Die Juden
und das Römische Reich
Geschichte
einer konfliktreichen Beziehung
Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Einbandgestaltung: Neil McBeath, Stuttgart.
ISBN 3-534-15585-8
Meinem akademischen Lehrer Jochen Bleicken
Inhalt
Vorwort 9
Einleitung 11
I. „Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs": Die
Herausbildung der jüdischen Religion als politisches Phä
nomen vom 8. bis 4. Jahrhundert v. Chr 21
Wie hätte aber das Buch ausgesehen ohne meine Familie? Meine
Frau Dr. Dagmar Beate Baltrusch hat jedes Stadium des Entstehens
begleitet; sie entdeckte sofort, wenn ich mich um Klarheit drücken
wollte, und sie hat in vielen Diskussionen durch ihre Kenntnis der jü
dischen Geschichte des Mittelalters auch inhaltlich wesentlich beige
tragen. Meine Tochter Anna-Victoria, nun schon 12, begleitete mit ih
rer Liebe, ihrem Humor und mit ihrem eindringlichen Klavierspiel
meine Schreibtischtätigkeit. Anni und Lothar Schneider halfen in Co
burg auf jede nur mögliche Weise - dafür sage ich auch ihnen Dank.
In einer solchen Umgebung fällt die Arbeit leicht.
Einleitung
stimmte. Wenn man dazu weiß, daß beide Seiten nicht von Anfang an
einander feindlich gegenüberstanden und Rom das kleine Judäa 63 v.
Chr. und 6 n. Chr. nicht allein mit militärischer Gewalt seinem Reich
eingegliedert hat, daß viele Juden diese Einbeziehung in das Römische
Reich geradezu herbeiwünschten und zu diesem Behufe sogar Ge
sandte abgeschickt und in Rom vorstellig wurden, erscheint die Ent
wicklung dieses Verhältnisses noch unerklärlicher.
Die vorliegende Untersuchung hat sich deshalb ein im Kern histo
risches Ziel gesetzt. Es geht darum, das bis heute nicht wirklich er
klärte Phänomen der jüdisch-römischen Katastrophe zu erforschen.
Allein die Häufigkeit und die Heftigkeit der Zusammenstöße zwischen
Juden und Römern mahnen, in ihnen mehr als situationsbedingte kurz
fristige Reibungen zu sehen. Ohne den kontinuierlichen Blick auf die
inneren Entwicklungen beider Kontrahenten, auf die politischen und
geistigen Veränderungen, wie sie sich auf beiden Seiten nicht nur vor
der Katastrophe, sondern gerade auch vor dem Zusammentreffen zwi
schen Juden und Römern im Jahre 63 v. Chr. ergeben haben, kann
man die Ursachen für die Spannungen zwischen Juden und Römern
nicht ergründen.2
Es fehlt natürlich nicht an Erklärungen für diese Konflikte, für den
jüdischen Krieg, für den Diaspora-Aufstand und für den Bar-Kochba-
Aufstand. Das erste Manko dieser Erklärungen jedoch besteht darin,
daß jeder Aufstand für sich genommen wurde, daß man nach den Ein
zel-Ursachen für diese oder jene Krise fragte, ohne das Aufstandsjahr
hundert als Ganzes zu betrachten. Das ist ein zutiefst historisches
Manko. Wenn man zum Beispiel die Ursachen des Jüdischen Krieges
von 66 n? Chr. erforschen will, ist es zu wenig, nur die politischen
Entwicklungen in der Region zwischen 44 und 66 n. Chr. oder auch 6
und 66 n. Chr. zu berücksichtigen, aber den Blick nach Rom zu
scheuen und langfristig aufgebaute politische und gesellschaftliche
Strukturen zu vernachlässigen. So kam es, daß eine Reihe von moder
nen Studien fehlerhaftes Verwalten der Provinz Judäa durch die über
forderten ritterständischen Statthalter ausmachten und in persönlichem
Fchlverhalten die Aufstandsursache erblickten.3
Unser ältester Gewährsmann und Erforscher der jüdisch-römi
schen Beziehungen, Flavius Josephus, machte diesen Fehler auch; er
war aber als Jude und Römer zugleich in einem Zwiespalt und daher
voreingenommen. Als Apologet der Juden einerseits und Advokat der
Römer andererseits war er mehr der Beschwörung eines gedeihlichen
Auskommens miteinander zugetan denn der Erforschung von Miß-
Einleitung 13
also den Assyrern, Babyloniern, Persern und Griechen. Zentral ist da
bei das Verhältnis von „Reichsrecht" und „Volksrecht" (Mitteis) in
den jüdisch bewohnten Regionen. Auf diesem Diskussionsfeld gibt es
gerade in letzter Zeit interessante Ansätze, wie P. Freis These von der
„Reichsautorisation" und Lokaltradition.12
2. Parallel dazu ist zu fragen, wie sich das römische Herrschafts
verständnis herausbildete, welche Formelemente römischer Herrschaft
es gab und was römische Herrschaft nicht nur provinzialer, sondern
auch patronaler Natur von ihren Untertanen erwartete. Diese Frage
stellung erfordert einen zeitlichen Rahmen vom Beginn des römischen
Ausgreifens über Italien hinaus, also vom Ersten Punischen Krieg
(264-241 v. Chr.) an. Man muß herausfinden, ob die Ende des
3./Anfang des 2. Jahrhunderts allgegenwärtige Verleihung der Auto
nomie an die Untertanen durch die Römer dem materiellen Inhalt nach
den Autonomievorstellungen des jüdischen Gemeinwesens entsprach.
Denn von der Beantwortung dieser Frage hängt ab, ob die Startbedin
gungen römischer Herrschaft über jüdische Gemeinden günstig waren.
Auf der römischen Seite ist ferner die Verfassungsfrage zu erörtern.
Die Stellung der Juden hing nur während der römischen Herrschaft
von Institutionen, sonst dagegen von Einzelpersonen (Königen) ab.
Hier ist, auch wenn man Analogien zum Mittelalter hinzuzieht (Karo
linger, Ottonen, Stadtherren während der Kreuzzüge), nach Auswir
kungen verfassungsrechtlicher Unterschiede der Vormächte auf die
Juden zu fragen.
3. Da die römisch-jüdischen Beziehungen im Jahre 164 v. Chr.
gleichsam bei Null begannen, sollen in einem dritten Schritt Form und
Inhalt dieser ersten Kontakte geprüft werden. Dabei dürfen weder die
Erwartungen und Hoffnungen, die beide Seiten mit der Herstellung
eines ausgewogenen und stabilen Vertragsverhältnisses verbanden,
aus den Augen verloren werden noch der Zusammenhang zwischen
der beiderseitigen inneren Entwicklung und der gegenseitigen Haltung
zueinander.
4. Dazu kommt ein weiterer, für die römische Herrschaftsaus
übung zentraler Aspekt. Wie entwickelte sich das Verhältnis zwischen
Juden und Griechen in Palästina und den Diaspora-Gemeinden, nach
dem Rom aufgetaucht war und nachdem es die Herrschaft zunächst
über einzelne Diaspora-Gemeinden, seit 63 n. Chr. über Palästina
übernommen hatte? Dem Dreiecksverhältnis zwischen Juden-Römern-
Griechen kam reichsweit eine entscheidende Bedeutung für die römi-
Einleitung 19
Das Verhältnis von Juden und Römern war schwierig und mündete
in einer Katastrophe - drei großen Kriegen und der Zerstörung des
Tempels in Jerusalem im Jahre 70 n. Chr. Warum aber kam es zu die
ser Katastrophe? Schließlich war die Beziehung zwischen Juden und
Römern zunächst „unbelastet", begann gleichsam bei Null und hatte
deshalb gute Startbedingungen. Ebenso mangelte es nicht an gutem
Willen zur Verständigung auf beiden Seiten.
Das Bild, das sich die griechisch-römische Welt von den Juden
gemacht hat, war ausschließlich durch deren Religion geprägt,2 und
diese soll deshalb in ihrer Ausbildung und in ihrer Bedeutung für das
Selbstverständnis des jüdischen Volkes untersucht werden. Die Mei
lensteine der Untersuchung sind jene Ereignisse und Zäsuren inner
halb der Geschichte des Judentums, bei denen von Kultreformen die
Rede ist und bei denen die Religion eine zentrale Rolle im Politischen
einnahm. Namentlich sind dies:
1. die Regierungszeit Hiskijas, des Königs von Juda (716-687 oder
wohl richtiger 727/6-700 v. Chr.);
2. die Regierungszeit Josijas, ebenfalls König von Juda (wohl
639/8-609 v. Chr.);
3. das babylonische Exil (587-539 v. Chr.);
4. das Wirken Nehemias und Esras zur Zeit der persischen Herr
schaft (Mitte/Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr.);
5. die Zerstörung des Tempels von Elephantine im Jahre 410 v.
Chr. durch die Ägypter;
6. der Makkabäeraufstand (seit 165 v. Chr.) und seine Folgen.
Am Ende dieser Entwicklung hatte sich Jerusalem eine Religion
geschaffen, die sich in den meisten Belangen von den Religionsvor
stellungen seiner Umgebung unterschied: einem rigorosem Monothe-
22 Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs
Hiskija
Verfehlungen gegen ihn nicht helfen. Autonomie ist also etwas Höhe
res als bloße Eigenstaatlichkeit und kann deshalb auch nicht gewährt
werden, etwa von einer Vormacht; sie liegt vielmehr in der sakralen
Ordnung begründet, die sich jeglicher Disponibilität entzieht, selbst
dann, wenn äußere Mächte die jüdische Eigenstaatlichkeit bedrohten.
Die spätere jüdische Deutung der Geschichte, die besonders Kö
nigsbücher und Chroniken durchzieht, ist in diesem Sinne folgerich
tig: Die Könige Israels und Judas, welche wie Hiskija den Weg zur
Autonomie verfolgten, „taten das Rechte in den Augen Jahwes", alle
anderen „taten, was Böse in den Augen Jahwes war, indem sie den
Greueln der Völker folgten". Ein solches Urteil traf den Nachfolger
Hiskijas, Manasse (etwa 687-642 v. Chr.), der als Vasall Assyriens
unter den Königen Asarhaddon und Assurbanipal auch in assyrischen
Quellen auftaucht und besonders dem religiösen Synkretismus nach
hing; beides, Vasallität und Synkretismus, gehörte ja zusammen.19 In
Juda gab es zwei miteinander um den richtigen Weg im Umgang mit
der assyrischen Macht konkurrierende Gruppen,20 denn die außenpo
litische Lage Judas war weiterhin bedrängt, und Assyriens Macht er
streckte sich seit 667 v. Chr. sogar bis nach Theben/Ägypten.21 Die
jüdischen Könige Manasse und Amon (642-640 v. Chr.) bevorzugten
daher die Aufgabe des Widerstandes gegen diese Übermacht, und das
heißt, sie kehrten sich ab von Jahwe als dem Sinnbild jüdischer Iden
tität seit Hiskija.
Die Macht der Assyrer ging zwar seit der Mitte des 7. Jahrhunderts
v. Chr. ihrem Ende entgegen; 612 v. Chr. wurde ihre Hauptstadt Ni-
nive von dem medischen König Kyaxares (625-585 v. Chr.) und dem
babylonischen Herrscher Nabopolassar (625-605 v. Chr.) erobert und
zerstört.22 Für Juda jedoch war damit keine Befreiung aus der Gefahr
verbunden, da nun die Ägypter, andere Nachbarvölker sowie zuletzt
die neubabylonische Macht zu einer Bedrohung wurden - einer Be
drohung, der auch die religiöse Entwicklung Rechnung trug.
Josija
jedoch hatte Josija durch den Niedergang der Assyrer offenkundig ei
nen größeren Handlungsspielraum als sein Vorgänger. Zu dem bloßen
Haß auf Assur25 gesellte sich nämlich die Hoffnung auf eine Wieder
gewinnung des ehemaligen Nordreiches.26 Die deuteronomistische Re
form hatte daher einen eminent politischen Hintergrund. Sie bestand
in erster Linie in der Auffindung des „Gesetzbuches", hebr. "ISO
rrnnn, weniger deutlich Septuaginta: ßiß^iov xox> vo^ioi).27 Dabei
handelte es sich nicht um irgendein Gesetzbuch, sondern das Gesetz
buch, oder, wie der Chronist sagt, „das Gesetzbuch Jahwes in der
Hand Moses". So, wie es gefunden worden war, konnte es ein
Höchstmaß an Authentizität beanspruchen. Denn mit der gleichsam
„zufälligen" Entdeckung im Tempel durch den Hohepriester Hilkia
war das Buch dank Ort und Finder im besonderen autorisiert und zu
gleich der König, in dessen Hand die Umsetzung lag, von jedem Ver
dacht der Manipulation befreit. Jeder Kritik an Josijas religiöser politi
scher Reform sollte damit die Grundlage entzogen sein. Der Zeitpunkt
dieser Auffindung sei das 18. Jahr der Herrschaft des Josija, also 622
v. Chr. gewesen, und das Datum war günstig, denn 625 v. Chr. war
die assyrische Hauptstadt Ninive zum ersten Mal von dem Meder
Kyaxares belagert worden, und mit dem König Nabopolassar begann
zudem der Aufstieg der Babylonier. Vor diesem Hintergrund verfolgte
Josija zwei Ziele: In dem neu aufgefundenen Gesetzbuch Jahwes
wurde zum einen Judas Anspruch auf Autonomie betont, und zum an
deren der assyrische Gestirnskult bekämpft. Damit wurde wie bei
Hiskijas Versuch der Einwurzelung des Politischen im Religiösen die
Verbindung zwischen der religiösen und der politischen Orientierung
Judas erneut hergestellt.28 Ob die Auffindung des rrnnn ~IDO (des Ge
setzbuches) eine geschickte Erfindung des Josijas war oder nicht, ist
für die historische Bewertung unwesentlich.29
Es ist gut möglich, daß Josija auch außenpolitisch an David und
Salomon anknüpfen und sein Reich ausdehnen wollte; bekannt und
durch archäologische Forschungen bestätigt ist etwa, daß Josija nach
Westen in Richtung Küste sowie nach Süden hin expandierte.30 Denk
bar wäre also, daß Josija die Zentralisierung des Kultes in Jerusalem
auch als administrative Maßnahme für das größer gewordene Reich
(Abgaben an den Tempel, Bindung der Bewohner seines Reiches an
die Zentrale) verstand.31 Das Vorbild Hiskijas wird in diesen Maß
nahmen sichtbar, und die Tatsache, daß nach Hiskijas Tod seine Re
formen wieder rückgängig gemacht worden waren, ließen es Josija zur
Absicherung seiner Reformen ratsam erscheinen, mit einem „Buch
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs 27
des Gesetzes" aus Moses Hand gleichsam ein für allemal vollendete
Tatsachen zu schaffen, also jeden Versuch einer Kritik an den Maß
nahmen bzw. einer Revision als gegen den erklärten und schriftlich
nachprüfbaren Willen Jahwes zu brandmarken.32 Und in'der Tat: Die
Nachfolger Josijas, seine Söhne Joachas und Eljakim (bzw. Jojakim)
und seine Enkel Jojachin und Zidkija „taten zwar, was in den Augen
Jahwes böse war", aber offenkundig nur in ihrem Umgang mit Ägyp
ten und Babylonien sowie was ihre Achtung der Propheten betraf;
Götzendienst und Errichtung von „Höhen" wurden ihnen jedoch nicht
mehr vorgeworfen.33
Deutlich ist, daß die Reformen des Josija, die Reinigung des Kul
tes sowie dessen Zentralisierung in Jerusalem, auch politisch motiviert
und sinnvoll waren: Die Schwächeperiode der assyrischen Macht bot
Juda eine einzigartige Gelegenheit, sich vielleicht dauerhaft frei von
äußerer Beeinflussung und fremder Herrschaft zu machen. Wenn die
ses - angesichts einer bedrohlichen Umwelt - hochgesteckte Ziel er
reicht sollte, mußten möglichst die Kräfte aller Jahwe-Gläubigen mo
bilisiert werden, und zwar die Kräfte der in Jerusalem und Juda Woh
nenden durch das einigende Band eines zentralen Kultes und die
Kräfte der außerhalb Judas im alten Nordreich Wohnenden durch die
Bindung an eine zentrale Kultstätte. Die Auffindung des Gesetzbuches
und seine feierliche Verlesung dienten diesem Ziel und entzog insbe
sondere die neue Ordnung der „weltlichen" Verfügbarkeit, sollte also
auf Dauer verhindern, daß sie wieder beseitigt wurde. Für die weitere
Entwicklung spielt diese Festlegung eine entscheidende Rolle.
609 v. Chi*, fiel Josija in Megiddo, als er sich dem Pharao Necho,
der sich mit einem Heer zum oberen Euphrat aufgemacht hatte, in den
Weg stellte.34 Dieser Rückschlag in Verbindung mit dem weiteren
Aufstieg Babylons unter Nebukadnezar machte alle Hoffnungen der
Juden zunichte, das von den Assyrern hinterlassene Machtvacuum zu
füllen und ein eigenes unabhängiges und großes Reich zu gründen.
Das Gegenteil traf ein: Nicht mehr nur das Nordreich, sondern nun
auch das Südreich Juda wurde zur Provinz eines Fremd-Reiches, ja
mehr noch, es „verschwand ... fast von der Erdoberfläche",35 denn die
politische und religiöse Führungsschicht, die Wohlhabenden und ge
sellschaftlich angesehenen Familien, waren fortan im Exil in Meso
potamien, wohin sie von Nebukadnezar deportiert worden waren. Wer
in Juda zurückgeblieben war, war arm, ohne Selbstvertrauen, wie ge
lähmt; so jedenfalls ist der Tenor der „Klagelieder".36
28 Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs
Babylonisches Exil
Das babylonische Exil verstärkte die unter Hiskija und Josija ein
geleiteten Entwicklungen, insofern der Religion im fremden Land
noch stärker die Funktion eines einigenden Bandes zukam. Wie auch
später in den Diaspora-Gemeinden der hellenistisch-römischen Zeit
hatte das aber keineswegs ein vollständiges Abschließen von ihrer
Umwelt oder gar ein noch stärkeres Festhalten an den religiösen Vor
schriften als vorher zur Folge. Die Bedeutung des babylonischen Exils
für die religiöse Entwicklung des Judentums ist bereits vielfach unter
sucht worden, und es soll deshalb an dieser Stelle nur auf die Haupt
gedanken und insbesondere die politischen Dimensionen der innerjü
dischen Entwicklung der Exilszeit aufmerksam gemacht werden. Die
Voraussetzungen für die Bedeutung dieser Zeit legte Nebukadnezar
selbst: Die Deportierten waren „die oberen Zehntausend", d. h. Füh
rungspersönlichkeiten in politischer und religiöser Hinsicht. Sie wur
den nicht, wie es die Assyrer etwa 140 Jahre zuvor mit den Juden des
Nordreiches Israel gemacht hatten, verstreut in Mesopotamien ange
siedelt, sondern konnten große Gemeinden im südöstlichen Babylo-
nien gründen,37 in denen sie Häuser bauen, sich wirtschaftlich betäti
gen und versammeln konnten.38 Auch der exilierte König Jojachin39
scheint weiterhin eine zentrale Position in der jüdischen Gemeinde in
negehabt zu haben.40 Dies waren optimale Voraussetzungen, in der
Verbannung die Erinnerung an Jerusalem und den Tempel zu pfle
gen.41 Man hielt sich deshalb an die Gesetze wie an die Einhaltung der
Sabbat-Vorschriften42 und bereitete sich auf den Tag X der Rückkehr
nach Jerusalem vor. Unter ganz anderen Bedingungen, aber mit dem
selben Ziel, nämlich der Selbstbestimmung, verfolgte man die poli
tisch-religiösen Vorstellungen des Hiskija und insbesondere des Jo
sija. Die religiöse Ausrichtung auf das Gotteshaus in Jerusalem stärkte
das Zusammengehörigkeitsgefühl der verbannten Juden und half in
der fremden Umgebung, die eigene Identität zu wahren und die Hei
mat nicht zu vergessen. Das Streben der Diaspora-Gemeinde im
babylonischen Exil nach einer „einmischungsfreien Zone" könnte be
reits mit dem Satz: „Nach den eigenen Gesetzen leben zu können"
umschrieben werden, eine Forderung, die unter griechischer und römi
scher Herrschaft von Juden immer wieder erhoben wurde.
Diese Forderung bedeutete jedoch keinesfalls - und hat dies, an
ders als viele NichtJuden meinten, auch nie bedeutet -, daß man sich
völlig von der Umgebung abkoppeln wollte, gleichsam eine selbstge-
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs 29
Persische Herrschaß
mung selbst, die nun persisch war. Verändert hatte sich dagegen das
Interne jeder dieser Kräfte sowie ihr Verhältnis zueinander. Mehr als
200 Jahre konnten sich die jüdisch-persischen Beziehungen entfalten.
Als Alexander der Große im Jahre 332 v. Chr. auch Palästina seinem
Reich und damit erstmals einem europäischen Staat einverleibte, traf
er auf ein unter den angesprochenen Veränderungen geformtes Ge
meinwesen. Wie sah dieses Gemeinwesen aus? Diese Frage gilt es im
folgenden zu untersuchen, wobei der thematische Zusammenhang al
lerdings vorgibt, auf die unzähligen Forschungsdiskussionen über
Einzelfragen, zumeist chronologischer oder personeller Natur, nicht
näher einzugehen.
Zur historischen Einordnung ist ein Blick auf die politische Ge
schichte nötig. Das neubabylonische Reich fiel 539 v. Chr. dem Er
oberungsdrang des persischen Königs Kyros zum Opfer, der sich im
Zuge der Herrschaftsstabilisierung auch um die Herstellung guter Be
ziehungen zu den seinem Reich unterworfenen Regionen bemühte.46
Kyros war es auch, der den exilierten Juden Babyloniens die Rück
kehr nach Palästina erlaubte und den Wiederaufbau des größtenteils
zerstörten Tempels ermöglichte, dessen Fertigstellung sich freilich
noch bis in die Regierungszeit Dareios' I hinzog (515 v. Chr.). Zwi
schen Kyros und Dareios war Kambyses König (530-522 v. Chr.), der
Ägypten und damit eine weitere große Diaspora-Gemeinde dem persi
schen Reich zuführte (525 v. Chr.). Gerade die jüdischen Gemeinden
sollten fortan, wie wir aus aramäischen Zeugnissen wissen, eine
wichtige herrschaftssichernde Rolle für die Perser in Ägypten spielen.
Kambyses' Nachfolger als persischer König, Dareios, organisierte
wenig später, wie wir schon von Herodot47 erfahren, die persische
Reichsverwaltung neu und legte damit auch die Grundlagen für die
verwaltungstechnische Einbeziehung der „neuen" (d. h. nach dem Ky-
ros-Dekret entstandenen) jüdischen Gemeinde um Jerusalem - die
Einzelheiten sind aber umstritten. Den oben entwickelten Autonomie
vorstellungen Jerusalems kam das persische Staatsverständnis durch
aus entgegen. Denn wohl war die territoriale Expansion ein wesentli
ches Element der persischen Herrscherideologie, wie wir von den gro
ßen Inschriften wie derjenigen von Bisutun über den König Dareios
erfahren. Aber daraus leitete sich kein Streben nach einer Vereinheit
lichung des Reiches ab; insbesondere die religiöse Eigenständigkeit
und damit auch die sich aus der Religion ableitenden Autonomiean
sprüche der unterworfenen Regionen wurden geachtet; diese Achtung
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs 31
sitzer, bis Ptolemaios I im Jahre 301 v. Chr. für ein Jahrhundert Palä
stina an Ägypten anschließen konnte. Während der Diadochenzeit
wurden im Umkreis des jüdischen Mutterlandes Städte und Kolonien
mit makedonischen Veteranen gegründet (zum Beispiel Pella, Dion,
Hippos, Gadara im Transjordanland, Apollonia, Arethusa, Anthedon
an der Küste), und die Diaspora vergrößerte sich.7 Die unsicheren
Verhältnisse veranlaßten viele Juden, sich als Söldner anwerben zu
lassen und sich in verschiedenen Städten anzusiedeln, oder sie wurden
als Sklaven verschleppt, oder sie mußten ganz einfach vor neuen Her
ren flüchten, wenn sie sich der falschen, d. h. unterlegenen Seite ange
schlossen hatten, oder sie ließen sich als Kolonisten verpflichten und
übernahmen herrschaftliche Aufgaben in fremden Regionen wie
Kleinasien oder Ägypten.8
Unter der Herrschaft der Ptolemäer stabilisierte sich die Lage der
Juden einigermaßen, obwohl gerade die von Ptolemaios I eingerich
tete neue Provinz Syrien und Phönikien zwischen dem von den Seleu-
kiden beherrschten „Nordreich" und dem ägyptischen „Südreich", wie
Daniel sie definierte, sehr umkämpft war.9 Die Region mußte militä
risch und politisch gesichert werden, gegen die Seleukiden im Norden
und die Araber im Süden und Osten, damit sie wirtschaftlich „nutz
bringend" sein konnte. Für die Verwaltung, d. h. konkret: für die
Steuereintreibung, war zunächst der Hohepriester, dann eine andere
lokale, besser zahlende Autorität zuständig: der Tobiade Joseph.10 Die
Juden, die in Ägypten lebten - mehr als 100.000 Menschen -, stellten
sich auf ihre neuen Herren ein, arbeiteten nach Möglichkeit mit ihnen
zusammen und nahmen, soweit uns die Papyri mitteilen, rege am Ge
schäftsleben teil. Ungeklärt war allerdings, welchen Status die jüdi
sche Gemeinde Alexandrias, wo der größte Teil der ägyptischen Juden
lebte, im Verhältnis zu der griechischen Bürgerschaft hatte.
Der seleukidische König Antiochos III (223-187 v. Chr.) nahm
Palästina den Ptolemäern unter dem Beifall der jüdischen Mehrheit
wieder ab. Zwei sog. „Syrische" Kriege führte er deshalb: den 4. Syri
schen Krieg von 219-217 v. Chr. und den 5. Syrischen Krieg von 202-
195 v. Chr.11 199/8 richtete er die Provinz Koile Syrien und Phönikien
ein, die wiederum in kleinere Verwaltungssprengel unterteilt wurde.
Judäa um die Hauptstadt Jerusalem war der Sitz des Ethnos der Juden
und hatte, wie zuletzt wieder Jack Pastor betont hat, als solches Anteil
am seleukidischen Verwaltungssystem.12 Das Ethnos der Juden hatte
Steuern zu zahlen wie andere Ethne auch.13 Die Diaspora breitete sich
auch unter den Seleukiden weiter aus, zum Beispiel weil jüdische
Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben 43
die Wohltaten des Königs. Und es blieb nicht bei bloßen Worten: Der
jüdische Hohepriester Simon II (ca. 220-195 v. Chr.), Sohn des Onias
II urtd genannt „der Gerechte", machte sich an den Ausbau des Tem
pels über die Schadensausbesserung hinaus und wurde gerühmt nicht
nur den Tempel, sondern auch die religiöse Ordnung als Ganzes unter
Antiochos III gestärkt zu haben.22
30 Jahre nach dieser Grundsatzerklärung ist nichts mehr von ihr
übrig geblieben. Eine bekannte Episode kann das verdeutlichen: 167
v. Chr. kamen Abgesandte des seleukidischen Königs Antiochos IV,
Sohn des eben genannten Königs, in den kleinen Ort Modin, um die
dort wohnenden Juden zur Teilnahme an einer Opferfeier zu zwin
gen.23 Sie hatten vorher bereits viele Orte und Städte mit diesem Auf
trag besucht, und viele Juden hatten den Drohungen und der Gewalt
nachgegeben und geopfert. Antiochos IV hatte nämlich kurz zuvor,
wohl im Sommer 167 v. Chr., per Edikt den Juden verboten, an ihrer
Religion festzuhalten, und zum Beweis ihres Gehorsams heidnische
Opferhandlungeh vollziehen lassen; ihre Söhne durften sie nicht mehr
beschneiden, ihre Bücher, in erster Linie natürlich die Thora, mußten
sie verbrennen, kurz: ihre pätrioi nomoi mußten sie aufgeben. Denn,
so lautete des Königs Begründung, „alle sollten ein Volk werden und
jedei* seine Gebräuche aufgeben" (eivai rcavTaq ei<; A,aöv eva Kai
eyKaxa^iKetv emaiov xa vojnjia a\)xo\)).24 In Modin wandten sich
nun seine Beamte wie in allen anderen Städten auch zuerst an die
Würdenträger, denn wenn diese opferten, so stand zu erwarten, daß
die änderen folgten. Ausgerechnet in diesem kleinen Örtchen weigerte
sich jedoch die einflußreiche Priester-Familie des Mattathias, dem
Opferbefehl Folge zu leisten, und so wurde Modin bekanntlich zur
Keimzelle des Makkabäeraufstandes.
Radikaler kann man sich den Umschwung von dem Brief des An
tiochos III aus dem Jahre 198 v. Chr. zu dem Edikt des Antiochos IV
aus dem Jahre 167 v. Chr. kaum vorstellen: Jener verlieh den Juden
Autonomie zur Stärkung seines Reiches, dieser beschnitt sie aus eben
demselben Grunde; jener beschwor die väterlichen Gesetze der Juden
als eine Art Treuegarantie, dieser beseitigte sie, weil sie die Integra
tion erschwerten; jener unterstützte finanziell den Kult, die Opfer und
den Tempel der Juden, damit sie um so loyaler dem König als ihrem
Wohltäter dienten, dieser erzwang die Teilnahme der Juden bei heid
nischen Opferfesten und entweihte den Jerusalemer Tempel, damit die
Juden durch ihren Abfall von den Vätersitten ihre Loyalität zum Staat
46 Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben
nicht nur in hohem Maße spekulativ und, wie man sieht, fast unmög
lich, sondern berücksichtigt auch nur das unmittelbare Umfeld der in
Rede stehenden Edikte. Mir scheint daher ein anderer, im eigentlichen
Sinne historischer Ansatz vielversprechender, oder, um es thukydi-
dei'sch zu sagen: Die Anlässe des Religionsediktes sind beschrieben
und erörtert worden, was aber war die tiefere Ursache des Konfliktes
selbst? Auf was für einer Grundlage stand das Verhältnis zwischen
hellenistischem König und Juden, daß überhaupt ein Umschwung wie
der beschriebene eintreten konnte? Wie läßt sich das Verhältnis zwi
schen Juden und Griechen, von jüdischem Gemeinwesen und Staat in
der hellenistischen Epoche grundsätzlich definieren? Und welche
Rolle spielte die Religion für die Selbstdefinition des Judentums?
Denn um sie dreht es sich ja in beiden besprochenen Dokumenten.
Sicher ist, daß auf das helle Bild des Hellenismus als einer weltof
fenen und toleranten Epoche auch Schatten fallen. Es sind Widersprü
che erkennbar, die bis in die moderne Forschung hineinragen. Vor
wenigen Jahren resümierten zwei unbestrittene Fachleute und aner
kannte Hellenismus-Experten, H.-J. Gehrke und B. Funck, die Diskus
sionen auf einem großen Hellenismus-Kongreß in Berlin (März 1994):
„Das Seleukidenreich erweist sich immer deutlicher als polyglotter,
multikultureller Vielvölkerstaat, in dem die Herrscher auf gewachsene
Strukturen und Veränderungen behutsam reagierten. Sie nahmen in
einem bisher nicht so hoch eingeschätzten Maße Rücksicht auf die
politisch-kulturellen Traditionen und Praktiken ihrer Untertanen. Ne
ben die Prozesse der Hellenisierung, die sie bis zu den Grenzen hin
förderten, trat der bewußte Respekt vor einheimischen Strukturen, ja
deren deutliche Förderung (vor allem auf religiösem Gebiet). Hier", so
vermuten Gehrke und Funck, „scheint es nicht nur um eine bloß aus
rein praktischen Gründen gewählte Fortsetzung zu gehen, sondern um
Versuche zur mindestens partiellen Integration indigener Elemente".33
Zweierlei ist an diesem Resümee auffällig: zum einen die immanente
Widersprüchlichkeit zwischen der „Rücksicht auf die politisch-kultu
rellen Traditionen und Praktiken" einerseits und der „bis zu den Gren
zen hin" geförderten Hellenisierung und der „Integration indigener
Elemente" andererseits; zum anderen die offensichtlich ausgeblendete
historische Perspektive. Der Begriff „multikultureller Vielvölkerstaat"
für das Seleukidenreich implizierte Aktualität, Modernität und Tole
ranz; man denkt unwillkürlich an die weit verbreitete Fremdenfeind
lichkeit in unserem eigenen Land, und man soll womöglich von den
Seleukiden lernen - gleichsam ein KTfjjia eiq ccei. .
48 Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben
Bevor man allerdings aus der Geschichte lernen kann, müssen die
historischen Ereignisse richtig interpretiert werden, und diesem Er
kenntnisziel dient ein Vergleich des Seleukidenreiches mit dem Vor-
her mehr als der (notwendig schiefe) Vergleich mit dem Jetzt. Über
tragen auf die Juden heißt das: Wir dürfen nicht übersehen, daß das
jüdische Gemeinwesen so in makedonische Hände gelangte, wie es
sich unter den Achämeniden herausgebildet hatte. Unter diesem
Blickwinkel erweist sich erneut die politische Dimension der Refor
men von Esra und Nehemia, die ja beide auch persische Beamte wa
ren.34 Sie waren in enger Zusammenarbeit mit dem persischen Staat
durchgeführt worden - namentlich Nehemia agierte in seiner Eigen
schaft als persischer Beamter - und sicherten über die religiöse Ord
nung Jerusalem die Autonomie, dem König die Loyalität seiner Un
tertanen. Esra und Nehemia hatten das nüD rmn "IDO, das Buch des
mosaischen Gesetzes, verbindlich für alle Juden gemacht, den Kult in
Jerusalem zentriert, hatten dazu den Tempel weiter ausgestaltet, die
bewußte Abgrenzung (was nicht zwangsläufig Selbstisolation bedeu
tete)35 von den Nachbarn verfügt und gleichzeitig die Vertretung auch
der Diaspora-Juden durch Jerusalem durchgesetzt36 - all diese, später
sich zu Charakteristika des Judentums entwickelnden Reformen er
möglichten die Verbindung zwischen „dem Gesetz (deines) Gottes"
(-|i"6K--H x m ) und „dem Gesetz des Königs" (*O^D "H xm), einer
Verbindung, von der es im Erlaß des Königs Artaxerxes ausdrücklich
heißt, daß beide Gesetze, das königlich-persische wie. das göttlich-jü
dische, unbedingt zu befolgen seien.3 Mit anderen Worten: Den
Strukturmerkmalen des jüdischen Gemeinwesens kam eine ordnungs
politische Funktion ersten Ranges in der Herrschaftspolitik der persi
schen Vormacht zu, für die Juden aber waren sie gleichzeitig eine Art
Schutzwall vor äußeren Eingriffen und ein einigendes Band im Innern.
So wiesen die Reformen Esras und Nehemias, scheinbar ausschließ
lich religiös motiviert und doch weit darüber hinausgehend mit emi
nent politischem Hintergrund, den Weg zu einer gedeihlichen per
sisch-jüdischen Zusammenarbeit unter Wahrung einer größtmöglichen
Autonomie Jerusalems.
Einem ganz und gar persisch ausgerichteten jüdischen Gemeinwe
sen brachten also Alexander und seine Nachfolger den Hellenismus.
Dieser bewirkte Veränderungen, auch wenn die Ptolemäer, Seleukiden
und alle anderen hellenistischen Herrscher „Rücksicht auf die poli
tisch-kulturellen Traditionen und Praktiken" (Gehrke/Funck) der un
terworfenen Regionen nahmen, wie man es eingangs wohl jeder neue-
Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben 49
Die Städte
Die Verfassung
;
Neben der Polis kommt auch der Verfassung hellenistischer Staa
ten ein hohes Maß an Bedeutung für die Entwicklung des jüdischen
Verhältnisses zu der hellenisierten Umwelt zu. Zu diesem themati
schen Schwerpunkt gibt es jetzt eine hervorragende Arbeit von John
Ma über das Seleukidenreich, die wesentliche Urteile der modernen
Hellenismus-Forschung in Frage stellt. So sieht er das Seleukidenreich
nicht primär als eine lose Form von Herrschaft, sondern als „an active,
attentive administration endowed with strong capacities for control
and involvement".72 Die zentrale Verfassungseinrichtung war das Kö
nigtum.73 Ihren großen Einfluss auf das Judentum beweist allein schon
die Tatsache, daß Ideal, Aufgaben, Stabilität, Wechselfälle, Verfeh
lungen und religiöse Ausrichtung der Monarchie in jüdischen Schrif
ten vielfaltig behandelt worden sind.74 Flavius Josephus erzählt in den
Jüdischen Altertümern von den Differenzen zwischen dem jüdischen
Hohepriester Önias und dem König Ptolemaios im 3. Jahrhundert v.
