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Einleitung
1. Einleitung
1.1 Was ist Syntax?
1.2 Zu diesem Band
Zum Begriff ➔ Syntax ist die Lehre vom formalen Aufbau und den formalen
Eigenschaften von Wortgruppen und ihren Teilen. Die Syntax gibt,
mit anderen Worten, Auskunft darüber,
■ welche Arten von Wortgruppen es gibt,
■ aus welchen Teilen Wortgruppen sich zusammensetzen,
■ welche formalen Beziehungen zwischen den Teilen einer Wort-
gruppe bestehen und
■ welche formalen Eigenschaften Wortgruppen und ihre Teile ha-
ben.
Was die Wortgruppen angeht, so gibt es (zumindest) Nominal-
gruppen, Verbalgruppen, Adjektivgruppen, Adverbgruppen und
Präpositionalgruppen. Auch Sätze sind Wortgruppen (in einem
weiten Sinne von ›Wortgruppe‹). Zwar haben Sätze eine zentrale
Bedeutung für die Syntax, doch sind sie keineswegs die einzige Art
von Wortgruppe, die in der Syntax behandelt wird (die Bezeichnung
der Syntax als ›Satzlehre‹ greift also etwas zu kurz). Als kleinste
syntaktische Einheit wird oft, aber nicht immer das Wort angesetzt.
Welche weiteren Teile Wortgruppen haben können, ist sehr theorie-
abhängig. Ein Beispiel für eine formale Beziehung zwischen Teilen
einer Wortgruppe (d. h. ein Beispiel für eine syntaktische Beziehung)
ist die Stellung der Teile zueinander, die ›Wortstellung‹. Beispiele für
formale Eigenschaften, d. h. für syntaktische Merkmale, sind Kasus,
Genus, Tempus und Modus.
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I.1.2
Grundlagen
Zu diesem Band
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I.1.2
Grundlagen
Einleitung
Der besondere Zugang: Als Ausgangspunkt bietet sich für das Deut-
sche (aber nicht nur für das Deutsche) die topologische Betrachtungswei-
se von Wortgruppen an, die auf eine lange Tradition zurückblicken kann.
Bei dieser Betrachtungsweise steht die Wortstellung, genauer: die lineare
Abfolge der Teile einer Wortgruppe, im Vordergrund. Dabei werden die
Wortgruppen in Bereiche zerlegt, in ›topologische Felder‹. Diese Betrach-
tungsweise, die Lehre von den topologischen Feldern, Stellungsfeldermo-
dell, topologisches Modell, kurz Topologie oder neuerdings auch lineare
Syntax genannt wird, ist in dem Sinne ein neutraler Ausgangspunkt für
die Beschäftigung mit Syntax, dass sie es erlaubt, viele zentrale syntak-
tische Fakten und Regularitäten darzustellen und ziemlich weitgehende
Analysen zu ermöglichen, ohne zu sehr einer bestimmten Syntaxtheorie
verpflichtet zu sein. Auch bei der linearen Syntax handelt es sich um eine
Theorie, aber um eine, die ihren Schwerpunkt in der linearen Struktur
von Wortgruppen hat und nicht das gesamte Spektrum an syntaktischen
Phänomenen abzudecken beansprucht.
Dass die lineare Syntax ein neutraler Ausgangspunkt ist, zeigt sich zum
Beispiel daran, dass in vielen Grammatiken des Deutschen Abschnitte zur
Topologie des Satzes und der Nominalgruppe zu finden sind (vgl. etwa
Heidolph et al. 1981, Kap. 4; IDS-Grammatik 1997, 1495–1680, 2062–2072;
Eisenberg 2006b, Kap. 13; Duden-Grammatik 82009, §1224, §§1338–1386).
