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Ernst Baltrusch

Die Juden
und das Römische Reich
Geschichte
einer konfliktreichen Beziehung

Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Einbandgestaltung: Neil McBeath, Stuttgart.

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme


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ISBN 3-534-15585-8
Meinem akademischen Lehrer Jochen Bleicken
Inhalt

Vorwort 9

Einleitung 11
I. „Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs": Die
Herausbildung der jüdischen Religion als politisches Phä­
nomen vom 8. bis 4. Jahrhundert v. Chr 21

IL „Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche


aufgeben": Die jüdischen „väterlichen Gesetze" und der
Hellenismus 41
III. „Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen
niederzuwerfen" Die Römische Republik als Weltmacht 60

IV. „Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen" (1. Makk.


8, 1): Die Juden als „Verbündete und Freunde" im Vorhof
des Römischen Reiches zwischen 164 und 63 v. Chr 85
V. „Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere": Die
Grenzen der Toleranz im Verhältnis des republikanischen
Rom und der jüdischen Diaspora 117

VI.„Wie deren Nachkommen, miteinander im Streit um die


Königsherrschaft, die Römer und Pompeius in die Ange­
legenheiten hineinzogen": Die Einrichtung der römischen
Herrschaft über Judäa und die Ursachen für ihr Scheitern
(63-55 v. Chr.) 129

VII. Zusammenfassung und Ausblick 153


Anmerkungen 159
Bibliographie 201
Namens- und Sachregister 219
Vorwort

Rom und die Juden - wie nah ist dieser Forschungsgegenstand an


unserer Gegenwart und wie sehr widerlegt er auch all jene, die mei­
nen, daß die Alte Geschichte für das Fach Geschichte in Schule und
Universität verzichtbar und höchstens noch eine Spielwiese unendlich
spezialisierter Detailforschung sei. Das Gegenteil ist richtig, und nie­
mand hat das klarer formuliert und in seinem (Eeuvre zum Ausdruck
gebracht als mein akademischer Lehrer in Göttingen, Jochen
Bleicken: „Die Alte Geschichte gehört zu den historischen Fächern,
die auf das historische Bewußtsein der ganzen Gesellschaft reflektie­
ren" (1996). Das vorliegende Buch zu den Wurzeln der jüdisch-euro­
päischen Beziehungen verbindet intensive Quellenforschung mit dem
Blick auf die historische Entwicklung, eine gleichsam typisch
„Bleickensche" Kombination. Daher möchte ich es ihm widmen.
Danken möchte darüber hinaus einigen Personen, die in besonde­
rer Weise die Vollendung dieses Buches mit Rat und vor allem Tat
ermöglicht haben. An erster Stelle muß Frau Renate Meincke genannt
werden, meine Sekretärin, die weit über ihre dienstlichen Verpflich­
tungen hinaus mit ihren Fähigkeiten am Computer und ihrem Arbeits­
einsatz, und das auch in für sie schwierigen Zeiten, das Manuskript
und, mit tatkräftiger und sachkundiger Unterstützung von Herrn Dr.
Robert Schmitt Scheubel, auch die Druckvorlage erstellt hat. Meine
wissenschaftliche Hilfskraft Frau Anke Schumacher hat nicht nur Kor­
rektur gelesen und korrigiert, sondern manche gute Idee beigesteuert.
Mit dem Hellenismus-Fachmann Herrn Dr. Christian Mileta habe ich
viele Einzelfragen vorbesprochen, so daß ich manchen Fehler ver­
meiden konnte. Ein besonderer Dank geht auch an meine Kollegen im
Fach Alte Geschichte am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien
Universität Berlin, den Proff. Alexander Demandt, Volker Fadinger
und Peter Spahn - für die nicht selbstverständliche kollegiale Zusam­
menarbeit.
10 Vorwort

Wie hätte aber das Buch ausgesehen ohne meine Familie? Meine
Frau Dr. Dagmar Beate Baltrusch hat jedes Stadium des Entstehens
begleitet; sie entdeckte sofort, wenn ich mich um Klarheit drücken
wollte, und sie hat in vielen Diskussionen durch ihre Kenntnis der jü­
dischen Geschichte des Mittelalters auch inhaltlich wesentlich beige­
tragen. Meine Tochter Anna-Victoria, nun schon 12, begleitete mit ih­
rer Liebe, ihrem Humor und mit ihrem eindringlichen Klavierspiel
meine Schreibtischtätigkeit. Anni und Lothar Schneider halfen in Co­
burg auf jede nur mögliche Weise - dafür sage ich auch ihnen Dank.
In einer solchen Umgebung fällt die Arbeit leicht.
Einleitung

Noch immer ist die Frage unbeantwortet, warum das Verhältnis


zwischen Römern und Juden in der ersten Phase des Prinzipats (von
Augustus bis Hadrian) eskalierte. Nicht in der für das ganze Reich
katastrophalen Bürgerkriegszeit (49-31 v. Chr.) und auch nicht in der
Zeit der christlichen Kaiser, die ja in gleicher Weise eine Zeit der au­
ßenpolitischen Bedrohungen und der innenpolitischen Belastungen
war, sondern ausgerechnet in der Zeit, die nach antikem wie auch mo­
dernem Urteil die goldene Zeit des Römischen Reiches zu sein schien.
Edward Gibbon betrachtete sie als „die Periode in der Weltgeschichte,
während welcher die Lage des Menschengeschlechts die beste und
glücklichste war"1. Friede, Sicherheit und Wohlstand im Innern, Er­
folge im Äußeren, dazu ein wachsendes Zusammengehörigkeitsgefühl
der Reichsbewohner, gipfelnd in der constitutio Antoniniana von 212
n. Chr., befreiten das Leben der meisten Menschen im gesamten Mit­
telmeerraum auf eine nie zuvor gekannte Weise von Angst und Not.
Dies ist ein Idealbild, gewiß, aber es drückt doch aus, daß der frühe
Prinzipat die friedlichste und wirtschaftlich erfolgreichste Zeit in
Roms Geschichte, nicht nur für die römischen Bürger, sondern auch
für alle Reichsangehörigen war.
In auffälligem Kontrast zu diesem Idealbild steht die Tatsache, daß
die Juden zu dieser „Mutter aller" ein gestörtes Verhältnis hatten, ja
daß die größten Krisen imfrühenPrinzipat, soweit sie von Reichsbe­
wohnern ausgingen, die jüdisch-römischen Konflikte waren. Die Liste
dieser Konflikte hat einen beträchtlichen Umfang; um die wichtigsten
zu nennen:
1. Die Krise in Alexandria zur Zeit Caligulas (38 n. Chr.)
2. Der jüdische Krieg (66-70 n. Chr. bzw. 74 n. Chr.)
3. Der Aufstand der jüdischen Diaspora (115-117 n. Chr.)
4. Der Bar-Kochba-Aufstand (132-135 n. Chr.)
Vier große Konflikte und Aufstände also in einem Zeitraum von
nicht einmal 100 Jahren - diese Bilanz läßt schon auf den ersten Blick
erkennen, daß es im Verhältnis der Römer und Juden zueinander nicht
12 Einleitung

stimmte. Wenn man dazu weiß, daß beide Seiten nicht von Anfang an
einander feindlich gegenüberstanden und Rom das kleine Judäa 63 v.
Chr. und 6 n. Chr. nicht allein mit militärischer Gewalt seinem Reich
eingegliedert hat, daß viele Juden diese Einbeziehung in das Römische
Reich geradezu herbeiwünschten und zu diesem Behufe sogar Ge­
sandte abgeschickt und in Rom vorstellig wurden, erscheint die Ent­
wicklung dieses Verhältnisses noch unerklärlicher.
Die vorliegende Untersuchung hat sich deshalb ein im Kern histo­
risches Ziel gesetzt. Es geht darum, das bis heute nicht wirklich er­
klärte Phänomen der jüdisch-römischen Katastrophe zu erforschen.
Allein die Häufigkeit und die Heftigkeit der Zusammenstöße zwischen
Juden und Römern mahnen, in ihnen mehr als situationsbedingte kurz­
fristige Reibungen zu sehen. Ohne den kontinuierlichen Blick auf die
inneren Entwicklungen beider Kontrahenten, auf die politischen und
geistigen Veränderungen, wie sie sich auf beiden Seiten nicht nur vor
der Katastrophe, sondern gerade auch vor dem Zusammentreffen zwi­
schen Juden und Römern im Jahre 63 v. Chr. ergeben haben, kann
man die Ursachen für die Spannungen zwischen Juden und Römern
nicht ergründen.2
Es fehlt natürlich nicht an Erklärungen für diese Konflikte, für den
jüdischen Krieg, für den Diaspora-Aufstand und für den Bar-Kochba-
Aufstand. Das erste Manko dieser Erklärungen jedoch besteht darin,
daß jeder Aufstand für sich genommen wurde, daß man nach den Ein­
zel-Ursachen für diese oder jene Krise fragte, ohne das Aufstandsjahr­
hundert als Ganzes zu betrachten. Das ist ein zutiefst historisches
Manko. Wenn man zum Beispiel die Ursachen des Jüdischen Krieges
von 66 n? Chr. erforschen will, ist es zu wenig, nur die politischen
Entwicklungen in der Region zwischen 44 und 66 n. Chr. oder auch 6
und 66 n. Chr. zu berücksichtigen, aber den Blick nach Rom zu
scheuen und langfristig aufgebaute politische und gesellschaftliche
Strukturen zu vernachlässigen. So kam es, daß eine Reihe von moder­
nen Studien fehlerhaftes Verwalten der Provinz Judäa durch die über­
forderten ritterständischen Statthalter ausmachten und in persönlichem
Fchlverhalten die Aufstandsursache erblickten.3
Unser ältester Gewährsmann und Erforscher der jüdisch-römi­
schen Beziehungen, Flavius Josephus, machte diesen Fehler auch; er
war aber als Jude und Römer zugleich in einem Zwiespalt und daher
voreingenommen. Als Apologet der Juden einerseits und Advokat der
Römer andererseits war er mehr der Beschwörung eines gedeihlichen
Auskommens miteinander zugetan denn der Erforschung von Miß-
Einleitung 13

ständen und Zwietracht. Weit entfernt davon, strukturelle Antagonis­


men zwischen Juden und Römern im 1. Jahrhundert n. Chr. aufzudek-
ken, suchte er lieber seine Erklärung für den von ihm mitangeführten
antirömischen Ausbruch der Juden im Versagen von Einzelpersonen
und in der Radikalität von Eiferern auf beiden Seiten. So vermied er
eine Grundsatzdebatte.
Eine andere Erklärung für den Dissens zwischen Römern und Ju­
den bot vielen Autoren die jüdische Religion. Danach war die gleich­
sam präexistente, unwandelbare jüdische Gottesverehrung und das mit
dieser untrennbar verbundene Gesetz, die Thora, der Maßstab, an dem
die Juden die sie umgebenden politischen Verhältnisse bewerteten.
Weil diese Religion bedroht war, lehnten sich die Juden gegen die
Vormacht auf. Da nun aber irgendwann auch die jüdische Religion
„entstanden" sein muß, ist auch hier historisch nachzufragen, wie sich
diese Entstehung vollzog: Ob also das Leben der Juden unter Babylo-
niern, Persern und Griechen unter einem ähnlichen „Diktat" der Reli­
gion stand, oder ob nicht gerade politische Wandlungen diese Religion
selbst verändern konnten, welche Rolle die jeweilige Vormacht dabei
spielte und warum eine gedeihliche Zusammenarbeit mit Rom offen­
kundig nicht möglich war. Eine besondere Deutung der jüdischen Re­
ligion hat vor nicht langer Zeit H. G. Kippenberg vorgeschlagen.4 Er
verwendet den Begriff „pragmatische Religion" und konstatiert ganz
richtig, „... daß mit der jüdischen Religion in der Antike eine spezifi­
sche politische Bedeutung verknüpft worden war, die es Juden er­
laubte, Ansprüche auf die Bildung autonomer Bürgergemeinden zu
erheben."5 Diese Erkenntnis gilt es historisch zu überprüfen und zu
erweitern.
Diese Überlegungen bringen ein weiteres Defizit ans Licht, das
vielen Untersuchungen des jüdisch-römischen Verhältnisses anhaftet.
Wohl ist das Besondere, Einzigartige an den jüdischen Untertanen im
Vergleich mit anderen Untertanen des Römischen Reiches schon
lange konstatiert seit Cicero, Tacitus und Augustin und auch in mo­
derner Zeit (in bezug auf die Religion) immer wieder betont worden.
Daß auch das römische Weltreich nicht alltäglich war, daß es im Ver­
gleich zu seinen Vorgängern anders, etwas Besonderes und Einzigar­
tiges war, ist bislang noch niemandem so aufgefallen, daß er diese Er­
kenntnis für die Erforschung des Verhältnisses zu den Juden nutzbar
gemacht hätte. Die römische Verfassung, die Außenpolitik und die
Reichsverwaltung mögen an dieser Stelle als Stichworte für das Be­
sondere der Römer genügen, das ja die Untertanen massiv betraf. Er-
14 Einleitung

klärungen zum Verhältnis zwischen Juden und Rom müssen deshalb


auch die römische Seite berücksichtigen: Nicht nur die Untertanen,
sondern auch die Vormacht muß auf ihre inneren Entwicklungen hin
geprüft werden.
Erforscht werden muß darüber hinaus, welche Vorstellungen beide
Seiten von Herrschaft bzw. von Autonomie hatten. Hier scheint es
gravierende Unterschiede gegeben zu haben. Das ist erkennbar an den
Vorgängen, die zu einer direkten Beherrschung des jüdischen Gebie­
tes durch Rom führten. Es gab jedenfalls im Grundsatz keine Vorbe­
halte, ein Herrschaftsverhältnis zu etablieren, weder von den Römern
noch von den Juden. Anders verhielt es sich mit der Ausgestaltung
dieses Herrschaftsverhältnisses. Wenn die Römer den Begriff Auto­
nomie für ihre Untertanen in klassischem griechischen Sinne ausleg­
ten und meinten, damit auch die jüdischen Untertanen zufrieden stel­
len zu können, so war das ganz offensichtlich falsch. Wir können
diese Differenzen gerade deshalb so genau verfolgen, weil zweimal
römische Interventionen von jüdischer Seite geradezu herbeigeführt
wurden und beide Male die Erwartungen beider Seiten enttäuscht
wurden. Es sind dies die Eckdaten des jüdisch-römischen Verhältnis­
ses, die Jahre 63 v. Chr. und 6 n. Chr., als wesentliche Weichenstel­
lungen, hier die Einrichtung Judäas als Provinz, dort als abhängiges
Fürstentum, vorgenommen wurden und in beiden Fällen sowohl der
Wille Roms, ein „guter Herr" zu sein, als auch der Wille der Juden,
„gute Untertanen" zu sein, klar erkennbar waren. Aber beide Male
wurden die Hoffnungen und Erwartungen enttäuscht. Man hatte offen­
sichtlich ein unterschiedliches Verständnis von „Autonomie", und
deshalb müssen die jeweiligen Autonomie-Konzeptionen herausgear­
beitet werden. Ein Schwerpunkt der Untersuchung liegt deshalb auf
den Motiven für die Entscheidungen des Jahres 63 v. Chr.
Eine historisch argumentierende Erforschung des jüdisch-römi­
schen Verhältnisses ist ein Desiderat. Verbreitet ist dagegen ein ande­
rer Weg, sich diesem Verhältnis zu nähern, und dieser Weg hängt mit
der Quellenlage zusammen. Nun muß ein Historiker für sein Thema
alle verfügbaren Quellengattungen heranziehen und nach ihrer jewei­
ligen Wertigkeit interpretieren. Dies auszusprechen ist gewiß banal,
scheint mir aber angesichts heute üblicher Tendenzen in der Erfor­
schung jüdisch-römischer Beziehungen nicht überflüssig zu sein. Was
den Quellenbestand angeht, ist nun nicht zu bestreiten, daß er in den
letzten Jahrzehnten stark angestiegen ist. Jüdische Inschriften aus na­
hezu allen Teilen des Reiches, Papyri aus Ägypten und Palästina so-
Einleitung 15

wie die umfangreichen archäologischen Grabungen sind geeignet, un­


ser Wissen über das Alltagsleben der Juden in einzelnen Städten des
Reiches, über regionale Bestattungssitten, über kulturelles und religiö­
ses Leben der Juden, ihre Verbindungen zu ihren heidnischen Nach­
barn, auch über von außen kommende Einflüsse auf jüdisches Leben
bzw. jüdischen Einfluß auf ihre Nachbarn zu bereichern. Eine bedau­
erliche (Neben-)Folge dieser intensiven Forschertätigkeit ist nun aber,
daß allzu bereitwillig Inschriften und Papyrus-Dokumente für sich ge­
nommen und zu wenig in den allgemeinen historischen Zusammen­
hang eingeordnet werden, so daß Besonderheiten verallgemeinert
werden, langwierige historische Prozesse zunehmend weniger berück­
sichtigt, schließlich sogar geleugnet werden. Nicht also die Tatsache
sich innerhalb kurzer Zeitphasen wiederholender Aufstände von Juden
im ganzen Römischen Reich, nicht die in der literarischen Überliefe­
rung allerorten greifbare Ablehnung der Juden durch Heiden,6 auch
nicht die nachweisbaren Konflikte zwischen Juden und ihren Nach­
barn in vielen Städten Palästinas, Ägyptens, Syriens und anderswo be­
stimmen das Bild moderner Gelehrter vom Leben der Juden im Römi­
schen Reich. Vielmehr, so liest man in der wissenschaftlichen Litera­
tur immer häufiger, seien die Synagogenanlagen in der östlichen
Reichshälfte oder die Inschriftenfunde in Rom aussagekräftig genug,
um ein „im Großen und Ganzen" ungestörtes Miteinander von Juden
und Römern bzw. Heiden zu belegen.7 Daß Juden die griechische und
lateinische, aber nur selten die hebräische Sprache verwandten, be­
sondere Begriffe, die archäologisch erwiesene Tatsache, daß sich
Synagogen eng an heidnische Stadtzentren anschlössen, all das wird
als ein Beweis für dieses Miteinander angeführt. Die unterschiedli­
chen Religionen von Juden und Heiden seien kein Hinderungsgrund
für ein gutes Zusammenleben gewesen; schließlich gelte das auch für
die vielfältigen Religionen der Mittelmeerwelt ganz allgemein. Man
müsse sich, so kann man weiter lesen, die antike Welt als einen
„Marktplatz" der unterschiedlichsten Religionen vorstellen, aus dem
sich jeder das aussuchte und gleichsam einkaufte, was ihm gerade zu­
sagte und in den Sinn kam. Aus einem disparaten Quellenbestand
werden bequeme und als allgemeingültig betrachtete Schlüsse gezo­
gen. So führen uns all diese „Entdeckungen" in den zentralen Fragen
des Zusammenlebens zwischen Juden und ihren Nachbarn und des
Verhältnisses zwischen jüdischen Untertanen und dem römischen
Staat nicht weiter.
16 Einleitung

Unproblematisch kann das Verhältnis zwischen Juden und Römern


nicht gewesen sein, denn wie wäre es zu den dramatischen Konflikten
gekommen? Es gibt verschiedene mögliche Erklärungen, warum sich
die Integration der Juden in das Römische Reich so schwierig gestal­
tete. Daß sie nicht so gelang, wie bei allen anderen Völkerschaften
konstatierte schon Augustin: Iudaei... manent cum signo; nee sie victi
sunt, ut a victoribus absorberentur („Die Juden bleiben gezeichnet; sie
sind nicht so besiegt worden, daß sie von den Siegern aufgesaugt wur­
den"),9 und: Per omnes gentes manent certe (sc. Iudaei), et Iudaei
sunt, nee destiterunt quod erant: id est, gens ista non ita cessit in iura
Romanorum, ut amiserit formam Iudaeorum; sed ita subdita Romanis
est, ut etiam leges suas teneat, quae leges sunt dei („Sie bleiben in al­
len Völkern Juden, und sind Juden, und sie haben nicht aufgehört, zu
sein, was sie waren: das heißt, dieses Volk ist nicht so integriert wor­
den [= cessit in iura Romanorum], daß es das Jüdische abgelegt hätte;
sondern es ist so den Römern Untertan, daß es sogar seine Gesetze be­
hält, welches die Gesetze Gottes sind").10 Für diese Sonderstellung,
die Augustinus beobachtet, sind mehrere Erklärungen denkbar. Eine
könnte die religiös-kulturelle Unvereinbarkeit beider Seiten sein, eine
andere die wirtschaftliche bzw. politische Unterdrückung seitens der
römischen Vormacht. Vielleicht war es auch der nationale Freiheits­
drang der Juden, der sie von einer Einbindung in den römischen Staat
abhielt. Oder es könnten aktuelle politische Anlässe Spannungen zwi­
schen beiden Seiten ausgelöst haben. Weiterhin wäre an Einflüsterun­
gen durch einflußreiche Einzelpersonen, wie zum Beispiel für den Io­
nischen Aufstand der Milesier Aristagoras mit seinen persönlichen
Interessen verantwortlich gewesen sein soll, oder durch politisch-reli­
giöse Gruppierungen zu denken. Oder aber die jüdischen und römi­
schen Vorstellungen über die Folgen einer Reichsintegration gingen
von Anfang an weit auseinander, und als die jüdische Seite endlich
bemerkte, wohin der römische Hase (oder sollte man sagen: die römi­
sche Wölfin?) lief, war es für eine Umkehr schon zu spät; und ebenso
begriffen die Römer erst ganz allmählich, daß die jüdischen Unterta­
nen in anderer Weise als Griechen oder die Barbaren „unzivil isierter"
Regionen im Westen zu behandeln waren.
Hätten die Römer die Geschichte Judäas studiert, hätten einige
Mißverständnisse zwischen ihnen und ihren jüdischen Untertanen
ausgeräumt werden können. Vor allem aber hätten sie erkannt, daß die
Juden von ihren bisherigen Vormächten - den Assyrern, Babyloniern,
Persern und Griechen - gewiß nicht immer konfliktfrei beherrscht
Einleitung 17

worden waren, daß aber Risse im gegenseitigen Verhältnis durchaus


gekittet werden konnten. Selbst das für die Juden existenzbedrohende
Religionsverbot des seleukidischen Königs Antiochos IV hatte trotz
weitreichender Auswirkungen für die innerjüdische Entwicklung doch
nicht die Konsequenz, daß Juden die Zusammenarbeit mit Griechen,
seien es Ptolemäer, seien es Seleukiden, daraufhin verweigert hätten.
Andererseits hätten auch die Juden Lehren aus der römischen Ge­
schichte ziehen können, wenn sie zum Beispiel den Zusammenhang
von Reichsentwicklung und innerer Krise oder die römische Interpre­
tation von Autonomie zur Kenntnis genommen hätten - ihre Vorstel­
lungen von den Vor- und Nachteilen einer Zugehörigkeit zu diesem
Reich wären wohl erheblich realistischer ausgefallen. Nicht, daß Rom
eine antijüdische Politik von vornherein intendierte. Eher das Gegen­
teil war der Fall, wenn man die allgemeinen Prinzipien im Umgang
mit Untertanen seit Pompeius oder die Prinzipien der Provinzialpolitik
des Prinzipats und die spezifisch auf die Juden bezogenen politischen
Verfügungen der ersten Kaiser - von Caesar bis Claudius - in Erwä­
gung zieht. Es ging um etwas anderes, viel grundsätzlicheres. Rom
unterschied sich von allen anderen Vormächten, mit denen es die Ju­
den bis dahin zu tun gehabt hatten, in einer ganz besonderen Weise:
Es war eine verfaßte Ordnung, eine Republik - auch der Prinzipat war
ja dem Anspruch nach nichts anderes als eine res publica restituta -,
ein Rechtsstaat. Die folgende Untersuchung wird von diesem meines
Erachtens zentralen Aspekt im Verhältnis zwischen dem römischen
Staat und den Juden ausgehen.
Aus diesen Überlegungen ergeben sich die Schwerpunkte der Un­
tersuchung nahezu von selbst. Folgende Themen müssen vertiefend
behandelt werden:
1. Die Entwicklung der jüdischen Religion als ein politisches Phä­
nomen. Diese Religion soll nicht als etwas Präexistentes, Unwandel­
bares betrachtet werden, von dem in den Augen der Juden das Ver­
hältnis zur Vormacht jeweils positiv oder negativ bestimmt wird.
Vielmehr muß umgekehrt gefragt werden, wie die jeweiligen (außen­
politischen Verhältnisse die Entwicklung der Religion beeinflußt ha­
ben und ob nicht hinter der seit Hiskija (8. Jahrhundert v. Chr.) nach­
prüfbaren Ausbildung wesentlicher Strukturelemente der jüdischen
Religion ein ausgeprägter Freiheitsdrang steckt und die Religion also
zu einem Mittel wurde, Autonomie von der Vormacht zu erlangen.11
Der historische Rahmen ist deshalb weit abzustecken und orientiert
sich an den, das jüdische Gemeinwesen beherrschenden Vormächten,
18 Einleitung

also den Assyrern, Babyloniern, Persern und Griechen. Zentral ist da­
bei das Verhältnis von „Reichsrecht" und „Volksrecht" (Mitteis) in
den jüdisch bewohnten Regionen. Auf diesem Diskussionsfeld gibt es
gerade in letzter Zeit interessante Ansätze, wie P. Freis These von der
„Reichsautorisation" und Lokaltradition.12
2. Parallel dazu ist zu fragen, wie sich das römische Herrschafts­
verständnis herausbildete, welche Formelemente römischer Herrschaft
es gab und was römische Herrschaft nicht nur provinzialer, sondern
auch patronaler Natur von ihren Untertanen erwartete. Diese Frage­
stellung erfordert einen zeitlichen Rahmen vom Beginn des römischen
Ausgreifens über Italien hinaus, also vom Ersten Punischen Krieg
(264-241 v. Chr.) an. Man muß herausfinden, ob die Ende des
3./Anfang des 2. Jahrhunderts allgegenwärtige Verleihung der Auto­
nomie an die Untertanen durch die Römer dem materiellen Inhalt nach
den Autonomievorstellungen des jüdischen Gemeinwesens entsprach.
Denn von der Beantwortung dieser Frage hängt ab, ob die Startbedin­
gungen römischer Herrschaft über jüdische Gemeinden günstig waren.
Auf der römischen Seite ist ferner die Verfassungsfrage zu erörtern.
Die Stellung der Juden hing nur während der römischen Herrschaft
von Institutionen, sonst dagegen von Einzelpersonen (Königen) ab.
Hier ist, auch wenn man Analogien zum Mittelalter hinzuzieht (Karo­
linger, Ottonen, Stadtherren während der Kreuzzüge), nach Auswir­
kungen verfassungsrechtlicher Unterschiede der Vormächte auf die
Juden zu fragen.
3. Da die römisch-jüdischen Beziehungen im Jahre 164 v. Chr.
gleichsam bei Null begannen, sollen in einem dritten Schritt Form und
Inhalt dieser ersten Kontakte geprüft werden. Dabei dürfen weder die
Erwartungen und Hoffnungen, die beide Seiten mit der Herstellung
eines ausgewogenen und stabilen Vertragsverhältnisses verbanden,
aus den Augen verloren werden noch der Zusammenhang zwischen
der beiderseitigen inneren Entwicklung und der gegenseitigen Haltung
zueinander.
4. Dazu kommt ein weiterer, für die römische Herrschaftsaus­
übung zentraler Aspekt. Wie entwickelte sich das Verhältnis zwischen
Juden und Griechen in Palästina und den Diaspora-Gemeinden, nach­
dem Rom aufgetaucht war und nachdem es die Herrschaft zunächst
über einzelne Diaspora-Gemeinden, seit 63 n. Chr. über Palästina
übernommen hatte? Dem Dreiecksverhältnis zwischen Juden-Römern-
Griechen kam reichsweit eine entscheidende Bedeutung für die römi-
Einleitung 19

sehen Herrschaftsziele „Ruhe und Ordnung" zu, so daß die Positions­


bestimmung der Römer für die Lage der Juden entscheidend wurde.
5. Und schließlich: Viele moderne Forscher betonen, daß Rom,
wenn es direkte oder indirekte Herrschaft übernahm, wenig an den re­
gionalen Verhältnissen änderte; die Untertanen hätten lediglich neue
Herren erhalten.13 Zu fragen ist, was dieses „wenig" tatsächlich be­
deutete und wie Rom seine Herrschaft sichtbar, aber auch unsichtbar,
allmählich etablierte.
Eine auf diese Fragen sich gründende Untersuchung ist vielver­
sprechend, da sie gleichsam von Null, nämlich den ersten (freund­
schaftlichen) Kontakten zwischen Juden und Römern ausgehen und
das Verhältnis gründlich und historisch nachzeichnen kann. Es geht
zunächst um die Voraussetzungen, und darum schließt das Buch
wohlüberlegt gerade mit dem Beginn der römischen Herrschaft über
Palästina durch Pompeius und den ersten sechs Jahren dieser Herr­
schaft (bis Gabinius). Noch mehr berechtigt die Quellenlage zu Opti­
mismus. Denn die Auffassungen beider Seiten sind uns in schriftli­
chen Zeugnissen überliefert, wobei die jüdischen Quellen zu dem
konkreten Verhältnis zwar in der Überzahl gegenüber den latei­
nisch/griechischen Deutungen sind; dafür allerdings können wir auf
eine Fülle von römischem Material bezüglich der Reichsverwaltung in
der Römischen Republik zurückgreifen und dieses auf das Klientelfür­
stentum (bzw. später die Provinz) Judäa in Anwendung bringen. Es
gibt bisher keine Monographie oder auch nur Aufsätze, die sich mit
diesem Phänomen auseinandersetzen; die bisherige Forschung ist ge­
tragen von isolierten Einzelbetrachtungen. So handelt denn dieses
Buch von der politischen Existenz jüdischer Gemeinwesen unter
Fremdherrschaften im Zeitraum von 727-55 v. Chr.
/.
„ Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs ":
Die Herausbildung der jüdischen Religion als politisches
Phänomen vom 8. bis 4. Jahrhundert v. Chr.

Das Verhältnis von Juden und Römern war schwierig und mündete
in einer Katastrophe - drei großen Kriegen und der Zerstörung des
Tempels in Jerusalem im Jahre 70 n. Chr. Warum aber kam es zu die­
ser Katastrophe? Schließlich war die Beziehung zwischen Juden und
Römern zunächst „unbelastet", begann gleichsam bei Null und hatte
deshalb gute Startbedingungen. Ebenso mangelte es nicht an gutem
Willen zur Verständigung auf beiden Seiten.
Das Bild, das sich die griechisch-römische Welt von den Juden
gemacht hat, war ausschließlich durch deren Religion geprägt,2 und
diese soll deshalb in ihrer Ausbildung und in ihrer Bedeutung für das
Selbstverständnis des jüdischen Volkes untersucht werden. Die Mei­
lensteine der Untersuchung sind jene Ereignisse und Zäsuren inner­
halb der Geschichte des Judentums, bei denen von Kultreformen die
Rede ist und bei denen die Religion eine zentrale Rolle im Politischen
einnahm. Namentlich sind dies:
1. die Regierungszeit Hiskijas, des Königs von Juda (716-687 oder
wohl richtiger 727/6-700 v. Chr.);
2. die Regierungszeit Josijas, ebenfalls König von Juda (wohl
639/8-609 v. Chr.);
3. das babylonische Exil (587-539 v. Chr.);
4. das Wirken Nehemias und Esras zur Zeit der persischen Herr­
schaft (Mitte/Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr.);
5. die Zerstörung des Tempels von Elephantine im Jahre 410 v.
Chr. durch die Ägypter;
6. der Makkabäeraufstand (seit 165 v. Chr.) und seine Folgen.
Am Ende dieser Entwicklung hatte sich Jerusalem eine Religion
geschaffen, die sich in den meisten Belangen von den Religionsvor­
stellungen seiner Umgebung unterschied: einem rigorosem Monothe-
22 Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs

ismus,3 einem Gesetzbuch, einem Tempel als identitätsstiftendem


Zentrum in Jerusalem, einer religiösen und politischen Mitte in Gestalt
des Hohepriesteramtes, ferner in Gesetzen und Vorschriften, wie der
Beschneidung, strengen Speisevorschriften (die im übrigen für sich
genommen sehr stark die Abgrenzung von der Umwelt betonen, wie
etwa Leviticus 11 deutlich macht), der strikten Einhaltung eines Ru­
hetages, des Sabbat, auch der Zentralisation des Kultes in Jerusalem.
Schon diese bloße Aufzählung läßt keine Zweifel an der politischen
Dimension der jüdischen Religion, denn sie regelte das öffentliche
Leben und die Verehrung Jahwes gleichermaßen. Ihre Herausbildung
kann daher adäquat nur in der Zusammenschau der außen- und innen­
politischen Entwicklungen verstanden werden. An einer wichtigen Zä­
sur in der religiösen Entwicklung, mitten im Aufstand der Juden ge­
gen die seleukidische Herrschaft, trafen Jerusalem und Rom zum er­
sten Mal zusammen - beide mit politischen Ordnungen ausgestattet,
deren Kompatibilität sich alsbald erweisen mußte.

