mit arkuwar innerhalb eines
Satzes findet, während in KBo 3.3 IV 10′  f. arkuwar zusammen mit dem Prädikat dù-zi (= iyazi) + =za erscheint
und ištamaš- erst in IV 11 in einem weiteren Satz auftritt.
Ein Grund dafür, dass auch in HW2 A, 312 sub arkuu̯ ar (linke Spalte unten) beim Zitat der fraglichen
Stelle im Madduwatta-Text KUB 14.1 Rs. 36 als Verb wie bei Goetze ištamaš- angenommen wird, könnte sein,
dass dort die Reflexifpartikel -z(a) fehlt, die anscheinend nie in Verbindung mit arkuwar ištamaš- vorkommt,
jedoch meist in Belegen von arkuwar zusammen mit den Verben iye/a- u. ešša-. Allerdings fehlt -za z.  B. auch
bei arkuwar iye/a- in KUB 15.7 Z. 14′ (s. Kümmel 1967, 37 u. 41  f.: [n]a-aš a-na nam.ru ar-ku-u̯ a-ar kiš-an dù-zi),
und so könnte auch in KUB 14.1 Rs. 36 als Prädikat das Verb iye/a- (dù) gestanden haben. Bereits vor einigen
Jahrzehnten hatte schon Otten (1969, 26) festgestellt, dass arkuwar nicht mit Goetze als Bitte des hethitischen
Großkönigs gegenüber Madduwatta zu verstehen sei, „sondern diesem gegenüber als Vorwurf geäußert“. Er
berief sich dabei allerdings auf Laroche (1964, 15), der übersetzt hatte: „tu ne nous fais même pas d’excuse
là-dessus“. In neuerer Zeit wurde die Stelle II 64  f. von Beckman (19992, Nr. 27 § 22) zu Recht im Sinne eines
Vorwurfs von hethitischer Seite gegenüber Piyamaradu gedeutet (Rs. 36 „… but, you do [not] subsequently
[present] a defense to us in the matter“), jedoch schloss er sich dabei nicht Laroches Deutung von arkuwar als
„Entschuldigung“ an, sondern übersetzte das Wort mit „defense“ („Verteidigung“). Die genannten Forscher
vermissten das fehlende -z(a) hier also nicht; ähnlich noch KUB 19.5 + KBo 19.79 Z. 15′ u. 19′; s. Houwink ten
Cate (1983/4, 39  f.), der arkuwar iye/a- ohne -z(a) folgendermaßen übersetzte „to adress/make a petition“
(„ein Gesuch richten an (/ein Gesuch machen)“, was dort auch bedeuten könnte „eine Rechtfertigung vor-
bringen“.
Der zweiten oben genannten Textstelle aus dem Vertrag Muršilis II. mit Duppi-Teššup von Amurru, KBo
5.9 III 3  f., geht die Bestimmung voraus, dass der Vasall Aufträge oder einen Auftrag von Seiten seines heth.
Oberherrn auszuführen habe (KBo 5.9 II 49–III 2). Doch es gab offensichtlich eine Einspruchsmöglichkeit, für
den Fall, dass Duppi-Teššup dies nicht ausführen konnte oder wollte.
Friedrich (1926, 19 u. 20) übersetzte arkuwar in III 4 wie damals üblich mit „Bitte“, was nicht besonders
einleuchtend zu sein scheint, wenn man das Wort innerhalb des umgebenden Textes (III 2–5) betrachtet:

103 KUB 14.1 Rs. 36: [nu-ut]-ta ma-a-an ši-e-ta-ni ud-da-ni-i x [o o ḫa-]ạt-ra-a-u-ni zi-ga-an-na-áš nam-ma ud-da-ni-i a-ap-pa ar-ku-
u̯ a-ar Ụ́[-ul iš-ta-ma-áš-ti], so nach Goetze 1927, 28.; statt ši-e-ta-ni (Ed.) ist jedoch hier ki!-e-da-ni zu transliterieren.
104 Zu diesem Text nebst seiner Neubearbeitung s. Miller 2007, 121–152; speziell unsere fragliche Stelle KBo 3.3 IV 10  f. in Miller
l.  c., 128 u. 130.
105 Singer 1996a, 8 u. 75 sub arkuwar mit weiteren Belegen (Glossaries).

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210   S. Heinhold-Krahmer

 „… welche von diesen Sachen (3)(dann) nicht auszuführen ist, die bringe gleich dort (4)an Ort und Stelle als
(2)

Bitte vor: ‚Diese Sache kann ich nicht und führe sie nicht aus‘“.106
Von Beckman (1999, Nr. 8 § 12) wird arkuwar dù-ia wiedergegeben mit „make an appeal“ („then make an
appeal right there at that moment concerning whatever among(!) those deeds you do not want to perform:
‚I cannot do this deed. I will not perform it.‘“).
Unter arkuwar iye/a- + -za wird hier aber offenbar verstanden, dass der Vasall bei einer vom König
aufgetragenen Angelegenheit, die (für ihn) nicht durchfürbar ist (III 3 ku-iš ú-ul i-ia-u-u̯ a-aš), dies an Ort
und Stelle (oder „auf der Stelle“?), also vermutlich, sobald er Kenntnis von einem solchen großköniglichen
Auftrag hat, vorzubringen (also arkuwar iye/a-), wobei der Inhalt seiner ihm für diesen Fall in zitierter Rede
vorgegebenen Worte (III 4  f.) keine Bitte darstellen dürfte. Er stellt wohl einen klaren Einspruch gegen diesen
Auftrag dar, den es an erster Stelle in Form einer Begründung oder Rechtfertigung vorzutragen galt: „Diese
Sache bewältige ich nicht. Ich möchte (/will/werde) sie (daher) nicht machen.“; vgl. Goetze, Ḫatt 77.
Für die hier zu besprechende Stelle von arkuwar iye/a- in VAT 6692 II 54  f. lässt sich jedenfalls annehmen,
dass der Hethiterkönig seinem ihm rangmäßig untergeordneten Gegner Piyamaradu zugesteht, sich vor ihm
zu rechtfertigen bzw. seinen Standpunkt in den Auseinandersetzungen zu verteidigen und damit Einspruch
zu erheben gegen eine zu befürchtende Bestrafung. Beachtenswert in diesem Zusammenhang scheint über-
dies die Beobachtung von Sürenhagen (1981, 137  f.) zu sein, dass der Begriff arkuwar zumindest auch in
Gebeten aus der Zeit von Ḫattušili III. nur als Einspruch, und zwar im juristischen Sinne (dort gegenüber
Göttern), zu bewerten sei und dass nirgends in den dortigen arkuwar-Passagen „ein Schuldgefühl des Beters
zum Ausdruck gebracht wird, das dem Ganzen den Charakter einer Entschuldigung verleihen würde.“

II 65 von nu-u̯ a-ták-kán bis I 66 a-na šeš-ia ḫa-at-ra-a-mi


Hier ist, wie schon oben S. 202 sub 𒀹  zaršiya- erwähnt, wahrscheinlich von einer Sondergarantie die Rede, die
neben einem freien Geleit einen weiteren Sicherheitsfaktor für Piyamaradus Treffen mit dem Hethiterkönig
bieten sollte. Es handelt sich um die Zusage des hethitischen Großkönigs, dem König von Aḫḫiyawa über das
„Auf den Weg-Setzen“ des Piyamaradu zu berichten. Zur zeitlichen Einordnung dieser Zusicherung lassen
sich folgende Aspekte anhand von VAT 6692 anführen:
1. In Zusammenhang mit den Schilderungen des ersten geplanten Geleits von Piyamaradu durch den
tartenu zum heth. Großkönig (s. I 6–10, 67–71; II 4–7), das Piyamaradu dann aber ablehnte, und der
anschließenden kriegerischen Auseinandersetzungen wegen Iyalanda, in die er, wenn auch nicht persönlich
dort anwesend, doch eindeutig involviert war, ist noch nirgends von einer gleichzeitigen Kontaktaufnahme
des Hethiters mit dem Adressaten von VAT 6692, dem König von Aḫḫiyawa, die Rede gewesen. Vielmehr
schienen die Verhandlungen per Boten zunächst noch direkt zwischen Piyamaradu und seinem ehemaligen
hethitischen Oberherrn stattgefunden zu haben (s. I 6–8 u. I 16–22).
2. Nachdem die Verhandlungen mit Piyamaradu und die an ihn ergangenen Aufforderungen von hethiti­
scher Seite nicht zum gewünschten Erfolg geführt hatten, schien sich der hethitische Herrscher zunächst an
Atpa, wohl Stellvertreter des Königs von Aḫḫiyawa in Millawanda (s. oben S. 135) und Schwiegersohn des
Piyamaradu (I 64  f.), gewandt zu haben; zur heth. Nachricht an Atpa von der Stadt A-ma?-[…] aus mit der Auf-
forderung, dass er zu ihm (dem Hethiter) (her)kommen solle, s. I 47–49. Zu beachten in diesem Zusammen-
hang ist auch der Hinweis auf die Vereidigung von Atpa u. Awayana durch den heth. Großkönig während
dessen Anwesenheit in Millawanda selbst, und zwar mit der Verpflichtung, die (Piyamaradu-)Angelegenheit
dem König von Aḫḫiyawa vollständig zu melden (I 66–67), insbesondere wohl auch im Hinblick auf Piyama-
radus ungehöriges Verhalten dem tartenu gegenüber (I 67–71).
Wichtig scheint ferner die Passage über die Verhandlung mit Atpa in Millawanda (II 21–31), insbesondere
dessen Rat für das weitere Vorgehen gegenüber Piyamaradu, nämlich einen (oder den) dumu.nita als seinen
Bevollmächtigten zu schicken (I 30  f.), worauf der Hethiter vermutlich nicht exakt einging. Er entsandte, wie
schon gesagt, nicht einen eigenen männlichen Nachkommen, sondern einen Mann von zweifellos niedrige-

106 Translit. der Passage KBo 5.9 III 2–5: … (2)ku-u-uš-u̯ a me-mi-ia-aš (3)ku-iš ú-ul i-ia-u-u̯ a-aš na-an-za-an a-pí-i̯a-pát (4)pé-di-iš-ši
ar-ku-u̯ a-ar dù-ia ku-u-un-u̯ a me-mi-ia-an (5)ú-ul tar-aḫ-mi nu-u̯ a-ra-an ú-ul dù-mi.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   211

rem Rang, den kartappu Dabala-Tarḫunta (II 57  f.), auf den möglicherweise auch schon in der Lücke von
II 33 [s. dort] Bezug genommen wurde. Es handelte sich um einen Würdenträger aus der Familie der Königin
(II 72–74). Dieser überbrachte dem Piyamaradu vielleicht besagte Zusicherung, den König von Aḫḫiyawa über
die Art des Geleits in Kenntnis zu setzen (II 35–37). Diese Garantie war also sehr wahrscheinlich ein Resultat
der Verhandlungen des Hethiters mit Atpa in Millawanda. Sie scheint zunächst ebenfalls nicht gefruchtet zu
haben, denn Piyamaradu lehnte erneut sein Kommen ab (s. II 37: …]x-za ul me-em-ma-aš …) .
3. Die Zusage des hethitischen Großkönigs an Piyamaradu, ihn auf den Weg zu setzen und darüber
„seinem Bruder“, dem König von Aḫḫiyawa, zu schreiben (II 35–37), erfolgte erst, nachdem auf Anraten des
Atpa beim Treffen in Millawanda (II 20–34) ein bevollmächtigter Mittelsmann (Dabala-Tarḫunta?) dem Piya-
maradu stellvertretend für den Hethiterkönig die Hand gegeben hatte (II 33  f.). Dies spricht dafür, dass diese
Garantie von hethitischer Seite erst vorgeschlagen wurde, nachdem der Hethiterkönig bis nach Millawanda
vorgedrungen war, wo er vergebens die Auslieferung Piyamaradus von Atpa gefordert (II 21–23) und dann mit
Letzterem wohl weiter verhandelt hatte (II 23–31).
4. Weitere Hinweise darauf, dass der König von Aḫḫiyawa über das „Auf den Weg-Setzen“ des Piyama-
radu bzw. die Art, wie dies stattfinden sollte, vom Hethiter informiert werden würde, erscheinen auf der uns
erhaltenen dritten Tafel des sog. Tawagalawa-Briefes neben der Stelle, die sich im Zitat der Mitteilung an
Piyamaradu, hier in II 65  f. befindet, erstmals wohl in II 35–37 (s. dort),107 ferner dann noch in III 6 (s. dort
S. 227). Wenige Zeilen zuvor ist in II 33, ferner in III 2, jeweils ebenfalls von 𒀹  zaršiya- die Rede, während die
hier in II 65  f. genannte Zusicherung sogar gleich eine Zeile nach 𒀹  zaršiya- (II 64) erfolgt.
Im ersten Fall (II 33, vor II 36  f.) wird allerdings nur erwähnt, dass Piyamaradu unter 𒀹  zaršiya- belassen
worden sei, was bedeuten dürfte, dass dieser schon vor den Verhandlungen in Millawanda die Sicherheits-
garantie für sein Geleit zum König von Ḫatti bekommen hatte, also wahrscheinlich schon vor Entsendung
des tartenu oder direkt bei dessen erfolglosem Treffen mit diesem angeblich renitenten Mann. Im dritten
Fall (III 2) wird dagegen eine in Verbindung mit einer Bedingung verknüpfte Zusage eindeutig selbst als
𒀹  zaršiya- bezeichnet, die bislang auf der Tafel anscheinend noch nicht gegeben worden war (s. III 2–5).
5. Direkt an den König von Aḫḫiyawa wandte sich der Hethiterkönig in der Piyamaradu-Angelegenheit
offenbar erst, nachdem er sich bereits selbst an der Grenze nach Millawanda oder in nicht allzu weiter Ent-
fernung davon befunden hatte. Er berichtete ihm über seine bereits zuvor an Atpa gerichteten Vorwürfe
bezüglich der Überfälle von Seiten des Piyamaradu auf hethitisches Hoheitsgebiet (I 49–52). Er forderte dabei
wohl auch schon die Auslieferung der für sein Land gefährlichen Person, die ihm durch einen Boten des
Adressaten dann auch zugesagt wurde; s. I 53–56.

Zusammenfassend lässt sich nun Folgendes feststellen: Während die Garantie des hethitischen Großkönigs
für ein sicheres Geleit also vermutlich bereits vor oder beim Eintreffen des (dann abgelehnten) tartenu (als
Geleitperson) an Piyamaradu übermittelt worden war (s. oben sub 4.), dürfte die Zusicherung, den König von
Aḫḫiyawa darüber zu unterrichten, wie nun das erneut geplante Geleit vonstatten gehen solle, erst später
erfolgt sein (II 34–37; s. oben sub 2. und 3.), und zwar im Anschluss an die Verhandlungen des Hethiters mit
Atpa in Millawanda. Es handelte sich also um eine (Sicherheits-)Garantie, die zusätzlich zu dem bereits zu
einem früheren Zeitpunkt gewährten und noch bestehenden Anspruch Piyamaradus auf eine Sicherheitsga-
rantie während seines geplanten Geleits nach Ḫatti gegeben wurde.
Diese These scheint noch durch die Tatsache gestützt zu werden, dass die direkte Kontaktaufnahme
zwischen den Herrschern von Ḫatti und Aḫḫiyawa bezüglich der Piyamaradu-Affäre gemäß der uns erhal-
tenen Taf. VAT 6692 wohl erst einsetzte, als sich der Hethiter bereits nahe dem Hoheitsgebiet von Aḫḫiyawa
befand (I 49–52; s.  sub 1. und 5.), von wo aus er sich dann nach Eintreffen des  – zumindest nach hethi-
tischer Darstellung – ungehobelten und wenig mit diplomatischen Gepflogenheiten vertrauten Gesandten
aus Aḫḫiyawa berechtigt sah, selbst nach Millawanda vorzudringen (I 53–58). Die Zusage des Hethiters, den

107 Es ist zwar wenig wahrscheinlich, jedoch nicht völlig auszuschließen, dass auf den vermutlich zwei verlorenen Tafeln, die
VAT 6692 vorausgegangen sein dürften, ebenfalls schon in Verbindung mit der Piyamaradu-Affäre derartige Zusagen gemacht
wurden.

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212   S. Heinhold-Krahmer

König von Aḫḫiyawa über das geplante „Auf den Weg-Setzen“ Piyamaradus zu informieren, erscheint erst
dann angebracht gewesen zu sein, wenn beide Potentaten auch tatsächlich bereits in dieser Angelegenheit
auf diplomatischer Ebene miteinander kommunizierten.
Erst als die Beziehungen diplomatischer Art zwischen dem hethitischen König und Atpa keinen Erfolg
mehr versprachen und anscheinend bereits zum Erliegen gekommen waren, entstand vermutlich das vorlie-
gende Dokument VAT 6692. Verfasst in briefartiger Form, stellt es wohl eine Aneinanderreihung verschiede-
ner Aufzeichnungen, Korrespondenzbestandteile und Textentwürfe dar; dazu schon oben S. 4, 215 u. passim.
Es enthält vor allem Beschwerden über Piyamaradus Verhalten, schildert und begründet dabei gleichzeitig
auch die jeweilige hethitische Vorgehensweise in dieser Angelegenheit, bringt aber schließlich auch die vom
hethitischen Großkönig nun erwarteten Maßnahmen von Seiten des Königs von Aḫḫiyawa in Verbindung
mit diesem Fall zur Sprache. Es könnte als Argumentationskonzept für einen Gesandten gedient haben,
aber auch nur zum Zwecke der Archivierung in der hethitischen Hauptstadt zusammengestellt worden
sein.

II 66 von nu-ut-ta bis II 69 pé-e-ḫu-te-ez-zi


In diesem gut erhaltenen und auch inhaltlich weitgehend problemlosen Abschnitt, in dem wohl die schon
länger gewährte (s. oben S. 201) Garantie auf sicheres Geleit zum Hethiterkönig und – falls Piyamaradu dies
wünschen sollte – auch wieder zurück in sein zu Aḫḫiyawa gehörendes Asyl-Land nochmals bekräftigt wurde
(s. schon oben S. 202), sollen nachfolgend nur drei bislang nicht einhellig gelesene und/oder unterschiedlich
interpretierte Stellen, die auch wir diskutiert haben, behandelt werden:
1. Zum Fehlen der Partikel -wa in nu-ut-ta (II 66): Schon Forrer (1929, 156) vermisste die Partikel der zitier-
ten Rede bei nu-ut-ta in II 66 (s. II 67 bei ihm und Sommer) und führte dies auf einen Fehler im Text zurück.
Sommer (AU 134) betonte, dass sich die „Weglassung“ des -u̯ a „mitten in einer berichteten Rede unter lauter
korrekten -u̯ a-Sätzen“ fände. Er hielt daher eine lautliche Kontraktion von -uu̯ a- zu -u- für denkbar; s. seine
Translit. AU 10.108 Fortson (1998, 23 Anm. 4) betrachtete dies in neuerer Zeit allerdings als höchst unwahr-
scheinlich. Hoffner (2009, 309) erwog eine Korrektur und las nu-wa!?-ta, während Beckman et al. (2011, 110)
bei nu-ut-ta blieben.
Zum einen ist nun allerdings nicht unwahrscheinlich, dass mit der Partikel -wa(r-), die an die als Haupt-
satz zum vorausgestellten Konditionalssatz fungierende Imperativform ēšdu (e-eš-du-u̯ a) angeschlossen ist,
der Fortführung der schon in II 64 einsetzenden zitierten Rede Genüge getan ist. Zum anderen ist fehlen-
des -wa(r-) innerhalb einer nicht nur auf einen Satz beschränkten zitierten Rede, wie dies hier der Fall ist,
ohnehin des Öfteren festzustellen. In GrHL (2008, 357 § 28.13) weisen die Autoren Hoffner u. Melchert ja zu
Recht darauf hin, dass in zitierten Reden, die sich über mehrere Sätze erstrecken, ein Fehlen von -u̯ a nicht
ungewöhnlich sei.
2. Die doppelte Setzung von -ma in II 67 (s. dazu unten zu II 70, wo beide -ma vollständig erhalten sind),
während hier das zweite und von uns als ma gesehene Zeichen in Forrer (1929, 112) u. Sommer (AU 10) statt-
dessen -kan (gan) gelesen wurde.
3. Die Verbform ú-et: Sturtevant (1928, 227), Forrer (1929, 113) und Sommer (AU 11) übersetzten in II 68 (in
Forrer u. Sommer II 69) das Prädikat des Nebensatzes nu-u̯ a ú-et gim-an kommentarlos als 2.Sg.Prt. und nicht
als 3.Sg.Prt., obgleich die Verbform ú-et schon damals zumeist nur in der 3. Person belegt war, während die
2. Person im Prt. meist in der Form ú-u̯ a-aš vorkam. Piyamaradu galt also auch schon anfänglich als das in
der 2.Sg.Prt. (mit „du“) angeprochene Subjekt dieses Nebensatzes hier in II 68 innerhalb der in II 64 (bzw. II
65 in Forrer u. Sommer) beginnenden und in II 69 (bzw. II 70) endenden zitierten Rede; vgl. jedoch Friedrich,
der dann 1952 in HW (238) nur die jeweils häufigste Form für die 2. u. 3.Sg.Prt. bot.
Dass der seine eigene Rede zitierende hethitische Herrscher sich in II 68 auf Piyamaradu bezog und nicht
etwa auf eine andere Person, nahmen in neuerer Zeit auch Miller und Beckman an. Allerdings wurde die
Richtigkeit der Verbform ú-et als 2.Sg.Prt. ganz offensichtlich von ihnen angezweifelt. Dies kommt deutlich

108 Bei Sommers Hinweis auf Beispiele für eine lautliche Kontraktion in Goetze (1927, 137  f.; s. Madd, Rs. 16) findet sich allerdings
kein Beleg für eine Kontraktion von nu-u̯ a-at-ta zu nu-ut-ta.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   213

in Millers Übersetzung (2006, 245) dieses zwischen dem vorausgehenden Konditionalsatz II 67  f. und dem
nachfolgenden Hauptsatz eingeschobenen Nebensatzes zum Ausdruck:

„Wenn aber Deine Seele nicht besänftigt ist, dann wie Du! (Text: „er“) gekommen bist, wird einer meiner Männer Dich ebenso
ins Land Aḫḫijawa auch zurückbringen.“

Beckman et al. (2011, 111) sahen dies ebenso:

„If you are not satisfied, then my man will take you to Aḫḫiyawa just as you(!) came.“

Nur Hoffner (2009, 308) bezog ú-et auf den Mann, der Piyamaradu, falls dieser nicht in Ḫatti bleiben wollte,
in sein Asyl-Land zurückbringen sollte:

„But if you are not satisfied (69)then my man will escort you back into the land of Aḫḫiyawa in the same manner as he
(II 68)

came (here with you).“

Doch im Verlauf unserer Diskussion der fraglichen Stelle wies uns J.D.H. dankenswerter Weise auf eine Stelle
in den Annalen Muršilis II. hin, die eindeutig ebenfalls einen Beleg von ú-et für die 2.Sg.Prt. bietet. Es handelt
sich um KUB 14.15 IV 38  f.:

zi-ik-u̯ a-kán mpéš.tur-aš pa-ni a-bi-ia pít-ti-ia-an-ti-li an-da ú-et (vgl. AM 72) „Du, Mašḫuiluwaš, kamst als Flüchtling zu
meinem Vater her.“

Eine weitere Stelle fand sich z.  B. noch in KUB 14.17 III 17 (AM 98); vgl. aber Rieken 2011, 103, wo für die 2.Sg.
Prt. von wē-/uwa- „kommen“ nur die Formen wēš, uwaš in Tab. 7.2 erscheinen. Jedoch wird in der Übersicht
zum Endungssystem der mi-Konjugation neben -š u. -ta auch -t für die 2.Sg.Prt. aufgefürt (2011, 58); s. auch
GrHL 161 § 11.6.
4. Wer war mit ammel un-aš gemeint? In Forrer (1929, 113) lautete die Übersetzung von ammel un-aš
„mein Mann“; so zuvor schon Sturtevant (1928, 228), später auch Hoffner (2009, 308) u. Beckman et al. (2011,
111): „my man“. Sommer (AU 11) bot dagegen die Wiedergabe „einer meiner Leute“, die auch Miller (2006,
245) bevorzugte. Der Grund für diese Abweichung von der erstgenannten Übersetzung „mein Mann“ zu einer
allgemeineren und nicht auf eine ganz bestimmte Person bezogenen ist aus Sommers Kommentar (AU 135)
zu II 70 (bei uns II 69) zu ersehen. Er stellte wohl zu Recht fest, dass hier mit ammel un-aš nicht etwa Daba-
la-Tarḫunta gemeint sein könne, „da dieser ja so lange als Geisel in Aḫḫijavā fungieren soll, bis Piyamaradu
wieder dort ist.“ Die Option, Dabala-Tarḫunta als Geisel auf dem zu Aḫḫiyawa gehörenden Territorium zu
belassen (s. unten zu II 70–76), bis Piyamaradu im Falle seiner Entscheidung für eine Rückkehr auch tatsäch-
lich unversehrt wieder dorthin geleitet wurde, scheint jedenfalls naheliegend.

II 70 ma-a-an-ma-u̯ a ú-ul-ma bis II 72 *egir-pa ú-ez-zi*

II 70 zum konditionalen Nebensatz


Hier fällt zweierlei auf:
1. Die Partikel der direkten Rede -wa(r-), angeschlossen an mān=ma. Diese darf wohl – ebenso wie am
Beginn des nachfolgenden Hauptsatzes zwischen der einleitenden Partikel nu und dem Personalpronomen
-ši (nu=u̯ a=ši s. unten S. 214) – auf ein Versehen zurückgeführt werden. Es war vermutlich, um mit Sommers
Worten zu sprechen (AU 135), „eine Konfusion zwischen der bisherigen berichteten Rede (der Mitteilung an
Piyamaradu) und der Rückkehr zum Brieftext eingetreten“; zur zitierten Mitteilung des Hethiterkönigs an
Piyamaradu s. bereits oben sub II 64–69.
2. Die doppelte Setzung von -ma. Ein ähnlicher Beleg, KUB 13.17 IV 8  f., findet sich z.  B. in CHD L-N, 94
sub -ma, b 2′: ma-a-an-ma-at ú-ul-ma iš-du-u̯ a-a-ri („but if it does not become known, …“); weitere Stellen
mit doppelter Setzung von -ma innerhalb desselben Satzes sind aufgeführt in CHD L-N, 99; s.  z.  B. auch
den Beleg in KUB 14.4 III 23: ma-a-an-ma i-na kururuKum-ma-an-ni-ma pa-a-un (CTH 70; Singer 2002, 73–77

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214   S. Heinhold-Krahmer

Nr. 17: Muršili’s Accusations against Tawannanna) u. ferner nochmals im vorliegenden Text VAT 6692; s. oben
II 67 u. unten IV 11, wo ebenfalls Doppelsetzung angenommen werden könnte, und zwar dann, wenn man
an letztgenannter Stelle m]a-a-an-ma-an uruMi-il-la-u̯ a-an-da-ma als mān=ma=an uruMillawanda=ma analy­
siert; ansonsten wäre dort mit Sommer (AU 171) ein an das ma-a-an angehängtes, „potentiales“ -man zu ver-
muten oder man müsste Fehler im Satz unterstellen; s. dazu unten S. 282–285 sub IV 11  f. Nach E.R. wäre
doppeltes -ma hier in II 71 am besten zu übersetzen mit „aber doch“.

Dieser konditionale Nebensatz ma-a-an-ma-u̯ a ú-ul-ma am Beginn von II 70 stellt wohl den Wechsel von
zitierter Rede zurück zum Grundtext dar  – trotz der hier fehlerhaften und sehr leicht irreführenden Fort-
setzung der Partikel -wa(r-). Dies hat bereits Sommer (AU 135) gegenüber Forrers Interpretation (1929, 156)
dargelegt. Letzterer war davon ausgegangen, dass die zitierte Mitteilung an Piyamaradu bis II 73 (egir-pa
ú-ez-zi; nach unserer Zählung II 72) gereicht hätte. Weitere Belege für Konditionalsätze (mit Konjunktion mān
und mit Negation (ú-ul/ul), wobei die Kopula fehlt, finden sich innerhalb von VAT 6692 noch in Kol. I 15 u.
Kol. III 64 u. 67 (s. dort).
Dass aber bereits mit dem Konditionalsatz die Wiederaufnahme des an den Adressaten in Aḫḫiyawa
gerichteten Grundtextes erfolgt sein dürfte, der ja durch die zitierte und an Piyamaradu gerichtete Rede
(II 64–69) unterbrochen worden war, scheint vor allem aus zwei Gründen naheliegend:
Zum einen wird mit diesem Nebensatz die Möglichkeit und Befürchtung zum Ausdruck gebracht, dass
Piyamaradu auf das in den vorausgehenden Zeilen zitierte zusätzliche hethitische Angebot (Berichterstat-
tung an den König von Aḫḫiyawa über das geplante Geleit) – wie schon zuvor in II 35–37 (§ 6) unmittelbar im
Anschluss an die Verhandlungen des Hethiterkönigs mit Atpa – wieder nicht eingehen würde, dass also ein
Versuch, ihn erneut zur Reise nach Ḫatti zu bewegen, wieder scheitern könnte. Es handelt sich hier ja um
einen vielleicht sehr illusorischen Versuch des Hethiters, die Sonderzusagen und ihre Gültigkeit gegenüber
dem Adressaten besonders hervorzuheben für den Fall, dass Piyamaradu dann doch noch einlenken sollte
und sich dabei etwa (sicherheitshalber?) nicht an ihn, sondern direkt an den König von Aḫḫiyawa wenden
würde, um diesem seinen Entschluss, sich zum König von Ḫatti geleiten zu lassen, mitzuteilen (II 55–57);
s. dazu auch z.  B. III 1  f. u. III 63′–69′. Die wörtliche Wiedergabe des Konditionalsatzes in II 70: „Wenn aber
doch nicht“ (in Forrer 1929, 113 u. Miller 2006, 245: „Wenn aber nicht“; vgl. ferner Beckman et al. 2011, 111:
„If that’s not acceptable“) hat Sommer in elegant verkürzter Form mit „andernfalls“ übersetzt und direkt mit
dem Beginn des nachfolgenden Hauptsatzes verbunden (AU 11); so auch Hoffner (2009, 308): „Otherwise“.
Zum anderen wird die Annahme, dass wir uns in II 70 wieder im Bereich des Grundtextes befinden,
aufgrund des zugehörigen Hauptsatzes (II 70  f.) in Verbindung mit dessen zwei weiteren Nebensätzen, die
nachfolgen, bestärkt.

II 70  f. von nu-u̯ a-aš-ši bis pé-di-ši e-ša-ru


Dies ist der Hauptsatz. Dort schildert der Hethiter wohl keinem anderen als seinem Adressaten, dem König
von Aḫḫiyawa, ein weiteres Angebot, das der Sicherheit des Piyamaradu dienen sollte. Zweifellos war dieses
Angebot dem Piyamaradu selbst längst bekannt, da der Hethiter es bereits im Zusammenhang mit dem
Bericht über die Verhandlungen mit dessen Schwiegersohn Atpa in Millawanda relativ kurz zur Sprache
gebracht hatte, nämlich die Stellung einer Geisel (II 26–28). Dieses Angebot des hethitischen Königs, eine
Geisel zu stellen, was dann auch geschah, und zwar in Person des bereits abgesandten Dabala-Tarḫunta
(II 57  f.), über dessen Bedeutung als Wagenlenker er dem Adressaten schon in II 57–61 berichtet hatte, wird
dann anschließend an diesen Hauptsatz (II 70  f.) noch ausführlicher – sogar zweimal (II 71  f. u. 75  f.) – erläu-
tert.
Nun ist am Beginn dieses von den Nebensätzen flankierten Hauptsatzes II 70  f.: nu-u̯ a-aš-ši ka-a-aš

kar-tap-pu pé-di-ši e-ša-ru („dann soll dieser Wagenlenker für ihn an seine Stelle sich setzen“) die Partikel
der zitierten Rede, wie schon oben erwähnt, vermutlich ebenso fehl am Platze wie beim vorausgehenden
konditionalen Nebensatz I 70: ma-a-an-ma-u̯ a ú-ul-ma („Wenn aber doch nicht,“), durch den die Rückkehr
zum Grundtext (mit dem König von Aḫḫiyawa als Adressaten) nach Sommers (AU 135) und in neuerer Zeit
auch nach Millers (2006, 245) und Hoffners (2009, 308 mit 392 Anm. 306) Interpretation eingeleitet wird; vgl.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   215

dagegen Beckman et al. 2011, 111: „If that’s not acceptable, then let this charioteer remain (as a hostage) in
your(!) place“, der sich offenbar Forrers Auffassung (1929, 156) angeschlossen hat; s. allerdings Forrers Über-
setzung u. Translit. (1929, 112  f.), die noch wortgetreu ohne Konjektur vorgenommen wurden.
Vertritt man, wie auch hier in Übersetzung und Kommentar, die erste der eben genannten Auffassungen,
so ist das Einschleichen der Partikel -wa(r-) an den beiden Textstellen in II 70 als sog. Folgefehler aufgrund
der vorausgehenden, an Piyamaradu gerichteten, zitierten Rede (s. oben II 64–69) zu erklären. Immerhin
dürfte davon auszugehen sein, dass zusätzlich zur schon länger bestehenden Garantie für sein sicheres
Geleit (II 33; dazu oben S. 178 u. 201) noch ein weiteres Schriftstück an Piyamaradu von hethitischer Seite
überbracht worden war, welches nun die zusätzlichen Zusagen für dessen Sicherheit enthielt. Dies geschah
wohl durch die schon am zerstörten Ende von II 33 zu vermutende Person (Dabala-Tarḫunta?), die nun stell-
vertretend für den hethitischen Großkönig dessen „Hand“ dem Piyamaradu geben sollte (s. dazu II 33–37).
Diese Zusagen dürften, wie schon oben (S. 202) dargelegt, auf die vorausgehende(n) Verhandlung(en) des
hethitischen Großkönigs mit Atpa in Millawanda zurückzuführen sein (II 21–33), bei der (denen) es vor allem
darum ging, Piyamaradus Befürchtungen gegenüber einer Auslieferung an den hethitischen Herrscher ent-
gegenzutreten und dabei insbesondere zu besprechen, wie man seine Angst, in Ḫatti getötet zu werden,
beseitigen könnte. Aus II 26–28 ergibt sich jedenfalls deutlich, dass der Hethiter bereits in Millawanda das
Angebot gemacht hatte, einen Würdenträger oder einen Bruder als Geisel – und damit als Garant für Piyama-
radus Sicherheit – zu entsenden; s. auch noch das Angebot einer weiteren Sicherheitsgarantie, nämlich die
Zusage, den Herrscher von Aḫḫiyawa über die Art des Geleits nach Ḫatti zu informieren in II 35–37.
Wenn man nun das zu ul me-em-ma-aš („er lehnte ab“) gehörende Subjekt in II 37 auf Piyamaradu
bezieht, wofür ja viel zu sprechen scheint (s. oben S. 185), so konnte dieser anscheinend noch immer nicht
überzeugt werden, sich in den hethitischen Machtbereich geleiten zu lassen. Das dürfte auch der Grund
dafür sein, dass der Hethiter nach seinen vorausgehend geschilderten Vorgehensweisen und Misserfolgen
in der Piyamaradu-Affäre wenig später im Text (§  8) an der hier zu besprechenden Stelle dem Herrscher
von Aḫḫiyawa nochmals die dem Asylanten gewährten hethitischen Sicherheitsgarantien ausführlicher als
zuvor darzulegen versuchte; s. bereits oben S. 211  f. u. passim. Er war ja, wie dann aus den nachfolgenden
§§ 9–12 deutlich wird, nach seinem Scheitern bestrebt, dem Adressaten nun die volle Verantwortung für eine
Lösung der in Verbindung mit Piyamaradus Aktivitäten entstandenen Probleme zuzuschieben und ihm seine
Vorschläge für das weitere Procedere nahe zu bringen.
Vorausgesetzt also, die schon oben vorgebrachte Vermutung ist richtig, dass dem Zitat in VAT 6692
II  64–69 mit der an Piyamaradu ergangenen Aufforderung, zu seiner Rechtfertigung vor dem Hethiterkö-
nig zu erscheinen, ein Schriftstück zugrunde lag, versehen auch mit den bereits gegebenen Zusagen von
weiteren Sicherheitsgarantien, so lässt sich annehmen, dass die hethitische Seite zumindest eine Kopie des
Schreibens bei sich aufbewahrt hatte. Bei der Zusammenstellung der Anschuldigungen, die der hethitische
König gegen Piyamaradu erhob, der damit verbundenen Korrespondenz, der Botschaften und der – vielleicht
nur partiellen – Aufzeichnung der Verhandlungen mit der Gegenseite, der Schilderung bisheriger Vorgehens-
weisen und der Vorschläge für ein künftiges Procedere war dem Kompilator eben neben weiteren Versehen
(s. z.  B. unten IV 6) auch an besagter Stelle in II 70  f. der Fehler unterlaufen, die Partikel -wa(r-) noch in den
unmittelbar anschließenden Nebensatz und in dessen nachfolgenden Hauptsatz einzufügen, obgleich sich
dieser Text wieder an den König von Aḫḫiyawa gerichtet haben dürfte.
Das Problem, ob es sich bei VAT 6692 um den Entwurf oder die Kopie eines Briefes an den König von
Aḫḫiyawa gehandelt haben kann, der in dieser Form kaum abgeschickt wurde, um ein Argumentationskon-
zept für den Gesandten (Dabala-Tarḫunta?) oder um eine für die Archivierung in Ḫatti bestimmte Zusam-
menstellung (Sammeltafel) aller wichtigen Aspekte bezüglich der Piyamaradu-Affäre, wurde bereits oben
dargelegt (s. Kapitel I Einleitung S.  4), ohne endgültig geklärt zu werden. Es dürfte jedenfalls aufgrund
der Lehmanalyse der Tontafel feststehen, dass diese in Westkleinasien entstanden war – vermutlich noch
während des dortigen Aufenthaltes des Königs von Ḫatti.

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216   S. Heinhold-Krahmer

II 71  f. ku-it-ma-na-aš ú-ez-zi ku-it-ma-na-aš *a-pí-ia egir-pa ú-ez-zi …*


In diesen temporalen Nebensätzen, die dem Hauptsatz nachfolgen und teils über Rasur geschrieben sind,
befindet sich nun keine Partikel der zitierten Rede mehr. Forrer (1929, 156) hielt es jedoch für „ganz gewiß“,
dass sie noch zu der in II 64 (in Forrer u. Sommer II 65) beginnenden zitierten Rede gehörten. Dies wäre zwar
allein aufgrund des fehlenden -wa(r-) nicht unbedingt auszuschließen, da diese Partikel in längeren zitierten
Reden auch hin und wieder fehlen kann; s. schon oben II 66–69, S. 212 sub 1. Forrer begründete seine Auf-
fassung jedoch damit, dass diese Nebensätze in II 76  f. (nach unserer Zählung II 75  f.) „noch einmal gleich-
lautend, aber zum Briefempfänger gewandt“ wiederholt seien. Sommer (AU 135) führte dagegen zugunsten
seiner These, dass sich sowohl II 72  f. als auch II 76  f. (nach unserer Zählung II 71  f. u. II 75  f.) an den König von
Aḫḫiyawa richteten, als Argument an, diese Wiederholung in II 76  f. (= hier II 75  f.) könnte darauf beruhen,
dass der Exkurs über die verwandtschaftlichen Beziehungen des Dabala-Tarḫunta eingeschoben sei und
dass sie wegen des Übergangs zum nachfolgenden Text durchaus begreiflich sei. Jedenfalls ist nach seiner
Auffassung der Schreiber erst in II 72  f. (hier II 71  f.) mit ku-it-ma-na-aš ú-ez-zi nach den beiden überflüssi-
gen -u̯ a (beim Hauptsatz und dem vorausgehenden konditionalen Nebensatz in II 70) „ins rechte Geleise“
gekommen.
Für die Regelhaftigkeit einer asyndetischen Aneinanderreihung zweier oder mehrerer kuitman-Sätze
„zur Bezeichnung der ganzen Zeitstrecke von Anfang bis zum Ende“ hat bereits Sommer (AU 136) auf einige
Belege hingewiesen.109 Von diesen vier von ihm genannten Belegen in den Texten KBo 2.2 I 1  f., KUB 5.6
I 39′  f., KUB 13.35 IV 38  f. u. KUB 18.12 + Vs. 15–17 könnten die beiden erstgenannten Schriftstücke durchaus
aufgrund von ihren in die sjh. Zeit weisenden Merkmalen inhaltlicher, sprachlicher, paläographischer und
orthographischer Art der Zeit Ḫattušilis III. zugeordnet werden, wenngleich darüber – besonders was KUB
5.6 betrifft – noch keine Einigkeit besteht. Das Gleiche gilt für das letztgenannte Dokument über Feste für
den Wettergott von Halap sowie für das Gerichtsprotokoll KUB 13.35 IV 38  f., das noch einen weiteren Beleg
aufweist; s. gleich unten.
Als Beispiele für eine sehr ähnliche Parallele zu der hier (in VAT 6692 II 71  f. u. 75  f. nach unserer Zählung)
zweimal vorkommenden Wendung „bis er kommt (und) bis er (dorthin) zurückkehrt“ seien hier die folgen-
den Belege genannt:
1. KUB 23.83 Vs. 6  f.: (6)…  ku-it-ma-an-u̯ a x x x x (7)i-na kur I-ia-la-an-da pa-iz-⸢zi ku-it-ma-an-ua-ra⸣-at
(8)
⸢egir-pa ú⸣-ez-zi x[…] „(6) Während (…)110 (7)ins Land Iyalanda geht, (und) während es (8)zurückkehrt  …“;
s.  Hagenbuchner 1989b, 134–136 Nr.  89; ferner noch Gander 2010, 75 Anm.  309 u. 82 Anm.  321, hier mit
Hinweis auf Marizza 2005, 138–144, der das Fragment Ḫattušili III. zuordnet und mit der Piyamaradu-Affäre
in Verbindung bringt; s. auch die Bearbeitung dieses Fragments in Marizza 2005, 133–137.
2. KUB 13.35 I 18  f.+: (18)nu-u̯ a ku-it-ma-an i-na kur uruKa-ra-an-du-ni-ia-aš pa-a-un (19)ku-it-ma-an-u̯ a
egir-pa ú-u̯ a-nu-un „(18)Während ich nach Babylon ging (19)(und) bis ich zurückkehrte“ (ferner noch im selben
Text IV 38  f.); s. Werner 1967, 4  f. (u. 14  f.), der diesen unter den Gerichtprotokollen aufgeführten Text eben-
falls der Ära Ḫattušilis III. zuteilte, da er in der Klägerin wohl zu Recht dessen Gemahlin Puduḫepa sah.

II 72–74 von *⸢ka⸣-a-aš*-ma bis lúḪa-<ta>-nu


Nachdem der Hethiterkönig schon in II 58  f. gegenüber seinem Adressaten, dem Herrscher von Aḫḫiyawa,
betont hatte, dass der entsandte Dabala-Tarḫunta nicht irgendein Mann von geringem Stand sei, wurden
nun hier (II 73  f.) die verwandtschaftlichen Beziehungen des Dabala-Tarḫunta zum hethitischen Königshaus
genauer erläutert, wobei unmittelbar zuvor im Text (II 72) dazu übergeleitet wurde. Diente II 58  f. wohl dazu,
die besondere Bedeutung dieses kartappu hervorzuheben, und zwar sowohl als zuverlässiger Wagenlenker
des Hethiterkönigs selbst von dessen Jugend an, als auch des Tawagalawa, vermutlich Bruder des Adressaten

109 Einer dieser Belege, KUB 5.6 I 39′  f., weist allerdings beim ersten von drei aufeinander folgenden kuitman- Sätzen keine
Asyndese auf, sondern beginnt mit der Satz verknüpfenden Partikel nu; s. Ed. KUB 5.6 I 39′ u. auch die Translit. in Ünal 2005, 61
u. Beckman et al. 2011, 186.
110 Hagenbuchner (1989b, 135) ergänzte hier in der Lücke „es (das Heer)“; so z.  B. auch Gander (2010, 83), allerdings mit Frage-
zeichen; Marizza (2005, 134 Anm. 21) erwog für die Lücke von etwa vier Zeichen ebenso die Ergänzung [érinmeš uruḪatti].

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   217

und dessen Vorgänger auf dem Thron von Aḫḫiyawa, so ging es nun in II 72–74 darum, seine Hochrangigkeit
als Geisel zur Sicherheit des Piyamaradu bis zu dessen Rückkehr ins Asyl-Land hervorzuheben.

II 72 *⸢ka⸣-a-aš*-ma lúkar-tap-pu ku-iš


Sieht man von Forrers fragwürdiger Interpretation der Zeilen II 73–75 (hier II 72–74) ab, die er syntaktisch mit
den beiden letzten Zeilen von Kol. II 76  f. (hier II 75  f.) verbunden hat (vgl. dagegen schon Sommer, AU 11 u.
136), so liegen für die Interpretation dieses Satzes grammatikalisch zwei Deutungen vor:
1. Sommer (AU 11) übersetzte II 73 (bei uns III 72): „Was aber diesen Hofstallmeister (?) betrifft,“ ausge-
hend von seiner wörtlichen Deutung (AU 136): „Wer aber dieser Hofstallmeister(?) (ist)“; ähnlich auch Miller
(2006, 245). Dann folgt jeweils von II 73  f. (nach unserer Zeilenzählung) die Erläuterung der verwandtschaft-
lichen Beziehung dieses kartappu zum hethitischen Königshaus.
2. Hoffner (2009, 308) u. Beckman et al. (2011, 111) zogen es dagegen vor, hier einen Fragesatz zu setzen,
nämlich: „Who is this charioteer?“. Die Übersetzung dieser Stelle als Fragesatz hatte Hoffner bereits früher
(2007, 388) begründet, indem er damit überzeugend die anschließend (II 73  f.) asyndetisch beginnende
Erläuterung erklärte: „when a single speaker for rhetorical purposes simulates a dialog, asking a question
and then answering it himself“; s. dazu auch Hoffner u. Melchert in GrHL 403  f. § 29.51.

Wenn man nun aber wie J.D.H. davon ausgehen möchte, dass die im Interkolumnium etwa auf der Höhe von
II 73 befindlichen Zeichenreste zu berücksichtigen sind, so könnte man diese kaum zu dem anschließend in
II 73 beginnenden Satz stellen, sondern müsste sie mit diesem vorausgehenden Satz hier in II 72 verbinden.
Dies gilt vor allem dann, wenn man mit J.D.H. annimmt, dass diesen etwas isoliert stehenden Zeichenresten
nach einem Deutungsvorschlag von E.R. (s. oben S. 133  f., Kommentar zu I 71 [zu 3.] u. auch Autographie) das
Wort UN-aš (= antuḫšaš „Mensch“) zugrunde liegen könnte; s. dazu auch Translit. I 71 u. II 72; ferner Über-
setzung S. 30 u. 52 Anm. 179. Allerdings könnte man sich hierbei fragen, warum der Schreiber un-aš nicht
anschließend an ku-iš noch etwas über den Rand von II 72 geschrieben hat.

II 73  f. von ša munus.lugal-za bis lúḪa-<ta>-nu


Die Struktur dieser asyndetisch beginnenden Passage, in der sich ein weiterer asyndetischer Einschub befin-
det in Form der Bemerkung: (73)… i-na kur uruḪat-ti ša munus.lugal (74)máš-tu₄ *me-ek-ki* šal-li … („… im
Land Ḫatti ist die Familie der Königin sehr bedeutend …“), war bereits den Pionierforschern klar (s. Forrer
1929, 113 u. Sommer, AU 11 u. 136–138), wenngleich sie manche Wörter unterschiedlich und teilweise auch
(etwas) anders als die heutigen Fachleute deuteten; s. z.  B. zu lúkar-tap-pu schon oben S. 196 sub II 58 u.
unten S. 217.

II 74 lúḪa-<ta>-nu
Gegen Goetzes Deutung der drei letzten Zeichen in II 74 als lú a-bu (s. seine Ed.) hatte sich bereits Friedrich
(1931, 227) ausgesprochen und betont, dass Forrers Lesung II 75 lúḪa-<da>-nu besser sei. Sommer folgte Forrer
bei dieser Lesung und vertrat sie aufgrund der gemeinsam mit Ehelolf vorgenommenen Kollation sogar noch
etwas optimistischer als Forrer. Vorsicht dürfte auch gegenüber dem späteren Versuch von Pecchioli Daddi
(1977, 176) angebracht sein, die wieder wie Goetze die Lesung lú a-bu vertrat; vgl. aber auch Miller (2006, 245
mit Anm. 34), der aufgrund von Pecchioli Daddis Ausführungen die Lesung lúḪa-<da>-nu für „nicht restlos
überzeugend“ hielt.
Jedenfalls konnte ein a-bu mit Determinativ lú in der Münchner Belegsammlung für HW2 nicht gefunden
werden. Nicht unwahrscheinlich ist freilich, dass Dabala-Tarḫunta älter als der Autor des Textes VAT 6692
(wahrscheinlich Ḫattušili III.) war, da dieser Wagenlenker schon in dessen Jugend mit ihm auf den Wagen
gestiegen war. Dies könnte vielleicht zur Interpretation „er ist so etwas wie ein Vater für mich“ angeregt haben.

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218   S. Heinhold-Krahmer

II 75 nu-uš-ši bis II 76 ú-[ez-z]i


Die hier zum zweiten Mal bezeugte Redewendung im Nebensatz wurde bereits oben sub II 71  f. berück-
sichtigt. Da die vom hethitischen Großkönig in §  8 hervorgehobene Hochrangigkeit des Dabala-Tarḫunta
nicht nur als Wagenlenker, sondern auch als Geisel zur Sicherheit des Piyamaradu schon oben einige Male
zur Sprache gekommen ist und hier im Hauptsatz wohl zum letzten Mal innerhalb des erhaltenen Textes
mit apaš (II 75: nu-uš-ši a-pa-aš pé-e-di-eš-ši e-ša-ru; dazu noch unten sub III 1) auf ihn Bezug genommen
wird, seien hier nur einige Bemerkungen zur Bedeutung dieses kartappu in der Aḫḫiyawa-Diskussion der
neueren Zeit angefügt.
Für Steiner, der bis in die neuere Zeit für eine Lokalisierung des Landes Aḫḫiyawa mit Zentrum im
Westen Kleinasiens plädierte (s. oben Kapitel I Einleitung S. 14  f.), schien nämlich dieser § 8 mit der Erwäh-
nung des Wagenlenkers ein wesentliches Argument zugunsten seiner These zu bieten. Mehrmals betonte er
sowohl mündlich – in Vorträgen und Diskussionen – als auch schriftlich (s. vor allem Steiner 1964, 371; 1990,
524  f.; 1998, 170; 2007, 597  f.), dass der hethitische Großkönig den kartappu Dabala-Tarḫunta zum König von
Aḫḫiyawa – also in dessen Residenz – gesandt habe mit dem Auftrag, Piyamaradu dort abzuholen und zu
ihm nach Ḫatti zu geleiten. Das Fahren auf dem Wagen mit diesem Wagenlenker setze jedoch „unbedingt“
voraus, „daß Aḫḫijawā in Anatolien gelegen war“; s. z.  B. Steiner 1998, 170 mit Anm. 139.
Die Rolle des Dabala-Tarḫunta als Garant für Piyamaradus Sicherheit, als Geisel also, bewertete Steiner
relativ gering, indem er feststellte, dass dies nicht, wie anscheinend angenommen werde, der eigentliche
Auftrag dieses Mannes sei; vielmehr sei dies nur für den Fall gedacht, dass Piyamaradu die angebotene
Sicherheitsgarantie nicht akzeptieren würde; s.  z.  B. Steiner 1990, 525. Dessen Funktion als Wagenlenker
hingegen, der den widerspenstigen Unruhestifter mit dem Wagen zu Lande von Aḫḫiyawa (mit Zentrum in
Kleinasien, so nach Steiner) nach Ḫatti schaffen sollte, maß er vorrangige Bedeutung zu.
Zu Recht hat J.D.H. (2002, 100) auf Singers Ausführungen über verschiedene hochgestellte Personen mit
der Bezeichnung kartappu hingewiesen, die vom König selbst mit wichtigen und schwierigen diplomati-
schen Missionen betraut worden seien; s. dazu vor allem die Belege in Singer 1983b, 9–11. Hawkins hatte
dabei gegen Steiners Thesen vorgebracht, dass im späten Großreich Wagenlenker als „confidential agents“,
also wohl persönliche Bevollmächtigte des Herrschers, fungiert hätten; s. z.  B. auch van den Hout (1995, 96,
99  f. u. 105) über Nerikkaili, einen kartappu, der „diplomatische Reisen unternahm“, einen „Botschafter“
also in der zweiten Hälfte des 13. Jh.s.
Gegen Steiners Schlussfolgerungen, die er aus der in §  8 des vorliegenden Texes berichteten Mission
des kartappu gezogen hat, insbesondere seine These bezüglich eines kleinasiatischen Landes Aḫḫiyawa,
wo sich folglich auch der Hauptsitz des Königs dieses Landes befunden hätte, ließen und lassen sich noch
weitere Argumente anführen.
1. Die bisherige auf Sommer (AU 4  f. u. 81  f. zu Kol. I 61  f.) zurückgehende und verbreitete Auffassung,
dass Piyamaradu aus dem unter der Oberhoheit von Aḫḫiyawa stehenden Millawanda, wo seine Schwie-
gersöhne offenbar ihren Wohnsitz hatten, und wo sich auch seine Familie, sein ganzer Haushalt sowie die
hinter ihm hergeflohenen nam.ra-Leute befanden (s. unten S.  261 zu III 54′  f.), zu Schiff vor dem heran-
nahenden hethitischen Großkönig zum Herrscher von Aḫḫiyawa entflohen sei, hat sich aus grammatika-
lischen Gründen inzwischen ohnehin als äußerst unwahrscheinlich erwiesen:
Der Unruhe stiftende Piyamaradu hatte wohl sein Schiff verlassen und befand sich dann noch im
Bereich oder zumindest in der Nähe von Millawanda, als der Hethiter anrückte; dazu oben S. 118–121 sub I
61  f. So hätte Dabala-Tarḫunta, auch wenn er losgesandt worden wäre, wie Steiner möglicherweise nicht zu
Unrecht annahm, um Piyamaradu zum heth. König zu geleiten, dann nicht zusätzlich zu seiner Reise mit
dem Wagen bis in den äußersten Westen Kleinasiens auch noch das schwierige Unternehmen einer längeren
Schiffsreise über die Ägäis zum König von Aḫḫiyawa bewältigen müssen, dessen Residenz nach unserer Auf-
fassung außerhalb Kleinsiens gelegen haben dürfte, sei es auf einer Insel oder – noch wahrscheinlicher – auf
dem griechischen Festland. Er hätte Piyamaradu, falls dieser dem Geleit nach Ḫatti zustimmte, im küsten-
nahen Millawanda, möglicherweise auch in der Umgebung davon oder bestenfalls auf einer der näheren,
Kleinasien vorgelagerten ägäischen Inseln antreffen können; s. neben I 61  f. auch noch unten IV 11.
2. Dass sich Piyamaradu direkt beim König von Aḫḫiyawa aufhielt, und dass Dabala-Tarḫunta dorthin
entsandt wurde, lässt sich jedenfalls nicht nachweisen. Vielmehr dürften vor allem zwei Stellen im Text

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   219

sogar dagegen sprechen. Zum einen nämlich bat der Hethiter seinen Adressaten in III 63′–66′ (dazu unten
S.  265–267), an Piyamaradu ein Schreiben bzw. eine Botschaft zu schicken, worin er diesen ehemaligen
hethitischen Untertan zu einer Rückkehr nach Ḫatti überreden sollte. Zum anderen bezieht sich das Objekt
des Satzes in III 1 šeš-ia-ia-an-za-an ḫa-an-za ⸢e-ep⸣, nämlich das doppelt nach -ia und -za gesetzte, enkliti-
sche Personalpronomen -an (A.Sg.c.), auf Piyamaradu und nicht auf Dabala-Tarḫunta. Der Hethiter forderte
daher seinen mit „mein Bruder“ angesprochenen Adressaten hier nicht auf, Dabala-Tarḫunta, wie Forrer
(1929, 167–169) und Sommer (AU 13 u. 140) annahmen, bei sich freundlich zu begrüßen, sondern er ver-
langte, dass sich der König von Aḫḫiyawa (endlich) um Piyamaradu bzw. die Piyamaradu-Affäre) kümmern
sollte; s. S. 220–222 sub III 1. Dies bedeutet, wie aus dem nachfolgenden Text deutlich wird, wohl nicht, dass
jener sich quasi um das Wohlergehen dieses ins Hoheitsgebiet von Aḫḫiyawa, nach Millawanda oder Umge-
bung, geflohenen hethitischen Untertanen kümmern sollte, sondern zweifellos um die Bereinigung der für
den Hethiterkönig problematischen Angelegenheit. Die Lösung des Problems schien Letztgenannter darin zu
sehen, dass Piyamaradu entweder an ihn ausgeliefert werden würde (II 21–23) oder freiwillig zu ihm kommen
sollte (II 56  f. u. III 63′–66′), oder aber, dass er zumindest ein für alle Mal daran gehindert werden musste,
feindliche Aktionen gegen Ḫatti vom Herrschaftsbereich Aḫḫiyawas aus zu unternehmen; s. z.  B. III 52′–IV 7.
3. Dass Piyamaradus im (oder nahe dem) westkleinasiatischen Küstengebiet gelegener Zufluchtsort Mil-
lawanda (= Milet?) zur Zeit des sog. Tawagalawa-Briefes unter der Oberhoheit von Aḫḫiyawa gestanden hat,
wird heute fast allgemein angenommen. Wenn die oben erläuterte Übersetzung von I 71  f. korrekt ist, so
ist der Großkönig Tawagalawa, wahrscheinlich Bruder und Vorgänger des Adressaten dieses Textes, an die
Küste (/[Küsten-]Seite) von Millawanda gelangt. Dies lässt als vielleicht wichtigstes Argument – neben wei-
teren dafür sprechenden Gründen – den Schluss zu, dass Millawanda nur eine kleinasiatische Kolonie des
Königreiches Aḫḫiyawa war, dessen Zentrum außerhalb von Kleinasien zu suchen ist.
4. Atpa, der Schwiegersohn von Piyamaradu, übte in Millawanda anscheinend eine Art Gouverneurs-Amt
aus. Er ist als Befehlsempfänger des Königs von Aḫḫiyawa bezeugt, der ihn anwies, Piyamaradu an den König
von Ḫatti auszuliefern. Offenbar wurde Atpa dieser königliche Befehl ebenfalls schriftlich per Boten zugestellt
(s. I 55: a-na mAt-pa-u̯ a iš-pur); dazu oben S. 116  f. sub I 55  f. Atpa war es auch, und nicht der offensicht-
lich schwieriger erreichbare König von Aḫḫiyawa, mit dem der Hethiter zunächst in Millawanda vergebens
mündlich verhandelt hatte; s. dazu S. 165–172 sub II 20–31.

Dagegen scheint nun die Vermutung Steiners, dass Dabala-Tarḫunta vom hethitischen Großkönig losgesandt
worden sei, um Piyamaradu zu ihm zu geleiten, vor allem aus zwei Gründen nicht völlig abwegig, auch
wenn die Hervorhebung der Bedeutung dieses Abgesandten als Wagenlenker zweier Großkönige, des von
Ḫatti ebenso wie des von Aḫḫiyawa, wohl vor allem dazu diente, die Bedeutung und Hochrangigkeit dieses
Mannes hervorzuheben (II 58  f.: mDa-ba-la-d10-aš-ma ú-ul k[u-iš-ki] egir-ez-zi-iš un-aš „Dabala-Tarḫunta
aber [ist] nicht i[rgendein] unbedeutender Mann“).
1. Es könnte sein schon 1964 (S. 371) vorgebrachtes Argument, dass im Zusammenhang mit der Erwäh-
nung des abgesandten Dabala-Tarḫunta (II 57  f.) der daran anschließende Exkurs II 58–61 ohne Pointe wäre,
wenn es hier nicht um die Beförderung des Piyamaradu auf dem Wagen ginge, zumindest teilweise akzep-
tabel sein. Dies gilt vor allem dann, wenn man II 56  f. heranzieht, wo unmittelbar nach der vom Hethiter für
möglich erachteten Bitte Piyamaradus, doch noch auf den Weg [nach Ḫatti] gesetzt zu werden, eben diese
den Dabala-Tarḫunta betreffende Erläuterung eingeschaltet wurde.
Inwieweit Hawkins Einwand (2002, 100) dagegen: „there is no reference to Dabalatarhunda bringing
Piyamaradu from Aḫḫiyawa by chariot“, zutreffend ist, hängt davon ab, ob Millawanda, wo sich Piyamaradu
vermutlich noch bei der Entsendung des Dabala-Tarḫunta befand (dazu unten S. 254  f.), als Hoheitsgebiet
von Aḫḫiyawa ebenfalls unter die Bezeichnung Aḫḫiyawa fiel oder nicht. Aufgrund von II 68  f., wonach Piya-
maradu die Möglichkeit der Rückkehr nach Aḫḫiyawa unter hethitischem Geleit garantiert wurde, und wo
offenbar, falls gewünscht, Dabala-Tarḫunta als Geisel an seiner Stelle zurückbleiben sollte (II 70–72), dürfte
man eher annehmen, dass hier mit Aḫḫiyawa Piyamaradus Asyl-Ort oder Asyl-Land Millawanda gemeint
war. Dies nahm wohl auch Hoffner (2009, 308) an, der als Ort, wo Dabala-Tarḫunta möglicherweise bis zu
einer Rückkehr von Piyamaradu ausharren sollte, in Klammern „there to Millawanda“ anfügte; s. Hoffner
2009, 308 II 77.; jedoch II 76 nach unserer Zählung. Piyamaradus bislang fast allgemein vermutete Flucht per

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220   S. Heinhold-Krahmer

Schiff zum König von Aḫḫiyawa ist, wie bereits dargelegt, inzwischen hinfällig geworden; s. oben S. 118–121
zu I 61  f. Gleiches gilt wohl für das Gebiet, von dem aus Piyamaradu angeblich seine Überfälle in die von Ḫatti
beanspruchten Länder Maša und Karkiya („mein Land“ III 59′), plante. Millawanda als Ausgangsbasis für die
vom Hethiter befürchteten Überfälle dorthin bezeichnete dieser folglich dem König von Aḫḫiyawa gegenüber
als „dein Land“ (III 58′ u. 61′).
Allerdings wich Steiner bei seiner Übersetzung des Exkurses  II 58  f. von den Übersetzungen Forrers,
Sommers und späterer Forscher ab. Er sah offenbar in dem zum hethitischen Großkönig und zu Tawaga-
lawa auf den Wagen steigenden bzw. gestiegenen kartappu verschiedene Personen und setzte diese daher
nicht mit Dabala-Tarḫunta gleich.111 Diese Intepretation schien seine Behauptung, dass Dabala-Tarḫunta
hier hauptsächlich als Wagenlenker, als Kutscher des Piyamaradu, fungieren sollte, zunächst zu festigen.
Dabei wurde aber ein weiterer wichtiger Aspekt bezüglich dieser kartappu-Stelle nicht von ihm berück-
sichtigt: Es ging dem Autor von VAT 6692 ja in dem Exkurs darum, die besondere Qualifikation des Dabala-
Tarḫunta als Wagenlenker herauszustellen, mit dem gemeinsam nicht nur er, der König von Ḫatti, auf dem
Wagen fuhr, sondern mit dem auch Tawagalawa, der vermutliche Vorgänger des Adressaten auf dem Thron
von Aḫḫiyawa, gefahren war. Es galt hier doch wohl, der Gegenseite deutlich zu machen, dass auch Piyama-
radu mit diesem kartappu, der sogar Großkönige auf dem Wagen beförderte, gut bedient sein würde. Von
Piyamaradus aus hethitischer Sicht für möglich erachtetem Wunsch, doch noch zum König von Ḫatti geleitet
zu werden, war ja wenige Zeilen zuvor die Rede (II 56  f.), und im unmittelbar vor dem Exkurs befindlichen
Satz (II 58  f.) wird der Adressat schon ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Dabala-Tarḫunta nicht irgend-
ein geringer Mann sei.
2. Es dürfte die in II 33 in der Lücke am Zeilenende zu ergänzende Person, die dann Piyamaradu nach
den Verhandlungen mit Atpa (in Millawanda) nach Ḫatti bringen sollte und vermutlich mit den zusätzlichen
(Sicherheits-)Garantien im Gepäck reiste (s. II 35–37), kaum Atpa gewesen sein; dazu schon oben S. 180–182
sub II 33–37. Eher könnte es sich um Dabala-Tarḫunta, dem Piyamaradu dann zunächst ebenfalls eine Abfuhr
erteilt hätte (II 37), gehandelt haben. Dabala-Tarḫunta hätte dann vermutlich weiterhin in Millawanda oder
im grenznahen Gebiet ausgeharrt, um weitere Befehle des Hethiterkönigs abzuwarten, der sich in dieser
Angelegenheit nun offenbar direkt an den König von Aḫḫiyawa wandte.

Wir können jedenfalls abschließend festhalten, dass die kartappu-Stelle in II 57–61 kein zuverlässiges Argu-
ment für die Lage des Landes Aḫḫiyawa mit seinem Zentrum auf kleinasiatischem Boden bieten kann, dass
aber die kleinasiatische Kolonie von Aḫḫiyawa in und um Millawanda wohl ebenfalls unter dem Namen
Aḫḫiyawa (II 69) auftreten konnte.

Kol. III

III 1  f. von šeš-ia-ia-an-za-an bis ú-ua-te-ed-du

III 1 šeš-ia-ia-an-za-an
Mit šeš-ia-ia- „Und (/Auch) Du, mein Bruder“ wird hier, wie auch später in III 50′, ein neuer Satz mit einer an
den Adressaten gerichteten Aufforderung bzw. Bitte begonnen.
Das an šeš-ia-ia- angefügte enklit. Personalpronomen -a-, hier -an „ihn“ (A.Sg.c.), ist wohl auf Piyama-
radu zu beziehen. Dies wird aus den unmittelbar vorausgehenden Zeilen (z.  B. -aš: II 75 u. 76 in ku-it-ma-
na-aš [N.Sg.c.] und -ši: II 75 in nu-uš-ši [D.-L.Sg.c.]) sowie auch dem anschließenden Text (-an: III 1 in: na-an

111 Steiners Übersetzung von II 58  f. (1964, 371 Anm. 56) lautete: „Dabaladattaš aber ist keines[wegs] der geringste Mann! Von
Jugend an … steigt ein Wagenlenker zu mir auf den Wagen; auch zu deinem Bruder und zu Tawagalawa ist (schon) einer aufge-
stiegen.“
In seinen späteren Artikeln über Aḫḫiyawa mit Bezugnahme auf die kartappu-Stelle in VAT 6692 hat er zwar diese Übersetzung
nicht korrigiert, doch nicht wieder direkt darauf zurückgegriffen; vgl. seine Formulierungen z.  B. in Steiner 1990, 525: „Da aus-
serdem im Zusammenhang mit Dabala-Tarḫunta auf das Besteigen eines Wagens angespielt wird, …“; ähnlich ders. 1998, 170.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   221

[A.Sg.c.]; und -ši: III 2 in nam-ma-aš-ši [D.-L.Sg.c.]) deutlich, wo ebenfalls mit diesem Pronomen Piyamaradu
gemeint ist. Die Enklitikakette beschließen die Reflexivpartikel -za und erneut das enklit. Personalprono-
men -an (A.Sg.c.); zur Doppeltsetzung des enklit. Personalpronomens in Verbindung mit -ši und -za s. schon
Goetze 1933, 3; ferner HW2 A, 41b.

III 1 ḫa-an-za ⸢e-ep⸣


Die wörtliche Bedeutung ist „vorn packen, vorn fassen, vorn ergreifen“. Forrer (1929, 167–169) u. Kammenhu-
ber (HW2 Ḫ, 193) deuteten die Wendung daher im Sinne einer „freund­lichen Begrüßung“. Mit Fragezeichen
versah dagegen Sommer (AU 140  f.) diese Deutung; s.  noch Puhvel, HED 3, 92, der den Satz in III 1 unter
Hinweis auf Sommer (AU 12 u. 140) übersetzte: „and you, my brother, welcome him!“; ferner Tischler, HH 39
sub ḫanza ep(p)-/app- „freundlich empfangen, begrüßen“. All diese Fachleute setzten diejenige Person, die
der Adressat, der König von Aḫḫiyawa, „begrüßen“ sollte, mit dem vom hethitischen König ins Hoheitsgebiet
von Aḫḫiyawa geschickten Wagenlenker Dabala-Tarḫunta (II 57–61 u. 70–75) gleich. Da jedoch, wie oben (sub
III 1 šeš-ia-ia-an-za-an) dargelegt, das enklitische Personalpronomen und gleichzeitige Objekt der vermeint-
lichen Begrüßung wohl eher auf Piyamaradu zu beziehen ist, stellte sich die Frage, ob die häufig zu findende
Deutung von ḫanza ēp- hier einen Sinn macht: Weshalb sollte der König von Ḫatti den Adressaten, also den
König von Aḫḫiyawa, auffordern, Piyamaradu, der sich ja bereits mit dessen Billigung in seinem Machtbe-
reich, wahrscheinlich in Millawanda, aufhielt (s. oben zu II 69), freundlich zu begrüßen?
Zudem ergab die Überprüfung der sonstigen nur spärlichen Belege von ḫanza ep(p)-/app- (HW2 Ḫ, 193  f.)
kein weiteres Beispiel, für das eine solche Bedeutung überhaupt in Betracht kommen könnte; s.  bereits
Sommer (AU 140  f.) und ferner auch Kammenhubers Feststellung in HW2 Ḫ, 193 sub 0.3, dass die üblichen
Einleitungs- und Begrüßungsfloskeln in Briefen von dieser Redewendung abweichend seien; unter Verweis
auf Hagenbuchner 1989a, 40–48 u. 64–86. Somit galt es, auch andere Deutungsmöglichkeiten dieser Stelle
ins Auge zu fassen.
Zum einen ist bekannt, dass ḫanza ep(p)-/app- in Orakeltexten dann Verwendung fand, wenn nach
Durchführung einer bestimmten Art von Orakel ein anderer Orakeltypus zur Gegenkontrolle herangezogen
wurde (s. Belege HW2 Ḫ, 194), so dass es soviel wie „kontrollieren“ bedeuten konnte.
Zum anderen entspricht ḫanza in Verbindung mit dem Verb ḫark- auch der Bedeutung „acht haben, auf-
passen“. So wäre es möglich, dass ḫanza ēp hier eine ähnliche Bedeutung zukam. Der König von Aḫḫiyawa
wäre dann vom König von Ḫatti hier aufgefordert worden, auf ihn (= Piyamaradu) Acht zu geben (/aufzupas-
sen) bzw. ihn zu kontrollieren. Handelte es sich hierbei etwa um eine erbetene Vorsichtsmaßnahme, da der
Hethiterkönig befürchtete, dass Piyamaradu die Flucht ergreifen könnte, ehe er in hethitisches Hoheitsgebiet
„hergebracht“ (s. III 1  f.) werden würde? Vgl. dazu auch Hoffner 2009, 308: „And you, my brother, take good
care of him“, dies unter Verweis auf akkad. rēšam kullum „to take care of“ (l.  c., 308 u. Anm. 308, [S. 392]) u.
ebenso Beckman (et al. 2011, 111): „Take care of him, my brother“; s. auch Millers Übersetzung (2006, 245): III
1: „Und Du, mein Bruder, kümmere Dich um ihn“.
Als weitere Möglichkeit wurde von uns noch gemeinsam die Frage diskutiert, ob vielleicht ḫanza ep(p)-/
app- hier im Sinne von „festnehmen, ergreifen, verhaften“, verwendet wurde, ähnlich wie das unkomponierte
Verb ep(p)-/app-. Letzteres tritt in Verbindung mit Verhaftungsbefehlen auf, die hethitische Großkönige
an untergeordnete Fürsten ergehen ließ, wie Wilhelm (1990, 306) gezeigt hat.112 Diese Verhaftungsbefehle
dienten meist dem Zwecke der Auslieferung von Personen, die sich in deren Länder geflüchtet hatten.
Doch bei der Interpretation dieser Stelle (III 1) ist wohl davon auszugehen, dass es sich bei ḫanza ep(p)-/
app- nur um eine an den König von Aḫḫiyawa gerichtete Aufforderung in Verbindung mit der gewünschten
Auslieferung des Piyamaradu handeln kann, die sich irgendwie von den üblichen Verhaftungsanweisungen
an untergeordnete Vasallen unterschieden haben dürfte. Der Adressat, an den sich der Hethiter hier wendet,
wird ja ansonsten im Text meist wie ein ebenbürtiger Großkönig angesprochen und behandelt.
Möglicherweise stellte dann ḫanza ep(p)-/app- eine mildere, abgeschwächte Form von ep(p)-/app-
„ergreifen, verhaften“ dar, etwa im Sinn von „nimm in Gewahrsam/ unter Aufsicht“, was wieder der in den

112 Wilhelm (1990, 307–311) bietet zudem einen Vergleich mit in Nuzi und Alalaḫ überlieferten Verhaftungsbefehlen.

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222   S. Heinhold-Krahmer

Orakeltexten anzutreffenden Bedeutung „kontrollieren“ nahestünde. Auffällig ist freilich auch, dass ḫanza
ep(p)-/app- in III 1 mit der enklit. Partikel -za auftritt, während dies weder bei den Belegen für „kontrollie-
ren“ in den Orakeltexten, noch bei ep(p)-/app- im Sinne von „ergreifen, verhaften“ der Fall zu sein scheint.
In Verbindung mit ḫanza ḫar(k)- tritt -z(a) allerdings auf; z. B. im Sinne von „Götter stehen dem heth. König
bei“; s. HW2 Ḫ, 194.

III 1  f. na-an tu-⸢e-el⸣ […] ú-ua-te-ed-du


Forrer (1929, 112) und Sommer (AU 12) ergänzten am Zeilenende nach tu-⸢e-el⸣ noch [un-aš?]. Da die Lesung
tu-⸢e-el⸣ trotz der Beschädigung der beiden letzten Zeichen, welche Sommer mit Fragezeichen versehen
hatte, nach erneuter Überprüfung akzeptabel erscheint, lässt sich folgern, dass hier anschließend in der
Lücke von einem Untergebenen des Adressaten die Rede gewesen sein dürfte, jenem Mann eben, der Piya-
maradu (zum hethitischen König) „herbringen“ sollte. Der vorhandene Raum (vgl. II 69; III 11 u. 14: am-me-el
un-aš) und der auch schon von Goetze (Ed.) vermutete Zeichenrest am Ende der Zeile könnten hier in der
Tat die Ergänzung un-aš vermuten lassen, die Hoffner (2009, 308) und Beckman et al. (2011, 110) ganz ohne
Bedenken vorgenommen haben.
Diese Stelle in III 1  f. lässt vermuten, dass die Begleitung von Seiten Aḫḫiyawas nur bis an die Grenze
zum hethitischen Hoheitsgebiet erfolgen sollte, wo der Unruhestifter dann entweder Dabala-Tarḫunta über-
geben wurde, oder, falls Letzterer als Geisel auf dem Territorium von Aḫḫiyawa verbleiben musste (II 70–76),
von einem anderen heth. Würdenträger in Empfang genommen und vor den Großkönig von Ḫatti gebracht
werden konnte. Aus II 67–69 ist ja auch zu erfahren, dass Piyamaradu, falls er sich wieder für eine Rück-
kehr nach Aḫḫiyawa entschied, von einem der Leute des Königs von Ḫatti, und nicht des Adressaten nach
Aḫḫiyawa zurückgebracht werden sollte.
Weiter könnte dieser Satz darauf schließen lassen, dass sich der hethitische Großkönig bereits wieder
von Millawanda aus auf hethitisches Hoheitsgebiet begeben hatte oder zumindest plante, dies sogleich zu
tun, wenn er vom König von Aḫḫiyawa ein positives Signal bezüglich der Auslieferung des Piyamaradu erhal-
ten würde.
An der Grenze wäre wohl für den Fall, dass Piyamaradu, das hethitische Angebot (II 70–72) nutzend,
den Verbleib des Dabala-Tarḫunta im Hoheitsbereich von Aḫḫiyawa als Garantie für seine eigene Sicherheit
forderte, später bei einer möglichen Rückkehr ins Asyl-Land dann wohl auch die Über- bzw. Rückgabe dieser
Geisel geplant gewesen. Bei Abfassung von § 5 I 73 u. § 6 II 20  f. könnte sich der hethitische Herrscher aber
auch noch in Millawanda befunden haben; s. oben S. 165.

III 2 von nam-ma-aš-ši bis zum Prädikat in der Zeilenmitte von III 3

III 2  f. 𒀹  za-⸢ar-ši⸣-ia-[an] ki-iš-ša-an a-ša-an-ta-an


Zum Nomen 𒀹  za-ar-ši-ia- s. schon oben sub II 33, 61, 62 u. 64. Das Partizip a-ša-an-ta-an „seiend, beschaffen
seiend, der/die/das (beschaffen) ist“ steht hier im A.Sg.c. und ist wohl auf 𒀹  za-ar-ši-ia- (am Ende von III 2)
zu beziehen, dessen zerstörte Endung somit ebenfalls mit -an im Akkusativ ergänzt werden kann; vgl. oben
II 61. Nicht aufgeführt wird diese Stelle in HW2 E, 94 sub eš-/aš-, wo jedoch vergleichbare Belege zu finden
sind.

III 3 zu Lesungen und Ergänzungen des Prädikats in der Zeilenmitte (und zu Deutungen des gesamten
in III 2 mit nam-ma-aš-ši beginnenden Satzes)
Entgegen Forrer (1929, 112), der hier anders als die nachfolgend genannten Bearbeiter des Textes kein Prä-
dikat ansetzte, sondern pa?-ra??-a?? las, und Sommer (AU 12 u. 142), der aufgrund von Ehelolfs Überprüfung
ụp?-pí̤?? vermutete (so auch ohne Fragezeichen Hoffner 2009, 108 u. Beckman et al. 2011, 110), erschien uns
eine Lesung des heute nur teilweise erhaltenen ersten Zeichens als BI, also p[é-?, an Stelle der genannten
bisherigen Versuche wahrscheinlicher, wenngleich auch p[a- und u[p- derzeit nicht völlig ausgeschlossen
werden können. Als Konsequenzen für die Deutung des gesamten in III 2 beginnenden Satzes scheinen sich

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   223

bei den wichtigsten Lesungs- und Ergänzungsmöglichkeiten des Verbs nach kiššan ašantan (dazu Translit.
S. 30 u. 52 Anm. 183) die folgenden zu ergeben:
1. Sommers versuchte Lesung des Imperativs uppi „schicke, sende“ (s. auch Hoffner u. Beckman l.  c.)
würde eine Fortsetzung der beiden vorausgehenden, an den König von Aḫḫiyawa gerichteten Imperativsätze
(II 1  f.) bedeuten; s. AU 13, III 2  f.: „Weiterhin, mein Bruder, sende(?) ihm (sc. dem Pijamaradu) Garantie in
folgender Beschaffenheit: …“. Dies würde u.  a. vor allem die zwei folgenden Interpretationsmöglichkeiten
nahelegen:
a) In diesem dritten Imperativ-Satz in Folge würde jener Adressat dann wohl entweder vom Hethiter
aufgefordert worden sein, auch seinerseits dem Piyamaradu eine Garantie zu geben. Diese könnte dann
die Zusicherung einer erneuten Gewährung von Asyl im Falle seiner Rückkehr in den Machtbereich von
Aḫḫiyawa dargestellt haben.
b) Die von Sommer im Anschluss an seine Lesung ụp?-pi?? zitierte Rede bezog sich doch wieder auf die
vom Hethiter bereits gegebene oder nun noch zusätzlich angebotene Zusage, die der König von Aḫḫiyawa
dem Auszuliefernden seinerseits (zwecks noch größerer Sicherheit?) übermitteln sollte. Dabei könnte laut
Sommer (AU 142) diese berichtete Rede „an sich ebensogut Worte des Briefschreibers in genauer Wieder-
holung wie solche des Bestellenden, des Königs von Aḫḫijavā, enthalten“. Sommer entschied sich dann aber
für erstere Möglichkeit; s. noch unten S. 225.
Zu a): Bedenkt man nun, dass Piyamaradu ohnehin auf dem Gebiet von Aḫḫiyawa geduldet, wenn
nicht vielleicht sogar vom König von Aḫḫiyawa in seinen gegen Ḫatti gerichteten Aktivitäten unterstützt
wurde und dass er zudem mit Repräsentanten dieses Herrschers in Millawanda verwandtschaftlich ver-
bunden war, so wirkt eine „Garantie“, die der König von Aḫḫiyawa – noch dazu auf hethitisches Verlangen
hin – dem Piyamaradu schicken sollte, zunächst nicht allzu wahrscheinlich, es sei denn, jener hätte aus-
drücklich noch eine Garantie für die Rückkehrmöglichkeit in sein bisheriges Asyl-Land auch von Seiten des
Königs von Aḫḫiyawa verlangt. Doch darüber erfahren wir zumindest aus den erhaltenen Partien des Textes
nichts.
Zu b): Da der nächste in III 3 beginnende Satz nach dem von Sommer vermutenden Verb uppi weitgehend
ergänzt wurde, wobei nach unserer gemeinsamen Auffassung weder Sommers Lesungen der Partikel der
zitierten Rede -wa(r-), die er in den Zeilen III 3 und III 4 mit jeweils zwei Fragezeichen einfügte (li̤??-e̤ ??-u̯ a̤??
bzw. nṳ-u̯ [a??-ták-ká]n??), noch sein durch fragliches li̤??-e̤ ??-u̯ a̤?? eingeleiteter Prohibitivsatz als sicher gelten
können und seine Lesung D̤ ỤTỤ-ŠỊ am Zeilenende von III 3 ohnehin unrichtig sein dürfte, fehlt eine sichere
Stütze für diese Lesung des Prädikats in III 3.
2. Dagegen könnte die von uns bevorzugte Lesung des ersten Zeichens des Prädikats p[é- (dazu auch
Translit. S. 30 u. 52 Anm. 183) eher nahelegen, dass der Text wieder an den Bericht des Hethiterkönigs über
seine dem Piyamaradu gewährten Zusagen in II 61–76 anknüpfte. Dieser Bericht endete ja nur drei Zeilen
zuvor (II 76) bzw. wäre dann vermutlich durch die beiden an den König von Aḫḫiyawa gerichteten Aufforde-
rungen (III 1  f.) nur kurz unterbrochen worden.
Bei einer Lesung p[é-, nach den älteren Fotos wohl ⸢pé-e-⸣-[…] oder ⸢pé-eḫ-⸣, böten sich als Ergänzungen
primär die Flexionsendungen der 1.Sg.Prs.  u. Prt. von pai- „geben“ an; s. CHD P, 41  f., sub pai- B: p[é-(e)-eḫ-ḫi
u. p[é-(e)-eḫ-ḫu-un. Möglicherweise fügte der hethitische Herrscher hier eine weitere Zusage einer Vergüns-
tigung an, die er Piyamaradu noch geben wollte. Dazu würde dann die Form p[é-eḫ-ḫi] passen. In Betracht
käme aber auch die zweite Form, vor allem dann, wenn man davon ausgeht, dass (Sicherheits-)Garantie(n)
dem Piyamaradu ja bereits früher gewährt worden sein dürfte(n). Dies könnte teilweise bereits in Verbindung
mit der Mission des von jenem abgewiesenen tartenu (I 10  f.) geschehen sein, der als Sohn des hethiti-
schen Großkönigs (s. II 4) und als dessen Repräsentant (I 12) zwecks Geleit zu Piyamaradu gereist war. Aber
vor allem etwas später wäre dies denkbar, nämlich als der König von Ḫatti selbst bis nach Millawanda zog
und mit Atpa dort über die Bedingungen für die Auslieferung und deren Modalitäten verhandelte (II 20–37;
s. besonders II 33), wobei er auch schon das zusätzliche Angebot der Stellung einer Geisel machte, die als
weitere Garantie für Piyamaradus Sicherheit dienen sollte; s. oben zu II 26–28.
Von den Formen mit Plene-Schreibung der 1.Sg.Prs.  u. Prt. p[é-e-eḫ-ḫi und p[é-e-eḫ-ḫu-un, die aufgrund
einer erneuten Überprüfung der Fotos (durch J.H. u. S.H.-K.) ebenfalls für möglich erachtet wurden, ist Letz-
tere immerhin im Vertrag Muršilis II. mit Kupanta-dlamma belegt (s. KBo 5.13 IV 23; CTH 68), in einem jh. Text

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224   S. Heinhold-Krahmer

also, der nur eine Generation vor dem Autor von VAT 6692 anzusetzen ist. Die Plene-Schreibung der 1.Sg.Prs.
scheint dagegen bislang nur in ah. und mh. Texten belegt zu sein.113
Natürlich gäbe es für das Verbum pai- noch weitere mit pé- beginnende Formen (2. u. 3.Sg.Prt.:
pé-eš-ta oder 3.Sg.Imp.: pé-eš-du u. 2.Pl.Imp.: pé-eš-tén/pé-eš-te-en; dazu CHD P, 42; ferner bei meh-
reren Formen des mit dem Suffix -ške/a- gebildeten Verbums, z.  B. 1. Sg.Prs.: pé-eš-ke-mi usw.; s.  CHD P,
43). Allerdings scheinen diese Verbformen aufgrund des Kontextes weniger Wahrscheinlichkeit bean-
spruchen zu können als die von uns oben vorgeschlagenen. Aufgrund der Ergänzungsmöglichkeiten
p[eḫḫi  …] und p[eḫḫun  …] bzw. p[ēḫḫun  …] hier in III 3 wäre jedenfalls anzunehmen, dass der Hethiter
nach den beiden Imperativsätzen in III 1  f. (s.  S.  221  f.) dann in III 2  f. mit 𒀹  zaršiya- auf die von ihm dem
Piyamaradu gegebene Garantie oder vielleicht noch einen weiteren Zusatz zu dieser zu sprechen kam,
z.  B.: (2)… nam-ma-aš-ši ⸢šeš⸣-ia 𒀹  za-⸢ar-ši⸣-ia-[an] (3)ki-iš-ša-an a-ša-an-ta-an p[e-(e)-eḫ-ḫu-un  …] oder:
p[e-eḫ-ḫi …] „Ferner ga[b ich] (oder: ge[be ich] /[werde ich] ge[ben]) ihm eine Garantie folgender Art: …“.
3. Wenn von der Annahme ausgegangen wird, dass der Hethiter hier wieder auf eine Garantie zu spre-
chen kam, die er Piyamaradu zugesagt hatte bzw. noch zusagen wollte, so kann hierbei auch nicht völlig
ausgeschlossen werden, dass in III 3 statt der von uns bevorzugten Lesung p[é- auch Sommers u[p- gestanden
hat. Angesichts der vagen Zeichenspuren auf den Fotos ließe sich also vielleicht auch eine Ergänzung u[p-pa-
aḫ-ḫu-un „ich schickte“ vertreten. Die weiteren Belege in Verbindung mit 𒀹  zaršiya innerhalb von VAT 6692
helfen dabei nicht weiter; s. II 33: [𒀹  za-a]r-ši-ia gam-an da-li-ia-nu-un; II 61: nu a-na mPí-ia-ma-ra-du 𒀹  za-ar-ši-
ia-an ú-[ul? ad-din?]; s. Translit. zu II 61, S. 30 u. 51 Anm. 174); II 62 𒀹  za-ar-ši-ia-aš-ma i-na kur Ḫat-ti kiš-an
(ohne Kopula); II 64 𒀹  za-ar-ši-ia-ma še-er ki-i ar-nu-nu-un; dazu jeweils bereits oben.

III 3–5 zum Beginn eines neuen Satzes in der stark zerstörten zweiten Zeilenhälfte bis III 5 an-da
tar-na-aḫ-ḫi
Naheliegend ist die in den meisten Textbearbeitungen vertretene Annahme, dass nach dem ergänzten Verb
in III 3 (s. oben) nun im nächsten in dieser Zeile beginnenden Satz eine nähere Erläuterung zu der zuvor
angesprochenen Garantie (II 2  f.: nam-ma-aš-ši ⸢šeš⸣-ia 𒀹  za-⸢ar-ši⸣-ia-[an] ki-iš-ša-an a-ša-an-ta-an x[…])
erfolgte. Trotz des schlechten Erhaltungszustandes dürfte diese weitere Zusage, zugleich wohl verbunden
mit einer Bedingung (dazu unten sub III 3  f.; vgl. auch II 64  f.), hier in zitierter Rede (wie in II 64–70), vor-
gelegt worden sein.

III 3  f. Deutungsversuche der Zeichenspuren in der zweiten Zeilenhälfte von III 3 in Verbindung mit dem
zugehörigen Rest des Satzes in III 4
Sommers Deutungsversuch der vagen Zeichenspuren im Anschluss an das oben besprochene Prädikat
(s. S. 223 sub III 3), die er als Beginn eines Prohibitiv-Satzes, nämlich li̤??-e̤ ??-u̯ a̤??, Negation lē + Partikel der
zitierten Rede -wa(r-), betrachtete, war zweifellos beeinflusst von dem Ende des in der zerstörten rechten
Hälfte von III 3 beginnenden Satzes in III 4. Dort ist die Rede von „weiter irgendwie (in irgend einer Weise)
sündigen, freveln“: nam-ma ku-⸢it-ki⸣ u̯ a-aš-ta-[…].
Bei diesen Worten in III 4 geht es zweifellos ebenfalls um Piyamaradu (s. auch Sommer, AU 141  f.), über
dessen ausgeführte und geplante „Untaten“ ja an einigen Stellen des Textes berichtet wird. Sommers Versuch
der mit mehreren Fragezeichen versehenen Rekonstruktion eines Prohibitiv-Satzes gäbe zwar in Verbindung
mit dem besser erhaltenen zweiten Teil dieses Satzes in III 4 durchaus einen Sinn. Davon scheint auch
Beckman (2011, 110) überzeugt gewesen zu sein, so dass er sogar auf Sommers Fragezeichen in diesem Satz
verzichtete. Doch gerade diese Fragezeichen in III 3  f.: (3)… li̤??-e̤ ??-u̯ a̤?? i̤ t ??.ti̤ ?? D̤ ỤTỤ-ŠỊ (4)nam-ma ku-it-ki u̯ a-aš-
ta-ti̤?? „Vergehe dich gegen Meine Sonne in keiner Weise nochmals!“ (s. AU 12  f.) machen deutlich, dass sich
die Stelle auf der Tafel damals schon in sehr schlechtem Zustand befunden hat; vgl. auch Goetzes Ed. (1926),
Forrer (1929, 112) sowie die älteren Fotoabbildungen BoFN 740 u. AU Taf. II. Hinzu kommt, dass Sommers
Deutung eines Imperativs up-pi in III 3 wenig wahrscheinlich sein dürfte; dazu schon oben S. 222  f.

113 Die Durchsicht der einschlägigen Belegsammlung für HW2 in München bestätigte diesen Befund, der sich aus CHD P, 41  f.
ergibt.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   225

Hoffner (2009, 308) verzichtete zu Recht auf eine Transliteration der meisten damals wie heute kaum
deutbaren Zeichenspuren des Satzbeginns in III 3, übernahm aber dann doch Sommers Deutung mit einer
Ausnahme: Statt Sommers Prohibitiv-Satz schien ihm offenbar ein konditionaler Nebensatz, dessen Über-
setzung er mit „wenn“ („if“) einleitete, sinnvoller, wobei er dabei ebenfalls wie Sommer von einer zitierten
Rede ausging.
Obgleich zwar Sommers Vermutung eines Prohibitiv-Satzes in direkter Rede (III 3  f.) als Möglichkeit
nicht völlig auszuschließen ist, wie bereits oben angedeutet, so dürfte doch am Zeilenende von III 3 seine
Lesung D̤ ỤTỤ-ŠỊ nicht nur aufgrund der sichtbaren Zeichenreste (s. hierzu Translit. S. 30 u. 52 mit Anm. 184)
wenig wahrscheinlich sein. Auch seine inhaltliche Interpretation, dass hier der König von Aḫḫiyawa vom
Hethiter aufgefordert wird, dem Piyamaradu zu übermitteln, er dürfe sich gegen die Majestät (D̤ ỤTỤ-ŠỊ) in
keiner Weise nochmals vergehen (so auch Hoffner 2009, 308 [gemäß Übersetzung] u. Beckman et al. 2011,
111), überzeugt nicht vollständig, und zwar aus folgendem Grund:
Sommer selbst (AU 142  f.) hat ja darauf hingewiesen, dass „D̤ ỤTỤ-ŠỊ“ im Text „sonst nur beim Verhältnis
des Hethiterkönigs zu untergeordneten Personen“ gebraucht werde (I 8 u. II 30), und betont, dass er über-
haupt Bedenken trage, „es hier dem formell wie faktisch souveränen König von Aḫḫijavā in den Mund zu
legen“. Seine Interpretation konnte er daher nur mit der Einschränkung vornehmen, dass es sich bei der
zitierten Rede um die Worte des „Briefschreibers“, des Hethiterkönigs also, gehandelt haben müsse, und
zwar in genauer Wiederholung, nicht aber um die Worte des Königs von Aḫḫiyawa, wenngleich er zunächst
festgestellt hatte, dass das Zitat ebensogut die Rede des Adressaten darstellen könnte; s. bereits oben S. 223.
Der hier wohl bis an-da tar-na-aḫ-ḫi in III 5 reichende Inhalt der in III 2  f. genannten Garantie könnte aber
durchaus in Verbindung mit der naheliegenden Bedingung verknüpft worden sein, dass Piyamaradu sich
(künftig) nichts mehr zu Schulden kommen lassen dürfe (s. III 4). Dabei ist weiterhin schwer zu entscheiden,
ob es sich in III 3  f. mit Sommer um einen Prohibitivsatz handelte oder mit Hoffner um einen Konditionalsatz.
Im Falle eines Konditionalsatzes wäre dieser wohl mit ma-a-an(-ma)-u̯ a eingeleitet worden. Dann würde
die von J.L.M. vorgeschlagenen Lesung […]x-u̯ a den Rest dieses Satzbeginns darstellen. Wenn die vermutete
Bedingung einen Sinn gehabt hätte, müsste aber zwischen ma-a-an-m]a-u̯ a und dem nachfolgenden Teil
dieses Nebensatzes in III 4 (nam-ma ku-⸢it-ki⸣ u̯ a-aš-ta-) noch die Negation ul bzw. ú-ul enthalten gewesen
sein. Diese Negation, die auch in Hoffners Deutung des Inhalts enthalten ist, hätte dann freilich auf dem
Tafelrand ihren Platz finden müssen, wo allerdings nur noch schwer deutbare Vertiefungen (vielleicht Grif-
feleindrucke?) festzustellen sind. Dieser Satz könnte dann etwa gelautet haben: (3)ma-a-an-m]a-u̯ a [(ú)-ul]
(4)
nam-ma ku-⸢it-ki⸣ u̯ a-aš-ta-[ti(/ši?]? und ließe sich folgendermaßen übersetzen: „Wenn du aber [kein]erlei
Verfehlungen mehr begehst“ (wörtlich: „Wenn du aber [nicht] mehr irgendwie sündigst“).