Chr. Onias war mit den Tributzahlungen ins Hintertreffen geraten,
worauf ihm der König drohen ließ, wenn er nicht pünktlich zahle,
lasse er Jerusalem neu besiedeln.75 Das kam einem Autonomieentzug
gleich. Der König, soviel können wir dieser Episode entnehmen,
konnte also seinen Untertanen ungeachtet bisher gewährter Rechte
seine Gunst entziehen, wenn in seinen Augen das Verhältnis von Lei
stung und Gegenleistung nicht mehr stimmte.76 So dachte auch Antio-
chos IV 100 Jahre später. Der „personal-victoriale" Charakter
(Gehrke) des hellenistischen Königtums - d. h. der ständige Druck,
Erfolg zu haben - übte demnach massiven Druck auf die Juden im
hellenistischen Staat aus. Denn die Beachtung bisher gültiger Rechte
trat durchaus hinter dem dringlichen Erfolgsinteresse des Königs zu
rück - wie das Beispiel des Antiochos IV lehrt. Erfolg und Charisma
dieses Königs hatten ja in den frühen 60er Jahren erhebliche Risse in
folge der Demütigungen durch Rom bekommen.77
Es änderte sich also mit dem neuen Königtum - sei es nun ptole-
mäisch, sei es seleukidisch - sehr viel. Vor kurzem hat Heinz Heinen
für das ptolemäische Ägypten die „enge Verknüpfung des Königkultes
mit dem Gottesdienst der ägyptischen Tempel" herausgearbeitet:78 Ein
Beamter des Königs, der Pergamener Herodes, hatte verschiedene mi
litärische Positionen im südlichen Ägypten inne und war gleichzeitig
Prophet des Chnubis (= Ammon) (rcpocpfjTTn; xofi Xvo-üßecoq) und
Oberankleidepriester (apxioxo?tiGTf|<;) ägyptischer Tempel in Ele-
54 Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben
von der Euergesie des hellenistischen Staates - König oder Polis - ab.
Viele (aber keineswegs alle) Juden waren bereit und willens, mitzuar
beiten; allein, die Vorgeschichte des Makkabäeraufstandes zeigt, daß
der Strudel der Hellenisierung den meisten Juden zu kräftig wurde und
eine Gegenbewegung ins Leben rief. Was folgte, war ein erfolgreicher
Befreiungskampf der Juden gegen die hellenistische Umklammerung.
Der Makkabäeraufstand gab dem Judentum ein neues Aussehen, das
die Lehren der Geschichte beherzigte. Und doch: Auch der neue reli
giös ausgerichtete hasmonäische Staat konnte sich nicht dem allge
genwärtigen Einfluß einer hellenisierten Umwelt entziehen und wurde
selbst ein hellenistisch geführtes Gemeinwesen - mit der Folge einer
weiteren Spaltung der Gesellschaft.109 Nur kurz währte der Rückgriff
der Königin Salome Alexandra (76-67 v. Chr., Ehefrau von Alexander
Jannaios), auf den makkabäischen Ursprung, insbesondere die Verfas
sung Simons.110 Nach ihrem Tod stritten sich ihre Söhne, Hyrkan II
und Aristobul II, in gewohnter hellenistischer Manier um den Thron
und bahnten damit Rom den Weg. In der Diaspora ließ der Druck
gleichfalls nicht nach. Den Höhepunkt der Spannungen zwischen Ju
den, Staat und Umwelt indes, begleitet von Pogromen, Opferbefehlen,
Jagd auf Juden, innerjüdischen Angriffen auf die „Befleckten" bis hin
zu Ansätzen von Ghettoisierung, Kennzeichnungspflicht und rassi
schen Elementen der Judenfeindschaft, diesen Höhepunkt treffen wir
erst später in römischer Zeit an. Aber Rom war für die jüdische Reli
gion und deren Ausrichtung ohnehin noch gefährlicher als die helleni
stischen Staaten es je waren.
Eins war jedoch schon jetzt deutlich geworden: Nicht daß die Ju
den eine andere Religion oder Kultur hatten, behinderte ihre Integra
tion in den hellenistischen Staat. Es waren vielmehr die politischen
Konsequenzen dieser Religion, ein auf dieser Religion fußender Au
tonomieanspruch, der sich mit dem politischen Hellenismus nicht
vertragen konnte.
///.
„ Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen
niederzuwerfen": Die Römische Republik als Weltmacht1
Die jüdische Religion stellte von den Zeiten Hiskijas an den Dreh-
und Angelpunkt der politischen Eigenständigkeit gegenüber den Herr
schaftsansprüchen äußerer Mächte dar. Ihre Fundamente wie die Zen
tralisierung des monotheistischen Kultes in Jerusalem in der Zeit des
Zweiten Tempels waren während der Perserherrschaft gelegt worden
und ermöglichten in nahezu idealer Weise eine quasi-autonome Exi
stenz der jüdischen Gemeinschaft - nicht nur in Judaea, sondern auch
in den Diaspora-Gemeinden Babyloniens und Ägyptens. Die politi
schen Strukturen der hellenistischen Reiche jedoch, die die Nachfolge
der Perser anträten, waren, wie im vorigen Kapitel gezeigt wurde, an
dere, und so verlor auch die Religion ihre besondere politische Funk
tion, die beherrschten Juden mit den griechischen Herren zu verbin
den.
Vom 2. Jahrhundert an überlagerte allmählich das römische Impe
rium die hellenistische Staatenwelt, bis 31 v. Chr. auch das letzte
Nach-Alexander-Reich, das ptolemäische, von Rom besetzt wurde.
Erste Verbindungen zwischen Juden und Rom wurden 164 v. Chr.
aufgenommen, also in einer Zeit der größtmöglichen Desillusionie-
rung auf jüdischer Seite, was die Möglichkeit betraf, als Juden unter
einem hellenistischen Herrscher politische Eigenständigkeit bewahren
zu können. Erhofften die Juden aktive Hilfe von Seiten der Römer,
und wenn ja, hatten diese Hoffnungen eine reale Grundlage? Wäre
eine römische Herrschaft, sei sie nun direkt oder indirekt, für die jüdi
schen Autonomievorstellungen günstiger gewesen? Wir wissen, daß
Rom erst 63 v. Chr. indirekt, seit 6 n. Chr. dann direkt Herrschaft über
Judaea ausgeübt hat, und weiterhin wissen wir, daß beide Formen ge
scheitert sind, jedenfalls gemessen an einem von beiderseitigem Ein-
60 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen
Die Verfassung
Seit dem Beginn des 2. Jahrhunderts geschah dies in Rom, weil es von
inneren Krisen geschüttelt wurde.9 Die wichtigste Quelle für die den
mos und damit die Verfassung verändernden Einflüsse war der au
ßenpolitische Erfolg selbst. Innerhalb weniger Jahrzehnte - im beson
deren wirkmächtig war der Zeitraum von 205 bis 146 v. Chr. - war
Rom, gerade noch infolge Hannibals Aufenthalt in Italien von einer
schlimmen Existenzkrise heimgesucht, zur alleinigen Weltmacht ge
wachsen. Das Leben der Menschen in Rom und demzufolge auch die
Verfassung waren nun vielfältigen Einflüssen ausgesetzt, materieller,
geistiger, politischer Natur. Das Selbstbewußtsein und damit gepaart
ein Überlegenheitsgefühl, insbesondere innerhalb der politischen Füh
rungsschicht, der Nobilität, stieg ins Unermeßliche; der Senat, das In
strument dieser Schicht, wurde als zentrales Verfassungsorgan unan
greifbar. Die römischen Feldherren und Beamten traten zuweilen kö
nigsgleich in den besiegten Regionen auf; sie bekamen immer grö
ßere, vom Senat zunächst aber noch kontrollierbare Machtmittel in die
Hände - und mußten sie auch zur Bewältigung der Aufgaben bekom
men. Römische Beamten mußten mehr Aufgaben übernehmen,10 und
gleichzeitig mußten mehr Beamtenstellen geschaffen werden. Beides
wirkte sich auf die Verfassung aus, denn deren Fundament waren
diese mores, und die Beachtung dieser mores gründete wiederum auf
Übersichtlichkeit und Kontrolle. Auf die römische Ordnung wirkten
zugleich in vielfältiger Weise griechische Einflüsse.11 Das alles be
deutete, daß die römischen mores und demzufolge auch die römische
Verfassung sich veränderten und in eine Krise kamen, welche ihrer
seits wiederum auf die Außen- und Reichspolitik zurückwirkte.
Das signifikanteste Beispiel dafür hat uns Sallust, der bedeutendste
lateinische Historiker der römischen Republik, überliefert: den Krieg
der Römer in Nordafrika gegen den Numiderfürsten Jugurtha am Ende
des 2. Jahrhunderts v. Chr. Tunc primum superbiae nobilitatis obvium
itum est („Damals trat man zum ersten Mal dem Hochmut der Nobili
tät entgegen."), schreibt Sallust in einer berühmt gewordenen Formu
lierung über die innenpolitische Bedeutung dieses Krieges. Es geht
dabei um durch die römische Verfassung bedingte Mißstände im
Reich. Für unsere Themenstellung interessant ist dieser Fall auch des
halb, weil Judaea durchaus schon im 2. Jahrhundert v. Chr. unter rö
mischen Einfluß hätte geraten können - dann nämlich, wenn Rom
nach dem makedonischen auch den Seleukidenstaat beseitigt hätte -
und dann als abhängiger Staat (so wie es nach 63 v. Chr. auch kam)
die römische Oberhoheit hätte anerkennen müssen. Im Krieg gegen
Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 63
Perseus (König 179-168 v. Chr.). Das Ergebnis dieser Kriege war, daß
Rom Griechenland kontrollierte, aber erst 148 v. Chr. den Weg direk
ter Herrschaft beschritt und die Provinz Macedonia einrichtete.28 Die
Einzelheiten können hier auf sich beruhen, aber es verdient in unse
rem Zusammenhang hervorgehoben zu werden, daß die Anlässe der
Kriege auch hier bei den römischen Verbündeten vor Ort zu suchen
sirid, von denen die Vereinigung der Ätoler, das attalidische Perga-
mön, die Insel Rhodos und die Polis Athen besonders zu nennen sind.
Im Jahre 168 v. Chr. hatte Rom also einen zweiten Einflußkreis
um Italien gelegt, der nun den gesamten Mittelmeerraum umfaßte.
Das Ende römischer Expansion war damit noch nicht erreicht, und so
gelangte nach 168 v. Chr. auch Judaea in das römische Blickfeld. Ein
dritter Kreis begann folgerichtig mit dem syrischen Raum, dem Kern
land des schon einmal, nämlich 192-188 v. Chr., bekämpften Seleuki-
denreiches. Allerdings ließ die Vollendung dieses dritten Kreises zu
nächst einmalauf sich warten: Die Gründe dafür sind zum einen darin
zu suchen, daß sich Roms Politik als Weltmacht notgedrungen gegen
über den Zeiten des Aufstiegs gewandelt hatte und also der übliche
„Hilferuf bedrohter Verbündeter immer öfter ausblieb. Aber auch aus
römischer Sicht waren langsam die Grenzen der Expansion erreicht,
denn diese stellte den republikanischen Staat vor unlösbare Pro
bleme.29 Und natürlich darf darüber hinaus nicht vergessen werden,
daß Rom allein schon mit der militärischen Sicherung der bereits ge
wonnenen Regionen genug zu tun hatte; Probleme gab es viele, in
Spanien, Afrika, Sizilien, Kleinasien und anderswo. Immerhin richtete
Rom 129 v. Chr. noch die Provinz Asia, 121 v. Chr. die Gallia Narbo-
nensis, 101 v. Chr. Cilicia ein. Noch immer schien der römische Aus
dehnungsdrang nicht gebremst zu sein, und das gilt bei verlangsamtem
Tempo noch mindestens bis zu den Dakerkriegen und dem parthi-
schen Feldzug des Kaisers Trajan (98-117 n. Chr.).
Der Charakter der römischen Außenpolitik änderte sich allerdings
im Laufe der Zeit. Sie konnte natürlich unmöglich die Dynamik der
Anfangszeit beibehalten. Doch sollte die hier entworfene „Kreistheo
rie" die römische Expansion in ein besonderes Licht rücken, das zu
einem nicht zufälligen Zeitpunkt auch auf Judaea fällt. Die römischen
Eroberungen waren, so kann man den Schluß ziehen, weder zielge
richtet in geographischer Hinsicht und also auch nicht „imperiali
stisch" (wenn man denn diesen Begriff verwenden will), noch waren
sie wirtschaftlich motiviert, noch waren sie andererseits völlig planlos.
Man mag durchaus an Mommsens heute kaum noch vertretene Theo-
68 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen
zudem die Erfahrung, daß Rom gleichsam am selben Strang wie sie
zog, nämlich gegen die großen Könige vorging, und zwar höchst er
folgreich.39 Nicht nur römische oder griechische, sondern auch jüdi
sche Texte sprechen davonl40 Ciceros später entwickelte Theorie hatte
dehinach eine reale Grundlage und war kein bloßes, in der Auseinan
dersetzung mit griechischer Philosophie (Stoa) gewonnenes Konstrukt
zur Rechtfertigung des römischen Weltreiches.41 Sie nahm in verän
derter Form auf, wie die römische Republik sich am Anfang ihres
Ausgreifens Herrschaft überhaupt nur vorstellen konnte, nämlich
nicht anders „als mit den Mitteln der Außenpolitik durchsetzbare In
teressen zu wahren".42 Darauf gründete sich das römische Herrschafts
system bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts, und es unterschied sich da
mit von Herrschaftssytemen hellenistischer Prägung. Bekanntlich
scheiterte es trotz aller Anfangserfolge, weil an der Tatsache römi
scher Herrschaft in Afrika oder Griechenland nicht zu zweifeln und
die propagandistisch so herausgestellte „Freiheit" eben doch nur eine
scheinbare war.43 Aber es erklärt auch, warum bedrängte bzw. sich
bedrängt fühlende Gemeinden, Städte oder Staaten sich an Rom mit
der Bitte um Hilfe wandten; sie hatten ja offenkundig nicht zu be
fürchten, daß nur die Herren ausgetauscht würden.
Es ist aber im Gegensatz zu großen Teilen der modernen For
schung über die römische Außenpolitik zu betonen, daß dieses Herr
schaftsmittel, nämlich die Verbündeten einzubeziehen, nicht zur Täu
schung der Untertanen über den wahren Charakter ihrer Beziehungen
zu Rom gleichsam erfunden wurde und in Wirklichkeit also eine tat
sächlich ausgeübte Herrschaft nur verdecken sollte. Es war vielmehr
die einzig mögliche Form, den römischen Einfluß ohne Gefahr für die
eigene Ordnung zu sichern. Erst die Erkenntnis, daß ein auf gemein
samen Interessen von Rom und den Verbündeten gegründetes „Reich"
illusorisch sein mußte, führte die Römer dazu, auch ihrefrühereZeit
als „Herrschaft" im engeren Sinne zu deuten. Diese Entwicklung spie
gelt sich in den literarisch gestalteten Äußerungen der Gegner Roms
über dessen Herrschaft wider, denn hier wird unter anderem der Vor
wurf der Täuschung über die wahren Absichten Roms mittels der
Verwendung hehrer Begriffe erhoben.44 Als Instrumente einer so ver
standenen Außenpolitik dienten den Römern der Abschluß von Ver
trägen45 und die Konstituierung eines Patronatsverhältnisses.46 Da
aufch das jüdische Gemeinwesen in Jerusalem in eine solcherart ge
staltete Beziehung zu Rom kam, werde ich auf dieses „Herrschafts
mittel" noch zu sprechen kommen. Die Einrichtung der Provinzen
70 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen
Da die Verfassung der Römischen Republik eine andere als die der
hellenistischen Königreiche war, mußten auch die Herrschaftsstruktur
des Reiches und deren Leitideen andere sein. Auch für das Reich als
Ganzes macht es einen Unterschied, ob in der Mitte der Herrschaft
eine Person oder aber eine (bzw. mehrere) Institution(-en) stehen. Um
die Voraussetzungen für das Verhältnis zwischen Juden und Römern
zu verstehen, sollen einige Vorüberlegungen allgemeinerer Art zur
Organisation des Reiches, zu ihren Prinzipien sowie der Rolle der
Untertanen in diesem Reich angestellt werden.
teil wir uns befinden oder wie sich eine Region bzw. Stadt den Rö
mern gegenüber verhalten hat. Insbesondere seit den Forschungen von
E. Badian ist erkannt worden, welch große Bedeutung das Patronats-
system innerhalb jeder einzelnen Provinz hatte.53
Noch weniger läßt sich mit dem Begriff Klientelstaat eine auch nur
annähernd einheitliche Vorstellung von seinem Inhalt verbinden.54 Die
Römer selbst faßten solche Beziehungen als amicitia und societas auf,
und bekanntlich waren diese Begriffe dehnbar; wir werden darauf
noch zurückkommen. Der Grad der Abhängigkeit der einzelnen Re
gionen von Rom variierte von Fall zu Fall55 und konnte verschiedene
Ausprägungen erfahren. Als ein eigener Reichsteil, wie Sueton sie
deutete,56 wurden sie auch erst in der späten Republik, wohl seit der
Neuorganisation des Ostens durch Pompeius, aufgefaßt; so gesehen
wurde Judaea also 63 v. Chr., wiewohl als Klientelstaat, Teil des Rö
mischen Reiches.
Zäsuren gab es nicht nur in bezug auf die Eroberung des Reiches,
sondern ebenso in der Reichsauffassung der Römer. Die späte
(148/146 v. Chr.) Erkenntnis, daß die seit 197 v. Chr. verfolgte Ost
politik gescheitert war, war so eine Zäsur; sie führte zur Einrichtung
der Provinz Macedonia und zu einer dauerhaften römischen Präsenz in
der Region. Der lange Zeit weit-verbreitete Ruf der Römer, uneigen
nützig den Verbündeten zu helfen und an eigener Herrschaft desinter
essiert zu sein, war nun dahin, die Einstellung der Untertanen und
Neutralen zu Rom wurde zunehmend von Mißtrauen bzw. Ablehnung
geprägt, was wiederum die römische Politik beeinflußte.57 Weniger C.
Gracchus und Sulla mit ihren Reformen der Statthalterschaften58 als
vielmehr die reichspolitischen Regelungen des Pompeius nach seinen
erfolgreichen Kriegen gegen die Seeräuber (67 v. Chr.) und Mithrida-
tes (66-63 v. Chr.) stellten dann die Weichen zu einer stärkeren Ver
einheitlichung der Verwaltung, deren Voraussetzung aber schon jetzt
- also vor Augustus - ein personales Zentrum war. Damit leitete
Pompeius in der Reichspolitik den Prinzipat ein. Gleichzeitig schuf
seine Neuordnung im Osten59 mit ihren zwei Pfeilern, den Provinzen -
nämlich Asia, Bithynien, Kilikien, Syrien - und Klientelfürstentümern
- solche waren Lykien, Galatia, Kappadokien, Pontos, Armenien,
Osrhoene und Judäa -, die Voraussetzungen für eine Integration auch
der Klientelstaaten in das Reich.60 Die Entwicklung der römischen
Reichspolitik ist am Beispiel Judaeas gut zu verfolgen.
, Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 73
sätzlichen Fragen beschränkt war. Der Senat war freilich, bei der
Grpße des Reiches, hoffnungslos überlastet. Das zeigen die inschrift
lich überlieferten Probleme in der böotischen Stadt Thisbe. Noch
schwerer wogen für die jeweiligen Regionen die Unsicherheiten, die
der jährliche Wechsel der provinciae, der Amtsbereiche der römischen
Magistrate also, mit sich brachte.69 Denn zum einen wußte man nicht,
wen man durch das Los erhalten würde, und zum anderen gerieten
viele Statthalter am Ende ihrer Amtszeit in eine Art Torschlußpanik,
wenn sie befürchten mußten, daß ihre Nachfolger ihnen den Ruhm er
folgreicher Provinzialverwaltung streitig machen könnten.
Daß auch die innere Struktur der Verfassung und der in ihr maß
geblichen Führungsschicht, der Nobilität, Auswirkungen auf die Ge
staltung der Außenpolitik und der Behandlung der Untertanen hatte,
ist allgemein bekannt und braucht an dieser Stelle nicht weiter erörtert
zu Werden.70 Die mit ihrer provinica ausgestatteten römischen Beam
ten'hatten oft genug mit ihrem, auch durch den innenpolitischen Er
folgsdruck bedingten hochmütigen und auch vor Betrug und Täu
schung nicht zurückschreckenden Betragen für Unruhen und Mißmut
bei Gegnern wie Verbündeten gleichermaßen gesorgt.71 Ein „Reichs
bewußtsein" konnte unter diesen Bedingungen kaum entstehen. Cha
rakteristisch für den spätrepublikanischen Blick auf das Reich mag
Cioeros Einteilung sein: nulla gens est quae non aut ita sublata sit ut
vix exstet aut ita domita ut quiescat aut ita pacata ut victoria nostra
imperioque laetetur („es gibt kein Volk, das nicht entweder so aus
dem Weg geräumt ist, daß es kaum existiert, oder so gezähmt ist, daß
es sich ruhig verhält, oder so befriedet ist, daß es sich über unseren
Sieg und unsere Herrschaft freut").72 Die hier verwandte Begrifflich
keit {tollere, domare, pacare) weist den Weg zu einer Herrschaft, die
allein die Interessen Roms in den Mittelpunkt stellt; von Kriegshand
lungen {tollere) über Unterdrückung und Kontrolle {domare) die Un
terworfenen dahin zu bringen, daß sie sich mit der römischen Herr
schaft abfinden. Ja mehr noch, die Akzeptanz römischer Herrschaft
seitens der Völker ist ein Ausweis ihrer Zivilisiertheit: die pacata gens
erkennt in der römischen Herrschaft einen höheren Wert als in einer
Autonomie, die zivilisatorisches Fortschreiten behindert. Diese Art
von pacare13 schien durchaus geeignet, Herrschaft zu begründen, weil
sie nicht nur Bedrückung und Ausbeutung, sondern auch Wohltaten
und Fürsorge umfaßte. Für diejenigen allerdings, denen nichts an den
Vorzügen römischer Zivilisation und mehr an der Wahrung der Eigen
ständigkeit als an materiellem Nutzen durch die Fremdherrschaft, der
76 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen
ohnehin zumeist den lokalen Eliten zugute kam, gelegen war, war kein
Platz in diesem Imperium.
Die ciceronische Einteilung reflektiert freilich die spätrepublikani
sche, insbesondere post-sullanische Sicht der Dinge.74 Von seinen An
fängen an war das römische Herrschaftssystem pragmatisch angelegt
und deshalb nach Regionen und Städten pro meritis stark ausdifferen
ziert, weil es „funktionieren" sollte.75 Der Nachteil dieses Systems
war, daß auch die privilegierten Verbündeten ziemlich schnell durch
schauten, daß es auf römische Interessen zugeschnitten war. In Spa
nien76 war das nicht anders als in Griechenland. Die römische Herr
schaftspolitik arbeitete je nach Lage mit Belohnungen oder Strafen,
kriegerischen oder friedlichen, völkerrechtlichen oder informellen
Mitteln, so daß sich dem Betrachter ein höchst kompliziertes, auf viel
fältigen Abhängigkeitsformen beruhendes Gebilde darbot.77 Da die
Römer ihre eigenen Rechtsvorstellungen zum Maßstab machten, gab
es, zumal zwischen Griechen und Römern, auch Verständnisprobleme.
War ein römischer socius et amicus dasselbe wie ein griechischer
a\)|i|ia%o(; Kai cpiXoq („Bundesgenosse und Freund")? War das römi
sche infidem Romanorum se permittere wirklich ein Synonym für die
griechische Formel eiq TTJV 'Pcouxcicov TCIÖTIV ccüToix; 5i56voci („sich
in die Obhut der Römer zu begeben")? Die Ätoler jedenfalls erhofften
sich, als sie sich der fides Romanorum unterstellten, Verzeihung für
ihre Verfehlungen im Krieg mit Antiochos III., während die Römer
unter derselben Klausel unbeschränkte Kontrolle verstanden.78 Und
wie ist das Verhältnis von römischer libertas und griechischer
eke\)9epicc bestimmt? Verstanden die Römer überhaupt unter Auto
nomie dasselbe wie die Griechen, die seit 196 v. Chr. autonom sein
sollten?79
Ohne hier auf die wissenschaftliche Diskussion im einzelnen ein
gehen zu können, ist wohl unbestreitbar, daß die Verleihung der Au
tonomie an die griechischen Städte, was auch immer ihr konkreter In
halt war, dem römischen Interesse in vollem Umfange entsprach. Es
verhielt sich ja nun mit Rom nicht so, wie es sich vielleicht einige
Griechen in ihrer Dankbarkeit 196 v. Chr. bei den Isthmien vorstell
ten: esse aliquam in terris gentem quae sua impensa, suo labore ac
periculo bella gerat pro libertate aliorum („es gäbe auf Erden ein
Volk, das für die Freiheit der anderen auf eigene Kosten, unter Gefah
ren und Mühen Kriege führt").80 Eine solche Illusion erwies sich
schon recht bald als trügerisch. So sehr auch die Römer hier auf helle
nistischen Wegen zu wandeln81 und den Symbolgehalt hellenistischer
Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 77
Es war im Jahr 161 v. Chr., daß sich der römische und der jüdische
Weg zum ersten Mal in Gestalt einer beide Seiten bindenden Verein
barung kreuzten, und dieses Datum war kein zufälliges. Bereits drei
Jahre zuvor hatte es die ersten vorsichtigen Kontakte gegeben. Judäa
unter makkabäischer Führung befand sich mitten im Widerstand ge
gen die seleukidische Herrschaft. Der erklärte Feind Antiochos IV war
bereits tot, und mit Antiochos V war es sogar zu Verhandlungen ge
kommen, und man hatte schließlich ein Friedensabkommen geschlos
sen.2 Die Römer waren bei den Vorgängen um Jerusalem mehr als nur
interessierte Beobachter, denn ihr Wunsch war es, ihre Einflußsphäre
(nicht ihre Herrschaft) auf das Seleukidenreich auszudehnen. Jüdische
und römische Interessen liefen also in dieser Phase zusammen. Ein im
2. Makkabäerbuch überlieferter Brief der römischen Gesandten
Quintus Memmius und Titus Manius „an das Volk der Juden" (TCO
5fi|i(p) inaugurierte das auf so vielen gegenseitigen Mißverständnissen
beruhende jüdisch-römische Verhältnis.3 Der historische Hintergrund
für diesen Brief besteht in einer erneuten Niederlage des seleukidi-
schen „Kanzlers" Lysias, der von Antiochos IV auch als Erzieher des
minderjährigen Antiochos V eingesetzt wurde.4 Im Jahre 165 v. Chr.
griff Lysias von Süden (Idumaea) her an und erlitt bei Beth-Zur süd
lich von Jerusalem gegen Judas eine empfindliche Niederlage. Als
Folge dieser Niederlage änderte sich die seleukidische Politik.5 Lysias
trat nun für einen Ausgleich ein,6 für den er auch Antiochos IV ge
winnen konnte.7 In diesen Zusammenhang einer jüdisch-seleukidi-
schen Annäherung gehört der erste Kontakt Jerusalems mit den Rö
mern.
Der schon erwähnte Brief der römischen Gesandten hat folgendes
Formular:
I. Präskript: Die Gesandten (Tcpeaßwcci) Quintius Memmius, Titus
Manius8 grüßen das Volk der Juden.
II. Haltung der Römer:
1. Billigung der Zugeständnisse des Lysias an die Juden;
2. Angebot, die jüdische Sicht vor dem seleukidischen König zur
Geltung zu bringen;
3. Aufforderung zur Eile bei der Beratung, da die Gesandten dem
nächst in Antiochia sein werden.
III. Schluß und Datum (i. J. 148 [sei.], 15. Xantikos).
Der Brief selbst bereitet, was seine historische Einordnung angeht,
keine Probleme; daß die Römer seit 188 v. Chr. und spätestens seit der
siegreichen Schlacht gegen den makedonischen König Perseus bei
» Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 85
Siege ihren Freunden zukommen lassen (8), daß sie zuverlässig und
vertragstreu sind (11), kurz: daß ihre Freunde von ihnen profitieren.
Punkt 3 betrifft schließlich die Verfassung. Diese wird deshalb so
pointiert erwähnt, weil sie Stabilität garantiert, Wechselfalle, wie sie
in Monarchien bei jedem Herrscherwechsel auftreten können, aus
schließt. Diadem und Purpur werden gleichgesetzt mit (pGövoq Kai
£fjÄ,o<; ev a\)xoT<; (16). Es spricht vieles dafür, mit M. Sordi anzuneh
men, daß diese Einschätzung der römischen Ordnung am besten auf
die Zeit um 161 v. Chr. paßt. Doch stehen auch einer späteren Datie
rung (also z. Z. Hyrkans I) keine Bedenken im Weg, zumal die Juden
anders als das mittlerweile desillusionierte Griechenland während der
Hasmonäerzeit (zumindest bis Alexander Jannaios) keine schlechten
Erfahrungen mit Rom machen mußten.
Es ist nun wichtig, diese spezifisch jüdischen Perspektiven einer
Zusammenarbeit mit den Römern nicht zu verwischen mit einem aus
unserer Kenntnis der hasmonäischen Geschichte konstruierten angeb
lichen Hintersinn des Rom-Abschnitts (also: das Diadem ziele auf
Jannaios; die Terminologie des Textes verweise auf den römischen
Imperialismus; die Einigkeit der römischen Gesellschaft als Mahnung
an die hasmonäische Gesellschaft etc.). Es geht um nichts anderes als
um Vorteilsüberlegungen im Augenblick des von Judas Makkabäus
intendierten Vertrages mit Rom; moralische Kategorien und innenpo
litische Bezüge sind davon strikt zu trennen.
Die große Bedeutung des Textes liegt aber darin, daß er die römi
sche Politik aus der Sicht von Betroffenen evaluiert. Daß Macht und
Kriegsruhm hervorgehoben werden, ist nicht überraschend. Bemer
kenswerter ist, daß die römische Vorstellung von „gerechten Kriegen"
als Motor der Reichsentwicklung keine Rolle spielt;25 im Gegenteil,
der jüdische Autor verschweigt nicht, daß die Römer auch Kriegszüge
unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gewinne ohne eigentlichen
Rechtsgrund unternahmen.26 Danach wurden die zahlreichen Kriege
also nicht zum Zwecke der territorialen Eroberung geführt - dieser
Aspekt ist natürlich aus jüdischer Sicht zentral -, sondern finanzieller
Gewinne wegen. Besiegte mußten jedenfalls (pöpoi (Tributzahlungen)
zahlen, die Seleukiden sogar dauerhaft. In diesen Tributzahlungen als
Zeichen der Untertänigkeit manifestierte sich die römische Herrschaft
ebenso wie in der oben beschriebenen Akzeptanz seitens der Verbün
deten. „Freunde" wie Eumenes von Pergamon profitierten von den
römischen Eroberungen und sicherten als „Gegenleistung" den römi
schen Einfluß.27 Folglich schlössen die Römer, so die jüdische Ein-
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 89
2. Die Verträge zwischen Rom und Judäa von 161 bis 104 v. Chr.
Die Verträge
hungen stand, ergibt sich nicht nur aus seiner machtpolitischen Stel
lung seit 168 v. Chr., sondern auch aus seiner entfernten Lage, die ein
direktes eigenes Interesse an Judäa unwahrscheinlich machte. Dieser
Hintergrund des ersten Vertrages mit Rom ist von entscheidender Be
deutung für seine Bewertung; denn bisher wurde er immer als ein
Versuch der Makkabäer gedeutet, sich in bedrängter Lage jede nur
denkbare und vor allem materielle Hilfe von außen zu holen. Der
Zeitpunkt des Abschlusses ist jedoch, wie gezeigt, nicht der einer ge
rade erlittenen Niederlage, sondern der eines Erfolges.
Zu den Gepflogenheiten des antiken Völkerrechts gehörte es, daß
diplomatische Beziehungen nicht (wie heute) über die Einrichtung von
ständigen Gesandtschaften oder Botschaften aufrechterhalten wurden,
sondern über den Abschluß und die stetige Erneuerung von Freund
schafts- und Bündnisverträgen. Diese waren selbstverständlich nur
dann sinnvoll, wenn beide Seiten „autonom", das heißt, unabhängig
von einer dritten Seite handeln konnten; wenn Rom also einem sol
chen Vertrag mit Judäa zustimmte, beurkundete es damit seine eigene
Auffassung von der Unabhängigkeit des Vertragspartners.41 Sinn und
Wert eines solchen Vertrages bestanden also für Judas Makkabäus
darin, Bestätigung und Anerkennung für seine Erfolge zu erlangen
und auf diese Weise „das Joch von ihnen (nämlich den Juden) zu
nehmen", und nicht darin, Hilfe in aktueller Bedrängnis zu erhalten;
au<ph wenn für Letzeres natürlich jetzt die Grundlagen gelegt waren.
Judas schickte also eine Gesandtschaft unter der Führung von Eu-
polemos und Jason und in seinem, seiner Brüder und des Volkes der
Juden Namen nach Rom, mit dem ausdrücklichen Auftrag, einen
Freundschafts- und Bündnisvertrag mit Rom abzuschließen. Ihr An
sprechpartner war die in der römischen Verfassung für außenpoliti
sche Fragen zuständige Institution, der Senat.42 „Denn sie sahen"
(gemeint sind dem Sinne nach die Römer) - so der Autor von 1.
Makk. -, „daß das Königreich der Griechen sich Israel in Sklaverei
Untertan mache" (öxi e!5ov tf|v ßaaiAeiocv xcov 'EMfjvcov KaTccöoi)-
A.o\)|xevo'ü(; xöv 'IapaT|A, 5o\)Ä,Eia).43 Diese Formulierung, die authen
tisch ist oder zumindest von einem tiefen Einfühlungsvermögen des
Autors zeugt, charakterisiert die jüdische Verhandlungsposition in
mehrfacher Hinsicht, denn
a) klagt sie den neuen (und gegen den ausdrücklichen Willen
Roms installierten) König Demetrios I an, Judäa zu „versklaven",
womit ein Rechtsbruch gegenüber dem Eid seines Vorgängers impli
ziert ist;
94 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen
Das Vertragsformular:
I. Praeskript mit Vertragstitel und Grundsatzerklärung (23):
a) KCCXOK; yevoiTo fP(D|iaioi<; Kai xco E9VEI 'Io\)8aicov EV xfj
QaXäoor\ Kai erci xfjq ^ripocq eiq xöv aicova („Es möge Römern und
dem Volk der Juden gut werden auf dem Meer und auf dem Lande auf
ewig") lautet der überlieferte Text, der zweifellos unter der doppelten
Übersetzung gelitten hat; Hebraismus ist das einleitende KaXcoq
yevoixo, wofür im tatsächlichen Vertrag eine Formulierung wie fol
gende gestanden haben dürfte: eipf|vr| EOXCO Kai (piAia Kai ov\i-
liax'ia Kaxa yfiv Kai Kaxa Ga^axxav eiq xöv arcavxa xpövov („Es
soll Frieden und Freundschaft und ein Bündnis sein zu Lande und zu
Wasser auf ewige Zeit", sc. zwischen Römern und Juden).
b) Die Grundsatzerklärung, die man einfach mit n6XE\ioq ÖE uj|
EGXCO („Krieg soll nicht sein") auszudrücken pflegte, wird im vorlie
genden Text umschrieben mit pouxpaia Kai i%Qpöc, naKpi)v9£ir| a7c'
atixcov („Schwert und Feind seien weit entfernt von ihnen").
II. Vertragsinhalt:
a) Jüdische Verpflichtungen:
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 95
meinde von Kos, daß die jüdischen Gesandten im Besitz von die Ju
den betreffenden, aber nicht näher präzisierten Senatsbeschlüssen (xd
a\)YKA.f|To\) 5ÖY|iccT(x rcepl OCÜTCOV) seien und von den koischen Be
hörden auf ihrer Rückreise gemäß (einem weitereh) Senatsbeschluß
(KOCTÖC TÖ Tfjq a'üYKÄ.f|TO'ü S6y\ia) zu unterstützen seien. Diese For
mulierung läßt, obwohl der Inhalt der Senatsbeschlüsse unbekannt
bleibt, zweifelsfrei auf einen Erfolg der jüdischen Gesandtschaft bei
ihrer Mission nach Rom schließen. 3 Wenn der Wortlaut des Senats
beschlusses diesem Brief beigefügt wurde (-orcoTeiaKTai 5e xd 8e-
Soy^ieva), so sollte dem römischen Wunsch nach zuvorkommender
Beihandlung ihrer neuen Freunde Nachdruck verliehen werden. Der
Fannius-Brief ist ein besonders wichtiges Zeugnis für die Echtheit des
Vertrages, weil er eine von der jüdischen verschiedene Überlieferung
repräsentiert.54
Zusammenfassend läßt sich sagen: Die jüdische Gesandtschaft
nach Rom und der von ihr erreichte römisch-jüdische Vertrag sollten
den Aufständischen um Judas Makkabäus Anerkennung als rechtmä
ßige und autonome Regierung Judäas verschaffen, und zwar gegen die
durch den seleukidischen König Demetrios I begründeten Ansprüche
des Hohepriesters Alkimus.55 Die römische Judäa-Politik orientierte
sich an der von der Gesandtschaft vorgetragenen Rechtsgrundlage,
daß nach Tempelweihe, Autonomiedekret Antiochos V und dem Er
folg über Nikanor Judäa eine neue eigenständige Regierung habe, und
erkannte diese darum mit einem Vertrag als rechtmäßig an. Das be
deutet, daß die römische Politik nicht als primär antiseleukidisch und
auf Schwächung eines (ja wohl auch kaum mehr als bedrohlich einzu
schätzenden) Gegners bedacht einzustufen ist,56 sondern daß sie schon
jetzt, wie später auch die Politik des Pompeius in der jüdischen Frage,
äußerst penibel juristisch angelegt war.57
Etwas Besonderes war die durch den Vertrag hergestellte Bezie
hung zwischen Rom und Judäa allemal, weil sie nicht, wie sonst üb
lich, über kultische Einrichtungen verankert werden konnte.58 Schon
die Beeidigung, in der Antike gleichsam die Unterschrift unter den
Vertrag, konnte nicht auf die gewohnte Weise durchgeführt werden.