Dies zeigt sich aber auch daran, dass in fast allen neueren umfassende-
ren Arbeiten zur deutschen Syntax ein Kapitel zur Topologie (des Satzes)
enthalten ist, obgleich diese Arbeiten ganz unterschiedlichen Schulen zu-
zuordnen sind (vgl. etwa Eroms 2000, Kap. 9; Sternefeld 22007, Kap. III.2;
Müller 22008, Kap. 8). Diese Einführung räumt daher der linearen Syntax
einen großen Raum ein und schafft damit eine gute Grundlage für die
weitergehende Beschäftigung mit Syntax (s. Kap. II).
Der Aufbau: In Kapitel I werden die Grundlagen gelegt. Es werden die
Begriffl ichkeiten und Phänomenbereiche vorgestellt, die für jede Beschäf-
tigung mit Syntax unentbehrlich scheinen (u. a. Wortarten, Flexion, Phra-
sen, Valenz, Satzglieder und Kongruenz).
In Kapitel II »Die lineare Struktur von Wortgruppen« wird in sechs
Abschnitten die Topologie, d. h. die lineare Syntax, aller zentralen Arten
von Wortgruppen abgehandelt. Vieles von dem, was wir über bestimmte
Wortgruppen relativ gesichert wissen, lässt sich in einer solchen linearen
Syntax darstellen. Da auch die lineare Syntax kein Gebiet ist, in dem die
Dinge so offenkundig wären, dass es nicht zu Meinungsverschiedenhei-
ten unter den Forschern kommen würde, muss in einer Einführung, die
der topologischen Betrachtungsweise großen Raum einräumt, auch zu
bestimmten topologischen Modellen Stellung genommen werden und es
muss manchmal über das, was in den Grammatiken und der Forschungs-
literatur zu finden ist, hinausgegangen werden.
In Kapitel III »Syntaktische Konstruktionen« werden einige Kon-
struktionen näher dargestellt – beispielhaft sei das Passiv genannt – und
dabei wesentliche Eigenschaften dieser Konstruktionen aufgeführt und
unterschiedliche Analysevorschläge vorgeführt, was bereits in die Grund-
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I.1.2
Grundlagen
Zu diesem Band
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I.1.2
Grundlagen
Einleitung
nur geschriebensprachlich bzw. nur in der Standard- oder nur in der Um-
gangssprache vorkommen). Was nicht Gegenstand dieser Syntax ist, sind
neben den früheren Sprachstufen des Deutschen die deutschen Dialekte,
die sich syntaktisch vom Hochdeutschen in Teilen durchaus deutlich un-
terscheiden.
Verwendungsmöglichkeiten: Man kann diese Einführung als Grund-
lage für ein Seminar, aber auch im Selbststudium (s. Vorwort) benutzen.
Der Stoff dieser Einführung lässt sich in unterschiedlicher Weise auf zwei
aufeinander aufbauende Seminare verteilen, zum Beispiel wie folgt:
Das erste Seminar kann sich auf die Grundlagen (Kap. I.2) und gro-
ße Teile der linearen Syntax (Kap. II.1, II.2 – bis II.2.3.1 einschließlich –,
II.3, II.4 und II.5) konzentrieren. Das darauf aufbauende Seminar legt den
Schwerpunkt auf die anspruchsvolleren Teile der linearen Syntax (Kap.
II.2 und II.6), die Phrasenstruktursyntax (Kap. IV.2) und ausgewählte
Konstruktionen aus Kapitel III (mit Kap. IV.1 als Hintergrund).
Das erste Seminar kann aber auch neben den Grundlagen (Kap. I.2) und
basalen Teilen der Satzstruktur (Kap. II.1 und II.2 – bis II.2.3.1 einschließ-
lich) die Phrasenstruktursyntax (Kap. IV.2.1 bis IV.2.4.2 einschließlich)
mit umfassen. Das darauf aufbauende Seminar legt den Schwerpunkt
dann auf die fehlenden Teile der linearen Syntax (Kap. II.2 bis II.6) und
der Phrasenstruktursyntax (ab Kap. IV.2.4) und auf ausgewählte Kon-
struktionen aus Kapitel III (mit Kap. IV.1 als Hintergrund).