III 4  f. zur Interpretation von III 4 (zweite Zeilenhälfte) bis an-da tar-na-aḫ-ḫi in III 5
Während in der zweiten Zeilenhälfte von III 4 mit dem zerstörten Teil des neuen Satzes auf der Taf. VAT 6692
heute nur noch die beiden letzten Zeichen, die das Wort ⸢nam⸣-ma bilden, sichtbar sind (s. Autographie u.
Translit. S. 30 u. 52 Anm. 185 gegenüber den früher noch sichtbaren, aber kaum deutbaren Zeichenspuren
auf den Fotoabbildungen BoFN 740 u. AU Taf. II), ergibt das erhaltene Prädikat am Beginn von III 5, an-da
tar-­na-aḫ-ḫi, zusammen mit dem vorausgehenden Wort ⸢nam⸣-ma am Ende von III 4 die wörtliche Über-
setzung „… werde ich [wie]der hineinlassen.“ Vorausgesetzt diese Übersetzung ist korrekt, und es handelt
sich hier nicht um einen idiomatischen Ausdruck, den wir aufgrund des zerstörten Kontextes nicht völlig
ausschließen können, so dürfte es sich bei diesem unvollständig erhaltenen Satz in III 4  f., wie schon oben
erwähnt, um die aufgrund von 𒀹  za-⸢ar-ši⸣-ia-[an] ki-iš-ša-an a-ša-an-ta-an (III 2  f.) zu erwartende und für
Piyamaradu bestimmte Zusage oder Garantie des hethitischen Königs gehandelt haben.
Diese Überlegung mag Sommer (AU 12) – ganz im Gegensatz zu Forrer (1929, 112), der in III 4 zwischen
wašta- und namma eine Lücke von nur sechs Zeichen markierte (vgl. aber Translit. S. 30 u. 52  f. Anm. 186) –
zu einer Rekonstruktion der ersten Satzhälfte angeregt haben. Diese ergab bei ihm in Verbindung mit dem
Prädikat in III 5:

… nṳ-u̯ [a̤ ??-ták-ká]n?? [i.na kur.ka] na̤ m-ma (5)an-da tar-na!-aḫ-ḫi „und ich werde [dich] wieder [in dein Land] hineinlassen!“
(4)

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226   S. Heinhold-Krahmer

Diese Rekonstruktion überzeugte offensichtlich auch Hoffner (2009, 308), andere Forscher in neuerer Zeit
dagegen nicht; vgl. Miller 2006, 245 u. Beckman et al. 2011, 110  f. Bereits Starke (1997, 453 Anm. 63) hatte
darauf hingewiesen, dass Sommers Deutung „in dein Land“ (also in Piyamaradus Land) an dieser Stelle
fraglich sei, da es sich hier nur um eine Ergänzung handle.114 Er selbst schlug freilich ebenfalls eine Ergän-
zung vor. Statt Sommers Deutung „in dein Land“ präferierte er „in mein Land“. Seine Begründung dafür
lautete (l.  c.), dass es an der betreffenden Textstelle „um die erneute Anbahnung eines persönlichen Treffens
zwischen dem heth. König und Piyamaradu auf heth. Territorium“ gehe. Auch diese Deutungsmöglichkeit ist
hier nicht auszuschließen; doch dazu noch unten S. 226.
Für die erstgenannte Interpretation sollte allerdings die dieser Stelle in III 4  f. vorausgehende Feststel-
lung des Hethiters in III 2  f. bezüglich 𒀹  za-⸢ar-ši⸣-ia- noch berücksichtigt werden: „Weiter, mein Bruder, [habe
ich] ihm (Piyamaradu) eine Garantie (𒀹  za-⸢ar-ši⸣-ia-[an]) folgender Art geg[eben“ oder „g[ebe ich] ihm“ bzw.
„[werde ich] ihm g[eben]“. Da die wenigen anschließend erhaltenen Worte, die sich nicht nur auf die Erläu-
terung dieser Garantie (III 4  f.), sondern auch auf die Bedingung dafür zu beziehen scheinen (s. vor allem III
4: nam-ma ku-it-ki u̯ a-aš-ta- u. III 5: an-da tar-na-aḫ-ḫi), nirgends unter den zuvor gegenüber dem Adressaten
erwähnten Garantien auftreten (s. III 61–63; 64–76 mit der in III 64  f. enthaltenen Aufforderung bzw. Bedin-
gung), dürfte es sich hier tatsächlich um eine weitere Zusage des hethitischen Herrschers gehandelt haben.
Mit der Erwähnung dieser Garantie, die er Piyamaradu vermutlich als Vergünstigung angeboten hatte oder
noch anzubieten beabsichtigte, beendete er offenbar die an den König von Aḫḫiyawa gerichtete Mitteilung
über die Garantien und Zusagen im Falle einer Rückkehr seines ehemaligen Untertanen nach Ḫatti. Der
hethitische Herrscher könnte mit dem Angebot dieser Garantie durchaus versucht haben, Piyamaradu die
gefürchtete Rückkehr in hethitisches Hoheitsgebiet attraktiv zu machen, indem er wenigstens den ersten Teil
von dessen ursprünglichem Ansuchen erfüllen wollte, nämlich ihn als Vasallen aufzunehmen, womit wohl
die Verleihung des Königtums über ein Land (Piyamaradus ehemaliges Land?) verbunden war; s. I 7, dazu
noch I 14  f. u. möglicherweise noch II 38–43. Auf den zweiten Teil jenes Ansuchens, den tuḫkanti zwecks
Geleit zu ihm zu senden (I 7  f.; s. dazu auch oben S. 73sub I 7  f. u. S. 169  f. sub II 30), ging der hethitische Groß-
könig dabei nicht mehr ein: Diese (unerfüllte?) Forderung von Piyamaradu, die vermutlich zu den berichte-
ten Kämpfen um Iyalanda, zum hethitischen Vorrücken nach Millawanda und zu den damit verbundenen
Unstimmigkeiten mit Aḫḫiyawa geführt hatte, wurde auch durch die Entsendung des Dabala-Tarḫunta als
Garant für Piyamaradus Sicherheit nicht erfüllt; s. dazu oben sub II 70–76.
Gegen Starkes Annahme, dass hier „mein Land“ zu ergänzen sei, der Hethiter also von seinem Land
gesprochen habe, in das er den renitenten Piyamaradu hineinlassen werde, könnte man aber Folgendes
einwenden: Da Piyamaradu sich bis dato geweigert hatte, zum König von Ḫatti zu kommen, und da der
Hethiter mit allen Mitteln der Diplomatie beim König von Aḫḫiyawa eine Auslieferung nach Ḫatti zu errei-
chen versuchte, erscheint eine Zusage, dem Piyamaradu Einlass nach Ḫatti zu gewähren, an dieser Stelle
ziemlich widersinnig. Ein Ausweg könnte sich nur dadurch eröffnen, dass man davon ausgeht, dass das
Land auf kleinasiatischem Boden, in dem Piyamaradu für sich das Königtum verlangte (s. I 14  f.), wohl ein
Vasallenstaat unter hethitischer Oberhoheit gewesen wäre (s. I 7), welches der hethitische Oberherr dann als
sein Land hätte bezeichnen können.
Immerhin erscheint Sommers Ergänzungsversuch mindestens ebenso möglich zu sein wie Starkes Vor-
schlag, doch bleiben beide Möglichkeiten Spekulation.

114 Es ging Starke (l.  c.) aber hierbei wohl nicht primär darum, auf die Unsicherheit bei der Interpretation ergänzter Stellen
überhaupt hinzuweisen. Vielmehr wollte er die zumeist vertretene Annahme in Frage stellen, dass Piyamaradu ein abtrünniger
hethitischer Vasall gewesen sei.
Starke ist zwar zuzustimmen, dass KUB 14.3 III 3–5 keinen sicheren Anhalt dafür biete, dass Piyamaradu jemals ein eigenes Land
auf kleinasiatischem Boden besessen habe, doch hat er bei seinen Überlegungen eine wichtige Stelle im genannten Text nicht
berücksichtigt: VAT 6692 III 65′  f.; s. unten S. 266. Dort jedenfalls dürfte ein klarer Hinweis auf Piyamaradus früheres Untertänig-
keitsverhältnis zum Großkönig von Ḫatti zu finden sein.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   227

III 5 von na-an bis … x-⸢zi⸣


Der nach tarnahhi mit na-an eingeleitete neue Satz endet am Zeilenende mit einem mit der Flexionsendung
-zi auslautenden Verb (3.Sg.Prs.). Während das -zi einigermaßen klar zu erkennen ist, lässt sich über voraus-
gehende Zeichenreste keine klare Aussage treffen; s. Translit. S. 30 u. 53 Anm. 187. Das an nu angehängte
Personalpronomen -an „ihn“ (A.Sg.c.) am Satzbeginn ist wieder auf Piyamaradu zu beziehen, der somit das
Objekt darstellt. Der nach na-an sichtbare erste Zeichenrest, für den Sommer die Lesung lṳ́ ?? in Erwägung zog,
ist ebenso wie ein vermutlich zweiter nicht mehr näher zu bestimmen.
Über den Inhalt des Satzes lässt sich nur spekulieren. Es ist anzunehmen, dass der Absender hier ebenso
wie im nachfolgenden Satz in III 6 auf die weitere Verfahrensweise mit Piyamaradu, wie sie von hethitischer
Seite geplant war, zu sprechen kam, wobei hier nicht wie in III 6 der Hethiterkönig selbst Subjekt ist, sondern
eine dritte Person, wie die Endung des Verbs zeigt. Es könnte hier z.  B. vom hethitischen König gesagt worden
sein, dass ihn (den Piyamaradu) jemand nach Ḫatti (zu ihm) bringen werde oder solle; ähnlich auch Sommer,
AU 13 u. 143.

III 6 von na-an kaskal-ši bis zum Ende von § 6


Der Nebensatz: na-an kaskal-ši gim-an te-ḫi „wie ich ihn auf den Weg setze (/setzen werde)“ findet sich
in ähnlicher Form bereits in II 65 u. fragmentarisch vermutlich in II 35  f. Dort allerdings wird Piyamaradu
innerhalb einer zitierten Rede des Absenders direkt angesprochen, während hier in III 6 dem König von
Aḫḫiyawa, dem Adressaten also (s. III 1  f. šeš-ia), über das geplante Procedere im Falle einer Auslieferung
des Piyamaradu, der wieder als Objekt (-an) erscheint, berichtet wird. Über die wörtliche Übersetzung dieser
Stelle, die auch schon Forrer (1929, 113 u. 157–159) bevorzugt hatte, sind sich die heutigen Fachleute weitge-
hend einig;115 zur weniger überzeugenden metaphorischen Bedeutung, die Sommer annahm, nämlich „in
der Laufbahn fördern“, s. AU 120  f.
Kurz zuvor ist hier (III 2) ebenso wie unmittelbar vor dem ähnlichen Satz in II 65 (nämlich in II 61, 62 u.
64) und vor II 34–37 (nämlich II 33) von 𒀹  zaršiya- „(Sicherheits-)Garantie“ die Rede. Es ging also hier wie dort
um Garantien, die Piyamaradu im Falle seiner freiwilligen Rückkehr nach Ḫatti oder seiner Auslieferung
dorthin von hethitischer Seite zugesagt wurden. Anders als z.  B. dort in II 65, te-eḫ-ḫi (zweimal), erscheint
nun die Schreibung te-ḫi (so auch in II 35; jedoch in II 36 wieder te-eḫ-ḫi).
Allerdings vermisst man hier in III 6 die in II 65 (zweimal; s. auch II 57 zu einem vielleicht zu erwartenden
Ansuchen des Piyamaradu: nu-u̯ a-mu-kán kaskal-ši da-a-ú „er möge mich auf den Weg setzen“) auftretende
Partikel -kan. Der vergleichbaren Stelle in II 34–37 ist dagegen wegen starker Fragmentierung hinsichtlich
der Partikel nichts zu entnehmen. Das Fehlen von -kan hier in III 6 könnte zu Lasten des Schreibers gehen,
da die Wendung kaskal-ši dai-/te-/ti(ya)- (wörtliche Bedeutung: „auf den Weg setzen“) die Partikel -kan zu
erfordern scheint. Dies lässt zumindest eine Überprüfung von ca. 60 Belegen aus der Münchner Zettelsamm-
lung zu HW2 vermuten, wo nur noch ein weiterer Text mit Belegen ohne diese Partikel zu finden war, und
zwar KUB 53.16 Rs. VI 9′: ta a-pád-da kaskal-ši da-a-i (ferner Rs. VI 7′  f. u. 11′).
Sommers Versuch, im Anschluss an diesen vorangestellten Nebensatz nun im zerstörten Hauptsatz in
III 6 n[a̤ ?]-a̤ t?? [šeš.i̯ a ša-ag-]du „das soll [mein Bruder wissen(?)]“ zu ergänzen, ist zwar weder durch die auf
den Fotos erkennbaren Zeichenreste noch durch eine wörtliche Parallele im Text gesichert, doch dürfte es
an dieser Stelle zumindest inhaltlich, wenn auch in kürzerer Form, analog zu II 36  f. u. II 66 um die Zusage
gegangen sein, den König von Aḫḫiyawa über die Rückschaffung des Piyamaradu oder das weitere Procedere
in dieser Angelegenheit, wie z.  B. eine mögliche Verbringung in dessen Herkunftsland auf kleinasiatischem
Terrain, auf dem Laufenden zu halten.
Wie schon Sommer (AU 143) zu Recht feststellte, entspricht der freie Raum unterhalb von III 6 bis zum
Paragraphenstrich in etwa dem einer Zeile. Das auf dem Paragraphenstrich erscheinende Zeichen IA (HZL
218 zu I.A) wurde, wie zuerst Forrer (1929, 168 Anm. 2) erkannt hatte, nachträglich eingefügt und gehört zu
ke-e in III 7, wo folglich ke-e-ia zu lesen ist.

115 Auf das nicht berücksichtigte gim-an „wie“ in Millers Übersetzung (2006, 245) III 6 hat bereits Hoffner (2009, 308 Anm. 309)
hingewiesen.

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228   S. Heinhold-Krahmer

Zusammenfassung des Kommentars zu § 8 (Kol. II 55–III 6)


Zunächst stellte der König von Ḫatti hier fest, dass er aus Rücksichtnahme gegenüber seinem Adressaten,
dem König von Aḫḫiyawa, nichts weiter unternommen habe (oder unternehmen werde?). Gemeint waren
damit wohl die Einstellung bzw. Unterlassung seiner eigenen Aktivitäten in der Piyamaradu-Angelegenheit,
insbesondere die Kontaktaufnahmen mit Piyamaradu und dessen Schwiegersohn Atpa. Für den Fall jedoch,
dass sich Piyamaradu vielleicht noch an den König von Aḫḫiyawa wenden würde (mit der Bitte), dass dieser
nun mit dem König von Ḫatti Verbindung aufnähme bezüglich seiner (Piyamaradus) Rückbringung in hethi-
tisches Hoheitsgebiet, habe er, so der hethitische Herrscher, bereits den kartappu Dabala-Tarḫunta losge-
schickt (II 55–58). Dabei betonte er die Bedeutung dieses entsandten Würdenträgers, der als Wagenlenker
nicht nur mit ihm seit seiner Jugendzeit auf den Wagen steige, sondern auch mit dem Bruder des Adressaten,
mit Tawagalawa, auf den Wagen gestiegen sei (II 58–61).
Anschließend wurde der Adressat über die hethitische Sicherheitsgarantie informiert, die dem Piyama-
radu wohl bereits gewährt worden war. Anscheinend wurde ihm ein gesiegeltes Schriftstück – sehr fraglich,
ob in Form von gesiegeltem Brot, wie Hoffner (2009, 307 Anm. 304) erwogen hat – zugesandt, was in Ḫatti
soviel wie „Garantie für Leib und Leben“ bedeutet haben dürfte (II 61–63).
Zusätzlich zur Sicherheitsgarantie, so der Hethiter, habe er aber noch dies angebracht: Piyamaradu solle
sich vor ihm rechtfertigen, dann werde er ihn „auf den Weg setzen“ und dem König von Aḫḫiyawa über das
„wie“ dieses Vorgehens schreiben. Piyamaradu könne dann selbst über seinen Verbleib in Ḫatti oder aber
eine Rückkehr nach Aḫḫiyawa entscheiden, wohin er ebenso, wie er gekommen sei, zurückgebracht werden
würde (II 64–69).
Für den Fall aber, dass auch dieses (Angebot) nicht zum Erfolg führen würde, bot der Hethiter quasi als
weitere Sicherheit für Piyamaradu den bereits entsandten kartappu als Geisel für die Zeit von Piyamaradus
Abwesenheit bis zu dessen Rückkunft an (II 70–72). Anschließend wurde – wohl im Gegensatz zu anderen
Forschern (insbesondere Sommer, AU 10  f.) – mit einem Fragesatz (II 72; dazu oben S. 31 u. 217)  auf den nach-
folgenden Exkurs bezüglich der Bedeutung dieser Geisel hingewiesen (II 73  f.). Darin stellte der hethitische
König erneut die hohe Stellung dieses kartappu in den Vordergrund, der zu der in Ḫatti hoch angesehenen
Familie der Königin gehörte und somit quasi mit dem hethitischen Großkönig verschwägert war (II 73  f.).
Dies erfolgte im Rahmen des asyndetisch beginnenden Exkurses, in den ein weiterer asyndetischer Einschub
integriert wurde.
Der König von Aḫḫiyawa wurde dann vom hethitischen König aufgefordert, Acht auf ihn (Piyamaradu)
zu haben und ihn von jemandem herbringen zu lassen (III 1  f.).
Außerdem wies der Hethiter seinen Adressaten anscheinend noch auf eine weitere von ihm gewährte
oder noch zu gewährende Zusicherung hin, wobei er diese anscheinend mit der Bedingung oder Aufforde-
rung verknüpfte, dass Piyamaradu nicht weitere Verfehlungen begehen dürfe. Bei dieser Garantie könnte es
sich vielleicht um die großkönigliche Zusicherung gehandelt haben, Piyamaradu die Rückkehr in ein von
ihm früher besessenes oder verwaltenes Land zu gewähren (III 3–5), und zwar vermutlich in das nament-
lich nicht genannte Land, für dessen Regierung sich jener dem hethitischen Herrscher als Vasall bereits zu
Beginn der Tafel angeboten hatte (s. I 7  f.) und wofür er dann sogar die Verleihung des Königtums an Ort und
Stelle zu fordern versucht hatte (s. I 14  f.). Auch in diesem Zusammenhang verpflichtete sich der Hethiter
wohl, den König von Aḫḫiyawa über die Art und Weise der Verbringung Piyamaradus zu unterrichten.

Paragraph 9 (Kol. III 7–21)

III 7  f. von ma-a-an-ma bis i-ia


Hier in III 7 wurde ein konditionaler Nebensatz dem Hauptsatz in III 8 vorangestellt.

III 7 der Nebensatz


Bei dem auf die Einleitung des Konditionalsatzes mit der Konjunktion ma-a-an (+ -ma) folgenden ⸢ke⸣-e-ia
handelt es sich um das Demonstrativpronomen ka-; kē steht im A.Sg.n. oder A.Pl.n. (s. GrHL 143 § 7.3). An das

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   229

Pronomen wurde, wie bereits oben gesagt, die auf der Paragraphenlinie nachgetragene enklit. Partikel -ia
angeschlossen. Wie schon Forrer (1929, 169) und Sommer (AU 144) feststellten, ist ⸢ke⸣-e-ia „auch dies“ oder
„auch diese“ auf das zuvor Gesagte in den Zeilen III 2–6 zu beziehen. Die Negation ú-⸢ul⸣ […] vor dem weit-
gehend verlorenen Rest der Zeile lässt zumindest die Annahme zu, dass hier eine erneute Ablehnung von
Seiten des Piyamaradu in Betracht gezogen wurde, die speziell das vom hethitischen Großkönig im unmit-
telbar vorausgehenden Text gemachte Angebot betraf. Das wird aus Forrers mit Fragezeichen versehener
Deutung (1929, 113: „Wenn er? aber auch dies nicht annimmt?, …“) besonders klar. Ähnliches ergibt sinnge-
mäß Sommers Übersetzung (AU 13: „Wenn er aber auch in diesen Dingen ab[lehnend] b[leibt], …“); s. ferner
Miller (2006, 245: „Wenn er aber auch diese (Worte) nicht […]“); Hoffner (2009, 309: „But if he doesn’t trust?
even these (arrangements), …“);116 Beckman et al. (2011, 113: „But if he doesn’t [accept(?) these (words of
assurance)], …“. Von Sommer wurde aber wie auch in den Textbearbeitungen der neueren Zeit anders als von
Forrer (l.  c.) für kē ein A.Pl.n. angenommen, der sich dann natürlich auch auf die gesamten, dem König von
Aḫḫiyawa innerhalb des vorausgehenden Textes (s. vor allem II 61–III 6) geschilderten hethitischen Zusagen
bzw. Garantien für Piyamaradu beziehen könnte.
Jedenfalls sind von dem Verb, das in der Lücke nach ú-ul anzunehmen ist, nach Autopsie der Tafel nur
noch Spuren des – nach heutigem Erhaltungszustand – wohl letzten Zeichens erhalten; vgl. Autographie;
ferner auch Goetze, Ed., der offenbar nach ú-ul gar nichts mehr gesehen hat. Dieser heute noch sichtbare
Zeichenrest könnte -zi vermuten lassen (vgl. z.  B. II 72, III 51 oder IV 6), also die Endung (3.Sg.Prs.) des in der
vorausgehenden Lücke anzusetzenden Verbs. Auch wenn der Versuch Forrers (1929, 112), nach ú-ul ein Verb
ḫar-??zi?? anzusetzen, mit dem vorhandenen Raum dieser Lücke harmonieren könnte, entspricht das Verb
ḫar(k)- mit seiner Grundbedeutung „halten; haben; besitzen“ (HW2 Ḫ, 280–297) nicht der von ihm verwen-
deten Bedeutung „annehmen“ (dazu Sommer, AU 144). Auch das von Sommer erwogene [me-?] im ̤ ??-
[mi-i] š [-ki-zi ] erscheint zwar nach den auf den Fotos noch zu erblickenden Spuren (s. Translit. S. 30 u. 53
?? ?

Anm. 190) vom Raum her nicht unmöglich, doch würde das Zeichen ZI dann an späterer Stelle anzunehmen
sein und somit nicht mit diesem von Forrer (1929, 170) und gemäß der Autographie von E.R. angesetzten
Zeichenresten räumlich identisch sein; vgl. noch Forrer l.  c., der nach seinem ḫar??-zi?? ein bis zwei weitere
Zeichen für möglich gehalten hatte.
Zwar möchten wir hier von einer Ergänzung im Text absehen, doch schließen wir uns Forrers und
Sommers Interpretation der Stelle dahingehend an, dass dieser Satz in etwa Folgendes zum Ausdruck
brachte: „Wenn aber auch dies(e) (d.  h. die oben [III 2–6] angebotene[n] Garantie[n]) keinen [Erfolg bringen
sollte(/n)]“.

III 8 der Hauptsatz:


Auch in Verbindung mit dem ebenfalls nicht vollständig erhaltenen Hauptsatz (III 8) betrachtet, scheint
die obige Interpretation des Nebensatzes (III 7) in etwa mit dessen Inhalt zu harmonieren, ganz egal mit
welchem Verb die vom Absender in Betracht gezogene ablehnende Haltung des Piyamaradu und damit auch
der möglicherweise zu erwartende Misserfolg der Vorgehensweise des Hethiters zum Ausdruck gebracht
wurden.
Mit nu šeš-ia ke-e-el x x [  ] x-an i-ia erfolgt jedenfalls die Aufforderung an den Adressaten, tätig zu
werden (iya „mache!, tue!“ [2.Sg.Imp.]; s. schon III 1 ēp). Gemeint ist vermutlich ein Tätigwerden bezüglich
der Piyamaradu-Angelegenheit, in der der Hethiterkönig anscheinend nach seinem Vordringen nach Milla-
wanda selbst nichts mehr unternommen hatte, wie schon aus II 55 hervorgehen dürfte; s. dazu oben S. 194.
Forrer las nach dem Pronomen kēl (G.Sg.c. zu kā-) ohne Bedenken un-aš, was die Bedeutung „dieses
Menschen“ ergibt. Sommer (AU 12 u. 144  f.) übernahm dies mit großen Bedenken, da für ihn – wie heute für
uns – die Stelle kaum mehr leserlich war; vgl. Autographie u. auch schon Goetzes Ed.
Zwischen ke-e-el und -an, der letzten Silbe des weitgehend zerstörten Wortes, das dem Prädikat iya
vorausgeht, sind etwa vier bis fünf Zeichenreste auszumachen, wobei die exakte Zahl der fehlenden Zeichen

116 Hoffner (2009, 309) ergänzte nach ú-⸢ul⸣ als Verb [ḫa-iz-zi]; s. HW2 Ḫ, 1  f. sub ḫa- „glauben, trauen“, wonach dieses Verb abge-
sehen von VBoT 2 meist nur in Briefen aus der Zeit von/ab Ḫattušili III. belegt zu sein scheint.

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230   S. Heinhold-Krahmer

unsicher bleibt. Vielleicht stellt -an vor dem Verb iye/a- ein Akkusativ-Objekt dar, auf welches sich das vom
Adressaten geforderte Tätigwerden des Königs von Aḫḫiyawa beziehen könnte.

III 7  f. Deutungsversuche


Zu Recht haben weder die älteren Forscher noch die Fachleute in neuerer Zeit es gewagt, die lückenhafte
Stelle in III 8 ihrer Transliteration angesichts der wenigen vorhandenen Spuren zu ergänzen. Sommer
(AU 145) versuchte jedoch als Einziger die Stelle im Hinblick auf die anschließend behandelte nam.ra-Affäre
vorsichtig folgendermaßen zu deuten: „Wenn P. sich weiter weigert, mit mir ins Einvernehmen zu gelangen,
so tue du das, was von rechtswegen er tun müßte“; s. auch seine Ausführungen zu möglichen, aber sehr
unsicheren Lesungen.
Dass sich der von dem möglichen Akkusativ-Objekt vielleicht abhängige Genitivus subiectivus (kēl)
sowie ein vermutetes zugehöriges Nomen [un??-aš?) in III 8 auf Piyamaradu beziehen dürften, ist mit Sommer
(AU 145) als durchaus möglich zu erachten. Nachdem der Adressat schon in III 1  f. vom Hethiter aufgefordert
worden war, sich um Piyamaradu zu kümmern, wobei wohl einer von dessen Leuten die Überbringung des
Unruhestifters bis zum hethitischen Machtbereich vornehmen sollte, könnte man III 7  f. versuchsweise auch
noch umfassender interpretieren:
Zwar darf man wohl einerseits Sommers Annahme (AU 145) zustimmen, dass diese beiden Zeilen überlei-
ten zu einer weiteren zu regelnden Angelegenheit, welche mit der Piyamaradu-Affäre wohl in engster Bezie-
hung stand, gemeint ist bei Sommer „die Gefangenenaffaire“, die gleich anschließend ab III 9 zur Sprache
kommt und die neben § 9 auch noch den nachfolgenden § 10 umfasst (insgesamt III 9–51). Diese Affäre, die
die anscheinend zu Piyamaradu geflohenen und auf dem Hoheitsgebiet von Aḫḫiyawa befindlichen, jedoch
von Ḫatti weiterhin beanspruchten Zivilgefangenen betraf, bildete, wie Sommer l.  c. annahm, „wohl einen
Hauptanstoß zur Beschwerde gegen Pijamaradu“.
Andererseits jedoch wird dem König von Aḫḫiyawa unmittelbar nach den diese Zivilgefangenen betreffen-
den Abschnitten wieder nahegelegt, wie er aus hethitischer Sicht weiterhin mit Piyamaradu verfahren müsse
(s. bes. III 52–IV 18 = §§ 11–13). Auch dies dürfte sich auf den oben in III 7  f. geschilderten Fall beziehen, dass
Piyamaradu erneut nicht auf die nun auch dem Adressaten direkt berichteten und unmittelbar zuvor in § 8
aufgeführten hethitischen Zusagen, insbesondere auf die zuletzt in zerstörtem Kontext (III 2–5) beschriebene
Garantie, eingehen würde, dass er also nicht freiwillig in den hethitischen Machtbereich zurückkehren würde.
Dabei bleibt eine exakte Interpretation unsicher, und zwar je nachdem, ob man bei ⸢ke⸣-e-ia in III 7 das
Pronomen kē im Singular oder Plural deutet, d.  h. ob der Hethiter hier nur Bezug nahm auf seine zuletzt
(II 2–6) berichtete und zuvor in VAT 6692 anscheinend noch nicht erwähnte Zusicherung, die vielleicht ein
weiteres Entgegenkommen gegenüber Piyamaradu darstellte, oder ob er darunter alle seine zugesagten
Garantien verstand.
Wenn jedenfalls auch die Annahme zulässig zu sein scheint, dass der König von Aḫḫiyawa hier vom
Hethiter aufgefordert wurde, sich nicht nur um die nam.ra-Affäre zu kümmern, sondern um die ganze
leidige Piyamaradu-Affäre, so könnte III 7  f. in etwa so interpretiert werden:

„Wenn er jedoch auch dies(/e Zusicherung/en?) ablehnt, dann erledige du, mein Bruder, dieses (Menschen Angelegen-
heit[en]).“

Der Hethiter war also wohl bemüht, den König von Aḫḫiyawa zu überzeugen, die Angelegenheit bezüglich
der flüchtigen Gefangenen nun selbst in die Hand zu nehmen oder  – noch wahrscheinlicher  – die ganze
Piyamaradu-Affäre und die daraus entstandenen Folgen persönlich zu regeln.

III 9  f. von nam.rameš-kán bis šeš-ia ⸢šu⸣-p[ur?]


Der erste Satz wird nicht durch eine der gängigen Konjunktionen mit dem vorausgehenden Text verknüpft.
Dies lässt sich dadurch erklären, dass hier  – ähnlich wie bei dem bereits oben behandelten temporalen
Nebensatz mit der Konjunktion kuwapi I 71 oder bei dem in III 46′ – ein erläuternder Einschub beginnt, der
zeitlich zurückliegende Ereignisse betrifft und bis zum Ende von III 10 gereicht haben dürfte.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   231

III 9  f. nam.rameš-kán me-⸢ek-ki-iš?⸣ [ku-i]š? ta-pu-ša ú-et


Es lässt sich hier nicht ganz sicher erweisen, dass es sich bei dem nach me-ek-ki in III 9 nur noch in Spuren
vorhandenen Zeichen (s. Autographie) um die zum Adjektiv gehörende Endung -iš handelt. So bleiben hier
zwei Lesungen möglich:
1. Es handelte sich um ein zu nam.ra meš gehörendes singularisches Attribut me-⸢ek-ki-iš?⸣, dessen Endung
-iš im Nom.Sg.c. sich dann mit dem Numerus des Prädikats (s. uet unten III 10) decken würde, um einen kol-
lektiven Singular also. Bereits Sommer (AU 145) hat mit Beispielen sowohl auf singularische als auch plurali-
sche Konstruktion bei nam.ra(meš/Ḫi.a) hingewiesen. Was das Genus betrifft, so finden sich bei Kammenhuber
in HW2 A, 338  f. sub arnuwala- (2. Grammatisches) Belege für ein auf nam.ra(meš/Ḫi.a) zu beziehendes Genus
commune im Singular, aber z.  B. auch ein Beleg für darauf bezogenes Genus neutrum im Plural in KBo 4.28
Rs. 17 (Ḫattušili III.): nam.ra meš kue.
Es bliebe jedenfalls zwischen einem Attribut me-⸢ek-ki-iš?⸣ und dem ta-pu-ša am Zeilenende ein Raum für
etwa zwei bis drei Zeichen; s. Translit. S. 30 u. 53 Anm. 192; s. auch CHD L-N, 245 A 1a; oder aber
2. Es handelte sich um me-⸢ek-ki⸣, eine Lesung, die syntaktisch zweierlei Deutungen zuließe: Entweder
stellt das Wort wieder ein Attribut, jedoch hier dann im N.Sg.n., dar (so anscheinend Hoffner 2009, 309 u.
Beckman et al. 2011, 112  f.) oder ein Adverb; s. auch CHD L-N, 248 B a 2′ „in large number“, „in large part“
(„zahlreich“).
Inhaltlich macht es jedenfalls kaum einen Unterschied, ob hier ein Adjektiv: „viele Zivilgefangene  …
kamen“ oder ein Adverb: „Zivilgefangene kamen zahlreich/in großer Zahl  …“ vorauszusetzen ist. Festzu-
halten ist aber, dass im Falle von me-⸢ek-ki⸣ (oben sub 2.) die nachfolgende Lücke von etwa drei Zeichen,
von denen heute nur ein Rest des ersten und dritten Zeichens erhalten wäre, zu einem Wort zwischen mekki
und tapuša gehörte, das zu rekonstruieren schwierig ist. Der relativ gering wirkende Abstand zwischen -ki
(in me-⸢ek-ki⸣) und dem nachfolgenden Zeichenrest (s. Autographie) spricht nicht unbedingt dagegen, dass
schon unmittelbar nach mekki ein neues Wort beginnen könnte; vgl. etwa die fehlenden Wortabstände in III
67 (zweite Zeilenhälfte) sowie an mehreren anderen Stellen des Textes. Der Abstand in Goetzes Ed. (KUB 14.3
III 9) zwischen me-ek-ki und der ersten dort sichtbaren Zeichenspur ist jedoch auf jeden Fall viel zu groß, wie
auch Sommer (AU 145) zu Recht konstatierte.
Forrers Deutung der damals anscheinend für ihn sichtbaren drei Zeichenreste als te?-bu?-ia zwischen
mekki u. tapuša mit seiner Übersetzung des ganzen Satzes III 9  f. (1929, 112  f. u. 170: „(9)Ferner? sind Beute-
leute, viel und wenig, auf die Seite (der Grenze) (10)gekommen.“) hatte Sommer (AU 145 sub III 9) bereits zu
Recht widersprochen. Betrachtet man wie Sommer den ersten Zeichenrest in der Lücke als noch zu me-ek-
ki gehörig, und zwar nicht nur aufgrund seines geringen Abstandes, sondern vor allem weil der erhaltene
Winkelhaken und der nachfolgende senkrechte Keil durchaus Bestandteile von IŠ darstellen könnten und
somit nichts gegen eine Lesung me-⸢ek-ki-iš?⸣ spräche, so böte sich nach me-⸢ek-ki-iš?⸣ und vor dem letzten
Wort tapuša in III 9 noch Raum für ein aus etwa zwei Zeichen bestehendes Wort.
Die Reste des letzten und heute schwer identifizierbaren Zeichens vor tapuša – zwei senkrechte Keile,
wovon der zweite Kopf höher ist als der erste – erscheinen in Goetzes Ed. (KUB 14.3) als vollständiges Zeichen
I.A, wobei sich diese senkrechten Keile anders als auf den Fotos (BoFN 740 u. AU Taf. II) und der Tafel in
ihrem heutigen Zustand bei Goetze auf gleicher Höhe befanden. Auch Forrer (1929, 112) las -ia (s. te?-bu?-ia).
Sommer (AU 12) jedoch versah in seiner Transliteration die Silbe bereits mit einem Fragezeichen. Des Weite-
ren (AU 12) ergänzte er davor k[ur.]?, so dass er einschließlich des an Beginn von III 10 erhaltenen Prädikats
ú-et (bei Sommer ú-it) zu folgender Übersetzung gelangte:

„Gefangene sind (nämlich) in großer Zahl über die Grenzen meines La[ndes] gelangt“.

Da der hethitische Großkönig im Text kurz zuvor noch von Piyamaradu und über dessen Auslieferung gespro-
chen hatte (III 1  ff.), sind mit den in Z. 9 erwähnten nam.ra meš wohl Zivilgefangene oder Deportierte gemeint,
die sich bei jenem befanden bzw. zu ihm nach Millawanda gekommen waren, und auf die der Hethiter wei-
terhin Anspruch erhob. Es scheint nicht abwegig, in diesen Leuten die bereits in I 41 genannten nam.ra oder
zumindest einen Teil derselben zu sehen.

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232   S. Heinhold-Krahmer

Sommers Ergänzung in der Lücke von III 9 (AU 12 u. 145): k[ur.]?ia? unmittelbar vor tapuša scheint zwar
möglich, vor allem wenn man unterstellt, dass die Taf. VAT 6692 zu Zeiten der Pionierforscher noch mehr bot
als heute, doch kann sie (die Ergänzung) nicht als sicher gelten. Auch ist seine Übersetzung von k[ur.]?ia?
ta-pu-ša u-et vermutlich zu frei; s. AU 13: „sind … über die Grenzen meines La[ndes] gelangt“, was er gemäß
AU 145 sub III 9 abgeleitet hatte von wörtlich „sind … neben mein Land, über mein Land hinaus gelangt“. Da
tapuša, wie schon oben zu I 71  f. erläutert, vom Nomen tapuš- „Rippe, Seite“ abzuleiten ist, und überwiegend
in Verbindung mit Gewässern, mit dem Meer (a.ab.ba oder a-ru-na-an/a-ru-na) oder mit einem Fluss (íd)
auftritt (Belege s. oben S. 139 sub I 72), muss man sich allerdings nicht unbedingt auf die wahrscheinlich
zum Adverb erstarrte und auch als Postposition verwendete Form im Sinne von „seitlich, seitwärts, neben“
festlegen, sondern man könnte hier in Anbetracht des maritimen Umfeldes im westkleinasiatischen Küs-
tengebiet, wo bzw. von wo aus Piyamaradu gegen das Hethiterreich agierte, ebenfalls eine Wiedergabe als
Nomen, etwa „an die Küste“ (wörtl. „an die Seite“), erwägen; zur substantivischen Verwendung von tapuša
s. Starke 1977, 200. Als zugehöriges Nomen an der vor tapuša zerstörten Stelle a.ab.ba oder a-ru-na-an/a-ru-
ni zu ergänzen, wäre aufgrund der wenigen noch sichtbaren Zeichenspuren jedoch eher problematisch. Aus
Raumgründen kommt auch eine Ergänzung nach I 72 nicht in Frage.
In jüngerer Zeit schlossen sich jedoch auch Hoffner (2009, 309) u. Beckman et al. (2011, 112  f.) Sommers
Interpretation im Großen und Ganzen an. Sie lasen zwar nicht me-⸢ek-ki-iš?⸣, sondern nur me-ek-ki, jedoch
den Zeichenrest vor tapuša transliterierten sie, ähnlich wie er (AU 12: -ỊA?), -ya bzw.-YA, was Hoffner zur
Deutung „Many civilian captives … have escaped to my land“ führte und Beckman zu folgender Übersetzung
seiner Ergänzung: „Many civilian captives have slipped across to your (!) [territory],“. Während Beckman also
ähnlich wie Sommer davon ausging, dass sich zahlreiche nam.ra-Leute auf das Territorium von Aḫḫiyawa
begeben hätten, nahm Hoffner an, dass sie auf hethitisches Hoheitsgebiet gelangt seien; s. zuvor schon Miller
(2006, 245) in seiner ähnlichen Übersetzung: „Viele Gefangene sind herüber nach meinem Land gekommen“.
Allerdings scheint für Beckmans Ergänzung [a]-n[a kur]-ya die Lücke etwas zu eng zu sein.

Wenn wir aber wie Sommer die Lesung me-⸢ek-ki-iš?⸣ bevorzugen (dazu schon oben S. 231 sub 1.), so ergibt
sich für die weiteren zerstörten Zeichen der Lücke auch noch eine andere einleuchtende Möglichkeit:
Da eine gemeinsame Überprüfung der heute auf der Originaltafel noch erhaltenen Zeichenspuren
Sommers Lesung und Ergänzung k[ur.]?ia? als fraglich ergab, dem sich die Forschung in neuerer Zeit jedoch
teils ohne Bedenken (s. Millers Übersetzung 2006, 245 u. Beckman et al. 2011, 112; vorsichtiger Hoffner 2009,
302 zumindest in seiner Translit.) angeschlossen hat, konnten wir uns nach längerer Diskussion schließlich
auf die ebenfalls nicht völlig sichere, jedoch noch wahrscheinlichere Lesung me-⸢ek-ki-iš?⸣ [ku-i]š? einigen;
s. Translit. S. 30 u. 53 Anm. 192 u. 193.

III 10 ú-et
Das Prädikat des schon in III 9 beginnenden Satzes steht, wie bereits oben gesagt, in kollektivem Singular,
der auf die in III 9 genannten nam.ra meš zu beziehen ist.

III 10 vii li-im ⸢nam.rameš⸣-[…]-mu šeš-ia ⸢šu⸣-p[ur?]


Dass vor šeš-ia noch ein -mu erkennbar ist entgegen Forrers -na (1929, 112), der hier a-na [= a-na] lesen
wollte, wurde schon von Sommer (AU 12 u. 45) mit Hinweis auf Goetzes Ed. betont. Die erneute Kollation
bestätigt dies auch beim heutigen Zustand der Tafel; s. Autographie. Das zwischen vii li-im ⸢nam.ra meš⸣
und -mu stehende Zeichen hingegen erscheint kaum mehr erkennbar, obgleich Forrer dort -a- und Sommer
-[i̯]ạ- lasen, was anhand der vagen Spuren auf den Fotos AU Taf.  II u. BoFN 740 auch möglich erscheint;
s. auch Hoffner 2009, 309 u. Beckman et al. 2011, 112. Letzteres (-ia-) würde sowohl räumlich als auch inhalt-
lich gut in den vorhandenen Raum zwischen nam.ra meš und -mu passen; s. Translit. S. 30 u. 53 Anm. 194.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   233

III 10 šeš-ia ⸢šu⸣-p[ur?]


Dass nach šeš-ia aus Raumgründen nur noch mit einem kurzen Prädikat zu rechnen ist, hatten bereits Forrer
(1929, 170) und Sommer (AU 145) festgestellt. Gegen die von Forrer erwogene Lesung ir?-[di]? – nach üblicher
Transliteration im Hethitischen ir?-[di?] (von akkad. redû „treiben“) – sprach sich Sommer (AU 145) aus. Er
schlug dagegen die Ergänzung šeš.i̯ a d[ib!?-t]a̤ ?? vor mit der Bedeutung „mein Bruder hat gefasst/ergriffen/
aufgegriffen“. Dies würde zwar in Verbindung mit den 7000 Zivilgefangenen, um die es ja in dieser und wohl
auch in den nachfolgenden Zeilen geht, einen guten Sinn ergeben, doch harmoniert der noch erkennbare
Anfang des ersten Zeichens kaum mit dem Beginn des Sumerogramms dib; s. Translit S. 30 u. 53 Anm. 195.
Dieser Beginn entspricht eher dem Anfang von šu bei šu-pur (2.Sg.Imp. von akkad. šapāru „schicken, schrei-
ben“) in IV 18; vgl. auch IV 28. So entschieden wir uns nach der erneuten Kollation von J.H. für die Lesung
⸢šu⸣-p[ur?] am Ende von III 10.
Es könnte hier also darum gehen, dass der hethitische König seinen Adressaten aufforderte, die in der-
selben Zeile genannten 7000 Zivilgefangenen, die sich wohl in dessen Machtbereich befanden, an ihn zu
schicken bzw. schicken zu lassen. Der als „mein Bruder“ (šeš-ia) angesprochene Adressat stünde somit im
Vokativ (s. schon Forrer, 1929, 113 u. Beckman et al. 2011, 113) und nicht im Nominativ wie nach Sommers
Deutung (AU 12  f.); s. auch Miller 2006, 245 u. Hoffner 2009, 309. Wir können jedoch auch nicht ganz aus-
schließen, dass hier der Adressat zwar im Vokativ angesprochen wurde, dass jedoch z.  B. das Prädikat in der
3.Sg.Prt. verfasst war und sich wieder auf Piyamaradu als Subjekt bezog, von dem ja noch zuvor in III 7  f. die
Rede gewesen ist. In letzterem Falle muss die Frage nach der Ergänzung des Verbs unbeantwortet bleiben.

III 11  f. von nu bis da-a-⸢i⸣


Zwar ist der erste Satz der Zeile nu am-me-el un-aš ú-ez-⸢zi⸣ „Nun wird ein Mann von mir kommen“ (so wört-
lich) oder mit Sommer (AU 13) „Nun wird einer meiner Leute kommen“ völlig unproblematisch zu überset-
zen; vgl. z.  B. auch II 69, doch beim nachfolgenden, mit nu-⸢za⸣ beginnenden und mit dem Prädikat da-a-⸢i⸣
schließenden Satz dürfte dies nicht ganz der Fall sein. Zwar wurde sowohl von Forrer (1929, 113) als auch von
Sommer (AU 13), denen sich Miller (2006, 245), Hoffner (2009, 309) und Beckman et al. (2011, 113) anschei-
nend ohne Bedenken angeschlossen haben, vorausgesetzt, dass es sich bei dem Prädikat da-a-⸢i um die 2.Sg.
Imp.-Form von dai- handele, die sich an den Adressaten richte. Zur Stütze dieser Interpretation könnte man
zwar den an die Götter gerichteten Imperativsatz in KBo 4.8 II 16  f. heranziehen, der ebenfalls wie unser Satz
die Reflexivpartikel -za, einen Vokativ (hier dingir meš) und das Prädikat in der Imperativform (pé-ra-an kat-ta
da-a-iš-ten bietet, nämlich (16)nu-za dingir meš (17)ke-e di-nam pé-ra-an kat-ta da-a-iš-ten, wörtl. „Nun, Götter,
stellt diesen Rechtsfall vorne zu Euch!“, also vielleicht: „Befasst Euch, Götter, mit diesem Rechtsfall!“; s.
auch S. 298  f.sub IV 44–46. Eher ist jedoch anzunehmen, dass damit hier in III 11 die 3.Sg.Prs., vielleicht wie
zuvor in derselben Zeile ú-ez-zi in futurischer Bedeutung, gemeint sein könnte, und zwar bezogen auf die
Person, deren Ankunft vom Hethiterkönig im vorausgehenden Satz avisiert wurde. Dass der Adressat (šeš-
ia) auch im Vokativ angesprochen werden konnte, wenn eine andere Person Subjekt war, wurde auch in III
10 (s. S. 233 oben) nicht ausgeschlossen, zumal da das dort zu erwartende transitive Verb nicht erhalten ist.
Geht man nun davon aus, dass sich Piyamaradu noch in Millawanda oder Umgebung befand und bei
ihm oder in seiner Nähe die flüchtigen nam.ra-Leute (s. S. 254) waren, und zwar noch zu dem Zeitpunkt,
als der Hethiter die hier im Text an den König von Aḫḫiyawa gerichteten Vorschläge bezüglich dieser nam.
ra-Leute verfasste, so scheint folgende Frage naheliegend:
Warum sollte sich der Adressat (der König von Aḫḫiyawa), dessen Landeszentrum und Residenz nach
unser aller Vermutung (J.D.H., J.H., S.H.-K., J.L.M., E.R. u. M.W.) außerhalb von Kleinasien auf einer Insel
oder am wahrscheinlichsten auf dem griechischen Festland lagen, nach Kleinasien begeben haben, um dort
persönlich das Problem des Königs von Ḫatti bezüglich der flüchtigen nam.ra-Leute und auch des Flücht-
lings Piyamaradu zu regeln?
Bei den be-lumeš, die der König von Aḫḫiyawa (so nach bisher allgemeiner Auffassung) oder aber noch
wahrscheinlicher der vom Hethiter angekündigte Mann (dazu oben im vorausgehenden Abschnitt) „nach
vorne unten stellen“ oder „nach vorn hinzu stellen“ sollte bzw. stellen würde (so nach wörtl. Bedeutung von
peran katta dāi; s. oben), dürfte es sich um adelige bzw. vornehme Herren und damit die Anführer der Zivilge-

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234   S. Heinhold-Krahmer

fangenen gehandelt haben. Dies wird man mit Forrer (1929, 170  f.), Sommer (AU 146) und auch heutigen For-
schern annehmen dürfen; anders jedoch Beckman et al. (2011, 113); dazu unten. Dass das auf diese be-lu meš
(Objekt A.Pl.) zu beziehende Prädikat peran katta dāi einen forensischen Ausdruck darstellt im Sinne von
„zur Untersuchung und Beurteilung nach vorn hinsetzen“ hat vor allem Sommer (AU 12  f. u. 146) betont und
daher be-lumeš pé-ra-an gam da-a-⸢i⸣ freier zu übersetzen versucht: „verhöre die Führer!“; vgl. auch Friedrich,
HW 202  f. sub dāi-, tāi- „setzen, legen, stellen, einsetzen“, wonach die dort ebenfalls dem Gerichtsmilieu
zugeordnete Wendung bedeuten würde „davor niederlegen“, „jemandem vorlegen“; „jemandem etwas
gerichtlich vornehmen“ = „jemanden verhören“ (unter Verweis auf Sommer l.  c.). Zuvor hatte Forrer (1929,
113) übersetzt: „stelle <den> Herren vor“. Miller (2006, 245) übersetzte den Satz: „und Du, mein Bruder, sollst
den Führern (die Vorwürfe) vorlegen!“; Hoffner (2009, 309) dagegen: „You, my brother, must put the leaders
(lit. lords) on trial?“ und Beckman et al. (2011, 113): „and you, my brother, must line up your noblemen!“
In CHD P, 311 sub peran 12′ wird diese in einem ähnlichen Satz vorkommende Wendung aus Ḫattuši-
lis Apologie (III 18  f.: (18)na-at-ši-ia-a[t pé-ra-an kat-ta)]) (19)[(ti-i-er …)] folgendermaßen übersetzt: „and they
placed it down in front of him (i.  e., they confronted him with it)“, was wohl bedeuten soll, dass ein Beschul-
digter (hier im Dat. -ši) mit den gegen ihn vorgebrachten Vorwürfen (oder Anklagen?) konfrontiert wurde. Es
ging ja bei dieser Stelle um Zauberei, die man bei Ḫattušilis Verwandtem und Gegner Arma-Tarḫunta (samt
Gattin und Söhnen) festgestellt hatte. So übersetzte bereits Goetze (1930b, 17) den Ausdruck recht frei „und
man machte ihnen das zum Vorwurf“; ähnlich Otten (Apologie 19): „Das warf man ihm (als Beschuldigung)
vor“.
Wir hatten uns nach ausführlicher Diskussion über die Textstelle in VAT 6692 III 11  f. ursprünglich auf
folgende Übersetzung von (11)nu-⸢za šeš⸣-ia (12) be-lumeš peran gam dāi geeinigt: „nimm (dir), mein Bruder, die
Herren vor“. Diese Interpretation schien uns gut zum Akkusativobjekt sowie dem reflexiven -za zu passen
und konnte verstanden werden als ein strenges Befragen, ein Verhör, dieser Herren oder Führer der nam. r a-
Leute, wie bereits Sommer in seiner Übersetzung mit dem Imperativ „verhöre die Führer!“ zum Ausdruck
gebracht hat.
Nun wurde allerdings für „verhören“ in rechtlichen Angelegenheiten, insbesondere in Gerichtsproto-
kollen von Beschuldigten und Zeugen, das Verb punuš(š)- „befragen, erforschen, ermitteln, untersuchen“
verwendet; s. dazu Werner 1967, 2 u. z.Β. 34 (KUB 13.33 II 17 u. IV 1); vgl. ferner HW 173 sub punuš(š)- u. CHD
P, 377–381. Diese Tatsache allein muss zwar nicht ausschließen, dass noch ein anderer Ausdruck ebenfalls
diese Bedeutung besitzen könnte, doch betrachtet man die bereits oben erwähnte Stelle im Text KBo 4.8 II
16  f. (CTH 71 Sur l’affaire de la ‚Mère-du-dieu‘), so findet man dort peran katta dāi-/te-/tiya- und punuš(š)-
nacheinander, was wiederum nicht die exakt gleiche Bedeutung der beiden Ausdrücke nahelegen dürfte.
Wenn nun Forrers oben erwähnte Deutung von peran katta dāi-/te-/tiya- kaum in Betracht kommt und
Sommers und unser anfänglicher Versuch nicht als sehr sicher gelten können, sollten nun Millers (l.  c. „und
Du, mein Bruder, sollst den Führern (die Vorwürfe) vorlegen!“) und Hoffners Interpretationen („you, my
brother, must put the leaders (lit. lords) on trial?“) ebenfalls näher ins Auge gefasst werden. Es geht hier ja
ebenso wie bei der fraglichen Stelle in der Apologie Ḫattušilis III. (s. schon Goetze l.  c. u. Otten l.  c.) um die
Beschuldigung bzw. Anklage von Personen. Die Führer der nam.ra-Leute mit einer Anklage zu konfrontieren
bzw. sie sogar gerichtlich zu belangen, würde sehr gut mit den relativ freien Übersetzungen beider Forscher
harmonieren, aber auch mit Goetzes und Ottens oben zitierten Deutungsversuchen von peran katta dāi-/te-/
tiya-. Beckmans Übersetzung scheidet wohl deshalb aus, weil der König von Aḫḫiyawa kaum aufgefordert
worden sein dürfte, seine eigenen Würdenträger antreten zu lassen („you … must line up your noblemen“).
Der nachfolgende Text (III 12–17) scheint, soweit erhalten, eher nahezulegen, dass es sich um hochrangige
Personen unter den Flüchtlingen bzw. deren Anführer gehandelt haben dürfte.
Die wenigen Belegstellen von peran katta dāi-/te-/tiya- in historischenTexten (s. CTH „textes historiques“)
sowie im hier bearbeiteten, historisch interessanten briefartigen Dokument, die teils ein Akkusativ-Objekt
aufweisen und die Partikel -za enthalten,117 teils aber ein Dativ-Objekt (ohne Partikel -za)118 haben, wie oben

117 Hier in VAT 6692 III 11  f. u. KBo 4.8 II 16  f.


118 Z.  B. in KUB 19.67 I 8; s. Goetze 1930b, 17 zu Ḫatt III 18  f. u. Otten, Apologie III 18  f.; ferner KBo 4.14 III 23  f.; s. Stefanini 1965, 45.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   235

gezeigt, die Fachleute zu sehr unterschiedlichen Interpretationen geführt. Es erscheint schwierig, sich end-
gültig für eine der oben gezeigten Möglichkeiten zu entscheiden. Die Verfasserin dieser Zeilen (S.H.-  K.) gibt
daher vorerst einer möglichst wörtlichen Wiedergabe in der Übersetzung den Vorzug, wobei das Subjekt des
Satzes bezogen wird auf die in der vorausgehenden Zeile genannte Person (IV 11: ammel un-aš „ein Mann von
mir“), deren Kommen dem Adressaten vorgeschlagen wird.

III 12  f. géšpu-za-kán ku-i[t …] ta-pu-ša ú-u̯ a-te-et


Forrer (1929, 113) betrachtete den kuit-Satz als nachgestellten Nebensatz zu dem bereits oben (III 11  f.) erörter-
ten Hauptsatz: nu-⸢za šeš⸣-ia be-lumeš pé-ra-an gam da-a-⸢i⸣, was dann insgesamt zu folgender Interpretation
führte: „(11)Mein Bruder, (12)stelle <den> Herrn vor, daß er [die Beuteleute] mit Gewalt (13)auf die Seite hergeführt
hat …“.
Dagegen sprach sich Sommer (AU 146) aus, indem er u.  a. darauf hinwies, dass Forrer (l.  c., 172 Anm. 1)
einerseits geschrieben habe, dass ku-it als Relativpronomen, kollektiv bezogen auf be-lumeš, verstanden
werden könne, andererseits aber laute seine Übersetzung auf S. 113 wesentlich anders.
Sommers Deutung als kausalen Nebensatz mit der Konjunktion ku-it, dem der Hauptsatz in III 13  f. folgt
(AU 13 u. 146), haben auch Miller (2006, 245), Hoffner (2009, 309) und Beckman et al. (2011, 113) vertreten.
Sie basierte auf der Annahme, dass nach Meinung des Hethiterkönigs die Gefangenen wenigstens teilweise
gegen ihren Willen fortgeführt worden seien. Deshalb sollten ein vom König von Aḫḫiyawa abgeschickter
Mann und einer von Seiten des Hethiters gemäß Sommer (AU 146) „darüber Erhebungen machen, um die auf
solche Weise dem Ḫatti-König Verlorengegangenen ihm wieder zuzuführen“.
Schon Forrer (1929, 171) hatte festgestellt, dass der kuit-Satz nicht durch nu eingeleitet wurde. Dies ist
im Hethitischen insbesondere bei einem nachgestellten Kausalsatz die Regel (s. Hoffner 2007, 391 u. GrHL
419 § 30.45), doch kann auch ein vorangestellter kuit-Satz Asyndese aufweisen. Zwar scheinen in großreichs-
zeitlichen Texten bei vorangestellten Kausalsätzen die Satz verknüpfenden Partikeln zu überwiegen, man
vergleiche dazu z.  B. die Belege zur Konjunktion kuit in Ḫattušilis Apologie 91 (Glossar); s. jedoch dort auch
die Belege für Asyndese, z.  B. Apologie III 60 u. 78; IV 11  f.; ferner auch noch hier in VAT 6692 II 73.
Wenn auch Sommers Ergänzung nach kuit am Zeilenende von III 12, nämlich [ku-i-u]š?, keineswegs
sicher erscheint (s. Translit. S. 30 u. 54 Anm. 197), so kann man ihm wohl darin zustimmen, dass derjenige,
der nach III 12  f. wohl irgendwelche Leute (unmeš/nam.ra meš/be-lumeš) „mit Gewalt“ géšpu-za (Abl.) an die
Seite/Küste gebracht hatte, Piyamaradu gewesen sein musste; s. auch Forrer 1929, 174  f. u. Hoffner 2009, 309;
s. zu géšpu „Gewalt, Zwang“ auch noch IV 33 (dort wohl „Beleidigung“ oder „Drohung?“) u. vgl. KBo 16.1 II
40 (= Bo II 43 II 36 in AM 40).
Zu tapuša (+ -kan) s. schon oben I 71  f. u. III 9.
Nach ⸢géšpu⸣=za=kán ku-i[t …] tapuša uwatet „weil er […] gewaltsam an die Seite (/Küste) gebracht hat“,
nach dem in III 12 beginnenden kausalen Nebensatz also, ist in III 13 vor der Abbruchstelle noch der Beginn
des Hauptsatzes mit nu šeš-⸢ia⸣ erhalten. Ob šeš-⸢ia⸣ hier als Vokativ zu betrachten ist (so Forrer 1929, 112 u.
Beckman et al. 2011, 113), hier also entweder eine Aufforderung an den Adressaten erging oder er nur höflich
angesprochen wurde oder ob er das Subjekt in diesem Hauptsatz darstellte (so Sommer, AU 13 u. wohl auch
Hoffner 2009, 309), lässt sich wegen des zerstörten Restes der Zeile kaum entscheiden. Sommers Ergänzung
dieses Hauptsatzes in III 13, zu dem er auch noch den in III 14 erhaltenen Teil rechnete, ergab bei ihm Fol-
gendes: (13)nu šeš.i̯ a, [k]ṳ?[-in u-i-i̯a-zi] (14)am-me-el-la un-aš ar-ta-rụ „(13)soll [(ein Mann,) den] mein Bruder
[schickt], (14)und einer meiner Leute sich aufstellen.“ Sommer (AU 146) stützte sich dabei auf eine Bemerkung
von Forrer (1929, 174), dass vor am-me-el-la un-aš in III 14, was jener mit „auch mein Mann“ übersetzte,
am Ende von III 13 bereits ein anderer Mann genannt war. Sommer nannte ihn einen „Beauftragten des
Aḫḫija wa-Königs“. Forrer sah allerdings von einer Ergänzung am Ende von III 13 ab, wie auch später Miller
2006, 245; Hoffner 2006, 309 u. Beckman et al. 2011, 113.

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236   S. Heinhold-Krahmer

III 14–17 von am-me-el-la un-aš bis géšpu-aḫ-⸢ta-u̯ a-mu⸣ n[a? …]


Von diesen vier Zeilen, deren rechter Teil von III 14 bis III 17 zunehmend zerstört ist, bietet Z. 14 immerhin
noch den vollständigen Satz: am-me-el-la un-aš ar-ta-⸢ru⸣ „und (/auch) der Mann von mir soll dastehen“.
Das Prädikat artaru (3.Sg.Imp.) vom Medium ar- übersetzte Hoffner (2009, 309) mit „let be present“; s. auch
Beckman et al. (2011, 113) „shall be present“. Das Wort könnte hier möglicherweise auch „er soll (als Zeuge)
dastehen“ bedeuten; hierzu vor allem von Schuler 1971, 229 sowie HW2 A, 194 mit weiteren Hinweisen auf
Belege und zugehörige Lit., allerdings ohne direkte Bezugnahme auf diese Stelle, die nur unter den Verbfor-
men aufgeführt wird (HW2 A, 195).
Aus den wenigen erhaltenen Wörtern, die die drei nachfolgenden Zeilen bieten, lässt sich nur sehr vage
der Inhalt des Textes erschließen:
In III 15, me-ma-i aš-šum mu-nab-ti-u̯ a-k[án …] scheint es sich bei demjenigen, von dem gesagt wird „er
spricht“ und dessen Rede anschließend zitiert wird (s. die Partikel -wa(r-) in mu-nab-ti-u̯ a-k[án …]), um einen
Sprecher aus der Reihe der Herren bzw. Anführer der nam.ra-Leute zu handeln, die mit Piyamaradu in den
Machtbereich von Aḫḫiyawa gelangt waren; s. Forrer 1929, 14  f. u. 172; Sommer, AU 12  f. u. 147. Während Forrer
am Ende von III 14 unmittelbar vor dem Prädikat memai (Letzteres am Zeilenanfang von III 15) folgenderma-
ßen ergänzte: [nu ku-iš be-lu], glaubte auch Sommer dort noch Spuren von nu- und „[B]E.?[LU]“ im Bruch wahr-
zunehmen; s. AU Taf. II. Er ergänzte daher: (14)n[ụ? ma-a-an B]E.?[LU ku-iš-ki] (15)me-ma-i „… [Wenn nun einer
der Fü]hr[er](?) erklärt: …“. Von jenen Spuren scheint dagegen Goetze (Ed.) nichts bemerkt zu haben, und die
neueste Kollation hat nur ergeben, dass die Tafeloberfläche nach ar-ta-⸢ru⸣ in III 14 und -k[án …] in III 15 abge-
splittert ist; s. Autographie u. vgl. BoFN 740 und das neuere Foto von O. Teßmer in: hethiter net/:Phot.Arch
BoFN00740.
Auf die Schwierigkeiten bezüglich aš-šum mu-nab-ti-u̯ a-k[án …] an dieser Stelle ist bereits Sommer (AU
147  f.) ausführlich eingegangen. Es drängen sich aufgrund der direkten Rede sowie der noch vorhandenen
Worte bezüglich der Flucht oder der Flüchtlinge hier in III 15 und dann in den nachfolgenden Zeilen 16:
na-aš a-pí-ia e-eš-du „Er soll dort bleiben (/sein)“ und 17 géšpu-aḫ-ta-⸢u̯ a-mu⸣ „Er hat mich gezwungen“ (zu
Lesung und Deutung von géšpu allgemein unten S. 293  f. sub IV 33) zwei Überlegungen zum ursprünglichen
Text auf:
1. Die Stelle könnte sinngemäß bedeutet haben, dass jeweils derjenige unter den in III 12 genannten
Herren, der aussagte, er sei „um zu fliehen“/„als Flüchtling“ oder „wegen der Flüchtlinge“ (vgl. Forrer 1929,
172) weggegangen (aus dem heth. Territorium), dann dort (im Aḫḫiyawa-Bereich) bleiben könne (s. III 16),
derjenige aber, der sagte, er sei (zum Mitkommen) gezwungen worden, also quasi er sei verschleppt worden
(III 17), zurückkommen könne bzw. (an den heth. König) zurückgegeben werden müsse.
Letztere Konsequenz hätte ihren Platz dann in der Lücke von III 17 gefunden haben müssen (Forrer 1929,
114; Sommer, AU 12), aber sie bleibt, wenn auch nicht unlogisch, doch spekulativ. Bei dieser Interpretation
ginge man dann mit Forrer (1929, 172 unten) von einem Wissen des Hethiters darüber aus, dass die Flücht-
linge teils freiwillig, teils gezwungen aus dem hethitischen Machtbereich ausgewandert seien.
2. Oder aber man nimmt an, der Schreiber bezog sich hier als Beispiel nur auf eine einzige sprechende
Person aus der Reihe der flüchtigen nam.ra-Leute, die vielleicht ebenfalls nacheinander alle erklären
mussten, weshalb sie hethitisches Hoheitsgebiet verlassen hatten. Die dann zitierte Einzelperson musste
darlegen, ob dies freiwillig oder gezwungenermaßen geschehen sei; s. Sommer, AU 13 u. 147.

Schwierigkeiten bereitet bei der Übersetzung nach wie vor die Form mu-nab-ti (G.Sg. in III 15). Im Falle
von Forrers Wiedergabe „als Flüchtling“ (s. auch Hoffner 2009, 309 u. Beckman et al. 2011, 113) oder aber
Millers Übersetzung (2006, 245): „wegen der Flüchtlinge“ würde man das sonst übliche Determinativ lú
(/lú.meš) vermissen, das dann vor das Wort in den Text einzufügen wäre. Aber auch Sommers Versuch, das
hier besser passende Abstraktum aš-šum mu-nab-tu4-ti „wegen Flüchtlingsschaft“ vorauszusetzen, scheint
letztlich unsicher. Er stellte sich dabei die Frage, ob die Hethiter „hier (wie auch III 24) munabtu wegen seines
Ausgangs -tu missbräuchlich als Verbalabstrakt verwendet oder munabtūtu zu munabtu dissimiliert“ hätten.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   237

III 18 bis zum Paragraphenstrich nach III 21


Außer ma-a-an am Beginn von III 18 und ar-ḫa von III 19 sind in diesen Zeilen keine vollständigen Worte
mehr erhalten.

Zusammenfassung des Kommentars zu § 9 (Kol. III 7–21; davon III 18–21 fast völlig zerstört)
Trotz der zuletzt in III 2–6 (§  8) erwähnten Garantie für Piyamaradu wie auch der weiteren zuvor in §  8
(II 61–76) enthaltenen Zusagen, wurde anscheinend vom hethitischen Großkönig eine erneute Ablehnung der
Reise in hethitisches Hoheitsgebiet durch jenen Unruhestifter in Betracht gezogen. Für diesen Fall forderte
der Hethiter den König von Aḫḫiyawa auf, nun dessen (Piyamaradus) Angelegenheit zu regeln (III 7  f.). Diese
Sache betraf im Text zunächst die 7000 (Zivil-)Gefangenen, die sich offenbar bei Piyamaradu oder in dessen
Nähe, in Millawanda und/oder im Küstengebiet, befanden (III 9  f.). Vermutlich dürfte es dem hethitischen
Herrscher jedoch darum gegangen sein, die ganze Piyamaradu-Affäre seinem Adressaten aufzubürden, da es
wenig später doch wieder um die Auslieferung dieses Mannes selbst ging; dazu unten §§ 10–14.
Der König von Ḫatti erläuterte dann seinem Adressaten die Vorgehensweise bei der Rückgabe der
nam. r a-Leute. Er schlug vor, dass einer seiner Leute kommen werde. Vermutlich sollte dieser die Herren
oder Führer der Flüchtlinge „vorne dazustellen“, was bedeutet haben könnte, dass damit die Auswahl
derer unter den flüchtigen nam.ra-Leuten getroffen werden sollte, die dem König von Ḫatti zurückgegeben
werden mussten, d.  h., die aus dem Machtbereich von Aḫḫiyawa in hethitisches Hoheitsgebiet zurückge-
schickt werden sollten (III 11  f.). Dies möchten wir jedenfalls – ähnlich wie die meisten Forscher – aus dem
nachfolgenden lückenhaften Text (III 12–17) folgern:
Weil er (Piyamaradu), so die Meinung des Hethiterkönigs, diese Menschen? (für) sich gewaltsam an die
Küste? (wörtl. „Seite“) gebracht habe (III 12  f.), solle der Adressat (in irgendeiner Weise) tätig werden (Prä-
dikat nicht erhalten) und der Mann von ihm (dem hethitischen König) solle dastehen (III 13  f.). Die Fest-
stellung (des jeweiligen Vornehmen oder Anführers einer Flüchtlingsgruppe, oder aber [jedes] einzelnen
Flüchtlings?), es habe sich um Flucht (aus freien Stücken) gehandelt, gestatte ein Verbleiben im Zufluchts-
bereich (II 14–16). Für den Fall, dass es sich jedoch um eine zwangsweise Verschleppung (durch Piyamaradu)
gehandelt habe (III 17: „er hat mich gezwungen“), dürfte dann in den fast völlig zerstörten Zeilen III 17 bis 21
(Ende von § 9) ebenfalls eine Bestimmung für die betroffenen Personen enthalten gewesen sein. Vermutlich
wurde im verlorenen Text die Rückkehr derjenigen nam.ra-Leute von Seiten des hethitischen Königs gefor-
dert, die laut III 17 gewaltsam verschleppt worden waren, sich also nicht freiwillig Piyamaradu auf seiner
Flucht angeschlossen hatten.

Paragraph 10 (Kol. III 22–51′)

Etwa die beiden ersten Drittel dieses Abschnittes (III 22–40′) sind weitgehend zerstört. Ab III 41′ bis zum
Ende des Paragraphen  III 51′ verbessert sich der Erhaltungszustand der Tafel zunehmend. Während am
Anfang von III 22 bis 27 noch einzelne Wörter und Zeichenreste an den Zeilenanfängen vorhanden sind,
fehlen etwa von III 28 bis 33 die Zeilen vollständig. Diese Lücke ist zurückzuführen auf den Bruch der Tafel
und die dadurch bedingten Absplitterungen. Nach der Lücke, etwa ab III 34′, setzen am rechten Rand erste
Zeichenspuren und -reste ein. Erst etwa ab III 43′ wird auch der Zeilenbeginn wieder sichtbar und ab III 44′
sind die Zeichen dort meist lesbar. Da wir uns im Gegensatz zu den Forschern der ersten Hethitologen-Gene-
ration über die exakte Zeilenzählung beim Beginn des Auftretens von Schriftspuren nach der großen Lücke
nicht ganz sicher sind, erfolgt diese Zählung ab III 34 als III 34′; vgl. Translit. u. Autographie.

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238   S. Heinhold-Krahmer

III 22–40′ von a-pa-a-⸢aš-ma⸣ bis an-da tar-ni-⸢iš-ke⸣-ez!-zi

III 22 bis 27: die Zeilenanfänge


In III 22 leitet a-pa-a-⸢aš-ma⸣[…] den neuen Abschnitt ein, wie der Rest des darüber befindlichen Paragra-
phenstriches zeigt. Während für die Erstbearbeiter die beiden letzten Zeichen – die Nominativ-Endung des
Pronomens und die enklit. Partikel -ma  – anscheinend noch vollständig (Forrer 1929, 114) bzw. ungefähr
(Sommer, AU 12; s. auch Goetze, Ed.) erkennbar waren, sind sie heute nicht mehr vorhanden; s. Translit.
S. 32 u. 52 Anm. 206 u. Autographie. Wir können uns in diesem Fall aber wohl auf diese früher, bei besserem
Erhaltungszustand einhellig vertretene Lesung stützen.
Mit dem Pronomen apāš=ma wurde vermutlich nicht auf einen der in §  9 genannten Herren aus der
Reihe der flüchtigen nam.ra-Leute oder überhaupt irgendeinen der nam.ra-Leute hingewiesen, um den
(/die) es an der letzten wenigstens partiell deutbaren Stelle (III 14–17) ging. Dass damit wieder Piyamaradu
gemeint war, auf den ebenfalls im vorausgehenden Abschnitt Bezug genommen wurde (s. III 7  f. u. 12  f.), und
um dessen Kommen sich der König von Ḫatti weiterhin beim Adressaten mit viel diplomatischem Geschick
bemühte (§ 10 [ab III 41′–51′] bis § 14), scheint zwar nahezuliegen, doch ist auch eine andere Person ange-
sichts der vorausgehenden Lücke gegen Ende von § 9 (III 18–21) nicht völlig auszuschließen.
Bei me-ek-k[i in III 23 könnte man aufgrund anderer Stellen im Text einerseits an das schon in § 9 ange-
sprochene Problem im Hinblick auf die flüchtigen nam.ra-Leute denken, an die – wie von hethitischer Seite
gewünscht – zu klärende Frage also, ob es sich bei den vielen bereits in III 9 genannten Personen um freiwil-
lig geflohene oder gewaltsam verschleppte Menschen handelte. Andererseits aber wäre noch in Betracht
zu ziehen, dass hier auf die vielen Vergehen des Piyamaradu ganz allgemein Bezug genommen wurde, von
denen bereits in Kol. II 32 (mekki=pat iyat) die Rede gewesen sein dürfte. Ersteres ist jedoch wahrscheinli-
cher, da in der nachfolgenden Zeile III 24 wieder von munabtu („Flüchtling“) die Rede ist, also die Flücht-
lingsangelegenheit zur Sprache kommt. Zu mu-nab-tu4 und fehlendem Determinativ vgl. schon oben S. 236
sub III 14–17.
Noch weniger aussagekräftig ist das in den drei folgenden Zeilenanfängen Erhaltene: Der in III
25 nach ar-ḫa sichtbare Zeichenrest (s. Translit. S.  32 u. 54 Anm.  207), den Forrer (1929, 114) als bi-
(s. HZL 153: BI) transliterierte, was auch Sommer für möglich hielt (s. AU 12: p[í?- u. 148), führte bei Letzterem
zur Bemerkung, dass hier vielleicht arḫa peššii̯e/a- „verwerfen, verstoßen“ gestanden haben könnte. Ebenso
könnte man z.  B. angesichts der Flüchtlingsangelegenheit auch an arḫa peḫute- „hinbringen, hinführen“
denken (meistens von Personen; nach HW2 A, 265 sub arḫa) oder, falls mit -kan, an „wegbringen“. Dann
wäre noch am Ende von III 24 vielleicht awan oder peran + Lok. zu erwarten (HW2 l.  c.); s. auch HW2 A, 260
sub arḫa peda- usw. Doch dies alles bleibt reine Spekulation, da nicht einmal die Lesung des Zeichens BI als
völlig sicher gelten kann.
Für III 26 weist das einzige erhaltene Wort vor der Abbruchstelle, die Negation le-e […], darauf hin, dass
in diesem zerstörten Satz, wie an den anderen Stellen im Text mit lē, ein Prohibitiv vorlag.
In III 27 lasen Forrer (1929, 114) und Sommer (AU 12) einhellig am-me-e[l (Personalpron.  1.Sg.G. in
possessiver Verwendung „mein“); s. auch Foto AU Taf. II u. Goetze, Ed. Doch heute sind nur noch schwache
Zeichenspuren zu sehen; s. Autographie.

III 28–33
Diese ca. sechs Zeilen sind völlig zerstört, wie sich auch anhand der Kollation in Berlin ergab; s. Autographie.
Beckman (2011, 112 Anm. 98) wies auf Goetze, Ed. und Foto (wohl AU Taf. II) hin, wo ungefähr nach III 30 am
Rand eine doppelte Linie zu sehen sei. Er vermutete daher wohl, dass in III 31 ein neuer Paragraph begonnen
haben könnte, den er § 10a benannte. Forrer (1929, 114) u. Sommer (AU 12 u. 148  f.) haben dies in ihren Bear-
beitungen nicht berücksichtigt; s. auch Autographie. Zwar werden, wie auch schon die älteren Fotos zeigen,
hin und wieder Paragraphenlinien bis ins Interkolumnium und auch in den Rand hinein gezogen, doch
scheint dies nicht die Regel zu sein; s. z.  B. auf BoFN 740 und AU Taf. II die isolierte Linie im Interkolumnium,
etwa zwischen IV14 und III 12. Es könnte sich aber hier am Rand auf der Höhe zwischen III 30 u. 31 durchaus
auch um zerstörungsbedingte Linien, wie Risse und Sprünge, gehandelt haben.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   239

III 34′–40′ die Zeilenenden


Aus den wenigen Zeichenresten in III 34′ bis 37′, jeweils zu Ende der Zeilen, ist kein einziges Wort mehr
rekonstruierbar. Schon die Pionierforscher kamen nicht zu einheitlichen Lesungen; s. etwa zu III 36 Translit.
S. 32 u. 54 Anm. 209. Erst die Zeilen III 38′–40′ könnten darauf schließen lassen, dass es hier um Ähnliches
wie im nachfolgenden besser erhaltenen Teil von § 10 (III 41′–51′) ging und dass hier schon das dort anhand
eines Beispiels näher Erläuterte zur Sprache kam.
So ist in III 38′ die Rede von Rückkehr: egi]r-pa an-da i-⸢ia-an⸣-[t]a-⸢ri⸣ „kehren sie zurück in“ (vgl. auch
Forrer 1929, 115: „sie machen sich auf den Rückweg“; Miller 2006, 245: „treten wieder ein“; Beckman et al.
2011, 113: „they march back in“), was sich mit Sommer (AU 13) auf Flüchtlinge beziehen könnte; zur nicht
ganz zweifelsfreien Lesung der beiden letzten Zeichen des Prädikats s. Translit. S. 32 u. 55 Anm. 211.
In der nächsten Zeile (III 39′) erlauben die Worte [  ]ku-e-da-ni tuku.tuku-eš-z[i „wem er zürnt“ die
Annahme, dass hier eine Person einer anderen gegenüber zornig ist, ihr zürnt. Dabei mag es sich um ein sehr
allgemein formuliertes Beispiel handeln, wie etwa auch dem in IV 37–41. Dies kann aber auch durchaus zur
Vermutung führen, dass hier der Hethiterkönig auf seine gegenwärtige Haltung gegenüber seinem ehemali-
gen Untertan und Gegner Piyamaradu anspielen wollte, dem er ja neben anderen Vergehen auch das durch
ihn entstandene Problem mit den weiteren Flüchtlingen oder auch flüchtigen Nachahmern anlastete (III
7–10 u. 15–17 [§ 9]; 22–24? u. 50′  f. [§ 10]). Es könnte hier in III 39′  f. – in Verbindung mit dem vorausgehenden
§ 9, aber auch mit dem nachfolgenden Text in § 10 gesehen – durchaus deshalb auf das schlechte Verhältnis
zwischen dem Oberherrn und der ihm untergeordneten flüchtigen Person, nämlich auf den Zorn des Erste-
ren auf Letzteren, Bezug genommen worden sein, weil der Hethiter seinen Adressaten, der Piyamaradu Asyl
gewährte, nochmals wissen lassen wollte, dass man üblicherweise (als ein Asylgeber? und/oder gleichge-
stellter Herrscher?; s. unten III 44′  f.) jemanden (einen Flüchtigen?) zu dem, der zornig auf ihn ist (zu dessen
früherem Oberherrn?), hinein zu lassen pflegt.
Letzteres nämlich könnte man aus III 40′ folgern, wo noch an-da tar-ni-⸢iš-ke⸣-ez!-zi „er pflegt hinein-
zulassen“ zu lesen ist. Da vor anda der bei Sommer (AU 12) als gẠ m? gedeutete Zeichenrest nicht (mehr?)
erkennbar ist (s. Autographie u. Translit. S. 32 u. 55 Anm. 214; vgl. die Fotos AU Taf. II u. BoFN 741), wird das
dort von Sommer vermutete und mit anda zu gam?-an-da (= kattanda) verbundene gam aufgegeben; vgl.
auch oben III 5: anda tarnaḫḫi.

III 41′–III 51′ von [… m…-]dingir-lì-ia-at ⸢dumu⸣ mŠa-ḫu-[ru-nu-]⸢u̯ a⸣-kán bis píd-da-eš-ker!(?)
Auch in dieser Passage, die den zweiten Teil von § 10 darstellt, ist trotz des besseren Erhaltungszustandes
manches schwer deutbar; zu diesem Abschnitt sowie der Frage der Identität und Datierung des darin (III 41′
u. 47′) bezeugten Šaḫurunuwa s. bereits Heinhold-Krahmer (2002, 369–375). Ein Jahr später erschien die
auch für die Frage des zeitlichen Ansatzes von Šaḫurunuwa interessante Arbeit über „Les textes Hittites de
Meskéné/Emar“ von Salvini und Trémouille (2003, vor allem 226–230).

III 41′–43′ von [… m…-]dingir-lì-ia-at bis […]x ⸢ú⸣-ed-du


Die Interpretation der Stelle insgesamt erfolgt unten S. 239–248.

III 41′ [… m…-] dingir-lì-ia-at ⸢dumu⸣ mŠa-ḫu-[ru-nu-]⸢u̯ a⸣-kán


Hier wird nun der Sohn eines Šaḫurunuwa erwähnt; s. ⸢dumu⸣ mŠa-ḫu-[ru-nu-]⸢u̯ a⸣-kán. Der Name mŠa-ḫu-
ru-nu-u̯ a kann ergänzt werden nach III 47. Von dem des Sohnes hingegen wäre nach bisher verbreiteter Auf-
fassung nur der letzte Bestandteil, der im Hethitischen -ili gelautet hätte, wie z.  B. bei Ḫattušili oder Muršili,
erhalten geblieben. Dass es sich bei den hier vor dumu erhaltenen vier Zeichen um einen Namensrest handelt,
wurde sowohl von den Pionierforschern, Forrer (1929, 115) u. Sommer (AU 15), als auch später von Miller
(2006, 245) und dann in neueren Publikationen angenommen; s.  Hoffner 2009, 309: [a-na m…]…-dingir-
lim-ya-at dumu mŠa-ḫu-r[u-un-nu-]wa-kán u. Beckman et al. 2011, 114: [… a-na m…]-dingir-lÌ-ya-at ⸢dumu⸣
m
Ša-⸢ḫu⸣-r[u-nu-]-wa-kán). Während jedoch Forrer (1929, 115: „… [dem?] …ili?, [dem?] Sohn des Šaḫur[unu]vas,
es dann …“), Sommer (AU 15: „[Und wie] das auch beim [-X-]li, dem Sohne des Šaḫur[unu]va, [geschehen ist,

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240   S. Heinhold-Krahmer

so …]“) und Miller (2006, 245: „es dem (PN)-ili, Sohn des Šaḫurunuwa […]“) davon ausgingen, dass ⸢dumu⸣
m
Ša-ḫu-[ru-nu-]⸢u̯ a⸣-kán („Sohn des Šaḫurunuwa“) als Apposition zu dem davor befindlichen vermuteten
Namensrest m…]dingir-lì-ia-at zu betrachteten sei, ließen Hoffner (2009, 309) u. Beckman et al. (2011, 113)
mit ⸢dumu⸣ mŠa-ḫu-[ru-nu-]⸢u̯ a⸣-kán einen neuen Satz beginnen. Der Grund dürfte sein, dass sich das enkliti-
sche -kan hier nicht direkt an das enklitische Pronomen -at anreiht, welches an die vorausgehenden Zeichen
des ersten Wortes des Satzes, des vermuteten Namens also, angeschlossen ist, sondern erst mit dem Namen
Šaḫurunuwa, am Ende von III 41′, verbunden wird; doch s. Fortson (2000, 27–30) zum relativ seltenen Vor-
kommen von -kan an späterer Stelle im Satz (meist mit D.-L.; s. Beleg KBo 13.217 V 16′–18′).
Es wurde nun die Frage gestellt (von S.H.-K.), ob die vier ersten erhaltenen Zeichen nach dem zerstörten
linken Teil der Zeile, die bislang -dingir-lì-ia-at gelesen wurden, etwas anderes darstellen könnten als einen
Namensbestandteil. Dabei wurde noch darauf hingewiesen, dass diese vier Zeichen vielleicht auch […-]an-ši-
ia-at gelesen werden könnten wegen der in derselben Kolumne III 60′ auftretenden Silbenfolge [m] a-a-an-
ma-ši-ia-at-kán „Wenn ihm aber das“. Dort in II 60′ befinden sich im Anschluss an [m]ān jedenfalls die Enkli-
tika -ma, -ši, -at und -kan, wobei -ia- zwischen -ši- und -at- hier einen Gleitlaut wiedergeben muss; Hinweis
von M.W. Diese Frage wurde dann dahingehend beantwortet, dass nach GrHL § 30.19 die Reihenfolge -at-ši
erforderlich ist; s. auch bereits Friedrich 1960, 148 (HE2): na-at-ši „und es ihm“. Nach der hethitischen Syntax
ist, wie E.R. erläuterte, die Reihenfolge -ši-at in III 60′ falsch, doch sie entspricht der luwischen Syntax. Wenn
also -ši-at- in III 60′ auftritt, so könnte -ši-at auch in III 41′ stehen. Schließlich entschieden sich die Teilneh-
mer an unserer Diskussion aber mehrheitlich zugunsten der Lesung des bislang schon allgemein vermuteten
Namensrestes eines Sohnes von Šaḫurunuwa.
Auf der Suche nach dem auf -ili endenden Namen eines zu einer hoch gestellten Person namens Šaḫurun-
uwa gehörenden Sohnes aber wird man anscheinend nicht fündig. Dies muss freilich nicht gegen die Exis-
tenz eines Sohnes mit diesem Namensbestandteil sprechen, doch völlig sicher scheint ein Personenname
hier nicht zu sein.
Sinnvoll scheint es, sich der folgenden Frage zuzuwenden: Wer war nun Šaḫurunuwa, auf dessen Sohn,
sei es mit oder ohne Namen, hier auf jeden Fall in III 41′ hingewiesen wird? Für das 13. Jh., aus dem der sog.
Tawagalawa-Text stammt, wurden bislang zwei Träger des Namens Šaḫurunuwa für eine Identifizierung mit
dem hier genannten Herren herangezogen:
1. Ein hethitischer Würdenträger, der Inhaber von diversen Ämtern, darunter befand sich das des gal
(lú.meš)
dub.sar.giš (KUB 26.43 Vs. 49), das nach üblicher Deutung mit „Oberster der Holztafelschreiber“ über-
setzt wird; vgl. jedoch van den Houts Artikel (2010, 255–267) aus neuerer Zeit mit dem Titel: lúdub.sar.giš =
„Clerk“? , der die Amtsbezeichnung „Holztafelschreiber“ ablehnt.
Forrer (1929, 98) kannte die damals noch unveröffentlichte Taf. Bo 2048 (= KUB 26.43) offenbar nicht
allzu gut und auch nicht den ebenfalls später publizierten und aus mehreren Bruchstücken zusammen-
gesetzten Paralleltext KUB 26.50, zu dem in jüngerer Zeit noch weitere Fragmente hinzukamen;119 zu KUB
26.43//KUB 26.50 s. auch die Bearbeitung von Imparati (1974, erschienen in RHA 32, 1977). Forrer nahm an,
dass es sich bei dem Šaḫurunuwa auf der von ihm zitierten Taf. Bo 2048 (KUB 26.43), die er fälschlich in
die Zeit von Šuppiluliuma I. und dessen Sohn Muršili II. datierte, um eine andere Person gehandelt haben
müsse als um die gleichnamige im Vertrag mit Ulmi-Teššup (KBo 4.10 Rs. 30; s. die Bearbeitung bei van den
Hout 1995, 48  f.) bezeugte, nämlich den Chef der sog. Holztafelschreiber aus der Ära von Ḫattušili III. und
Tutḫaliya IV.; s. dagegen schon Sommer, AU 34. Dabei übersah Forrer auch, dass der im erstgenannten Text
auftretende Šaḫurunuwa ebenfalls dieses Amt innehatte; s. KUB 26.43 Vs. 49; Imparati 1974/1977, 30; zu den
weiteren Belegen s. auch van den Hout 1995, 151–154.
In dieser vom Großkönig Tutḫaliya IV., dem Sohn und Nachfolger von Ḫattušili III. und von Großkö-
nigin Puduḫepa, der Gattin Ḫattušilis III., zu Gunsten von Šaḫurunuwa und dessen Familie ausgestellten
Urkunde (KUB 26.43+//KUB 26.50+) werden zwar zwei Söhne und eine Tochter namentlich genannt (s. Impa-
rati 1974/1977, 24  f. [§ 2  f.]; van den Hout 1995, 151), doch befindet sich unter den dort bezeugten männlichen
Personennamen keiner, der auf -ili endet; s. schon Forrer 1929, 176; ferner van den Hout 1995, 152. Das Fehlen

119 Zu neueren Zusatzstücken, insbesondere zu KUB 26.50 s. http:www.hethport.uni.wuerzburg.de/hetkonk/hetk.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   241

eines Sohnes mit dieser Namensendung muss freilich nicht unbedingt gegen eine Identifikation mit diesem
Würdenträger sprechen; s. dazu Heinhold-Krahmer 2002, 367  f. Anm. 53.
2. Ein König der hethitischen Sekundogenitur Karkamiš, der u.  a. bezeugt ist aufgrund der genealogi-
schen Angaben auf Siegelabdrücken und keilschriftlichen Urkunden seines Sohnes Ini-Teššup (gefunden in
Ugarit und Emar). Diese erweisen Šaḫurunuwa als Sohn des Šarri-Kušuḫ (/Piyaššili) von Karkamiš, weiter als
Enkel des Großkönigs Šuppiluliuma I. von Ḫatti und als Vater des Ini-Teššup von Karkamiš; s. dazu Hawkins
1976–1980, 431.
Der Abdruck eines eigenen Siegels von Šaḫurunuwa, König von Karkamiš und Sohn des Šarri-Kušuḫ,
wurde in Meskene/Emar gefunden. Dessen stilistische Elemente wurden zwar ausführlich besprochen
(s. z.  B. Beyer 1982, 67–78), doch wurde auch dadurch kein genauerer Fixpunkt für eine Datierung der Regie-
rung dieses Königs innerhalb der gesamten Phase gewonnen, die nach bisherigen Ergebnissen der Fachleute
für den zeitlichen Ansatz der Herrschaft von Šaḫurunuwa in Betracht kam. Diese Phase erstreckt sich von
Muršili II. (ab dessen 9. Regierungsjahr, etwa ab 1312 v. Chr.) über Muwatalli II. und Muršili III. (Urḫi-Teššup)
bis in die Zeit von Ḫattušili III.; vgl. z.  B. Sürenhagen 1996, 293 Tabelle.
Sommer (AU 34) hatte wohl als Erster und wahrscheinlich auch zu Recht diesen König von Karkamiš
mit dem im vorliegenden Text (VAT 6692 III 41 u. 47) bezeugten gleichnamigen Machthaber zu identifizieren
versucht, indem er betonte, dass Šaḫurunuwa „eine sehr hochgestellte Person, am wahrscheinlichsten ein
Herrscher“ gewesen sei. Er wies auf das Auftreten dieses Königs unter den Zeugen im Vertrag KBo 1.6 Rs. 18
hin, indem er feststellte: „Unter Muwatalli erscheint KBo I 6 Rs. 18 ein Šaḫurunuva als König von Kargamiš.“
Da dieser Vertrag ursprünglich von Muršili II. mit Talmi-Šarruma von Aleppo geschlossen worden war
und später nach dem Verlust von Talmi-Šarrumas Exemplar für diesen die Vertragstafel unter Muršilis Sohn
und Nachfolger Muwatalli II. erneuert wurde, stellte sich jedoch später die Frage, ob Šaḫurunuwa bereits zur
Zeit Muršilis II. als Vertragszeuge fungiert hatte oder ob dies erst bei der Neuerstellung des Dokuments unter
Muwatalli II. nötig geworden war; dazu unten S. 242.

Die Regierungszeit des Šaḫurunuwa von Karkamiš ist jedenfalls nach wie vor schwer zu bestimmen, denn
1. scheint nicht sicher zu sein, wann er den Thron seines Vaters in Karkamiš bestieg, und
2. bleibt nach wie vor fraglich, wann seine Regierung endete.

Zu 1.: Zwar vermuten mehrere Forscher (s. z.  B. Klengel 1965, 59 u. 77 u. ders. 1999, 199 Anm. 279; Harrak 1987,
178; Hawkins 1976–80, 430 u. del Monte 1993, 96 mit Anm. 79; weitere Lit. dazu z.  B. in Heinhold-Krahmer
2002, 371 Anm. 60 u. Freu 2008, 44), dass er identisch gewesen sei mit jenem Sohn des Šarri-Kušuḫ, den der
hethitische Großkönig Muršili II. in seinem 9. Regierungsjahr (nach dem Tode seines Bruders Šarri-Kušuḫ) in
Karkamiš als König eingesetzt hatte; s. KBo 4.4 III 12  f.; AM 124  f. u. del Monte 1993, 96  f. Vom Namen dieses
neuen Königs von Karkamiš ist allerdings nur der zweite Teil erhalten, der mit dem Götternamen Šarruma
[mX-Ša]r-ru-ma endete, ein König also, der in den Annalen seines Oberherrn Muršili II. mit einem hurritischen
Namen bezeichnet wurde.120
Über die Herkunft des Namens Šaḫurunuwa bestand und besteht, wie es scheint, keine völlige Einig-
keit.121 Klengel (1999, 199 Anm. 279) war zuletzt davon ausgegangen, dass in AM wohl der hurritische Name
genannt sei, nach der Einsetzung als König von Karkamiš erscheine dann der Thronname Šaḫurunuwa. Otten
(1963, 8) hatte dagegen, ebenso wie zuvor schon Liverani (1962, 159 Tavola 1), eine gewisse Vorsicht bezüg-

120 Dazu passt auch die Tatsache, dass der im 9. Regierungsjahr Muršilis II. verstorbene Vater (KBo 4.4 I 6, AM 108  f.) des im
selben Jahr installierten neuen Königs von Karkamiš ([mX-Ša]r-ru-ma) immer in den Annalen Muršilis II. mit seinem hurritischen
Herrschernamen Šarri-Kušuḫ bezeichnet wurde und nicht mit seinem hethitischen Namen Piyaššili.
121 Nach Otten (1963, 8 Anm. 31) scheint der Name Šaḫurunuwa jedenfalls nicht hurritisch zu sein. Alp, in dessen Publikation
der hethitischen Briefe aus Maşat-Höyük, die in die Zeit kurz vor Šuppiluliuma I. datieren, ein älterer Träger dieses Namens be-
zeugt ist (HBM 1991, 90  f. u. Briefe Nr. 67, 88), wies auf die mit -wa endenden Eigennamen in kappadokischen und hethitischen
Urkunden hin, und zwar Bezug nehmend auf Laroche (NH 246  f. u. 313). Letzterer hatte jedoch auch eine hurritische Herkunft des
Namens in Erwägung gezogen (NH, S. 351: dérivé ou composé de hourr. šaḫri?); s. ferner van den Hout (1995, 152) mit Lit. zu dem
im hurritischen Text KBo 33.5 II 11′ (sog. mh. Zeit) bezeugten Namen.

