Die Ulkuskrankheit bezeichnet ein chronisch-rezidivierendes Magen- oder Duodenumgeschwür, das
auf dem Boden einer chronischen Entzündung unter bestimmten Bedingungen über die Zwischenstufe einer Erosion in der Schleimhaut entsteht. Bei Lokalisation im Antrum oder im Bulbus duodeni gilt Helicobacter pylori als Verursacher. Bei Lokalisation im Fundus oder im Korpus stehen die Ulzera fast immer in Zusammenhang mit der Einnahme von Acetylsalicylsäure oder NSAR. Die Ulkuskrankheit ist vom nicht rezidivierenden akuten Stressulkus zu unterscheiden, dem ebenfalls eine (akute) Entzündung vorausgeht. Entzündung und Ulkus werden von extrem belastenden Situationen oder Ereignissen ausgelöst (7 Kap. 7.3.1). Pathogenese Damit Helicobacter pylori oder die Einnahme von Acetylsalicylsäure oder NSAR ein Ulkus verursacht, muss eine bestimmte Faktorenkonstellation bestehen. Auf diese Weise sind an der Genese der Ulkuskrankheit viele Faktoren beteiligt: Neben dem verursachenden Agens (Helicobacter oder Medikament) hat eine aus den Fugen geratene Säuresekretion die größte Bedeutung. Die früher herrschende Meinung »Kein Ulkus ohne Säure« wurde modifiziert zu der heute waltenden Einsicht »Kein Ulkus ohne Helicobacter und Säure«. > 95 7 Nach wie vor gilt, dass die Integrität der Schleimhaut gewahrt bleibt, solange aggressive Faktoren, wie Pepsin und Salzsäure, von Schutzfaktoren in Schach gehalten werden. Geschützt wird die Schleimhaut durch: intakte Durchblutung, ständige Erneuerung, eine fest haftende Schleimschicht, Bikarbonat vor der Epithelzellmembran als Säurepuffer, Prostaglandine, hormonelle Rückkopplungsmechanismen. Bestehen ein Überhandnehmen der Säuresekretion sowie eine Schwächung der Schleimhautbarriere in Gegenwart von Helicobacter pylori oder unter Einwirkung von Noxen, gewinnen die aggressiven Faktoren die Oberhand. Es kommt zur Selbstverdauung oder zur toxischen Schädigung des Epithels in Magen oder Duodenum (. Abb. 7.4). Die ausschlaggebende Rolle von Helicobacter pylori bei der Ulkusentstehung erklärt sich durch seine toxinbildenden Enzyme (Phospholipasen und Urease), die einer schutzlosen oder bereits verletzten Schleimhaut großen Schaden zufügen können. Das Schadpotenzial der Toxine hängt vom Helicobacter-pylori-Stamm ab. NSAR werden der Schleimhaut auf 2fache Weise gefährlich: durch direkte Einwirkung auf den Zellstoffwechsel nach Resorption in das Zellinnere und indirekt auf dem Blutweg durch Synthesehemmung der schützenden Prostaglandine. 4 4 4 4 4 4 Klinisches Bild Hauptsymptom der Ulkuskrankheit sind Oberbauchschmerzen unterschiedlicher Intensität mit oder ohne Ausstrahlung in den Rücken. Beim Magenulkus tritt der Schmerz kurz nach Nahrungsaufnahme und nahrungsunabhängig auf. Für das Duodenalulkus sprechen Nüchternschmerzen, die sich nach dem Essen bessern, aber auch Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen. Durch NSAR und Acetylsalicylsäure ausgelöste Ulzera machen sich oft ohne jedes Vorzeichen erst durch eine Akutkomplikation bemerkbar, meist eine Blutung, die lebensbedrohlich sein kann, selten eine Penetration in ein Nachbarorgan oder eine Perforation. Überhaupt erleidet jeder 4. Ulkuskranke in seinem Leben wenigstens eine Ulkusblutung. Zu erkennen ist diese an der Hämatemesis oder der Melaena. Beim Magenulkus kommt als Spätkomplikation eine Narbenstenose im Pylorusbereich in Betracht, welche die Magenentleerung behindert, aber auch eine maligne Entartung, von der bis zu 3% der Patienten bedroht sind. Diagnose Die Diagnose eines Magenulkus wird letztlich durch eine Magenspiegelung und die Untersuchung einer dabei entnommenen Gewebsprobe gesichert. Therapie Die Behandlung der Ulkuskrankheit ruht auf 3 Pfeilern: Absetzen oder Vermeiden von Auslösern (wie Acetylsalicylsäure und NSAR, aber auch Nikotin und Alkohol), Eradikation von Helicobacter pylori, Unterdrückung der Säuresekretion. Die kombinierte Eradikationstherapie wird 7 Tage lang mit einer Dreifachkombination durchgeführt: Die Säurebekämpfung erfolgt mit einem Protonenpumpenhemmer, z. B. Omeprazol oder Pantoprazol, wobei ein therapeutischer pHWert von >3,5 angestrebt wird. Die Eradikation von Helicobacter pylori gelingt am besten mit den Antibiotika Clarithromycin und Amoxicillin oder Metronidazol.