Hiskija

Mit dem König Hiskija (wohl 727/6-700 oder 716-687 v. Chr.)


setzt der Prozeß einer religiösen (und dann auch politischen) Sonder­
entwicklung der Juden ein. Die Gründe dafür hängen zum einem mit
der assyrischen Macht, zum anderen mit der Verkleinerung des jüdi­
schen Territoriums zusammen, das kaum über Jerusalem hinauslangte.
Dieser König des Südreiches Juda nahm unter dem Eindruck der assy­
rischen Bedrohung eine richtungsweisende Weichenstellung vor und
steht daher am Anfang der historischen Untersuchung über den Cha­
rakter der jüdischen Religion.
Nachdem sich das Großreich Davids und Salomons seit 931 v.
Chr. in das Nordreich Israel (um Samaria) und das Südreich Juda (um
Jerusalem) aufgespalten hatte, begann die Entwicklung, die die Juden
unter fremde, d. h. zunächst assyrische, dann babylonische, persische
und makedonische Herrschaft brachte.4 Die Bücher des Alten Testa­
mentes, insbesondere die Königs- und Chronikbücher sowie die Pro­
pheten, kommentierten diese historische Entwicklung; ihre Aufgabe
war es, die durch diesen Prozeß hervorgerufenen Leiden der Juden zu
erklären, und es konnte keine andere Erklärung geben als die, daß
Gott mit den Juden haderte, weil sie ihn nicht richtig verehrten, weil
sie sich den Nachbarn anbiederten, indem sie Götzen auf Anhöhen
anbeteten, weil sie seine Gesetze nicht befolgten.5
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs 23

Bald nach der Spaltung des David-Reiches zogen dunkle Wolken


am Horizont auf, die von mächtigen und bedrohlichen Reichen kün­
deten. Das mächtigste war das neuassyrische Reich, das sich seit dem
Ende des 9. Jahrhunderts immer weiter ausdehnte und dem am Ende
des 8. Jahrhunderts v. Chr. das Nordreich Israel zum Opfer fiel: Be­
reits seit 738 v. Chr. in dem Status eines Vasallenstaates, wurde Sama-
ria 721 v. Chr. nach Loslösungsversuchen Hoseas, des Königs von Is­
rael, von den assyrischen Königen Salmanassar V und Sargon II ein­
genommen, Angehörige der Oberschicht wurden deportiert und Sama-
rien zur assyrischen Provinz gemacht. Juda um Jerusalem blieb ver­
schont, aber die Lage war für das kleine Königreich fatal: Im Norden
lauerte das übermächtige Assur, im Süden Ägypten, das sich gleich­
falls von Assur bedroht fühlte. Juda lag als „Durchmarschgebiet" zwi­
schen beiden. Im näheren Umfeld befanden sich dazu die von den As-
syrern bereits einverleibten oder bedrohten Städte und Regionen. In
einer politisch derart verzweifelten Situation, in der Gottvertrauen
wahrlich vonnöten war, waren für die Juden in Jerusalem zwei Wege
denkbar: Sie konnten die Übermacht der Assyrer anerkennen und ei­
nen Vasallenstatus akzeptieren,6 oder aber sich der assyrischen Macht
zur Erhaltung der Selbständigkeit widersetzten. Hiskija hat sich, wenn
man den Quellen glauben darf,7 für den zweiten Weg entschieden.8 Im
einzelnen ist auch heute noch vieles umstritten, was diese über Hiskija
berichten,9 aber die Grundzüge seiner Herrschaft sind unstreitig: Er­
stens widersetzte er sich den assyrischen Einverleibungsversuchen Ju­
das, und zwar durchaus mit Erfolg, und zweitens reformierte er den
jüdischen Kult.
Die Einzelheiten dieser Reform sind gleichfalls kaum zu rekon­
struieren, aber die politische Zwangslage, in der sich Juda im Krieg
gegen die Assyrer befand, läßt zumindest eine Tendenz erkennen: Die
Stadt Jerusalem, auf die Hiskija von Sancherib beschränkt wurde,
wurde nicht nur baulich,10 sondern vor allem auch kultisch „ver­
stärkt".11 Insbesondere schaffte Hiskija die „Höhen" ab (rnonn; xct
\)\|/eXd; excelsä), zertrümmerte die „Malsteine" (jmson; axfiXai;
statuae), zerschlug die „Ascheren" (müKn; TCC aXar\\ luci). Das be­
deutete: Die Symbole „im Land" wurden aufgegeben zugunsten der
Verehrung Jahwes im Tempel zu Jerusalem. Hiskija praktizierte, was
der Prophet und Gottesmann Jesaia, wenn auch noch konsequenter,
vorgedacht hatte:12 Das einzig wirksame Mittel gegen die numerische
Überlegenheit der Feinde konnte nur die Unterstützung durch Jahwe
sein.13 Jesaia hatte deshalb jedes Bündnis mit fremden Mächten wie
24 Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs

Ägypten und sogar die Befestigung Jerusalems abgelehnt. Assur, so


lautete sein Credo, fällt allein durch das Schwert des „Nicht-Mannes",
das Schwert eines „Nicht-Menschen" wird es fressen (EPK-KV? und
D"iK-xV?; der Septuaginta-Text gibt den Text nicht so pointiert wieder:
o\) p.dxccipa 6cv5po<; o\)5e n&xocipcc avQpdmo'ü KaxacpccyeTat GCÜTÖV;
in der Vulgata wieder et cadet Assur in gladio non v/W, bzw. gladius
non hominis).14 Hiskija nahm diese Ideen auf, bekämpfte den Götzen­
dienst und stärkte die Verehrung Jahwes in Jerusalem. Welche auch in
die Zukunft reichende Wirkung mußte es daher haben, daß Jerusalem
tatsächlich bei der Belagerung durch Sancherib nicht von den Assy-
rern eingenommen werden konnte.15 In den Augen der Bewohner Je­
rusalems hatte also die Politik Hiskijas den Weg zur Rettung gewie­
sen,16 und „Rettung" konnte nichts anderes heißen als: Autonomie,
Unabhängigkeit von Fremdherrschaft.17 Ein wesentlicher Bestandteil
dieser Autonomie - der griechische Begriff heißt ja nichts anderes als
„nach seinen eigenen Gesetzen zu leben" - betrifft das Verhältnis der
Menschen zu den Gottheiten, die sie verehren und von denen sie sich
Schutz vor Gefahren erhoffen. Diesen Zusammenhang drücken auch
die vorausgehenden Botschaften Sancheribs an Hiskija aus:18 All die
vielen lokalen Gottheiten hatten ihre Städte nicht gegen die assyrische
Macht schützen können - deshalb wird, so drohte Sancherib, sich auch
Jahwe dieser Macht als unterlegen erweisen, und der Verlust der Au­
tonomie wird „gerecht" sein. Schon Sancherib stellte also den Zu­
sammenhang zwischen Religion und politischem Status her; je mäch­
tiger ein Staat ist, um so stärker müsse die jeweils verehrte Gottheit
sein. Daß Jerusalem schließlich nicht eingenommen wurde, bewies
folgerichtig die Allmacht Jahwes vor aller Augen, und den Juden au­
ßerhalb Jerusalems wurde darüber hinaus deutlich gemacht, daß
Jahwe in Jerusalem zu verehren sei, wenn sie wirklich beschützt wer­
den wollten. Autonomie und Unabhängigkeit waren unmittelbare Fol­
gen der Verehrung eines „wirklichen" Gottes, einer „richtig" ausge­
übten Religion, deren politischer Charakter, in bezeichnender Abände­
rung der Position Sancheribs, hier zum ersten Mal offenbar wurde.
Die Lehre, die man aus Hiskijas Politik ziehen konnte, war neu,
gleichzeitig sehr einfach und darum wirkmächtig: Die Selbstidentifi­
zierung der Juden mit einem einzigen Gott, der sich markant von der
übrigen Götterwelt unterscheidet, ist angesichts des realen politischen
Kräfteverhältnisses das einzige Mittel, die Autonomie zu wahren. Ist
man im Kampf um die Unabhängigkeit erfolgreich, so verdankt man
sie der Allmacht Jahwe, ist man unterlegen, so will Jahwe wegen der
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs 25

Verfehlungen gegen ihn nicht helfen. Autonomie ist also etwas Höhe­
res als bloße Eigenstaatlichkeit und kann deshalb auch nicht gewährt
werden, etwa von einer Vormacht; sie liegt vielmehr in der sakralen
Ordnung begründet, die sich jeglicher Disponibilität entzieht, selbst
dann, wenn äußere Mächte die jüdische Eigenstaatlichkeit bedrohten.
Die spätere jüdische Deutung der Geschichte, die besonders Kö­
nigsbücher und Chroniken durchzieht, ist in diesem Sinne folgerich­
tig: Die Könige Israels und Judas, welche wie Hiskija den Weg zur
Autonomie verfolgten, „taten das Rechte in den Augen Jahwes", alle
anderen „taten, was Böse in den Augen Jahwes war, indem sie den
Greueln der Völker folgten". Ein solches Urteil traf den Nachfolger
Hiskijas, Manasse (etwa 687-642 v. Chr.), der als Vasall Assyriens
unter den Königen Asarhaddon und Assurbanipal auch in assyrischen
Quellen auftaucht und besonders dem religiösen Synkretismus nach­
hing; beides, Vasallität und Synkretismus, gehörte ja zusammen.19 In
Juda gab es zwei miteinander um den richtigen Weg im Umgang mit
der assyrischen Macht konkurrierende Gruppen,20 denn die außenpo­
litische Lage Judas war weiterhin bedrängt, und Assyriens Macht er­
streckte sich seit 667 v. Chr. sogar bis nach Theben/Ägypten.21 Die
jüdischen Könige Manasse und Amon (642-640 v. Chr.) bevorzugten
daher die Aufgabe des Widerstandes gegen diese Übermacht, und das
heißt, sie kehrten sich ab von Jahwe als dem Sinnbild jüdischer Iden­
tität seit Hiskija.
Die Macht der Assyrer ging zwar seit der Mitte des 7. Jahrhunderts
v. Chr. ihrem Ende entgegen; 612 v. Chr. wurde ihre Hauptstadt Ni-
nive von dem medischen König Kyaxares (625-585 v. Chr.) und dem
babylonischen Herrscher Nabopolassar (625-605 v. Chr.) erobert und
zerstört.22 Für Juda jedoch war damit keine Befreiung aus der Gefahr
verbunden, da nun die Ägypter, andere Nachbarvölker sowie zuletzt
die neubabylonische Macht zu einer Bedrohung wurden - einer Be­
drohung, der auch die religiöse Entwicklung Rechnung trug.

Josija

In diesen historischen Rahmen fällt die Regierungszeit des, jeden­


falls was die Nachwirkung anbelangt, wohl bedeutendsten Königs von
Juda, Josija (ca. 640-609 v. Chr.). Die Quellen23 verbinden mit ihm
außenpolitische Erfolge und die deuteronomistische Reform.24 Wie in
der Regierungszeit des Hiskija wird in der des Josija der Zusammen­
hang zwischen der äußeren Lage und der religiösen Reform deutlich,
26 Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs

jedoch hatte Josija durch den Niedergang der Assyrer offenkundig ei­
nen größeren Handlungsspielraum als sein Vorgänger. Zu dem bloßen
Haß auf Assur25 gesellte sich nämlich die Hoffnung auf eine Wieder­
gewinnung des ehemaligen Nordreiches.26 Die deuteronomistische Re­
form hatte daher einen eminent politischen Hintergrund. Sie bestand
in erster Linie in der Auffindung des „Gesetzbuches", hebr. "ISO
rrnnn, weniger deutlich Septuaginta: ßiß^iov xox> vo^ioi).27 Dabei
handelte es sich nicht um irgendein Gesetzbuch, sondern das Gesetz­
buch, oder, wie der Chronist sagt, „das Gesetzbuch Jahwes in der
Hand Moses". So, wie es gefunden worden war, konnte es ein
Höchstmaß an Authentizität beanspruchen. Denn mit der gleichsam
„zufälligen" Entdeckung im Tempel durch den Hohepriester Hilkia
war das Buch dank Ort und Finder im besonderen autorisiert und zu­
gleich der König, in dessen Hand die Umsetzung lag, von jedem Ver­
dacht der Manipulation befreit. Jeder Kritik an Josijas religiöser politi­
scher Reform sollte damit die Grundlage entzogen sein. Der Zeitpunkt
dieser Auffindung sei das 18. Jahr der Herrschaft des Josija, also 622
v. Chr. gewesen, und das Datum war günstig, denn 625 v. Chr. war
die assyrische Hauptstadt Ninive zum ersten Mal von dem Meder
Kyaxares belagert worden, und mit dem König Nabopolassar begann
zudem der Aufstieg der Babylonier. Vor diesem Hintergrund verfolgte
Josija zwei Ziele: In dem neu aufgefundenen Gesetzbuch Jahwes
wurde zum einen Judas Anspruch auf Autonomie betont, und zum an­
deren der assyrische Gestirnskult bekämpft. Damit wurde wie bei
Hiskijas Versuch der Einwurzelung des Politischen im Religiösen die
Verbindung zwischen der religiösen und der politischen Orientierung
Judas erneut hergestellt.28 Ob die Auffindung des rrnnn ~IDO (des Ge­
setzbuches) eine geschickte Erfindung des Josijas war oder nicht, ist
für die historische Bewertung unwesentlich.29
Es ist gut möglich, daß Josija auch außenpolitisch an David und
Salomon anknüpfen und sein Reich ausdehnen wollte; bekannt und
durch archäologische Forschungen bestätigt ist etwa, daß Josija nach
Westen in Richtung Küste sowie nach Süden hin expandierte.30 Denk­
bar wäre also, daß Josija die Zentralisierung des Kultes in Jerusalem
auch als administrative Maßnahme für das größer gewordene Reich
(Abgaben an den Tempel, Bindung der Bewohner seines Reiches an
die Zentrale) verstand.31 Das Vorbild Hiskijas wird in diesen Maß­
nahmen sichtbar, und die Tatsache, daß nach Hiskijas Tod seine Re­
formen wieder rückgängig gemacht worden waren, ließen es Josija zur
Absicherung seiner Reformen ratsam erscheinen, mit einem „Buch
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs 27

des Gesetzes" aus Moses Hand gleichsam ein für allemal vollendete
Tatsachen zu schaffen, also jeden Versuch einer Kritik an den Maß­
nahmen bzw. einer Revision als gegen den erklärten und schriftlich
nachprüfbaren Willen Jahwes zu brandmarken.32 Und in'der Tat: Die
Nachfolger Josijas, seine Söhne Joachas und Eljakim (bzw. Jojakim)
und seine Enkel Jojachin und Zidkija „taten zwar, was in den Augen
Jahwes böse war", aber offenkundig nur in ihrem Umgang mit Ägyp­
ten und Babylonien sowie was ihre Achtung der Propheten betraf;
Götzendienst und Errichtung von „Höhen" wurden ihnen jedoch nicht
mehr vorgeworfen.33
Deutlich ist, daß die Reformen des Josija, die Reinigung des Kul­
tes sowie dessen Zentralisierung in Jerusalem, auch politisch motiviert
und sinnvoll waren: Die Schwächeperiode der assyrischen Macht bot
Juda eine einzigartige Gelegenheit, sich vielleicht dauerhaft frei von
äußerer Beeinflussung und fremder Herrschaft zu machen. Wenn die­
ses - angesichts einer bedrohlichen Umwelt - hochgesteckte Ziel er­
reicht sollte, mußten möglichst die Kräfte aller Jahwe-Gläubigen mo­
bilisiert werden, und zwar die Kräfte der in Jerusalem und Juda Woh­
nenden durch das einigende Band eines zentralen Kultes und die
Kräfte der außerhalb Judas im alten Nordreich Wohnenden durch die
Bindung an eine zentrale Kultstätte. Die Auffindung des Gesetzbuches
und seine feierliche Verlesung dienten diesem Ziel und entzog insbe­
sondere die neue Ordnung der „weltlichen" Verfügbarkeit, sollte also
auf Dauer verhindern, daß sie wieder beseitigt wurde. Für die weitere
Entwicklung spielt diese Festlegung eine entscheidende Rolle.
609 v. Chi*, fiel Josija in Megiddo, als er sich dem Pharao Necho,
der sich mit einem Heer zum oberen Euphrat aufgemacht hatte, in den
Weg stellte.34 Dieser Rückschlag in Verbindung mit dem weiteren
Aufstieg Babylons unter Nebukadnezar machte alle Hoffnungen der
Juden zunichte, das von den Assyrern hinterlassene Machtvacuum zu
füllen und ein eigenes unabhängiges und großes Reich zu gründen.
Das Gegenteil traf ein: Nicht mehr nur das Nordreich, sondern nun
auch das Südreich Juda wurde zur Provinz eines Fremd-Reiches, ja
mehr noch, es „verschwand ... fast von der Erdoberfläche",35 denn die
politische und religiöse Führungsschicht, die Wohlhabenden und ge­
sellschaftlich angesehenen Familien, waren fortan im Exil in Meso­
potamien, wohin sie von Nebukadnezar deportiert worden waren. Wer
in Juda zurückgeblieben war, war arm, ohne Selbstvertrauen, wie ge­
lähmt; so jedenfalls ist der Tenor der „Klagelieder".36
28 Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs

Babylonisches Exil

Das babylonische Exil verstärkte die unter Hiskija und Josija ein­
geleiteten Entwicklungen, insofern der Religion im fremden Land
noch stärker die Funktion eines einigenden Bandes zukam. Wie auch
später in den Diaspora-Gemeinden der hellenistisch-römischen Zeit
hatte das aber keineswegs ein vollständiges Abschließen von ihrer
Umwelt oder gar ein noch stärkeres Festhalten an den religiösen Vor­
schriften als vorher zur Folge. Die Bedeutung des babylonischen Exils
für die religiöse Entwicklung des Judentums ist bereits vielfach unter­
sucht worden, und es soll deshalb an dieser Stelle nur auf die Haupt­
gedanken und insbesondere die politischen Dimensionen der innerjü­
dischen Entwicklung der Exilszeit aufmerksam gemacht werden. Die
Voraussetzungen für die Bedeutung dieser Zeit legte Nebukadnezar
selbst: Die Deportierten waren „die oberen Zehntausend", d. h. Füh­
rungspersönlichkeiten in politischer und religiöser Hinsicht. Sie wur­
den nicht, wie es die Assyrer etwa 140 Jahre zuvor mit den Juden des
Nordreiches Israel gemacht hatten, verstreut in Mesopotamien ange­
siedelt, sondern konnten große Gemeinden im südöstlichen Babylo-
nien gründen,37 in denen sie Häuser bauen, sich wirtschaftlich betäti­
gen und versammeln konnten.38 Auch der exilierte König Jojachin39
scheint weiterhin eine zentrale Position in der jüdischen Gemeinde in­
negehabt zu haben.40 Dies waren optimale Voraussetzungen, in der
Verbannung die Erinnerung an Jerusalem und den Tempel zu pfle­
gen.41 Man hielt sich deshalb an die Gesetze wie an die Einhaltung der
Sabbat-Vorschriften42 und bereitete sich auf den Tag X der Rückkehr
nach Jerusalem vor. Unter ganz anderen Bedingungen, aber mit dem­
selben Ziel, nämlich der Selbstbestimmung, verfolgte man die poli­
tisch-religiösen Vorstellungen des Hiskija und insbesondere des Jo­
sija. Die religiöse Ausrichtung auf das Gotteshaus in Jerusalem stärkte
das Zusammengehörigkeitsgefühl der verbannten Juden und half in
der fremden Umgebung, die eigene Identität zu wahren und die Hei­
mat nicht zu vergessen. Das Streben der Diaspora-Gemeinde im
babylonischen Exil nach einer „einmischungsfreien Zone" könnte be­
reits mit dem Satz: „Nach den eigenen Gesetzen leben zu können"
umschrieben werden, eine Forderung, die unter griechischer und römi­
scher Herrschaft von Juden immer wieder erhoben wurde.
Diese Forderung bedeutete jedoch keinesfalls - und hat dies, an­
ders als viele NichtJuden meinten, auch nie bedeutet -, daß man sich
völlig von der Umgebung abkoppeln wollte, gleichsam eine selbstge-
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs 29

wollte Ghettoisierung der jüdischen Gemeinden. Denn schon in dieser


ersten uns klarer zu erfassenden Diaspora in Babylon wurden jüdische
Sitten und Gebräuche ebenso „babyionisiert", wie sie später unter
griechischem Einfluß „hellenisiert" wurden: Sprache, Namengebung,
Kalender oder Grußformeln - das jüdische Leben paßte sich, wie es
scheint, ziemlich schnell der neuen Umgebung an.43 Auch gab es für
exilierte Juden offenkundig kein Hindernis, in der assyrischen bzw.
babylonischen Administration mitzuarbeiten.44 Das heißt, daß die Re­
ligion auch für die Juden eine politische Dimension hatte und eher ein
Kommunikationsmittel, ein Medium der Zusammengehörigkeit war,
als ein Medium der Trennung von der Umwelt. Ähnliches können wir
auch für das jüdische Leben im ägyptischen Elephantine, einer ande­
ren Diaspora-Gemeinde, die mit einiger Wahrscheinlichkeit auf den
jüdischen König Manasse (687-642 v. Chr.) zurückgeht45, beobachten
und deren Gestalt uns durch Papyrus-Funde sehr gut bekannt ist.
DieSe Gemeinde, auf die wir etwas später einen genaueren Blick wer­
fen wollen, lehrt uns darüber hinaus, daß erst die ungewollte
Diaspora-Situation des Judentums in Babylonien mit dem Ziel, diese
zu beenden, der Grund dafür wurde, daß von nun an der Blick aller
künftigen Diaspora-Gemeinden nach Jerusalem gerichtet war, daß also
nur dort ein Tempel und die zentrale kultische Verehrungsstätte
Jahwes möglich waren. In Elephantine lebten aber schon vor dem
babylonischen Exil Juden, und sie hatten dort einen eigenen Tempel,
in dem TP, JHW, verehrt wurde. Daran gab es, so lehren unsere
Quellen, auch dann nichts auszusetzen, als Jerusalem die alleinige
Verehrung von Jahwe in seinem Tempel für sich beanspruchte.

Persische Herrschaß

Für die weitere Entwicklung des Judentums hat schließlich auch


die persische Herrschaft über Palästina (539-332 v. Chr.) eine heraus­
ragende Bedeutung gehabt. Die Bibel trägt dieser Bedeutung mit einer
Reihe von geschichtlichen (Esra und Nehemia), belehrenden (Esther)
und prophetischen Büchern (Haggai, Sacharja, Maleachi) Rechnung.
Die in diese Zeit (5. Jahrhundert v. Chr.) fallenden kultischen und po­
litischen Reformen, die die Namen ihrer Urheber Esra und Nehemia
tragen, reagierten auf die Veränderung in der Oberherrschaft über die
Region. Nicht alles hatte sich in Palästina durch die neuen Herren ge­
ändert: Geblieben waren die jüdische Bevölkerung, ihre Umwelt (also
die Mitbewohner des Landes und der Städte) und die Fremdbestim-
30 Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs

mung selbst, die nun persisch war. Verändert hatte sich dagegen das
Interne jeder dieser Kräfte sowie ihr Verhältnis zueinander. Mehr als
200 Jahre konnten sich die jüdisch-persischen Beziehungen entfalten.
Als Alexander der Große im Jahre 332 v. Chr. auch Palästina seinem
Reich und damit erstmals einem europäischen Staat einverleibte, traf
er auf ein unter den angesprochenen Veränderungen geformtes Ge­
meinwesen. Wie sah dieses Gemeinwesen aus? Diese Frage gilt es im
folgenden zu untersuchen, wobei der thematische Zusammenhang al­
lerdings vorgibt, auf die unzähligen Forschungsdiskussionen über
Einzelfragen, zumeist chronologischer oder personeller Natur, nicht
näher einzugehen.
Zur historischen Einordnung ist ein Blick auf die politische Ge­
schichte nötig. Das neubabylonische Reich fiel 539 v. Chr. dem Er­
oberungsdrang des persischen Königs Kyros zum Opfer, der sich im
Zuge der Herrschaftsstabilisierung auch um die Herstellung guter Be­
ziehungen zu den seinem Reich unterworfenen Regionen bemühte.46
Kyros war es auch, der den exilierten Juden Babyloniens die Rück­
kehr nach Palästina erlaubte und den Wiederaufbau des größtenteils
zerstörten Tempels ermöglichte, dessen Fertigstellung sich freilich
noch bis in die Regierungszeit Dareios' I hinzog (515 v. Chr.). Zwi­
schen Kyros und Dareios war Kambyses König (530-522 v. Chr.), der
Ägypten und damit eine weitere große Diaspora-Gemeinde dem persi­
schen Reich zuführte (525 v. Chr.). Gerade die jüdischen Gemeinden
sollten fortan, wie wir aus aramäischen Zeugnissen wissen, eine
wichtige herrschaftssichernde Rolle für die Perser in Ägypten spielen.
Kambyses' Nachfolger als persischer König, Dareios, organisierte
wenig später, wie wir schon von Herodot47 erfahren, die persische
Reichsverwaltung neu und legte damit auch die Grundlagen für die
verwaltungstechnische Einbeziehung der „neuen" (d. h. nach dem Ky-
ros-Dekret entstandenen) jüdischen Gemeinde um Jerusalem - die
Einzelheiten sind aber umstritten. Den oben entwickelten Autonomie­
vorstellungen Jerusalems kam das persische Staatsverständnis durch­
aus entgegen. Denn wohl war die territoriale Expansion ein wesentli­
ches Element der persischen Herrscherideologie, wie wir von den gro­
ßen Inschriften wie derjenigen von Bisutun über den König Dareios
erfahren. Aber daraus leitete sich kein Streben nach einer Vereinheit­
lichung des Reiches ab; insbesondere die religiöse Eigenständigkeit
und damit auch die sich aus der Religion ableitenden Autonomiean­
sprüche der unterworfenen Regionen wurden geachtet; diese Achtung
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs 31

der Autonomie war sogar ein wesentliches Herrschaftsmittel der Per­


ser.
Die Nachfolger des Dareios, Xerxes (486-465 v. Chr.) und Arta-
xerxes I (465-424 v. Chr.), hatten mit Aufständen in ihrem Reich zu
kämpfen, von denen auch Ägypten und Babylonien nicht verschont
blieben. In die Zeit des Artaxerxes fällt, jedenfalls wenn man der Da­
tierung der Quellen glauben darf, das Wirken der großen jüdischen
Reformer Esra und Nehemia: Esra soll 458 v. Chr. von Babylon nach
Jerusalem gekommen sein. Er war Schreiber und Priester und sollte
sich im Auftrag des persischen Königs Artaxerxes um Jerusalem
kümmern und dem jüdischen Gesetz Geltung verschaffen. Etwa 445 v.
Chr., immer noch gemäß der Bibel, wurde dann auf seine eigene Bitte
hin Nehemia, der Mundschenk des Königs, als Statthalter nach Jeru­
salem entsandt. Seine Tätigkeit war ungleich weiter gespannt als die
Esras: Neben dem von den Umwohnern ungern gesehenen Mauerbau
in Jerusalem besorgte er wichtige sozial-politische und religiöse Re­
formen, die aus Juda eine quasi-autonome und vom ehemaligen
Nordreich getrennte Provinz des Perserreiches machten, welche in die
übergeordnete Satrapie „Transeuphrat" (Abar Nahara) eingegliedert
war.
Der nächste König, Dareios II (423-404 v. Chr.) hatte, abgesehen
von weiteren inneren Aufständen im Reich, auch innerägyptische Dis­
sonanzen zwischen der oberägyptischen jüdischen Militärkolonie in
Elephantine und ägyptischen Priestern des Gottes Chnum zu schlich­
ten. Es ging um kultische Streitfragen, die sogar zur Zerstörung des
jüdischen Tempels in Elephantine führten, aber dahinter stand die
eminent politische Frage, welche Rollen beide Seiten, die Juden und
die ägyptischen Priester, im Verhältnis zur Vormacht zu spielen hat­
ten. Dieser Konflikt zog sich bis in die Regierungszeit von Artaxerxes
II (404-359 v. Chr.) hin. Ägypten ging jetzt dem Perserreich verloren,
und es ist deshalb sicher kein Zufall, daß wir von 398 v. Chr. an nichts
mehr von der jüdischen Gemeinde in Elephantine und ihrem Tempel
hören.
Satrapenaufstände erschütterten das Reich auch unter Artaxerxes
III Ochos (359-338 v. Chr.), dessen Versuch, Ägypten wieder zu er­
obern, von einem sich immer mehr ausbreitenden Aufstand des Kö­
nigs von Sidon, Tennes, an dem sich auch Juden beteiligt haben
könnten, vereitelt wurde.48 Unsere Quellen, die Bibel und Josephus,
sprechen auch von anderen Konflikten zwischen Persern und ihren jü­
dischen Untertanen, zumeist aber nur in Andeutungen oder in kaum
32 Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs

mehr auf ihre historische Glaubwürdigkeit überprüfbaren Erzählun­


gen. Die Esther-Episode zum Beispiel, die, verfaßt wohl in frühhelle­
nistischer Zeit, persisch-jüdische Konflikte voraussetzt,49 oder die
Schwierigkeiten mit dem Strategen Bagoas50 und mit dem samaritani-
schen Statthalter Sanballet51 sind nur schwer in den historischen Gang
einzugliedern; sie könnten aber ein Indiz dafür sein, daß die Bezie­
hungen zwischen Provinz und Vormacht nicht mehr ganz unproble­
matisch waren. Mit Dareios III (336-330 v. Chr., nach dem kurzen
Intermezzo von Arses, König von 338-336 v. Chr.) endete unter der
Wucht des Alexander-Feldzuges das Achämenidenreich. Palästina
wurde Bestandteil des neuen makedonischen Staates.
Von diesem Überblick wenden wir uns wieder der Situation der
Juden in der persischen Zeit zu. Die jüdischen Hoffnungen, als Kyros
das babylonische Reich hinwegfegte, waren hochgesteckt: Kyros wird
in Deutero-Jesaia sogar bezeichnet als ein von Gott gesandter Retter,
als „Gesalbter" (ITIBD; xpiaxöq) und mit der Aufgabe betraut, die
Völker niederzuwerfen, die Könige zu entwaffnen und den Tempel
wiederaufzubauen.52 Das Motiv, eine neue Großmacht zu preisen, weil
man sich von ihr Befreiung aus gegenwärtigen Bedrängnissen er­
hoffte, können wir, übertragen auf Rom, im 2. Jahrhundert v. Chr. in
dem Urteil über die Römer (sog. laus Romanorum) des 1. Makkabäer-
buches wiederfinden.53 Abgelehnt wurde also nicht eine Fremdherr­
schaft an sich.
Das Perserreich scheint mit seiner „toleranten" Verwaltung diesen
jüdischen Erwartungen entgegengekommen zu sein. Der „Kyroszylin­
der" konstatiert ausdrücklich die Sorge des Königs um das Wohlerge­
hen der eroberten Regionen und besonders, ohne Nennung Judäas, de­
ren Kultstätten. Es braucht nicht betont zu werden, daß hinter solch
schönklingenden Formulierungen „normale" herrschaftliche Ziele
standen, nämlich Ruhe und Ordnung im Reich zu sichern sowie
größtmögliche Einnahmen zu gewährleisten. In der Forschung wurde
vor nicht langer Zeit über die Frage diskutiert, wie denn das Verhält­
nis zwischen „Zentralgewalt und Lokalautonomie im Achämeniden­
reich" gewesen sei.54 Daß es unter den Persern noch „kein herrscherli­
ches Streben nach Schaffung eines Reichsrechts" gab, hat jüngst J.
Wiesehöfer gezeigt.55 Er betrachtet es im Gegenteil geradezu als Sta­
bilitätsfaktor des persischen Staates, daß dieser nur bei herrschaftsge-
fährdenden Konflikten in lokale Angelegenheiten eingriff, und seine
Formulierung, daß die Reichsangehörigen „das data (sc. das Gesetz)
des Großkönigs auch deshalb beachten wollten, weil sie dafür mit
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs 33

Rechtssicherheit vor Ort und religiöser und kultischer Autonomie be­


lohnt wurden", und nicht, weil sie auf ein Reichsgesetz verpflichtet
waren, umschreibt das Verhältnis zwischen Juden und dem Großkönig
ziemlich genau.
Unter diesem Blickwinkel erhalten die Reformen Nehemias und
Esras ihre politische Dimension.56 Diese ist nicht nur unter dem
Aspekt des Verhältnisses zur persischen Zentrale zu sehen, über das
sie vielmehr erheblich hinaus geht. Denn man ließ sich vom persi­
schen König die eigene „Verfassung" bestätigen, die lediglich dort
Beschränkungen erfuhr, wo die oben genannten persischen Interessen,
nämlich die Anerkennung der persischen Oberherrschaft, Ruhe und
Ordnung und Tributleistungen, berührt waren. In der von Artaxerxes I
erlassenen und Esra übergebenen Verfügung ist von zwei Aufträgen
die Rede: Beobachtet werden sollen *o^D "H arm -|r6*<-"H xrn, also
„das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs". Diese Formu­
lierung mit der Wiederholung des Km (data) kann nur so aufgefaßt
werden, daß von zwei verschiedenen Gesetzen ausgegangen werden
muß und daß beide zu befolgen sind.57 Ob dieses Edikt echt oder nicht
ist, soll hier nicht entschieden werden; wichtig ist der für die Juden als
vorbildhaft vermerkte Charakter des Ediktes - das heißt, es spiegelt
gleichsam ein Wunschverhältnis zum beherrschenden Staat wider: Der
persische Staat garantiert ein gutes Stück Selbstbestimmung und erhält
dafür die jüdische Zusage, „gute Untertanen zu sein", also im persi­
schen Staat loyal mitarbeiten zu wollen. Das steht auch ausdrücklich
in der Bestätigung des Kyros-Ediktes durch Dareios auf die Anfrage
des persischen Statthalters von Syrien-Phönikien: ÖTtcoq rcpoacpepcov-
xai arcovöai xq> 0eco -oyloxco imep xox> ßaaiAecoq Kai xcöv rcai5cov
Kai rcpoaetixcovTai rcepi Tffe a\)icov Ccofjq („daß Trankopfer dem
höchsten Gott für den König und seine Kinder dargebracht werden
und daß sie beten für ihr Leben").58 Der Autonomiewunsch wurde also
legitimiert durch die besondere religiöse Ordnung, die nur der jüdi­
schen Gemeinde zueigen ist; sie unterscheidet sich völlig von derjeni­
gen nachbarlicher Gemeinden und hat sich unvermischt erhalten. Eine
religiöse Ordnung aber, die einmal von der Vormacht anerkannt wor­
den ist, ist nach allgemeingültiger Regel, für alle Zeiten unantastbar -
oder man macht sich, gleichgültig welcher Religion man anhängt, ei­
nes Sakrilegs schuldig. Diese Ordnung schützte zudem alle, die ihr
angehörten, unabhängig davon wo sie ihren Wohnsitz hatten.59
Um den so erworbenen Status religiöser und damit auch politischer
Autonomie im Perserreich aufrechterhalten zu können, bedurfte es
34 Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs

zweier Voraussetzungen: Zum einen mußten die Juden selbst sich


strikt an das Gesetz halten - schon um Eingriffen der Vormacht nicht
Vorschub zu leisten -, und damit dies leicht kontrolliert werden
konnte, war ein „Gesetzbuch" nötig, das Herren wie Untertanen glei­
chermaßen bekannt war. Dieses Buch war das Buch des mosaischen
Gesetzes, ntüD rrnn nao bzw. xö ßißMov vou.o\) Moyüafj.60 Zum an­
deren aber galt es auch, sich von den anderen, nichtjüdischen Völkern
abzusetzen und ein von diesen unabhängiges Verhältnis zu der Vor­
macht zu entwickeln.61 In dieses Bild fügt sich auch, daß sich der
Mauerbau in Jerusalem wegen des Widerstandes der Nachbarn, der
Überlieferung nach v. a. der Samaritaner, verzögerte; und auch die
merkwürdige Mitteilung, daß die Heimkehrer jede Hilfe von außen
ablehnten,62 während die Hilfe der Vormacht in großem Stil ange­
nommen wurde, hat ihren Sinn: Das neue jüdische Gemeinwesen
wollte ein eigenes, gleichsam unvermischtes Verhältnis zur Zentrale
aufbauen und sich auf diese Weise einen herausgehobenen Status si­
chern. Diesem politischen Ziel dienten auch weitere Maßnahmen
Nehemias. Die baulichen Veränderungen Jerusalems dienten dessen
Schutz und erregten gerade deswegen den Zorn der nichtjüdischen
Nachbarn;63 die Sozialpolitik Nehemias, die manche Härten der persi­
schen Herrschaft abzubauen bestrebt war,64 zielte darauf, „das Gesetz
Gottes" mit dem „Gesetz des Königs" zu vereinbaren und damit die
Akzeptanz der persischen Herrschaft in der jüdischen Bevölkerung zu
erhöhen. Für diesen Zusammenhang der Nehemia-Reformen spricht
entschieden die Tatsache, daß Nehemia nicht nur strikt auf die Ein­
haltung der gesetzlichen Regelungen achtete,65 sondern auch und vor
allem, daß er immer als persischer Beamter handelte und als solcher
sich dem persischen Hof, nicht Jerusalem verantwortlich fühlte.66 Die
religiösen Vorstellungen der Propheten, die sich um den Tempel, um
die Wiederherstellung, um Reinheit und Sittlichkeit des Volkes dreh­
ten,67 konnten sich auf diese Weise aufs beste mit den politischen In­
teressen der persischen Herrschaft verbinden.
Schwieriger und mit unabsehbaren Folgen gestaltete sich dagegen
das Verhältnis zu den unmittelbaren Nachbarn. In die persische Zeit
fällt die dauerhafte Trennung vomfrüherenNordreich, von Samaria.68
Auch dürfte die Neubesiedlung Jerusalems und Judas sowie die Ex­
klusivität der neuen Gemeinde die Beziehungen zu anderen Nachbarn
von vornherein problematisch gestaltet haben, zumal Jerusalem offen­
kundig mit Unterstützung der babylonischen Diaspora weiterhin das
gute Verhältnis zur persischen Zentrale pflegte und auch Herrschafts-
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs 35

aufgaben übernahm, wenn es zu Differenzen und Unruhen zwischen


Diaspora-Juden und ihren Nachbarn kam. Dies können wir neben den
alttestamentarischen Schriften auch dem erhaltenen Archiv von Ele-
phantine entnehmen. Jerusalem spielte, als es zu Unruhen in der
Diaspora-Gemeinde kam, für die Entscheidungen der persischen
Vormacht eine wichtige Rolle.
Damit ist ein wichtiger Punkt angesprochen, den fortan jedes an­
tike Weltreich mit jüdischen Untertanen zu berücksichtigen hatte:
Über die enge Verbindung zu der babylonischen Diaspora hinaus
übernahm Jerusalem gleichsam eine Art Vertretung aller Diasporaju-
deh. Die Reform Esras und Nehemias mit ihrer Zentralisierung der
Gottesverehrung im Jerusalemer Tempel, offenkundig ein Skandalon
für die nichtjüdischen Nachbarn, war also auch geeignet, im Sinne des
Perserkönigs Herrschaft auszuüben, und so nimmt dessen Unterstüt­
zung für die Reform nicht wunder. Für Jerusalem freilich war damit
keine leichte Aufgabe verbunden, da die Alleinverehrung Jahwes in
Jerusalem erst noch durchgesetzt werden mußte.
In Elephantine, einer Militärkolonie an der Südgrenze Ägyptens
gelegen, war eine Diaspora-Gemeinde beheimatet. Wie und wann sie
dort hingelangte, ist unklar; zur Zeit der Perser, über die allein wir et­
was wissen, hatte sie jedenfalls den Charakter einer Militärkolonie,
die hoheitliche Aufgaben im Auftrage der Perser zu erfüllen hatte. Für
uns ist sie greifbar in den etwa 100 Jahren zwischen 495 und 398 v.
Chr., denn in diesem Zeitraum bewegen sich die vorhandenen Zeug­
nisse.69 In unserem Zusammenhang sind insbesondere vier Papyri von
Bedeutung (21, 27, 30 und 31). Sie berichten uns, wie die Juden vor
Ort am Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. mit den Ägyptern - insbe­
sondere den ebenfalls dort beheimateten Priestern des Gottes Chnum,
für die die jüdischen Widderopfer ein Greuel waren (der Widder war
ihnen heilig) - aneinandergerieten, wie die persischen Beamten in
Ägypten mit den Chnum-Priestern gemeinsame Sache gegen die Ju­
den machten, wie die Juden sich Hilfe und Unterstützung von Jerusa­
lem und dem persischen König erhofften - und schließlich auch er­
hielten. Die jüdische Gemeinde in Elephantine hatte seit langer Zeit -
terminus ante quem ist 525 v. Chr. - einen eigenen Tempel, und auf
dem Höhepunkt des Konfliktes war dieser Tempel von den Ägyptern
zerstört worden, als nach dem Tod des persischen Königs Artaxerxes I
im Jahre 425 v. Chr. und den darauf folgenden Wirren im Perserreich
Ägypten rebellierte. Die Bitte um Hilfe für einen Wiederaufbau war
zudem mit Blick auf die Zentralisierung des Jahwekultes in Jerusalem
36 Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs

brisant - schließlich sollte jede Opferhandlung nur im dortigen Tem­


pel gestattet sein. Die jüdische Gemeinde in Elephantine hielt sich zu­
gute, immer die persische Sache vertreten zu haben und von allen Per­
serkönigen geschützt worden zu sein,70 so daß sie billigerweise auch
in der jetzigen Gefahr Unterstützung erwartete. Diese blieb aber zu­
nächst aus, und zwar nicht nur, weil die Durchfuhrung des Tieropfers
auch in der Zukunft Probleme mit den ägyptischen Priestern erwarten
ließ, sondern vor allem, weil mit dem Tempelwiederaufbau Jerusale­
mer Belange betroffen waren. Die Angelegenheit endete mit einem
Kompromiß: Der Tempel durfte wiederaufgebaut werden, das Ganz­
opfer aber nicht mehr ausgeführt werden.71 Dieser Kompromiß war
wahrscheinlich weder aus ägyptischer noch Jerusalemer Sicht noch
aus der Sicht der jüdischen Gemeinde in Elephantine befriedigend,
aber er war ganz im Sinne der persischen, auf Ruhe und Ordnung be­
dachten Zentrale.
Der Fall Elephantine lehrt uns, wie prekär in einem monarchischen
Weltreich wie dem der Perser die Lage der jüdischen Untertanen war.
Der von den nichtjüdischen Nachbarn gegen sie geäußerte Vorwurf,
die „Gesetze des Königs" nicht zu befolgen, konnte jederzeit erhoben
werden und er wurde auch erhoben.72 Diesem Vorwurf konnten die
Juden, wie in Elephantine bezeugt, nur durch äußerste Treue und
Loyalität entgegentreten, und das wiederum steigerte den Haß der
Umgebung - eine Spirale mit, wie wir aus römischer Zeit sicher wis­
sen, fatalen Folgen; denkbar sind diese auch für Elephantine, denn
nach 398 v. Chr. gab es dort keine jüdische Gemeinde und keinen
Tempel mehr; was dort geschehen sein mag, ist heute leider nicht
mehr zu rekonstruieren. Die Vorwürfe gegenüber den Juden zielen
aber gerade nicht auf die religiöse Sphäre, sofern nicht der eine Kult­
vollzug einen anderen beeinträchtigt. Wenn die Juden in Elephantine
Widder opferten, so konnte diese Handlung als Beleidigung von den­
jenigen angesehen werden, denen diese Tiere heilig waren. Aber eine
Haltung, wie wir sie später unter Griechen und Römern verbreitet fin­
den und die etwa in den als Vorwurf gemeinten Satz mündeten „Die
Juden verehren nicht dieselben Götter wie die Griechen", d. h. daß
man eigene religiöse Vorstellungen für „richtiger" als die der anderen
hielt - eine solche Haltung ist für die persische Zeit nicht nachweis­
bar. Anhand der Papyri von Elephantine läßt sich zudem gut zeigen,
daß sich die jüdische Gemeinde dort keineswegs aus religiösen Grün­
den absonderte und ein völlig separates Eigenleben führte; vielmehr
lassen Brief-Adressen und Gerichtsformeln in den Dokumenten auf
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs 37

eine gewisse Assimilation an die Umwelt schließen.73 Die religiöse


Ordnung schützte die Autonomieansprüche jüdischer Gemeinden vor
dem Zugriff anderer Mächte und auch der Vormacht, stärkte das Ge­
meinschaftsleben und intensivierte auch die Zusammengehörigkeits­
gefühle zumal in der Fremde, aber sie verhinderte ganz offensichtlich
nicht den Kontakt mit der Umgebung und auch nicht die gegenseitige
Beeinflussung.
Das politische Vermächtnis der persischen Zeit des Judentums ist
die Verbindung von Autonomie mit unbedingter Loyalität gegenüber
der Vormacht: Für diese war die jüdische Autonomie daher ein großer
Vorteil, die folglich nicht nur von den Juden selbst, sondern auch von
den Herrschenden als etwas zu Schützendes angesehen wurden.74 Da­
gegen können wir einen religiösen Antagonismus nicht feststellen. In­
sofern repräsentierten die Juden seit der Perserzeit eine neue Art von
Untertanen, die sich durch eine religiös ausgerichtete Unabhängigkeit
und staatliche Verfassung dem jeweiligen Herrscher dienstbar und
nach Möglichkeit unersetzlich zeigen wollten. Wie der weitere Ver­
lauf der Geschichte zeigt, war dieses System letzten Endes erfolglos,
und schon für die persische Zeit gibt es Hinweise auf Schwierigkeiten
im Verhältnis der beiden Seiten zueinander. Das historisch nicht ein­
zuordnende Buch Esther etwa bringt die schwierige Lage des Juden­
tums unter einer Fremdherrschaft grundsätzlich zum Ausdruck und
sollte gerade deshalb vielleicht als Allegorie aufgefaßt werden;75 Fla-
vius Josephus berichtet in seinen Antiquitates Juäaicae (Jüdische Al-
tertümer) von zunehmenden Schwierigkeiten und Meinungsverschie­
denheiten zwischen Juden und Persern, die auch aus einer zunehmen­
den Orientierung von Teilen der jüdischen Führung nach außen resul­
tierten; jüdische Priester versuchten offenbar über persönliche Kon­
takte zu persischen Führungspersönlichkeiten zu größerer Macht im
eigenen Gemeinwesen zu gelangen.76 Entwicklungen dieser Art bela­
steten die Beziehungen zwischen Vormacht und Untertanen allge­
mein; denn die religiöse und damit auch politische Isolierung des jüdi­
schen Gemeinwesens war die Grundlage dieser Beziehungen gewesen.
Und schließlich: Die Beziehungen zwischen Juden und Persern lie­
fen über den König. Es scheint, daß er allein darüber befand, ob den
jüdischen oder den antijüdischen Eingaben zu entsprechen war. Ein
Zeugnis dafür finden wir ebenfalls in der Hinterlassenschaft der jüdi­
schen Gemeinde zu Elephantine: Im Jahre 419 v. Chr. schrieb ein ge­
wisser Hananiah an den Vorsitzenden dieser Gemeinde Jedoniah einen
Brief, der offenbar das Passahfest und das Fest der ungesäuerten Brote
38 Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs

betraf. Wenn eine von K. Galling vorgeschlagene Lesart der dritten


Zeile dieses Briefes richtig ist, hätte König Dareios dem ägyptischen
Statthalter Arsames darin den Befehl erteilt, sich feindlicher Über­
griffe gegen die jüdische Gemeinde zu enthalten.77 In mehreren Fällen
entschied der König gegen seine Statthalter in Samaria oder Ägypten
und zugunsten der Juden, es mag aber auch andere, weniger günstige
Entscheide gegeben haben. Der König also allein war wichtig, er hatte
gleichsam die „größte Macht auf Erden".78 Das Perserreich, wie alle
antiken Reiche mit Ausnahme vielleicht des Römischen, war kein
Rechtsstaat, schon gar nicht im modernen Sinne, mit verbrieften
Rechten für die Untertanen. Man wußte nie, ob der jeweilige Nachfol­
ger als König auch die Politik seines Vorgängers fortsetzen würde, so
daß der Reichsordnung immer ein Moment der Ungewißheit anhaf­
tete. Das war ein Nachteil jeder Monarchie. Die Juden übertrugen
deshalb in späterer Zeit, als sie diese Ungewißheit bei jedem Herr-
scherwechsel unter ptolemäischer und besonders unter seleukidischer
Herrschaft massiv zu spüren bekamen, die Verantwortung dafür der
monarchischen Verfassungsordnung schlechthin, die nicht imstande
war, der Willkür der Könige entgegenzutreten. Diese Haltung hatte
sich noch nicht während der Perserherrschaft gezeigt, wie die altte­
stamentarischen Schriften belegen, und sie wäre angesichts einer noch
weitgehend konstanten und den Juden gegenüber loyalen Königspoli­
tik auch nicht berechtigt gewesen. Aber die Wurzeln für die spätere
monarchiekritische Einstellung vieler Juden bildeten sich schon unter
den Persern. Denn die überaus enge Bindung an den jeweiligen König
war insbesondere in Zeiten, da dieser sich nicht auf ein besonderes
Verhältnis zu seinen jüdischen Untertanen einlassen wollte, das Loya­
lität gegenüber dem Herrscher mit der Gewährung einer großzügigen
Lokalautonomie einhandelte, darauf angelegt, aus der bloßen Enttäu­
schung über den einzelnen Herrscher eine grundsätzliche Ablehnung
der monarchischen Staatsform werden zu lassen. Für die Beurteilung
des griechisch-jüdischen und des römisch-jüdischen Verhältnisses
wird dieser Aspekt eine erhebliche Bedeutung erlangen.
Die oben skizzierten Entwicklungen innerhalb des Judentums als
einer von fremden Mächten beherrschten Volksgruppe und Religion
vor seiner Eingliederung in das Reich Alexanders können wir wie
folgt zusammenfassen:
1. Die religiöse Entwicklung ist wesentlich von den außenpolitisch
bedrängtenVerhältnissen bestimmt gewesen.
Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs 39

2. Die religiöse Ausrichtung selbst war multifunktional: a) Sie half


die Autonomie zu wahren bzw. zu erlangen79, weil eine sakrale Ord­
nung sich nach allgemeingültiger Vorstellung der Disponibilität ent­
zieht; b) sie konnte gleichzeitig in ihrer über den Kult definierten Ab­
sonderung von Nachbarn der Vormacht für die Beherrschung der Re­
gion nützlich sein, c) sie stärkte den Zusammenhalt - ein Aspekt, der
in der Femde und in Zeiten der Bedrohung von Außen bedeutend
wurde.
1
3. Anders als während der griechisch-römischen Epoche des Ju­
dentums kam den Strukturmerkmalen des jüdischen Gemeinwesens,
wie dem strengen Monotheismus, dem mosaischen Gesetzbuch, der
Zentralisierung des Kultes im Jerusalemer Tempel und dem Hoheprie­
steramt eine ordnungspolitische Dimension in der Herrschaftspolitik
der persischen Vormacht zu.
4. Es ergibt sich daraus, daß diese religiöse Absonderung ihrer
Entstehung nach (Hiskija, Josija) keine „Abschottung" um ihrer Selbst
willen war, sondern eher eine Schutzhülle für das eigene Gemeinwe­
sen gegen Eingriffe von außen; ließ sich der herrschende Staat auf
Schutzgarantien ein, konnte er als „Wohltäter" Gegenleistungen für
diese Autonomie in Form von unbedingter Loyalität erwarten.
5. Die Kultzentrierung in Jerusalem entwickelte sich zum einen
aus der Realität (z. Z. Hiskijas war der jüdische Raum kaum größer),
zum anderen aus der in den Notzeiten erwachsenen Notwendigkeit,
das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken.
6. Unmittelbar folgt daraus, daß auch weiter entfernt wohnende
Juden (Diaspora) zunehmend auf den einen Kultort Jerusalem ver­
pflichtet wurden - für die Herrschenden andererseits brachte die enge
Verbindung zwischen Diaspora und Kernland zunächst im Sinne einer
Verstärkung der Kontrollmechanismen Vorteile.
7. Religion als Schutzwall nach außen und einigendes Band nach
innen konnte darüber hinaus in Zeiten der äußeren Bedrohung - wie
später unter Antiochos IV ersichtlich - Kraftreserven freimachen und
ein noch größeres Gewicht erhalten.
8. Das jüdische System ist entstanden in Zeiten der Bedrängnisse
und des Beherrschtwerdens von Großmächten, und es hat sich gerade
in solchen Zeiten auch bewährt. Das müßte bedeuten, und die spätere
Entwicklung wird es erweisen, daß bei fehlendem äußerem „Druck",
etwa in einem eigenen unabhängigen Staat, zumindest in der Führung
der Faktor „Religiosität" zugunsten einer Angleichung an die Umwelt
abnimmt.
//.
„Alle sollten ein Volk werden undjeder seine Gebräuche
aufgeben": Die jüdischen „väterlichen Gesetze" und der
Hellenismus

Im Jahre 332 v. Chr. gliederte Alexander der Große Palästina sei­


nem Reich ein, und so wechselte die Region nach mehr als 200 Jahren
ihren Herrn. Auch für Syrien, Phönikien und Palästina begann mit
Alexanders Siegeszug eine neue Epoche, der Hellenismus.2
Der Zeitraum, auf den sich die folgenden Überlegungen konzen­
trieren, reicht von 332 v. Chr., dem Jahr der Eroberung Palästinas
durch Alexander, bis 164 v. Chr., dem Jahr der ersten Kontaktauf­
nahme zwischen Römern und Juden. Es lassen in Bezug auf das palä­
stinensische Judentum grob drei Phasen erkennen:
Die 1. Phase ist eine Zeit der Unsicherheit. Sie reicht von 332-
302/1 v. Chr., als Alexander und die Diadochen, besonders Antigonos
Monophthalmos, über Palästina herrschten;
die 2. Phase umfaßt die ptolemäische Herrschaft von 302/01-
198 v. Chr. und
die 3. Phase die seleukidische Herrschaft über Palästina seit 198 v.
Chr. (im Jahre 142/1 wurde Jerusalem als Folge des Makkabäerauf-
standes faktisch selbständig).
Die Geschichte der Begegnung von Judentum und Hellenismus bis
zu dem großen Zusammenstoß im Jahre 167 v. Chr. ist rasch erzählt.
Alexander der Große scheint 332 v. Chr. Palästina, sieht man von den
langwierigen Belagerungen der Küstenstädte Tyros und Gaza ab, auf
seinem Weg von Issos nach Ägypten einigermaßen problemlos erobert
zu haben. Zeit für große Neuerungen hatte er nicht, so daß formal alles
wie bei seinem persischen Vorgänger geblieben sein dürfte.3 Die grie­
chischen Quellen schweigen sich allerdings aus - zum Verdruß des
Flavius Josephus wie auch unserem - 4 und die jüdischen sind legend­
haft verzerrt.5 Unter den Diadochen war auch das Schicksal Palästinas
unklar.6 Es wechselte zwischen 323 und 301 v. Chr. fünfmal den Be-
42 Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben

sitzer, bis Ptolemaios I im Jahre 301 v. Chr. für ein Jahrhundert Palä­
stina an Ägypten anschließen konnte. Während der Diadochenzeit
wurden im Umkreis des jüdischen Mutterlandes Städte und Kolonien
mit makedonischen Veteranen gegründet (zum Beispiel Pella, Dion,
Hippos, Gadara im Transjordanland, Apollonia, Arethusa, Anthedon
an der Küste), und die Diaspora vergrößerte sich.7 Die unsicheren
Verhältnisse veranlaßten viele Juden, sich als Söldner anwerben zu
lassen und sich in verschiedenen Städten anzusiedeln, oder sie wurden
als Sklaven verschleppt, oder sie mußten ganz einfach vor neuen Her­
ren flüchten, wenn sie sich der falschen, d. h. unterlegenen Seite ange­
schlossen hatten, oder sie ließen sich als Kolonisten verpflichten und
übernahmen herrschaftliche Aufgaben in fremden Regionen wie
Kleinasien oder Ägypten.8
Unter der Herrschaft der Ptolemäer stabilisierte sich die Lage der
Juden einigermaßen, obwohl gerade die von Ptolemaios I eingerich­
tete neue Provinz Syrien und Phönikien zwischen dem von den Seleu-
kiden beherrschten „Nordreich" und dem ägyptischen „Südreich", wie
Daniel sie definierte, sehr umkämpft war.9 Die Region mußte militä­
risch und politisch gesichert werden, gegen die Seleukiden im Norden
und die Araber im Süden und Osten, damit sie wirtschaftlich „nutz­
bringend" sein konnte. Für die Verwaltung, d. h. konkret: für die
Steuereintreibung, war zunächst der Hohepriester, dann eine andere
lokale, besser zahlende Autorität zuständig: der Tobiade Joseph.10 Die
Juden, die in Ägypten lebten - mehr als 100.000 Menschen -, stellten
sich auf ihre neuen Herren ein, arbeiteten nach Möglichkeit mit ihnen
zusammen und nahmen, soweit uns die Papyri mitteilen, rege am Ge­
schäftsleben teil. Ungeklärt war allerdings, welchen Status die jüdi­
sche Gemeinde Alexandrias, wo der größte Teil der ägyptischen Juden
lebte, im Verhältnis zu der griechischen Bürgerschaft hatte.
Der seleukidische König Antiochos III (223-187 v. Chr.) nahm
Palästina den Ptolemäern unter dem Beifall der jüdischen Mehrheit
wieder ab. Zwei sog. „Syrische" Kriege führte er deshalb: den 4. Syri­
schen Krieg von 219-217 v. Chr. und den 5. Syrischen Krieg von 202-
195 v. Chr.11 199/8 richtete er die Provinz Koile Syrien und Phönikien
ein, die wiederum in kleinere Verwaltungssprengel unterteilt wurde.
Judäa um die Hauptstadt Jerusalem war der Sitz des Ethnos der Juden
und hatte, wie zuletzt wieder Jack Pastor betont hat, als solches Anteil
am seleukidischen Verwaltungssystem.12 Das Ethnos der Juden hatte
Steuern zu zahlen wie andere Ethne auch.13 Die Diaspora breitete sich
auch unter den Seleukiden weiter aus, zum Beispiel weil jüdische
Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben 43

Gemeinden Herrschaftsausgaben in unruhigen Regionen zu überneh­


men hatten.14 Das anfangs gute Verhältnis der jüdischen Gemeinden,
sowohl in Judäa als auch in der Diaspora, zum seleukidischen König
drückte sich in besonderen Privilegien, Steuervergünstigungen, Hilfen
für den Tempel aus. Es blieb aber nicht dabei. 30 Jahre nach der Er­
oberung Palästinas durch Antiochos III schlug das herrscherliche
Wohlwollen gegenüber den Juden in Unterdrückung um, als nämlich
Antiochos IV sein Religionsedikt erließ. Diesem folgte unmittelbar
ein Aufstand, der von einer Priesterfamilie aus Modin initiiert wurde
und als Makkabäeraufstand Berühmtheit erlangte. Ein neuer, unab­
hängiger jüdischer Staat (zwischen 140 und 63 v. Chr. der nach der
Herrscherdynastie benannte Hasmonäer-Staat) entstand, der am Ende
des 2. Jahrhunderts v. Chr. sogar den Status einer Monarchie erlangte.
Der historische Rückblick auf die Geschichte des Judentums in
hellenistischer Zeit endet also in einem Aufstand, aus dem ein unab­
hängiger jüdischer Staat hervorging. Das bedeutet, daß es zwischen
dem seleukidischen Staat und dem jüdischen Gemeinwesen in Jerusa­
lem nach 170 Jahren hellenistischer Herrschaft und hellenistischen
Einflusses zu schwerwiegenden Konflikten gekommen war. Um die
Ursachen dieser Konflikte geht es im folgenden.
Zwei trotz ihrer inhaltlichen Gegensätzlichkeit charakteristische
Dokumente seleukidischer Herrschaft zeigen, zwischen welchen Polen
sich das jüdisch-hellenistische Verhältnis bewegte; sie sollen deshalb
an dieser Stelle in angemessener Kürze analysiert werden.
Wohl im Jahre 198 v. Chr. erließ der seleukidische König Antio­
chos III in einem Brief an seinen Statthalter Ptolemaios genaue An­
weisungen darüber, wie die Juden Koile Syriens und Phönikiens zu­
künftig zu behandeln waren.15 Diese Provinz war soeben nach langem
Ringen den Ptolemaiern abgenommen worden,16 und so kam diesem
Brief, auch wenn er nicht an die Juden selbst und ihre Institutionen
adressiert war, der Charakter einer Grundsatzerklärung des neuen
Heimzu.17
Der Text ist zweigeteilt, wobei der erste Abschnitt (138) über die
Leistungen der Juden die Begründung für den Hauptteil (139-144)
darstellt, der die Gegenleistungen des Königs enthält. Dessen „Gunst­
bezeugungen" ((piA,&v6pocma) erstreckten sich wiederum auf drei auf­
einander aufbauende Bereiche:
1. Die Beseitigung der Kriegsfolgen in Jerusalem (139): Der Kö­
nig verspricht, bei der Reparatur der materiellen Schäden wie bei der
Beseitigung der Bevölkerungsverluste mitzuhelfen.
44 Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben

2. Unterstützung des Kultes (140-141: Die Frömmigkeit (euere-


ßeia) der Juden soll durch jedwede Unterstützung bei der Beschaffung
der Opfergaben belohnt werden.
3. Der politische und gesellschaftliche Status der Juden (142-144):
Der König gewährt politische Autonomie, Steuervergünstigungen und
persönliche Freiheit aller während der Kriegswirren geraubten und
versklavten Juden.
Antiochos III machte also Versprechungen: Hohe Summen wollte
er bereitstellen, damit für die Opfer im Jerusalemer Tempel genügend
Opfertiere, Wein, Öl, Getreide, Salz und Weihrauch zur Verfugung
stehe. Der Tempel, der durch die Kriegshandlungen stark beschädigt
worden war, sollte schöner und größer denn je wieder aufgebaut wer­
den. Der jüdische Rat (Gerusia), die Priester und Schriftgelehrten so­
wie die Tempelmusiker wurden von bestimmten Steuern befreit,18 die
Bewohner Jerusalems und solche, die sich dort ansiedeln wollten,
brauchten drei Jahre lang überhaupt keine Steuern zu bezahlen. Juden,
die verschleppt und versklavt worden waren, sollten frei und wieder
Besitzer ihrer Güter sein. Der wichtigste Satz des ganzen Dokumentes
ist aber: „Alle Angehörigen dieses Volkes sollen nach ihren väterli­
chen Gesetzen leben dürfen" (KCCTOC xoix; rcaTpioix; vö^io\)(; noXi-
xe\)ea0coaav).19 Patrioi nomoi ist der griechische Begriff flir eine
Verfassung, die durch Tradition legitimiert ist; insofern ist von mo­
dernen Autoren zu Recht betont worden, daß er auch in Dokumenten,
die sich auf das Jüdische Gemeinwesen bezogen, mehr bedeutete als
lediglich die Thora. Antiochos III erkannte mit ihm auch die jüdische
Autonomie an, wie sie in der persischen Zeit entwickelt worden war,
weil sie traditionell/väterlich war, und akzeptierte zudem verbindlich,
daß der „Hellenisierung" seiner jüdischen Untertanen - zum Beispiel
beim Herrscherkult - Grenzen gesetzt waren.20 Etwas später wurden
diese „Gunstbeweise" noch erweitert: Kein Fremder (ccMxxp'oXoq)
dürfe den Tempel betreten; die Zucht von Tieren und die Einfuhr von
Fleisch habe sich nach dem jüdischen Gesetz zu richten. Wer sich
daran nicht halte, werde bestraft.21 Antiochos hatte seinem Statthalter
auch geschrieben, warum er den Juden gegenüber so großzügig war:
Sie hatten es sich verdient. Sie waren zuverlässige Verbündete im
Kampf gegen das „Südreich" gewesen, hatten die seleukidischen Sol­
daten verpflegt, bei der Einnahme Jerusalems aktiv mitgewirkt (d. h.
bei der Vertreibung der ptolemäischen Besatzung) und durch ihre
Ehrerbietung Antiochos gegenüber signalisiert, daß sie die seleukidi-
sche der ptolemäischen Oberhoheit vorzögen. All das verdiene jetzt
Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben 45

die Wohltaten des Königs. Und es blieb nicht bei bloßen Worten: Der
jüdische Hohepriester Simon II (ca. 220-195 v. Chr.), Sohn des Onias
II urtd genannt „der Gerechte", machte sich an den Ausbau des Tem­
pels über die Schadensausbesserung hinaus und wurde gerühmt nicht
nur den Tempel, sondern auch die religiöse Ordnung als Ganzes unter
Antiochos III gestärkt zu haben.22
30 Jahre nach dieser Grundsatzerklärung ist nichts mehr von ihr
übrig geblieben. Eine bekannte Episode kann das verdeutlichen: 167
v. Chr. kamen Abgesandte des seleukidischen Königs Antiochos IV,
Sohn des eben genannten Königs, in den kleinen Ort Modin, um die
dort wohnenden Juden zur Teilnahme an einer Opferfeier zu zwin­
gen.23 Sie hatten vorher bereits viele Orte und Städte mit diesem Auf­
trag besucht, und viele Juden hatten den Drohungen und der Gewalt
nachgegeben und geopfert. Antiochos IV hatte nämlich kurz zuvor,
wohl im Sommer 167 v. Chr., per Edikt den Juden verboten, an ihrer
Religion festzuhalten, und zum Beweis ihres Gehorsams heidnische
Opferhandlungeh vollziehen lassen; ihre Söhne durften sie nicht mehr
beschneiden, ihre Bücher, in erster Linie natürlich die Thora, mußten
sie verbrennen, kurz: ihre pätrioi nomoi mußten sie aufgeben. Denn,
so lautete des Königs Begründung, „alle sollten ein Volk werden und
jedei* seine Gebräuche aufgeben" (eivai rcavTaq ei<; A,aöv eva Kai
eyKaxa^iKetv emaiov xa vojnjia a\)xo\)).24 In Modin wandten sich
nun seine Beamte wie in allen anderen Städten auch zuerst an die
Würdenträger, denn wenn diese opferten, so stand zu erwarten, daß
die änderen folgten. Ausgerechnet in diesem kleinen Örtchen weigerte
sich jedoch die einflußreiche Priester-Familie des Mattathias, dem
Opferbefehl Folge zu leisten, und so wurde Modin bekanntlich zur
Keimzelle des Makkabäeraufstandes.
Radikaler kann man sich den Umschwung von dem Brief des An­
tiochos III aus dem Jahre 198 v. Chr. zu dem Edikt des Antiochos IV
aus dem Jahre 167 v. Chr. kaum vorstellen: Jener verlieh den Juden
Autonomie zur Stärkung seines Reiches, dieser beschnitt sie aus eben
demselben Grunde; jener beschwor die väterlichen Gesetze der Juden
als eine Art Treuegarantie, dieser beseitigte sie, weil sie die Integra­
tion erschwerten; jener unterstützte finanziell den Kult, die Opfer und
den Tempel der Juden, damit sie um so loyaler dem König als ihrem
Wohltäter dienten, dieser erzwang die Teilnahme der Juden bei heid­
nischen Opferfesten und entweihte den Jerusalemer Tempel, damit die
Juden durch ihren Abfall von den Vätersitten ihre Loyalität zum Staat
46 Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben

bekundeten; jener verankerte also die jüdische Religion im seleukidi-


schen Staat, dieser schaffte sie ab.
Dieser bemerkenswerte Vorgang ist durch jüdische Quellen, näm­
lich Flavius Josephus und die Makkabäerbücher, überliefert und im
großen und ganzen unbestritten; selbst der heute wohl skeptischste
Kritiker der Authentizität hellenistischer Urkunden, wie sie sich in der
jüdischen Literatur finden, Jörg Dieter Gauger, zieht nicht den Inhalt,
höchstens die überlieferte Form in Zweifel.25 Wie konnte es zu diesem
Wechsel von der Autonomie zur Repression in einem hellenistischen
Staat kommen?
Die moderne Forschung konzentrierte sich vor allem auf Antio-
chos IV und das Religionsedikt, das in den Makkabäeraufstand mün­
dete. Dabei hat sie die unterschiedlichsten Erklärungen vorgebracht:
Früher sprach man (im Anschluß an Tacitus) von einem Hellenisie-
rungskreuzzug des Königs gegen alles Rückständige und sich dem
Zeitgeist Verweigernde,2 bis Elias Bickerman mit seinem bahnbre­
chenden Buch über den „Gott der Makkabäer" innerjüdische Streitig­
keiten als wahren Hintergrund der rigiden Politik des Antiochos IV
ausmachte - der König habe in dem Streit zwischen frommen und
hellenisierten Juden die Partei der letzteren ergreifen müssen.27 Eine
dritte sehr einflußreiche Theorie leugnete den religiös-kulturellen
Hintergrund des Konfliktes und machte pragmatisch-machtpolitische
Ursachen geltend, die Antiochos gleichsam keine andere Wahl gelas­
sen hätten.28 Wieder andere mutmaßten, daß die durch die römische
Expansion bedingte Schwäche des seleukidischen Staates Antiochos
zu einer Politik der Stärke in seinem eigenen Haus gezwungen habe.29
Und es gibt noch weitere Erklärungsansätze: von der Verrücktheit des
Antiochos30 bis hin zu der Umsetzung von Lehren, die Antiochos
während seiner Geiselzeit in Rom aufgenommen haben mochte.31 Ei­
ner der besten Kenner jüdischer Geschichte in der Antike, Fergus
Miliar, resignierte schließlich: „There seems no way of reaching an
understanding of how Antiochos came to take a Step so profoundly at
variance with the normal assumptions of government in his time".3
Die vorgebrachten Erklärungen für die ungewöhnliche Entwick­
lung des Verhältnisses zwischen Seleukiden und Juden sind nach mei­
ner Ansicht unbefriedigend. Sie greifen zu kurz, weil sie jeweils nur
Teilaspekte eines großen Konfliktes untersuchen, den jüdischen, den
königlichen oder den kulturell-religiösen. Sie wollen zum Beispiel
Überlegungen der beiden Könige Antiochos III und IV ergründen, von
denen diese sich bei dem Erlaß ihrer Edikte leiten ließen. Das ist aber
Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben 47

nicht nur in hohem Maße spekulativ und, wie man sieht, fast unmög­
lich, sondern berücksichtigt auch nur das unmittelbare Umfeld der in
Rede stehenden Edikte. Mir scheint daher ein anderer, im eigentlichen
Sinne historischer Ansatz vielversprechender, oder, um es thukydi-
dei'sch zu sagen: Die Anlässe des Religionsediktes sind beschrieben
und erörtert worden, was aber war die tiefere Ursache des Konfliktes
selbst? Auf was für einer Grundlage stand das Verhältnis zwischen
hellenistischem König und Juden, daß überhaupt ein Umschwung wie
der beschriebene eintreten konnte? Wie läßt sich das Verhältnis zwi­
schen Juden und Griechen, von jüdischem Gemeinwesen und Staat in
der hellenistischen Epoche grundsätzlich definieren? Und welche
Rolle spielte die Religion für die Selbstdefinition des Judentums?
Denn um sie dreht es sich ja in beiden besprochenen Dokumenten.
Sicher ist, daß auf das helle Bild des Hellenismus als einer weltof­
fenen und toleranten Epoche auch Schatten fallen. Es sind Widersprü­
che erkennbar, die bis in die moderne Forschung hineinragen. Vor
wenigen Jahren resümierten zwei unbestrittene Fachleute und aner­
kannte Hellenismus-Experten, H.-J. Gehrke und B. Funck, die Diskus­
sionen auf einem großen Hellenismus-Kongreß in Berlin (März 1994):
„Das Seleukidenreich erweist sich immer deutlicher als polyglotter,
multikultureller Vielvölkerstaat, in dem die Herrscher auf gewachsene
Strukturen und Veränderungen behutsam reagierten. Sie nahmen in
einem bisher nicht so hoch eingeschätzten Maße Rücksicht auf die
politisch-kulturellen Traditionen und Praktiken ihrer Untertanen. Ne­
ben die Prozesse der Hellenisierung, die sie bis zu den Grenzen hin
förderten, trat der bewußte Respekt vor einheimischen Strukturen, ja
deren deutliche Förderung (vor allem auf religiösem Gebiet). Hier", so
vermuten Gehrke und Funck, „scheint es nicht nur um eine bloß aus
rein praktischen Gründen gewählte Fortsetzung zu gehen, sondern um
Versuche zur mindestens partiellen Integration indigener Elemente".33
Zweierlei ist an diesem Resümee auffällig: zum einen die immanente
Widersprüchlichkeit zwischen der „Rücksicht auf die politisch-kultu­
rellen Traditionen und Praktiken" einerseits und der „bis zu den Gren­
zen hin" geförderten Hellenisierung und der „Integration indigener
Elemente" andererseits; zum anderen die offensichtlich ausgeblendete
historische Perspektive. Der Begriff „multikultureller Vielvölkerstaat"
für das Seleukidenreich implizierte Aktualität, Modernität und Tole­
ranz; man denkt unwillkürlich an die weit verbreitete Fremdenfeind­
lichkeit in unserem eigenen Land, und man soll womöglich von den
Seleukiden lernen - gleichsam ein KTfjjia eiq ccei. .
48 Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben

Bevor man allerdings aus der Geschichte lernen kann, müssen die
historischen Ereignisse richtig interpretiert werden, und diesem Er­
kenntnisziel dient ein Vergleich des Seleukidenreiches mit dem Vor-
her mehr als der (notwendig schiefe) Vergleich mit dem Jetzt. Über­
tragen auf die Juden heißt das: Wir dürfen nicht übersehen, daß das
jüdische Gemeinwesen so in makedonische Hände gelangte, wie es
sich unter den Achämeniden herausgebildet hatte. Unter diesem
Blickwinkel erweist sich erneut die politische Dimension der Refor­
men von Esra und Nehemia, die ja beide auch persische Beamte wa­
ren.34 Sie waren in enger Zusammenarbeit mit dem persischen Staat
durchgeführt worden - namentlich Nehemia agierte in seiner Eigen­
schaft als persischer Beamter - und sicherten über die religiöse Ord­
nung Jerusalem die Autonomie, dem König die Loyalität seiner Un­
tertanen. Esra und Nehemia hatten das nüD rmn "IDO, das Buch des
mosaischen Gesetzes, verbindlich für alle Juden gemacht, den Kult in
Jerusalem zentriert, hatten dazu den Tempel weiter ausgestaltet, die
bewußte Abgrenzung (was nicht zwangsläufig Selbstisolation bedeu­
tete)35 von den Nachbarn verfügt und gleichzeitig die Vertretung auch
der Diaspora-Juden durch Jerusalem durchgesetzt36 - all diese, später
sich zu Charakteristika des Judentums entwickelnden Reformen er­
möglichten die Verbindung zwischen „dem Gesetz (deines) Gottes"
(-|i"6K--H x m ) und „dem Gesetz des Königs" (*O^D "H xm), einer
Verbindung, von der es im Erlaß des Königs Artaxerxes ausdrücklich
heißt, daß beide Gesetze, das königlich-persische wie. das göttlich-jü­
dische, unbedingt zu befolgen seien.3 Mit anderen Worten: Den
Strukturmerkmalen des jüdischen Gemeinwesens kam eine ordnungs­
politische Funktion ersten Ranges in der Herrschaftspolitik der persi­
schen Vormacht zu, für die Juden aber waren sie gleichzeitig eine Art
Schutzwall vor äußeren Eingriffen und ein einigendes Band im Innern.
So wiesen die Reformen Esras und Nehemias, scheinbar ausschließ­
lich religiös motiviert und doch weit darüber hinausgehend mit emi­
nent politischem Hintergrund, den Weg zu einer gedeihlichen per­
sisch-jüdischen Zusammenarbeit unter Wahrung einer größtmöglichen
Autonomie Jerusalems.
Einem ganz und gar persisch ausgerichteten jüdischen Gemeinwe­
sen brachten also Alexander und seine Nachfolger den Hellenismus.
Dieser bewirkte Veränderungen, auch wenn die Ptolemäer, Seleukiden
und alle anderen hellenistischen Herrscher „Rücksicht auf die poli­
tisch-kulturellen Traditionen und Praktiken" (Gehrke/Funck) der un­
terworfenen Regionen nahmen, wie man es eingangs wohl jeder neue-
Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben 49

ren hellenistischen, gewiß aber seleukidischen Verfassungsgeschichte


als ein jeder Kritik enthobenes Grundgesetz lesen kann. 8 Es war ja
auch so, daß die Veränderungen, die der Herrschaftswechsel fiir die
Juden brachte, nicht einer konkreten herrscherliehen Rechtssetzung
entsprangen (zunächst jedenfalls nicht), die etwa den jüdischen Status
im hellenistischen Staat herabgesetzt hätte. An diesem änderten die
Könige seit Alexander vordergründig nichts. Aber trotzdem war die
Struktur des hellenistischen Staates eine andere als die des Perserrei­
ches,! und das hatte zwangsläufig Folgen für die jüdischen Gemeinwe­
sen. Von allen Veränderungen die folgenreichste war gewiß, daß die
jüdische Religion ihre Funktion als Ordnungsfaktor im Staate verlor.
Ob jüdisches Gesetzbuch, die Abgrenzung von den Nachbarn oder die
Vertretung der Diaspora-Gemeinden durch Jerusalem - wichtig war
all dies nur noch für die Juden, nicht mehr für die Vormacht. Das be­
deutete: Wenn Antiochos III den Juden ein politisches System auf der
Grundlage der väterlichen Sitten erlaubte, dann war das jetzt ein Zu­
geständnis, eine Wohltat und ein Gunstbeweis des Königs, nicht mehr
Zusammenarbeit.39 Der Hellenismus entwertete also gleichsam die jü­
dische Religion um ihre politische Dimension, was sich bis zu dem
Höhepunkt des Religionsverbotes des Antiochos IV steigerte.40 Einer
dauerhaften Zusammenarbeit in beiderseitigem Interesse war damit
eine tragfähige Grundlage entzogen. Aber einer „dauerhaften" Zu­
sammenarbeit widersprach auch die Unbeständigkeit, die im politi­
schen Wesen des Hellenismus begründet lag.
Es gilt jetzt zu untersuchen, warum dem so war. Besonders zwei
hellenistische Erscheinungen, die jüdisches Leben massiv beeinfluß­
ten, möchte ich herausgreifen: die Polis und die Verfassung des helle­
nistischen Staates.