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242   S. Heinhold-Krahmer

lich einer Identifizierung von [mX-Ša]r-ru-ma mit Šaḫurunuwa walten lassen und sie nur mit Fragezeichen in
Erwägung gezogen. Vorsichtig war auch van den Hout (1995, 152 mit Lit.), der zu Šaḫurunuwa, dem König von
Karkamiš, unter Hinweis auf Otten (1963, 8 Anm. 31) und andere Fachleute feststellte: „möglicherweise iden-
tisch ist der in KBo IV 4 III 12  f. (= AM 124; 9. Jahr Muršilis II.) genannte x-]lugal-ma dumu mlugal-dsÎn-uḫ“.
J.L.M. wies bei unserer Diskussion darauf hin, dass möglicherweise der Name des [Talmi-]Šarruma
von Ḫalpa, von dessen Einsetzung als König unmittelbar nach derjenigen des Königs von Karkamiš in den
Annalen Muršilis (KBo 4.4 III 15  f., AM 124  f.) berichtet wird, versehentlich zuvor in Verbindung mit dem
König von Karkamiš genannt worden sein könnte, der eigentlich Šaḫurunuwa hieß. Ein solcher Vorwirkungs-
fehler wäre eine Möglichkeit, kann jedoch ebenfalls nicht als sicher gelten.
Man sollte bei der Überlegung, wann Šaḫurunuwa in Karkamiš den Thron seines Vaters bestiegen hat,
auch nicht die Möglichkeit außer Acht lassen, dass dort nacheinander zwei Söhne des Šarri-Kušuḫ (/ Piyaššili)
regiert haben könnten. So ist z.  B. nicht auszuschließen, dass Šaḫurunuwa erst nach [mX-Ša]r-ru-ma, viel-
leicht irgendwann in der zweiten Regierungshälfte von Muršili II., oder sogar später zur Zeit Muwatallis II.,
in dessen erneuertem Vertrag mit Aleppo er als Zeuge erscheint, den Thron in Karkamiš bestiegen haben
könnte. Daher eröffnete sich problemlos noch die Möglichkeit, ihn  – ohne von einer allzu langen Regie­
rungszeit ausgehen zu müssen – auch als Zeitgenossen von Urḫi-Teššup und Ḫattušili III. anzusetzen, denn
für seinen Sohn und wahrscheinlichen Nachfolger Ini-Teššup sind wiederum sichere Synchronismen nur mit
Ḫattušilis III. Sohn, mit Tutḫaliya IV., belegt; s. unten S. 245  f. zu 2.
Das Argument, dass Šaḫurunuwa auch schon bei der Ausstellung des Originalvertrags zur Zeit Murši-
lis II. als Zeuge gedient habe (s. Klengel 1965, 77; vgl. Hawkins 1976–1980, 430), weil die Verträge mit dem
neu installierten König von Karkamiš und Talmi-Teššup von Ḫalap (Aleppo) „etwa gleichzeitig“ oder sogar
„gleichzeitig“ „at the same time“ abgeschlossen worden seien, basierte eben hauptsächlich auf der vorweg-
genommenen Hypothese einer Identität von [mX-Ša]rruma mit Šaḫurunuwa.
Vor allem Klengel (1965, 59 u. 77) hatte ja schon in seinem Standardwerk über die Geschichte Syriens
behauptet, dass ein Einschub weiterer Karkamiš-Könige in die gesicherte Genealogie Šarri-Kušuḫ – Šaḫu-
runuwa – Ini-Teššup – Talmi-Teššup unwahrscheinlich sei. Freilich widersprach Liverani (1966, 321) bereits
wenig später zu Recht einem Argument Klengels (1965, 77), das dieser zur Stütze seiner obigen These vorge-
bracht hatte. Es lautete nämlich, Šaḫurunuwa habe deshalb bei der neuen Erstellung des Aleppo-Vertrags
unter Muwatalli (II.) als Zeuge fungiert, weil er vom Original aus der Zeit Muršilis II. unmittelbar Kenntnis
besessen haben müsse. Der italienische Forscher wies dagegen darauf hin, dass der König von Karkamiš zur
Zeit der Erneuerung des Aleppo-Vertrags unter Muwatalli  II. vor allem als Zeuge erforderlich gewesen sei
wegen seiner Zuständigkeit für syrische Angelegenheiten.
Ein weiteres Argument zugunsten der These, dass die im erneuerten Aleppo-Vertrag genannten Zeugen
schon im ursprünglichen Vertrag Muršilis  II. mit Talmi-Šarruma als Zeugen angetreten seien, schien
sich – allerdings auf den ersten Blick nur – mehrere Jahre später zu ergeben. Ünal (1995, 440 § 8 sub Muršili II.)
wies auf einen Lesungsvorschlag von A. Hagenbuchner (kollationiert von G. Wilhelm) hin, wonach im
Aleppo-Vertrag (KBo 1.6 Rs. 17) an erster Stelle der aufgeführten Zeugennamen Ḫalpašulupi genannt sei.122
Er hielt diesen Mann für den ältesten Sohn Muršilis II. (s. Apologie I 9), der wohl, so Ünal, schon vor seinem
Vater gestorben sei; ähnlich auch Hawkins 2005, 253  f. sub Halpasulupi(?); vgl. auch Beal (1992, 173  f.), der
vermutete, dass dieser erstgeborene Sohn (mit Namen mḪalpašallupi, so die Lesung von Beal) nicht für die
Königswürde geeignet war und dann zum Trost den militärischen Titel erhalten habe. Hagenbuchner vertritt
dagegen die Auffassung (mündlich), dass der erste Zeuge in KBo 1.6 Rs. 17 mit dem von ihr gelesenen Namen
Ḫal-pa-šu-lu-pi und dem Amt eines gal lúiš – nach neueren Lesungen (z.  B. HZL Nr. 151: gal lúkuš7)123 – nicht

122 Hagenbuchner verdanke ich (S.H.-K.) den mündlichen Hinweis, dass sich vor ihr auch schon andere mit einer Deutung der
Namensspuren des ersten Zeugen der Liste in KBo 1.6 Rs. 17 befasst hatten, was ihr bei ihrer versuchten Lesung (mḪal-pa-šu-lu-pi)
zunächst entgangen war. Sie nannte u.  a. Beal (1992, 374 mit Anm. 1420). Letzterer hatte sich für eine Lesung Ḫal-pa-šal-lu-pi ent-
schieden, wobei er die wohl zuerst von Hoffner vorgeschlagene Deutung des mittleren Zeichens ŠU in Ḫal-pa-šu-lu-pi ablehnte.
123 Zu den diversen Lesungen und Deutungen vgl. Weidner 1923, 86  f. mit Anm. 6: gal lúiš „der Große der Knappen“; Imparati
1974 [1977], 38  f. mGaš-šu-uš gal iš „capo degli scudieri“ („Chef der Schildknappen“); Pecchioli Daddi 1982, 124: lúiš „scudiero“
(„Schildknappe“), ferner S. 538 mit Erwähnung von KBo 1.6 Rs. 17; Otten 1988, 28  f. (zur Bronzetafel IV 38; „Zuzuḫḫa, (dem)

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   243

identisch gewesen sein müsse mit dem gleichnamigen und vermutlich ältesten Sohn von Muršili II.; s. Otten,
Apologie I 9–11.
Diese Auffassung teilt auch die Verfasserin dieser Zeilen. Es sollte nämlich noch Folgendes bedacht
werden, was gegen die Datierung der Zeugenliste des Aleppo-Vertrags ins 9. Regierungsjahr Muršilis und die
Gleichsetzung des Ḫalpašulupi, des dort immerhin an erster Stelle genannten Zeugen, mit Muršilis ältestem
Sohn spricht: Zum einen könnte sich der letzte Abschnitt der Tafel des Aleppo-Vertrages mit Nennung der
Vertragszeugen (= §  15 s. Beckman 19992, Nr.  14), ebenso wie dies bei den beiden ersten Paragraphen zu
Beginn des Textes der Fall ist, auf die Zeit Muwatallis II. bezogen haben. Diesen gemeinsamen Bezug dürfte
vor allem der Hinweis am Beginn dieses letzten Abschnitts mit der Zeugenliste (§ 15 Rs. 17) nahelegen. Dort
ist davon die Rede, dass „diese Tafel“ (ṭup-pa an-na-a) in der Stadt Ḫattuša im Beisein der dann aufgeführten
Zeugen geschrieben worden sei; s. das Prädikat am Ende § 15 Rs. 22. Das scheint zum Hinweis Muwatallis in
§ 2 zu passen, er habe eine zweite Tafel (für ihn = für Talmi-Šarruma von Aleppo) geschrieben (gemeint wohl:
schreiben lassen), mit seinem Siegel versehen und ihm gegeben (so KBo I.6 Vs. 4  f.).124
Zum anderen lässt sich von keinem der in der Zeugenliste (§  15) aufgeführten Würdenträger, dessen
Namen vollständig erhalten ist, sicher behaupten, er habe sein dort bezeugtes Amt bereits in der ersten
Hälfte von Muršilis  II. Regierung inne gehabt.125 Man könnte dies bestenfalls für Mittanamuwa (KBo 1.6
Rs. 21) annehmen.126
Doch nun wieder zurück zum fraglichen Ḫalpašulupi mit seinem Amt eines gal kuš7 (KBo 1.6 Rs. 17).
Bekanntlich war Muršili II. in sehr jugendlichem Alter an die Regierung gelangt. Seine Feinde bezeichneten
ihn als jung oder als Kind (tur/dumu; z.  B. KUB 19.29 I 10, IV 16 u. 20; KBo 3.4 I 14; AM 16–21) und trauten ihm
nicht zu, dass er ein erfolgreicher Feldherr wie sein Vater Šuppiluliuma I. oder sein Bruder Arnuwanda II.
werden könnte; z.  B. KUB 19.29 IV 16–19; KBo 3.4 14  f.; AM l.  c. Dass also Muršilis vermutlich ältester Sohn Ḫal-
pašulupi bereits im 9. Regierungsjahr seines Vaters, als dieser Talmi-Teššup zum König von Ḫalpa einsetzte
und wohl zeitnah den Vertrag mit jenem neuen König abschloss, bereits das Amt eines Obersten der „Schild-
knappen“ (so z.  B. nach Deutung des Amtes in Pecchioli Daddi [s. oben Anm. 122]) oder gar eines Obersten
„Wagenkämpfers“ (so nach Beal [s. oben Anm. 122] oder HZL Nr. 151) ausgeübt haben könnte, scheint doch
mehr als fraglich zu sein.
Was schließlich aber Klengels schon oben (S. 242) erwähnte Feststellung hinsichtlich der Genealogie der
Könige von Karkamiš betrifft, so überzeugt sie vor allem dann nicht sehr, wenn man Folgendes bedenkt: Bei
längeren genealogischen Angaben der Herrscher aus dem hethitischen Königshaus, dem ja auch die Könige
von Karkamiš als Nachkommen des Šuppiluliuma I. entstammten, wurden in der Regel die königlichen Vor-

Oberen der Knappen“); HZL Nr. 151: gal lúkuš7 „Oberwagenlenker“; Beal 1992, 368–375 sub gal lú(.meš)šuš, 373  f. zur Stelle in KBo
1.6 III 17, 368 Anm. 1400 mit Lit. u. zu seiner Lesung lúšuš statt lúkuš7: wörtl. „chariot fighter“; Beckman 19992, 90: „chief of the
equerries“ (= „Stallmeister“?).
124 Es handelt sich bei der Taf. KBo 1.6 (CTH 75.A), die – wie noch einige weitere Fragmente aus anderen Duplikaten des Aleppo-
Vertrags – in Boğazköy ans Tageslicht kam, um das uns am besten erhaltene Exemplar dieses für Talmi-Šarruma erneuerten,
jedoch für die Aufbewahrung in der hethitischen Hauptstadt offenbar nicht mit Muwatallis Siegel versehenen Dokuments.
125 Der Zeuge Ga-aš-šu-ú (KBo 1.6 Rs. 19; s. NH 538 u. NH Suppl. 538) ist zusammen mit dem Titel gal.sanga „Oberpriester“ of-
fenbar bislang nicht weiter belegt. Ein gleichnamiger Heerführer wird aber im sog. Manapa-Tarḫunta-Brief (KUB 19.5 + KBo 19.79
Vs. 24: mGa-šú-ú-uš) – wahrscheinlich aus der Zeit Muwatallis II. – erwähnt; s. z.  B. Heinhold-Krahmer (1977, 174 mit Anm. 234 u.
175 Anm. 237) u. Houwink ten Cate (1983/4, 38  f. [mit Ergänzung des Namens auch in Vs. 3] u. 50  f.). Der in KBo 1.6 Rs. 20 genannte
m
A-ra-an-ḫa-pí-li-iz-zi GAL.UKUŠ ša GÙB „Oberster der Schwerbewaffneten zur Linken (Seite)“ (NH 114 u. NH Suppl. 114: KBo 18.46
Vs. 1, 45 Vs. 2, 47 Vs. 24) könnte vielleicht identisch sein mit einem General Muršilis II., der allerdings erst in der zweiten Hälfte
gegen Ende von dessen Regierung in den AM erwähnt ist; s. KUB 19.37 II 48, III 6; AM 172  f. Ein weiterer Zeuge, der in KBo 1.6 Rs. 21
bezeugte mLu-pa-ak-ki mit dem Titel gal.dumumeš é.gal „Oberster der Palastjunker“, kommt nicht in den AM vor, jedoch existierte
ein Heerführer dieses Namens unter Šuppiluliuma I. und auch später unter Ḫattušili III. treten vermutlich verschiedene Personen
dieses Namens auf (NH 708 u. NH Suppl. 708). Schließlich findet sich noch als weiterer vollständig erhaltener Name Rs. 21  f. ein
md
lamma-piya mit dem Titel [and]uwašalli (…), der jedoch kaum identisch ist mit dem im 9. Jahr der Ausf. AM (KBo 4.4 I 43 u. II
63) bezeugten m d lamma bzw. m dkal.
126 Aus KBo 4.12 Vs. 5  ff. erfährt man immerhin, dass Muršili II. seinen jüngsten Sohn als kleines Kind diesem gal.dub.sar
(„Oberschreiber, Chef-Schreiber“) anvertraute. Dieser heilte Ḫattušili (III.) von einer Krankheit und stand ihm auch später zur
Seite, und zwar mindestens bis zu dessen Machtergreifung, wobei er ihn offenbar beriet (KBo 4.12 Vs. 25  f.).

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244   S. Heinhold-Krahmer

fahren eines Herrschers, sei es auf einem Siegel oder auch am Beginn einer rein keilschriftlichen Urkunde,
nur in direkter Linie genannt, nämlich Vater, Großvater und Urgroßvater (und in Ḫatti höchstens noch ein
weiterer mit dem Herrscher gleichnamiger, berühmter Urahn). Dagegen treten Vorgänger aus Nebenlinien
nicht in Erscheinung;127 ähnlich auch schon Liverani (1966, 321).
Somit könnte es auch in Karkamiš weitere Könige gegeben haben, die bislang weder in den Texten aus
Boğazköy und weiteren Orten im hethitischen Kerngebiet noch in nordsyrischen Quellen in Erscheinung
getreten sind; s. Heinhold-Krahmer 2002, 373  f. (bes. Anm. 75  f. u. 80). Es bestand also aufgrund der oben
genannten textlichen Quellen allein keine Sicherheit hinsichtlich einer Identität von [mX-Ša]r-ru-ma mit
Šaḫurunuwa und auch nicht darüber, dass die Thronbesteigung des Letztgenannten schon in die Regierung
von Muršili II. fiel, geschweige denn in dessen erste Regierungshälfte.
Letzte Sicherheit schien schließlich nur noch ein Synchronismus zwischen dem heth. König Muršili II.
und dem König von Karkamiš mit Namen Šaḫurunuwa bieten zu können, da die Texte aus dem Zentrum des
Hethiterreiches nach wie vor nur den bereits oben erwähnten Synchronismus (Muwatalli II. – Šaḫurunuwa)
ergeben hatten. Und auch letztgenannter Synchronismus Muwatalli  II.  – Šaḫurunuwa konnte wiederum
nur dann akzeptiert werden, wenn man, wie oben angenommen, die Zeugenliste im Aleppo-Vertrag als zeit-
gleich mit der Erneuerung des Vertrags unter Muwatalli II. betrachtete und nicht ihre Übernahme aus dem
ursprünglichen Vertrag Muršilis II. mit Talmi-Šarruma voraussetzte.
Unter Schriftfunden aus Nordsyrien, die Šaḫurunuwa von Karkamiš namentlich nennen (s. dazu Lit. in
van den Hout 1995, 152 u. Klengel 1999, 175) befand sich immerhin ein schon 1986 von Arnaud (Emar VI/3,
Nr.  201) publizierter Text in akkadischer Sprache. Auf dieses Dokument, Msk. 73.1014, haben später
Salvini/ Trémouille (2003, 225–230) wieder aufmerksam gemacht, indem sie es als Stütze für ihre Datierung
des ebenfalls im selben Jahr 1973 am selben Ort gefundenen Briefes Msk. 73.1097 heranzogen.
Diesen Brief (Msk. 73.1097) in hethitischer Sprache, dessen Absender (dutu-ši) ein hethitischer Groß-
könig war, dessen Name aber, wie in derartigen Schreiben an untergeordnete Personen üblich, nicht darin
erscheint, hatten beide Forscher vor allem aus inhaltlichen Gründen in die Zeit Muršilis II. datiert, und zwar
in dessen 9. Regierungsjahr. Es war das Jahr, als Muršili II. nach dem Tode seines Bruders (Šarri-Kušuḫ) in
Kizzuwatna (KUB 14.29//KBo 4.4 I 6 = AM 108  f.; del Monte 1993, 92) laut KBo 4.4 II 60–63 (AM 118–121; del
Monte 1993, 95) nach Aštata gelangt war, und zwar noch bevor er nach Karkamiš zog; s. die Erläuterungen
von Salvini/Trémouille 2003, 227–229. Hagenbuchner (1989b, 42) hatte das Schreiben dagegen der Regierung
von Muršili III. (/Urḫi-Teššup) oder aber von Ḫattušili III. zugeordnet.

Was nun die Urkunde Msk. 73.1014 anbelangt, so geht es darin, wie vermutet wird, um dieselbe Person wie im Brief Msk.73.1097:
In Msk. 73.1097 Vs.  4  f. nämlich handelt es sich um einen mZu-ú-ba-a-la-as lúazu aus Aštata, einen Seher; s. Salvini/Tré-
mouille 2003, 227 Anm. 8. Das Sumerogramm lúazu wäre nach Salvini/Trémouille (l.  c.) benutzt worden, „pour indiquer la ‚pro-
fession‘ de Zū-Baʿla, alors que dans d’autres documents émariotes on trouve alternativement lúḪal ou lúmàš.šu.gíd.gíd“.
In Msk. 73.1014 Z. 4 geht es um einen mZū-Baʿla (= Iadi-Bala) lúmàš.šu.gíd.gíd, ebenfalls einen Seher; s. Arnaud 1986, 210.
Freilich ist dieser Name in Texten aus Emar sehr häufig vertreten, wie schon Hagenbuchner (1989, 42) anhand der von Arnaud
(1986) publizierten Texte festgestellt hat.
Als wesentliche Stütze für die Annahme dieser Identität diente noch das Argument, dass auch der Verwandte von Zū-Baʿla
namens mAn-da-ma-li aus dem hethitisch-sprachigen Brief (Msk. 73.1097 Vs. 6) – dessen Immobilien anscheinend Zū-Baʿla zuge-
sprochen worden waren, Letzterem jedoch von einem Mann mit Namen mAl-zi-ia-mu-u̯ a weggenommen und an eine andere
Person weitergegeben werden sollten, weswegen sich Zū-Baʿla direkt an den hethitischen Großkönig gewandt hatte – ebenfalls
noch in der späteren, in die Zeit des Ini-Teššup von Karkamiš datierenden Urkunde Msk. 73.1014 Z.13 Erwähnung finden würde.

127 Vorgänger auf dem königlichen Thron aus Nebenlinien, wie eigene Brüder oder Cousins, sowie die engeren Verwandten der
direkten Vorfahren, vom Vater, Großvater u. Urgroßvater also, treten bekanntlich in den Herrscher-Genealogien nicht in Erschei-
nung. Wie bereits an anderer Stelle dargelegt wurde (Heinhold-Krahmer 2002, 373 mit Lit.), lässt sich dies anhand der Genealogie
Tutḫaliyas IV. verdeutlichen. Sowohl er als auch Ini-Teššup von Karkamiš hatten einen gemeinsamen Urgroßvater, bei dem es sich
um Šuppiluliuma I. handelt. Tutḫaliya aber nannte, ebenso wie Ini-Teššup, zwischen sich und diesem Urgroßvater nur Vater und
Großvater. Wir wissen jedoch aufgrund der Textquellen zu den hethitischen Herrschern aus Ḫattuša (Boğazköy), dass sich unter
den unmittelbaren Vorgängern Tutḫaliyas IV. auf dem Thron noch sicher drei weitere Herrscher befanden. Es handelt sich um
Arnuwanda II., den Bruder seines Großvaters Muršili II., um Muwatalli II., den Bruder seines Vaters Ḫattušili III. und schließlich
noch um Urḫi-Teššup (= Muršili III.), den Sohn von Muwatalli II. Quellen zu den Königen von Karkamiš liegen leider dagegen
vergleichsweise nur in allzu geringem Umfang vor.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   245

Dort, im Dekret des Ini-Teššup, wird jedenfalls in Z. 13 u. 21 ein m dim-ma-lik (Baʿal-malik) genannt, dessen Immobilien bereits
Šaḫu[runuwa], der König von Karkamiš, dem Zū-Baʿla übergeben habe. Salvini u. Trémouille (2003, 227 Anm. 9) wiesen auf den
Vorschlag von Yamada (1998, 326  f.) hin, den Personennamen Anda-mali im Brief Msk. 73.1097 Vs. 6 als *Adda-malik, als Entspre-
chung von dim-malik, zu deuten, dessen Verbindung zu Zū-Baʿla ja auch aus Msk. 73.1014 hervorgehe.
Nach der Übersetzung von Arnaud (1986, 210) bestätigt die Urkunde Msk. 73.1014 Ini-Teššup als König von Karkamiš und Sohn
des Šaḫurunuwa, ferner die Schenkungen seines Vaters und Vorgängers Šaḫurunuwa an Iadi-Bala (= jetzt Zū-Baʿla). Nach Salvini/
Trémouille (2003, 229) ergibt sich aus der von ihnen zitierten zitierten Passage Msk. 73.1014 Z.1–15 (nach der Übersetzung von
Arnaud) im Wesentlichen dann folgender Sinn: „Muršili a attribué la propriété de dim-malik à Zū-baʿla et a demandé au roi de Kar-
kemiš, de la juridiction duquel relevait l’Aštata, de la lui «livrer», c’est-à-dire de controller que ces biens passent effectivement en sa
possession.“
In Z. 7 ist am Beginn nur Folgendes erhalten: ú mMur-ši-[ – wohl der Name Murši[li. Folglich ergänzte Arnaud: ú mMur-ši-
[dingir-lì“; in Z. 8 ergibt sich mit Ergänzung: a-na mŠa-ḫu-[ru-nu-wa … (sicher der König von Karkamiš und Vater des Ini-Teššup;
s. auch Z. 2, 9 u. 15  f.), hier also: „zu/dem mŠaḫu[runuwa“.

Es drängte sich aber die Frage auf, wie alt Zū-baʿla zur Zeit des Dekrets von Ini-Teššup war (Msk. 73.1014),
wenn er, wie Salvini/Trémouille (2003, 227  f.) vermuteten, im 9. Regierungsjahr Muršilis  II. bereits lúazu
gewesen war, also das Amt eines Sehers (Msk. 73.1097) ausgeübt und dieses Amt auch noch zur Zeit des
Ini-Teššup von Karkamiš (Msk. 73.1014) inne gehabt hat, was aus Z. 4–25 des letztgenannten Textes hervorzu-
gehen scheint. Er wäre dann also vermutlich bereits vor dem 9. Jahr Muršilis II. Amtsträger gewesen und
hätte als solcher bis in die Regierungszeit von Ini-Teššup gelebt; zur Regierung des Letztgenannten, die wohl
schon zur Zeit von Ḫattušili III. begann, jedoch aufgrund bezeugter Synchronismen mit Tutḫaliya IV. nur
innerhalb von dessen Herrschaftphase eindeutig bezeugt ist; s. unten S. 245 zu 2. mit Lit.
Dass der eine Zeile vor Šaḫurunuwa genannte Muršili (Z. 7) in der fragmentarischen Urkunde Msk. 73.1014
der Großkönig Muršili II. war, wie Salvini und Tremouille als Argument zugunsten ihrer Datierung des Briefes
Msk. 73.1097 anführten, ist vielleicht nicht völlig auszuschließen, aber es dürfte inzwischen Muršili III. als
wahrscheinlicher gelten; s. unten. Dies bedeutete nämlich letztlich – auch wenn dies von den oben genann-
ten Wissenschaftlern anscheinend nicht erwähnt wurde  –, dass man Zū-baʿla für die Ausübung seines
Berufes auf jeden Fall einen längeren Zeitraum zubilligen muss als der Regierungszeit des Šaḫurunuwa
von Karkamiš. Von der Mehrzahl der Forscher wurde dem Letztgenannten ja damals als äußerster zeitlicher
Rahmen, eine Phase von Muršilis 9. Regierungsjahr, was als nahezu sicher galt, bis maximal an den Beginn
von Ḫattušilis III. Herrschaft zugestanden.
Inzwischen haben jedenfalls intensive Untersuchungen zum Ergebnis geführt, dass in dem fraglichen
Muršili, der zusammen mit Šaḫurunuwa von Karkamiš in Emar textlich bezeugt ist, aller Wahrscheinlichkeit
nach Muršili III. und nicht dessen gleichnamiger Großvater gesehen werden sollte. Diese neueren Arbeiten,
die sich mit der Dauer der Emar-Archive beschäftigten, mit der sich darauf gründenden Erforschung von
direkten und indirekten Synchronismen von Potentaten und Würdenträgern (wie der Familie des Sehers mZū-
Baʿla) in Emar mit Herrschern und Würdenträgern aus Ḫatti, aus weiteren Ländern in Syrien (wie Karkamiš),
aus Assyrien usw., sind sehr zahlreich. Deshalb wird hier nur auf Cohen/d’Alfonso 2008, 3–25 (mit Lit.) u.
Cohen 2016, 119–131 (mit umfangreicher Bibliographie) hingewiesen.
Speziell zur oben angesprochenen Datierung auf Muršili III. s. Cohen/d’Alfonso 2008, besonders S. 25
Table 7: Synchronisms of Emar and ist Neighbours.
Zu 2.: Nach Hawkins 1976–80, 43 (c) ist ein Synchronismus von Šaḫurunuwa mit Muwatalli (II.) text-
lich bezeugt. Mit dieser Textquelle ist wohl der bereits oben (S. 242) erwähnte Aleppo-Vertrag gemeint. Für
Šaḫurunuwas Sohn Ini-Teššup hingegen gibt es mehrere Texte, die diesen als Zeitgenossen des hethitischen
Großkönigs Tutḫaliya IV. ausweisen. Sie stammen zum großen Teil aus Ugarit; s. Hawkins 1976–80, 431  f. Die
Dokumente aus Ḫattuša, wie die von Tutḫaliya IV. und Puduḫepa ausgestellte sog. Šaḫurunuwa-Urkunde (s.
Imparati 1974 [1977]), und die berühmte Bronzetafel, ein Vertrag Tutḫaliyas IV. mit Kurunta von Tarḫuntašša
(Otten 1988), nennen jeweils König Ini-Teššup von Karkamiš in der Zeugenliste. Über einen weiteren
Vertrag, und zwar mit Ulmi-Teššup von Tarḫuntašša (van den Hout 1995), in dem ebenfalls Ini-Teššup als
Zeuge erscheint, besteht hinsichtlich der Datierung, nämlich entweder in die Zeit von Ḫattušili III. oder von
Tutḫaliya IV. (s. auch Giorgieri/Mora 2010, 143 mit Lit.), keine Einigkeit. Leider scheinen die Namen von
Königen aus Karkamiš auch nicht in all jenen Texten überliefert zu sein, die bislang unumstritten in die

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246   S. Heinhold-Krahmer

Zeit von Muršili III. (Urḫi-Teššup) oder in die von Ḫattušili III. datiert werden konnten.128 Die Frage, wann
also Ini-Teššup seinem Vater auf dem Thron nachfolgte, ist nicht unproblematisch; s. zu einigen Problemen
Cohen/d’Alfonso 2008, 12  f.

Was ergibt sich nun nach diesen vielen angesprochenen, aber derzeit nicht endgültig lösbaren Problemen für
die Erwähnung des Šaḫurunuwa im sog. Tawagalawa-Brief und für die Annahme Sommers, dass es sich bei
ihm um den gleichnamigen König von Karkamiš gehandelt hat? Festzuhalten ist wohl Folgendes:
– Dass der König von Karkamiš namens Šaḫurunuwa identisch war mit der gleichnamigen Person in VAT
6692 III 41′ u. 47′, die sehr wahrscheinlich ein König war, scheint naheliegend. Er gehörte als Sohn des
Šarri-Kušuḫ ebenso wie die Söhne Muršilis II., der Generation der Enkel von Šuppiluliuma I. an, auch
wenn er vielleicht älter war als Muršilis jüngster Sohn Ḫattušili III., der sehr wahrscheinliche Autor
unseres Textes.
– Es besteht keine Sicherheit darüber, dass die Thronbesteigung des Šaḫurunuwa von Karkamiš bereits
im 9. Jahr Muršilis II. (also etwa um 1312 v. Chr.) erfolgte. Vielleicht fand sie sogar erst unter Muwatalli II.
statt, in dessen Vertrag mit Talmi-Teššup von Aleppo dieser König von Karkamiš ja als Zeuge auftritt;
s. oben S. 241 zu 1.
– Falls Ini-Teššup, für dessen Regierung Synchronismen mit der von Tutḫaliya IV. bezeugt sind, der unmit-
telbare Nachfolger seines Vaters Šaḫurunuwa war, wie allgemein angenommen wird, scheint zwar die
Vermutung nicht abwegig, dass der Regierungswechsel zwischen beiden Königen von Karkamiš während
der Zeit erfolgte, als Ḫattušili III. noch in Ḫatti herrschte; vgl. auch Sürenhagen 1996, Tabelle 293. Wie
lange genau jedoch Šaḫurunuwa regierte und wann sein Nachfolger Ini-Teššup den Thron bestieg,
wissen wir letztlich nicht; s. Hawkins (1976–80, 430  f.), der andererseits wieder meinte (l.  c. 431), dass
Šaḫurunuwa aus chronologischen Erwägungen – wenn überhaupt – nur eine kurze Zeit der Regierung
von Ḫattušili III. erlebt haben könnte; ähnlich auch Klengel (1999, 225 Anm. 397) mit der Feststellung,
Ini-Teššup habe die Nachfolge seines Vaters in den frühen Jahren von Ḫattušilis III. Regierung angetre-
ten. Dies ergibt sich letztendlich auch aus den Berechnungen von Cohen und d’Alfonso 2008.

Wenn wir uns also der schon oben (S. 241) zitierten Annahme Sommers (AU 34) anschließen, dass der in VAT
6692 III 41 u. 47 genannte Šaḫurunuwa „am wahrscheinlichsten ein Herrscher gewesen ist“, oder uns sogar
seine Behauptung (AU 34) zu eigen machen, man dürfe diesen Šaḫurunuwa „bis zum Beweis des Gegenteils
dem König von Karkamiš gleichsetzen“, so eröffnet sich wenigstens hier für den Rest des § 10 eine Deutungs-
möglichkeit ähnlich der bereits ehemals von Sommer versuchten Interpretation der Passage III 41′–51′; vgl.
auch Heinhold-Krahmer 2002.
Auch wenn eine Identität des Šaḫurunuwa im vorliegenden Text III 41′ u. 47′ mit dem gleichnamigen
König von Karkamiš wahrscheinlich sein dürfte, so lassen sich jedoch bezüglich des Namens seines Sohnes,
der hier in Verbindung mit einer exemplarisch herangezogenen Flüchtlingsaffäre Erwähnung fand, nur Spe-
kulationen anstellen.

Nicht völlig auszuschließen wäre beispielsweise, dass es sich bei jenem Sohn um Tili-Šarruma gehandelt hat, der in zwei Texten
aus Ugarit erscheint und dort jeweils als Sohn des Königs von Karkamiš bezeugt ist; s. RS 18.114 Z. 5 (PRU IV, 108) u. RS 17.28
Z. 5  f. (PRU IV, 109  f.). In dem erstgenannten Fragment RS 18.114, das nach Nougayrol (PRU IV, 108) u. Klengel (1965, 60) einem
Rechtsakt von Ḫattušili III. entstammt, nennt dieser hethitische Großkönig, der ja auch der Autor von VAT 6692 gewesen sein
dürfte, Tili-Šarruma in Verbindung mit Flüchtlingen aus Alašiya. Diese nach Ḫatti gelangten Flüchtlinge habe er, die Majestät,
dem König von Karkamiš zugewiesen, der sie dann seinem Sohn übergeben habe. Nach Klengel (l.  c. mit Anm.  50) wäre der

128 So kam die Erwähnung des Šaḫurunuwa im sog. Tawagalawa-Brief III 41 u. 47, den wir aus mehreren Gründen in die Zeit
Ḫattušilis III. datieren (s. unten Kapitel VIII, S. 366–376), oft nicht zur Sprache in Publikationen, in denen auch der gleichnamige
König von Karkamiš behandelt oder zumindest auf ihn hingewiesen wurde; wie z.  B. in Hawkins (1976–80, 429–431); Klengel (1999,
175 u. 198  f.); Bryce 1998, 222, 300 (Anm. 29) u. 335; ferner ders. 20052, 204. Letzterer setzte zumindest in der ersten Auflage dieses
eben zitierten Buches „The Kingdom of the Hittites“ den König von Karkamiš mit dem Šaḫurunuwa der Urkunde KUB 26.43//50
gleich. Dagegen jedoch wird der König von Karkamiš in Freu/Mazoyer 2009, 116 mit dem Šaḫurunuwa im Tawagalawa-Text, den sie
in die Zeit Muwatallis II. datieren möchten, identifiziert; s. ferner van den Hout (1995, 152), der auf Sommers Identifizierung hinweist.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   247

König von Karkamiš entweder noch Šaḫurunuwa gewesen oder Ini-Teššup. Letzterer sei jedoch wahrscheinlicher, und zwar „im
Hinblick auf die Nennung des Ḫattušili III“. Bei dieser Einschätzung berief er sich wieder auf die Annahme, dass Šaḫurunuwa
„schon seit dem Jahr 9 des Muršili II.“ regiert habe; vgl. auch Hawkins 1976–1980, 431. So schied in seinen weiteren Ausführungen
zu dieser Flüchtlingsangelegenheit in RS 18.114 (Klengel 1965, 80  f.) Šaḫurunuwa als der dort bezeugte König von Karkamiš quasi
aus Altersgründen zugunsten von Ini-Teššup aus. Dass dieser frühe Ansatz des Regierungsantritts von Šaḫurunuwa jedoch frag-
lich ist und dies daher auch für eine derartige Folgerung gilt, ist nicht von der Hand zu weisen; s. auch oben S. 241–245. Selbst
wenn er zutreffend sein sollte, kann für eine Zeitspanne, die die wahrscheinlich gleichzeitige Regierung von diesen zwei Enkeln
Šuppiluliumas I. umfasste, von Ḫattušili III. in Ḫattuša und von dessen vermutlich älterem Cousin Šaḫurunuwa in Karkamiš,
wohl noch mit einigen oder mehreren Jahren gerechnet werden. Es steht ja auch nicht exakt fest, wann der nächste uns nament-
lich bekannte Herrscher in Karkamiš, Ini-Teššup, ein Sohn des Šaḫurunuwa, an die Macht kam, für den, wie schon erwähnt, nur
sichere Synchronismen mit Tutḫaliya IV. überliefert sind; s. oben S. 245  f.
Allerdings lassen sich außer der Erwähnung von Flüchtlingen in Verbindung mit dem König von Karkamiš und dessen Sohn
Tili-Šarruma sowie dem Autor dieses fragmentarischen Textes (RS 18.114), Ḫattušili III., kaum weitere inhaltliche Parallelen zum
sog. Tawagalawa-Brief und der dort in III 41′–50′ geschilderten Flüchtlingsepisode erkennen. Die Möglichkeit, dass in besagtem
Rechtsakt aus Ugarit dieselbe Angelegenheit von Ḫattušili III. schriftlich geregelt wurde, auf die er dann exemplarisch in VAT
6692 anspielte, könnte überhaupt nur dann ins Auge gefasst werden, wenn wir dort am Beginn (III 41′), anders als die bisherige
Forschung, davon ausgehen würden, dass es sich bei den vier erhaltenen Zeichen vor der Erwähnung von Šaḫurunuwas Sohn
nicht um einen mit [ ]-ili (= dingir-lì) endenden Namensrest nebst Gleitlaut -ia- und enklit. Pronomen -at handelte, sondern um
die Lesung ]-an-ši-ia-at; s. dazu schon oben S. 240.

Wie nun die gemeinsame Kollation der Tafel und die erneute Überprüfung der älteren Fotos gezeigt haben,
ist wesentlich weniger Text an den Stellen erhalten, die Šaḫurunuwa betreffen, als dies die Textbearbeitun-
gen von Forrer und Sommer annehmen lassen; s. bes. unten zu III 47′. Dennoch ist vor allem den Ergebnissen
von beiden Forschern zuzustimmen, dass es in Kol. III 41′–51′ weiterhin um das schon in § 9 (s. besonders III
15) begonnene und zweifellos in § 10 Z. 22–40′ fortgesetzte Flüchtlingsthema ging (Forrer 1929, 175; Sommer,
AU 148  f.) und dass die Bezugnahme auf Šaḫurunuwa und dessen Sohn (III 41′  f.) im Rahmen einer „der
beliebten hethitischen Lehrepisoden“ erfolgte (AU 149 u. 151–154).
Dass Šaḫurunuwa zum Zeitpunkt seiner rückblickenden Erwähnung hier in VAT 6692 III 41′ u. 47′ noch
in Karkamiš regierte, lässt sich zwar nicht mit Sicherheit behaupten, doch ist anzunehmen, dass dem Adres-
saten, dem König von Aḫḫiyawa, entweder ein aktuelles oder zumindest ein nicht allzuweit zurückliegendes
Ereignis mit dieser in den laufenden Grundtext eingefügten Episode (III 41′ wohl mit Bezugnahme auf die
dann III 44′–50′ behandelte Flüchtlings-Affäre) vor Augen geführt werden sollte; s. Heinhold-Krahmer 2002,
369. Es dürfte sich jedenfalls um ein Ereignis gehandelt haben, das den zeitgenössischen Herrschern des
hethitischen Großkönigs bekannt oder für sie zumindest auf diplomatischem Wege überprüfbar war. Dies gilt
natürlich insbesondere für den Adressaten, den König von Aḫḫiyawa, der vermutlich noch nicht allzu lange
in seinem Land an der Regierung war; s. oben S. 152 u. passim.

III 42′ … l]úmu-nab-tu4-kán bis III 44′ tar-na-na-⸢at⸣


Auch wenn wir gemeinsam das Wagnis nicht eingehen wollten, wie Sommer (AU 14) an den Zeilenanfängen
und -enden von III 42′  f. Ergänzungen zu versuchen, was überdies Forrer (1929, 114) zumindest in III 42′
ebenfalls nicht tat (vgl. jedoch dagegen Hoffners Ergänzungen 2009, 309 am Beginn von III 42′ u. 43′ ganz
ohne Fragezeichen; vorsichtiger wiederum Beckman et al. 2011, 114), so leuchten seine Deutungsversuche in
groben Zügen ein.
Vom Flüchtling, l]úmu-nab-tu4- (+ Partikel -kan), diesmal mit dem noch teilweise sichtbaren Determina­
tiv lú versehen (fehlend dagegen in III 15 u. 24; s. oben S. 236 u. 238), ist jedenfalls in III 42′ die Rede. Und
es erscheint auch nicht zu leichtsinnig, diesen als Subjekt des teilweise zerstörten Satzes zu betrachten und
das Verb […] x ⸢ú⸣-ed-du (3.Sg.Imp.) nach einer Lücke von drei bis vier Zeichen am Beginn von III 43′ als zuge-
höriges Prädikat. Objekt in diesem Satz ist das gegen Ende von III 42′ noch erhaltene a-na šeš-ia. Gemeint
ist hier wohl der Adressat, der König von Aḫḫiyawa, auf den nach Meinung einzelner Forscher noch weitere
Zeichen am Ende der Zeile gefolgt sein dürften; s. z.  B. -ia „und“ sowie Weiteres im Anschluss an šeš-ia; s. AU
14; ferner Translit. S. 32 u. 55 Anm. 218.
Sommer (AU 14 zu III 42′  f. u. 148 unten) dürfte auch darin Recht zu geben sein, dass III 42′  f. „ein all-
gemeines Versprechen an den Adressaten“ enthält, „dass jeder Flüchtling zu ihm kommen und zwar vermut-

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248   S. Heinhold-Krahmer

lich zurückkommen darf“. Um dies zu erkennen, bedarf es seiner – zwar auch aufgrund des nachfolgenden
Textes recht nachvollziehbar erscheinenden – Ergänzungen am Ende von III 42′: ⸢a⸣-na šeš-ia[-i̯a qa-tam-
ma?] und am Beginn von III 43′: e[gir?-pa an-d]ạ? nicht unbedingt, die er selbst ja auch mit Fragezeichen
versehen hat. Hier dürfte mit ihm (AU 150) das Prädikat ú-ed-du (s. AU 15: ụ́ -id-du) dahingehend zu inter-
pretieren sein, dass er (der Hethiter) nicht „eventuell einen Flüchtling zurückgeben will“ (dies mit Verweis
auf Forrer 1929, 175), „sondern daß ein solcher von sich aus ungehindert zurückkehren darf“.
Was in III 43′ noch zu sehen ist, ma-a-na-aš be-lu ma-a-na-aš […], erinnert etwas an eine ähnliche Stelle
im Text, nämlich II 11  f.; s. Translit. S. 28 u. 45 Anm. 100. Dort (II 13  f.) wie hier (III 44′  f.) erfolgt dann nämlich
rasch der Hinweis auf einen ihm, dem Hethiterkönig, gleichgestellten Großkönig und seine diesem gegen-
über oder dessen ihm gegenüber gebührende und auch zu erwartende Handlungsweise. Da auch in II 11 die
fragliche Stelle am Zeilenende stark zerstört ist, ist dort für eine genauere Interpretation von III 43′ (Zeilen-
ende) allerdings nichts zu gewinnen. Die Ergänzungsversuche von III 43′ in den diversen Textbearbeitungen
weichen etwas voneinander ab; vgl. Forrer (1929, 114  f.): ma-a-na-aš be-lu ma-a-na-aš [Egir-iz-zi-iš] „sei er ein
Herr, sei er [ein Untergebener].“; Sommer (AU 14  f.): ma-a-na-aš be.lu ma-a-na-aš [ku-iš im-ma?] „sei es ein
Würdenträger, sei es [wer auch immer(?)].“; Miller (2006, 245): „sei es ein Würdenträger, sei es […]“; Hoffner
(2009, 309  f.): ma-a-na-aš be.lu ma-a-na-aš [arad-ma] „whether he be a lord or a slave.“; ähnlich Beckman
et al. 2011, 113  f.
Bei tar-na-na-⸢at⸣ am Beginn von III 44′ handelt es sich um das Partizip zum Verb tarna- „lassen, zulassen
usw.“ + enklit. Pronomen -at; s. HW 215  f. Forrer (1929, 115 u. 175) übersetzte: „Es ist zugelassen.“; Sommer
(AU 15 u. 151): „Zulässig ist das!“; Miller (2006, 245): „Es ist gestattet.“; Hoffner (2009, 309) und ebenso
Beckman et al. (2011, 113): „It is allowed.“

III 44′ von lugal.gal-za bis 45′ zum zerstörten Zeilenende

III 44′ lugal.gal-za am-me-el an-na-[ú-li-i]š


Bei diesem – dem hethitischen Herrscher gleichgestellten – Großkönig, der hier wieder zur Sprache kommt,
ist jedoch nicht wie in II 13  f. der Adressat, der König von Aḫḫiyawa, gemeint. Es dürfte sich, wie Sommer
(AU 151) sehr klar unter Hinweis auf den nachfolgenden Text (46′–50′) dargelegt hat, wohl um einen anderen
ebenbürtigen Herrscher gehandelt haben, zu dem Flüchtlinge des hethitischen Königs gezogen waren.
Seine Feststellung, dass hier nichts anderes vorliege „als eine der beliebten hethitischen Lehrepisoden,
die von andern Personen berichten, um auf die zu wirken, an deren Adresse sie erzählt werden“, leuchtet
ein. Natürlich handelt es sich hier nicht – wie in mehreren anderen der von Sommer genannten Textstel-
len – um ein „warnendes, sondern ein ermunterndes Beispiel, wie es der diplomatische Zweck erfordert“.
Das bedeutet, dass der Adressat, der König von Aḫḫiyawa, der bezüglich der damaligen Gepflogenheiten in
der internationalen Diplomatie wohl in den Augen des belehrenden hethitischen Großkönigs noch wenig
bewandert war, hier quasi aufgefordert wurde, sich am Handeln des erwähnten Großkönigs im Falle von
Šaḫurunuwas Sohn zu orientieren. Wer dieser in III 44′ genannte Großkönig gewesen sein könnte, darüber
lassen sich nur Vermutungen anstellen. Sommer nahm an, dass dessen Name oder zumindest der Name
seines Landes bereits in der den Zeilen 41′–51′ vorausgehenden Lücke von § 10 (III 22 bis ca. 33 u. 34′–40′), wo
es ja ebenfalls schon um das Flüchlingsproblem ging, gestanden haben dürfte. Möglich wäre jedoch auch,
dass hier wieder nur allgemein und daher ohne nähere Bezeichnung von jenem gleichgestellten Großkönig
und dessen aus hethitischer Sicht richtigem Verhalten in einer Flüchlingsangelegenheit die Rede war, die
den Sohn des Šaḫurunuwa betraf.
Wichtig erscheint jedoch der schon in Sommer (AU 152) zu findende Hinweis auf den Vertrag zwischen
Ramses II. und Ḫattušili III., zwischen gleichgestellten Großkönigen also, in dem es eine Reihe von Paragra-
phen gibt, die Flüchtlinge, sowohl hochrangige als auch einfache Personen, betreffen. Dort, sowohl in der
ägyptischen Fassung als auch in der akkadischen, wurde, wie Sommer hervorhob, „restlose Auslieferung auf
Gegenseitigkeit unter Straflosigkeit“ (für die Flüchtlinge) vereinbart. Nirgends allerdings scheint in beiden
Fassungen von Rückkehrmöglichkeiten flüchtiger Personen in ihr Asyl-Land die Rede zu sein; s. Edel 1997,
43–65, §§ 11–20. Es wäre daher durchaus möglich, dass, wie Sommer (AU 152  f.) vermutete, der Hethiter hier

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   249

im Falle des Flüchtlings Piyamaradu auf eine Sonderregelung zurückgegriffen hat, die mit einem gleich-
gestellten Großkönig getroffen und im Falle von Šaḫurunuwas Sohn auch angewandt worden war.

III 45′ ⸢kar⸣-ga-ra-an-ti


Zu diesem Wort, das noch in IV 13 unvollständig, jedoch mit doppeltem Glossenkeil erscheint, hat E.R. Fol-
gendes bemerkt:

„Vgl. noch […?] III 51′ u. 𒑱  kar-ga-r[a-an-ti in IV 13. Wie Sommer (AU 153) richtig feststellt, ist zwischen kargaranti und apedani
wegen der Wortstellung ein attributives Verhältnis ausgeschlossen. Deswegen liegt eine adverbielle Deutung der sicher luwi-
schen D.-L.-Form auf -i nahe. Zwar nicht vollständig ausgeschlossen, aber sehr unwahrscheinlich ist die Interpretation von
Puhvel (1997, 89) als luwischer N.-A.Sg.n. Strukturell ist die Analyse von kar-gar-ant(i)- als (partizipiale) -ant(i)-Ableitung
eines reduplizierten Verbs durchaus plausibel. Solange jedoch der Kontext in semantischer Hinsicht keine Klärung bringt,
müssen etymologische Verbindungen mit kariye/a- „willfahren“ (seit Pisani 1953, 308) ebenso spekulativ bleiben wie solche
mit kariye/a- „ruhen“ oder kariye/a- „bedecken“, die lautlich und morphologisch gleichfalls in Betracht kämen.“

Dieses noch in IV 13 bezeugte luwische Wort wurde zunächst von Forrer (1929, 115 u. 17) mit „zu dem selben
Zwecke“ übersetzt. Seinem Kommentar dazu (1929, 175  f.) wurde von Sommer zu Recht widersprochen.
Sommers adverbielle Deutung (AU 153), für die sich ja auch E.R. aussprach (dazu oben), überzeugt dagegen
mehr. Da jedoch die exakte Bedeutung aufgrund nur dieser beiden genannten Belege (III 45′ u. IV 13) und
des sie umgebenden, teilweise fragmentarischen Textes nicht völlig sicher erschlossen werden kann, wird
unsere Übersetzung „gerne, bereitwillig“ mit Fragezeichen versehen. Dieser bereits von Sommer (AU 17 u.
153) vorgeschlagenen Deutung haben sich vor mehreren Jahren auch Miller (2006, 245  f.: „bereitwillig“) und
Hoffner (2009, 309 u. 311: „willingly“) angeschlossen; vgl. jedoch Beckman 2011, der zwar in IV 13 ebenfalls
⸢kar-ga-ra⸣-an-ti liest, jedoch hier in III 45′ wie auch in IV 13 von einer Übersetzung völlig Abstand nimmt;
vgl. ferner HHw2 81. Das Prädikat am Ende von III 45′ wurde von Sommer mit Fragezeichen zu [… ma-la-a-it?]
„er bewilligte“ ergänzt.

Zusatz: In dem noch im Druck befindlichen Lexikonartikel „(𒑱  )kargaranti“ (HW2, K/27, mit älterer und neuerer Literatur) hat man
sich in semantischer Hinsicht ebenfalls auf kein sicheres Ergebnis festlegen können.

III 46′–50′ von am-⸢me⸣-el-ši-⸢kán⸣ bis tar-na-aš: Exkurs betreffend den flüchtigen Sohn des Šaḫurunuwa
Es besteht kein Zweifel darüber, dass in dieser Passage der hethitische König seinem Adressaten nun die
Verfahrensweise im Falle von Šaḫurunuwas Sohn als Präzedenzfall genauer darzulegen versuchte, um ihn
zu einem solchen Vorgehen auch im wohl ähnlich gelagerten Falle des Piyamaradu zu überreden.

III 46′ f. von am-⸢me⸣-el-ši-⸢kán⸣ bis *pa-it*


Der erste Satz, ein dem Hauptsatz vorangestellter temporaler Nebensatz mit der Konjunktion kuwapi
„(damals) als“, beginnt, wie schon der oben in I 71 ausführlich erläuterte kuwapi-Satz, asyndetisch. Es
handelt sich hier also um den Beginn des in den Grundtext eingeschobenen und rückblickend berichteten
Beispiels des hethitischen Königs:

„Als Flüchtlinge von mir zu ihm […] gingen“.

Das an das erste Wort des Satzes am-⸢me⸣-el angeschlossene enklit. Personlpronomen -ši („ihm“) bezieht
sich wahrscheinlich auf den in III 44′ vom hethitischen Herrscher nicht namentlich genannten Großkönig
(„der mir gleichgestellte Großkönig“). Das Prädikat *pa-it* am Beginn von III 47′ befindet sich ebenso wie die
folgende Satzeinleitung nu-⸢kán⸣ und der Namensbeginn mša- über Rasur.
Die Lesung des letzten Zeichens in lú.meš mu-nab-t[u4/t[i ist in der Fachliteratur uneinheitlich, aber
wahrscheinlicher als -t[i dürfte t[u4 nach den Zeichenresten sein; s.  Translit. S.  32 u. 55  f. Anm.  224. Das
nominale Subjekt lú.meš mu-nab-t[u4? stellt einen kollektiven Singular dar, mit dem das Prädikat *pa-it* kon-

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250   S. Heinhold-Krahmer

gruiert. Dass das Determinativ pluralisch ist, ist nach E.R. „wenig aussagekräftig, da solche Gruppenbezeich-
nungen regelmäßig im Singular stehen“.
Ob vor dem Prädikat aus den Zeichenspuren am Ende von III 46′ auf parranta(/da) geschlossen werden
darf, was sowohl die Pionierforscher Forrer (1929, 114) und Sommer (AU 14 u. 153) in Erwägung zogen als
auch in neuerer Zeit Hoffner (2009, 309) u. Beckman et al. (2011, 114), bleibt fraglich.

III 47′ von *nu-⸢kán⸣ bis zum zerstörten Zeilenende


Im Hauptsatz tritt dann Šaḫurunuwa als Subjekt auf. Die Ergänzung des nachfolgenden Dativ- Objekts – die
zugehörige Präposition a-na ist noch erhalten – erscheint zunächst nicht unschwierig.
Forrer (1929, 114: a-na Tur-šu) und Sommer (AU 14: a.n[a] dṲmỤ.šỤ) schienen hier noch mehr Deutbares
zu finden, als auf den Fotos und der Tafel in ihrem heutigen Zustand zu sehen ist, und meinten, dass hier
„seinem Sohn“ gestanden habe, was auch sinngemäß sehr gut passen würde, da ja von diesem Sohn bereits
in III 41′ die Rede war. Hoffner (2009, 309) u. Beckman et al. (2011, 114) schlossen sich der Deutung der Pio-
nierforscher an; s. jedoch unsere Translit. S. 32 u. 56 mit Anm. 226, wonach statt -šu nun -ma zu lesen wäre.
Während Forrer ebenso wie zuvor schon Goetze (Ed.) zu Recht das am Zeilenende zu erwartende Prä-
dikat nicht zu ergänzen versuchte (s. auch Miller 2006, 245; Hoffner 2009, 309 u. Beckman et al. 2011, 114),
gelangte Sommer (AU 14  f.) aufgrund seiner Ergänzung (s. Translit. S. 32 u. 56 mit Anm. 227) zu folgender Über-
setzung von III 46′  f.: „(46′)Als zu ihm Flüchtlinge von mir [hin]über(?) (47′)gegangen waren, da war Šaḫurunuva
gegen seinen Sohn zo[rnig geworden].“
Ebenso könnte z.  B. im Hauptsatz statt Sommers Ergänzung des Prädikats tu[ku?.tuku-eš-ta] „war …
zo[rnig geworden]“ davon die Rede gewesen sein, dass Šaḫurunuwa an seinen Sohn geschrieben oder einen
Boten geschickt habe. Was auch immer hier gestanden haben mag, es lässt sich nicht klären.

III 48′ ⸢a⸣-pa-a-aš-ma ⸢ša-ra-a⸣ ti-ia-at


Sommer nahm an, dass das Pronomen apās (III 48′) auf den Sohn des Šaḫurunuwa zu beziehen sei, der ja
nach seiner Deutung der Zeichenspuren in der Zeile zuvor (III 47′: a.n[a] dṲmỤ.šỤ) erwähnt worden sei, da
sein Vater auf ihn zornig geworden sei. Auch wenn Sommers Lesung von III 47′ (s. oben) nicht ohne Weiteres
zuzustimmen ist, so bleibt seine Übersetzung in III 48′: „Der aber machte sich auf“ wohl korrekt, und auf-
grund des Kontextes kann man apās durchaus mit dem Sohn des Šaḫurunuwa, um den es in der hier einge-
schobenen Flüchtlingsepisode zu gehen scheint (s. schon oben III 41′), identifizieren.
Nach Goedegebuure 2009 bezieht sich apa- immer auf etwas im Satz zuvor Genanntes; Hinweis von
E.R.

III 48′ f. na-aš-⸢kán a-pé-e⸣-[da-ni] ⸢an-da⸣ pa-it


Davon ausgehend also, dass dieser Sohn es war, der sich aufmachte (s. oben zu III 48′), nachdem Šaḫurun-
uwa in einer – aufgrund des fehlenden Prädikats – von uns nicht zu klärenden Weise reagiert hatte (III 47′;
s. oben sub III 46′  f.), kann man mit Sommer (AU 154) das Subjekt des nachfolgenden Satzes, das enklitische
Personalpronomen -aš in na-aš-kán, ebenfalls auf diesen Sohn beziehen, der dann „zu jen[em] hinging“.
Wer aber ist mit demjenigen gemeint, zu dem (a-pé-e⸣-[da-ni]) er hinging? Für Sommer (AU 154) schien es
zunächst zwei Möglichkeiten zu geben:
1. Da das dazugehörige Verb anda pai- ebenso wie anda uwa- „der typische Ausdruck“ dafür sei, „dass
jemand als Schutzsuchender und Flüchtling zu einem anderen hingeht und –kommt“ (s. AU 154 mit einigen
Beispielen aus Vasallenverträgen), könnte sich hier der damit verbundene Dativ apēdani auf den „fremden
Großkönig“ (s. oben III 44′) beziehen, ebenso vielleicht das apāš im nachfolgenden Satz III 49′. „Dann soll“,
so Sommer, „der Parallelfall den Adressaten lediglich beeinflussen, desselbigen Gleichen zu tun.“ Gemeint
ist also, der König von Aḫḫiyawa sollte dadurch motiviert werden, Piyamaradu ebenfalls zum König von
Ḫatti kommen zu lassen“.
2. Mit dem apāš könnte aber laut Sommer „sehr wohl auch Šaḫurunuva“ gemeint sein, „der seinen Sohn
(nach erfolgter Aussprache) wieder in sein Asyl hat zurückkehren lassen“.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   251

Letztere Möglichkeit wählte Sommer schließlich wohl zu Recht für seine Übersetzung. Dass Šaḫurunuwa
offenbar kein Großkönig war (s. Sommer, AU 152  f. u. 154), spielte dabei wohl kaum eine Rolle und störte die
vermutete Parallelität des Präzedenzfalles mit der Piyamaradu-Affäre kaum. Wenn es sich bei Šaḫurunuwa
um den König von Karkemiš handelte, was wir annehmen (s. oben S. 241 u. passim), musste er ohnehin die
Interessen seines Oberherrn vertreten, insbesondere da die Flucht seines Sohnes ja anscheinend bewirkt
hatte, dass Flüchtlinge des hethitischen Großkönigs jenem in sein Asyl-Land nachgefolgt waren (III 46′  f.).

III 49′ f. ⸢a-pa-a⸣-aš-ma-za-an-kán ⸢egir-pa⸣ x[  ] tar-na-aš


Die Reihung der an das Subjekt ⸢a-pa-a⸣-aš angeschlossenen Partikeln -ma-za-an-kán in III 49′entspricht wie-
derum nicht den Regeln der hethitischen Syntax. Nach dieser wäre die Abfolge -ma-an-za-kán zu erwarten.
Dagegen deutet die Reihung -ma-za-an-kán wieder wie der bereits oben (S. 240 sub III 41′) erwähnte Fall in III
60′ auf eine Partikelfolge wie im Luwischen hin; Hinweis von E.R.
Ausschlaggebend für das, was mit diesem Einschub bezweckt war, und was auch für die zweite von
Sommer gewählte Interpretationsmöglichkeit des Satzes in 48′  f. (s. oben) spricht, dürfte wohl die Feststel-
lung sein: „Jener aber hat ihn [wieder?] fort(/weg)gelassen bzw. losgelassen“; s. Sommer (AU 15): „Jener aber
hat ihn wieder […] weg gelassen“; ähnlich auch Miller (2006, 245): „Jener aber hat ihn wieder […] losgelas-
sen“; s. auch Hoffner (2009, 309): „And that one let him back out“; ferner Beckman et al. (2011, 113): „but he
released him once more“. Mit tar-na-aš in III 50′ ist jedenfalls der Exkurs über die Flüchtlingsangelegenheit,
in die der Sohn des Königs von Karkamiš offensichtlich verwickelt war, beendet. Es erfolgt anschließend die
Rückkehr zum Grundtext.

III 50′ f. šeš-ia-⸢ia-an⸣ bis píd-da-eš-ker!(?)


Mit šeš-ia wird nun am Beginn des neuen Satzes wieder der Adressat, der König von Aḫḫiyawa, angespro-
chen, woran sich noch die Konnektivpartikel -ia sowie das enklitische Personalpronomen -an (A.Sg.c.)
anschließen. Letzteres ist aller Wahrscheinlichkeit nach wieder auf den aktuellen Flüchtling, auf Piyama-
radu, zu beziehen, um den es dann auch eindeutig im nachfolgenden Abschnitt (§ 11) geht. Die auf dem Rand
erkennbare Endung des Prädikats -ši erlaubt jedenfalls die Annahme, dass der Adressat mit einem heth.
Verb in der 2.Sg.Prs. angesprochen wurde und nicht in der 3.Sg.Prs., wie dies im Text dann meist der Fall
ist, wenn akkad. Verben das Prädikat darstellen. Ausgenommen ist die 2.Sg.Imp.; s. IV 18: šu-pur; Hinweis
von M.W.
Wohl in Anlehnung an den in III 1 mit šeš-ia-ia-an-za-an ähnlich beginnenden Satz, der mit dem
Prädikat ⸢e-ep⸣ (dazu oben S. 220–222) endet, versuchte Sommer, auch hier am Ende von III 50′ auf dieses
Verb zurückzugreifen (AU 14: e̤ ??-ịp?-ši), wobei er wegen des fehlenden ḫanza freilich nicht von einer freund-
lichen Begrüßung ausging, sondern seine Deutung des Satzes lautete: „Auch du, mein Bruder, darfst ihn
(sc. den Piyamaradu) nach dem eben Gesagten [festn]ehmen(?).“ Während Forrer (1929, 114  f.), später Miller
(2006, 245) und Hoffner (2009, 309) das kaum lesbare Prädikat nicht ergänzten, übernahmen Beckman et al.
(2011, 114) den Sommerschen Ergänzungsversuch des Prädikats offenbar ohne Bedenken.

III 51′ nachträglich hinzugefügter Text in kleinerer Schrift von ma-⸢a⸣-an-x(-) bis píd-da-eš-ker!(?)
Auch wenn diese wohl nachträglich und daher in kleinerer Schrift eingefügte Zeile am Ende von § 10, die
über den Rand zunächst waagrecht und dann noch ein Stück senkrecht nach oben bis zum Satzende fort-
gesetzt wird, schwer leserlich ist und einige Lücken aufweist, scheint sich aus den erhaltenen Teilen zumin-
dest ungefähr der Sinn erahnen zu lassen.
In dem seinem Hauptsatz vorangehenden und mit ma-⸢a⸣-an-x(-) eingeleiteten Konditionalsatz ist wohl
allgemein von dem Fall die Rede, dass (irgend-)eine Person bzw. ein Untertan flieht; s. Sommer, AU 14  f.:
ma-ạ-an[-ma-mu-kán?] Ị̀ r?.[i̯ ]A̤ ? [k]ụ?-i̤[š]?-ki ḫu-u-i̯a-zi „Wenn [mir aber] einer meiner Untertanen(?) entflieht“;
ähnlich Hoffner 2009, 309  f. u. Beckman et al. 2011, 114. Die Ergänzungen im Nebensatz bleiben jedoch mit
Ausnahme der Konjunktion ma-ạ-an und dem Prädikat ḫu-u-ia-zi (3.Sg.Prs.), wie schon Sommers Fragezei-
chen nahelegen, im Detail weiterhin fraglich.

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252   S. Heinhold-Krahmer

Während Sommer (AU 155) allerdings noch betonte, ihm sei ein Stamm ḫui̯a- in der 3.Sg. sonst nicht
bekannt (s. Glossar sub ḫuye/a-), ist in diesem Fall die Beleglage heute etwas günstiger; s. HW2 Ḫ, 796.
Der Hauptsatz endet mit dem Prädikat egir-pa-an-da *x* píd-da-eš-ker!(?) „sie sind immer hinterher
geflohen (/gelaufen), was Sommer (AU 15: píd-da-eš-kir!? u. 155) in Verbindung mit seinen sinngemäß passen-
den, jedoch keinesfalls sicheren Ergänzungen zu der Übersetzung führte: „dann sind sie(?) immer gerne(?)
hinter [ih]m(?) drein geflohen!“ Auch die ohne Ergänzungen vorgenommene Übersetzung von Miller (2006,
245) gründet sich auf ein Prädikat in der 3.Pl.Prt.; s. auch CHD P, 353 u. 355 A 4 g. Das bei Hoffner (2009,
310) dagegen zu findende píd-da-eš-ke?-⸢ši!?⸣ scheint inhaltlich wenig Sinn zu ergeben, weil es bei ihm dann
zusammen mit dem vorausgehenden Nebensatz zur Deutung führt: „When one of my subjects takes flight, …
you? are? running behind …“. Mit „you?“ wäre dann wohl der Adressat gemeint, wofür es keinen Anhaltspunkt
zu geben scheint.
Nicht anschließen konnten wir uns jedenfalls Sommers Ergänzung unmittelbar nach dem nu am Beginn
des Hauptsatzes. Er las dort KAR, wozu er sich (gemäß AU 156) von IV 13 𒑱  kar-ga-r[a-an-ti? beeinflussen ließ,
jedoch dabei das satzeinleitende n]u-kán nicht beachtete; s. S. 285  f. sub IV 12  f.: n]u-kán ìr meš-ia a-pé-⸢e-da⸣-ni
𒑱  kar-ga-r[a-an-ti? egir-pa-a]n-⸢da⸣? píd-⸢da-iš-kán-zi⸣. Doch die Kollation (s. Autographie) ergab für uns in
III 51′ eindeutig GÁN (s. schon Forrer 1929, 114) und somit nu-kán am Beginn des Hauptsatzes; s. Translit.
S. 32; ferner auch Hoffner (2009, 310) mit Fragezeichen u. Beckman et al. (2011, 114) in Halbklammern. Da
auch die weiteren Zeichenspuren hier in III 51′ vor EGIR-pa-an-da keine sichere Deutung zulassen, scheint
also kargaranti hier nicht wahrscheinlich zu sein.

Zusammenfassung des Kommentars zu § 10 (Kol. III 22–51′)


Der größere Teil von § 10, dessen Zeilen (III 22–40′) maximal ein bis zwei vollständige Wörter oder nur ein-
zelne Zeichenspuren enthalten, teilweise aber sogar völlig zerstört sind (ca. sechs Zeilen von III 28 bis etwa
33′), betraf, soweit dies erkennbar ist, weiterhin das in den vorausgegangenen Abschnitten behandelte
Problem der Auslieferung des Piyamaradu von Seiten Aḫḫiyawas an Ḫatti und der Rückführung der mit
jenem geflohenen Zivilgefangenen aus Iyalanda. Zumindest ist von Flüchtling (oder Flucht?) wie schon in
§ 9 III 15 auch hier in § 10 III 24 die Rede, und zwar ohne Determinativ lú; vgl. dagegen mit Determinativ in
III 42′ u. 46′.
Der restliche kleinere Teil (III 41′–51′) bietet gleichsam exemplarisch die Darstellung der Regelung einer
Flüchtlingsangelegenheit, die einen flüchtigen Sohn des Šaḫurunuwa (III 41′ u. 47′) betraf. Dieser konnte
nach seiner Auslieferung durch einen dem König von Ḫatti gleichgestellten Großkönig, der ihm Asyl gewährt
hatte, wieder in sein Asyl-Land zurückkehren. Bei Šaḫurunuwa kann es sich nicht um den gleichnamigen
Würdenträger der Urkunde KUB 26.43//50+ handeln, sondern er war der gleichnamige König von Karkamiš;
vgl. schon Sommer, AU 34; s.  dazu oben S.  340. Dies ergibt sich wohl eindeutig aus der Zeugenliste der
berühmten Bronzetafel, die den ersten Regierungsjahren von Tutḫaliya IV. entstammt. Dort in § 27 (in Bo
86/299 IV 31 u. 37) treten als Vertragszeugen sowohl Ini-Teššup, der Sohn und Nachfolger Šaḫurunuwas, als
König von Karkamiš auf als auch jener gleichnamige Ober-Holztafelschreiber der Schenkungsurkunde KUB
26.43//50+.
Diese Flüchtlingsangelegenheit wurde also offenbar unter gleichgestellten Herrschern einvernehmlich
geregelt. Dadurch sollte dem König von Aḫḫiyawa die Auslieferung des Piyamaradu als unproblematische
und im Rahmen der internationalen Diplomatie übliche und für den Asylanten ungefährliche Vorgehens-
weise vor Augen geführt werden.129

129 Ein Blick in den hethitisch-ägyptischen Friedensvertrag (Edel 1997) zeigt allerdings dort keine Regelung, die besagt, dass ein-
zelne Flüchtlinge nach ihrer Auslieferung frei über ihren künftigen Verbleib (zuhause oder im Asyl-Land) entscheiden konnten.
Es bestand nur die gegenseitige Verpflichtung, sowohl hochrangige Flüchtlinge (Einzelpersonen oder Gruppen) als auch einfache
Leute immer auszuliefern. Amnestie für ausgelieferte Flüchtlinge wird sowohl für Ḫatti als auch für Ägypten garantiert. Bereits
Sommer (AU 152) vermutete daher eine weitere Sonderregelung (vielleicht in der Lücke § 10?) zwischen dem König von Ḫatti und
einem gleichgestellten Großkönig, dessen Name ebenfalls in der vorausgehenden Lücke gestanden haben könnte (der Pharao?).
Die festgelegte Straflosigkeit im genannten paritätischen Vertrag klingt allerdings auch schon in VAT 6692 II 7 u. 8. (s. S. 156) an.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   253

Paragraph 11

III 52′ nam-ma bis me-mi-iš-⸢ke-ez-zi⸣


Dass diese Zeile problematisch ist, wird nicht allein aus Forrers und Sommers Textbearbeitungen deutlich,
sondern auch aus den neueren Publikationen. Zum einen bereitet nach wie vor die Interpretation der nach
nam-ma folgenden etwa sechs Zeichen Schwierigkeiten, zum anderen die Frage, ob eine erste zitierte Rede
bereits etwa ab Zeilenmitte mit ki-i-u̯ a einsetzt, auf die wiederum eine zweite, von ihr abhängige in der
nächsten Zeile III 53′ folgt, die dann bis III 55′ (da-li-ia-mi) reicht, oder ob die direkte Rede überhaupt erst ab
III 53′ einsetzt.
Wie bereits in Translit. (S. 32 u. 57 Anm. 235) festgestellt wurde, fällt bei der Folge ka-a-ša-aš-ši-ia der
relativ große Abstand zwischen dem dritten und vierten Zeichen auf, zwischen ŠA und AŠ also, worauf weder
in Goetzes Ed. noch in den anderen Kommentaren explizit hingewiesen wurde. Forrer (1929, 114  f. u. 176  f.)
übersetzte seine Lesung nam-ma Ka.(1-?) ša-aḫ?-ši-ia am Beginn der Zeile „Ferner das Wort des Saḫsijas“,
worauf seiner Meinung nach eine zitierte Rede folgte. Sommer (AU 14  f.) las ka?-a?-šạ(-?)x-ši-i̯a, wobei er in
seinem Kommentar (AU 157) noch anfügte „Nach dem Befund möchte man vielleicht am ehesten einfach ka?-
a?-ša-aš!-ši-i̯a lesen … Ich komme jedoch damit sprachlich nicht durch.“ Er bemerkte dazu noch, dass falls
es sich um -ši „ihm“ handle, es hinter namma stehen sollte. Seine Interpretation unterschied sich von der
Forrers auch nicht durch seine Deutung des anschließenden Textes, in dem er ebenfalls eine zitierte Rede
sah wegen der Partikel -wa in ki-i-u̯ a, wobei er (AU 156) feststellte, dass es „mehr als wahrscheinlich“ sei,
dass ein Ausdruck nach nam-ma dastehe, der auf die folgende berichtete Rede deute. Was ihn bei Forrers
Version irritierte und was er sonderbar fand, waren die Lesung und die Ausdrucksweise „Ferner das Wort des
Šaḫšijas“,130 worauf dann die berichtete Rede folgte. Er (AU 15) übersetzte die Zeile III 52′: „Weiter, siehe(?),
wird er[ zählt???]?: ‚Er pf[le]gt das zu sagen:‘“ Sommer ging also schließlich von einem nach nam-ma befind-
lichen ka-a-ša- +ši-i̯a aus.
Während aber die älteren Forscher die Partikel -wa der nachfolgend zitierten Rede in ki-i-u̯ a (etwa am
Beginn der zweiten Zeilenhälfte von III 52′) ernst nahmen, betrachteten Miller (2006, 245 mit Anm.  36)
u. Beckman (2011, 114) diese als überflüssig. Miller sprach von einem „syntaktisch sicher fehlerhaften
Satz“, dessen Übersetzung ein Versuch sei, dessen Sinn wieder zu gewinnen. Auch Hoffner (2009, 310 mit
Anm. 312) ging von einem „grammatically obscure sentence“ aus. Dem Versuch einer sinngemäßen Wieder-
gabe von Miller (2006, 245: „Ferner, pflegt er nun auch dieses zu sagen:“) schlossen sich Hoffner (2009, 310:
„Further, … (Piyamaradu) is saying this“) und Beckman (2011, 115: „Further, he keeps saying this […]“) an.
Sicherlich ist mit diesen Paraphrasen dem Textinhalt weitgehend Genüge getan und ein fehlerhaftes -wa
ist sehr gut möglich, da wir weitere Fehler im Text konstatieren müssen, die darauf hindeuten könnten, dass
es sich nicht um Hörfehler des Schreibers beim Diktat eines Briefes, sondern um eine Zusammenstellung aus
verschiedenen, die Piyamaradu-Affäre betreffenden Texten oder Argumenten handeln könnte, bei der dem
Kompilator eben Fehler unterliefen.
Es ist aber auch nicht völlig auszuschließen, dass Forrer und Sommer Recht hatten, indem sie aufgrund
der Partikel -wa in III 52′von einer zitierten Rede ausgingen, von der ein weiteres Zitat in III 53′–55′ abhing.
In Verbindung mit Sommers schon oben erwähnter Annahme, dass in III 52′ nach nam-ma „ein Ausdruck“
dastehen müsse, der auf die folgende berichtete Rede deute, ist nochmals auf ka-a-ša-aš-ši-ia hinzuweisen,
wobei der auffällige Abstand zwischen ŠA und AŠ auch die Lesung ka-a-ša(-?)aš-ši-ia erfordern könnte. Zwar
könnte man auf einen, wenn auch nicht so großen, Abstand zwischen MA und A bei dem eindeutig kur
Ma-a-ša- (+ enklit. Partikel -wa u. -kan) zu lesenden ON in der nächsten Zeile (III 53′) hinweisen, dennoch
gelangten wir zu keiner endgültigen Deutung, unabhängig davon, ob von einer Lesung ka-a-ša (-?)aš-ši-ia
oder ka-a-ša-aš-ši-ia ausgegangen wird.

Zusatz: M.W. wies anlässlich seiner Korrekturen zum Kommentar kürzlich darauf hin, dass in unserer Diskussion auch noch die
Rede davon gewesen sei, es könne sich bei ka-a-ša-aš-ši-ia um luwischen Sprachgebrauch handeln, wo dann 2. und 3.Sg. des
enklit. Pronomens durcheinandergebracht worden seien.

130 Ein Name Šaḫšija scheint zudem bislang nirgends in heth. Keilschrifttexten belegt zu sein.

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254   S. Heinhold-Krahmer

III 53′ von šà kur Ma-a-ša-u̯ a-kán kur Kar-ki-ia bis III 55′ ka-a ar-ḫa da-li-ia-mi
Dieser Abschnitt, der auf me-mi-iš-⸢ke-ez-zi⸣ (III 52′) folgt, stellt jedenfalls eindeutig eine zitierte Rede dar, die
aus zwei Sätzen besteht.

III 53′ f. zum ersten Satz


Der Inhalt ist klar. Piyamaradu plante hiernach, ins Land Māša und (/oder) ins Land Karkiya hinüber zu
ziehen, also, wie aus den nachfolgenden Zeilen, insbesondere III 59′, dieses Paragraphen, geschlossen
werden kann, von Ḫatti beanspruchtes Gebiet auf kleinasiatischem Boden zu überfallen. Von wo aus er dies
plante, wird in der Forschung jedoch nicht einhellig beantwortet. Nach Hawkins Vermutung (1998, 29 noch
mit Fragezeichen, jedoch unten S. 352 u. ders. 2015, 22 nicht mehr als fraglich betrachtet) impliziert pár-ra-
an-⸢da⸣ pa-a-i-mi („ich ziehe hinüber/ich werde hinüberziehen“), dass der hethitische Gegner übers Meer
hinübergelangen musste, um nach Māša und Karkiya zu ziehen. Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn
man wie er nach wie vor davon ausgeht, dass sich Piyamaradu im aller Wahrscheinlichkeit nach mit seinem
Zentrum außerhalb von Kleinasien gelegenen Land Aḫḫiyawa  – also auf dem griechischen Festland oder
zumindest im Bereich der ägäischen Inseln – befand (s. Hawkins 1998, 30; ders. 2015, 22 u. unten Kapitel VII.1,
S. 346),131 und nicht in dem unter der Oberhoheit von Aḫḫiyawa stehenden kleinsiatischen Millawanda, wo
seine Schwiegersöhne Atpa und Awayana residierten – Erstgenannter wohl als ein Repräsentant des Königs
von Aḫḫiyawa. Dorthin, in das Zentrum von Aḫḫiyawa, wäre Piyamaradu also von Millawanda bzw. der nahe
gelegenen ägäischen Küste Anatoliens aus zu Schiff vor dem herannahenden hethitischen Großkönig, so
Hawkins, entflohen; s. oben zu S. 118–121 I 61  f.
Die geplante Realisierung des vom hethitischen König angeblich befürchteten Vorhabens des Piyama-
radu, hethitisches Gebiet zu überfallen, dürfte allerdings eher möglich gewesen sein, wenn dieser Feind sich
noch mit den zahlreichen nam.ra-Leuten, seiner Familie und seinem Hauswesen (s. III 54′  f.) im Bereich
des unter der Oberherrschaft von Aḫḫiyawa stehenden Gebietes im westkleinasiatischen Küstenbereich,
insbesondere in der wahrscheinlich mykenischen Kolonie Millawanda, aufgehalten hatte. Das könnte die
schon oben (S. 218  f. sub II 75  f.) geäußerte Vermutung stützen, dass diese Kolonie von hethitischer Seite zum
Zeitpunkt des vorliegenden Textes als ein zum Land des Königs von Aḫḫiyawa gehöriges Gebiet anerkannt
wurde und in einem weiteren Sinne bei den Hethitern auch unter die Bezeichnung Aḫḫiyawa fallen konnte;
s. dazu auch II 76 (= II 77 in Hoffner 2009, 308), der dort offenbar ebenfalls von der hethitischen Garantie für
eine Rückkehr des Piyamaradu nach Millawanda ausgeht: (76)But he <Dabala-Tarḫunta> shall remain in his
(Piyamaradu’s) place while (the escort) comes (to me) (77)and comes back (there to Millawanda); ferner unten
S. 285 zu IV 11  f.
Für den dortigen Aufenthalt Piyamaradus und nicht seine Flucht per Schiff scheint jedenfalls nach der-
zeitigem Erkenntnisstand vor allem gerade jene bereits oben erwähnte Stelle im Text, nämlich Kol. I 61  f.:
nu-kán mPí-ia-ma-ra-du-uš gišmá-za [ar-ḫ]a ú-et zu sprechen, die schon Forrer (1929, 108  f. u. 137) in diesem
Sinne interpretiert hatte. Die aufgrund einer neueren unv. Übersetzung von van den Hout (u. Schülern)
erfolgte Auswertung in Mainz (durch E.R.) und München (durch S.H.-K.) von den jeweiligen Belegen mit
arḫa uwe-/uwa- + -kan in Verbindung mit einem Ablativ ergab jedenfalls, dass – aller Wahrscheinlichkeit
nach – Sommers Deutung, Piyamaradu habe das Weite gesucht, „als der unwillkommene Gast <der König
von Ḫatti> in Millavanda eintraf“ (AU 82 u. 5: „Nun war Pijamaradu zu Schiffe [auf und dav]on“), aufgegeben
werden muss; s. oben S. 118–121 unseren ausführlichen Kommentar zu I 61  f. u. S. 27 die zugehörige Überset-
zung. Auch diejenigen unter den an der vorliegenden Neubearbeitung Beteiligten (J.H., S.H.-K., J.L.M., E.R.
u. M.W.), die ursprünglich alle wie J.D.H. und wie wohl die meisten Hethitologen und Historiker von Sommers
Argumentation gegenüber Forrers Annahme überzeugt waren, haben aufgrund dieses derzeit vorhandenen
Belegmaterials ihre Meinung geändert.

131 Eingereicht wurde dieser Beitrag für das überarbeitete Manuskript von J.D.H. für das vorliegende Buch erstmals 2010 und
nach Überarbeitung dann 2012; vgl. aber S. 360.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   255

Zusatz: M.W. hält es jedoch auch für unwahrscheinlich, dass 7000 nam.ra-Leute damals über das Latmos-Gebirge nach Mil-
lawanda in aḫḫiyawisches Hoheitsgebiet gelangen konnten. Doch ein schwieriger Marsch zu Land scheint damals noch eher
möglich gewesen zu sein als eine Reise zu Schiff.

Gegen das westkleinasiatische und küstennahe Millawanda als Asyl-Land des Piyamaradu, von wo aus
er – zumindest nach dem Verdacht des Hethiters – in von Ḫatti beanspruchtes Territorium einzufallen plante
(III 53′  f.; ferner unten III 59′), lässt sich auch nicht als Argument vorbringen, dass in Verbindung mit der
geplanten Kampagne nach Māša und (/oder) Karkiya das Prädikat parranda pāi- „hinüberziehen“ verwendet
wurde. Zwar kommt parranda pai-/pa- in Verbindung mit überseeischen Unternehmungen vor,132 aber dieses
Verb erscheint ebenso im Zusammenhang mit Ortswechseln, die sich innerhalb von Kleinasien abspiel-
ten, insbesondere auch in Verbindung mit dem Eidbruch des Vasallen Mašḫuiluwa von Mira, der vor dem
her annahenden heth. Großkönig Muršili II. nach Maša geflohen war und sich wohl von Mira aus „nach Maša
hinüber“ begeben hatte; ebenso floh Manapa-Tarḫunta von Šeḫa hinüber (parranda) nach Karkiša.133 Im
Jahr 2010 kamen J.H., E.R. und S.H.-K. nach erneuter Überprüfung der Stelle I 61  f. aufgrund des freundlichen
Hinweises von Th. van den Hout ebenfalls zum Ergebnis, dass Piyamaradu nicht per Schiff aus Millawanda
entflohen war, sondern sich noch auf kleinasiatischem Boden befand.
Dass die beiden Ländernamen hier in III 53′ (šà kur Ma-a-ša-u̯ a-kán kur Kar-ki-ia) in Asyndese erschei-
nen (s. auch IV 6), betonte bereits Sommer (AU 157) und wies dabei auf die enge Zusammengehörigkeit von
zwei Begriffen wie attaš annaš „Vater und Mutter“ oder adanna akuwanna „zu essen und zu trinken“ usw.
hin. Er äußerte dabei die Vermutung (AU 157 Anm. 2), dass die zwei Länder tatsächlich einmal eine engere
Einheit gebildet haben könnten (mit Hinweis auf Forrer 1929, 183). Bekanntlich treten sie nicht selten neben-
einander auf, vor allem wenn man dabei wie die meisten Forscher davon ausgeht, dass Karkiya (in dieser
Form [Schreibung Kar-ki-ia] wohl erst belegt nach Muwatalli II.) und Karkiša (belegt in den Schreibungen
Ka-ra-ki-ša und Kar-ki-ša; dazu Otten 1982, 247) identisch sein dürften.

III 53′ kur Ma-a-ša-u̯ a-kán


Die Versuche, Māša zu lokalisieren, reichten bislang vom Südwesten bis in den Nordwesten Kleinasiens, und
sie sind jeweils nach wie vor als umstritten zu betrachten; Belege u. Lit. z.  B. in del Monte/Tischler 1978, 264  f.
u. del Monte 1992, 102  f.; Hawkins 1998, 29  f. (sub 8.6.); Heinhold-Krahmer 1989, 441  f. u. dies. 2013, 64–71.
Dieser Ortsname tritt nicht nur an einer bislang in den meisten einschlägigen Untersuchungen berücksich-
tigten Stelle des Vertrags von Muwatalli II. mit Alakšandu von Wiluša neben drei weiteren Ortsnamen auf,
nämlich im sog. Heerfolge-Paragraphen (§  14 in Friedrich 1930, [S.  66  f. mit Anm.  5] Kol.  III 4  f. u. §  11 in
Beckman 19992, Nr. 13, Kol. III 4  f.); dazu Heinhold-Krahmer 2006, 56–59; ferner dies. 2013, 64–70.134 Er war
wohl schon zuvor bezeugt, und zwar in § 6 (so die Paragraphenzählung in Friedrich 1930, Kol. I 48′ [S. 54])
bzw. in § 4 (so nach Beckman 19992, Nr. 13 Kol. I 48′). Diese doppelte Erwähnung von Maša dürfte für die
Frage der Lokalisierung von einiger Bedeutung sein.
Aufgrund von § 6 (so nach Friedrich) bzw. § 4 (so nach Beckman) ist zu vermuten, dass sich Maša unter
den Feinden des Alakšandu befand,135 die der hethitische König angeblich (laut Vertrag Kol. I 53′ u. 72′  f.)

132 Weitere Beispiele: KBo 3.4 II 31  f. (AM 50  f.: Uḫḫaziti zog „übers Meer hinüber“); ferner z.  B. KBo 3.4 II 36 (AM 52  f.); KUB 14.15
III 40 (AM 54  f.).
133 So z.  B. KUB 6.41 I 41  f. u. 44 (s. Friedrich 1926, 112  f. zu Kup § 5 u. 6: und er (Mašḫuiluwa) zog ins Land Maša hinüber) oder
KUB 19.49 I 7 (Friedrich 1930, 4  f. zu Man § 1: Und [du (Manapa-Tarḫunta) gingst] zu den Leuten von Karkiša hinüber); ferner z.  B.
KBo 3.4 II 28  f. (AM 50  f.: Muršili II. zog „nach Arzawa hinüber“).
134 Das Fehlen von Maša in der Reihe jener Gebiete in Textfassung A (KUB 21.1 + III 4  f.), die Muwatalli II. wohl als Ausgangsbasis
für Feldzüge im Westen Kleinasiens dienten, ist sehr wahrscheinlich auf die bereits nachgewiesene Fehlerhaftigkeit dieses am
besten erhaltenen Exemplars zurückzuführen; s. bereits Friedrich 1930, 66  f. mit Anm. 16 u. 17, 67 mit Anm. 5; ferner Heinhold-
Krahmer 1977, 156.
135 Die Lücke der Zeile KUB 21.1 I 48′, von der nur noch der Beginn in Goetzes Ed. aus dem Jahr 1928 erhalten war (s. auch die
Translit. in Friedrich 1930, 54: ú-u̯ a-nu-un nu-m[u …]) konnte fast drei Jahrzehnte später um mehrere Zeichen verkleinert werden.
Otten (1957, 26  f.) wies auf eine Kopie H. Wincklers von 1907 hin, die jener zweifellos bei besserem Erhaltungszustand der Tafel
dieses Vertragsexemplars (Exemplar A nach Friedrich 1930, 45, 54  f. u. passim) gegenüber deren Zustand zur Entstehungszeit von

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256   S. Heinhold-Krahmer

zuvor nach einem Hilferuf für ihn besiegt hatte; s. z.  B. Heinhold-Krahmer 1977, 163 u. dies. 2013, 67; Hawkins
1998, 29 Anm. 191. Dies wurde auch als Hinweis auf eine geographische Beziehung zwischen Wiluša und
Maša betrachtet; s.  z.  B. Heinhold-Krahmer 2013, 67; ähnlich auch Hawkins unten S.  351, der dies jedoch
anscheinend auch als Anhaltspunkt für eine nördliche Lokalisierung von Maša zu bewerten scheint, da er
gleich im Anschluss daran auf den in DS fragm. 13 (Fassung E I 7–14) berichteten Angriff der Länder Maša und
Kammala auf das Ḫulana-Flussland und Kaššiya zu sprechen kommt. Der Angriff auf diese Länder dürfte mit
Hawkins (s. unten S. 352) auf eine Lage von Maša im nordwestlichen Bereich von Anatolien hindeuten. Hier
scheinen sich jedoch u.  a. vor allem zwei Schlussfolgerungen zu bieten:
1. Es könnte diese nördliche Präsenz von Maša in Verbindung mit dem Überfall auf Kaššiya und das
Ḫulana-Flussland gemäß Hawkins dahingehend interpretiert werden, dass Maša bereits vor der sog. Groß-
reichszeit im nördlichen Teil Anatoliens lag, und dass dies auch weiterhin bis ins späte 13. Jh. der Fall war,
da nach seiner Meinung (s. Hawkins 1998, 30 u. unten S. 352) erst die Hieroglypheninschriften Boğazköy-
Südburg u. Kizildağ 4 auf eine südliche Lokalisierung hinweisen. Oder:
2. Es dürfte die Präsenz von Maša in nördlichen Gebieten nur zeitlich begrenzt gewesen sein, wie bereits
von der Verfasserin dieser Zeilen als Möglichkeit erwogen wurde; s.  Heinhold-Krahmer 2013, 71. Hierfür
könnte sprechen, dass der Angriff auf die im nördlichen Teil Anatoliens zu suchenden Länder noch in der
Zeit vor dem Regierungsantritt Šuppiluliumas I. stattfand, der damals gemeinsam mit seinem Vater Tutḫaliya
III. gegen die Aggressoren zu Felde zog, also wohl noch vor 1350 v. Chr., in einer Schwächephase des Hethi-
terreiches also. Zur Möglichkeit, dass ein in der südwestlichen Hälfte Kleinasiens gelegenes Maša damals
von dem bis südlich des Halys vordringenden „Arzawa-Feind“ kurzzeitig Richtung Norden verdrängt wurde
s. Heinhold-Krahmer (2013, 71  f.).136

Aus § 14 (so nach Friedrich) bzw. aus § 11 (so nach Beckman) des Vertrags mit Alakšandu ergibt sich, dass
jener Heerfolge leisten musste, wenn der hethitische Großkönig oder einer seiner Feldherrn entweder von
Karkiša, Maša, Lukka oder von Waršijalla aus einen Feldzug unternahm. Dass diese Gebiete, die alle im
westlichen Teil der kleinasiatischen Halbinsel gesucht werden (wenngleich mit unterschiedlichen Loka-
lisierungsversuchen in diesem Bereich), nicht allzuweit voneinander entfernt gewesen sein dürften und
wohl auch in der Nachbarschaft oder zumindest näheren Umgebung von Wiluša lagen,137 ist eine durchaus
nicht abwegige Vermutung; dazu noch gleich unten S. 257. Leider stehen weder zeitnahe Verträge mit weite-
ren westkleinasiatischen Vasallen zur Verfügung noch sind in den eine Generation zuvor (unter Muršili II.)
abgeschlossenen Verträgen mit unterworfenen Arzawa-Ländern Bestimmungen zur Heerfolge überliefert,
die auch damit in Verbindung stehende Ortsnamen enthalten. Zwar waren und sind die meisten Hethitolo-
gen – darunter wie schon erwähnt Friedrich (s. oben) u. Beckman (s. oben) – wohl zu Recht der Meinung, dass
im Vertrag mit Wiluša die innerhalb des Heerfolge-Paragraphen genannten Ortsnamen Karkiša, Maša, Lukka
oder Waršijalla, welche im Ablativ auftreten, die Bereiche darstellen, von denen aus der heth. Großkönig
seine Feldzüge unternehmen wollte. Wenn also die hethitische Kampagne von diesen genannten Gebieten
in andere feindliche Länder ihren Ausgang nahm, wäre der Vasall Alakšandu zur Teilnahme mit Truppen

Goetzes Autographie (KUB 21.1) erstellt hatte. Wincklers Kopie ergab nach Otten (1957, 27) folgenden Zusatz zu Kol. I 48′: nu kur
uru
Mạ-a-ša ḫar-ni-i[n-ku-un; statt Friedrichs nu-m[u jetzt also nu kur. In Verbindung mit dem noch erhaltenen Zeilenanfang ergab
diese Rekonstruktion dann Folgendes I 48′: ú-u̯ a-nu-un nu kur uru Mạ-a-ša ḫar-ni-i[n-ku-un …] „kam ich und vernic[htete] das
Land Maša. […]“. Vermutlich war am zerstörten Zeilenende noch ein weiteres Land genannt worden, das Muwatalli II. vernichtete;
s. das zugehörige Prädikat ḫar-ni-in-k[u-un am Beginn von I 50′ u. dazu Heinhold-Krahmer 1977, 162  f.
136 Freu/Mazoyer (2007, 195) haben den Feldzug von Šuppiluliuma I. und seinem Vater gegen Maša und Kammala (DS fragm. 13)
ebenfalls mit der wohl ca. ein Jahrhundert später von Ḫattušili III. beschriebenen gefährlichen Lage des von allen Seiten über-
fallenen Hethiterlandes (sog. konzentrische Invasion; s. KBo 6.28 + KUB 26.48 Vs. 6–16) vor Šuppiluliumas Regierungsantritt in
Verbindung gebracht. Allerdings lassen sich beide Schilderungen, nach denen Kaššiya überfallen wurde, nicht ohne Weiteres
auf ein und dieselbe Situation während der genannten Schwächephase des Hethiterreiches beziehen. In letztgenanntem Text ist
nicht von einem feindlichen Maša die Rede, das wie in Erstgenanntem (DS fragm. 13) zusammen mit Kammala das Ḫulana-Fluss-
land und Kaššiya überfallen hatte, sondern der Feind, der hiernach das Land Kaššiya überfiel und plünderte, kam aus Araunna;
s. schon Heinhold-Krahmer 1977, 44–46.
137 Dazu Heinhold-Krahmer 2013, 62–72, insbesondere 62  f. (mit Anm. 31–34) u. 64–71.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   257

und Wagenkämpfern verpflichtet worden; s. dazu Heinhold-Krahmer 2006, 70. Doch haben einige Fachleute
den Ablativ der Ortsnamen auch als Ablativ der Richtung gedeutet; s. Garstang/Gurney 1959, 102 § 14 und in
neuerer Zeit Freu 1980, 323; Freu/Mazoyer 2008, 100; Steiner 2007, 595; Simon 2015, 462 u. Gander 2016a, 88.
Allerdings konnte bereits anhand eines Vergleichs des Heerfolge-Paragraphen in dem Vertrag Muwa-
tallis II. (Al § 14 in Friedrich bzw. Al § 11 in Beckman) mit jenem Abschnitt in der berühmten Bronzetafel,
dem Vertrag Tutḫaliyas IV. mit Kuruntiya von Tarḫuntašša (Otten 1988, 22  f. Kol. III 39–41 [§  22]), der die
Verpflichtungen zur Truppenstellung bei einem kriegerischen Unternehmen des hethitischen Großkönigs
betraf, Folgendes gezeigt werden: Mit der jeweiligen im Ablativ aufgeführten Örtlichkeit wurde aller Wahr-
scheinlichkeit nach der Ausgangspunkt eines Feldzuges und nicht dessen Ziel bezeichnet; s. Heinhold-Krah-
mer 2013, 68–71; s. auch Hawkins 2015, 27 u. ders. unten S. 351. Weiter ließ sich aufgrund des Vergleichs der
beiden genannten Abschnitte in diesen Dokumenten noch auf Folgendes schließen:
Da der Ausgangsbereich für einen Feldzug des hethitischen Herrschers im Fall der genannten Bronze-
tafel das Untere Land war, das an das Land des ihm untergeordneten Sekundogeniturfürsten Kuruntiya, an
Tarḫuntašša, angrenzte, schien auch die schon oben geäußerte verbreitete Annahme (s. oben S. 256) gestützt
zu werden, dass die Ausgangsgebiete eines hethitischen Feldzuges im Westen, bei denen Alakšandu Heer-
folge leisten musste, sich in der Nähe bzw. Nachbarschaft von dessen Land Wiluša befanden; dazu Hein-
hold-Krahmer (2013, 68–71 mit Lit.). Dieser seit Jahren verbreiteten Annahme und insbesondere dem diese
Annahme stützenden neuen Argument (Heinhold-Krahmer l.  c.) stimmte Hawkins jedoch nicht zu; s. unten
S. 351. Seine wichtigsten Einschätzungen im Laufe der vergangenen 20 Jahre bezüglich einer Lokalisierung
von Maša werden im Folgenden zusammengefasst:

In seiner Bearbeitung der sog. Südburg-Inschrift, die Hawkins 1995 der Zeit von Šuppiluliuma II. zuordnete138 und in der in den
Abschnitten § 1 u. § 4 Maša neben Lukka und anderen im Südwesten Anatoliens gesuchten Örtlichkeiten bezeugt wird (ders.
1995, 22  f.), gelangte er zum Ergebnis: „The Garstang-Gurney location in northern Pisidia <Garstang/Gurney 1959, 109> actually
fits very well here“ (ders. 1995, 54), und weiter im Hinblick auf die Nähe zu Lukka hin: „Lukka perhaps specifically eastern Lycia,
perhaps extending into western Pamphylia and central-southern Pisidia <mit Anm. 194>, and Masa adjoining in to the north-
west“ (ders. 1995, 55). Dies schien einen gut nachvollziehbaren Ausweg aus einer sehr schwierigen Situation für die Forschung zu
bieten und stellte eine Art Kompromiss dar. Die keilschriftliche Überlieferung des ON hatte nämlich inzwischen im Wesentlichen
zu zwei Hauptpositionen der Fachleute bei einer Lokalisierung von Maša geführt: a) zu einer Platzierung im Süden Anatoliens,
zusammen mit dem nun einigermaßen sicher in Teilen Lykiens (u. partiell auch in benachbarten Gebieten) angesetzten Lukka
und dem in Karien gesuchten Karkiša, und b) zu einer Lage im Norden – sowohl aufgrund der Bezeugung eines Feldzugs nach
Norden gegen Maša (s. den Bericht über die Taten Šuppiluliumas  I. in DS fragm. 13; dazu gleich unten) als auch ausgehend
von der Annahme eines im äußersten Nordwesten gelegenen Wiluša, mit dem zusammen Maša ebenfalls Erwähnung fand; s.
Alakšandu-Vertrag, gleich unten.
Zu Recht wies er aber dann drei Jahre später (Hawkins 1998, 29  f. mit Lit.) erneut darauf hin, dass Maša in der schriftlichen
Überlieferung zu sich widersprechenden Lokalisierungen führe und dass die diesbezüglichen Probleme gegenwärtig kaum gelöst
werden könnten, was in einem geringeren Maße auch auf Karkiša zuträfe. Dabei beurteilte er dann als Hinweise für einen nördli-
chen Ansatz die Belege aus dem Bericht über die Taten Šuppiluliumas I. (DS fragm. 13) und dem Alakšandu-Vertrag (§ 6 bzw. § 4),
und er zog schließlich auch noch KUB 17.35 III 9–15 heran, einen Text aus dem religiös-kultischen Bereich (Zeit von Tutḫaliya IV.),
der möglicherweise für eine solche Lokalisierung spräche. Als Textquellen, die auf eine südliche Lage hindeuteten, nannte er
nur eine keilschriftliche Urkunde, nämlich den hier kommentierten sog. Tawagalawa-Brief, und außerdem zwei hieroglyphische
Inschriften, die sog. Südburg-Inschrift aus Boğazköy und die Kizildağ 4 Inschrift des Ḫartapu. Einzig die Flucht und Auslieferung
des Mašḫuiluwa könne, so Hawkins, in jede von beiden Richtungen weisen.
In seinem wenige Jahre später erschienenen, gemeinsam mit D.F. Easton, A.G. Sherratt und F.S. Sherratt publizierten Aufsatz
mit dem Titel Troy in recent perspective (2002, 75–109), zu dem er seine Überlegungen und Ergebnisse hinsichtlich der historischen
Geographie Westanatoliens beisteuerte (2002, 94–101), zitierte er in Verbindung mit der Lokalisierung des Arzawa-Landes Wiluša
auch den Heerfolge-Paragraphen im Alakšandu-Vertrag (2002, 99). Dabei stellte er Lukka in den Vordergrund seiner Betrachtun-
gen, ohne auf Maša, Karkiša und Waršiyalla näher einzugehen. Eine enge geographische Verknüpfung von Lukka mit Wiluša, die
entweder eine Lokalisierung von Lukka in der Nähe der Troas erfordere oder umgekehrt eine von Wiluša in Karien in der Nach-
barschaft von Lukka, dessen Lage an der Südküste Anatoliens, vor allem in Lykien,139 inzwischen nach der Communis opinio

138 Inzwischen wurden von einigen Forschern Argumente vorgebracht, die gegen diese Datierung zu sprechen scheinen und
auf Šuppiluliuma I. hindeuten könnten; s. z.  B. Klinger 2015, 101–107 u. weitere Lit. dazu in Gander 2016a, 83. Doch auch diese
Argumente lassen keine endgültige Datierung in die Zeit des sog. Großreichsbegründers zu.
139 Nach der Auffassung mancher Forscher hätte sich Lukka neben dem klassischen Lykien (dazu Hawkins 2015, 19  f. u. 31 mit
Lit.) auch noch bis hin nach Karien und Pamphylien erstreckt; vgl. Hawkins unten Kap. VII passim, u. ders. 2015, 20 u. 29. Nach

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258   S. Heinhold-Krahmer

weitgehend als sicher erscheint, lehnte er entschieden ab. Die sich durch seine Lokalisierung ergebende relativ große Entfernung
zwischen Lukka in Lykien und Wiluša in der Troas (nebst den weiteren drei im Heerfolge-Paragraphen genannten Ortsnamen,
die er nun wohl aufgrund der keilschriftlichen Bezeugung eher im Norden als im Süden ansiedelte; s. gleich unten), begründete
er damit, dass diese Ausgangsorte oder Ausgangsgebiete von hethitischen Feldzügen im Westen, bei denen Alakšandu Heer-
folge zu leisten hatte, genannt wurden als prominente westliche Länder. Diese waren keine „Arzawa-Länder“, ohne Könige und
vielleicht mit einer mobilen und generell unzivilisierten Bevölkerung; vgl. den schon früheren Hinweis von Hawkins (1998, 29),
dass man bedenken müsse, dass das wiederholte gemeinsame Auftreten von Lukka, Karkiša und Maša untereinander und mit
Wiluša auf andere Faktoren als auf geographischer Nähe zurückzuführen sei. Die Annahme, dass es sich bei den Lukka-Leuten
ebenso wie bei denen von Maša und Karkiša/Karkiya anscheinend um Halbnomaden gehandelt habe, hatten zuvor schon z.  B.
Singer (1983, 208) u. Forlanini (1998b, 219  f.) geäußert; vgl. auch Simon 2006, 321  f. u. ders. 2016, 462, der von zwei verschiedenen
Lukka-Bereichen ausgeht, und zwar einem im südwestlichen Kleinasien und einem anderen im Norden, wo er auch – wie derzeit
die meisten Forscher – Wiluša lokalisiert; dagegen jedoch wiederum Gander 2016a, 81.
In der überarbeiteten Version seines Beitrags zu unserer Neubearbeitung von VAT 6692 (an die Herausgeberin gesandt am
21. Juli 2012) betont Hawkins nun (unten S. 352), dass die Hinweise auf Maša und Karkiya im Tawagalawa-Text nicht notwendig
für eine eher südliche als nördliche Lokalisierung sprächen. Einzig die beiden 1998 genannten Hieroglypheninschriften deuteten
seiner Meinung nach weiterhin auf eine Umsiedelung des Ethnonyms Maša nach Süden ganz am Ende der Bronzezeit hin. Ebenso
mochte laut Hawkins die Übertragung von Karkiya/Karkiša nach Karien in den folgenden Jahrhunderten erfolgt sein; ausführlich
dazu Hawkins unten (S. 352).
In seinem zuletzt erschienenen Aufsatz mit dem Thema The Political Geography of Arzawa (2015) erwähnte Hawkins Maša
zum einen erneut in Verbindung mit der hier kommentierten Stelle im Tawagalawa-Text und zum anderen mit dem von ihm
ebenfalls in früheren Arbeiten behandelten Heerfolge-Paragraphen im Vertrag mit Alakšandu von Wiluša. Er bot im Großen
und Ganzen eine vorsichtigere Formulierung bei seinem seit 1998 bekannten und von vielen Forschern meist vollständig akzep-
tierten Rekonstruktionsversuch der historischen Geographie Westkleinasiens während der Späten Bronzezeit. Auch schien er
die Auffassung von Kollegen mit anderen – natürlich ebenfalls keineswegs endgültig gesicherten – Ergebnissen als den Seinen
nicht völlig ausschließen zu wollen, hielt jedoch im Prinzip an seinen bisherigen Thesen fest. So ging er weiterhin in Verbindung
mit Piyamaradus Angriffszielen Maša u. Karkiya (VAT 6692 III 53′  f.) von der inzwischen nicht mehr sicheren Annahme aus,
dass Piyamaradu Millawanda mit Familie und weiteren Flüchtlingen auf dem Seewege verlassen und sich dann beim König von
Aḫḫiyawa oder in dessen Kernland, auf dem Boden Griechenlands, aufgehalten habe. Von Griechland her müsste dann also Piya-
maradus Plan bis nach Kleinasien gedrungen sein, dass er übers Meer kommend in das vom hethitischen König beanspruchte
Maša und Karkiya hinüber ziehen wollte; s. dazu jedoch bereits ausführlich oben S. 254  f.: u. unten S. 282–285 bezüglich seines wahr-
scheinlich weiteren Aufenthaltes in Millawanda; vgl. auch noch Hoffners Interpretation (2009, 308 sub II 77 = II 76 nach unserer
Zählung). Auch deutete Hawkins den Heerfolge-Paragraphen im Alakšandu-Vertrag wie zuvor schon dahingehend, dass Maša,
ebenso auch Karkiša und das erst unter Muwatalli II. zu den anderen Arzawa-Ländern gerechnete und zur Heerfolge verpflichtete
Wiluša, nicht geographisch mit Lykien und Karien im Südwesten Anatoliens verflochten gewesen sein müssten, mit den Gebieten
also, wo man nach der heutigen Communis opinio das im Heerfolge-Paragraphen ebenfalls in Verbindung mit diesen Ländern
genannte Lukka geographisch platziert. Sein Hauptargument (2015, 27) schien hier zu sein, dass Wiluša noch nicht in den Texten
Muršilis II. (des Eroberers der Arzawa-Länder) auftrete. Dafür gäbe es, so Hawkins, eine wahrscheinliche Erklärung, nämlich dass
Wiluša zu der Zeit, als Muršilis Arzawa-Kampagne statt fand, „a more remote Arzawa land lying beyond his immediate purview“
gewesen sei. Allerdings ist dazu zu bemerken, dass derzeit noch keine Sicherheit darüber besteht, ob Wiluša von der hethitischen
Hauptstadt weiter entfernt lag als die Arzawa-Länder Mira und Šeḫa (so noch Heinhold-Krahmer 1977, 167)140 und sich auch in

Freu 2008, 100 u. 433 (Karte) hätte neben Lykien noch ganz Karien zu Lukka gehört. Zu Lukka rechnet Starke (1997, 450) neben
Lykien zumindest Kariens südlichen Teil und außerdem noch den Westen Pisidiens und Pamphyliens. Gander gelangte in seinem
2010 erschienenen Buch, in dem er die geographischen Beziehungen der Lukka-Länder und -Städte zu anderen Ländern und
Orten sehr klar darstellte, noch zu keinem Ergebnis bezüglich der tatsächlichen Ausdehnung des Lukka-Bereiches während ver-
schiedener Phasen der hethitischen Geschichte. So stellte er z.  B. in seinem „Schlusswort“ fest, dass die Ausweitung der Lukka-
Länder bis weit nach Karien sich nur auf wenige Quelleninformationen und z.  T. fragwürdige oder überholte Gleichungen stütze;
s. Beispiele in Gander 2010, 211–214. Erst in seinem jüngst erschienenen Artikel mit dem Titel „Lukka Lykians Trm̃mili“ (2016) legte
er sich etwas mehr fest. Er gelangte nach erneuter Auswertung der Quellen (2016, 80–87) hinsichtlich der Geographie der Lukka-
Länder u.  a. zum Ergebnis, dass die sog. Lukka-Länder sicherlich Teile des klassischen Lykien einnahmen und dass der Name
Lykien gewiss eine Fortsetzung von heth. Lukka sei, aber dass wir Lukka-Leute auch nördlich u. östlich davon finden dürften
(2016, 87); s. vor allem sein Kapitel History of Lukka and Lycia in the 2nd millennium (2016, 87–89).
140 Dazu Heinhold-Krahmer (l. c.) mit der Feststellung: „Da es sich bei Wiluša zweifelsohne um das westlichste und von Ḫattuša
am weitesten entfernte Arzawa-Land gehandelt haben dürfte …“. Diese Behauptung der Verfasserin dieser Zeilen stützte sich
damals auf die Annahme Goetzes (1957 [Karte] u. ders. 1960, 43  ff.), dass das Königreich Arzawa (Arzawa im engeren Sinne)
in Pamphylien gelegen habe, so dass Wiluša durchaus weiter westlich in Lykien oder Karien gesucht werden könne; s. auch
Heinhold-Krahmer 1977, 333  f. Diese Lokalisierung Arzawas hat sich jedoch spätestens seit der Bearbeitung der Bronzetafel durch
Otten 1988 (Bo 86/299) als unwahrscheinlich erwiesen, da in Pamphylien wohl zumindest im 13. Jh. das Land Tarḫuntašša gelegen
haben dürfte und westlich davon sehr wahrscheinlich Lukka anzusetzen ist.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   259

größerer Distanz als diese Arzawa-Länder zum Königreich Arzawa befand (s. Hawkins 2015, 27) oder aber, ob es sich nur um ein
abseits der üblichen Feldzugsrouten gelegenes und für größere militärische Unternehmungen sowohl der Könige des übrigen
Arzawa-Bereiches als auch der hethitischen Könige schwer zugängliches Land gehandelt haben kann; zu letzterer Möglichkeit s.
Heinhold-Krahmer 2004c, 40 sub d) u. vgl. dazu auch schon Starke 1997, 455. Jedenfalls dürfte mit Hawkins inzwischen der Loka-
lisierung des ehemals sehr mächtigen und von Muršili II. zerschlagenen Königreichs Arzawa mit seiner textlich erschlossenen
Meereslage an der ägäischen Küste, insbesondere in Lydien (s. Cornelius 1958a, 394  f. u. 1958b, 9; Garstang/Gurney 1959, 84–88),
der Vorzug zu geben sein; s. auch Lit. in Heinhold-Krahmer 2013, 62 mit Anm. 26 u. 27 gegenüber den auf den Versuchen der
Pionierforscher basierenden und noch heute von einigen Wissenschaftlern verfochtenen Lokalisierungen an der südlichen Mit-
telmeerküste Anatoliens; s. Lit. in Heinhold-Krahmer 2013, 62 Anm. 21–23 u. J.D.H. unten S. 360 u. passim. Dies verbietet jedoch
keineswegs, Wiluša im Süden Anatoliens zu suchen, wobei man sich nicht unbedingt auf Karien festlegen sollte.

