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Einführung in die Filmwissenschaft

Was ist eigentlich Film?


In der Regel wird unter Film der narrative für das Kino produzierte Spielfilm verstanden. Es handelt
sich also um ein ästhetisches Produkt, das mit dem Abspiel – und Rezeptionsort Kino in Verbindung
gebracht wird, wobei diese Konnotation am stärksten dem historischen Wandel unterliegt.
Der Begriff Kino wird wiederum als Bezeichnung für Filmtheater, aber auch als
Sammelbegriff für eine Gruppe von Filmen verwendet, etwa das Kino der Weimarer Republik oder
das Kino Alfred Hitchcocks. (siehe Hickethier Einführung in die Medienwissenschaft, S186ff)
Technisch betrachtet ist Film ein Speichermedium, dass für die Produktion audio – visueller Bilder
benutzt wird.
Film als ästhetischer Gegenstand und filmische Strukturen haben sich längst auf andere Medien
ausgeweitet bzw. sind von ihnen beeinflusst und werden wiederum von anderen Medien beeinflusst.
Gattung: Spielfilm, Dokumentarfilm, Animationsfilm, Kurzfilm, Amateurvideos, Aufnahmen von
Überwachungskameras, etc.
Distributions – und Rezeptionsbedingungen: Kinofilm, Fernsehfilm, Onlinefilm
Vorliegendes Material: Schnittfassung, Sprache, Format
„Die Unschärfe in der Begriffsverwendung verweist darauf, dass heute der Film im Kontext der
anderen audiovisuellen Medien zu sehen ist“

Verschiedene Subdisziplinen und Methoden:


- Filmgeschichte (Produktion, Ästhetik, Technik, etc.)
- Filmtheorie (Theoriegeschichte)
- Soziologie des Films
- Ästhetik des Films
- Filmphilosophie
- Filmpsychologie (etwa kognitionstheoretische Ansätze)
- Empirische Ansätze (zu unterscheiden von der Medienwirkungsforschung)
- Kulturwissenschaftliche Ansätze - Produktionsästhetische Ansätze - Usw.
„Zu klären, was diese drei Gegenstandsbereiche (Theater-, Film- und Medienwissenschaft) überhaupt
ausmacht, ist dabei eine wesentliche und immer wieder neue Aufgabe. Im Studium geht es nicht nur
um die Analyse von Inszenierungen, um die Beschäftigung mit der
Theorie von Film oder um soziale Medien, sondern auch um politische Theorie, Ökonomie,
Philosophie und Kulturtheorie.“

Andre Bazin: „Die Entwicklung der Filmsprache“ Basistext der Filmtheorie


Bazin hat das Bedürfnis nach komplexeren Einstellungen, er legt den Fokus auf die Tiefenschärfe, so
können Zuschauer eine intensivere Beziehung mit dem Film aufbauen. Er beschreibt das Ende des
Stummfilms hin zum Ton, welcher ein neues Realitätsindiz bildet. Natürlich hat sich die Filmtechnik
weiterentwickelt, er geht davon aus das das Wesen der von Bild und Montage sich in der
Ausdruckskraft befinden. Zu dieser Zeit lassen 2 wesentliche Tendezen erkennen: Regisseure, die an
das Bild glauben und Regisserure, die an die Realität glauben, und daher den Fotorealismus in den
Vordergrund stellen.

Worum geht es ihrer Meinung im Text?


Vom Stummfilm zum Tonfilm : Ton bildet zusätzliches Realitätsindiz
- Während der Stummfilmzeit bilden sich zwei ästhetische Strömungen heraus: Regisseure,
➔ Die an das Bild glauben: durch Inszenierung manipulieren
➔ Die an die Realität glauben: das Dargestellte so belassen wie es ist

Entwicklung der Filmtechnik und Einschneidende ästhetische Veränderung


- Ästhetische Entwicklung : Vorrang der Montage als das zentrale Gestaltungsmittel des
Films. Wurde im Stummfilm und der Übergangszeit zum Tonfilm in den 1030er Jahren
perfektioniert.
- Technische Entwicklung : Tonfilm entwickelt sich -Einführung des panchromatischen
Films und verbesserter Kamerasysteme auch technische Fortschritte einher.

Daraus resultiert nach Bazin…


… das Bedürfnis nach einer anderen, komplexeren Inszenierungsform, die mit der Inszenierung
mittels Plansequenzen und Schärfentiefe gegeben ist.