Die Städte

Städte41 übten in zwiefacher Hinsicht Einfluß auf das Judentum


aus: zum einen als Heimatboden für Diaspora-Gemeinden, zum ande­
ren als „Fremdkörper" im Umkreis Judäas. Palästina bedurfte nämlich
als eine Grenzregion zwischen dem „Nordreich" und dem „Südreich"
des besonderen militärischen Schutzes, so daß es zu zahlreichen helle­
nistischen Stadtgiründungen kam.42 Die Ordnung der Juden war schon
von dieser Nähe zu Griechen, Makedonen und anderen Fremden her
höchsten Belastungen ausgesetzt. Wenn ein Grieche wie Zenon, der
schon erwähnte und von vielen Papyri her bekannte ptolemäische Be-
50 Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben

amte auf Reisen in Palästina, um die Mitte des 3. Jahrhunderts Jeru­


salem besuchte,43 mochte ihm wohl noch die (zu diesem Zeitpunkt
unter ptolemäischer Verwaltung befindliche) Tempelstadt rückständig
und provinziell erscheinen.44 Aber unter der Oberfläche brodelte es
schon merklich. Da waren auf der einen Seite diejenigen, die von der
neuen und weltoffenen hellenistischen Lebensweise angezogen waren
und von ihr profitieren wollten; mit ihnen konnte Zenon verhandeln
und Geschäfte machen, denn er wußte, daß sie schon leidlich Grie­
chisch gelernt und sich Grundkenntnisse hellenistischen Umgangs an­
geeignet hatten.45 Die andere Gruppe in Jerusalem, die nicht von einer
Kooperation mit den Herrschenden profitieren konnte und infolgedes­
sen eher an den traditionellen jüdischen Gesetzen festhalten wollte,
beobachtete diese Vorgänge mit größtem Mißtrauen. Die Fremdherr­
schaft produzierte also soziale Spannungen - Spannungen zwischen
den vom System der Steuerpacht und der Mitarbeit profitierenden ge­
sellschaftlichen Gruppen und der großen Gruppe der Nichtprivile­
gierten.46 Indes, über diese rollte der Prozeß der Hellenisierung (heute
würden wir sagen: Globalisierung) hinweg,47 und 80 Jahre später hörte
man den Ruf nach größerer internationaler Ausrichtung jüdischer Po­
litik schon viel lauter,48 ja man forderte und erreichte sogar den Polis-
Status für Jerusalem, um so in den Genuß der zahlreichen materiellen
und ideellen Vorteile einer Polis zu kommen.49 Antiochos IV mochte
sich bei seinem ersten Besuch in Jerusalem, wohl 172 v. Chr., fast wie
zu Hause gefühlt haben, denn ihm wurde ein pompöser Empfang mit
Fackelschein und Beifallbekundungen ausgerichtet.50 Die neue Aus­
richtung der Stadt Jerusalem wurde dadurch weithin sichtbar - und die
Religion hatte ihre politische Bedeutung verloren.
Die Diaspora war noch stärkerem Druck ausgesetzt.51 Die Polis-
Institutionen wie Rat, Volksversammlung, Behörden, Agora, Gymna­
sium, Tempel, Theater bestimmten das Leben jeder Stadt; wer an ih­
nen teilnehmen konnte, war wohlgelitten, wer nicht, ausgeschlossen.
Und die Städte selbst bemühten sich im Rahmen des Möglichen um
die Integration von Nichtbürgern. Ein gewisser Moschion aus Priene
zum Beispiel machte sich nicht nur um die Mitbürger der Stadt durch
seine Großzügigkeit verdient, sondern lud auch die Paröken, Fremden
und weitere Nichtbürger zu großen Festen ein. Man opferte und betete
vorher natürlich dem Zeus Olympios, der Hera und Athena Polias.
Aus Dankbarkeit schlössen sich diese Nichtbürger-Gruppen gern den
Ehrenbezeugungen der Stadt solchen Wohltätern wie Moschion ge­
genüber an.52 Ähnliches gilt für einen gewissen Herodes, der Bürger,
Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben 51

Beiwohner (mit Kindern) und Fremde in sein eigenes Haus geladen


hatte, nachdem alle zusammen vorher seinen Opferhandlungen für die
Götter beigewohnt hatten.53 Auch die Teilnahme von Nichtbürgern an
städtischen Veranstaltungen im Gymnasium, an kultischen Festen
oder an den Spielen war gern gesehen und wurde honoriert. Solche
Veranstaltungen waren ähnlich wie inschriftliche, öffentlich ausge­
stellte Beschlüsse von Rat und Volk einer Stadt ein gutes Forum, die
Einheit der ganzen Stadt und all ihrer Bewohner nach außen zu prä­
sentieren. Auch Juden sollten zu dieser Harmonie beitragen. Wohl
oder übel mußten sich zum Beispiel die Juden Jerusalems, wenn sie
denn als Polis gelten wollten, an den tyrischen Kampfspielen mit ihrer
Präsenz (mittels einer Gesandtschaft, den Secopot), mit Opfern und mit
Geld beteiligen.54 Selbstverständlich wurde erwartet, daß auch Nicht-
bürger (Paröken, Metöken, Fremde, Freigelassene, Sklaven) an Eh­
rungen für Beamte des hellenistischen Staates und erst recht für den
König mitwirkten.55
Das dokumentarische Quellenmaterial zum jüdischen Leben in der
Diaspora zeigt nun, daß Juden durchaus am gesellschaftlichen Leben
der Polis partizipieren wollten: Sie sprachen griechisch, schauten sich
heidnische Spiel- und Festveranstaltungen an,56 heirateten NichtJuden,
übernahmen griechische Umgangsformen,57 unterwarfen sich griechi­
schen Gerichten.58 Vielen Forschern ist dies Beweis genug, daß Juden
in die hellenistische Welt ihrer Religion zum Trotz integriert waren.
Sie übersehen dabei, daß diese Assimilation nicht Apostasie bedeutete
und daher nur beschränkt möglich war. Das „den Gesetzen untreu
werden" (O-ÜK Epniveiv Toiq rcaxpioiq vo^oiq) ist nur ausnahms­
weise überliefert.59 Was die Thora nicht ausdrücklich verbot, wurde
gemacht (Wettkämpfe, Gymnasium), was explizit verboten war,
wurde vermieden.60 In jedem Fall waren die Grenzen fließend und jü­
disches Leben in einer Polis nicht unproblematisch. Die jüdische Mit­
arbeit in den Polis-Institutionen, die sich über Opfer, kultische Mahl­
zeiten und Feste, Götterbefragungen definierte, war deshalb zweifellos
begrenzt, denn sie war nicht möglich ohne gravierende Gesetzesüber­
tretungen.61 Juden bildeten in der Regel eigene Politeumata, politische
Gemeinden, in ihren Poleis, deren Status im Gesamtgefüge der Polis
im Verlaufe der hellenistischen und auch in römischer Zeit immer in­
tensiver diskutiert wurde.62 In manchen Städten forderten Juden die
Gleichstellung mit den Polis-Bürgern,63 aber die Griechen wiesen die­
sen jüdischen Wunsch zurück: Wer nicht die Gesetze der Polis befol­
gen wolle, so meinten sie, könne nicht Polis-Bürger werden und damit
52 Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben

auch niemals gleichberechtigt mit den Politen sein.64 Der griechische


Haß gegen die nur bedingt hellenisierbaren Juden wurde immer stär­
ker und nahm in Städten wie Alexandria Ausmaße an, die bis in die
Nähe rassistischer Tiraden reichen.65 Der Riß ging aber auch mitten
durch die jüdische Gemeinde selbst. Jerusalem konnte in diese Kon­
flikte kaum vermittelnd eingreifen, zumal es von vielen Diaspora-
Gemeinden durch staatliche Grenzen getrennt war - auch dies ein we­
sentlicher Unterschied zur persischen Zeit, in der Kontakte zwischen
Eretz Israel und der Diaspora problemlos waren und auch von der
Staatsflihrung gefördert wurden.66 Jerusalem war unter hellenistischen
Verhältnissen nur noch Kult-, nicht mehr politisches Zentrum für das
Judentum, und so mußte zwangsläufig seine Distanz zu den Diaspora-
Gemeinden wachsen. Damit erhöhte sich aber gleichzeitig auch der
Hellenisierungsdruck auf die Diaspora-Gemeinden.67
All diese Konflikte trübten auch das Verhältnis der jüdischen Ge­
meinden zum jeweiligen König.68 Dieser erwartete von den Juden
ähnliche Ehrungen wie von den anderen Polis-Gruppen, aber Juden
konnten den König ohne allzu große Verletzung ihrer Religion nur
begrenzt ehren. Josephus fühlte sich bemüßigt, in seiner Erwiderung
auf Apions Denunzierung des Judentums ausführlich klarzustellen,
daß auch Juden die Herrscher ehrten, aber eben nach ihren Möglich­
keiten.69 Auch Tacitus hob die traditionelle Schwierigkeit der Juden,
den Herrscher angemessen zu ehren, als Hindernis für ein gutes rö­
misch-jüdisches Verhältnis hervor: non regibus haec adulatio, non
Caesaribus honor („nicht Königen geben sie diese Schmeichelei,
nicht den Kaisern diese Ehrerbietung").70
So kann man festhalten, daß in der hellenistischen Epoche zwar
die Annäherung der Juden an ihre Umgebung in den Städten gegen­
über der persischen Zeit wuchs, aber sie bedeutete nicht Apostasie.
Das heißt, die Sonderstellung der Juden blieb, verstärkte sich sogar
angesichts einer „global" agierenden Umgebung und provozierte ge­
rade deshalb Konflikte - in den eigenen Reihen wie mit den Frem­
den.71
Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben 53

Die Verfassung
;
Neben der Polis kommt auch der Verfassung hellenistischer Staa­
ten ein hohes Maß an Bedeutung für die Entwicklung des jüdischen
Verhältnisses zu der hellenisierten Umwelt zu. Zu diesem themati­
schen Schwerpunkt gibt es jetzt eine hervorragende Arbeit von John
Ma über das Seleukidenreich, die wesentliche Urteile der modernen
Hellenismus-Forschung in Frage stellt. So sieht er das Seleukidenreich
nicht primär als eine lose Form von Herrschaft, sondern als „an active,
attentive administration endowed with strong capacities for control
and involvement".72 Die zentrale Verfassungseinrichtung war das Kö­
nigtum.73 Ihren großen Einfluss auf das Judentum beweist allein schon
die Tatsache, daß Ideal, Aufgaben, Stabilität, Wechselfälle, Verfeh­
lungen und religiöse Ausrichtung der Monarchie in jüdischen Schrif­
ten vielfaltig behandelt worden sind.74 Flavius Josephus erzählt in den
Jüdischen Altertümern von den Differenzen zwischen dem jüdischen
Hohepriester Önias und dem König Ptolemaios im 3. Jahrhundert v.
Chr. Onias war mit den Tributzahlungen ins Hintertreffen geraten,
worauf ihm der König drohen ließ, wenn er nicht pünktlich zahle,
lasse er Jerusalem neu besiedeln.75 Das kam einem Autonomieentzug
gleich. Der König, soviel können wir dieser Episode entnehmen,
konnte also seinen Untertanen ungeachtet bisher gewährter Rechte
seine Gunst entziehen, wenn in seinen Augen das Verhältnis von Lei­
stung und Gegenleistung nicht mehr stimmte.76 So dachte auch Antio-
chos IV 100 Jahre später. Der „personal-victoriale" Charakter
(Gehrke) des hellenistischen Königtums - d. h. der ständige Druck,
Erfolg zu haben - übte demnach massiven Druck auf die Juden im
hellenistischen Staat aus. Denn die Beachtung bisher gültiger Rechte
trat durchaus hinter dem dringlichen Erfolgsinteresse des Königs zu­
rück - wie das Beispiel des Antiochos IV lehrt. Erfolg und Charisma
dieses Königs hatten ja in den frühen 60er Jahren erhebliche Risse in­
folge der Demütigungen durch Rom bekommen.77
Es änderte sich also mit dem neuen Königtum - sei es nun ptole-
mäisch, sei es seleukidisch - sehr viel. Vor kurzem hat Heinz Heinen
für das ptolemäische Ägypten die „enge Verknüpfung des Königkultes
mit dem Gottesdienst der ägyptischen Tempel" herausgearbeitet:78 Ein
Beamter des Königs, der Pergamener Herodes, hatte verschiedene mi­
litärische Positionen im südlichen Ägypten inne und war gleichzeitig
Prophet des Chnubis (= Ammon) (rcpocpfjTTn; xofi Xvo-üßecoq) und
Oberankleidepriester (apxioxo?tiGTf|<;) ägyptischer Tempel in Ele-
54 Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben

phantine und anderswo (unter Ptolemaios VI). In Ägypten ließ sich


„Staat" und „Kirche" in hellenistischer Deutung verknüpfen, in Judäa
gewiß nicht, wie schon das 3. Makkabäerbuch mit der ansonsten le­
gendär ausgestalteten Geschichte vom fehlgeschlagenen Besuch des
Königs Ptolemaios IV im Jerusalemer Tempel nach der Schlacht von
Raphia 217 v. Chr. zeigt.79 Und auch in Babylon hatte der Wechsel
von der achämenidischen zur seleukidischen Dynastie Konsequenzen.
Die Astronomischen Tagebücher?0 jüngst auf diese Frage hin unter­
sucht,81 belegen, zumal für Antiochos IV, zunehmend Eingriffe in den
dortigen Kult und die lokale Administration, die sich in der Ablösung
des höchsten Tempelbeamten durch den seleukidischen König zeig­
ten.82 Daß es darüber hinaus auch „dunkle" Seiten bei der Monarchie
gab, die zu dem hellen multikulturellen Charakter des Hellenismus so
gar nicht passen wollen, sei hier nur am Rande vermerkt. Nicht nur
einmal bedienten sich (insbesondere seleukidische) Könige bei Tem­
pelschätzen, und das auch recht gewaltsam. Das taten sie natürlich
nicht, ohne ihre guten Gründe zu haben, wie etwa die hohen Kriegs­
kontributionen an die Römer oder, weil sie aufwendige Kriege führen
mußten. Aber es waren Eingriffe, die, zusammengefaßt mit anderen
Aspekten, den eigentümlichen Charakter der hellenistischen Monar­
chie ausmachen.83 Hellenistisches Königtum war offensichtlich doch
für die Untertanen strukturell anders als persisches Königtum.84
Selbstverständlich gab es für Juden auch, und hier komme ich zum
letzten Punkt dieser Untersuchung, Möglichkeiten zur Mitarbeit im
hellenistischen Staat. Beide Seiten wollten sie auch. Berühmt ist der
auf Papyrus erhaltene Brief des im Ostjordanland wohnenden jüdi­
schen Tobias an den ptolemäischen Verwalter (8ioiKT|xf](;) Apollo-
nios, datiert vom 12. Mai 257 v. Chr.: „Tobias grüßt Apollonios",
heißt es darin, und weiter: „wenn Du und all Deine Angelegenheiten
wohlauf sind und Dir alles übrige wie gewünscht vonstatten geht,
dann vielen Dank den Göttern".85 Wie selbstverständlich unterschrieb
Tobias diese gebräuchliche Brief-Formel und bot noch dazu Apollo­
nios vier Sklaven an, davon zwei Beschnittene (7tepiT£TUT||jivoi); es
ist nicht unwahrscheinlich, daß diese Juden waren.86 Unter diesen
Voraussetzungen waren natürlich jüdische Karrieren möglich, wie sie
der Sohn dieses Tobias, Joseph, in ptolemäischen Diensten auch
machte.87
Auch am Hof des Königs konnten Juden hohe Positionen beklei­
den. So waren Chelkias und Ananias, die Söhne Onias IV, hochran­
gige Generäle Kleopatras III (116-101 v. Chr.), als die Königin im
Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben 55

Thronstreit mit ihrem Sohn Ptolemaios IX Lathyros Soter II lag, und


in dieser Position konnten sie das damals unter Alexander Jannaios
unabhängige Jerusalem vor ptolemäischen Eroberungsabsichten be­
wahren.88 Wenn Juden also „gebraucht" wurden - und das wurden sie
zumal in Ägypten mit seiner besonderen Bevölkerungsstruktur oft89 -,
korinten sie im Rahmen ihrer jeweiligen Position auch etwas für ihre
Glaubensgenossen tun.90 Auch als Söldner und Kolonisten waren Ju­
den geschätzt, weil sie aufgrund ihrer religiösen Grundsätze als zu­
verlässig und treu galten. Ptolemäer und Seleukiden setzten zum Bei­
spiel auf jüdische Siedler in unruhigen Regionen ihres Herrschaftsge­
bietes.91 Berühmt, wenn auch seit kurzem wieder in seiner Historizität
nicht unumstritten, ist der Brief des Antiochos III an seinen Strategen
Zeuxis über die Umsiedlung von 2000 Juden aus Babylonien und
Mesopotamien nach Kleinasien (Lydien/Phrygien).92 Der König be­
gründete diese Maßnahme mit der Eusebie der Juden, die auch Garant
iKrer politischen Treue sei.93 Diese Zusammenarbeit funktionierte
auch, soweit wir wissen, problemlos, zumal sie freiwillig war und
Soldaten, die sich als Söldner verdingen, normalerweise nicht als reli­
giöse Puristen in Erscheinung treten. Trotzdem gab es Spannungsfel­
der, die sich aus dem unterschiedlichen kulturellen Hintergrund jüdi­
scher und griechischer Soldaten ergaben. Es wird glaubhaft berichtet,
daß sich Juden, wenn sie in gemischten Einheiten dienten, lustig
machten über den griechischen Aberglauben, wie zum Beispiel die
Vogelflugbetrachtung, und viele Griechen die jüdische Mißachtung
ihrer Götter gewiß nicht leicht nahmen.94 Auch auf solche Erschei­
nungen mag die schon erwähnte Klage Apions zurückzuführen sein,
daß Juden nicht dieselben Götter wie die Griechen verehrten und des­
halb auch nicht integriert werden könnten.95
Die Kooperation der Juden mit dem hellenistischen Staat stellte
freilich deren religiöse und soziale Geschlossenheit auf die Probe.
Denn es profitierten von ihr nicht alle, und alle die, die ausgeschlossen
waren und unter ständig wachsendem Abgabedruck litten, verbreiteten
Pessimismus96 oder betonten die Liebe zu Gott und die Gesetzestreue
in ihrer Klage über die Entfernung vieler Juden von den väterlichen
Gesetzen.97 Auf dem Höhepunkt der Hellenisierungswelle in Jerusa­
lem schlössen sich die Unzufriedenen zu einer Gegen-Partei zusam­
men, den Chasidim. Sie fühlten sich den unter Nehemia und Esra ge­
schaffenen Grundlagen jüdischen Lebens nach dem „Buch des Geset­
zes" verpflichtet und forderten eine strenge Beobachtung religionsge­
setzlicher Vorschriften.98 Diese recht zahlreichen Frommen wußten
56 Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben

genau wie der Autor des 2. Makkabäerbuches um die Grenzen eines


Zusammenwirkens von Hellenismus und Judaismus." Weitere Grup­
penbildungen, auf die hier nicht einzugehen ist, folgten etwas später
(Pharisäer, Sadduzäer, Essener).100 Sie erschienen ihrer Umwelt um so
mehr als andersartig, gemeinschaftsfeindlich, nicht integrationsfähig -
und es stieg der Antisemitismus um diese Zeit, Mitte des 2. Jahrhun­
derts, auf neue Höhen.101 Manchem König wurde seitens seiner
Freunde empfohlen, den angeblichen jüdischen Ungehorsam gegen
seine Gesetze nicht länger hinzunehmen, also: die Religion zu verbie­
ten oder, noch radikaler, die Juden auszurotten.102 Und diese
„Freunde" mochten wohl ihrerseits über „Freunde" in den Poleis ihre
Informationen erhalten, mit der Bitte, sie an den König weiterzuleiten.
Unterhalb der aktiven Mitarbeit konnten, wie gesehen, Juden
durch Ehren- und Dankbarkeitsbezeugungen dem Staat gegenüber ihre
unbedingte Loyalität bekunden.103 Zahlreiche erhaltene Ehrenin­
schriften für hellenistische Könige aus allen Regionen ihrer Reiche
zeigen uns, was diese von ihren Untertanen als Gegenleistung für er­
wiesene Wohltaten finanzieller oder politischer Art erwarteten. Denn
sie gaben auch viel: Getreide, Stiftungen für Tempel oder Personal für
Kulte.104 Dankbar sollten sich alle dafür erweisen, beten und opfern,
kultische Feste zu Ehren des Wohltäters feiern, der göttlichen Sphäre
des Königs huldigen - davon künden die Ehreninschriften, die an
zentralen Plätzen des jeweiligen Gemeinwesens, für jedermann augen­
fällig, aufgestellt werden sollten. Sie galten als untrügliche Loyalitäts­
beweise, gleichsam das sichtbare Minimum an Mitarbeit im hellenisti­
schen Staat. Doch jüdischen Gemeinden waren hier Grenzen gesetzt;
sie konnten sich auch, wie schon erwähnt, den üblichen Dankesfeier­
lichkeiten und Beschlüssen darüber nicht anschließen. Sie ehrten die
Könige nach ihren Möglichkeiten und auch mit Dankesinschriften an
Synagogen105 - aber sie blieben Außenseiter, wurden es wegen ihrer
nur angefangenen, nicht vollständigen Eingliederung sogar noch
mehr, nährten dadurch allerorten Zweifel an ihrer „Verfassungstreue",
machten sich deshalb unbeliebt und mußten hinnehmen, daß die Kö­
nige, seleukidische wie ptolemäische, in Krisenzeiten an ihnen ihre
Durchsetzungsfähigkeit vor aller Augen demonstrieren, gleichsam
eine Exempel statuieren wollten. Wie verlockend mußte es Antiochos
IV zum Beispiel erscheinen, über die kultische Verehrung des eigenen
höchsten Gottes Zeus Olympios die Einheit des Reiches zu erzwingen
und so über die eigene Schwäche hinwegzutäuschen.106 Für die mei­
sten seiner Untertanen war das gewiß kein Problem, aber die Juden,
Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben 57

selbst die gemäßigt hellenisierten, fühlten sich zur Selbstverleugnung


gezwungen.
Es bleibt nur noch ein Fazit zu ziehen. Die eingangs dieses Kapi­
tels gestellte Frage war: Was bedeutete die Eroberung des persischen
Reiches durch Alexander den Großen für die Juden und für ihre Reli­
gion, die ein so einzigartiges politisches Gesicht unter den Persern be­
kommen hatte? Im Achämenidenreich hatten die Juden ihren festen
Platz gehabt. Aus der babylonischen Diaspora nach Jerusalem zurück­
gekehrt, durften sie ihren von Nebukadnezar zerstörten Tempel wie­
deraufbauen und nur wenig später sich eine explizit auf die Existenz
im Perserreich hin ausgerichtete Ordnung geben. Die religiöse Aus­
richtung dieser Ordnung verband jüdische Selbstbestimmung mit
Herrschaftsinteressen der Vormacht. Von ihr gab es kein Zurück, we­
der nach persischer, noch nach jüdischer Auffassung: Sie war
menschlicher Disposition entzogen. So mußte es auch bleiben, als die
Makedonen die Perser ersetzten. Doch für die neuen Herren hatte die
Religion der Juden überhaupt keine Ordnungsfunktion mehr, sie
wurde lediglich noch großzügig gewährt. So sagte Antiochos III in
dem eingangs zitierten Brief: Weil ihr mir gegenüber loyal wart, er­
laube ich euch, nach Vätersitte zu leben. Das heißt auch: Wenn ihr
euch dieser Wohltat nicht angemessen dankbar erweist, kann ich sie
zurücknehmen - so wie es sein Sohn Antiochos IV ganz konkret tat.
Die Unbeständigkeit, die einem solchen System allgemein innewohnt
und im besonderen für die hellenistische Staatenwelt kennzeichnend
ist,107 kontrastierte aufs Schärfste mit einem Gemeinwesen, dessen
Fundament religiös und damit dauerhaft, ja auf ewig festgelegt war.
Die jüdische Stellung war folglich in höchstem Maße prekär und hing
von der vielbeschworenen hellenistischen Toleranz ab - schon per se
ein wackliges Fundament für Beziehungen zwischen Staatsführung
und Untertanen. Wenn man es genau nimmt, gab es aber überhaupt
keine wirkliche Toleranz -jedenfalls nicht im eigentlichen Sinne.108
Denn hellenistische Toleranz in Religionsangelegenheiten wurde of­
fenkundig nur dem Gleichartigen, nicht dem völlig Andersgearteten
zuteil. Und der jüdische Monotheismus war nicht nur inhaltlich völlig
anders als der hellenistische Polytheismus, er war vor allem in beson­
derer Weise politisch und gewiß nicht in den hellenistischen Götter­
himmel integrierbar. Deshalb war natürlich die Lage der Juden, auch
in den Diaspora-Gemeinden, prekär. Denn als die Religion ihre politi­
sche Funktion im Staate verloren hatte, hing der Status der Juden
überall, sofern sie nicht abtrünnig werden wollten, vom Wohlwollen,
58 Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben

von der Euergesie des hellenistischen Staates - König oder Polis - ab.
Viele (aber keineswegs alle) Juden waren bereit und willens, mitzuar­
beiten; allein, die Vorgeschichte des Makkabäeraufstandes zeigt, daß
der Strudel der Hellenisierung den meisten Juden zu kräftig wurde und
eine Gegenbewegung ins Leben rief. Was folgte, war ein erfolgreicher
Befreiungskampf der Juden gegen die hellenistische Umklammerung.
Der Makkabäeraufstand gab dem Judentum ein neues Aussehen, das
die Lehren der Geschichte beherzigte. Und doch: Auch der neue reli­
giös ausgerichtete hasmonäische Staat konnte sich nicht dem allge­
genwärtigen Einfluß einer hellenisierten Umwelt entziehen und wurde
selbst ein hellenistisch geführtes Gemeinwesen - mit der Folge einer
weiteren Spaltung der Gesellschaft.109 Nur kurz währte der Rückgriff
der Königin Salome Alexandra (76-67 v. Chr., Ehefrau von Alexander
Jannaios), auf den makkabäischen Ursprung, insbesondere die Verfas­
sung Simons.110 Nach ihrem Tod stritten sich ihre Söhne, Hyrkan II
und Aristobul II, in gewohnter hellenistischer Manier um den Thron
und bahnten damit Rom den Weg. In der Diaspora ließ der Druck
gleichfalls nicht nach. Den Höhepunkt der Spannungen zwischen Ju­
den, Staat und Umwelt indes, begleitet von Pogromen, Opferbefehlen,
Jagd auf Juden, innerjüdischen Angriffen auf die „Befleckten" bis hin
zu Ansätzen von Ghettoisierung, Kennzeichnungspflicht und rassi­
schen Elementen der Judenfeindschaft, diesen Höhepunkt treffen wir
erst später in römischer Zeit an. Aber Rom war für die jüdische Reli­
gion und deren Ausrichtung ohnehin noch gefährlicher als die helleni­
stischen Staaten es je waren.
Eins war jedoch schon jetzt deutlich geworden: Nicht daß die Ju­
den eine andere Religion oder Kultur hatten, behinderte ihre Integra­
tion in den hellenistischen Staat. Es waren vielmehr die politischen
Konsequenzen dieser Religion, ein auf dieser Religion fußender Au­
tonomieanspruch, der sich mit dem politischen Hellenismus nicht
vertragen konnte.
///.
„ Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen
niederzuwerfen": Die Römische Republik als Weltmacht1

1. Die außenpolitische Entwicklung

Die jüdische Religion stellte von den Zeiten Hiskijas an den Dreh-
und Angelpunkt der politischen Eigenständigkeit gegenüber den Herr­
schaftsansprüchen äußerer Mächte dar. Ihre Fundamente wie die Zen­
tralisierung des monotheistischen Kultes in Jerusalem in der Zeit des
Zweiten Tempels waren während der Perserherrschaft gelegt worden
und ermöglichten in nahezu idealer Weise eine quasi-autonome Exi­
stenz der jüdischen Gemeinschaft - nicht nur in Judaea, sondern auch
in den Diaspora-Gemeinden Babyloniens und Ägyptens. Die politi­
schen Strukturen der hellenistischen Reiche jedoch, die die Nachfolge
der Perser anträten, waren, wie im vorigen Kapitel gezeigt wurde, an­
dere, und so verlor auch die Religion ihre besondere politische Funk­
tion, die beherrschten Juden mit den griechischen Herren zu verbin­
den.
Vom 2. Jahrhundert an überlagerte allmählich das römische Impe­
rium die hellenistische Staatenwelt, bis 31 v. Chr. auch das letzte
Nach-Alexander-Reich, das ptolemäische, von Rom besetzt wurde.
Erste Verbindungen zwischen Juden und Rom wurden 164 v. Chr.
aufgenommen, also in einer Zeit der größtmöglichen Desillusionie-
rung auf jüdischer Seite, was die Möglichkeit betraf, als Juden unter
einem hellenistischen Herrscher politische Eigenständigkeit bewahren
zu können. Erhofften die Juden aktive Hilfe von Seiten der Römer,
und wenn ja, hatten diese Hoffnungen eine reale Grundlage? Wäre
eine römische Herrschaft, sei sie nun direkt oder indirekt, für die jüdi­
schen Autonomievorstellungen günstiger gewesen? Wir wissen, daß
Rom erst 63 v. Chr. indirekt, seit 6 n. Chr. dann direkt Herrschaft über
Judaea ausgeübt hat, und weiterhin wissen wir, daß beide Formen ge­
scheitert sind, jedenfalls gemessen an einem von beiderseitigem Ein-
60 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen

vernehmen geprägten Verhältnis. Gibt es für diese Entwicklung Erklä­


rungen, die in der verfassten Ordnung beider Staaten zu finden sind,
oder müssen wir auf „widrige Umstände" oder fehlerhaftes Verhalten
der zuständigen Personen als Erklärung zurückgreifen?