Aufgaben und Übungen: Es gibt zwei Arten von Übungsaufgaben. Die
einen heißen »Übungen« und stehen am Ende der einzelnen Kapitel, die
anderen heißen »Aufgaben« und sind in die einzelnen Kapitel integriert.
Bei den Aufgaben empfiehlt es sich, diese zu lösen, bevor man im Text
weiterliest. Denn sie versuchen, entweder das Verständnis zu sichern oder
auf das Kommende vorzubereiten. Die Lösungen zu den Aufgaben wer-
den an späterer Stelle im Text gegeben. Die Lösungen zu den Übungen
befinden sich auf den Internetseiten des Verlags, die den Käufer/innen des
Buches zugänglich sind (vgl. den ›Webcode‹ auf der ersten Buchseite).
Damit kann’s losgehen.
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I.2.1
Grundlagen
Wortarten und
syntaktische
Kategorien
2. Wortarten, Phrasen,
Satzglieder
2.1 Wortarten und syntaktische Kategorien
2.2 Flexion
2.3 Wortgruppen bzw. Phrasen
2.4 Valenz und Rektion
2.5 Satzglieder und syntaktische Funktionen
2.6 Kongruenz
2.7 Übungen
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I.2.1
Grundlagen
Wortarten,
Phrasen,
Satzglieder
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I.2.1
Grundlagen
Wortarten und
syntaktische
Kategorien
4. Determinative sind die dritte Wortart neben dem Substantiv und dem
Adjektiv, die dekliniert wird. Zu den Determinativen gehören
■ die Artikel: der definite (der/die/das) sowie die indefiniten Artikel (ein, Arten von
kein) Determinativen
■ die Demonstrativa (dieser, jener)
■ die Possessiva (mein, dein etc.)
■ die Interrogativa (welcher, wie viele) und
■ die Quantitativa (jeder, alle, viele, einige etc.).
Die Determinative können alle, manche müssen sogar, mit einem Sub-
stantiv kombiniert werden: das Stück, ein Stück, dieses Stück, mein Stück,
welches Stück, jedes Stück etc. In der syntaktischen Forschung ist das
Determinativ (auch Determinierer, Determinator oder Determinans ge-
nannt) gut etabliert, die (deutschen) Grammatiken jedoch tun sich noch
schwer mit dieser Wortart, weil Determinative traditionell zu großen Tei-
len den Pronomina zugeschlagen wurden (die IDS-Grammatik 1997, 33 ff.
ist eine der wenigen, die das Determinativ als eigene Wortart führt und
von den Pronomina – Proterme genannt – unterscheidet). Vor diesem Hin-
tergrund ist es nicht verwunderlich, dass man bei den Bezeichnungen für
die Unterarten der Determinative nicht immer auf etablierte Konventio-
nen zurückgreifen kann (in Grammatiken des Englischen und des Fran-
zösischen ist die Kategorie des Determinativs schon sehr viel etablierter;
vgl. etwa Quirk et al. 1985, Kap. 5; Huddelston/Pullum 2002, Kap. 5; Fag-
yal et al. 2006, 106).
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I.2.1
Grundlagen
Wortarten,
Phrasen,
Satzglieder
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I.2.1
Grundlagen
Wortarten und
syntaktische
Kategorien
■ Indefinitpronomen
■ impersonales Pronomen
■ Vorfeld-es
■ man
6. Adverbien sind in unserer Aufl istung die erste Wortart, die nicht flek-
tiert. Auch hier kann man mehrere Untergruppen unterscheiden – welche
genau das sind und wie man sie bezeichnen soll, darüber gehen die Mei-
nungen auseinander. Grob kann man zwischen
■ Prädikatsadverbien (gerne, genauso, genug, blindlings etc.)
■ Satzadverbien und
■ Konjunktionaladverbien (allerdings, also, trotzdem etc.)
unterscheiden (Prädikatsadverbien werden auch Modaladverbien ge-
nannt), wobei die Gruppe der Satzadverbien mindestens noch in die fol-
genden Untergruppen zerlegt werden kann:
■ Temporaladverbien (jetzt, einst, heute etc.) Arten von
■ Lokaladverbien (hier, da, dort etc.) Satzadverbien
■ Frequenzadverbien (oft, meistens, manchmal etc.)