Dazu waren die religiösen Systeme Roms und der Juden zu verschie
den. In dieser Beziehung waren die Römer freilich flexibel, und sie
überließen es wohl schon aus eigenem Interesse dem jüdischen Ver
tragspartner, eine für die Vertragseinhaltung bindende und in der Re
ligion wurzelnde Form des Vertragsschlusses zu finden. Rom präsen
tierte sich also - anders als die Hellenisten und die hellenistisch Ge-
98 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen
sinnten auch unter den Juden - als tolerante Macht; es fand eine
Kommunikationsebene, die die gemeinsamen sachlichen Interessen in
den Vordergrund stellte, die Eigenheiten der Freunde aber respektierte
und auch aus der Position der Stärke heraus keine Einmischung in die
inneren Angelegenheiten darstellte. Denn dieser Vertrag war tatsäch
lich für beide Seiten vorteilhaft.59 Die Makkabäer fanden nach 6 Jah
ren Aufstand Anerkennung als Vertreter einer autonomen Gemeinde
seitens einer führenden Macht, die Römer setzten ihre, mal mehr, mal
weniger, erfolgreiche Politik fort, ihren Einfluß über Bundesgenossen
zu stärken. Der religiöse Charakter des neuen Verbündeten und damit
seine Sonderstellung in einer hellenisierten Umwelt kam dabei den
römischen Interessen sehr entgegen. Es gibt nicht den geringsten
Hinweis darauf, daß eine der beiden Seiten sich mehr erhofft hätte.
Wie in den Verhandlungen mit Sparta60 ist auch hier anzunehmen, daß
man sich auf beiden Seiten in diesen Fragen einig war. Folgerichtig
weiß die Überlieferung nichts von Klagen über ausbleibende Hilfelei
stungen, wie sie auf jüdischer Seite ohne weiteres nach dem weiterhin
offensiven Vorgehen des seleukidischen Königs gegen die Juden hät
ten auftreten können. Beide Seiten legten das Vertragsformular also
gleich aus.
folgten Vertragsabschluß zwischen Rom und Simon muß man als völ
kerrechtliche Anerkennung des jüdischen Staates durch Rom ansehen,
wie ja dessen Unabhängigkeit bereits von dem neuen seleukidischen
König Antiochos VII (138-129 v. Chr.) bestätigt worden war; ganz
richtig ordnet der Autor des 1. Makkabäerbuches ihn auch nach dem
Brief des seleukidischen Königs an Simon ein.98
Völkerrechtliche Anerkennung ist immer eine öffentlichkeitswirk
same Angelegenheit, so daß sich ohne weiteres die in diesem Zusam
menhang erwähnten römischen Briefe an Könige, Länder und Städte
erklären, die den Status der Juden als Freunde der Römer sowie die
Tatsache einer Vertragserneuerung mitteilten. Da einer der betreffen
den Briefe, nämlich der an Ptolemaios VIII, König von Ägypten, im 1.
Makkabäerbuch überliefert wurde, können wir uns eine Vorstellung
von ihnen machen. Sie enthielten jeweils das Ersuchen der Juden und
die auf dem Wege des Senatsbeschlusses erfolgte Antwort der Rö
mer." Die lange Liste der Adressaten,100 angesiedelt in einem großen
Halbkreis von der Ägäis und der Peloponnes, über Kleinasien im Nor
den und Westen Judäas, jenseits des Euphrat im Osten Judäas, sowie
Nordafrika im Süden Judäas, deutet wohl ungefähr auf den Umfang
jüdischer internationaler Kontakte. Diesen Regionen die römische Po
sition zu übermitteln und auf diesem Wege ein gleichberechtigtes
Mitglied der Völkergemeinschaft zu werden, war gewiß ein Anliegen
der jüdischen Gesandtschaft, die auch die Liste der Könige, Städte und
Länder aus Jerusalem mitgebracht haben dürfte. Niemand konnte die
sem Wunsch mehr Nachdruck verleihen als die Römer, deren Einfluß
in diesem Teil der Welt immer mehr zunahm.101
Eine genaue Datierung des Vorgangs ist, trotz vielfältigster Bemü
hungen, auch heute noch nicht möglich. Ein vnaxoc, Aetiiaoq („Kon
sul Lucius") hat den oben zitierten Brief an Ptolemaios VIII geschrie
ben, aber wann?102 Insbesondere hat ein bei Josephus für das Jahr 47
überlieferter und von dem Prätor (oTpaTrryog) Lucius Valerius veran-
laßter Senatsbeschluß für Verwirrung gesorgt, seit F. Ritschi und L.
Mendelssohn 1873 und 1875 für die Identität des L. Valerius mit dem
oben erwähnten Lucius eingetreten sind. 103 Einwände erhob zuerst
Th. Mommsen,104 und seitdem hat sich eine lebhafte Forschungsdis
kussion zum Thema entwickelt.105 Die Ähnlichkeiten des Senatsbe
schlusses bei Josephus mit dem Brief des Lucius sind freilich nicht zu
verkennen, aber für eine Identifizierung der Personen reichen sie nicht
aus; denn die Divergenzen fallen gleichfalls ins Gewicht.106 In dieser
Frage ist keine Sicherheit zu erzielen, und die aufgezählten Gemein-
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 105
Hyrkan belagerten Stadt militärisch ein, das zweite Mal sogar mit
Unterstützung von Ptolemaios IX Soter II Lathyrus, dem ptolemäi-
schen König.:Dennoch war Hyrkan erfolgreich, eroberte Samaria und
zerstörte die Stadt bis auf den Grund.122 Diese Ereignisse haben sich
in den Jahren vor 107 v. Chr., als Lathyrus von Kleopatra III vertrie
ben wurde, abgespielt (vielleicht zwischen 111-107 v. Chr.).
Josephus erwähnt in diesem Zusammenhang nichts von einer jü
disch-römischen Kontaktaufhahme, aber es ist sehr wahrscheinlich,
daß es sie gegeben hat. Denn die Lage in der Region war so verwik-
kelt, daß Hyrkan entweder um die Bestätigung seiner Eroberungen
oder zumindest aber um die Bestätigung seiner Rechtsposition im
Konflikt mit Antiochos IX durch seine mächtigen Verbündeten im
Westen bemüht sein mußte. Ein undatiertes, von Josephus auf Hyrkan
II bezogenes \|/T|(pia|ia („Beschluß") der Pergamener ist von der mo
dernen Forschung mit guten Gründen in die Herrschaft Hyrkans I
verlegt worden.123 Da in diesem Dekret von einem König Antiochos,
Sohn des Antiochos die Rede ist, kann es nach Lage der Dinge nur in
die Zeit von Antiochos IX Kyzikenos, Sohn des Antiochos VII, fallen,
was auch breite Übereinstimmung in der Forschung gefunden hat.124
Dieses Dekret seitens der Stadt Pergamon dürfte auf römische Auffor
derung hin züstandegekommen sein. Es machte sich - nach einleiten
den Bemerkungen zur traditionell selbstlosen und um Sicherheit und
Frieden ihrer Freunde und Bundesgenossen bemühten römischen Po
litik- die Formulierungen eines Senatsbeschlusses zugunsten Hyrkans
zu eigen,spräch den jüdischen Gesandten sicheres Geleit für den
Heimweg zu, machte das gute Verhältnis Pergamons zu den Juden
aktenkundig und richtete eine entsprechende pergamenische Gesandt
schaft nach Jerusalem ein, die die jüdisch-pergamenische cpiXioc als
eine altehrwürdige (seit Abraham) fest verankern sollte. Der hier zi
tierte Senatsbeschluß umfaßte folgende von den jüdischen Gesandten
vorgebrachten Punkte:
a) der König Antiochos, Sohn des Antiochos, solle die Juden, Ver
bündete der Römer, nicht ungerecht behandeln;
1
b) Festungen, Häfen, Gebiete, die den Juden weggenommen wor
den seien, sollen zurückgegeben werden;
c) außer Ptolemaios, denn dieser sei ja Freund und Verbündeter
der Römer, solle kein König oder Demos zollfrei aus jüdischen Häfen
und jüdischem Gebiet Waren ausführen dürfen, und
d) die Besatzung solle aus Joppe entfernt werden.
110 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen
nung des neuen Staates, der noch gar nicht selbständig war, vor aller
Welt. Beide Seiten verband aus unterschiedlichen Gründen Skepsis
vor dem „Hellenismus". Von dem Makel des „Hellenismus" waren die
Römer in den Augen der Aufständischen - also der politischen und
militärischen Führung wie der Frommen - gänzlich frei, und ebenso
garantierte die religiöse Ausrichtung des neuen jüdischen Gemeinwe
sens den Römern einen zuverlässigen Bundesgenossen. Daraus erga
ben sich scheinbar glänzende Perspektiven zur Zusammenarbeit zwi
schen Juden und Römern. Auf jüdischer Seite waren daran sowohl die
hellenisierte Oberschicht als auch die Frommen interessiert.
2. Infolge ihrer mächtigen Position in der griechischen Welt beför
derte die Politik der Römer auch ohne eigene materiell definierbare
Hilfeleistung die jüdische Unabhängigkeitspolitik. Der materielle
Faktor war überhaupt nicht Gegenstand der Beziehungen.
3. Die Vertragspolitik verankerte den jüdischen Staat der Mak-
kabäer und Hasmonäer in der hellenistischen Staatenwelt.131 Sie sorgte
insbesondere dafür, daß die Juden aus der Isolierung, die sich auf
grund ihrer religiösen Eigenständigkeit hätte ergeben können, zu
nächst keine Nachteile erfuhren.
4. Damit trugen die Römer auch innenpolitisch zur Festigung des
hasmonäischen Systems bei, das sie als rechtmäßige Vertretung der
Juden akzeptierten. Als sich die Pharisäer und die hasmonäischen Für
sten über die Auslegung der Verfassung entzweiten, blieb von dem ur
sprünglich differenziert-positiven Bild, das sich die Frommen von den
Römern gemacht hatten, nur noch der Eindruck ungeheurer Macht und
kriegerischen Potentials.
5. Die römische Unterstützung der Juden in ihrem Kampf gegen
die seleukidische Herrschaft hatte auch Folgen für das griechisch-jüdi
sche Verhältnis. Sie stützte ja nicht nur den Unabhängigkeitskampf
der Makkabäer, sondern zugleich auch die aggressive Politik gegen
über Nachbarn und griechischen Poleis.132 So trug im griechischen
Umfeld des jüdischen Staates und der Diaspora-Gemeinden der Ein
druck einer jüdisch-römischen Interessengemeinschaft mit antigriechi
scher Note auch zu einer romkritischeren Haltung bei und verstärkte
zugleich den griechischen Antisemitismus.133
6. Damit sind gleichzeitig richtungsweisende Perspektiven des jü
disch-römischen Verhältnisses angedeutet. Denn Macht und Kriegsfä
higkeit machten die Römer für die Juden auch später zu umworbenen
Partnern für eine Zusammenarbeit. Das Mißverständnis zwischen bei
den Seiten erwuchs dabei aus der jüdischen Deutung der römischen
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 113
ren „reinen" oder einen synkretistischen Kult8 nach Rom gebracht ha
ben und dort praktizierten, oder ob sie darüber hinaus missionarisch
gewirkt und römische Bürger für ihren Kult interessiert haben,9 ist von
den überlieferten Formulierungen des Textes nicht zweifelsfrei zu ent
scheiden. Das Edikt macht aber nur dann einen Sinn, wenn die jüdi-
sqhe Religion ebenso wie die chaldäische Astrologie nicht nur präsent
war, sondern sich in irgendeiner Form auch negativ auf die römische
Gesellschaft auswirkte.10 Die jüdische Religion muß also so attraktiv
gewesen sein, daß ihr römische Bürger zumindest näher kamen, als es
dem ja ohnehin kriselnden römischen Staat lieb war.11
Daß ein Zusammenhang zwischen der jüdischen „Werbung" für
Jahwe und der vom makkabäischen Hohepriester Simon nach Rom
gesandten Delegation bzw. dem Abschluß des jüdisch-römischen
Vertrages von 142 v. Chr. besteht, ist allein schon wegen der zeitli
chen Nähe nicht unwahrscheinlich.12 Die Erfolge Simons gegen die
Seleukiden, die in jüdischen Augen nur mit Gottes Hilfe erklärbar
schienen und deshalb auch von den Frommen hymnisch gefeiert wur
den,13 die Unabhängigkeit und das neue Ansehen des jüdischen Staa
tes mit seinem religiösen Zentrum, dazu die römische Anerkennung
dieser Erfolge durch den Vertrag, all das dürfte das Selbstbewußtsein
von Juden in aller Welt nicht unwesentlich gesteigert haben. Für
Jahwe als Vater dieses Erfolges und für seine Macht und Überlegen
heit sprach viel. Er hatte schließlich die unbeirrbare Weigerung seines
kleinen Volkes, von ihm abzufallen, obwohl dieser Abfall von einem
mächtigen König gewaltsam gefordert worden war, mit einem Sieg in
dieser Auseinandersetzung belohnt. Aber nicht nur in jüdischen, son
dern auch in römischen Augen mußte das Ansehen dieses helfenden
und siegreichen Gottes steigen. Schließlich galt den Römern die Un
terstützung der Götter als ein wesentlicher Faktor ihres eigenen Erfol
ges, orientierten sie sich gleichsam von Staats wegen an den Erfolgen
auch fremder Götter und suchten diese in die römische Götterwelt zu
integrieren, um ihr Wohlwollen zu erlangen.14 Aber dies hatte kon
trolliert und in geordneten Bahnen durch verbindliche Senats- und
Volksbeschlüsse zu geschehen.15
Die Römische Republik konnte nur eine sehr begrenzte Menge
„Andersdenkender" und vor allem „Andersgläubiger" unter ihren
Bürgern aushalten. Zu mehr Toleranz war sie nicht fähig, da die tra
dierte Ordnung auch in der Frage der Religionsausübung von der
Konsensfähigkeit der Gesellschaft abhing.16 Denn die Gemeinschaft
war ein konstitutives Element der Religionsausübung; nicht individu-
118 Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere
eil, sondern als Teil des römischen Gemeinwesens war man „reli
giös".17 Damit stand die Offenheit der römischen Gesellschaft als
Ganzes fremden Religionen gegenüber im Widerspruch zur Beschrän
kung des Einzelnen auf die in seiner Gemeinschaft praktizierte Reli
giosität. Und da viele Römer, wohl nicht zuletzt auch der Oberschicht,
im 2. Jahrhundert v. Chr. immer stärker von der religiösen Sinnge
bung der orientalischen Kulte angezogen wurden, bedrohte dieser Wi
derspruch die Homogenität der Nobilität und damit auch die staatliche
Ordnung, zumal die östlichen Kulte nur eines von vielen Problemen
darstellten, die die Ausdehnung nach Osten im 2. Jahrhundert v. Chr.
für die römische Gesellschaft mit sich gebracht hatte.
Es war die Aufgabe des praetor peregrinus, auf diese Gefahr an
gemessen und im Staatsinteresse zu reagieren. Er hatte in erster Linie
die Attraktivität der jüdischen Religion auf römische Bürger zu ver
mindern, und diese Aufgabe konnte er nur erfüllen, wenn er die jüdi
schen peregrini, die in Rom lebten, der Stadt und des Landes ver
wies.18 Dies tat er im Einklang mit den geltenden Rechtsbestimmun
gen, denn die römische Toleranz gegenüber anderen Religionen hatte
schon seit dem XII-Tafel-Recht dort ihre Grenzen, wo das Staatsinter
esse einsetzte. Im Zusammenhang mit der Kollegien-Bildung aus reli
giösen Gründen kommentiert der Jurist Gaius den Satz, daß diese nur
erlaubt sei, dum ne quid ex publica lege corrumpant („solange sie kei
nen Schaden am öffentlichen Gesetz anrichten"), und führt diese Ein
schränkung auf das solonische Vorbild zurück.19 Genau besehen ist
also die vielbeschworene römische Toleranz in religiösen Fragen
überhaupt keine (wie schon die hellenistische nicht), und sie konnte es
auch nicht sein, weil die römische Gesellschaft keine religiöse Vielfalt
grundsätzlicher Art vertrug.20
So läßt sich an dieser Episode trefflich der Charakter der römi
schen Politik gegenüber den Juden verdeutlichen, obwohl die Vertrei
bung von Juden aus Rom im Jahre 139 v. Chr. in republikanischer Zeit
möglicherweise ein Einzelfall blieb - jedenfalls haben wir keine wei
teren Zeugnisse. Rom war attraktiv als Wohnort, nicht nur weil es
Weltstadt war, sondern auch weil seine Ordnung rechtsstaatlich war
und vielen Fremden ein Leben in Sicherheit zu versprechen schien.
Aber die Stabilität der römischen Verfassung hatte unbedingten Vor
rang vor einer wie auch immer gearteten Toleranz, das besagt der ein
schränkende Satz dum ne quid ex publica lege corrumpant', sobald die
Hüter dieser Ordnung den gesellschaftlichen Konsens ihrer Bürger
durch Juden, die als Juden und eigenständig in Rom leben wollten -
Jedes Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere 119
den der Stadt verwiesen hatte, aber auch Nachrichten, die man aus
dem Einflußgebiet der Hasmonäer erhielt. So manche Formulierung in
Ciceros Rede zur Verteidigung des in einem Repetundenprozeß ange
klagten Statthalters von Asia, die oratio pro Flacco, deutet daraufhin,
daß man schon vor 63 v. Chr. die Juden von der politischen Seite her
kritisch beurteilte, auch wenn die Rede selbst erst 59 v. Chr. gehalten
wurde. Cicero sagt dort: Sua cuique civitati religio, Laeli, est, nostra
nobis. Stantibus Hierosolymis pacatisque ludaeis tarnen istorum reli-
gio sacrorum a splendore huius imperi, gravitate nominis nostri,
maiorum institutis abhorrebat („Jedes Gemeinwesen hat, Laelius,
seine eigene Religion, wir die unsere. Auch als Jerusalem noch stand
und die Juden im Frieden mit uns lebten, stand die Ausübung dieser
kultischen Riten im Widerspruch zum Glanz dieses unseres Reiches,
zur Gravität unseres Namens, zu den Einrichtungen der Vorfahren").
Die jüdische religio war in römischen Augen auch schon vor dem
Fall Jerusalems mehr als eine übliche Religion, wie sie jeder civitas zu
eigen war, denn sie störte die Homogenität des Reiches und er
schwerte gan£ offensichtlich die Integration der Juden in das Römi
sche Reich. Cicero wußte also genau, daß sie eine eminent politische
Dimension hatte, die mit dem splendor imperii („Glanz des Imperi
ums"), der gravitas („Dignität") des römischen Namens und den in-
stituta maiorum schwer verträglich schien. Insofern ist diese ja oft
mals als Inauguration des römischen Antisemitismus verstandene
Formulierung mehr als bloße Rhetorik, mit der der Verteidiger in ei-
nfem Gerichtsprozeß die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der Zeu
gen der Anklage mit Beschimpfungen zu besudeln suchte. Hinter die
ser Formulierung verbirgt sich vielmehr eine römische Reichsauffas
sung, die unter den Begriff Herrschaft mehr faßte als die bloße An
sammlung von tributpflichtigen Untertanen, eine Reichsauffassung,
die deutlich auf den Prinzipat verweist. Die jüdischen Gemeinden
überall in der Welt versuchten dagegen, bei aller Unterschiedlichkeit
im Ausmaß, ihre historisch unter wechselnden Herrschern gewachsene
und in einer exklusiven Religion konkretisierte Identität und Eigen
ständigkeit auch unter den Römern zu bewahren. Cicero war weit
sichtig genug, um zu erkennen, daß die römische Herrschaftsauffas
sung mit jüdischen Normen und Werten kollidieren mußte: die xi|if|,
der splendor des römischen Staates war nur schwer mit der ap^odoc
awriGeia (sc. den „väterlichen Gesetzen") der jüdischen Gemeinde
zu vereinen.43
VI
„ Wie deren Nachkommen, miteinander im Streit um die
Königsherrschaft, die Römer und Pompeius in die Ange-
legenheiten hineinzogen" :* Die Einrichtung der römischen
Herrschaft über Judäa und die Ursachen für ihr Scheitern
(63-55 v. Chr.)
1
1. Die römische und die jüdische Position im Jahr 63 v. Chr.
Der „Eintritt" der Juden in das Römische Reich erfolgte auf den
ersten Blick zu keinem günstigen Zeitpunkt, denn beide Seiten steck
ten, als sie sich einander annäherten, in einer tiefen, strukturellen
Krise. Doch daß man nicht in einer besonderen Krisensituation die
Erklärung dafür suchen muß, daß es wenig mehr als ein Jahrhundert
später zum ersten der drei blutigen jüdischen Aufstände gegen Rom
kam, hat die bisherige historische Untersuchung gezeigt. Eher war es
urngekehrt: Die Krisensituation, insbesondere in Rom, war ein retar
dierendes Moment, ohne die der Aufeinanderprall von Juden und Rö
mern wahrscheinlich noch früher erfolgt wäre. Denn zum einen ließ
die Krise eine „normale" Herrschaft über die Untertanengebiete gar
nicht zu; gerade die Normalität hätte die Widersprüche zwischen jüdi
scher und römischer Interpretation unvermittelt ans Tageslicht ge
bracht. Zum anderen war es gerade die innerrömische discordia, wel
che paradoxerweise Ausgleichschancen zwischen Römern und Juden
bot, auf deren Grundlage prorömische Führer des abhängigen jüdi
schen Staates wie Antipater und Herodes die Position jüdischer Ge
meinden im Verhältnis zu ihrer Umwelt in aller (jedenfalls der römi
schen) Welt stärken konnten.
Auf römischer Seite hatte der Diktator Sulla mit seinen Reformen
in den Jahren 82-79 v. Chr., wie sich bald zeigen sollte, der republika
nischen Staatsform mehr geschadet als genützt und - entgegen seinen
eigenen Vorstellungen - den Weg in den Prinzipat beschleunigt.2 Er
hatte zwar die chaotischen stadtrömischen Verhältnisse zu ordnen ver-
126 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen
damit als Chance für die Durchsetzung ihrer eigenen Position, nämlich
der Abschaffung der Monarchie und der Rückkehr zum traditionellen
Hohepriesterregiment, auffassen.25
2. Die Gesandtschaft von Aristobuls Gegenspieler Hyrkan wurde
vbn Antipater angeführt. Sie war sehr groß (über 1000 Mitglieder),
und bestand zudem aus den „angesehensten" Juden (5oKin.a>TccToi),
was zweifelsohne nicht nur den vorgetragenen Rechtsanspruch unter
stützen, sondern auch dem römischen Interesse an der Mitwirkung der
lokalen Eliten entgegenkommen sollte. Sachlich stand die Rechtsfrage
im Vordergrund: Hyrkan sei als der Ältere der rechtmäßige König.
Dieses Argument sollte Aristobul als Usurpator und in seiner ganzen
Persönlichkeit in römischen Augen diskreditieren: Ein Rechtsbrecher
im Inneren war per definitionem auch ein Rechtsbrecher gegen die
Nachbarn und Verbündeten und würde es folglich auch gegen die
Römer sein.26
Beide Parteien verbanden auf diese Weise mit ihrer eigenen Herr
scherlegitimation das römische Interesse, das heißt, sie argumentierten
gleichsam „hellenistisch"-personell. Von einem spezifisch jüdischen
Hintergrund ihrer Positionen war jedenfalls nichts zu spüren, und das
war sicher auch die Absicht der Verhandlungsfuhrer. Denn natürlich
verschleierte auch Antipater, daß Hyrkan ursprünglich für eine inte-
grative, pharisäisch orientierte Politik im Auftrag seiner Mutter ge
standen hatte. Er setzte auf die Argumente zugunsten Hyrkans, die für
die römische Seite nachvollziehbar bzw. gewinnbringend waren, also
auf die eindeutige Rechtslage und die allseits erkannte Unberechen
barkeit des Konkurrenten. Mit dem großen und elitären Aufgebot
wollte er seiner Rede vor Pompeius auch äußerlich Nachdruck verlei
hen. Von einer religiösen Komponente des Streites hören wir nichts.
3. Diese brachten andere, keiner der beiden eben besprochenen
Parteien zugehörige Vertreter zur Sprache. Das Aufleben hellenisti
scher Tendenzen innerhalb der hasmonäischen Führung hatte das
Land erneut und noch tiefgreifender gespalten als vor 76 v. Chr., der
Regierung von Alexander Jannaios. Eine dritte, politisch und religiös
konservative Gruppe setzte daher all ihre Hoffnungen auf Pompeius.
Diese Hoffnungen gründeten zum einen auf dem aus jüdischer Sieht
ibislang unzweifelhaften Rechtscharakter römischer Politik, und zum
i anderen auf der Person des Pompeius, dessen abwartende Haltung den
I Versuch beflügelte, bei ihm durch eine 200 Mann starke Gesandt
schaft, auch ohne massive Bestechungsversuche (wie bei Scaurus),
allein mit Erläuterungen des traditionellen jüdischen Staates zum Er-
132 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen
Hyrkan und die „dritte Partei" nur insoweit, als sie Helfer und Ver
bündete benötigten, um der neuen Ordnung gute Startbedingungen zu
verschaffen. Diese Handlungsfreiheit des Pompeius ermöglicht es uns,
die römische Politik gegenüber den Unterworfenen auf ihre Zielset
zung und ihren Charakter hin zu bewerten. Sie schlug sich in folgen
den Entscheidungen und Regelungen nieder:36
1. Pompeius ließ es sich nicht nehmen, das Zentrum der jüdischen
Religion zu besichtigen. Er betrat den Tempel zu Jerusalem und ent
weihte das Allerheiligste.37 Die Motive für diese Tat sind umstritten
und angesichts der Quellenlage nicht leicht zu ergründen. Von ihnen
hängt viel für die Bewertung der pompeianischen Politik ab. Daß
Pompeius es nicht auf die Tempelreichtümer abgesehen hatte, steht
nach den nahezu vollständig übereinstimmenden Quellenaussagen,
mit der Ausnahme Dios, fest. Man wird wohl auch ausschließen kön
nen, daß er lediglich aus der überheblichen Neugier des Siegers heraus
gehandelt hat; ihm war zweifellos die hohe Brisanz seines Tuns be
wußt, und er hätte wohl nicht leichtfertig die Stabilität seiner Rege
lungen aufs Spiel gesetzt. Also kommt als Motiv für den Tempelbe
such paradoxerweise nur das Interesse an der Festigung der Neuord
nung selbst in Frage: Pompeius mußte sich gleichsam aus erster Hand
und unbeeinflußt von den zahlreichen unglaubwürdigen und zum Teil
absurden Legenden, die sich allerorts in Umlauf befanden, ein reales
Bild von der mit diesem geheimnisumwitterten Tempel38 verbundenen
Religion machen.39 Denn wie konnte ohne genaue, vor allem mit ei
genen Augen erworbene Kenntnis der jüdischen Religion eine dauer
hafte Ordnung errichtet werden? Dem römischen Feldherrn war ohne
Frage bewußt, daß seine Tat als solche ein antijüdischer Akt war, auch
wenn sie so nicht gemeint war. Seine Anordnung, umgehend die Rei
nigung des Tempels mit den vorgeschriebenen Opfern durchzufuhren,
um so den Vertrauensbruch wieder zu kitten, bestätigt diese Deutung
des Tempelbesuches. Daß Pompeius die religiösen Empfindungen re
ligiöser Gruppen in Judäa damit unterschätzt hat, steht aber außer
Frage.40
2. Hyrkan wird in unmittelbarem Anschluß an den Tempelbesuch
zum Hohepriester eingesetzt; „König" durfte er sich jedoch nicht nen
nen, wie es seine Vorväter seit Aristobul I getan hatten. Doch liegt
diesem Verdikt wohl nicht die Absicht, den neuen Klientelstaat von
Anfang an schwach zu halten, und noch weniger eine antijüdische
Stoßrichtung des Pompeius zugrunde. Die Schwächung Hyrkans kam
Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen 135
Im Jahr 63 v. Chr. bot sich also dem Römer Pompeius die vorder
gründig seltsame Konstellation dar, daß die im eigentlichen Sinne Jü
dischen", religiös orientierten Parteien für eine römische Ordnung der
Verhältnisse eintraten, während der weltlich-„hellenistische" Aristo-
bul eine römische Einmischung ganz und gar ablehnte.
Pompeius selbst ließ sich, römische Traditionen fortführend, ganz
und gar von der Rechtslage leiten. Sein QuaestorScaurus hatte noch
nacff cTem ersten Augenschein und nach kräftiger finanzieller Zuwen
dung Aristobul für den rechtmäßigen Herrscher gehalten. Doch Pom
peius nahm sich Zeit zur Untersuchung der Verhältnisse, und seine
Entscheidungen .reflektieren sehr genaue Kenntnisse der regionalen
Verhältnisse. Hyrkan, der bereits von seiner Mutter zum Hohepriester
gemachte und darum nach lokalem Recht als Fürst legitimierte ältere
Bruder Aristobuls, war auch nach römischem Rechtsverständnis der
legitime Herrscher. Den Königstitel freilich bekam er nicht mehr, we
niger weil Pompeius das jüdische Gemeinwesen schwächen wollte, als
vielmehr weil er (vielleicht über die „dritte Partei") wußte, daß dieser
Titel usurpiert war (seit Aristobul I) und zudem im „Grundgesetz" des
Makkahäers Simon nicht vorgesehen war.54
In diesen Zusammenhang einer von Pompeius gestärkten religiös
legitimierten Ordnung in Jerusalem möchte ich auch die beträchtliche
territoriale Verkleinerung des jüdischen Staates gestellt sehen. Pom
peius jmqchte_däYQ!L^ daß die fromme j^tikjinjier
Abkehr der Hasmonäer von_den väterlichen Sitten auch deren expan-
sive Außenpolitik umschloß, was ja in gewisser Hinsicht auch nicht
ganz falsch war. Er ordnete deshalb nur die primär jüdisch bewohnten
Regionen dem neuen Gemeinwesen zu. Wenn trotzdem die hasmonäi-
sche Außenpolitik mit ihrer auch gewaltsamen Ausbreitung jüdischen
Einflusses und des Judentums als Religion in die umliegenden Regio
nen den Frommen gerade kein Stein des Anstoßes gewesen war, wie
neuerdings mit Nachdruck herausgearbeitet wurde,55 mußte Pompeius
das aus herrschaftspolitischen Gründen ignorieren. Denn er erfüllte
mit der_Mljw^n£za^^ von der Herr
schaft^ jer^salejns^^ielemrts an ihn herangetragenen Wünsche nach
Befreiung von der hasmonäischeji. Herrschaft. "Natürlich kannte er
auch nicht die einschlägigen Passagen der Torah über die Ausdehnung
von Eretz Israel; hätte er sie gekannt, hätten sie seinem Verständnis
von Religion und noch mehr seinem Ziel einer regionalen Befriedung
widersprochen. Zweifellos war dieses (nach jüdischer Deutung) Miß-
Verständnis oder noch eher: diese Miß-Achtung der jüdischen Reli-
Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen 139
Diese Vermutung gründet auf der Überlegung, daß Pompeius für seine
Entscheidungsfindung für die geplante Neuordnung sicherlich auf alle
Informationsquellen, also auch auf das Zentrum des jüdischen Ge
meinwesens, zurückgegriffen haben dürfte; nur hier konnte er in die
drcana dieser geheimnisvollen Religion vordringen. Materielle Güter
oder eine bewußte Demütigung der Juden erstrebte er dagegen nach
Ausweis der Quellen nicht. Gleichzeitig gehörte aber auch immer die
Demonstrationi römischer Überlegenheit zum_poHtischen Jtastaamenta-
rium_des Pompeius? Das ungehinderte Betreten des Allerheiligsten
war ein bewußTgesetztes Zeichen römischer Allmacht und brachte je
dem nahe, daß es_für JRoni keinen herrschaftsfreien Raum geben
könne, andererseits sei Rom aber auch so mächtig, im Interesse der
jüdischen Religion jeden anderen am Betreten dieses Tempels zu hin
dern. Diese Zeichensprache sagte also auch: Wir Römer können und
werden Eure Forderungen nach Autonomie erfüllen, wenn Ihr, die Ju
den, Rom über Euch anerkennt. Ein Teil der Juden konnte sich mit
dieser Vorgabe - Unterordnung unter Rom als Preis für weitgehende
Autonomie - arrangieren, aber viele Juden zogen eine andere Lehre
aus ihrer Geschichte, nämlich mit ihrer Treue gegenüber dem religiös4
verankerten Gesetz der Forderung nach politischer Freiheit auch unter
der Vorherrschaft einer fremden Macht Nachdruck zu verleihen. Ge
ride das aber verstanden die Römer nicht unter Religion. Sie dürften
die interpretatio Iudaica des Religionsbegriffes als unzulässige Politi
sierung aufgefaßt haben, durch die der „wirklich fromme Kult" (pius
cultus), der Inhalt wahrer religio, radikal vernichtet würde.67
Pompeius war gewiß nicht so tief in die religiösen Gefühle from-
nier Juden eingedrungen, um sich der ganzen Schwere seines Verge
hens bewußt geworden zu sein - so wenig sich Römer wie Cicero oder
später Cassius Dio dessen bewußt waren. Was für sie alle zählte, war
allein die Tatsache, daß Pompeius nichts von den Tempelschätzen an
gerührt hatte.68 Damit symbolisiert diese Episode, wie Römer und Ju
den aneinander vorbeigingen, einander nicht verstanden. Es ist dieses
grundsätzliche Mißverständnis, das die Katastrophe 66 v. Chr. letzt
lich verursachen wird.
Es brauchte allerdings gar nicht so lange, bis die Neuordnung des
Pompeius ihre erste Belastungsprobe zu bestehen hatte; eigentlich hat
sie nie wirklich funktioniert. Pompeius hatte nach dem Rechtsprinzip
entschieden - Hyrkan war ja tatsächlich der rechtmäßige Hohepriester
-' und das „hellenistische" Prinzip wechselseitig gewährter „Wohlta
ten" vernachlässigt. Von diesem hatte sich noch sein Quaestor Scaurus
142 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen
auch der jüdischen Region im engeren Sinne (vgl. Punkt 3 unter den
Maßnahmen des Gabinius; die jetzt im ganzen weniger von Jerusalem
aus verwaltete Region umfaßt Judäa, Galiläa und Paraia, vielleicht
idumea), womit das jüdische Kernland nicht anders behandelt wurde
als unzivilisierte, ja barbarische Regionen im Westen des Reiches;90
die Einsetzung des Hohepriesters - wenn auch eines legitimierten -
durch die Vormacht; schleichende Entmachtung der hasmonäischen
Dynastie zugunsten eines fremdstämmischen Potentaten; Verlust der
Symbole nationaler Stärke durch die Festungs- und Mauerschleiftin-
gen der römischen Herren.
Daß gegenüber diesen Konsequenzen die Stärkung der „aristokra
tischen" sprich: priesterherrschaftlichen Ordnung gering wog - und
der Unwille war weit verbreitet unter den Juden - ist ebenso selbstver
ständlich wie die Tatsache, daß die einzelnen jüdischen Gruppen ihre
eigenen, je nach politischem Hintergrund unterschiedliche Konse
quenzen daraus zogen. Von Seiten der Römer hatte man für eine sol
che Unzufriedenheit wenig Verständnis, weil die Unterstützung der
judischen Besonderheiten weder von Pompeius noch von Gabinius in
Frage gestellt91 und darüber hinaus sogar, gegen Widerstände in Rom
selbst, den Machenschaften der Steuerpächter Einhalt geboten worden
war.92 Die oben genannten, für die Juden so wichtigen Konsequenzen
der Reformen hatten für die Römer eher technischen Charakter, sie
sollten lediglich die Interaktion zwischen Region und Zentrale er
leichtern.
Die sich nun abzeichnenden Probleme, die fortschreitende Ent
wicklung zur Katastrophe, resultierten aber nicht aus dem angeblichen
und viel beschworenen renitenten Charakter der Juden, der sich einer
Vormacht, auch nicht einer Segnungen bringenden, nicht beugen
wollte; im Gegenteil, die Bereitschaft, römischen Entscheidungen zu
folgen und sich ihnen unterzuordnen, war vorhanden, wie die Konfe
renz von Damaskus bezeugt. Diese Probleme resultierten aber auch
nicht aus der immer wieder behaupteten Herrschsucht der Römer, die
nach dem Prinzip divide et impera unter allen Freunden wie Feinden
Zwietracht säen, alle schwächen wollten, um sich auf diesem Wege
ideale Voraussetzungen für eine spätere Inkorporation in ihr Reich zu
schaffen. Die von Rom ausgesandten massiven Signale an das jüdi
sche Gemeinwesen, mit der Vormacht zusammenzuarbeiten und von
dieser Zusammenarbeit zu profitieren, hatten zum Ziel - und das gilt
nicht nur für Judäa -, die maßgeblichen Führungspersonen und elitä
ren Gruppen in der Region auf ihre Seite zu ziehen. Diese Politik ist
146 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen
also war das gute Verhältnis zwischen den römischen Potentaten und
den Juden zu verdanken. Sie hielten sich gleichsam die Römer vom
Iieibe, weil sie ihnen alle "Wünsche von den Augen ablasen. Die Rö-
njier konnten daher von der von Pompeius und Gabinius intendierten
Zusammenarbeit mit der antihasmonäisch-konservativen Partei wieder
Abstand nehmen - sie hatte ohnehin kaum funktioniert. Die einfachste
Lösung schien für sie die Ausübung der Herrschaft über eine perso
nale Mitte zusein, wie sie Antipater und Herodes darstellten.