Die Verfassung

In dem weiter unten besprochenen makkabäischcn Urteil über die


Römer steht der Satz: Kai ev rcäaiv xovxou; O\)K erceSevxo ocoxcov
otiöe eiq 5id8rma, o\)5ercepießaA,ovxoKopcp'opav aiaxe 6c5p\)v0fjvai
ev cu)Tfj („Und bei all dem setzte sich nicht einer ein Diadem auf und
umgab sich mit Purpur, um darin zu prunken").2 In dieser Formulie­
rung bündeln sich die jüdischen Hoffnungen auf Rom. Allein die Tat­
sache einer nicht-monarchischen Verfassung erschien den Juden vor­
teilhaft - was nicht verwundert nach den Erfahrungen mit (hellenisti­
schen) Monarchien. Auf die jüdischen Erwartungen an den römischen
Staat müssen wir noch genauer zu sprechen kommen. Aber bereits
jetzt ist auf den grundlegenden konstitutionellen Unterschied des rö­
mischen und des hellenistischen Staates zu verweisen, einen Unter­
schied, der sich natürlich auch auf die Integration der Untertanen aus­
wirken mußte - die Frage ging nur nach dem Wie. Rom war eine
stadtstaatliche Republik, deren institutionelle Fundamente Senat,
Volksversammlung und Beamte waren. Sie war aus dem Sturz des
Königtums hervorgegangen und hat ihren antimonarchischen Charak­
ter auch nie verloren.3 Darin lag für viele, nicht nur für die Juden, die
Attraktivität Roms. An einem monarchischen Regiment, so wie es
viele Regionen in der östlichen Mittelmeerwelt seit der Diadochenzeit
zur Genüge kennengelernt hatten, mochten unzufriedene Untertanen
die Unsicherheit, die sich zumindest bei Herrscherwechseln, darüber
hinaus oft in Krisenzeiten ergaben, kritisieren; sie bekamen das Ge­
fühl einer völligen Abhängigkeit von einer Einzelperson,4 deren Be­
gehrlichkeiten ständig neu befriedigt werden mußten, um eigene Sta­
tusansprüche durchsetzen zu können. Roms Verfassung dagegen er­
weckte verbreitet den Eindruck, von diesen Nachteilen frei zu sein. Im
makkabäischen Urteil über die Römer ist vom Senat die Rede als einer
Körperschaft, in der erstens 320 Männer (!), zweitens täglich (KOCG'
f||xepav), drittens umfassend nach allen Seiten hin (5iöcrcocvxöq)und
viertens, um das Volk gut zu regieren (rcepi xov icA/ndoix; XOX>
e\)KOG|ieTv cctixow;), berieten.5 Eine solche Darstellung erscheint in
jedem Detail als das Gegenstück einer monarchischen Verfassung:
Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 61
i
Zuverlässiger, weniger personen-abhängig, kontinuierlicher, stärker
auf das Wohl der Untertanen bedacht - so sahen die Juden des 2.
Jahrhunderts v. Chr. Roms Glanz auf dem dunklen Hintergrund der
hellenistischen Monarchie.6 Man hat unwillkürlich das Bild eines ge­
ordneten Rechtsstaates vor Augen, was durchaus nicht falsch war,
doch wir werden sehen, daß paradoxerweise gerade dieser dem jüdi­
schen Anspruch auf Autonomie entgegenstand. Der Makkabäer-Text
mit dem Urteil über die Römer (das im nächsten Kapitel eingehender
zu behandeln ist) berührt das Kernproblem der jüdisch-römischen Be­
ziehungen. Die Rechtmäßigkeit der jüdischen Einschätzung römischer
Politik und der Erwartungen, die jüdischerseits an Rom vor der Inte­
gration in das Römische Reich geknüpft wurden, mußte sich schließ­
lich erst noch erweisen. Daß Juden und Römer in einem Widerspruch
verfangen waren, lehrt der Gang der Geschichte. Um diesen Wider­
spruch geht es im folgenden.
Der Zusammenhang zwischen der römischen Verfassungsent­
wicklung und der außenpolitischen Expansion seit den Ständekämpfen
ist seit langem bekannt. Bezogen auf das im Entstehen begriffene Im­
perium Romanum mußte Rom überhaupt erst eine Herrschaftsform
entwickeln, die einem stadtstaatlichen System angemessen war. Wie
wir heute wissen, gelang es nur unvollkommen, diese Aufgabe zu lö­
sen; im Grunde wußten das auch schon die Römer selbst.7 Der Prinzi­
pat löste das Problem, setzte dabei jedoch nach eigenem Selbstver­
ständnis republikanische Traditionen nicht nur fort, sondern intensi­
vierte sie sogar. Wenn wir also nach den Gründen für das Scheitern
der Provinzialisierung Judaeas im frühen Prinzipat fragen, müssen wir
von der Republik und ihrer Ordnung ausgehen. Dabei stehen vier
Themenbereiche zur Diskussion: 1. die Verfassungsentwicklung im
Inneren, 2. das außenpolitische Konzept, 3. die Reichspolitik, 4. das
Verhältnis zu Bundesgenossen und Provinzialen.
Mit der lex Hortensia von 287 v. Chr. stand der institutionelle
Rahmen der römischen Verfassung. Seit J. Bleickens wichtigem Buch
über die lex publice? ist jedoch die verfassungspolitisch herausragende
Rolle des mos maiorum - mit „Sitte der Vorfahren" völlig unzurei­
chend wiedergegeben - erkannt worden. Dieser Begriff bedeutet ein
auf Tradition beruhendes Geflecht von Regeln und Grundsätzen im
öffentlichen und privaten Umgang der Menschen miteinander, die
nicht durch positive Rechtssatzungen schriftlich niedergelegt sind.
Diese mores unterlagen natürlich einem Wandlungsprozeß. Erst in
Krisenzeiten pflegen sie reflektiert und alsbald normiert zu werden.
62 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen

Seit dem Beginn des 2. Jahrhunderts geschah dies in Rom, weil es von
inneren Krisen geschüttelt wurde.9 Die wichtigste Quelle für die den
mos und damit die Verfassung verändernden Einflüsse war der au­
ßenpolitische Erfolg selbst. Innerhalb weniger Jahrzehnte - im beson­
deren wirkmächtig war der Zeitraum von 205 bis 146 v. Chr. - war
Rom, gerade noch infolge Hannibals Aufenthalt in Italien von einer
schlimmen Existenzkrise heimgesucht, zur alleinigen Weltmacht ge­
wachsen. Das Leben der Menschen in Rom und demzufolge auch die
Verfassung waren nun vielfältigen Einflüssen ausgesetzt, materieller,
geistiger, politischer Natur. Das Selbstbewußtsein und damit gepaart
ein Überlegenheitsgefühl, insbesondere innerhalb der politischen Füh­
rungsschicht, der Nobilität, stieg ins Unermeßliche; der Senat, das In­
strument dieser Schicht, wurde als zentrales Verfassungsorgan unan­
greifbar. Die römischen Feldherren und Beamten traten zuweilen kö­
nigsgleich in den besiegten Regionen auf; sie bekamen immer grö­
ßere, vom Senat zunächst aber noch kontrollierbare Machtmittel in die
Hände - und mußten sie auch zur Bewältigung der Aufgaben bekom­
men. Römische Beamten mußten mehr Aufgaben übernehmen,10 und
gleichzeitig mußten mehr Beamtenstellen geschaffen werden. Beides
wirkte sich auf die Verfassung aus, denn deren Fundament waren
diese mores, und die Beachtung dieser mores gründete wiederum auf
Übersichtlichkeit und Kontrolle. Auf die römische Ordnung wirkten
zugleich in vielfältiger Weise griechische Einflüsse.11 Das alles be­
deutete, daß die römischen mores und demzufolge auch die römische
Verfassung sich veränderten und in eine Krise kamen, welche ihrer­
seits wiederum auf die Außen- und Reichspolitik zurückwirkte.
Das signifikanteste Beispiel dafür hat uns Sallust, der bedeutendste
lateinische Historiker der römischen Republik, überliefert: den Krieg
der Römer in Nordafrika gegen den Numiderfürsten Jugurtha am Ende
des 2. Jahrhunderts v. Chr. Tunc primum superbiae nobilitatis obvium
itum est („Damals trat man zum ersten Mal dem Hochmut der Nobili­
tät entgegen."), schreibt Sallust in einer berühmt gewordenen Formu­
lierung über die innenpolitische Bedeutung dieses Krieges. Es geht
dabei um durch die römische Verfassung bedingte Mißstände im
Reich. Für unsere Themenstellung interessant ist dieser Fall auch des­
halb, weil Judaea durchaus schon im 2. Jahrhundert v. Chr. unter rö­
mischen Einfluß hätte geraten können - dann nämlich, wenn Rom
nach dem makedonischen auch den Seleukidenstaat beseitigt hätte -
und dann als abhängiger Staat (so wie es nach 63 v. Chr. auch kam)
die römische Oberhoheit hätte anerkennen müssen. Im Krieg gegen
Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 63

Jugurtha ging es um (typische?) Auseinandersetzungen in einem sol­


chen römischen „Klientelstaat", der seit dem 2. Punischen Krieg
westlich von Karthago eingerichtet worden war. Für die Römer
bralchte diese Einrichtung lange Zeit nur Vorteile: Sie brauchten keine
eigene Verwaltung einzurichten, hatten aber gleichzeitig den Fürsten -
der erste hieß Massinissa, von Scipio sogar zum rex ernannt - 12 in ein
Klientelverhältnis eingebunden und damit unter Kontrolle. Wie es der
Struktur eines solchen Verhältnisses entsprach, sicherten die Römer
als Patrone dem Fürsten Schutz vor inneren und äußeren Krisen zu,
während der Fürst als Klient loyal zu Rom stand und römische Auf­
träge sogleich zu erfüllen bestrebt war.13 Rom hatte auch ein wichtiges
Wort bei Nachfolgeregelungen seiner Klientelfiirsten mitzureden. Was
die regionale Stabilität anging, war allerdings manchmal - wie auch in
die3em Fall - das römische Mitspracherecht kontraproduktiv. So ge­
langte, als der König Micipsa 118 v. Chr. starb, die Herrschaft an
seine zwei Söhne Adherbal und Hiempsal sowie (auf römisches An­
sinnen hin) seinen Adoptivsohn Jugurtha. Dabei erwies sich Jugurtha
als Störenfried der Harmonie. Nachdem er den einen Bruder ermordet
hatte, suchte der andere Hilfe bei seinem Patron. Doch Rom versagte
in diesem Fall völlig. Jugurtha kannte viele nobiles persönlich14 und
wußte also um die römischen mores. Bestechung und offene Gewalt
auf Seiten Jugürthas sowie die Unfähigkeit der römischen Führungs­
schicht, eine adäquate Antwort auf dessen Methoden zu finden, zogen
die an sich unbedeutende Affäre über Jahre hin; erst 105 v. Chr., mehr
als 10 Jahre nach Micipsas Tod, konnte der römische Feldherr Marius,
ein homo novus („Aufsteiger"), mit seinem militärischen Sieg über
Jugurtha dem Spuk ein Ende bereiten.
Was kann uns diese Episode über die jüdisch-römischen Bezie­
hungen mitteilen? Sallust hielt die Auseinandersetzung zwischen Rom
und Jugurtha für symptomatisch für den von avaritia („Habgier") und
superbia („Hochmut") geprägten Zustand der römischen Nobilität.
Roms Ansehen in der Region schwand - nicht nur bei den als Ge­
schäftsleuten dort weilenden und darum ruhige Verhältnisse wün­
schenden römischen Bürgern, sondern darüber hinaus auch bei allen
Verbündeten, die sich auf Roms wachsames Auge über ihr Schicksal,
auf seine Präsenz und fides verließen. Aufmerksamen Zeitgenossen
mochte nicht verborgen geblieben sein, daß zur Herrschaftssicherung
generell höhere Investitionen und eine stärkere römische Präsenz -
nicht nur in Form von Soldaten, sondern auch von hohen Beamten -
erforderlich waren. Mit einer aristokratisch ausgerichteten republika-
64 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen

nischen Verfassung war daran freilich (noch) nicht zu denken. Tunc


primum superbiae nobilitatis obviam itum est („Damals trat man zum
ersten Mal dem Hochmut der Nobilität entgegen."), lautete die For­
mulierung Sallusts - er hätte mit gleichem Recht für superbia
(„Hochmut") inertia („Trägheit") setzen können und dann nur eine
andere Meßlatte, die reichspolitische statt der innerrömischen, an den
Konflikt gelegt. Die Republik erhob den Anspruch auf Herrschaft, war
aber zunächst nicht in der Lage, ihn umzusetzen. Der Erfolg stellte
sich erst dann ein, als das übliche republikanische Procedere außer
Kraft gesetzt wurde und ein Einzelner der inertia entgegentrat. Au­
ßenstehende bemerkten vielleicht nur die lobenswerte Beseitigung ei­
nes verbrecherischen Unruhestifters, Jugurtha, durch die römische
Schutzmacht; tatsächlich ergaben sich aber ganz neue Perspektiven
römischer Herrschaft: Konflikte dieser Art ließen sich offensichtlich
ohne weiteres verhindern, wenn die Vormacht präsent war, wenn sie
ihre patronale Fürsorge ernst nahm, wenn sie auch personell für Kon­
tinuität in der Führung sorgte - oder anders, wenn die Autonomie der
Untertanen dem Ziel einer Integration in das Reich nachgeordnet
wurde. Dies war die Lehre aus dem Jugurtha-Konflikt, und dies war
zweifellos auch die Perspektive des jüdischen Staates, der wenig spä­
ter dem Römischen Reich angegliedert wurde.
Die Entwicklungen in Rom und dem Imperium waren auch für die
jüdischen Diaspora-Gemeinden bedeutsam. Der Charakter der römi­
schen Herrschaft bestimmte das Leben in den Städten, die von Anfang
an die Grundlage der römischen Verwaltung bildeten.15 An dieser
Stelle seien nur einige grundsätzliche Überlegungen darüber ange­
stellt, welchen Einfluß die oben skizzierten Veränderungen der mores
auf diese jüdische(n) Gemeinde(n) haben konnten. Betrachtet man das
von den Römern favorisierte Patronatsverhältnis als Grundlage römi­
scher Herrschaft, ergaben sich für jüdische Gemeinden durchaus Risi­
ken, was ihre Eigenständigkeit betraf. Einerseits nämlich konnte sich
aus religiösen Gründen die Beziehung zwischen römischem Patron
und jüdischem Klient nicht in den traditionell üblichen Bahnen bewe­
gen; andererseits wäre eine Beziehung zwischen Juden und Römern,
die von den üblichen Strukturen abgewichen wäre, durchaus geeignet
gewesen, das Mißtrauen anderer Reichsuntertanen zu erregen. Auf
diese Risiken werden wir noch zu sprechen kommen. Was speziell die
jüdische Gemeinde in Rom betraf, so wirkten auf sie in besonderem
Maße die zu Normen erhobenen mores. Diejenigen Kräfte der Nobili­
tät, denen die fremden Einflüsse, die infolge der Eroberungen nach
Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 65
i

Rqm gelangten, zuviel wurden, versuchten über gesetzliche Regelun­


gen und Edikte, die alten bäuerlich-strengen Sitten wieder ins Leben
zu rufen. Das berühmteste Beispiel dafür ist das Vorgehen des römi­
schen Senates gegen den wie das Judentum aus dem östlichen Mittel­
meerraum stammenden Dionysoskult im Jahre 186 v. Chr.16 Man
mochte es zur Erreichung dieses Ziels auch für nützlich gehalten ha­
ben, in Rom lebende oder wirkende Personen aus dem östlichen
Raum, namentlich Philosophen und Juden, als Bedrohung der guten
römischen Moral aus der Stadt zu verweisen. Darin schlug sich also
kein spezifisch antijüdisches, eher schon ein anti-östliches, noch eher
ein tiefes Gefühl von Unsicherheit über die aktuelle Entwicklung nie­
der, denn die rasante Ausbreitung des Imperiums hatte Rom gleichsam
selbst überrollt. Diese Tatsache an sich wirkte auf das Verhältnis zwi­
schen Vormacht und Untertanen zurück.

Die außenpolitische Entwicklung

Die außenpolitische Entwicklung Roms seit der Mitte des 3. Jahr­


hunderts v. Chr. war in der Tat beeindruckend, und wenn man es nicht
besser wüßte, würde man mit Polybios von einem vorgefaßten Plan
der Römer zur Eroberung der Welt ausgehen.17 Sie hatte nicht nur eine
Stoßrichtung, sondern war gleichsam kreisförmig angelegt: Roms Ex­
pansion ging in konzentrischen, über dem Mittelpunkt Italien ange­
legten Kreisen vonstatten - in gewisser Hinsicht also durchaus planlos
und dann doch wieder mit erkennbarem Sinn. Italien war der Dreh-
und Angelpunkt der Expansion; es war endgültig bereits mit dem
Krieg gegen den epirotischen König Pyrrhus unter römische Kontrolle
gelangt. Ein höchst komplexes und effektives Vertragssystem sicherte
Roms Herrschaft in Italien,18 aber es verlangte auch, daß die Sicher­
heit der socii („Bundesgenossen") ein wesentlicher Faktor der römi­
schen, jetzt italisch gewordenen Außenpolitik wurde.19 Schon die
Kriege in Italien sind, v. a. seit den Samnitenkriegen, unter diesem
Blickwinkel zu sehen. Daraus folgte dann etwas später, daß die socii
imnier mehr mit den Römern identifiziert wurden, wenn sie im „Aus­
land" waren.20 Letzten Endes läßt sich darauf auch Ciceros Konzept
vonl gerechten Krieg zurückführen (dazu unten).
Ein kurzer Überblick über den Gang der Ereignisse mag diese für
die Reichsordnung nicht unerhebliche Deutung der römischen Außen­
politik erklären. Erstes und Italien am nächsten liegendes „Opfer" war
Sizilien, das sich Rom nach einem mehr als zwei Jahrzehnte währen-
66 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen

den Ringen mit der Großmacht Karthago (264-241 v. Chr., 1. Puni-


scher Krieg) einverleibte. Auch Sardinien und Korsika gelangten als
Folge dieses Krieges an Rom (237 v. Chr.). Es waren dies auch die er­
sten Provinzen des Römischen Reiches (eingerichtet 227 v. Chr.), die
von Prätoren als Statthalter verwaltet wurden. Anlaß des Krieges ge­
gen Karthago war ein Hilfegesuch in Form einer deditio italischer
Söldner der im Nordosten Siziliens gelegenen Stadt Messana gegen
den syrakusanischen Tyrannen Hieron II.21 Ebenfalls zu diesem ersten
Kreis römischer Außenpolitik gehört das adriatische Küstengebiet II-
lyriens, wo Rom in den Jahren 229/228 v. Chr. gegen die illyrische
Königin Teuta Krieg führte; der Sieg gegen die Seeräuberkönigin war
nicht nur den Italikern, sondern auch den benachbarten Griechen
höchst willkommen.22 Anlaß waren Hilferufe der von den Illyrern ge­
schädigten Küstenstädte Italiens.23 Im Norden unseres Kreises, in
Oberitalien, kämpfte Rom gegen die Kelten (225-222 v. Chr.).24
Der erste Kreis, mit Sizilien im Süden, Sardinien/Korsika im We­
sten, der illyrischen Küste im Osten, und Oberitalien im Norden, war
kaum geschlossen, als ein zweiter, größerer Kreis römischer Kontrolle
um Italien seinen Anfang nahm. Dessen Ausbildung dauerte, wie die
des ersten, etwa ein halbes Jahrhundert: Er begann im Westen (Spa­
nien), wurde weiter gezogen nach Süden (Nordafrika)25 und gelangte
dann zügig nach Osten (Makedonien und Griechenland). Im Norden
schien es, als sollte ganz Oberitalien bis zu den Alpen gegen die Kel­
ten gewonnen werden (Gallia Cisalpina), ein Unterfangen, das sich bis
176 v. Chr. hinzog und sich als erheblich weniger einträglich als die
gleichzeitigen östlichen Kampagnen, aber ebenso beschwerlich her­
ausstellte.26 Spanien war 218 v. Chr. Ausgangspunkt des 2. Punischen
Krieges gegen Hannibal (218-201 v. Chr.); es wurde 206 v. Chr. von
Scipio gewonnen und wenig später als Doppelprovinz {Hispania cite-
rior und ulterior) eingerichtet. Ebenfalls in diesem Krieg (201 v. Chr.)
wurde Nordafrika römisches Einflußgebiet. Anlaß des Krieges waren
die Bedrohung einer verbündeten Stadt in Spanien (Sagunt) durch die
karthagischen Herren Spaniens unter Hannibal und der darauf fol­
gende Hilferuf der bedrohten Stadt.27 Im Osten mußte Rom drei große
Kriege fuhren, um endgültig seinen Einfluß, einen weiteren, um seine
direkte Herrschaft zu sichern: gegen Philipp V von Makedonien (Kö­
nig 221-179 v. Chr.) im sog. 2. Makedonischen Krieg (200-197 v.
Chr.), von 192-188 v. Chr. gegen den seleukidischen König Antiochos
III („der Große", König von 223-187 v. Chr.) und schließlich im 3.
Makedonischen Krieg (171-168 v. Chr.) gegen den Sohn Philipps V,
Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 67

Perseus (König 179-168 v. Chr.). Das Ergebnis dieser Kriege war, daß
Rom Griechenland kontrollierte, aber erst 148 v. Chr. den Weg direk­
ter Herrschaft beschritt und die Provinz Macedonia einrichtete.28 Die
Einzelheiten können hier auf sich beruhen, aber es verdient in unse­
rem Zusammenhang hervorgehoben zu werden, daß die Anlässe der
Kriege auch hier bei den römischen Verbündeten vor Ort zu suchen
sirid, von denen die Vereinigung der Ätoler, das attalidische Perga-
mön, die Insel Rhodos und die Polis Athen besonders zu nennen sind.
Im Jahre 168 v. Chr. hatte Rom also einen zweiten Einflußkreis
um Italien gelegt, der nun den gesamten Mittelmeerraum umfaßte.
Das Ende römischer Expansion war damit noch nicht erreicht, und so
gelangte nach 168 v. Chr. auch Judaea in das römische Blickfeld. Ein
dritter Kreis begann folgerichtig mit dem syrischen Raum, dem Kern­
land des schon einmal, nämlich 192-188 v. Chr., bekämpften Seleuki-
denreiches. Allerdings ließ die Vollendung dieses dritten Kreises zu­
nächst einmalauf sich warten: Die Gründe dafür sind zum einen darin
zu suchen, daß sich Roms Politik als Weltmacht notgedrungen gegen­
über den Zeiten des Aufstiegs gewandelt hatte und also der übliche
„Hilferuf bedrohter Verbündeter immer öfter ausblieb. Aber auch aus
römischer Sicht waren langsam die Grenzen der Expansion erreicht,
denn diese stellte den republikanischen Staat vor unlösbare Pro­
bleme.29 Und natürlich darf darüber hinaus nicht vergessen werden,
daß Rom allein schon mit der militärischen Sicherung der bereits ge­
wonnenen Regionen genug zu tun hatte; Probleme gab es viele, in
Spanien, Afrika, Sizilien, Kleinasien und anderswo. Immerhin richtete
Rom 129 v. Chr. noch die Provinz Asia, 121 v. Chr. die Gallia Narbo-
nensis, 101 v. Chr. Cilicia ein. Noch immer schien der römische Aus­
dehnungsdrang nicht gebremst zu sein, und das gilt bei verlangsamtem
Tempo noch mindestens bis zu den Dakerkriegen und dem parthi-
schen Feldzug des Kaisers Trajan (98-117 n. Chr.).
Der Charakter der römischen Außenpolitik änderte sich allerdings
im Laufe der Zeit. Sie konnte natürlich unmöglich die Dynamik der
Anfangszeit beibehalten. Doch sollte die hier entworfene „Kreistheo­
rie" die römische Expansion in ein besonderes Licht rücken, das zu
einem nicht zufälligen Zeitpunkt auch auf Judaea fällt. Die römischen
Eroberungen waren, so kann man den Schluß ziehen, weder zielge­
richtet in geographischer Hinsicht und also auch nicht „imperiali­
stisch" (wenn man denn diesen Begriff verwenden will), noch waren
sie wirtschaftlich motiviert, noch waren sie andererseits völlig planlos.
Man mag durchaus an Mommsens heute kaum noch vertretene Theo-
68 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen

rie vom „defensiven Imperialismus" (wobei der Begriff, von W. Har­


ris geprägt, gänzlich ungeeignet erscheint) Roms als Grundlage der
Expansion denken,30 nicht nur mit Blick auf das eigene, womöglich
übersteigerte, aber nach den Erfahrungen mit Hannibal nachvollzieh­
bare, Schutzbedürfnis, sondern auch und gerade mit Blick auf den
Schutz der Verbündeten, was viele auch interpretieren als Sicherung
des Einflusses an der Peripherie.31 Vielleicht kann man Roms Außen­
politik am ehesten als eine Mischung strukturalistischer und intentio-
nalistischer Elemente auffassen.32
Wenn Rom also im Jahre 164 v. Chr. Kontakte mit den gegen die
seleukidische Regierung aufständischen Juden in Jerusalem knüpfte,
sogar in vertragliche Beziehungen eintrat, die von Zeit zu Zeit erneu­
ert wurden, so liegt darin nichts Außergewöhnliches. Der gute Ruf
Roms als Gegner und Bezwinger mächtiger Könige, v. a. aber als
Schützer der Schwachen sorgte dafür, daß auch die jüdische Seite an
einer Verbindung interessiert war. Rom hatte diesen Ruf nicht von
ungefähr; er basierte auf einem besonderen außenpolitischen Konzept.
Erst in späterer Zeit ist dieses Konzept verklärt und in dieser Verklä­
rung zu einem römischen Grundsatz von Anfang an erhoben worden,
dem bellum-iustum-Pr'mzip. Am Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr.
war es gewiß als solches noch nicht erfunden,33 auch wenn seine we­
sentlichen Elemente schon Geltung beanspruchen konnten: Die Ein­
haltung bestimmter Formalien (wie im Fetial-Recht) sowie die sachli­
che Ausrichtung autprofide aut pro salute („entweder für die Treue
oder für das Wohl").34 Wenn also Kriege von den Römern aut pro so-
ciis aut de imperio gerebantur („entweder für die Bundesgenossen
oder um die Herrschaft geführt wurden"), wie Cicero an anderer Stelle
behauptete,35 so mag man darin Galtungs „militärischen Imperialis­
mus"36 verwirklicht sehen; denn der Satz besagt ja zunächst nur, daß
Kriege „im Reichsinteresse" (nämlich entweder im römischen oder in
dem der socii) das Prädikat „gerechte Kriege" verdienten. Allerdings
stellt diese Theorie den Egoismus Roms in den Vordergrund, der aber
von vielen, zumal den von außen bedrohten Zeitgenossen als solcher
(noch) nicht gesehen wurde. Diese blickten vielmehr durchaus erfreut
auf das Uneigennützige römischer Interventionspolitik, die nur zu hel­
fen, aber nicht eigene Interessen zu verfolgen schien.37 Eine Analyse
der Verträge, die Rom nach 201 v. Chr. schloß und die aussagekräfti­
ger sind als die möglicherweise allzu parteiischen Darstellungen der
Historiker wie Livius und Polybios, wäre gewiß aufschlußreich in die­
sem Zusammenhang.38 Kleinere Staaten und manche Städte machten
Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 69

zudem die Erfahrung, daß Rom gleichsam am selben Strang wie sie
zog, nämlich gegen die großen Könige vorging, und zwar höchst er­
folgreich.39 Nicht nur römische oder griechische, sondern auch jüdi­
sche Texte sprechen davonl40 Ciceros später entwickelte Theorie hatte
dehinach eine reale Grundlage und war kein bloßes, in der Auseinan­
dersetzung mit griechischer Philosophie (Stoa) gewonnenes Konstrukt
zur Rechtfertigung des römischen Weltreiches.41 Sie nahm in verän­
derter Form auf, wie die römische Republik sich am Anfang ihres
Ausgreifens Herrschaft überhaupt nur vorstellen konnte, nämlich
nicht anders „als mit den Mitteln der Außenpolitik durchsetzbare In­
teressen zu wahren".42 Darauf gründete sich das römische Herrschafts­
system bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts, und es unterschied sich da­
mit von Herrschaftssytemen hellenistischer Prägung. Bekanntlich
scheiterte es trotz aller Anfangserfolge, weil an der Tatsache römi­
scher Herrschaft in Afrika oder Griechenland nicht zu zweifeln und
die propagandistisch so herausgestellte „Freiheit" eben doch nur eine
scheinbare war.43 Aber es erklärt auch, warum bedrängte bzw. sich
bedrängt fühlende Gemeinden, Städte oder Staaten sich an Rom mit
der Bitte um Hilfe wandten; sie hatten ja offenkundig nicht zu be­
fürchten, daß nur die Herren ausgetauscht würden.
Es ist aber im Gegensatz zu großen Teilen der modernen For­
schung über die römische Außenpolitik zu betonen, daß dieses Herr­
schaftsmittel, nämlich die Verbündeten einzubeziehen, nicht zur Täu­
schung der Untertanen über den wahren Charakter ihrer Beziehungen
zu Rom gleichsam erfunden wurde und in Wirklichkeit also eine tat­
sächlich ausgeübte Herrschaft nur verdecken sollte. Es war vielmehr
die einzig mögliche Form, den römischen Einfluß ohne Gefahr für die
eigene Ordnung zu sichern. Erst die Erkenntnis, daß ein auf gemein­
samen Interessen von Rom und den Verbündeten gegründetes „Reich"
illusorisch sein mußte, führte die Römer dazu, auch ihrefrühereZeit
als „Herrschaft" im engeren Sinne zu deuten. Diese Entwicklung spie­
gelt sich in den literarisch gestalteten Äußerungen der Gegner Roms
über dessen Herrschaft wider, denn hier wird unter anderem der Vor­
wurf der Täuschung über die wahren Absichten Roms mittels der
Verwendung hehrer Begriffe erhoben.44 Als Instrumente einer so ver­
standenen Außenpolitik dienten den Römern der Abschluß von Ver­
trägen45 und die Konstituierung eines Patronatsverhältnisses.46 Da
aufch das jüdische Gemeinwesen in Jerusalem in eine solcherart ge­
staltete Beziehung zu Rom kam, werde ich auf dieses „Herrschafts­
mittel" noch zu sprechen kommen. Die Einrichtung der Provinzen
70 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen

Makedonien (148 v. Chr.) und Afrika (146 v. Chr.) brachte insofern


eine entscheidende Veränderung, als Rom - nach dem Sonderfall Si­
zilien - entgegen allen früheren Beteuerungen doch Herrschaftsab­
sichten auch nach außen demonstrierte. Dieser Schritt, zwei alte und
hochzivilisierte Staaten in römische Provinzen zu verwandeln, desillu-
sionierte viele Sympathisanten Roms; die Bewunderung schlug um in
Enttäuschung und Ablehnung, und letztere wiederum steigerte sich in
Folge römischer Herrschaftspraktiken zu jenem Haß gegen die Besat­
zer, den sich etwas später ein Mithridates zur Verwirklichung eigener
Herrschaftsabsichten zunutze machen konnte.47 Dieser (modern aus­
gedrückt) mentalitätsgeschichtlich außerordentlich bedeutsame Ein­
schnitt wiegt die von der neueren Forschung wieder stärker betonte
Kontinuität im Bereich der Herrschaftsorganisation auch nach 146 v.
Chr. auf.48

2. Die römische Reichspoliiik und -Organisation


während der Republik

Da die Verfassung der Römischen Republik eine andere als die der
hellenistischen Königreiche war, mußten auch die Herrschaftsstruktur
des Reiches und deren Leitideen andere sein. Auch für das Reich als
Ganzes macht es einen Unterschied, ob in der Mitte der Herrschaft
eine Person oder aber eine (bzw. mehrere) Institution(-en) stehen. Um
die Voraussetzungen für das Verhältnis zwischen Juden und Römern
zu verstehen, sollen einige Vorüberlegungen allgemeinerer Art zur
Organisation des Reiches, zu ihren Prinzipien sowie der Rolle der
Untertanen in diesem Reich angestellt werden.

Die Organisation des Reiches

Die Organisation des Reiches war bekanntlich keine einheitliche,


sondern wies, in zugegebener Vereinfachung, vier Stufen auf: die
Stadt Rom, das (bis 89 v. Chr.) bundesgenössische Italien, die Provin­
zen sowie die allgemein so bezeichneten Klientelstaaten bzw. abhän­
gigen Staaten. In dieser Organisation spiegeln sich einerseits die oben
beschriebenen Entstehungsbedingungen des Reiches wider, anderer­
seits die maßgebliche Einschätzung der Zentrale hinsichtlich der
Wichtigkeit der einzelnen Reichsteile, aber auch hinsichtlich der eige­
nen beschränkten Möglichkeiten zu ihrer effektiven Verwaltung.49 Die
Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 71

Herrschaftsorganisation war jedoch nicht nur nach den genannten vier


konzentrischen Kreisen gestaffelt, sondern wies auch innerhalb jeder
einzelnen Form wieder unendlich viele Modifikationen auf, die an den
Besonderheiten jeder Region ausgerichtet waren und keinen anderen
Sinn hatten als den, die römische Herrschaft ohne bürokratischen
Aufwand fest zu verankern. Die moderne Geschichtswissenschaft hat
sich mit gutem Grund intensiv der Erforschung der römischen Ver­
waltung zugewandt. Sie kann auch gerade dann mit wichtigen Er-
kerintnisfortschritten aufwarten, wenn die Komplexität der römischen
Herrschaft in all ihren Formen zugrunde gelegt wird. Denn gerade
dieses differenzierte System ermöglichte überhaupt eine intensive
herrschaftliche Durchdringung des ganzen Reiches. Vor allem muß
berücksichtigt werden, daß ähnlich wie in der römischen Stadtverfas­
sung auch im Reich hinter den Institutionen bzw. Rechtsformen noch
andere politische und soziale Kräfte und Sphären am Herrschaftssy­
stem beteiligt gewesen sind und zu dessen Funktionieren beigetragen
haben: Das Patronats- und Klientelwesen gehört zu diesen außerhalb
der Rechtsordnung stehenden Faktoren ebenso wie die Bürgerrechts­
politik oder die Anbindung lokaler Eliten an die römische Zentrale.50
Wenn wir also dem Verhältnis zwischen Rom und den Juden seit
164 v. Chr. auf die Spur kommen wollen, müssen wir von der immer
wieder postuliierten Dichotomie des Reiches in einen direkter Herr­
schaft unterstehenden Teil und einen indirekt verwalteten Teil abse­
hen. Ebensowenig hilft der oftmals stereotyp wiederholte Satz weiter,
daß die römische Verwaltung in den eroberten Territorien grundsätz­
lich „alles beim Alten" beließ und sich auf die lokalen Verwaltungs­
strukturen stützte, womit man den prima facie kleinen bürokratischen
Apparat, mit dem der Statthalter in die Provinz zog, erklärte. Der
Ausbildung römischer Herrschaftsformen wo auch immer nachzuge­
hen, verspricht eher, das Besondere römischer Reichspolitik deutlich
zu machen. Wäre „alles beim Alten" in den Regionen geblieben, hätte
es die jüdisch-römischen Konflikte ja nicht gegeben.
Bereits das Bundesgenossensystem in Italien ist durch eine diffe­
renzierte Ausformung gekennzeichnet.51 Seit 227 v. Chr. entwickelten
die Römer dann die außerhalb Italiens angemessenere Herrschafts-
form der Provinz; so nannte man den Amtsbereich der römischen
Oberbeamten, denen die Oberaufsicht über das weit entlegene Gebiet
übertragen wurde. Diese Aufgabe bekamen zunächst die Prätoren
übertragen.52 Auch hinter dem Begriff Provinz verbergen sich aber
unterschiedliche Herrschaftsformen, je nachdem, in welchem Reichs-
72 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen

teil wir uns befinden oder wie sich eine Region bzw. Stadt den Rö­
mern gegenüber verhalten hat. Insbesondere seit den Forschungen von
E. Badian ist erkannt worden, welch große Bedeutung das Patronats-
system innerhalb jeder einzelnen Provinz hatte.53
Noch weniger läßt sich mit dem Begriff Klientelstaat eine auch nur
annähernd einheitliche Vorstellung von seinem Inhalt verbinden.54 Die
Römer selbst faßten solche Beziehungen als amicitia und societas auf,
und bekanntlich waren diese Begriffe dehnbar; wir werden darauf
noch zurückkommen. Der Grad der Abhängigkeit der einzelnen Re­
gionen von Rom variierte von Fall zu Fall55 und konnte verschiedene
Ausprägungen erfahren. Als ein eigener Reichsteil, wie Sueton sie
deutete,56 wurden sie auch erst in der späten Republik, wohl seit der
Neuorganisation des Ostens durch Pompeius, aufgefaßt; so gesehen
wurde Judaea also 63 v. Chr., wiewohl als Klientelstaat, Teil des Rö­
mischen Reiches.
Zäsuren gab es nicht nur in bezug auf die Eroberung des Reiches,
sondern ebenso in der Reichsauffassung der Römer. Die späte
(148/146 v. Chr.) Erkenntnis, daß die seit 197 v. Chr. verfolgte Ost­
politik gescheitert war, war so eine Zäsur; sie führte zur Einrichtung
der Provinz Macedonia und zu einer dauerhaften römischen Präsenz in
der Region. Der lange Zeit weit-verbreitete Ruf der Römer, uneigen­
nützig den Verbündeten zu helfen und an eigener Herrschaft desinter­
essiert zu sein, war nun dahin, die Einstellung der Untertanen und
Neutralen zu Rom wurde zunehmend von Mißtrauen bzw. Ablehnung
geprägt, was wiederum die römische Politik beeinflußte.57 Weniger C.
Gracchus und Sulla mit ihren Reformen der Statthalterschaften58 als
vielmehr die reichspolitischen Regelungen des Pompeius nach seinen
erfolgreichen Kriegen gegen die Seeräuber (67 v. Chr.) und Mithrida-
tes (66-63 v. Chr.) stellten dann die Weichen zu einer stärkeren Ver­
einheitlichung der Verwaltung, deren Voraussetzung aber schon jetzt
- also vor Augustus - ein personales Zentrum war. Damit leitete
Pompeius in der Reichspolitik den Prinzipat ein. Gleichzeitig schuf
seine Neuordnung im Osten59 mit ihren zwei Pfeilern, den Provinzen -
nämlich Asia, Bithynien, Kilikien, Syrien - und Klientelfürstentümern
- solche waren Lykien, Galatia, Kappadokien, Pontos, Armenien,
Osrhoene und Judäa -, die Voraussetzungen für eine Integration auch
der Klientelstaaten in das Reich.60 Die Entwicklung der römischen
Reichspolitik ist am Beispiel Judaeas gut zu verfolgen.
, Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 73