Innere Montage:
Die Interpretation des dargestellten Geschehens wird den ZuschauerInnen nicht mehr vorgegeben
(Montage) sondern die Montage in das Bild integriert. Die ZuschauerInnen werden ihre eigenen
RegisseurInnen.
Schärfentiefe als „dialektischer Fortschritt in der Geschichte der Filmsprache.“ (Bazin S.103)
1. Beziehung der ZuschauerInnen zum Bild wird intensiviert, da das Bild realistischer ist.
2. Verlangt mehr Aktivität von ZuschauerInnen
3. Montage erzeugt Eindeutigkeit, während die Schärfentiefe Mehrdeutigkeit im Bild erzeugen
kann.
„Deshalb ist es keine Übertreibung zu sagen, Citizen Kane definiere sich einzig und allein in der
Schärfentiefe. Die Ungewissheit, in der man zurückbleibt, was den geistigen Schlüssel oder die
Interpretation betrifft, ist zuallererst in den Aufbau der Bilder selbst eingeschrieben“ (Bazin, S.104)
Die Entwicklung der Montage ist an ihrem Endpunkt angelangt. Sie ist ohnehin manipulativ, da sie
die Interpretation des dargestellten Geschehens vorgibt. Der Ton liefert zum Bewegtbild außerdem
ein zusätzliches Realitätsindiz. Daraus resultiert nach Bazin eine zwangsläufige Entwicklung zu einem
Realismus des Films, der notwendigerweise die Komposition in der Einstellung als zentrales
Gestaltungsmittel nutzt. Die Schärfentiefe und die Plansequenz sind hier hervorzuheben.

David Bordwell: „Citizen Kane und die Künstlichkeit des klassischen Studio - Systems“
Zum Neoformalismus allgemein:
- Filmtheoretischer Ansatz, der sich seit Ender der 1070er Jahren in den USA enwickelt. David
Bordwells und Kristin Thompsons Film Art: An Introduction bildet so eine Art Grundstein.
- Der Neoformalismus wendet sich dezidiert gegen die sogenannten S.L.A.B. – theories
(Saussure, Lacan, Althusser, Barthes), womit psychoanalytische, poststrukturalistische und
semiotische Ansätze gemeint sind.
- Wichtige VertreterInnen sind Kristin Thompson und David Bordwell (weiterhin Janet Staiger
und Noel Carroll)
- Kognitivismus: Forschungsrichtung, die sich mit der Verarbietung von Informationen im
weitesten Sinne beschäftigt.
- Historische Poetik: Rekonstruktion einer Geschichte der Filmästhetik, die sich durch die
Herausbildung von Normen auf der Ebene der Ästhetik (narrative Muster,
Inszenierungsweisen, Montage, etc.) in Wechselwirkung mit den Produktionsbedingungen
herausbilden
- Breite empirische Basis (Filmbeispiele) bildet das Fundament der Studien.

Gegenthese Bordwells:
Bordwell zeichnet nach, welche Spezialeffekte in dem Film verwendet werden, um die
Bildkompositionen zu erzeugen, die Bazin so hervorhebt und verortet den Ursprung dieser
Bildkompositionen in der illusionistischen Tradition des Films und nicht in der realistischen.
- Citizen Kane entspricht eher dem Stil des gothic baroque (auch „Amerikanischer
Expressionismus“, „Deutscher Stil“)
- Das Cabinet des Dr. Caligari (D 1920, Regie: Robert Wiene)

Specialeffects (Auswahl), mit denen tiefenscharfe Bilder hergestellt wurden:


- Rückprojektion
- Doppelbelichtung
- Matte – painting

Beispielanalyse aus Citizen Kane


- Schneespielen in Halbtotale
- Rahmung durch das Fenster
- Frau gibt Kamerabewegung vor, Männer folgen ihr
- Drei Ebenen, Vorgergrund, Mittelgrund, Hintergrund
- Mann bewegt sich – zeiht Aufmerksamkeit auf sich
- Viel hin und her schauen zwischen den Bildebenen

Ergebnis von Bordwells Analyse:


Der Einfluss von Citizen Kane war stärker auf die Regisserue, die die Schärfentiefe für illusionistische
Zwecke nutzten.