So ließen Pompeius und sein „Schüler" Gabinius nur erahnen, daß
eine römische Herrschaft über Judäa Schwierigkeiten mit sich bringen
sollten. Antipater und Herodes wie der römische Bürgerkrieg waren
die retardierenden Momente, nicht die Lösung des Problems. Das
Verschwinden dieser Faktoren, nämlich der Tod des Herodes und der
endgültige und dauerhafte Sieg des Octavian/Augustus im Bürger
krieg gegen Antonius, beschleunigte in letzter Konsequenz den Weg
in die Katastrophe.
VII
Zusammenfassung und Ausblick
Teiles des Volkes von Jahwe erklärt werden. Die „Auffindung des
Gesetzbuches" durch Josija sollte diese Ordnung irreversibel und dau
erhaft machen. Religion und Politik waren bereits zu diesem Zeitpunkt
nicht mehr zu trennen. In der Zeit des babylonischen Exils nach der
Zerstörung Jerusalems 587 v. Chr. durch Nebukadnezar bewährte sich
die religiöse Ordnung auch in der Verbannung als Instrument, die ei
gene Identität zu bewahren und das Zusammengehörigkeitsgefühl in
der fremden Umgebung zu stärken. In Babylonien war natürlich Jeru
salem Dreh- und Angelpunkt aller Gedanken und Hoffnungen der
exilierten Juden. Dabei zeigte es sich zum ersten Mal, daß die Reform
des Josija auch zur Identitätswahrung in der Diaspora einen wichtigen
Beitrag zu leisten vermochte. Und so blieb es: Nur über Jerusalem ließ
sich die Zusammengehörigkeit aller Juden überall in der Welt definie
ren; vor 587 v. Chr. gegründete Diaspora-Gemeinden wie die in Ele-
phantine (Ägypten, 7. Jahrhundert v. Chr.) besorgten noch ihre eige
nen Kulte in eigenen Tempeln.
Die Vorteile der von Hiskija und Josija gestalteten religiösen Ord
nung hatten sich also schon erwiesen, als die durch den König Kyros
errichtete persische Herrschaft über die östliche Welt und auch über
Palästina die politische Variabilität der jüdischen Religion offenlegte.
Nehemia und Esra, zwei persische Beamte jüdischer Herkunft und
Religion, ordneten das jüdische Gemeinwesen in Jerusalem in enger
Zusammenarbeit mit dem persischen Staat so, daß Jerusalem autonom
und gleichzeitig loyal dem Perserkönig gegenüber war. Auch sie
stützten sich auf das „Buch der mosaischen Weisung" (nttfD rmn "IDD):
Jahwe allein war von allen Juden zu verehren, der Kult durfte nur im
Jerusalemer Tempel vollzogen werden, und zwar unter bewußter Ab
grenzung von den Nachbarn. Diese Strukturmerkmale des Judentums
erhielten nun also im größeren persischen Staat eine politische Ord
nungsfunktion. Ihre Anerkennung durch die Vormacht tröstete über
die Tatsache des Beherrschtwerdens hinweg; denn der Perserkönig er
kannte ausdrücklich an, daß nicht nur das „Gesetz des Königs", son
dern gleichberechtigt auch das „Gesetz deines Gottes" verbindlich von
allen Juden befolgt werden müsse.1 Die religiösen Reformen Esras
und Nehemias ermöglichten auf diese Weise die Verbindung zwischen
jüdischer Selbstbestimmung und persischer Herrschaftspolitik. Der
Erfolg gab ihnen recht: Auf dem von Esra und Nehemia gelegten
Fundament arbeiteten Juden und Perser fast 150 Jahre lang gut zu
sammen.
Zusammenfassung und Ausblick 151
Doch dann kam Alexander. Mit ihm änderte sich für die Juden
Viel, nicht sogleich, aber im Laufe der Zeit immer deutlicher erkenn
bar. Denn vordergründig setzten die hellenistischen Staaten zwar die
persische Politik in den unterworfenen Regionen fort, allein schon aus
pragmatischen Erwägungen. Das Konzept der hellenistischen Herr
schaftspolitik, und das war langfristig entscheidend, unterschied sich
jedoch erheblich von dem persischen. Es sollte sich herausstellen, daß
die jüdische Religion ihre ordnungspolitische Komponente im Helle
nismus verloren hatte. Fortan war die Gewährung von Autonomie eine
„Wohltat" des Königs, nicht mehr notwendiger Bestandteil der Zu
sammenarbeit zwischen dem hellenistischen Staat und seinen jüdi
schen Untertanen. Hellenistische Könige konnten dem jüdischen Ge
meinwesen „Autonomie" gewähren und taten das auch, aber ebenso
konnten sie dieses Privileg auch entziehen, wenn sich die so Be
schenkten dieser Wohltat nicht angemessen dankbar erwiesen oder
wenn es in das Konzept des dem Erfolg verpflichteten König paßte.
Die zum Makkabäeraufstand führende Politik Antiochos IV ist ein be
redtes Zeugnis hellenistischer Herrschaftspolitik., Sie ist vielleicht in
ihrer Konsequenz „profoundly at variance" (Miliar) mit dem üblichen
hellenistischen Verfahren in der Praxis, ordnet sich aber durchaus in
das Konzept hellenistischer Herrschaft ein.
In der Diaspora waren die jüdischen Gemeinden überall der Helle-
nisierungswelle ausgesetzt. Die Juden schlössen sich keineswegs vom
Stadtleben aus, schon gar nicht bildeten sie einen monolithischen,
hermetisch abgeschlossenen eigenen Block in den Städten. Der voll
ständigen Integration waren allerdings Grenzen gesetzt, die selten
überschritten wurden. Aber gerade die nur teilweise erfolgte Integra
tion von Juden provozierte neue Konflikte, denn die jüdische Sonder
stellung blieb trotz aller Kooperationsversuche auf beiden Seiten be
stehen, und die jüdischen Gemeinden zumal waren einer inneren Zer
reißprobe ausgeliefert. Politen und Juden gerieten in einen Strudel von
gegenseitigen Forderungen, Zurückweisungen und schließlich feind
seligen Ausbrüchen. Regionale Unterschiede in der Intensität dieser
Konflikte sind natürlich zu berücksichtigen - in Ägypten und im sy
risch-palästinischen Raum waren sie größer als in Kleinasien -, aber
es trifft sicher zu, daß diese Konflikte ein Charakteristikum der helle
nistischen Epoche sind.
So war die Lage der Juden, als Rom 164 v. Chr. an der Levante
auftauchte: im hellenistischen Staat massiv bedrängt von den königli
chen Beamten, konfrontiert mit einem Religionsverbot, und in der
152 Zusammenfassung und Ausblick
tjierten beide Seiten von ihrer Zusammenarbeit. Die Verträge, die Jeru
salem mit Rom seit 161 v. Chr. bis in die Zeit des Johannes Hyrkan
schloß, entrissen das jüdische Gemeinwesen der drohenden Isolierung
und trugen zur Festigung des aus dem Makkabäeraufstand erwachse
nen Hasmonäerstaats bei - so sehr, daß vielerorts der Eindruck einer
jüdisch-römischen Kooperation mit antigriechischer Stoßrichtung ent
standen sein mochte.4 Dabei handelte es sich lediglich um bloße
Bündnisverträge, ohne materielle, dafür aber um so mehr mit politi
scher Substanz. Rom unterstützte Judäa mit der, modern ausgedrückt,
Aufnahme diplomatischer Beziehungen - und hier befand es sich
durchaus im Einklang mit seinen außenpolitischen Gewohnheiten im
2. Jahrhundert v. Chr.-, solange Judäa als nicht-hellenistischer Son
derstaat in einer hellenistischen Umwelt isoliert schien. Denn mehr als
diplomatische Beziehungen waren die Verträge und ihre Erneuerun
gen nicht. Rom schien also tatsächlich seine ständig wachsende Macht
nicht dazu benutzen zu wollen, kleinere Bündnispartner wie die Juden
zu unterdrücken. Die zunehmende Hellenisierung des Hasmonäer-
staates insbesondere in der Außenpolitik unter Aristobul, Alexander
Jannaios und Salome Alexandra machte Rom dann allerdings nicht
mehr mit, jedenfalls nicht mit vertraglicher Unterstützung. Im Zuge
des Mithridates-Krieges wuchs am Anfang des 1. Jahrhunderts v. Chr.
zudem das römische Interesse an weitergehendem Einfluß auf die Re
gion. Indes sollte die Mitwirkung Roms beim Aufbau des Hasmonäer-
staates - eine Mitwirkung, die sich darauf beschränkte, den jungen jü
dischen Staat international hoffähig zu machen - im Judentum zu je
nem Mißverständnis hinsichtlich der Konzeption römischer Herr
schaftspolitik maßgeblich beitragen, das in den nächsten 200 Jahren
einer der Gründe für die „Genese einer Katastrophe" war.
Eine vergleichbare Situation entstand in der Diaspora während des
2. und 1. Jahrhunderts v. Chr. Nur zeigte sich hier die Dialektik des
jüdisch-römischen Verhältnisses noch deutlicher. Die von seiten der
Juden angestrebte und religiös legitimierte Eigenständigkeit kontra
stierte mit der römischen auf Konsens unter einem römischen Dach
hin ausgerichteten Ordnung. Das war ein von außen gar nicht auffal
lender Widerspruch, zumal er zugunsten der gemeinsamen Interessen
dinfach verschwiegen wurde. Dabei hätte man sich dieses jüdisch-rö
mischen Antagonismus schon rechtfrüh,nämlich im Jahre 139 v. Chr.
in Rom selbst, bewußt werden können. Damals existierte schon eine
kleine jüdische Gemeinde in der Hauptstadt, die durch prätorisches
Edikt ausgewiesen wurde, weil sie - so die Begründung - die römi-
154 Zusammenfassung und Ausblick
zum Teil ohnehin schon gut erforscht sind. Meine Untersuchung sollte
jenen historisch bedingten Widerspruch zwischen Rom und Jerusalem
herausarbeiten, der letztlich der Grund für alle jüdisch-römischen
Konflikte war. Ob in Alexandria und Jerusalem zur Zeit Caligulas, ob
\m Jüdischen Krieg zur Zeit Neros, ob im Diaspora-Aufstand zur Zeit
Trajans oder im Bar-Kochba-Aufstand zur Zeit Hadrians, all diese
großen Konflikte wie auch die von den Quellen bezeugten und nicht
bezeugten kleineren Konflikte gehen darauf zurück, daß
1. die jüdische Religion von allem Anfang an ein zutiefst politi
sches Phänomen war, daß ihre Ausbildung nicht so sehr eine „innere
Angelegenheit" der Juden, sondern der Weg war, in einer Zeit ständi
ger Bedrohung von außen und der Fremdherrschaft Autonomie und
Selbstbestimmung zu wahren und zu legitimieren; und daß
2. die römische Herrschaftspolitik trotz gewährter Religionsfreiheit
gerade diesen politischen Charakter der jüdischen Religion in Frage
Stellte. Die römische Politik ging damit noch über die hellenistische
hinaus, was die Entwertung der Religion um ihren politischen Faktor
angeht. Es war nur folgerichtig, daß auch die Konflikte zwischen Rom
und den Juden über jedes bisher gekannte Maß hinausgingen.
Anmerkungen
Einleitung
. l E. Gibbon, The Histoty ofthe Decline and Fall ofthe Roman Empire, Bd. 1, London
i 1983 (1. Aufl. 1776), 2. Kapitel: „Ofthe union and internal prosperity ofthe Roman
Empire in the age ofthe Antonines" (S. 53-77).
' 2 Vgl. nur die Erklärungen bei L. V. Rutger (1998), S. 171 ff.; bes. S. 189ff.
3
Vgl. dazu E. Baltrusch (1998a), S. 213-224.
4
H.G. Kippenberg (1991).
5
Ebda, S. 17...
, 6 Darüber E. Baltrusch (1998b), S. 403-421 (mit Korrigendum Klio 81 [1999], S. 218).
7
In diesem Sinne W. Ameling, (1998), S. 27-41; J. S. Crawford, „Multiculturalism of
Sardis", in: Biblical Archaeology Review 22 (1996), S. 38-47.
18
Vgl. dazu die lntroduction zu dem Buch von J. Lieu/J. North/T. Rajak (1992), S. lff.
Vgl. ferner den Historikertag von 1996 in München, wo dieser These eine ganze Sek
tion gewidmet wurde.
9
Augustin. in Ps. LVIII 1, 21 (PL 36, 705).
10
Ebd. 2,2 (7Ö6f).
11
Der Zusammenhang zwischen Religion und Freiheit ist besonders deutlich zu erken-
, nen bei Jos. ant. 18, 1.
12
Vgl. die Bemerkungen zu Babylon und dem ptolemäischen Ägypten im Vergleich zu
Rom von J. Hengstl (1983), S. 27-55. Zu der „Reichsautorisation" von P. Frei siehe un
ten S. 00.
13
Vgl. z. B. D. Mendels (1997), S. 191ff.
1
Zitat aus Esr. 7,26: KD^D^l Krm -|bnK-"H Km; zu der Bedeutung dieser Formulie
rung s. unten.
2
Vgl. E. Baltrusch (1998b), S. 403-421; P. Schäfer (1997), S. lff.
3
Heute wird angenommen, daß Jahwe zur Königszeit nicht der einzige Gott in Israel
war, vgl. E. Kettenhofen (2000), S. 359.
4
Die Verbindung von Religion und der politischen Stellung wird auch bei Asa (911-870
v. Chr.), König von Juda, deutlich; er ist schon ein König, der einerseits religiöse Re
formen vornimmt, andererseits aber noch Bündnisse mit dem Ausland (Ben Hadad I
von Aram) gegen Bascha von Israel (909-886 v. Chr.) schließt: l.Kg. 15,9-14; 2.
Chron. 14-16 (hier eine Kultreform im Stile des Josija). Noch deutlicher wird die Ver
bindung bei Achas von Juda (736-716 v. Chr.). Seine Politik gegenüber Tiglatpileser,
König von Assur, zeigt in Sonderheit den Zusammenhang zwischen Religion und der
Stellung des Gemeinwesens. Seine „Kultreform" (der Altar von Damaskus!) und Ver-
160 Anmerkungen
44
F. Harper (1892-1914), S. 633. Zu den Juden in Babylonien vgl. E. Bickerman (1984)
S. 347-357.
45
Sicher ist sie vor Kambyses Eroberung Ägyptens (525) gegründet worden, wie aus
dem Papyrus Cowley 30, Z. 13 hervorgeht; Aristeas 13 nennt den ägyptischen König
Psammetich, der auf jüdische Söldner zurückgriff; man darf davon ausgehen, daß
Psammetich I (664-609) gemeint ist; vgl. B. Porten (1968), S. 8ff.; P. Schäfer (1997), S.
262, Anm. 3.
46
Vgl. etwa den „Kyros-Zy linder" ANET, S. 316. Demzufolge galt Kyros, nicht nur in
griechischen, sondern auch jüdischen Quellen als der gute König schlechthin, vgl. dazu
J. Wiesehöfer(1998),S. 71 ff.
47
Hdt. 3, 88-117.
48
So kann man aus Angaben bei Eus. chron. ann. Abr. 1657 schließen, die mit dem ar
chäologischen Befund in Einklang gebracht werden können: D. Barag (1966), S. 6-12.
49
Das Buch Esther im Alten Testament und Jos. ant. 11, 184-296 (Kap. 6). Zur Datie
rung des Buches vgl. M. Delcor (1989), S. 352-384, hier: 365f.
50
Jos. ant. 11,297-301.
51
Jos. ant. ll,302ff.
52
Jes. 44, 28; 45, 1-6; Vgl. die Ausschmückung bei Jos. ant. 11, 1-7. Im „Kyros-Zylin-
der" findet sich eine bemerkenswerte Entsprechung in der Formulierung: „Er (Marduk)
suchte einen gerechten Herrscher nach seinem Herzen, er faßte ihn mit seiner Hand,
etc." [Übers. Wiesehöfer (1998) S. 75].
53
1. Makk. 8; dazu unten S. 83ff.
54
So der Titel eines Aufsatzes von P. Frei (1984), S. 7-43; ders. (1995), S. 1-35. Vgl. H.
G. Kippenberg (1991), S. 182, der lieber von „Reichssanktionierung" sprechen möchte.
55
J. Wiesehöfer (1984), S. 36-46. Dabei orientiert sich Wiesehöfer an den von Frei für
seine These herangezogenen Fallstudien.
56
Die „persische Zeit" des Judentums ist viel diskutiert worden, und man ist auch heute
noch in der Forschung weit von einer einheitlichen Meinung entfernt. Für unsere Frage
stellung ist es auch nicht notwendig, auf die chronologischen, sachlichen (etwa in Be
zug auf die Authentizität der persischen Verfügungen in den alttestamentarischen
Schriften) und religiösen Probleme einzugehen; extreme Positionen, die eine Bedeutung
der Perserzeit für die innerjüdische Entwicklung überhaupt leugnen - etwa J. C. H. Le
bram (1987), S. 103-138; G. Garbini (1986), S. 208ff. - konnten sich nicht durchsetzen.
57
Esr. 7, 26 heißt es griech. wie aram.; vielleicht noch deutlicher die Trennung beider
Gesetze in 3. Esr. 24, wo vom „Gesetz deines Gottes und dem königlichen Gesetz" (xö
ßccaikiKov) gesprochen wird. Ferner Esr. 6, 14 (nbx D17U und ÜTO D17U; Befehl des
Kyros). Über die Frage gibt es eine lebhafte Forschungsdiskussion; richtig bei J. Wiese
höfer (1995), S. 37fT.; anders P. Frei (1984), S. 20f; S. 51ff.
58
3. Esr. 6, 30 und Esr. 6, 10; vgl. auch Jer. 29, 7; Bar. 1, 10f.; ähnlich die Erklärung
Jedonias, des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde zu Elephantine, an Bagohi, den
Statthalter von Juda Pap. Cowley (1923), 30, S. 25f. Daran allein ist der König interes
siert, wie auch die betroffenen Juden wußten; eine Art „Reichsgesetz" hier zu vermuten,
wäre verfehlt.
59
So Esr. 7, 25f, während das Gesetz aus Juda und Jerusalem allein stammt, 7, 14.
60
So in Neh. 8, 1 bezeichnet; vgl. auch 13, 1. Die Bedeutung eines solchen Gesetzbu
ches auch ftlr die Abwehr von Eingriffsversuchen seitens der herrschenden Könige er
hellt z. B. aus 3. Makk. 1, 12 (Ptolemaios IV Philopator wollte nach jüdischer Überlie
ferung den Tempel betreten).
61
Hierhin gehören die abgrenzenden Elemente des Gesetzgebungswerkes (bes. das Ver
bot der Mischehe), etwa Esr. 9f; Neh. 13.
Anmerkungen 163
62
Esr. 4, 1-5; 3 Esr. 5, 63-71. Die Begründung für die Ablehnung von Hilfe: „Keines
wegs steht es euch und uns zu, zusammen unserem Gott ein Haus zu bauen".
63
( Neh.2, 11-3,32.
64
Vgl. besonders Neh. 5, 1-13: Nehemia ist mit jüdischen Klagen konfrontiert wie mit
solchen über die hohen Abgaben an den König oder Verschuldung.
65
Neh. 13.
66
So kehrte er nach Abschluß der ersten Mission zum König Artaxerxes zurück, um
iwenig später eine zweite Mission wegen zahlreicher Gesetzesübertretungen in Jerusa
lem anzutreten, Neh. 13, 6.
67
Vgl. besonders die zeitgenössischen Propheten Haggai und Sacharja.
68
Vgl. Esr. 4; Jos. ant. 11,297-347 verlegt die Trennung, historisch sicher falsch, in die
Zeit der Eroberung Palästinas durch Alexander.
69
Zu dieser Kolonie, ihrer Entstehung und Organisation, ihren Aufgaben und Proble
men vgl. [seit E. Meyer (1912)] insbesondere die Sammlungen und Forschungen von B.
Porten (1968); ders. (1984), S. 372-400; ders./A. Yardeni (1989); ältere Sammlungen A.
Cowley (1923) (mit Übers, und Komm.; nach dieser Ausgabe zitiere ich); E. G. Krae-
ling (1953). Im Zusammenhang mit der Entstehung des Antisemitismus in der Antike
untersuchen die Dokumente Z. Yavetz (1997), S. 53-63; P. Schäfer (1997), S. 121-135.
70
Cowley 39, Z. 14; 31, Z. 13 mit Bezug auf Kambyses; zur unbedingten Loyalität 27,
Z. If: „Als die ägyptischen Abteilungen rebellierten, ließen wir unsere Stellungen nicht
im Stich und etwas Schädliches wurde [nicht] an uns gefunden"
ip nDnüK [Hb] ^DriD DJJ-TDDT ipae; xb pro«).
71
Cowley 30, Z. 25 ist die Rede von Speiseopfer (KnnD, Fehler für KnnDD), Weihrauch
{Krü"oS>) und Brandopfer (Krrfcy), während in dem staatlichen „Memorandum" (]~QT)
letzteres (nämlich das Ganzopfer, Krrfcy) bewußt ausgespart ist, Cowley 32, Z. 9. Vgl.
dazu die umsichtige Analyse von P. Schäfer (1997), S. 130ff.
72
So etwa von den Samaritanern bei Esr. 4, 11-16 in einem Brief an Artaxerxes, in wel
chem dem König warnend prophezeit wird, daß er, wenn Jerusalem wieder aufgebaut
wird, keine Steuern und Abgaben mehr erhalten, daß er Schaden erleiden und überhaupt
seines Anteils Jenseits des Stromes" verlustig gehen werde. Ähnlich die (fiktiven)
Worte Hamans an König Achaschwerosch, Esther 3, 8f: Juden befolgen das Gesetz des
Königs nicht (D"»rn; aramäisch emph. Km). Diese Vorwürfe werden den Juden auch in
griechischer und römischer Zeit gemacht, vgl. E. Baltrusch (1998b), S. 405-423.
73
Vgl. B. Porten (1984), S. 385ff.
74
Der Bericht Jos. ant. 11, 8 (304-347), so legendenhaft er ausgeschmückt sein mag,
behandelt die Loyalität der Juden: Alexander, so schreibt Josephus, schickte einen Brief
mit der Bitte um <piUa an den Hohepriester (11,317), doch dieser verweist auf den mit
dem Perserkönig abgeschlossenen Vertrag der Juden (öpKoi), der sie zur Loyalität ver
pflichte, solange der König unter den Lebenden weile (11,318); bei dieser Darstellung
handelt es sich zweifellos um ein wichtiges Dokument jüdischen Selbstverständnisses,
das, wie die Dokumente Cowley 27 und 30 aus Elephantine zeigen, gut in die persische
Epoche paßt, auch wenn der gesamte Bericht sonst nicht historisch sein sollte.
75
Vgl. auch Z. Yavetz (1997), S. 54
76
Jos. ant. 11,297ff.
77
K.Galling(1964),S. 152
78
Nicht umsonst diskutiert eine (allerdings erheblich spätere) jüdische Quelle ein an
gebliches Streitgespräch bei König Dareios darüber, wer oder was die größte Macht auf
Erden habe; einer der drei Teilnehmer nennt dabei den König, vgl. 3. Esr. 4, 1-12; Jos.
164 Anmerkungen
ant. 11,33-63 (die beiden anderen, unter ihnen Zerubabel, den Wein, die Frauen und die
Wahrheit).
79
Vgl. z.B. auch 1. Kg. 18, 20ff. zu Elija und den Propheten Baals: die fremden Götter,
wie der tyrische Baal, kommen aufgrund der auswärtigen Begeisterung ins Land - weist
man sie aus und stützt sich nur auf Jahwe, sichert man Selbstbestimmung und Autono
mie.
IL „Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben"
1
Das Zitat stammt aus dem berühmten Dekret des seleukidischen Königs Antiochos IV,
in dem er die Ausübung der jüdischen Religion verbot, überliefert bei 1. Makk. 1, 41 f.:
etvou Ttdvxaq elq Xaöv eva Kai eyKataXuietv &Kaaxov xa vou.tna atixoO wird als
Begründung dieses Dekretes gegeben.
2
Hellenismus gilt als Epochenbegriff, seit ihn Johann Gustav Droysen (als Vermi
schung des abendländischen und morgenländischen Lebens) geprägt hatte, vgl. bes. R.
Bichler (1983). Er ist also in dieser Verbindung ein moderner Begriff, für den die An
tike gar keine Entsprechung hatte. Dem Hellenismus wohnte zwar kein missionarischer,
anderen Kulturen und Religionen gegenüber intoleranter Eifer inne, aber dennoch waren
sich die Griechen sehr wohl des Wertes, der z. B.. in verwandten Begriffen wie xa
'EAATivuca lag, bewußt. In SEG 38, 1227 z. B. verweisen die Könige von Athamanien
ausdrücklich auf ihre Verwandtschaft mit Griechen/Hellenen; ferner OGIS 234 (aus
dem Jahre 202/1: „würdig der Hellenen", „verwandt mit Hellenen"); Syll.3 590 (Ver
dienst gegenüber den Hellenen) usw. Die jüdische Literatur kannte bereits den Begriff
und setzte ihn ausdrücklich von seinem Gegenstück Judaismos ab: 2. Makk. 4, 13; 6, 8;
11, 24; Jos. ant. 12, 363. Vgl. auch Apostelgesch. 6, 1; 9, 29. Dazu unten.
3
Immerhin finden wir Andeutungen in den Quellen, daß es mit den Samaritanern Pro
bleme gab: Curtius Rufus 4, 8, 34, 9-11; Jos. c. Ap. 2, 43; ant. 11, 340ff; zum Ganzen
vgl. V. Tcherikover (1959), S. 42-49. Ausgrabungen in Samaria und Sichern scheinen
die Konflikte zu bestätigen, M. Stern I (1974), S. 449. Manche vorsichtige Formulie
rung in jüdischen Quellen (Dan. 11, 3; 1. Makk. 1, 1-7, bes. 3: Kai inr\pQT\ f| Kap5ia
aüxou) werfen auch Schatten auf das Verhältnis Alexanders zu den Juden.
4
Jos. c. Ap. 1, 214 (zu Hieronymos von Kardia).
5
Besonders Jos. ant. 11, 304-347 zu Alexanders Aufenthalt in Jerusalem, zu seinem
Kniefall vor dem Hohepriester, zu den Beziehungen zu den Samaritanern u.s.w. Rabbi
nische Texte malen diese Legenden aus, z. B. Megillat Taanit 22; Leviticus Rabba c.13.
Daneben gibt es auch samaritanische Quellenstücke mit natürlich anderem Tenor, vgl. J.
Derenbourg (1867), S. 41-44. Es ist insbesondere das Verdienst von V. Tcherikover
(1959), S. 41-50, den Legendencharakter endgültig enttarnt zu haben. Zur Forschungs
geschichte J. Seibert (1994), S. 103-107. Zu Alexanders Feldzug und Palästina insge
samt M. Hengel (1989),S. 35-45.
6
Dazu M. Hengel (1989), S. 45-52.
7
Dazu H. Hegemann (1989), S. 115-166.
8
Dazu unten.
9
Vgl. dazu V. Tcherikover (1959), S. 52-73; ders. (1957), S. 1-48; M. Hengel (1989), S.
52-72.
10
Die Geschichte der Familie der Tobiaden bei Jos. ant. 12, 4 (154-236) in bunter, le
gendenhafter Ausschmückung; vgl. zu den Tobiaden zuletzt D. Gera (1998). Die Quel
lenlage zur ptolemäischen Zeit des Judentums ist ohnehin disparat und z. T. historisch
schwer zu überprüfen. Besonders wichtig sind die „Zenon-Papyri": 1915 wurden im
Anmerkungen 165
Fayyum mehr als 2000 Dokumente entdeckt, die von Zenon, einem Gutsverwalter und
Helfer des Dioketeten Apollonius, für die Jahre 260-246 v. Chr. archiviert worden sind.
Etwa 40 von diesen beziehen sich auf die Verhältnisse in Syrien/Palästina, das Zenon
im Auftrage seines Chefs in den Jahren 259/8 v. Chr. bereist hatte; sie sind herausgege
ben, übersetzt und kommentiert von V. Tcherikover/A. Fuks I, (1957) (mit der Einfuh
rung zur ptolemäischen Zeit S. 1-48). Legendär ist zwar auch das 3. Makkabäerbuch,
das Ptolemaios IV Philopator (221-205 v. Chr.) massive Aktionen gegen das Judentum
als Ganzes unterstellt; es muß aber auch in Betracht gezogen werden, wenn es um das
Verhältnis zwischen Juden und Ptolemäern geht. Weiter ist der „Brief des Aristeas"
heranzuziehen, der über die Übersetzung der hebräischen Bibel ins Griechische „infor
miert". Aristeas ist ein unter griechischem Pseudonym schreibender jüdischer Autor,
wohl des 2. Jahrhunderts v. Chr. In dem Pamphlet ist auch ein Brief des Königs Ptole
maios II an den jüdischen Hohepriester Eleazar aufgenommen (Arist. 35-40), in dem
von weiteren Wohltaten des Königs den Juden gegenüber die Rede ist; Jos. ant. 12, 11-
118 hat diesen Brief des Aristeas ausführlich ausgeschrieben.
11
Zum Ablauf der Ereignisse G. Hölbl (1994), S. lllff.; 121ff.; M. Hengel (1989), S.
63fT.; D.Gera (1998), S. 20-34.
12
Nicht also als Polis, Tempelland, Dynastie: J. Pastor (1997), S. 41ff.
13
Das Steuersystem im einzelnen ist uns nicht bekannt; bei Jos. ant. 12, 143 werden be
sonders die Kopfsteuer, die Kranzsteuer und wohl auch die Salzsteuer erwähnt; (vgl.
auchFN 18).
14
So in Phrygien: Jos.ant. 12, 147-153 der „Zeuxis-Brief1.
15
Der Brief ist wörtlich ausgeschrieben bei Jos. ant. 12, 138-144. Behandelt wurde er
ausfuhrlich, bes. von E. Bickerman (1935), S. 4-35; vgl. auch E. Täubler (1946/47), S.
1-30; 125-137; 240-263; F.-M. Abel (1952), S. 88-93; V. Tcherikover (1959), S. 76-84;
M. Hengel (1988), S. 15f; ders., (1989), S. 72-74; E. Will/C. Orrieux (1986), S. 97-103;
H. G. Kippenberg (1991), S. 183-186; auch von J.-D. Gauger (1977), wird passim auf
dieses Dokument Bezug genommen, auch wenn im Mittelpunkt von Teil A des Buches
das Zeuxis-Dokument Jos. ant. 12, 148-153 steht.
16
In den schon erwähnten „Syrischen Kriegen" Nummer 4 (219-217 v. Chr.) und 5
(202-195 v. Chr.), vgl. dazu im Einzelnen M. Hengel (1988), S. 11-16 mit allen Quel
len- und Literaturangaben.
17
Zur Politik des Königs gegenüber der Bevölkerung Syriens und Phönikiens in den
Kriegswirren vgl. die Hefzibah-Inschrift (Dokumente 202-195 v. Chr.) bei Y. Landau
(1966), S. 54-70. Außerdem T. Fischer (1979), S. 131-8; J. M. Bertrand (1982), S. 167-
74. SEG 29 (1979), Nr. 1613 und 1808. Zur Politik des Königs gegenüber Kleinasien
vgl. die neue, weiterfuhrende Arbeit von J. Ma (1999), mit einem epigraphischen Dos
sier im Anhang. Als vergleichbar unserem Brief sei besonders auf die Sardes-Inschrif-
ten 1-3 (S. 284-288) und die Dokumente von Amyzon 5-14 (S. 292-304) verwiesen;
vgl. ferner P. Gauthier (1989), S. 13-45 (besonders S. 25: „L'example qui öclaire le
mieux l'inscription de Sardes est celui de Jerusalem en 200"); K. Bringmann/H. v.
Steuben (1995), Nr. 260, S. 298-300 zu Sardes.
18
Genannt sind bei Jos. ant. 12, 142 offensichtlich die Kopf-,, Kranz- und auch die Salz
steuer (überlieferter Text allerdings: Kai iox> nepi xcov CXAACDV statt des wohl richtige
ren TCDV &A.CÜV), Dazu Tcherikover (1959), S. 82 und 438, Anm. 117.
19
Zum Inhalt der Tcdxpioi vöu.oi V. Tcherikover (1959), S. 81f; und jetzt besonders H.
G. Kippenberg (1991), S. 179-217; B. Schröder (1996).
20
So auch E. Will/C. Orrieux (1990), S. 100: „Reconnaitre les patrioi nomoi juifs,
c'&ait, implicement, renoncer au culte dynastique".
21
Jos. ant. 12, 145f: das Strafmaß beträgt 3000 Drachmen an die Priester.
166 Anmerkungen
22
Einen Lobgesang auf ihn stimmte Ben Sira 50, 1-21 an; dieser Simon der Gerechte
wird bAbot 2 als einer der letzten der großen Synode (nbvian nD3D) bezeichnet; er
habe gesagt: „Auf drei Dingen steht die Welt (D^wn): auf der Thora, auf dem Gottes
dienst (rniDU) und auf den Liebeswerken (0"HOn nVr'Dn)." Wenn es sich hier um Si
mon II handelt, dann wird daraus deutlich, welche Gruppe von den Ptolemäern abge
fallen und zu Antiochos III übergelaufen war.
23
1. Makk. 2, 15-28.
24
1. Makk. 1, 41 f.; das Edikt 41-51 formuliert ausdrücklich, das (väterliche) Gesetz zu
vergessen und alles bisher gültige Recht auszutauschen: imXaQkcQai zox> vö\iox> Kai
aAA&{;ai rcavxa xa 5iKaubu.aTa 2. Makk. 6, 1-12 über die Folgen des Ediktes.
25
Für die makkabäische Auseinandersetzung mit Antiochos IV gilt das ohnehin; in frü
herer Zeit wurden aber erhebliche Zweifel an der Echtheit des oben besprochenen Brie
fes des Antiochos III geäußert (bes. H. Willrich (1924), S. 18ff.), die jedoch von der
sorgfältigen Analyse E. Bickermans (1935), S. 4 ff., widerlegt werden konnten, auch
weil sich viele Parallelen in der hellenistischen Welt zu den einzelnen Klauseln finden
ließen. J.-D. Gauger (1977), S. 1-151 diskutiert v. a. die Zeuxis-Urkunde (Jos. ant. 12,
147-153).
26
So E. Schürer (1973), S. 147f; vgl. aber auch H. Bengtson (1960), S. 482. Bei Tac.
bist. 5, 8, 2 heißt es: rex Antiochus demere superstitionem et mores Graecorum dare
adnisus, quo minus taeterrimam gentem in melius mutaret, Parthorum hello prohibitus
est; ähnlich schon bei Diod. 34/35, 1, 3. Hierher gehört auch die Überlegung, daß An
tiochos IV über den Kult des Zeus Olympios sein Reich vereinheitlichen wollte, nach
Dan. 11,37-39.
27
E. Bickerman (1937), S. 117-136; ihm folgte M. Hengel (1988), bes. S. 464-570; vgl.
auch V. Tcherikover (1959), S. 152-203; dazu E. Will/C. Orrieux (1986), S. 113-175; Z.
Yavetz(1997), S. 82 ff.
28
K. Bringmann (1983), bes. S. 111-140, meinte, daß Antiochos Menelaos, den von ihm
ernannten Hohepriester, nicht fallen lassen konnte. Damit hat Bringmann v. a. die althi
storische Forschung sehr beeinflußt; ähnlich auch M. Sommer (2000), S. 75f. Allerdings
hat er auch massive Kritik herausgefordert, die ihm (wohl zu Recht) vorhielt, mit einer
„betont säkulare(n) Schau der Geschichte" das religiöse Element im Judentum
unterschätzt und damit nicht dem Verständnis gedient zu haben, M. Hengel (1996), S.
282f. mit Anm. 74 und weiteren kritischen Äußerungen zu Bringmanns These.
29
Gemeint ist hier natürlich der berühmte „Tag von Eleusis" 168: E. Gruen (1993), S.
238-264.
30
Aufgrund von Polyb. 26, 1.
31
J. A. Goldstein (1976), S. 104-160; ders. (1983), S. 104-112.
32
F. Miliar (1978), S. 16f; ähnlich D. Gera (1998), S. 229: „At present it seems best to
acknowledge our inability to resolve this knotty problem."
33
H.-J. Gehrke/B. Funck (1996), S. 5.
34
Vgl. dazu oben S. 33f.
35
Dazu oben S. 33.
36
Wie man am Beispiel Elephantine hat sehen können, oben S. 35ff.
37
Esra 7, 26 und oben S. 33.
38
Mit den tatsächlichen Veränderungen durch die Politik Alexanders befaßt sich eine
demnächst erscheinende Studie von Chr. Mileta, Der König und sein Land.
39
Diesen fundamentalen Unterschied zwischen persischer und hellenistischer Herr
schaft über Judäa übersieht etwa F.-M. Abel (1952), S. 91, der im Gegenteil die Konti
nuität betont: „La Charte d'Antiochos le Grand renouvelait en somme l'ödit emanant
d'Artaxerxes II et apporte* ä Jerusalem par Esdras en 459. Entre ces deux öpoques,
Anmerkungen 167
Alexandre et les Lagides avaient suivi la mdme ligne de conduite en concedant aux Juifs
la libertä de vi vre conformöment aux lois de leurs peres". Hervorzuheben ist dabei al
lerdings, daß die persische Autonomiegarantie auf Gegenseitigkeit, die hellenistische
auf einseitiger Gewährung beruhte.