Abschließend lässt sich nur feststellen, dass die von Hawkins 1998 getroffene Aussage (s. schon oben S. 257),
die Probleme (bezüglich der Lokalisierung von Maša) könnten schwerlich gegenwärtig gelöst werden, nach
wie vor Geltung haben dürfte. Es ist seither leider nicht viel neues Textmaterial hinzugekommen:
Zwei neue Erwähnungen von Maša scheint ein Brief aus Ortaköy (Or. 90/1299 Rs. 16  f.) zu bieten (Süel
2014, 935  f.), der sich offenbar an den König von Ḫatti (s. left edge 2  f.: dutu-ši) richtete. Anscheinend ging
es dabei um einen geplanten Überfall auf das Land Šallapa (Rs. 15 u. 27), und zwar von Seiten eines öfter
in den Ortaköy-Texten bezeugten Gegners der Hethiter namens Tarḫunnaradu (Rs. 21 u. 25). Jener benötigte
dazu wohl Truppen aus Maša (Rs. 16), welche ihm jedoch die Leute von Maša nicht zur Verfügung stellten
(Rs. 17  f.). In Verbindung mit dem weiterhin geplanten Überfall auf das Land Šallapa wird noch die Stadt
Kuršammašša genannt (Rs. 27), von wo jener Gegner kam und wohl nun Truppen aus Kuwaliya (28  f.) auf-
zubieten versuchte, was wiederum nicht gelang. Für die Lokalisierung von Maša scheint sich auch hier
nichts Sicheres zu ergeben, denn die Frage, ob die in Verbindung damit genannten Ortsnamen eher auf eine
südliche oder nördliche Lage hindeuten, hängt u.  a. auch von deren geographischer Platzierung ab. Dies
betrifft insbesondere Šallapa und Kuwaliya, über deren Lage ebenfalls noch immer keine einhellige Meinung
besteht. Die Erwähnung eines Flüchtlings, der aus der Stadt Attarimma stammte (Rs. 21  f.), welche vielleicht
zum Lukka-Bereich gehörte, jedenfalls aber im südwestlichen Bereich Anatoliens zu suchen ist, lässt eben-
falls nicht auf die genauere Lage der übrigen Orte und Gebiete, wie Maša, schließen.
Hier helfen auch die Orakeltexte mit Maša-Belegen kaum weiter; s. KBo 16.53 Rs. 28; KBo 41.127+ Vs. 8;
KBo 44.10 Z. 13′  f.; KUB 18.37 Rs. 3′  f.; KUB 49.79 Vs. 14′. Unter diesen scheint KUB 49.79 auf den ersten Blick
interessant zu sein. Dort ist Vs. 14′ kur uruM]a-a-⸢ša-⸣aš unmittelbar vor kur uruKar-ki-i[a-aš? in zerstörtem
Kontext belegt und in den nachfolgenden beiden Paragraphen (Vs. 23′ u. 25′) wird das Land Iyalanda als
Feind oder in Verbindung mit einem Feind (lúkúr kur I-ia-la-an-⸢ta⸣) genannt. Es geht in diesem Orakel
(KIN + SU) also zumindest um eine drohende Gefahr. Diese könnte durchaus an die im Tawagalawa-Text
geschilderte Situation erinnern, und zwar sowohl aufgrund der dort berichteten und vielleicht im Anschluss
an diese oder eine ähnliche Orakelbefragung tatsächlich stattfindenden Kämpfe der Hethiter im Bereich
von Iyalanda (VAT 6692 I 16–41), für die der feindliche, aber rechtzeitig entflohene Piyamaradu verantwort-
lich gemacht wurde, als auch in geographischer Hinsicht, denn es findet eben nicht nur das feindliche und
schließlich von den Hethitern zerstörte Iyalanda Erwähnung, sondern es werden von Seiten des hethitischen
Herrschers gegenüber dem König von Aḫḫiyawa auch noch die Länder Maša und Karkiya genannt mit der
Befürchtung, Piyamaradu plane nun dort einzufallen (VAT 6692 III 53′  f. u. IV 5  f.).

III 53′ kur Kar-ki-ia


Wie bei Maša herrscht auch über die Lokalisierung von Karkiya Uneinigkeit. Zusätzlich gehen die Meinungen
darüber auseinander, ob man den Ortsnamen Karkiya (VAT 6692 III 53′ u. IV 6; KUB 49.79 I 14′; KBo 2.9 Z. 10′;
sehr fraglich: KBo 22.56 Vs. 15? [s. Sommer, AU 296  f.]) überhaupt mit Kar(a)kiša gleichsetzen dürfe. Falls dies
nicht der Fall wäre, müsste man die Frage, wo das hier im Tawagalawa-Text neben Maša genannte Karkiya
zu suchen sei, losgelöst von der Diskussion um die Lokalisierung von Karkiša aufgrund des Heerfolgepara-
graphen im Vertrag mit Alakšandu von Wiluša behandeln.
Einer Identifikation, die schon in der Frühphase der Hethitologie vertreten wurde (z.  B. von Forrer 1926,
81 u. Sommer, AU 157), schlossen sich z.  B. Garstang/Gurney (1959, 128), Heinhold-Krahmer (1980, 446  f.),

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260   S. Heinhold-Krahmer

Popko (1984, 202), Neumann (1988, 255) u. Hawkins (1998, 29) an; weitere Lit. in del Monte/Tischler 1978 sub
Karkija („wohl dasselbe wie Karkiša“) und sub Karkiša; del Monte 1992 sub Karkiša u. Karkija.
Gegen eine Gleichsetzung hat jedoch jüngst Simon (2016, 457 u. 459  f.) starke Bedenken angemeldet.
Einerseits betonte er aus sprachwissenschaftlicher Sicht u.  a., dass es keinen Suffixwechsel -iš(š)a- ~ -iye/a-
gebe (mit Hinweis auf ausführliche Kritik in Simon 2015, 765  f.), jedoch erfolgte dann offenbar noch eine
Änderung oder zumindest Milderung seines Standpunktes und auch eine Änderung des Seitenhinweises;
s. also nun Simon 2015, 798–802, und zwar sein drittes Kapitel mit dem Titel Karkiša/Karkiya and the Carians.
Seiner Skepsis, deren Richtigkeit aus sprachwissenschaftlicher Sicht zunächst korrekt sein mag, kann jedoch
aufgrund der Beleglage und der Kontexte dieser Belege durchaus widersprochen werden; s. unten S. 260.
Andererseits hat Simon zu Recht auf eine Fehleinschätzung von Forrer und Sommer hingewiesen, was
die Parallelität der unterschiedlichen Ritualtexte KUB 15.35 + KBo 2.9 I 36 (CTH 716.1) und KUB 15.38 I 8′
(CTH 483) anbelangt. Das im erstgenannten Text bezeugte uruKarkiyaz (Abl.) kann nicht als Parallele zu kur
uru
Garakiša im zweiten bezeichnet werden.
Doch überzeugt seine Argumentation gegen die Identität eines gleichzeitig in einem Text neben Maša
bezeugten Kar(a)kiša mit einem in einem anderen Text ebenfalls neben Maša bezeugten Karkiya vor allem
dann nicht, wenn man Folgendes bedenkt:
Anscheinend hat er nicht bemerkt, dass in den wenigen einigermaßen datierbaren Texten von Arnu-
wanda I. bis in die Zeit Muwatallis II., in denen sowohl Maša als auch Kar(a)kiša belegt sind, offenbar nir-
gends Karkiya auftritt, in den Texten jedoch, die der Spätzeit des Hethiterreiches (wohl nach Muwatalli II.)
zugeordnet werden können, Kar(a)kiša nicht mehr auftritt; s. auch schon Otten 1982, 249 u. Popko 1984, 202.
Dafür jedoch erscheint dann Karkiya gemeinsam mit Maša; s.  den hier behandelten Text VAT 6692 III 53′
u. IV 6, der aller Wahrscheinlichkeit nach Ḫattušili III. zuzuordnen ist, ebenso den späten Orakeltext KUB
49.79 I 14′, in dem unmittelbar vor kur uruKar-ki-i[a-  ] ebenfalls [kur uruM]a-a-⸢ša⸣-aš erscheint; ferner auch
den sjh. Ritualtext für die Ištar von Ninive KUB 15.35 + KBo 2.9, wo I 27 uruKar-ki-ia-az belegt ist und eine
Zeile später (I 28) kur uruMa-ša-az folgt.141 Diese Beleglage scheint doch eher für eine Gleichsetzung von
Kar(a) kiša und Karkiya zu sprechen, es sei denn, man unterstellt, dass Kar(a)kiša unter oder nach Muwa-
talli II. in den zeitgenössischen Texten verschwand und ein ganz anderes und vorher nie bezeugtes Land
oder Gebiet mit Namen Karkiya, das dann im späten 13. Jh. zufälligerweise ebenfalls wie zuvor Karkiša neben
Maša Erwähnung fand, für die Hethiter eine gewisse Bedeutung im Westen Kleinasiens gewann.
Wenn wir hier also weiterhin davon ausgehen möchten, dass Karkiya dem Karkiša des Alakšandu-Ver-
trages entsprochen hat, dürften die Lokalisierungsprobleme in etwa vergleichbar sein mit den schon oben
in Bezug auf Maša angesprochenen Schwierigkeiten und den voneinander abweichenden Meinungen in der
Forschung; s. oben S. 255–259. Es geht derzeit wie bei Maša mehr und mehr um die Frage, ob Kar(a)kiša/
Karkiya im Süden (s. Heinhold-Krahmer 2013, 62–71 mit Lit.) oder im Norden Westkleinasiens (s. Hawkins
1998, 29; ders. 2002, 99; unten S. 351 passim; ders. 2015, 27–29) zu suchen ist. Dabei spielt vor allem wieder
die unterschiedliche Deutung des Heerfolgeparagraphen im Alakšandu-Vertrag eine wesentliche Rolle. Die
Vermutung einer geographischen Nähe der dort genannten Gebiete führt aufgrund des heute allgemein im
Südwesten Kleinasiens lokalisierten Lukka-Bereiches (Land Lukka und Lukka-Länder) zu einer südlichen
Lokalisierung  – gleichzeitig dann mit Maša und damit wohl auch mit Wiluša. Die Meinung, dass diese
gemeinsame Nennung auf andere Faktoren als eine geographische Nähe zurückzuführen sei, eröffnet
dagegen besonders den Befürwortern einer Identifizierung von Wiluša mit Ilios die Möglichkeit, das Land

141 Ein Fragment, das ebenfalls in die Spätzeit des Hethiterreiches datiert, KBo 16.35 (Arnuwanda III. oder Šuppilulima II.),
enthält in Z. 12′ noch den Beginn eines Ländernamens, der mit KA beginnt. Er befindet sich offenbar innerhalb einer Aufzählung
(Z. 12′–14′) von ON (Z. 12′ ur]u Pa-šu-u-na, Z. 13′ u]ruḪa-li-un-za-an u. Z. 14′ ⸢íd⸣Še-e-ḫ[a?), von denen die beiden Erstgenannten Hapax
legomena sind, während der Letzte mit dem Fluss Šeḫa? in den Arzawa-Bereich weisen dürfte; s. auch den vorausgehenden Ab-
schnitt (Z. 8′) mit kur uruMe-ra-a. Dass kur uruKa[- (Z. 12′) den Beginn des ON Karkiša dargestellt haben könnte, ist (entgegen
Heinhold-Krahmer 1977, 253 u. 1980, 447) heute nicht mehr anzunehmen. Es wäre in diesem Falle ja dann Ka-[ra-ki-ša] zu er-
gänzen, eine Schreibweise, die nach den bisherigen Belegen nur in Texten auftritt, die gegen Ende des 15. oder im frühen 14. Jh.
entstanden sind. Der auch in der Zeit Muršilis II. und Muwatallis II. belegte ON bietet dann die Schreibung Kar-ki-ša; s. dazu
Otten 1982, 247–249.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   261

des Alakšandu, eben Wiluša, weiterhin in der Troas zu verorten, die Länder jedoch, die dem Hethiterkönig
als Ausgangsbasis für seine Feldzüge dienen sollten und bei denen Alakšandu Heerfolge zu leisten hatte,
teils im Süden und teils im Norden zu lokalisieren.

III 54′ f. zum zweiten Satz:


Auch der Inhalt dieses zweiten Satzes aus dem Zitat dessen, was Piyamaradu angeblich zu sagen pflegt, ist
problemlos zu verstehen: Die nam.ra-Leute, seine Frau, die Kinder [und] den Haushalt werde er hier (wohl
an seinem Asylort Millawanda) zurücklassen. Dies bezieht sich zweifellos auf die Dauer seiner Abwesenheit
während seiner geplanten Kampagne nach Maša und/oder Karkiya, von der im vorausgehenden Satz die
Rede war. Allein dam-sú „seine Frau“ scheint fehlerhaft zu sein. In der zitierten Rede müsste hier ja stehen
„meine Frau“, was allgemein angenommen (s. Übersetzungen) und auch teilweise emendiert wurde; s. Forrer
1929, 115; Sommer, AU 15: „meine(?) Frau(en?)“; Miller 2006, 245: „meine! (Text: seine) Frau“; Hoffner 2009,
310  f.: dam-ya! (text: sú), „my! wife“; Beckman et al. 2011, 115: „my(!) wife“. Da wenig später dem König von
Aḫḫiyawa vorgeworfen wird (III 56′–61′), dass er Piyamaradu quasi unterstütze, wenn jener bei einem Über-
fall auf hethitisches Territorium seine Frau (hier III 56′ richtig: dam-sú-ši „seine Frau [bei] ihm“) usw. im
zu Aḫḫiyawa gehörenden Land zurücklassen würde und nach vollbrachtem Überfall auch wieder dorthin
zurückkehren könne, ist durchaus auch mit einem Vorwirkungsfehler (von III 56′ auf III 54′) des Kompilators
oder Schreibers zu rechnen.

III 55′–58′ von na-aš gim-an bis ḫa-an-ti-ia-⸢zi⸣


Dieser Abschnitt wurde, was den Inhalt anbelangt, von allen Fachleuten ähnlich interpretiert. Hingegen
weicht die ältere Forschung von der in neuerer Zeit hinsichtlich der Satzkonstruktion ab. Die Pionierforscher
verknüpften III 55′  f.: na-aš GIM-an ka-a-aš me-mi-aš eng mit dem temporalen Nebensatz (mit Konjunktion
kuwapi) in III 56′  f. und dem daran anschließenden Hauptsatz in III 58′; s. Forrer (1929, 115–117 u. 177: „(55′)So
oft er entsprechend diesem (56′)Worte, seine Frau, die Kinder und das Haus (57′)inmitten des Landes meines
Bruders in Stiche läßt, (58′)dann festigt ihn dein Land.“) und Sommer (AU 15: „So wie dies Gerücht (lautet),
da protegiert(?) ihn ja während der Zeit, wo er seine Frau(en?), Kinder und Hauswesen im Lande meines
Bruders zurückläßt(?) …, dein Land!“). Sommer (AU 159) begründet dies folgendermaßen:

„da ein Subjekt in ka-a-aš me-mi-aš vorliegt, ein anderes zu arḫa dalii̯a- gehören muß, wofür sich na-aš <in III 55′> sofort
darbietet.“

Er betrachtete also na-aš ebenso wie Forrer als Satzeinleitung nu nebst enklit. Pronomen -aš, wobei er (AU 156)
wie dieser (1929, 178) das Pronomen auf Piyamaradu bezog und die Satzeinleitung (nu + Pron.) grammatika-
lisch zum Nebensatz mit Prädikat arḫa daliye/a- stellte. Dieser Nebensatz wäre dann unterbrochen worden
durch gim-an ka-a-aš me-mi-aš, wobei Sommer ihn in seiner Übersetzung dann allerdings nicht wie Forrer
direkt in diesen Nebensatz integrierte, sondern ganz an den Anfang vor Haupt- und Nebensatz platzierte.
In den neueren Textbearbeitungen und Übersetzungen wird dagegen na-aš gim-an ka-a-aš me-mi-aš in
III 55′  f. durchwegs als unabhängiger Satz, und zwar als Fragesatz ohne Kopula, interpretiert; s. Miller 2006,
245: „Nun, was soll das, diese Rede?“; Hoffner 2009, 310: „So what does this mean?“ („Also, was bedeutet
dies?“), wobei er in der zugehörigen Anm. 313 (S. 393) noch die wörtliche Übersetzung bietet: „So how (is)
it – this word?“ („Also, wie (ist) es – dieses Wort“); Beckman et al. 2011, 115: „Will it (indeed) be this plan?“
(„Wird es [tatsächlich] dieser Plan sein?“).
Gemeinsam ist immerhin allen oben zitierten Interpretationen, dass der hethitische König mit ka-a-aš
me-mi-aš Bezug nahm auf die ihm anscheinend mehrfach zu Ohren gekommenen Pläne von Piyama-
radu, nämlich in die Länder Maša und Karkiya ziehen zu wollen, wobei er beabsichtigte, die flüchtigen
nam. r a-Leute, seine Familie und das Hauswesen im Asyl-Land zurückzulassen; s. zuvor III 52′–55′. Es ging
dem Hethiter, wie dann aus dem nachfolgenden Text deutlich wird, zweifellos darum, seinem Adressaten
nun diese Pläne Piyamaradus und die daraus zu erwartenden Konsequenzen für beide Seiten, für Aḫḫiyawa
und insbesondere für Ḫatti, darzulegen; s. III 56′–62′.

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262   S. Heinhold-Krahmer

Hierbei scheint die Interpretation von na-aš gim-an ka-a-aš me-mi-aš als Nominalsatz in Form einer
Frage, wie sie die neueren Arbeiten bieten, durchaus sinnvoll. Er weist eindringlicher auf die nachfolgende
Erläuterung von Piyamaradus Vorhaben hin, und außerdem muss das Satz einleitende na-aš nicht gewalt-
sam grammatikalisch mit dem temporalen Nebensatz verbunden werden. Dieser seinem Hauptsatz (III 58′)
vorangestellte Nebensatz bedarf zudem keiner Satz verknüpfenden Partikel nu. Es handelt sich hier ein-
deutig um den Beginn der Erläuterung eines Sachverhaltes. Derartige Erklärungen, denen wohl um der Rhe-
torik willen eine Frage, wie hier, vorausgehen kann, und deren Antwort der Fragesteller dann selbst gibt,
beginnen nach Hoffner (2007, 388 u. vgl. GrHL 403  f.) asyndetisch. Dies wird auch anhand des schon oben
behandelten Beispiels (S. 217 II 72–74) deutlich.
Auf der Suche nach weiteren Beispielen für einen mit nu oder einer anderen Konnektivpartikel einge-
leiteten Fragesatz ohne Kopula stößt man sowohl in Mascheroni (1980, 54), als auch in Hoffner (1995, 103
Nr. 141) auf eine weitere Stelle, die beide Forscher VAT 6692 (Kol. IV 20) entnommen und unter Berufung auf
AU 174 unter „abrupt questions“ („abrupte Fragen“) verbucht haben. Allerdings befindet sich jenes Beispiel
in IV 20 (nu nam-ma ku-it) an fragmentarischer Stelle, was bei Sommer zu Recht als teilweise ergänzt (AU 16:
nu na]m-ma ku-it) dargestellt wurde (s. auch Autographie), was aber Mascheroni u. Hoffner nicht deutlich
gemacht haben; s. ferner GrHL 350 § 27.7. mit einem weiteren Beispiel (nu kuit „so what?“ [„also was?“ oder
„was also?“] aus KUB 1.16 II 9); s. schon Sommer/Falkenstein 1938, 2  f. („Nun, was“) u. zuletzt wohl Gilan
2015, 68 („Oder was?“).
Hinsichtlich der inhaltlichen Deutung der Zeilen III 56′–58′, die mit dem bereits erwähnten temporalen
Nebensatz und dessen nachfolgendem Hauptsatz den Beginn einer Erläuterung darstellen, lassen sich nur
geringfügige Unterschiede zwischen den oben genannten Bearbeitungen feststellen. Hierzu nur wenige
Bemerkungen:
Gewisse Schwierigkeiten bereitete dam-sú-ši am asyndetischen Satzbeginn (III 56′). Forrer (1929, 178)
vermutete, an Stelle von -ši hätte zuerst -va (-wa) gestanden, da der Schreiber wegen me-mi-aš am Ende des
vorausgehenden Satzes zunächst an eine nachfolgend zitierte Rede gedacht habe. Er habe dann nach Erken-
nen seines Irrtums -u̯ a in das ähnliche -ši korrigiert, welches Forrer deshalb unberücksichtigt ließ. Sommer
(AU 160) stellte ebenfalls fest, dass mit dem -ši sicher etwas nicht in Ordnung sei (mit Verweis auf Korrektur).
Doch stimmte er Forrers Annahme einer Änderung von -u̯ a in -ši nicht zu. Miller (2006, 245) nahm entgegen
Sommer (l.  c.) an, dass nach akkad. sú (dam-sú „seine Gattin“) mit -ši, dem heth. Personalpronomen im
Dativ, nochmals das Possessiv-Verhältnis ausgedrückt werden sollte; s. seine Übersetzung: „Wenn er im Land
meines Bruders ihm seine Frau, die Söhne und den Haushalt zurückläßt“. Hoffner (2009, 310) und Beckman
et al. (2011, 115) ließen wie die Pionierforscher das heth. Pronomen -ši in ihrer Übersetzung unberücksichtigt.
Unsere Übersetzung schließt sich der von Miller an.
M.W. verweist hier wiederum auf möglichen luwischen Sprachgebrauch.
Die Nebensatzkonjunktion ku-u̯ a-pí (III 56′) lautete in den Übersetzungen von Forrer (1929, 115 u. 177)
„so oft“, von Sommer (AU 15 u. 159  f.) „während der Zeit, wo; so lange“, von Miller (2006, 245) „wenn“ (wohl
in temporalem Sinne von „dann wenn“), von Hoffner (2009, 310) „during the time, when“, von Beckman et
al. (2011, 115) „while“. Forrers Deutung, die iterative Vorgänge voraussetzt, scheidet wohl aus. Erst in III 59′
äußert der hethitische Herrscher die Befürchtung, Piyamaradu werde sein Land immer wieder überfallen.
Jedoch hier in III 56′  f. geht es zunächst um die Erläuterung eines anscheinend mehrfach ausgesprochenen
Planes seines Gegners (s. III 52′), der vermutlich gerüchteweise zu ihm gelangt war. Was hier also mit der Kon-
junktion kuwapi eher beabsichtigt worden sein dürfte, war, die Gleichzeitigkeit des Geschehens in Neben- und
Hauptsatz zum Ausdruck zu bringen, weshalb die Deutungen von Sommer, Hoffner und Beckman (s. oben)
vorzuziehen sind.
Das Prädikat im Hauptsatz (III 58′) ḫa-an-ti-ia-⸢zi⸣ (3.Sg.Prs.) stellt nach HW2 191  f. eine Neubildung
z.  Zt. von Ḫattušili III. dar. HW2 Ḫ, 191 bietet unter ḫantiya(i)- (s. Glossar sub verbo ḫantiye/a-) nur eine
Bedeutung, nämlich „versorgen“, wobei dort der Hinweis erfolgt: „obligatorisch mit -kan“ (so auch hier in III
58′). Friedrich nannte in HW neben „versorgen“ noch zwei weitere Bedeutungsnuancen, nämlich „betreuen,
hegen“. Gewisse Unterschiede ergeben sich meist auch aus den diversen Übersetzungen: Während Miller
(2006, 246) ebenfalls wie HW2 „versorgen“ bevorzugte, findet sich in Forrer (1929, 115 u. 178  f.) „festigen“ als
Grundbedeutung, wobei er in seinem Kommentar (S. 178  f.) noch auf die Bedeutungen „betreuen, schützen,

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   263

in seiner Absicht befestigen, Vorschub leisten“ hinwies; s. noch Sommer, AU 15 „protegieren (?)“, Hoffner
2009, 310 „Schutz bieten“; Beckman et al. 2011, 115 „unterstützen“.
Ob nun mit der zweifellos vorwurfsvollen Erläuterung gemeint ist, dass das Land Aḫḫiyawa im Falle
einer Kampagne des Piyamaradu nach Maša und/oder Karkiya dessen – wohl im kleinasiatischen Hoheits-
gebiet des Königs von Aḫḫiyawa – zurückgelassene Familie, sein Hauswesen und all die dort befindlichen
Flüchtlinge, somit also indirekt auch ihn (III 58′: -an in na-an-kán), hauptsächlich materiell „versorgte“,
kann nicht sicher gesagt werden. Was hier wohl eher noch dem Adressaten als Konsequenz von dessen wei-
terer Duldung oder Asylgewährung der Familie und Anhängerschaft Piyamaradus auf dem Boden der klein-
asiatischen Kolonie seines Landes nahegebracht werden sollte, scheint die zu sein, dass für jenen dadurch
eine Situation geschaffen wurde, die es ihm ermöglichte, relativ sorglos seine geplante(n) Kampagne(n) in
den hethitischen Machtbereich vorzunehmen. Es wurde diesem Feind somit aus hethitischer Sicht zweifellos
eine Unterstützung von Seiten Aḫḫiyawas für seine antihethitischen Unternehmungen zuteil. Dies wird auch
aus den unmittelbar nachfolgenden Zeilen (III 59′–62′) deutlich.

III 59′ ⸢a⸣-pa-aš-ma bis 62′ (Ende von § 11)


Das Verständnis des Satzes in III 59′ bereitet keinerlei Schwierigkeiten. Der hethitische König äußert hier die
Befürchtung, dass Piyamaradu sein Land immer wieder überfallen werde. Problematischer ist dagegen der
konditionale Nebensatz in III 60′, dessen nachfolgender Hauptsatz in III 61′ dagegen wieder verständlich
ist, so dass sich zumindest ergibt: „Wenn ich es ihm jedoch  … habe, wird er (Piyamaradu) in Dein <des
Adressaten> Land zurückkehren.“ Das Problem im Nebensatz stellt mangels weiterer aussagekräftiger Belege
jedenfalls das mit Glossenkeil versehene Prädikat 𒑱  ⸢ú⸣-ša-a-i-ḫa dar.
Forrer (1929, 117 u. 179) konstatierte richtig, dass 𒑱  ⸢ú⸣-ša-a-i-ḫa eine luwische 1.Sg.Prt. sei. Seine Deutung
des Sinns aus dem Zusammenhang lautete: „ich verwehrte“. Sommer (AU 15 u. 161) stimmte ihm darin zu
(„Wenn ich ihm das aber habe verwehren können(?)“) und wies auf einen weiteren Beleg in KUB 22.28 Rs. 11
(Orakelfragment) hin, der jedoch für die Bedeutung nichts hergab.142
Nach Melchert (CLL 246 sub ušay(a)-?) handelt es sich bei jenem Beleg KUB 22.28 Rs. 11 (ú-ša-i-aš-kán;
s. dagegen AU 161: ú-ša-i-aš-kán[-zi?]) um den D.-L.Pl. im Hethitischen.
In Tischler (HEG IV/15, 106) findet sich nur ein Hinweis auf die ungefähre Bedeutung des Verbs in III 60′
in Anlehnung an die Pionierforscher: „etwa (jemanden von etwas) abhalten, (ihm etwas) verwehren, auch
militärisch (ein Land gegen jemanden) verteidigen“. Für ihn steht jedoch (HEG IV/15, 107) auch fest: „Etymo-
logisch nicht deutbar, solange die Bedeutung unklar ist.“
Starke (1990, 377 mit Anm.  1361) gelangte hingegen zu einer völlig anderen Deutung des Verbs, wich
aber auch in syntaktischer Hinsicht völlig von Sommer (III 60′–62′) ab, indem er übersetzte: „Wenngleich ich
es ihm zugute gehalten habe (d.  h. nichts gegen ihn unternommen habe) und er in sein Land zurückkehren
kann, billigst du, mein Bruder, jetzt? … (diese Sache o.  ä.)?!“ Im Text (III 61′) allerdings steht ina kur-ka („in
Dein [= des Königs von Aḫḫiyawa] Land“) statt ina kur-šu („in sein [= Piyamaradus] Land“). Weshalb Starke
hier dieser Irrtum unterlaufen ist, bleibt unklar. Bezüglich einer anderen Stelle (III 4  f.; dazu Starke 1997, 453
Anm. 63 [S. 472]) verhielt er sich später wesentlich vorsichtiger gegenüber der dort von Sommer vertretenen
Auffassung (AU 12  f.), dass dem Piyamaradu als ehemaligem heth. Vasallen angeboten werden sollte, in sein
(ehemaliges) Land (im kleinasiatischen Machtbereich) zurückzukehren. Er betonte nur, die von Sommer
ergänzte Stelle biete keinen sicheren Anhalt dafür, dass Pijamaradu jemals ein eigenes Land besessen habe;
s. oben sub III 4  f.
Hoffner (2009, 310) jedoch interpretierte gemäß seiner Übersetzung („And whenever I have preven-
ted him in that, he comes back into your territory.“) das Verb 𒑱  ⸢ú⸣-ša-a-i-ḫa wieder ähnlich wie Sommer
(s. oben). Aufgrund der Annahme, dass im mān-Satz das Prädikat im Präteritum steht, scheint diese Deutung
naheliegend zu sein.

142 Forrers Hinweis auf einen weiteren Beleg (1929, 177) im Alakšandu-Vertrag (KUB 21.5 I 19) ist wohl unrichtig; dazu Sommer
(AU 161) unter Verweis auf Friedrich (1930, 167).

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264   S. Heinhold-Krahmer

Miller (2006, 246) u. Beckman et al. (2011, 115)143 haben dagegen von einer Deutung des schwach beleg-
ten Wortes Abstand genommen.
Die letzte Zeile dieses Paragraphen (III 62′: šeš-ia-za ma-la-a-ši ⸢ki-i-ma⸣ ut-tar x x x) wurde von Forrer
(1929, 117: „Mein Bruder, billigst du denn irgendwie diese Worte??“), Sommer (AU 15: „Bist du jetzt(?), mein
Bruder, mit diesem (= dem eben Gesagten?) einverstanden?! … (?)“) und Hoffner (2009, 310: „Are you now, my
brother, favorably disposed to this conduct?“) als ein einziger Fragesatz interpretiert. Miller dagegen (2009,
246: „Heißt Du (das) gut, mein Bruder? Jetzt diese […]“) u. Beckman et al. (2011, 115: „Do you approve, my
brother? Did you now […] this?“) vermuteten, dass es sich um zwei Sätze handelte. Wenn die Lesung ki-i-ma
ut-tar (s. Autographie) korrekt ist, könnte das -ma durchaus auf einen zweiten Satz in dieser Zeile hindeuten,
von dem wir jedoch das Ende aufgrund der starken Zerstörung der Zeichen nicht deuten können. Zu mala(i)-
s. die Belege AU 161  f. u. CHD L-N/2, 126  f. Zwar ist aus anderen Briefen zu ersehen, dass es dem Absender
bei Anwendung von mala(i)- um die Frage gehen dürfte, ob der Adressat eine oder mehrere angesprochene
Dinge oder Angelegenheiten billige (oder auch missbillige = markiye/a-), oder um die Feststellung, dass er
etwas billige; s.  z.  B. KUB 21.38 Vs. 9′ u. Rs. 4 (Edel 1994a, 216  f. u. 222  f.), einen etwa zeitnahen Brief der
Puduḫepa an Ramses II. von Ägypten; ferner die ebenfalls jh. Briefe KUB 40.1 Vs. 21 (Rs. 21 in Hagenbuchner
1989b, 68–76, Nr. 45 u. Hoffner 2009, 358–362, Nr. 119) und KBo 18.48 Rs. 18 (Hagenbuchner 1989b, 7–12, Nr. 5
u. Hoffner 2009, 332–334, Nr. 109). Allerdings lässt sich die fragliche Stelle in VAT 6692 III 62′ nur als rhetori-
sche Frage verstehen, denn der Hethiter setzte wohl voraus, dass der König von Aḫḫiyawa das Verhalten des
Piyamaradu nicht billigte, sonst hätte er ihn wohl kaum im nachfolgenden Paragraphen aufgefordert, jenen
von ihm selbst (dem heth. König) vorformulierten Brief an P. zu schicken. Abschließend lässt sich sagen, dass
die Beispiele für ma-(a)-la-(a)-ši (2.Sg.Prs.) nach CHD L-N, 126 sub malai- ebenso wie die dortigen Belege für
weitere Formen dieses Verbs alle aus jh. Zeit stammen.

Zusammenfassung des Kommentars zu § 11 (III 52′–62′)


Gemäß dem ersten Satz der hier zitierten Worte, die dem Hethiter angeblich zu Ohren gekommen waren,
plante Piyamaradu, der zuvor schon die Lukka-Länder überfallen hatte (I 1–5; I 16–41), nach Maša und/oder
Karkiya hinüberzuziehen (III 53′  f.). Da diese Gebiete im Alakšandu-Vertrag § 14 nebeneinander genannt sind
und auch in weiteren heth. und in ägypt. Texten gemeinsam auftreten, sollte man doch weiterhin auch über
eine geographische Nähe nachdenken und nicht nur von ethnisch-kulturellen gemeinsamen Eigenheiten,
wie Halbnomadentum, dieser Länder ausgehen.
Während Zeile III 52′ keine endgültige Sicherheit bezüglich Lesung und Interpretation bietet, bestehen
über den Rest von § 11 (III 53′–62′) in den neueren Bearbeitungen und in unserer Translit. und Übersetzung
gegenüber Sommer nur geringe Abweichungen.
In III 53′–57′ zitierte der König von Ḫatti also die ihm irgendwie zu Gehör gekommenen und offenbar
wiederholten Äußerungen Piyamaradus, die dessen wahrscheinlich im Asyl (auf kleinasiatischem Hoheits-
gebiet von Aḫḫiyawa) geschmiedeten Pläne betrafen. Er beabsichtigte, ins Land Maša und/oder Karkiya ein-
zufallen, wobei er jedoch die wohl mit ihm geflohenen nam.ra-Leute, seine Familie und sein Hauswesen
dort, an dem für sie sicheren und zu Aḫḫiyawa gehörenden Aufenthaltsort (wahrscheinlich Millawanda)
zurücklassen wollte.
Der hethitische Herrscher äußerte daraufhin seinem Adressaten gegenüber die Befürchtung, Piyama-
radu werde sein Land, zu dem er offensichtlich auch Maša und Karkiya rechnete, immer wieder überfallen
(III 59′). Wenn er (der hethitische König) ihm aber dies …te? (zum fraglichen Verb s. oben S. 263), würde er
(Piyamaradu) in dessen (des Adressaten) Land zurückkehren (III 60′  f.). Der hethitische Herrscher richtete
am Ende von § 11 dann die Frage an den König von Aḫḫiyawa, ob er dies denn billige.

143 Bei Beckman (2011, 114) ist in seiner Translit. wohl versehentlich die eigentliche Zeile  III 60′, die er mit Ausnahme von
𒑱  ⸢ú⸣-ša-a-i-ḫa in seiner Übersetzung (2011, 115) berücksichtigt hat, ausgelassen, und die nachfolgende Zeile 61′ dann als 60′
bezeichnet. Die Kennzeichnung 62′ der letzten Zeile von § 11 ist dann wieder korrekt.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   265

Paragraph 12 (Kol. III 63′–Kol. IV 15)

Der erste Abschnitt in Kol.  IV (1–15) gehört wahrscheinlich, wie schon Sommer (AU 167) betont hat und
derzeit auch allgemein angenommen wird, noch zu dem in Kol.  III 63′ beginnenden §  12, wobei dort mit
Zeile 69′ die Kolumne III endet; s. Translit. S. 34 u. 57 Anm. 242. Bei hethitischen Briefen und briefartigen
Dokumenten ist in der Regel eine Dreiteilung des Gesamttextes zu erkennen, nämlich Anrede, Grußformel(n)
und Inhalt, die durch Paragraphenstriche markiert wird. Es erfolgt ferner – wie dies auch bei anderen Text-
gattungen üblich ist – häufig eine weitere Gliederung des Inhalts in einzelne Abschnitte, insbesondere bei
längeren Schreiben. Dabei werden, wie Hagenbuchner (1989a, 30  f.) feststellte, meist verschiedene Themen
und Gedankengänge durch Paragraphenstriche voneinander abgegrenzt; vgl. dazu aber Hoffner 2009, 47 u.
passim.
Wie bereits dargelegt wurde (Translit. S. 34 u. 57 Anm. 243), ging es von III 64′ bis IV 10 um einen in
zitierter Rede verfassten Brief, den der König von Aḫḫiyawa auf Verlangen des hethitischen Herrschers
an Piyamaradu schreiben sollte. Letzteres geht deutlich aus III 63′ hervor und wurde möglicherweise
nochmals in IV 11 (s. dort S. 282) bekräftigt. Die anschließenden Zeilen ab IV 11 (Mitte) bis zum nächsten
Paragraphenstrich (nach IV 15) dürften vermutlich inhaltlich noch eng mit dem Briefinhalt in Beziehung
stehen.

III 63′ nu-uš-ši šeš-ia a-pa-a-at 1-an ⸢ḫa⸣-at-⸢ra-a-i⸣


Der gegen Ende von Kolumne III beginnende § 12 setzt in Zeile 63′ ähnlich wie der Anfang dieser Kolumne mit
einer an den Adressaten gerichteten Aufforderung ein. Diese Aufforderungen (s. auch III 8 u. IV 18) scheinen
geradezu charakteristisch für die Rückseite der Tafel zu sein: Es ging dem Absender nach seinen eigenen,
aus Kol. I und II zu ersehenden Misserfolgen wohl im Wesentlichen darum, den König von Aḫḫiyawa nun
dazu zu bringen, in der Piyamaradu-Affäre selbst tätig zu werden, und dies natürlich in einem für das Hethi-
terreich positiven Sinn. Gemäß III 63′ verlangte der hethitische König von seinem „Bruder“ (dem König von
Aḫḫiyawa), an Piyamaradu zu schreiben (hier 2.Sg.Imp.), wobei der Hethiter anschließend den Inhalt dieses
von ihm gewünschten Briefes bereits in wörtlichem Zitat vorgab (III 64′–IV 10).

III 64′ ma-a-an ú-ul


Sommer (AU 15 u. 165), Miller (2006, 246) und Beckman et al. (2011, 115) nahmen an, dass diese beiden Worte
als Nebensatz an den in III 63′ befindlichen Imperativsatz, somit an den zugehörigen Hauptsatz, anschlös-
sen. Forrer (1929, 180) und Hoffner (2009, 310) dagegen betrachteten ma-a-an als den Beginn der zitierten
Rede, als den Anfang des vom Hethiterkönig vorformulierten Briefes also.
Beides ist nicht unproblematisch. Beim erstgenannten Versuch muss man hinnehmen, dass in diesem
vorformulierten Schreiben, das der König von Aḫḫiyawa an Piyamaradu schicken sollte, dann der erste Satz
in III 64′: nu-u̯ a ša-ra-a ti-i-ia „So mach dich denn auf!“ (nach Sommer l.  c.), „Steh auf!“ (nach Miller l.  c.),
„Get up“ (nach Beckman l.  c.) nicht die am Beginn eines Zitats zu erwartende Asyndese aufweist; s. Hoffner
2007, 387  f. Dass freilich, wenn auch relativ selten, in solchen Fällen ein satzeinleitendes nu vorkommen
kann, zeigen nicht nur die von Sommer (AU 165) aufgeführten Beispiele; s. auch Weiteres in Hoffner 2007,
288 sub 7. u. GrHL 357 §  28.14 u. 403 §  29.48. Sommer (AU 165), der in diesen Fällen das nu mit „denn“,
„also“, „So  … denn“ wiedergab, zeigte zu Recht, dass hier diese Konnektivpartikel „die Schlussfolgerung
aus dem vorher erzählten Geschehnis“ ziehen lasse. Das „So … denn“ seiner Übersetzung (AU III 64′) nimmt
also auf das vorher Geschilderte Bezug, das bereits bekannt ist und nicht mehr dargelegt werden muss,
und bietet in dem mit nu-u̯ a eingeleiteten Zitat in III 64′ quasi die Konsequenz daraus; vgl. Hoffner, l.  c. u.
GrHL l.  c.
Der zweite oben erwähnte Versuch von Forrer und Hoffner lässt sich nicht wie der erstgenannte von
Sommer und anderen näher begründen. Beide Hethitologen mussten das fehlende -u̯ a bei ma-a-an ú-ul,
dem von ihnen vermuteten Beginn des zitierten Schreibens, mit einem Versehen des Schreibers erklären;
s. Forrers (1929, 180) Bemerkung dazu u. Hoffners (2009, 310) Konjektur ma-a-an<-u̯ a> ú-ul. Wir halten uns
hier an Sommers Deutung.

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266   S. Heinhold-Krahmer

Die beiden Wörter – in Verbindung mit dem vorausgehenden ⸢ḫa⸣-at-⸢ra-a-i⸣ (III 63′) betrachtet – erlauben
jedoch etwas unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten, wenn wir sie einfach wörtlich mit „schreibe
ihm …, wenn nichts“ wiedergeben. Es könnte damit gemeint sein, der Adressat solle Piyamaradu dies Eine
(/ wenigstens) schreiben, falls
1. die im vorausgehenden Text vermutete Protektion des Piyamaradu, dessen Familie und Besitz durch
den Adressaten (III 52–62) doch nicht zutreffend sei; s. Sommers Übersetzung (AU 15): „wenn dem nicht (so
ist)“; oder
2. der König von Aḫḫiyawa ansonsten nichts Weiteres in der Sache schreiben oder tun(?) möchte; vgl.
Beckman et al. (2011, 115): „if nothing (else)“; oder
3. der König von Aḫḫiyawa nicht eine andere Vorgehensweise für sinnvoll hält; vgl. Miller (2006, 246):
„wenn nichts (anders)“.

Hinzu käme noch ein weiterer Vorschlag: Nach E.R. könnte man auch übersetzen: „Schreib ihm, mein
Bruder, wenigstens das, ob es nicht so ist.“ Diese indirekte Frage würde dann die Aufforderung an den Brief-
partner darstellen, zu schreiben, ob der zuvor vom Absender gemachte Vorwurf (III 58–62), nämlich dass
Piyamaradu während seiner hethiterfeindlichen Aktionen vom Land Aḫḫiyawa unterstützt werde, doch
nicht zutreffend sei. Dies würde bedeuten, dass der König von Aḫḫiyawa nichts von den Plänen des Piya-
maradu wusste und daher bei jenem nachfragen sollte. Der anschließend in direkter Rede verfasste Brief,
den zweifellos aufgrund des Inhalts der König von Aḫḫiyawa an Piyamaradu senden sollte, würde dann aber
etwas isoliert dastehen, da sich die Aufforderung zu schreiben nicht mehr unmittelbar auf das gesamte nach-
folgend zitierte, vorgegebene Schreiben, sondern nur hauptsächlich auf das ma-a-an ú-ul bezöge. Somit ist
den ersten Möglichkeiten 1.–3., und davon wohl insbesondere der Möglichkeit 1., der Vorzug zu geben. Die
Asyndese ließe sich freilich bei allen genannten Varianten rechtfertigen; s. Hoffner 2007, 394 u. 389.

III 64′ f. von nu-u̯ a bis i-it


Nach ma-a-an ú-ul in III 64′setzte also vermutlich, wie oben dargelegt, das vom Hethiter vorgeschlagene
Schreiben an Piyamaradu ein, dessen Inhalt in zitierter Rede dem König von Aḫḫiyawa gleichsam in den
Mund gelegt werden sollte. Die Übersetzung bereitet keinerlei Schwierigkeiten. Es handelt sich um zwei
Imperativ-Sätze „Steh auf und geh weg (heim) ins Land Ḫatti!“

III 66′ en-ka-u̯ a-at-ta ⸢egir⸣-*an* kap-pu-u-[u̯ a]-⸢it⸣


Sommers Übersetzung „Dein Herr hat mit Dir abgerechnet“ ist gegenüber der von Goetze (1927, 123): „Dein
Herr lohnte Dir“ oder der von Forrer (1929, 117): „Dein Herr hat Dir verziehen“ meist der Vorzug gegeben
worden; so Puhvel HED 4, 68; Miller 2006, 246; Hoffner 2009, 110; s. dagegen Beckman et al. (2011, 115): „Your
lord has reconciled with you“. Letzteres ist wohl aufgrund des Kontextes kaum anzunehmen, da ja von einer
Versöhnung zwischen dem Hethiterkönig und Piyamaradu bislang nirgends die Rede war. Aber es dürfte eine
Deutung im Sinne von „abrechnen“ hier ebenfalls nicht passen. Am ehesten scheint unter den oben gezeig-
ten Versuchen Forrers Übersetzung Sinn zu ergeben, denn P. sollte ja davon überzeugt werden, dass er sich
gefahrlos auf hethitischen Boden begeben könne.
Diese Stelle (I 66′) ⸢egir⸣-*an* kap-pu-u-[u̯ a]-⸢it⸣ wird in HW2 K: 5.1 (sub kappuwai-) nicht behandelt,
jedoch werden dort andere Beispiele für appa(n) kappuwa(i)- geboten. Es fällt allerdings auf, dass diese Bei-
spiele meist mit der Reflexivpartikel -z(a) bezeugt sind, wofür dann die Bedeutung „kontrollieren“ sub 5.1.1
oder „sich kümmern um“ angegeben wird. Nur für letztgenannte Deutung ist eine einzige Stelle ohne -z(a)
vermerkt in HW2 K: 5.1.2.1, nämlich aus KUB 31.127+ I 48 (ah. Gebet an die Sonnengottheit in Abschrift), wo
von der Sonnengottheit Folgendes gesagt wird: „um einen Menschen, dem die Götter böse sind und den sie
verwerfen, um den kümmerst Du Dich (na-an a-ap-pa zi-ik kap-pu-u-u̯ a-ši).“ [Die Einsichtnahme in den noch
unv. Beitrag kappuwai- für HW2 verdanken wir Frau Hagenbuchner].
Statt „kümmern um“ könnte hier in Verbindung mit Piyamaradu wohl eher „sich bemühen um“ gemeint
sein, denn glaubt man dem Text VAT 6692, so hatte der hethitische Großkönig ja keine Mühe gescheut, Piya-
maradu zu einer Rückkehr in den hethitischen Machtbereich zu bewegen.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   267

Eines ist jedenfalls aus III 66′ in Verbindung mit III 64′  f. sehr deutlich zu erschließen: Das ehemalige
Abhängigkeitsverhältnis des P. vom König von Ḫatti.144 Die Rückkehr in hethitisches Hoheitsgebiet (III 64′  f.)
kann erfolgen, weil, wie die an P. zu richtende Mitteilung des Königs von Aḫḫiyawa klarstellen soll, sein Herr,
der hethitische König, ihm, dem P. gegenüber, ⸢egir⸣-*an* kap-pu-u[-u̯ a]-⸢it⸣, was immer auch dieses Verb
ganz exakt bedeuten mag. Festzuhalten ist allerdings, dass beim verbum simplex (HW2 K, 2.1. „kontrollieren,
[über]prüfen, im Auge behalten“) die Belege ohne -z(a) häufiger vertreten sind.

III 67′ f. von [m]a-a-⸢an⸣-ma-u̯ a bis [a]r-ḫa e-ḫu


Der erste Teil, [m]a-a-⸢an⸣-ma-u̯ a ul, wörtl. „wenn aber nicht“ (III 67), ist wie die beiden ähnlichen Stellen
zuvor in II 70 und III 64′ vermutlich in konditionalem Sinne zu verstehen. Wenn also das zuvor Gesagte nicht
zutreffen sollte, gemeint ist wohl, wenn P. nicht in Ḫatti bleiben möchte, „dann“, so lautet die Aufforderung
im Hauptsatz III 67′  f., „komm ins Land Aḫḫiyawa her!“ Die Möglichkeit einer Rückkehr in sein Asyl-Land
sollte damit dem Betroffenen wohl auch von Seiten des Königs von Aḫḫiyawa zugesichert werden.
Zu ar-ḫa e-ḫu „komm her“ s. auch HW2 A, 273, wo diese Stelle berücksichtigt wird.

III 68′ von nu-u̯ a-at-ta ku-e-⸢da⸣-ni pé-[di] bis III 69′ […]? a-ši-ša-nu-mi
In Verbindung mit den am Ende von III 68′ stehenden Worten nu=wa=tta kuedani pe[di] erscheint Sommers
Wiedergabe des Prädikats in III 69′ mit „ansiedeln“ sinnvoll. Somit ergibt sich die folgende wörtliche Deutung
des Relativsatzes: „An welchem Ort ich Dich ansiedeln werde“ und mit Sommer (AU 15) dann die Überset-
zung „an dem Ort, an dem ich Dich ansiedeln werde“; s. auch Hoffner 2009, 310 u. Beckman et al. 2011, 115.
Miller (2006, 246), der zur Übersetzung „und ich werde Dich […] wie[der] ansiedeln“ gelangt war, hatte
in seiner unv. Translit. von III 68′  f. statt nu-u̯ a-at-ta ku-e-⸢da⸣-ni pé-[di] die Lesung nu-u̯ a-at-⸢ta⸣ x x x [  ]
eg[ir-pa(?)] vorgezogen. Die erneute Autopsie der Tafel mit der dann gemeinsam akzeptierten Lesung (s.
oben) ergab aber, dass wir es in III 68′  f. doch mit einem vorangestellten Relativsatz zu tun haben, dessen
zugehöriger Hauptsatz in der fast völlig zerstörten Zeile IV 1 gefolgt sein musste. Dieser verlorene Hauptsatz
wurde aufgrund des Kontextes von Sommer (AU 17 u. 167 sub Kol. IV 1) dahingehend gedeutet, dass Piyama-
radu nach seiner Rückkehr nach Aḫḫiyawa an dem Ort verbleiben sollte, den ihm sein Asylgeber zuweisen
würde; so auch die Vermutung von Hoffner 2009, 310.

Kol. IV

IV 1  f. Spekulationen zum zerstörten Inhalt unter Berücksichtigung des erhaltenen Zeichens MEŠ
(Z. 2 im ersten Drittel) und des Prädikats ⸢ti⸣-i-ia (Z. 2 am Ende)
Während die Zeile IV 1 bis auf die unsichere Lesung eines Zeichens oder Zeichenrestes gegen Zeilenende hin
(dazu Translit. S. 34 u. 57  f. Anm. 243) total zerstört ist, lassen sich in IV 2 das ideographische Pluralzeichen
meš sowie am Zeilenende das Prädikat ⸢ti⸣-i-ia (Imp.2.Sg. des Verbums tiye/a-) einigermaßen deutlich erken-
nen; s. Autographie. Nur Sommer (AU 16 u. 168) ging hier das Wagnis einer Rekonstruktion ein.
Zum einen versuchte er die vor der Imperativform ⸢ti⸣-i-ia befindlichen Zeichenspuren als ša-]ra̤ ??-a̤ ??
analog zu III 64′ šara tiya (s. Glossar tiye/a-) zu deuten, was möglich erscheint; zum anderen aber regte ihn
das – wohl einem zerstörten Nomen nachfolgende – Pluralzeichen MEŠ dazu an, in IV 2 eine Ergänzung der

144 Keine Berücksichtigung fand diese Stelle z.  B. in Starke (1997, 453), der der Auffassung von Mellaart (1986, 220  f.) beitrat,
dass Piyamaradu dem Herrscherhaus des von Muršili II. zerstörten Königreiches Arzawa entstammte (s. die Hinweise auf schon
früher in diese Richtung gehende Vermutungen einzelner Forscher in Heinhold-Krahmer 1977, 224  f. mit Anm. 333), und dass er
ein Sohn des Piyama-Kurunta und Enkel des Uḫḫa-Ziti von Arzawa gewesen sei. Dabei betonte er, dass P. keineswegs, wie bislang
angenommen, ein abtrünniger heth. Vasall gewesen sein müsse, „zumal ein früherer heth. Vasallenstatus Pijamaradus in den
Texten nirgends greifbar wird …“. Allerdings dürfte gerade diese Stelle VAT 6692 III 64′–66′ mit Bezugnahme auf den König von
Ḫatti als en-ka „Dein <des P.> Herr“ (III 66′) doch eher mit Forrer (1929, 174  f. u. 181) u. Sommer (AU 149 u. 166) auf ein voraus-
gegangenes Abhängigkeitsverhältnis des P. vom hethitischen Großkönig hindeuten.

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268   S. Heinhold-Krahmer

Nomina nach III 54′ vorzunehmen. Dort war vom Plan des Piyamaradu die Rede gewesen, von seinem auf
dem Territorium des Königs von Aḫḫiyawa befindlichen Zufluchtsort (s. III 55–61) – wohl von Millawanda
aus (dazu bereits oben S. 254 u. unten S. 270) – nach Maša und/oder Karkiya (in von Ḫatti beanspruchte
Gebiete) hinüberzuziehen. Dabei wollte er die wahrscheinlich mit ihm geflohenen Zivilgefangenen (nam.
ra meš), seine Frau(en), seine Kinder und sein Hauswesen im Asyl-Land zurücklassen.
Sommers Annahme (AU 167) scheint durchaus naheliegend, dass der König von Aḫḫiyawa in dem vom
Hethiter gewünschten Brief an Piyamaradu für den Fall, dass Letztgenannter nach den bereits erfolgten Wei-
gerungen auch der Aufforderung seines Asylgebers, nach Ḫatti zurückzukehren (III 64′–67′), nicht Folge
leisten würde oder nicht dort bleiben wollte, jenem noch weitere Alternativen unterbreiten sollte. Diese
mussten für alle Beteiligten, den Asylanten wie die beiden Großkönige, akzeptabel sein.
Alternative 1: Diese ergibt sich bereits aus III 67′–69′, nämlich die Zuweisung eines Wohnsitzes in
Aḫḫiyawa. Nach Sommer (AU 167) bedeutete dies „Internierung“ in dem, wie er dachte, in Kleinasien gelege-
nen Land Aḫḫiyawa. Er war sich dabei nicht ganz sicher, ob auch Millawanda zu Aḫḫiyawa gerechnet wurde
oder nicht, während Forrer (1929, 181  f. u. 229) davon ausgegangen war, dass Millawanda zwar unter der
Oberhoheit des Königs von Aḫḫiyawa gestanden habe, jedoch nicht das von ihm in Griechenland gesuchte
Land Aḫḫiyawa selbst war und somit auch namentlich nicht unter diese Bezeichnung fiel.
Hier sei nur darauf hingewiesen, dass die Frage, ob auch Millawanda und das zugehörige Gebiet in
Kleinasien als Kolonie eines außerhalb von Kleinasien gelegenen Landes Aḫḫiyawa unter der Bezeichnung
„Aḫḫiyawa“ auftreten konnten, für eine andere Stelle im Text positiv zu beantworten ist, s. oben S. 212  f. u.
219 sub II 69 u. 70–72.
Immerhin besteht auch die Möglichkeit, anzunehmen, dass der Hethiter in seinem an den König von
Aḫḫiyawa gerichteten und dem Piyamaradu zu übermittelnden Briefentwurf vom Gedanken getragen war,
dass dieser dem Unruhestifter einen Ort oder ein Gebiet zuweisen sollte, von wo aus jenem seine geplan-
ten Übergriffe auf hethitisches Territorium sehr erschwert oder sogar unmöglich gemacht wurden. Bei einer
Zuweisung von Millawanda als Wohnsitz, das die meisten Forscher heute mit dem westkleinasiatischen Milet
identifizieren möchten, oder einem anderen küstennahen Gebiet in Kleinasien, wäre die Gefahr, dass Piya-
maradu mit Hilfe seiner Verwandten und Anhänger entkommen konnte und weiterhin hethitisches Hoheits-
gebiet bedroht hätte, kaum gebannt worden. Es ist also hier nicht auszuschließen, dass der Hethiter für den
Fall, dass Piyamaradu es ablehnte, zu ihm nach Ḫatti zu gehen oder dass er dort dann die Rückkehr aus dem
hethitischen Hoheitsgebiet in den Herrschaftsbereich von Aḫḫiyawa forderte, an die Zuweisung eines Wohn-
sitzes in einem außerhalb Kleinasiens gelegenen und entfernteren Bereich durch den König von Aḫḫiyawa
gedacht hatte, vielleicht sogar in der Nähe der Residenz des Adressaten – auf einer Insel oder sogar auf dem
Boden Griechenlands. Houwink ten Cate (1983/4, 37), der zwar noch von einer Flucht des Piyamaradu per
Schiff bei der Ankunft des hethitischen Königs in Millawanda ausging, war sich anscheinend nicht völlig
sicher, was in dem später vom Hethiter erbetenen Brief, den der König von Aḫḫiyawa an P. senden sollte, mit
der Aufforderung (gemäß III 67′  f.): nu-u̯ a ina kur Aḫ-ḫi-ia-⸢u̯ a⸣-a [a]r-ḫa e-ḫu („or to come hither, i.  e. to the
land of Ahhiyawa proper(?)“), letztlich gemeint war.
Sommers weitere Vermutung, die sich auf die nicht abwegige Annahme gründete, dass sich der Haupt-
satz (nach dem Relativsatz in III 68′  f.) bis in die Zeile IV 1 erstreckte, bleibt jedoch unsicher. Nach seiner
Überlegung nämlich könnte die Zeile IV 1 die Bestimmung enthalten haben, dass Piyamaradu an dem ihm
zum Wohnen zugewiesenen Ort in Aḫḫiyawa dann auch bleiben müsse, also die vermutete „Internierung“;
s. oben. Doch scheint dies, was letztlich ein In-Gewahrsam-Nehmen bedeutete, aufgrund jedes Fehlens eines
vollständigen Wortes und damit wenigstens eines Anhaltspunktes sowie aufgrund der dann doch in den
nachfolgenden Zeilen eröffneten zweiten Möglichkeit, von einem anderen Land aus dem König von Ḫatti
feindlich zu sein, mehr als unwahrscheinlich; vgl aber Hoffner (2009, 310), der Sommers Interpretation noch
in III 69′ einfügte, wo es sich allerdings auch ähnlich wie in II 76 um einen Leerraum oder um getilgte Worte
gehandelt haben könnte.
Alternative 2: Überzeugend scheint jedenfalls Sommers Annahme (l.  c.), dass jene zweite dem Piyama-
radu zu unterbreitende Möglichkeit eine „Ausweisung“ aus dem Machtbereich von Aḫḫiyawa dargestellt
haben dürfte. Dies lässt sich unschwer aus den nachfolgenden Zeilen IV 3–7 erschließen, in denen der König
von Aḫḫiyawa dem Piyamaradu zu verstehen geben sollte, dass er nicht mehr gewillt war, dessen vom Herr-

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   269

schaftsgebiet von Aḫḫiyawa ausgehende, feindliche Aktivitäten gegenüber dem König von Ḫatti zu dulden.
Er (P.) solle dann dem König von Ḫatti von einem anderen Land aus feindlich sein (s. unten IV 3–5).
Vorsicht scheint jedenfalls angebracht, wie schon oben angedeutet, gegenüber Sommers auf III 54′  f.
basierender Ergänzung der fast völlig zerstörten Zeile IV 2. Seine Interpretation aufgrund des hier wie dort
vorkommenden Pluralzeichens MEŠ und nur sehr vager Zeichenspuren scheint nicht ausreichend sicher,
auch wenn in unmittelbarer Nähe von beiden Textstellen die Rede von Piyamaradus Plänen ist, in Karkiya
und Maša einzufallen; s. IV 6  f. (nach IV 2) u. III 53′  f. (vor IV 54′  f.).

IV 3–5 [nu-u̯ a-kán da-me-]⸢e⸣-da-ni pé-di bis le-e ku-ru-ur

IV 3 vom zerstörten Satzbeginn bis Satzende: gam e-eš


Am Beginn von IV 3 dürfte die in bisherigen Bearbeitungen (s. Translit. S. 34 u. 58 Anm. 246) zumeist vor-
genommene Ergänzung [nu-u̯ a-kán da-me-]⸢e⸣-da-ni akzeptabel sein, und zwar nicht allein inhaltlich auf-
grund des nachfolgend erhaltenen Textes, sondern auch in räumlicher Hinsicht. Abweichend von den
übrigen Textbearbeitungen verzichtete allein Hoffner auf die Ergänzung nu-u̯ a-kán. Diese Ergänzung der Par-
tikel -kan scheint hier in Verbindung mit dem Verb eš-/aš- „sitzen, sich setzen“ angebracht, wie ein anderes
Beispiel zeigt, nämlich KUB 25.18 II 7: lugal-uš-kán ti-ia-[u-u̯ ]a-aš pé-di e-ša „Der König setzt sich an den Ort
des (Herab-)Steigens“ (gemäß dem vorausgehenden Satz stieg er zuvor vom Wagen herab).
Anschließend jedoch ergänzte Hoffner dann ebenfalls [… da-me-]e-da-ni wie die übrigen Forscher und
bot insgesamt inhaltlich in etwa die gleiche Interpretation.
Bezüglich des Prädikats hatte schon Sommer (AU 168) die Auffassung vertreten, dass Forrer (1929, 116  f.)
den Imperativ (2.Sg.) e-eš mit Recht zu eš- „sitzen, sich setzen“ und nicht zu eš-/aš- „sein“ gestellt habe, wie
aus dessen, wenngleich dort nicht näher begründeten Übersetzung von gam e-eš „lasse dich … nieder“ zu
ersehen sei.145 Er wies darauf hin, dass eine Interpretation im Sinne von gam e-eš „sei darunter“ oder „sei
zusammen“ hier sinnlos sei; vgl. auch HW2 E, 95 kattan (katta) e „bei jemandem sein“.

IV 3–5 vom neuen Satzbeginn:⸢nu-u̯ a-za⸣ bis le-e ku-ru-ur


Von kleineren Abweichungen bezüglich des Grades der Sicherheit einzelner Lesungen abgesehen, wie im
Falle von ⸢nu-u̯ a-za⸣ in unserer Translit. von IV 3 (nach Kollation) gegenüber Sommers (AU 16 u. 168) nu-u̯ ạ??-
zạ?146 oder von [ku]-⸢u̯ a-pí ku-ru⸣-ur in IV 4 (s. Autographie) gegenüber Sommers kṳ?-u̯ ạ?-p[í]?? kṳ?-rṳ?-ur, ent-
spricht unsere Übersetzung weitgehend der in AU 17, die auch nicht allzu sehr von Forrers vorausgehender
Interpretation (1929, 117) abweicht; vgl. auch die neueren Übersetzungen von Miller (2006, 246), Hoffner
(2009, 310) u. Beckman et al. (2011, 115).
In den Zeilen IV 3–5 gibt es zwei Nominalsätze. Dieser Begriff (Nominalsatz) wird aufgrund der vielfälti-
gen Definitionen in der Sprachwissenschaft hier mit Cotticelli-Kurras (1992, 6) dahingehend verwendet, dass
er „… ohne definitorischen Anspruch, für jeden Satz ohne Verbum bzw. Kopula“ verwendet wird; vgl. noch
HW2 E, 95 sub ēš-/aš- u. GrHL 412 § 30.22. Es handelt sich dabei
1. um einen temporalen Nebensatz in IV 3  f.: (3)⸢nu-u̯ a-za⸣ a-na lugal kur Ḫa-at-ti (4) [ku]-⸢u̯ a-pí ku-ru⸣-ur
„Solange Du dem König von Ḫatti feindlich (bist)“, wobei dann der nachfolgende Hauptsatz in IV 4 wieder
eš- „sein“ als Kopula enthält: (4)nu-u̯ a-za da-me-⸢da-za⸣ kur-e-za ku-ru-ur e-eš „sei (ihm) von einem anderen
Land aus feindlich!“ und

145 Kammenhubers Feststellung anhand der Belege aus dem Madduwatta-Text in HW2 E, 100 (oben rechts), dass der Imperativ
2.Sg.Akt. von eš-/aš- „sitzen, sich setzen“ neben e-eš (KUB 14.1 Vs. 16 u. 44) auch e-ši (Vs. 19) laute, und zwar Letzteres zwecks
Unterscheidung von e-eš „sei!“, trifft für unseren Text in IV 3 nicht zu. Während auf e-ši in KUB 14.1 Vs. 19 erst nach zwei weiteren
dazwischen liegenden Imperativsätzen ein dritter mit e-eš im Sinne von „sei“ folgt, sah der Schreiber oder Autor von VAT 6692
offenbar kein Problem darin, in zwei nur durch einen Nebensatz voneinander getrennten Hauptsätzen den Imperativ beider
Prädikate in der Form e-eš darzustellen (IV 3 gam ēš „lass dich nieder!“ u. IV 4 kurur ēš „sei feindlich!“).
146 Unsere Translit. ergibt sich aufgrund der passenden Projektion des gut erhaltenen nu-u̯ a-za aus IV 4 an die entsprechende
Stelle in IV 3 sowie der heute noch auf der Tafel sichtbaren Zeichenreste in IV 3; s. Autographie.

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270   S. Heinhold-Krahmer

2. um einen Hauptsatz in IV 5, wobei zusammen mit der Negation lē dessen fehlendes Verb ēš als Pro-
hibitiv (2.Sg.) zu deuten ist: am-me-ta-za-ma-⸢u̯ a⸣-za-kán kur-e-za ⸢ar⸣-ḫa le-e ku-ru-ur „Von meinem Land
aus aber darfst (/sollst) Du (ihm) nicht feindlich (sein)!“; s. auch Cotticelli-Kurras (1991, 96) zu dieser Stelle.

Die Anwendung der reflexiven Partikel -z(a) in jh. Nominalsätzen entspricht hier der Regel (s. GrHL 362  f.
§ 28.32.), da sie bei Verben in der 1.Sg. u. 1.Pl. sowie der 2.Sg. u. 2.Pl. meist erforderlich ist, und es beim feh-
lenden Verb eš-/aš- „sein“ in IV 3  f. (Imp.2.Sg.) ebenso wie in IV 5 (Prohibitiv 2.Sg.) um die 2.Sg. geht.
Während der Hauptsatz in IV 4 (nu-u̯ a-za da-me-⸢da-za⸣ kur-e-za ku-ru-ur e-eš) keine Ortspartikel -kan
enthält, findet sich jedoch im nachfolgenden, ansonsten ziemlich ähnlich strukturierten Satz (IV 5: am-me-
ta-za-ma-⸢u̯ a⸣-za-kán kur-e-za ar-ḫa le-e ku-ru-ur) eine solche, was dort auf den Ortsbezug zusammen mit
arḫa zurückgeführt werden könnte (also vom Hoheitsbereich des Absenders des fiktiven Briefes, des Aḫḫiya-
wa-Königs, aus „weg, fort“; vgl. Tjerkstra 1999, 56  f.). Einige weitere Belege für nicht präverbiales arḫa wie
hier in IV 5 finden sich in Sommer (AU 168).
Zu am-me-ta-za-… kur-e-za „von meinem Land aus“ in IV 5 als Parallele zu IV 4 da-me-da-za kur-
e-za „von einem anderen Land aus“ hat sich bereits Sommer (AU 168) ebenso geäußert wie zum Abl. des
Personal­pronomens in der Rolle eines Possessivums; vgl. GrHL 278 § 18.5. u. 18.6; ferner noch Houwink ten
Cate 1983/4, 37.

IV 6  f. von ma-a-an-u̯ a-ši bis a-pí-⸢ia⸣ i-it


Schon Forrer (1929, 117 u. 181) hatte zu Recht festgestellt, dass es sich in dem  – ansonsten unproblema-
tischen  – konditionalen Nebensatz beim enklit. Personalpronomen im Dat. (-ši „ihm“) nur um „eine Ent-
gleisung“ des Briefschreibers statt korrekt -ta „dir“ gehandelt haben müsse. Dass das in III 64 beginnende
fiktive Schreiben jedenfalls noch nicht beendet ist, zeigt die Partikel -wa hier und in den nachfolgenden vier
Zeilen. Zudem wird im nachgestellten Hauptsatz IV 7 Piyamaradu angesprochen (2. Sg.Imp.): nu-u̯ a a-pí-⸢ia⸣
i-it „dann geh dorthin“. Beides störte auch Sommer (AU 169), der jedoch annahm, dass -ši „als außerhalb des
vorschlagsweise unterbreiteten und daher sonst richtig als ‚angeführte Rede‘ geformten Briefes … stehend“
gedacht sei (mit Verweis auf die weiteren Fälle von Personenwechsel: AU 88–90, 135 [158  f.]). Fachleute in
neuerer Zeit (s. Translit. S. 34 u. 58 Anm. 247) gehen dagegen wieder wie Forrer von einem Versehen aus. M.W.
weist hier ähnlich wie bei III 56′ bei -ši nochmals auf die Möglichkeit von luw. Spracheinfluss hin.
Zu den beiden in Asyndese stehenden Ländern Karkiya und Maša in IV 6 s. schon oben sub III 53′.

IV 7–10 von lugal kur Ḫa-at-ti- bis ku-ru-ur ul ⸢a-a⸣-ra


Der Hauptsatz in IV 9: nu-⸢u̯ a-mu⸣ a-pé-e-⸢da-ni⸣ inim-ni la-ak-nu-u[t] und der vorangestellte Nebensatz, ein
Relativsatz (IV 7 von lugal bis IV 9 e-šu-u-en), wurden von Forrer (1929, 117) und Sommer (AU 17 u. 169–171)
inhaltlich ähnlich interpretiert. Gleiches gilt für die beiden selbständigen Sätze in IV 10.

IV 7–9 von lugal kur Ḫa-at-ti- bis la-ak-nu-u[t]


Diese Stelle betrifft eine vorausgegangene Feindschaft zwischen Ḫatti und Aḫḫiyawa wegen Wiluša, die
jedoch beigelegt wurde.

IV 7 lugal kur Ḫa-at-ti-u̯ a-an-na-aš-kán ú-uk


Sommer (AU 169) wies auf die – überdies auch von Forrer (1929, 117) korrekt übersetzte, aber nicht kommen-
tierte – Asyndese hin, die nach seiner Meinung „formell ziemlich ungeschickt“ sei, weil die beiden zu ver-
bindenden Glieder, „der König von Ḫatti (und) ich“, durch „mehrere Encliticae“ getrennt seien.147 Er betonte

147 Gemeint ist die mit lugal kur Ḫa-at-ti verbundene Abfolge -u̯ a-an-na-aš-kán, die beide Subjekte allerdings nicht durch
„mehrere Encliticae“, sondern nur durch drei (-wa=naš=kan), nämlich die Partikel der zitierten Rede -wa, das enklit. Personal-
pron. -naš „uns“ und die Partikel -kan, trennt.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   271

dabei jedoch, dass sie „gedanklich“ recht eindrucksvoll sei, „indem die beiden Könige als eine auch in ihrer
Gesinnung zusammengeschlossene Einheit hingestellt werden“ würden.

IV 8 ku-e-da-ni a-na ⸢inim uruU̯ i5⸣-l[u-š]a še-er


Forrers Lesung [K]a.(Uru-)vi-l[u-š]a (1929, 116) wurde von Sommer (AU 16  f.: [ini]m? uruu̯ ị?-l[ṳ]??-[š]a? u. AU 169
u. 170 mit Anm. 1) ebenfalls, jedoch nur zögerlich und mit einigen Fragezeichen versehen, übernommen. Er
stellte zwar bezüglich des ersten Zeichens fest, dass u̯ i5- (s. geštin [u̯ i5] in HZL Nr. 131) möglich sei, dass er
jedoch beim nächsten Zeichen nur zwei Waagrechte als sicher anerkennen könne; s. auch HZL 210, wo sich
nur Beispiele für LU-Schreibungen mit mindestens drei waagrechten und drei senkrechten Keilen finden.
Sommer jedenfalls meinte, es sei auch ein anderer auf -iš-ša endender Ortsname in Betracht zu ziehen; vgl.
dazu auch die Belege von auf -išša endenden Ortsnamen in Neumann (1988, 255). Dabei verwies Sommer auf
die in KUB 19.18 I 3148 bezeugte Stadt urux-iš-ša, die in Verbindung mit Šuppiluliumas I. Kämpfen gegen den
bis südlich des Halys (u.  a. bis Tuwanuwa) vorgedrungenen Feind aus Arzawa nur fragmentarisch bezeugt
ist. Diese Gegend scheidet jedoch zumindest nach dem heutigen Kenntnisstand über den hethitischen
Machtbereich während der Zeit Ḫattušilis III. aus, in die wir ja VAT 6692 datieren. Damals dürfte es kaum
zu einer diplomatischen oder auch kriegerischen Auseinandersetzung mit dem König von Aḫḫiyawa wegen
eines Ortes im südlichen Halys-Bereich gekommen sein; s. auch unten sub IV 10.
Mehr als 50 Jahre später bemerkte Singer (1983, 213  f.) zur Lesung Wiluša: „The highly conjectural resto-
ration of the name in the ‚Tawagalawa letter‘ (IV 8) would better be left aside.“ Auch die Verfasserin dieser
Zeilen, die diese Ergänzung bereits in ihrer als THeth 8 publizierten Dissertation (1977, 176) als unsicher
bezeichnet hatte, äußerte weiterhin Zweifel daran, insbesondere, als die Lesung der fraglichen Zeichen eine
große Bedeutung innerhalb des erneut aufflammenden Troia-Streites zu Beginn dieses Jahrhunderts zu erhal-
ten schien; z.  B. Heinhold-Krahmer 2004a, 210  f.; dies. 2004c, 38 Anm. 38. Nicht zu vergessen ist zudem, dass
noch früher bereits Gurney (in Garstang/Gurney 1959, 113 Anm. 3) die Lesung als „very doubtful“ bezeichnet
hatte. Andere Hethitologen dagegen wie z.  B. Houwink ten Cate (1983/4, 56 Anm. 53),149 Starke (1997, 453),
Hawkins (1998, 30 mit Anm. 204), Miller (2006, 246 Anm. 38) und Steiner (2007, 601 mit Anm. 84) zweifelten
nicht an dieser Lesung der älteren Fachleute und bezeichneten sie oft als sicher. Häufig erfolgte dies erst in
den 1980er Jahren unter Berufung auf Güterbock (z.  B. 1984, 120 u. 1986a, 37).
Dass freilich die der heute allgemein bevorzugte Lesung ⸢inim uruU̯ i5⸣-l[u-š]a (s. Autographie u. Translit.
S.  34 u. 58 mit Anm.  248) zugrunde liegenden Zeichen einen ziemlich desolaten Erhaltungszustand auf-
weisen, dürfte allen Fachleuten klar sein. Besondere Probleme bereitet vor allem das mittlere Zeichen LU; s.
dazu unten S. 275–277.
Schon Ende 2001 hatte sich freundlicherweise Prof. H. Klengel auf meine (S.H.-K.) Bitte hin die Textstelle
auf den Fotos im Berliner Museum angesehen150 und war in seinem Brief vom 02. 12. 2001 zu folgender Ein-
schätzung gelangt:

„VAT 6692 bietet Rs. IV 8 den vermuteten Namen Wiluša an einer beschädigten Stelle, für die ich Ihnen einen eigenen Kopie-
versuch beilege. Klarheit ist m.  E. hier nicht zu erreichen; der Lesungsvorschlag Wiluša wird im wesentlichen nur durch den
Kontext gestützt.“

Allerdings ist weder in unmittelbarer Nähe von IV 8 ein vollständiger Wiluša-Beleg vorhanden, auf den
sich diese Lesung stützen könnte, noch tritt ein solcher in den übrigen erhaltenen Teilen von VAT 6692 auf.
Auch die Zeile IV 19 führt uns nicht weiter. Es handelt sich dabei um eine zunächst nur von Sommer erwo-
gene Ergänzung dieses Ortsnamens an einer schon zur Zeit von dessen Bearbeitung (1932) völlig zerstörten
Stelle; s. AU Taf. II. Diese Ergänzung gründete sich wiederum auf IV 8 und nicht umgekehrt. Im Gegensatz
zu Hoffner (2009, 311) und Beckman et al. (2011, 116) hat Miller (2006, 246) bereits in seiner Übersetzung
von einer Ergänzung dieser Stelle in IV 19 Abstand genommen. Auch die übrigen Mitwirkenden an der hier

148 Güterbock 1956, 75 Anm. 54 (DS fragm. 15 Z. I 6′); del Monte 2008, 21 (Capitolo II, 3.G.= KUB 19.18 Vs. I 3′).
149 Zu einer früher eher vorsichtigen Einstellung s. Houwink ten Cate (1973/74, 150), der erwähnt, dass auf Wiluša vielleicht in IV
7–10 angespielt sei („perhaps alluded to“).
150 Das Original befand sich damals in der Bonner Troia-Ausstellung.

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272   S. Heinhold-Krahmer

vorliegenden Neubearbeitung des Textes hielten eine Ergänzung für nicht unproblematisch; s. Translit. und
ferner unten sub IV 19 auch Forrers Deutung der fraglichen Stelle.
Weitere scharfsinnige Versuche aber, die Lesung in IV 8 inhaltlich mit Hilfe anderer Texte zu stützen,
haben letztlich ebenfalls nicht die erhoffte Sicherheit erbracht.
1. Hier sei nur auf die heute verbreitete und auf Forrer (1929, 189  f.) zurückgehende Annahme hinge-
wiesen, dass die Andeutung einer bereits beigelegten Konfrontation zwischen den Herrschern von Ḫatti
und Aḫḫiyawa in VAT 6692 IV 8–10 mit der im Brief des Manapa-Tarḫunta von Šeḫa (KUB 19.5 + KBo 19.79)
erwähnten hethitischen Kampagne nach Wiluša in Verbindung zu bringen sei.
Ein Feldherr, dessen Name in KUB 19.5, und zwar am Beginn von Z. 3, nach dem später im selben Text
(KUB 19.5 Z.24 + KBo 19.79 Z.11′) erwähnten mGaš-šú-ú-uš ergänzt wurde (s. Houwink ten Cate 1983/4, 38–40
[Translit. u. Übersetzung] u. dazu 41–43 u. 50  f. [Kommentar]; Beal 1992, 470; Freu/Mazoyer 2008, 107), was
möglich, aber nicht unbedingt sicher ist (dazu bereits Heinhold-Krahmer 1977, 175 Anm. 237), hatte hethi-
tische Truppen – zweifellos in den Westen Kleinasiens – gebracht. Ob er diese Truppen direkt nach Šeḫa
geführt hatte, ist nicht endgültig zu beantworten; s. Heinhold-Krahmer 2004c, 37. Jedenfalls scheint er sich
dann mit seinen Truppen (wieder?) auf den Weg gemacht zu haben, um Wiluša anzugreifen, wobei sich für
diesen Satz in KUB 19.5 Z. 4 unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten anboten, die vor allem für die
Rekonstruktion der Geographie des alten Westkleinasien von Interesse zu sein schienen.

So ist fraglich, ob Vs. 4 mit Forrer (1926, 90) zu übersetzen ist: „… sie gingen zurück, um das Land Vilusa zu vernichten“; ähnlich
z.  B. auch Garstang/Gurney (1959, 95): „… they went back to attack the land of Wilusa“; Heinhold-Krahmer (1977, 173): „… sie
gingen zurück, um das Land W. zu schlagen“; s. ferner Hoffner (2009, 293  f. Nr. 100) u. Beckman et al. (2011, 140  f., AHT 7) oder
aber mit Houwink ten Cate (1983/4, 40 u. 42  f.): „[And whe]n [they …] set out again(?) to the country of Wilusa in order to attack
(it)“ bzw. dessen gleichzeitiger Alternativvorschlag: „[they] set out to the country of Wilusa in order to attack (it) again“; s. z.  B.
auch Freu/Mazoyer 2008, 107 u. Gander 2010, 176. Offen bleiben daher sowohl der Ausgangspunkt für dieses kriegerische Unter-
nehmen innerhalb des Westens als auch die Richtung, in die sich die hethitischen Truppen von ihrer westlichen Ausgangsbasis
aus nach Wiluša begeben mussten; dazu schon Heinhold-Krahmer 2004c, 37.

Die von Forschern teils mit der nötigen Vorsicht (s. z.  B. Houwink ten Cate 1983/4, 55  f. u. passim), teils aber
auch als Faktum (z.  B. Forrer 1929, 189  f.; Cavaignac 1933, 100–102; Starke 1997, 453  f.) dargestellte Verbin-
dung von beiden nicht problemlosen Textstellen in VAT 6692 IV 8 und KUB 19.5 Z. 4 könnte jedoch nur dann
als einigermaßen wahrscheinlich gelten, wenn sich das zeitliche Verhältnis beider Dokumente zueinander
genauer bestimmen ließe – ein Problem, auf das schon Houwink ten Cate (1983/4, 56) mit Nachdruck hin-
gewiesen hatte und das bis heute nicht endgültig gelöst werden konnte. Nahezu völlige Einigkeit herrscht
inzwischen immerhin in der Forschung darüber, dass der Manapa-Tarḫunta-Brief in die Zeit Muwatallis II.
gehört und älter als der Tawagalawa-Text ist; s. z.  B. Houwink ten Cate 1983/4, 34 Anm. 151; Güterbock 1936,
327; ders. 1983, 135 u. ders. 1984, 119 Anm. 25; Starke 1997, 453, Freu 2008, 112; Heinhold-Krahmer 2010c,
194–196.

Houwink ten Cate (1983/4, 59, 65  f.) schob allerdings zeitlich zwischen den Brief des Manapa-Tarḫunta (Muwatalli II.) und den
Tawagalawa-Text (Ḫattušili III.) noch den Alakšandu-Vertrag (Muwatalli II.) ein, welcher seit Cavaignac (1933, 100–103) wohl fast
allgemein vor dem Manapa-Tarḫunta-Brief angesetzt wird. Popko (1984, 201) schließlich vermutete aufgrund von jungen Zeichen-
formen, dass auch der Empfänger des Manapa-Tarḫunta-Briefes Ḫattušili III. gewesen sei und dass keine Identität des Absenders
mit dem „bekannten König des Šeḫa-Flußlandes“ bestanden hätte.

Auch ist heute, wie schon dargelegt (z.  B. oben S. 1  f. u. passim), ein weitgehender Konsens bezüglich einer
Datierung des letztgenannten Textes VAT 6692 in die Zeit von Muwatallis Bruder und zweitem Nachfolger
Ḫattušili III. zu konstatieren; s. Heinhold-Krahmer 2010c, 202–205 mit Lit.
Der Hinweis auf eine vorausgegangene Feindschaft wegen Wiluša in VAT 6692 IV 8  f., und zwar zwischen
dem Autor (wohl Ḫattušili III.) und dem Adressaten (Herrscher von Aḫḫiyawa), wäre folglich überhaupt
nur dann mit der im Brief des Manapa-Tarḫunta erwähnten hethitischen Wiluša-Kampagne in Beziehung
zu bringen, wenn die damit verbundenen Auseinandersetzungen schon zur Zeit des Vorgängers und wahr-
scheinlichen Bruders des Adressaten, bei dem es sich unserem Ergebnis nach um Tawagalawa gehandelt
haben dürfte (s. oben S. 67, 197–199 u. passim), und zur Zeit von Muwatalli II., dem Bruder des Autors, begon-
nen hätten. Diese Feindschaft hätte sich dann über einen längeren Zeitraum erstreckt, denn zwischen Muwa-

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   273

talli II. und Ḫattušili III. ist ja auch noch Urḫi-Teššups Regierung von einigen Jahren zu veranschlagen. Laut
Ḫattušili III. (Otten, Apologie 22, III 62) hätte jener vor seiner Vertreibung vom großköniglichen Thron sieben
Jahre regiert. Die Phase der Feindschaft könnte dann auch eine Zeitspanne von ca. 20 bis 30 Jahren umfasst
haben, da sie irgendwann während der Regierung Muwatallis II. (wahrscheinlich noch vor der Verlegung von
Muwatallis II. Residenz nach Tarḫuntašša und vor dessen kriegerischer Auseinandersetzung mit Ramses II.
von Ägypten) begonnen und mindestens bis in die Anfangsjahre der Regierung des Adressaten von VAT 6692
angedauert hätte. Dies stellte wieder für einige wenige Forscher in neuerer Zeit einen ihrer Gründe dar, auch
VAT 6692 in die Regierungszeit Muwatallis II. zu setzen, um so die Zeitspanne zu verkürzen, in der Piyama-
radu und Atpa gemeinsam agierten; s. zuletzt Gurney 2002, 134 mit Anm. 9 (mit Lit.); vgl. jedoch Heinhold-
Krahmer 2010c, vor allem 200–205 (mit Lit.).
Dass der Adressat von VAT 6692 zum Zeitpunkt des an ihn gerichteten Textes noch nicht allzu lange an
der Macht gewesen sein dürfte, wurde bereits oben mehrfach geäußert. Hier gilt es daher weiter zu bedenken,
dass die fragliche Stelle innerhalb des vom Hethiterkönig vorgeschlagenen Schreibens (VAT 6692 IV 7–9),
welches der König von Aḫḫiyawa an Piyamaradu richten sollte, eher den Eindruck erweckt, dass auf eine
aktuelle oder zumindest zeitlich nicht allzu weit zurückliegende Verstimmung zwischen beiden Herrschern
in Sachen Wiluša angespielt wurde; s.  dazu auch das später im Text befindliche Zitat aus einem voraus-
gehenden Brief des Königs von Aḫḫiyawa an den Hethiterkönig in VAT 6692 IV 32  f. Diese Verstimmung wäre
dann wohl mehrere Jahre nach den bereits unter Muwatalli II. stattgefundenen kriegerischen Aktivitäten in
Wiluša anzusetzen.
Wenn man, wie gerne angenommen wird, die Stelle im Text VAT 6692 IV 7–9, für dessen Datierung in
die Regierung von Ḫattušili III. es doch sehr gewichtige Argumente gibt (s. Kap VIII S.  366–376), mit der
im Manapa-Tarhunta-Brief geschilderten Wiluša-Kampagne eines hethitischen Feldherrn in Verbindung
bringen möchte, müsste man sich angesichts der diplomatischen Bemühungen des Hethiters im erstgenann-
ten Text doch etwas wundern. Wäre da nicht zu erwarten gewesen, dass Ḫattušili an jener Stelle des für
den Adressaten vorformulierten Briefes versucht hätte, neben der dort (IV 7–9) erwähnten Feindschaft oder
diplomatischen Verstimmung zwischen ihm und dem König von Aḫḫiyawa auch die Auseinandersetzungen
zwischen ihren beiden Vorgängern ins Spiel zu bringen oder zumindest seinem eigenen Bruder Muwatalli II.
die Verantwortung für die andauernden Spannungen in die Schuhe zu schieben?
Der von vielen hergestellte inhaltliche Bezug dieser Stelle in VAT 6692 IV 7–9. zum älteren Manapa-Tar-
hunta-Brief in KUB 19.5 + KBo 19.79 Z. 4 scheint somit zwar nicht völlig unmöglich, jedoch lässt er sich vor
allem noch aus einem anderen Grund nicht sichern: Es ist nicht beweisbar, dass die dort zu Beginn erwähnte
Wiluša-Kampagne hethitischer (Hilfs-)Truppen (Z.  3  f.)  – möglicherweise unter Führung eines Feldherrn
namens Gaššu (s.oben) – in unmittelbarem Zusammenhang mit den anschließend berichteten Ereignissen
bezüglich Lazpa (Lesbos?) stehen muss; vgl. Houwink ten Cate 1983/4, 40 u. 42; Heinhold-Krahmer 2004c,
37; Gander 2010, 172–176.
In diese Lazpa-Angelegenheit waren zwar hauptsächlich zwei sehr wichtige, später auch in VAT 6692
auftretende Personen, nämlich Piyamaradu und Atpa, verwickelt. Letzterer ist zumindest zur Regierungs-
zeit von VAT 6692 (I 63–67) als Schwiegersohn des P. und gleichzeitig als ein Repräsentant des Königs von
Aḫḫiyawa in dessen kleinasiatischer Kolonie (in Millawanda) bezeugt. Diese Tatsache hat einen wichtigen
Grund für die Verbindung von der in KUB 19.5 Z. 4 bezeugten Wilusa-Kampagne unter einem heth. Feldherrn
mit der rückblickend erwähnten Wilusa-Angelegenheit in VAT 6692 IV 8  f. dargestellt, jedoch trennt im Brief
des Manapa-Tarḫunta ein Paragraphenstrich (nach Z. 6) das erste Ereignis bezüglich der Wiluša-Kampagne
und der vermutlichen Entschuldigung des Manapa-Tarḫunta, nicht daran teilgenommen zu haben, von der
zweiten Angelegenheit bezüglich Lazpa, was meist nicht beachtet wurde. Dadurch dürfte unsicher bleiben,
ob die hethitische Kampagne nach Wiluša unter Führung eines Feldherrn dort durch eine hethiterfeindliche
Aktivität Piyamaradus provoziert wurde.
Zur Trennung verschiedener Themen bzw. Gedankengänge durch Paragraphenstriche in Briefen hat
sich vor allem Hagenbuchner (1989a, 30  f.) geäußert; s. auch schon Schachermeyr (1986, 255), der u.  a. auch
in Verbindung mit dem Manapa-Tarḫunta-Brief darauf hinwies, dass in diplomatischen Akten die Themen
wechseln können; s. ferner Heinhold-Krahmer (2004c, 38) bezüglich der vermutlichen Thementrennung im
Manapa-Tarḫunta-Brief.

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274   S. Heinhold-Krahmer

Da nämlich im selben Abschnitt (§ 3) unmittelbar nach Erwähnung der hethitischen Kampagne gegen
Wiluša in KUB 19.5 Z. 3  f. unter Führung eines Feldherrn (Gaššu?) der Absender auf seine schwere Erkrankung
zu sprechen kam (Z. 5  f.), lag und liegt immer noch der Verdacht nahe, dass Manapa-Tarḫunta damit dem
hethitischen Großkönig eine Begründung und Entschuldigung dafür liefern wollte und musste, dass er sich
an der Kampagne gegen Wiluša nicht beteiligt hatte, seiner Verpflichtung zur Heerfolge als Vasall also nicht
nachgekommen war; s.  z.  B. schon Cavaignac 1933, 101; vor allem dann Houwink ten Cate 1983/4, 50 mit
Anm. 40 (mit Lit.); Heinhold-Krahmer 2004c, 37; ferner Freu 2004, 301  f. u. ders. 2014, 78. Hoffner (2009, 294)
betonte dagegen, dass wegen des Zeitenwechsels zwischen Präteritum in Verbindung mit der Wiluša-Kam-
pagne in KUB 19.5 Z.3  f. und Präsens bei der Schilderung besagter Erkrankung des Manapa-Tarḫunta in 5  f.
Letztere nicht sicher als Entschuldigung zu bewerten sei. Dem könnte man freilich ebenso entgegenhalten,
dass der Vasall hier seinem Oberherrn zunächst von einem aktuellen Geschehen, dem Aufbruch des heth.
Heeres nach Wiluša Bericht erstatten wollte, auch wenn dieser erst unmittelbar vor dem Schreiben erfolgt
war (Präteritum), und dass er daran anschließend auf seine noch weiter bestehende Erkrankung (Präsens),
die ihn an kriegerischen Aktivitäten hinderte, hingewiesen habe.
Dass die Erkrankung nach de Martino (2006, 169) als Rechtfertigung dafür zu betrachten sei, dass Mana-
pa-Tarḫunta nicht gegen die nachfolgend in § 4 geschilderten Angriffe von Piyamaradu und Atpa gegen Lazpa
vorgehen konnte, ist zwar nicht unmöglich, doch hiergegen könnte man eben auch wieder einwenden, dass
die Erkrankung gleich im Anschluss an die Wiluša-Kampagne in § 3 erwähnt wurde, während die Lazpa-An-
gelegenheit und die darin verwickelten Personen erst in § 4 Erwähnung finden, so dass ein Themenwechsel
hier naheliegen könnte.
Da nach der Wiluša-Kampagne im weiteren Verlauf dieses Briefes (§ 4 Z.7–37), wie schon erwähnt, dann
von Atpa und insbesondere Piyamaradu die Rede ist, die dort durch die Schilderung ihres Verhaltens als
Gegner der hethitischen Vasallen Manapa-Tarḫunta und Kupanta dlamma  – und damit auch des hethiti-
schen Großkönigs  – in Erscheinung treten, wurde vor allem in neuerer Zeit vermutet, dass sich die anti-
hethitischen Umtriebe des Piyamaradu (und auch des Atpa?) bis nach Wiluša erstreckt haben würden. Hier
wäre vor allem Houwink ten Cate (1983/4, 43, 51, 56–58) zu nennen, der seine Überlegungen u. Ergebnisse
mit der gebotenen Vorsicht darstellte und dabei auch deutlich auf verschiedene damit verbundene Probleme
hinwies; vgl. dagegen Starke (1997, 453), der im Anschluss an Houwink ten Cates Hypothesen diese wesent-
lich weniger vorsichtig vertrat.
2. Eine weitere Verbindung versuchte man herzustellen zwischen der vermutlichen Erwähnung von
Wiluša in VAT 6692 IV 8 und dem Beleg einer früheren Unterstützung des Alakšandu von Wiluša durch
Muwatalli II. gegen dessen Feind Maša sowie gegen ein anderes Land, dessen Name nicht mehr erhalten ist
(dazu oben S. 255  f. zu III 53′), bezeugt in § 6 (so nach Friedrich 1930, 54  f.) bzw. § 4 (so nach Beckman 19992,
Nr. 13) mit der sich ergebenden Zusatzlesung des Alakšandu-Vertrages von H. Winckler (Otten 1957, 27). Dabei
würde es sich nach der Meinung mancher Fachleute bei den bezeugten kriegerischen Aktionen der Hethiter
im Manapa-Tarḫunta-Brief und im Alakšandu-Vertrag um ein und dieselbe Angelegenheit handeln; s. z.  B.
Singer 1983, 206; in Erwägung gezogen auch schon von Heinhold-Krahmer (1977, 173); Smit (1990/91, 89)
und später z.  B. von Klengel (1998, 213  f.) u. Hawkins (1998, 16). Dass freilich weder Piyamaradu und Atpa
noch der König von Aḫḫiyawa in den erhaltenen Partien des Alakšandu-Vertrages genannt sind, mussten die
meisten der oben genannten Forscher konstatieren und häufig wurde dann vermutet, dass einer von ihnen
oder sogar alle zusammen dort unter der Bezeichnung „Feind“ Erwähnung fanden.