Andre Bazin: „Die Entwicklung der Filmsprache“


Innere Montage: Die Interpretation des dargestellten Geschehens wird den ZuschauerInnen
nicht mehr vorgegeben (Montage) sondern die Montage in das Bild integriert. Die ZuschauerInnen
werden ihre eigenen RegisseurInnen.
Das funktioniert auch unabhängig davon, ob eine Bildkomposition in die Tiefe tricktechnisch
entstanden ist oder nicht.

Stefanie Kreuzer: Filmnarratologie


Wie steigt der Text in sein Thema ein?
- Versucht anhand der einen Einstellung am Beginn des Filmes Probleme aufzuschlüsseln
- Beginnt mit einer Einstellung in der unklar ist, wer schaut
Was ist der Gegenstand der Filmnarratologie?
Filmnarratologie untersucht Erzählstrukturen des Films, insbesondere
- Das „Wie“: discours (Genette); syuzhet, plot (Bordwell)
➔ Wie sind die Teile angeordnet, Wie ist das Ganze gefilmt/geschnitten
- Das „Was“: histoire (Genette), fabula, story (Bordwell)
➔ Geschichte, die wir uns aus diesen Fragmenten zusammenstellen, bezieht sich auf die
kognitive Leistung des Zusehers.
Der Film beginnt etwas seltsam, zuerst hat man diese Aufnahme vom Schluss, könnte man als
anderes Genre verstehen.
Irritation: Kane war alleine als er Rosebud sagte, erst al er Tod ist, betritt jemand den Raum. Was
folgert Kreuzer daraus für die Filmerzählung in Citizen Kane?
„Die Filmerzählung beginnt vielmehr bereits paradoxal mit dem verweigerten Zutritt und der
gleichzeitigen Annäherung an Charles Foster Kane.“

Blick durch die Schneekugel:


- Detailaufnahme und gleichzeitig Halbtotale
- Mehrfach Belichtung
- Haus in Detailaufnahme
- Spiegelung der Krankenschwester in Halbtotale
- Hand von Kane, Teil der Hüfte zu erahnen
- Blick auf die Schneekugel, da man Spiegelung sieht, wieso Titel durch?
- Gleichzeitig Blick durch und auf die Kugel
- Stark untersichtig

Zentrale Begriffe zur Einführung


Konstruktion einer Filmwelt und einer Geschichte, die sich in ihr ereignet.
Folgende Prozesse laufen dabei ab (nach Hartmann)
1. Diegetisieren
2. Narrativisieren
Narratologische Grundlage
Diegetisieren/Diegese:
- „Diegetisierung meint die auf den Entwurf einer weitergehend kohärenten und in sich
konsistenten erzählten Welt bezogenen imaginativen Akte des Zuschauers; Die Diegese ist ihr
Resultat, die erfolgte Synthese der auf diese imaginäre Welt bezogenen Denotation des
Textes und der Wissensbestände des Zuschauers (vgl. Branigan 1986; Wulff 2007b)“
- Diegetische Teilschichten nach Wulff:
1. Die erzählte Welt ist eine physikalische Welt, die physikalische Eigenschaften hat wie etwa
Schwerkraft oder Konsistenz.
➔ Erwarten so etwas in der Welt
2. Die erzählte Welt ist als Wahrnehmungswelt der Figuren konzeptualisiert.
➔ In dieser Welt agieren Figuren, diese können das was um sie passiert wahrnehmen
➔ Rückblenden: Erzählungen von den Figuren im Film
3. Die diegetische Welt ist die soziale Welt der Figuren
4. In engem Zusammenhang mit der Sozialwelt ist die erzählte Welt schließlich eine moralisch
eigenständige Welt
➔ Je nach Genre gibt es bestimmte Maßstäbe, in welchem moralischen Maßstäben die
Welt funktioniert
Narrativisieren :
- „Im Zentrum der narrativisierenden Aktivitäten stehen die Figuren. Die erzählte Welt
verlangt nach Bewegung und Veränderung: Damit eine Geschichte ihren Anfang nehmen
kann, muss sie mit Figuren bevölkert werden, welche die Diegese mit ihrem Handeln
dynamisieren“ (Hartmann, Aller Anfang, Schüren 2009, S. 149)
➔ Irgendetwas muss sich verändern
➔ Passiert vor allem über Figuren, die alles in Gang bringen (Protagonist stirbt, sein letztes
Wort ist Rosebud -> die Handlung baut darauf auf)

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