40
Insofern wird ein solches Religionsverbot im eigentlichen Sinne als xf)v noXixziav
xcov 'IoDÖcctcov KaxaXuaai („die politische Ordnung, Verfassung der Juden aufzulö
sen") aufzufassen sein, so formuliert jedenfalls 4. Makk. 17, 9 mit Bezug auf die mak-
kabäischen Märtyrer (Greis und Mutter der 7 Söhne), die der Gewalt des Tyrannen ent
gegentraten, als er „die Verfassung der Hebräer auflösen wollte; vgl. Philo, Quodomnis
Über probus sit 91.
41
Sie wurden schon von Alexander in beträchtlicher Zahl gegründet, Plut. mor. 328e
nennt die Zahl 70. Die umfassendste Untersuchung von Alexanders Stadtgründungstä
tigkeit noch immer V. Tcherikover, Die hellenistischen Städtegründungen von Alexan-
der dem Großen bis auf die Römerzeit, Philologus Suppl. 19, 1 (1927). Zur For
schungslage J. Seibert (1994), S. 179ff. Die Nachfolger Alexanders setzten diese Politik
fort. In den hellenistischen Reichen füllten Städte vielfältige Funktionen aus: Sie dien
ten (natürlich) zur militärischen Sicherung in schwer kontrollierbaren Regionen, als
Handelsplätze, übernahmen Verwaltungsaufgaben, versorgten Veteranen, verbreiteten
die griechische Sprache und Lebensweise, brachten verschiedene Volksgruppen zuein
ander. All das hatte natürlich auch auf die jüdische Religion einen Einfluß.
42
Siehe oben S. 42.
43
Jerusalem hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einige Bedeutung für die Verwaltung als
Verpflegungsstation, wie aus den Listen CPJ I 2 hervorgeht: Mit seinem Namen wird
die Ausgabe einer bestimmten Menge an Getreide verbunden.
44
Dieses Bild bei M. Hengel (1996), S. 281 f.
45
Vgl. die Papyri der Sektion 1 („Jews of Palestine in the Zenon Papyri") bei V. Tche-
rikover/A. Fuks (1957), I, S. 115-130 (Nr. 1-6). Zu den Briefen des Tobias s. unten.
46
Zu der unter hellenistischem Einfluß entstandenen Dichotomie zwischen arm und
reich äußerte sich um 190 v. Chr. herum Ben Sira 13, 2-5; 18-20, wo die Frage gestellt
wird: „Welchen Frieden kann es zwischen dem Reichen und dem. Armen geben?" (Kai
TU; elpT)VT| 7iA.o-uaicp itpöq nevexa;); noch etwas früher (ca. 270-220 v. Chr. meint M.
Hengel (1988), S. 2J3) Kohelet/Ecclesiastes 5, 7: „Wenn du falsche Beschuldigung des
Armen und Entfernung von Gericht und Gerechtigkeit im Lande siehst, wundere dich
nicht darüber: Ein Hoher wacht über einem Hohen und Hohe wieder über sie":
Das letzte Stück DiT^U DVQtt "IQÜ mD bvn naa (LXX: öxi vyriköq ETI&VCD vyr\-
Xox> cp\)A.ct^ai Kai \)\yr\Koi en avxouq) ist auf die ptolemäische Verwaltungspraxis zu
beziehen.
47
Der Erfolg solcher „Globalisierung" wurde schon damals (da hat sich nicht viel geän
dert bis heute) vermerkt: Jos. ant. 12, 224 sagt zum Tode Josephs des Tobiaden, daß er
nach 22 Jahren Verantwortung für die Steuern das Volk der Juden EK Tixooxeiaq Kai
rtpayu-axcov äaGevcov eiq Xau.7ipoxepa<; acpopu.a<; xou ßio\) Kaxaaxf|aa<;, womit also
die materiellen Vorteile dieser internationalisierten Politik als im nationalen jüdischen
Interesse liegend beschrieben werden.
48
1. Makk. 1, 11: Die \noi 7tapdvou,oi (das heißt die „Gesetzesübertreter") zogen aus
und überzeugten viele, daß man internationale Kontakte knüpfen müsse, wenn man
nicht, wie in der Vergangenheit, weiter unter den Nachteilen der Abgrenzung leiden
wolle: 7topE\)6ü)u.ev Kai 5ia8cbp.e8a SiaGfncriv jiexä xtov EGVGOV XCÜV K\)KA,CO f)u.cov,
öxi dcp' fjq EXQ)pio9T|p.Ev an a\)Xü>v, E\)pEv f]|j.a<; Kam noXXä („wir wollen hingehen
und uns mit den Völkern ringsum verbinden, denn seit wir uns von ihnen getrennt ha
ben, traf uns viel Unheil").
168 Anmerkungen
49
2. Makk. 4, 7ff.: Jason, der Bruder des Hohepriesters Onias, erbat von dem neuen se-
leukidischen König Antiochos IV ein Gymnasion, ein Ephebeion sowie xoix; ev 'iEpo-
aoX\)u.oi<; 'AvxioxEiq avaYpayai. Heißt das: die Erfassung der Antiochener in Jeru
salem? Vgl. auch 1. Makk. 1, 13f; Jos. ant. 12, 240f. Das Ziel war also die „Verwand
lung des jüdischen Ethnos bzw. des Tempelstaates von Jerusalem in eine griechische
Polis", M. Hengel (1988), S. 138; über die Interpretation der Formulierung gab und gibt
es (Forschungs-)Streit z. B. zwischen V. Tcherikover (z. B. (1959), S. 160-170) und E.
Bickerman ((1937), S. 59-65), die den in Rede stehenden Satz jeweils nach ihrer Ausle
gung übersetzten (heißt es: „die Antiochener in Jerusalem aufzuzeichnen" oder „das
Volk von Jerusalem als Antiochener aufzuzeichnen"?). Z. Yavetz 1997), S. 86f, glaubt,
daß nur die Oberstadt, die Akra umgetauft wurde. Daß bereits die Teilnahme einer Jeru
salemer Delegation an den Feierlichkeiten in Tyros 175 zeigt, daß Jerusalem als Polis
anerkannt war, hat K. Bringmann (1983), S. 84-92, zu Recht geltend gemacht. Vgl.
auch E. Will/C. Orrieux (1986), S. 117-119. E. Gruen (1993), S. 241, glaubt gleichfalls
nicht an eine komplette Adaption aller mit einer Polis verbundenen Institutionen in Je
rusalem.
50
2. Makk. 4, 22. Für V. Tcherikover (1959), konstitutierte dieser Besuch des Königs
und neuen Ktistes (Stadtgründers) offiziell die Polis; so attraktiv diese Interpretation ist,
so überzeugend ist durch K. Bringmann (1983), S. 88fT., nachgewiesen, daß bereits 175
die Konstituierung als Polis erfolgt sein muß.
51
Vgl. zum Thema auch L. Feldman (1993), S. 45-83.
52
Vgl. Inschr. v. Priene 108 (Ehrenbeschluß für Moschion von Rat und Volk): Alle Be
wohner der Stadt haben Zeugnis über Moschions Wohltaten abgelegt (8iau,apx\)po\)-
U.EVT|V); die Einladung aller: EKCCXECTEV ETCI YÄ/UKI<JU.ÖV xoix; XE XCÜVrcoXaxcovmoix; Kai
xoix; jioXixaq ndvxaq Kai 7capoiKo\x; Kai £EVO\X; Kai E^EXE"Ü8EPO\X; Kai oiKExaq etc
(zur Verköstigung wurden eingeladen die Bürgersöhne, alle Bürger, Beiwohner,
Fremde, Freigelassene und Bedienstete). Opferhandlungen und Geschenke waren Teil
dieser Veranstaltungen. Ausdrücklich wird in dem Beschluß betont, daß Moschion Gä
ste und Beiwohner nicht von seinen Gaben zurückstehen lassen wollte und daß er peni
bel auf die Einhaltung des Kultes Wert legte.
53
Inschr. von Priene 109.
54
2. Makk. 4, 18f. Daß die Juden daran teilnahmen, war ihre Pflicht als Politen; daß sie
Gewissensbisse hatten, ergibt sich aus dem Zwiespalt auch der hellenisierten Juden,
zwar Politen sein, aber nicht vom Judentum abfallen zu wollen; daß sie schließlich das
mitgebrachte Geld nicht für das Herakles-Opfer, sondern für ein anderes öffentliches,
aber unverdächtiges Projekt (Schiffsbau) aufwenden, machte ihre Sonderstellung publik
und suspekt - obwohl sie doch zur Integration entschlossen waren. Den Griechen in Ty
ros und anderswo war gerade diese in ihren Augen halbherzige Integration ein bloßes
Jagen nach den Vorteilen der Hellenisierung, woraus ein womöglich noch größeres
Mißtrauen den Juden gegenüber erwuchs als aus der totalen Abgrenzung.
55
So etwa OGIS I 219: Eine Ehreninschrift der Stadt Ilion (wohl nach 277 v. Chr.) für
Antiochos I Soter (280-261 v. Chr.) als Wohltäter und wegen seiner Eusebie. Solche
Ehrungen waren begleitet von Opfern, Gebeten, Bekränzung und Aufstellen einer Sta
tue; hieran mußten auch die Nichtbürger teilnehmen. Ferner Telmessos TAM I 1.
56
Vgl. etwa die Untersuchung von P. R. Trebilco (1991); W. Ameling (1998), S. 27-41.
57
Wie Tobias, der Vater des Joseph, in seinen Briefen, bes. CPJI 4 (dazu unten S. 54).
58
Ein besonders prägnantes Beispiel dafür ist CPJ I Nr. 19 (S. 151ff.): Ein Rechtsstreit
zwischen der Jüdin Herakleia und dem Juden Dositheos nennt als Basis der Urteilsfin-
dung ausdrücklich die 8iaYpdu.u.axa des Königs, die nokixiKoi vou.oi und die yvcbu/n.
des Richters. Vgl. dazu V. Tcherikover (1957), Bd I, S. 33f.
Anmerkungen 169
59
Der bekannteste Fall gehört in die römische Zeit: Tiberius Julius Alexander war jüdi
scher Apostat und konnte als solcher in römische Dienste treten; er war von 46-48 n.
Chr. Statthalter von Judäa und brachte es sogar bis zum Präfekten Ägyptens, Jos. ant.
20, 100: xou; yap «axpioiq O\)K EVEjieivev ovxoq äBeaiv. Die wenigen weiteren Fälle
bei L. Feldmann (1993), S. 79fif.
60
So auch die Ansicht von E. Gruen (1993), S. 259: „Nothing in the Hebrew Scriptures
forbids gymnasia, military training for youths, or enrollment as Citizens of a polis or
politeuma" und „The cultivation of Greek ways need not undermine the practice of Ju-
daism". Das ist richtig; man hat aber zusätzlich zu bedenken, daß natürlich „enrollment
as Citizens of a polis" und „the cultivation of Greek ways" von der Thora nicht verboten
waren, weil es sie vorher (zur persischen Zeit) gar nicht gab, und sie berührten in ihren
Konsequenzen doch wieder Thora-Vorschriften, wie Vielgötterei, Opfer- und Gebets
handlungen u. &.
61
Zu Recht betont J. Ma (1999), bes. S. 179ff., 243ff., den Faktor „Interaction" als
Reichspolitik der Seleukiden; gerade bei dieser Interaktion gab es Hindemisse für Ju
den.
62
Der Begriff Politeuma ist keineswegs juristisch klar definiert und besagt namentlich
für den Status nicht viel. Vgl. dazu bes. G. Lüderitz (1994), S. 183-225. Dazu unten S.
120ff.
63
Jos. c. Ap. 2; 33-47 behauptet z. B. - im Rahmen seiner Kritik an Apion - ftlr die Ju
den Alexandriäs, Antiochias, von Ephesus und anderen Städten völlige Gleichstellung
mit den Makedonen; vgl. Jos. ant. 12,8; 119; 14, 188; 16, 160; 19, 281; bell. 2, 487f.;.7,
44; etwas verhaltener Philo von Alexandria, leg. 150; 194; 349; Flacc. 47; 78ff.; aber
172 (KCXTOIKOI). Gegenteilig dagegen die Aussage des Kaisers Claudius in seinem Brief
an die Alexandriner von 41 n. Chr., die von Alexandria als einer aXXoxpia TC6A.I<; für
die Juden spricht, CPJII Nr. 153, Z. 95. Nach Lage der Dinge wurde das Definitions
problem des jüdischen Politeuma erst spät und im Zuge einer rapiden Verschlechterung
des gegenseitigen Verhältnisses zum Streitpunkt zwischen Juden und Griechen. Die (v.
a. bei Josephus greifbare) jüdische Ansicht einer Gleichberechtigung beruhte darauf,
daß bei der jeweiligen Polis-Gründung bzw. -Einrichtung (Alexandrias, Antiochias) die
Frage gar nicht ausdrücklich geregelt war; die (v. a. bei Apion erkennbare) griechische
Ansicht einer jüdischen Minderstellung erwuchs aus der Bewußtwerdung, daß be
stimmte Rechte und Pflichten einen Politen ausmachten. Den Beginn dieses Prozesses,
der dann seinen Höhepunkt in der Zeit um Christi Geburt erreichte, setzte ich mit dem
Scheitern der Hellenisierung der Juden im Makkabäeraufstand an.
64
Daraufgeht die Frage Apions bei Jos. c. Ap. 2, 38 hin: TICÜJ; 'IODÖCUOI ÖVTE«; 'AX.e^-
avSpetq eKXf|9T|aav; vgl. 2, 65: sed super haec, quomodo ergo, inquit, si sunt cives,
eosdem deos quos Alexandrini non colunt? Apion bringt damit das Probleme auf den
Punkt: Jude sein und Polis-Bürger geht nicht zusammen, well Juden in das öffentliche
Leben, ftlr das Kulthandlungen elementar sind, mit ihren deutlich erkennbaren Vorbe
halten einer gänzlichen Apostasie gegenüber nicht zu integrieren sind.
65
Vgl. E. Baltrusch (1998b), bes. S. 416.
66
Die politische Bedeutung Jerusalems zur Zeit des persischen Großreiches erhellen die
Elephantine-Papyri, bes. Cowley Nr. 21; S. 30-32.
67
Dieses eigenartige Klima zwischen Diaspora und Jerusalem scheint durch die zwei
Jerusalemer Briefe an die ägyptischen Gemeinden hindurch, die in 2. Makk. 2 überlie
fert sind.
68
Vgl. J. Ma (1999), S. 182ff.; 219ff.; 228ff., zum Problem des Verhältnisses König -
Untertanen.
170 Anmerkungen
69
Jos. c. Ap. 2, 73-78: der Vorwurf Apions ging namentlich dahin, daß Juden den Herr
schern keine Statuen errichteten (73). Josephus argumentiert mit dem Bilderverbot der
Thora sowie mit dem Einverständnis der Herrscher. Bezogen ist diese Auseinanderset
zung natürlich auf die römische Herrschaft, aber sie ist übertragbar auf die hellenisti
sche Zeit. Im frühhellenistischen Esther-Buch 3, 1-6 wird als Grund für Hamans Juror
gegen die Juden gegeben, daß Mordechai Hamans herausgehobener Stellung als erstem
Beamten des Königs nicht die gebührende Ehrerbietung zukommen ließ; das wurde als
Übertretung des königlichen Befehls gedeutet. Im 3. Makk. 1, 8-29 sind dem ptolemäi-
schen König (Ptolemaios IV) die jüdischen Ehrungen (Geschenke, Dankesbezeugun
gen) nach seinem Sieg bei Raphia über Antiochos III schlicht zu wenig und er will sich
fn Jerusalem durch einen Besuch im Tempel bei dem Gott der Juden „bedanken" und
sich selbst kultisch ehren lassen. Er versteht nicht, warum die Juden das nicht zulassen
wollen. Der Rahmen stimmt jedenfalls, denn Ptolemaios (mit seiner Schwester Arsinoe)
besuchte tatsächlich mehrere Monate lang die Städte der Region; vgl. Polyb. 5, 86f. Zu
inschriftlichen Zeugnissen M. Hengel (1988), S. 13, Anm. 18 und 19. Die Juden konn
ten in diesen „Jubel" nur bedingt einstimmen und mußten deshalb auffallen. Zu den
(begrenzt möglichen) inschriftlichen jüdischen Ehrungen ftir Könige, z. B. die Weihung
von Synagogen „dem höchsten Gott", vgl. OGIS I 96 (Gecp vyiaxcp).
70
Tac. hist. 5, 5, 4.
71
L. Feldmann (1993), S. 83, deutet die jüdische Assimilation in der Diaspora so:
„Hence, the net effect of the assimilation of the Greek language and culture by the Jews
was not (Hervorhebung von mir) from Judaism but rather, on the contrary, the creation
of a common bond of communication with Gentiles". Dem ist zuzustimmen, wenn man
noch hinzufügt: Die Assimilation stellte mit diesem „common bond of communication"
auch Konfliktpotential bereit.
72
J. Ma(1999),S. 147.
73
Zum hellenistischen Königtum A. Heuß (1995c), S. 223-235; H. Heinen (1978), S.
177-199; H.-J. Gehrke (1982), S. 247-277; ders. (1990), bes. S. 165ff; E. Will u. a.
(1990), S. 441-440; G. Hölbl (1994), S. 83-91; P. Bilde/T. Engberg-Peterson/L. Hann-
stad/J. Zahle (1996); J. Ma (1999); neue Erkenntnisse wird auch die in Vorbereitung be
findliche Studie von Ch. Mileta, Der König und sein Land Untersuchungen zur Herr-
schaft und Verwaltung im kleinasiatischen Binnenland der hellenistischen Zeit.
74
Hervorzuheben sind die „Tischgespräche" bei Aristeas 187-300, in denen die über
sieben Tage geführte Diskussion zwischen Ptolemaios und den Juden zu wesentlichen
Teilen darüber geführt werden, wie man sich als guter König zu verhalten habe. Vgl.
auch Esra 4, 1-12; Jos. ant. 11, 33-63, das „Urteil über die Römer" (1. Makk. 8) unten S.
83 ff.
75
Jos. ant. 12, 159: T]KE\.XEI icXr|po\)XT|CEiv curccov XTJV Yfjv...Kod 7teu.\|(eiv xoix;
evoiKTiaovcaq axpaxi(bxa<;.
76
Daraufkam es an, vgl. z. B. den Brief von Ptolemaios III an die Stadt Kildara (Ka-
rien) von 246, Epigraphica Anatolica 20, 1992, S. 127ff(SEG 42, 994); zu Recht daher
J. Ma (1999), S. 164: „Cities which had received tlieir freedom by royal grant could lose
it by royal ftat". Vgl. 1. Makk. 15, 3-9; 27; Jos. ant. 13, 245f. (Antiochos VII).
77
Natürlich ist hier in erster Linie an den berühmten „Tag von Eleusis" 168 v. Chr. zu
denken, der bei Polyb. 29, 27; Liv. 45, 12; Diod. 31, 2 u. a. beschrieben wird. Die De
mütigung des Königs durch den römischen Legaten vor Alexandria mußte kompensiert
werden, denn sie beschädigte massiv das Ansehen des Herrschers. Diese Überlegung
leitete E. Gruen ((1993), S. 238ff., als er den Zusammenhang zwischen dem Religions
edikt in Jerusalem und dem Tag von Eleusis herstellte.
Anmerkungen 171
78
H. Heinen (1996), S. 351. Er diskutiert zwei Inschriften: 1. Inschrift des Boethos (z.
Z. Ptolemaios VI, wohl zwischen 152 und 145 v. Chr.): OGIS I U I ; zuletzt E. Bernand
(1992), Nr. 14; 2. Inschrift des Herodes und der Basilisten: OGIS I 130; zuletzt A.
Bernand (1989), Nr. 303.
79
3. Makk. 1, lff. Thema und Darstellung erinnern stark an Heliodors „Besuch in Jeru
salem" 2. Makk. 3. Vgl. oben S. 170 und Anm. 69.
80
Der Text jetzt bei A. Sachs/H. Hunger (1988-89), von 652-165 v. Chr.
81
K. Szelenyi-Graziotto (1996), S. 171-192.
82
K. Szelönyi-Graziotto arbeitet aus dem Quellenmaterial diese Entwicklung heraus,
schildert die Teilnahme verschiedener Könige (Antiochos I, Seleukos III, Antiochos III)
und die Eingriffe Antiochos IV, woraus sich gerade der Unterschied zu den Achämeni-
den ergibt; sie kommt dann aber doch S. 192 zu dem (dann überraschenden) Ergebnis,
„daß die Seleukiden ... den babylonischen Traditionen im Großen und Ganzen Achtung
und Anerkennung entgegenbrachten" - mir scheint, daß gerade das „im Großen und
Ganzen" entscheidend ist! Ähnlich widersprüchlich auch M. Sommer (2000), S. 73-90.
83
Quellen: Diod. 29,15; Strab. 16, 1, 18; Iust. 32, 2, lf. (zu Antiochos III); Polyb. 31, 9,
lff.; Diod. 31, 18a; Jos. arit. 12, 358; App. Syr. 352; 1. Makk. 6, lff; 2. Makk. 9, lff.
(Antiochos IV). Vgl. (mit weiteren Quellen) M. J. Rostovzev (1984), II, S. 548ff; J.
Wiesehöfer(1996),S. 51 f.
84
Dies gibt auch M. Sommer (2000), S. 82, zu: in der Struktur des Königtums „liegt der
entscheidende Kontinuitätsbruch der seleukidischen Fremdherrschaft gegenüber den
bisherigen Fremdherrschaften des assyrischen, neubabylonischen und achämenidischen
Reichs".
85
CPJI Nr. 4 (S. 126): Tovßiaq 'ArclpAAcDvian xaipeiv]. ei a\) xe Eppcooai Kai xa aa
rcavxa Kai xa Xoiicd ao[i Kaxa vovv eaxiv, 7co]XXf| x&Pl<S T 0 ^ Oeoiq. Text und
Übersetzung bei R. Scholl (1983), Nr. 12 (S. 100-105); ders. (1990), Nr. 48 (S. 186-
189).Tobias (Hebr. i"PDü) aus dem Ostjordanland war jüdischer Hauptansprechpartner
Zenons auf seiner Reise in Palästina. Er ließ dem König Geschenke übersenden und
unterstützte die Reisegesellschaft Zenons mit Weizen, vgl. dazu und zur Person des To
bias, seiner Herkunft und seiner Familie V. Tcherikover/A. Fuks (1957), I, S. 115f.
86
Davon muß man ausgehen, auch wenn V. Tcherikover/A. Fuks (1957), I, S. 127,
Anm. 5 zu Recht hervorheben, daß es nicht zwangsläufig so, sein müsse, weil auch an
dere Völker der Region dieser Sitte anhingen.
87
Um Joseph, seinen Sohn Hyrkan und ihre Erfolgsgeschichte dreht sich die Tobiaden-
Erzählung bei Jos. ant. 12, 154-236
88
Jos. ant. 13, 349ff; c. Ap. 2, 49 (spricht sogar davon, daß Philometor und Kleopatra
„ihr ganzes Königreich" den beiden anvertraut hätten). Daß sie Jannaios vor dem pto-
lemäischen Zugriff bewahrten, steht bei Jos. ant. 13, 354. Ihr Vater, Onias IV, war wie
derum der Sohn des 175 v. Chr. abgesetzten Hohepriesters Onias III und hatte mit pto-
lemäischer Genehmigung in Leontopolis ein neues Jahwe-Heiligtum errichtet, Jos. bell.
7, 427-430; ant. 13, 65-68; 70f. (es hieß dann fi 'Oviov x&pa, Land des Onias, Jos. ant.
14, 131; bell. 1, 190).
89
Vgl. auch Aristeas 35ff; Jos. ant. 12, 45-50, bes. 47. Man denke ferner an die Tobia-
den-Erzählung bei Jos. ant. 12, 158ff, also an die öffentliche Funktion, die die Tobia-
den Joseph und Hyrkan einnahmen; des weiteren heranzuziehen ist die Übersicht Jos. c.
Ap. 2, 48ff über die Rolle von Juden im ptolemäischen Staat; vgl. 3. Makk. 1, 1-7; fiir
die seleukidische Zeit ist auch an Jason und Menelaos am Vorabend des Makkabäerauf-
standes zu denken.
172 Anmerkungen
90
Hingewiesen sei an dieser Stelle nur auf die besondere Rolle, die die Klientel forsten
Antipater und Herodes in der frühen römischen Zeit spielten: Sie waren Bindeglied zwi
schen Rom und den Juden in Palästina und der Diaspora.
91
Für die Ptolemäer waren Juden, wie gesehen, hilfreich bei Thronstreitigkeiten und im
schwierigen Beziehungsgeflecht zwischen Griechen/Makedonen und einheimischen
Ägyptern, vgl. Aristeas 35ff.; ferner aufgrund des Papyrus-Materials V. Tcherikover/A.
Fuks (1957), I, bes. S. lOff
92
Jos. ant. 12, 148-153: Kritik an der Authentizität übte v. a. J.-D. Gauger (1977), S. 1-
151; es ist allerdings schwierig, zweifelsfrei eine Fälschung auch inhaltlich nachzuwei
sen; vgl. auch H. H. Schmitt (1964), S. 104; J. Ma (1999), S. 63; 267 (direkt auf Gauger
bezogen).
93
Jos. ant. 12, 150: 7te7ieiau.ai yap eüvoix; aüxoix; eaeaOai xöv fijiExepcDV cp\)A.aKa<;
6ia TTJVrcpöqxöv Geöv etiaeßeiav.
94
Beispielhaft hier ist die bei Jos. c. Ap. 1 201-204 nach Hekataios von Abdera erzählte
Mosollamos-Geschichte: Ein jüdischer Söldner spottete darüber, daß sich seine griechi
schen Mitsoldaten nach dem Vogelflug richteten; die Authentizität auch dieser Ge
schichte wird neuerdings vehement bestritten, B. Bar-Kochva (1996), S. 57-71; als
„vorbildliche Studie" bestätigt jetzt von G. C. Hansen (2000), S. 11-21, hier: S. 17f. An
der zugrundeliegenden Problematik im jüdisch-griechischen Verhältnis ändert freilich
die Echtheitsdebatte nichts.
95
Jos. c. Ap. 2, 65.
96
So besonders Kohelet/Ecclesiastes und seine Klage über die Vergänglichkeit und
Nichtigkeit aller Dinge. Er rät 8, 13; 12, 13f. zwar zur Gottesfurcht, aber auch immer
wieder dazu, zu essen, zu trinken und den Augenblick zu genießen (2,24; 3,9-13; 22; 5,
17; 6, 1-12; 7, 13-15; 8, 15; 11, 9). Anspielungen auf ptolemäische Verhältnisse kann
man entdecken, 4, 13-16; die Bedeutung des Geldes 5, 9-19; Ausbeutung durch Fremde
6, 1-2; dem Wort des Königs zu folgen 8, 1-15; vgl. 9, 13; 10, 4; 16-19 (keinen Fluch
über einen König, so rät Kohelet).
97
So Ben Sira, einem beredten Verfechter eines genauen Kultvollzuges, bes. 35, 1-10
(1:6 ai)VTT|p(Dv vou.ov nXeovd^ei 7ipoacpopa<;).
98
Sie fielen auf, weil sie unbeirrbar an der Sabbatheiligung festhalten wollten, selbst in
Kriegszeiten, l.Makk. 2, 1-42. Die D^TOn / ovvayoayi] 'Aai6aicov waren EKouaia-
^O^IEVOI TU) vou.cp („dem Gesetz in Treue hingegeben").
99
2. Makk. 4, 13; 11, 24: Zusammenhang zwischen der Blüte des Hellenismus und dem
Einfließen fremder Sitten und dem daraus resultierenden Abfall vom Judaismus. Zum
Judaismus 2, 21; 8, 1.
100
Die Beziehungen der drei bekannten „Philosophenschulen" (so Josephus) zu den
Chasidim sind alles andere als geklärt; vgl. dazu die gegenüber neueren Überlegungen
skeptischen Bemerkungen von G. Stemberger, (1991).
101
Bereits Hekataios von Abdera nannte das jüdische Leben dTcdvGpconoq Kai
U.IGÖ£EVO<; (bei Diod. 40, 3,4); vgl. den erwähnten Aufsatz von G. C. Hansen (2000), S.
11-21; P. Schäfer (1997), S. 170ff.; E. Baltrusch (1998), S. 414ff.
102
Diod. 34/35, 1: oi cpi^oi xöv 'Avxioxov (sc. VII Sidetes) 7iapEKaA.o\)v u.aXiaxa U,EV
cxpöriv otveXetv xö eGvoq bzw. wenn das nicht, dann mindestens KaxaXuaai xä
vouap.a Kai c\)vavayKaaai xaq ayü)ya<; u.exaGea6ai.
103
Die Loyalität zeigte sich etwa in der abwartenden Haltung der Juden Alexander dem
Großen gegenüber, man fühlte sich auch weiterhin an Dareios gebunden: Jos. ant. 11,
318; daß Antiochos III bei seiner Politik mit der Loyalität seiner jüdischen Kolonisten
plante, wurde schon gesagt, Jos. ant. 12, 150.
104
Z. B. OGIS I 345.
Anmerkungen 173
105
Z.B.OGIS 1.96; 101; 129.
106
Dan. 11, 37f; 1. Makk. 1, 41f. in Verbindung mit 1, 54 („Greuel der Verwüstung",
ß8£A.\)Yiia epTmcboecDq; DmüD ]nptf, Dan 9, 27; 11, 31); 2. Mäkk. 6, 1-9.
107
Vgl. ausdrücklich Justin. 26,2, 12-3, 1.
108
Vgl. E. Baltrüsch (1998), S. 41 Off.
109
Vgl. M. Hengel (1996), S. 284-292.
110
Dazu E. Baltrusch (2001).
1
Das Zitat aus Vergil, Aeneis 6, 853 ist viel diskutiert worden; der Vater des Aeneas,
Anchises, prophezeit die Wesensmerkmale Roms, die es groß machen werden; er sagt
tu regere imperio populos, Romane, memento (hae tibi erunt artes), pacique imponere
morem, parcere subjectis et debellare superbos. In der Tat war diese Deutung römi
scher Außenpolitik in der Kaiserzeit vorherrschend, vgl. Tac. ann. 12, 20: ha maioribus
placitum, quanta pervicacia in hostem, tanta beneßcientia adversus supplices utendum.
(„So hat es den Vorfahren gefallen: man soll eine ebenso große Wohltätigkeit gegen
über den Demütigen gebrauchen wie Hartnäckigkeit gegenüber dem Feind.")
2
1. Makk. 8, 14.
3
Eine gradezu beispielhafte Episode bei Polyb. 10, 40, 4f.: als Scipio in Spanien mit
dem Königstitel angesprochen wurde, wies er das zurück und sagte, daß er zwar als ßct-
aiXiKoq bezeichnet werden wolle, aber niemals und nirgendwo als ßaatXeix;.
4
Vgl. etwa Kohelet 4,13-16 zur Kritik am König an sich.
5
1. Makk. 8, 15; daß hier sachlich manches nicht stimmt (z. B. die Zahl 320), ist schon
lange bemerkt worden, vgl. G. Stemberger (1983), S. 6f, Anm. 12; M. Hadas-Lebel
(1987), S. 741, Anm. 107.
6
G. Stemberger (1983), S. 9 sieht das makkabäische Urteil über die Römer als eine
„bewußte Schönfärbung Roms", um möglichen Einwänden gegen ein Bündnis zwischen
Rom und den Juden, etwa von seiten der Chasidim, entgegenzuwirken. Man wird aber
sehen, daß diese Deutung einseitig ist und nicht die ganze Breite des jüdischen Urteils
zum Ausdruck bringt. Es waren zudem nicht nur die Juden, die Rom in solch rosigem
Licht sahen. Einige Passagen muten anachronistisch an (z. B. 8, 10f), aber dennoch ist
der Text nach dem historischen Zusammenhang keine „spätere literarische Fiktion", wie
J.-D. Gauger (1977), S. 311, und andere meinen.
7
Vgl. E. Baltrusch (1989), S. 1, Anm. 4.
8
J.Bleicken(1975).
9
Dazu E. Baltrusch (1989), S. lff.
10
Vgl. z. B. die Darstellung im Senatsbeschluß über die Angelegenheiten der Stadt
Thisbe in Böotien vom Jahr 170 v. Chr., in: Sherk Nr. 2, (1969), S. 26-31.
11
Dazu H.-J. Gehrke (1994), S. 593-622; vgl. pointiert L. H. Feldman (1993), S. 51.
,2
Liv. 30, 15, 11.
13
Vgl. E. Badian(1958),S. 125f.
14
Zu Jugurthas Kontakten Sali. Jug. 8f; vgl. W. Allen (1938), S. 90-92.
15
Es ist allerdings zu betonen, daß wir in der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. noch sehr
wenig von jüdischen Diaspora-Gemeinden im Römischen Reich wissen - mit der Aus
nahme der Hauptstadt Rom selbst. Auf dieses Thema ist weiter unten genauer einzuge
hen.
174 Anmerkungen
16
Liv. 39, 8-19 und der inschriftliche Text des Senatsbeschlusses CIL I2 581; dazu W.
Nippel (1997), S. 65-73; zusammenfassend H. Kloft (1999), S. 32fT.; siehe auch unten
S. 115fT.
17
Vgl. dazu den konzisen und anregenden Forschungsüberblick bei J. Bleicken (1999),
S. 155ff.
18
Dazu Th. Hantos (1983).
19
Entsprechend wurde von modernen Forschern erklärt, daß das Bundesgenossensystem
geradezu nach Expansion verlangt habe, A. Momigliano, Alien Wisdom, Cambridge
1975, S. 45; J. A. North (1981), S. 1-9.
20
Vgl. J. Hatzfeld (1919), S. 238ff.
21
Polyb. 1, 10,2.
22
Polyb. 2, 2-12.; App. Illyr. 7-8; auf die Bedeutung dieses Krieges verweist zu Recht
E. Badian (1964), S. 1-33. Vgl. ausfuhrlich jetzt H. Pohl (1993), S. 58-94.
23
Polyb. 2, 8. Auch für H. Pohl (1993), S. 76 gab es auf römischer Seite ftlr das Eingrei
fen keinen „anderen Zweck als die Konservierung des Status Quo".
24
Polyb. 2, 17-35; bes. 23 zum Beginn i. J. 225.
25
Zu den Kriegen gegen Karthago jetzt B. D. Hoyos (1998).
26
Liv. 41, 16, 8 schreibt C. Claudius Pulcher nach dem Sieg über die Ligurer nach Rom
sua virtute acfelicitate neminem iam eis Alpes <esse> hostem populi Romani.
27
Über den Ausbruch des 2. Punischen Krieges gibt es eine lebhafte Forschungskontro
verse; vgl. die Übersicht bei J. Bleicken (1999), S. 155ff.; vgl. zuletzt P. Barcelö (1998),
S. 40fT.
28
Zu den Abläufen der Kriege in fundiertem Überblick H. Bellen (1994), S. 68ff.
29
Im Jahre 142 war diese Erkenntnis in der Nobilität schon so weit fortgeschritten, daß
Scipio d. Jüngere die Bitte an die di immortales, ut populi Romani res meliores amplio-
resque faciant durch den Wunsch ut populi Romani res perpetuo incolumes servent, er
setzte, Val. Max. 4, 1, 10. Die spätere Geschichtsschreibung erklärte den Zusammen
hang Expansion und innere Krise zu Recht damit, ut viribus suis conficeretur (sc. res
publica), Flor. 1, 47, 6f.
30
Th. Mommsen (1907), I, S. 781f. Bestätigung erhielt Mommsen von M. Holleaux
(1921). Vgl. auch A. Heuß (1995b), S. 1066-1147. Das Thema wird immer noch aus
giebig diskutiert, vgl. jetzt H. Pohl (1993), S. 70ff. (bes. S. 70f, Anm. 41); B. D. Hoyos
(1998), S. 271ff.; K. Meister (1999), S. 90 (mit weiterer Literatur). Vgl. auch die luzi-
den Ausführungen zum Imperialismus-Begriff und seiner Entstehung bei E. Gruen
(1984), I, S. 3-8.
31
Vgl. dazu die methodisch ungewöhnliche, sozialwissenschaftlich argumentierende
Arbeit von S. Podes (1986), hier bes. S. 178ff. Nach der zugrundegelegten Theorie (von
J. Galtung (1971), S. 92) müßte man von „militärischem Imperialismus" sprechen; bei
diesem gehe es nämlich darum, „daß vertikale Interaktion die Zentralnation (hier also
Rom) im militärischen Sinne dazu befähigt, überlegene Zerstörungsmittel zu entwickeln
... Die Zentralnation biete militärischen Schutz, während die Peripherie ftlr Disziplin
und die nötigen Soldaten sorge" (S. 178f).
32
Eine gewiß modernistische Deutung, aber heuristisch ist sie zu vertreten; entworfen
von Frau Anke Schumacher hat sie in meinem Hauptseminar zu dem Thema „Rom und
der griechische Osten" zur Klärung der Problematik beigetragen.
33
Vgl. Karneades bei Cic. rep. 3, 9ff. Seine Disputation scheint angelegt zu sein wie die
römische Politik selbst; die Worte handeln von iustitia, aber die Taten sind geprägt von
iniuria.
34
Cicero, im 3. Buch de re publica bei Aug. civ. 22, 6.