Allerdings wurde anscheinend von allen bislang außer Acht gelassen, dass die entsprechende Stelle im
Vertrag mit Alakšandu annehmen lässt, dass Muwatalli persönlich einen Feldzug zur Unterstützung des
Alakšandu unternommen hatte; s. den in der 1.Sg. verfassten Bericht über das Kriegsgeschehen in KUB 21.1 I
48′–53′ (Fassung A, erweitert durch die in H. Wincklers Kopie gebotenen Lesungen [Otten 1957, 27], wie z.  B.
ḫarninkun in 49′ ú. 53′ oder daḫḫun in 52′). Manapa-Tarḫunta dagegen bot in seinem Brief an den heth. Groß-
könig ja nur die Mitteilung der Kampagne eines heth. Feldherrn gegen dieses Land.
Was ergibt sich nun aus den oben angestellten Überlegungen zu der rückblickenden Erwähnung einer in
VAT 6692 IV 8 erwähnten Feindschaft zwischen den Königen von Ḫatti und Aḫḫiyawa und deren häufig ver-
muteter Bezugnahme auf frühere kriegerische Aktivitäten des hethitischen Königs Muwatalli II.?

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   275

Es lässt sich weder eindeutig eine direkte Verbindung der in VAT 6692 IV 7–9 erwähnten „Feindschaft“
zwischen Ḫatti und Aḫḫiyawa wegen Wiluša (VAT 6692) mit der im Manapa-Tarḫunta-Brief berichteten
Wiluša-Kampagne eines hethitischen Feldherrn herstellen, noch mit dem im Alakšandu-Vertrag bezeugten
Feldzug von Muwatalli  II.; s. oben S.  272–274 sub 1. u. 2. Die mehrfach geäußerte Annahme, dass es sich
bei diesen beiden aus der Zeit Muwatallis überlieferten heth. Feldzügen um ein und dieselbe kriegerische
Aktivität gehandelt habe, dürfte eher unwahrscheinlich sein; s. oben sub 2. Die Hinweise auf Wiluša in den
oben behandelten drei Texten, dem Alakšandu-Vertrag, dem Manapa-Tarḫunta-Brief und dem Tawagalawa-
Text, könnten sich also durchaus auf drei verschiedene kriegerische Unternehmungen der Hethiter in bzw.
wegen Wiluša bezogen haben. Dabei scheint jedoch die schon früh vertretene Hypothese nicht widerlegt zu
sein, dass es der hethitischen Seite zumindest im Manapa-Tarḫunta-Brief und in VAT 6692 um die Wahrung
der dem Alakšandu und gleichzeitig dessen Nachkommen vertraglich von Muwatalli zugesicherten Thron-
folgerechte ging; dazu schon Friedrich 1930, §§ 5, 6, 7 u. 9 mit seinem Kommentar 89–91; Cavaignac 1933,
100–102. Diese Rechte könnten – auch das scheint möglich – von dessen Gegnern, zu denen vielleicht auch
Atpa und Piyamaradu gehörten, gefährdet worden sein.
Was nun die Lesung Wiluša in VAT 6692 IV 8 anbelangt, so müssen wir uns wieder dem schon oben
erwähnten fraglichen Zeichen LU zuwenden. Da sich gerade dafür keine genaue Entsprechung unter den in
HZL Nr. 210 gebotenen Beispielen findet, denn jede Variante enthält dort mindestens drei waagrechte und
drei senkrechte Zeichen (s. dazu noch unten unter Beleg 1; vgl. auch M.W. in Kapitel VI), bot sich als Möglich-
keit Folgendes an beim Versuch, eine Lösung zu finden.
1. Ein Vergleich des fraglichen LU-Zeichens bei der Lesung U̯ i5-l[u-š]a in VAT 6692 IV 8 mit den anderen
Belegen dieses Zeichens im Text selbst, und
2. ein Vergleich der Schreibweisen des dort in IV 8 belegten Ortsnamens mit Bezeugungen von Wiluša
in Briefen, die wie der sog. Tawagalawa-Brief aus der Spätphase des Hethiterreiches stammen dürften. Es
handelt sich vor allem um die Brieffragmente KBo 18.18 (Datierung von Ḫattušili III. bis Šuppiluliuma  II.
möglich)151 und KUB 19.55 + 48.90 + KBo 18.117, den sog. Milawata-Brief (mit der fast allgemein vertretenen
Datierung in die Zeit von Ḫattušilis Sohn, Tutḫaliya IV.).152

Zu 1.: Das Zeichen LU erscheint im Text VAT 6692 – soweit erhalten – nur noch an drei Stellen, und zwar Beleg
1 in I 3: Lu-uk-ka4-a; Beleg 2 in III 12: be-lumeš; Beleg 3 in III 43′: be-lu.
Beleg 1: In I 3 setzt sich LU aus nur fünf Bestandteilen (zwei senkrechten Keilen und drei waagrechten)
zusammen. Die in HZL 210 dargestellten 22 Varianten bestehen aus mindestens sechs, maximal sogar 14
waagrechten und senkrechten Elementen. Der Beleg 1 ist offenbar etwas anders geschrieben als das vermu-
tete LU in IV 8.
In letzterem Falle (IV 8) befinden sich die zwei noch deutlich erkennbaren waagrechten Keile vor ver-
mutlich zwei senkrechten, von denen nur die Köpfe sichtbar sind. Gemäß Autographie dürfte sich aber ein
kleinerer senkrechter Keil, den vielleicht noch ein kleiner waagrechter Strich kreuzte, im Freiraum zwischen
den beiden großen Waagrechten sowie vor den beiden Senkrechten befunden haben. Vorausgesetzt dies ist
richtig, dürfte man von zwei deutlichen waagrechten und drei senkrechten Keilen sprechen. Die Deutung
anhand der Originaltafel ist freilich schwierig.
Im Fall von I 3 dagegen scheint der erste senkrechte Keil gleich links auf dem Kopf des untersten
Waagrechten zu stehen; wie z.  B. in HZL 210, Variante 19. Von einem zweiten Senkrechten wäre hauptsächlich
nur der Kopf erhalten, der sich auf dem obersten waagrechten Keil befindet. Zwischen oberem und unterem
Waagrechten lässt sich wie in HZL 210, Variante 19 noch eine kleine waagrechte Linie ohne Kopf, vermutlich
der Rest eines dritten waagrechten Keils, erkennen. Somit ergeben sich wohl hier drei waagrechte und nur
zwei senkrechte Keile. Es ist zunächst kaum zu entscheiden, ob wir es in I 3 u. IV 8 mit zwei unterschiedli-
chen Schreibweisen von LU zu tun haben oder ob wir in IV 8 nicht mit LU rechnen dürfen.

151 So nach Hagenbuchner (1989b, 317 Nr. 215) aus paläographischen Gründen; Hawkins 1998, 21.
152 So z.  B. Singer 1983, 214; Starke 1997, 454; Hawkins 1998, 19.

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276   S. Heinhold-Krahmer

Beleg 2: Auch in III 12 enthält LU (HZL 210) nur zwei senkrechte Keile, wobei sich die Zahl der Waagrech-
ten wie bei Beleg I auf drei beläuft. Von diesen waagrechten Keilen durchschneiden nach der Autographie
nur die zwei unteren die beiden senkrechten. Bei M.W. (unten Kapitel VI.1.2 Table II) dagegen durchqueren
alle drei Waagrechten die beiden Senkrechten. M.W. (unten S. 324) verweist auf das Fehlen dieses Typus in
HZL 210, aber auch auf eine gewisse Ähnlichkeit mit der dortigen Variante 15, die allerdings drei Senkrechte
und vier Waagrechte bietet. Auch hier ist das LU mit dem in IV 8 vermuteten LU nicht völlig identisch.
Beleg 3: Bezüglich dieses dritten Belegs in III 43′ unterscheidet sich die Darstellung von M.W. (s. unten
S. 321) ebenfalls von der in der Autographie (von E.R.). Table II von M.W. zeigt bei LU zwei senkrechte und drei
waagrechte Keile, wobei Letztere die zweite Senkrechte durchqueren, während in der Autographie ebenfalls
zwei senkrechte und drei waagrechte Keile zu sehen sind, jedoch noch oberhalb der drei Waagrechten eine
schräg zum zweiten senkrechten Kopf – oder von diesem weg – verlaufende Linie erscheint.
Zu diesen unterschiedlichen Einschätzungen kann man durchaus gelangen, wenn man die älteren und
neueren Fotos an dieser Stelle betrachtet; s. die älteren von Ehelolf in Kapitel V.2 BoFN 00741 u. AU Taf. II;
die neueren von Teßmer in Kapitel V.3, VAT 6692 Taf. II u. BoFN 00741 in: hethiter net/: Phot.Arch BoFN 0041.
Unsicher erscheint z.  B., wie in Beleg 3 die schräg verlaufende Linie zu bewerten ist. Stellt sie einen zusätzli-
chen Keil dar (s. Autographie) oder nur eine Verlängerung des oberen Abschlusses des zweiten senkrechten
Kopfes; s. M.W. Kapitel VI.1.2?
Zu 2.: Zwei Briefe mit Wiluša-Belegen aus dem 13. Jh.:
KUB 19.55 (VAT 7477 + KUB 48.90153 + KBo 18.117154), der sog. Milawata-Brief: Das Zusatzstück KUB 48.90
Z. 9′ u. 10′ bietet nun für zwei der dadurch vervollständigten Zeilen von VAT 7477 Rs. (s. Hoffner 1982, 131) je
einen Beleg für das Land Wiluša. Die Zählung dieser beiden Zeilen lautet in Sommer (AU 202) Rs. 43 u. 44, in
Goetze (Ed. KUB 19.55) dagegen Rs. 41 u. 42. Allerdings befinden sich die beiden Belege ähnlich wie der hier
behandelte ON in VAT 6692 IV 8 an schadhaften Stellen.
Der erste Beleg zeigt LU nur partiell, wobei wie bei diesem Zeichen in VAT 6692 I 3 der erste senkrechte Keil
auf dem Kopf des unteren Waagrechten zu stehen scheint; s. wieder HZL 210, Variante 19. Vom zweiten Beleg
sind nur zwei Waagrechte in der Autographie zu sehen, wobei drei Senkrechte auf der oberen Waagrechten
zu stehen scheinen. Freilich macht die Schraffur hier wie in der vorausgehenden Zeile deutlich, dass LU an
beschädigter Stelle steht. Jedenfalls hätten wir hier im Zusatzstück KUB 48.90 in zwei aufeinanderfolgenden
Zeilen mit zwei unterschiedlichen Schreibweisen von LU zu rechnen, was dann wohl auch in VAT 6692 I 3 u.
IV 8 der Fall sein könnte. Falls LU in KUB 48.90 Z.10′ trotz Schraffur so vollständig wie das nachfolgende ŠA
zu lesen ist, hätten wir sogar den zweiten Beleg für nur zwei waagrechte Keile und Sommers (AU 169) oben
S. 271 genannte Bedenken gegen eine solche Schreibweise von LU in VAT 6692 IV 8 wären ausgeräumt.
KBo 18.18: Dieser nur sehr fragmentarisch erhaltene Brief eines hethitischen Großkönigs (Hagenbuch-
ner 1989b, 316–318 Nr. 215), vermutlich an einen westlichen Herrscher (in Aḫḫiyawa oder Westkleinasien?)
gerichtet, dessen Name zunächst hauptsächlich mMaš-ḫu-it-ta (s. Hagenbuchner l.  c.),155 in neuerer Zeit
jedoch vor allem im Anschluss an Hawkins mPar-ḫu-it-ta gelesen wurde,156 ist ebenfalls in die Spätzeit des
Hethiterreiches, vielleicht in die Zeit des letzten bekannten Herrschers Šuppiluliuma II., zu datieren; s. z.  B.
Hawkins 1998, 21; de Martino 2010b, 91. Er enthält vier Stellen (Z. 7, 8, 11 u. 12), die Wiluša bezeugen. Nur zwei
davon sind vollständig erhalten und bieten das Zeichen LU, nämlich Z. 8 u. 12. In Z. 8 scheint das Zeichen
gemäß der Autographie von Güterbock vollständig erhalten zu sein, und zwar mit drei waagrechten Keilen,
die sich mit den nur zwei Senkrechten überkreuzen, wobei die Köpfe der Waagrechten noch vor den senk-
rechten Keilen stehen. In Z. 12 überschneidet sich dieses Zeichen mit der Linie des rechten Randes. Während
das vorausgehende u̯ i5- (geštin) und das bereits auf dem Rand befindliche ŠA von Wiluša gut erhalten sind,
dürfte LU nicht ganz vollständig sein. Vermutlich entsprach es aber dem Zeichen in Z. 8, wobei der unterste

153 Zusatzstück erkannt von Hoffner (1982, 130–137 [Textbearbeitung] u. besonders 131 [mit dem Zusatzstück KUB 48.90 u. den
dort befindlichen Wiluša-Stellen].
154 Zusatzstück erkannt von Weeden (2012, 63–65).
155 Ebenso gelesen von Singer 1983, 216, Güterbock 1986, 39, Steiner 2007, 602  f.
156 Hawkins 1998, 20; Freu/Mazoyer 2010, 137; Gander 2010, 121, 162, 165; vgl. z.  B. auch Heinhold-Krahmer (2004c, 39) u. de
Martino (2010b, 91) ohne Festlegung auf eine der beiden Lesungen Mašḫuitta u. Parḫuitta.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   277

waagrechte Keil nicht erkennbar zu sein scheint, während die beiden oberen sowie zwei senkrechte Keile
sichtbar sind.
Somit steht immerhin fest, dass in HZL Nr. 210 die textlich belegte Schreibweise mit zwei waagrechten
nebst drei senkrechten Keilen (s. oben sub 2.: KUB 48.90 Z.10′), wie auch die Variante mit drei waagrechten
und zwei senkrechten Keilen (s. oben sub 1.:VAT 6692 I 3 u. oben sub 2.: KBo 18.18 Z.8), – vielleicht wegen
ihres selteneren Auftretens gegenüber anderen Varianten – nicht enthalten sind.
Immerhin lässt sich zu Gunsten einer Lesung LU in VAT Kol. IV 8 Folgendes anführen. Zum einen treten
Schreibvarianten von diesem Zeichen auch nacheinander im sog. Milawata-Brief auf. Zum anderen lässt sich
die reduzierte Form der Varianten von LU im Text VAT 6692 (s. oben Belege 1–3) auch an der Stelle IV 8 ver-
muten; s. M.W. unten Kapitel VI.1.2 Table II S. 320  f. sub LU (HZL Nr. 210). Zudem dürfte im Zusatzstück KUB
48.90 Z.10′ zum Milawata-Brief eine ähnliche Form mit zwei waagrechten und drei senkrechten Keilen auf-
treten.
Da nun einerseits kaum dreisilbige Ortsnamen bekannt sind, die mit diesem Zeichen GEŠTIN (gelesen
u̯ i5) beginnen und gleichzeitig mit ŠA enden (s. del Monte/Tischler 1978, 484  f.157 u. del Monte 1992, 189),
und andererseits auch Sommers Bedenken (AU 169) gegenüber einer Lesung des zweiten Zeichens als LU in
VAT 6692 IV 8 – und zwar wegen der von ihm gesehenen nur zwei waagrechten Keile – aufgrund des oben
genauer Dargelegten vernachlässigt werden können, ist nach derzeitigem Wissensstand die Lesung ⸢inim
uru
U̯ i5⸣-l[u-š]a – entgegen meiner früher geäußerten Auffassung (zuletzt Heinhold-Krahmer 2004a, 210  f. u.
dies. 2004c, 38)  – als wahrscheinlich anzuerkennen. Wir können also davon auszugehen, dass es wegen
Wiluša zu einem Konflikt zwischen Aḫḫiyawa und Ḫatti gekommen war. Dieser war aber zum Zeitpunkt der
Textabfassung von VAT 6692 anscheinend bereits bereinigt; dazu gleich unten zu IV 9  f.
Für das Problem der Lokalisierung von Wiluša bietet die Stelle keine völlig sicheren Anhaltspunkte. Man
kann hier nur spekulieren. Die Tatsache immerhin, dass es dem hethitischen König, unmittelbar bevor er
auf die Wiluša-Angelegenheit (IV 7–10) zu sprechen kam, in IV 6 und auch am Beginn von IV 7 noch um die
vermuteten Angriffsziele des Piyamaradu, nämlich die Länder Karkiya und Maša, ging, und weiter, dass
dann gleich in IV 11 die damals unter der Oberhoheit Aḫḫiyawas stehende Stadt Millawanda (wahrscheinlich
Milet in Karien) Erwähnung findet, von wo aus Piyamaradu seine Überfälle auf Karkiya und Maša geplant
haben dürfte (s. auch oben zu I 58–74; II 68  f.; III 53′–59′), lässt an den Heerfolgeparagraphen im Vertrag von
Ḫattušilis Bruder und Vorgänger Muwattali II. mit Alakšandu von Wiluša denken; § 17 in Friedrich 1930 u.
§ 11 in Beckman 1999, Nr. 13. Dort wurden, wie bereits oben (S. 256  f.) dargelegt, Maša und Karkiša und auch
das nach heutiger Auffassung sicher im Südwesten der anatolischen Halbinsel zu lokalisierende Lukka als
mögliche Ausgangspunkte für hethitische Feldzüge bezeugt, für die der König von Wiluša zur Heerfolge ver-
pflichtet wurde; dazu schon oben S. 256.
Es erschienen also die hier in VAT 6692 von Ḫatti ebenfalls beanspruchten Länder Karkiya und Maša
(s. schon III 52′  f. in Verbindung mit III 59′) als Angriffsziele des Piyamaradu, der zuvor anscheinend auch
schon für Ḫatti interessante Gebiete, die im Lukka-Bereich oder in dessen Nähe lagen, bedroht, überfallen
und zerstört hatte; s. VAT 6692 I 1–5, 18–41. Dabei war dessen Ausgangsort vermutlich das unter der Oberherr-
schaft von Aḫḫiyawa stehende Millawanda, welches ebenfalls wie Lukka im Südwesten der kleinasiatischen
Halbinsel lag.158
Somit stellten Maša und Karkiša in beiden Texten (im Vertrag mit Al. und in VAT 6692) zusammen mit
Lukka die Ausgangsbasis dar, von der aus der Hethiterkönig mit seinen Gefolgsleuten in den Krieg ziehen
konnte – vermutlich gegen westkleinasiatische Gebiete, die auch schon zur Zeit Muwatallis II. von Aḫḫiyawa
bedroht waren, oder, die wie möglicherweise Millawanda, schon unter die Botmäßigkeit dieses Reiches
geraten waren. Eine Lokalisierung von Maša und Karkiša/Karkiya im Südwesten scheint also nicht abwegig
und das Gleiche gilt wohl auch für Wiluša.

157 Die nur ein Mal belegte Stadt uruU̯ i5-pa-aš-ša kommt vermutlich nicht in Betracht.
158 Sommer (AU 166) vermutete sogar, dass Millawanda direkt zu den Lukka-Ländern zu zählen sei. Diese Vermutung teilten
nicht alle Forscher. So widersprach ihr in neuerer Zeit auch Gander (2010, 179), der betonte, dass der Ort in den Quellen viel
stärker mit Arzawa und Aḫḫiyawa assoziiert zu sein scheine als mit den Lukka-Ländern.

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278   S. Heinhold-Krahmer

IV 8  f. ku-ru-ur e-šu-u-en


Hierbei wurde kurur sowohl als Adjektiv („wir waren feindlich“, „wir waren feind [/feindlich gesinnt, feindse-
lig])“; s. Forrer 1929, 117; Sommer, AU 17; Beckman et al. 2011, 115) als auch als Substantiv („wir waren Feind,
in Feindschaft“; s. Garstang/Gurney 1959, 113 u. Hoffner 2009, 311: „we were at enmity“) übersetzt. Miller
(2006, 246) gab dafür in seiner deutschen Übersetzung eine etwas weniger harte Bedeutung an, und zwar
„wir haben gestritten“.
Die Frage, ob es sich hier um einen Hinweis auf eine vorausgehende kriegerische Auseinandersetzung
zwischen Adressat u. Absender wegen Wiluša gehandelt habe oder nur um eine heftige Kontroverse, die
auf diplomatischem Wege ausgetragen worden sei, konnte in der Forschung schon am Anfang nicht einver-
nehmlich beantwortet werden. So ging Forrer (1929, 188, 217, 220 u. passim) davon aus, dass es sich bei der in
IV 8  f. erwähnten Feindschaft „nur um einen Meinungsstreit untergeordneter Bedeutung“ gehandelt habe.
Dagegen wies Sommer (AU 169  f.) auf das im nächsten Abschnitt (§ 13) IV 19 erhaltene Prädikat eines ansons-
ten weitgehend zerstörten Satzes hin, das von Forrer (1929, 116; s. dort § 14) ku-ru-ri-aḫ-ḫu-u-en, von Sommer
(AU 16 u. 174) jedoch ku-ru-ri-ịḫ-ḫụ-u-ẹn gelesen wurde; mehr dazu in Translit. S. 34 u. 60 Anm. 260 u. unten
S. 288 zu IV 19. Dies bedeutete hier nach Sommers Meinung „wir führten Krieg“; s. nun auch die abgewan-
delte Übersetzung von Miller (2006, 246). Dagegen übersetzten Hoffner (2009, 311) und Beckman et al. (2011,
117) wiederum wie früher Forrer „we were hostile“.
Man kann Sommer wohl darin zustimmen, dass ku-ru-ur e-šu-u-en in IV 8  f. und ku-ru-ri-aḫ-ḫu-u-en
(bei Sommer ku-ru-ri-iḫ-ḫu-u-en) in IV 19 irgendwie auf dieselbe Situation Bezug nahmen; vgl. auch Forrer
1929, 217. Freilich ist aber auch beim letztgenannten Wort (ku-ru-ri-aḫ-ḫu-u-en) nicht sicher zu klären, ob
es wegen der wörtlichen Bedeutung, nämlich sowohl „Krieg machen“ als auch „Feindschaft machen“ auf
einen tatsächlichen Kriegszustand Bezug nahm oder nur auf eine feindliche Gesinnung zwischen Ḫatti und
Aḫḫiyawa; zur Bedeutung allgemein s. AU 174: „sich feindlich stellen, Krieg führen“; vgl. Goetze, AM 296
(Indices): „Feindschaft, Krieg anfangen“; vor allem aber Friedrich, HW 119 sub kururii̯aḫḫ- „bekämpfen,
bekriegen; Krieg führen“ u. so auch Otten, Apologie, Glossar 92. Sommers Annahme eines Krieges zwischen
Aḫḫiyawa und Ḫatti wegen Wiluša kommt dann auch noch deutlich in seiner Interpretation von IV 10 zum
Ausdruck; dazu unten.
Forrer hingegen stellte fest (1929, 217): „Von einem ‚Kriege‘ wird man aber trotz des Wortes ku-ru-ur e-šu-
u-en in III 8–9 und ku-ru-ri-aḫ-ḫu-u-en in IV 19‚ wir waren bzw. wurden (uns) feind‘ nicht sprechen dürfen.“
Er wies u.  a. darauf hin, dass „kein offener Kriegszustand zwischen dem König von Aḫḫijavā und dem Ḫatti-
König während der militärischen Operationen, von denen unsere Inschrift erzählt“ bestanden habe (1929,
188). Dabei vertrat er auch die nicht abwegige Auffassung, dass der hethitische König nach allem, was wir
aus dem Text erfahren, der Aktive, „der Angreifer“, gewesen sei. Dieser Verdacht konnte und kann sich
immerhin auf die Tatsache stützen, dass der Hethiter einen auf Versöhnung hinweisenden oder zumindest
darauf bedachten Ton vor allem in Kol. IV 9  f. u. 20–26 und wohl auch im restlichen fragmentarischen Text
von Kol. IV anschlug und dass er ebenso in den vorausgehenden Partien dieses Schriftstückes seine Vorwürfe
bezüglich der von Seiten des Königs von Aḫḫiyawa wahrscheinlich geduldeten oder sogar von dessen Reprä-
sentanten in Kleinasien unterstützten antihethitischen Aktionen des Piyamaradu in relativ moderater Weise
vorbrachte. Es lässt sich ja nicht nur wegen Wiluša, sondern auch wegen seines Vordringens nach Milla-
wanda (dazu oben S. 118, 158 u. passim) anhand verschiedener Stellen erkennen, dass ein Erklärungsbedarf
gegenüber dem Adressaten bestand, dem der hethitische Großkönig in fast entschuldigender Art gerecht zu
werden bemüht war.
Etwas irritierend könnte zunächst allerdings wirken, dass Forrer dann doch hin und wieder in diesem
Zusammenhang von „Krieg“ sprach (z.B 1929, 188) und einmal sogar dieses Wort in seiner Übersetzung ver-
wendete; s. unten S. 117 zu IV 10. Er bezog sich dabei (1929, 188  f.) aber eben nur auf eine kriegerische Aktivi-
tät von hethitischer Seite gegenüber Wiluša, die er mit den im Brief des Manapa-Tarḫunta vom Šeḫa-Fluss-
land (KUB 19.5 + KBo 19.79; s. schon oben S. 272) geschilderten Ereignissen in Verbindung brachte. Er datierte
allerdings diesen Brief ebenso wie den „Tawagalawa-Brief“ in die Zeit Muršilis II., also beide Texte in die
Zeit eines einzigen Herrschers, während, wie bereits oben S. 272  f. gesagt, heute das erstgenannte Dokument
in der Regel der Regierungszeit von Muwatalli II. zugeordnet wird, Letzteres dagegen der Ära von dessen
jüngerem Bruder Ḫattušili III.; s. dazu Heinhold-Krahmer 2010c, 193–200 mit Lit.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   279

Mehrere Forscher schlossen sich im Laufe der Zeit Forrers These an, dass sich die in VAT 6692 IV 8  f.
erwähnte Feindschaft zwischen Aḫḫiyawa und Ḫatti wohl hauptsächlich auf ein kriegerisches Eingreifen
von hethitischer Seite in Wiluša selbst gegründet habe; s. z.  B. Cavaignac 1933, 100–102; Houwink ten Cate
1983/4, 52 mit Anm.  44; Güterbock 1984, 37; Freu 2004, 299–303; vgl. jedoch auch Smit 1990/91, 86  f., 89
u. Gurney 2002, 135  f. Teilweise schon auf Forrer (1929, 189  f.) zurückgehende, aus dem Manapa-Tarḫunta-
Brief gezogene Schlussfolgerungen bezüglich des hethitischen Vordringens nach Wiluša (§ 3) und der dort
anschließend berichteten Repressalien von Seiten des Atpa und des Piyamaradu gegenüber westkleinasiati-
schen Vasallen des hethitischen Königs (§ 4) gaben wohl nicht zuletzt auch den Anstoß zu den Hypothesen
späterer Forscher, dass dieser Konflikt wegen Wiluša mit Gegnern des Hethiterkönigs (Anhängern, Unter-
gebenen oder Beauftragten des Königs von Aḫḫiyawa) auf kleinasiatischem Terrain ausgefochten worden
sei; s. z.  B. Houwink ten Cate 1983/4, 50  f. u. 55  f. mit Lit.; ferner Starke 1997, 453  f.
Hethitologen und Historiker in neuerer Zeit, die sich mit der Frage beschäftigten, ob es eine direkte
kriegerische Auseinandersetzung zwischen Ḫatti und Aḫḫiyawa wegen Wiluša gegeben habe oder ob es
sich nur um einen diplomatischen Konflikt gehandelt habe, konnten sich jedenfalls in diesem Zusammen-
hang meist nicht endgültig für einen der beiden von Forrer und von Sommer vertretenen Standpunkte in der
frühen Forschung entscheiden; so z.  B. Güterbock (1986a, 37), der insbesondere wegen des an die fragliche
Stelle in IV 8  f. anschließenden Satzes in IV 9  f. (dazu unten S. 280  f.) nur eine diplomatische Konfrontation
vermutete, jedoch auch die Möglichkeit eines tatsächlichen Krieges nicht ganz ausschließen wollte. Eine
klare Entscheidung scheint in der Tat auch derzeit kaum möglich. So wurde sowohl in deutsch- als auch in
englischsprachigen Publikationen, meist nicht mehr (mit Sommer) direkt von „Krieg“ (bzw. „war“) gespro-
chen, sondern es wurden die Begriffe „Feindschaft“ bzw. „Feindseligkeit“ (bzw. „enmity“) oder „im Streit
sein, streiten“ („to be at odds“) verwendet; s. z.  B. Garstang/Gurney 1959, 113; Güterbock 1986a, 37; Miller
2006, 246; Hoffner 2009, 311 u. Beckman et al. 2011, 117; s. auch Freu 2014, 81 („être en conflit“).
In neuerer Zeit ist auch Popko (2010, 286) auf die einschlägigen Stellen (IV 7  ff. u. 19  f.) des Tawagalawa-
Textes kurz eingegangen, wo, so der polnische Hethitologe, von einem „Streit zwischen dem Absender und
dem Adressaten des Briefes in einer nicht näher bestimmten Vergangenheit die Rede ist.“ Er betonte zu Recht,
dass die Umstände des Konflikts völlig unbekannt blieben und dass wir nur wüssten, „dass es schließlich aus
der Initiative des hethitischen Königs heraus zu einer Verständigung zwischen den beiden Staaten kam.“159
Der Auffassung, dass es sich um Krieg gehandelt habe oder dass die hier erwähnte Streitigkeit, bei der es
um Wilusa ging, schließlich doch zu einem Krieg geführt hätte, neigten aber auch Historiker zu, so z.  B. der
Althistoriker Schachermeyr (1986, 207–213, 246 u. passim). Vor allem waren es jedoch Homer-Forscher und
Archäologen, die sich in diesem Fall gerne Sommers Interpretation anschlossen.
Jedoch ganz im Gegensatz zu Sommer hofften manche von jenen Forschern, hier in IV 7–9 und ebenso in
IV 19 einen Hinweis auf die Gründe für Homers Troianischen Krieg zu finden.
Huxley (1960, 37), der sich wie Schachermeyr intensiv mit hethitischer Geschichte befasste, sah darin
den Beweis für achäisches Interesse an Vilios [*Ϝιλιος] „and a hint that long before the Trojan war an Achaean
ruler had a claim upon the Troad“ (mit Hinweis auch auf importierte mykenische IIIA- u. IIIB-Keramik in
Troia VI u. VIIa); zu dessen nicht so sicherer Identifikationen von Taruiša und Wiluša mit Troia und Ilios, die
sich auf Garstang/Gurney 1959 stützte, s. schon Liverani (1962, 286) mit Lit.
Bryce (1998, 397 mit Anm. 21) ging in seinem Kapitel „The Trojan War: Myth or Reality“ von mehreren
Konflikten aus, die sich vor allem im 13. Jh. zwischen Wiluša, das er ebenfalls wie Huxley mit Troia gleich-

159 Schwerlich zustimmen kann man Popko (l.  c.) allerdings darin, dass diese Textstellen „den einzigen Beweis einer wohl nur
kurz dauernden Feindschaftsperiode in der Geschichte der Beziehungen zwischen Ḫatti und Aḫḫiyawa“ bildeten. Wenn man
davon ausgeht, dass Aḫḫiya in zwei älteren Texten dem jh. Aḫḫiyawa entspricht, so tritt im sog. Madduwatta-Text Attar(iš)šiya
von Aḫḫiya als Feind des Madduwatta auf, gegen den ihn zwei Hethiterkönige, wohl Tutḫaliya I./II. u. Arnuwanda I., verteidigten;
s. KUB14.1 Vs. 1–5, 10–12, 14, 39–41, 60–65; Rs. 86–90; außerdem ist im heth. Orakeltext KBo 16.97 Vs. 38 + wohl von einem feind-
lichen Herrscher (wörtl. „Mann“; s. dazu auch Beckman et al. 2011, 225 Anm. 107) aus Aḫḫiya (lukúr lú uru Aḫ-ḫi-ia) die Rede.
Einige weitere Texte, insbesondere Orakelbeschreibungen mit Erwähnung des Landes Aḫḫiyawa oder dessen König könnten
ebenfalls auf ein feindliches Verhältnis zu Ḫatti auch in jh. Zeit hindeuten; s. z.  B. kur Aḫḫiyawa in KUB 22.56 Vs. 15′  f. (Beckman
et al. 2011, 212  f.); ferner in KUB 18.58 II 1′ die Nennung von lugal kur Aḫḫiyawa in einem fragm. Abschnitt, in dem es um einen
Feind und einen feindlichen Feldzug ging (II 4′; s. Beckman et al. 2011, 234  f.).

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280   S. Heinhold-Krahmer

setzte, und mykenischen Griechen (aus Aḫḫiyawa) zugetragen hätten. Er betonte auch dabei: „Indeed on one
occasion, the Hittite king Hattusili III had apparently come close to war with his Aḫḫiyawan counterpart over
Wilusa, possibly because of the latter’s aggression towards it.“
In neuerer Zeit führten auch die einschlägigen Publikationen des Homer-Forschers Latacz (s. z.  B. schon
2001a, 98–100 u. 105; 2001b, 4  f.; 20106, 154), dem eine Identität von heth. Wiluša mit Homers Ilios als defini-
tiv erwiesen zu sein scheint, oft zur Frage nach der Historizität des Troianischen Krieges bei Homer. Obgleich
auch er es nicht wagte, die Wiluša-Stelle in VAT 6692 IV 7–9 als direkten Hinweis auf einen Krieg zwischen
griechischen Achäern und Hethitern wegen Wiluša zu interpretieren – er sprach vorsichtig von „verfeindet“
und von einem „Streit“ (Latacz 2001a, 154 u. ders. 20106, 180  f.) – gelangte er schließlich doch zum Resultat:
„Ein Krieg um Troia ist wahrscheinlich“; s. Latacz 2001a, 338–342; ders. 20106, 360–372; vgl. auch die Äuße-
rung des Sprachwissenschaftlers Oettinger (2007, 3–28), der in seinem Artikel „Gab es einen Trojanischen
Krieg?“ zum Ergebnis gelangte, dass die Ilias, „obwohl sie die historische Realität teilweise stark verändert
wiedergibt“, wahrscheinlich doch einen historischen Kern habe.

IV 9 nu-⸢u̯ a-mu⸣ a-pé-e-⸢da-ni⸣ inim-ni la-ak-nu-u[t]


Mit dem Verb dieses auf den zugehörigen Nebensatz (IV 7–9) folgenden Hauptsatzes hatte sich bereits Forrer
(1929, 183–186) ausführlichst befasst. Sommer (AU 170  f.) stimmte ihm darin zu, dass von einer ursprüngli-
chen Bedeutung lak- „neigen, beugen“ (nebst Medium „sich neigen, sich beugen“) und weiter „zum Umfal-
len bringen“ bzw. „umfallen“ bei laknu- auszugehen sei. Zu Recht aber lehnte er Forrers Umwege (1929, 185)
bei dessen Deutung (seinen „krausen Argumentationen“) ab, indem er feststellte: „Wenn der Hethiter, wie
das ja auch F. annimmt, eingelenkt hat und den andern dadurch so weit ‚umbiegt‘, d.  h. ‚umstimmt‘ (sema-
siologisch vgl. lat flectere, conuertere = bekehren), daß der mit ihm seinen Frieden macht, so bleibt nichts
zu deuteln übrig.“ So übersetzte er IV 7–9: „In der Angelegenheit von Viluša(??), derentwegen der König
von Ḫatti (und) ich uns feind waren, in der hat er mich umgestimmt.“ Dieser Interpretation folgten auch die
späteren Forscher in ähnlicher Weise; s. Garstang/Gurney 1959, 113: „… in that matter of Wilusa …he has con-
verted me“; Miller 2006, 246: „… in der Angelegenheit konnte er mich überreden“; Hoffner 2009, 311: „… he
has converted me in that matter“; Beckman et al. 2011, 115: „The king of Ḫatti has persuaded me about the
matter …“; die Übersetzung mit „to persuade“ wurde auch bereits in CHD L-N, 20, 6. sub laknu- in Verbin-
dung mit VAT 6692 IV 7–10 geboten.
Wir schließen uns hier Sommers Übersetzung (AU 17) an.

IV 10 nu-u̯ a ták-šu-⸢la⸣-u-[en]
Davon, wie man ku-ru-ur e-šu-u-en in IV 8  f. (s. oben S.  278  f.) und ku-ru-ri-aḫ-ḫu-u-en in IV 19 (s. unten
S. 288) deuten möchte, ist auch die Interpretation von nu-u̯ a ták-šu-⸢la⸣-u-[en] nicht ganz unabhängig. Nach
Friedrich (HW 205 sub takšulāi-, [s. Glossar sub takšula(i)-]) bedeutet das Verb sowohl „sich vertragen,
freundlich (einig) sein“ als auch „Frieden schließen“. Betrachtet man die Prädikate ku-ru-ur e-šu-u-en und
ku-ru-ri-aḫ-ḫu-u-en mit Sommer (AU 169  f.) als Hinweise auf ein direkt zwischen Ḫatti und Aḫḫiyawa statt-
gefundenes Kriegsereignis, so könnte nu-u̯ a ták-šu-⸢la⸣-u-[en] durchaus auch auf einen Friedensschluss in
Form eines Vertrags zwischen beiden Ländern hinweisen; s. z.  B. Schachermeyr 1986, 248 u. passim; Cohen
2002, 127  f. Geht man jedoch von einer diplomatischen Verstimmung zwischen beiden Königreichen aus, sei
es wegen kriegerischer Aktivitäten der Hethiter im Westen Kleinasiens und zwar in Gebieten, für die sich
auch Könige von Aḫḫiyawa interessiert hatten (Wiluša und/oder Lukka?), oder sei es wegen des aktuellen
Vordringens des hethitischen Großkönigs nach Millawanda (VAT 6692 I 58–67), so ließe sich ták-šu-⸢la⸣-u-
[en mit „wir haben uns vertragen/geeinigt/versöhnt“ übersetzen; vgl. Garstang/Gurney 1959, 113: „and we
have made friends“ oder CHD L-N, 20 sub laknu- 6.: „and we became reconciled“; so auch Cohen 2002,
127. Letzterer (2002, 127  f.) wies in Verbindung mit dem Abschnitt IV 3–10 darauf hin, dass im Tawagalawa-
Text ebenso wie im ägyptisch-hethitischen Vertrag, beide in Friedenszeiten verfasst, ähnliche Ausdrücke
die gegenseitigen Beziehungen festlegten. Seine Ausführungen scheinen also eher auf die Auffassung hin-
zudeuten, dass dem Tawagalawa-Text ein vertraglicher Friedensschluss mit Aḫḫiyawa vorausgegangen
sei.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   281

Gerade Sommer aber, der ja eindeutig von einem direkten Kriegsgeschehen zwischen beiden Ländern
ausgegangen war, übersetzte dann nu-u̯ a ták-šu-⸢la⸣-u-[en in AU 17: „und wir haben uns vertragen“. Andere
dagegen, die eher von einer diplomatischen Konfrontation ausgingen, wie Güterbock (1986a, 37: „and we
made peace“) bevorzugten die auf einen Friedensschluss hindeutende Variante; s. auch Miller 2006, 246:
„und wir haben Frieden geschlossen“; Hoffner 2009, 311 u. Beckman et al. 2011, 115: „and we have made
peace“.
All dies macht jedenfalls deutlich, wie schwierig sich eine genauere Interpretation der Beziehungen und
deren Entwicklung zwischen Aḫḫiyawa und Ḫatti anhand von VAT 6692 gestaltet.

IV 10 zur lückenhaften Stelle x-ni ?(-)x-⸢u̯ a⸣-[an]-na-aš ku-ru-ur ul ⸢a-a⸣-ra


Nach nu-u̯ a ták-šu-⸢la⸣-u-[en], wobei das ergänzte letzte Zeichen des Verbs bereits am Beginn der abgebro-
chenen Stelle anzusetzen ist, sind zunächst nur wenige Zeichen und Zeichenreste erhalten. Wie bereits in
Translit. (S. 34 u. 58  f. Anm. 250) dargelegt, ist die Deutung dieser Zeichenreste äußerst schwierig. Viel hängt
von dem kaum lösbaren Problem ab, wie der erste noch sichtbare Zeichenrest nach ergänztem -en der Lücke
zu deuten ist. Angesichts des besser erhaltenen Teils des letzten Satzes in dieser Zeile: ku-ru-ur ul ⸢a-a⸣-ra,
mit der Aussage „Feindschaft bzw. Krieg (je nach Interpretation) ist nicht zulässig“ (s. dazu Cohen 2002,
126  f.)160 ist zumindest anzunehmen, dass nach dem Prädikat ták-šu-⸢la⸣-u-[en] des vorausgehenden Satzes
nun bald die Satzeinleitung zu ku-ru-ur UL ⸢a-a⸣-ra gefolgt sein dürfte. Dabei bleibt allerdings fraglich, ob
diese Sat zeinleitung bereits mit den ersten zwei sichtbaren Zeichenresten nach ták-šu-⸢la⸣-u-[en], nämlich
x-ni?, zu verbinden oder erst danach zu suchen ist. Dieses Problem ist nach wie vor nicht lösbar.
Fest steht nur, dass – wie schon in den Erstbearbeitungen des Textes – die Zeichenfolge -na-aš unmittel-
bar vor ku-ru-ur UL ⸢a-a⸣-ra zu lesen und mit dem enklit. Personalpronomen -naš „uns“ zu identifizieren ist;
s. Forrer 1929, 116 u. Sommer, AU 16 u. 171; ferner auch Miller 2006, 246; Hoffner 2009, 311 u. Beckman et al.
2011, 115  f. Es herrscht jedenfalls Konsens darüber, dass es sich bei -na-aš (s. CHD L-N, 396–401) um den in
Verbindung mit ul ara/āra (s. HW2 A, 219a) mehrmals auftretenden Dativus commodi handelt, und zwar hier
den Dativ des enklitischen Personalpronomens 1.Pl.; s. Übersetzung der Stelle in Cohen 2002, 126  f.
Als weitere enklit. Partikel wäre noch die der zitierten Rede, nämlich -wa vor -naš zu erwarten, denn
diese Stelle befindet sich zweifellos noch innerhalb des vom Hethiterkönig vorgeschlagenen und hier
zitierten Schreibens, das der Herrscher von Aḫḫiyawa an Piyamaradu schicken sollte; s.  auch Forrer
l.  c. u. Sommer l.  c. Auch Miller (2006, 246) betrachtete diesen Satz als Bestandteil dieses Schreibens
und ebenso Hoffner (2009, 311: allerdings ohne Ergänzung von -wa) u. Beckman et al. (2011, 115  f. mit
Ergänzung von -wa). Somit scheint die von Forrer (1929, 116) anscheinend bei noch besserem Zustand
der Tafel vorgenommene Lesung -va-[an]-na-aš unmittelbar vor ku-ru-ur ul ⸢a-a⸣-ra nicht abwegig;
s.  auch Sommer (AU 16: -u̯ ạ?-a̤ n??-nạ-aš); ferner Beckman et al. (2011, 116). Sommer lehnte jedoch wohl
zu Recht Forrers Lesungsvorschlag der weiteren Zeichen zwischen takšulauen und -va-[an]-na-aš ab.
Forrer (1929, 116) ging hier von noch vier fehlenden Zeichen nebst einem vorausgehenden doppel-
ten Glossenkeil aus und gelangte zu folgender Lesung des gesamten neuen Satzes nach takšulauen:
[𒑱  t]i?-ni?-d[a-aš]??-va-[an]-na-aš ku-ru-ur ul ⸢a-a⸣-ra. Allerdings vermochte er seine Lesung dieser Zeichen
selbst nicht zu deuten (1929, 117 [u. 186]): „Ein …-Krieg <zwischen> uns ist nicht recht.“
Nach Sommers Translit. (AU 16) fehlten nur maximal drei Zeichen zwischen takšulauen und -u̯ ạ?-a̤ n??-
nạ-aš, jedoch bekannte er (AU 171), er habe ebensowenig wie Forrer das nach takšulauen Folgende, „trotzdem
die Torsi der Zeichen gute und klare Griffelführung aufweisen“, enträtseln können. Forrers [𒑱  t]i?-ni?-d[a-aš]??
hielt er wohl zu Recht für „untragbar“, vor allem dabei die Lesung des zweiten Zeichens als NI („-ni“) (AU 171
mit Anm. 1). Er stellte aber noch fest, dass hier etwas wie „von jetzt an“, „für alle Ewigkeit“ oder dergleichen
in Betracht kommen könne.
Dieser Idee Sommers kam Beckman (2011, 116) nahe, der den neuen Satz folgendermaßen ergänzte:
k]i-nu!?-na!?-[ma-wa-an-n]a-aš ku-ru-ur ul ⸢a-a⸣-ra. „Now(?) hostility is not appropriate between us.“ Doch

160 Vgl. ferner oben S. 156 Kol. II 8 den Gebrauch von āra in Verbindung mit der Frage, ob Bluttat in Ḫatti zulässig sei, und der
anschließenden Antwort mit Verneinung; dazu Cohen 2002, 118–122.

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282   S. Heinhold-Krahmer

seine vorgeschlagene Lesung der ersten drei Zeichenreste bleibt wohl ebenso fraglich wie ein weiteres und
inhaltlich gut passendes z]i-⸢la-du-u̯ a⸣-[an-]?na-aš (Vorschlag von S.H.-K.; s. z.  B. Ḫatt I 6 u. IV 81 u. 86: 𒑱  zi-la-
du-u̯ a „in Zukunft, künftig“); s. vor allem das Foto BoFN 740; vgl. aber die Autographie zum jetzigen Zustand
der Tafel.

IV 11 nu-uš-ši A-x[…]
Wie diese Satzeinleitung und auch die nachfolgenden Sätze im Anschluss an die Lücke in IV 11 bis zum Ende
von § 12 (IV 15) zeigen, tritt dort keine zitierte Rede mehr auf. Dies veranlasste schon die älteren Bearbeiter
des Textes zur Annahme, dass nun das Prädikat des mit nu-uš-ši A-x[…] beginnenden Satzes gleich in der
nachfolgenden Lücke von ca. vier fehlenden Zeichen (s. Translit. Anm. 251) zu suchen sei und einen Hinweis
darauf enthalten müsse, dass der vom Hethiter vorgeschlagene und zitierte Brief an Piyamaradu (von III 64′–
IV 10) nun beendet sei und somit hier in IV 11 wieder der Grundtext einsetze, der sich an den Adressaten, den
König von Aḫḫiyawa, richtet. Außer der Lücke mit dem vermuteten Prädikat des kurzen Satzes bereitet weiter
die Tatsache Schwierigkeiten, dass der früher noch nach A sichtbare weitere Zeichenrest heute auf der Tafel
nicht mehr vorhanden ist; s. Autographie u. vgl. BoFN 740 u. AU Taf. II, wo mit Forrer (1929, 116) und Sommer
(AU 16) vielleicht aus den vorhandenen Eindrücken auf den Rest von zwei waagrechten Keilen geschlossen
werden kann. Die Ergänzung und Deutung des Satzes IV 11 in Forrer (nu-uš-ši a-p[a-a-ad šu-bur „Sel[biges
schreibe] ihm.“, der sich Sommer (nu-uš-ši a-p[ạ??-a-at šu.pur(?) m]a-… „[Schreib(?)] ihm [d]as!“) mit Vorbe-
halt anschloss (s. auch AU 171), schien auch anderen Forschern naheliegend, wie z.  B. Hoffner (2009, 311) u.
Beckman et al. (2011, 115  f.). Miller (2006, 246) hat dagegen hier keine Ergänzung gewagt, doch betrachtete er
den Brief offensichtlich auch mit Zeile IV 10 als beendet und bezog den fragmentarischen Satz IV 11 ebenfalls
in den Grundtext ein.

IV 11–13 von m]a-a-an-ma-⸢an⸣ bis píd-⸢da-iš-kán-zi⸣ (Zeilenende)


Es herrscht bislang seit Sommer (AU 16  f.) weitgehend Einigkeit darüber, dass IV 11  f. von m]a-a-an-ma-⸢an⸣
bis ar-ḫa d[a-…] einen dem Hauptsatz (in IV 12  f.) von n]u-kán ìr meš-ia bis egir-pa-an]-⸢da⸣? píd-⸢da-iš-kán-zi⸣
vorausgehenden und konditionalen Nebensatz darstellt, eingeleitet mit der Partikel mān. Nur Forrer hatte
zuvor vermutet, dass es sich bei beiden, sowohl diesem ebenfalls von ihm als Konditionalsatz betrachteten
mān-Satz als auch dem nachfolgenden Satz, um Nebensätze gehandelt habe. Er integrierte Ersteren in den
Letzteren, den er für einen kausalen Nebensatz mit ku-it „weil“ hielt, da er das später seit Sommer (AU 16  f.) in
IV 13 meist gelesene egir-pa-a]n-⸢da⸣ als n?[am-ma] ku??-id ? zu deuten versuchte. Den zugehörigen Hauptsatz
suchte er dann in IV 14  f.
Auch J.L.M. wies während unserer Diskussion darauf hin, dass ihm die Lesung k]u-it möglich erscheine
(so auch in seiner unv. Translit. zur Übersetzung), wenngleich er sich in seiner Übersetzung (Miller 2006,
246) dann offensichtlich doch für einen Hauptsatz in IV 12  f. entschied: „Wenn […] aber die Stadt Millawanda
weg-/fort-[…] würde(n), so würden meine Untertanen bereit[willig …] zu jenem ständig fliehen.“ Wir ent-
schieden uns schließlich vor allem aus inhaltlichen Gründen für den Sommerschen Lesungs- bzw. Deutungs-
versuch von IV 11–13; s. auch Hoffner 2009, 311 u. Beckman et al. 2011, 115  f.

IV 11  f. der Nebensatz: m]a-a-an-ma-⸢an⸣ URUMi-il₅-la-u̯ a-an-da-ma ar-ḫa d[a-…]


Es ergeben sich jedoch unterschiedliche Interpretationen des Inhaltes dieses Nebensatzes, und zwar
1. aufgrund der beiden voneinander abweichenden Deutungsmöglichkeiten der Silbenfolge -ma-⸢an⸣, die
enklit. an m]a-a-an anschließt,
2. aufgrund der unterschiedlichen Deutung des Ortsnamens Millawanda hinsichtlich seines Kasus inner-
halb des Satzes und
3. aufgrund des nur mit einem Teil der ersten Silbe erhaltenen Prädikats.

Zu 1.: Zwei Deutungsmöglichkeiten von m]ān-man:

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   283

1.a. Die bisher verbreitete Deutung -ma-an im Anschluss an das konditionale mān- wurde von Forrer (1929,
117) als Partikel -man gedeutet. Diese modale und enklit. Partikel wäre dann hier gemäß seiner Übersetzung
(„wenn er die Stadt Miellavanda verlassen würde“) in potentialem Sinne zu verstehen; so auch Sommer mit
gewissen Vorbehalten (AU 171  f.), der seine Übersetzung in AU 17: „Wenn er aber (auch) die Stadt Millavanda
verlassen sollte (?)“ als „Notbehelf“ bezeichnete; s.  ferner noch CHD P, 355 sub piddai- A 5.g. mān=man
uru
 Millawanda<n>=ma arḫa d[aliyazi „But if [he were to le[ave] the city Millawanda“. Eine Bedeutung im
Potentialis wird auch in weiteren Textbearbeitungen aus neuerer Zeit angenommen, wobei allerdings über
die Person, die Millawanda möglicherweise verlassen würde, keine Einhelligkeit wie zur Zeit Forrers (1929,
186) u. Sommers (AU 173) u. ebenso CHD P/3, 355 besteht, die in ihr Piyamaradu sahen; s. Miller 2006, 246:
„Wenn […] aber die Stadt Millawanda weg-/fort-[…] würde(n)“; Hoffner 2009, 311: IV 11  f. m]a-a-an-ma-[an]
URU
Mi-el-la-ua-an-da-ma ar-ḫa d[a-li-ya-ši] „But if you were to leave Millawanda alone“; Beckman et al. 2011,
115: IV 11  f. m]a-a-an-ma-an uruMé-el-la-ua-an-da-ma ar-ḫa d[a-li-ya-zi] „If you/he were [to …] Millawanda“161.
Freilich wäre in der Regel beim Potentialis dann nicht nur in der Protasis, sondern auch in der Apodosis die
Modalpartikel -man zu erwarten; s. z.  B. oben S. 160 sub II 16  f.; ferner die Beispiele in CHD L-N, 142 sub man
c.1′ u. GrHL 315  f., § 23.13 u. § 23.15.
1.b. Eine weitere Deutungsmöglichkeit: Schon Sommer (AU 171) hatte aber auch die Möglichkeit in Erwä-
gung gezogen, dass hier die nach mān befindlichen Silben -ma-an statt der Modalpartikel -man auch als
zwei Enklitika, nämlich als Konjunktionspartikel -ma sowie daran anschließend als enklit. Personalprono-
men -an, gedeutet werden könnten. Da er sich allerdings bei seiner Ergänzung des Prädikats dieses Satzes
auf Forrers Lesung da-[li-ia-]zi?? stützte (s. dazu unten S.  283–285), erwartete er statt des Pronomens -an
(A.Sg.c.) hier -aš (N.Sg.c.). Zu Recht stellte er immerhin schon fest, dass doppeltes -ma (sowohl im Anschluss
an mān [mān=ma] als auch beim Ortsnamen [Millawanda=ma]) im selben Satz möglich sei (mit Hinweis auf
AU 56 u. 135 bezüglich eines weiteren Belegs von doppeltem -ma in Kol. II 71 [nach unserer Zeilenzählung II
70]; s. dazu mit weiteren Belegen oben S. 213  f.).
Zu 2.: Bezüglich des Kasus des ON Millawanda: Während unserer Diskussion über die Frage, wie der
Satz zu übersetzen sei, wenn die Silbenfolge m]a-a-an-ma-⸢an⸣ in mān=ma=an aufzulösen wäre, lautete ein
Vorschlag folgendermaßen (Vorschlag A):

IV 11  f. m]a-a-an-ma-⸢an⸣ uruMi-il5-la-ua-an-da-ma ar-ḫa d[a-li-i̯a-zi?] … „Wenn ihn aber die Stadt Millawanda doch wegl[ässt?]“.

Gegen diese Deutung wurde dann eingewandt, dass es unwahrscheinlich sei, dass hier der Ortsname uruMil-
lawanda das Subjekt eines transitiven Satzes sei. Hierfür müsste erst ein weiterer Beleg gefunden werden.
Die Frage, welche syntaktische Bedeutung dem Ortsnamen in diesem Satz zukäme, kann wohl nicht
endgültig geklärt werden. Nachdem Millawanda als Subjekt (Vorschlag A) nicht allgemein akzeptiert wurde,
wies E.R. darauf hin, dass der D.-L. insbesondere in spätheth. Texten auch ohne Präposition auftreten könne.
Diese Möglichkeit hielt sie hier für die wahrscheinlichste. Als Belege für die Richtigkeit dieses Hinweises sei
nun hier z.  B. der spätheth. Brief KUB 19.23 Rs. 12′ genannt, wo „in der Stadt Ankuwa“ ohne die Präposition
i-na (bzw. ina) bezeugt ist; s. Hagenbuchner 1989b, 28–32 (Nr. 18). Auf diese Tendenz in einigen sehr späten
Texten wies z.  B. auch Weeden (2011, 349) hin. Wohl auch schon in Maşat-Briefen erscheinen Ortsnamen
im D.-L. ohne Präpositionen; s. Alp 1991, 152  f. Nr. 20, unterer Rd. 10–12, ferner 202  f. Nr. 47, Vs. 12; vgl. zum
Fehlen von i-na u. a-na in einigen mh. Texten ebenfalls Weeden (l.  c.).
Es wäre aber auch mit Forrer und Sommer ein endungsloser Akkusativ in Betracht zu ziehen, wie wei-
ter konstatiert wurde. Letzterer hatte sich dabei auf bezeugte endungslose Götter- und Personennamen
berufen.
Zu 3.: Dass es sich bei dem Prädikat des konditionalen Nebensatzes in IV 11  f. um das Verb daliye/a-
handelte, haben bislang die meisten der mit dem Text befassten Fachleute vermutet, obgleich nur ein Teil
der ersten Silbe erhalten ist; s. Forrer (1929, 116 u. 186), der sogar da-[ noch vollständig zu erkennen glaubte;

161 Beckman (l.  c.) ergänzte zwar wie Forrer u. Sommer d[a-li-ya-zi], gab dann aber in seiner Übersetzung sowohl die 2.Sg. (wie
Hoffner) als auch die 3.Sg. an, also „you/he“.

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284   S. Heinhold-Krahmer

Sommer (AU 16 u. 172); Hoffner (2009, 311) u. Beckman et al. (2011, 116). Miller (2006, 246) war dagegen vor-
sichtig und enthielt sich hier einer Ergänzung des Verbs.
Immerhin erscheint das vermutete Verb daliye/a- im Text zuvor schon zweimal in Verbindung mit arḫa.

Ein Mal ist es bezeugt innerhalb einer vom Hethiter zitierten Rede des Piyamaradu in III 53′–55′; s. III 54′  f.: (54′)nam.ra meš -ma-
u̯ a-za dam-ia! dumumeš é-[tu4-ia] (55′)ka-a ar-ḫa da-li-ia-mi „Die nam.ra-Leute jedoch, meine [sic!] Frau, die Kinder und das
Haus[-wesen] werde ich hier zurücklassen.“ Dieses Prädikat (1.Sg.Prs. hier in futurischer Bedeutung) im Sinne von „belassen“
oder „zurücklassen“ tritt nicht in Verbindung mit -kan oder anderen Ortspartikeln auf (so z.  B. auch in KBo 5.8 III 39 [AM 158  f.] u.
in KUB 19.37 III 40 u. 45 [AM 176  f.]); zur Reflexivpartikel -za am Ende der Enklitika-Kette s. GrHL 357  f., bes. § 28.21
Ein zweites Mal erscheint es in III 56′  f., wo der Hethiter dann gegenüber seinem Adressaten betont: (56`)dam-sú-ši ku-u̯ a-pí
dumumeš é-tu4-ia (57′)ša *šeš*-ia šà kur-ti ar-ḫa da-li-ia-⸢zi⸣ („Solange er ihm [meinem Bruder] seine Frau, die Kinder und das
Haus[-wesen] inmitten des Landes meines Bruders zurücklassen wird, …“). Das Prädikat in III 57′ (3.Sg.Prs./Fut.) tritt wieder ohne
-kan auf; -z(a) fehlt hier vermutlich deshalb, weil das an dam-sú (seine [= des Piyamaradu] Frau) angeschlossene Dativobjekt, das
enklit. Personalpron. -ši (3.Sg.D. „ihm“ = dem König von Aḫḫiyawa), nicht die Reflexivpartikel zum im Verb (3.Sg.Prs.) enthalte-
nen Subjekt des Satzes (er = Piyamaradu) darstellt.

Die Grundbedeutung von arḫa wird in HW2 I:A, 259 mit „weg/fort“ angegeben. Da jedoch arḫa nun in IV 11  f.
zumeist mit dem Verb daliye/a- (s. auch die beiden oben genannten und weitgehend vollständigen Beleg-
stellen in VAT 6692 III 54′  f. u. III 56′  f.) in Verbindung gebracht wurde und noch wird, wenngleich dies weit-
gehend ergänzt werden muss (s. oben S.  283  f.), könnten Befürworter dieser Ergänzung auch davon aus-
gehen, dass arḫa daliye/a- hier sinngemäß mit „zurücklassen“, wie an den beiden oben zitierten Stellen
unseres Textes, oder mit „belassen“, wie z.  B. in den AM (s. oben S.  284) zu übersetzen sei. Fest steht ja
zudem, dass das zerstörte Verb in Verbindung mit arḫa ebenso wie die genannten Belege offenbar nicht die
Ortspartikel -kan erfordert.
Vorausgesetzt, diese Annahmen sind korrekt, so müsste man allerdings zum einen Millawanda als
Dativ-Lokativ betrachten, was durchaus möglich ist (s. oben S. 283 zu 2.), andererseits müsste man sich statt
der unsicheren Ergänzungen Forrers da-[li-ia-]zi?? und Sommers d[a-li-i̯a-zi] (s. oben S. 282 u. 283. 1, b.) mit
einem ebenfalls unsicheren Ergänzungsvorschlag, d[a-li-ia-mi], vielleicht auch noch d[a-li-ia-ši (so Hoffner;
s. oben sub 283  f. zu 3. u. unten S. 284) oder d[a-li-ia-an-zi begnügen. Dadurch könnte sich dann durchaus ein
sinnvoller Nebensatz in IV 11  f. ergeben, nämlich (Vorschlag B):

IV 11  f. m]a-a-an-ma-a[n] uru Mi-el-la-u̯ a-an-da-ma ar-ḫa d[a-li-i̯a-mi]  …  „Wenn [ich] ihn aber doch in Millawanda zurück-
l[asse], …“ (vielleicht auch ar-ḫa da-li-ia-ši „wenn Du (der König von Aḫḫiyawa) ihn aber doch in M. zurücklässt, …“ oder
ar-ḫa da-li-i̯a-an-zi „wenn sie ihn aber doch in M. zurücklassen, …“ oder „wenn man ihn aber doch in M. zurücklässt …“).

Eine dritte Möglichkeit könnte sich noch bieten, wenn man neben der schon in Vorschlag B angewandten
unsicheren Ergänzung des Prädikats nun Millawanda als einen endungslosen Akkusativ, und zwar einen der
Richtung deuten würde (Vorschlag C):

IV 11  f. m]a-a-an-ma-a[n] uruMi-el-la-u̯ a-an-da-ma ar-ḫa d[a-li-i̯a-mi] … „Wenn [ich] ihn aber doch nach Millawanda zurück-
l[asse], …“.

Die beiden Deutungsversuche des konditionalen Nebensatzes  – Vorschlag B und C  – haben mit weiteren
oben aufgeführten Interpretationsmöglichkeiten, betreffend sowohl die Deutung von -man als Modalpartikel
(wie schon in Forrer u. Sommer; s. oben S. 283) als auch die Lesung -ma=an „aber ihn“ (s. oben S. 283, auch
mit Vorschlag A), immerhin eines gemeinsam: Der Adressat, der König von Aḫḫiyawa, wurde vom hethiti-
schen Großkönig auf ein mögliches Ereignis hingewiesen, in dessen Mittelpunkt wieder Piyamaradu und
dessen unter der Oberhoheit von Aḫḫiyawa befindlicher Asyl-Ort Millawanda standen. Die sich daraus für
den Hethiter ergebende Konsequenz, nämlich die ständige Flucht weiterer hethitischer Untertanen zu jenem
renitenten Piyamaradu oder hinter jenem her, ergibt sich klar aus dem nachfolgenden Hauptsatz; s. unten IV
12  f. Hoffners Ergänzung und Übersetzung des Prädikats (2009, 311: arḫa d[aliyaši]) weicht nur in sofern von
den übrigen ab, als dort der Hethiter den König von A. darauf ansprechen würde, was geschähe, falls er (der
König von A.) Millawanda alleine lassen würde, womit wohl gemeint wäre, falls er sich nicht mehr um sein
kleinasiatisches Hoheitsgebiet kümmern würde, dessen Verwaltung die antihethitischen Umtriebe Piyama-

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   285

radus bekanntlich förderte. Die befürchtete Folge bliebe für den Hethiter die Gleiche, nämlich die ständige
Flucht hethitischer Untertanen zu Piyamaradu oder hinter jenem her. Zusammenfassend ergibt sich: Diese
weiterhin drohende Fluchtgefahr hethitischer Untertanen blieb also auch bei unterschiedlichen Interpretati­
onen und Ergänzungen des Nebensatzes bestehen, nämlich falls
– P. die Stadt Millawanda verlassen würde, so nach der Übersetzung von Forrer, Sommer u. eventuell
Beckman (ausgehend also von -man als Modalpartikel);
– der König von Aḫḫiyawa die Stadt Millawanda alleine lassen würde, er sich also nicht um die von dort
ausgehenden antihethitischen Umtriebe kümmern würde; so wohl nach Hoffner (mit -man als Modalpar-
tikel);
– die Stadt Millawanda ihn (P.) weglassen wird; bevorzugte Interpretation von J.H. (Vorschlag A ausgehend
von -man als -ma=an);
– der Hethiter den Unruhestifter P. in Millawanda bleiben lassen oder zurücklassen wird, wenn er also
auf dessen Auslieferung und Verbringung in hethitisches Hoheitsgebiet verzichten wird; bevorzugte
Deutung von S.H.-K. u.  E.R., Letztere wegen Hinweis auf Millawanda im D.-L. (Vorschlag B mit Deutung
von -man als -ma=an);
– der heth. König den Piyamaradu nach Millawanda zurücklassen wird, also zurückkehren lässt (Vor-
schlag C mit Deutung von -man als -ma=an). Dabei wäre freilich stillschweigend vorausgesetzt worden,
dass dieser freiwillig oder per Auslieferung zum heth. Großkönig gebracht werden und dann aufgrund
der zuvor gewährten Garantie (s. II 64–76) wieder nach Millawanda zurück geleitet werden sollte, was
eben auch nicht günstig für den Hethiter gewesen wäre. Ob arḫa daliye/a- hier als „zurücklassen“ im
Sinne von „zurückkehren lassen“ verstanden werden darf, bleibt freilich unsicher. Vielleicht wäre in
einem solchen Falle eher von „zurückbringen“ peḫute- (vgl. II 68  f.) die Rede gewesen.

Da wie schon oben deutlich wurde, keine dieser ins Auge gefassten Möglichkeiten als sicher erwiesen werden
kann, scheint es sinnvoll, in Translit. und Übersetzung weiterhin mit J.L.M. auf Ergänzungen zu verzichten.

IV 12  f. der Hauptsatz n]u-kán ìrmeš-ia bis egir-pa-a]n-⸢da⸣? píd-⸢da-iš-kán-zi⸣


Wie schon oben gezeigt, weist der Hauptsatz auf die vom Hethiterkönig befürchtete Gefahr hin, die sich aus
dem Fall ergeben würde, der zuvor im konditionalen Nebensatz geschildert, jedoch insgesamt nicht sicher
gedeutet werden konnte.

IV 13 egir-pa-a]n-⸢da? píd-⸢da-iš-kán-zi⸣
Dieses Prädikat wurde zusammen mit dem Subjekt ìr meš-ia (IV 12) und dem auf Piyamaradu zu beziehenden
Dativobjekt a-pé-⸢e-da⸣-ni (IV 12) seit Sommer an dieser Stelle in etwa folgendermaßen übersetzt: Untertanen
von mir (oder: meine Untertanen) werden immer (wieder) … zu? jenem fliehen/rennen.
Einige Abweichungen von damals bis heute ergaben sich nur durch die unsichere Deutung von 𒑱  kar-ga-
r[a-an-ti …]? und die fragliche Lesung des nachfolgenden Wortes.

IV 13 𒑱  kar-ga-r[a-an-ti …]?
Das hier – im Gegensatz zu III 45′ – mit doppeltem Glossenkeil geschriebene und unvollständig erhaltene
luwische Wort, dessen Ergänzung (nach III 45′) und exakte Bedeutung aufgrund dieser nur zwei in VAT 6692
(hier in IV 13 und zuvor in III 45′) bezeugten Belege und des sie umgebenden, teilweise fragmentarischen
Textes nicht als völlig sicher gelten kann, wird in unserer Übersetzung mit „gerne, bereitwillig“ wiedergege-
ben, wie bereits von Sommer (AU 17 u. 153) vorgeschlagen und mit Fragezeichen versehen wurde; Weiteres
dazu oben S. 249 sub III 45′.

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286   S. Heinhold-Krahmer

IV 13 egir-pa-a]n-⸢da⸣?
Die Lesung [egir-pa-a]n-⸢da⸣? zwischen 𒑱  kar-ga-r[a-an-ti]? und dem Prädikat píd-⸢da-iš-kán-zi⸣ kann aufgrund
von III 51′ (s. Sommer, AU 172) wohl mehr Wahrscheinlichkeit gegenüber Forrers ku??-id ? (1929, 116) bean-
spruchen, wenngleich auch zumindest ein IT statt DA nach J.L.M. nicht völlig auszuschließen ist; s. Translit.
S. 34 u. 59 Anm. 253. Die Wendung apēdani [EGIR-pa]nda pid⸢daiškanzi⸣ „sie (meine Untertanen) werden …
hinter jenem herlaufen“ bzw. „werden … zu jenem fliehen“ würde hier in IV 12  f. gut passen. Der Satz erfordert
zudem die Ortspartikel -kan, wie die Satzeinleitung in IV 12 n]u-kán zeigt, und wie auch aus unserer Lesung
nu-kán am Beginn des Hauptsatzes in III 51′ deutlich wird, der ebenfalls endet mit egir-pa-an-da *x* píd-da-
eš-ker!(?); s. oben S. 252 zu III 51.
Mit Sommers Translit. und/oder Übersetzung des Hauptsatzes IV 12  f. decken sich die jüngeren Arbeiten
nicht vollständig; s. Sommer (AU 16  f.): n]u-kán ìr meš-ia a-pị́ -ẹ-da̤ -nị 𒑱  kar-ga-r[a-an-t]i? [egir-pa-a̤ ]n?-da̤ ? píd-
dạ-ịš-ká̤ n?-zị „so werden immer Untertanen von mir ger[ne](?) [hinter] ihm [dr]ein fliehen.“ Miller (2006, 246)
ergänzte und übersetzte in IV 12  f. zwar 𒑱  kar-ga-r[a-an-ti]?, nicht jedoch [egir-pa-a]n-⸢da⸣?: „so würden meine
Untertanen bereit[willig …] zu jenem ständig fliehen.“ Hoffner (2009, 311) las hier: n]u-kán arad.meš-ya a-pé-
e-da-ni 𒑱  kar-ga-r[a?-an-ti  … a]n-da ⸢píd-da-iš-kán-zi⸣ und übersetzte „my servants will willingly? flee/run to
that (one)“. Beckman et al. (2011, 115  f.) schließlich boten Sommers Ergänzungen ohne Fragezeichen, über-
nahmen jedoch nicht vollständig dessen Übersetzung: „then my servants would flee en masse to that […] one.“

IV 14  f.: von nu šeš-⸢ia⸣ bis har-mi


Trotz der starken Zerstörung der beiden Zeilen ist anzunehmen, dass es sich bei šeš-ia (IV 14) hier um die
Anrede des Adressaten (im Vokativ; s. z.  B. I 27; III 1  f., 8, 50′, 62′  f.) handelt, denn Subjekt ist der König von
Ḫatti, wie sich aus dem Prädikat (IV 15) har-mi (1.Sg.Prs.) ergibt; so auch Forrer 1929, 116  f.; Sommer, AU
16  f.; Miller 2006, 246; Hoffner 2009, 311; Beckman et al. 2011, 115  f. Der in IV 14 am Zeilenende bezeugte ON
Millawanda ist hier als Land gekennzeichnet im Gegensatz zu dessen Belegen in I 48, 72 u. IV 11, die mit
dem Determinativ uru versehen sind. Vor diesem ON in IV 14 ist noch der Rest des Zeichens NA deutbar, das
wahrscheinlich zur Präposition i-n]a oder a-n]a gehörte. Beide Ergänzungen scheinen möglich; s. Translit.
S. 34 u. 59 Anm. 254. Am Beginn von IV 15 ist wohl noch das Zeichen IGI (bzw. -ši) erhalten, das meist igi-[an-
da …] „ent[gegen]“ gedeutet wurde; s. dagegen Sommers Deutung (AU 16  f.): s[ig5-an-ti-pít …] „in fre[undli-
cher Meinung …]“ u. dazu auch unsere Translit. S. 34 u. 60 Anm. 255.
Das Prädikat -i]a-an har-mi schließlich, das hier mit einem vorausgehenden Partizip im Neutrum, auf
welches nur die beiden vorausgehenden Zeichen -i]a-an hinweisen, periphrastisch im Sinne von „ich habe“
(also als Hilfsverb neben dem Partizip) verwendet wurde, führte bei Forrer und Sommer zu inhaltlich ähn-
lichen Ergänzungen und Interpretationen des stark zerstörten Satzes, die jeweils folgendermaßen lauteten
(IV 14  f.):
Bei Forrer (1929, 116  f.): nu Šeš-ia K[i-Kal-Bad(-Ḫia)-ia a]-na Kur mi-el-la-va-an-da Ši-a[n-da  –  –  –  –
u-i-] ia-an * ḫar-mi „habe ich, mein Bruder, [mein] H[eer] nach dem Lande Miellavanda entgegen … [gesa] ndt“
(betrachtet als Hauptsatz zu zwei vorausgehenden Nebensätzen ab IV 11 mān-man). Forrer (1929, 186) zog
daraus in Verbindung mit den vorausgehenden Zeilen den Schluss, dass sich Piyamaradu noch in Milla-
wanda befand, als der Hethiter dorthin anrückte; s.  dazu auch den Kommentar oben S.  118–121, 149–152,
164  f., 211. zu I 61  f., 73  f.; II 20  f., 67–69. Dies scheint auch dann nicht abwegig, wenn wir uns seinen unsi-
cheren Ergänzungen mit dem Ergebnis, dass der Hethiterkönig bei seinem Vordringen nach Millawanda mit
seinem Heer angerückt sei, nicht ohne Weiteres anschließen möchten; s. z.  B. I 58–64 u. 66  f., wonach es dem
Hethiter bei seinem Betreten des kleinasiatischen Hoheitsgebietes von Aḫḫiyawa nur um die Verhandlungen
mit den Untertanen des Adressaten wegen der Überstellung des Piyamaradu an ihn, den König von Ḫatti,
ging; s. ferner II 20  f. wonach er, als er „dort (in Millawanda) ausstieg“ mit Atpa, dem Schwiegersohn des
Piyamaradu, verhandelte. Auch Forrer ging ja nicht von ernsthaften kriegerischen Auseinandersetzungen
zwischen Ḫatti und Aḫḫiyawa aus.
In Sommer (AU 16  f.): nu šẸš-I̯a̤ [a-píd-da erínmeš.I̯a i.n]a k Ụr mi-el-lạ-u̯ ạ-an-da s[ig5-an-ti-pít me-mi-ni
u-i-i̯]a-an (x̤ ) ḫa̤ r?-mi „Und [deswegen], mein Bruder, habe ich [meine Truppen i]n das Land Millavanda [nur?]
in fre[undlicher Meinung geschi]ckt!(?).“

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   287

Sommer, der zwar im Gegensatz zu Forrer den zum Nebensatz (eingeleitet durch mān-man) gehörenden
Hauptsatz schon in IV 12  f. sah (wie auch Hoffner, Beckman und die Bearbeiter des vorliegenden Buches;
s. oben S. 285  f.), betrachtete aber den Satz hier in IV 14  f. wohl korrekt als weiteren Hauptsatz ohne zuge-
hörige Nebensätze. Allerdings versuchte er dann ähnlich wie Forrer die Lücke in IV 14 mit „Truppen“ zu
füllen, die der Hethiter nach Millawanda gesandt habe, wobei er aber dann den heth. König mit seiner Ergän-
zung in IV 15 sagen lässt, dass dies in freundlicher Absicht geschehen sei. Sommer (AU 172) begründet Letz-
teres damit, dass der heth. König hier „seine wohlwollende Gesinnung, seine Rücksicht auf den Adressaten“
wieder einmal beteuern wollte. Forrers Ergänzung [u-i-i̯]a-an vor ḫar-mi übernahm er ebenfalls.
Nach einem Blick in HW2 Ḫ, 290–296 (sub VII.4), einer Liste der Verben, die in Partizipialkonstruktio-
nen mit ḫar(k)- bezeugt sind, wird deutlich, dass mit vielen Möglichkeiten für eine Ergänzung zu rechnen
ist. So scheint es sinnvoll, sich hier Fachleuten wie Miller (2006, 246), Hoffner (2009, 311) u. Beckman et al.
(2011,115  f.) anzuschließen, die in beiden Zeilen auf die Ergänzung der größeren Lücken verzichtet haben,
auch wenn es hinsichtlich der Übersetzung der ganz oder teilweise vorhandenen Worte dann doch auch bei
ihnen kleine Unterschiede gibt.
Vielleicht spricht der Hethiter hier dem Adressaten gegenüber (IV 14: nu šeš-⸢ia⸣) wieder über sein Vor-
dringen bis nach Millawanda; s. auch die Stellen I 58 u. I 73, an denen der Ort erscheint. Da er in die Hoheits-
sphäre des Adressaten eingedrungen war, könnte es sich hier wieder um einen Beschwichtigungsversuch
gehandelt haben.

Zusammenfassung des Kommentars zu § 12 (III 63′–IV 15)


Hier erfolgt zunächst in III 63′  f. die Aufforderung des Hethiters an den König von Aḫḫiyawa, dass dieser,
wenn er nicht mit Piyamaradus geplanten Überfällen auf hethitisches Gebiet (vom kleinasiatischen Hoheits-
gebiet Aḫḫiyawas aus; s. oben § 11) einverstanden sei, dem Piyamaradu ein Schreiben senden solle mit der
Aufforderung, nach Ḫatti zu gehen. Sein Herr (der König von Ḫatti) habe sich um ihn bemüht; s. III 65′  f.
(Bemühungen wohl auch im Hinblick auf die vorab gegebenen Garantien); vgl. dagegen jedoch Sommer (AU
166: „dein Herr hat mit dir abgerechnet!“), der ähnlich wie Forrer (1929, 117: „Dein Herr hat dir verziehen.“)
davon ausgeht, dass der Hethiter bereits vor dem Verhör in Ḫatti „die Rechnung als richtig nachgeprüft und
damit Entlastung erteilt“ habe.
Falls (er [P.] dies) jedoch nicht (möchte), so das vom Hethiter für den König von Aḫḫiyawa vorformulierte
Schreiben weiter, solle er ins Land Aḫḫiyawa herkommen und ihm werde ein Wohnort angewiesen (wahr-
scheinlich nebst Familie etc.). Ansonsten solle er dem König von Ḫatti von einem anderen Ort aus feindlich
sein, denn von seinem Land (Aḫḫiyawa) aus gestatte er das nicht (III 67′–IV 5). Wenn ihm (P.) der Sinn nach
dem Lande Karkiya und/oder Maša stünde, solle er dorthin gehen (IV 6  f.).
Ehe der vorgeschlagene Brief aller Wahrscheinlichkeit in Kol. IV 10 endete und anschließend in IV 11 die
Rückkehr zum Grundtext erfolgte, sollte der König von Aḫḫiyawa Piyamaradu noch darauf hinweisen, dass
die Feindschaft wegen Wiluša nun beigelegt sei, und zwar wohl aufgrund eines Einlenkens von hethitischer
Seite (IV 7–11); zu der starken Zerstörung der drei Schriftzeichen des Ortsnamens und zur Diskussion über die
Lesung s. oben S. 271  f. u. 275–277. Mit diesem Hinweis sollte Piyamaradu zu verstehen gegeben werden, dass
eine Gefährdung der nun bestehenden Einigkeit (oder des erreichten Friedens?) keinesfalls durch dessen
Machenschaften geschehen dürfe.
Freilich unterscheiden sich die bisherigen Bearbeitungen im Detail. Gab es einen Krieg zwischen Ḫatti
und Aḫḫiyawa wegen Wiluša oder nur eine diplomatische Verstimmung? Während Sommer von einem Krieg
ausgegangen war, tendiert man heute wieder wie ehemals schon Forrer zu der Annahme, dass es sich nur um
einen Streit auf diplomatischer Ebene gehandelt habe; s. dazu oben S. 278–280.

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288   S. Heinhold-Krahmer

Paragraph 13 (Kol. IV 16–26)

IV 16–18
In diesen drei Zeilen ist der Text nur in der rechten Hälfte erhalten. In IV 16 zeigt der vollständig erhaltene
Name mPí-ia-ma-ra-du, dass es hier weiter um diesen Unruhestifter ging; zum endungslosen Namen s. bereits
Sommer (AU 173). In Kol. IV 17 ist mit nu-mu šeš-ia me-mi-ia-ni der Anfangsteil eines Satzes erhalten, der
dann in der zerstörten ersten Hälfte von IV 18 beendet worden sein muss, denn schon in der zweiten Hälfte
dieser Zeile befindet sich ein weiterer Satz: na-at-mu šu-pur „Das schreibe mir!“ Dass sich diese Aufforde-
rung an den wohl in der vorausgehenden Zeile IV 17 mit šeš-ia angesprochenen Adressaten richtete, dem der
Hethiter mit dem in § 12 erbetenen bzw. geforderten Schreiben die Lösung des Piyamaradu-Problems aufzu-
halsen versucht hatte, kann kaum bezweifelt werden. Ebenso dürfte hier in IV 17 mit dem anschließenden
me-mi-ia-ni (D.Sg.) auf dieses Problem bzw. diese Angelegenheit Bezug genommen worden sein. Naheliegend
scheint daher für IV 17 und die Lücke in IV 18 sowohl die Vermutung von Forrer (1929, 186), dass der König
von Aḫḫiyawa dem hethitischen Herrscher mitteilen sollte (IV 18), was er nun bezüglich des Piyamaradu
(IV 6) zu tun gedenke, als auch die von Sommer (AU 17 u. 173), dass der Adressat dem Hethiter darüber schrei-
ben solle (IV 18), was er in der (Piyamaradu-)Angelegenheit für ihn (den König von Ḫatti) durchgesetzt habe.
Fachleute haben sich in neuerer Zeit aber zu Recht einer Ergänzung der fragmentarischen Zeilen enthal-
ten; s. Miller 2006, 246; Hoffner 2009, 311; Beckman et al. 2011, 116  f.

IV 19  f. von ⸢nu⸣ bis n]am-ma ku-it


In IV 19 befindet sich zwischen der Satz einleitenden Partikel ⸢nu⸣ und dem wohl zu me-]mi-ni zu ergänzen-
den Wort eine Lücke von etwa sieben bis acht Zeichen. Sowohl Forrer (1929, 116) als auch Sommer (AU 16  f.)
haben in dieser Zeile zwar zu Recht einen Nebensatz vermutet, der seinem Hauptsatz in IV 20 vorangestellt
war, es ist aber fraglich, ob in IV 20 mit Sommer noch ein weiterer Nebensatz anzunehmen ist (wie auch in
Hoffner 2009, 311 u. Beckman 2011, 116  f.), und dann der Hauptsatz erst gegen Ende der Zeile anschloss, etwa
in Form einer Frage, oder ob der Hauptsatz am Beginn von IV 20 einsetzte und dann in der Lücke endete,
wobei danach die vermutliche Frage am Ende von IV 20 einen weiteren eigenständigen Satz dargestellt hätte.

IV 19 von ⸢nu⸣ bis ku-ru-ri-aḫ-ḫu-u-en


Zwischen dem Satz einleitenden ⸢nu⸣ und dem Prädikat ku-ru-ri-aḫ-ḫu-u-en lässt sich die Lücke aufgrund
der noch erhaltenen Zeichen […]-mi-ni še-er zumindest teilweise folgendermaßen ergänzen: [… ku-e-da-ni
me]-mi-ni še-er (wörtl.: „[…] wegen welcher Angelegenheit“), was auch alle oben genannten Forscher getan
haben. Unsicher bleibt dennoch die Ergänzung der restlichen Lücke nach ⸢nu⸣ und vor [… ku-e-da-ni me]-
mi-ni, die in Sommer (AU 16): š[a̤ ?? uruu̯ i-lu-ša(??)-pít) lautete; vgl. auch Hoffner (2009, 311) u. Beckman (2011,
116), die diese Ergänzung offenbar für sicher hielten (ganz ohne Fragezeichen!). Sie scheint zwar aufgrund
von IV 8  f. nicht unplausibel, doch Forrer und Miller verzichteten hier auf Wiluša, und Vorsicht ist bei Ergän-
zungen ja in der Regel gerechtfertigt.
Nach längerer, auch schriftlicher Diskussion entschieden wir uns für Forrers (1929, 116) Lesung des Prä-
dikats in IV 19, nämlich ku-ru-ri-aḫ-ḫu-u-en statt der von Sommer (AU 174), die ku-ru-ri-iḫ-ḫu-u-en lautete;
s. auch Translit. S. 34 u. 60 Anm. 260.
Sommers Wahl bei der Umschrift der Silben im Wortinneren findet sich auch bei Goetze (AM 192): KBo 2.5
IV 14 ku-u]-ru-ri-iḫ-ḫi-ir; s. dagegen die korrekte Autographie von KBo 2.5 I 14 von H.H. Figulla, mit dem dort
doch der Gleitlaut vorhanden und die übliche Lesung vorzunehmen ist: ku-u]-ru-ri-ia-aḫ-ḫi-ir; vgl. noch die
abweichende Lesung in AM 180: KBo 2.5 I 9 ku-u-ru-ur-iḫ-ta.
Zur uneinheitlichen Deutung dieses Prädikats in IV 19 „wir waren feindlich, feindselig, hatten Fein-
schaft“ oder „wir führten Krieg“ s. oben S. 278–280 sub ku-ru-ur e-šu-u-en.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   289

IV 20 nu-za-x[… na]m-ma ku-it


Nach nu-za- ist noch ein Rest des nachfolgenden Zeichens erhalten, und zwar der Beginn eines waagrech-
ten Keils, wobei es sich durchaus um den Anfang der von den meisten Bearbeitern des Textes ergänzten
Ortspartikel -kan handeln könnte; s. dazu Translit. S. 34 u. 60 Anm. 261. J.L.M. hat uns aber darauf hingewie-
sen, dass dann, sollte diese Ergänzung korrekt sein, Sommers weitere Ergänzung der Lücke wohl verfehlt sei.
Sommer (AU 16) hatte in der Lücke von ca. neun Zeichen zwischen seiner Lesung nu-za-k[án und na]m-ma
ku-it noch ku-it ták-šu-la-u-en und anschließend noch ein nu als Einleitung des vermuteten Fragesatzes am
Ende der Zeile, also nu na]m-ma ku-it, ergänzt. Bei der Ergänzung von ku-it ták-šu-la-u-en in dem von ihm
vermuteten kausalen zweiten Nebensatz in der ersten Zeilenhälfte von IV 20 (s. dazu oben sub IV 19  f.) stützte
sich Sommer auf IV 10, wo von einer Einigung im Steit wegen Wiluša (IV 8  f.) die Rede war. Dabei war ihm
allerdings entgangen, dass dort der Satz mit nu-u̯ a vor tak-šu-⸢la⸣-u-[en] eingeleitet wurde, ergo kein -kan
erforderlich war. Es scheint also sinnvoll, hier auf beide Ergänzungen zu verzichten.

IV 21–23 von ma-a-a[n bis ⸢ú-ul⸣ pé-eš-ši-ia-iz-zi


Hier sollte zweifellos dem Adressaten ein Beispiel oder eine Art Gleichnis geboten werden, das auch für
diesen und den Autor des Textes, den König von Aḫḫiyawa also und den von Ḫatti, nach Meinung des Letz-
teren gelten sollte.

IV 21  f. von ma-a-a[n bis u̯ a-aš-túl tar-na-⸢i⸣


Es handelt sich, wie bislang schon allgemein angenommen wurde, um einen konditionalen Nebensatz, ein-
geleitet mit mān. Auch bezüglich pé-ra-an u̯ a-aš-túl tar-na- „ein Vergehen (/eine Verfehlung) vor (jeman-
dem) eingestehen (/zugeben)“ herrscht Einigkeit; s. schon Forrers (1929, 116  f.) Interpretation u. HW 216 sub
tarna-(mit Lit.). Des Weiteren ist klar, dass derjenige, vor dem eine ursprünglich in der Lücke erscheinende
Person ihre Verfehlung eingesteht, hier mit akkad. tappû(m) bezeichnet wird; s. lú]tap-pí-šu pé-ra-an (IV 21).
Dieses akkad. Wort wurde von Sommer, der zu Recht aus Raumgründen Forrers Ergänzung (1929, 116) des
Satzes: ma-a-a[n ku-iš-ki a-na (LÙ-)kar-]tab-bi-šu bi-ra-an tar-na-i ablehnte, als synonym zu heth. (lú)ara-
betrachtet; so auch HW 28 „Gefährte, Freund“; vgl. jedoch HW2 A, 221, wonach zwar Ähnlichkeit besteht,
diese Synonymität jedoch heute als überholt gilt. Freilich wird auch dort für akkad. tappû(m) trotz der
Bemerkung „von etwas geringerer Bed.“ (gemeint ist gegenüber ara-) die deutsche Entsprechung „Genosse,
Gefährte, Kompagnon“ angegeben.
Sommer (AU 174) begründete seine Ergänzung im Konditionalsatz, ma-a-a[n? lútap-pu ku-iš-ki a-na

] tap-pí-šu pé-ra-an …, u.  a. mit dem Hinweis auf reziprokes šeš-aš šeš-an oder lúa-ra-aš lúa-ra-an und über-
setzte dann „der Gefährte dem Gefährten“ oder neutraler ohne Festlegung auf eine bestimmte Personen-
gruppe dann diesen ganzen Nebensatz (AU 17) „Wen[n irgendeiner v]or dem anderen eine Schuld eingesteht“.
Auch wenn man sich wie Miller (2006, 146: „Wenn […] vor seinem Genossen ein Vergehen gesteht“)
Sommers Ergänzung (AU 16  f.) nicht anschließen möchte, die in neuerer Zeit vor allem Hoffner (2009, 311:
ma-a-a[n lútap-pu ku-iš-ki a-na lú]tap-pí-šu pé-ra-an u̯ a-aš-túl tar-na-i „If one partner confesses his error/sin
to the other“) und ähnlich Beckman et al. (2011, 116  f.: ma-a-an-[za-kán lútap-pu a-na lú]tap-pí-šu pé-ra-an
u̯ a-aš-túl tar-na-i „If [a certain ally] confesses an offense before his ally“) vertraten, so dürfte man schon
allein aus den erhaltenen Teilen des Satzes in Verbindung mit den nachfolgenden Zeilen zu einer ähnlichen
Interpretation gelangen.

IV 22  f. von [… lútap-p]í-šu pé-ra-an bis ⸢ú-ul⸣ pé-eš-ši-ia-iz-zi


Auf den am Beginn von IV 22 endenden Nebensatz mit dem Prädikat tar-na-⸢i⸣ (s. dazu Sommer, AU 175;
ferner HW 215  f. sub tarna- u. bes. 216 piran t. „vor jmd. lassen; gestehen“, mit Lit.) dürfte noch unmittelbar
darauf in der Lücke ein weiterer gefolgt sein; anders Forrer 1929, 116  f.
Diesen zweiten Nebensatz versuchte Sommer (AU 16: [nu ku-iš lútap-pu a.na lútap.p]í.šu? pí-ra-an u̯ a-aš-
túl ta[r-na-i) als Relativsatz zu deuten. Angefangen mit der Ergänzung nu bereits zu Beginn der Lücke und
dann Anschluss findend an die erhaltenen Zeichenreste lútap.p]í.šu? ergab sich zusammen mit den nach-

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290   S. Heinhold-Krahmer

folgenden Worten in IV 22  f. und dem teilweise erhaltenen Hauptsatz mit dem Prädikat […]⸢ú-ul⸣ pé-eš-ši-
ia-iz-zi in IV 23 ein durchaus einleuchtender Sinn. Das Gleiche gilt für die Versuche von Hoffner (2009, 311:
[nu lútap-pu ku-it a-na lútap-p]í-⸢šu⸣ pé-ra-an u̯ a-aš-túl ta[r-na-i) und Beckman (2011, 116  f.: [na-aš-za-kán
ku-it a-na lútap-p]í-⸢šu⸣ pé-ra-an u̯ a-aš-túl ta[r-na-i), die also als zweiten Nebensatz einen Kausalsatz (mit
ku-it) annahmen, wobei Ersterer diesen Nebensatz nur schlicht mit nu, wie schon Sommer, beginnen ließ,
Beckman jedoch mit na-aš-za-kán eine Partikelkette im Anschluss an nu ergänzte und dafür Sommers und
Hoffners ersten lútap-pu in diesem zweiten Nebensatz entfallen ließ.
Doch nun zum Hauptsatz: Dessen Prädikat […]⸢ú-ul⸣ pé-eš-ši-ia-iz-zi hat wohl aufgrund des Kontextes die
Mehrzahl der Texteditoren dazu bewogen, in der Lücke davor IV 23 na-an als Satzeinleitung (nu+ enklit. Per-
sonalpronomen [A.Sg.c.] als Objekt) und zudem ar-ḫa zu ergänzen; s. Forrer (1929, 116: na-an ar-ḫa] ú??-ul? bi-
eš-ši-ia-iz-zi); Sommer (AU 16: na-an-kán ar-ḫa] Ṳ́ ?.UL pí-eš-ši-i̯a-iz-zi); Hoffner (2009, 311: na-an ar-ḫa] ú-ul pé-
eš-ši-ya-iz-zi) u. Beckman (2011, 116: na-an-kán ar-ḫa] ⸢ú⸣-ul pé-eš-ši-ya-iz-zi), wobei Sommer und Beckman
an die Satzeinleitung die Ortspartikel -kan anschlossen. Wie jedoch das Beispiel im Vertrag Muršilis II. mit
Kupanta-Kurunta von Mira § 2, KUB 6.44 I 5  f. zeigt, ist bei arḫa peššiye/a- (wörtl. „[jemanden] verstoßen, ver-
werfen“ und dann etwas freier im Sinne von „jemanden fallen lassen, aufgeben, zurückweisen“; vgl. CHD P,
320 sub peš(š)iya-, 3.b [mit weiteren Beispielen]) kein -kan erforderlich.
Dieser Hauptsatz erlaubt zunächst schon  – was sinngemäß auch in den meisten Übersetzungen
geschah – die Vermutung, dass ein Kollege oder Partner einen anderen (Kollegen/Partner) nicht zurückwei-
sen wird, wenn der ihm gegenüber sein Vergehen bzw. sein Fehlverhalten eingesteht (s. erster Nebensatz
in IV 21  f.), und zwar unabhängig davon, ob wir nun den zweiten Nebensatz (IV 22  f.) als Relativsatz oder
Kausalsatz annehmen möchten. Dennoch sollte man angesichts der Unsicherheit bezüglich genauer Ergän-
zungen der Lücken hierbei, wie auch anschließend in IV 24–26, Vorsicht walten lassen. Dies ist erforderlich
auch angesichts der Abweichungen bei den verschiedenen oben genannten Autoren.

IV 24 bis IV 26 von am-mu-uk-ka4 […] bis le-e nam-m[a …]


Aus am-mu-uk-ka4 („auch ich“), dem Subjekt am Beginn des Satzes in IV 24 (vgl. auch I 28), aus dem Objekt
a-na šeš-ia („meinem Bruder“) und dem Prädikat pé-ra-an tar-na-aḫ-ḫu-[un („ich habe eingestanden, zuge-
geben“) wird allein schon klar, dass der Hethiterkönig das in IV 21 bis 23 Geschriebene wohl deshalb als eine
Art „Gleichnis“ in den Haupttext eingeschaltet hatte, um sich nun direkt auf ein zumindest von ihm selbst
erwartetes gutes Einvernehmen mit dem König von Aḫḫiyawa bei den weiteren Verhandlungen beziehen zu
können.
Freilich ergaben die Versuche der schon oben (IV 21–23) zitierten Fachleute, die Lücke zwischen am-mu-
uk-ka4 und ⸢a⸣-na šeš-ia pé-ra-an tar-na-aḫ-ḫu-[un …] inhaltlich entsprechend den Zeilen IV 21–23 zu deuten,
wieder wie schon dort unterschiedliche Möglichkeiten.
So liest man in Verbindung mit den erhaltenen Teilen des Satzes (IV 24  f.) in Forrer (1926, 116  f.):

am-mu-ug-ga-[za am-me-el va-aš-tul ku-id] a-na Šeš-ia bi-ra-an tar-na-aḫ-ḫu-u[n „Auch ich habe [ja mein Vergehen] vor
meinem Bruder zugegeben;“.