■ evaluative Satzadverbien (glücklicherweise, leider etc.)
■ epistemische Satzadverbien (vielleicht, möglicherweise etc.)
Prädikatsadverbien kann man syntaktisch von Satz- und Konjunktio-
naladverbien ganz gut durch ihre Stellung zur Satznegation nicht unter-
scheiden: Prädikatsadverbien können auf nicht folgen, aber nicht nur in
seltenen Fällen unmittelbar vorangehen, wie z. B. in Sie hat das nicht gern
gemacht vs. *Sie hat das gern nicht gemacht. Satz- und Konjunktionalad-
verbien hingegen können nicht uneingeschränkt vorangehen, z. B. Sie hat
das jetzt nicht machen können und Sie hat das trotzdem nicht gemacht
(zur Satznegation nicht s. die Vertiefung ›Negationsprobe‹ in Kap. II.6.2.1).
Hier ein konstruierter Satz, in dem alle eben aufgelisteten Arten von
Adverbien vorkommen:
Allerdings sind sie ihm dort gestern leider vielleicht oft blindlings gefolgt.
Ein offene Frage ist, wie man Ausdrücke wie schnell und geradlinig, die
zweifelsohne Adjektive sein können (die schnelle und geradlinige Ant-
wort), einordnen soll, wenn sie bei einem Verb auftauchen: Sie hat schnell
geantwortet, sie hat geradlinig argumentiert. Sind sie dann Adverbien oder
immer noch Adjektive? Im Englischen ist die Sache klar: her quick answer
im Unterschied zu She answered quickly. Durch die Endung -ly wird aus
dem Adjektiv quick das Adverb quickly. Aber wie verhält es sich im Deut-
schen, wenn keine entsprechende Endung vorhanden ist? Erst auf der
Basis einer Theorie der syntaktischen Kategorien kann man diese Frage
wirklich beantworten.
Zu den Adverbien werden traditionell auch die sogenannten Prono-
minaladverbien gezählt wie darüber, daran, damit, womit, hiermit etc.
In der Vertiefung ›Pronominaladverbien‹ (in Kap. II.4.1) werden wir se-
hen, warum sie besser nicht als eine Klasse von Adverbien behandelt
werden sollten.
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I.2.1
Grundlagen
Wortarten,
Phrasen,
Satzglieder
9. Partikeln gibt es im Deutschen recht viele. Doch ist unklar, welche Aus-
drücke genau man zu den Partikeln rechnen soll. In diesem Sinne ist die
folgende Aufzählung der Unterarten nicht als definitiv zu verstehen. Da
sind zum einen die Konjunktionen bzw. koordinierenden Partikeln wie
und, oder, aber und sondern. Mit ihnen kann man Wörter und Wortgrup-
pen zu größeren Einheiten gleicher Art verbinden, kurz: koordinieren
(zur Koordination s. Kap. II.2.3):
Max und Moritz
du oder ich
eine elegante, aber teure Lösung
Diese Lösung ist nicht nur elegant, sondern auch kostengünstig.
Die Konjunktionen werden gerne mit den Subjunktionen in eine Ober-
gruppe gesteckt (traditionell redet man von neben- bzw. beiordnenden
Konjunktionen einerseits und unterordnenden Konjunktionen anderer-
seits, in der IDS-Grammatik 1997, 60 f. bilden sie zwei Elemente der Klas-
se der Junktoren, in der Duden-Grammatik 82009, 619 ff. bilden sie die
beiden Elemente der Klasse der Junktionen). Eine solche Einteilung legt
jedoch bei der Analyse komplexer Sätze ein falsches Bild von der Struktur
dieser Sätze nahe (s. Kap. II.2.1), weswegen wir auf sie verzichten werden.
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