35
Cic. off. 2, 26.
Anmerkungen 175
36
Siehe oben.
37
Eine Auflistung der diesen Eindruck bestätigenden Quellenstellen kann ich mir erspa
ren; vgl. als Beispiele Liv. 34, 22, 12 in der Rede des Quinctius: Romanos nihil contin-
git, nisi quatenus liberatae Graeciae unius civitatis servitus non plenam nee integram
gloriam esse sinit; femer derselbe Quinctius im Konflikt mit Nabis, dem Tyrannen von
Sparta, Liv. 34, 32, in Bezug auf Argos. Vgl. auch die Rede der Rhodier gegen Eume-
nes im Jahre 187 v. Chr., in der (sicherlich in schmeichelnder, aber doch Roms Reputa
tion berücksichtigender Absicht) das Besondere der römischen Politik hervorgehoben
wird,Polyb.21,23,7iT.
38
Vgl. z. B. die bei Livius 34, 35 überlieferten und an Nabis gerichteten Vertragsbedin
gungen: 1. Abziig der praesidia, 2. Besitzstandswahrung der freien Städte, 3. Rüstungs
beschränkungen für Nabis, 4. Ausreisemöglichkeit der Verwandten der exules, 5.
Schutz der pro^römischen Überläufer, 6. kein Bündnis mit kretischen Städten, 7. keine
Anlage von Kästellen, 8. Geiseln und Entschädigungsleistung. Man kann kaum sagen,
daß hier römischer Egoismus augenfällig ist.
39
Vgl. nur Polyb. 21, 11; 27, 7, 12; 29, 4, 9-10; 36, 17, 13; Liv. 44, 24, 2ff; 45, 18, 1-2;
vgl. Justin. 38, 6, 7; Sali. Jug. 81, 1.
40
Vgl. 1. Makk. 8, 4ff.; 11-13; kein Diadem 14; 3. Esra4; Orac. Sib. 3, 175-179.
41
Lit. zum bellum iustum: J. Rüpke (1990); H. Botermann (1987), S. 1-29; S. Albert
(1980). Vgl. L. Loreto, (1997), S. 489-521.
42
W. Dahlheim (1977), S. 191.
43
Vgl. in provokativer Fragestellung J. A. O. Larsen (1935), S. 193-214.
44
Dazu unten S. 176, Anm. 57. Vgl. Caes. bell. Gall.7, 77, 15f; Sali. hist. 4; Tac. Agr.
30.
45
Dazu insbesondere W. Dahlheim (1977); E. Gruen (1984), I, S. 13ff.
46
Dazu E. Badian (1958).
47
Bezeichnenderweise ist der Hauptvorwurf an Roms Herrschaftssystem neben einer
unersättlichen cupiditas die Falschheit und Hinterlist, weil Worte und Taten der Römer
nicht übereinstimmen; vgl. Sali. hist. frg. IV {epistula Mithridatis) bes. 5-9.
48
Vgl. zuletzt R. M. Kallet-Marx (1995). Er geht insbesondere von E. Badian (1958), S.
113f, aus, nach dem das Jahr 146 „sees the end of proper international relations and
proper international law over the Roman world". Kallet-Marx dagegen kommt in seiner
Analyse zu dem Fazit (S. 338): „The assignement of Macedonia provincia to a Roman
praetor after 148 did not alter the fundamental emphasis upon command and obe-
dience". Was die Herrschaftsorganisation angeht, hat Kallet-Marx recht; eine Zäsur war
das Datum (148/146) aber gleichwohl.
49
Letzteres ist hinlänglich bekannt und braucht hier nicht weiter verfolgt zu werden;
vgl. W. Dahlheim (1977), bes. das Kapitel „Die Kapazität der Herrschaft", S. 283-321;
zuletzt R.Schulz (1998).
30
Raimund Schulz hat zudem jüngst mit Recht darauf hingewiesen, daß aus der rö
misch-republikanischen Herrschaftspraxis auch der Charakter dieser Herrschaft deutlich
werde, (1997), S. 13fT.
31
Th. Hantos (1983) hat fünf Formen herausgearbeitet.
52
Zur Provinzialverwaltung gibt es eine nahezu unüberschaubare Fülle an Literatur,
insbesondere was Teilstudien über einzelne Provinzen bzw. Regionen betrifft. Beson
ders hervorzuheben sind Th. Mommsen (1952); für Kleinasien D. Magie (1950); für
Griechenland S. Accame (1946); E. S. Gruen (1984); G. Luzzato (1985); M. Crawford
(1990), S. 91-121; A. Lintott (1993); R. M. Kallet-Marx (1995); D. Strauch (1996); ftir
die Zeit seit 31 v. Chr. auch M. Sartre (1991). Zum Provinzialsystem als Ganzem W.
Dahlheim (1977) und R. Schulz (1997).
176 Anmerkungen
53
E. Badian (1958); vgl. auch Ch. Meier (1988), S. 34ff., der auf Appian b.c. 2, 4 hin
weist: cöanep aTc&aau; 7i6Xeaiv e<m xiq ev 'P6i\i\\ npooTcwriq; vgl. ferner Liv. 9, 20,
10; Dion. Hai. 2, 11, 1; Cic. Verr. 2, 2, 122; ad fam. 13, 64, 2 zu patroni dati. Pompeius
wird von Cic. fam. 9, 9, 2 (Dolabella an Cicero) als neque ... regum ac nationum clien-
telis... tutum charakterisiert.
54
Der Begriff ist untechnisch, aber keine moderne Konstruktion; im Prinzipat, als der
Kaiser der Patron aller war, konnte leicht die Vorstellung eines patronalen Verhältnisses
auf außenpolitische Abhängigkeiten übertragen werden, vgl. D 49, 15, 7 (Proculus);
Suet. Aug. 60 (reges verhielten sich in Rom clientium more)\ auch die res gestae des
Augustus vermitteln einen solchen Eindruck (26; 31 f.). Vorbereitet war diese Übertra
gung schon in der Republik, wo aber naturgemäß Privatleute Patronatsrollen übernah
men (Institutionen mit immer wechselnden Mitgliedern bzw. Amtsinhabern sind zu ei
ner solchen Übernahme nicht geeignet), vgl. Cic. fam. 15, 4, 15: die Insel Zypern und
das Königreich Kappadokien zählen zur clientela Catos. Zur Sache etwa D. Braund
(1984); vgl. auch F. Jacques/J. Scheid (1990); E. Paltiel (1991); ferner die noch unver
öffentlichte Habilitationsschrift von A. Luther (1999).
"Vgl. A.Luther (1999).
56
Suet. Aug. 48: nee aliter universos (sc. reges) quam membra partisque imperii curae
habuit („Und nicht anders kümmerte er sich um alle, als ob sie Glieder und Teile des
Reiches seien.")
57
Auf eine Quelle dieser Zeit müssen die stereotyp wiederholten Anklagen gegen die
römische Herrschaft als habgierig, machtversessen, königsfeindlich und hochmütig zu
rückgehen, wie wir sie bei römischen Autoren seit Caesar immer wieder formuliert fin
den, z. B. Caes. bell. Gall. 7, 77, 15f. (Critognatus); Sali. Jug. 81 (Jugurtha); Sali. hist. 4
(Mithridates); Justin. 28, 2, 8ff. (die Ätoler); 29, 2 (Demetrios von Illyrien); 38, 6
(Mithridates); Sen. ep. 95, 30f; Tac. hist. 4, 32 (Civilis); Agr. 30-32 (Calgacus).
58
Vgl. dazu R. Schulz (1997), S. 42ff. zur lex Sempronia de provineiis consularibus\ S.
48ff. zu Sulla Reformen.
59
Sie ist beschrieben bei App. Mithr. 113-115.
60
Pompeius, als Person und als römischer Politiker in der modernen Forschung wenig
geschätzt, müßte vor dem Hintergrund seiner konstruktiven Reichspolitik, aber auch im
Vergleich mit seinem großen Gegenspieler Caesar neu bewertet werden; vgl. jetzt W.
Dahlheim (2000), S. 230-249.
61
W.Dahlheim(1977),S.90.
62
Die Römer haben, man muß wohl sagen, geradezu skrupulös auf die Konformität ih
rer Entscheidungen mit der geltenden Rechtslage geachtet, und das hieß: der Rechts
lage, die sie beim Beginn ihrer Beziehungen zu der jeweiligen Gemeinde, Stadt oder
Region bestätigt hatten. Vgl. Sherk (1969) Nr. 7, Z. 54 (che elq if)v tpiXiav xox> Siyiov
xo\) 'Pcou,aicov TiapeYEveio; „als sie in die Freundschaft des römischen Volkes kam");
9, Z. 21 f. (ux9' fjq x^Pa<ö e ^ X11M- «pikuxv xo\) [Sfipoi) x]o0 'Pcou-cxicov vv TtapEYEVovxo
„mit welchem Land sie in die Freundschaft des römischen Volkes kamen"); ähnlich 10,
Z. 6; als Prinzip formuliert in einem Brief des Prokonsuls an die Chier in augusteischer
Zeit (4/5 n. Chr.?): KaxaKoA.o-ü9cov zf\ KaGoXiicn pot) [7tpo]8Eaei zox> TT|[P]ETV iä \>nö
TCOV npö E\IO\> avGDTidxcov Ypacpevxa [cpv]Ä.dTT£iv („Meiner grundsätzlichen Vorgabe
folgend, die Verfügungen der Prokonsuln vor mir zu bewahren."). Dieses Feld bedarf
einer.gründlichen Untersuchung, die gerade auch den Unterschied zur hellenistischen
Praxis betonen müßte. Eine im Entstehen begriffene Studie über das hellenistische Kö
nigsland von Ch. Mileta (Der König und sein Land) wird dazu Wichtiges beitragen.
63
Lact. inst. 5, 16, 2-4, 5; Cic. rep. 3, 6fT.; in diesen Zusammenhang gehört wohl auch
das berühmte Fragment aus Ciceros „Staat" bei Non. p. 498, 18: noster autem populus
Anmerkungen 177
sociis defendendis terrarum iam omnium potitus est („Unser Volk hat sich aller Länder
bemächtigt, indem es die Bundesgenossen verteidigte.").
64
Polyb. 24, 8-10; 10, 8 bezeichnet Polybios Kallikrates als nicht wissentlichen
u.eY&Ä.cov KCXKCOV apxnYÖS („Urheber großer Übel"); denn seine Vorschläge führten ja
zwangsläufig zu verstärkter Einmischung.
65
Dazu E. Baltrusch (1998a), S. 217fT.
66
Zum Statthalter, seiner Ausbildung, seinem Stab und seiner Regierung jetzt R. Schulz
(1997).
67
So Ch. Meier (1988), S. 35; zu Recht anders R. Schulz (1997), S. 294.
d8
Vgl. Liv. 33, 24, 6: Ibi haudmulta verba facta, cum Macedones quodcumque senatus
censuisset id regem facturum esse dicerent („Dort wurden nicht viele Worte gemacht,
da die Makedonen sagten, daß der König das tun würde, was auch immer der Senat be
schlossen hätte.").
69
Vgl. Liv. 31, 29, 9: die Gesandten Philipps im concilium Aetolorum („in der Ver
sammlung der Ätoler") charakterisieren die römische Herrschaft: et quotannis alium at-
que alium dominum sortiuntur („und alljährlich bestimmen sie sich immer andere Her
ren"); 32, 32, 7.
70
Vgl. dazu grundlegend W. Dahlheim (1977), S. 283ff.; besonders wichtig ist W. V.
Harris (1979).
71
Vgl. z. B. Q. Pompeius in Spanien bei App. Ib. 340 oder Scipio Aemilianus bei Diod.
32, 4, 5. Die Belege ftlr den Hochmut römischer Aristokraten .im Osten wie im Westen
bei Polybios oder Livius sind Legion.
72
Cic. prov. cons. 31.
73
Auch Augustus verwendet in seinen res gestae 26 ftir seine Provinzialpolitik im We
sten pacare.
14
Die immer noch, auch in Bezug auf das Reich, vorherrschende, wegen ihrer Systema
tik positive Sicht von Sullas Reformen in der modernen Geschichtswissenschaft (zuletzt
R. Schulz (1997), S. 48ff.) bedarf dringend der Korrektur; diese Reformen waren alles
andere als eine „Antwort auf die Anforderungen eines Weltreiches" (Schulz); sie sind
vielmehr ausschließlich mit dem Blick auf die Stadt Rom initiiert gewesen.
75
Man kann dieses System pro meritis besonders an dem Senatsbeschluß über die kari
sche Stadt Stratoniceia studieren, OGIS II 441 [Sherk (1969), Nr. 18].
76
Scipios aktive Bündnispolitik in Spanien nach 218 hatte zunächst keinen anderen
Zweck, als die bislang dort herrschenden Karthager zu schwächen, Liv. 21, 60; Polyb.
10, 34f. Die Hoffnungen der Bündnispartner auf baldige Freiheit zeigten sich jedoch
schon bald als unrealistisch: die „Eroberung" Spaniens (App. Ib. 111: •üJifryeTo) nach
206 erfolgte ebenso aus römischen Interessen, weil sie für die abschließende Auseinan
dersetzung in Afrika notwendig schien.
77
Vgl.E.Gruen(1984),I,S. 13ff.
78
So schon von Polybios 20, 9, 10-12 betont; auch bei Liv. 36, 28, 4-6 streiten sich
Römer und Aetöler über den Inhalt des se inßdem alicuius permittere; der Ätoler un
terbricht den Römer erbost mit der Bemerkung: non in servitutem sed inßdem tuam nos
tradidimus. Über die rechtliche Seite dieses viel diskutierten Falles (und anderer Fälle
yon deditiones) vgl. D. Nörr (1989), bes. S. 32f.
79
Zur Erforschung dieses Aspekts römischer Herrschaft über den griechischen Osten
vgl. besonders W. Dahlheim (1977), S. 190ff.; R. Bernhardt (1971); E. Gruen (1984), I,
S. 132ff.; J.-L. Ferrary (1988), S. 45ff.; D. Strauch (1996), S. 1 lff.
8
° Liv. 33, 33.
81
Das wird bes. betont von E. Gruen (1984), I, S. 132ff., bes. S. 151ff.; S. 156f.
178 Anmerkungen
82
Dazu immer noch grundlegend A. Heuß (1995a), S. 236-297 (zuerst erschienen
1938).
83
Vgl. P. S. Drerow (1991), S. 261-270, zu einem Vertrag der illyrischen Stadt mit Rom
(SEG 35, 823): in einem Dekret stellen die Pharier fest: [a7iEÖa)K<x]v TIU.IV tf|v xe nökiv
[f)u.cov Kai xoix; 7iaTpio]\)q vou.ouq (nämlich die Römer). Allerdings ist völlig unklar,
auf welche Zeit sich diese Angabe bezieht, also ob hier an 229/8 zu denken ist; gegen
Drerow jetzt A. M. Eckstein (2000), S. 527. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, daß
Rom schon früh die (ja gerade von der illyrischen Königin Teuta bedrohte) Autonomie
nutzte, um socii zu gewinnen - darin muß man keineswegs also schon Mitte des 3. Jahr
hunderts „stern Roman imperialism" vermuten (Eckstein).
84
Syll.3 684 [= Sherk (1969) Nr. 43], Z.9f. Die traditionelle Zuweisung zum Jahr 115
wurde aufgrund einer noch nicht publizierten Inschrift aus Argos von J.-L. Ferrary
(1988), S. 186-199 mit Anm. 228 schlüssig widerlegt. Weitere Literaturangaben zur In
schrift bei D. Strauch (1996), S. 18, Anm. 25.
85
Vgl. A. Heuß (1937), S. 250.
86
Vgl. Sherk (1969) Nr. 1; S. 37; S. 38; S. 40.
87
Vgl. auch J.-L. Ferrary (1988), S. 117fT.
88
Literatur zum Roma-Kult bei D. Strauch (1996), S. 63f, und Anm. 233.
89
So seit 182 v. Chr. in einem delphischen Beschluß Syll. 630 und besonders seit
Pydna; dazu J.-L. Ferrary (1988), S. 124-132.
90
Vgl. J. Toulomakos (1988), S. 304-324.
91
Vgl. dazu die guten Bemerkungen von J. Ma (1999), S. 37f; 152ff., der zwar die stark
juristisch fundierte Theorie von A. Heuß über die Beziehungen zwischen Herrscher und
Stadt ablehnt, aber genauso kritisch gegenüber der diametral entgegengesetzten Theorie
von W. Orth auftritt.
92
z. B.Liv. 34,58, 11.
93
Vgl. Plut. rei publ. gerend. praec. 19.
94
Vgl. z. B. Polyb. 30, 9: Polyaratus, ein im Perseus-Krieg gegen Rom agitierender
Rhodier, fand keine Zuflucht mehr, weil die Furcht vor Rom die griechische Welt
durchdrang.
95
Liv. 21, 60; Polyb. 10, 34f.
96
Polyb. 10, 38: Abschluß eines Vertrages im Jahre 208 mit dem Fürsten der Ilergeten.
97
App. Iber. 18, 111 (im Jahre 206 v. Chr.).
98
Liv. 29, 1,24.
99
Die Begrifflichkeit nach dem Standardwerk von L. Mitteis (1891), S. 1-110.
100
Sherk S. 22 und S. 58.
101
Vgl. zuletzt die Literaturangaben bei K. Meister (1999), S. 70-90 zum sog. „Raub
vertrag" zwischen Philipp V und Antiochos III, hier: S. 79ff. und S. 84ff. zum „Angst
motiv" der Römer.
1
Das Zitat lautet im erweiterten Original: CCUTOI (sc. die Römer) evSoKouaiv ev näaiv
xotq 7ipocm8EU.evoi<; ccuTotq, Kai öaoi av TipooeXGcoaiv ccuTotq, iaxcoaiv a\)tot<;
(piAAav, und steht in der zu besprechenden Einschätzung der Römer durch die Juden in
l.Makk. 8, 1.
2
2. Makk. 11, 13-37: die viel diskutierten vier Dokumente mit der von K. Bringmann,
(1983), S. 40-51, ausgearbeiteten Datierung und Reihenfolge: 1. ein Brief des Lysias an
Anmerkungen 179
die Juden vom Oktober 165; 2. der dritte Brief in der Sammlung von Antiochos IV an
den Ältestenrat und die übrigen Juden vom November/Dezember 165; 3. der vierte
Brief ist der noch zu besprechende Brief der drei römischen Gesandten an das Volk der
Juden vom Februar/März 164 (also noch zu Lebzeiten Antiochos* IV, der Ende 164
starb); 4. der zweite Brief in der Sammlung ist der einzige des neuen Königs Antiochos
V an Lysias Ende 164/Anfang 163. Aber erst seit dem Sommer 163, als Lysias seine
Stellung durch Philippus akut bedroht sah (1. Makk. 6, 55f; 2. Makk.13,23), kommt es
zu einem Ausgleich mit den Aufstandischen, 1. Makk. 6, 60-63. Vgl. zu den nicht im
mer klar rekonstruierbaren Ereignissen ibid., S. 51-65; ferner D. Gera (1998), S. 239-
254.
3
2. Makk. l i , 34-38. Die Literatur über dieses Dokument ist Legion. Seine Echtheit
wird ohne zwingende Gründe bestritten noch von J.-D. Gauger (1986), S. 263-291, hier
264f; O. Möfkholm (1966), S. 163f; vgl. W. Kolbe (1926), S. 77f. Grundlegend auch
hier K. Bringmann (1983), bes. S. 47-50; ferner M. S. Ginsburg (1928), S. 24-30; M.
Hadas-Lebel (1987), S. 720-722; A. Giovannini (1995), S. 46ff. zur Gesamteinordnung;
J.-D. Gauger (1986), S. 264f (Fiktion); B. Bar-Kochva (1989), S. 516-542, hat eine an
dere Reihenfolge für die 4 Dokumente als Bringmann: 1 (Okt. 165); 4 (kurz danach); 3
(Frühjahr 164); 2 (Sommer 162); Chr. Habicht (1976), S. 177-85 hat wieder eine andere
Reihenfolge: 3, 1, 4 (Antiochos IV), 2; übt auch Kritik an römischer Politik, „mit abge
fallenen Untertanen eines befreundeten Königs ... Kontakte anzuknüpfen" (260); D.
Gera (1998), S. 245f. zur Reihenfolge.
4
Vgl. die Berichte 1. Makk. 4, 26-35; 2. Makk. 11, 1-12.
5
Die Historizität der in den Makkabäerbüchern berichteten Ereignisse ist nicht unum
stritten, vgl. J. G. Bunge (1971), S. 416-25; P. Schäfer (1977), S. 566-68.
6
Vgl. den Brief des Lysias an das Volk der Juden (vielleicht Oktober 165) 2. Makk. 11,
16-21.
7
Vgl. den Brief des Antiochos IV an die Gerusie und die übrigen Juden (etwas später
als der des Lysias) 2. Makk. 11,27-33.
8
Die Identifikation der Namen bereitete (und bereitet) Schwierigkeiten; die beste Lö
sung bei K. Bringmann (1983), S. 47ff. (vermutet Angehörige der großen Gesandt
schaft, die mit Ti. Sempronius Gracchus zwischen 166 und 164 auch in Antiochien war,
Polyb. 30, 27); vgl. T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1951), I, S. 439f; D. Gera
(1998), S. 249f; anders dagegen B. Niese (1900), S: 485f. (auf der Basis Polyb. 31, 1,
6-8 ändert er Titus Manius in Manius Sergius um, worin ihm viele Forscher gefolgt
sind).
9
Bes. den „Tag von Eleusis": Liv. 45, 12; vgl. 44, 19, 6-14; Diod. 31,2; App. Syr. 349-
51; Polyb. 29, 27, 10; Justin. 34, 3, 1-4; Jos. ant. 12, 244; Hieron. in Dan. 11, 29f. Vgl.
G. Hölbl (1994), S. 133f; E. Will, (1979), S. 270-5.
10
Gegen J.-D. Gauger (1986), S. 264f.
11
So Ginsburg und Giovannini (s. Anm. 3). Vgl. zu Roms Beziehungen zum seleukidi-
schen Reich mit einigen Richtigstellungen E. S. Gruen (1976), S. 73-95. Auch nach D.
Gera (1998), S. 251, zielte die römische Initiative „at encouraging the Separatist aspira-
tions of Judas and his men and weakening the Seleucid kingdom".
12
Ein Teil der modernen Forschung hat denn auch diesen Aspekt grundsätzlich in der
Diskussion der jüdisch-römischen Beziehungen betont, vgl. Ch. Habicht (1976), S. 260,
und andere.
13
Vgl. auch hierzu die noch unveröffentlichte Habilitationsschrift von A. Luther (1999).
14
Zu ihm wie zu den anderen „Reichskanzlern" des Seleukidenreiches K. Ehling
(1998), S. 101.
180 Anmerkungen
15
So verhielten sich die Römer auch bei anderen Aufständen innerhalb des schwächli
cher werdenden seleukidischen Reiches, z. B. dem des Satrapen von Babylon Timar-
chos, Diod. 31, 27a; App. Syr. 47.
16
Z. B. im Senatsbeschluß über die böotische Stadt Thisbe [Sherk (1969) Nr. 2, Z.19J:
a OCÜTCDV eye[Y]öveiaav, xcuha TJIICOV p[e]v EVEKEV e^eivai eöo^ev; im Senatsbe
schluß de Sarapeo Deli insulae (Sherk Nr. 5, Z.32-34): KCCGOX; tö Ttpöxepov
e0Epd7te\)Ev, EVEKEV T)U.COV 0Epct7tE\)Eiv E^ECJTIV bei Diod. 31, 27a heißt es Tip.otpxov
EVEKEV ctt>TCDv ßctaiAEcc Eivai; in unserem hier in Rede stehenden Brief (2. Makk. 12,
35) steht: Kai TJUXI«; a\)VE\)8oKo0p.Ev.
17
1. Makk. 8, 1-16 (gekennzeichnet als eine Einleitung zu dem dann wiedergegebenen
Vertrag zwischen Rom und dem jüdischen Ethnos). Den gleichsam dokumentarischen
Charakter dieses Einschubs betont M. Sordi, (1975), S. 103: „Dobbiamo concludere che
l'elogio dei Romani e un documento introdotto dall'autore nel suo racconto, al pari de-
gli altri documenti di archivio da lui utilizzati; un documento certamente anteriore al
152 (zu diesem Zeitpunkt nämlich wurde Jonathan, Nachfolger des Judas Makkabaeus,
von Alexander Balas investiert) e strettamente collegato con l'ambasceria e il trattato
del 161". Sordis Datierung wurde einiger Anachronismen im Text wegen vehement ab
gelehnt, obwohl sie diese Anachronismen einbezieht und erklärt, S. 98, Anm. 17. An
ders G. Stemberger (1983), S. 6-12; M. Hadas-Lebel (1990), S. 24-31 [wie dies. (1987),
S. 736-745]: Datierung Ende des 2. Jh. Nach Stemberger ist der Abschnitt über die Rö
mer „bewußte Schönfärberei" (9), „unglaublich naiv", „ein Werk späterer prorömischer
Propaganda" (6), „Folge schlechter Erfahrungen mit Rom oder in der Bibel begründeter
Einwände". J. A. Goldstein (1976), zu 1. Makk. 8, 1-16 stellt eine bewußte Parallelisie-
rung Roms und der Juden her und vergleicht die beschriebene römische Politik sogar
mit der jüdischen Praxis Konvertiten gegenüber; vgl. ders. (1987), S. 320: „As seen
through Jewish eyes, republican Rome, still puritanical, seemed to be almost Jewish." E.
S. Gruen (1984), I, S. 338-341 sieht den Abschnitt doppeldeutig: „Admiration and an-
xiety mingle in the lines that apply to Rome in 1 Maccabees" (341). D. Flusser (1983),
S. 156-158, stellt den Zusammenhang mit dem römischen Imperialismus heraus, daß
viele Gefahren für Israel in dem Lob (riDü) beschrieben werden; v. a. daß die römische
bellum-iustum-TheoTie nicht erwähnt wird; J.-D. Gauger (1986), S. 286, verlegt die
Römerpassage gar auf die Zeit um 63 (der eine Mann könnte Pompeius sein).
18
Der hier besprochene Text ist das einzige erhaltene Urteil über den römischen Impe
rialismus, das wir aus einer nicht griechisch-römischen Sichtweise besitzen; die Juden
sind (noch) keine Untertanen und urteilen aus der Perspektive von potentiellen Bünd
nispartnern. Wesentliche Kategorien der Imperialismus-Kritik tauchen auch hier auf,
allerdings ohne den negativen Unterton: die militärische Stärke als Kennzeichen der
Römer (vgl. die Calgacus-Rede in Tac. Agr. 30-32; Mithridates-Brief bei Sali. hist. 4);
amicitiae als wichtigstes Herrschaftsmittel (Mithridates spricht von amicitiam simulan-
tes: Sali. hist. 4); ihre Feindschaft gegen Könige (Jugurtha bei Sali. Jug. 81; ebenfalls
Mithridates Sali. hist. 4 und Justin. 38, 6; Demetrios von Pharos bei Justin 29, 2); daß
die Römer auch aus materiellem Interesse Regionen unterwarfen, kommt auch in 1.
Makk. 8, 3f; 7 zum Ausdruck; dieser Aspekt weitet sich in der Imperialismus-Kritik
zum avar/7/a-Motiv aus (neben den angeführten Stellen auch noch Caes. bell. Gall. 7,
77, 15f. in der Critognatus-Rede; Tac. hist. 4, 32 in der Civilis-Rede; Sen. ep. 95, 30f).
All das zeigt deutlich, daß die Einschätzung der Römer durch die Juden nicht fiktiv ist;
es kommt in ihr die Ungewöhnlichkeit Roms im Vergleich mit anderen Mächten zum
Ausdruck. Die Hinweise auf die Imperialismus-kritischen Stellen verdanke ich dem
Kollegen aus der Klassischen Philologie Widu-Wolfgang Ehlers, mit dem ich im Som-
Anmerkungen 181
mersemester 2000 an der Freien Universität Berlin eine Lektüre-Übung zum Agricola
des Tacitus veranstaltet habe.
19
Gegen die übliche Interpretation einer solchen „anticipazione dei fatti del 146" M.
Sordi (1975), S.99, Anm. 17.
20
Der aus 1. Makk. stammende Parallelbericht bei Jos. ant. 12, 414 weicht in diesem
Punkt von seiner Quelle ab, wohl weil er die Gründe der Auslassung nicht mehr ver
stand.
21
Zwar werden die Könige als Angreifer dargestellt (die Formulierungen sind dement
sprechend EJIEA.96VTCOV en atixoix;; ETrnppivoix; in atixotiq; xöv 7tope\)9evxa en
a\)xo\)<; ei<; 7t6A.ep.ov; eßovXe'uaavxo eXGeiv Kai e£,apai avxo'oq; avxeaxT|aav
a\)xoi<;: 8, 4-11; die Wortwahl stellt die Könige immer als Aggressoren dar), doch bei
anderen (zumal westlichen) Gegnern fehlen dergleichen Formulierungen (8, 2-4), es
werden vielmehr höchst eigennützige Interessen der Römer genannt.
22
Die älteste Erwähnung der Römer findet sich in Daniel (geschrieben wohl in den
160iger Jahren) 11, 30: ÖTp-rmD bv D17H DEh ntoai DTD D^a "D 1KTI („Und es
kommen Schiffe der Kittäer gegen ihn und er wird gedemütigt und kehrt um und richtet
seinen Zorn gegen den Heiligen Bund"); DTD ist in der Septuaginta wie Vulgata als
Römer verstanden. Daniel bezieht sich hier auf den Tag von Eleusis und die Demüti
gung Antiochos' IV. Das Bild in 1. Makk. 8 kommt also nicht von ungefähr. Kurz zuvor
„prophezeite" Daniel (11, 18) auch die Niederlage Antiochos III gegen die Römer (auch
hier: Kittäer). Vgl. F. F. Bruce (1978), S. 3f. Auch in den Qumran-Kommentaren zu
Habakuk und Nahum rückt der kriegerische Aspekt der Römer in den Mittelpunkt, I
QpHab III, 3 f. („Furcht und Schrecken"); 9ff.; IV 5ff.; VI, lff.; 4 QpNah I, 3.
23
So z. B. E. S. Gruen (1984), I, S. 339.
24
So J. A. Goldstein (1976) z. St. (der deshalb S. 355f gar die Abfassungszeit auf
Alexander Jannaeus verlegt); vgl. auch M. Smith (1978), S. 3. Vgl. auch T. Rajak
(1996), S. 108f.
25
Vgl. D. Flusser (1983), S. 256ff.; anders M. Sordi (1975), S. 99f.
26
1. Makk. 8, 3f, ist die Rede von den verlockenden Silber- und Goldbergwerken in
Spanien; sie eroberten jede noch so entfernten Ort xfj ßo\)Xr| auxcov Kai xfj uxxKpo-
0i)u.ia.
27
Vgl. Polyb. 31, 10, 7. Er bestätigt das und sieht darin ein probates Herrschaftsmittel
der Römer.
28
Polyb. 30, 25f; vgl. T. R. S. Broughton/M. L. Pattersen (1951), I, S. 438.
29
So nach 1. Makk. 8, 16. Immer wieder wird von modernen Forschem betont, wie
schlecht der Autor über die Kollegialität in der römischen Verfassung Bescheid weiß
(Kai 7tiaxE\)o\)oiv evi avOpcbncp äpxeiv atixcov mx* Evia-oxöv). Das ist zwar richtig,
aber dem Autor kommt es auf zwei andere Dinge an: auf die Beauftragung dieser Be
amten nämlich und die jährliche Begrenzung der Amtszeit - also auf Herrschaftsbe
schränkung und -Kontrolle. Die falschen Angaben mögen zurückzufuhren sein auf die
Hinzunahme der Zahl der Magistrate zu der Zahl der Senatoren; auf die „Geschäftsfüh
rung" eines der beiden Konsuln, als die jüdische Gesandtschaft in Rom war, so daß also
die Bedeutung der Kollegialität in den Hintergrund getreten sein mochte; auch die Un
kenntnis der Unterscheidung von diesfasti und dies nefasti usw. beeinflußt ja nicht die
Kernaussage.
30
Bekanntlich ist dies auch die Auffassung von Polybios, bes. Buch VI.
31
Hier stand immer zu befürchten, daß Königswechsel die Situation veränderten, wie es
Judäa ja auch unter den Seleukiden zu erleiden hatte (vgl. die Privilegien von Antiochos
III, die Zusagen von Antiochos V oder die Politik des Demetrios I). Bündnisverträge
182 Anmerkungen
mit auswärtigen Staaten mußten im Judentum immer gut begründet sein, vgl. G. Stern-
berger (1983), S. 10.
"Jos. ant. 12,415.
33
In diesem Sinne vorbildlich ist nach wie vor die quellenkritische Untersuchung zum
Vertrag von 161 v. D. Timpe (1974), S. 133-152.
34
Vgl. jetzt K. Brodersen (1999).
35
Dazu E. Baltrusch (2001).
36
So die von 1. Makk. 8 und Jos. ant. 12, 415-9 gegebene Ordnung; etwas anders Jos.
bell. 1, 38. Daß Kap. 8 des 1. Makk. wie ein Einschub zwischen Kap. 7 und 9 wirkt, ist
oft hervorgehoben worden, besagt aber filr sich genommen noch nicht, daß eine jüdi
sche Fälschung vorliegt. Die Datierung nach dem Nikanor-Erfolg ist eindeutig und
sollte, auch aus sachlichen Erwägungen heraus, nicht vor die Nikanor-Kampagne ver
legt werden, so J. G. Bunge (1971), S. 660, Anm. 59a; P. Schäfer (1977), S. 589.
37
1. Makk. 6, 58: der Vorschlag des Lysias: Kai axfiacou,ev atixotq xoO 7tope\)ea9ai
xolq VOU.IU.OK; atixcov („und wir wollen ihnen erlauben, nach ihren Gebräuchen zu wan
deln"), wird vom König gebilligt; Jos. ant. 12, 382: Kai 7i£u.\|/a<; 6 ßaaikeix; npö<; TTTV
'Io\)8av Kai xouq <xbv a\)T(prcoA.iopKO'üu.evoiN;eipf|VT|v xe ETtTryYetXaxo Kai a\)y-
Xcopeiv xoiqrcaxpLou;voumq XPCD^^V0'Ü9 Wv (»und der König schickte zu Judas und
zu den mit ihm Belagerten und erklärte sich zum Frieden und zu der Erlaubnis bereit,
daß sie nach den väterlichen Gesetzen leben dürften"); vgl. auch die schon diskutierten
Dokumente 2. Makk. 11, 13-38 und die Erörterung von K. Bringmann (1983), S. 40-65.
Daraufhin wird Menelaos als die Ursache allen Übels abgesetzt und von den Seleukiden
hingerichtet, 2. Makk. 13, 4-8; Jos. ant. 12, 385.
38
1. Makk. 7, 1-25; Jos. ant. 12, 393.
39
Sie wurden von Alkimos gewünscht (1. Makk. 7, 25; Jos. ant. 12, 400f.); geschickt
wurde der „Hasser Israels" (p.tao\)vxa Kai exOpaivovxa xcp IapaT|>.) Nikanor (1.
Makk. 7, 26; von Josephus ist eine solche Kennzeichnung Nikanors unterlassen, Jos.
ant. 12,402). Nikanor unterlag bei Adasa.
40
1. Makk. 7,49; 2. Makk. 15, 36; Jos. ant. 12,412.
41
Das Moment völkerrechtlicher Handlungsfähigkeit spielt auch in den römischen De-
ditions-Verträgen eine zentrale Rolle, deren Formular die ausdrückliche römische Nach
frage an den potentiellen Vertragspartner enthält: Estne populus (hier ist der Name des
betreffenden Volkes eingefugt) in suapotestate? Liv. 1, 38, lf.
42
1. Makk. 8, 17: axf|aai cpiViav Kai a\)|±uax'iav („Freundschaft und Bündnis zu
schließen"); Jos. ant. 12, 415. Die Legitimation der Gesandtschaft vor dem Senat bei 1.
Makk. 8, 20 gegenüber der nachlässigen Formulierung bei Jos. ant. 12, 416 („die Ge
sandten von Judas").
43
1. Makk. 8, 18.
44
Anders zuletzt J.-D. Gauger (1986), S. 266-286 zu den römisch-jüdischen Beziehun
gen 161/60 v. Chr.; kritisch auch A N. Shenvin-White (1984), S. 73. Auf die seit E.
Täubler diskutierte Frage, ob hier nur ein Senatsvertrag vorliege, gehe ich nicht ein; vgl.
D. Timpe (1974), S. 133-152; auch die Theorie, daß es sich bei dem Text nur um ein
Vertragsangebot handele, nicht aber um einen ratifizierten Vertrag [so T. Fischer
(1981), S. S. 141], hat zu Recht keine Zustimmung gefunden. Zuletzt zu dem Vertrag D.
Gera (1998), S. 303-312.
45
Mißverstanden von D. Gera (1998), S. 313.
46
Vgl. den Senatsbeschluß de Astypylaiis Z. 45-8.
47
Ant. 12, 417f. Der Form nach handelt es sich bei Josephus um ein SC, das den Ver
tragstext wiedergibt, aber in untechnischer und nicht völlig gleichgewichtiger Aus-
Anmerkungen 183
drucksweise. Betont wird die Echtheit aus formalen Gesichtspunkten auch von D.
Timpe(1974),S. 133ff.
48
So auch D. Gera (1998), S. 308.