Dabei vergaß er jedoch sein ergänztes ku-id zu interpretieren und übersetzte daher diesen Nebensatz als
gleichwertigen Hauptsatz zu dem ihm nachfolgenden Satz.
Sommers Ergänzung (AU 17) war sehr ähnlich, nur hängte dieser an am-mu-uq-qa […] statt Forrers Parti-
kel -za nun -kan an unter Hinweis auf KUB 13.34 IV 11. Ferner stellte er ku-it anders als Forrer (s. oben) nicht
an die letzte Stelle der Lücke, sondern zwischen ergänztem am-me-el und u̯ a-aš-tú]l? und übersetzte diesen
Nebensatz, wie schon den in IV 22  f., als Relativsatz:

am-mu-uq-qạ[-kán am-me-el ku-it u̯ a-aš-tú]l? a.na šeš.i̯ a pí-ra-an tar-na-aḫ-ḫu-ṳ[n? „[Meine Schul]d, [die] auch ich vor
meinem Bruder eingestanden ha[be]“.

Miller verzichtete erneut auf eine Ergänzung, Hoffner (2009, 311) u. Beckman (2011, 116  f.) deuteten den von
ihnen ebenfalls wie in Sommer mit kuit ergänzten Nebensatz entsprechend dem zuvor schon von ihnen im

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   291

„Gleichnis“ (IV 22  f.) ergänzten kuit in kausalem Sinne, wobei sich wiederum Abweichungen ergaben, was
die Ergänzungen hinsichtlich der Stellung von kuit anbelangte, aber auch was das Anschließen von Partikeln
an am-mu-uk-ka4- betraf; s. Beckman 2011, 116: am-mu-uq-qa[-za-kán am-me-el ku-it wa-aš-tú]l u. vgl. Hoffner
2009, 311: am-mu-uk-ka4 [ku-it am-me-el wa-aš-tú]l).
Während sich also dieser erste, von den meisten Forschern als Nebensatz interpretierte Teil bis tar-na-
aḫ-ḫu-[un …] (IV 25) aufgrund der erhaltenen Wörter inhaltlich relativ gut im Anschluss an die unmittelbar
zuvor anhand eines Beispiels bzw. Gleichnisses gegebene Erläuterung deuten lässt, ungeachtet der beste-
henden Lücke, erlaubt das wenige Erhaltene in IV 25  f.: a-na ⸢šeš⸣-ia le-e nam-m[a schwerlich eine voll-
ständige Interpretation. Dies wird auch aus den stark voneinander abweichenden Versuchen der Fachleute
ersichtlich. Immerhin lässt das Erhaltene und im Anschluss an a-na ⸢šeš⸣-ia (Ende IV 25) befindliche le-e
nam-m[a annehmen, dass in Verbindung mit dem zerstörten Prädikat von einem Prohibitiv ausgegangen
werden kann, was auch den diversen Ergänzungen zugrunde gelegt wurde. Der hethitische König scheint
also am Ende von § 13 dem Adressaten gegenüber in irgendeiner Weise eine Zusicherung gegeben zu haben,
die in etwa gelautet haben könnte: „meinem Bruder [will ich] nicht weiter [solches? tun]!“ oder „meinem
Bruder [soll] nicht weiter [solches? getan werden/geschehen]!“; vgl. auch Forrer 1929, 116  f.: [nu a-pa-a-ad
va-aš-tu]l a-na Šeš-ia li-e nam-m[a bi-ra-an ki-ša-r]i „nun [soll selbiges Vergeh]en [vor] meinem Bruder nicht
wieder [geschehen].“; Sommer, AU 16  f. u. 175  f.: na-at egir-an tar-na-aš [na-ạ]t? a.na šẸš-ia li-e nam-m[a̤ ?
dù-mi (ul-at a-a-r]a̤ )(?) [Sie (= Meine Schul]d, bezogen auf die Ergänzung in Z. 24)] „hat er verziehen], [ich]
will [si]e gegen meinen Bruder nicht wiede[r begehen. (Das wäre Unrech]t) (?).“
Hoffner (2009, 311) verzichtete weitgehend auf eine Ergänzung der Lücke in IV 25 und fügte nur gegen
Ende zu ein am-mu-uk ein, worauf er für den noch sichtbaren Rest eines senkrechten Keiles nach der Lücke
das Zeichen ù? (akkad. „und, auch“) erwog: … am-mu-uk] ù? a-na šẸš-ia li-e nam-m[a ku-ru-ur …]x „let there
be no more hostility between me and my brother.“; Beckman et al. (2011, 116  f.) dagegen ließen die Lücke
weitgehend ohne Ergänzung.

Zusammenfassung des Kommentars zu § 13 (Kol. IV 16–26)


In den fragmentarischen Zeilen IV 16–18, von denen jeweils links mehr als die Hälfte fehlt, bezog sich der
hethitische Herrscher wohl erneut auf sein in § 12 vom König von Aḫḫiyawa erbetenes Schreiben an Piya-
maradu. Er forderte den König vermutlich auf, ihn über den Fortgang in der Angelegenheit zu informieren.
Anschließend dürfte erneut die frühere Feindschaft zur Sprache gekommen sein, die aber beendet wurde.
In IV 19  f. bleiben die Ergänzungen Sommers fraglich.
In IV 21–23 brachte der Hethiter dann eine Art Gleichnis vor, das in etwa lautete (s. auch Sommer, AU 17):
„Wenn einer vor einem anderen eine Verfehlung zugibt, wird der den(jenigen), der vor ihm die Schuld ein-
gesteht, nicht zurückweisen (/fallenlassen).“
Hier wurde also vermutlich in verallgemeinernder Form die Sachlage exemplarisch dargelegt, auf die
sich der Hethiterkönig dann im Hinblick auf das gegenwärtige politische Verhältnis zwischen ihm und
seinem Adressaten, dem König von Aḫḫiyawa, in IV 24–26 beziehen konnte. Freilich ist eine Ergänzung der
Lücken dieser Zeilen, insbesondere in IV 25  f., problematisch.

Paragraph 14 (IV 27–31)

IV 27 nu ma-a-an še[š-ia …]
In diesem Konditionalsatz erscheint mit še[š-ia wieder wie schon im unmittelbar vorausgehenden und im
nachfolgenden Paragraphen der Adressat.

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292   S. Heinhold-Krahmer

IV 28 nu-mu egir-pa šu-p[ur …]


Hier handelt es sich wohl wieder um die Aufforderung des hethitischen Königs an den Adressaten, ihm
zurück zu schreiben; vgl. auch oben IV 18.

IV 29 ša ìr-ia ku-u̯ a-[…]


Denkbar ist, dass hier mit ša ìr-ia „meines Untertanen“ wieder auf Piyamaradu, zuletzt namentlich in IV 16
genannt, Bezug genommen wird; s. schon Forrer 1929, 187. Für den nachfolgenden Wortrest ku-u̯ a-[ zog Forrer
(1929, 116  f.) kuwapi „sobald“ in Erwägung; s. ebenso Hoffner (2009, 312) u. Beckman (2011, 116  f.), Letzterer
im Sinne von „während“.

IV 30 ar-ḫa pé-eš-ši-i[a-
Das ohne Endung erhaltene Prädikat wäre nach Sommer (AU 176) entgegen Forrer (1929, 187) „das einzig
Bleibende“ in diesem Abschnitt, das „irgendeinen Zusammenhang mit dem vorigen Abschnitt <s. IV 23>
nahelegt.“

IV 31 na-at unMEŠ-an-ni-ma-[
unmeš-(a)tar (= antuḫšatar) ist bereits in I 25 belegt; s. oben S. 88. Es bleibt jedoch fraglich, ob es auch hier
so wie dort um die Bevölkerung der Stadt Iyalanda ging, die nur vermutlich, also nicht ganz sicher, mit den
flüchtigen Zivilgefangenen (den nam.ra-Leuten) identisch war, welche sich bei Piyamaradu im Bereich von
Millawanda aufhielten (s. III 54′) und um deren Auslieferung sich der König von Ḫatti beim Adressaten eben-
falls bemüht haben dürfte (vgl. III 9–19).
Sommer (AU 176 unter Verweis auf AU 77  f.) hielt es für möglich, dass es sich hier in der letzten Zeile von
§ 14 um einen Fragesatz gehandelt haben könnte, da die enklit. Partikel -ma nicht mit der Satzeinleitung
verbunden wurde, sondern sich erst an das zweite Wort, das Dativobjekt unmeš -an-ni, anschloss.
Sollte dies der Fall sein, so müsste es sich hier nach heutigem Forschungsstand um den zweiten Teil
einer Doppelfrage handeln; s. CHD, L-N 92  f. sub -ma, a.b′4′′. Dies lässt sich freilich aufgrund der auch weit-
gehend zerstörten vorausgehenden Zeile 30 schwerlich klären.

Zusammenfassung des Kommentars zu § 14 (Kol. IV 27–31)


Es ist aus den wenigen erhaltenene Wörtern dieses Paragraphen kein klarer Zusammenhang zu gewinnen,
wie auch schon Sommer (AU 176) zu Recht festgestellt hat.
§ 14 gehört zu den drei kürzesten der durch Paragraphenstriche voneinander getrennten 15 Abschnitte
des Textes. Er enthält wie § 7 (Kol. II 50–54) nur fünf fragmentarische Zeilen; s. noch § 3 (Kol. I 32–34) mit nur
drei Zeilen.

Paragraph 15 (Kol. IV 32–57)

IV 32  f. von šeš-ia-ma-mu ka-ru-[ú … iš-pur] bis géšpu-u̯ a-mu up-pé-eš-ta

IV 32 Begründung der Ergänzung iš-pur


Es ist kaum zu bezweifeln, dass der hethitische König diesen letzten Abschnitt des Textes mit dem Hinweis
auf ein vorausgegangenes Schreiben des Adressaten (des Königs von Aḫḫiyawa) an ihn begann. Die Ergän-
zung von iš-pur (3.Sg.Prt. „er schrieb“) innerhalb des zerstörten und etwa zwei Drittel der ersten Zeile umfas-
senden Teils dieses Paragraphen, die sich in allen bisherigen Textbearbeitungen findet und die auch allen
Übersetzungen zugrunde gelegt wurde, scheint vor allem deshalb gerechtfertigt, weil das wenige Erhaltene
am Beginn der nächsten Zeile durch die Partikel -wa als Zitat gekennzeichnet ist. Somit dürfte es sich um
das Zitat aus einer Nachricht des Adressaten handeln, da dieser ja auch am Zeilenbeginn in IV 32 erscheint.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   293

Da nach den beiden ersten Wörtern der Hauptteil von IV 32 zerstört ist, besteht die Möglichkeit, dass
außer iš-pur und vielleicht davor ki-iš-ša-an (s. Schreibung III 3) oder kiš-an (II 62; s. z.  B. Forrer 1929, 118;
Sommer, AU 16; Hoffner 2009, 312; Beckman 2011, 116) noch weitere Wörter oder sogar auch ein kleiner Satz
in dieser Zeile gestanden haben. Die ursprüngliche Position des ergänzten iš-pur lässt sich daher nicht
genauer bestimmen.

IV 32 ka-ru-[ú …
Denkbar ist, dass karū, welches meist mit „früher“ an dieser Stelle wiedergegeben wird, nicht unbedingt auf
ein viele Jahre zurückliegendes Schreiben hindeuten muss. Garstang/Gurney (1959, 113) u. Hoffner (2009,
312) übersetzten es zwar mit „once“ („einmal, einst“), Beckman (2011, 117) dagegen mit „already“ („schon,
bereits“). Es könnte sich durchaus auch um einen zeitlich nicht allzu weit vom vorliegenden Text entfernten
Brief oder eine Botschaft des Königs von Aḫḫiyawa an den hethitischen Großkönig gehandelt haben; s. dazu
auch Forrers Überlegungen (1929, 193), die dabei allerdings von zwei falschen Prämissen ausgingen, und zwar:
1. dass Muršili II. der Autor des Textes VAT 6692 gewesen sei, der in IV 32 auf einen Brief verwies, den der
König von Aḫḫiyawa ihm karū („früher“) geschickt habe, wobei mit karū nach Forrer auch möglicherweise
nur deutlich gemacht werden sollte, dass es sich nicht um den letzten Brief des Königs von A. an ihn, sondern
um einen früheren gehandelt haben könne;
2. dass es in besagtem Brief um Heereshilfe ging, so Forrers Fehldeutung von géšpu; Weiteres dazu
gleich unten.

Die Vermutung, dass karū nicht unbedingt auf einen lange zurückliegenden Zeitpunkt anspielen musste,
sondern dass damit nur auf ein der letzten Botschaft (vielleicht die in I 53–56 u. II 9  f.) vorausgehendes
Schreiben wenige Wochen, Monate oder Jahre zuvor hingewiesen werden sollte, dürfte auch bei anderen
Briefen, die auf einen vorausgegangenen Brief Bezug nahmen, naheliegend sein, wie z.  B. bei ABoT 60 Vs. 3′  f.
(vgl. Hagenbuchner 1989b, 76  f.) oder Mşt. 75/40 Vs. 5  f. (vgl. Alp 1991, 124  f.); s. auch demnächst HW2 K, sub
karū.
Immerhin erscheint Sommers (AU 177) Hinweis trotz des schlechten Erhaltungszustandes des Textes
akzeptabel, dass §  15 in zwei Abschnitte zerfällt. Im ersten Abschnitt wurde mit ka-ru-[ú] auf ein zurück-
liegendes Schreiben des Königs von Aḫḫiyawa verwiesen (IV 32), worin der Vorwurf géšpu-u̯ a-mu up-pé-eš-
ta (dazu unten sub IV 33) gegenüber dem Hethiter enthalten war. Dieser Abschnitt endete nach einigen nicht
ohne Weiteres deutbaren fragmentarischen Zeilen in IV 44 wieder mit der Wendung géšpu *x* up-pa-aḫ-ḫu-
un. Der zweite Abschnitt wurde dann durch ki-nu-na-ma „jetzt aber“ in IV 44 als Opposition zu ka-ru-[ú] in
IV 32 eingeleitet.

IV 33 géšpu-u̯ a-mu up-pé-eš-ta


Die sumerographischen Zeichen am Zeilenbeginn (s. HZL Nr. 68: sum. šu, géšbu bzw. géšpu = šu.bùlug und
HZL Nr. 257: sum. bùlug, dim4, munu8) wurden an dieser sowie an den drei anderen Stellen im Text (VAT
6692 III 12, 17 u. IV 44) bislang unterschiedlich gelesen. In Forrer (1929, 118:) findet sich die Lesung šu.dim
(Šu-Dim nach seiner veralteten Translit.), in Sommer (AU 18) dagegen šu.bulug (zu den neueren Lesungen
dim4 und bùlug s. HZL 257).
Wissenschaftler in neuerer Zeit (z.  B. Hoffner 2009, 312; Beckman 2011, 116; Weeden 2011, 498) vertraten
einhellig die Lesung géšpu, s. auch HZL 68, S. 124.
Forrer (1929, 119) nahm als Bedeutung des Ideogramms an dieser Stelle fälschlich „Heereshilfe“ an.
Sommer (AU 180–183) arbeitete dagegen schon sehr klar verschiedene Deutungsmöglichkeiten, insbeson-
dere „Arm“ oder „Faust“(?) und „Zwang“ oder „Gewalt“, heraus.
Güterbock/Kendall (1995, 55  f.) schließlich setzten als Hauptbedeutungen für géšpu – bezogen speziell
auf das von ihnen behandelte Fundobjekt eines silbernen Gefäßes in Form einer Faust – „fist, arm“ und auch
„wrist, forearm“ an, sowie insbesondere beim textlich ebenfalls bezeugten bibru géšpu für géšpu „fist“ oder
„hand and wrist“; vgl. z.  B. auch Weeden (2011, 498), bei dem die verschiedenen Bedeutungen aufgrund des
Belegmaterials zusammengefasst ergeben: „Forearm with fist, force, violence“.

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294   S. Heinhold-Krahmer

Die wörtliche Übersetzung von IV 33 „Du hast mir Gewalt geschickt“ könnte sich zwar auch auf eine
kriegerische Aktion beziehen, vor allem dann, wenn man davon ausgehen möchte, dass die bereits in IV 7–10
erwähnte Feindschaft wegen Wiluša tatsächlich zu einem direkten Krieg zwischen dem König von Aḫḫiyawa
und dem von Ḫatti geführt hätte,162 doch ließen mehrere Stellen in § 15 die meisten Forscher darauf schlie-
ßen, dass diese vorausgegangene Feindschaft eher auf gegenseitigen diplomatischen Verstimmungen und
persönlichen Kränkungen beruht haben könnte; s. dazu oben S. 278–280 sub IV 8  f., S. 281  f. sub IV 10 u.
S. 288 sub IV 19  f. Möglich wäre auch, was bislang vermutlich noch nicht zur Sprache gekommen ist, dass
damit eine „Drohung“ oder „Bedrohung“ gemeint war.
Speziell in Kol. IV 37 u. 42  f. dürfte das in fragmentarischem Kontext auftretende me-mi-aš, das offensicht-
lich als Beleidigung betrachtet wurde (vgl. Sommer, AU 178  f. u. 182  f.), den Schluss erlauben, dass es hier
eher um eine verbale Verfehlung ging. Diese Verfehlung war es anscheinend, die der König von Aḫḫiyawa
dem Hethiter in seinem zuvor genannten Schreiben (IV 32  f.) zum Vorwurf gemacht hatte. Die Wendung
ka×u-za i-ia-at-ta-ri (IV 38; s. dazu unten) scheint dies zu bestätigen, da sie inhaltlich durch einen ähnlichen
und vollständigeren Beleg IV 45 me-mi-aš ka×u-za ú-et „ein Wort kam aus dem Mund“ (dazu unten S. 298)
eine gewisse Stütze erhalten dürfte. Letztere Redewendung ist offensichtlich dahingehend zu verstehen,
dass es um ein Wort ging, das aus dem Munde einer Person kam; s. unten S. 298 sub IV 44–46.
Sommer (AU 19 u. 183) hielt es jedenfalls angesichts der nicht völlig sicheren Deutung des Ideogramms in
IV 33 für unverfänglich, die Redewendung dort wiederzugeben mit dem Satz: „aggressiv bist du gegen mich
geworden!“ (?), was sowohl kriegerische als auch verbale Gewalt implizieren kann; vgl. Miller 2006, 246: „Du
bist gegen mich gewalttätig geworden“; Hoffner 2009, 312: „You have acted aggressively towards me“ und
Beckman 2011, 117: „You have used force against me“.

IV 33 up-pé-eš-ta
Miller (2006, 246 Anm. 39) stellte fest, dass hier statt der 2.Sg.Prt. auch die 3.Sg.Prt. möglich sei. In diesem
Fall müsste man dann jedoch up-pé-eš-ta auf eine andere Person (Piyamaradu?) als den König von Ḫatti
beziehen, an den ja offensichtlich das in IV 32 erwähnte Schreiben des Königs von Aḫḫiyawa ergangen war.
Dagegen könnte man freilich einwenden, dass géšpu-u̯ a *x* up-pa-aḫ-ḫu-un in IV 44 doch eher aufgrund
der 1.Sg.Prät. wieder auf den Autor des Textes, auf den König von Ḫatti, hindeutete, es sei denn, wir hätten
es hier mit einem Zitat aus der Rede einer Person zu tun, über die dann in IV 33 von Seiten des Königs von
Aḫḫiyawa in der 3.Sg.Prt. berichtet worden wäre, dass sie ihm Gewalt geschickt habe. Doch dafür bietet der
gesamte Text, soweit er erhalten ist und wir ihn verstehen können, keinen Anhaltspunkt.

IV 34 tur-aš e-šu-un
Nach Forrers Übersetzung (1929, 117–119 u. 193  f.) gehörten diese beiden am Beginn von IV 34 befindlichen
Wörter („war ich jung“) – ebenso wie der Satz, der eine Zeile zuvor (IV 33) übrig geblieben war und die Parti-
kel -wa enthielt (nebst nachfolgender Lücke in IV 33), – noch zum Zitat aus dem Brief des Aḫḫiyawa-Königs,
den dieser an den hethitischen König gesandt hatte.
Sommer (AU 183) ging auf Forrers „an tur-aš geknüpfte Berechnungen“, die teilweise auch recht fraglich
waren, nicht näher ein. Aus seiner Übersetzung (AU 19) wird jedoch schon deutlich, dass er die Mitteilung
des Königs von Aḫḫiyawa bereits in IV 33 enden ließ und IV 34 als wieder zum Grundtext gehörig betrachtete.
Nach seiner Auffassung hätte sich der Hethiter für den Vorwurf des Königs von A. in IV 33, er sei gegen ihn
aggressiv geworden, mit seiner damaligen Jugend (IV 34) entschuldigt; zu derartigen Entschuldigungen in
der heth. Korrespondenz s. auch de Martino/Imparati (1995, 107).
Diese Interpretation Sommers blieb allerdings lange Zeit nicht ohne Konsequenzen für die Datierung
des hier kommentierten Textes VAT 6692. Nicht wenige Hethitologen und Historiker, allen voran Macqueen
(1968, 180 Anm. 104) und Cornelius (1973, 217) betonten aufgrund von VAT 6692 IV 32–35, der Autor sei ein

162 Für kriegerische Auseinandersetzungen zwischen beiden Machthabern und anschließenden Friedensverträgen sprach sich
z.  B. Schachermeyr (1986, 246) aus; vgl. auch Sommer (AU 17), der nach seiner Übersetzung von IV 19 von einem direkten Krieg
zwischen Ḫatti und Aḫḫiyawa ausgegangen war; s. auch oben S. 270–282 u. 288 sub IV 7–10 u. 19  f.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   295

alter Mann gewesen, der sich dort für einen in seiner Jugend begangenen Fehler entschuldigt hätte. Aufgrund
der damals vermuteten engen zeitlichen Nähe des Tawagalawa-Briefes zum Brief des Manapa-Tarḫunta von
Šeḫa, der nur bis in die Zeit des heth. Herrschers Muwatalli (II.) regiert haben konnte, kam daher als Autor
von VAT 6692 Ḫattušili III. nicht mehr in Betracht.163 Zwischen Muwatalli  II. u. Ḫattušili III. war ja auch
noch die (siebenjährige?) Regierung von Urḫi-Teššup (= Muršili III.) anzusetzen; s. zur Datierungsdiskussion
Heinhold-Krahmer 1983, 88–90 u. dies. 2010c, 199 u. 204 mit weiterer Lit.
Vor einiger Zeit hat nun Miller (2006, 246 Anm. 40) zu Recht festgestellt, dass vom Text her nicht ein-
deutig zu erschließen sei, ob die Aussage „… war ich (noch) jung“ in IV 34 als Teil einer „Entschuldigung“
Ḫattušilis zu verstehen sei oder noch zum Zitat des Briefes des Königs von Aḫḫiyawa gehöre. Hinzu kommt
aber noch, dass es sich wohl um ein kontrastierendes ú-uk in der nachfolgenden Zeile IV 35 bei ú-uk aš-pur
„ich meinerseits schrieb“ handelte; s. unten sub IV 35.
Die Tatsache, dass der Hethiterkönig hier in IV 35 sein Antwortschreiben auf den Vorwurf des Adressaten
hin zu betonen scheint, dürfte eher dafür sprechen, dass tur-aš e-šu-un in IV 34 noch zum Schreiben des
Herrschers von Aḫḫiyawa gehört hatte, was überdies ja auch schon Forrer in seiner Übersetzung (s. oben)
angenommen hatte. Somit würde das oben erwähnte Argument gegen Ḫattušili als Autor von VAT 6692 ent-
fallen.
Dies ließe sich auch besser mit der Hypothese vereinbaren, dass der Adressat und wahrscheinliche
Nachfolger des als Großkönig bezeichneten Tawagalawa (s. I 71) noch nicht allzu lange in Aḫḫiyawa an der
Macht war und dass unter der Autorenschaft von Ḫattušili III. der Text VAT 6692 verfasst wurde; s. Hein-
hold-Krahmer 1986, 55; Alparslan 2005, 37  f.; Miller 2006, 244 Anm. 31; ders. 2010, 164–169, bes. 167.

IV 34 ma-a-an x[…]
Das im Anschluss an tur-aš e-šu-un folgende mān wurde allgemein als ein konditionales „wenn“ übersetzt.
Diejenigen, die die beiden vorausgehenden Worte als Entschuldigung des Hethiters deuteten, betrachteten
meist auch den Konditionalsatz, den sie bis in die nächste Zeile IV 35 ú-uk aš-pur reichen ließen und dessen
zugehörigen Hauptsatz sie von ú-ul-⸢ma⸣ x[…] bis Zeilenende zu rekonstruieren versuchten, als Fortsetzung
dieser Entschuldigung.
So lauten die Übersetzungen im Anschluss an Sommer, AU 19: „Wenn … ich [damals etwas für dich Belei-
digendes] geschrieben haben sollte, so [wäre es] doch nicht [in Überlegung geschehen(?)]“; z.  B. in Hoffner
2009, 312: „if at that time I wrote anyhing insulting, it was not done deliberately …“. Dagegen ließ Miller
(2006, 246) in seiner Übersetzung die vermutliche Entschuldigung oder Begründung des Hethiters für sein
Fehlverhalten erst mit dem Konditionalsatz in IV 34 ma-a-an x[…] beginnen, wobei er die Lücken zu Recht
nicht ergänzte.

IV 35 ú-uk aš-pur ú-ul-⸢ma⸣ x[…]


E.R. wies bei unserer gemeinsamen Diskussion darauf hin, dass hier bei ú-uk aš-pur mit einem kontrastie-
renden Fokus zu rechnen sei und daher als Übersetzung „ich meinerseits“ angebracht wäre. Wahrscheinlich
handelte es sich beim nächsten, weitgehend zerstörten Satz in dieser Zeile um eine Frage, was die Anfangs-
stellung der Negation ú-ul-ma nahelegt.

163 Schachermeyr (1986, 208  f., 211, 246  f., 271 u. passim), der weiterhin die verbreitete Auffassung Sommers teilte, dass sich der
Hethiterkönig beim Adressaten mit den Worten tur-aš e-šu-un für das ihm vorgeworfene aggressive Vorgehen zu entschuldigen
versuchte, war bemüht, die Probleme hinsichtlich einer Datierung von VAT 6692 auf Ḫattušili III., zu der er sich im Alter von über
90 Jahren entschlossen hatte, dadurch auszuräumen, dass er einen Ausweg suchte, der in etwa folgendermaßen lautete: Ḫattušili
III. habe bereits als Prinz von seinem großköniglichen Bruder Muwatalli II. zur Zeit von dessen Übersiedlung nach Tarḫuntašša
(oder danach) „nicht nur die Verwaltung des nordöstlichen Reichsteiles übertragen bekommen …, sondern auch die Abwicklung
von westlichen Angelegenheiten …“. Er meinte, „Jungsein“ (in IV 34) mit „Prinzsein“, also mit der Zeit vor Ḫattušilis Thronbestei-
gung, gleichsetzen zu können. Somit hätte sich Ḫattušilis aggressives Vorgehen im Westen, insbesondere die von Schachermeyr
vermutete kriegerische Auseinandersetzung mit Aḫḫiyawa wegen Wiluša, schon zur Regierungszeit von Muwatalli (II.) abgespielt,
wobei der Verantwortliche jedoch Ḫattušili gewesen sei. Später, nach seinem Regierungsantritt, habe jener die Sache bereinigen
wollen, indem er sich in IV 34 dafür zu entschuldigen versuchte.

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296   S. Heinhold-Krahmer

IV 36–44 von ma-a-an-mu qa-tam-ma a-š[a?- bis géšpu *x* up-pa-aḫ-ḫu-un


Es erscheint überflüssig, hier ausführlich auf den möglichen Inhalt der nur fragmentarisch erhaltenen
Zeilen IV 36–44 einzugehen, da dies Sommer (AU 183  f.) bereits sehr scharfsinnig versucht hat. Erkennt man
seine bereits oben (S. 293 sub IV 32) erwähnte und einleuchtend begründete Zweiteilung von § 15 an, so betrifft
der erste Abschnitt IV 32–44 (AU 177–179) offensichtlich ein vorausgehendes Fehlverhalten, ein aggressives
Vorgehen des hethitischen Herrschers gegenüber dem Aḫḫiyawa-König, was ihm von jenem vorgeworfen
worden war. Zu Recht hob Sommer hervor, dass innerhalb des im Präteritum verfassten Textes (feststellbar
in IV 33–35 u. dann wieder in IV 44) eine präsentische Darstellung eingeschoben wurde (erkennbar in IV 38,
39 u. 41). Sommers Folgerung, dass es sich bei diesem Einschub wieder „um irgend etwas Allgemeingültiges“
gehandelt haben dürfte, wird man jedenfalls zustimmen können. Er diente vermutlich als Beispiel (ähnlich
wie zuvor schon IV 21–23) der Erhellung des umgebenden und hier speziell des nachfolgenden Textes, der
dann die reale Sachlage schilderte.
Nur noch einige kurze Bemerkungen zu den Zeilen IV 36–44:
IV 36 könnte mit ma-a-an-mu qa-tam-ma a-š[a? … „Wenn mir/mich ebenso …“ vielleicht schon auf die
später (IV 44–46) berichtete Beleidigung hingedeutet haben, die dann umgekehrt der König von Aḫḫiyawa
ihm, dem hethitischen Großkönig, vielleicht zugefügt hatte. Doch bleibt dies nur eine Vermutung.
IV 37: Die Zeile beginnt mit a-pé-e-ni-šu-u-an-za-kán asyndetisch. Dies dürfte bedeuten, dass der Ein-
schub im Präsens hier beginnt, da ja in IV 36 aufgrund des -mu („mir/mich“) noch der Hethiter von sich
selbst zu sprechen scheint. Anscheinend ist also in IV 37 von einem „solchen W[ort …]“ die Rede, dann in IV
38 „geht (oder entweicht) es (das Wort) aus dem Mund […]“.
IV 39: Am Zeilenbeginn findet sich in Forrer (1929, 118  f.) die Translit. (Lù-)Zab(-Meš), welche er als
„Truppen“ deutete. Sommer (AU 18  f.) übersetzte seine Lesung lúérinmeš mit „Mannschaft“; vgl. auch Miller
(2006, 246): „Truppe“; Hoffner (2009, 312): lú érin.meš „a man (of?) the army“; Beckman et al. (2011, 118):

érin.meš „the troops“. Zwar ist lúérinmeš in dieser Form zumindest in Pecchioli Daddi (1982) und auch in
der Münchner Zettelsammlung zu HW2 nicht belegt, doch möchte man annehmen, dass Hoffners vorsich-
tige Deutung am ehesten Wahrscheinlichkeit beanspruchen kann. Betrachtet man nämlich ähnliche Verbin-
dungen, wie z.  B. lú e.gal„Palastangestellter“ oder lú é.dingirlim („Tempelangestellter“) oder en érinmeš
(„signore delle truppe“ (s. die Belege in Pecchioli Daddi 1982, 475), so könnte man lú érinmeš durchaus als
„Mann (aus der) Truppe, Soldat“ deuten.
IV 39: Das Prädikat šu-ul-li-ia-zi (3.Sg.Prs. oder Fut.), dessen Bedeutung Forrer (1929, 119) mit „sich
auflehnen“ und Sommer (AU 19) mit „schelten“ wohl nicht richtig gesehen hatten, wird heute häufig mit
„streiten, zanken“ wiedergegeben; s. schon Friedrich, HW 197 sub šulliya- (= šullai-) u. Miller (2006, 246):
„streiten“; vgl. jedoch Hoffner (2009, 312): „will be wanton/reckless“ u. Beckman et al. (2011, 117): „will be
angry“.
IV 40: mar-le-eš-ša-an-za: Nach CHD L-N, 191 sub marleššant- bedeutet das Adjektiv „foolish, idiotic,
demented“, und bei mar-le-eš-ša-an-za handelt es sich hier um den N.Sg.c. dieses Adjektivs. Die Deutungen
Forrers (1929, 119 u. 195: „Verräter“) und Sommers (AU 19, 184 u. 415: „schlapp, feige“) lassen sich nicht
halten; vgl. Miller (2006, 246): „wahnsinnig“; Hoffner (2009, 312): „foolish“; Beckman et al. (2011, 117):
„crazy“. Fraglich bleibt auch in IV 40, ob im anschließend an das Adjektiv beginnenden neuen Satz, der mit
nu eingeleitet ist, vor der Abbruchstelle ap-pé-e(-)[…] zu lesen ist oder mit Sommer (AU 18): a-pí-iz? […], also
nach heutiger Translit. a-pé-ez(-)[…]; s. Translit. S. 36 u. 61 Anm. 280.
IV 41: Nach dem am Zeilenbeginn erhaltenen me-ma-i „er sagt, wird sagen“, dem Prädikat zu dem eben
genannten, mit nu eingeleiteten Satz in IV 40, beginnt ein neuer Satz mit dem Personalpron. am-mu-uk-,
an das vermutlich noch drei Zeichen angeschlossen wurden. Da sich deren Lesung als äußerst schwierig
herausstellte (s. Translit. S. 36 u. 61 Anm. 281) und auch das nachfolgende Wort, beginnend mit ku-u̯ a-[…]
hinsichtlich einer Ergänzung fraglich ist (s. Translit. S. 36 u. 61 Anm. 282), wird hier von einem Interpretati-
onsversuch abgesehen, im Gegensatz zu Forrer (1929, 118  f. mit Ergänzung ku-u̯ a-[bi …] in IV 41) u. Sommer
(AU 18  f. mit Ergänzung ku-u̯ a[-at? …], also mit Fragesatz „Warum  …?“ in IV 41). Letzterem schlossen sich
Beckman et al. (2011, 117  f.) vorsichtig an; vgl. dagegen Miller (2006, 246) u. Hoffner (2009, 312). Auch lässt
sich aufgrund der unvollständig erhaltenen Zeile nicht sicher entscheiden, ob ammuk hier das selbstständige
Personalpronomen (1.Sg.) im Nominativ, Dativ oder Akkusativ darstellt.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   297

In Zeile IV 42 führten das nach apēniššuwanza memiaš erhaltene Zeichen AN und der anschließend
noch sichtbare Zeichenrest, wohl ein Winkelhaken (so Autographie, aber auch schon Goetzes Ed. sowie die
Fotos BoFN 741 u. AU Taf. II), bei Sommer (AU 18  f. u. 184) zur Vermutung, dass hier von einer Gottheit die
Rede gewesen sein dürfte. Da er noch den Beginn eines zweiten Winkelhakens zu sehen glaubte, was heute
jedoch anhand der Fotos und des gegenwärtigen Zustandes der Tafel nicht mehr nachvollziehbar ist (s. Auto-
graphie), ergänzte er Dut[u-i anE? „der] Sonn[en]gottheit [des Himmels(?)“ (D.-L.Sg.) unter Hinweis auf IV 57,
wo er ne-pí-š[a-aš DUTU-aš (G.Sg.) las und ergänzte. So lautete seine Interpretation der ersten erhaltenen Zei-
lenhälfte von IV 42 zusammen mit dem ergänzten zweiten Teil (Dut[u-i anE? pí-ra-an ḫa-an-na-ru]164 „[möge]
solches Wort denn [vor der] Sonn[en]gottheit [des Himmels(?) gerichtet werden]“; s. dazu auch Sommer, AU
179.
Zu dieser durchaus erwägenswerten, jedoch keineswegs sicheren Interpretationsmöglichkeit, dass der
Hethiter hier auf die Sonnengottheit hingewiesen habe, vor der letztlich über die Rechtmäßigkeit des Vor-
wurfes von Seiten des König von Aḫḫiyawa (s. oben sub IV 33 géšpu-u̯ a-mu up-pé-eš-ta) entschieden bzw.
vor/ (von) der gerichtet werden sollte, haben sich auch Hoffner (2009, 312) u. Beckman et al. (2011, 117  f.)
entschieden; vgl. dagegen jedoch Forrer (1929, 118  f.), der zwar außer An-l[im keine Ergänzung von IV 42 bot,
aber die nachfolgenden Zeilen 43  f. bis einschließlich Šu-Dim <Tilgung> up-pa-aḫ-ḫu-un (s. unsere Trans-
lit. S. 36: géšpu *x* up-pa-aḫ-ḫu-un) ebenso wie den übrigen § 15 größtenteils völlig verfehlt interpretierte;
s. Sommer (AU 176–180) zu Forrers Fehlinterpretationen von IV 32–57; ferner auch Goetze (1930, 290 Anm. 2),
der von den „vielen Absonderlichkeiten in Forrers Interpretation gerade dieses Paragraphen“ sprach.
Mit Sommers Interpretation von IV 42 ließe sich immerhin einigermaßen logisch das verbinden, was
dann in IV 43  f. noch erhalten ist: Den Beginn des Nebensatzes mān=kan in IV 43 wollte Sommer zwar als
Einleitung eines indirekten Fragesatzes, abhängig von dem in IV 42 befindlichen Hauptsatz, also mān in
der Bedeutung von „ob“ interpretieren, das zerstörte Prädikat ersetzte er am Beginn der Lücke von IV 43 mit
SI×DI-ri (nach heutiger Schreibweise si×sá-ri); s. HW2 Ḫ, 163–167 sub ḫandai-. Die passivische Bedeutung hier
(3.Sg.Prs.M.) ergibt: „es (das Wort) wird (durch Orakel) festgestellt, festgelegt, bezogen auf …“ usw.
Die Partikel -kan tritt in Verbindung mit diesem Verb si×sá später noch in IV 55 auf und steht jedenfalls
einer Ergänzung dieses Verbs in IV 43 nicht im Wege; s. auch das Beispiel in passiver Bedeutung in HW2 Ḫ,
167 g. Sommer ergänzte als Beginn eines weiteren indirekten Fragesatzes auch noch den Rest der Lücke von
IV 43 mit den Worten ma-a-an-ta ú-ug, der dann mit géšpu *x* up-pa-aḫ-ḫu-un in IV 44 endete. Somit ergab
sich für ihn mit Hilfe seiner Ergänzung in IV 42, dass über die ihm vorgeworfene, wohl verbale Aggression,
nämlich „ein solches Wort“ (bzw. eine solche Beleidigung), [vor oder von der Sonnengottheit „gerichtet“
(bzw. entschieden) werden solle], und zwar (IV 43)„ob jenes Wort auf mich [festgelegt wird, ob ich gegen dich]
(IV 44)
aggressiv geworden bin(?)!“
Forscher in neuerer Zeit haben jedoch einem Konditionalsatz (mān „wenn“) den Vorzug gegeben, und
zwar zu Recht nur für den Nebensatz mit tatsächlich erhaltenem mān, den sie dem vermutlichen Hauptsatz
mit erhaltenem géšpu *x* up-pa-aḫ-ḫu-un in IV 44 voranstellten; s. Miller 2009, 246 in IV 43; Hoffner 2009,
312; Beckman et al. 2011, 117 u. 119.

IV 44–46 von ki-nu-na-ma bis di-nu pé.-an gam


Nach Sommer (AU 19, 177 u. 179) wurde der zweite Abschnitt von § 15 mit ki-nu-na-ma in IV 44, was er mit
„jetzt aber (auch)“ übersetzte, als Opposition zu ka-ru[-ú] in IV 32 eingeleitet. Nach dieser Übersetzung (AU
19) ging er hier wohl von zwei verschiedenen, nacheinander an kinun angefügten enklitischen Konjunktions-
partikeln -(y)a „und, auch“ und -ma „aber, doch, sondern“ aus.
Nach E.R. ist diese Deutung heute überholt, da die beiden Partikeln innerhalb der Partikelkette, die
sich an das erste betonte Wort des Satzes anschließt, denselben Slot besetzen und deshalb einander aus-
schließen; vgl. z.  B. Kammenhuber HW2 A, 43b unten; Hoffner/Melchert GrHL 410  f., § 30.15  f.

164 Statt des Prädikats ḫa-an-na-ru hielt Sommer (AU 184) auch e-eš-du „soll sein, (vor)liegen“ oder GAR-ru „soll (vor)gelegt
werden“ für möglich.

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298   S. Heinhold-Krahmer

Nun berufen sich zwar sehr viele Fachleute derzeit mit ihrer Annahme, dass in jh. Zeit ki-nu-na nur eine
Variante von ki-nu-un „jetzt“ sei, auf Hoffner/Melchert (GrHL 395, §  29.25), doch ist stattdessen nach E.R.
davon auszugehen, dass in ki-nu-na-ma analog zu kombiniertem -aya (-a + -ya) „und“ (s. dazu GrHL 399  f.
§  29.38) auch eine Doppelung -ama (-a + -ma) vorliegt, die eine Recharakterisierung des in jh. Zeit mor-
phologisch nicht mehr analysierbaren kinuna darstellt. Aber auch kinuna allein (ohne -ma) bedeutet noch
in jh. Zeit „jetzt aber“ und ist nach Ausweis der Kontexte (wie dem hier vorliegenden) und der Stellungs-
beschränkung auf den Satzanfang im Gegensatz zum häufig präverbalen kinun „jetzt“ keineswegs eine bloße
Variante desselben; E.R. mit Hinweis auf eine unpubl. M.A.-Thesis von H. Werner (Marburg 2017).
Hinsichtlich des Kontrasts, der zwischen ka-ru-[ú] in IV 32 und ki-nu-na-ma in IV 44 aufgebaut wird, ist
also Sommer dahingehend zuzustimmen, dass unsere Stelle mit „jetzt aber“ zu übersetzen ist.
In der Lücke am Ende von IV 44 ergänzte Sommer (AU 18) zwischen ki-nu-na-ma (IV 44) und me-mi-aš
ka×u ú-et (IV 45): [ša šeš-ia Ḫul-lu-uš], was von ihm insgesamt dann folgendermaßen wiedergegeben wurde:
„(IV 44)Jetzt aber ist auch [von meinem Bruder ein böses] (IV 45)Wort aus dem Munde gefahren.“
Er interpretierte dies also dahingehend, dass nach dem Vorwurf des Königs von Aḫḫiyawa wegen einer
verbalen Aggressivität (s. AU 19 u. 179) des Hethiters nun umgekehrt jener ihn, den hethitischen Großkönig
beleidigt habe, daher der hethitische Vorschlag „beide Affairen vor den Richterstuhl der Sonnengottheit zu
bringen“.
Sommer brachte die von ihm hier vermutete Beleidigung des Hethiters durch den Adressaten mit dem
Wortlaut der Nachricht aus Aḫḫiyawa in § 6 II 10 in Verbindung, die ein Bote überbracht hatte. Da der Text
ebenfalls in II 10 und auch im Rest der Zeilen von § 6 stark zerstört ist, könnte man noch § 5 I 53–56 heran-
ziehen, wo ebenfalls von dem wohl unfreundlichen Boten des Königs von Aḫḫiyawa die Rede war, der den
Anforderungen altorientalischer diplomatischer Gepflogenheiten ganz und gar nicht entsprochen haben
dürfte; s. oben S. 114–117. Es ging an beiden Stellen um die Zusage der Auslieferung des Piyamaradu (I 55  f. u.
II 10) an den Hethiterkönig, was diesen schließlich dazu bewog, nach Millawanda zu ziehen, wo sich Piya-
maradu nebst Familie und weiteren Flüchtlingen befand. Dass dieses hethitische Vordringen in den klein-
asiatischen Hoheitsbereich von Aḫḫiyawa wohl Irritationen bei der Gegenseite auslöste und vielleicht noch
zu weiteren Beleidigungen und Streitigkeiten führte, ist denkbar. Ob allerdings Sommers Ergänzung in IV 44
richtig ist, bleibt fraglich. So könnte z.  B. statt des hier ergänzten šeš-ia, womit der Adressat, der König von
Aḫḫiyawa, gemeint wäre, auch der Gesandte dieses Adressaten genannt worden sein, aus dessen Mund eine
Beleidigung oder Ähnliches kam. Forrer (1929, 119) hingegen sah im Urheber dieses Wortes in IV 45 weiterhin
den Hethiter und ließ dieses Wort, wie seine Ergänzung am Ende von IV 45 zeigt, erneut zum Großkönig, und
zwar zu dem von Aḫḫiyawa, gelangen.
Aufgrund von IV 46 ist dann immerhin zu vermuten, dass „jene Rechtsangelegenheit“ (a-pa-a-at di-nu)
einer Untersuchung unterzogen werden sollte. Auch wenn das Prädikat zerstört ist, so sind es insgesamt drei
auffällige Parallelen mit gleichen oder ähnlichen Belegen: die Reflexivpartikel -za, die schon erwähnten
Worte a-pa-a-at di-nu „jene Rechtsangelegenheit“ und das gemeinsame Auftreten von pe(r)an in Verbin-
dung mit gam (katta).165
Statt pé-ra-an findet sich die hier belegte Schreibung pé.-an nur in späten Texten ab Ḫattušili III.; s. unten
den Beitrag von M.W., Spelling, S. 333. sub 4. Abbreviation.
Bereits für Sommer (AU 18  f.: „[Laßt uns denn] diese Rechtssache unter[suchen! …]“ mit Ergänzung ti-i̯a-
u-e-ni) – und davon inspiriert wohl auch Miller (2006, 246: „[…] jene Rechtssache vor[legen]“), und mit exakt
derselben Ergänzung wie Sommer sowohl Hoffner (2009, 312: „Then let us put that case down in front of
ourselves“ und Beckman (2011, 118  f.: „[… We will set] this legal dispute down before ourselves“) – waren
es zweifellos diese Parallelen, die sie zur Annahme führten, dass hier das Verb dai- ergänzt werden könne.
Vergleichbare Beispiele finden sich inzwischen jedenfalls in CHD P, 310  f. sub peran 12.e.12′; s. z.  B. KBo 4.8 II
16  f.: nu-za dingir meš ki-i di-nam pé-ra-an kat-ta da-a-iš-ten „Ihr Götter, legt diesen Rechtsfall vor euch selbst
hin“ (freier: „unterbreitet euch selbst diesen Rechtsfall, konfrontiert euch selbst mit diesem Rechtsfall!“).

165 Vgl. CHD P, 309, 12.e. peran katta „down in front of“, dort bezeichnet als „compound postpos“.

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   299

Dass hier bei der Ergänzung des Prädikats zumeist unterstellt wurde, es habe sich um einen Hortativ
[ti-i̯a-u-e-ni] gehandelt, ist wohl darauf zurückzuführen, dass zunächst einerseits dem Hethiterkönig gegen-
über der Vorwurf einer verbalen Aggressivität von Seiten des Adressaten erhoben worden war, und anderer-
seits, wie Sommer deutlich zu machen versuchte, nun der König von Aḫḫiyawa umgekehrt sich zu einer den
Hethiter beleidigenden Äußerung hatte hinreißen lassen. Beide Angelegenheiten aber sollten nach Sommers
Vermutung bereinigt werden, und zwar sowohl der den Hethiter betreffende frühere Vorwurf als auch der
aktuelle Vorwurf gegenüber dem König von Aḫḫiyawa durch die im nachfolgenden Text geschilderte Vor-
gehensweise (IV 47–57; dazu unten).
Jedenfalls erging aller Wahrscheinlichkeit nach die in IV 47 erfolgte Aufforderung: „irgendeinen deiner
Untertanen schicke!“ tatsächlich an den Adressaten, den König von Aḫḫiyawa, was die Ergänzung des zuge-
hörigen Satzbeginns: nu šeš-ia am Ende der vorausgehenden Zeile IV 46 zu rechtfertigen scheint und natür-
lich als gewisse Stütze für die Sommersche Interpretation des übrigen Abschnitts betrachtet werden kann,
auch wenn seine Ergänzungen in § 15 von IV 42–57 in ihrem Sicherheitsgrad wohl jeweils schwanken und
daher meist nicht in unsere Übersetzung übernommen wurden.

IV 47–49 von tu-el bis ku-ra-an-du

IV 47  f. von tu-el bis ú-da-aš


Mit der an den König von Aḫḫiyawa gerichteten Aufforderung, einen Untertan zu schicken (IV 47  f.), wurde
der hethitische Vorschlag für das Vorgehen in dem Rechtsstreit eingeleitet. Nach Sommer (AU 185) sollte
dieser Untertan als Stellvertreter des Adressaten „dem Gottesgericht beiwohnen“, was durchaus möglich zu
sein scheint.166
Kurz nach der Mitte von IV 47 begann mit nu-u[t-ta …] ein neuer Satz, von dem dann nur noch das Prä-
dikat ú-da-aš am Beginn von IV 48 erhalten ist. Es geht hier also um etwas, was jemand dem Adressaten
gebracht hatte, nach Sommers Ergänzung nu-u[t-ta a-pu-u-un me-mi-an ku-iš] ú-da-aš wiederum um jenes
Wort (d.  h. die aggressive oder beleidigende Nachricht), das jener Mann, den er nun deshalb anscheinend
vor Gericht stellen und einer Strafe zuführen möchte (IV 48  f.), dem König von Aḫḫiyawa überbracht hatte.

IV 47  f. der Einschub


Zwischen den Zeilen  IV 47 und 48  – wohl nachträglich eingefügt in kleinerer Schrift  – befinden sich die
Worte: apaš inim-aš ḫarkanna kuiš.167 Es scheint nun zwei Möglichkeiten zu geben, diesen Einschub zu
deuten, indem man 1. ḫarkanna auf das Verb ḫark- mit der Grundbedeutung „zugrunde gehen, umkommen“
zurückführt, oder 2. jedoch ḫarkanna mit ḫar(k)- „haben, halten“ zu verbinden versucht.
Zu 1.: Diese Möglichkeit wurde bei der Interpretation der zwischen IV 47 u. 48 eingeschobenen Wörter
bislang als einzige angewandt, und zwar wohl deshalb, weil die relativ wenigen Belege des Infinitivs
ḫarkanna in der Regel mit ḫark-, ḫarkiye/a- in Verbindung gebracht werden konnten (s. HW2 Ḫ, 297 und
s. auch den Beleg in Apologie 22  f., Kol. III 63), während für ḫar(k)-, wofür die gleiche Infinitivform zu erwar-
ten wäre, kein Infinitiv bezeugt zu sein schien; vgl. die in HW2 280 aufgeführten Formen der Belege.
So deutete Sommer (AU 19 u. 185) die nachgetragenen Worte folgendermaßen: „jenes Wort, das zum
Verlorengehen [= Vernichtetwerden] (ist)“, und übersetzte dann: „jenes Wort (/jene Angelegenheit), welches
(/ welche) zu beseitigen ist“ oder „jenes Wort, das ungeschehen gemacht werden (muß)!“ Demnach wäre
dieser Infinitiv ḫarkanna gedanklich zumindest von eš- „sein“ abhängig, doch die Kopula fehlt. Zur Kon-

166 Ein ähnlicher Vorschlag wurde dem König von Aḫḫiyawa in III 11–17 (s. dort S. 233–236) unterbreitet. Dabei ging es jedoch um
die Regelung der Rückführung von Gefangenen, die mit Piyamaradu ins Hoheitsgebiet von Aḫḫiyawa geflohen waren. Zu diesem
Zweck bot der Hethiter seinerseits an, einen seiner Leute zu schicken, der dem Verfahren beiwohnen oder es sogar durchführen
sollte.
167 Sommer nahm an, dass dieser Nachtrag „auch gedanklich wohl unmittelbar hinter ú-da-aš einzureihen“ sei, also zu IV 48
gehörte; s. auch Miller 206, 146; Hoffner 2009, 312 u. Beckman et al. 2011, 118  f.

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300   S. Heinhold-Krahmer

struktion mit dem Infinitiv ḫarganna wird in HW2 Ḫ, 301 (sub V. Syntax) auf Friedrich, HE2 § 275 hingewiesen;
s. dort auch ein weiteres ähnlich gelagertes Beispiel ohne Kopula (Friedrich 1926, 58, Targ. § 7 Z.38: lúmu-
nab-tu4 egir-pa pi-ia-an-na ú-ul a-a-ra, wörtl.: „ein Flüchtling (ist) zum Ausliefern nicht recht“, d.  h.: „Es
ist nicht recht, einen Flüchtling auszuliefern“).
In neuerer Zeit übersetzte Miller (2006, 246) die nachgetragenen Worte zwischen IV 47 und 48: „– jenes
Wort, welches sich auch erledigt hat –“. Beckman (2011, 119) dagegen deutete die Einfügung dahingehend,
dass diese Nachricht, welche dem Adressaten überbracht worden sei, verfälscht worden sei „– that message
is corrupted –“. Hoffner (2009, 312) wagte schließlich überhaupt keine Deutung der Passage ab IV 47 nu-u[t-
ta …] bis IV 49 sag.du-an ku-ra-an-du nebst dem problematischen Einschub.
Nun werden die Erforschung des jeweils Schuldigen und die ganze damit verbundene Verfahrensweise
bezüglich der gegenseitig angelasteten diplomatischen Verfehlungen, die zweifellos der Herstellung guter
Beziehungen dienen sollten, hier in Kol. IV 47–49 und im umgebenden Text ja offenbar von hethitischer Seite
erst nur vorgeschlagen. Daher dürften die neueren Deutungsvorschläge von Miller und Beckman, die diese
nachträglichen Einfügung betreffen und bei denen es sich quasi um Feststellungen handelt, nämlich, dass
sich „jenes Wort <jene Angelegenheit> erledigt“ habe, oder dass „die Nachricht verfälscht worden“ sei (durch
den Boten) aufgrund des Kontextes weniger wahrscheinlich sein als die der früheren Forscher.
Selbst Forrers teilweise auf fraglichen Ergänzungen – z.  B. seine auf irrigem Lesungsversuch a?-uš-du?
statt ku-iš aufbauende Interpretation (1929, 118  f.: „selbiges Wort soll ein Ende sehen??“) – kam der von
Sommer vorgeschlagenen Deutung (AU 19: „jenes Wort, das ungeschehen gemacht werden muß!“) ziemlich
nahe; s. auch AU 185 (zu IV 48 bei Forrer): „der gedankliche Inhalt ist annähernd getroffen“. Somit scheint
eine Übersetzung in diesem Sinne, wie etwa „Jenes Wort (/jene Angelegenheit), welches (/welche) zu zerstö-
ren (ist) [/auszulöschen (ist)/ zu beseitigen (ist)“, durchaus möglich.
Zu 2.: Während unserer gemeinsamen Diskussion kam jedoch zur Sprache, dass bereits in I 62 in einem
Relativsatz eine ganz ähnliche und vielleicht vergleichbare Redewendung anzutreffen ist, die dort allerdings
klarer verständlich zu sein scheint:

na-an a-na a-u̯ a-temeš ku-e-da-aš ḫar-ku-un (I 63)[na-a]t mAt-pa-aš-ša ⸢iš⸣-ta-ma-aš-ke-et… „(I 62)Die Vorwürfe, die ich gegen
(I 62)

ihn (Piyamaradu) erhob, (IV 63)[di]e hörte sich sowohl Atpa an, …“

Somit ist nicht auszuschließen, dass der Einschub hier in VAT 6692 zusammen mit den umgebenden
Zeilen IV 47 (ab nu-u[t-ta) und IV 48 (bis ú-da-aš) folgendermaßen zu interpretieren sein könnte:

„Und [der] d[ir jene Beleidigung?] – jener Vorwurf, welcher zu erheben ist – gebracht hat …“

Da der nachfolgende Satz in IV 48 ohnehin darauf hindeuten dürfte, dass der Hethiter jenen Mann, der dem
Adressaten die aggressiven Worte überbrachte hatte, vor Gericht bringen und (wohl im Falle seiner Schuld?)
der Strafe des Köpfens zuführen wollte (s. gleich unten), wäre auch diese Deutung nicht abwegig.

IV 48  f. von na-an-kán bis ku-ra-an-du


Zu erschließen sind aus dem nach ú-da-aš Erhaltenen in IV 48, wo das Prädikat und auch noch der Beginn
eines anschließenden Satzes abgebrochen sind: na-an-kán ka-a ḫa-an-ti[…] sowie aus dem Rest des zweiten
Satzes in IV 49: sag.du-an ku-ra-an-du, zunächst wörtlich nur folgende Teile, nämlich:
IV 48: Die Satzeinleitung nu + enklit. Pron. -an (A.Sg.c) „ihn (jenen Mann)“ + Ortspartikel -kan, weiter die
Ortsangabe kā „hier“ (d.  h. da, wo sich der Autor, der heth. König, befindet) sowie das Adverb ḫanti „geson-
dert, getrennt“;
IV 49: sag.du-an „das Haupt“ (A.Sg.c.), kurandu (3.Pl.Imp.) „sie sollen abschneiden“ oder unpersönlich
„man soll abschneiden“.

Sommer (AU 18  f.) ergänzte das fehlende Prädikat in dem in IV 48 beginnenden Satz mit ti-i̯a-mi. Für die
Wendung ḫanti (sag.ki-i) tiye/a- + -kan im Sinne von „jemanden anzeigen, vor Gericht bringen“ gibt es
immerhin einige Beispiele. Schon Sommer wies auf eine Stelle im Gerichtsprotokoll KUB 13.35 II 36  f. hin (AU

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   301

186: sag.ki-i-u̯ a-mu-kán le-e ti-i̯a-ši „Gib mich nur ja nicht an!“; s. Werner 1967, 8  f.: „Zeige mich nur ja nicht
an“); vgl. weitere Beispiele in HW2 Ḫ, 189  f.

IV 49–55 von ma-a-an-ma-a[t(-) …] bis si×sá-it


Dass hier ein schauerliches Verfahren sowohl bei der Feststellung des Verantwortlichen für das diplomati-
sche Desaster (durch Orakelbefragung der Gottheit) als auch vor allem ein blutrünstiges im Falle von dessen
Bestrafung vom hethitischen König vorgeschlagen wurde, ergibt sich zweifellos aus dem, was in diesen
weiterhin unvollständen Zeilen erhalten geblieben ist, auch wenn auf die bislang versuchten Ergänzungen
meist verzichtet werden sollte. Anschließen kann man sich aber Sommers Überlegungen (AU 178–180), dass
anscheinend nicht davon die Rede ist, dass die blutige „Prozedur“ an den beiden Herrschern selbst vollzogen
werden sollte, „wenn sich die beleidigenden Worte doch als Eigenprodukte der Allerhöchsten Korrespon-
denten herausstellen“ sollten. Vielmehr konnten davon wohl nur ihnen untergeordnete Personen betroffen
sein – quasi als Sündenböcke.
Nachdem bereits in IV 47–49 festgestellt wurde, dass man denjenigen enthaupten solle, der anscheinend
dem Adressaten (dem König von Aḫḫiyawa) die besagte Beleidigung übermittelt hatte, ist in IV 50 erneut vom
Kopfabschneiden eines Menschen die Rede. Gemeint ist aber mit Sommer wohl nun jener Mann bzw. Bote,
der dem Hethiter beleidigende Worte aus Aḫḫiyawa überbracht hatte (s. IV 44–46). Falls er also dafür ver-
antwortlich war – Sommers Interpretation (AU 18  f.) lautete: „Wenn aber d[ir dein Mann das Wort verdreh]t
hat“ –, sollte jener dafür büßen. Das ergänzte Verb waḫnu-, das in Verbindung mit einem Wort (/mit Wörtern)
oder einer Botschaft „verändern, fälschen, verdrehen“ bedeutet, dürfte zwar gut in den diplomatischen
Kontext passen;168 s. auch zum Verdrehen oder Vertauschen von Vertragstexten und zur Urkundenfälschung
ähnlicher Dokumente (in heth. und akkad. Sprache) Riemschneider (1958, 334–337). Interessant ist zudem,
dass auch in den älteren akkadisch-sprachigen Landschenkungsurkunden von Vertauschen bzw. Verfäl-
schen der Worte des Tabarna die Rede ist und dabei als Strafe für eine solche Tat das Abschlagen des Hauptes
angedroht wird; s. Riemschneider 1958, 334; ferner auch Rüster/Wilhelm 2012, 155  f. Nr. 26 Rs. 6  f. oder 158  f.
Nr. 28 Rs. 19  f. u. passim. In jh. Texten ist allerdings das Kopfabschlagen als Strafandrohung im Falle der
Veränderung oder Verfälschung eines vom König autorisierten Textes oder einer Nachricht desselben selten
anzutreffen; s. dazu schon Riemschneider 1958, 335  f.
Des Weiteren ist zu bedenken, dass das im Kolumnenzwischenraum befindliche Zeichen, das fast all-
gemein als Ende -ut eines ergänzten Verbs u̯ a-aḫ-nu-]ut? (3.Sg.Prt.) betrachtet wird, hinsichtlich seiner
Lesung nicht unbedingt sicher ist; s. Translit. S. 36 u. 61 Anm. 288.
In IV 51 folgt ein weiterer Hinweis auf das, was anscheinend weiter mit dem geschehen sollte, welchen
man enthauptete. Dass dies nicht weniger blutrünstig vonstatten ging, nahm schon Sommer an; s. AU 188
zu IV 51: „Ich denke hier an die bekannten rohen Prozeduren am Leichnam Hingerichteter.“ Zwar ist seine
Lesung vom erhaltenen Beginn des fraglichen Prädikats, mar-rị[-i̯a-an-du „den [soll man] zerstückeln?“,
fraglich (s. Translit. S. 36 u. 61 Anm. 290), doch käme durchaus ein Wort ähnlicher Bedeutung in Betracht.
Wir dachten u.  a. an mark- „abschneiden, zerteilen, verunstalten“, was dann vielleicht mar-k[án-zi oder mar-
k[án-du gelautet haben könnte.
Die Ergänzungen von IV 52  f. am jeweiligen Zeilenende sind sehr fraglich und die ursprünglichen Satz-
konstruktionen lassen sich kaum sicher erkennen.
IV 52: nu a-pa-a-at e-eš-ḫar ku-ua-pí pa-iz-z[i „sobald jenes Blut fließt“ (Sommer, AU 18) wurde von
Hoffner (2009, 312) u. Beckman (2011, 119) als Frage gedeutet. Die Lücke am Ende dieser Zeile betrachtete
Sommer als Beginn eines in IV 53 endenden kausalen Nebensatzes und ergänzte [nu a-pu-u-un ku-it inim-an],
was zusammen mit IV 53 ìr-ka me-mi-iš-ta ergab: „Weil dein Untertan jenes Wort gesprochen hat“. Da seine
Lesung des Zeichens nach nu-kán a-pa-a-aš im anschließenen Satz in IV 53 sehr fraglich ist, und zwar 1-aš?

168 Auf das Auftreten von waḫnu- im Sinne von „ändern, verdrehen“ in diplomatischem Kontext hat schon Sommer (AU 179)
hingewiesen, so z.  B. auf die Instruktion KUB 21.42 IV 11–13, wo es u.  a. um den Fall geht, dass ein lúsag vom König (mit einer
Botschaft) zum König eines auswärtigen Landes geschickt wird, jener aber die Worte des Königs ändert (waḫnuzi); vgl. ferner
Hagenbuchner 1989a, S. 8  f.

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302   S. Heinhold-Krahmer

statt me-[mi-aš (s. Translit. S. 36 u. 61 Anm. 192), worauf er dann auch seine nachfolgende Ergänzung am
Ende von IV 53 aufbaute nu-kán 1-aš(?) [a-ki …], ergab sich der Satz: „Sobald nun jenes Blut dahinström[t,
dann stirbt(?) (so)] allein dieser dein Untertan [dafür, daß er jenes Wort] gesprochen hat.“
Zu Recht haben sich Miller (2006, 246) und Hoffner (2009, 312  f.) hier von Ergänzungen weitgehend
zurückgehalten. Beckman (2011, 118  f.) bot eine Übersetzung, die sich sowohl aus Sommers als auch aus
Hoffners Interpretation zusammensetzte, wobei er den ersten Satz in IV 52 wie Letzterer als Frage übersetzte,
den Rest aber ähnlich wie Sommer ergänzte und deutete.
Angesichts der Unsicherheiten darf man vielleicht nur vermuten, dass sich irgendwie in Verbindung
mit erwähntem Blutfließen in IV 52 herausstellen sollte, ob oder dass der Untertan des Adressaten die Ärger
erregende Äußerung von sich gegeben hatte.
Auch die Zeilen 54  f. wurden unterschiedlich interpretiert, und zwar der erste Satz ka×u-za ú-ul ú-et in
IV 54 je nachdem, wie man seinen fehlenden Beginn in der Lücke am Ende von IV 53 zu ergänzen versuchte.
Sommer vermutete einen Konditionalsatz und ergänzte ihn folgendermaßen: (IV 53)[ma-a-na-aš-ta dingir-
lim-za] (IV 54)ka×u-za ú-ul ú-it „[Wenn es dir (auch) laut Spruch des Gottes] nicht aus dem Munde gefahren
ist“; s.  auch Hoffner (2009, 313) u. Beckman (2011, 119), bei beiden konditional, jedoch ohne Erwähnung
einer Gottheit, sondern stattdessen das Wort (me-mi-aš) ergänzend.
Man könnte also durchaus vermuten, dass die ärgerliche Äußerung, wenn sie tatsächlich nicht aus des
Adressaten Mund kam, zu Lasten des Untertanen ging bzw. gehen sollte, der anschließend in IV 54 gleich am
Anfang des neuen Satzes erscheint: na-an-kán ìr-tu4 x[ „Dann der Untertan es („das Wort“ [A.Sg.c.]) x[…]“.
Dass dann in Verbindung mit diesem Untertan erneut von einer Veränderung oder Verdrehung des königli-
chen Wortes die Rede war, wie Sommer mit seiner Ergänzung am Ende dieser Zeile vermutete, ist möglich.
Jedenfalls bietet IV 55 wieder einen vollständigen Satz: ul-an-kán tu-uk si×sá-it. Es könnte sich um eine
Frage handeln (s. Hoffner 2009, 312: „Did he not determine it for you?“ u. Beckman et al. 2011, 119: „Did he
not determine it on your behalf?“), aber das muss auch nicht der Fall sein; s. z.  B. Forrer (1929, 119); Sommer
(AU 19) u. Miller (2009, 247).
si×sá-it hier 3.Sg.Prt. von si×sá- (ḫanda(i)-) „vorbereiten, feststellen, beziehen auf“ könnte man auch
deuten, dass jemand (z.  B. Sommers ergänzter Gott in IV 53 oder der genannte Untertan) das Wort auf ihn,
den Adressaten, den König von Aḫḫiyawa, nicht festgelegt (/nicht bezogen) hat bzw. ihm nicht zugeordnet
hat; s. Sommer (AU 189), nach dem der partikellose Satzanfang „ein Erläuterungssatz“ gewesen sein könnte
in der Bedeutung „indem er nicht dich (als den Sprecher des Wortes) festgestellt hat“.
Dass Forrers Versuch (1929, 119 u. 195–206), aus den Zeilen IV 48–54 eine Beschneidungsszene heraus-
zulesen,169 völlig fehlgegangen ist, hat Sommer (AU 187  f.) bereits einleuchtend gezeigt.

IV 55  f. von ma-a-na-an bis -ma-na-an […]


Hierbei handelt es sich wohl, wie bereits Sommer (AU 189) festgestellt hat, um einen Einschub, der wegen
ma-a-na-an in IV 55 und dem zweiten an ìr-tu4 angehängten -ma-na-an in IV 56 eine irreale (oder potenti-
ale) Periode darstellt. Dass hier wie schon in II 13  f. von einem dem hethitischen Herrscher gleichgestellten
Großkönig die Rede war, hat bereits Sommer erkannt und aufgrund der Parallele zu lu[gal.gal am-me-el]
an-na-ú-li-iš in II 13  f. vor an-na-u̯ a-li-iš (am Beginn von IV 56) dann am zerstörten Ende von IV 55 lugal.
gal am-me-el ergänzt. Seine zweite Ergänzung am ebenfalls zerstörten Ende von IV 56, die den Satz ergibt:

169 Dieser Versuch Forrers ist zweifellos vor dem Hintergrund einer damals noch vor allem in Historikerkreisen schwelenden
Kontroverse zu verstehen, bei der es seit 1867 um die Frage ging, ob die in ägyptischen Fremdländerlisten der Späten Bronzezeit
unter den sog. „Seevölkern“ bezeugten ʾikjws (moderne Transkription: ʾj-qʒ-(jj)-wʒ-sʒ, auch Aqai(ja)waša gelesen) mit den home-
rischen Achäern gleichzusetzen seien oder nicht; s. dazu Heinhold-Krahmer 2003a, 197 mit Lit.
Forrers Lehrer und Förderer, der Althistoriker Meyer (1884, 313), hatte dagegen eingewandt, dass sie nach ägypt. Angaben
beschnitten und daher gewiss nicht Griechen gewesen seien. Auch Forrer vertrat jene Gleichung ägypt. ʾikjws = griech. Achäer
bei seiner Gleichsetzung des Landes der homerischen Achäer mit dem heth. bezeugten Land Aḫḫiyawa offensichtlich nie. Zur
Diskussion der sog. „Question Achéenne“, der „Achäerfrage“, vgl. Schachermeyr 1925, 141–156, der sich gegen die Beschneidung
der Aqai(ja)waša ausgesprochen hatte. Zu Forrers verfehlter Interpretation s. jedenfalls auch Sommers Bemerkungen (AU 187  f.
u. 358–360).

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   303

ìr-tu4-ma-na-an[-mu šar-ni-ik-ta] „würde der Untertan es [mir doch zu büßen haben“] scheint dagegen, wenn
auch nicht unmöglich, so doch weniger sicher; ohne Ergänzung daher zu Recht Miller (2006, 247), Hoffner
(2009, 313) u. Beckman (2011, 118  f.).
Jedenfalls hat aber Ranoszek (1938, 39) gegenüber Sommer auch hier ähnlich wie schon im Falle von
II 3  f. deutlich gemacht, dass der hethitische Herrscher mit dem gleichgestellten Großkönig den Adressaten,
den König von Aḫḫiyawa, gemeint hatte.

IV 57 von a-pa-a-aš-kán bis ne-pí-š[a …] x?


Diese letzte beschriftete Zeile des Haupttextes vor der Tafelunterschrift lässt sich vermutlich überhaupt nicht
deuten. Dass zu Beginn wieder von apāš=kan inim-aš („jenes Wort“) die Rede war, ist noch klar, ebenso ver-
ständlich das anschließende Wort 1-an-ki („einmal“). Mit der Lesung des nachfolgenden Wortes kam schon
Sommer (AU 189  f.) nicht klar. Forrers Deutung ma-an-qa (s. Translit. S.  36: ma-an-ka4) dürfte aber nach
Autopsie der Originaltafel (E.R.) korrekt sein.
Nach CHD L-N, 176 sind hier Kontext und Bedeutung unklar; s. auch Hoffner (2009, 313).

Zusammenfassung des Kommentars zu § 15 (IV 32–57)


Der insgesamt in seinem rechten Teil der Zeilen stark zerstörte Paragraph beginnt in Kol. IV 32. Dort kam der
hethitische Herrscher zweifellos auf eine Nachricht des Königs von Aḫḫiyawa an ihn zu sprechen (s. šeš-ia-
ma-mu am Beginn von IV 32), die dann anschließend zitiert wurde. Im Gegensatz zu Sommer spricht einiges
dafür, dass dieses Zitat nicht nur géšpu-u̯ a-mu up-pé-eš-ta („Aggressivität [Gewalt] hast du mir geschickt“)
in IV 33 umfasste, sondern noch den zerstörten rechten Teil von IV 33 und auch IV 34 zumindest bis tur-aš
e-šu-un; s. dazu oben S. 294  f.
Es muss sich bei dieser Nachricht wegen kar[ū … in IV 32 nicht um eine zeitlich länger zurückliegende
Botschaft des Königs von Aḫḫiyawa gehandelt haben, sondern es könnte durchaus ein Schreiben gewesen
sein, das nur einige Wochen, Monate oder höchstenfalls wenige Jahre vor dem letzten Brief bzw. der letzten
Botschaft beim Hethiter eingetroffen war; dazu oben S. 293. Auf diese letzte Nachricht wurde dann vermut-
lich in IV 44–46 beginnend mit ki-nu-na-ma („jetzt aber“) Bezug genommen, wo der Hethiter wohl auf eine
jüngst erfolgte, beleidigende Reaktion des Königs von Aḫḫiyawa zu sprechen kam.
Sommers Einteilung des Textes von § 15 in zwei größere Abschnitte (AU 177–179) scheint jedenfalls durch-
aus plausibel. Der erste Teil verweist mit karū auf einen vorausgehenden Vorwurf bzw. eine Anschuldigung
von Seiten des Königs von Aḫḫiyawa gegenüber dem hethitischen Herrscher, wobei es (IV 32–44) wahr-
scheinlich um eine verbale Beleidigung gegangen war, wofür IV 38: ka×u-za i-ia-at-ta-ri „es geht aus dem
Mund“ (vgl. auch im zweiten Abschnitt IV 45: me-mi-aš ka×u-za ú-et „das Wort kam aus dem Mund“ und
IV 4: ka×u-za ú-ul ú-et „kam nicht aus dem Mund“) sprechen könnte. Nach Meinung einiger Forscher aber
handelte es sich um eine kriegerische Aktivität. Der Hethiter versuchte im ersten Abschnitt, u.  a. anhand
eines Beispiels (IV  37–41), wohl Einwände gegen den Vorwurf seines Adressaten vorzubringen (IV 35–41)
und diesem vorzuschlagen, die Entscheidung in jener Angelegenheit dem Urteil der Sonnengottheit zu über-
lassen (IV 42–44); s. oben S. 397.
Der zweite mit kinuna-ma eingeleitete Teil bezog sich dagegen zunächst auf ein aktuelles Vorgehen der
Gegenseite, durch das sich nun der hethitische Herrscher anscheinend brüskiert fühlte (IV 44–46), und
wofür er ebenfalls einen gerichtlichen Entscheid forderte (IV 46).
Dass es im Rest des zweiten Abschnitts um die vom Hethiter vorgeschlagene weitere Vorgehensweise bei
der Bereinigung der beiden Streitpunkte zwischen Ḫatti und Aḫḫiyawa ging, ist ebenfalls mit Sommer zu ver-
muten, wobei man im Detail auch anderer Meinung sein kann. Die bisherigen größeren und kleineren Ergän-
zungen Sommers auf dem zerstörten rechten Teil der nachfolgenden Zeilen 48–54 u. 56  f. sind jedenfalls mit
Vorsicht zu betrachten.
Hier geht es u.  a. um das Köpfen des jeweiligen Untertanen bzw. Boten der beiden Herrscher, der Über-
bringer von beleidigenden Botschaften auf beiden Seiten also, die möglicherweise die Worte ihrer Auftrag-
geber nicht korrekt ausgerichtet oder „verdreht“ hatten. Falls dies – vielleicht per Orakel – durch göttliches
Gericht festgestellt wurde, sollte die Strafe wohl auf jeden Fall folgen. Möglicherweise aber musste der Unter-

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304   S. Heinhold-Krahmer

tan auch dann mit dem Leben büßen, wenn die Schuld für die Beleidigung bei seinem königlichen Auf-
traggeber lag; s. dazu AU 179  f. u. die Ergänzungen in IV 49 u. 54. Zu beachten wäre ferner der vielleicht mit
diesen Stellen zu verbindende Hinweis auf den unfreundlichen Boten aus Aḫḫiyawa in I 53  f.

Die Tafelunterschrift (IV 58)


Bereits Forrer und Sommer befassten sich mit der auffälligen Tafelunterschrift: III dub. Forrer (1929, 97 u. 119)
wies zum einen darauf hin, dass an Stelle von wörtlich: „3 Tafel(n)“ für gewöhnlich dub 3 kam „dritte Tafel“,
also nach damaliger Auffassung die Ordinalzahl,170 zu erwarten wäre. Zum anderen betonte er, wenn der
„Abschreiber“ feststellen wollte, dass es drei Tafeln seien, wäre entsprechend VAT 7457, 23, 38, 39 (unv.) und
Bo 2048 Rs. 6 (unv.) „3 Dub-pa(-Ḫia)“, d.  h. „3 Tafeln“, zu erwarten gewesen. Vermutlich, so Forrer weiter, sei
aber Letzteres doch gemeint und nur sehr abgekürzt geschrieben.
Diese Belege eigneten sich jedoch insofern nicht sehr gut zu einem Vergleich, da sie nicht in einer Tafel-
unterschrift auftraten, sondern innerhalb des jeweiligen Textes entweder Rückverweise auf frühere verfasste
Tafeln darstellten oder eine Zahlenangabe enthielten, die in Zusammenhang mit dem Hinweis auf die Depo-
nierung einer Tafel vor einer bestimmten Gottheit genannt wurde. Zudem war der Beleg im zweiten genann-
ten Text Bo 2048 Rs. 6 (ediert erst 1933 in KUB 26.43 Rs. 6; vgl. noch Rs. 4  f. mit der Zahlenangabe 1-en Ṭ up-pu)
damals noch unveröffentlicht und daher für viele Forscher nicht überprüfbar.
Gegen Forrers Annahme, dass es sich beim sog. Tawagalawa-Brief um eine Abschrift gehandelt habe,
meldete Sommer (AU 190) Bedenken an. Er hielt den Text für eine Kladde, einen Entwurf also, der sein Ende
allein schon deshalb hier (mit der Unterschrift) gefunden haben müsse, „weil bei Fortsetzung des Textes auf
einer weiteren Tafel es unverständlich bliebe, warum man den verfügbaren Platz nicht besser ausnützte“;
s. AU 191.
Aber auch für Forrer war klar, dass der Text aus drei Tafeln bestand. Weiter äußerte er noch, dass es sich
bei der vorliegenden Tafel um den dritten Teil „eines langen Briefes“ handelte, wobei er es für „durchaus
möglich und wahrscheinlich“ hielt „dass der Brief hiermit zu Ende“ war.
Bei beiden Forschern – bei Forrer freilich in schon damals unüblicher Translit. (s. oben S. 304) – findet
sich jedenfalls die auch in neuerer Zeit meist bevorzugte Lesung 3 dub q[a-ti?]. Diese zwei Zeichen sowie
der noch sichtbare Zeichenrest (s. dazu Translit. S. 36) befinden sich innerhalb des ansonsten schriftleeren
Raumes am Ende von Kol. IV (mit Platz für ca. 16 Zeilen; s. Translit. S. 36.).
q[a-ti?] wurde in den Transliterationen meist mit Fragezeichen versehen und/oder ebenso in den Über-
setzungen dieses ergänzten Wortes. Die Übersetzung insgesamt lautete in Forrer (1929, 119): 3 Tafel(n).
F[ertig?], in Sommer (AU 19) jedoch: „Dritte Tafel; be[endet](?)“.
Auf ein ähnliches Beispiel in einer Tafelunterschrift wie in diesem Falle mit der dem Logogramm dub
vorangestellten Zahl, wobei an Stelle von dub allerdings das Akkadogramm Ṭ up-pu erscheint, nämlich KUB
25.23 IV 60 (1 Ṭ up-pu), hat bereits Sommer (AU 190) aufmerksam gemacht.
Die Frage also, ob hier in VAT 6692 bei Unterstellung des weniger wahrscheinlichen Falles einer Abschrift
nun auf die dieser Abschrift zugrunde liegende Vorlage von insgesamt drei Tafeln Bezug genommen wurde
oder drei Tafeln der Abschrift selbst gemeint waren, oder aber ob, was fast allgemein als wahrscheinlicher
gilt (vgl. auch Waal 2015, 239), mit „3 dub“ die dritte Tafel einer Kladde, eines Entwurfs, bezeichnet wurde,
kann letztlich nicht endgültig entschieden werden. Die Vermutung, dass es sich bei diesen an den König von
Aḫḫiyawa gerichteten Beschwerden über Piyamaradu um ein im Westen Kleinasiens zusammengestelltes
Argumentationskonzept für einen Gesandten handelte und/oder aber um eine dort verfasste Aufzeichnung
der bisherigen kriegerischen und diplomatischen Aktivitäten des hethitischen Großkönigs in der Piyama-
radu-Affäre, in beiden Fällen dann wohl aufgrund des wahrscheinlichen Fundortes Boǧazköy zur Archivie-
rung in Ḫattuša bestimmt, scheint jedenfalls nach wie vor naheliegend.

170 In HZL Nr. 355 erfolgte die Deutung von kam wesentlich differenzierter: „-kam eine Art Determinativ nach Zahlen, besonders
Ordinalzahlen, sowie nach Zeitbegriffen.“ Otten (1988, 54 Anm. 128) schließlich wies nachdrücklich auf von Sodens „Grundriss
der Akkadischen Grammatik“ (1952; [so auch 2. Aufl. 1969]) § 72) hin, wonach‚ „das dem Sumerischen entlehnte Determinativ kam
nach Zahlen sowohl für Ordinal- als auch für Kardinalzahlen gebraucht wird.“

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III Der Textkommentar aus philologischer und historischer Perspektive   305

In Waals 2015 erschienenem Buch wird in Kapitel 8.3 „A typology of the Hittite colophon“ (S. 150  f.) die
Tafelunterschrift im vorliegenden Text den „Colophons of Type II“ zugeordnet, einer kleinen Gruppe, die die
laufende Tafelnummer und die Feststellung, ob der Text vollständig ist oder nicht, enthält. Dies scheint zwar
auch für unseren Text zuzutreffen, doch fällt bei näherer Überprüfung in den Texteditionen auf, dass bei
allen übrigen hier aufgeführten Texten die Zahl mit dem sog. Determinativ kam versehen ist und sich nach
dem Ideogramm dub („Tafel“) befindet, was eben gerade bei VAT 6692 nicht der Fall ist und schon Forrer und
Sommer Schwierigkeiten bereitet hatte; s. oben S. 304.
Hier scheint es sinnvoll, sich auf die schon von Sommer genannte (s. oben [KUB 25.23 IV 60]) und statt
mit dub (3 dub) mit dem Akkadogramm am Beginn von IV 60 versehene Parallele (1 Ṭ up-pu), also eine Zahl
vor dem Wort „Tafel“ im Kolophon, zu besinnen.171 Dieser Text KUB 25.23, der der Gattung Kultinventare
zugeordnet ist, findet auch in Waal (2015, 371  f.) Erwähnung, die 1 Ṭ up-pu dort in IV 60 übersetzt mit „Tafel
1“. Es entsprach dieses Kolophon aufgrund des Fehlens einer Feststellung von Vollständigkeit oder Nicht-
vollständigkeit des Textes, jedoch dafür mit anderen Zusätzen versehen, nämlich der anschließenden Auf-
zählung von diversen Göttern über drei Zeilen hinweg (IV 60–62) sowie der abschließenden Bezugnahme
in IV 63  f. auf Tutḫaliya,172 insgesamt nicht den „Colophons of Type II“ in Waal (2015, 150  f.), denen sie den
Kolophon im vorliegenden Text VAT 6692 (KUB 14.3) zugeordnet hatte. Ein weiteres ähnliches Beispiel mit
Ṭ up-pu und vorangestellter Zahl ist auch in KUB 56.39 Rs.IV 30–32 belegt; freundlicher Hinweis von J. Lorenz,
Universtät Marburg; auch in Waal 2015, 377: 2 Ṭ up-pu.
Man könnte also wohl 3 DUB im Kolophon des sog. Tawagalawa-Textes mit „Tafel 3“ (s. auch schon
Hoffner, 2009, 298 u. 313) übersetzen, einer Nummerierung, die zwar eine Kardinalzahl darstellt, aber letzt-
lich sinngemäß auf das Gleiche hinausläuft wie die von den meisten Forschern in ihren Übersetzungen ver-
wendete Ordinalzahl „Dritte Tafel“.

171 J. Lorenz (Universität Marburg) ist der Hinweis zu verdanken, dass 3 dub (Nennung in der Reihenfolge: Zahl, dann Tafel) viel-
leicht auch eine Analogie zu Kolophonen von Texten oder Tafeln darstellen könnte, die als im.gid2.da bezeichnet werden. Auch
hier steht die Zahl vor dieser Bezeichnung und danach erfolgt häufig der Hinweis, ob der Text beendet ist oder nicht. im.gid2.da
wird in HZL Nr. 337 mit „längliche Tontafel“ übersetzt; s. allerdings zu diesem Sumerogramm die Ausführungen von Waal (2015,
127–136) und auch ihre Feststellung (l.  c., 127): „The meaning of this Sumerogram is far from clear.“
172 KUB 25.23 IV 63  f.: [p]a-ni dutu-ši mTu-ut-ḫa-li-ia [… si×sá-it „[V]or (/[zu]r Zeit von) seiner Majestät Tutḫaliya […] wurde (dies?)
festgestellt?/festgesetzt?.“

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E. Rieken
IV Die Autographie

1 Vorbemerkungen

Die vorliegende Autographie entstand zunächst auf der Basis der Fotos BoFN00738 und BoFN00739 (Vorder-
seite der Tafel) sowie BoFN00740 und BoFN00741 (Rückseite der Tafel). Außerdem standen mit BoFN01591b
und BoFN01101 zwei Fotos vom rechten Tafelrand zur Verfügung, deren Information in die Autographien der
Vorder- und Rückseite eingearbeitet wurde. Die beiden letztgenannten Fotos stammen von Frau L. Ehelolf
(s. auch V.2. Ältere Fotos), während die ersten vier Fotos in neuerer Zeit Herr O. Teßmer (Berlin) angefertigt
hat. Sie wurden uns dankenswerterweise von der Arbeitsstelle Hethitische Forschungen der Akademie der
Wissenschaften und der Literatur in Mainz in Form von Scans zur Verfügung gestellt.
In den Jahren 2008–2013 hatte ich mehrfach die Möglichkeit, im Vorderasiatischen Museum (Staatliche
Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz) meine Autographie anhand der Tafel zu kollationieren. Hierfür
sei der damaligen Direktorin des Vorderasiatischen Museums Frau Professor Dr. Beate Salje und dem zustän-
digen Kustoden Herrn Professor Dr. Joachim Marzahn sehr herzlich gedankt. Die Autopsie der Tafel hat zu
zahlreichen Verbesserungen der Autographie geführt, doch war zum Zeitpunkt der älteren Fotografien von
L. Ehelolf (s. V.2. Ältere Fotos von L. Ehelolf) die Tafel an einigen Stellen weniger stark abgerieben als heute.
Die Informationen, die nur den Fotos entnommen, aber nicht mehr am Original verifiziert werden konnten,
sind deshalb in roter Farbe gezeichnet.
Dem Prinzip des vorliegenden Buches folgend, unterschiedliche Meinungen der Autoren nicht zu unter-
drücken, sondern ggf. einander widersprechende Auffassungen nebeneinander zu stellen, sind auch in
diesem Fall Diskrepanzen in der Wahrnehmung einzelner Zeichenformen durch Mark Weeden und mich
bestehen geblieben. In seinem Beitrag zur Paläographie Anm. 1 (s. VI.1.1 u. VI.1.2) sind also durchaus ver-
schiedentlich andere Zeichenformen wiedergegeben als in der folgenden Autographie.

https://doi.org/10.1515/9783110581164-004
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IV Die Autographie   307

2 Die Vorderseite der Tafel (mit Randleiste zu Kol. II)

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308   E. Rieken

3 Die Rückseite der Tafel (mit Randleiste zu Kol. III)

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S. Heinhold-Krahmer
V Abbildungen von Fotos der Tafel VAT 6692 aus dem Vorder­
asiatischen Museum (Berlin)

1 Einige Vorbemerkungen zu den nachfolgenden Abbildungen der Fotos

Ein genaueres Datum oder zumindest das Jahr, in dem der sog. Tawagalawa-Brief in den Besitz der Vorder-
asiatischen Abteilung der Berliner Museen gelangte und dort mit der Inventarnummer VAT 6692 versehen
wurde, konnten wir nicht ermitteln. Feststeht nur, dass E.O. Forrer spätestens 1923 diese Keilschrifttafel als
wichtigste Quelle für seine im März 1924 veröffentlichte sog. Griechenhypothese auswertete; s. Forrer 1924a,
113  f. u. 118; ders. 1924b, 7–10, 13 u. 21. Zudem hatte er bereits am 3. Januar desselben Jahres (1924) in Berlin
in der Vorderasiatisch-Ägyptischen Gesellschaft ein Referat mit seinen Thesen zu Aḫḫiyawa und Aḫḫiya als
frühgriechisches Großreich gehalten. Auch A. Goetze hatte sich nach eigenen Angaben (s. Vorwort zu seiner
Edition KUB 14) gleich im Herbst desselben Jahres in Berlin Einblick in das noch unveröffentlichte Material
verschafft und konnte die Autographie der Tafel VAT 6692, die jeweils zwei Kolumnen auf Vorder- und Rück-
seite enthält, bereits im März und April 1925 erstellen. Sie erschien 1926 in seiner Edition historischer Texte
in KUB 14.3 (Blatt 8–15).
Die älteren Abbildungen der stark abgenutzten und teilweise große Lücken aufweisenden Tafel VAT 6692
im Vorderasiatischen Museum bieten in Vergrößerung jeweils sowohl den oberen als auch den unteren Teil
der Vorderseite und der Rückseite, so dass hier insgesamt vier Fotos erstellt wurden, die handschriftlich mit
den Signaturen BoFN 738–741 versehen sind. Auf diesen Fotos überschneiden sich einige Zeilen der oberen
Teile mit einigen der unteren. Dies sind:
Tafelvorderseite oberer Teil = BoFN 738, Kol. I Z. 1–39, Kol. II Z. 1–42
Tafelvorderseite unterer Teil = BoFN 739, Kol. I Z. 35–74, Kol. II Z. 39–77
Tafelrückseite oberer Teil = BoFN 740, Kol. III Z. 1–36′, Kol. IV Z. 1–38
Tafelrückseite unterer Teil = BoFN 741, Kol. III Z. 34′–69′, Kol. IV Z. 33–57
Hinzukommen noch Fotos vom rechten Rand der Tafel, der teilweise einzelne Zeichen oder Wörter
enthält, die noch zu einigen Zeilen von Vs. Kol. II gehören und die auf den Rand geschrieben wurden, da in
den zugehörigen Zeilen nicht mehr genügend Platz vorhanden war. Ebenso findet sich dort Beschriftung, die
zu Zeilen auf der Rückseite Kol. III gehören.
Diese Fotos stammen von der Fotografin L. Ehelolf, der Gattin von H. Ehelolf, der von 1927 bis zu seinem
Tod 1939 im Museum das Amt des Kustos innehatte. Sie liegen ganz offensichtlich auch den Tafelabbildun-
gen in den ersten Bearbeitungen des Tawagalawa-Textes (VAT 6692) zugrunde, und zwar 1929 als Tafel I und
II in E.O. Forrers „Forschungen“ (1. Band, 2. Heft) und 1932 in F. Sommers Buch „Die Aḫḫijavā-Urkunden“
ebenfalls als Tafel I und II.

Bereits 2009 kam während eines Arbeitstreffens aller am vorliegenden Buch Beteiligten in Südfrankreich zur Sprache, dass
sowohl Forrers als auch Sommers Abbildungen von VAT 6692 identisch mit den Museumsfotos BoFN 738–741 sein dürften. Aller-
dings teilten nicht alle Beteiligten diese Annahme. Nach erneuter Überprüfung wies E.R. vor kurzem zugunsten der Identität der
Tafeln I u. II in Sommers AU mit diesen Fotos in Berlin darauf hin, dass die Ränder, wo die Bilder in der Mitte der Tafel abbrechen,
exakt identisch sind und auch die Unterschiede im Schattenwurf an den Überschneidungen der jeweils oberen und unteren
Hälfte mit den BoFN-Fotos identisch sind.

Im Falle von Forrers Publikation (im Selbstverlag) ist dies schon auf den ersten Blick erkennbar, da dort die
Nummerierung der vierteiligen Tafelabbildungen jeweils eindeutig an gleicher Stelle und auch in derselben
Handschrift wie auf den Museumsfotos BoFN 738–741 von L. Ehelolf erscheint. Die Reproduktionen ihrer
Fotos in Sommers Werk enthalten zwar die handschriftliche Signatur nicht mehr. Sommer betonte jedoch in
seinem Vorwort (AU X Anm. 2):

https://doi.org/10.1515/9783110581164-005
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310   S. Heinhold-Krahmer

„Gearbeitet habe ich für die Aḫḫijavā-Texte nach den Originalen (soweit diese mir noch in Berlin zugänglich waren) und nach
(teilweise vergrößerten) Photographien. Auch diese sind, so wenig sie die Tafeln selbst ersetzen können, zumteil unentbehr-
lich, zumal letztere mit der Zeit der Aufnahme stellenweise so stark gelitten haben, daß die von Frau Liesel Ehelolf vortreff-
lich aufgenommenen Photographien gelegentlich bessere Auskunft geben.“

In neuerer Zeit wurden Fotografien der gesamten Tafel VAT 6692 (Vs. und Rs.) für das Vorderasiatische
Museum von dem Berliner Fotografen Olav M. Teßmer gemacht. Diese Fotos konnte E.R. neben ihrer Kol-
lation der Originaltafel und den älteren Museumsfotos BoFN 738–741 bei der Erstellung ihrer Autographie
benutzen.
Für die Erlaubnis, Abbildungen dieser Fotos hier publizieren zu dürfen, haben wir der Fotoarchivarin
des Vorderasiatischen Museums Berlin, Frau Alrun Gutow sowie dem Direktor des Museums, Herrn Professor
Dr. M. Hilgert, sehr herzlich zu danken.

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V Abbildungen von Fotos der Tafel VAT 6692 aus dem Vorder­asiatischen Museum   311

2 Ältere Fotos (BoFN 00738 – 00741, sowie BoFN O1591b [Ausschnitt] u. BoFN 01100
[Ausschnitt]) in sechs Teilen von L. Ehelolf aus Berlin

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312   S. Heinhold-Krahmer

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V Abbildungen von Fotos der Tafel VAT 6692 aus dem Vorder­asiatischen Museum   313

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314   S. Heinhold-Krahmer

3 Neuere Fotos von O. Teßmer 2012 in zwei Teilen (Vs. und Rs.)

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V Abbildungen von Fotos der Tafel VAT 6692 aus dem Vorder­asiatischen Museum   315

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M. Weeden
VI Palaeography, Handwriting and Spelling of VAT 6692

1 Tables

1.1 Table I Comparative Table for the Palaeography of KUB 14.3 (VAT 6692)

Notes on Table I
KUB 26.58 (CTH 224, find-spot unknown): Documentation of a land grant from Hattusili III on a tablet that is likely to date to his
reign.
KUB 19.5+ (CTH 191, find-spot Temple I): Letter of Manapa-Tarhunda to a Hittite king, probably Muwatalli II, likely to be an
original document.
KUB 5.1 (CTH 561, find-spot unknown): An oracle compilation dating either to the reign of Hattusili III or Tudhaliya IV, likely to
be an original document.
KUB 19.55+ (CTH 182, find-spot Temple I): The Milawata letter, an original document dating to the reign of Tudhaliya IV.
KUB 22.25+ (CTH 562.1, find-spot unknown): An oracle compilation dating to the reign of Hattusili III, before the capture of
Nerik, and an original document.

https://doi.org/10.1515/9783110581164-006
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318   M. Weeden

1.2 Table IIa–b: A Palaeographical Impression of Selected Signs from (a) Obverse and (b) Reverse of VAT
6692

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VI Palaeography, Handwriting and Spelling of VAT 6692   319

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320   M. Weeden

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VI Palaeography, Handwriting and Spelling of VAT 6692   321

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322   M. Weeden

2 Palaeography and Handwriting

The basis for this study is provided by:


– collations of the tablet in Berlin at the Vorderasiatisches Museum in December 2005, December 2006,
May 2007, July 2008, June 2010.1
– photographs (see V.2–3) kindly made available to me by J.L. Miller.
– numerous discussions with J.D. Hawkins, J. Hazenbos, S. Heinhold-Krahmer, J.L. Miller, E. Rieken and
D. Schwemer.

The Handwriting.
Tables IIa and IIb present a broad selection of attestations of signs as found on VAT 6692. The signs have
been traced from photos. It should be stressed that Tables IIa (obverse) and IIb (reverse) do not present the
signs divided up according to differing sign-form variant. Instead they attempt to convey an impression of
the development of the writing of the individual sign-forms over the course of the tablet.2 The following
commentary on the sign-forms includes palaeographic and graphological remarks and indicates a number
of common idiosyncrasies of the tablet which will be discussed below.
It should be stressed at the outset, that the surface of the tablet is very worn, particularly in the first
column of the obverse. This has made it particularly important to check cases of broken or unbroken hori-
zontals, for example, against the original as well as against old photographs of the tablet and to double check
the observations with those of other collators, the original copy by A. Goetze and especially with the new
copy by E. Rieken.3 The sign-forms are then compared with the sign-forms booked in HZL. Here one should
remind oneself of the principles of organisation lying behind the lemmata in HZL, which does not organise
the sign-forms exclusively or indeed primarily according to age of attestation.4 The term “Leitzeichen” refers
to the initial sign-forms cited at the head of the lemma in HZL, where the older form of the sign is Leitzeichen
A and the later form is Leitzeichen B (or C in some cases). The other sign-forms listed in HZL beyond the
Leitzeichen are then referred to with numbers according to when they occur in the list of sign-variants. A
similar approach is assumed here for tables IIa–b.
AG (HZL 81): One example of late HZL 81B, and one of variant HZL 81/14. The one older form can be
compared to HZL 81/5.
AḪ (HZL 332): The forms of AḪ are all clearly of the late type with the horizontal pulled out from the Win-
kelhaken-cluster (HZL 332B). The forms on the reverse appear to have the horizontal pulled in more closely
(perhaps HZL 333/4–6), although this is very subjective.
AL (HZL 183): The flat-bottomed (HZL 183/4) or rightward-sloping bottomed (HZL 183/7) forms are attested.
AM (HZL 168): the forms attested at Table IIa/1–6, with the ḪI component only consisting of three Win-
kelhaken, are not recorded in HZL. From obv. ii 69 and on the reverse, all examples have four Winkelhaken.
See also ID (s.  v. DA).

1 I am grateful to Dr. J. Marzahn as Keeper of the tablet collection in the Vorderasiatisches Museum, as well as to the rest of his
staff, for their assistance during my several visits to Berlin to collate large and heavy Hittite tablets.
2 I am aware that this is a poor substitute for a full graphological investigation. Considerations of practicality, however, prohibit
the conduct of such a procedure for the moment, which would involve a comparison of all features of all signs on the tablet. The
use of graphology in the investigation of writing on cuneiform tablets is only in its infancy.
3 A. Goetze copied many forms faithfully, but also normalises a great deal. This is particularly the case with DA and ID written
with an unbroken horizontal, which is always drawn with a broken horizontal in Goetze’s copy. There are occasionally places on
the tablet where I have reached a different interpretation of the sign-form than that represented in E. Rieken’s copy. There is a limit
to the number of collective collation visits that can be made to Berlin. Such cases, as long as they are not historically relevant, are
best left open. Currently at least, it is of no obvious matter that there be five rather than four examples of the later KI. In at least
one other case (AR, to a lesser degree MEŠ), however, I have found it necessary to register a different interpretation to that found
in the copy. This in no way invalidates the observations of the copyist, but indicates the difficulties involved in dealing with the
palaeography of this tablet.
4 HZL p. 20: “… die Zeichenvarianten, die in der Regel nach äußerer Ähnlichkeit, in bestimmtem Umfang auch nach dem Bele-
galter angeordnet sind.” For principles of reference-notation in HZL see ibid. p. 17–18.