Leitlinien und Grundlagen

Nach diesem summarischen Überblick über die organisatorische


Vielfalt des Römischen Reiches und ihre Entwicklung geht es im fol­
genden um die wesentlichen Leitlinien und Grundlagen, welche hinter
dieser Organisation standen, mit dem Ziel, das Besondere der römi­
schen Verwaltung im Vergleich mit derjenigen der hellenistischen
Königreiche herauszuarbeiten und auf diese Weise die Beziehungen
Roms zum jüdischen Gemeinwesen einordnen zu können.
I In erster Linie war es die römische Verfassung, die die Reichsver-
wältung bestimmte, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Wie ich schon
früher betont habe, hatte Rom nicht, wie die hellenistischen Reiche,
ein personales, sondern ein institutionelles Zentrum (bzw. sogar meh­
rere). Daraus ergaben sich, mehr als man bisher annahm, auch für die
Reichsorganisation Konsequenzen. Außen- und damit auch reichspo­
litisch bestimmend war der Senat, eine Körperschaft von 300 zuneh­
mend selbstbewußt auftretenden adligen Männern, die es sich leisten
konnte, Gehorsam für ihre, zwar nach Gesandten- und „Experten-Be­
fragungen, aber doch im fernen Rom getroffenen Entscheidungen ein­
zufordern. Weder für Flexibilität noch für „informelle" Praktiken war
viel Platz, schon allein wegen des Informationsproblems, das durch
die von Zeit zu Zeit beauftragten, hochkarätig besetzten Gesandt­
schaften in Krisenregionen nur mühsam behoben werden konnte.
Hierin liegt ein wesentliches Defizit der römischen Herrschaft be­
gründet, das die hellenistischen Staaten so nicht besaßen; das heißt,
der römische Senat als die allein bestimmende außenpolitische Instanz
war überfordert, ständig auf neue Gegebenheiten, Beschwerden, Kri­
sen adäquat und vor allem kreativ zu reagieren. Diese Unfähigkeit
wirkte sich um so schlimmer aus, als die römische Politik ja gerade
die Interessenwahrung ihrer Verbündeten propagierte, und das war ein
überdimensionierter Anspruch für die republikanische Verfassung.
Werner Dahlheim hat in bezug auf die römischen Probleme bei der
Provinzialisierung Spaniens nach dem 2. Punischen Krieg zu Recht
einen „Mangel an konstruktiver Phantasie des Senates" konstatiert,
den die Statthalter vor Ort nicht kompensieren konnten.61 Vor dem
Hintergrund der römischen Verfassung war allerdings nichts anderes
zu erwarten. Auch die starke römische Neigung zu Rechtsformen in
der Außenpolitik, man könnte auch sagen zur Rechtsstaatlichkeit,
setzte der „konstruktiven Phantasie" des Senates Grenzen und wurde
von den mit der hellenistischen Tradition eher informeller Beziehun-
74 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen

gen vertrauten Untertanen im östlichen Teil des Reiches durchaus als


Gängelung und als unvereinbar mit ihren Prinzipien von Autonomie
und Freiheit empfunden.62 Nach diesem Grundsatz verfuhren die Rö­
mer auch mit dem jüdischen Gemeinwesen, als Pompeius den Streit
zwischen Hyrkan und Aristobul zu schlichten hatte, und ebenso, als
sie unter Caesar und Augustus weitreichende Privilegien ausstellten.
Man sollte nun meinen, daß mit einer solchen von den Römern
mehr als von anderen Mächten propagierten Rechtssicherheit alle zu­
frieden gewesen wären; aber so einfach lagen die Dinge nicht. Dazu
war die römische Politik - strukturell bedingt - zu wenig einheitlich,
oder anders: Rom hatte im 2. Jahrhundert v. Chr. einfach nicht die
Möglichkeiten, sein auf der Zustimmung der Untertanen gründendes
Herrschaftsmodell auch wirklich durchzusetzen. Griechische Unterta­
nen, in langer philosophischer Tradition logisch geschult, bemerkten
sehr wohl das Dilemma, in dem sich der römische Senat zwischen
dem hehren Anspruch und der konträren Wirklichkeit befand. Der 155
v. Chr. in Rom weilende führende Akademiker Karneades führte allen
Römern vor, wie in seiner Heimat römische Politik „ankam": In sei­
nen philosophisch getarnten Reden über die Gerechtigkeit und im An­
schluß daran über die Ungerechtigkeit sprach er aus, daß die Römer
auch nicht anders seien als alle anderen und auf ihren Vorteil und
nicht den ihrer Untertanen bedacht seien.63 Und wenn etwas früher
(181 v. Chr.) der Achäer Kallikrates die Römer zu mehr Präsenz in der
Region auffordert, damit das von ihnen so selbstlos und gerecht einge­
richtete System auch funktionsfähig erhalten bleibe, so steckt darin ei­
nerseits ein gerüttelt Maß an Unzufriedenheit über die römische Poli­
tik, andererseits aber hätte ihre Erfüllung gerade das Ende der Auto­
nomie bedeutet.64 Auch hier sehen wir wieder jüdisch-römische Pro­
bleme paradigmatisch vorgeformt. Denn am Anfang der direkten Be­
herrschung Judaeas durch Rom stand die im Judentum weit verbreitete
Hoffnung auf stärkere römische Präsenz in der Region.65
Die Person des Statthalters in den direkter römischer Herrschaft
unterworfenen Gebieten konnte unter Umständen zusätzliche Verwir­
rung stiften.66 Wenn die vorhergehenden Überlegungen richtig sind,
war der Statthalter alles andere als ein „absoluter Monarch" in seiner
Provinz.67 Er war eingebunden in das römische System, und somit
hatte, nicht nur formal, sondern tatsächlich, der Senat die letzte Ent­
scheidung über alle die Verwaltung betreffenden Fragen.68 Dem römi­
schen „System" konnten die Untertanen also nur schwer entrinnen,
weil die persönliche Entscheidungsfreiheit des Statthalters in grund-
Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 75

sätzlichen Fragen beschränkt war. Der Senat war freilich, bei der
Grpße des Reiches, hoffnungslos überlastet. Das zeigen die inschrift­
lich überlieferten Probleme in der böotischen Stadt Thisbe. Noch
schwerer wogen für die jeweiligen Regionen die Unsicherheiten, die
der jährliche Wechsel der provinciae, der Amtsbereiche der römischen
Magistrate also, mit sich brachte.69 Denn zum einen wußte man nicht,
wen man durch das Los erhalten würde, und zum anderen gerieten
viele Statthalter am Ende ihrer Amtszeit in eine Art Torschlußpanik,
wenn sie befürchten mußten, daß ihre Nachfolger ihnen den Ruhm er­
folgreicher Provinzialverwaltung streitig machen könnten.
Daß auch die innere Struktur der Verfassung und der in ihr maß­
geblichen Führungsschicht, der Nobilität, Auswirkungen auf die Ge­
staltung der Außenpolitik und der Behandlung der Untertanen hatte,
ist allgemein bekannt und braucht an dieser Stelle nicht weiter erörtert
zu Werden.70 Die mit ihrer provinica ausgestatteten römischen Beam­
ten'hatten oft genug mit ihrem, auch durch den innenpolitischen Er­
folgsdruck bedingten hochmütigen und auch vor Betrug und Täu­
schung nicht zurückschreckenden Betragen für Unruhen und Mißmut
bei Gegnern wie Verbündeten gleichermaßen gesorgt.71 Ein „Reichs­
bewußtsein" konnte unter diesen Bedingungen kaum entstehen. Cha­
rakteristisch für den spätrepublikanischen Blick auf das Reich mag
Cioeros Einteilung sein: nulla gens est quae non aut ita sublata sit ut
vix exstet aut ita domita ut quiescat aut ita pacata ut victoria nostra
imperioque laetetur („es gibt kein Volk, das nicht entweder so aus
dem Weg geräumt ist, daß es kaum existiert, oder so gezähmt ist, daß
es sich ruhig verhält, oder so befriedet ist, daß es sich über unseren
Sieg und unsere Herrschaft freut").72 Die hier verwandte Begrifflich­
keit {tollere, domare, pacare) weist den Weg zu einer Herrschaft, die
allein die Interessen Roms in den Mittelpunkt stellt; von Kriegshand­
lungen {tollere) über Unterdrückung und Kontrolle {domare) die Un­
terworfenen dahin zu bringen, daß sie sich mit der römischen Herr­
schaft abfinden. Ja mehr noch, die Akzeptanz römischer Herrschaft
seitens der Völker ist ein Ausweis ihrer Zivilisiertheit: die pacata gens
erkennt in der römischen Herrschaft einen höheren Wert als in einer
Autonomie, die zivilisatorisches Fortschreiten behindert. Diese Art
von pacare13 schien durchaus geeignet, Herrschaft zu begründen, weil
sie nicht nur Bedrückung und Ausbeutung, sondern auch Wohltaten
und Fürsorge umfaßte. Für diejenigen allerdings, denen nichts an den
Vorzügen römischer Zivilisation und mehr an der Wahrung der Eigen­
ständigkeit als an materiellem Nutzen durch die Fremdherrschaft, der
76 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen

ohnehin zumeist den lokalen Eliten zugute kam, gelegen war, war kein
Platz in diesem Imperium.
Die ciceronische Einteilung reflektiert freilich die spätrepublikani­
sche, insbesondere post-sullanische Sicht der Dinge.74 Von seinen An­
fängen an war das römische Herrschaftssystem pragmatisch angelegt
und deshalb nach Regionen und Städten pro meritis stark ausdifferen­
ziert, weil es „funktionieren" sollte.75 Der Nachteil dieses Systems
war, daß auch die privilegierten Verbündeten ziemlich schnell durch­
schauten, daß es auf römische Interessen zugeschnitten war. In Spa­
nien76 war das nicht anders als in Griechenland. Die römische Herr­
schaftspolitik arbeitete je nach Lage mit Belohnungen oder Strafen,
kriegerischen oder friedlichen, völkerrechtlichen oder informellen
Mitteln, so daß sich dem Betrachter ein höchst kompliziertes, auf viel­
fältigen Abhängigkeitsformen beruhendes Gebilde darbot.77 Da die
Römer ihre eigenen Rechtsvorstellungen zum Maßstab machten, gab
es, zumal zwischen Griechen und Römern, auch Verständnisprobleme.
War ein römischer socius et amicus dasselbe wie ein griechischer
a\)|i|ia%o(; Kai cpiXoq („Bundesgenosse und Freund")? War das römi­
sche infidem Romanorum se permittere wirklich ein Synonym für die
griechische Formel eiq TTJV 'Pcouxcicov TCIÖTIV ccüToix; 5i56voci („sich
in die Obhut der Römer zu begeben")? Die Ätoler jedenfalls erhofften
sich, als sie sich der fides Romanorum unterstellten, Verzeihung für
ihre Verfehlungen im Krieg mit Antiochos III., während die Römer
unter derselben Klausel unbeschränkte Kontrolle verstanden.78 Und
wie ist das Verhältnis von römischer libertas und griechischer
eke\)9epicc bestimmt? Verstanden die Römer überhaupt unter Auto­
nomie dasselbe wie die Griechen, die seit 196 v. Chr. autonom sein
sollten?79
Ohne hier auf die wissenschaftliche Diskussion im einzelnen ein­
gehen zu können, ist wohl unbestreitbar, daß die Verleihung der Au­
tonomie an die griechischen Städte, was auch immer ihr konkreter In­
halt war, dem römischen Interesse in vollem Umfange entsprach. Es
verhielt sich ja nun mit Rom nicht so, wie es sich vielleicht einige
Griechen in ihrer Dankbarkeit 196 v. Chr. bei den Isthmien vorstell­
ten: esse aliquam in terris gentem quae sua impensa, suo labore ac
periculo bella gerat pro libertate aliorum („es gäbe auf Erden ein
Volk, das für die Freiheit der anderen auf eigene Kosten, unter Gefah­
ren und Mühen Kriege führt").80 Eine solche Illusion erwies sich
schon recht bald als trügerisch. So sehr auch die Römer hier auf helle­
nistischen Wegen zu wandeln81 und den Symbolgehalt hellenistischer
Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 77

Autonomiegarantien in der Tradition der Koine-Eirene-Verträge seit


387 v. Chr., insbesondere aber seit Antigonos Monophthalmos 2 auf­
zugreifen verbuchten, um sich den Griechen verständlich zu machen.
Es handelte sich um eine römische Sicherung von Einfluß in die grie­
chische Sprache übersetzt. So waren sie auch 229 v. Chr. in Illyrien83
oder 218 v. Chr. in Spanien verfahren, und wie hier so auch dort
merkten die „Partner" ziemlich schnell, was die Römer meinten, wenn
ste von Autonomie sprachen. Aus römischer Sicht lagen die Dinge
klar vor Augen: Früher hatten die hellenistischen Könige die Autono-
rriiegarantien ausgesprochen, obwohl niemandem die tatsächlichen
Verhältnisse verborgen geblieben wären, und waren gut damit gefah­
ren. Die Römer lernten daraus, daß das Vertrauen und die Zustim­
mung der Griechen über Autonomiegarantien erworben werden
mußte, und so handelten sie entsprechend, frei von aller Dogmatik. In
einem vieldiskutierten Brief an die Beamten und die Ratsmitglieder
dfcr achäischen Stadt Dyme aus dem Jahr 144/3 v. Chr. spricht der
makedonische Statthalter Q. Fabius Maximus ungeniert von den Ver­
fehlungen eines Aufrührers Sosos „gegen die den Achäern von den
Römern zurückgegebene Verfassung" (xoix; vö^io'oq ypd\|/aq -urcev-
avTioix; xfii; a7co5o9eiar|i TOIC; ['Aftcuotc; vnb 'Pco^aicov rco-
2Ai[eia]i).84
In diesem Zusammenhang gehört ein weiterer, nach meiner Ein­
schätzung noch nicht grundsätzlich erforschter Unterschied zwischen
römischer und hellenistischer Herrschaftspraxis. Diese beruhte auf
dem Grundsatz der Gegenseitigkeit („Gabentausch", auch im zwi­
schen- und innerstaatlichen Verkehr),85 jene auf der Gewährung von
Wohltaten, die eine bestimmte Art der Wiedervergeltung erforderte.86
Das ist ein Unterschied jenseits aller terminologischer Gemeinsam­
keiten. Wir bewegen uns hier allerdings auf schwierigem Terrain, das
von E. Badian einerseits und E. Gruen andererseits abgesteckt worden
ist. Beide Forscher haben für ihre Thesen gute Gründe vorgebracht.
Nach Badian hätten die Römer das ihnen zu Hause so vertraute Kli­
entelverhältnis auch auf die internationalen Beziehungen übertragen
und so ein zwar nicht politisches, wohl aber personales Abhängig­
keitsverhältnis zu den eroberten Regionen hergestellt. Gruen kam zu
einem entgegengesetzten Ergebnis. Das römische Klientelverhältnis
habe in der internationalen Politik überhaupt keine Rolle gespielt,
vielmehr habe sich die römische Politik hellenistischen Strukturen an­
gepaßt.87
78 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen

So offenkundig kontrovers diese beiden Positionen sind, so schei­


nen sie mir dennoch nicht unvereinbar zu sein. Es liegt ihnen vielmehr
ein auch in anderen Bereichen anzutreffendes Merkmal römischer Po­
litik der republikanischen Zeit zugrunde: die Übernahme, Beibehal­
tung und Umdeutung bestehender Einrichtungen. Man denkt hier zu­
nächst an die innerrömische Entwicklung, zum Beispiel das Amt des
Volkstribunates und das Rechtswesen, oder an die Religionspolitik,
die sich durch die Integration und Umdeutung fremder Gottheiten
auszeichnete. Doch auch die römische Außen- und Reichspolitik be­
diente sich dieses Mittels, weil es die Beziehungen zum Partner bzw.
Verbündeten erleichterte und so ein direktes römisches Engagement
zu umgehen half. Das hellenistische Begriffsinventar zwischen- und
innerstaatlicher Beziehungen lehnten die Römer darum nicht ab; im
Gegenteil: In den die griechisch-römischen Beziehungen betreffenden
Dokumenten seit dem Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. ist ebenso
von Euergesie, Proxenie, Eunoia, Eusebie, Autonomie, Eleutheria die
Rede wie in der mehr als 100jährigen hellenistischen Epoche zuvor.
Der seit 195 v. Chr. belegte Rom-Kult und die Rhomaia-Spiele sind
Reflexe des üblichen Herrscherkultes im griechischen Osten,88 der
entpersonalisierte populus Romanus konnte von den griechischen
Städten problemlos als KOIVOI E\)epyeTai geehrt werden.89 Doch wird
man jenseits des Formalen und der Begrifflichkeit mit Badian auch
das spezifisch Römische feststellen, das man durchaus als Patronat
bezeichnen kann.90 Mir scheint der wesentliche Unterschied zwischen
hellenistischer Euergesie-Praxis und römischem Patronat zu sein, daß
jene eine dauerhafte völkerrechtliche Dimension aufwies,91 die das
Patronat zunehmend verlor. Wenn spätere Quellen wie Livius von ei­
nem patrocinium der Römer zum Wohl der Griechen seit 197 v. Chr.
sprechen,92 mag das anachronistisch sein. Doch daß die Römer den
Begriff der Euergesie ernster auf sich bezogen, als die hellenistische
Formel dies traditionellerweise gestattete, das heißt also den Ehrentitel
Koivoi etiepYETcci der griechischen Städte wörtlich verstanden und
daraus auch politische Konsequenzen ableiteten, dürfte kaum zu be­
streiten sein. Wenn dann die griechischen Städte selbst immer und
immer wieder Gesandtschaften an Rom schickten, um es für irgend­
welche Streitigkeiten als Schiedsrichter zu gewinnen,93 wenn ferner
besonders nach der Schlacht bei Pydna die Furcht vor Roms Macht
die politischen Entscheidungen griechischer Städte maßgeblich be­
stimmte,94 wenn zudem das für den Hellenismus charakteristische
Mächtegleichgewicht vollkommen ausgehebelt war und es tatsächlich
; Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 79

nur eine einzige wirkliche Vormacht gab, so ist die herrschaftliche


Ordnung im griechischen Osten seit dem Frieden von Apamea (188 v.
Chr.) als eine patronale im römischen Sinne zu bezeichnen, auch wenn
dfe Begrifflichkeit in Senatsbeschlüssen, Briefen, Ehrungen und Ver­
trägen sich nicht von der früheren hellenistischen unterscheidet. Der
„Geist" der Herrschaft wurde ein anderer, und von Polybios erfahren
wir auch, daß die Griechen sich dessen wohl bewußt waren.
Im Westen lagen die Dinge insofern anders, als hier auch die von
den Römern vorgefundene Ordnung eine andere war. Der eigentümli­
che Charakter römischer Herrschaftsausübung ist indes auch hier fest­
zustellen. Die.Entwicklung in Spanien seit 218 v. Chr. ist dabei sehr
aufschlußreich. Am Anfang steht Scipios großangelegte und mit Ver­
sprechungen verbundene Bündnispolitik,95 die im Bedarfsfalle kon­
kretere Formen annahm96 und dann, als es den Römern für die bevor­
stehende endgültige Auseinandersetzung mit Karthago nötig erschien,
einer Unterwerfung Platz machte.97 Als die spanischen Stämme die
römische Politik verstanden hatten, war es schon zu spät; ein Aufstand
im Jahre 205 v. Chr. blieb erfolglos. Wie drückend die römische Herr­
schaft jetzt den Stämmen erschien, macht das allerdings nur bei Livius
überlieferte Aufstandsziel deutlich: ut ab omni externo imperio soluta
in perpetuum Hispania in patrios rediret mores ritusque („daß Spa­
nien von jeder äußeren Herrschaft für immer frei sei und in seine vä­
terlichen Sitten und Riten zurückkehren könne").98 Daß Spanien 197
v. Chr. in Provinzen, also in direkte Herrschaft überfuhrt wurde, hängt
zweifellos mit dem metus hostilis, nämlich der Furcht vor Karthago
zusammen. Dieser Aspekt römischer Politik spielte also durchaus
auch bei«der Reichsorganisation eine wichtige Rolle und erklärt die
unterschiedliche Behandlung Spaniens und Griechenlands im Jahre
197 v. Chr. Diese muß also nicht, oder nicht ausschließlich, aus dem
„wilden", zivilisatorisch rückständigen Zustand der Region hergeleitet
werden.
Zur Bestimmung des Charakters römischer Herrschaft wäre jetzt
noch die Frage des Verhältnisses zwischen Lokalautonomie und herr­
schaftlichen Eingriffen oder, wie der Verfassungsrechtler sagt, zwi­
schen „Reichsrecht" und „Volksrecht", zu erklären.99 Diesem Verhält­
nis, das in spätrepublikanischen Dokumenten wie dem Senatuscon-
sultum de Asclepiade von 78 v. Chr. und den Briefen Octavians de
Sdleuco Nauarcha aus der Triumviratszeit manifest ist, soll am kon­
kreten Beispiel, der römischen Einflußnahme auf Judaea, nachgegan-
gen werden.100
80 Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen

Es bleibt als Fazit festzuhalten: Das republikanische Rom formu­


lierte, wie nicht anders zu erwarten, für die Reichsorganisation keine
spektakulär neuen Grundsätze; es bewegte sich, wie die moderne For­
schung immer wieder betont hat, in den einzelnen Reichsteilen in den
jeweils überlieferten Bahnen, jedoch so, daß es selbst möglichst we­
nig, aber möglichst effektiv regierte. Aber auf neue „Grundsätze" und
eine bewußte Änderung der Reichspolitik kam es gar nicht an. Der
Unterschied zum hellenistischen System ist dabei besonders wichtig,
weil diesem System auch Judaea unterstanden hatte. Wichtige Fakto­
ren einer tatsächlich neuen Zeit waren:
1. die römische Verfassung selbst, weil sie (anders als die helleni­
stische) kein personales, sondern ein institutionelles Zentrum besaß;
2. die Struktur der Administration war zugeschnitten auf die repu­
blikanische Verfassung; mit jährlich wechselnden Beamten und einem
aristokratischen Zentrum in Rom selbst bekam die Organisation eine
ganz eigene Note, die sich grundsätzlich von hellenistischen Vorbil­
dern unterschied;
3. das hellenistische Euergesie-System, das sich im Umgang zwi­
schen Poleis und dem König herausgebildet hatte, übernahmen die
Römer, indem sie es als eine Art Patronatsystem mit der diesem ei­
gentümlichen Gewichtung der Partner umgestalteten;
4. die zunehmende Jurifizierung der Beziehungen zwischen Rom
und seinen Untertanen, also die sich (im Streitfall) stark an Rechtspo­
sitionen orientierende Politik Roms, die einerseits zu stärkerer Rechts­
sicherheit, andererseits aber auch zu einer allmählichen Intensivierung
der Herrschaft führte;
5. der Charakter der römischen Herrschaft in den unterworfenen
bzw. verbündeten Regionen war grundsätzlich nicht von anderen als
den üblichen Zielen einer Vormacht bestimmt: zum einen Ruhe und
Ordnung zu gewährleisten, zum andern finanziellen Gewinn zu erzie­
len. Beide Ziele hatten aber für die römische Ordnung ganz offen­
sichtlich eine andere Dimension, als es uns sonst geläufig ist: Der
Faktor Sicherheit war ohnehin fest im römischen Denken verankert -
so sehr, daß eine große Anzahl von Forschern von diesem Faktor die
gesamte Außenpolitik und damit den Aufstieg zur Weltmacht beein­
flußt sieht.101 Die Erwartung, materiellen und politischen Gewinn aus
den außenpolitischen Erfolgen zu ziehen, wurde andererseits zuneh­
mend in die Karriere-Planungen der römischen Nobiles einbezogen;
sie war im Inventar der politischen Spielregeln der Republik eine feste
Größe. Von beiden waren die Provinzialverwaltung und auch der Um-
Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 81

gang mit den sogenannten Klientelstaaten maßgeblich geprägt, so daß


sich aus der Sicht der von Rom Abhängigen schon früh eine für sie
ganz neue Dimension ihrer Beziehungen zur Vormacht ergab. Ein
Zwiespalt zwischen diesen Herrschaftsfaktoren und dem bellum-
/wsta/w-Programm der Römer, das gleichsam Verfassungsrang besaß
und gewiß attraktiv auf viele von außen bedrohte Kleinstaaten wirkte,
bestand natürlich, und dieser Zwiespalt prägte zunehmend das nega­
tive Bild Roms bei denfremdenVölkern insbesondere seit 146 v. Chr.
Das Verhältnis Roms zu den jüdischen Gemeinden war von alledem
weitgehend bestimmt; darauf wird die folgende Untersuchung des
Verhältnisses beider Seiten ein besonderes Augenmerk zu legen ha­
ben.
IV
„ Freundschaß mit allen, die zu ihnen kommen "
(1. Makk. 8, 1): Die Juden als „ Verbündete und Freunde "
im Vorhof des Römischen Reiches zwischen 164 und 63
v. Chr.1

1. Ursachen und Perspektiven einer jüdisch-römischen Zusam-


menarbeit: Das Urteil über die Römer in L Makk. 8

Die jüdisch-römische Zusammenarbeit begann in einem Moment,


als Jerusalem sich im Aufstand gegen eine seleukidische Politik be­
fand, die sich nichts Geringeres als die Beseitigung der jüdischen Re­
ligion zum Ziel gesetzt hatte, und Rom gleichsam auf dem Höhepunkt
nicht nur seiner Macht, sondern auch seines Ansehens in der Mittel­
meerwelt stand. Diese erste Phase der jüdisch-römischen Beziehungen
gründete sich auf Bündnisverträgen: Foedera waren ein probates und
wirksames Mittel Roms, völkerrechtliche Beziehungen zu anderen
Staaten zu formalisieren und angesichts der machtpolitischen Überle­
genheit Roms auch Abhängigkeitsverhältnisse herzustellen. Bezogen
auf den italischen Raum konnten die Römer auch auf lange und posi­
tive Erfahrungen zurückgreifen. Die foedera an sich waren freilich auf
Gegenseitigkeit angelegt (wie anhand der jüdisch-römischen Verträge
noch zu zeigen sein wird) und waren daher jeweils durch ihre Ausle­
gung mit Leben zu füllen. Für die jüdisch-römischen Beziehungen war
in der ersten Phase grundlegend, daß der römische Einfluß in der Re­
gion noch gering war und erst allmählich zunahm. So schloß Rom
insgesamt wohl sechs Verträge zwischen 161 und 104 v. Chr. mit Je­
rusalem ab, die gleichwohl kein reales Abhängigkeitsverhältnis kon­
stituierten, jedenfalls bis zu Simons Herrschaft nicht. Im Zusammen­
hang des Themas sind besonders die Entstehung und der Inhalt dieser
Verträge sowie ihre Funktion und das Gewicht, das ihnen jeweils zu­
gemessen wurde, von zentraler Bedeutung.
84 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

Es war im Jahr 161 v. Chr., daß sich der römische und der jüdische
Weg zum ersten Mal in Gestalt einer beide Seiten bindenden Verein­
barung kreuzten, und dieses Datum war kein zufälliges. Bereits drei
Jahre zuvor hatte es die ersten vorsichtigen Kontakte gegeben. Judäa
unter makkabäischer Führung befand sich mitten im Widerstand ge­
gen die seleukidische Herrschaft. Der erklärte Feind Antiochos IV war
bereits tot, und mit Antiochos V war es sogar zu Verhandlungen ge­
kommen, und man hatte schließlich ein Friedensabkommen geschlos­
sen.2 Die Römer waren bei den Vorgängen um Jerusalem mehr als nur
interessierte Beobachter, denn ihr Wunsch war es, ihre Einflußsphäre
(nicht ihre Herrschaft) auf das Seleukidenreich auszudehnen. Jüdische
und römische Interessen liefen also in dieser Phase zusammen. Ein im
2. Makkabäerbuch überlieferter Brief der römischen Gesandten
Quintus Memmius und Titus Manius „an das Volk der Juden" (TCO
5fi|i(p) inaugurierte das auf so vielen gegenseitigen Mißverständnissen
beruhende jüdisch-römische Verhältnis.3 Der historische Hintergrund
für diesen Brief besteht in einer erneuten Niederlage des seleukidi-
schen „Kanzlers" Lysias, der von Antiochos IV auch als Erzieher des
minderjährigen Antiochos V eingesetzt wurde.4 Im Jahre 165 v. Chr.
griff Lysias von Süden (Idumaea) her an und erlitt bei Beth-Zur süd­
lich von Jerusalem gegen Judas eine empfindliche Niederlage. Als
Folge dieser Niederlage änderte sich die seleukidische Politik.5 Lysias
trat nun für einen Ausgleich ein,6 für den er auch Antiochos IV ge­
winnen konnte.7 In diesen Zusammenhang einer jüdisch-seleukidi-
schen Annäherung gehört der erste Kontakt Jerusalems mit den Rö­
mern.
Der schon erwähnte Brief der römischen Gesandten hat folgendes
Formular:
I. Präskript: Die Gesandten (Tcpeaßwcci) Quintius Memmius, Titus
Manius8 grüßen das Volk der Juden.
II. Haltung der Römer:
1. Billigung der Zugeständnisse des Lysias an die Juden;
2. Angebot, die jüdische Sicht vor dem seleukidischen König zur
Geltung zu bringen;
3. Aufforderung zur Eile bei der Beratung, da die Gesandten dem­
nächst in Antiochia sein werden.
III. Schluß und Datum (i. J. 148 [sei.], 15. Xantikos).
Der Brief selbst bereitet, was seine historische Einordnung angeht,
keine Probleme; daß die Römer seit 188 v. Chr. und spätestens seit der
siegreichen Schlacht gegen den makedonischen König Perseus bei
» Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 85

Pydna 168 v. Chr. ihr Interesse auf die seleukidischen-ptolemäischen


Konflikte9 und überhaupt die neuralgischen Punkte im Herrschaftsbe­
reich der Seleukiden richtete, ist evident. Es ist deshalb von vornher­
ein wahrscheinlich, daß Rom auch über die Vorgänge in Palästina seit
169 v. Chr. informiert war, und es wäre eher verwunderlich, wenn es
nicht über die Verhandlungen zwischen Lysias und den Juden Be­
scheid gewußt hätte.10 Die Art und Weise der Einflußnahme ist dabei
freilich aufschlußreich. Sie hat ganz offensichtlich den Ausgleich zwi­
schen beiden Seiten auf der Basis jüdischer Forderungen zum Ziel,
nicht das Schüren des Konfliktes. Damit steht sie in einem Gegensatz
zu der weit verbreiteten Forschungsmeinung, die Römer hätten immer
nach der Methode divide et impera gehandelt.11 Nach dem Wortlaut
des Briefes zu urteilen, kann Rom nicht ausschließlich im Sinn gehabt
haben, die seleukidische Macht zu schwächen und dazu den jüdischen
Aufstand zu benutzen. Dazu ist er zu zurückhaltend formuliert. Viel­
mehr haben die (in Kapitel IV diskutierten) Grundsätze römischer
Weltmachtpolitik, nach denen Herrschaft als eine Interessengemein­
schaft zwischen Vormacht und Verbündeten gedeutet wurde, die Fe­
der bei der Abfassung des Briefes an den Demos der Juden geführt.
Die Formulierungen sind außerordentlich vorsichtig, was die eigene
römische Position angeht; keineswegs kann man von einem antiseleu-
kidischen Tonfall sprechen. Die Zurückhaltung könnte man vielleicht
völkerrechtlich begründen, denn Judäa war „eigentlich" Teil des se-
leukidischen Reiches.12 Daß man freilich die moderne Systematik des
Völkerrechts nicht allzu starr auf antike Verhältnisse übertragen sollte,
kann man den römisch-parthischen Beziehungen in der spätrepublika-
nisch-frühkaiserzeitlichen Epoche entnehmen.13
Deutlich zielte die römische Politik in der ersten Hälfte des 2.
Jiahrhunderts v. Chr. dahin, Einfluß durch die Akzeptanz seiner Ver­
bündeten zu gewinnen. Diesem Ziel diente die Freundschaftssymbo­
lik. Viel wichtiger als der materielle war in der Tat der symbolische
Inhalt der Beziehungen. Rom billigte deshalb die Vereinbarungen
zwischen dem seleukidischen Kanzler (erci TCDV 7rpaY^dxcov) Lysias14
und den Aufständischen und bekundete auch darüber hinaus - aller­
dings ganz unverbindlich - seinen Mitwirkungswillen vor Ort. Damit
war wohlwollende Uneigennützigkeit symbolisiert, fernab aller Ge­
fahren für die jüdischerseits angestrebte Autonomie.15 Eine charakteri­
stische Standardformel in römischen Briefen und Beschlüssen aus­
wärtige Angelegenheiten betreffend ist deshalb der Zusatz „unsert­
wegen" (sc. kann dies oder jenes gelten).16 Diese nach außen und in-
86 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

nen wirkende Symbolhaftigkeit in den Beziehungen Roms zu anderen


Staaten wurde selbstredend dann nachhaltig gestört, wenn entweder
die Römer kein Interesse an den von befreundeten Staaten an sie her­
angetragenen Problemen bekundeten oder wenn ihre Aktionen im
Umgang mit Vertragspartnern oder um Hilfe nachsuchenden Staaten
der postulierten Uneigennützigkeit widersprachen. Diese Störungen zu
diskutieren, ist hier nicht der Ort; daß sie eintraten, ist evident, man
muß nur an Roms Beziehungen zu Ätolern oder Achaiern denken. Für
unsere Fragestellung ist wichtig, daß das jüdische Gemeinwesen unter
solchen Störungen nicht zu leiden hatte, und so wird der Brief, der
gleichsam die offiziellen jüdisch-römischen Beziehungen inaugurierte,
die Voraussetzung für eine Vertiefung der Zusammenarbeit zu einem
Zeitpunkt, als sie von beiden Seiten gewünscht wurde.
Zunächst gilt es aber zu erörtern, wie sich die aufständischen Ju­
den Beziehungen zwischen ihnen und der römischen Weltmacht vor­
stellten und was sie von diesen Beziehungen erwarteten. Diese jüdi­
sche Erwartungshaltung erhellt nirgendwo klarer als aus einem be­
rühmten, häufig nicht ganz korrekt als Elogium auf Rom bzw. laus
Romanorum bezeichneten Einschub im 1. Makkabäerbuch.17
Der vorliegende Text ist doppelt zu lesen; er bietet eine jüdische
Perspektive für das intendierte Bündnis mit Rom und gleichzeitig eine
Charakteristik römischer Außenpolitik. Gerade für diese ist er als
Quelle wegen der einmaligen Außenperspektive unschätzbar. Es gibt
ja sonst keine Urteile anderer außer den griechischen über Rom. Er ist
nach meiner Auffassung zudem weit entfernt davon, ein Elogium im
eigentlichen Sinne zu sein. Für das 1. Makkabäerbuch - eine während
oder kurz nach der Regierungszeit des Hasmonäers Johannes Hyrkan
etwa 100 v. Chr. aus dem Hebräischen ins Griechische übertragene
Schrift - ist der Text im Wortsinne zentral, denn er steht im 8. von
sechzehn Kapiteln und unterbricht die Darstellung: Kapitel 7 endet
mit dem jüdischen Sieg über den seleukidischen Feldherrn Nikanor,
Kapitel 9 schließt mit Gegenmaßnahmen des neuen Königs Demetrios
(162-150 v. Chr.) unmittelbar daran an.
Für die jüdische Seite war Rom als Verbündeter in dreifacher Hin­
sicht interessant:
1. ÖTI eioiv 5\)vaToi ioxui (im hebr. Original wohl b"»n "»"n3"»3),
also: machtvoll und kriegstüchtig;
2. Kai e-o5oKO\)aiv xotc; 7tpoaTi6e|j,evoi<; amoiq: wer sich an
Rom wendet, erfährt seine Gunst;
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 87

3. die römische Verfassung garantiert Stabilität, Kontinuität und


Uneigennützigkeit.I8
Punkt 1 wird im folgenden ausfuhrlich bewiesen durch die zahlrei­
chen und glorreichen Siege der Römer gegen mächtige und weit ent­
fernte Gegner in aller Welt. Namentlich aufgezählt werden die Expe­
ditionen ev totq rcctaxTccK; (Gallien? Galatien?), in Spanien, gegen
Philipp V und Perseus von Makedonien; besonders ausfuhrlich wird
aus naheliegenden Gründen auf den Krieg gegen den seleukidischen
König Antiochos III eingegangen, schließlich offenbar auch auf den
achaiischen Krieg, der mit der Zerstörung Korinths 146 v. Chr. en­
dete;19 des weiteren wird auf nicht namentlich genannte Könige und
Inseln hingewiesen, deren Angriffe sich Rom zu erwehren hatte. Be­
zeichnenderweise nennt der Text nicht Karthago und Hannibal,20 und
z\var, wie anzunehmen ist, weil diese Auseinandersetzung nicht ohne
Makel fiir Roms Unbesiegbarkeit war. Wie schon D. Flusser erkannt
hat, fehlt im Text völlig der - fiir ein Elogium doch naheliegende -
Gerechtigkeitsgedanke; es werden allein die militärischen Fähigkeiten
der Römer herausgestellt.21 Wichtig ist ferner, daß allein die Furcht
vor ihrem Namen politische Wirkung zeigt (12) - das heißt, ein Bünd­
nis mit ihnen nützt auch dann, wenn es keine materiellen Konsequen­
zen haben sollte. Die militärische Macht der Römer und die furchter­
regende Kraft ihres Namens ist auch in anderen zum Teil älteren jüdi­
schen Quellen formuliert.22
Viele Forscher entnehmen dem Text eine generell antimonarchi­
sche Position der jüdischen Seite,23 und die (gleichzeitige und spätere)
Imperialismus-Kritik, wie wir sie in römisch-griechischen Quellen
vorfinden, scheint diese Annahme zu bestätigen. Roms Gegner waren
ja auch tatsächlich in erster Linie (hellenistische) Könige. Anderer­
seits sagt der Text, daß die Römer zu Königen machten, wen sie
wollten (13), und daß sie andere Könige beschenkten (8). Deswegen
ist der von den Juden angenommene Antimonarchismus Roms zumin­
dest abzumildern. Die Auffassung, daß der Text „in Wahrheit" das
hasmonäische Königtum (seit Aristobul I den Königstitel angenom­
men hatte) treffen wollte, ist nach dem Gesagten eher unwahrschein­
lich.24 Trotzdem ist die Verfassungsproblematik für das jüdische Ur­
teil über die Römer von entscheidender Bedeutung.
Punkt 2 betont die Gunst der Römer, denn es wird gesagt, daß die
Römer mit allen daran Interessierten Freundschaft schließen (1), daß
sie desinteressiert sind an territorialen Gewinnen und die Früchte der
88 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