49
Das geht aus der Formulierung 7toifiaou.ev avtou; xf|v Kpiaiv (hebr. ÜDB7D) 1.
Makk. 8, 32 hervor.
50
Es gibt auch sonst Belege für derartige römische Briefe an fremde Könige, z. B. an
Antiochos III bei Liv. 22, 8,9-16; vgl. Polyb. 18,47.
51
Jos. ant 14,233.
52
Die Entdeckung der Urkunde, bei Josephus an ihrem Platz, für unseren Vertrag ist B.
Niese (1906), S. 817fT, zu verdanken. Denn C. Fannius C. f. Cn. Strabo war Konsul 161
v. Chr. [T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1951), I, S. 443 und S. 444, Anm. 1]; von
Josephus wurde dieses Begleitschreiben allerdings in die Liste römischer Privilegien zur
Zeit Hyrkans II. eingereiht. Zum Titel axpaxTiYÖq ümaxoq M. Holleaux (1918), S. 3ff.
und B. Niese in seinem gerade zitierten Aufsatz.
53
Vgl. auch die guten Bemerkungen bei D. Timpe (1974), S. 143-5; anders, aber ohne
überzeugende Argumente J.-D. Gauger (1986), S. 271 f.
54
Josephus hat ihn ja gerade nicht in einen Zusammenhang mit dem Vertrag von 161
gebracht. Weitere Hinweise auf den Vertrag noch bei 2. Makk. 4, 11; Justin. 36, 3, 9;
Diod. 40, 2.
"Vgl. l.Makk. 7,5u.9.
56
So haben es allerdings sehr viele moderne Forscher gesehen, insbesondere M. S.
Ginsburg (1928), S. 34ff. mit seiner dezidiert antirömischen Darstellung.
57
Die gewiß sehr scharfsinnigen Interpretationen von J.-D. Gauger (1986), S. 266ff., zu
Diod. 40, 2 (vgl. dazu M. Stern (1974), I, Nr. 64 mit Textvarianten) und bes. zu Justin.
36, 3, 9, die angeblich gegen den Abschluß eines Vertrages und für eine bloße römische
Freiheitsproklamation sprächen, verlangen den Texten allzu viel ab.
58
Dazu allgemein W. Dahlheim (1977), S. 203.
59
Anders E. Gruen (1984).
60
Vgl. 1. Makk. 12, 9; 14f: „Wir wollten nun euch und den übrigen Bundesgenossen
und Freunden nicht zur Last fallen, denn wir haben ja die himmlische Hilfeleistung"
(xf|v e£ ovpccvoO ßof)0eiccv); vgl. ferner 1. Makk. 14, 21.
61
1. Makk. 9; 1-22; Jos. ant. 12, 420-434; bell. 1, 47. Judas lagerte in Elasa mit 3000
Mann, von denen angesichts der feindlichen Übermacht nur noch 800 verblieben.
62
l.Makk. 9, 23-73.
63
l.Makk. 10,21.
64
Zu Jonathans Führung des Aufstandes 1. Makk. 9, 23-12; Jos. ant. 13, 1-212; bell. 1,
48-49. Zunächst hatten Alkimos und die jüdischen Hellenisten mit seleukidischer Un
terstützung die Macht inne (Jos. ant. 13, 4), aber 159 starb Alkimos (1. Makk. 9, 54-6),
und Jonathan gewann wieder an Boden (1. Makk. 9, 73; Jos. ant. 13, 34). Das innerse-
leukidische Thronkarussel begann sich 152 zu drehen, als Alexander Balas gegen De
metrios I auftrat; Jonathan machte sich diese Konstellation für seine eigene Stellung zu
nutze (1. Makk. 10; Jos. ant. 13, 35-61). Einen ersten Höhepunkt seiner neuen Position,
die er auch gewann, weil er sich den hellenistischen Spielregeln in der Politik anpaßte,
erlebte er in Ptolemais (1. Makk. 10, 51-66; Jos. ant. 13, 80-5). Als es seit 148/7 zu ei
nem neuen Konflikt im Reich zwischen Alexander Balas und Demetrios II und etwas
später zwischen Demetrios II und Tryphon kam, war Jonathan schon so stark, daß er
seine Position halten und ausbauen konnte (seine Beziehungen zu Demetrios II bei
l.Makk. 11,20-37; Jos. ant. 13, 120-9; Jonathan hilft Demetrios in Antiochia: 1.
Makk. 11,38-51; Jos. ant. 13, 135-142, doch dann wird Demetrios treubrüchig: 1.
184 Anmerkungen
Makk. 11, 52f.; Jos. ant. 13, 143. Schließlich geht Jonathan gegen Demetrios II vor: 1.
Makk. 11, 54-74; Jos. ant. 13, 145-162).
65
l.Makk. 11,57.
66
1. Makk. 11, 54-74; Jos. ant. 13, 145-62.
67
1. Makk. 11, 57f; Jos. ant. 13, 145f. Antiochos bestätigte Jonathan nicht nur in sei
nem Hohepriesteramt, sondern setzte ihn zudem über vier Bezirke (vgl. 10, 30 und 11,
34) ein und ernannte ihn zum „Freund des Königs". Als äußere Symbole seiner Macht
erhielt er die Vollmacht (e^ovoia), Gold und Purpur zu tragen.
68
1. Makk. 11, 60-74; vgl. auch Megillat Taanit; Jos. ant. 13, 154-162; 163: Kpaxf|oa<;
o$v 'ICDV>V; Z\\ U.&XÜ Xa\inp&(;.
69
1. Makk. 12, 1: Jonathan sah öxi 6 Kocipöq curccp aDvepyet; Jos. ant. 13, 163: Jo
nathan sah öxircotvc'a\)Tü) Kctxct vovv jupovoia deox> xcopei.
70
Vgl. zur Organisation Griechenlands einer römischen Zehner-Gesandtschaft unter
dem Konsul von 146, L. Mummius, auch noch 145: Polyb. 39,3-6.
71
Zum Datum D. Timpe (1974), S. 146, Anm. 30.
72
1. Makk. 12, 1 formuliert: axf\aai Kai dvaveoooaaOai xf|v npöq a\)xov<; cpiUav
(„die Freundschaft mit ihnen festzusetzen und zu erneuern"), was von J.-D. Gauger
(1986), S. 276, zu Unrecht ftir seine These, daß die Römer weder mit Judas noch mit
Jonathan einen Vertrag abgeschlossen hätten, geltend gemacht wird.
73
Zu Gesandtschaft und Vertrag 1. Makk. 12, 1-4; 16; Jos. ant. 13, 163-165; der Ver
tragsabschluß geht m. E. unstrittig aus 1. Makk. 12, 4 hervor, auch wenn nur die Geleit
briefe erwähnt werden (s. dazu oben zu Judas); Josephus erwähnt ausdrücklich die Ver
tragserneuerung. Zu dem Vertrag vgl. M. S. Ginsburg (1928), S. 53; E. M. Smallwood
(1976), S. 7; T. Fischer (1981), S. 142f; J.-D. Gauger (1986), S. 275ff; D. Timpe
(1974), S. 146f; P. Schäfer (1977), S. 593; K.-L. Noethlichs (1996), S. 12; J. A. Gold
stein (1989), S. 316 und ders. (1976) z. l.Makk. 12.
74
Mit dem genauen Ablauf der spätseleukidischen Geschichte befaßt sich zur Zeit K.
Ehling, Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden (164-63 v. Chr.). Vom
Tode des Antiochos IV bis zur Einrichtung der Provinz Syria unter Pompeius, vorauss.
Habilschrift 2002: wesentliche Ergebnisse dieser Schrift konnte ich bereits verwenden.
75
1. Makk. 12, 6-18; Jos. ant. 13, 166-170 der Brief Jonathans; 1. Makk. 12, 19-23; Jos.
ant. 12, 226f. der Brief des Areus. E. Bickerman (1928), Sp. 786f, hält den Brief Jo
nathans für echt, während der Areus-Brief wohl als die Fälschung eines hellenisierten
Juden anzusehen sei, aber (das ist hier wichtig) von Jonathan als echt betrachtet wurde;
er sei ein „Eintrittsbillet in die europäische Kultur"; ebenso M. Hengel (1989), S. 219f;
ders. (1988), S. 133f; ftir eine Fälschung auch B. Cardanus (1967), S. 317-24; vgl. E.
Schürer (1973), I, S. 184f, Anm. 33.
76
Vgl. 1. Makk. 12, 9 und 14f. und oben S. 92n\ zum römisch-jüdischen Vertrag von
161 v.Chr.
77
So offenbar B. Cardanus (1967), S. 317ff. auf der Grundlage von im übrigen in ganz
anderem Zusammenhang formulierten Aussagen bei Jos. c. Ap. 2, 130; 172; 225-231;
259ff.;271.
78
So 1. Makk. 12, 6; Josephus ant. 13, 166 versuchte erneut, zu „verbessern", indem er
die spart!atisehen Institutionen auflistet und die typisch griechische Grußadressen-For
mel an den Anfang stellt. Auch der folgende Wortlaut paßt bei ihm nicht zu der von Jo
nathan mit dem Brief verfolgten Absicht; gerade hier kann man sehr gut die Arbeits
weise des Josephus verfolgen, der seine Quelle, 1. Makk., in eigentümlicher Weise um
deutet.
79
Vgl. die Beispiele bei M. Hengel (1989), S. 219f.
80
2. Makk. 5, 9.
Anmerkungen 185
81
Es ist schon lange erkannt, daß der Brief 1. Makk. 12, 19-23 Hebraismen enthält
(Bickerman) und deshalb in dieser Form kaum original sein kann; das besagt aber noch
nicht, daß wir nicht ebensolche Vorgänge wie bei 1. Makk. 8 (doppelte Übersetzung!)
annehmen dürfen (siehe oben).
82
Ich plädiere aber nach diesen Überlegungen dafür, den Brief, bevor wir nicht einen
zweifelsfreien Beweis seiner Fälschung in den Händen haben, auch weiterhin für echt
zu halten. Wenn Jos. ant. 12, 226f. zusätzliche Angaben zum spartanischen Gesandten
des Areus sowie zum Siegel (Adler an einem Drachen) macht (freilich mit falscher zeit
licher Einordnung), so scheint es sich um eine von 1. Makk. unabhängige Überlieferung
zu handeln; genaue Analysen kann man indes darauf nicht aufbauen.
83
l.Makk. 14,20-23.
84
1. Makk. 12, 24-34; Jos. ant. 13, 174-180: Jonathan im Norden; 1. Makk. 12, 35-38;
Jos. ant. 13, 181-3: Ausbesserung Jerusalems.
85
1. Makk. 12,39-53; Jos. ant. 13, 187-196; bell. 1,49.
86
1. Makk. 13-16; zu seiner für die Verfassung des hasmonäischen Staates fundamen
talen Bedeutung vgl. E. Baltrusch (2001).
87
1. Makk. 13, 1-22; Jos. ant. 13, 197-209.
88
1. Makk. 13, 23; Jos. ant. 13, 209; bell. 1, 49; die Bestattung Jonathans wird 1. Makk.
13, 25-30 und Jos. ant. 13, 210-12 berichtet.
89
1. Makk. 13, 36-42; Jos. ant. 13,213-14.
90
1. Makk. 13, 43-53; Jos. ant. 13,215-17.
91
Denn in der die Verfassung konstituierenden Ehrenurkunde für Simon vom 18. Elul
172 seleuk. Zeitrechnung (also Sept. 140 v. Chr.) wird das römische Bündnis schon ge
nannt, 1. Makk. 14, 40. Auch ist 14, 16 gesagt, daß die Nachricht von Jonathans Tod
nach Rom gelangt war.
92
1. Makk. 14, 1-3; Jos. ant. 13, 184-186.
93
Der Text 1. Makk. 14, 16f. scheint eine römische Initiative zur Vertragserneuerung
(TOO otvavecbaaoBai jcpöq CCÜTÖV cpiXiav Kai aup.p.axiav) anzunehmen, aber 14, 40
und auch 14, 22 erwähnen Gesandte Simons nach Rom.
94
Insofern braucht man nicht einmal an ein „Mißverständnis" des Autors von 1. Makk.
zu denken, wie D. Timpe (1974), S. 147, vorschlägt; es ist aber nicht statthaft, wegen
dieser „Initiative" der Römer die Echtheit des ganzen Berichtes in Frage zu stellen, so
J.-D. Gauger (1986), S. 275.
93
1. Makk. 14, 20-23. Interessant ist die Titulatur im Vergleich'mit dem Brief Jonathans
an die Spartiaten bei 1. Makk. 12, 6-18: der bnxi ]HD wird wörtlich zum iepeix;
ixeyaq statt apxiepeu«; für Simon; die D*OpT werden jetzt ebenfalls wörtlich zu oi
7tpeoß\)Tepoi statt zu fj Yepovoia. Vielleicht geht das auf das Konto der verschiedenen
Übersetzungen; doch möchte ich nicht ausschließen, daß Jonathans Brief die jüdischen
Verfassungsinstitutionen spartanisch-griechischem Verständnis entsprechend umge
formt hat, während die Spartaner die wörtlichen Übertragungen der jüdischen Titel (al
lerdings nur in der Grußadresse, nicht am Schluß des Briefes, wo Simon wieder als
apxiepe<)<; erscheint), dagegen Umschreibungen für ihre eigenen Institutionen aus Höf
lichkeit bevorzugt haben. Auch der für griechische Ohren im internationalen Bereich
ungewohnte Titel döeXcpoi nimmt die jüdische Formulierung nach DT1N bzw. 1DTIK
(unsere Brüder) auf.
96
1. Makk. 14, 21 macht deutlich, daß die Juden keine Hilfe in Not erwarten.
97
1. Makk. 14, 24; 15, 16-24; Jos. ant. 13, 227 (mit falscher zeitlicher Einordnung);
wohl auch 14, 145-148. Die Datierung ergibt sich aus 1. Makk. 14, 24 (\izxa. xavxa,
also nach 142) und 15, 10 (Antiochos VII kam ins Land seiner Väter 174 sei. = 138 v.
Chr.). Die Gesandten Simons kehrten zurück, als Antiochos VII Dora belagerte, 15, 15.
186 Anmerkungen
Vgl. dazu E. Schürer (1973), I, S. 194-7; P. Schäfer (1977), S. 595; J. Juster (1914), I, S.
135-138; M. S. Ginsburg (1928), S. 54-64; D. Timpe (1974), S. 147; K.-L. Noethlichs
(1996), S. 154, Anm. 84.
98
Daher vermuten A. Giovannini/H. Müller (1971), S. 162f, zu Unrecht eine „Unacht
samkeit" des Autors des römischen Briefes, ihn gerade an diese Stelle zu verlegen.
99
Nach der Grußadresse folgt 1. Makk. 15, 17-18 der Bericht über die Gesandtschaft,
19-20 dann zwei Auszüge aus dem Senatsbeschluß, eingeleitet durch rjpeaev ovv fip.lv
bzw. £5oqev 5e f)u,iv. 15, 21 ist als eine auf Wunsch der Juden von den Römern weiter
gereichte Bitte an die Adressaten nach Auslieferung von Übeltätern (X.oipoi). Da der
erhaltene Brief an Ptolemaios VIII von Ägypten ging, vermutete A. Momigliano (1930),
S. 157, daß mit den Übeltätern die Verehrer des jüdischen Tempels in Leontopolis ge
meint seien, was eine mögliche, aber keineswegs zwingende Erwägung ist; eher wäre an
die Feinde der Makkabäer während des Aufstandes zu denken. Paragraphen über die
Auslieferung von Flüchtlingen waren durchaus völkerrechtlicher Usus, und zudem kon
statiert 1. Makk. 15, 22 ausdrücklich, daß die Römer gleichlautende Schreiben (Kai
TCU)T&) an die anderen Adressaten schickten. Die Kritik an der Echtheit des Schreibens
bei A. Giovannini/H. Müller (1971), S. 160ff.; J.-D. Gauger (1986), S. 275f, und ande
ren, ist unbegründet.
100
1. Makk. 15, 22f.: Es sind dies die Könige (außer Ptolemaios VIII) Demetrios II
(Seleukidenreich), Attalus II (von Pergamon, 159-138), Ariarathes V (Kappadokien,
162-130); Arsakes (d. h. Mithridates I, Partherreich); die xropai Sampsame (unklar),
Sparta, Delos, Myndos, Sikyon, Karien, Samos, Pamphylien, Lykien, Halikarnassos,
Rhodos, Phaseiis, Kos, Side, Arados, Gortyna, Knidos, Zypern, Kyrene.
101
Vgl. M. S. Ginsburg (1928), S. 59: die Liste gebe uns „une representation tres nette
de ce qu'etait la diaspora juive au milieu du deuxi6me siecle avant l'ere chr&ienne et
nous permet de juger de-Tenorme autorite internationale de Rome ä cette öpoque". Vgl.
auch U. Rappaport(1996), S. lf.
102
Zur Identifizierung dieses Konsuls (aber vgl. M. S. Ginsburg (1928), S. 61, der einen
Übersetzungsfehler vermutet) vgl. T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1951), I, S. 476,
Anm. 1 (L. Caecilius Metellus, Konsul 142), oder S. 491 f., Anm. 2 (L. Valerius Flac-
cus, Konsul 131, Praetor also um 134).
103
F. Ritschi (1873), S. 596ff.; L. Mendelssohn/F. Ritschi (1875), S. 419IT.
104
(1906), S. 146ff.
105
Vgl. D. Timpe (1974), S. 147.
106
Die Gemeinsamkeiten: Pränomen; Name des einen jüdischen Gesandten (Nume-
nius); die Erneuerung des Bündnisses als Ziel der Gesandtschaft; der goldene Schild mit
Wertangabe und Annahme durch die Römer; Erwähnung von römischen Briefen an
Städte und Könige zwecks Abwehr von Gefahren ftlr die Juden; die Unterschiede: Die
Amtsangaben; die Zusammensetzung der jüdischen Gesandtschaft; die josephische Da
tierung (ant. 14, 148 als Anhang an das SC gekennzeichnet: im 9. Jahr des Hoheprie-
sters und Ethnarchen Hyrkan im Monat Panemos), die, selbst wenn sie fehlerhaft sein
sollte, doch eher den Bezug auf Hyrkan I als auf Simon nahelegt, der ausdrücklich im
Lucius-Brief 1. Makk. 15, 17 genannt ist. Manche Forscher haben deshalb die Schildge
sandtschaft auch in die Zeit des Nachfolgers Simons, Johannes Hyrkan I, verlegt, vgl.
bes. M.Stern (1961), S. 6.
107
Die Datierung ergibt sich aus dem bei Jos. ant. 13, 260-266 genannten Prätor
(atpaxTiyoq) Fannius M. f., welcher 122 Konsul und dementsprechend frühestens 125
Prätor gewesen sein kann (T. R. S. Broughton/ M. L. Pattersen (1951), I, S. 509, Anm. 2
favorisiert 126; ferner S. 516).
Anmerkungen 187
108
Grundlage der Einordnung ist ein pergamenisches Psephisma bei Jos. ant. 14, 247-
255 (von Josephus offenkundig falsch eingeordnet); vgl. 14,205. Die Datierung ist aber
auch hier überaus kontrovers diskutiert; ich folge in diesem Punkt den Überlegungen
von M. Stern (1961), S. 7-22; T. Fischer (1970), S. 64-82. Vgl. J. A. Goldstein (1989),
S. 327f; U. Rappaport(1996), S. n.
i09
Diese Phase dauerte bis zum Tod des Königs auf seinem Partherfeldzug im Jahre
129, Jos. ant. 13, 228ff.; bell. 1, 54-69. Die Belagerung Jerusalems durch Antiochos bei
Jos. ant.13, 245-249; Diod. 34, 1; Just. 36, 1.10; Eus. Chron. 1, 255 (Schöne). Das äu
ßerst faire, von den Ratschlägen seiner cpitan abweichende Verhalten des Königs ist
durch jüdische und griechische Quellen bezeugt; es kann aber nicht auf römischen
Druck zurückgeführt werden, da die Quellen von einem solchen nichts verlauten lassen.
1,0
Vgl. Jos. ant. 13,273.
111
Expansion im Ostjordanland, Eroberung Samarias, ferner an der Westküste (Jos. ant.
13, 249; 281; bell. 1, 64ff.); die militärische Macht des jüdischen Staates wurde weiter
gestärkt, insbesondere jetzt durch Söldner.
112
Das demonstriert die Erzählung bei Jos. ant. 13, 289-298; bKidduschin 66a. Jos. ant.
13, 288 sagt dazu: 'YpKavw 5E (pGovov EKIVTIOEV jiapa xcov 'Iovöaicov f| e\)7cpayia.
Vgl. dazu jetzt E. Baltrusch (2001). Zu Hyrkan in der rabbinischen Überlieferung vgl. J.
Derenbourg (1867), S. 70-82; P. Kieval (1970), S. 39-53.
113
Insofern verschob sich die Prioritätensetzung römischer Politik hin zur Bundesgenos
senfrage, Agrarproblematik, Normierung des mos maiorum, was der auf den Prätor
Fannius zurückzuführende Senatsbeschluß über die Vertragserneuerung mit Hyrkan
auch andeutet: Jos. ant. 13, 265: jcepi U.EVXOI Ypanp.axcov ccjiEKpivovxo ßo-oXe-üEaGai,
öxav anö xcov I8iü)v TI a\)yKÄ.T|xo<; ei)öxoXr\cx\. Dies spricht zumindest nicht gegen
eine Datierung auf die Zeit 128-125. Zum Charakter der römischen Außenpolitik wäh
rend der Krisenzeit im oben skizzierten Sinne vgl. insbesondere A. Heuß (1998), S.
229ff.: Der römischen Politik war erlaubt, „ihre Aufmerksamkeit nahezu ungeteilt den
inneren Fragen zu widmen und die Außenpolitik in den Hintergrund des allgemeinen
Bewußtseins zu drängen." (230).
114
Jos. ant. 13, 254 stellt den Zusammenhang zwischen dem Tod des Königs und den
außenpolitischen Erfolgen Hyrkans her, die dann 254-258 berichtet werden; 259
schließt dann der Abschnitt über das Verhältnis zu Rom an (bis 266), aufweichen 267
folgt: hier wird berichtet von Demetrios II, seiner judenfeindlichen Haltung und seiner
Schwäche, die von dem ptolemäisch beeinflußten Usurpator Alexander Zabinas ausge
nutzt wurde.
115
Der Vertrag bei Jos. ant. 13, 246f; ähnlich Diod. 34/35, 1, 5.
1,6
Vgl. Jos. ant. 13, 273: Kai yap ccuxöq |iexa XTJV 'Avxioxoi) XEXEUXTIV xcov MCIKE-
86vcov ot7t4axT|.
117
Auch bei diesem SC wird immer wieder hervorgehoben, daß es die Römer bei Wor
ten beließen, daß von ihnen keine wirkliche Hilfe gekommen sei: vgl. E. M. Smallwood
(1981), S. 9 („Rome replied again with words alone"); M. S. Ginsburg, (1928), S. 65ff.,
meint, daß von Rom von Anfang an keine Hilfe zu erwarten gewesen sei; J. A. Gold
stern (1989), S. 327 („The Romans declared their friendship for the Jews and promised
»in the future to prevent such injuries to the Jews but took no action for the present").
Doch auch hier kam es nicht auf materielle Hilfe an. Weitere Literatur: P. Schäfer
(1977), S. 598; D. Timpe (1974), S. 147f; M. Stern (1961), S. 7-12.; E. Schürer (1973),
,1, S. 204-206; T. Fischer (1970), S. 64-77; A Giovannini/H. Müller (1971), S. 165-170.
118
Alexander Zabinas schloß Freundschaft mit Hyrkan: Jos. ant. 13, 269; ftlr Antiochos
VIII konstatiert Justin. 39, 2, 9, daß er acht Jahre lang (sc. 122-114) seinem Reich Ruhe
(quies) verschaffte.
188 Anmerkungen
1,9
Vgl. Euseb. Chron. I 260 (Schöne); Jos. ant. 13, 273f; Justin. 39, 2, 10-3; Appian.
Syr. 314; Diod. 34/35, 34. Aus dem Jahre 112 finden wir Münzen von Antiochos IX in
Askalon, Ptolemais, Damaskus und Antiochia; 111 hört seine Münzprägung in Askalon
auf, vgl. A. R. Bellinger (1949), S. 67; S. 87.
120
Jos. ant. 13, 274: TOV uivxoi Ye K\>£IKTIVO\) TT|V YTJV KCCKOOVTO<;.
121
Jos. ant. 13,324.
122
Jos. Ant. 13,275-282; bell. 1, 64-66; vgl. bSota 33a; Megillat Taanit 25.
123
Jos. ant. 14, 247-255. Dazu E. Schürer (1973), I, S. 206, Anm. 7; A. Giovannini/H.
Müller (1971), S. 156f. (mit älterer Lit); M. S. Ginsburg (1928), S. 72-77; J. A Gold
stein (1989), S. 327f; M. Stern (1961), S. 12-17; D. Timpe (1974), S. 148; T. Fischer
(1970), S. 76f.
124
Gelegentlich wird auch Antiochos VII, Sohn des Demetrios, angenommen, was dann
aber eine Textveränderung erforderlich macht, vgl. F. Ritschi (1873), S. 611, Anm. 31;
E. Schürer (1973), I, S. 206.
125
Auf diese Unterstützung in der Zeit großer Gefahr legt aber erneut A. S. Ginsburg
(1928), S. 65ff., großen Wert: „La deTaite qu'il venait d'essuyer obligea Hyrcan I ä
adresser un nouvel appel ä Rome" (74).
126
Vgl. M.Stern (1961), S. 18f.
127
Die umfänglich ausgebreitete These von D. Piatelli (1971), S. 219-340, daß die Rö
mer von Anfang an die Unterwerfung Judäas intendiert hätten, hat nicht viel für sich.
128
U. Rappaport (1968), S. 329-345.
129
Wenn Pompeius 63 das jüdische Gemeinwesen erheblich verkleinerte und den Kö
nigstitel nicht mehr gestattete, läßt das auf römische Unzufriedenheit mit der hasmonäi-
schen Politik in den Jahrzehnten zuvor schließen; dazu und zu weiteren Deutungen U.
Rappaport (1968), S. 337ff.
130
Vgl. nur die Einleitung zum pergamenischen Beschluß Jos. ant. 14, 247: ETUEI
'Pcou.aioi KocTctKOA.o'uOoOvTEq xfi TÜ)V npoYovcov äYCüYfl xoix; xrnip xry; KOIVT}<;
&7tdvxü)v dv9p(bitcov dacpaA.eia<; KIV8\)VO\><; dvaöexovxai Kai <piXoiiu.oövTai xoix;
a\)p.|j.&xo\)<; Kai cpiXovq ev e\)8aip.ovia Kai ße^aia KaxaaTfjaai eipf|vn u.s.w. („Die
Römer nehmen in Übereinstimmung mit ihrer traditionellen Politik [die xcov rcpoYovcov
dycoYfi entspricht dem mos maiorum] Gefahren für die allgemeine Sicherheit aller Men
schen auf sich und setzen sich dafür ein, ihren Freunden und Verbündeten Glück und si
cheren Frieden zu verschaffen").
131
Hier ist zu verweisen auf die römischen Briefe an auswärtige Regierungen und das
Pergamondekret.
132
Hier ist zu denken an die Zwangsjudaisierungspolitik von Makkabäern und Hasmo-
näern sowie an die Ausdehnung des hasmonäischen Staates auf Kosten auch der Poleis
an der Küste und im Binnenland; der hartnäckige Widerstand des von griechisch-make
donischen Siedlern bewohnten Samaria gegenüber der Belagerung durch Hyrkan ist be
sonders bemerkenswert, vgl. dazu J. A. Goldstein (1989), S. 328f.
133
So dezidiert A. Giovannini, der in dieser Interessengemeinschaft sogar „les origines
de l'antijudaism dans le monde grec" vermutet, (1995), S. 41-60; vgl. Ch. Habicht
(1975), S. 97-110; Z. Yavetz (1997)
1
Das Zitat stammt aus Ciceros Verteidigungsrede für den Statthalter von Asia L. Flac-
cus: sua cuique civitati religio est, nostra nobis (Cic. Flacc. 69).
Anmerkungen 189
2
Zur weiten Verbreitung um die Zeitenwende Jos. ant. 14, 115; c. Ap. 2, 123; 282; Se-
neca bei August, civ. 6, 11; Phil. leg. 281 f. Die Diaspora-Situation ist in den letzten Jah
ren besonders erforscht worden, weil gerade hier neue, z. T. überraschende Funde an ar
chäologischem, epigraphischem und papyrologischem Material differenzierte Einblicke
in das Leben der Juden und insbesondere das Zusammenleben von Juden und Nichtju-
den ermöglichten, vgl. S. J. Cohen/E. S. Frerichs (1993); J. M. G. Barclay (1996); L. V.
Rutgers (1998); zu Kleinasien bes. P. R. Trebilco (1991); P. Herz/J. Kobes (1998), hier
besonders die Aufsätze von P. Herz, S. 1-26, und W. Ameling, S. 27-41. Zu der oben
angesprochenen Bedeutung der Zerstreuung von Juden überall in der Mittelmeerwelt für
das Bild der Juden in der griechisch-römischen Literatur vgl. die demnächst publizierte
Arbeit von R. S. Bloch (im Druck).
3
Das dokumentarische Material zur jüdischen Gemeinde in Rom beginnt allerdings
später, frühestens im 1. Jahrhundert v. Chr. Zu den inschriftlichen Quellen der jüdischen
Diaspora in Rom vgl. jetzt D. Noy (1995); H. Lichtenberger (1996), S. 16ff; dazu im
mer noch J. B. Frey (1975); ferner H. J. Leon (1960); L. V. Rutgers (1998), bes. S. 45-
71.
4
Verneint bes. von H. Solin (1983), S. 587-789.
5
Val. Max. 1, 3, 3, der erste Text ex epitoma lanuarii Nepotiani, der zweite, ausführli
chere ex epitoma Iulii Paris', beide gehören wohl in die Zeit 576. Jahrhundert n. Chr.
Ausgerechnet das 1. Buch zum Thema Religion der für rhetorische Zwecke ungemein
nützlichen Sammlung des Valerius Maximus ist verloren; ohne Zweifel ist die Angabe
als solche (aus Livius?) glaubwürdig, allerdings geht manche Unklarheit auf Kosten der
Epitomatoren und der handschriftlichen Überlieferung, vgl. E. N. Lane (1979), S. 35-
38. Die Datierung ist durch die Angabe der Konsuln gesichert, T. R. S. Broughton/M. L.
Patterson (1951), I, S. 481 f. (der Vorname des Calpurnius ist allerdings nicht Lucius,
sondern Gnaeus; der Prätor heißt Hispanus statt Hispalus, ILS 6; App. Libyca 375).
Weil es sich hier um das erste Zeugnis, und dazu ein so bezeichnendes, für eine jüdische
Gemeinde in Rom handelt, ist die Literatur zu diesem Text kaum noch überschaubar.
6
Vgl. dazu die interessanten Ausführungen von A. Alfbldi (1973), S. 131-142, der als
Grund für die Vertreibung eine durch Prophezeiungen hysterisch aufgeladene Stim
mung in Rom vermutet, die den Prätor zum Handeln gezwungen habe; er gelangt zu
dieser Theorie durch die Auswertung numismatischen Materials.
7
E. N. Lane (1979), S. 37, vermutet noch eine dritte Maßnahme des Hispalus gegen die
„Sabazius-worshippers"; sachlich ist das wohl möglich, widerspricht jedoch dem erhal
tenen Text, denn der Sabazius-Kult wird ausdrücklich von Julius Paris mit den Juden in
Verbindung gebracht.
8
Seit F. Cumont hat sich die Forschung intensiv mit dem Verhältnis von Sabazios, einer
phrygisch-thrakischen, oft mit Dionysos identifizierten Gottheit, und der jüdischen Re
ligion befaßt, vgl. F. Cumont (1906), S. 63-79; ferner (1910), S. 55-60; ders. (1989), S.
58-60; G. Wissowa (1971), S. 376; S. E. Johnson (1984), «S. 1538-1613; M. Stern,
(1974), I, S. 359; P. Trebilco (1991), S. 140fT.; P. Schäfer (1997), S. 50f.
9
Letztere Position z. B. bei E. M. Smallwood (1976), S. 128ff; B.Wander (1998), S.
165 („so bleibt doch festzustellen, daß die Juden in Rom anscheinend Anhänger gewin
nen konnten"); daß die Juden nur ihren Kult in Rom praktizieren wollten, bei M.
Goodman (1994), S. 82f; P. Schäfer (1997), S. 106f.
10
Man kann hier auch an das Vorgehen gegen die Bacchanalien etwa 50 Jahre zuvor
denken, dem ja ebenfalls die verbreitete römische Furcht vor einer „Infizierung" römi
scher Sitten zugrunde lag, Liv. 39, 8-18 und die Inschrift ILS 18 (CIL I2 581); bes.
wichtig J.-M. Paillier (1988); vgl. jetzt auch knapp B. Linke (2000), S. 269-273 (mit
weiterer Literatur).
190 Anmerkungen
11
Darauf könnte die sonst kaum verständliche Formulierung arasque privatas e publicis
locis abiecit bei Nepotianus (die von manchen Gelehrten auch auf Synagogen bezogen
wird) hindeuten, wenn man sie mit E. Bickerman, auf Altäre von Römern bezieht, die
damit dem jüdischen Gott Ehre bezeugen wollen. Daß dies möglich ist, zeigt Min. Fei.
6, 2 {dum aras exstruunt etiam ignotis numinibus etc.). Auch L. H. Feldman (1993), S.
301, erwägt, daß die Juden die Römer zur Beobachtung einiger Riten bringen wollten,
nicht aber zum vollständigen Übertritt zum Judentum.
12
So auch E. M. Smallwood (1976), S. 130. Die Überlegung von S. Alessandri (1968),
S. 187f, daß gerade die Tatsache der guten diplomatischen Beziehungen zwischen Rö
mern und Juden die Nachricht des Valerius Maximus als Fiktion entlarve, hat zu Recht
wenig Aufnahme gefunden. Denn sie berücksichtigt nicht, daß von Roms Seite aus
nicht eine positive oder negative Haltung zu den Juden und ihrer Religion zur Wahl
stand, sondern daß es um außenpolitische und innenpolitische Interessenwahrung ging.
13
1 Makk. 14 und E. Baltrusch (2001).
14
Min. Fei. 6, 1-3 läßt den Vertreter der traditionellen Gottesverehrung Caecilius sagen,
daß die Römer von überallher fremde Götter herbeigeholt und zu den Ihrigen gemacht
hätten; sogar unbekannten Gottheiten hätten sie Altäre errichtet. Er f&hrt fort: sie dum
universarum gentium sacra suseipiunt, etiam regna meruerunt („So haben sie, während
sie die Kulte aller Völker aufnehmen, auch deren Reiche verdient"). So ist es geschehen
493 (Ceres/Liber/Libera); 293 (Aesculapius); 204 (Cybele). Cic. Flacc. 69 setzt diese
Einstellung voraus, indem er sie auf den umgekehrten Fall ausbleibenden Erfolges und
die jüdische Religion anwendet: quam cara dis immortalibus esset docuit, quod est
vieta, quod elocata, quod serva facta („Wie teuer es den unsterblichen Göttern war,
lehrte die Tatsache, daß es besiegt, zinsbar gemacht und dienstpflichtig geworden ist").
15
Vgl. Fest. p. 268 (Lindsay): sacra peregrina publice aeeepta („Fremde Kulte öffent
lich eingeführt"); Cic. Verr. II 5, 187 spricht von populus Romanus, der Ceres und Li-
bera von den Griechen nach Rom geholt habe; har. resp. 27. Laut Suet. Aug. 93 hat Au
gustus ausdrücklich nur die öffentlich rezipierten Kulte akzeptiert.
16
B. Linke (2000), S. 272, weist zu Recht daraufhin, daß die Menge der Bacchanalien
kult-Anhänger und ihre Organisationsform, nicht etwa der Glaubensinhalt kritisiert
wird: „Für Postumius sind die rituellen Vorschriften des Kults zwar befremdlich, doch
bilden sie in seinen Darlegungen keine wirkliche Gefahr, solange sie nur auf einen klei
nen Teil der Bevölkerung beschränkt bleiben. So ist nicht davon die Rede, daß man die
Kultausübung aus grundsätzlichen Erwägungen verbieten müßte, um eine Kontaminie
rung des religiösen Lebens in der res publica zu verhindern."
17
Vgl. J. Scheid (1985), S. 12ff.; B. Linke (2000), S. 273.
18
Phil. leg. 156 sagt, daß die meisten Juden in Rom Freigelassene gewesen seien, aber
die konnte man nicht herauswerfen; älinliches gilt für Sklaven und Bürger, so daß nur
peregrini als Adressaten bleiben; vgl. zu Juden in Rom L. V. Rutgers (1998), S. 171 ff.
19
D 47, 22, 4 (Gaius libro quarto ad leg. XII Tabularum): auch Solon habe Vereinen nur
dann Gültigkeit zugesprochen, ectv p/n aTcayope-uaTi 8T|u.6aia Ypdp.u.axa („solange das
öffentliche Recht nicht beschädigt werde"); D 47, 22, 1, 1 (Marcianus, Buch III der In-
stitutiones): Sed religionis causa coire non prohibentur dum tarnen per hoc non ßat
contra senatus consultum, quo illicita collegia arcentur („aus religiösen Gründen sich
zu verbinden wird nicht verboten, solange es jedenfalls nicht gegen den Senatsbeschluß
geschieht, durch den unerlaubte Kollegien verhindert werden"). Die Tendenz dieser Ge
setzgebung faßt Cicero leg. 2, 19 so zusammen: Separatim nemo habessit deos neve no-
vos neve advenas nisi publice adscitos („Niemand soll getrennt Götter, weder neue noch
hinzugekommene, haben, außer wenn sie öffentlich herbeigeholt worden sind").