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VI Palaeography, Handwriting and Spelling of VAT 6692   323

AN (HZL 8): The use of sign-form HZL 8/3 with slanted horizontal predominates. Only the last 2 signs on
rev. iv (Table IIb rev. 6–7) extend the horizontal beyond the vertical.
AR (HZL 289): On first collation I was surprised to find examples of AR with an unbroken initial horizon-
tal on the obverse, and these have also been drawn as such by E. Rieken.5 These would be very late attesta-
tions of this sign-form (HZL 289/6), which is usually taken as typical of Middle Script tablets (script-type IIb).6
AZ (HZL 92): Only HZL 92B with subscript ZA. This is attested at least from MS on (Madduwatta, KUB
14.1 – Arnuwanda I) and otherwise also found in tablets with script-type IIb.7 See also UG.
BAD (HZL 13): The writing distinguishes between a sign-form with almost no discernible horizontal
(Table IIa 1, Table IIb 1–2 = HZL 13/2) and one with a longer horizontal (Table IIa 1–5, HZL 13 Leitzeichen).
BI (HZL 153): A clear dichotomy exists between obverse and reverse. The obverse has predominantly
HZL 153/2 with a shorter top horizontal.8 There are also cases where the horizontals are parallel (HZL 153
Leitzeichen).9 The reverse writes predominantly HZL 153/1 with the shorter bottom horizontal. The end of the
obverse has a form with a longer top horizontal in pé-di-ši at ii 71, which also contains a late DI. Similarly
obv. ii 72, 75.
DA and ID (HZL 214, 215): The obverse uses DA and ID with an unbroken horizontal almost exclusively.
There are only clear cases of DA with a broken central horizontal, at i 44 and ii 24, although the latter is
broken. The reverse appears to use the forms with the broken horizontals almost exclusively.10 Almost all
cases of DA and ID on the obverse write a longer bottom horizontal11 or write the horizontals level with each
other. On the reverse, all cases of DA and ID write the top horizontal longer or write the horizontals level with
each other. ID is written with a “reduced” form using only three Winkelhaken (cf. HZL 215/2) until obv. ii 68,
from which point on, with the exception of obv. ii 73, 75, ID is exclusively written with four Winkelhaken. See
also AM.
DI and KI (HZL 312, 313): Of the five examples of DI recorded in Table IIa–b, one is the late form with an
initial vertical instead of a Winkelhaken.12 DI is always written with only two horizontals. KI is written with
the late form with two verticals between three and five times.13 KI is usually written with three horizontals,
but also frequently with only two, especially on the reverse. The form in ii 6 apparently has four horizontals.
The following forms are attested according to HZL: 313/6 with the rightward sloping horizontals, although
the Winkelhaken are not always written above the horizontals (cf. 313/7). The late forms on the obverse write
a very short initial vertical (not in HZL), while the disputed form in iii 51 and the clear case of HZL 313/21 at
rev. iv 57 appear to write a longer vertical. E. Rieken notes another late KI with a short initial vertical at iii 40,
on the basis of the old photograph. This is no longer visible on the tablet.
The form of KI in i 17 is doubtful due to a hairline fracture in the tablet. The forms of KI with a more
box-like and parallel arrangement of the horizontals in ii 53, and ii 74 do not match the form with slanted
horizontals and a bottom horizontal extending to the right of the vertical seen in ii 64, as copied by E. Rieken.
DU (HZL 128): Until the end of obv. ii the eight DU-signs are almost exclusively written without a broken
lower horizontal as well as with a top horizontal (cf. HZL 128/8, exception i 61 = HZL 128/7). This HZL 128/8
also occurs in the New Script oracle fragment KUB 22.64 rev. iii 4’ (twice). At the end of KUB 14.3 obv. ii
(e.  g. 61) DU appears with a broken lower horizontal as well as a top Winkelhaken instead of a horizontal.

5 Obv. i 2, 6, 36 etc.
6 Miller 2004, 40–41 with the conclusion that AR with an unbroken horizontal can also be found in manuscripts of type IIc and
manuscripts transitional between IIc and IIIa. One can add the unusual fragment KBo 53.103, which combines features of a New
Script palaeography (IIIb) with this same AR-form.
7 Miller 2004, 46 not “the earlier part of the Middle Hittite Period”.
8 This is one indicator of IIIc script at van den Hout 1989, 340.
9 The name Piyamaradu is always written with the Leitzeichen. This is unlikely to be anything other than chance.
10 Table IIb/1 (rev. iii 5) and Table IIb/8 (rev. iii 57) differ from E. Rieken’s copy, but it is very difficult to tell. Table IIb/4, however,
agrees with her copy in writing an unbroken central horizontal (rev. iii 38). The two DA-signs on the edge in rev. iii 51 are not
included in Table IIb. It is also possible that an unbroken central horizontal is written in each of these.
11 These forms are not to be confused with the “Middle Hittite” stepped DA and ID (HZL 214B, 215B).
12 ii 71.
13 ii 19, ii 54, iii 40(?) iii 51 (?), iv 57; iii 40 and iii 51 are different in E. Rieken’s copy to my interpretation of the sign-form.

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324   M. Weeden

Some of the later forms (Table IIb 5, 7–8) appear to have a slightly longer tail on the Winkelhaken, without
this necessarily being construed as diagonal wedge parallel to the often diagonally drawn top horizontal.14
All seven cases of DU on the reverse are variants of the Leitzeichen with broken lower horizontal.
E (HZL 187): Forms with two unbroken verticals (HZL 187/10) are attested 24 times on the obverse. In
another eight cases the unbroken vertical is positioned with its head clearly below the head of the broken
vertical (HZL 187/7), although not clearly below the top horizontal as would be typical of older (MS) tablets.15
Another 7 cases on the obverse are unclear and one (i 5 KUR-e-aš) is misshapen. On the reverse 22 cases with
one broken vertical are attested, and no clear examples of HZL 187/10 (six cases are unclear).
EL (HZL 307): Among the more frequent examples of the Leitzeichen with three verticals there are occa-
sional cases of HZL 307/7 with only two verticals on the obverse. RU (HZL 43  – not listed in table II) has
comparable examples of a sign-form with two verticals (HZL 43/18) on the obverse.16 In neither case are there
examples of these forms with two verticals on the reverse. The predominant form of EL from the end of obv.
ii and throughout the reverse is HZL 306/7, which has two shorter initial verticals followed by a higher longer
final vertical.
EN (HZL 40): The late form HZL 40C is used on the obverse, but beginning with obv. ii 52 EN is written
exclusively with a small initial vertical (HZL 40/4, 5). The older form HZL 40A/1 is twice attested (iii 66, iv 9).
GIM (HZL 165): It is frequently difficult to tell if the diagonal in GIM is broken or not.17 However, the
coincidence of almost certainly unbroken diagonals in obv. i should be taken into account. The first vertical
is usually written to the left of the sign, except in Table IIa/8. The form Table IIa/5 with only one vertical is
not recorded in HZL.
ḪA (HZL 363): The sign ḪA is predominantly written on the obverse with the IIIc sign-form, i.  e. ḪA with
one Winkelhaken. Out of 11 usable forms on the obverse, only 2-3 are written with two Winkelhaken.18
ḪAR (HZL 333): The New Script form is used exclusively, with variants HZL 333/6 and 333/8.
ḪU (HZL 24): Beside the Leitzeichen, variant forms HZL 24/3 and 5 are also attested.
IG (HZL 67): Written exclusively with the New Script HZL 67B.
KI: see DI.
KU (HZL 206), MA (HZL 208): The distinction between KU and MA is established by the longer horizon-
tals on MA. Both KU and MA are written predominantly with a protruding bottom horizontal on the obverse
and a protruding top horizontal on the reverse.19 There are no clear cases where the bottom horizontal is deci-
sively longer on the reverse or similarly for the top horizontal for the obverse. The same can be established
for GAL (not listed), which has a longer top horizontal on the reverse and a longer bottom horizontal on the
obverse. Table IIb/19 is comparable to HZL 208/3.
LI (HZL 343): With the exception of rev. iv 5 all examples of LI correspond to Leitzeichen 343B. There is
one clear example of HZL 343/13 with the Winkelhaken between the verticals.
LU (HZL 210): See below on the comparative palaeography of LU. The damaged and controversial LU
in wi5-l[u-š]a (rev. iv 8) is not included in Table IIb, although the traces conform to the appearance of the
uru

“reduced” form of LU used on this tablet and in other tablets datable to Hattusili III. A form of LU with only
two verticals (attested for certain in rev. iii 12 – Table IIb/1) is not booked under HZL 210, the closest compa­
rable being HZL 210/15. For the form of LU at rev. iii 43, see discussion in Commentary iv 8, p. 275–277.
MEŠ (HZL 360): All examples on the reverse correspond to the Leitzeichen HZL 360A. The obverse has
this beside HZL 360B and 360/8.20
NA (HZL 15): Sign-forms vary between those with horizontally parallel Winkelhaken (HZL 15/2, 3, 6, 7)
and those with the Winkelhaken arranged vertically (HZL 15/5, 8) or diagonally (HZL 15/1, 4, 9, 10, 11). The

14 DU is used as a distinctive feature of New Script, not “earlier than IIIa”, at Miller 2004, 45–46.
15 Compare the late forms of E (“13. Jh.”) in F. Starke’s charts at id. 1985, 82, 110, 142, 302.
16 ii 71, 76.
17 HZL 165/8 is the only sign-form recorded with an unbroken diagonal.
18 In the case of ar-ḫa at ii 42 and iii 65 (Table IIb/6), my drawing differs from that of E. Rieken.
19 MA with the longer bottom horizontal is not recorded at HZL 208. The closest under KU is HZL 206/1.
20 Obv. i 2 is copied by E. Rieken as ME. To my eye this is a very worn case of HZL 360B.

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VI Palaeography, Handwriting and Spelling of VAT 6692   325

first type (HZL 15/2) predominates on the reverse, but the distribution is not exclusive. Table IIa 2, 9, 11, 13,
14 compare closest with HZL 15/5 but should also be compared with the usual form of NA in KUB 21.29 (CTH
89 – Hattusili III).
NAM (HZL 39): Six out of ten correspond to the Leitzeichen. Two correspond to 39/5, and two are not
registered in HZL.
NU (HZL 11): Exclusive use of HZL 11/1 with wedges crossing at the head, or to the left of the sign.
QA (HZL 21): The form with one horizontal (HZL 21/1, 2) is used exclusively, as far as can be seen, until
rev. iv, where forms with two horizontals (HZL 21/4) and one horizontal with a diagonal (approximately HZL
21/8) are used. HZL 21B and related forms (HZL 21/3–9) have been used to establish a date of inscription
during or after the reign of Hattusili III.21
RI (HZL 32): Variants on the Leitzeichen tend to have the Winkelhaken above the horizontal (HZL 32/3).
SAG (HZL 192): The later form HZL 192B/11 is used.
SAR (HZL 353): The form of SAR corresponds most closely to HZL 353/10 and is not quite identical to the
very late forms HZL 353/11–18.
TA (HZL 160): The verticals generally have their heads slightly above the top horizontal on the obverse,
but level with it on the reverse.
TAR (HZL 7): Obverse and reverse use HZL 7C, the typical New Script form, exclusively.
TI (HZL 37): The Leitzeichen and HZL 37/4 are most comparable.
Ú (HZL 195): The frequent writing of Ú with only two verticals was initially observed by J.D. Hawkins on
collation. On occasion it is practically identical to E. This only occurs on the obverse, however, where I count
twenty-five with two verticals to fifteen with more than two. The last example of Ú with two verticals is at
obv. ii 57.
It is booked as the last entry for this sign at HZL 195/14, which may or may not mean that the authors wish
to indicate it is a particularly late sign.22 It is also used frequently in a sizeable fragment of a tablet belonging
to Mursili’s annals, KBo 19.76+, which would otherwise receive the palaeographic classification IIIb, given its
frequent use of DA and ID with an unbroken central horizontal.
Otherwise, the tablet writes the Leitzeichen with three verticals and HZL 195/10 with four verticals.
Table IIb/1, with the central two verticals lower than the outer two, is not recorded in HZL.
UG (HZL 93): Exclusively HZL 93B. The final upper and lower horizontals are considerably more slanted
than those recorded under HZL 93. Table IIb/3 is not recorded in HZL.
UN (HZL 197): J.D. Hawkins observed on collation that many instances of UN lack the front vertical, thus
corresponding to the typical “Assyrian” form (HZL 197/8). Nine cases of UN without a front vertical on the
obverse contrast with 22 cases with the front vertical, and two where this is not clear. In almost all cases of
UN with the front vertical on the obverse, the front vertical is written very lightly and is obviously behind
the two horizontals, possibly meaning that it was impressed first and the horizontals written over it. This
is not the case on the reverse, where the smaller front vertical has been impressed after, and thus on top of
the horizontals. Furthermore the horizontals of UN on the obverse are much longer when compared to the
broken verticals. On the reverse they are proportionately shorter. Cases of UN corresponding to the type with
proportionately shorter horizontals, but on the obverse, are found at ii 41, 64, 69. The last example of UN with
the proportionately longer horizontals is at obv. ii 59.
URU (HZL 229): The late form of URU (HZL 229B/11) is used. HZL 229/11, which has a shorter central hori-
zontal is numerically more frequent than the Leitzeichen HZL 229B, in which the central horizontal extends
as far as the verticals. I would venture that this reflects the distribution in later Hittite tablets more generally.
ZI (HZL 33): The most frequent form is HZL 33/3, which is typologically transitional between the
Leitzeichen and HZL 33/2.

21 Van den Hout 1989, 342; Hazenbos 2003, 30. Neu 1996, 5 notes a “late” QA on a Middle Script tablet.
22 My reading of the lemma at HZL 195 inclines to seeing the last 5 variants as being ordered roughly in order of age, with the two
vertical one being the latest.

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326   M. Weeden

ZU (HZL 209 [1]): The forms of ZU with the sharply slanted bottom horizontals correspond most closely,
although not exactly, to HZL 209/5, and are distinct from the characteristic late form HZL 209B.
The above accounts indicate frequent and consistent differences between the obverse and reverse of the
tablet, especially as regards KU, MA, DA, ID, GAL, E. Other differences exist more or less consistently between
the second half of obv. ii and the rest of the obverse (EN, DU, Ú, AM, ID, UN). On the whole, the script in obv.
i and the first half of obverse ii gives a more flighty and untidy impression, although this is undoubtedly
influenced by the state of preservation. The sign-forms in these parts are also manifestly written in more
abbreviated forms.
Despite these consistent differences between the obverse as far as the end of column ii after the break
and the whole of the reverse, I hesitate to assign obverse and reverse to different scribes. It is often observa-
ble that scribes adopt particular sign-forms in clusters over certain stretches of a text, while choosing other
forms of the same sign for other stretches of the same text. The reasons underlying such distribution are not
entirely clear, but it never occurs to my knowledge with the rigour we have before us on this tablet.
Anyone who has tried to write a cuneiform tablet will know how easy it is to vary the forms of a sign as
regards (e.  g.) length of horizontals. Such a distinction as that between the methods of forming UN, with the
vertical under the horizontals in one part and over the horizontals in another part, however, is perhaps of
a different type, betraying a more fundamental difference between ways of constructing signs. Given the
current lack of graphological studies of cuneiform tablets as opposed to palaeographic studies, it is difficult
to know how to evaluate this factor.
How do we tell if a tablet has been written by more than one hand? KBo 10.1 has been claimed to have
been written in two different hands on the basis of the use of different sign-forms in different parts.23 However,
KBo 10.1 shows a number of sign-forms on the obverse, too, which are alien to the Hattusan tradition (Ù,
UR). The immediate subjective impression of the script on the reverse is different to that of the obverse. The
writing on the reverse appears to be less orderly. The spacing of signs on the reverse appears to be very dif-
ferent from the obverse, with an average of 21–24 signs per full line on the obverse and, 17–22 on the reverse.
Even so it is not immediately apparent that some other reasons might not be responsible for the differences,
such as time pressure.
The oracle-report KUB 16.32 has also been identified as a tablet with evidence of two hands on the same
tablet.24 Here, two reports are separated by a double-line used as divider. The writing under the double line
is much smaller and appears to be more lightly impressed than that before the divider. However it is notable
that the first two lines of the text beneath the divider are strikingly similar in size as well as depth of impres-
sion, in as far as this can be gauged from the width of the signs, to the writing above the divider. This suggests
that other causes may be responsible for the difference in writing. Lack of space may account for the smaller
size. Impressions made on a slightly drier surface may account for the apparent shallowness and lack of defi-
nition of the signs.25 The forms of URU are different above and below the divider, the upper writing having
the typical NSa (IIIa) form, and the lower writing having the typical NSb–c (IIIb–c) form. However, choice of
sign-form in a text which displays both forms is not a probative factor. Thus, even in this case, it is not trans-
parently clear that the tablet was inscribed by two different scribes.
A further possible case of two different hands being attested on a single tablet is that of KBo 23.1++,
which records two different versions of the same purification ritual. The colophon to this tablet explicitly
states that the tablet was written first by one scribe (Tarussiya) and then by another (amar.mušen-[a] nna).26
Sh. Gordin adduces the size of the script in the two different versions and the use of logographic vs syl-
labic writings as evidence that the two versions on the one tablet were in fact written by different

23 As remarked upon by Imparati-Saporetti (1966, 84).


24 Photo no. II at van den Hout 1998.
25 A similar difference in depth of impression and clarity of definition sometimes occurs between the main text of a tablet and its
colophon. The obvious conclusion is that such colophons were added after the tablet had dried for a while, possibly after checking
by a superior or some other administrative procedure.
26 KBo 23.1++ left edge 1  ff. “This tablet Tarussiya wrote (IN.SAR) first, and afterwards, I, AMAR.MUŠEN wrote (aniyanun) it”,
translation after Gordin 2015, 122.

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VI Palaeography, Handwriting and Spelling of VAT 6692   327

scribes.27 This would naturally be a good test case, but substantive arguments for an identifiably different
handwriting on each of the versions have not yet been successfully demonstrated to my view.
Even the indications of the above examples are not given in the case of VAT 6692. Furthermore, we can
observe that the “transitional” stretch at the end of column ii effects the changes in the signs gradually. The
tools of Hittite graphology are not yet well enough developed to allow us to decide whether another scribe
has taken over or the same scribe has simply started using other sign-forms from his repertoire perhaps for
the sake of nothing if not variation. This is a question that can perhaps be advanced using 3-D scans and com-
puter-aided quantitative data assessment, which were at the time of this study not available to the author.

The Palaeography of VAT 6692


The most recent pronouncement on the palaeography of VAT 6692 describes it as being consistent with a
dating to Ḫattusili.28 While I agree with this observation on the whole, the matter is slightly more compli-
cated when we consider the context of the current state of Hittite palaeography.
It is common in modern Hittitology to distinguish 3 broad stages of development within the writing on
the cuneiform tablets found at Boğazköy, corresponding roughly to periods in Hittite history labelled I, II and
III by F. Starke and adopted as Old, Middle and New Script by the CHD.29 The Old Script (OS) has commonly
been equated with the Old Kingdom, the Middle Script (MS) with the period immediately after this as well as
the Early Empire period, and the New Script with the later Empire period after Suppiluliuma I.
Starke distinguishes between two procedures in identifying the age of a text and a tablet. The first is the
absolute identification of a tablet’s date of inscription by indicating the latest signs to be used on the tablet.
The second is that of establishing the relative age of the text’s composition by identification of linguistic,
orthographic and graphic features which may remain from an earlier period of the tradition.30
VAT 6692 clearly belongs to the last of the above categories, New Script, due in particular to the late forms
of the signs AG and LI it uses. There is only one example of old AG (ii 38) beside 3 of new AG, and one of old LI
(rev. iv 5) beside 15 of new LI. Despite the introduction of new LI, old LI continues to be used in contemporary
documents from the period covered by New Script, for example regularly on the obverse of the Bronze Tablet
(Tudhaliya IV). Old AG is far rarer. To find these isolated old sign-forms is by no means surprising.
Within the New Script, or type III, three further divisions have been made. Script-type IIIa retains many
of the older sign-types, primarily innovating with the use of late AG. Script IIIb, the advent of which J. Klinger
dates to the time of Muwatalli II/Hattusili III, introduces the late LI and then, in what appears to be envis-
aged as a second wave within the IIIb category itself, DA and ID with unbroken horizontals, and URU with an
extended central vertical.31
Finally category IIIc is introduced under what is often described as “Assyrian” influence with a range of
new sign-forms, sometimes characterised by the replacement of a Winkelhaken by an upright, such as in the
cases of KI and DI. Other diagnostic signs for type IIIc include UN without a front vertical, SAR with a verti-
cal before the horizontals and ḪA with a single Winkelhaken instead of two. Tablets exhibiting type IIIc are
assumed to indicate a date of inscription after the first half of the reign of Tudhaliya IV, due to the fact that
some earlier documents of his reign do not attest some of these very late sign-forms.32

27 Gordin 2015, 32  f.


28 “Die Paläographie des Textes spricht auch eher für eine Datierung in die Regierungszeit Ḫattušilis (z.  B. Popko 1984), kann
aber die Zuschreibung an einen seiner unmittelbaren Vorgänger nicht gänzlich ausschließen.” (Miller 2006: 241). For literature
cf. Rieken 1999, 7 fn. 30; Miller 2004, 40  ff., 268  ff.
29 Starke 1985, 21–31; CHD L-N xi.
30 Starke 1985, 21.
31 Klinger 1996, 35  f. For the advent of late LI under Muwatalli II see also Friedrich/Kammenhuber in HW2 I 546 s.  v. atta- “father”.
In Weeden 2011 the category IIIb is further refined into typological but not necessarily chronological categories: IIIb (with late LI),
IIIb i (with late URU); IIIb ii (with DA and ID with unbroken horizontals).
32 For IIIc see Klinger 1996, 35, 37  f.; Christiansen 2006, 72–73; Weeden 2011, 49–50; Goedegebuure 2014, 9–11; Gordin 2015, 85–86;
van den Hout (1995, 297) also posits a category IIIc, signs of which only occur in texts of the last three Hittite kings. This was ini-
tially defined in his 1989 dissertation and touched on in his 1998 work on CTH 596.

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328   M. Weeden

Slightly different criteria for the establishment of a chronological category IIIc for tablets produced in
the reigns of the last three Hittite kings were developed by Th. van den Hout in his 1989 dissertation.33 The
signs that he decides to be indicative of a time of inscription in the second half of the 13th century are QA,34
EN, BI, UN and ḪA, where the important criterion is added that these signs should be used in as cumulative a
manner as possible when establishing a date of writing.35 However, the use of UN in its younger form can be
used “fast ‘automatisch’  ” to date a manuscript to the reign of Tudhaliya IV or Suppiluliuma II.36 In his 1998
study of CTH 596 the characteristic signs for a IIIc categorization are given as the late EN, ḪA, QA and UN.37
Finally, B. Christiansen adduced further KU with a second vertical and EN with no initial vertical as variants
typical of Suppiluliuma II.38
In the case of VAT 6692, collation of the original shows that it uses a number of sign-forms belonging to
the category IIIc, although in some cases relatively sparingly. There are between three and five examples of KI
and one example of DI with two uprights. ḪA with only one Winkelhaken far outnumbers the older form with
two Winkelhaken on the obverse, and there are around nine examples (out of thirty-three) of UN without the
front vertical on the obverse according to my inspection of the tablet and E. Rieken’s copy. This is more than
sufficient to assign the classification IIIc to this tablet. Using van den Hout’s additional criteria, the tablet
also predominantly uses late EN, and the obverse uses his late BI.39
Two alternative conclusions are possible on the basis of this observation alone: either the tablet was
written in the latter part of the reign of Tudḫaliya IV or later as independently argued by O. Carruba, or
the introduction of IIIc sign-forms at Boğazköy has to be dated earlier than is usually assumed.40 Copies of
letters were made only very rarely, although it has to be admitted that this is a special case. The results of
clay analysis, which do not exclude an origin in the area around Ephesus (see p. 3), also add to the factors
that might persuade us that this is an original document. The hypothesis that the tablet was composed in the
latter part of the reign of Tudḫaliya IV or later can only be tested on historical grounds, which are not part
of the palaeographical investigation. However, prosopographical considerations make it extremely unlikely
that this was the case.
It remains to be seen from comparative palaeographical evidence, on the other hand, whether there is
any support otherwise for positing an earlier introduction of the writing type IIIc. The repercussions of this
will be fairly serious, as it will no longer be possible to distinguish documents from the reign of Ḫattusili III
from those of the later Tudḫaliya IV onwards on the basis of establishing the latest sign-forms alone, given
that there are documents from Tudḫaliya’s reign that appear ignorant of these supposedly later sign-forms.
The case of ḪA with one Winkelhaken needs separate treatment. The absence of this distinctive feature
from the Bronze Tablet has been used as the ground for positing its introduction later in the reign of Tudḫaliya.
However, ḪA with one Winkelhaken does occur sporadically in texts which otherwise write consistently in
a MS or early NS ductus.41 It otherwise occurs several times in KUB 11.1, an early NS (IIIa) manuscript of the
Telipinu Edict which is judged to be “mh. (?)” by S. Košak in his Konkordanz. More importantly it is consis-
tently written in the Manapa-Tarhunda letter (KUB 19.5+), where the very late form of KU with two verticals
also occurs, albeit only twice in the writing of the personal name Kupanta-dKAL. The Manapa-Tarhunda letter
is currently dated by most to the reign of Muwatalli II, and, being a letter, is unlikely to be a later copy, alt-
hough this cannot be excluded for certain.42

33 Van den Hout 1989: 326–343.


34 Neu (1996, 5) notes “late” QA on a MS tablet.
35 See also Mora/Giorgieri 2004, 34–37, also with doubts concerning the later dating of IIIc.
36 Van den Hout 1989, 342.
37 Van den Hout 1998, 36.
38 Christiansen 2006, 73. The use of ŠÚ mentioned there as a further palaeographic criterion is not apposite as this is a matter of
spelling (orthography) rather than sign-form.
39 I have some reservations about the use of this sign-form as a palaeographic indicator, but one cannot doubt the results demon-
strated by van den Hout for the group of texts selected by him for study (45 texts for Tudhaliya IV and Suppiluliuma II, although
many fewer for Hattusili III and Muwatalli II).
40 Carruba 1996, 30.
41 An example of ḪA with one Winkelhaken in MS ductus is KBo 3.23 obv. 5 (Bo. 2091, pending collation).
42 For the dating of the Manapa-Tarhunda letter see Houwink ten Cate 1983–1984, 58–64; Bryce 1998, 246.

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VI Palaeography, Handwriting and Spelling of VAT 6692   329

KBo 14.45 is a fragment of a document sealed by Hattusili and Puduhepa which relates to the Urhi-Teššob
affair. In l. 9 it appears to have a KI of the very late type, although the word in which it occurs is not transpar-
ent: x-x-ki-ir-aš-kán.
KUB 21.19+ (CTH 383) is classified by S. Košak’s Konkordanz as “jh.” Occurrences of very late KI and DI,
however, show that it belongs to the category IIIc, usually referred to as “sjh” in the Konkordanz. This man-
uscript could of course theoretically be a later copy of this prayer.
KUB 19.9 ii 10 (CTH 83) has the very late DI and KUB 21.8 obv. ii 3 (CTH 90) has the very late KI. The latter
may also have one example of UN without a front vertical. These, again, could conceivably be later copies.
The evidence thus far collected points to a small body of texts which must have originated in Ḫattusili’s
reign, whose surviving tablets display rare examples of the very late sign-forms.43 KBo 14.45, if it does have
the very late KI, is securely dated to the reign of Hattusili, unless the sealing was used after his death.
Of primary importance for the determination of the date of sign-forms, however, are tablets recording
omen reports. KUB 22.25, written before the capture of Nerik, writes consistent ḪA with one Winkelhaken,
both the older and the later KI and its only DI is very late. Regarding Th. van den Hout’s criteria both types
of EN are used. One might further note both relevant types of DA, late ID, late URU, late DU. KUB 5.1, the
famous omen report which is probably datable to Hattusili III’s reign after the capture of Nerik, has the ḪA
with one Winkelhaken form consistently among the palaeographically significant sign-forms, as well as the
late EN.44 Other sign-forms in KUB 5.1 that are not decisive according to all previous studies with regard to a
IIIc categorisation, but which have been taken to indicate a late date within the New Script category, are late
DU, URU,45 ID and DA.46
KUB 26.58, a decree concerning Ura-Tarhunda from the reign of Hattusili III, has one example of ḪA with
one Winkelhaken, as well as KI with two verticals.47 It also exhibits the very late forms of SAR and EN. One
should also mention the late forms of URU and DA. One case of UN shows great similarity with forms of UN
with the front vertical found on the obverse of VAT 6692 (see below).
Thus we have a number of tablets more or less securely dated to Hattusili’s reign or before, which also
show some of the Late New Script sign-forms. This evidence is collected in table 1, which includes the Man-
apa-Tarhunda letter (Muwatalli II) and the Milawata letter (Tudhaliya IV). These last two mentioned tablets
have been collated on the original. The others have been collated on photos and the sign-forms traced from
those. Note that the reduced form of LU found in VAT 6692 has especially close similarity to that found on the
tablets from the time of Hattusili III in the comparative table (KUB 5.1, KUB 26.58, KUB 22.25).
With the exception of ḪA with one Winkelhaken, the very late sign-forms do not generally predominate.
Contrast the clear predominance of the very late KI, for example, on the Bronze Tablet (Tudhaliya IV). It is
thus almost certain that signs from the IIIc repertoire were known at Hattusa before they became the norm
during the time of the last three Hittite kings. In the case of ḪA with one Winkelhaken and UN without the
initial vertical, both appear to have been used earlier and more frequently than previous studies have sug-
gested.48

43 Contra Konkordanz, I would not assign exemplar F (KUB 19.67+) of the Apology of Hattusili (CTH 81) to the category “sjh” or
IIIc. It appears to be IIIb.
44 Van den Hout 1989, 341 points out that KUB 5.1 makes the youngest impression of those tablets studied by him for the palae-
ography of Hattusili III texts. Orlamünde 2001 dates KUB 5.1 to the reign of Tudhaliya IV.
45 According to Frank Starke, the form of URU with the protruding central horizontal (HZL 229B) typical of Assyrian cuneiform,
was introduced at Boğazköy during the reign of Hattusili III (talk given by Frank Starke 6/01/06 at Concordia University in Mon-
treal). Table 1 here shows that this is at least to be dated to Muwatalli II, if not before.
46 Van den Hout 1989, 341 mentions the use of old AG in KUB 5.1, where it is restricted to the sign MÈ (= AG.ÉRIN).
47 The relevance of this tablet for dating has been questioned by Goedegebuure 2014, 10 fn. 4 due to the fact that there is no
guarantee that it dates to the reign of Hattusili III and could be a later copy. On the contrary I find it likely that this tablet with its
entirely unique shape for this period, is an original document and thus from his reign. The shape of the object makes it look like
a vague imitation of a land-donation, although it clearly contains historical text.
48 A gradual development toward a more frequent use of these IIIc signs rather than a sudden introduction is also the conclusion
of van den Hout (1989, 342). However, the data used in his study for texts from the time of Muwatalli II (CTH 76, 381 and 382) are
slight enough to be significantly skewed by the evidence of the Manapa-Tarhunda letter.

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330   M. Weeden

One tablet will certainly need more careful consideration during a final consideration of the dating of
the IIIc sign-forms, but is not necessarily of direct relevance to the palaeography of VAT 6692. KUB 18.2 is an
omen tablet mentioning Hukkana of Azzi and written in a clearly identifiable IIIc ductus. It consistently uses
the very late KI and DI, and the ḪA with one Winkelhaken. It also uses the later URU with an extended middle
horizontal, the DA and ID with an unbroken central horizontal and even the Ú with only two horizontals. If
Hukkana of Azzi in KUB 18.2 is to be associated with the Hukkana of Azzi and Hayasa who made a treaty with
Suppiluliuma I, it would appear that the introduction of these sign-forms is to be dated considerably earlier
than thus far countenanced, although the tablet remains a statistical outlier.49
I will not attempt here to broach the wider question of signs typical of the Boğazköy IIIc ductus occur-
ring in Akkadian language texts of Hattusili’s time and earlier.50 This is, however, surely of great importance
for consideration of the processes by which changes in the sign-inventory of Hattusan scribes occurred.51
Clearly, however, the existence of certain very late sign-forms in a tablet can no longer be used to diagnose
a time of inscription from the second half of the reign of Tudhaliya IV or later. Other factors, such as genre
and/or individual scribal experience and education will have played a role. An exploration of these factors
exceeds the remit of this essay.52

3 Spelling

Much work has been done of late on Hittite spelling conventions. Particular mention should be given to the
work of A. Kloekhorst and H. Marquardt.53 However, there is still a great deal that remains unclear and it is
useful for editions of Hittite texts to provide an exposition of spelling that takes into account these latest
developments. The following account refers to the attestations from the text documented in the glossary
compiled by J. Hazenbos.

1. Sumerograms and Akkadograms


Marquardt has recently proposed a framework for understanding logogram-use in Hittite texts.54 Through a
statistical analysis of Sumerographic and phonetic writings of the same words he comes to the conclusion
that two factors in particular influenced the choice of logograms over phonetic writings: variance in the
syllabic writing of the word, so that the logogram was used as an “Ausweichschreibung”, i.  e. a logographic
writing used in cases where there is considerable variation in the phonetic spellings of the same words, and
tachygraphy, i.  e. abbreviation. To what extent are the logograms, here restricted to Sumerograms, used in
KUB 14.3 as writings for words which have either a variable or a considerably longer syllabic writing? Here it
is necessary to consider only those words for which we know the syllabic form.55

49 Beal 2002, 32 fn. 93 has: Supp. I?/LNS; Klinger 1998, 106  f.


50 KBo 1.6, the Aleppo Treaty (Mursili II) writes consistent ḪA with one Winkelhaken, for example. It has recently (2008) been on
display in the British museum where I was able to confirm this. KBo 1.8 (Treaty with Bentešina – Hattušili III, collated in Berlin)
has late KI, ḪA, URU, but also a particular form of LU (HZL 210/15) similar to those frequently found in Hattusili documents (see
Table I). For an assessment of this tablet as basically being written in Boğazköy ductus with Syrian influence see Klinger 2003,246.
The writing of the Hittite nominative in an Akkadian-language text as Imu-wa-ta-al-li-iš may also betray that the scribe was Hittite
(Weeden 2011, 29; Devecchi 2012).
51 Cf. Beckman 1983, 107; Klinger 2003, 243  ff.; Weeden 2016.
52 See now Gordin 2015. Gordin also favours an earlier introduction of the IIIc repertoire.
53 Kloekhorst 2008; 2010; 2012; 2013; 2014; Marquardt 2011.
54 Marquardt 2011.
55 Marquardt (2011, 22) defines relative length of the logographic writing compared to the syllabic writing as follows: gleich
(equal), geringfügig kürzer (slightly shorter) where the logogram is one or two wedges shorter than the syllabic writing, wesentlich
kürzer (significantly shorter), where it is shorter by more than two wedges. Similarly he has three categories for booking the fluc-
tuations in spelling of syllabic writings: invariant (not varying), variant (varying), stark variant (sharply varying). In the following
table German is used for Marquardt’s categorisations, English is used in the table where the logogram does not belong to his
corpus or where there is disagreement.

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VI Palaeography, Handwriting and Spelling of VAT 6692   331

Sumerogram Hittite Length of Logogram Phon. Variation Meaning

dingir siu(n)- shorter Varying god


dù iya-mi gering. kürzer Variant do
é per/parn- longer Varying house
egir Appa longer56 Variant back
en isḫa- gering. kürzer variant lord

érinmeš tuzzi- shorter not varying army
gal salli- gering. kürzer/gleich variant big
gam katta(n) shorter Varying down/with
gim maḫḫan shorter Varying like, as
gìr pata- shorter Varying foot
Ḫul idālu- wes. kürzer57 stark variant bad
igi menaḫḫanda shorter varying opposite
inim memiya(n)- shorter/equal58 varying word
ka×u ais/issa- longer/equal59 variant mouth
karaš tuzzi- shorter not varying army
kaskal palsa- gleich variant road
lugal ḫassu- gering. kürzer not varying?60 king
munus.lugal *ḫassusara- shorter —61 queen
nam.ra arnuwala- shorter not varying?62 deportee
sag.du ḫarsana- gering. kürzer variant head
si×sá ḫandai- wes. kürzer stark variant prepare
sig5 assu- gering. kürzer variant good
šà istarni= shorter not varying in the middle
šeš negna- shorter —63 brother
tuku.tuku-ess- kartimmiyess- wes. kürzer stark variant be angry
un antuḫsa- sig. shorter64 sharply varying65 person
zag irḫa- equal varying border
zi istanzan- wes. Kürzer Variant soul, sense

Applying Marquardt’s categories to the Sumerograms with known Hittite correspondents in KUB 14.3 appears
to confirm his analysis in most cases. 23 logographic writings are shorter than the syllabic writing, while only
two are longer. 21 are varying or sharply varying in the spelling of their syllabic forms, whereas only five are
not varying.

56 Marquardt 2011, 41 books EGIR(-pa) as “geringfügig kürzer” than the phonetic writing (a)-ap(-pa) and related writings. With 8
wedges needed to write a-ap-, and 11 needed to write EGIR, this cannot be the case, not even taking into account those writings
such as ap-pé-ez-zi-iš as opposed to EGIR-ez-zi-iš.
57 Marquardt 2011, 58 books ḪUL as “wesentlich kürzer” than i-da(-lu). The difference is between 8 wedges (HUL) and at least 10
wedges i-da(-), increasing to 13 wedges with the frequent spelling i-da-a-(lu).
58 This depends on whether the sign is representing memiya(n)- or uttar.
59 Marquardt 2011, 62 has KA×U (8 wedges) as “geringfügig kürzer” than the phonetic writings a-i(-iš), is-ša-/še-/ši-. This applies
only in the case of stem-forms beginning iš-ša- (11 wedges).
60 Marquardt (2011, 71) does not comment on variance in the spelling of the stem of this noun, as it is hardly ever attested in
syllabic writing. The three spellings (four attestations, one of which questionable) collected by Kloekhorst (2008, 327) are identical
in the first three signs and only differ in a manner one might expect from a u-stem: ḫa-aš-šu-u-ú-i vs ḫa-aš-šu-w[a-aš].
61 The five attestations collected at HW2 A 338-9 are identical in spelling ar-nu-wa-la-. This is admittedly hardly enough for a
characterization of spelling conventions.
62 Not attested in a syllabic writing. HW2 Ḫ 457.
63 Only one syllabic writing: CHD L-N, 434–436.
64 Marquardt (2011, 103) has UNMEŠ (11–12 wedges) as “geringfügig kürzer” than syllabic writings of the abstract antuḫsatar, an-
tuḫsannas, and ergative antuḫsannanz. The syllabic elements an-tu-uḫ- alone have 13–14 wedges, so the logogram is possibly to be
classified as “wesentlich kürzer” using Marquardt’s system. UN is certainly a significantly shorter writing than antuḫsa- “person”.
65 This designation applies particularly if one includes the stem-form antuwaḫḫa- as one of the possible realisations of UN.

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332   M. Weeden

J. Hazenbos points out to the author that very few nouns are written phonetically in this text: wa-a-tar,
wa-aš-túl, ut-tar, up-pé-eš-šar, lútu-uḫ-kán-ti-in, ne-pí-š[a-, me-mi-aš and related case-forms (×17), le-en-ga-uš,
ar-ku-wa-ar. These nine are by contrast to 37 nouns written with a Sumerogram (63 %) and twelve nouns
written with Akkadograms.66 It is also notable that only three common gender nouns are written phoneti-
cally. A slightly higher proportion of nouns is also written Sumerographically in exemplar A of the Apology
of Hattusili III, some 58 %. This particularly high incidence of Sumerographic writings among the category
noun, more than four times the number of nouns written phonetically, is doubtless a reflex of scribal idiosyn-
crasy. When combined with the above observations concerning the tachygraphic corollaries of logographic
writing it is a tendency that can be usefully compared with the general development towards a more eco-
nomic style of cuneiform writing at Hattusa during the 13th century BC.67
Only three verbs are written with Sumerograms in this text: dù-zi (×1 compared to four phonetic writings
of iya- “do”), géšpu-aḫ-ta, tuku.tuku-eš-zi. By contrast 58 Hittite verbs (not including Glossenkeilwörter) are
written phonetically and eight using Akkadograms. These figures are roughly comparable to the proportions
found in exemplars of the Apology of Hattusili III (CTH 81).68 It is perhaps of interest that the logogram ME
is not used at all here for dā- “to take” and dai- “to put”, which begins to appear in texts of the reign of Hat-
tusili III, although not across the board.69
Nouns that are written both phonetically and with Akkadograms and/or Sumerograms are uttar, memiya-
as inim(meš) and a-wa-temeš, peda- with aš-ra, if that is in fact the correct reading in that case. The adjective
salli-, “big”, is written phonetically once (ii 74), all other times being represented by the Sumerogram gal.
Verbs that are written both phonetically and with Akkadograms within this text are istamassun with aš-me,
istamasta with iš-me (cf. iš-ta-ma-aš-mi and related forms), ak-šu-ud for wemiyanun, if this is the correct
reading in this case (cf. ú-e-mi-ia-mi, ú-e-mi-ia-at). The present tense of pai- “to give” is written phonetically,
the 1st sg. preterite on the other hand Akkadographically: ad-din. The verb epp- “to seize” is written pho-
netically in the 2nd sg. imperative, but Akkadographically in the 1st sg. preterite. The various forms of šapāru
“to send, write” are usually employed in the sense of ḫatrāi- “to write”, which is written phonetically in two
cases.70 It is possible that at least one attestation of šu-[pur] (iii 10) may stand for another verb meaning
“send” (e.  g. uiya-). The tendency to write preterites with Akkadograms and present tense forms phonetically
is observable elsewhere in New Hittite Texts and may also be a tachygraphic phenomenon: Prt. iprus vs Prs.
iparras.
The writing of the Akkadographic possessive pronoun as -šu after genitives and vowels, -zu after Akka-
dian dental consonants, is entirely regular by the standards of Akkadian phonotactics. In declension by con-
trast the accusative sg. is attested as be-lu (see also lútar-te-e-nu) with the u-ending, as frequently in New
Hittite texts, but the accusative plural as be-lumeš, which in turn suggests a logographic use of the grapheme.
The ‘correct’ Akkadographic accusative sg. is attested for lugal-ut-ta and en-ut-ta which is otherwise
usual with abstract nouns. The otherwise widespread but anomalous Akkadographic plural marker on mas-
culine nouns -ti(m) does not occur.71
The occasional writing of the negative natta as ul as opposed to ú-ul is regular in texts of this period.72

66 Contrast roughly the combined manuscripts of the Apology of Hattusili III (CTH 81) which have in total some 34 phonetic
writings of nouns as opposed to 64 Sumerograms and eighteen Akkadograms used to write nouns. The textus receptus of the
Apology of Hattusili (Otten 1981) has 324 lines, and is thus slightly larger than KUB 14.3 with its 276 lines. More specifically KUB 1.1
(exemplar A of the Apology) has 61 nouns written with Sumerograms, 16 with Akkadograms and 27 written phonetically.
67 Kühne 1988, 231 fn. 137.
68 Five verbs are written sumerographically in CTH 81: bal (×2 exemplar. A) dù (×8, of which 4 in exemplar A, contrast 11 phonetic
writings of iya- “do” in exemplar A), gul-aḫḫ- (exemplar. B), ìr-aḫḫ- (×2 exemplar A, ×1 exemplar E), sig 5-aḫḫ- (×1 exemplar. A =
exemplar B).
69 Weeden 2011, 308–9.
70 For the distinction see HW2 Ḫ 523 and discussion at Weeden 2011, 356.
71 Worthington 2012, 287 suggests that -TIM is sometimes used in Akkadian texts to indicate a logographic writing. For a similar
explanation for Hittite see Friedrich 1960, 174. Contrast the explanation of the use of -tim in Hittite logograms, whether Sumero-
grams or Akkadograms, via analogy from the Akkadian adjectival plural espoused at Weeden 2011, 346.
72 Christiansen 2006, 75; Weeden 2011, 37.

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VI Palaeography, Handwriting and Spelling of VAT 6692   333

2. Determinatives
The professional determinative LÚ is omitted in the forms mu-nab-tu4, mu-nab-ti but written in the two
other attestations of this writing. The determinative URU is omitted in the following writings: kur Aḫ-ḫi-ia-
wa-a (vs kur uru Aḫ-ḫi-ia-wa-a), kur Ḫa-at-ti (vs uruHa-at-ti), kur Hat-ti (×4 vs kur uruḪat-ti ×3), kur Kar-ki-ia,
kur Ma-a-ša, kur Mi-il5-la-wa-an-da (vs uruMi-il5-la-wa-an-da).

3. CVC-signs
The use of CVC-signs in KUB 14.3 is entirely regular, using 25 CVC-signs in total.73 The following 15 signs
are found in Hittite words, phonetic complements and particles: BAD (-pát, a-pád-da, all forms of the verb
piddaiesk-), DAG (ták-ki-iš-ša-an-zi, ták-šu-la-u-en, nu-wa-ták-kán, kaskal-ši-ma-wa-ták-kán), GAB (kap-pu-
u-wa-it), GAN (-kán, lútu-uḫ-kán-ti-in, ak-kán-×, iš-ta-ma-aš-kán-du, píd-da-iš-kán-zi), ḪAR (all forms of ḫark-
“have” and ḫarganu- “destroy”, the proper name mLa-ḫur-zi<-iš>, e-eš-ḫar), KAR (kar-ga-ra-an-ti), KIR (iš-ta-
ma-aš-ker, píd-da-eš-ker), KIŠ (kiš-an as well as ki-iš-ša-an), MAR (mar-le-eš-ša-an-za), NAM (nam-ma), TAR
(all forms of tarnai-, ut-tar, wa-a-tar, unmeš -tar, wa-tar-na-aḫ-ḫu-un), SAL (šal-li), SAR (šar-ku-uš, up-pé-eš-
šar, ša-ku-wa-šar), TÚL (wa-aš-túl).
Of the above the following three also occur in Akkadograms and place-names: KAR (lúkar-tap-pu, kur
Kar-ki-ia), SAL (uruŠal-la-pa), TAR (lútar-te-nu). Another 7 are restricted to Akkadograms and place-names
in this text: DIN (ad-din), ḪAT (kur uruḪat-ti, alongside two cases of Ḫa-at-ti), BUR (aš-pur), NAB (lúmu-
nab-tu4), ŠUM (aš-šum), TAM (qa-tam-ma), TAB (lútap-pí ).

4. Abbreviation
There is one abbreviation of a Hittite word of the type frequently found in oracle inquiries on late manu-
scripts: pé-an vs pé-ra-an.74 The non-oracular attestations collected by the Chicago Hittite Dictionary apart
from this one are also all late. The following can be assigned to reigns on the basis of prosopography or
historical context:7575
KUB 26.43(+) — land grant — CTH 225.A — Tudh. IV
KUB 54.1(+) — legal statement? — CTH 389.1 — Hatt. III75
KUB 15.23 — dream — CTH 584.4 — Hatt. III/Tudh. IV
KUB 15.18 — vow — CTH 590 — Hatt. III/Tudh. IV
KUB 15.20 — vow — CTH 590 — Hatt. III/Tudh. IV
KUB 15.22 — vow — CTH 590 — Hatt. III

It thus does not appear on the basis of the available data that there are any independently datable tablets
earlier than Hattusili III which use this abbreviation. It is unclear whether the Akaddographic writing lúḪ a-
-nu can be regarded as an abbreviation for lúḪ a-<ta>-nu.

5. Empty vowels
ša-an-aḫ-mi (contrast ša-an-ḫe-eš-ki-ši) for /sanḫmi/. The writing is attested only in New Script texts.76
Kloekhorst also maintains that linganunun represents /linknunun/ and asisanumi represents /ʔsɨsnumi/,77
although there are no consequences for dating that can be derived from this.

73 For the 84 available CVC-signs, although many of them are rare, see Rüster and Neu 1989, 379–382.
74 See CHD P 293 for attestations apart from in oracle texts. All of the texts not datable by prosopography or historical context
have late sign-forms; KUB 46.45 has late ḪA and KI. KUB 39.54 is Late New Script (Miller 2012), as is IBoT 3.1 (Torri 2015, 293–294).
A parallel to the last mentioned tablet (KUB 34.69+70) has some late signs (e.  g. SAR).
75 See Archi and Klengel 1985; Marazzi 2015, 135 with further literature. The dating to Hattusili III or later is on the basis of the
prosopography. For the categorisation as a legal text see Glocker 2011, 270.
76 CHD Š/1, 162: KUB 21.23, 5’ (mentions Urhi-[Teššob]); KBo 23.113 is marked as s(pät)j(ung)hethitisch in S. Košak’s Konkordanz,
and contains a reference to Tarhuntassa.
77 Kloekhorst 2008, 219, 527. For limited criticism of the over-use of the empty-vowel as an explanation see Weeden 2011b, 68.

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6. -a/-ia
The connective -ia is used regularly after words ending in a vowel and after logograms: ke-e-da-ni-i[a-], šeš-
ia-ia, egir-pa-ia-wa-at-ta, ke-e-ia, é-tum-ia. In the following logographic writings we may expect an under-
lying vowel at the end of the word: a-na šeš-ka-ia-aš-kán (dat. sg.), šeš-ia-ia-an-za-an (voc.). In two cases it
is unclear whether a vowel or consonant came before the connective: dingir-lim-ia-at, šeš-ia-⸢ia⸣-an.

7. i/e — The writing of the sounds /i/ and /e/.


There has been some debate about whether Hittite actually distinguished the phonemes /i/ and /e/. The
latest study suggests that it did, and that there was additionally an indeterminate phoneme /ɨ/.78 Hittite
cuneiform has some CV and VC signs which can alternate between a vocalisation with /i/ and /e/ (ki/e, di/e,
pí/pé, li/e), others which do not usually do so.
7.1 Writing of /i/ where writings with /e/ also occur in the paradigm: a-ši-ša-nu-mi, ták-ki-iš-ša-an-zi,
tar-ni-iš-ke-ez-zi. A. Kloekhorst regards the /i/ in all of these as a writing for an indeterminate vowel /ɨ/ that
can be written either with /e/ or /i/ vowels. In the case of takkisanzi this is supposed to be anaptyctic vowel
while the writing of the former also represents this same indeterminate vowel, although this time the vowel
is supposed to be grammatically conditioned.79 The form asisanumi is only written with the vowel /i/ in the
two forms in which it is attested, whereas other forms of the verb are written asesanu-.80
7.2. Alternation of /i/ and /e/ in the same root: nominal le-en-ga-uš vs verbal li-in-ga-nu-nu-un, li-in-ku-un,
li-in-ki. According to Kloekhorst’s analysis the forms in /i/ would be older forms, while the form lengaus
would appear to represent a lowering of the /i/-vowel before /n/ that starts in later Hittite texts.81 If this is the
correct analysis, it seems odd that so many allegedly older forms are preserved in the text.
7.3. Writings with /i/: me-mi-iš-ta, me-mi-iš-ke-ez-zi, me-mi-iš-ke-et, ti-iš-ke-ez-zi, ti-iš-ke-et, lútu-uḫ-kán-
ti-in, an-na-ú-li-iš, an-na-wa-li-iš, me-ek-ki-iš, a-pé-e-ni-iš-šu-u-an-za, ki-iš-ta-ti, ki-iš-ša-an, li-in-ku-un, li-in-ki,
li-in-ga-nu-nu-un, li-in-ga-nu-nu-un, ti-it-ta-nu-ut, zi-ik-, EGIR-ez-zi-iš, whereas ták-ki-iš-ša-an-zi and tar-ni-iš-
ke-ez-zi may represent /ɨ/ (see above). There are no writings in this document of the stem-vowel of the i-stem
nouns with /e/.
7.4. Writings with /e/ where /i/ might otherwise be expected: pé-e-de-eš-ši, pé-de-eš-ši; ša-an-ḫe-eš-ke-ši;
wa-al-ḫe-eš-ke-ez-zi, na-aḫ-ḫe-eš-ke-mi. The writing pede=ssi has a parallel in KUB 13.4 iv 75 (pe-de-eš-ši-wa),
which although stemming from an older manuscript tradition has several late palaeographic features (late
LI, HA, DA, ID). sanḫeskesi (with the clear spelling -esk-) occurs in the oracle tablets KUB 50.89 iii 6 and KUB
16.77 iii 6 and 8, both of which use the logogram ME (= dā-, dāi-). All indications are that the logogram ME
only starts to be used in the reign of Hattusili III.82 As noted above, KUB 14.3 does not use ME as a logogram.
There is no way to tell if the other tablets sanḫeskesi occurs in could be earlier or later than his reign.83
7.5. On the other hand, a writing of /e/ as Ci-eC is only attested once: u-un-ni-eš-ta, which one can equally
well transliterate u-un-né-eš-ta, apart from in writings of place-names (e.  g. Millawanda).

8. Diphthongs
/ai/ pé-eš-ši-ia-iz-zi, píd-da-iš-kán-zi, píd-da-eš-ker, 𒑱pa-ši-ḫa-a-id-da, da-a-i, tar-na-i, ḫa-at-ra-a-i, kap-pu-u-
wa-it, me-ma-i, pa-a-i-mi, pa-i-mi, pa-iz-zi, pa-it, pa-a-i, 𒀹 ú-ša-a-i-ḫa; /au/ le-en-ga-uš.

9. Plene-writings
9.1. Plene-writing of /a/: a-pa-a-aš, a-pa-a-at (×4 contrast one questionable case of a-pa-at), ḫa-at-ra-a-mi,
ḫa-at-ra-a-i, ka-a, ka-a-aš, ka-a-ri, ka-a-ša, ka-a-aš-ma, ma-la-a-ši, ma-a-an (modal particle) and -ma-a-n°

78 Kloekhorst 2008.
79 Kloekhorst 2008, 219, 814.
80 HW2 A 395 records only KUB 48.93, 6 (NS) apart from this example.
81 Kloekhorst 2008, 527.
82 Weeden 2011a.
83 CHD P 163.

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VI Palaeography, Handwriting and Spelling of VAT 6692   335

vs ma-an, -ma-n°, ma-a-an “if”, pa-a-i-mi (×1, vs pa-i-mi ×1), pa-a-u-un, pa-a-i, pa-ra-a, ša-ra-a, da-a, da-a-i,
da-a-ú, da-a-ri-ia-nu-zi, wa-a-tar, 𒑱 pa-ši-ḫa-a-ti, 𒑱 pa-ši-ḫa-a-id-da, 𒀹 ú-ša-a-i-ḫa
The plene-writing in all of these cases is entirely regular, or they are hapax legomena. ma-la-a-ši is shared
by the letter of Puduhepa KUB 21.38 obv. 9, although rev. 4 of the same tablet spells ma-la-ši.84 The alternation
between the spellings man and mān for the modal particle is excluded from the most recent discussion of the
plene-spelling of /a/ in monosyllables on the grounds that it is not easily distinguished from the conjunction
mān “if”.85 See, however, ommentary mān in ii 16, where the plene-writing of irrealis man is attested in a
number of texts dated to the time of Hattusili III. The spellings pa-a-i-mi and pa-i-mi seem to be equally dis-
tributed throughout the history of Hittite.86 For pa-a-u-un see below. The spelling da-a-ri-ia-nu-zi appears to
be unusual, given forms of dariyanu- otherwise attested appear not to have a plene-writing.87
9.2 Initial plene-writing of /a/: a-a-ra
9.3. Plene-writing of U vs Ú: a-pu-u-un, ḫu-u-ia-zi, ḫu-u-ma-an, pa-a-u-un, u-un-ni-eš-ta, ka-ru-ú, ú-uk (×4).
The distinction between the writings with U and Ú corresponds to what is observed elsewhere for these
lexemes, and has been interpreted as indicating a distinction between phonemic /o/ and /u/ respectively.88
The writing pa-a-u-un has been taken to be a late development to phonetic /pā́on/ from earlier /pā́un/, where
relatively rare attestations of the writing pa-a-u-un are compared with some 150 examples of the spelling
pa-a-un.89
9.4. Plene-writing of /e/: a-pé-e-el (×1) vs a-pé-el (×1) and a-pé-el-l° (×1), a-pé-e-da-ni, a-pé-e-ni-iš-šu-u-
an-za, ke-e-el, ke-e-da-ni, ke-e, ke-e-da-aš, le-e, pé-e-ḫu-te (contrast pé-ḫu-te-ez-zi), pé-e-de-eš-ši (×1, contrast
pé-di-ši ×2, pé-di ×3), da-me-e-da-ni (×1 vs da-me-da-za ×1), tu-e-el (×2 vs tu-el ×2).
The alternation between writings with apēl and those with apel is quite regular, where the form apel
has been argued to be phonologically regular, with apēl having come under the influence of kēl, where the
plene-writing is supposed to be regular.90 Presumably this, if correct, would also be the explanation for the
two examples of tuel as opposed to tuēl.91 pedi seems to be the more regular spelling in New Hittite tablets as
opposed to pēdi, which is found more frequently in older tablets.92
9.5. Initial plene-writing of /e/: e-ep, e-eš-ta, e-eš, e-eš-du, e-eš-ḫar
9.6. Plene-writing of /i/: ki-i, i-it, ti-i-ia

10. U vs Ú: ú-ki-la, u-i-ia-mi (and all forms of uya- “send”), u-un-ni-eš-ta, ú-da-aš, ú-e-mi-ia-mi, 𒀹 ú-ša-a-i-ḫa
10.1. Glide: /wa/ expressed through -wa-: ar-ku-wa-ar, ú-wa-mi, ú-wa-nu-un, ú-wa-te-ez-zi (and all forms of
uwate- “bring”), wa-al-ḫe-eš-ke-ez-zi, wa-ar-nu-ut, wa-ar-ši-ia-zi, wa-aš-túl, wa-a-tar, wa-tar-na-aḫ-ḫu-un,
ku-wa-pí, ku-wa-at, ku-wa-at-ka4, ša-ku-wa-šar, ša-ku-wa-aš-ša-ri,
Cu-u-VC a-pé-e-ni-šu-u-an-za, e-šu-u-en,
Cu-u-wa- ar-pu-u-wa-an, kap-pu-u-wa-it, nu-u-wa
/we/, /wi/ expressed through Cu-e-(VC/CV): ar-nu-e-er, ku-e-da-ni, ku-iš, ku-it, ku-e, ku-e-da-aš, ku-iš-ki,
ku-in-ki, ku-it-ki, ku-it-ma-n°
ú-VC: ú-ez-zi, ú-et
ú-V-CV ú-e-mi-ia-mi, ú-e-mi-ia-at
Ca-u-eC: ták-šu-la-u-en

84 CHD L-N 126.


85 Kloekhorst 2014, 321 fn. 1253.
86 CHD P 20; pa-a-i-mi is not discussed at Kloekhorst 2014, 279, where it is assumed that the stem was “in principle” pai- rather
than pāi-.
87 da-ri-ia-nu-un KUB 7.60 iii 13’. See Tischler 1991, 171.
88 Kloekhorst 2008, 35–60.
89 Kloekhorst 2014, 396 fn. 1550. Of the tablets cited by Kloekhorst showing the writing pa-a-u-un at least two (KBo 4.7+, KUB
19.37) could theoretically be as early as Mursili II, so the writing is not of any help in narrowing down the date of KUB 14.3 within
the available possibilities.
90 Kloekhorst 2014, 33.
91 tuel vs tuēl is not discussed by Kloekhorst, but a similar explanation is given by him for sumēl (Kloekhorst 2014, 74).
92 Kloekhorst 2014, 230.

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336   M. Weeden

10.2. -/ya/- expressed through Ci-ia-: a-pí-ia, ḫa-an-ti-ia-zi, ḫu-ul-li-ia-nu-un, all forms of iya- A. “do” and
iya- M. “go”, me-mi-ia-ni, pa-ri-ia-an, pé-eš-ši-ia-iz-zi, ši-ia-an-ta-×, šu-ul-li-ia-zi, da-li-ia-mi, da-li-ia-zi, da-li-
ia-nu-un, ta-pa-ri-ia, da-a-ri-ia-nu-zi, ti-ia-zi, ti-ia-nu-un, ti-ia-at, wa-ar-ši-ia-zi, ú-e-mi-ia-mi, ú-e-mi-ia-at,
za-aḫ-ḫi-ia, 𒀹 za-ar-ši-ia-aš, 𒀹 za-ar-ši-ia-an, 𒀹 za-ar-ši-ia
10.3. Ci-i-ia: ti-i-ia, V-i-ia-, u-i-ia-mi, u-i-ia-nu-un, u-i-ia-at, u-i-ia
10.4. Ci-a°: me-mi-aš, me-mi-an (but note me-mi-ia-ni), ku-ru-ri-aḫ-ḫu-u-e-en
10.5. -/ya/- written CV-V-ia- ḫu-u-ia-zi
10.6. An alternation -u-/-wa- is to be observed in an-na-ú-li-iš (nom. sg.), an-na-ú-li-ia-aš (gen. sg.), an-na-
wa-li-iš (nom. sg.)
10.7. Alternation -i-/-iya-: me-mi-ni vs me-mi-ia-ni

11. Stops
11.1 ka4: ku-wa-at-ka4, ma-an-ka4, uruLu-uk-ka4-a
11.2 alternation of /g/ and /k/ in the same root: ḫar-ga-nu-un, ḫar-ga-nu-ut, ḫar-ku-un; li-in-ga-nu-
nu-un, le-en-ga-uš, li-in-ki, li-in-ku-un. The syllables with /k/ are thus written before the front-vowels /i/ and
/u/, whereas the back-vowel /a/ is associated with the syllable beginning in /g/. Possibly this is done for
tachygraphic reasons (GA is a smaller sign than KA), but the sign QA (= ka4) would have been more appropri-
ate to use in this case.93 In the case of /ku/ a contrastive writing with [GU is not expected, as the sign GU is
hardly ever used in Hittite.
11.3 The writing of double consonantal -kk- is used in 5 lexemes and twice when the particle -kan is
added to a clitic chain postvocalically after the enclitic pronoun -ta: ak-kán-×[, nu-wa-ták-kán, KASKAL-ši-
ma-wa-ták-kán, me-ek-ki-iš, me-ek-ki (×3), ták-ki-iš-ša-an-zi, am-mu-uk-k° (×3), ú-uk-k°, zi-ik-k°. In 29 other
cases where the particle -kan is added to an enclitic chain post-vocalically it is not doubled,94 as is also the
case when it is added after logographic or heterographic writings, using what is likely to be a simplified
writing for -kan.95
11.4 On the other hand there are two cases of lexemes being written with a single -k-: ú-ki-la, ša-ku-wa-šar
(and ša-ku-wa-aš-ša-ri). These correspond to the regular distribution.96
11.5 There is no case of -Vg-gV- and also no single case of -Vg- or -gV- being used intervocalically apart
from in the name Tawagalawa. In fact -gV- is only otherwise used after /n/ and /r/: [ḫar-g]a-nu-ut; ḫar-g[a-
nu-un]; li-in-ga-nu-nu-un; le-en-ga-uš; kar-ga-ra-an-ti. It is possible that there is a phonetic explanation for
this.
11.6 da = tá: te-pa-u[a-a]ḫ-da vs GÉŠPU-aḫ-ta: 𒑱 pa-ši-ḫa-a-id-da; ta = dá am-me-ta-za vs da-me-da-za;
alternation of /d/ and /t/ from formations derived from the same root: ḫa-an-da-aš, ḫa-an-ti, ḫa-an-ti-ia-zi;97
te-eḫ-ḫi, te-ḫi, da-a-ú, da-a-i. However, all of these are entirely regular and consistent within the paradigms
of the relevant lexemes. The alternation may support a distribution T+front-vowel, D+back-vowel, but this is
not consistent.
11.7 -tt- vs -dd- appear to be morpheme-bound: i-ia-at-ta-ri vs iš-ta-ma-aš-ke-ed-du, ú-wa-te-ed-du, as
indeed [d] is written in the imperatives e-eš-du, pé-eš-du.
-d- vs -dd- occur in similar phonetic environments, possibly indicating a difference in pronunciation that
also differentiates meaning: pé-di, pé-e-di-e°, pé-di-e°, vs píd-da-iš-kán-zi, píd-da-eš-ker.
11.8 Single and double writings of /p/ are kept strictly separate. There are no cases of alternation within
the same root or morpheme between the two.

93 This account would be contradicted by Kloekhorst’s reading of linganunun as phonetic /linknunun/ (see above). For writing
with QA see KBo 4.14 ii 47 (Supp. II); KUB 5.4 i 52 (NH); KUB 4.88 iv 10 (Hatt. III?). CHD LN 69.
94 Hoffner/Melchert, GrHL 12 fn. 13.
95 Kloekhorst 2008, 432–433.
96 ukila: Kloekhorst 2008, 113 fn. 237.
97 ḫantiya- is supposed to be a new formation of the time of Hattusili III at HW2 191.
12. Continuants
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VI Palaeography, Handwriting and Spelling of VAT 6692   337

12.1 Single vs double writing of /ḫ/: te-ḫi vs te-eḫ-ḫi


12.2 Double writing of /m/ vs single writing: me-ma-aš (×3) vs me-em-ma-aš (×1)
12.3 Single writing of 3rd sg. prs. -zi after vowel: ḫa-an-ti-ia-zi, ḫu-u-ia-zi, šu-ul-li-ia-zi, da-li-ia-zi, da-a-
ri-ia-nu-zi, wa-ar-ši-ia-zi vs me-mi-iš-ke-ez-zi, pé-ḫu-te-ez-zi, pé-eš-ši-ia-iz-zi, tar-ni-iš-ke-ez-zi, ti-iš-ke-ez-zi,
wa-al-ḫe-eš-ke-ez-zi. All the single writings of /z/ thus appear after /a/ and /u/, while all the double writings
occur after /e/ or /ai/.
12.4 Double versus single writing of -š- is observed in: a-pé-e-ni-iš-šu-u-an-za vs a-pé-e-ni-šu-u-an-za,
ki-iš-ša-an vs kiš-an, ša-ku-wa-šar vs ša-ku-wa-aš-ša-ri
In two of these cases a CVC-sign is involved, which may indicate a simplified writing. The writing with
ŠAR for sakuwasar is attested in later texts, from the reigns of Tudhaliya IV and Suppiluliuma II.98 The writing
of kissan as kiš-an is particularly associated with later tablets.99 The /s/ in the D.-L. 3rd sg. personal pronoun is
usually written doubled after a vowel (×19), as is regular, except in the case of iii 60 ma-a-an-ma-ši-ia-at-kán.
The sibilant of the D.-L. 3rd sg. poss. pronoun is written singly after a vowel twice in the same word pé-di-ši
vs pé-e-di-eš-ši (1×).
12.5 The sign ŠÚ used to write a Hittite word phonetially occurs only once: pu-nu-šú-un. This has also
been thought to be a late phenomenon, compare e-šú-un in KUB 26.32+ i 10 (Suppiluliuma II) and due to
“Assyrian” influence.100

Concluding remarks
The above phenomena thus appear to fit patterns that are more frequent in later manuscripts of the thir-
teenth century than they are in earlier ones. As do the palaeographical observations, conclusions derived
from these data tend to support the conclusion that the manuscript VAT 6692 was written during the reign of
Hattusili III rather than during that of Muwatalli II.

98 Kühne and Otten 1971b, 36–37; CHD Š/1 61.


99 Hoffner 1973b, 85–86; Kühne 1988, 232 fn. 139; Gordin 2015, 305 fn. 1254.
100 Kühne 1988, 232 fn. 138.

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S. Heinhold-Krahmer
VIII Zur Datierung von VAT 6692 in die Regierungszeit
von Ḫattušili III. (ca. 1265–1237)

1 Ein Überblick über die Datierungsgeschichte des „Tawagalawa-Briefes“ von 1924


bis in die neuere Zeit1

Bereits in den beiden ersten Bearbeitungen des „Tawagalawa-Briefes“ von Forrer (1929, 98–105) und Sommer
(1932, 33–36) wurde keine Einigkeit über die Datierung des Dokuments erzielt; Obgleich der Name des hethi-
tischen Großkönigs und Autors des Textes in der erhaltenen, wahrscheinlich dritten Tafel des ursprüng-
lich umfangreichen Schriftstücks nicht vorkommt, ordnete sie Forrer schon bei der Ankündigung seiner sog.
Griechenhypothese 19242 und auch später, z.  B. in der Edition des Textes,3 ohne Bedenken der Ära Muršilis II.
im späten 14. Jh. zu. Als Begründung für diese Datierung gab er u.  a. inhaltliche Parallelen mit den Annalen
dieses hethitischen Herrschers an.4 Anfänglich hatte er sogar behauptet, dass der Text zu den Annalen
Muršilis gehörte; s. oben Kapitel I Einleitung, S. 8. Die im „Tawagalawa-Brief“ geschilderten Ereignisse ver-
suchte er sogar auf das 12. Regierungsjahr dieses Herrschers festzulegen. Ziemlich kritiklos schlossen sich
seiner Datierung nicht nur viele Historiker an, sondern erstaunlicherweise auch zwei Hethitologen, die Forrer
ansonsten – insbesondere wegen seiner Griechenhypothese – sehr heftig kritisierten, nämlich Friedrich5 und
Goetze6; s. dagegen schon Sturtevants berechtigten Einwand, er finde keinerlei Hinweis auf Muršilis Auto-
renschaft.7
Aufgrund des damaligen Forschungsstandes in der Frühphase der Hethitologie betonte dann Sommer
1932 in seiner Edition (AU 36) zu Recht, dass eine „engere zeitliche Begrenzung“ für den Text einstweilen
nicht zu erzielen sei. Für ihn kam auch Muršilis Sohn und Nachfolger Muwatalli (II.) als Verfasser in Betracht,
für dessen Autorenschaft bereits ein Jahr nach dieser Edition von VAT 6692 der französische Historiker Cavai-
gnac8 eintrat. Sommer wies zudem, allerdings nur in einer Anmerkung (AU 36 Anm. 1), auf die Möglichkeit
hin, dass man auch an Ḫattušili III., den jüngsten Sohn Muršilis, „als Briefschreiber“ denken könnte.
Erst kurz bevor die heftige Kontroverse für und gegen ein griechisches Aḫḫiyawa 1937 nach Sommers
letztem ausführlichen und sehr kritischen Beitrag zum Thema mit dem Titel „Aḫḫijavā und kein Ende“ zum
Stillstand gelangt war (s. Kapitel I.1 Einleitung, S.  14), erschien Güterbocks kurzer Artikel „Neue Aḫḫija­
vā-Texte“, in dem er auch auf die Frage der Datierung des „Tawagalawa-Briefes“ einging.9 Ein damals noch
unveröffentlichtes Fragment, Bo 6447 (später ediert in KUB 48.80), das Piyamaradu (Z. 2′) erwähnt, bot nach
Güterbock (1936, 326  f.) einen Hinweis darauf, dass die antihethitischen Aktivitäten dieses hauptsächlich aus
dem „Tawagalawa-Brief“ bekannten Mannes wahrscheinlich bis in die Regierungszeit Ḫattušilis reichten. In
Zeile 11′ des Fragments wird nämlich die persönliche Schutzgottheit von Ḫattušili III., die Ištar von Šamuḫa,
genannt. Zwar wollte er nicht völlig ausschließen, dass sich die im „Tawagalawa-Brief“ geschilderte Piyama-
radu-Affäre bereits unter Muwatalli II. zugetragen haben könnte, doch tendierte er eher dazu, dass dessen
jüngerer Bruder und zweiter Nachfolger (nach der Vertreibung von Muwatallis Sohn Urḫi-Teššup [Muršili III.]

1 Ein ausführlicherer Beitrag zur Datierungsgeschichte des Textes findet sich in Heinhold-Krahmer 2010c, 191–213.
2 Forrer 1924a, 113  f. u. 1924b, 7–11.
3 Forrer 1929, 98.
4 Dazu Heinhold-Krahmer 2010c, 194.
5 Friedrich 1926, 129; 1927, 97 u. 1931, 223.
6 In seinen knappen historischen Abriss über das Hethiterreich nahm Goetze (1928) den „Tawagalawa-Brief“ auf und behandelte
ihn in dem Abschnitt, der über die Zeit des Königs „Murschilisch“ handelte (1928, 35). Er bezeichnete den Text fälschlich als „eine
Verhandlung mit Tawakalawasch“. Den Text kannte er bereits seit dem Frühjahr 1925, da er im März und April 1925 im Berliner
Museum Einsicht in die Originaltafel genommen hatte und dabei gleichzeitig die Autographie für seinen Editionsband KUB 14
(erschienen 1927) anfertigen konnte; s. Goetzes Vorwort zu KUB 14.
7 Sturtevant 1928, 218.
8 Zu Cavaignacs Argumentation (1933, 100–104) s. Heinhold-Krahmer 2010c, 194  f.
9 Güterbock 1936, 322 u. 326  f.

https://doi.org/10.1515/9783110581164-008
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VIII Zur Datierung von VAT 6692 in die Regierungszeit von Ḫattušili III. (ca. 1265–1237)    367

vom großköniglichen Thron) der Autor des „Tawagalawa-Briefes“ war. Zustimmend zu Güterbocks Ausfüh-
rungen äußerte sich zwar in den 1970er Jahren Houwink ten Cate10, dem sich Jewell11 anschloss. Schließ-
lich pflichtete 1980 auch Košak12 Güterbocks Datierung bei, da ihm Ḫattušili III. wegen der Erwähnung des
Kurunta die beste Option für eine zeitliche Einordnung des Textes zu sein schien. Allerdings fand diese Datie-
rung zunächst weiterhin ziemlich wenig Beachtung in der Fachliteratur. Nach wie vor kamen für die meisten
Forscher nur Muršili II. oder Muwatalli II. als Autoren von VAT 6692 in Betracht.
Ab 1983 jedoch vollzog sich relativ rasch eine Meinungsänderung bezüglich der Datierung dieses Textes.
Sowohl drei in diesem Jahr erschienene Untersuchungen, die unabhängig voneinander neue Argumente zu
Gunsten einer zeitlichen Zuweisung des Dokuments in die Regierungszeit des Usurpators Ḫattušili III. liefer-
ten,13 als auch drei im darauffolgenden Jahr publizierte Artikel14 wurden in Fachkreisen positiv aufgenom-
men15 und motivierten zu weiteren Untersuchungen bezüglich der Datierung von VAT 6692. Nachfolgend
seien nur einige wichtige Ergebnisse aufgeführt:

a) Unabhängig voneinander hatten sowohl Singer16 als auch Heinhold-Krahmer17 festgestellt, dass die bis-
herigen Argumente, die für eine zeitliche Nähe des wahrscheinlich an Muwatalli II. gerichteten Briefes von
Manapa-Tarḫunta (Vasall im Šeḫa-Flußland; KUB 19.5+) zum „Tawagalawa-Brief“ vorgebracht worden waren
und wegen derer eine Datierung des letztgenannten Textes in die Ära von Ḫattušili III. abgelehnt wurde,
nicht stichhaltig waren.

Die Zeitspanne, die für die zeitliche Einordnung des Manapa-Tarḫunta-Briefes in Betracht kommt, erstreckt sich nach allge-
meiner Auffassung vom 12. Regierungsjahr Muršilis II.18 bis zum zeitlich nicht exakt bestimmbaren Ende der Regierung Mana-
pa-Tarḫuntas während der Regierung Muwatallis II.19 Die von Forrer20 behaupteten Anhaltspunkte für eine zeitliche Einordnung
beider Briefe in die Zeit Muršilis konnten bereits von Sommer21 ausgeschlossen werden. So blieb nur die Zeit Muwatallis II. für
eine Datierung des Manapa-Tarḫunta-Briefes übrig.

Zum einen ließ das Argument, dass die in beiden Texten auftretenden Personen namens Piyamaradu und
Atpa – Letzterer nach VAT 6692 I 64 der Schwiegersohn des Piyamaradu – kaum den Schluss zu, dass die Texte
zeitlich nahe beieinander lagen oder sogar unmittelbar nacheinander abgefasst wurden.22 Singer23 bemerkte
dazu zu Recht, dass sich auch die Aktivitäten des westlichen Freibeuters Madduwatta über die Regierung
von zwei hethitischen Herrschern (Tutḫaliya I./II. und Arnuwanda I.) erstreckt hätten. Heinhold-Krahmer24
betonte, dass sich für die zeitliche Zusammengehörigkeit beider Briefe nur der uns unbekannte Zeitraum
annehmen ließe, in dem Piyamaradu und Atpa gemeinsam bezeugt sind. Dieser Zeitraum müsse aber nicht
auf kurze Zeit oder nur wenige Jahre beschränkt gewesen sein, sondern könne durchaus etwa 20–30 Jahre
umfasst haben. Die antihethitischen Aktivitäten beider Personen könnten also zur Zeit Muwatallis im Westen
Kleinasiens begonnen, die wenigen Regierungsjahre von dessen Sohn Urḫi-Teššup überdauert und mindes-
tens einen Teil der Regierung von Ḫattušili III. umfasst haben.

10 Houwink ten Cate 1973/1974, 149–151.


11 Jewell 1974, 328–337.
12 Košak 1980b, 41.
13 Güterbock 1983, 135; Heinhold-Krahmer 1983, 86–97; Singer 1983, 208–210 u. 214.
14 Güterbock 2004, 119; van den Hout 1984, 91  f.; Popko 1984, 199–203.
15 Eine Auswahl dieser positiven Reaktionen findet sich in Heinhold-Krahmer 2010c, 195 Anm. 20.
16 Singer 1983a, 210.
17 Heinhold-Krahmer 1983, 86–93.
18 Im Manapa-Tarḫunta-Brief ist noch Kupanta-dLAMMA von Mira/Kuwaliya genannt (s. KUB 19.5+ Z. 34), der im 12. Regierungs-
jahr Muršilis dort als Vasall eingesetzt wurde; s. Heinhold-Krahmer 1977, 374  f. u. 1983, 83.
19 Heinhold-Krahmer 1983, 87.
20 Forrer 1929, 98–102, 172–175.
21 Sommer, AU 33–36.
22 Lit. in Heinhold-Krahmer 1983, 88 Anm. 39.
23 Singer 1983a, 210.
24 Heinhold-Krahmer 1983, 89.

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368   S. Heinhold-Krahmer

Zum anderen konnte die in Verbindung mit diesem Argument (einer zeitlichen Nähe beider Texte) später
häufig vorgebrachte Ablehnung Ḫattušilis als Autor von VAT 6692, die aufgrund einer fragmentarischen
Stelle (VAT IV 32–35) in diesem Text25 vorgenommen wurde, zunächst in Frage gestellt werden. Lange Zeit
war man im Anschluss an Sommers Interpretation (AU 19) dieser Passage davon ausgegangen, dass sich
der Autor, der hethitische Großkönig, hier wegen eines in seiner Jugend begangenen aggressiven Verhaltens
gegenüber dem König von Aḫḫiyawa entschuldigt habe mit der Begründung in IV 34: tur-aš e-šu-un „ich
bin jung gewesen“. Zum Zeitpunkt der Abfassung des „Tawagalawa-Briefes“, so lautete in neuerer Zeit die
Schlussfolgerung einiger Forscher,26 könne nicht Ḫattušili III. der Verfasser gewesen sein, da er bei seiner
Machtergreifung nach der Vertreibung Urḫi-Teššups vom großköniglichen Thron bereits in reiferem Alter
gestanden habe. Der Autor des Textes habe sich aber wegen der in VAT 6692 IV 7  ff. erwähnten Auseinan-
dersetzung mit Aḫḫiyawa wegen Wiluša beim Adressaten mit seiner damaligen Jugend entschuldigt. Somit
müsse der Text VAT 6692 ebenso wie der diesem zeitlich nahe stehende Manapa-Tarḫunta-Brief der Regie-
rungszeit Muwatallis zugeordnet werden.27
Miller28 stellte inzwischen – auch unter Hinweis auf Heinhold-Krahmer29 – sehr deutlich heraus, es sei
gar nicht sicher, dass die Aussage „war ich (noch) jung“ in IV 34 als Teil einer Entschuldigung des hethiti-
schen Großkönigs zu verstehen sei. Sie könnte noch zum unmittelbar davor zitierten Brief des Königs von
Aḫḫiyawa gehört haben (IV 32  f.) und müsse dann auf diesen König bezogen werden. Hinzu kommt noch,
dass die in IV 7–10 (s. § 12) enthaltene Erwähnung eines Konflikts zwischen Aḫḫiyawa und Ḫatti, der anschei-
nend beigelegt worden war, und der zitierte Brief des Königs von Aḫḫiyawa in dem oben genannten Passus
IV 32–34 (s. § 15) durch zwei fragmentarische Abschnitte (§§ 13 u. 14) voneinander getrennt sind. Es bleibt
daher ohnehin fraglich, ob sich die vermeintliche „Entschuldigung“ in IV 34 auf die Wiluša-Angelegenheit
bezieht. Im unmittelbar daran anschließenden Text innerhalb desselben Paragraphen (§ 15) scheint es jeden-
falls eher um gegenseitige Beleidigungen auf diplomatischer Ebene zwischen den beiden Potentaten (Autor
und Adressat) gegangen zu sein.
Dass die Aussage „war ich (noch) jung“ nahezu sicher dem zitierten Schreiben des Königs von Aḫḫiyawa
entstammt, kann inzwischen jedoch vor allem aus einem sprachlichen Grund angenommen werden: Es
folgen gleich am Beginn der nächsten Zeile IV 35 nach dieser Aussage in IV 34 nebst der dortigen zerstör-
ten zweiten Zeilenhälfte, deren Ergänzung problematisch ist, die Worte ú-uk aš-pur („ich schrieb/ich habe
geschrieben“). Das kontrastierende ú-uk erlaubt den Schluss, dass der hethitische König erst hier auf ein
eigenes Schreiben zu sprechen kam; s. Kapitel III Kommentar, S. 294  f. Zusätzlich könnte die sich auf inhalt-
liche Gründe stützende Hypothese, dass der Adressat zum Zeitpunkt der Abfassung von VAT 6692 noch nicht
lange an der Regierung war (s. oben Kapitel III Kommentar, S.  152) und sein Vorgänger und wohl älterer
Bruder, auf dessen Regierung der Hethiter dreimal belehrend hinwies, Tawagalawa war,30 dafür sprechen,
dass die Worte tur-aš e-šu-un (IV 34) auf ihn (den Adressaten) zu beziehen sind. Damit sind schon wichtige
Argumente gegen eine Datierung des „Tawagalawa-Briefes“ in die Zeit von Ḫattušili III. weitgehend wider-
legt.

25 Die Stelle VAT 6692 IV 32–35 war früher auch zugunsten einer Datierung des Textes in die Zeit Muršilis II. verwendet worden
aufgrund der damals vermuteten zeitlichen Nähe zum Manapa-Tarḫunta-Brief; s. Lit. in Heinhold-Krahmer 1983, 88 Anm. 41. Die
Begründung lautete, dass Manapa-Tarḫunta, der Verfasser des Briefes (KUB 19.5+), bereits zu Beginn von Muršilis II. Regierung
im Šeḫa-Flussland geherrscht habe. Daher sei es unwahrscheinlich, dass er bis ins Alter von Muwatalli gelebt habe; s. dazu
Heinhold-Krahmer 1983, 88  f.
26 Freu 2004, 303 Anm. 90; Gurney 2002, 136; Smit 1990/91, 86.
27 Vgl. dazu Schachermeyrs Versuch (1986, 203–214), einen Ausweg aus dem Dilemma zu finden, in das er geriet, als er zwar eine
Datierung von VAT 6692 in die Regierungszeit von Ḫattušili III. vertrat, jedoch die herkömmliche, auf Sommer zurückgehende
Interpretation von IV 32–34 beibehielt; s. dazu auch die obigen Ausführungen in Kapitel III Kommentar, S. 295 Anm. 163 zu IV 34.
Dieser Versuch fand in der Forschung wenig Beachtung.
28 Miller 2006, 246 Anm. 40.
29 Heinhold-Krahmer 1983, 88  f.
30 Heinhold-Krahmer 1986, 55; Alparslan 2005, 37  f.; Miller 2006, 244 Anm. 31; ders. 2010, 167–169; de Martino 2010, 45; vgl. aber
Güterbock 1990, 164.

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VIII Zur Datierung von VAT 6692 in die Regierungszeit von Ḫattušili III. (ca. 1265–1237)    369

b) Zugunsten einer Datierung von VAT 6692 in Ḫattušilis Regierungszeit konnten nach dem im Jahr 1936 von
Güterbock veröffentlichten Fragment Bo 6447 (später ediert in KUB 48.80) ab 1983 weitere Bruchstücke von
Texten ausgewertet werden. Diese Fragmente waren teilweise erst nach den 1930er Jahren bis hinein in die
neuere Zeit ediert worden. Sie erwähnen hauptsächlich den gegen Ḫatti rebellierenden und kämpfenden
Piyamaradu. Trotz ihres schlechten Erhaltungszustandes zeigen sie deutlich, dass dieser Mann nicht nur
während der Regierung Muwatallis II. für Unruhen in Westkleinasien sorgte, was, wie oben dargelegt, auf-
grund des Briefes von Manapa-Tarḫunta häufig angenommen worden war.31
Zunächst wiesen 1983 Singer32 und 1983 und 1986 Heinhold-Krahmer33 auf Fragmente hin, die auf eine
Fortdauer von Piyamaradus feindlichen Aktivitäten bis in Ḫattušilis Regierung hindeuten. In dem Artikel
„Untersuchungen zu Piyamaradu“ (Teil I, 1983) wurden von Heinhold-Krahmer vor allem zwei Fragmente,
KBo 19.78 und KBo 16.35, ausführlicher behandelt, die Piyamaradu bezeugen. Ein weiteres Fragment, KBo
22.10 Rs. III?, dürfte gemäß Teil II der „Untersuchungen zu Piyamaradu“ (1986) auf die aus dem „Tawagala-
wa-Brief“ (I 16–40) bekannten Kämpfe des Hethiterkönigs in und um Iyalanda zu beziehen sein.

In KBo 19.78 berichtet die Majestät (= dutu-ši; Z. 2′) von ihrem Bruder (= šeš dutu-ši; Z. 5′), wohl Muwatalli, in Verbindung mit
Kupanta-dlamma, dem König von Mira (Z. 4′), und auch mit Piyamaradu (Z. 6′), wobei ein Gebirge erwähnt wird. Anschließend
ist wahrscheinlich von der eigenen Thronbesteigung des Berichterstatters in Z. 7′ (e]-eš-ḫa-ḫa-at) die Rede34. In der nachfolgen-
den Zeile 8′ erscheint dann erneut der Name Piyamaradu. Dies lässt darauf schließen, dass Piyamaradu während der Regierung
beider Brüder, Muwatallis II. und Ḫattušilis III., aktiv war; ähnlich Singer 1983, 209.
In KBo 16.35 Z. 3′, erwähnt auch von Singer,35 erscheint Piyamaradu, ehe in Z. 4′ dann von einer Schlacht berichtet wird. In
Z. 5′ ist wohl noch der Rest des Namens von [Muwa]talli erhalten, in Z. 6′ der Rest von [Aḫḫiy]awa und u.  a. nochmals Piyamaradu
(Z. 7′) und das Land Mira (Z. 8′: kur uruMe-ra-a).36 Dann aber, nach einem Paragraphenstrich, berichtet anscheinend der Autor,
einer der beiden letzten bekannten hethitischen Könige – entweder Arnuwanda III. oder Šuppiluliuma II. – von seinem Großva-
ter Ḫattušili III. (Z. 11′). Zwar sind in den restlichen drei Zeilen, die das Fragment in diesem neuen Paragraphen mit den Zeilen
12′–14′ noch bietet, nur Ortsnamen erhalten, doch scheint hier die Nennung des Šeḫa-Flusses in Z. 14′ ebenfalls wie KBo 19.78
für die Zeit Ḫattušilis nach Westen zu weisen, wenngleich der Name Piyamaradu nicht erhalten ist. Die Tatsache, dass in beiden
Fragmenten zuvor auf die feindlichen Aktivitäten Piyamaradus zur Zeit von Ḫattušilis Bruder Muwatalli hingewiesen wird, lässt
auch für KBo 16.35 Z. 11′  ff. vermuten, dass dort weiterhin über diesen Feind zur Zeit Ḫattušilis berichtet wurde, was z.  B. auch
Popko37 annimmt.
In KBo 22.10 Rs. III berichtet wohl derselbe Autor wie in KBo 16.35, ein Enkel Ḫattušilis III. also, über kriegerische Ereignisse,
die Iyalanda betreffen, wobei wie sonst nur im Tawagalawa-Text (I 16–40) sowohl Land als auch Stadt Iyalanda nacheinander
genannt werden (Z. 3′ u. 4′). Der Autor nimmt hier rückblickend auf die Zeit seines Großvaters Bezug (Z. 2′). Es werden anschlie-
ßend Hannutti (Z. 6′) und Tutḫaliya (Z. 8′) sowie Gaššuliy[awiya] (Z. 7′), die Namen dreier Kinder von Ḫattušili, genannt. Der Name
Piyamaradu ist zwar hier nicht erhalten, dürfte jedoch in KBo 22.10 Vs. II 8′ aufgrund des Namensrestes mP[í-…] gestanden haben.
Dies wird inzwischen durch den Join von Kol. III mit dem davor anzusetzenden Bruchstück KBo 19.80 bestätigt, der J.L. Miller
(mündlich) gelungen ist. Dort findet sich (ebenfalls in Z. 8′) der Name fast vollständig erhalten; s. dazu Gander 2016a, 85.

Hinzu kommen noch weitere Textfragmente, die aus der Zeit Ḫattušilis III. stammen oder auf diesen König
Bezug nehmen.38

Interessant ist noch der erst 1984 in KUB 56.15 edierte Gelübde-Text, den de Roos (2007) bearbeitet und Puduḫepa, der Gattin
Ḫattušilis, zugeordnet hat. Diese Großkönigin flehte, als sie sich selbst an der Meeresküste befand, das Meer an, den Piyamaradu
auszuliefern.39 Dass Piyamaradu sich auf seinem Schiff im Meer befand, ist auch aus dem „Tawagalawa-Brief“ (I 61  f.) bekannt,
und KUB 56.15 kann als Gelübde der Puduḫepa mit Nennung des für das Hethiterreich und insbesondere dessen westklein-
asiatische Vasallen gefährlichen Piyamaradu durchaus als weitere Stütze für eine Datierung von VAT 6692 in die Regierungs-

31 Vgl. z.  B. Sommer, AU 35  f.; Cavaignac 1933, 100–104; Heinhold-Krahmer 1977, 173–178; weitere Lit. in Singer 1983a, 210 Anm. 23.
32 Singer 1983a, bes. 209  f. u. 214.
33 Heinhold-Krahmer 1983, 90–94; 1986, 60  f.
34 Dazu Heinhold-Krahmer 1983, 92.
35 Singer 1983, 214.
36 Ausführlicher als in Heinhold-Krahmer 1983, 91–93 wird das Fragment KBo 16.35 zuletzt in Heinhold-Krahmer 2010c, 206–210
behandelt und mit KBo 19.78 verglichen.
37 Popko 1984, 201.
38 Heinhold-Krahmer 1983, 94.
39 Heinhold-Krahmer 2004a, 206 mit Anm. 54.

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370   S. Heinhold-Krahmer

zeit ihres Gemahls herangezogen werden. Allerdings ist inzwischen nicht, wie ursprünglich vermutet, anzunehmen, dass sich
Piyamaradu zu Schiff aus dem am Meer gelegenen Millawanda zum König von Aḫḫiyawa nach Griechenland geflüchtet hatte,
als der Hethiterkönig wegen seiner Auslieferung nach Millawanda zog. Wie unsere Untersuchung ergeben hat (s. oben Kapitel III
Kommentar, S. 118–121 zu I 61), hatte Piyamaradu beim Herannahen des Hethiters sein Schiff verlassen (wörtl. er war vom Schiff
weggekommen bzw. hergekommen). Er hatte sich also wahrscheinlich selbst nach Millawanda begeben.

Singer wies in seinem Aufsatz „Western Anatolia in the Thirteenth Century B.C. according to the Hittite
sources“ neben einigen der schon oben genannten Texte noch auf zwei kleine Fragmente aus dem erst
1982 von H. Otten und Ch. Rüster erstellten Editionsband KBo 27, nämlich KBo 27.3 und 27.4, hin,40 die wohl
Ḫattušili III. zuzuordnen sind. In letzterem Schriftstück wird in Z. 3′ die Kultstadt Nerik genannt. Im nach-
folgenden Paragraphen Z.  7′ findet wahrscheinlich [Piyama]radu in Verbindung mit dem Land Iy[alanda]
Erwähnung. Anschließend ist von kriegerischen Handlungen die Rede (Z. 8′–10′).41 In dem noch kleineren
Fragment, KBo 27.3, lässt sich dagegen nicht viel mehr als der Name Piyama⸢radu⸣ (Z. 2′) erkennen. Die Edi-
toren gingen davon aus, dass KBo 27.3 und KBo 27.4 Bruchstücke derselben Tafel seien.
Singers Aufmerksamkeit42 fanden ebenfalls die schon 1928 edierten Fragmente KUB 21.6 u. 6a, die der
Editor Goetze bereits als Annalen Ḫattušilis III. bezeichnet hatte und denen später noch weitere Tafelbruch-
stücke mit historischem Inhalt zugeordnet wurden. Jedenfalls stellte er zu Recht fest, dass darin über Kampa-
gnen dieses Herrschers in die Lukka-Länder berichtet wurde. Eine Zusammenstellung und Bearbeitung der
Fragmente bot Gurney,43 wobei er gleichzeitig über die vorausgegangene Erforschung dieser Annalenbruch-
stücke, ihren möglichen Bezug zu der in VAT 6692 Kol. I geschilderten Lukka-Kampagne des hethitischen
Großkönigs und über die darin enthaltenen geographischen Hinweise berichtete. Diese seltene Bezeichnung
kur.kur meš uruLu-uk-ka4 („Lukka-Länder“) in den sog. Ḫattušili-Annalen (Vs. Kol. II: KUB 21.6a Z. 6′ [teilweise
ergänzt] u. Rs. Kol. III: KUB 21.6 Z. 6′ u. nach Lücke KUB 21.6a Vs. 3′ u. 4′)44 stand wohl auch gedanklich
hinter den Zeilen Kol. I 3  f. im „Tawagalawa-Brief“, wo von den Lukka-Leuten (lúmeš uruLu-uk-ka4-a) und deren
Ländern (ke-e-da-aš kur-e-aš; hier D.-L.) die Rede ist.45 Nicht zuletzt deshalb scheint auch dies für eine
Datierung des in VAT Kol. I geschilderten hethitischen Feldzugs in den Lukka-Bereich zur Zeit Ḫattušilis III.
zu sprechen, dem eine Kampagne des Tawagalawa dorthin vorausgegangen war.
Über die Vermutung von Singer und Heinhold-Krahmer, dass der in Rs. Kol. III (KUB 21.6 Z. 4′) erhaltene
Namensrest m⸢Pi⸣- den Beginn des Namens von Piyamaradu dargestellt haben könnte,46 hatte Gurney 1997
(passim) noch ohne Einwände berichtet. Diese Möglichkeit lehnte er jedoch dann 2002 wegen seiner Rückda-
tierung des Tawagalawa-Briefes in die späte Regierungszeit Muwatallis ab,47 da er aufgrund seiner Interpre-
tation von KBo 16.35, sollte sie korrekt sein, vermutete, dass die Piyamaradu-Affäre bereits unter Muwatalli
ihr Ende gefunden habe und Piyamaradu deshalb nicht mehr seine Kampagnen ins Lukka-Gebiet zur Zeit
Ḫattušilis unternommen haben könne.
Inzwischen hat Gander48 gezeigt, dass Piyamaradu vermutlich an zwei weiteren Stellen der Annalen
Ḫattušilis erscheint. Einmal dürfte das im bereits bekannten Fragment KUB 21.6a der Fall sein, und zwar in
jenem Fragment, das Vs. Kol. II zugeordnet wurde. Gander schlug überzeugend anhand von Textfotos vor,
in II 11′[a-na mPí-i]a?-ma-⸢ra-du⸣ zu lesen statt der bisherigen Deutungen der Zeichenreste von Gurney49 und
Forlanini.50 In einem weiteren Fragment, KUB 21.31, das ebenfalls als Bruchstück der Ḫattušili-Annalen in

40 Singer 1983a, 209 u. 211.


41 Dazu auch Heinhold-Krahmer 2010c, 202  f.
42 Singer 1983a, 208.
43 Gurney 1997, 127–139.
44 Zu möglichen weiteren, jedoch nur fragmentarisch erhaltenen Belegen der Lukka-Länder s. Heinhold-Krahmer 2010c, 197
Anm. 24.
45 Houwink ten Cate 1970, 72  f. Anm. 105; dazu z.  B. Popko 1984, 202 Anm. 9; s. ferner Houwink ten Cate 1973/4, 151; dazu Hein-
hold-Krahmer 1983, 97 mit Anm. 86.
46 Heinhold-Krahmer 1983, 97; Singer 1983a, 209.
47 Gurney 2002, 136.
48 Gander 2016b, 111–114.
49 Gurney 1997, 130.
50 Forlanini 1998, 243.