Siege ihren Freunden zukommen lassen (8), daß sie zuverlässig und
vertragstreu sind (11), kurz: daß ihre Freunde von ihnen profitieren.
Punkt 3 betrifft schließlich die Verfassung. Diese wird deshalb so
pointiert erwähnt, weil sie Stabilität garantiert, Wechselfalle, wie sie
in Monarchien bei jedem Herrscherwechsel auftreten können, aus­
schließt. Diadem und Purpur werden gleichgesetzt mit (pGövoq Kai
£fjÄ,o<; ev a\)xoT<; (16). Es spricht vieles dafür, mit M. Sordi anzuneh­
men, daß diese Einschätzung der römischen Ordnung am besten auf
die Zeit um 161 v. Chr. paßt. Doch stehen auch einer späteren Datie­
rung (also z. Z. Hyrkans I) keine Bedenken im Weg, zumal die Juden
anders als das mittlerweile desillusionierte Griechenland während der
Hasmonäerzeit (zumindest bis Alexander Jannaios) keine schlechten
Erfahrungen mit Rom machen mußten.
Es ist nun wichtig, diese spezifisch jüdischen Perspektiven einer
Zusammenarbeit mit den Römern nicht zu verwischen mit einem aus
unserer Kenntnis der hasmonäischen Geschichte konstruierten angeb­
lichen Hintersinn des Rom-Abschnitts (also: das Diadem ziele auf
Jannaios; die Terminologie des Textes verweise auf den römischen
Imperialismus; die Einigkeit der römischen Gesellschaft als Mahnung
an die hasmonäische Gesellschaft etc.). Es geht um nichts anderes als
um Vorteilsüberlegungen im Augenblick des von Judas Makkabäus
intendierten Vertrages mit Rom; moralische Kategorien und innenpo­
litische Bezüge sind davon strikt zu trennen.
Die große Bedeutung des Textes liegt aber darin, daß er die römi­
sche Politik aus der Sicht von Betroffenen evaluiert. Daß Macht und
Kriegsruhm hervorgehoben werden, ist nicht überraschend. Bemer­
kenswerter ist, daß die römische Vorstellung von „gerechten Kriegen"
als Motor der Reichsentwicklung keine Rolle spielt;25 im Gegenteil,
der jüdische Autor verschweigt nicht, daß die Römer auch Kriegszüge
unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gewinne ohne eigentlichen
Rechtsgrund unternahmen.26 Danach wurden die zahlreichen Kriege
also nicht zum Zwecke der territorialen Eroberung geführt - dieser
Aspekt ist natürlich aus jüdischer Sicht zentral -, sondern finanzieller
Gewinne wegen. Besiegte mußten jedenfalls (pöpoi (Tributzahlungen)
zahlen, die Seleukiden sogar dauerhaft. In diesen Tributzahlungen als
Zeichen der Untertänigkeit manifestierte sich die römische Herrschaft
ebenso wie in der oben beschriebenen Akzeptanz seitens der Verbün­
deten. „Freunde" wie Eumenes von Pergamon profitierten von den
römischen Eroberungen und sicherten als „Gegenleistung" den römi­
schen Einfluß.27 Folglich schlössen die Römer, so die jüdische Ein-
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 89

Schätzung, auch mit allen Interessierten Freundschaft - hier klingt die


patronale Struktur römischer Herrschaft an. Die gesamte Darstellung
ist also keineswegs idealisierend, so wie das spätere römische parcere
subiectis et debellare superbos (s. oben). Es wird nicht verschwiegen,
daß Römer Menschen erschlugen, Frauen und Kinder gefangennah­
men, ausplünderten, versklavten (10) - im Sinne einer effektiven
Kriegführung war dies doch durchaus nützlich für bedrohte Verbün­
dete der Römer.
; Auch die römische Verfassung wird nicht um ihrer selbst willen
gepriesen. Sieicharakterisierte vielmehr die römische Weltmacht prin­
zipiell anders, nicht weil „Republiken" sonst unbekannt gewesen wä­
ren, sondern weil bisher alle Judäa beherrschenden Weltmächte aus­
schließlich von Königen geführt wurden. Auch in dieser Beziehung
war also gegen ein Bündnis mit den Römern nichts einzuwenden. Und
bei „Diadem" und „Purpur" mochten viele Juden an das Spektakel von
Daphne im Jahre 166 denken, wo sich Antiochos IV, offenbar unbe­
eindruckt vom „Tag von Eleusis", als er vom römischen Gesandten in
Alexandria gedemütigt worden war, pompös feiern ließ.28 Die römi­
sche Verfassung hatte im Gegensatz zu dieser Art von Monarchie als
Mittelpunkt ein vielköpfiges Gremium, das täglich (!) beriet und
wohlüberlegt entschied - ein entschiedener Vorteil gegenüber Will­
kürakten, die bei Monarchien, zumal solchen hellenistischen Typs, ja
immer möglich waren. Ähnlich vorteilhaft erschien der beständige,
nämlich jährliche Turnus in der Besetzung der höchsten Beamtenstel-
len.29
Es ergibt sich also zusammenfassend folgende Außenansicht römi­
scher Reichspolitik: Kriegführung wird als die Grundlage der römi­
schen Macht erkannt; direkte Herrschaft lehnen die Römer ab, ohne
daß Rom übermäßig idealisiert wird und als im eigentlichen Sinne un­
eigennützig präsentiert wird; der Einfluß Roms auf andere Staaten läßt
sich über „Freunde" und Verbündete sichern; die Überlegenheit Roms
liegt außer in einer skrupellosen Kriegführung auch in der Verfassung
begründet.30 Doch auch das, was der Autor nicht sagt, ist bemerkens­
wert. Weder ist von einem römischen „Reich" noch von „gerechten
Kriegen" die Rede. Ciceros Deutung, daß die Römer sociis defenden-
dis zur Herrschaft über die Welt gelangt sind, geht aus dem vorliegen­
den Text nur mittelbar, nämlich über das Herrschaftsmittel der amici-
tiae hervor. Von Uneigennützigkeit - wie es die Griechen bei den
Isthmien 196 v. Chr. vermuteten - oder bloßer Verteidigung - wie die
90 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

Römer selbst verbreiteten - ist überhaupt keine Rede; die römische


Politik wird deutlich als herrschaftlich ausgerichetet beurteilt.
Der jüdische Autor des 1. Makkabäerbuches interessierte sich frei­
lich nicht dafür, römische Herrschaft zu rechtfertigen. Ihm ging es
darum, die Notwendigkeit eines Bündnisses mit Rom vor Augen zu
fuhren. Danach brachte Rom als Verbündeter in jedem Fall, also auch
wenn es nicht aktiv Unterstützung bot, den Aufständischen Vorteile,
während Gefahren von ihm infolge seiner Verfassung, die es von den
hellenistischen Reichen unterschied, für Judäa nicht ausgingen. Römi­
sche Vertragstreue schien gesicherter zu sein als hellenistische, zumal
seleukidische.31 Bei Flavius Josephus, über 200 Jahre später, spielten
indes diese komplexen Überlegungen zum Pro und Contra eines rö­
misch-jüdischen Vertrages keine Rolle mehr, so daß seine Version der
jüdischen Bündnispolitik zur Zeit des Makkabäeraufstandes lediglich
auf die große römische Macht hinweist.32 Der Historiker, der auch die
Zukunft dieses Bündnisses kennt, wird jedoch in diesem vom 1. Mak-
kabäerbuch bewahrten Dokument auch den Kern des Mißverständnis­
ses zwischen Juden und Römern hinsichtlich des Zusammenlebens
unter einem römischen Dach ausfindig machen, das die Beziehungen
zwischen beiden Seiten letzten Endes in die Katastrophe von 66 v.
Chr. führen sollte.

2. Die Verträge zwischen Rom und Judäa von 161 bis 104 v. Chr.

Die Überlieferung, die hauptsächlich, aber nicht ausschließlich jü­


disch ist, nennt einige Verträge zwischen Juden und Römern - wohl
sechs an der Zahl -, die allesamt in die erste Hälfte der makkabäisch-
hasmonäischen Dynastie fallen. Mit der Erforschung dieser Verträge
verhält es sich eigenartig. Es ist nämlich sehr viel Fleiß auf die (im
Wortsinne) Kritik der Quellen verwandt worden, während die Sache
selbst, das heißt der Inhalt und die historische Bedeutung der mit die­
sen Verträgen konstituierten, von Anfang an freundschaftlichen rö­
misch-jüdischen Beziehungen für die weitere Entwicklung des beider­
seitigen Verhältnisses, in den Hintergrund trat. Nun will ich durchaus
nicht die Notwendigkeit einer begründeten Quellenkritik in Frage
stellen, zumal in diesem Fall. Aber es kann nicht deren Sinn sein, die
unleugbaren Widersprüche und Ungenauigkeiten der Überlieferung so
„aufzulösen", daß diese den eigenen Spekulationen über den Gang der
Geschichte nicht (mehr) im Wege stehen. Wer Quellenaussagen ver­
wirft, ist beweispflichtig; und solange die Beweise nicht stichhaltig
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 91

sind, ist im Zweifel die überlieferte der modern konstruierten Version


vorzuziehen.33 Daß wir von den römisch-jüdischen Vertragsbeziehun­
gen insbesondere über die Makkabäerbücher (v. a. das erste, das wir
wohl an das Ende des 2. Jährhunderts v. Chr., jedenfalls nach 135 v.
Chr. datieren dürfen) sowie über die Jüdischen Altertümer des jüdi­
schen Historikers Flavius Josephus (1. Jahrhundert n. Chr.) erfahren,
ist'angesichts der für das Altertum notorischen Quellenarmut geradezu
ein Glücksfall. Diese Hauptquellen werden durch (naturgemäß) bei­
läufige Bemerkungen in der griechisch-römischen Überlieferung er­
gänzt. Die folgende Untersuchung orientiert sich also an dem Quel­
lenbefund, der natürlich kritisch auf seinen Realitätsgehalt, auf seine
Vereinbarkeit mit den seinerzeitigen politischen Regeln hin, überprüft
werden muß.
Der historische Hintergrund der vertraglichen Beziehungen zwi­
schen Rom und Judäa ist bereits in den vorhergehenden Kapiteln be­
handelt worden. Während Rom nach seinem Sieg über den makedoni­
schen König Perseus (168 v. Chr. bei Pydna) seinen außenpolitischen
Einfluß weiter ausbaute - bezeichenend hierfür ist die Episode am so­
genannten „Tag von Eleusis" - und weiter nach einem funktionieren­
den Herrschaftsmodell im Osten suchte, nahm auf der anderen Seite
dei* allmähliche Auflösungsprozeß des Seleukidenreiches seinen Fort­
gang.34 Als Folge der sehr rigiden Religionsedikte des Antiochos IV
Epiphanes kam es in Judäa zum sogenannten Makkabäeraufstand (be­
nannt nach Judas Makkabaios) um eine Priesterfamilie aus dem jüdi­
schen Modin (ca. 30 km nordwestlich von Jerusalem).
Der Kampf der Makkabäer wurde unterstützt durch die neu kon­
stituierte Gruppe der D"H">on (Aaiöcuoi, Chasidim) und war eine ak­
tiv-militärische Auseinandersetzung mit einem nahezu übermächtig
erscheinenden Gegner. Religionsverbot und Aufstandserfahrungen seit
167 v. Chr. ließen im Judentum das Bewußtsein entstehen, daß sich so
etwas wie ein Religionsverbot seitens einer fremden Macht nie wie­
derholen dürfe, und aus diesem Bewußtsein heraus gründete sich der
nach dem Aufstand entstandene jüdische Staat auf zwei Pfeilern: Ei­
nem militärischen und einem religiösen. Seine Mitte bildete nach wie
vor das HohepHesteramt - seit Jonathan und insbesondere Simon, dem
dritten Makkabäer -, das aber nun (mit Billigung der Frommen) in der
Hand der makkabäisch-hasmonäischen Familie monopolisiert war und
dessen Inhaber die alleinige politische und militärische Führung inne­
hatte. Die jüdischen Institutionen (die „große Versammlung", Priester,
Volk), von denen in der Folgezeit nur noch am Rande die Rede ist,
92 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

traten hinter den hasmonäischen Hohepriester, der seit 104 v. Chr. in


Personalunion auch König war, zurück.35 Beide Seiten betrieben also
zum Zeitpunkt ihres Kontaktes aktiv äußere Politik: Rom, dessen Au­
ßenpolitik sich immer stärker über das hellenistische Staatensystem
legte, und Judäa, dessen eigenständige und auf Unabhängigkeit von
den Seleukiden zielende Innenpolitik nach (modern gesprochen) völ­
kerrechtlicher Anerkennung strebte. Gerade dieser Aspekt muß betont
werden: Nicht um materielle Hilfe ging es in der makkabäischen Au­
ßenpolitik, sondern um die Bestätigung des Erreichten durch die „in­
ternationale", d. h. hellenistische Staatengemeinschaft, und insbeson­
dere natürlich die Großmacht Rom.

Die Verträge

Wenden wir uns nun den Verträgen im einzelnen zu.


A) Der erste Vertrag, dessen Abschluß eine jüdische Gesandtschaft
in Rom erwirkte, gehört in das Jahr 161 v. Chr., und zwar nach dem
jüdischen Erfolg über Nikanor, den seleukidischen Feldherrn.36 We­
sentlich für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Rom war
neben dem gerade errungenen Sieg der Aufständischen über Nikanor
ein seleukidisches Einlenken gegenüber den Juden im Angesicht der
jüdischen Aufstandserfolge, aber auch infolge innerseleukidischer
Turbulenzen. Die vom Seleukiden-König gestützte jüdische „Regie­
rung" um die kooperationswilligen Hohepriester, zunächst Menelaus
und dann Alkimus, wurde sogar fallengelassen; schon Antiochos V
hatte seit 163 v. Chr. offen mit den Makkabäern verhandelt und ihnen
Autonomie zugesichert.37 Doch dann (im Jahre 162 v. Chr.) usurpierte
Demetrios I nach seiner Flucht aus Rom, wo er als Geisel lebte, den
Thron, brach die Zusagen des Antiochos V und setzte mit Alkimos
wieder einen pro-seleukidischen Hohepriester ein.38 Die erneuten se­
leukidischen Militäraktionen gegen die Aufständischen scheiterten je­
doch,39 Judas Makkabäus besiegte am 13. Adar 161 Nikanor, welches
Datum dann ein regulärer jüdischer Feiertag wurde.40 Mit diesem Er­
folg hatte Judas den Rechtsbruch des Demetrios I rückgängig gemacht
und die von Antiochos V beeidete Autonomie des jüdischen Gemein­
wesens wiederhergestellt. Diese zumindest partielle Unabhängigkeit
schlug sich zunächst in einer verstärkten diplomatischen Aktivität Ju-
däas (nicht allein mit Rom) nieder, oder anders: Judas versuchte, sei­
nem „Staat" die völkerrechtliche Anerkennung der hellenistischen
Staatenwelt zu verschaffen, und daß Rom am Anfang dieser Bemü-
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 93

hungen stand, ergibt sich nicht nur aus seiner machtpolitischen Stel­
lung seit 168 v. Chr., sondern auch aus seiner entfernten Lage, die ein
direktes eigenes Interesse an Judäa unwahrscheinlich machte. Dieser
Hintergrund des ersten Vertrages mit Rom ist von entscheidender Be­
deutung für seine Bewertung; denn bisher wurde er immer als ein
Versuch der Makkabäer gedeutet, sich in bedrängter Lage jede nur
denkbare und vor allem materielle Hilfe von außen zu holen. Der
Zeitpunkt des Abschlusses ist jedoch, wie gezeigt, nicht der einer ge­
rade erlittenen Niederlage, sondern der eines Erfolges.
Zu den Gepflogenheiten des antiken Völkerrechts gehörte es, daß
diplomatische Beziehungen nicht (wie heute) über die Einrichtung von
ständigen Gesandtschaften oder Botschaften aufrechterhalten wurden,
sondern über den Abschluß und die stetige Erneuerung von Freund­
schafts- und Bündnisverträgen. Diese waren selbstverständlich nur
dann sinnvoll, wenn beide Seiten „autonom", das heißt, unabhängig
von einer dritten Seite handeln konnten; wenn Rom also einem sol­
chen Vertrag mit Judäa zustimmte, beurkundete es damit seine eigene
Auffassung von der Unabhängigkeit des Vertragspartners.41 Sinn und
Wert eines solchen Vertrages bestanden also für Judas Makkabäus
darin, Bestätigung und Anerkennung für seine Erfolge zu erlangen
und auf diese Weise „das Joch von ihnen (nämlich den Juden) zu
nehmen", und nicht darin, Hilfe in aktueller Bedrängnis zu erhalten;
au<ph wenn für Letzeres natürlich jetzt die Grundlagen gelegt waren.
Judas schickte also eine Gesandtschaft unter der Führung von Eu-
polemos und Jason und in seinem, seiner Brüder und des Volkes der
Juden Namen nach Rom, mit dem ausdrücklichen Auftrag, einen
Freundschafts- und Bündnisvertrag mit Rom abzuschließen. Ihr An­
sprechpartner war die in der römischen Verfassung für außenpoliti­
sche Fragen zuständige Institution, der Senat.42 „Denn sie sahen"
(gemeint sind dem Sinne nach die Römer) - so der Autor von 1.
Makk. -, „daß das Königreich der Griechen sich Israel in Sklaverei
Untertan mache" (öxi e!5ov tf|v ßaaiAeiocv xcov 'EMfjvcov KaTccöoi)-
A.o\)|xevo'ü(; xöv 'IapaT|A, 5o\)Ä,Eia).43 Diese Formulierung, die authen­
tisch ist oder zumindest von einem tiefen Einfühlungsvermögen des
Autors zeugt, charakterisiert die jüdische Verhandlungsposition in
mehrfacher Hinsicht, denn
a) klagt sie den neuen (und gegen den ausdrücklichen Willen
Roms installierten) König Demetrios I an, Judäa zu „versklaven",
womit ein Rechtsbruch gegenüber dem Eid seines Vorgängers impli­
ziert ist;
94 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

b) hebt sie indirekt den Zusammenhang von Autonomie und freier


Religionsausübung (die ja durch die von Demetrios beabsichtigte Ok­
troyierung eines hellenisierten Hohepriesters stark bedroht ist) hervor,
ein Zusammenhang, der, wie oben ausgeführt, seit Hiskija als konsti­
tutives Element des jüdischen Gemeinwesens erkennbar ist und der
für die griechisch-römische Welt gerade nicht zentral war; und
c) läßt sie in ihrer Eindeutigkeit den Römern kaum die Möglich­
keit, das Bündnis abzulehnen, wenn denn die Grundlage der römi­
schen Ostpolitik seit 197 v. Chr. noch Bestand haben sollte. Das se-
leukidische Unrecht gegenüber dem jüdischen Gemeinwesen in Jeru­
salem war ja schließlich nicht zu leugnen.
Der daraufhin abgeschlossene Vertrag ist zwar sowohl vom Autor
des 1. Makkabäerbuches als auch von Flavius Josephus vorgeblich im
Wortlaut, aber nicht präzise genug überliefert. Das ist erklärbar mit
dem Überlieferungszustand des 1. Makkabäerbuches, das den Vertrag
vom griechischen Original ins Hebräische und dann wieder ins Grie­
chische übertragen hat, und mit dem davon abhängigen, darüber hin­
aus noch weiter verkürzenden bzw. verschlimmbessernden Flavius Jo­
sephus. Trotzdem ist der Vertrag echt;44 sein Wortlaut ist rekonstru­
ierbar.

Das Vertragsformular:
I. Praeskript mit Vertragstitel und Grundsatzerklärung (23):
a) KCCXOK; yevoiTo fP(D|iaioi<; Kai xco E9VEI 'Io\)8aicov EV xfj
QaXäoor\ Kai erci xfjq ^ripocq eiq xöv aicova („Es möge Römern und
dem Volk der Juden gut werden auf dem Meer und auf dem Lande auf
ewig") lautet der überlieferte Text, der zweifellos unter der doppelten
Übersetzung gelitten hat; Hebraismus ist das einleitende KaXcoq
yevoixo, wofür im tatsächlichen Vertrag eine Formulierung wie fol­
gende gestanden haben dürfte: eipf|vr| EOXCO Kai (piAia Kai ov\i-
liax'ia Kaxa yfiv Kai Kaxa Ga^axxav eiq xöv arcavxa xpövov („Es
soll Frieden und Freundschaft und ein Bündnis sein zu Lande und zu
Wasser auf ewige Zeit", sc. zwischen Römern und Juden).
b) Die Grundsatzerklärung, die man einfach mit n6XE\ioq ÖE uj|
EGXCO („Krieg soll nicht sein") auszudrücken pflegte, wird im vorlie­
genden Text umschrieben mit pouxpaia Kai i%Qpöc, naKpi)v9£ir| a7c'
atixcov („Schwert und Feind seien weit entfernt von ihnen").

II. Vertragsinhalt:
a) Jüdische Verpflichtungen:
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 95

1, Schutzkjausel: „Wenn Rom zuerst ein Krieg droht oder allen


seinen Verbündeten in seinem Herrschaftsbereich, wird das Volk der
Juden von ganzem Herzen mitkämpfen, wie die Zeit es ihnen vor­
schreibt"; für letzteres (rix; av ö mipöq unoYpacpri ca)ioi<;, Kap5i/n
ic^fipei, hebr. wohl m b ^ I M ) hatte das Original wohl eine klarere
Formulierung, wie: ipÖTtcp cmoicp (oder &) av 5\)vo)vxat lax^potaxco
Kaxä TÖ 5\)vai;öv (oder navxi G6EVEI m t ä TÖ bvvaiöv) („Wie sie
es nach Möglichkeit am nachhaltigsten tun können" o. ä.).45
2. Präzisierung: Keine Hilfe für Roms Feinde (26): „Und den
Feinden (noXt^ioic, statt des überliefertenrco>,£}j,o\)aiv)werden sie
nicht geben und nicht bereitstellen Getreide, Waffen, Silber, Schiffe,
wie es Rom schien". Diese Formulierung 6q eöo^ev 'Pcou/p ist zwei­
fellos untechnisch und dem Inhalt nach problematisch; im Vertrag
kann auch nicht das für Senatskonsuite typische Paragraphenzeichen
eöo^ev gestanden haben. Daher wird man an eine durch die Überset-
zuhg bedingte Verkürzung oder Auslassung der üblichen Einschrän­
kungsformel -riv öe \ix\ 5ö^T| tpiq 'Pcojiaioiq Kai TCÜ eGvei TCÖV
'Iovöcdcüv ("Wenn es nicht von Römern und dem Volk der Juden gut
geheißen wird") zu denken haben.
, 3. Die traditionelle Eidesleistung wird durch eine Bestätigungs­
klausel ersetzt (26). Die überlieferte Formulierung ist wiederum
höchst problematisch, aber mit dem Gang der Überlieferung zu erklä­
ren. Im Text steht: „Sie werden die Einhaltungen (sc. der Bestimmun­
gen) gewährleisten, ohne etwas zu nehmen" (yvXä^ovmi id
^-u^dYH-ara ca)T(öv ouGevtaxßövxeq,gemeint ist wohl: ohne Gegen­
leistung; Vulgata: nihil ab eis accipientes). Dies dürfte aus einer For­
mel entstanden sein, die die Einhaltung der Vertragsbestimmungen
„ohne Falsch und Harm" garantieren sollen, also etwa: xconct 8'eivca
5iKcdco<; Kai 7Cpo6\)uxöq Kai a5öXooq („Dies soll auf gerechte Weise,
ohne Falsch und Harm gelten") o. ä.

b) Verpflichtungen der Römer.


1. Schutzklausel (27): „Dementsprechend werden, wenn dem jüdi­
schen Volk zuerst ein Krieg entsteht, die Römer beseelt mitkämpfen,
wie es ihnen die Zeit vorschreibt". Die Wortwahl (zum Beispiel EK
V°Xfl^) deutet wieder auf Hebraismen hin; für ox*\i\ia%r\GOX>Giv ist
eher infinitivisches ßonOetv oder imperatives ßor|9o\)VTC0V zu erwar­
ten. Das Original hat gewiß mit genauen Entsprechungen für Juden
und Römer formuliert; die zu al) erkennbaren Abweichungen gehen
auf das Konto der Überlieferung.
96 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

2. Präzisierung (28): „Den Verbündeten wird nicht gegeben Ge­


treide, Waffen, Silber, Schiffe, wie es Rom schien". Auch hier sind
Übertragungsfehler erkennbar, etwa die passivische Konstruktion und
das sicher nicht ursprüngliche a\)^p,axo\)aiv für IZOXEIIIOIC,. Für rix;
e5o^ev 'Pd>n/n siehe die Entsprechung in a2).
3. Bekräftigungsklausel wie a3), aber statt o\)0ev Xaßövxeq (wörtl.
„nichts nehmend") hier mehr dem Original angenähert: Kai ox> ^exa
böXox) („ohne Falsch und Harm").

c) Vertragsbestätigung (29): „Auf der Basis dieser Bedingungen


schlössen die Römer mit dem Volk der Juden den Vertrag".

III. Abänderungsklausel, die der clausula rebus sie stantibus ent­


spricht (30):46 „Wenn nach diesen Bestimmungen die eine oder andere
Seite etwas hinzufügen oder streichen will, so sollen sie es nach ihrer
Entscheidung tun. Und was sie hinzufügen oder streichen, soll gütlig
sein"

Daß das 1. Makkabäerbuch den tatsächlichen Vertrag zitiert, ist


nach meiner Einschätzung offensichtlich; Josephus dagegen bringt
eine schiefe und nicht lediglich eine gekürzte Vertragsbeschreibung.47
Aus naheliegenden religiösen Gründen verzichtete der Autor des 1.
Makkabäerbuches auf die sonst üblichen formelhaften, sakral ausge­
richteten Bestimmungen über Beeidigung und Publikation des Vertra­
ges.48 Aufgenommen hat er dagegen einen römischen Brief an Deme-
trios I, der die aus dem Vertrag resultierenden römischen Verpflich­
tungen vollzieht. Dieser Brief bezeichnet die Juden jetzt wahrheitsge­
mäß als (piAoi („Freunde") und droht dem seleukidischen König mit
Krieg, falls er weiterhin das Recht brechen sollte.49 Er informierte
gleichsam aus erster Hand über die neue Beziehung, und das sollte er
auch hauptsächlich leisten.50 Daß der Vertrag darüber hinaus auch
materielle Hilfsleistungen der Römer stipulierte, trifft nur insoweit zu,
als er sie möglich machte; das Formular läßt aber durchaus Entschei­
dungsspielraum für beide Seiten. Diese (gewollte) Ambivalenz stellt
das Bündnis in einen eher abstrakten Rahmen; beide Vertragspartner
dürften kaum auf eine Konkretisierung im Kriegsfalle spekuliert ha­
ben. Eine weitere Rechtsfolge des Vertrages betraf die gesicherte
Heimreise der jüdischen Gesandten. Ein entsprechendes Dokument ist
bei Flavius Josephus, wenn auch nicht an seinem Platze, überliefert.51
Laut Josephus nämlich schrieb der Konsul C. Fannius52 an die Ge-
i Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 97

meinde von Kos, daß die jüdischen Gesandten im Besitz von die Ju­
den betreffenden, aber nicht näher präzisierten Senatsbeschlüssen (xd
a\)YKA.f|To\) 5ÖY|iccT(x rcepl OCÜTCOV) seien und von den koischen Be­
hörden auf ihrer Rückreise gemäß (einem weitereh) Senatsbeschluß
(KOCTÖC TÖ Tfjq a'üYKÄ.f|TO'ü S6y\ia) zu unterstützen seien. Diese For­
mulierung läßt, obwohl der Inhalt der Senatsbeschlüsse unbekannt
bleibt, zweifelsfrei auf einen Erfolg der jüdischen Gesandtschaft bei
ihrer Mission nach Rom schließen. 3 Wenn der Wortlaut des Senats­
beschlusses diesem Brief beigefügt wurde (-orcoTeiaKTai 5e xd 8e-
Soy^ieva), so sollte dem römischen Wunsch nach zuvorkommender
Beihandlung ihrer neuen Freunde Nachdruck verliehen werden. Der
Fannius-Brief ist ein besonders wichtiges Zeugnis für die Echtheit des
Vertrages, weil er eine von der jüdischen verschiedene Überlieferung
repräsentiert.54
Zusammenfassend läßt sich sagen: Die jüdische Gesandtschaft
nach Rom und der von ihr erreichte römisch-jüdische Vertrag sollten
den Aufständischen um Judas Makkabäus Anerkennung als rechtmä­
ßige und autonome Regierung Judäas verschaffen, und zwar gegen die
durch den seleukidischen König Demetrios I begründeten Ansprüche
des Hohepriesters Alkimus.55 Die römische Judäa-Politik orientierte
sich an der von der Gesandtschaft vorgetragenen Rechtsgrundlage,
daß nach Tempelweihe, Autonomiedekret Antiochos V und dem Er­
folg über Nikanor Judäa eine neue eigenständige Regierung habe, und
erkannte diese darum mit einem Vertrag als rechtmäßig an. Das be­
deutet, daß die römische Politik nicht als primär antiseleukidisch und
auf Schwächung eines (ja wohl auch kaum mehr als bedrohlich einzu­
schätzenden) Gegners bedacht einzustufen ist,56 sondern daß sie schon
jetzt, wie später auch die Politik des Pompeius in der jüdischen Frage,
äußerst penibel juristisch angelegt war.57
Etwas Besonderes war die durch den Vertrag hergestellte Bezie­
hung zwischen Rom und Judäa allemal, weil sie nicht, wie sonst üb­
lich, über kultische Einrichtungen verankert werden konnte.58 Schon
die Beeidigung, in der Antike gleichsam die Unterschrift unter den
Vertrag, konnte nicht auf die gewohnte Weise durchgeführt werden.
Dazu waren die religiösen Systeme Roms und der Juden zu verschie­
den. In dieser Beziehung waren die Römer freilich flexibel, und sie
überließen es wohl schon aus eigenem Interesse dem jüdischen Ver­
tragspartner, eine für die Vertragseinhaltung bindende und in der Re­
ligion wurzelnde Form des Vertragsschlusses zu finden. Rom präsen­
tierte sich also - anders als die Hellenisten und die hellenistisch Ge-
98 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

sinnten auch unter den Juden - als tolerante Macht; es fand eine
Kommunikationsebene, die die gemeinsamen sachlichen Interessen in
den Vordergrund stellte, die Eigenheiten der Freunde aber respektierte
und auch aus der Position der Stärke heraus keine Einmischung in die
inneren Angelegenheiten darstellte. Denn dieser Vertrag war tatsäch­
lich für beide Seiten vorteilhaft.59 Die Makkabäer fanden nach 6 Jah­
ren Aufstand Anerkennung als Vertreter einer autonomen Gemeinde
seitens einer führenden Macht, die Römer setzten ihre, mal mehr, mal
weniger, erfolgreiche Politik fort, ihren Einfluß über Bundesgenossen
zu stärken. Der religiöse Charakter des neuen Verbündeten und damit
seine Sonderstellung in einer hellenisierten Umwelt kam dabei den
römischen Interessen sehr entgegen. Es gibt nicht den geringsten
Hinweis darauf, daß eine der beiden Seiten sich mehr erhofft hätte.
Wie in den Verhandlungen mit Sparta60 ist auch hier anzunehmen, daß
man sich auf beiden Seiten in diesen Fragen einig war. Folgerichtig
weiß die Überlieferung nichts von Klagen über ausbleibende Hilfelei­
stungen, wie sie auf jüdischer Seite ohne weiteres nach dem weiterhin
offensiven Vorgehen des seleukidischen Königs gegen die Juden hät­
ten auftreten können. Beide Seiten legten das Vertragsformular also
gleich aus.