Anmerkungen 191
20
Zur Toleranz P. Garnsey (1984), S. 1-27; L. V. Rutgers (1998), S. 186ff; E. Baltrusch
(1998b), S.410ff.
f21
Vgl. dazu D. Piatelli (1971), S. 219ff
22
Vgl. Polyb. 29,10; 19 und 30, 5.
23
Das Ausmaß der „Selbstabgrenzung und der Bewahrung von kodifizierten Werten
und Normen", wie B. Wander (1998), S. 28, formuliert (auch um den Begriff „Identität"
zu vermeiden, der ihm mit einigem Recht als zu abgegriffen erschien, vgl. S. 20, Anm.
19), war von Gemeinde zu Gemeinde und Region zu Region zum Teil sehr verschieden,
aber offenkundig haben die durch zahlreiche Quellenfunde in letzter Zeit stärker nach
weisbaren Beziehungen der jüdischen Diaspora-Gemeinden zur heidnischen Umwelt (z.
B. Theaterbesuche, politische Mitarbeit, Synagoge in Sardis) einer Identitätswahrung
nicht im Wege gestanden, auch wenn die apodiktischen Vorschriften der Mischna in
Awoda Zara (vgl. bAwoda Zara 1, lf.) in bezug auf Verunreinigung durch Götzendienst
selten eingehalten wurden; für Kleinasien hat das P. Trebilco (1991) herausgearbeitet
(S. 187: „In fact, much evidence points to the strong retention of Jewish identity by
communities in Asia Minor, despite close relations with the pagan enviroment".).
24
App. Mithr. 131; Plut. Luculi. 2.
25
Plut. Luc. 2: Kai K\)pT|vaio\)<; KaxaXaßcbv EK TupawiScov auvexcbv Kai 7toA.eu.CDV
xapaxTop.evo\x; aveXaße...
26
Jos. ant. 14,; 114 nach Strabo: u.apTopet 5e Kai ev exepcp TOTCCD 6 awöq Ixpaßcov,
öxi Ka9' öv Kaipöv 6ießT| ZxtWac, eiq xfjv 'EAAd8a 7ioXep.f|acov Mi9pi8&Tn. Kai
AeuKoAAov Tteu.\ya<; eici xfjv ev Kupf|vr| axdoiv (lacuna) io\> e0vo\)<; fpcov fj
0 i K 0 \ ) U , e V T | 7Ce7C^f|pCOTO.
27
( So J. Juster (1914), II, S. 182; E. M. Smallwood (1976), S. 141 („Jewish rising"); K.
!
L. Noethlichs (1996), S. 14 („aufständische Juden in Cyrene").
28
1. Makk. 15, 23; siehe oben S.103f.
29
Juden sind schon seit Ptolemaios I in Kyrene bezeugt, Jos. Ap. 2, 44, und sie hatten
dort herrschaftliche Aufgaben wahrzunehmen. Das 2. Makkabäerbuch, eine Zusammen
fassung des historischen undftlnfbändigenWerkes von Jason von Kyrene, deutet viel
leicht auf die jüdisch-griechischen Probleme in der Heimatregion des Autors hin. In au
gusteischer Zeit sahen sich Juden mehrfach veranlaßt, gegen griechische Angriffe auf
ihre Eigenständigkeit römische Hilfe anzurufen, Jos. ant. 16, 160-165; 169-170. Auch
das Neue Testament zeigt, daß die Bindungen zwischen der kyrenischen Diaspora und
Jerusalem sehr eng waren, Apg. 2, 10; 6, 9; 11, 20; 13, 1; Mt. 27, 32; Mk. 15, 21; Lk.
23, 26 (Simon von Kyrene, der das Kreuz trug). Zum Ausbruch allen aufgestauten Frei
heitsdranges kam es gerade in Kyrene beim großen Diaspora-Aufstand unter Trajan,
Cass. Dio 68, 33; Eus. eccl. 4, 11, 2-4. Über die jüdische Gemeinde des kyrenischen Be-
renice (Benghasie) sind wir durch Inschriftenfunde aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. in
formiert, die wegen der Bezeichnung noXix£\>\ia große Aufmerksamkeit in der moder
nen Forschung gefunden haben, vgl. etwa G. Lüderitz (1994), S. 210ff.; B. Wander
(1998), S. 25ff
30
Cic. leg. agr. 2, 51 spricht von den kyrenischen Äckern, qui Apionisfuerunt, die durch
das von ihm bekämpfte rullische Ackergesetz bedroht seien; Liv. per. 70. Unter quästo-
rische Verwaltung kam Kyrene erst 75 v. Chr. als L. Octavius und C. Aurelius Cotta
Konsuln waren. Sali. hist. 2 frg. 43Mb.
31
Jos. ant. 16, 160ff.
32
Jordan. Rom 81: Ptholomeus, qui et Alexander, ann. X. quo regnante multa ludae-
orum populus tarn ab Alexandrinis quam etiam ab Anthiocensibus tolerabat („Im 10.
Jahr der Herrschaft des Ptolemäus, der auch Alexander heißt, erduldete das Volk der
Juden viel von den Alexandrinern ebenso wie von den Antiochensern") (nach Momm-
192 Anmerkungen
sen im Prooem. der MGH 5.1 S. XXVIII hat Jordanes diese Nachricht aus einer alexan-
drinischen Chronik).
33
Dazu ein Porphyrius-Fragment aus der Chronik des Eusebius (I p. 165 und 166
Schöne) FGrH II B. 260 F 2, 9, wonach Alexander von Io\)8aiKai E7tuco\)pioti gegen
seinen Bruder Ptolemaios IX Soter II unterstützt worden sei. Mit jüdischer Hilfe hatte
schon ihre Mutter Kleopatra im Kampf gegen ihren Sohn Soter II (Jos. ant. 13, 285;
349ff) rechnen können, was sich auch auf die Beziehungen zu Jerusalem und Alexander
Jannaios auswirkte.
34
Porph. FGrH 260 F2,9; Cic. leg. agr. 1, 1; 2,41 f.
35
Porph. FGrH 260 F2, 8f.; Paus. 1,9, 3; Justin. 39, 5, 1.
36
Zu Lucullus in Ägypten Plut. Luc. 2f. und A. Keaveney (1992), S. 23f.
37
Dazu P. M. Fräser (1972), I, S. 88 und II, S. 168, Anm. 337; vgl. auch K. L. Noe-
thlichs(1996), S. 14.
38
Vgl. zum Verhältnis Griechen, Juden und Römer speziell in der Provinz Asia bis zur
augusteischen Zeit E. Faust (1993), S. 226-279, dessen Ausgangspunkt Eph. 2, 11-18
ist, gedeutet vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen Juden und Heiden in
Kleinasien.
39
Ich will hier nicht die unendliche Politeuma-Diskussion weiter ausführen; mir scheint
aber wesentlich zu sein, daß die (zuletzt von Lüderitz materialreich herausgearbeitete)
Unklarheit des Begriffes an sich gerade die Unklarheit des Verhältnisses zwischen jüdi
schen Gemeinden und Poleis reflektiert, die wiederum als solche erst im Laufe der Dif
ferenzierungsprozesse innerhalb der Polis und im Verhältnis zum jeweiligen Herrscher
bewußt geworden sind. Es ging in dem Streit um eine Gleichberechtigung oder um
Statusminderung von Juden, letztlich also um Auslegungsfragen, die Juden (wie Jose-
phus) anders beantworteten als Griechen (wie Apion).
40
So Strabo bei Jos. ant. 14, 115.
41
Die frühesten römischen Zeugnisse (abgesehen von Lucrez, der im 6. Buch seiner
Abhandlung de rerum natura in den Versen 756-760 an das Tote Meer erinnert) sind
Cicero und Varro, aber beide haben die Werke, in denen sie auf Juden und die jüdische
Religion zu sprechen kommen, erst nach der Eroberung Jerusalems 63 geschrieben, vgl.
M. Stern (1974), I, S. 193ff. (Cicero); S. 207ff. (Varro).
42
Vgl. dazu die entsprechenden Abschnitte bei M. Stern (1974), I, S. 141ff (Poseido-
nius); 148ff. (Apollonius Molon); vgl. ferner E. Baltrusch (1998b), bes. S. 4121T.
43
Die beiden Begriffe, XIU,TJ und apxotia a\)vf|Geia, allerdings noch optimistischer ge
genübergestellt, finden sich zur Kennzeichnung Roms bzw. des Judentums bei Philo
leg. 305.
1
Das Zitat bei Jos. bell. 1, 19: (bq oi TOVTCDV gyYovoi nepi xfiq ßaaiXeiaq 8ia-
CTaai&aavxeq eiÄ.K'uaav eiq xa TipaYuxiTa 'Püop.aiorx; Kai rio|j.7if)iov („wie die
Nachkommen dieser sich über die Königsherrschaft entzweiten und die Römer und
Pompeius in die Sache hineinzogen"). Josephus äußert sich dementsprechend in seiner
partitio des Jüdischen Krieges.
2
Vgl. dazu besonders Th. Hantos (1988); schon der Titel dieses Buches erinnert an die
augusteische res publica restituta.
3
Ähnlich äußert sich in bezug auf die Kriegführung des Pompeius gegen die Seeräuber
R. Schulz (1998), S. 131 nennt er die Strategie des Pompeius „den Höhepunkt römi-
Anmerkungen 193
scher Raumerfassung im Mittelmeer" und Voraussetzung „für die Bildung einer globa
len und konkurrenzlosen Seemacht"; vgl. ders. (2000), S. 426-440.
4
Zur lex Gabinia bes. Cic. pro lege Man. 52ff.; Plut. Pomp. 25 und App. Mithr. 428-
433 [weitere Quellen bei G. Rotondi, (1912), S. 371f.]; zu der für den Judenstaat be
deutsamen lexManilia hat Cicero eine ganze Rede gehalten, die Pompeius gegen Kritik
von Seiten republikanischer Kräfte helfen sollte, das Imperium zu erhalten; ferner Plut.
Pomp. 30; App. Mithr. 446-448 (weiteres bei Rotondi S. 373f).
5
Die beste Quelle zur Reorganisation des Ostens durch Pompeius ist App. Mithr. 551-
564; vgl. zur Politik des Pompeius auch A. N. Sherwin-White (1984), S. 186ff.
6
Das sah auch Josephus so, der in wehmütiger Reflexion den Streit der feindlichen
Brüder Hyrkan und Aristobul für den Verlust der Unabhängigkeit des Jüdischen Staates
verantwortlich macht, ant. 14, 77.
7
Dazu E. Baltrusch (2001).
8
Jos. ant. 13,423ff.
9
Jos. ant. 14,4ff.;bell. l,20f.
10
Jos. bell. 1, 123; etwas modifizierter in ant. 14, 8 und 11.
11
Jos. ant. 14, 15ff.; bell. 1, 124. Zu den Nabatäern vgl. kurz L. L. Grabbe (1992), II, S.
328ff.
12
Jos. ant. 14,21; vgl. bell. 1, 126fT.
13
Zum Judentum Antipaters (und Herodes) vgl. E. Schürer (1973), I, S. 234, Anm. 3; L.
L. Grabbe (1992), II, S. 322f. Die Meinungen gingen schon in unseren Quellen weit
auseinander; so behauptete Nikolaus von Damaskus, daß die Vorfahren Antipaters zu
den ersten Rückkehrern aus Babylon gehörten, Jos. ant. 14, 9; eine andere Überliefe
rung sieht ihn aus Askalon stammen, Justin. Trypho 52; Eus. eccl. 1, 7, 11. Vgl. auch
die auf Herodes zu beziehenden Angaben in der „Himmelfahrt des Moses" 6, 2 („der
nicht aus priesterlichem Geschlechte sein wird", Kautzsch). Das Judentum Antipaters
wird heute kaum bezweifelt, weil die Idumäer (zu Antipaters idumäischer Herkunft Jos.
bell. 1, 123; ant. 14, 8) unter Hyrkan zwangsjudaisiert wurden, Jos. ant. 13, 257f. Aller
dings hat A. Kasher (1988), S. 44-77, gründlich nachzuweisen versucht, daß die Idu
mäer kaum unter Zwang Juden geworden seien und sich auch später immer wieder zu
ihrem Judentum bekannt hätten; vgl. ihm weitgehend folgend L. L. Grabbe (1992), I, S.
328ff.
14
Jos. ant. 14, 29-33; bell. 1, 127-130 mit leichten, aber in der Sache unerheblichen
Abweichungen. Die genaueste Analyse findet sich bei U. Baumann (1983), S. 26ff.
15
Vgl. T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1986), II, S. 159; S. 163.
16
Jos. bell. 1, 128 betont allein den finanziellen Aspekt, während ant. 14, 31 dazu noch
weitere, Roms Aufgabe erleichternde Aspekte nennt.
17
Jos. bell. 1, 128 sagt das auch ausdrücklich: die 300 Talente des Aristobul hatten bei
Scaurus den Vorrang vor dem Recht (eTtutpoaGev xoO 8ucaio\)).
18
Seine Politik und Kriegführung bis zur Eroberung Jerusalems bei Jos. ant. 14, 34-79;
bell. 1, 131-158; wichtig ist ferner noch (aus anderer Perspektive) Diod. 40, 2-4 (gele
gentlich wird für Diodor wieftlrJosephus als Quelle Theophanes von Milet, Freund und
Freigelassener des Pompeius, vermutet, vgl. die Angaben bei M. Stern (1974), I, S. 186,
der aber zu Recht zur Vorsicht mahnt) und Dio 37, 15, 2-17, 4. Beiläufig noch Liv. per.
102; Plut. Pomp. 39, 2; 45, 4; App. Mithr. 556; 562; 568;'573; 576; Vell. 2, 40, 3;
Florus ep. 1, 40, 30. Als jüdische Quelle nehmen wohl auch die Psalmen Salomons 1-2;
8; 17 auf Pompeius Bezug. An Literatur sind heranzuziehen E. Schürer (1973), I, S.
233ff.; U. Baumann (1983), S. 26-48; L. L. Grabbe (1992), II, S. 313ff.; E. M. Small-
wood (1976), S. 21-30; K. L. Noethlichs (1996), S. 14f; A. R. C. Leaney/J. Neusner
194 Anmerkungen
lieh U. Baumann (1983), S. 41; als Pufferzone gegen die Parther S. 42; M. Grant
(1973), S. 51. Zu der von den Römern gewährten „Scheinselbständigkeit", um nicht in
die Konflikte hineingezogen zu werden, M. S. Ginsburg (1928), S. 78-85, bes. S. 82.
51
Vgl. A. Schalit(1969), S. 1-19; L. L. Grabbe (1992), II, S. 3131T.
52
In diesem Sinne schon unsere Quellen wie Jos. c. Ap. 2, 134; Amm. Marc. 14, 8, 12.
53
Vgl. G.Allon (1961), S. 61-67.
54
Vgl. zum makkabäischen Verfassungsdokument 1. Makk. 14, 27-49 und E. Baltrusch
(2001). In diesem Sinne äußerte sich die „dritte Partei" gegenüber Pompeius bei Diod.
40, 2; Jos. ant. 14, 41. Natürlich ist der hasmonäische König nicht mit dem ersehnten
„König" aus dem Hause David zu identifizieren, dessen Kommen fromme Juden wie
der Autor des Psalm. Salom. 17, 21 ff. wünschen.
55
Die Übereinstimmung der hasmonäischen Eroberungen mit den Forderungen der
Torah und der Propheten versucht bes. J. A. Goldstein (1989), S. 292-351 herauszuar
beiten.
56
Anders A. R. C. Leaney/J. Neusner (1977), S. 609: „Certainly the Roman settlement
did nothing to encourage the Jewish nation to maintain its own pride and peculiar
!
ethos".
57
Nach Jos. arit. 12, 150 schreibt Antiochos in seinem Brief an Zeuxis: Tierceiauxu yäp
eüvoi*; ocüToix; eaeaGai TÜÖV fiu.ex£pa)v (ptiXotKaq 8td xf|vrcpcx;TÖV GEÖV evaeßeiav
(„Wegen ihrer Ehrfurcht gegen Gott, bin ich überzeugt, werden sie uns gegenüber
freundlich gesinnt sein und auf unsere Interessen gut achtgeben").
58
Mit E. Renan (1893), S. 151, ist auch (gegen die heutige communis opinio in der For
schung) hervorzuheben, daß Pompeius in der jüdischen Literatur nicht die negative
Rolle wie Nebukadnezar, Titus oder Hadrian spielt.
59
An dieser Stelle sei noch einmal Cic. Flacc. 69 in Erinnerung gerufen: istorum religio
sacrorum a splendore huius imperi, gravitate nominis nostri, maiorum institutis abhor-
rebat. Mit diesem Satz drückt Cicero die Überzeugung aus, daß gerade der spezifische
Charakter der Religion der Juden deren Integration in das Reich verhindere.
60
In diesem Sinne auch P. Kranz (1990), S. 125-141, bes.« 125, mit dem dezidierten
Hinweis auf die konsequente Nutzung der Religion zur Durchsetzung politischer Ziele.
61
Diese setzten auf beiden Seiten recht früh ein. Cicero, Pompeianer und in mancherlei
Hinsicht Vordenker des Prinzipates, repräsentiert die römische Haltung. Seine Rede pro
Flacco von 59 v. Chr. reflektiert unmittelbar im Anschluß an die Reformen des Pom
peius den römischen Unwillen über deren Anlaufschwierigkeiten, obwohl doch die
Römer ihren guten Willen gezeigt hatten, vgl. 67f.: at Cn. Pompeius captis Hierosoly-
mis Victor ex illofano nihil attigit. In primis hoc, ut multa alia, sapienter; in tarn suspi-
ciosa ac maledica civitate locum sermoni obtrectatorum non reliquit. Non enim credo
religionem et Iudaeorum et hostium impedimento praestantissimo imperatori, sedpudo-
remfuisse („Pompeius rührte nach der Einnahme Jerusalems als Sieger an jenem Hei
ligtum nichts an. Darin handelte er besonders weise, wie auch in vielem anderen; in ei
nem so mißtrauischen und übelredenden Staat ließ er dem Gerede der Neider keinen
Raum. Aber ich glaube nicht, daß es die Religion der Juden und Feinde war, die den
herausragenden Feldherrn zum Hindernis wurde, sondern sein Ehrgefühl"). Auf jüdi
scher Seite wurde Klage über die Römer geführt, die in die entgegengesetzte Richtung
zielte, nämlich über ihre Willkür, Überheblichkeit, Gewaltanwendung, vgl. Psalm. Sa
lom. 2; 8; 17; 3. Orac. Sibyll.; lQpHab 4-9. Analysiert wurden diese Texte insbeson
dere von M. Hadas-Lebel, (1987), S. 745-784; G. Stemberger (1983), S. 12-25 (zu den
Psalmen Salomons und Qumran); S. 38-43 (zum dritten Buch der Sibyllinen). Beson
dere Schwierigkeiten bereitet die historische Einordnung der Sibyllinen, vgl. J.-D. Gau-
198 Anmerkungen
ger (1998); ferner mit Korrekturen an dem Bild, das die Forschung vermittelte, E.
Gruen (1998), S. 268-290.
62
4 QpNah 1, 2 (Nahum-Kommentar); vgl. CD 1, 18 (Damaskusschrift) u. ö.
63
E. Baltrusch (1998a), S. 213ff.
64
Zur angeblichen Eselskopfverehrung im Inneren des Tempels und zur Ritualmordle
gende vgl. oben S. 195, Anm. 38.
65
Seine jüdischen Freunde mögen ihn, als er seinen Vorsatz, den Tempel zu betreten,
geäußert hatte, in ähnlicher Weise informiert haben, wie es die jüdischen Freunde des
ägyptischen Königs Ptolemaios IV in 3. Makk. 1, 8ff, bes. 11 getan hatten (u.fj KCI9-
TJKEIV ylvEoBai xouxo 8ia xö p.T|5E xotq EK XOO E9VO\N; i^Eivai EiaiEvai U.T|5E Tcaaiv
xotq iEpE\)aiv, aXXr\ jxovcp xcp TtpoTiyo'üp.evü) 7idvxcov ctpxiepet, Kai xotixco KOCX*
evia\)xöv anat, („ es zieme sich nicht, daß dieses geschehe, weil es den Fremden nicht
erlaubt sei, hineinzugehen, und auch nicht allen Priestern, sondern allein dem Ho
hepriester als dem Anfuhrer aller, und auch diesem nur einmal im Jahr"); und vielleicht
hat auch Pompeius so reagiert wie Ptolemaios IV in 3. Makk. 1, 11 ff. und gesagt er
müsse hineingehen (eca>xöv 8etv EIOEXGEIV 12). Ganz sicher war aber Jerusalem, als
der fremde General Pompeius von seinem Vorhaben nicht abließ, in einer Aufregung,
wie sie 3. Makk. 1, 16ff.; 2. beschrieben wird.
66
Jos. ant. 14, 73; bell. 1,153.
67
So äußerst sich der Akademiker C. Aurelius Cotta in Ciceros de natura deorum 1,
115-124 in seiner Replik auf die epikureische Darlegung des Götterglaubens durch
Velleiüs; bes. 118. Hier geht es zwar um die Atheisten, die Leugner von Göttern. Aber
auch diese werden als superstitiosi klassifiziert (117) wie die Juden (vgl. Cic. Flacc. 67
barbara superstitio), auch diese politisieren die wahre religio (vgl. die mehrfache Her
vorhebung des Begriffes religio der Juden in abschätzigem Nebensinn bei Cic. Flacc.
68f) und sind gerade darum deren Zerstörer (nat. deor. 1, 118: omnem religionemfiin-
ditus sustulerunt). Bezeichnenderweise äußert Cotta auch vorsichtige Kritik an den My
sterien, weil sie die Götter eher sinnbildlich auffaßten und so das Wesen der Götter auf
zuheben schienen (Cic. nat. deor. 1, 119); und genauso bezeichnend faßt Jos. c. Ap. 2,
188f. den gesamten jüdischen Staat als ein Mysterium auf: GÖCJTIEP 8E XEXEXTV; xivoq
xfjq ÖA.T|<; KoXixEiaq OLKOVOU.O\)U.EVTI<; („die ganze Verfassung ist aufgebaut wie ein
Mysterium").
68
Cic. Flacc. 67; Dio 37, 16, 4: beide Autoren berichten zwar diametral entgegenge
setzt, der eine, daß Pompeius nichts anrührte, der andere, daß der Tempel geplündert
wurde, aber entscheidend ist, daß keiner von beiden das erwähnt, was den Juden am
wichtigsten war: die Befleckung des Tempel-Heiligtums.
69
Jos. ant. 14, 82-91; bell. 1, 160-170.
70
Cic. dorn. 23.
71
. Jos. ant. 14, 92-97; bell. 1, 171-174; Dio 39, 56, 5f; Plut. v. Anton. 3, 1-3.
72
Jos. ant. 14, 100-104; bell. 1, 176-178
73
Josephus versucht diesen Zusammenhang aus längst bekannten Gründen zu verschlei
ern, da er die Römer von einer Kollektiv-Schuld an dem Konflikt zwischen Juden und
Römern freisprechen möchte, indem er Vergehen Einzelner verantwortlich macht; so z.
B. wenn er statt des römischen Expansionsdranges den Streit zwischen Hyrkan und Ari-
stobul überhaupt als Ursache ftlr den Verlust der Freiheit darstellt, vgl. bes. Jos. bell. 5,
395f. (aus einer Rede des Josephus, in der er zur Übergabe des Tempels aufforderte, 9.
Kapitel): „Aber wer hat die Römer nun eigentlich gegen unser Volk aufgeboten? Nicht
die Gottlosigkeit (äoEßEia) der Landesbewohner? Woher begann denn unsere Knecht
schaft? (Begann sie) nicht aus dem Zwist unserer Vorfahren, als der Wahnsinn Aristo-
buls und Hyrkans und ihr Streit miteinander Pompeius geradezu herbeirief (EJtfryaYEv)
Anmerkungen 199
und Gott diejenigen, die nicht würdig der Freiheit waren, den Römern unterwarf?" So
kann man auch bei den hier jn Rede stehenden Aufständen deren genuin antirömische
Stoßrichtung nicht immer klar fassen; sie ist erkennbar z. B. ant. 14,82; bell. 1, 160
(Alexanders Versuch, die geschleiften Mauern Jerusalems gegen römische Weisung
wieder aufzurichten); bes. aber ant. 14, 100; bell. 1, 176 (der Versuch Alexanders, alle
römischen Bürger im Lande zu töten), wo die Nähe zur Agitation des Mithridates be
sonders augenfällig ist.
74
Jos. bell. 6, 329 (aus einer Titus-Rede): für die Juden komme die Vernichtung zu
recht, oi Ttpcüxov uev &(p* o$ riou.7if|io<; ETXEV \)|xa<; Korea Kpdxoq OÜK EJia\)aao9e
vecoTcpoTcoiiaq („die ihr von Anfang an, seit Pompeius euch mit militärischer Gewalt
einnahm, nicht mit umstürzlerischen Neigungen aufhörtet").
75
Manche moderne Gelehrte stellen deshalb die von Josephus gegebene chronologische
Reihenfolge um und behaupten, daß das römische Wiederaufbauprogramm der ehemals
jüdischen, seit Pompeius freien Städte den Auslöser ftlr den ersten Alexanderaufstand
abgegeben habe, vgl. A. Schalit (1969), S. 30ff.; E. M. Smallwood (1976), S. 31. Dage
gen zurecht U. Baumann (1983), S. 52; S. 54, Anm. 21.
76
F. M. Abel (1952), S. 292f. („avec la connivence probable du parti anti-pomp6ien").
77
Jos. ant. 14, 83; 100; bell. 1, 176. Diese römischen Bürger traten auf den Plan, als
Alexander Jerusalem wieder befestigen wollte, Jos. ant. 14, 83: otXXoc TOVTOV uiv
a\)TÖv e7t£afcov oi EvGauOa 'Pcou-cuoi („die dortigen römischen Bürger hielten ihn aber
davon ab"). Die Ausdrucksweise Josephus ist dunkel; wer waren oi evGavGa 'Pcou-aToi?
Handelt es sich um einen conventus civium Romanorum? [so A. Schalit (1937), S.
35ff.]. Oder um eine militärische Besatzung zum Zwecke der Überwachung? Ob sie ei
nen solchen Auftrag hatten, ist offen, aber daß sie aufpaßten, dürfte unstrittig sein.
78
Cic. prov.cons. 10: Jam vero publicanos miseros ... tradidit in servitutem Iudaeis et
Syris, nationibus natis servituti. Statuit ab initio, et in eo perseveravit, ius publicano
non dicere; pactiones sine ulla iniuria factas rescidit; custodias sustulit; vectigalis
multos ac stipendiarios liberavit; quo in oppido ipse esset aut quo veniret, ibi publica-
num autpublicani servum esse vetuit („Die armen Publikani übergab er in die Sklaverei
von Juden und Syrern, selbst Völkern zur Sklaverei geboren. Gleich zu Beginn verwei
gerte er den Publikani ihr Recht, und dabei blieb er. Er beschnitt Abkommen, die ganz
ohne Unrecht zustande gekommen waren; er entfernte Wachen; er befreite viele Steuer-
und Leistungspflichtige; in welcher Stadt er selbst war oder in welche er kam, in dieser
durfte kein Publikanus oder der Sklave eines Publikanus sein."). Vgl. zu Gabinius noch
Cic. Sest. 53; de domo 21, 55; Pis. 49; prov. cons. 17; Dio 39, 60, 4; Strab. 12, 3, 34
(558).
79
So kann Dio 39, 56, 6 über Gabinius sagen, daß q>6pov TOI«; 'IO-UÖCUOK; kniia%z („er
erlegte den Juden einen Tribut auf), also Gabinius den Tribut installiert habe: einen
Tribut hatte ja an sich schon Pompeius eingerichtet, aber Gabinius organisierte ihn neu,
vgl. M.Stern (1974), II, S. 355.
80
So eine Mehrheit von Forschern wie E. M. Smallwood (1976), S. 30fT.; M. Stern
(1974), I,S. 204.
81
Sie sind nur knapp referiert bei Jos. ant. 14, 90f; bell. 1, 169f; Dio 39, 56, 5f; Cic.
prov. cons. 10-12.
82
Damit bleibt er natürlich auch oberster Repräsentant der Juden; es ist bei Josephus
auch keine Rede davon, daß Hyrkan „seine Funktion als Ethnarch, damit auch seinen
politischen Einfluß weitgehend verloren hatte", wie U. Baumann (1983), S. 55; E. Schü
rer (1973), I, S. 268f.; E. M. Smallwood (1976), S. 32 („It followed from this that
Hyrcanus lost his secular administrative functions as ethnarch Controlling the whole
country and retained only the High Priesthood") als verbürgt ansehen. Daß Hyrkan zu-
200 Anmerkungen
mindest den Oberbefehl über das Heer behielt (nach Jos. ant. 14, 98f; bell. 1, 175), muß
auch E. M. Smallwood a. O. S. 34, Anm. 45 einräumen.
83
Damit sind die jüdischen Regionen Judäa, Peraea, Galiläa und (vielleicht) Idumäa
einbezogen, wenn die Überlegung von B. Kanael (1957), S. 98-106, richtig ist, daß statt
(des zum größten Teil heidnischen) Gadara Adora bei Jos. ant. 14, 91 (ev raöapou;)
und bell. 1, 170 zu lesen ist; diese Theorie ist weitgehend akzeptiert worden (z. B. von
E. M. Smallwood (1967), S. 89-92; dies. (1976), S. 32; U. Baumann (1983), S. 55 (mit
Anm. 24), dort auch weitere Literatur. Vgl. ferner E. Schürer (1973), I, S. 268 mit Anm.
5. Immerhin steht die doppelte Überlieferung bei Josephus gegen eine solche Lesung.
Ein anderer Vorschlag ist Gazara oder Gezer, vgl. F. M. Abel (1952), S. 292. Für das
uns interessierende Konzept des Gabinius ist diese Frage aber ohne Bedeutung.
84
Jos. ant. 14, 91 sagt ausdrücklich: Kai oi u.ev ajtT|ÄAaYH.evoi 5\)vaaxeia<; ev api-
axoKpaxia ÖITJYOV („befreit von der dynastischen Herrschaft wurden sie aristokratisch
verwaltet"), und bell. 1, 170 (noch deutlicher): dauivax; 6e xfjq e£ evoq eTUKpaxeiaq
eÄ.e\)9epco0evxe<; xö Xotnöv apiaxoKpaxia SICOKOUVXO („gerne ließen sie sich ftlr die
Zukunft eine aristokratische Verfassung gefallen, befreit von der Herrschaft eines
Einzelnen"). Er betont also ausdrücklich die Befreiung von der Herrschaft eines
Einzelnen, nämlich des hasmonäischen Fürsten - und das war ja eine der Hauptforde
rungen der „dritten" antihasmonäischen Partei an Pompeius gewesen. Was Josephus in
des unter Aristokratie im Zusammenhang mit dem jüdischen Gemeinwesen versteht,
sagt er an anderer Stelle im Zusammenhang mit dem Neubau des Tempels unter dem
persischen König Dareios: Kai oi u.ev \)7tep xovxtov eTuSayiA.e'uou.evoi xai^ Gixriau;
Kai xf| rcepi xöv 8eöv cpiXoxiu/ia KaxcpKT|aav ev xotq 'IepoaoX\)p.oi<; rcoXixeia XP&-
u,evoi dpiaxoKpaxiKfj p.exä 6A.iyapxiaq, Jos. ant. 11, 111. Die Juden feierten also das
persische Zugeständnis mit vielen Opfern und Gebeten und „lebten in Jerusalem unter
einer aristokratischen Verfassung, beherrscht von einer kleinen Gruppe" (hier steht der
Begriff Oligarchie). Diese Verfassung blieb bis zum hasmonäischen Königtum
unverändert, so Josephus weiter. Der Zusammenhang der Aristokratie zur von Priestern
bestimmten Theokratie ist offensichtlich, zumindest für den jüdischen Staat.
85
Bei Jos. bell. 1, 170 wird dieser Aspekt im Zusammenhang mit der Verwaltungsre
form beiläufig angesprochen (oi 8e iva cuvxeXüiaiv ei<; 'Ap.aGoövxa, wobei der Be
griff avvxeXeiv im Sinne der nach Amathus zu entrichtenden Steuerzahlungen aufzu
fassen ist).
86
Jos. bell. 1, 178; ant. 14,103 („wie Antipater wollte").
87
Vgl. Jos. bell. 1, 159; 162; 175; 177; ant. 14, 80f; 84; 99; 101.
88
Jos. ant. 14, 89f; bell. 1,168.
89
Vgl. Jos. ant. 14, 87f; bell. 1, 165f.: Gabinius xa<; u.ev ctTiopGfixouq nöXeiq
Ka9iaxdu.evoq, xäq 8e Kaxeaxpau.u,eva<; ävaKxi^cov („einrichtend die Ordnung in den
unbeschädigten Städten, wiederherstellend die zerstörten").
90
Zum Grundsätzlichen vgl. E. Baltrusch (1998a), S. 218ff.
91
Vgl. auchCic. Flacc. 68.
92
Cic. prov. cons. 12 spricht von pactiones cum hostibus de sociis („Abkommen mit
den Feinden über Verbündete").
Weitere Abkürzungen:
ANET - Ancient Near Eastern Texts relating to the Old Testament
bAbot - Traktat Aboth (Sprüche der Väter) des Babylonischen Talmud
bAwoda Zaça - Traktat Awoda Zara (Vom Götzendienste) des
Babylonischen Talmud
bKidduschin - Traktat Kidduschin (von der Antrauung) des
Babylonischen Talmud
bSota - Traktat Sota (Von der Ehebruchsverdächtigten) des
Babylonischen Talmud
CIL - Corpus Inscriptionum Latinarum
CPJ - Corpus Papyrorum Judaicarum
FGrH - Fragmente der Griechischen Historiker
ILS - Inscriptiones Latinae Selectae
Megillat Taanit - Fastenrolle
OGIS - Orientis Graeci Inscriptiones Selectae
Orac. Sib. - Oracula Sibyllina
1 QM - Qumran-Texte, Höhle 1: Kriegsrolle
1 QpHab - Qumran-Texte, Höhle 1, Habakuk-Kommentar
4 QpNah - Qumran-Texte, Höhle 4, Nahum-Kommentar
SEG - Supplementum Epigrahicum Graecum
Syll.3 - W. Dittenberger (Hrsg.), Sylloge Inscriptionum Graecarum
TAM - Tituli Asiae Minoris
TUAT - Texte aus der Umwelt des Alten Testaments
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K. L. Noethlichs, Das Judentum und der römische Staat. Minderhei
tenpolitik im antiken Rom, Darmstadt 1996.
Bibliographie 213
Ptolemaios VIII 104, 186 Seleukiden 17, 42-49, 55, 85, 88,
Ptolemaios IX Soter II 54, 109, 92,99, 107,108,117,152,
121, 192 169, 171, 181, 182, 184
Ptolemaios X Alexander I 121, Simon II, Hohepriester 45, 166
191 Simon, der Makkabäer 58, 83,
Raphia54, 170 91,99, 102-105, 106, 107, 110,
Salmanassar V 23 117, 120, 128, 138, 143, 185,
Salome Alexandra 58, 110, 186
127f., 153, 154 Sparta 98, 100-103
Salomon 22, 26, 193, 197 Syrien 15, 33, 41ff., 72, 108,
Samaria 22, 23, 34, 38, 106, 108, 120, 127ff., 139, 143, 155
109,135, 164,187,188 Tennes 31
Samaritaner 34, 163, 164 Theben, Ägypten 25
Sanballet 32 Theophanes von Milet 193
Sancherib 23, 24, 160 Tiberius Julius Alexander 169
Sargon II 23 Tiglatpileser 159
Scaurus, M. Aemilius 129ff., Transeuphrat (Abar Nahara) 31
138, 141,193, 194 Tryphon99, 102, 183
Scipio (Africanus) 63, 66, 79, Xerxes 31
174 Zenon49f., 164, 165, 167, 171
Scipio der Jüngere 173 Zeuxis55, 165, 166, 197
Zidkija 27
— Sachen —
Achämenidenreich 32, 57 Chasidim55, 91, 105, 172, 173
Apostasie51,52, 169 constitutio Antoniniana 11
Außenpolitik 13, 65-70, 73, 75, deuteronomistische Reform 25ff.
80,86,92,99, 101,105, 106, Diadochen41
111, 138, 152, 153, 155, 173, Diaspora 11, 29, 34, 35, 39, 42,
187 43, 50-52, 57f, 115ff., 149ff,
Autonomie 14, 17, 18,24ff., 31, 169, 170, 172, 186, 189, 191
33, 37ff.,44ff., 61,64, 74ff., Diaspora-Aufstand 12, 157, 191
85; 92, 94, 105, 110, 121, 137, Edikt des Antiochos IV 45-47,
141, 143, 149, 151, 152, 154, 91, 166
157, 164, 178 Eretz Israel 52, 138
babylonisches Exil 21, 28f., 150 Hasmonäer-Staat43, 111, 113,
Bar-Kochba-Aufstand 11, 12, 153
139, 140, 157 Hellenismus 41-59, 78, 112, 151,
Beschneidung 22 164ff.
Namens- und Sachregister 223