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VIII Zur Datierung von VAT 6692 in die Regierungszeit von Ḫattušili III. (ca. 1265–1237)    371

Betracht kommt, da auch dort in Z. 3′ u. 7′ von den Lukka-Ländern die Rede ist und jemand (in der ersten
Person: Z. 8′ u. 11′) von kriegerischen Ereignissen berichtet, könnte in Z. 14′ ebenfalls der Name [mPí]-ia-m[a-
ra-du …] gestanden haben, was freilich weniger Wahrscheinlichkeit beanspruchen kann als der erstgenannte
Rest des Namens in KUB 21.6a II 11′.
Dass KBo 16.35 Z.  7′ eine Gefangennahme des Piyamaradu bezeugt und damit seine antihethitischen
Aktivitäten noch unter Muwatalli (Z. 5′) ihr Ende gefunden haben, lässt sich jedenfalls nicht erweisen, wie
bereits 2010 ausführlich dargelegt wurde.51

c) Von nicht geringer Bedeutung für die Datierung von VAT 6692 in die Regierungszeit Ḫattušilis III. waren
jedoch auch Hinweise auf sprachliche, insbesondere stilistische Merkmale in diesem Text und teilweise auch
schon auf paläographische und orthographische Kriterien. Diese Hinweise sind vor allem Singer, Güterbock,
Popko und Hawkins zu verdanken.
Singer52 betonte bereits, dass die Paläographie spät sei mit Hinweis auf das häufige Auftreten des Zei-
chens LI in der neuen Form. Orthographie und Vokabular zeigten, so Singer, ebenfalls späte Merkmale, die
ihre besten Parallelen in Puduḫepas Brief an Ramses II. (KUB 21.38) fänden.
Güterbock53 konnte zeigen, dass Sommers Begründung für seine Ablehnung von Friedrichs54 und
Forrers55 Annahme, Tawagalawa werde in VAT 6692 II 61 (nach unserer Zählung II 60) als Bruder des Adres-
saten, des Königs von Aḫḫiyawa bezeichnet, verfehlt war. Die sog. Sommer’sche Regel,56 dass sowohl akkad.
ša als auch ana bei der Verbindung von einer Apposition mit einem Regens nur einmal gesetzt werde, konnte
hauptsächlich durch einige Belege aus der Zeit Ḫattušilis III. widerlegt werden.57
Popko58 wies „auf die oftmaligen rhetorischen Fragen hin, die für die Briefe und anderen Texte von Ḫat­
tu­ši­lis III. so charakteristisch sind“, aber auch auf orthographische Auffälligkeiten.
Hawkins59 beobachtete, dass der Satz in VAT 6692 II 56 (nach unserer jetzigen Zählung II 55) einer häufig
belegten Phrase in Ḫattušilis Apologie gleiche; s. dort III 38′f., 61  f.; IV 29  f., 61.

2 Anhaltspunkte für eine Datierung in die Regierungszeit von Ḫattušili III.


(ca. 1265–1237)

Aufgrund unserer Neubearbeitung des Textes konnten wir nicht nur bisherige Ergebnisse weitgehend bestä-
tigen, die für eine Datierung des „Tawagalawa-Briefes“ in die Zeit Ḫattušilis III. sprechen, sondern noch
weitere hinzugewinnen. Im Folgenden beschränken wir uns auf sprachliche (Kapitel VIII.2.1) und paläogra-
phische sowie graphische (Kapitel VIII.2.2) Anhaltspunkte für diese zeitliche Einordnung.

51 Dazu ausführlich Heinhold-Krahmer 2010c, 205–210.


52 Singer 1983a, 209 mit Anm. 19 u. 20.
53 Güterbock 1983, 136 u. 1984, 120 mit Anm. 27.
54 Friedrich KlF I, 104  f.
55 Forrer 1929, 113 u. 254.
56 Sommer, AU 130  f.
57 Güterbock 1990, 158.
58 Popko 1984, 202.
59 Hawkins 1998, 17 Anm. 73.

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372   S. Heinhold-Krahmer

2.1 Sprachliche Hinweise

Kol. I

I 1  f.: ⸢ar⸣-ḫ[a ḫar-g]a-⸢nu⸣-ut (arḫa) ḫarganu- ist belegt ab Ḫattušili III.; s. schon Ünal 1984, 71–78. Dies ergibt
sich auch aus dem derzeitigem Belegstand, wie die Überprüfung der Belegsammlung am Oriental Institute
(Chicago) durch Th. van den Hout ergab.

I 33  f.: d10 iš-ta-⸢ma⸣-a[š-ke-ed-du …] iš-ta-ma-aš-kán-du; vgl. I 63  f.


Das Phänomen, dass in zwei aufeinanderfolgenden Sätzen im ersten das Verb als Prädikat im Singular und
im zweiten dasselbe Verb als Prädikat im Plural erscheint, obgleich sich in beiden jeweils das Subjekt im
Singular befindet, tritt in I 63  f. (auch dort bei ištamaške/a-) auf. In GrHL § 15.18. findet sich ein einziges wei-
teres Beispiel dieser Art, das in die sjh. Zeit datiert wird. Dieser Fall könnte auch hier in I 33  f. zutreffend sein,
doch wissen wir aufgrund der Lücke am Zeilenende von I 33 nicht, ob hier das Subjekt des zweiten Satzes im
Singular stand, wie in I 63  f. und bei dem in GrHL aufgeführten Beispiel, oder doch im Plural.

I 35  f.: wie oben I 1  f.

I 38: ḫandaš
Das Wort findet sich meist in Texten von Ḫattušili III.; s. HW2 Ḫ, 171  f. Es tritt noch in I 63 auf und vor allem
in Verbindung mit einem feststehenden Ausdruck, der in der sog. Apologie dieses Herrschers einige Male
bezeugt ist; s. unten sub II 55  f. u. Kommentar II 55  f., bes. S. 192  f. u. ferner S. 100 zu I 38.

I 54: ú-ul-ma-mu
Die hier und noch an weiteren Stellen von VAT 6692 bezeugte Enklitika-Folge -ma-mu tritt besonders häufig
in Texten von Ḫattušili III. und in weiteren Texten aus der zweiten Hälfte des 13. Jh.s auf; dazu Kapitel III
Kommentar, S. 116. In Verbindung mit ú-ul- s. bes. Ḫatt. I 40 u. 54.

I 63  f.: [na-a]t mAt-pa-aš-ša ⸢iš⸣-ta-ma-aš-ke-et mA-u̯ a-ia-na-aš-ša [iš]-ta-ma-aš-ker; dazu bereits oben unter
I 33  f.

Kol. II

II 16: mān mān


Das Erscheinen von mān zwei Mal direkt hintereinander, und zwar zuerst als konditionale Konjunktion
(„wenn“) und danach nochmals in derselben, aber relativ seltenen Schreibweise mān (ma-a-an gegenüber
häufigerem ma-an oder -ma-an) als modale Partikel (s. CHD L-N, 143a) scheint besonders in Texten aus der
Ära von Ḫattušili III. auffällig. Diese Plene-Schreibung der Partikel, unabhängig davon, ob sie wie hier in
II 16 zusammen mit der konditionalen Konjunktion oder, was häufiger der Fall ist, allein bezeugt ist, scheint
jedenfalls bevorzugt in der Zeit dieses hethitischen Königs aufzutreten und kann zumindest als eine weitere
Datierungsstütze herangezogen werden; s. Kommentar S. 160  f. zu II 16.

II 18  f.: x-an ul pu-nu-šú-un ma-an ul! šeš-ia ki-i


Das zwei Mal in einem Satz auftretende ul irritiert zweifellos, insbesondere da das Ende von II 18 wegen
des vor dem ersten ul befindlichen und fast völlig zerstörten Wortes fraglich bleibt. Allerdings wurde von
Sommer auf zwei Belege mit jeweils doppeltem ul in einem einzigen Satz hingewiesen (Ḫatt IV 13 u. KUB
21.38 Vs. 48) und diese gerade stammen aus der Zeit Ḫattušilis III. Sollte Sommers Annahme eines vom Zei-
lenende II 18 (x-an ul) bis etwa Mitte II 19 reichenden Satzes (pu-nu-šú-un ma-an ul! šeš-ia ki-i) nun doch
richtig sein, so müsste dieses Phänomen von doppeltem ul hier als Datierungshinweis noch berücksichtigt
werden.

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VIII Zur Datierung von VAT 6692 in die Regierungszeit von Ḫattušili III. (ca. 1265–1237)    373

II 24  f.: gaba-ši 𒑱 pa-ši-ḫa-a-id-d[a und gaba-ši 𒑱 pa-ši-ḫa-a-ti


Die hier jeweils mit den Partikeln -za und -kan verbundene idiomatische Redewendung (uzu)gaba-(š)i
𒑱 pašiḫa(i)-, und zwar in den Formen 3.Sg.Prt. (in II 24) u. 3.Sg.Prs./Fut. (in II 25) – wohl mit der Bedeutung
„missachten“ – ist ab Ḫattušili III. und hauptsächlich in dessen Regierungszeit selbst bezeugt; s. Kommen-
tar, S. 167  f. zu II 24  f.

II 55  f.: nu nam-ma-pát a-na šeš-⸢ia⸣ ḫa-an-da-aš ú-ul ma-a[n-ka4 i-ia-nu-un …]


Zum feststehenden Ausdruck und seinem Vorkommen zur Zeit Ḫattušilis III. s. vor allem Hawkins 1988, 17
Anm. 73: „… in no way [did I act] contrary to (handas) my brother“ u. Kapitel III Kommentar S. 192  f. u. 194 zu
II 55  f. Zum häufigen Auftreten von ḫandaš in Texten dieses Herrschers s. schon oben zu I 38.

II 60: … a-na šeš-ka-ia-aš-kán a-na mTa-u̯ a-ka-la-u̯ a(-)x?[…]?


Die laut Sommer (AU 130  f.) ausnahmslos geltende Regel (sog. Sommer’sche Regel), dass sowohl akkad. ša als
auch a-na bei der Verbindung einer Apposition mit einem Regens nur einmal gesetzt werde, konnte bereits
von Güterbock (1990, 158; s. auch schon Güterbock 1983, 136 u. 1984, 120) widerlegt werden. Er verwies auf
Belege, die durchwegs Texten der Regierungszeit von Ḫattušili III. angehörten; s. ferner Kapitel III Kommen­
tar, S. 197–199 zu II 59–61. Dadurch steht in II 60 ein weiterer Anhaltspunkt für eine Datierung von VAT 6692
in die Zeit dieses Herrschers zur Verfügung.

II 62  f.: ma-a-an ninda(/níg) ši-ia-an-ta-a[n] ku-e-da-ni up-pa-an-zi


Es gibt bislang nur einen weiteren Text, in dem ebenfalls wie hier in Verbindung mit dem Verb uppa/i(ya)-
„schicken“ von ninda(/níg) šiyant- die Rede ist (KUB 8.79 Vs. 20 mit Duplikat KBo 50.85 Z. 8; s. Kapitel III
Kommentar, S. 205–207 zu II 62  f. [u. II 62]). Diesen Text ordnete Houwink ten Cate (2006, 3) Ḫattušili III.
zu; vgl. Hagenbuchner 1989b, 405. Dieses ebenfalls briefartige Dokument zeigt zumindest einige typische
sprachliche Gemeinsamkeiten mit VAT 6692, so dass die Datierung in die Regierung dieses Königs für beide
Texte nahe liegen dürfte.

II 64  f.: ar-k[u-u̯ a-ar] i-ia


Die Lesung ar-k[u-u̯ a-ar] i-ia darf entsprechend den Ergebnissen von Sürenhagen (1981, 137  f.) zumindest in
Gebeten aus der Zeit Ḫattušilis III. als Einspruch gegenüber Gottheiten betrachtet werden. Es scheint sich
dabei um einen Einspruch „im juristischen Sinne“ zu handeln. Im Gegensatz zu häufigen Interpretationen,
wo von Bitten und Entschuldigungen gesprochen wird (s. Kapitel III Kommentar, S. 208  f. zu II 64  f.), scheint
in den jeweiligen arkuwar-Stellen von Gebeten nirgends „ein Schuldgefühl des Beters“ zum Ausdruck
gebracht zu werden, „das dem Ganzen den Charakter einer Entschuldigung verleihen würde“; s. Sürenha-
gen l. c. Dies dürfte auch im vorliegenden Text für Piyamaradu zutreffend sein, dessen Beschreibung aus
hethitischer Sicht zumindest nach VAT 6692 nirgends ein Einlenken und damit auch kein Schuldgefühl zum
Ausdruck bringt.

II 71  f.: ku-it-ma-na-aš ú-ez-zi ku-it-ma-na-aš a-pí-ia egir-pa ú-ez-zi.


Für diese Redewendung „bis er kommt (und) bis er dorthin zurückkommt“ finden sich in ähnlicher Form
weitere Belege; s. Kapitel III Kommentar, S. 216 u. 218 zu II 71  f. u. 75  f. Auffällig ist, dass die Mehrzahl dieser
Belege der Zeit Ḫattušilis III. (und/oder Puduḫepas) zugeordnet werden kann, während diese Datierung
bisher nur im Falle von KUB 5.6 I 39  f. (Muršili II. oder Ḫattušili III.) ziemlich umstritten geblieben ist.

Kol. III

III 11  f.: nu-⸢za šeš⸣-ia be-lumeš pé-ra-an gam da-a-⸢i⸣


Bei peran gam (/katta) dāi handelt es sich zweifellos um einen Ausdruck aus dem gerichtlichen Bereich; vgl.
Sommer, AU 146 u. weitere Lit. in Kapitel III Kommentar, S. 233–335 zu III 12. Die Wendung peran gam (/katta)
dai-/te-/tiya- findet sich in jh. Zeit auch belegt in Ḫattušilis großem Text; s. Otten, Apologie III 18  f.

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374   S. Heinhold-Krahmer

III 53′: KUR Kar-ki-ia


Der ON Karkiya ist wohl geographisch identisch mit Kar(a)kiša wegen seines überwiegend gemeinsamen
Auftretens mit Maša. In der Form Kar-ki-ša ist der Name wohl zuletzt im Vertrag Muwatallis mit Alakšandu
von Wiluša greifbar, während Kar-ki-ia erst später aufzutreten scheint; s. Kapitel III Kommentar, S. 259–261
zu III 53′; s. ferner Kol. IV 6 u. weitere Belege im Kommentar.

III 58′: ḫa-an-ti-ia-⸢zi⸣


Nach HW2 Ḫ, 191  f. (mit mehreren Belegen) handelt es sich bei dem Verb ḫantii̯a(i)- [s. im Glossar ḫantiye/a-]
„versorgen“ um eine Neubildung aus der Zeit Ḫattušilis III.

Kol. IV

IV 6: KUR Kar-ki-ia; dazu oben III 53′.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Mehrzahl der oben aufgeführten auffälligen Wörter, Wort-
verbindungen, Wendungen und grammatikalischen Phänomene im sog. „Tawagalawa-Brief“ in die Ära nach
Muwatalli II. weisen und daher für die Datierung des Textes in die Zeit von Ḫattušili III. sprechen. Nicht ganz
auszuschließen ist zwar, dass sich diese Situation aus der geringen Überlieferung von datierbaren Texten aus
der Epoche von Muwatalli II. ergibt und mit dem Auffinden von datierbaren Texten aus seiner Zeit ändern
könnte, doch betrachtet man den obigen Befund in Verbindung mit Argumenten historischer Art, wie sie
sowohl im Kommentar (Kapitel III) u. im Überblick zur Datierungsgeschichte von VAT 6692 (Kapitel VIII.1) zu
finden sind, als auch mit den Ergebnissen aus dem Bereich von Palaeography, Handwriting and Spelling von
M.W. (Kapitel VI), so ergibt sich angesichts des gegenwärtigen Forschungsstandes als Gesamtergebnis eine
Datierung in die Regierungszeit des Usurpators Ḫattušili III.

2.2 Ergebnisse aus dem Beitrag von Mark Weeden

Auf Mark Weedens Ergebnisse, die für die Datierung von VAT 6692 von Relevanz sind, soll hier nur in stark
verkürzter Form eingegangen werden, da er diese ausführlich in Kapitel VI Paleography, Handwriting and
Spelling erarbeitet und dargestellt hat.
Sein Beitrag in Kapitel VI.2 Palaeography and Handwriting basiert auf zwei Tabellen  in Kapitel VI.1
Tables. In Table I (Kapitel VI.1.1, S. 317) werden zum Vergleich 14 Zeichen und meist deren jeweils ältere und
jüngere Variante aus dem „Tawagalawa-Brief“ dem Auftreten der Formen dieser Zeichen in fünf weiteren
Dokumenten gegenüber gestellt. Dabei handelt es sich um zwei datierbare Dokumente aus der Ära Ḫattušilis
III. (Landschenkungsurkunde KUB 26.58 u. Orakeltext KUB 22.25), um den wahrscheinlich in die Regierung
von Muwatalli II. gehörenden Brief von Manapa-Tarḫunta (KUB 19.5+) und den nach der Communis opinio
aus der Zeit Tutḫaliyas IV. stammenden Milawata-Brief (KUB 19.55+). Allein die sjh. Orakelaufzeichnung KUB
5.1 ist in ihrer Zuordnung zu Ḫattušili III. oder dessen Sohn Tutḫaliya IV. noch umstritten.
Die zweite und umfangreichere tabellarische Übersicht (Table IIa–b in Kapitel VI.1.2, S. 318–321) enthält
insgesamt 46 ausgewählte Keilschriftzeichen aus der Taf. VAT 6692.60 Wie M.W. betont, versucht er in dieser
Übersicht einen Eindruck von der Schriftentwicklung der einzelnen Zeichenformen im Verlauf der Tafel zu
vermitteln; s. Kapitel VI.2 Paleography and Handwriting, S. 322–327 zu seiner Vorgehensweise und den zuge-
hörigen Grundlagen bei der Erstellung seiner Übersicht der Zeichenformen und deren Interpretation. Der

60 Die diesen Zeichen jeweils voranstehende Zahl entspricht der Nummerierung in HZL. M.W. stellt die belegten Varianten eines
jeden dieser Zeichen nach der Reihenfolge ihres Auftretens auf Vorder- und Rückseite nebeneinander, wobei kleine tiefgesetzte
römische Ziffern die Kolumne, in der jedes Zeichen erscheint, und die nachfolgende arabische Zahl die jeweilige Zeile des Belegs
angeben.

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VIII Zur Datierung von VAT 6692 in die Regierungszeit von Ḫattušili III. (ca. 1265–1237)    375

nachfolgende Kommentar zu den Zeichenformen schließt „palaeographic and graphological remarks and …
a number of common idiosyncrasies of the tablet“ ein.
Beim gegenwärtigen Stand der Erforschung von individuellen Schreibergewohnheiten in hethitischen
Keilschrifttexten, die noch in den Kinderschuhen steckt, scheint aber eine Datierung von VAT 6692 mit Hilfe
von Erkenntnissen aus diesem Bereich derzeit kaum möglich zu sein.61
Anders ist die Situation im Bereich der paläographischen Forschung. Dass seit den frühen 1970er
Jahren drei Hauptstadien in der Schriftentwicklung von heth. Keilschrifttexten aus Boǧazköy unterschieden
werden, nämlich I: Alte Schrift, II: Mittlere Schrift und III: Junge Schrift – Phasen, die meist zeitlich unge-
fähr mit dem Alten Reich, dem sog. Mittleren Reich (oder besser dem Frühen Großreich) und dem späten
Großreich (nach Šuppiluliuma I. bis zum Ende der Textüberlieferung unter Šuppiluliuma II.) gleichgesetzt
wurden, – ist hinreichend bekannt; s. Lit. bei M.W., Kapitel VI.2 Paleography and Handwriting, S. 327  f. mit
Anm. 28–36. Dass der „Tawagalawa-Brief“ aus Hauptphase III stammt, ist unbestritten. Diese ist jedoch wie-
derum unterteilt in IIIa, IIIb und IIIc. Während der Schriftypus IIIb bislang meist grob in die Zeitspanne von
Muwatalli II. bis Ḫattušili III. datiert wurde, in die Zeit jener Herrscher also, die in den letzten Jahrzehnten im
Mittelpunkt von Diskussionen über den Autor des „Tawagalawa-Briefes“ und damit auch über die Datierung
dieses Textes standen, führten die paläographischen Untersuchungen von M.W. einen großen Schritt weiter.
Er konnte zeigen, dass Originalurkunden aus der Zeit von Hattušili III. Zeichenformen aufweisen, die bislang
als typisch für Texte der Phase IIIc galten, die nach Meinung mancher Forscher sogar erst nach der Mitte der
Regierung von Tutḫaliya IV., dem Sohn Ḫattušilis III., eingesetzt hätten.
Die Untersuchung von M.W. ergibt zum einen allein schon aus Table I, dass spätjunghethitischen Zei-
chenformen der Phase IIIc nicht erst unter Tutḫaliya IV. in Erscheinung treten, sondern dass sie bereits in
datierbaren Texten von Ḫattušili III. ebenso belegt sind wie im „Tawagalawa-Brief“; s. z.  B. DI u. KI in KUB
22.25+.62
Die Auseinandersetzung mit bisherigen Ergebnissen der die Phase IIIc betreffenden Forschung, die Aus-
wertung signifikanter Zeichenformen für die Phase IIIc und ihr Vergleich mit entsprechenden Zeichen im
„Tawagalawa-Brief“ erfolgen jedoch nicht allein anhand von Table I in Kapitel VI.1.1, sondern auch anhand
der bereits genannten umfangreichen Table IIa–b in Kapitel VI.1.2 und der zugehörigen Auswertung in VI.2;
s. S. 322–330. Daraus wird deutlich, dass eine Reihe weiterer auffälliger Zeichenformen in VAT 6692 bei künf-
tigen paläographischen Untersuchungen ebenfalls Berücksichtigung finden könnte.
Trotz mancher an verschiedenen Stellen seiner paläographischen Untersuchung anzutreffenden Ein-
schränkungen und Vorbehalte scheinen die Ergebnisse von M.W. insgesamt zu Gunsten einer Datierung des
„Tawagalawa-Briefes“ in die Zeit Ḫattušilis III. zu sprechen. Als unmittelbarer Vorgänger der letzten drei
uns bekannten und bislang zeitlich mit der Schriftphase IIIc in Verbindung gebrachten hethitischen Könige,
Tutḫaliya IV., Arnuwanda III. und Šuppiluliuma II., ist er als Autor dieses Textes dem im frühen 13. Jh. regie-
renden Muwatalli II. vorzuziehen.
Die Analyse der Schreibweise bzw. Graphie63 des Textes VAT 6692 gründet sich im Kapitel VI.3 Spelling
(S. 330–337) von M.W. auf mehrere Hauptkriterien, wie z.  B. in Kapitel VI.3.1 Sumerograms and Akkadograms (u.  a.

61 Dazu s. M.W. Kapitel VI.2 Paleography and Handwriting, S. 326  f. Er weist z.  B. darauf hin (l. c.), dass die Schrift in Vs. Kol. I und
in der ersten Hälfte von Vs. Kol. II flüchtiger und unordentlicher wirkt als im übrigen Text. Auch die Zeichenformen zeigen offen-
sichtlich kürzere Varianten. Er möchte sich jedoch zu Recht nicht in der Frage entscheiden, ob auffällige Unterschiede zwischen
Formen derselben Zeichen auf der Vorderseite und der Rückseite der Tafel, die teilweise auch schon in der zweiten Hälfte von Vs.
Kol. II einsetzen, oder das veränderte Schriftbild in diesen genannten Teilen des Textes, auf zwei verschiedene Schreiber zurück-
zuführen sind. Es wäre seiner Meinung nach auch denkbar, dass ein Schreiber jeweils eine zunächst bevorzugte Zeichenform
wechselte und dann in weiteren Abschnitten desselben Textes andere Formen desselben Zeichens verwendete. Letzteres kann in
heth. Texten durchaus vorkommen.
62 M.W. zog als weitere Stützen der Datierung der späten Formen von DI und KI in die Zeit von Ḫattušili III. zusätzlich zu den in
Table I (Kapitel VI.1.1) aufgeführten Dokumenten in Kapitel VI.1.2 noch weitere Texte heran, die teils in die Ära von Ḫattušili III.
(KBo 14.45 I 9 mit sehr spätem KI u. KUB 19.9 II 10 mit sehr spätem DI) oder teils ab Ḫattušili III. (KUB 21.19+ mit beiden Spätformen
u. KUB 21.8 II 3 mit sehr spätem KI) zeitlich einzuordnen sind.
63 Nicht selten wurde – besonders seit den 1970er Jahren (s. z.  B. Neu/Rüster 1975, VII; Neu 1985, 142 u. 154; Klinger/Neu 1990,
137) – in deutschsprachigen Publikationen von („ortho“-)graphischen Kriterien gesprochen, die gleichzeitig mit sprachlichen und

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376   S. Heinhold-Krahmer

über das Auftreten von Sumerogrammen gegenüber der syllabischen Schreibung des heth. Wortes und die
Verwendung von Akkadogrammen anstelle des heth. syllabisch geschriebenen Wortes usw.), in Kapitel VI.3.2
Determinatives (über das Auftreten und Fehlen von LÚ und URU) oder in Kapitel VI.3.4 Abbreviation die
Abkürzung pé.-an statt pé-ra-an. Nach einer eingehenden Darstellung seiner Hauptkriterien resümiert M.W.
abschließend (S. 337):

„The above phenomena thus appear to fit patterns that are more observable in later manuscripts of the thirteenth century
than they are in earlier ones.“

Ebenso wie bei den Ergebnissen seiner vorausgehenden Untersuchung über paläographische Merkmale im
„Tawagalawa-Brief“ dürften also auch mehrere graphische Eigenschaften zum Schluss führen, dass er eher
während der Regierung von Ḫattušili III. geschrieben wurde als während der seines älteren Bruders Muwa-
talli II. Diese Annahme deckt sich auch mit den sprachlichen Anhaltspunkten, die sich teils schon vor, teils
aber während der Neubearbeitung des Textes ergeben haben; s. oben Kapitel VIII.2.1.

paläographischen Merkmalen für die Datierung von Texten herangezogen werden können; zur Problematik der Termini „Ortho-
graphie“ und „orthographisch“ s. jedoch bereits Neu 1973, 222 mit Anm. 6. Mehrere von diesen Kriterien, die die verschiedenen
Schreibungen von Wörtern betreffen, scheinen vor allem gemeinsam mit paläographischen und sprachlichen Erscheinungs-
formen für die ungefähre zeitliche Festlegung – z.  B. auf die Ära eines bestimmten Herrschers oder in Relation zu bestimmten
historischen Ereignissen (termini ad quem/a quo/ante quem/post quem) – dann nützlich zu sein, wenn sich der betreffende Text,
wie hier der „Tawagalawa-Brief“, sei es aufgrund fehlender Nennung des Autors, des Adressaten, des Schreibers und weiterer
bekannter Personen oder aber bestimmter historischer Ereignisse, zeitlich nur recht grob eingrenzen ließ (in die Regierung von
Muwatalli II. oder in neuerer Zeit häufiger in die von Ḫattušili III.).

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J. Hazenbos
Glossar

Hethitisch

-a-  „er, sie, es“


 -aš N.Sg.c. I 1, 74, II 7, 60
 °a-aš N.Sg.c. I 4, II 1, 18, 71 (2×), 74, 75, 76, III 16, 43′ (2×), 48′, 55′, 61′
 -an A.Sg.c. I 9, 69, II 54, III 1 (2×), 49′, ⸢50′⸣, IV 55
 °a-an A.Sg.c. I 2, 9, 10, 13, 28, 46, 50 -ra-a]n, 62, 69 (2×), 70, II 5, 6 (2×),
[10], 22, 23, [30], III 1, 5, 6, 58′, IV ⸢11⸣, 41(?)**, 48,
51, 54, 55, 56
 -at N.-A.Sg.n. III ⸢41′⸣
 °a-at N.-A.Sg.n. I 52 (2×), II 8 n[a-a]t, 35, 36, 66, III ⸢44′⸣, 60′, IV 18, 31
 °a-aš A.Pl.c. I 66
 °a-at N.-A.Pl.n. I 60, 63 (2×) -a]t

-a/-ya  „und, auch”


 °a I 4, 19, 63, II ⸢12⸣, 52, III 14, IV 24
 -ia I [20], [49], 50 -i[a, [59], 60, II 60, 68, III 1, 7, 41′, ⸢50′⸣,
[54′], 56′

ammel s. uk

ammetaza s. uk

ammuk s. uk

annauli-/annawali-  „gleichgestellt“
 an-na-ú-li-iš N.Sg.c. II 14, III 44′ -[ú-li-i]š
 an-na-u̯ a-li-iš N.Sg.c. IV 56
 an-na-ú-li-ia-aš G.Sg.c./n. II 14 ⸢an⸣-na-⸢ú-li⸣-[ia-aš]

anda  „drinnen, hinein; in“


 an-da I 20 (-za=kan appa a. tarna-), 21 (-za=kan a. kiš-), 28
([-kan] a. eš-1), 49 (a. -kan uwe/a-), 53 (a. wemiye/a-),
III 5 (a. tarna-), 38′ (appa a. iya-), 40′ (a. tarna-),
⸢49′⸣ (-kan a. pai-/pa-)

apa-  „jener“
 a-pa-a-aš N.Sg.c. I 10 -[pa-a-aš], II 2, 28, 75, III 22 -⸢aš⸣, 48′ ⸢a⸣-, 49′ ⸢a-pa-
a⸣-, 59′ ⸢a⸣-, IV 43, 47, 53, 57
 a-pu-u-un A.Sg.c. II 10, IV 50
 a-pa-a-at N.-A.Sg.n. I 14, III 63′, IV 46, 52
 a-pé-e-el G.Sg.c./n. II 50
 a-pé-el G.Sg.c./n. I 26
 a-pé-el-l° G.Sg.c./n. II 12 -⸢pé-el-la⸣
 a-pé-e-da-ni D.-L.Sg.c./n. II 31 [a-p]é-, III 45′, 48′ ⸢a-pé-e⸣-[da-ni], 50′, IV 9 -⸢da-ni⸣,
12 -⸢e-da⸣-
https://doi.org/10.1515/9783110581164-009
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378   J. Hazenbos

 a-pa-x[ unklar III 45′


 a-pé-x[ unklar I 25 -x?, 29
 a-pé-x(-)[ unklar IV 40

appanda s. egir-panda

apadda  „deshalb, somit; damit, dadurch“


 a-pád-da II 31

apeniššuwant-  „solch“
 a-pé-e-ni-iš-šu-u-an-za N.Sg.c. IV 42
 a-pé-e-ni-šu-u-an-za N.Sg.c. IV 37

apiya  „dort, dorthin“


 a-pí-ia II 72**, III 16, IV 7 -⸢ia⸣

ar-1 Akt.  „gelangen, angelangen“


 ar-ḫu-un 1.Sg.Prt.Akt. I 6, 16

ar-2 M.  „stehen“


 ar-ta-ru 3.Sg.Imp.M. III 14 -⸢ru⸣

ara  „recht(ens)“
 a-a-ra II 8, IV 10 ⸢a-a⸣-

arḫa  „weg, fort“


 ar-ḫa I 1 ⸢ar⸣-ḫ[a] (a. ḫarganu-), 2 (a. warnu-), 35 (a.
[ḫarganu‑]), 36 (a. ḫarganu-?), 62 [ar-ḫ]a (-kan
a. uwe/a-), II 42 a]r- (a. tiye/a-), III 19, 25, 55′ (a.
daliye/a-), 57′ (a. daliye/a-), 65′ (a. pai-), 68′ [a]r- (a.
uwe/a‑?), IV 5 ⸢ar⸣- (-kan a.), 12, [23] (a. peššiye/a-),
30 (a. peššiye/a-)

arkuwar n.  „Bitte, Gesuch, Rechtfertigung“


 ar-ku-u̯ a-ar N.-A.Sg. II 64 -k[u-u̯ a-ar]

arnu-  „bringen, anbringen, anbieten, vorbringen“


 ar-nu-nu-un 1.Sg.Prt.Akt. II 64
 ar-nu-e-er 3.Pl.Prt.Akt. I 4 [a]r-, 5

arpuwant-  „schwierig“
 ar-pu-u-u̯ a-an N.-A.Sg.n. I 24

ašešanu-/ašišanu-  „hinsetzen, ansiedeln“


 a-ši-ša-nu-mi 1.Sg.Prs.Akt. III 69′

eḫu s. uwe/a-

ek-/ak(k)-  „sterben“
 akkant- Ptz.
 ak-kán-t[a?] N.-A.Pl.n. II 38

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Glossar   379

ep(p)-/app-  „nehmen, packen, ergreifen“


 e-ep 2.Sg.Imp.Akt. I 69, III ⸢1⸣

eš-/aš-1  „sein“
 e-šu-un 1.Sg.Prt.Akt. I 40, IV 34
 e-eš-ta 3.Sg.Prt.Akt. I 28, 73, 74
 e-šu-u-en 1.Pl.Prt.Akt. IV 9
 e-eš 2.Sg.Imp.Akt. IV 4
 e-eš-du 3.Sg.Imp.Akt. II 67, III 16
 ašant- Ptz.
 a-ša-an-ta-an A.Sg.c. III 3

eš-/aš-2  „sitzen; M. sich setzen“


 e-eš 2.Sg.Imp.Akt. IV 3 (-kan katta e.)
 e-ša-ru 3.Sg.Imp.M. II 28 ⸢e⸣-, 71, 75

ešḫar r/n-Stamm n.  „Blut, Bluttat“


 e-eš-ḫar N.-A.Sg. II 8**, IV 52

ḫandaš  „entsprechend, um … willen“


 ḫa-an-da-aš I 38 ⸢ḫa⸣-, 59, II 55

ḫanti  „getrennt, besonders“


 ḫa-an-ti IV 48

ḫantiye/a-  „versorgen“
 ḫa-an-ti-ia-zi 3.Sg.Prs.Akt. III 58′ -⸢zi⸣ (-kan ḫ.)

ḫanza  „vorn“
 ḫa-an-za III 1

ḫar(k)-  „haben, halten“


 ḫar-mi 1.Sg.Prs.Akt. IV 15
 ḫar-zi 3.Sg.Prs.Akt. II 73
 ḫar-ku-un 1.Sg.Prt.Akt. I 62
 ḫar-ta 3.Sg.Prt.Akt. I 12 ḫa[r-ta]
 ḫar-kán-na Inf. IV 47 (oder zu ḫark-?)

ḫark-  „zugrunde gehen, umkommen“


 ḫar-kán-na Inf. IV 47 (oder zu ḫar(k)-?)

ḫarganu-  „vernichten“
 ḫar-ga-nu-nu-un 1.Sg.Prt.Akt. I [35] (arḫa ḫ.), 36 (ḫar-g[a-) (arḫa ḫ.)
 ḫar-ga-nu-ut 3.Sg.Prt.Akt. I 2 [ḫar-g]a-⸢nu⸣- (arḫa ḫ.)

ḫatra(i)-  „schicken, schreiben“


 ḫa-at-ra-a-mi 1.Sg.Prs.Akt. II [37], 66
 ḫa-at-ra-a-i 2.Sg.Imp.Akt. III 63′ ⸢ḫa⸣-, -⸢ra-a-i⸣

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380   J. Hazenbos

ḫuye/a-  „laufen“
 ḫu-u-ia-zi 3.Sg.Prs.Akt. III 51′

ḫulliye/a-  „bekämpfen“
 ḫu-ul-li-ia-nu-un 1.Sg.Prt.Akt. I 25

ḫumant-  „ganz, gesamt“


 ḫu-u-ma-an N.-A.Sg.n. I 36 -⸢an⸣, 40 -⸢ma⸣-a[n

iya- M.  „gehen“


 i-ia-at-ta-ri 3.Sg.Prs.M. IV 38
 i-ia-an-ta-ri 3.Pl.Prs.M. III 38′ -⸢ia-an⸣-[t]a- (appa anda i.)

iye/a- Akt.  „machen, tun“


 i-ia-nu-un 1.Sg.Prt.Akt. II [55]
 i-ia-at 3.Sg.Prt.Akt. II 32
 i-ia 2.Sg.Imp.Akt. II 65, III 8

imma „gar“; mit Negation in Fragesätzen „(nicht) etwa?“


 im-ma II 74

ištamašš-  „hören, zuhören“


 iš-ta-ma-aš-mi 1.Sg.Prs.Akt. II 15
 iš-ta-ma-aš-ša-an-du 3.Pl.Imp.Akt. I 61 [iš-t]a-
 ištamaške/a- Impf.
 iš-ta-ma-aš-ke-et 3.Sg.Prt.Akt. I 63 ⸢iš⸣-
 iš-ta-ma-aš-ker 3.Pl.Prt.Akt. I 64 [iš]-
 iš-ta-ma-aš-ke-ed-du 3.Sg.Imp.Akt. I 33 -ma-a[š-ke-ed-du
 iš-ta-ma-aš-kán-du 3.Pl.Imp.Akt. I 34

it s. pai-

ka  „hier“
 ka-a I 14 ⸢ka⸣-, 73, III 55′, IV 48

ka-  „dieser“
 ka-a-aš N.Sg.c. II [27], 70, 72** ⸢ka⸣-, III 55′
 ki-i N.-A.Sg.n. I 50, II 3, 5, 11, 19, [25], 64, III ⸢62′⸣
 ke-e N.-A.Sg.n. III 7 ⸢ke⸣- (oder Pl.?)
 ke-e-el G.Sg.c./n. III 8
 ke-e-da-ni D.-L.Sg.c./n. I 50, 59 [ke]-⸢e-da-ni⸣
 ke-e N.-A.Pl.n. I 32, 34, III 7 ⸢ke⸣- (oder Sg.?)
 ki-i N.-A.Pl.n. III 52′
 ke-e-da-aš D.-L.Pl.c./n. I 4 ⸢ke⸣-, 5

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Glossar   381

-kan  Satzpartikel
 -kán I 5** (+ gam uwe/a-), ⸢9⸣ (+ -za kattan tittanu-),
10 (+ kariyanu-), 19 (+ -za appa anda tarna-),
20 (+ -za anda kiš-), 24 (+ šarā pai-/pa-), 25, [27] (+
anda eš-), 38 (+ egir-pa? šarā uwe/a-), 40
(+ 𒑱ḫašp-), 43, 47, 49 (+ anda uwe/a-), 56 -ká]n (+
dai-), 61 (+ arḫa uwe/a-), 67 (+ pariyan uye/a-), 68
(+ pariyan penna/i(ya)-), 69 (+ -za kattan tittanu-),
71 (+ tapuša uwe/a-), II 20 (+ parā tiye/a-), 23 (+ -za
𒑱pašiḫa(i)-), 24 (+ -za 𒑱pašiḫa(i)-), 51, 57 (+ dai-), 60
(+ tiye/a-), 63 (+ takš-), III 9 (+ tapuša uwe/a-), 12
(+ tapuša uwate-), 15 -k[án, 41′, 42′, ⸢46′⸣ (+ [ ] pai-/
pa-), ⸢47′⸣, ⸢48′⸣ (+ anda pai-/pa-), 49′ (+ -za appa
tarna-), 51′ (+ appanda pidda(i)-), 53′ (+ parranda
pai-/pa-), 58′ (+ ḫantiye/a-), 60′ (+ 𒑱uša(i)-), IV [3]
(+ katta eš-2), 5 (+ arḫa), 7 (+ šer eš-1), 12 (appanda
pidda(i)-), 37, ⸢41⸣**, 43, 48, 50 (+ kuer-/kur-), 51, 53,
54, 55 (+ si×sá), 57
 °k-kán II 65 (2×) (+ dai-/te-/tiya-)

kappuwa(i)-  „zählen, berechnen“


 kap-pu-u-u̯ a-it 3.Sg.Prt.Akt. III 66′ -[u̯ a-]⸢it⸣ (egir-an k.)

kari  mit tiye/a- „willfahren, einem Wunsch entsprechen“


 ka-a-ri II 18, 19 ⸢ka-a⸢-

kariyanu-  „zum Schweigen bringen, nicht ausreden lassen“


 ka-ri-ia-nu-ut 3.Sg.Prt.Akt. I 11 -⸢ia⸣- (-kan k.)

(𒑱)kargaranti  „gerne“
 kar-ga-ra-an-ti III 45′ ⸢kar⸣-
 𒑱kar-ga-ra-an-ti IV 13 -r[a-an-ti?

karū  „schon, früher“


 ka-ru-ú II 23 ⸢ka-ru⸣-[ú, IV 32 -[ú

kāša  „hiermit, meinerseits, hier (bei mir)“


 ka-a-ša I 17 ⸢ka⸣-, II 26

kašaššiya
 ka-a-ša-aš-ši-ia unklar III 52′

kašma  „bei dir, bei euch“


 ka-a-aš-ma II 57

kinun/kinuna  „jetzt/jetzt aber“


 ki-nu-na II 13, IV 44

kiš- M.  „werden; (mit anda) sich anschliessen“


 ki-iš-ta-ti 2.Sg.Prs.Akt. I 21 -⸢ti⸣ (-za=kan anda k.)

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382   J. Hazenbos

kiššan  „so, folgendermaßen“


 ki-iš-ša-an III 3
 kiš-an I 27 ⸢kiš⸣-, 49 kiš?-]a[n, II 62

kuen-/kun-  „töten“
 ku-na-an-na-aš G.Sg.Verbalsubst. II 7

kuer-/kur-  „abschneiden“
 ku-ra-an-zi 3.Pl.Prs.Akt. IV 51
 ku-ra-an-du 3.Pl.Imp.Akt. IV 49, 50 k[u-ra-an-du (-kan k.)

kui-  „wer, welcher? (Fragepronomen); der (Relativpronomen)“


 ku-iš N.Sg.c. II 72, III 9 [ku-i]š?, IV 47
 ku-in A.Sg.c. IV 51
 ku-it N.-A.Sg.n. II 51 (oder zu kuit?), IV 20
 ku-e-da-ni D.-L.Sg.c./n. II 7 [k]u-e-[d]a-, 63, III 39′, 68′ -⸢da⸣-, IV 8, [19]
 ku-e N.-A.Pl.n. I 32, [60]
 ku-e-da-aš D.-L.Pl.c./n. I 62

kuiški  „jemand, irgendein“


 ku-iš-ki N.Sg.c. II ⸢11⸣ (unsicher), 53, 54, 58 k[u-iš-ki]
 ku-in-ki A.Sg.c. I 19, 20, IV 47
 ku-it-ki N.-A.Sg.n. I 55 -⸢ki⸣, III 4 -⸢it-ki⸣

kuit  „weil, da; dass“


 ku-it I 18, 36, 51 k]u-, 64, II 21, 46 k]u-, 51 (oder zu kui-?), 73,
III 12 -i[t

kuitman  „während, solange wie“


 ku-it-ma-n° II 71 (2×), 75, 76

kurur  „Feind; feindlich“ (indeklinabel)


 ku-ru-ur N.Sg.c. IV 4 (2×, 1× ⸢ku-ru⸣-), 5
 ku-ru-ur N.Pl.c. IV 8
 ku-ru-ur N.-A.Sg.n. IV 10

kururiyaḫḫ-  „Krieg führen, Feindschaft haben“


 ku-ru-ri-aḫ-ḫu-u-en 1.Pl.Prt.Akt. IV 19

kuwapi „als, sobald, sowie“


 ku-u̯ a-pí I 71, III 46′, 56′, IV 4 [ku]-⸢u̯ a-pí⸣, 52

kuwat  „warum?“
 ku-u̯ a-at I 65, II 2

kuwatka  „irgendwie“
 ku-u̯ a-at-ka4 II 56

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Glossar   383

laknu-  „ins Wanken bringen; umstimmen“


 la-ak-nu-ut 3.Sg.Prt.Akt. IV 9 -u[t]

lē  „nicht (in Verboten)“


 le-e I 19, 20, 21, II 10, III 26, IV 5, 26

li(n)k-  „schwören, beschwören“


 li-in-ku-un 1.Sg.Prt.Akt. I 33
 li-in-ki 2.Sg.Imp.Akt. II 6

lingai- c./n.  „Eid“


 le-en-ga-uš N.-A.Pl.c. II 52

linganu-  „vereidigen“
 li-in-ga-nu-nu-un 1.Sg.Prt.Akt. I 66

-ma  „aber; und“


 -ma I ⸢10⸣, 11, 15, 16, 22, 26, 35, 52, 53, ⸢54⸣, 58, 73, II 1, 3, ⸢7⸣,
9, [25], 28, 50, 58, 62, 65, 67 (2×, 1× ⸢ ⸣), 70 (2×), 72, III
7, ⸢22⸣ (Goe., So.), 48′, 49′, 54′, 59′, 60′, ⸢62′⸣, 67′, IV
5, 11 (2×), 31, 32, ⸢35⸣, 44, 49

mala(i)-  „zustimmen“
 ma-la-a-ši 2.Sg.Prs.Akt. III 62′ (-za m.)

(-)man  (modale Partikel)


 ma-a-an II 12, 16
 ma-a-x[ I ⸢45⸣
 ma-an II 17, 19
 -ma-an I 12
 -ma-a-n° I 46
 -ma-n° IV 56

mān  „wenn, falls; obwohl; ob“


 ma-a-an I 15, 17, 27, II 3, 11, 16, 25 -⸢a-an⸣, 32, [55], 62, 66, 67, 70, III
7, 18, 51′ -⸢a⸣-, 60′ [m]a-, 64′, 67′ [m]a-, -⸢an⸣, IV 6, 11
m]a-, 21 -a[n, 27, 34, 36, 43, 49
 ma-a-n° III 43′ (2×), IV 55

manka  „irgendwie“; mit Negation „überhaupt nicht“


 ma-an-ka4 II 55 -a[n-ka4 (ul m.), IV 57

marleššant-  „verrückt“
 mar-le-eš-ša-an-za N.Sg.c. IV 40

mekki-  „viel“
 me-ek-ki-iš N.Sg.c. III 9 -⸢ek-ki-iš?⸣
 me-ek-ki N.-A.Sg.n. II 32
 me-ek-k[i unklar III 23

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384   J. Hazenbos

mekki  „sehr“
 me-ek-ki II 74**

mema/i(ya)-; memma-  „sagen, sprechen, berichten“


 me-ma-aḫ-ḫi 1.Sg.Prs.Akt. I 60
 me-ma-i 3.Sg.Prs.Akt. II 3, [25], III 15, IV 41
 me-mi-iš-ta 3.Sg.Prt.Akt. IV 53, 56
 me-ma-aš 3.Sg.Prt.Akt. I 11 -m[a-aš (-za natta m.), I 13 (-za natta m.), 71 *m[e?-]
ma*- (-za? natta m.)
 me-em-ma-aš 3.Sg.Prt.Akt. II 37 (-za natta m.)
 me-ma-an-du 3.Pl.Imp.Akt. I 67
 memiške/a-
 me-mi-iš-ke-ez-zi 3.Sg.Prs.Akt. III 52′ -⸢ke-ez-zi⸣
 me-mi-iš-ke-et 3.Sg.Prt.Akt. II 28 -m[i-iš-ke-et]

memiya-/memi(ya)n- c./n.  „Wort; Sache; Angelegenheit; Sachverhalt; Grundsatz“


 me-mi-aš N.Sg.c. III 56′, IV 42, 43, 45, 53(?) -[mi-aš
 me-mi-an A.Sg.c./N.-A.Sg.n. I 65, 66, II ⸢9⸣, 13, 15, 24, 25
 me-mi-ia-ni D.-L.Sg. IV 17
 me-mi-ni D.-L.Sg. I 50 -⸢mi-ni⸣, 59 m]e-, II 7, IV 19 me]-

-mu  „mir, mich“ (D.-L./A.)


 -mu I 6 -m[u, 7 (2×), 8, 14, 20 -m]u, 23, 26, ⸢43⸣, 49, 50, 53,
54 (2×, 1× ⸢ ⸣), 70, II 2, 6, 9, 11, 13, 18, 29, 57, 59, 64,
74, III 10, ⸢17⸣, IV ⸢9⸣, 17, 18, 28, 32, 33, 36

naḫ-/naḫḫ-  „sich fürchten“


 na-aḫ-mi 1.Sg.Prs.Akt. II 26
 na-aḫ-ta 3.Sg.Prt.Akt. II 8
 naḫḫeške/a-
 na-aḫ-ḫe-eš-ke-mi 1.Sg.Prs.Akt. II 29 [na]- -eš!-

namma  „weiter, ferner; wieder“


 nam-ma I 1 ([nam-m]a), 14, II 17, 55, III 2, 4 (2×, 1× ⸢nam⸣-),
52′, IV 20 na]m-, 26 -m[a

-(n)naš  „uns“ (D.-L./A.)


 °n-na-aš IV 7, 10 -[an]-

našma  „oder“
 na-aš-ma II 27

naššu  „oder“
 na-aš-šu II 12

nepiš(a)- c./n.  „Himmel“


 ne-pí-š[a- unklar IV 57

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Glossar   385

nu  „und; dann“


 nu I 1, [3], 5**, 6 (2×), 7, 8, 10, 11, 14, 15, 17, 18, 23 (2×), 24 (2×,
1× [ ]), 25, 27, 32, 33, 36, 38, 39 (unsicher), 40, 43, 47,
48, [49], 52 (2×, 1× [ ]), 54, [58], 60, 61, 69 (2×), 70, II
6 (2×), 11, 14, 15, 20, 21, 23 (2×), 26, 27, 29, [30], 31, 35,
36, 55 (2×, 1× [ ]), 57 (2×), 61, 64, 65, 66, 68, 70, III 6,
8, 11 (2×), 13, 47′, 51′, 64′, 65′, 67′, 68′, IV [3], ⸢3⸣, 4, 7,
9, 10, 12 n]u, 14, 17, ⸢19⸣, 20, 27, 28, 40, 46, 50, 52, 53
 nu-u° I 8, 12, 16, 32, 64, 66, 73, II 4, 34, 63 -⸢uš⸣-, 66, 75, III 63′,
IV 11, 47 -u[t-
 n° I 2, 4, 13, 62, [63], 66, II 1, 5, 8 n[a-, 74, III 1, 5, 6, 16, 48′,
55′, 58′, 61′, IV 18, 31, 48, 51, 54

nuwa  „noch“
 nu-u-u̯ a I 65 [nu?-]<u->, II 28

pai-1/pa-  „gehen, ziehen“


 pa-a-i-mi 1.Sg.Prs.Akt. I 31, III 54′ (-kan parranda p.)
 pa-iz-zi 3.Sg.Prs.Akt. IV 52 -z[i
 pa-a-u-un 1.Sg.Prt.Akt. I 24 -u[n (-kan šarā p.), 44 -u[n (appanda p.), 58 (2×),
II 20
 pa-it 3.Sg.Prt.Akt. I 1, III 47′ (-kan [ ] p.), 49′ (-kan anda p.)
 i-it 2.Sg.Imp.Akt. I 9, 68, II 22, III 65′ (arḫa i.), IV 7

pai-2/pe-/pi(ya)-  „geben“
 pa-a-i 2.Sg.Imp.Akt. I 15, II 30
 pé-eš-du 3.Sg.Imp.Akt. II 31 -⸢du⸣

parā  „vorwärts; heraus“


 pa-ra-a II 20 (-kan p. tiya-), 54 -⸢a⸣-

par(r)anda  „hinüber“
 pár-ra-an-da III 53′ -⸢da⸣ (-kan p. pai-/pa1)

pariyan  „hinüber“
 pa-ri-ia-an I 67 (-kan p. uye/a-), 68 (-kan p. penna/i(ya)-)

-pat  „gar, eben; selbst; doch“


 -pát I 14, 27, 71, II 20, 28, 32, 55

peḫute/a-  „hinschaffen; bringen“


 pé-ḫu-te-ez-zi 3.Sg.Prs.Akt. II 69 (appa p.)
 pé-e-ḫu-te 2.Sg.Imp.Akt. II 22 pé]-⸢e⸣-

penna/i(ya)-  „schicken; fahren“


 pé-en-na-aḫ-ḫu-un 1.Sg.Prt.Akt. II 16
 pé-en-ni 2.Sg.Imp.Akt. I 68 (-kan pariyan p.)

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386   J. Hazenbos

peran  „vorne; vor“


 pé-ra-an II 53, III 12 (-za p. katta dai-/te-/tiya-), IV 21, 22, 24
 pé.-an IV 46

peššiye/a-  „werfen; verwerfen“


 pé-eš-ši-ia-iz-zi 3.Sg.Prs.Akt. IV 23 ([arḫa] p.)
 pé-eš-ši-i[a- unklar IV 30 (arḫa p.)

peda- n.  „Ort, Stelle“


 pé-di D.-L.Sg. I 14, II 71, III 68′ -[di], IV 3
 pé-e-di-e° D.-L.Sg. II 75
 pé-di-e° D.-L.Sg. II 27 pé-]⸢di⸣-

pidda(i)-  „laufen, fliehen“


 piddaeške/a- Impf.
 píd-da-iš-kán-zi 3.Pl.Prs.Akt. IV 13 -⸢da-iš-kán-zi⸣ (-kan appanda p.)
 píd-da-eš-ker 3.Pl.Prt.Akt. III 51′ -ker! (-kan appanda p.)

punušš-  „fragen“
 pu-nu-šú-un 1.Sg.Prt.Akt. II 19
 pu-nu-uš 2.Sg.Imp.Akt. I 27

šai-/ši(ya)-; šiye/a-  „siegeln, mit einem Siegel versehen“


 šiyant- Ptz.
 ši-ia-an-ta-an A.Sg.c. II 62

šakuwaššar(a)-  „vollständig, zur Gänze“


 ša-ku-u̯ a-šar N.-A.Sg.n. I 66
 ša-ku-u̯ a-aš-ša-ri D.-L.Sg.c./n. I 30

šalli-  „groß“
 šal-li N.-A.Sg.n. II 74

šanna-  „verschweigen“
 ša-an-na-an-zi 3.Pl.Prs.Akt. I 65

šanḫ-  „suchen; verlangen; sich kümmern“


 ša-an-aḫ-mi 1.Sg.Prs.Akt. I 22 (appan(?) š.)
 šanḫeške/a-
 ša-an-ḫe-eš-ke-ši 2.Sg.Prs.Akt. I 17

šarā  „hoch, hinauf; auf“


 ša-ra-a I 24 (-kan š. pai-/pa-), 39 (-kan appa(?) š. uwe/a-), 45 (š.
uwe/a-), III ⸢48′⸣ (š. tiye/a-), 64′ (š. tiye/a-)

šarku-  „mächtig“
 šar-ku-uš N.Sg.c. I 74

šenaḫḫa- n.?  „Hinterhalt(?)“


 še-na-aḫ-ḫa N.-A.Pl.n.? I 26 -⸢ḫa⸣

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Glossar   387

šer  „oben; obendrein; auf; wegen“


 še-er II 64, IV 8 (-kan š. eš-/aš-1), 19

-(š)ši  „ihm, ihr“


 °š-ši I 8, 12, 16, II 4, 27 (2×, 1× []), 34, 63 -⸢uš⸣-, 70, 75, III 2, 63′,
IV 11
 -ši II 24, 25, 51, III 46′, 56′, IV 6
 -ši-i=a- III 60′

-(š)ši-  „sein, ihr“


 °š-ši D.-L.Sg.c./n. II 75
 -ši D.-L.Sg.c./n. I 14, II 71

-šmaš  „ihnen“
 °š-ma-š=a- I 64

šulliye/a-  „streiten“
 šu-ul-li-ia-zi 3.Sg.Prs.Akt. IV 39

-tta  „dir, dich“


 °t-ta I 32, 66, 73, II 21, 66, 67, 68, III 66′, 68′, IV 47 -[ta
 -tá=k- II 65 (2×)

da-/d-  „nehmen“
 da-a 2.Sg.Imp.Akt. I 7, II 10

dai-/te-/tiya-  „setzen“
 te-eḫ-ḫi 1.Sg.Prs.Akt. II 36, 65 (2×, 1× -ḫ[i])
 te-ḫi 1.Sg.Prs.Akt. II 35, III 6
 da-a-i 3.Sg.Prs.Akt. I 56 (auch 2.Sg.Imp. möglich; -kan d.), III 12 -⸢i⸣ (auch
2.Sg.Imp. möglich; -za peran katta d.)
 da-a-i 2.Sg.Imp.Akt. I 56 (auch 3.Sg.Prs. möglich; -kan d.), III 12 -⸢i⸣ (auch
3.Sg.Prs. möglich; -za peran katta d.)
 da-a-ú 3.Sg.Imp.Akt. II 57 (-kan d.)

takš-, takkešš-/takkišš-  „zufügen“


 ták-ki-iš-ša-an-zi 3.Pl.Prs.Akt. II 63 -⸢zi⸣ (-kan t.)

takšula(i)-  „sich vertragen“


 ták-šu-la-u-en 1.Pl.Prt.Akt. IV 10 -⸢la⸣- -[en

daliye/a-  „lassen“
 da-li-ia-mi 1.Sg.Prs.Akt. III 55′ (arḫa d.)
 da-li-ia-zi 3.Sg.Prs.Akt. III 57′ -⸢zi⸣ (arḫa d.)
 da-li-ia-nu-un 1.Sg.Prt.Akt. I 38 ⸢da⸣- -⸢un⸣, II 33

damai-  „anderer“
 da-me-e-da-ni D.-L.Sg.c./n. IV 3 da-me]-⸢e⸣-
 da-me-da-za Abl.c./n. IV 4 -⸢da-za⸣

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388   J. Hazenbos

tapariya-  „Machtbereich(?)“
 ta-pa-ri-ia D.-L.Sg. I 20 -r[i?-ia?

tapuša  „neben, seitwärts, an die Seite“


 ta-pu-ša I 72 (-kan t. uwe/a-), III 9 (-kan t. uwe/a-), 13 (-kan t.
uwate/a-)

dariyanu-  „ansprechen“
 da-a-ri-ia-nu-zi 3.Sg.Prs.Akt. II 56 -⸢ia⸣-

tarna-  „lassen“
 tar-na-aḫ-ḫi 1.Sg.Prs.Akt. III 5 (anda t.)
 tar-na-at-ti 2.Sg.Prs.Akt. I 20 (-za=kan appa anda t.)
 tar-na-i 3.Sg.Prs.Akt. IV 22 -⸢i⸣, 23 t[ar-na-i
 tar-na-aḫ-ḫu-un 1.Sg.Prt.Akt. IV 25 -[un
 tar-na-aš 3.Sg.Prt.Akt. III 50′ (-za=kan appa t.)
 tarnant- Ptz.
 tar-na-n=a- N.-A.Sg.n. III 44′
 tarniške/a-
 tar-ni-iš-ke-ez-zi 3.Sg.Prs.Akt. III 40′ -⸢iš-ke⸣-ez!- (anda t.)

tepawaḫḫ-  „erniedrigen“
 te-pa-u̯ a-aḫ-da 3.Sg.Prt.Akt. I 13 -u[a-a]ḫ-

tiye/a-  „treten“
 ti-ia-zi 3.Sg.Prs.Akt. II 42 (arḫa t.)
 ti-ia-nu-un 1.Sg.Prt.Akt. II 21 (-kan parā t.)
 ti-ia-at 2./3.Sg.Prt.Akt. I 23, II 18 t[i-i]a-⸢at⸣ (kari t.), 20 (kari t.) III 48′ (šarā t.)
 ti-i-ia 2.Sg.Imp.Akt. III 64′ -⸢ia⸣ (šarā t.), IV 2 ⸢ti⸣-
 tiške/a-
 ti-iš-ke-ez-zi 3.Sg.Prs.Akt. II 60 (kattan t.)
 ti-iš-ke-et 3.Sg.Prt.Akt. II 61 (-kan kattan t.)

tittanu-  „Platz nehmen lassen“


 ti-it-ta-nu-ut 2.Sg.Imp.Akt. I 10 -⸢ut⸣ (-za=kan kattan t.), 70 -⸢ta⸣- (-za=kan kattan t.)

tuel s. zik


tuḫkanti- c.  „tuḫkanti (designierter Thronfolger)“
 LÚ
tu-uḫ-kán-ti-in A.Sg. I 7 ⸢tu⸣-

uye/a-  „schicken, senden“


 u-i-ia-mi 1.Sg.Prs.Akt. II 26 ⸢u⸣-[i-ia-mi, 27
 u-i-ia-nu-un 1.Sg.Prt.Akt. I 9, 68 (-kan pariyan u.), II 4 -⸢i-ia⸣- -⸢un⸣ (igi-anda u.)
 u-ia-nu-un 1.Sg.Prt.Akt. II 58
 u-i-ia-at 3.Sg.Prt.Akt. I 7 (igi-anda u.)
 u-i-ia 2.Sg.Prs.Imp.Akt. I 8, IV 47

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Glossar   389

uk  „ich“
 ú-uk N. II 20, IV 7, 35
 am-mu-uk-k° N. I 28, IV 24
 am-me-el G. I 17, 21, II 11, 13 ⸢am⸣-, 14 -⸢el⸣, 17 -⸢el⸣, 23 a]m-me-⸢el⸣, 69,
III 11, 27 -e[l, 44′, 46′ -me-, [55]
 am-me-el-l° G. II 52 ⸢am-me⸣-, III 14
 am-mu-uk D.-L. II 40
 ú-uk-k° D.-L. I4
 am-me-ta-za Abl. IV 5
 am-mu-uk-k° unklar IV 41
 am-mu-uk unklar IV 43

ukila  „ich (selbst)“


 ú-ki-la N. II 15 ⸢ú?-ki?⸣-

unna/i(ya)-  „(her)schicken; (her)fahren“


 u-un-né-eš-ta 3.Sg.Prt.Akt. I 74 -⸢eš-ta⸣ (menaḫḫanda u.)

uppa/i(ya)-  „schicken“
 up-pa-an-zi 3.Pl.Prs.Akt. II 63
 up-pa-aḫ-ḫu-un 1.Sg.Prt.Akt. IV 44
 up-pé-eš-ta 3.Sg.Prt.Akt. IV 33

uppeššar r/n-Stamm n.  „Sendung“


 up-pé-eš-šar N.-Akk-Sg. I 54

uda-  „bringen“
 ú-da-aš 3.Sg.Prt.Akt. I 54, IV 48

uttar r/n-Stamm n.  „Wort; Sache“


 ut-tar Sg.N.-A. III 62′

uwe/a-  „kommen“
 ú-u̯ a-mi 1.Sg.Prs.Akt. I 15 -m[i], 18
 ú-ez-zi 3.Sg.Prs.Akt. II 71, 72** (appa u.), 75, 76 -[ez-z]i (appa u.), III 11 -⸢zi⸣,
61′ ⸢-ez⸣- (appa u.)
 ú-u̯ a-nu-un 1.Sg.Prt.Akt. I 5 (-kan gam u.), 39 (-kan appa(?) šarā u.),
45 (šarā u.)
 ú-et 2.Sg.Prt.Akt. II 68
 ú-et 3.Sg.Prt.Akt. I 4, 62 (-kan arḫa u.), 72 -⸢et⸣ (-kan tapuša u.), II 46 -⸢et⸣,
III 10 (-kan tapuša u.), IV 45, 46, 54 (-kan u.)
 e-ḫu 2.Sg.Imp.Akt. I 49 -ḫ[u (anda -kan e.), II 64, III 68′ (arḫa e.)
 ú-ed-du 3.Sg.Imp.Akt. III 43′ ⸢ú⸣-

uwate/a-  „(her)senden, (her)schaffen, (her)bringen, (her)geleiten“


 ú-u̯ a-te-ez-zi 3.Sg.Prs.Akt. I8
 ú-u̯ a-te-et 3.Sg.Prt.Akt. III 13 (-kan tapuša u.)
 ú-u̯ a-ti 2.Sg.Imp.Akt. I 10, 70 (menaḫḫanda u.), II 7 (menaḫḫanda u.), 23
 ú-u̯ a-te-ed-du 3.Sg.Imp.Akt. III 2

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390   J. Hazenbos

-wa(r-)  Partikel der direkten Rede


 -u̯ a I 7 (2×), 8, 14, 15 (2×), 17 (2×), 18, 19, [20], 21, 30 [-u̯ a], 49,
50, 55, [56], 59, 68, II 10 (2×, 1× -u̯ a(-)[), 11, 12, 13, 14,
⸢17⸣, 23, [25], 26 (2×), 27, 29, 30, [56], 57, 64 (2×), 65
(2×), 67, 68, 70, III 3(?), 15, ⸢17⸣, {52′}, 53′, 54′, 64′,
65′, 67′ (2×), IV [3], ⸢3⸣, 4, ⸢5⸣, 6, 7, ⸢9⸣, 10, 33
 -u̯ a-aº II 21, 27 -[aš, 67, 68, 70, III 66′, 68′, IV 7, 10 -⸢u̯ a⸣-[an]-
 -u̯ a-rº I 9, 10, [50], 52 (2×, 1× -u̯ ]a-), 60, 69 (2×), 70, II 6 (2×), 18,
22, 23, [30], 35, 36, 66

walḫ-  „schlagen, überfallen“


 walḫeške/a-
 u̯ a-al-aḫ-ḫe-eš-ke-ez-zi 3.Sg.Prs.A I 51, III 59′ -⸢aḫ-ḫe⸣-

warnu-  „verbrennen“
 u̯ a-ar-nu-ut 3.Sg.Prt.Akt. I 2 (arḫa u.)

waršiye/a-  „sich beruhigen“


 u̯ a-ar-ši-ia-zi 3.Sg.Prs.Akt. II 67, 68

waštul n.  „Verfehlung“


 u̯ a-aš-túl N.-A.Sg. IV 21, 23

watar r/n-Stamm n.  „Wasser“


 u̯ a-a-tar N.-A.Sg. I 42

watarnaḫḫ-  „beauftragen“
 u̯ a-tar-na-aḫ-ḫu-un 1.Sg.Prt.A II 5

wemiye/a-  „finden, antreffen“


 ú-e-mi-ia-mi 1.Sg.Prs.Akt. I 19
 ú-e-mi-ia-at 3.Sg.Prt.Akt. I 53 (anda w.)

-za  Reflexivpartikel
 -za I 9 (+ -kan kattan tittanu-), 11 (+ natta mema/i(ya)-),
12 (+ natta mema/i(ya)-), 19 (+ -kan appa anda
tarna-), 20 (+ -kan anda kiš-), 47, 69 (+ -kan
kattan tittanu-), II 23 (+ -kan pašiḫa(i)-), 24 (+
-kan pašiḫa(i)-), 37 (+ natta mema/i(ya)-), 64,
73 (+ ḫar(k)-), III 1 (+ ḫanza ep(p)-/app-), ⸢11⸣ (+
peran katta dai-/te-/tiya-), 44′, 49′ (+ -kan appa
tarna-), 54′, 62′ (+ mala(i)-), IV ⸢3⸣, 4, 5, 20, 46

zaḫḫai- c.  „Schlacht“


 za-aḫ-ḫi-ia D.-L.Sg. I 23, 28

zik  „du“
 zi-ik-k° N. I 19 [zi-i]k-
 tu-e-el G. I 19 [t]u-, III 1 -⸢e-el⸣
 tu-el G. III 58′, IV 47
 tu-uk D.-L. IV 55

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Glossar   391

Glossenkeilwörter

𒑱ḫašp-  „zu Fall bringen“


 𒑱ḫa-aš-pa-ḫa 1.Sg.Prt.Akt. I 41 (-kan ḫ.)

𒑱kargaranti
 s. (𒑱)kargaranti

𒑱pašiḫa(i)-  „?“; mit gaba-ši „missachten”


 𒑱pa-ši-ḫa-a-ti 3.Sg.Prs.Akt. II 25 (-za=kan p.)
 𒑱pa-ši-ḫa-a-id-da 3.Sg.Prt.Akt. II 24 -d[a (-za=kan p.)

𒑱uša(i)-  „?“
 𒑱ú-ša-a-i-ḫa 1.Sg.Prt.Akt. III 60′ ⸢ú⸣- (-kan u.)

𒀹zaršiya- c.  „(Sicherheits-)Garantie, sicheres Geleit“


 𒀹za-ar-ši-ia-aš N.Sg. II 62
 𒀹za-ar-ši-ia-an A.Sg. II 61, III 2 -⸢ar-ši⸣, -[an
 𒀹za-ar-ši-ia D.-L.Sg. II 33 𒀹za-a]r-, 64

Sumerogramme

bàd  „Befestigung“
 bàd I ⸢2⸣

dam  „Gattin, Frau“


 dam III 54′, 56′

dingir  „Gott“
 dingir-lu4 N.Sg. II 54

dub  „Tontafel“
 dub IV 58/Kolophon

dumu  „Kind, Sohn“


 dumumeš Pl. III 54′, 56′
 dumu II 4, III ⸢41′⸣

dumu-atar n. r/n-Stamm n.  „Kindheit, Jugend“


 dumu-an-na-aš G.Sg. II 59

dumu.nita  „Sohn“
 dumu.nita II 30

é (heth. per/parn- n.)  „Haus, Gebäude, Behausung, Hauswesen“


 é-er N.-A.Sg. II 51
 é-tu4 N.-A.Sg. III 54′ [-tu4, 56′
 émeš Pl. I2

egir-an (heth. appan)  „wieder; zurück; hinten“


 egir-an I 12 (e. šanḫ-), I 21 egi]r? -⸢an⸣ (e. kappuwa(i)-), III 66′

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392   J. Hazenbos

egir-ezzi- (heth. appezzi-)  „letzter; unbedeutend“


 egir-ez-zi-iš N.Sg.c. II 59

egir-pa (heth. appa)  „wieder; zurück; hinten“


 egir-pa I 20 (-za=kan e. anda tarna-), 38 (e[gir-pa?) (-kan e. šarā
uwe/a-), 46, II 68 (e. peḫute/a-), 72** (e. uwe/a‑),
76 (e. uwe/a-), III 38′ egi]r- (e. anda iya-), ⸢49′⸣
⸢egir⸣- (-za=kan e. tarna-), 61′ (e. uwe/a-), IV 28
(e. šapāru)

egir-(p)anda (heth. appanda)  „wieder; zurück; hinten; hinterher“


 egir-pa-an-da III 51′ (-kan e. pidda(i)-), IV 13 egir-pa-a]n-⸢da⸣ (-kan e.
pidda(i)-)
 egir-an-da I 44 (e. pai-1/pa-)

en  „Herr“
 en III 66′

en-ūtu  „Herrschaft, Oberherrschaft“


 en-ut-ta A.Sg. I 17

érin  „Truppe“
 érinmeš IV 39

gaba  „Brust“
 gaba II 24, 25

gal  „groß“
 gal I 33, 71, 73, II 13, III 44′, IV 45, [55]

gam (heth. katta(n))  „hinab, hinunter; unter; mit“


 gam-an I 10 (-za=kan g. tittanu-), 70 gam-a]n (-za=kan g.
tittanu‑), II 33, 60 (g. tiye/a-), 61 (-kan g. tiye/a-)
 gam I ⸢5⸣ (-kan g. uwe/a-), III 12 (-za peran g. dai-), IV 3 (-kan
g. eš-2), 46

géšpu  „Gewalt“
 géšpu-za Abl. III 12 ⸢géšpu⸣
 géšpu IV 33, 44

géšpu-aḫḫ-  „zwingen“
 géšpu-aḫ-ta 3.Sg.Prt.Akt. III 17 -⸢ta⸣

giš
gigir  „Wagen“
 giš
gigir I 9, 69, II 59

gim (heth. maḫḫan)  „wie; als“


 gim-an I 3 g[im]-, 6, 16, 22, 32, 34 ⸢gim⸣-, 35 ⸢gim⸣-, 42, 53, II 9,
[23], 65, 68, III 6, 55′

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Glossar   393

gìr (heth. pata-)  „Fuß“


 gìr-it Instr. I 24

Ḫul  „schlecht, böse“


 Ḫul II 63

igi-anda (heth. menaḫḫanda)  „entgegen“


 igi-an-da I 6 (i. uye/a-), 70 (i. uwate/a-), 74 igi-an-d]a (i. unna-),
II 4 igi-a]n-⸢da⸣ (i. uye/a-), 7 (i. uwate/a-)

inim (heth. memiya-/memi(ya)n-)  „Wort; Sache; Angelegenheit; Sachverhalt; Feststellung“


 inim-aš N.Sg. IV 47, 57
 inim-ni D.-L.Sg. III 50′, IV 9
 inim I 30, IV ⸢8⸣
 inim meš Pl. I 32

ìr  „Diener; Untertan“


 ìr-tu4 N.Sg. IV 47 (A.-Funktion), 54, 56
 ìr IV 29, 53
 ìr meš Pl. I 21, 60, IV 12

ìr-atar n.  „Dienerschaft; Vasallenstand“


 ìr-an-ni D.-L.Sg. I7

ka×u (heth. aiš/išš- n.)  „Mund“


 ka×u-za Abl. IV 38, 45, 54

karaš  „Truppe“
 karašḪi.a Pl. I 43

kaskal (heth. palša- c.)  „Weg“


 kaskal-ši D.-L.Sg. II 57, 65 (2×), III 6

kur (heth. utne-)  „Land“


 kur-e-aš D.-L.Pl. I 4, 5
 kur-e-za Abl. IV 4, 5
 kur-tu4 akk.N.Sg. I 36 (A.-Funktion), 40 -⸢tu4⸣, [51]
 kur-ti G.Sg. III 57′, 59′
 kur III 53′ (2×), 61′, 65′, 67′
 kur.kur meš Pl. I 13

kur-eant- (heth. utneant-)  „Land“


 kur-e-an-za N.Sg. III 58′


kúr  „Feind“
 lú
kúr I 23, 25

lú  „Mann“
 lú IV 39
 lúmeš Pl. I3

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394   J. Hazenbos

lugal (heth. ḫaššu-)  „König“


 lugal-uš N.Sg. I 74
 lugal I 2, ⸢12⸣, 33, 56, 71, 73, II 13, 22, 36 lug[al, 56, III 44′,
IV 3, 7, 45, 55 lug[al

lugal.gal s. lugal und gal

lugal-ūtu  „Königtum, Königsherrschaft“


 lugal-ut-ta A.Sg. I 14, II 40 -⸢ut⸣-, 43

giš
má  „Schiff“
 giš
má-za Abl. I 61

máš  „Familie, Sippe“


 máš-tu4 N.Sg. II 74
 máš-ti G.Sg. II 73
 máš II ⸢51⸣

munus.lugal  „Königin“
 munus.lugal II 73 (2×)

nam.ra  „Zivilgefangener“
 nam.ra meš sum.Pl. I 41.⸢ra⸣[meš, III 9, ⸢10⸣, 54′

níg  „Sache“
 níg II 62(?)

ninda  „Brot“
 ninda II 62(?)

nu.gál  „ist nicht vorhanden“


 nu.gál I 42

sag.du (heth. ḫaršar r/n-Stamm n., ḫaršana- c.)  „Kopf, Haupt“


 sag.du-an A.Sg. IV 49, 50

si×sá (heth. ḫanda(i)-)  „vorbereiten; feststellen; beziehen auf“


 si×sá-it 3.Sg.Prt.Akt. IV 55

sig5 (heth. aššu-)  „gut; günstig“


 sig5-u-i D.-L.Sg.c./n. II 54

šà  „Herz; in; innerhalb von, inmitten von“


 šà I 18, 39, III 53′, 57′

šeš  „Bruder“
 šeš I 26, 27, [49], 52 še[š, [53], 60, II 9, 12, 13, 17, 19, 21 še]š?,
27, 36 še[š, 55, 56, 60, 66, III 1, ⸢2⸣, 8, 10, ⸢11⸣, 13, 42′,
50′, *57′*, 62′, 63′, IV 14, 17, 24, ⸢25⸣, 27 še[š, 32

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Glossar   395

šu (heth. keššara- c.)  „Hand“


 šu-an A.Sg. I 12, 69, II 6, 30, 34
 šu-i D.-L.Sg. I 56

tuku.tuku-ešš- (heth. kartimmiešš-)  „zürnen“


 tuku.tuku-eš-zi 3.Sg.Prs.Akt. III 39′ -z[i

tur  „klein, jung“


 tur-aš N.Sg.c. IV 34

un (heth. antuḫša- c.)  „Mensch; Mann“


 un-aš N.Sg. II 59, 69, III 11, 14
 un-an A.Sg. I 6 u]n-, 19, II 10, IV 50
 un-aš G.Sg. II 50

unmeš-(a)tar r/n-Stamm n. (heth. antuḫšatar)  „Menschheit; Bevölkerung“


 unmeš -tar N.-A.Sg. I 25
 unmeš -an-ni D.-L.Sg. IV 31

d
utu-ši  „die Majestät“
utu-ši
 d
I 8, II 30 ⸢dutu⸣-

zag  „Grenze“
 zag I 49

zi (heth. ištanza(n)- c.)  „Sinn, Gemüt“


 zi-an-za N.Sg. II 66 ⸢zi⸣-, 67
 zi-za N.Sg. IV 6
 zi-ni D.-L.Sg. I 3, 5, IV 10(?) z]i?-ni?

Akkadogramme

addin s. nadānu

akšud s. kašādu

ana  akk. Anzeiger des Dativ-Lokativs


 a-na I 3, 9 -⸢na⸣, 12, 13, 37, 41, [48], [49], 55, 56, 59 -na!, 62, 69,
II 21, 22, 30, 36, 55, 56, 59, 60 (2×), 61, 66, III 42′ ⸢a⸣-,
47′ -⸢na⸣, IV 3, 8, 24 ⸢a⸣-, 25, 45

aqbi s. qabû

ašme s. šemû

ašpur s. šapāru

ašru  „Ort, Stelle“


 aš-ra A.Sg. I 23 (D.-Funktion)

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396   J. Hazenbos

aššum  „wegen, zwecks“


 aš-šum III 15

as ̣ bat s. Ṣabātu

awātu  „Wort“
 a-u̯ a-temeš akk. G./A.Pl. I 34 me[š, 60, 62

bēlu  „Herr, Würdenträger““


 be-lu N.Sg. II 11(?) -[lu], 26 -⸢lu ⸣ (A.-Funktion), III 43′
 be-lu meš A.Pl. III 12

dīnu  „Rechtsfall, Rechtsangelegenheit“


 di-nu N.Sg. IV 46


emu  „Schwiegervater“
 lú
e-mi Stat.Constr.G.Sg. I 64 (N.-Funktion)

Ḫals ̣ u  „Bezirk, Destrikt“


 Ḫal-Ṣu N.Sg. I 37 (A.-Funktion)


Ḫatanu  „Schwager“
 lú
Ḫa-ta-nu N.Sg. II 74 (-<ta>-)

īde s. idû

idû  „wissen“
 i-de 3.Sg.Prs./Prt.G I 52 (2×, davon 1× [ ])

ina  akk. Anzeiger des Dativ-Lokativs


 i-na I 6, 18, 22, 31, 47, 48, [58], [72(?)], II 8, 62, 69, 73, III 65′,
IV 6, 14 i-n]a
 ina I 16, III 61′, 67′

iqbi s. qabû

išpur s. šapāru

ištu  „aus, mit“ (akk. Anzeiger des Ablativs oder Instrumentals)


 iš-tu I2

itti  „mit“ (akk. Anzeiger des Ablativs oder Instrumentals)


 it-ti I8

-ya „mein“
 -ia I 27, [49], [52], 53 -i[a, 60, 73 -i]a?, II 4, 9 -i[a], 12, 13, 17,
19, 21, [36], ⸢55⸣, 56, 66, III 1, 2, 8, 10, 11, ⸢13⸣, 42′, 50′,
54′!, 57′, 59′, 62′, 63′, IV 12, ⸢14⸣, 17, 24, 25, [27], 29, 32

-ka  „dein“
 -ka II 60, III 61′, 66′, IV 53

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Glossar   397


kartappu  „Wagenlenker“
 lú
kar-tap-pu N.Sg. II 58 (A.-Funktion), 59, 70, 72

kašādu  „finden, antreffen“


 ak-šu-ud 1.Sg.Prt.G I 29

munabtu  „Flüchtling“
 lú
mu-nab-tu4 N.Sg. III 42′ l]ú
 mu-nab-tu4 N.Sg. III 24
 mu-nab-ti G.Sg. III 15
 lú.meš
mu-nab-tu4 N.Pl. III 46′ -t[u4?

nadānu  „geben“
 ad-din 1.Sg.Prt.G II 34 -di[n], [61](?)

qabû  „sagen, sprechen“


 aq-bi 1.Sg.Prt.G II 11, 21 ⸢aq⸣-b[i
 iq-bi 3.Sg.Prt.G I 14, 55, II ⸢9⸣, 12, 17, 29 [iq-]⸢bi⸣

qātamma  „ebenso, gleichermaßen“


 qa-tam-ma I 4, II 69, IV 36

qatû  „beendet sein“


 qa-ti 3.Sg.Ma.Stv.G IV 58/Kolophon q[a? -ti?]

pānu  „vor“
 pa-ni G.Sg. I 13

s ̣ abātu  „ergreifen“


 a Ṣ-bat 1.Sg.Prt.G I 50

ša  akk. Anzeiger des Genitivs


 ša I [53], II 9, 73 (3×), III 57′, IV 29

šapāru  „schicken, schreiben“


 aš-pur 1.Sg.Prt.G I 16, 32 -⸢pur⸣, [48], 50, IV 35
 iš-pur 3.Sg.Prt.G I 55, II 14, 22, IV [32]
 šu-pur 2.Sg.Imp.G III 10 ⸢šu⸣-p[ur?], IV 18, 28 -[pur (appa š.)

šemû  „hören“
 aš-mé 1.Sg.Prt.G II 13
 iš-mé 3.Sg.Prt.G II 17

-šu  „sein, ihr“


 -šu I 26, IV 21, 22
 -sú III 54′ (?), 56′

-šunu  „ihr“
 -šu-nu I 64

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398   J. Hazenbos


tappu  „Gefährte“
 lú
tap-pí G.Sg.Stat.Constr. IV 21 lú], 22 lútap-p]í


tartēnu  „tartēnu“ (s. Kommentar)
 lú
tar-te-e-nu N.Sg. I 67 (A.-Funktion), II 4*lú*tar-⸢te-e?⸣-[nu (A.-Funktion)
 lú
tar-te-nu N.Sg. I 9 (A.-Funktion), 11 (A.-Funktion), 11 ⸢lú⸣tar-


Ṭēmu  „Bote“
 lú
Ṭe4-mu N.Sg. I [53], II 9 ⸢Ṭe⸣-

ul  „nicht (in Behauptungen)“


 ú-ul I 11 (-za u. mema/i(ya)-), 12, 13 (-za u. mema/i(ya)-),
15 (2×), 27, 28, 29, 30 -u[l, 44, 46, 52, 54 (2×, 1×-u[l),
67, 74, II 1 -⸢ul⸣, 2, 4, 8 ⸢ú⸣-, 15, ⸢17⸣, 18, 46 ⸢ú⸣-, 55 (u.
manka), 58, 61 ⸢ú⸣-[ul?, 68, 70, 74, III 7 -⸢ul⸣, 64′, IV
⸢23⸣, 35, 54
 ul I 71 u]l, II 18, 19 ul!, 37 (-za u. mema/i(ya)-), 63, III 67′,
IV 10, 55

Zahlen

1
 1-an N.-A.Sg.n. III 63′
 1-en I 37, II 26

1-anki  „einmal“
 1-an-ki IV 57

3
 3 I 23, IV 58/Kolophon

7 lim  „7.000“
 7 li-im III 10

Personennamen

m
Atpa-
 m
At-pa-aš-š° N. I 63
 m
At-pa-a St. II 21, 29 -a(-)
 m
At-pa St. I 55

m
Awayana-
A-u̯ a-ia-na-aš-š°
 m
N. I 63

m
Laḫurzi-
La-ḫur-zi<-iš>
 m
N. I 26, 27 mL[a-ḫur-zi-iš

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Glossar   399

m
Piyamaradu-
 m
Pí-ia-ma-ra-du-uš N. I 51 -⸢ra⸣-[du-uš, 61
 m
Pí-ia-ma-ra-du-un A. I 56 -i[a-ma-ra-du-un
 m
Pí-ia-ma-ra-du St. I 59, II 61, IV 16

m
Šaḫurunuwa-
 m
Ša-ḫu-ru-nu-u̯ a-aš N. III 47′ *mŠa-*
 m
Ša-ḫu-ru-nu-u̯ a St. III 41′ -[ru-nu-]⸢u̯ a⸣

m
Dabalatarḫunta-
 m
Da-ba-la-d10-aš N. II 58
 m
Da-ba-la-d10-an A. II 57 -l[a-d10-an]

m
Tawagalawa-
 m
Ta-u̯ a-ga-la-u̯ a-aš N. I 71 ⸢Ta⸣-
 m
Ta-u̯ a-ga-la-u̯ a St. I 3 ⸢Ta⸣-
 m
Ta-u̯ a-ka-la-u̯ a St. II 60

Sumerographische Personennamen

md
lamma (mKuruntiya-)
 m d
lamma-aš N. I 73

Götternamen

Sumerographische Götternamen

d
10
10
 d
I 33

Toponyme

kur (uru) Aḫḫiyawa


 kur uru Aḫ-ḫi-ia-u̯ a-a II 36 kur uru?Aḫ-ḫi-i]a-, 69
 kur Aḫ-ḫi-ia-u̯ a-a III 67′ -⸢u̯ a⸣-

uru
Attarimma
 uru
At-ta-ri-im-ma-an A. I 1 -⸢ta-ri-im⸣- -a[n]

uru
Atriya-
 uru
At-ri-ia-an A. I 37

Ḫatti / kur (uru)Ḫatti


uru

Ḫa-at-ti
 uru
St. I 56
 kur Ḫa-at-ti IV 7
 kur uruḪat-ti II 8 ⸢Ḫat-ti⸣, 22 kur! ur[uḪat-ti], 73
 kur Ḫat-ti II 56 -[ti, 62, III 65′, IV 3

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400   J. Hazenbos

(kur) uruIyalanda
 kur uruI-ia-la-an-da I 29 ⸢ kur ⸣?, 35 -⸢la⸣-
 uru
I-ia-la-an-da St. I 18 (2×, 1× u[ruI-]⸢ia⸣-), 22 -d[a, 30, 31, 39 ⸢I⸣-ia-[la-an-da

kur Karkiya
 kur Kar-ki-ia III 53′, IV 6

uru
Lukka
 uru
Lu-uk-ka4-a St. I3

kur Maša
 kur Ma-a-ša III 53′, IV 6 -⸢ša⸣

Millawanda / kur Millawanda


uru

Mi-il5-la-u̯ a-an-da
 uru
St. I 48 -[an-da, 58 uruMi-il5-l]a-, 72 u]ru, IV 11
 kur Mi-il5-la-u̯ a-an-da IV 14 ⸢kur ⸣

uru
Šallapa
 uru
Šal-la-pa St. I6

kur uruDaḫdaḫḫu
 kur uruDa-aḫ-da-aḫ-ḫu II 39 ⸢kur ⸣ -⸢da⸣-

uru
Waliwanda
Ṷa-li-u̯ a-an-da
 uru
St. I 16

uru
Wiluša
Ṷi5-lu-ša
 uru
St. IV 8 ⸢uruṶi5⸣-l[u-š]a

Unvollständig erhaltene Wörter


A-x [ IV 11
AN(-)x[ IV 42
a-š[a?- IV 36
ḫar-x[ I 36
IGI[- IV 15
KA[ II 35, 50
KI III 37′
ku-u̯ a-[ IV 29, 41
mar-x[ IV 51
n[a?- III 17
pa-x II 44
ŠA III 37′
d[a- IV 12(?), 27
Ú-x II 16
u̯ a-aš-ta-[ III 4

]-⸢ia⸣ II 32
]-⸢ma⸣ I 55
[x-]ma III 47′
]x-ḫi-mu-⸢uš⸣-ša/-g]i-mu-⸢uš⸣-ša II 39

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Glossar   401

]x-ta II 38
]x-⸢ta⸣ II 44
]x-x-at-ta(-) II 35
x-ki III 51′
x-BI II 12
x-ši III 50′
]x-⸢zi⸣ III 5
x-e-el II 38
]-an IV 27
x-an II 17, 18, III 8
-i]a-an IV 15
(-)?]⸢kán⸣(-)x III 36′
-n]a?-⸢an⸣ II 3
x-x-x-un II 3
]x-un I 57
]x-[x-]ki-ia-nu-un II 41
]x-nu-nu-⸢un⸣ II 34
x-ia!-u̯ a-la-aš I 12
]meš IV 2
x-at II 37
-a[t(-) IV 49
-i]t II 35
]-ut? IV 49
]-az? II 43
x-⸢az⸣ II 53

Unvollständig erhaltene Personennamen


-]dingir-lì III 41′
m
I [48]

Unvollständig erhaltene Toponyme


uru
A-ma?-x?[ I 47
uru
[ I 37

Abkürzungen
1. 1. Person
2. 2. Person
3. 3. Person
Akt. Aktiv
Abl. Ablativ
akk. akkadographisch
A. Akkusativ
c. commune
D.-L. Dativ-Lokativ
G Grundstamm
G. Genitiv
heth. hethitisch
Imp. Imperativ
Impf. Imperfektiv

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402   J. Hazenbos

Ind. Indikativ
Inf. Infinitiv
Instr. Instrumentalis
K Konsonant oder Halbvokal
M. Mediopassiv
Ma. Masculinum
n. neutrum
N. Nominativ
Pl. Plural
Prs. Präsens-Futur
Prt. Präteritum
Ptz. Partizip
Sg. Singular
St. Stammform
Stat.Constr. Status Constructus
Stv. Stativ
sum. sumerografisch
V Vokal
Verbalsubst. Verbalsubstantiv

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Bibliographie
S. Heinhold-Krahmer [mit Ergänzungen von J.L. Miller und M. Weeden]

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https://doi.org/10.1515/9783110581164-010
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404   S. Heinhold-Krahmer

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406   S. Heinhold-Krahmer

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Groddek, D. 2008. Hethitische Texte in Transkription. KBo 22 (Wiesbaden).
Güterbock, H.G. 1936. „Neue Aḫḫijavā-Texte“, ZA 43, 321–327.
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414   S. Heinhold-Krahmer

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– 2013. „A Hittite Tablet from Büklükale“, AAS 18, 19–21.
– 2016. „Hittite Scribal Culture and Syria: Palaeography and Cuneiform Transmission“, in: S. Yamada/D. Shibata (eds.), Cul-
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– 2018. „Hittite-Ahhiyawan Politics as Seen from the Tablets: A Reaction to Trevor Bryce’ Article from a Hittitological Perspec-
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Weeden, M./Matsumura, K. 2017. „Central West (Archaeology)“, in: M. Weeden/L.Z. Ullmann (eds.), Hittite Landscape and Geo-
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Bibliographie   415

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Zuntz, L. 1936. Die hethitischen Ortsadverbien arḫa, parā, piran als selbständige Adverbien und in ihrer Verbindung mit
Nomina und Verba [Dissertation München].

Internetquellen für Texte und Fotos

Die genannten Fotos BoFN00738, BoFN00739, BoFN00740, BoFN00741 sind zu finden unter: http://www.hethport.
adwmainz.de/fotarch/bildausw.php?n=VAT%206692&b=+BoFN00738+BoFN00739+BoFN00740+BoFN00741+BoFN01101
+BoFN01102+BoFN01591b
Die Abfrage der Texte ist zu finden unter: http://www.hethport.uni-wuerzburg.de/hetkonk/hetkonk_abfrage.php

Zitierte Briefe und E-Mails

Goren, Y.: E-Mail vom 08. 11. 2008 an S.H.-K.


Güterbock, H.G.: Brief vom 09. 12. 1986 an S.H.-K.
Klengel, H.: Brief vom 02. 12. 2001 an S.H.-K.
Rost, L.: Brief vom 20. 4. 1981 an S.H.-K.
Steiner, G.: Brief vom 19. 6. 2008 an S.H.-K.
van den Hout, Th.P.J.: E-Mail vom 28. 10. 2011 an J.H. u. S.H.-K. mit seiner gemeinsam mit J. Burgin u. H. Marcuson erstellten
Übersetzung von VAT 6692.

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Abkürzungen

1 Bibliographische Abkürzungen

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Madd Goetze, A., Madduwattaš (Leipzig 1927).
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MesZL2 Borger, R., Mesopotamische Zeichenliste (Münster 2010).
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NH Laroche, E., Les Noms des Hittites (Paris 1966).
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OA Oriens Antiquus. Dissertationes Sociorum Societatis Hungaricae ad antiquitates Asiae Anterioris inquirendas
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418   Abkürzungen

Or Ortaköy-Texte (mit den jeweiligen Grabungsnummern versehen).


Or NS Orientalia, Nova Series (Rom 1932  ff.).
OrAnt Oriens Antiquus. Rivista del Centro per lʼAntichità e la Storia dellʼArte del Vicino Oriente (Rom 1962 ff.).
Palamedes Palamedes. A Journal of Ancient History (Warschau 2006  ff.).
PAPS Proceedings of the American Philosophical Society (Philadelphia 1838  ff.).
PP La Parola del Passato. Rivista di Studi Antichi (Neapel 1946  ff.).
PRU Le palais royal d’Ugarit III, IV usw., Mission de Ras Shamra (Paris 1955  ff.).
RA Revue dʼAssyriologie et dʼArchéologie orientale (Paris 1884  ff.).
RANT Res antiquae (Brüssel 2004  ff.).
RGTC Monte, G. del/Tischler, J., Die Orts- und Gewässernamen der hethitischen Texte, Répertoire Géographique
des Textes Cunéiformes, Bd. 6 (Wiesbaden 1978) u. Monte, G. del, Die Orts- und Gewässernamen der hethi-
schen Texte, Supplement Répertoire Géographique des Textes Cunéiformes, Bd. 6/2 (Wiesbaden 1992).
RHA Revue Hittite et Asianique. Organe de la Société des Études Hittites (Paris 1930–1978).
RlA Reallexikon der Assyriologie (Berlin 1928–1938, 1957  ff.).
RS Ras Shamra-Texte.
RSO Rivista degli Studi Orientali (Rom 1907  ff.).
Saeculum Saeculum. Jahrbuch für Universalgeschichte (Freiburg/München/Köln/Weimar 1950  ff.).
SCO Studi Classici e Orientali (Pisa 1951  ff.).
SMEA (NS) Studi micenei ed egeo-anatolici (Nova Series) (Rom 1966  ff.).
Studia Troica Studia Troica (Darmstadt/Mainz 1991–2012).
SV I Friedrich, J., Staatsverträge des Ḫatti-Reiches in hethitischer Sprache I (Leipzig 1926).
SV II Friedrich, J., Staatsverträge des Ḫatti-Reiches in hethitischer Sprache II (Leipzig 1930).
Talanta Talanta. Proceedings of the Dutch Archaeological and Historical Society (Amsterdam/Groningen/Leiden
1969  ff.).
Targ Friedrich, J., „Der Vertrag [Muršiliš’] mit Targašnalliš von Ḫapalla“, in: SV I, 51–94.
Taw Sommer, F., „Der Tavagalava-Brief“, in: AU 2–194.
TelAviv Tel Aviv. Journal of the Tel Aviv University Institute of Archaeology (Tel Aviv 1974  ff.).
TUATNF B. Janowski/G. Wilhelm (eds.), Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Neue Folge (Gütersloh 2004  ff.).
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UF Ugarit-Forschungen (Kevelaer 1969  ff.).
VAT Texte der Vorderasiatischen Abteilung der Staatlichen Museen in Berlin (nach Museumsnummern).
VO Vicino Oriente (Rom 1978  ff.).
VS  Vorderasiatische Schriftdenkmäler der Staatlichen Museen zu Berlin, Neue Folge, Heft XII (Mainz 1997).
WBFA Wiener Blätter für die Freunde der Antike (Wien 1924–1932).
ZA Zeitschrift für Assyriologie und vorderasiatische Archäologie (Leipzig/Berlin 1886  ff.).
ZVS Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung (Göttingen 1968–1987).

2 Sonstige Abkürzungen

2.1 In deutschsprachigen Beiträgen


Abk. Abkürzung
ägypt. ägyptisch
ah. althethitisch
akkad. akkadisch
Anm. Anmerkung
assyr. assyrisch
Bed. Bedeutung
bes. besonders
d.  h. das heißt
ders. derselbe
dies. dieselbe
Dupl. Duplikat
Ed. Edition
ed. editor
eds. editores
engl. englisch

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Abkürzungen   419

enklit. enklitisch
et al. und andere
et passim und da und dort
etc. et cetera
f. folgende
ff. folgende (im Plural)
Fig. Abbildung (verwendet in Zitaten)
Fut. Futur
Fs Festschrift
fragm. Fragment
ggf. gegebenenfalls
griech. griechisch
Gs Gedenkschrift
heth. hethitisch
Jh. Jahrhundert
jh. junghethitisch
klass. klassisch
Kol. Kolumne
lat. lateinisch
l.c. loco citato
lat. lateinisch
luw. luwisch
mh. mittelhethitisch
mündl. mündlicher Hinweis
NF Neue Folge (bei Zeitschriften und Reihen)
ON Ortsname(n)
P. häufige Abkürzung des Namens Piyamaradu
passim überall, da und dort
PN Personenname(n)
Rd. Rand (bei Tontafeln)
Rs. Rückseite
sjh. spätjunghethitisch
sub unter (bei Hinweisen auf Textstellen, bestimmte Lemmata oder auf Gliederungspunkte)
sum. sumerisch
Translit. Transliteration (diese Abkürzung ohne weitere Hinweise bezieht sich auf die in diesem Buch erstellte Trans­
literation, die sich teils auf die gemeinsam mit den übrigen an dieser Neuedition Mitwirkenden vorgenommene
Kollation der Originaltafel in Berlin (im Mai 2007) stützt, teils auch auf intensive Kollationen, die zwischen
2007 und 2011 hauptsächlich E.R. und dann auch J.H. u. M.W. jeweils noch alleine dort gemacht haben)
u. und
u.  a. unter anderem/anderen
unv. unveröffentlicht
usw. und so weiter
vgl. vergleiche
Vs. Vorderseite
wörtl. wörtlich
Z. Zeile
z.  B. zum Beispiel
z.  Zt. zur Zeit

2.2 In englischsprachigen Beiträgen


C consonant
cf. compare
CV consonant vowel
CVC consonant vowel consonant
D-L dative-locative
e.  g. exempli gratia – for example
f. following (page)
ff. following (pages)

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420   Abkürzungen

fig. figure
fn. footnote
gen. genitive
id. idem, same (author)
km kilometre
l. line
LBA Late Bronze Age
LNS Late New Script
MS Middle Script
Mt. Mount
n. note
nom. nominative
NH New Hittite
NS New Script
obv. obverse
OS Old Script
p. page
pp. pages
poss. possessive
prs. present
rev. reverse
sc. scilicet – that is to say
sg. singular
s.  v. sub voce
V vowel
VC vowel consonant
vs versus

3 Namen der Verfasser des vorliegenden Buches in Abkürzung, und zwar meist beim Zitieren von
einzelnen Diskussionsbeiträgen während der gemeinsamen Übersetzung von VAT 6692

J.D.H. = John David Hawkins


J.H. = Joost Hazenbos
S.H.-K. = Susanne Heinhold-Krahmer
J.L.M. = Jared L. Miller
E.R. = Elisabeth Rieken
M.W. = Mark Weeden

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