B) 17 Jahre später (144 v. Chr.) wurde dieser römisch-jüdische


Vertrag erneuert, also ein zweiter Vertrag geschlossen. Viel hatte sich
inzwischen zugetragen. Zwar hatte der König Demetrios I weiterhin
hartnäckig den seleukidischen Anspruch auf Jerusalem geltend ge­
macht, und Judas der Makkabäer war unmittelbar nach dem römisch­
jüdischen Vertragsabschluß in einer Schlacht in der Nähe von Jerusa­
lem gegen den von Demetrios entsandten Feldherrn Bakchides gefal­
len.61 Aber die Griechen und die hellenistisch gesinnten Juden konn­
ten ihren Erfolg nur für kurze Zeit auskosten.62 Das Seleukidenreich
erwies sich, heimgesucht von immer neuen Usurpationen, als allzu
schwach, um seine Provinz Judäa wieder dauerhaft zu integrieren und
diese Integration militärisch abzusichern. So konnte der Nachfolger
des Judas, sein Bruder Jonathan (160-142 v. Chr.) Erfolge erzielen
und seine Position mit einer außenpolitisch immer mehr hellenisti­
schen Methoden angepaßten, aber mit Rücksicht auf die innenpoliti­
sche Situation nach wie vor religiös ausgerichteten Politik stärken.
Ihm gelang es, die beiden seleukidischen Rivalen um den Königsthron
Demetrios I und Alexander Balas, der sich als Sohn Antiochos IV prä­
sentierte und seit 152 v. Chr. Ansprüche auf die Herrschaft erhob, ge-
' Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 99

gjeneinander auszuspielen und sich selbst als Bündnispartner in den


Vordergrund zu stellen. Jonathan schloß sich Alexander Balas an, von
d,em er im Jahre 152 v. Chr. schließlich zum Hohepriester ernannt
wurde.63 In der Hierarchie des seleukidischen Reiches stieg Jonathan
nach dem Tod Demetrios I als „Freund" des Königs Alexander Balas
upd Stratege ganz nach oben; seine Politik wurde „hellenistisch".64
Doch seit 147 v. Chr. erwuchs Alexander Balas ein neuer Rivale um
die Macht im Seleukidenreich in Gestalt des Demetrios II, des Sohnes
von Demetrios I, der schließlich 145 v. Chr. auch die Königsherr­
schaft gewann. Jonathan, der im selben Jahre auch Beziehungen mit
Demetrios II aufgenommen hatte, mußte sich allerdings wenig später
mit einem Treuebruch des seleukidischen Königs auseinandersetzen.
Aber es stand schon ein neuer Usurpator namens Tryphon auf der un­
übersichtlichen seleukidischen Bühne, der als Vormund von Antio-
chos VI auftrat. Diesem wandte sich Jonathan jetzt zu, und er erlangte
von ihm auch entsprechende Zugeständnisse. 5 Daraufhin kämpfte er
recht erfolgreich gegen Demetrios.66 Die Situation im Seleukidenreich
Mitte der 40er Jahre des 2. Jahrhunderts v. Chr. war also im höchsten
Maße verwickelt.
Als es 144 v. Chr. zur Vertragserneuerung Jerusalems mit Rom
kam, war di& Situation durchaus derjenigen, die zum ersten Vertrags­
abschluß geführt hatte, vergleichbar. Der seleukidische König Antio-
chos VI bzw.; sein Vormund Tryphon hatten Jonathan eine quasi-auto-
nome Position übertragen,67 die von dessen Rivalen Demetrios II (wie
vordem von Demetrios I) nicht anerkannt wurde. Gegen das Heer von
Demetrios II errang Jonathan im Norden Galiläas (bei Hazor und Ke-
desch am Hülesee) einen Erfolg, sein Bruder Simon war bei der Fe­
stung Beth-Zur erfolgreich.68 Wie beim ersten Vertrag resultierte der
jüdische Wunsch, Kontakte mit Rom aufzunehmen, aus einem Erfolg
gegen die Seleukiden. Das 1. Makkabäerbuch und Josephus berichten
denn auch ausdrücklich den Zusammenhang zwischen dem Erfolg Jo­
nathans und dem Absenden der Gesandtschaft nach Rom.69 Auch Rom
war auf einem neuen Höhepunkt seiner äußeren Macht angelangt,
hatte aber doch 146 v. Chr. einen anderen Weg in seiner Außenpolitik
im Osten und Süden seines Reiches eingeschlagen. Unter dem Druck
der Verhältnisse sperrte es sich nicht mehr gegen eine direkte Beherr­
schung eroberter Gebiete und mußte erhebliche Abstriche bei seiner
bisherigen patronalen Herrschaftspolitik machen.70 Für Jonathan gab
es also doppelten Grund, im Jahre 144 v. Chr.71 um die Erneuerung
des Bündnisses mit Rom nachzusuchen:72 Zum einen galt es, sich das
100 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

Erreichte völkerrechtlich bestätigen und die Aktionen des Demetrios


als Rechtsbruch kennzeichnen zu lassen, zum anderen aber auch die
neue römische Politik den „alten Verbündeten" gegenüber auszuloten.
Das Ergebnis, das die Gesandtschaft nach Hause mitbrachte, war trotz
gelegentlich in der neueren Forschung geäußerter Bedenken, was ei­
nen tatsächlichen Vertragsabschluß angeht, positiv.73 Denn die Ge­
sandten trugen im Senat ihren Wunsch vor, den Vertrag zu erneuern
„wie vorher" (KOCTCC TÖrcpoxepov)und erhielten einen Begleitbrief
seitens der Römer für ihre geschützte Heimkehr. Die diplomatischen
Beziehungen wurden, so können wir daraus folgern, aufrecht erhal-
ten.74
Interessant ist zudem ein weiterer Aspekt der Reise nach Rom. Die
jüdischen Gesandten Numenius und Antipater machten nämlich auf
ihrem Rückweg in verschiedenen Städten Station, unter anderem auch
in Sparta, und übergaben den dortigen Behörden Briefe ihres Hohe-
priesters Jonathan, deren Zweck der Abschluß eines Bündnisses mit
Sparta war. Der Brief an die Spartiaten ist im 1. Makkabäerbuch im
Wortlaut wiedergegeben; ihm beigefügt ist zudem ein angeblich alter
Brief des spartanischen Königs Areus I an den Hohepriester Onias,
welcher die Verwandtschaft zwischen Juden und Spartanern über
Abraham belegen sollte.75 Sparta war 146 v. Chr. nach dem von Rom
siegreich beendeten Achäischen Krieg endgültig dem römischen
Machtbereich angegliedert worden und hatte seine Unabhängigkeit
zwar verloren, aber als civitas libera eine von den Römern garantierte,
vergleichsweise starke und autonome Stellung auf der Peloponnes
inne, die es auch als Bündnispartner für andere Staaten attraktiv
machte. Wenn Jonathan sich aber an die recht weit entfernte Stadt am
Eurotas wandte, so konnte er unmöglich auf tatsächliche materielle
Hilfe gerechnet haben, und in diesem Sinne äußerte er sich auch in
seinem Schreiben.76 Es ging ihm gewiß auch nicht darum, vorder­
gründige Ähnlichkeiten zwischen der spartanischen und jüdischen
Ordnung herauszustellen und auf deren Basis eine Art Interessenge­
meinschaft zwischen Sparta und Jerusalem herzustellen.77 Vielmehr
ging es ihm, wie schon Judas Maccabaeus zuvor, um die Anerkennung
Judäas in der internationalen Staatengemeinschaft. Sparta war auf­
grund seiner starken Stellung und seines historisch bedingten Anse­
hens der richtige Adressat für diese Wünsche Jerusalems.
Der Briefkopf ist eine Grußadresse des Hohepriesters Jonathan,
der Gerusia des Volkes, der Priester und des übrigen Volkes der Juden
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 101

an die Spartiaten, ihre Brüder.78 Der Argumentationsgang in dem


Brief ist folgender:
1. Spartaner und Juden sind verwandt, was euer eigener König
festgestellt und zur Grundlage der jüdisch-spartanischen Beziehungen
gemacht hat (6-8).
2. Wir brauchen keine direkte Hilfe, weil Bibel und Gott uns bei­
stehen (9 u. 15).
3. Es gehf uns also nur um die Bewahrung der von Euch initiierten
Freundschaft (rcpöq TÖ \ir\ e^aXXoxptcoGfivai -Ü^CÖV, „damit wir euch
nicht entfremdet werden", ist zentral); wir haben unseren Beitrag
durch ständigfes öffentliches Gedenken an diese Freundschaft geleistet
(10-11). ■
4. Trotz aller Bedrängnisse in der Vergangenheit suchen wir auch
jetzt nicht die Freundschaft mit anderen Städten um augenblicklicher
Hilfe willen (denn die erhalten wir ohnehin von Gott), sondern um un­
sere eigene Treue durch eine Erneuerung der Freundschaft und Brü­
derlichkeit zu bekunden (13-18).
4
Diese Argumentation verlegte die Freundschaft zwischen Sparta
uhd den Juden in eine Sphäre jenseits aller Vertragspolitik und übte
auf den avisierten Partner moralischen Druck aus; denn diese Freund-
sfchaft gründete ja auf Verwandtschaft, war also losgelöst von bloßem
Eigennutz und Hilfesuchen in bedrohlicher Situation. Im übrigen war
diese Form der Werbung um Bündnispartner, wie sie Jonathan betrieb,
kein Einzelfall in der hellenistischen Welt; wir haben weitere Zeug­
nisse, aus denen die politische Dimension solcher tatsächlichen oder
vermeintlichen Verwandtschaften klar wirdJ^Diese nahmen ganz of­
fensichtlich den Platz religiöser Bindung an das Vereinbarte auch
dann ein, wenn die religiösen Systeme der Vertragspartner zu ver­
schieden waren. In unserem Fall leitete sich die Verwandtschaft über
Abraham ab, was natürlich konstruiert war. Daß es aber schon vor Jo­
nathan gute Beziehungen des jüdischen Gemeinwesens zu Sparta gab,
ergibt sich aus der Flucht Jasons dorthin, mehr als 20 Jahre vor der
Initiative Jonathans, „wegen der Verwandtschaft" (5icc TTJV croy-
yeveiav).80 Möglicherweise gingen diese Verbindungen zwischen Je­
rusalem und Sparta tatsächlich schon auf die Zeit des spartanischen
Königs Areus I (309-265 v. Chr.) zurück, der Sparta auf neue, helleni­
stische Bahnen (vgl. besonders die Einführung der Münzprägung)
führte und eine aktive und dynamische Außenpolitik - er fiel im
Chremonideischen Krieg im Jahre 265 v. Chr. - betrieb. Der Brief,
den das 1. Makkabäerbuch überliefert, konstatiert nur, daß in einem
102 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

Dokument (ypacpfj) etwas von einer Verwandtschaft zwischen Juden


und Spartiaten gefunden wurde, und daß beide von Abraham ab­
stammten. Damit sollte ein positives Verhältnis begründet werden.81
Undenkbar ist eine solche Absicht für Areus gewiß nicht, auch wenn
es doch wahrscheinlicher ist, die Initiative auf jüdischer Seite zu ver­
muten, denn es läßt sich nicht leugnen, daß zu diesem Zeitpunkt unter
Jonathan ein sehr starkes jüdisches Interesse an einer derartigen Ver­
bindung bestand.82
Sparta scheint sich einige Zeit zur Beratung genommen zu haben;
jedenfalls hören wir von einer Antwort erst zur Zeit Simons.83 Das
Zögern ist auch verständlich, weil Jonathans Stellung keineswegs so
eindeutig war wie später diejenige Simons. Für Jonathan jedoch war
gerade die Anerkennung seitens der hellenistischen Staatenwelt gegen
den seleukidischen Staat das Ziel seiner diplomatischen Bemühungen,
um nicht isoliert dazustehen. Aus diesem Grund betonte er, daß auch
mit anderen Staaten verhandelt würde, daß die Römer auf jüdischer
Seite seien, daß ein Bündnis keinerlei materielle Verpflichtung mit
sich brächte und daß Juden allein auf Gott als Helfer vertrauen.

C) Die nächste Vertragserneuerung mit den Römern kam unter


dem letzten der Makkabäer, Simon, zustande. Die Bemühungen Jo­
nathans hatten zwar nicht verhindern können, daß Demetrios II ihn
weiterhin bedrängte, aber Jonathan war aufs Ganze gesehen recht er­
folgreich.84 Doch schließlich wurde er von Tryphon, der über seine
Vormundsrolle von Antiochos VI hinaus selbst die Herrschaft an­
strebte, gefangengenommen.85 So wurde die Führung auf den letzten
der Makkabäer-Brüder, Simon, übertragen.86 Ihm gelang zunächst die
Rettung aus höchster Not, nämlich Tryphon, der schon Kontakte mit
der Akra, der hellenistischen Burg in Jerusalem, aufgenommen hatte,
aus Judäa zurückzuschlagen.87 Die Ermordung Jonathans konnte er
freilich nicht verhindern. 8 Nun unterstützte Demetrios II wieder Si­
mon in ihrem gemeinsamen Kampf gegen Tryphon, der inzwischen
Antiochos VI umgebracht und damit seine Maske fallengelassen hatte,
und verlieh ihm 142 weitgehende Privilegien, die einer Unabhängig­
keit gleichkamen.89 Simon gelang zudem kurz danach, nach vielen
vergeblichen Versuchen seiner Brüder, die Eroberung von Geser und
vor allem der erwähnten hellenistischen Burg in Jerusalem, der
Akra.90 Um diese Zeit herum, also noch vor dem Erlaß der Verfassung
140 v. Chr.,91 wurde der römisch-jüdische Vertrag nach dem Wechsel
in der Führung und (wieder) nach Erfolgen des neuen Anführers ein
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 103

weiteres Mal erneuert. Kurz danach brach Demetrios II zu einem


Partherfeldzug auf, und auf dieser Expedition wurde er gefangenge­
nommen, mit der Folge, daß sich das seleukidische Thronfolgekarus­
sell erneut zu drehen begann.92
Vom Charakter des Vertrages wissen wir nicht mehr, als daß es
eine (piAAcc KCCI ox)\i\iaxi<x war und dieselbe Form wie seine beiden
Vorgänger hatte - mit anderen Worten, es handelte sich um eine bloße
Bestätigung der diplomatischen Beziehungen zwischen Jerusalem und
Rom. Die Vertragserneuerung mit Rom ging aller Wahrscheinlichkeit
nach, wie zuvor auch, von dem jüdischen Hohepriester aus.93 Denkbar
ist es aber, daß Rom in einem Kondolenzschreiben anläßlich des To­
des Jonathans (eÄ,\)7tf|0T|aav O9o5pa) öder in einer Grußadresse an
den neuen Hohepriester Simon an die Möglichkeit einer Vertragser­
neuerung erinnert hatte.94 Denn es war ja noch gar nicht lange her, daß
ein Freundschafts- und Bündnisvertrag abgeschlossen worden war; es
lag also durchaus nahe, daß die Römer gleich, nachdem sie von dem
tod eines gerade eben gewonnenen „Freundes" erfahren hatten, ihr
Mitgefühl bekundeten und das Vertragsverhältnis auf den Nachfolger
übertrugen.
Wie es auch gewesen sein mag, im Zusammenhang mit dieser Er­
neuerung des jüdisch-römischen Bündnisses wird im 1. Makkabäer-
buch erneut ein Brief der Spartiaten an den „Hohepriester Simon, die
Ältesten, die Priester und das restliche Volk der Juden, ihren Brüdern"
überliefert.95 Es ist nicht zu entscheiden, ob dieser Brief eine - dann
freilich verspätete - Antwort auf die Gesandtenmission des Jonathan
war, oder ob dieselben Gesandten Numenios und Antipater noch ein­
mal am Anfang der Herrschaft Simons nach Rom und Sparta aufge­
brochen sind. Wichtig ist, daß aus diesem Brief nicht nur die Bestäti­
gung des freundschaftlichen Verhältnisses - indem einmal die Mission
der Gesandten unter die offiziellen Urkunden der Stadt aufgenommen
wurde und zum anderen ein offizieller Beschluß über die ehrenvolle
Aufnahme der Gesandten, nämlich als Freunde, erging -, sondern
auch der ideelle, nicht materielle Charakter dieser Freundschaft her­
vorgeht.96

D) Unter Simon gab es noch einen weiteren römisch-jüdischen


Vertrag. Denn höchstens vier Jahre später kam es erneut zu jüdisch­
römischen Kontakten, die unter dem Namen „Schildgesandtschaft"
(benannt nach dem Hauptgeschenk der jüdischen Gesandtschaft an die
Römer) bekannt geworden sind.97 Den auf diese Gesandtschaft hin er-
104 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

folgten Vertragsabschluß zwischen Rom und Simon muß man als völ­
kerrechtliche Anerkennung des jüdischen Staates durch Rom ansehen,
wie ja dessen Unabhängigkeit bereits von dem neuen seleukidischen
König Antiochos VII (138-129 v. Chr.) bestätigt worden war; ganz
richtig ordnet der Autor des 1. Makkabäerbuches ihn auch nach dem
Brief des seleukidischen Königs an Simon ein.98
Völkerrechtliche Anerkennung ist immer eine öffentlichkeitswirk­
same Angelegenheit, so daß sich ohne weiteres die in diesem Zusam­
menhang erwähnten römischen Briefe an Könige, Länder und Städte
erklären, die den Status der Juden als Freunde der Römer sowie die
Tatsache einer Vertragserneuerung mitteilten. Da einer der betreffen­
den Briefe, nämlich der an Ptolemaios VIII, König von Ägypten, im 1.
Makkabäerbuch überliefert wurde, können wir uns eine Vorstellung
von ihnen machen. Sie enthielten jeweils das Ersuchen der Juden und
die auf dem Wege des Senatsbeschlusses erfolgte Antwort der Rö­
mer." Die lange Liste der Adressaten,100 angesiedelt in einem großen
Halbkreis von der Ägäis und der Peloponnes, über Kleinasien im Nor­
den und Westen Judäas, jenseits des Euphrat im Osten Judäas, sowie
Nordafrika im Süden Judäas, deutet wohl ungefähr auf den Umfang
jüdischer internationaler Kontakte. Diesen Regionen die römische Po­
sition zu übermitteln und auf diesem Wege ein gleichberechtigtes
Mitglied der Völkergemeinschaft zu werden, war gewiß ein Anliegen
der jüdischen Gesandtschaft, die auch die Liste der Könige, Städte und
Länder aus Jerusalem mitgebracht haben dürfte. Niemand konnte die­
sem Wunsch mehr Nachdruck verleihen als die Römer, deren Einfluß
in diesem Teil der Welt immer mehr zunahm.101
Eine genaue Datierung des Vorgangs ist, trotz vielfältigster Bemü­
hungen, auch heute noch nicht möglich. Ein vnaxoc, Aetiiaoq („Kon­
sul Lucius") hat den oben zitierten Brief an Ptolemaios VIII geschrie­
ben, aber wann?102 Insbesondere hat ein bei Josephus für das Jahr 47
überlieferter und von dem Prätor (oTpaTrryog) Lucius Valerius veran-
laßter Senatsbeschluß für Verwirrung gesorgt, seit F. Ritschi und L.
Mendelssohn 1873 und 1875 für die Identität des L. Valerius mit dem
oben erwähnten Lucius eingetreten sind. 103 Einwände erhob zuerst
Th. Mommsen,104 und seitdem hat sich eine lebhafte Forschungsdis­
kussion zum Thema entwickelt.105 Die Ähnlichkeiten des Senatsbe­
schlusses bei Josephus mit dem Brief des Lucius sind freilich nicht zu
verkennen, aber für eine Identifizierung der Personen reichen sie nicht
aus; denn die Divergenzen fallen gleichfalls ins Gewicht.106 In dieser
Frage ist keine Sicherheit zu erzielen, und die aufgezählten Gemein-
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 105

samkeiten beider Dokumente müssen nicht notwendigerweise auf ei-


nen Vorgang zurückzuführen sein.
1
Es lassen sich für das römische-jüdische Verhältnis am Vorabend
dpr hasmonäischen Dynastie, das heißt, vor der Herrschaft des Simon-
Sohnes Johannes Hyrkan I (135-104 v. Chr.) folgende Aussagen ma­
chen:
, 1. In der Außenpolitik Simons, der sich in seiner Innenpolitik wie­
der stärker als sein Bruder Jonathan den Chasidim zugewandt hatte,
wurde Rom eine zentrale Größe: Rom erkannte den jüdischen Staat
upter Führung der Makkabäer sowohl nach Jonathans Tod als auch
nach der Unabhängigkeitserklärung an und gab damit auch ein positi­
ves Signal für die Nachbarstaaten Judäas.
2. Rom übernahm, wahrscheinlich von der zweiten jüdischen Ge­
sandtschaft mehr gedrängt als gewollt, eine Patronatsfunktion; in die­
sem Sinne sind Senatsbeschluß und Briefe an die Könige, Länder und
Städte zu deuten.
Die Rolle der Römer konnte für die hasmonäische Staatsbildung
allein schon wegen ihres weltpolitischen Gewichtes nicht unerheblich
gewesen sein, und die (eher historisch als theologisch argumentie­
rende) Darstellung des 1. Makkabäerbuches erkennt diese Rolle im
Unterschied zum 2. Makkabäerbuch an. Sie war um so positiver zu
bewerten, als die Römer offenkundig keinerlei eigenes Interesse an
der Region hatten. Insofern wurde freilich das jetzt so gute römisch-
jüdische Verhältnis zum Nährboden für folgende Mißverständnisse
über die politischen Ziele beider Seiten. Es sollte sich zeigen, daß die­
sem Mißverständnis einerseits die Römer infolge ihrer engen Auffas­
sung von Patronat und von Fürsorge unterlagen, andererseits aber
auch gerade diejenigen Juden, die wie Simon eine mittlere Position
zwischen den radikal Frommen und den hellenisierten Juden einnah­
men. Gerade dieser Gruppe war die Religion nicht Selbstzweck, son­
dern das wichtigste Mittel zur Wahrung der politischen Autonomie,
und ihre Fehleinschätzung bestand darin, daß sie die römische Politik
mit diesem Ziel für vereinbar hielten.

E) Die letzte Erneuerung und damit der letzte jüdisch-römische


Vertrag vor Pompeius fällt in die Ära des ersten hasmonäischen Für­
sten, Johannes Hyrkan I (135-104 v. Chr.). Auf das 1. Makkabäerbuch
können wir für diese Zeit nicht mehr als Quelle zurückgreifen, so daß
wir uns von nun an in erster Linie auf Flavius Josephus verlassen
niüssen, dem aber gleichfalls ftir die Darstellung der Regierungszeit
106 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

von Johannes Hyrkan eine andere Quellengrundlage zur Verfugung


stand.
Hyrkan I, Hohepriester wie sein Vater, nahm offenbar zweimal
Verbindungen zu den Römern auf: das erste Mal zwischen 128 und
125 v. Chr.,107 und zum zweiten Mal zwischen 114/3 v. Chr. (Beginn
der Regierung des seleukidischen Königs Antiochos IX Kyzikenos)
und 104 v. Chr. (Tod Hyrkans), vielleicht in den ersten zwei Jahren
(gemeinsame Herrschaft Antiochos VIII und Antiochos IX) oder nach
107 v. Chr. (Eroberung Samarias).108
Die recht lange Regierungszeit des ersten Hasmonäers war we­
sentlich von der sich fortsetzenden Schwäche der seleukidischen
Macht, die sich in immer neuen Thronstreitigkeiten aufrieb, begleitet.
Zwar hatte sich Hyrkan gerade am Anfang seiner Herrschaft der hart­
näckigen Angriffe seitens des seleukidischen Königs Antiochos VII zu
erwehren - was ihm nur unter der zumindest partiellen Preisgabe der
jüdischen Souveränität gelang -, 109 aber von 129 v. Chr. an setzte
seine e-ürcpayia ein, die einmal mehr den Zwistigkeiten innerhalb se-
leukidscher Thronprätendenten zu verdanken war.110 Erfolge gab es
vor allem im außenpolitischen Bereich.111 Sie stärkten auch Hyrkans
Selbstbewußtsein im Umgang mit den seit Judas Makkabäus und Si­
mon mit der politischen und militärischen Führung in Jerusalem ver­
bündeten Frommen.112 So ist die Regierungszeit des ersten Hasmonä­
ers geprägt von außenpolitischer Expansion, aber auch von beginnen­
den innenpolitischen Konflikten.
Die wachsende internationale Bedeutung Judäas, die sich umge­
kehrt proportional zum seleukidischen Niedergang entwickelte, schlug
sich in der jüdischen Diplomatie nieder. Mit Rom kam es, wie gese­
hen, mindestens zweimal zu Kontakten und Vereinbarungen - geht
man nach den Quellen, so suchte Hyrkan diese Kontakte, um seinem
Staat Ansehen und Bestätigung, nicht materielle Unterstützung in Ge­
fahren zu gewinnen.
Rom seinerseits hatte zu diesem Zeitpunkt gerade die ersten gra­
vierenden innenpolitischen Rückwirkungen seiner Expansion erfah­
ren. Das hatte zwar keine nachhaltigen Konsequenzen für die Außen­
politik, führte aber doch dazu, daß außenpolitische Fragen zunehmend
von den innenpolitischen Problemfeldern überdeckt wurden.113 Somit
erklärt sich der zurückhaltende Ton des Senatsbeschlusses: Einerseits
hielt Rom den Kontakt aufrecht, ohne aber andererseits die jüdischen
Wünsche im vollen Umfange zu erfüllen.
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 107

i Josephus ordnet den sogenannten Fannius-Beschluß in die Zeit der


neuen und von seleukidischer Einmischung freien Politik Hyrkans
nach dem Tod seines seleukidischen Widersachers Antiochos VII
(also nach 129 v. Chr.) ein.114 Mit diesem König, der seit 134 v. Chr.
mit Jerusalem Krieg geführt hatte, mußte Hyrkan einen Vertrag
schließen, der die Souveränität des Judenstaates erneut in Frage
stellte: Neben^einer teilweisen Entwaffnung wurde ihm ein Tribut für
einige von Antiochos beanspruchte Städte, unter ihnen Joppe, aufer­
legt sowie die Stellung von Geiseln und eine Geldzahlung von 500
Talenten Silber zum Zeichen der Untertänigkeit; eine Besatzung in Je­
rusalem konnte dagegen abgewendet werden.115 Da wir Hyrkan auch
am Partherfeldzug des Königs beteiligt finden, enthielt der Vertrag
wohl auch die Verpflichtung zu militärischer Hilfe im Kriegsfall. Die
Gelegenheit, die volle Souveränität zurückzuerlangen, nutzte Hyrkan,
als Antiochos auf dem erwähnten Partherfeldzug fiel. Und wie schon
Judas Makkabäus, Jonathan und Simon es vorgemacht hatten, wollte
auch Hyrkan sich den neu erworbenen Status gegen die feindseligen
Ambitionen des neuen (und, da er schon einmal König gewesen war,
auch alten) seleukidischen Königs Demetrios II anerkennen lassen. So
schickte Hyrkan wieder eine Gesandtschaft nach Rom - die Namen
der Gesandten sind Simon, Apollonios und Diodoros -, deren Auftrag
uns in dem schon erwähnten Fannius-Beschluß des Senats mitgeteilt
wird:
1. Sie sollte die Römer an das schon bestehende (\)7uapxo\)aoc)
Fteundschafts- und Symmachieverhältnis erinnern (5iEÄ.ex6T|oav);
2. sie sollte die Römer über bestimmte jüdische Angelegenheiten
(rcepi xcöv 5T|fioöi(ov TtpaypocTcov) in Kenntnis setzen, nämlich a) die
jüdischen Gebietsforderungen an die Seleukiden, die von den „wider­
rechtlichen" (napxö xfjq ai)YKkfiTo\) 5oYp.cc) Eroberungen des Antio­
chos herrührten; b) die Forderung nach einem Durchmarschverbot se­
leukidischer Soldaten durch das Territorium der Juden bzw. ihrer Un­
tertanen, und c) die Forderung, daß solche Verfügungen, die Antio­
chos während jenes Krieges ebenfalls „widerrechtlich" veranlaßt habe
(tä. KOCTÖC TÖ'V KoXepov EKEIVOV \|/r|(pia0EVTa, oder nach anderer
Überlieferung \|/T|Xa(pr|0evTa, nach Lat. gesta, vn AVTIO^OI)), für un­
gültig (aK\)pa) erklärt werden sollten;
3. sie sollte die Römer veranlassen, Briefe auszustellen, aus denen
ersichtlich werde, daß sich die Römer die jüdische Sicht der Dinge zu
eigen gemacht hätte, nämlich indem sie dazu aufforderten, das von
108 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

Antiochos Eroberte zurückzugeben, und gleichzeitig den von diesem


zu verantwortenden Kriegsschaden zu ermitteln; und
4. sie sollte Geleitbriefe an die Könige und freien Völker (8f||ioi
eXe\)0epoi) erwirken.
Der Senat nahm offiziell nur zu den Punkten 1 und 3 positiv Stel­
lung, aber Hyrkan dürfte damit zufrieden gewesen sein, da die Römer
ja offenkundig gegen seine Interpretation der seleukidisch-jüdischen
Beziehungen keine Einwände hatten. Darauf kam es ihm an, denn die
Rückgewinnung der Gebiete und die Abschüttelung der seleukidi­
schen Oberhoheit hatte er längst selbst bewerkstelligt.116 So blieb le­
diglich die völkerrechtliche Anerkennung seitens der Nachbarn, und
bei denen hatten die Römer ein gewichtiges Wort mitzusprechen. Den
diplomatischen Bemühungen Hyrkans war dementsprechend ein vol­
ler Erfolg beschieden.117 Ein weiteres Mal hatte Rom sich die jüdische
Auslegung des Verhältnisses zu seinen Nachbarn und insbesondere
zum seleukidischen König zu eigen gemacht, diese Auffassung durch
einen Senatsbeschluß festgehalten und publiziert und auf diesem
Wege zur Festigung der hasmonäischen Herrschaft beigetragen. Wenn
wirklich das 1. Makkabäerbuch während und kurz nach der Regie­
rungszeit Hyrkans entstanden ist, so ist nach dem Gesagten die Einar­
beitung der oben besprochenen Charakteristik Roms in Kapitel 8 in
keiner Weise verwunderlich.
Daß eine weitere Gesandtschaft Hyrkans nach Rom, etwa 15 Jahre
später, abgereist ist, kann nur vermutet werden. Tatsache ist, daß
Hyrkan sich auf Kosten der Seleukiden und deren desolate Verfassung
ausnutzend, zwischen 129 und 114 v. Chr. zunehmend ausbreitete,
denn die Könige Alexander Zabinas zwischen 125-123/2 v. Chr. und
Antiochos VIII Grypos zwischen 122-114 v. Chr. waren zu sehr mit
eigenen Problemen beschäftigt und ließen daher Hyrkan einen großen
Handlungsspielraum.118 Alte Ansprüche auf Unterwerfung erhob erst
wieder Antiochos IX Kyzikenus, derftirkurze Zeit seinem Halbbruder
Antiochos VIII die Herrschaft über das Seleukidenreich streitig
machte und sich seit 111 v. Chr. auf Koile Syrien in unmittelbarer
Nachbarschaft zu Palästina beschränken mußte.119 Hyrkan und Antio­
chos IX schädigten sich gegenseitig: Antiochos stand wiederholt in
Hyrkans Territorium,120 während sich Hyrkan auf seleukidischem Ge­
biet so bereicherte, daß am Ende seiner Herrschaft der jüdischen
Kontrolle der Küstenregion nur noch Ptolemais und Gaza entzogen
waren.121 Besonders hartnäckig entwickelte sich ihre Auseinanderset­
zung um Samaria. Zweimal griff Antiochos IX zugunsten dieser von
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 109
i

Hyrkan belagerten Stadt militärisch ein, das zweite Mal sogar mit
Unterstützung von Ptolemaios IX Soter II Lathyrus, dem ptolemäi-
schen König.:Dennoch war Hyrkan erfolgreich, eroberte Samaria und
zerstörte die Stadt bis auf den Grund.122 Diese Ereignisse haben sich
in den Jahren vor 107 v. Chr., als Lathyrus von Kleopatra III vertrie­
ben wurde, abgespielt (vielleicht zwischen 111-107 v. Chr.).
Josephus erwähnt in diesem Zusammenhang nichts von einer jü­
disch-römischen Kontaktaufhahme, aber es ist sehr wahrscheinlich,
daß es sie gegeben hat. Denn die Lage in der Region war so verwik-
kelt, daß Hyrkan entweder um die Bestätigung seiner Eroberungen
oder zumindest aber um die Bestätigung seiner Rechtsposition im
Konflikt mit Antiochos IX durch seine mächtigen Verbündeten im
Westen bemüht sein mußte. Ein undatiertes, von Josephus auf Hyrkan
II bezogenes \|/T|(pia|ia („Beschluß") der Pergamener ist von der mo­
dernen Forschung mit guten Gründen in die Herrschaft Hyrkans I
verlegt worden.123 Da in diesem Dekret von einem König Antiochos,
Sohn des Antiochos die Rede ist, kann es nach Lage der Dinge nur in
die Zeit von Antiochos IX Kyzikenos, Sohn des Antiochos VII, fallen,
was auch breite Übereinstimmung in der Forschung gefunden hat.124
Dieses Dekret seitens der Stadt Pergamon dürfte auf römische Auffor­
derung hin züstandegekommen sein. Es machte sich - nach einleiten­
den Bemerkungen zur traditionell selbstlosen und um Sicherheit und
Frieden ihrer Freunde und Bundesgenossen bemühten römischen Po­
litik- die Formulierungen eines Senatsbeschlusses zugunsten Hyrkans
zu eigen,spräch den jüdischen Gesandten sicheres Geleit für den
Heimweg zu, machte das gute Verhältnis Pergamons zu den Juden
aktenkundig und richtete eine entsprechende pergamenische Gesandt­
schaft nach Jerusalem ein, die die jüdisch-pergamenische cpiXioc als
eine altehrwürdige (seit Abraham) fest verankern sollte. Der hier zi­
tierte Senatsbeschluß umfaßte folgende von den jüdischen Gesandten
vorgebrachten Punkte:
a) der König Antiochos, Sohn des Antiochos, solle die Juden, Ver­
bündete der Römer, nicht ungerecht behandeln;
1
b) Festungen, Häfen, Gebiete, die den Juden weggenommen wor­
den seien, sollen zurückgegeben werden;
c) außer Ptolemaios, denn dieser sei ja Freund und Verbündeter
der Römer, solle kein König oder Demos zollfrei aus jüdischen Häfen
und jüdischem Gebiet Waren ausführen dürfen, und
d) die Besatzung solle aus Joppe entfernt werden.
110 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

Was Hyrkan zu der erneuten Kontaktaufhahme mit den Römern


gedrängt hatte, hing mit der von ihm dynamisch vorangetriebenen,
vom Seleukidenkönig Antiochos IX jedoch seit 114 v. Chr. energisch
bestrittenen Erweiterung seines Reiches zusammen. Die Rechtsposi­
tion Hyrkans wurde auch jetzt wieder von den Römern anerkannt,
und, was Antiochos IX ins völkerrechtliche Abseits stellen sollte, die
Römer sorgten auch für die Publizierung dieser Rechtsposition, die
programmatisch am Beginn des Senatsbeschlusses steht: ÖTtcoq u/n5ev
oc5iKfj 'Avxtoxoc; ö ßccaiAeix; 'AVCIOXOD viöq 'Ioi)öalo\)<; („daß der
König Antiochos, Sohn des Antiochos den Juden in keiner Weise Un­
recht tue"). Alles Folgende leitet sich von dieser Prämisse ab, das
heißt Hyrkan erhielt Handlungsspielraum gegenüber Antiochos IX;
von Hilfeleistungen der Römer oder anderer ist nicht die Rede, und
um materielle Hilfe ging es Hyrkan auch diesmal gar nicht.125 Hyrkan
ließ sich vielmehr als Führer eines jetzt noch ausgedehnteren, in allen
Belangen unabhängigen Staates bestätigen, was die wirtschaftliche
Autonomie einschloß. Daß der ägyptische König als römischer Ver­
bündeter wirtschaftliche Privilegien auf dem jüdischen Herrschaftsge­
biet auch weiterhin genoß, dürfte für Hyrkan ein gern gewährtes Zu­
geständnis an die Römer gewesen sein.126
Man kann also festhalten, daß gegenüber der frühen Makkabäer-
zeit (Judas, Jonathan) die Kontakte Roms zum autonomen jüdischen
Staat (unter Simon, Hyrkan I) nicht nur regelmäßiger, sondern auch
intensiver wurden, daß Rom zunehmend eine Patronatsrolle mittels
Bündnis- und Freundschaftsverträgen übernahm und daß es Interes­
senkonflikte zwischen beiden Seiten noch nicht gab. Mit diesem Se­
natsbeschluß zur Zeit Hyrkans endete allerdings die diplomatische rö­
misch-jüdische Zusammenarbeit vor dem Eingreifen des Pompeius.127
Es ist, wie schon U. Rappaport bemerkt hat,128 in der Tat erstaunlich,
daß weder von Aristobul I (104-103 v. Chr.) noch von Alexander Jan-
naios (103-76 v. Chr.) noch von Salome Alexandra (76-67 v. Chr.)
Kontakte mit Rom bezeugt sind. Über die Gründe der Nichterneue-
rung des Verhältnisses kann nur spekuliert werden. Mit Johannes
Hyrkan war der jüdische Staat endgültig Teil der hellenistischen
Staatenwelt geworden, die sich auf dem Boden des immer weiter sich
auflösenden seleukidischen Reiches gebildet hatte. Nach außen sicht­
bares Zeichen der Unabhängigkeit und Eingliederung waren Münz­
prägung und Annahme des Königstitels durch Aristobul. Vor allem
Alexander Jannaios betrieb zudem eine eigenwillige, expansive Poli­
tik, mit der er seine Position unter den „neuen" Mächten wie dem
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 111

politischen Reich unter Mithridates VI, Armenien unter Tigranes I


oder dem aufstrebenden Nabatäerreich sichern wollte. Die römische
Anerkennung seiner Eroberungen und Ansprüche brauchte und suchte
er nicht mehr. Im Innern ihres Staates stützten sich die Hasmonäerfür-
sten seit Johannes Hyrkan immer stärker auf den militärischen Pfeiler
ihrer Stellung und konnten im Gegenzug immer weniger die Billigung
der gleichzeitig erstarkenden religiösen Partei, der Pharisäer, gewin­
nen.
Rom auf der anderen Seite hatte wichtige innenpolitische Pro­
bleme zu lösen, vor allem stand die Bundesgenossenfrage zur Lösung
an. Es mochte darüber hinaus die dynamische Politik des Jannaios,
insbesondere gegenüber den griechischen Städten an der Küste, und
das Wachstum des hasmonäischen Staates mißtrauisch beäugen; hier
stand sicher das erschreckende Beispiel des pontischen Königs
Mithridates VI vor Augen. Hatte dieser nicht auch sein kleines König­
reich am Schwarzen Meer als Ausgangspunkt für weit ausholende Er­
oberungen zunächst in Asien, dann sogar in Europa (Griechenland)
benutzt und bei all seinen Unternehmungen auf eine antirömische
Stimmung in den römischen Provinzen rechnen können? Wir können
nicht sagen, ob Jannaios in dieselbe Richtung zielte wie Mithridates,
dessen Erfolge am Anfang der 80er Jahre zweifellos weithin bekannt
waren. U. Rappaport hat in seiner bereits zitierten Arbeit auf Aspekte
hasmonäischer Politik dieser Zeit aufmerksam gemacht, mit denen
Rom kaum zufrieden gewesen sein kann.129
Die Entfremdung zwischen beiden Seiten war jedenfalls offen­
sichtlich und führte langfristig im Jahre 63 v. Chr. auch zur Integra­
tion Palästinas in das Römische Reich als Klientelfürstentum. Nach­
dem sich der Hasmonäerstaat von einem religiösen zu einem helleni­
stischen Staat gewandelt hatte, entzogen ihm die Römer ihre Unter­
stützung, und Jerusalem hatte kein Interesse mehr an dieser. Der jüdi­
sche Staat hätte seine Sonderstellung in der Region verloren, die ihn
als Bündnispartner für die römische Außenpolitik so interessant ge­
macht hatte, und einer römischen Dominanz entzog er sich jetzt noch.
Die vorausgehende Zusammenarbeit zwischen Juden und Rom war
dennoch bedeutungsvoll auch für die weitere Entwicklung. Man kann
folgendes Fazit über diese Zusammenarbeit ziehen:
1. Die Römer erwiesen sich auf der Grundlage ihrer allgemeinen
außenpolitischen Prinzipien130 als zuverlässige Freunde der Juden, de­
ren Anliegen sie von Anfang an (nämlich seit Judas Makkabäus) vor­
behaltlos unterstützten. Diese Unterstützung bestand in der Anerken-
112 Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen

nung des neuen Staates, der noch gar nicht selbständig war, vor aller
Welt. Beide Seiten verband aus unterschiedlichen Gründen Skepsis
vor dem „Hellenismus". Von dem Makel des „Hellenismus" waren die
Römer in den Augen der Aufständischen - also der politischen und
militärischen Führung wie der Frommen - gänzlich frei, und ebenso
garantierte die religiöse Ausrichtung des neuen jüdischen Gemeinwe­
sens den Römern einen zuverlässigen Bundesgenossen. Daraus erga­
ben sich scheinbar glänzende Perspektiven zur Zusammenarbeit zwi­
schen Juden und Römern. Auf jüdischer Seite waren daran sowohl die
hellenisierte Oberschicht als auch die Frommen interessiert.
2. Infolge ihrer mächtigen Position in der griechischen Welt beför­
derte die Politik der Römer auch ohne eigene materiell definierbare
Hilfeleistung die jüdische Unabhängigkeitspolitik. Der materielle
Faktor war überhaupt nicht Gegenstand der Beziehungen.
3. Die Vertragspolitik verankerte den jüdischen Staat der Mak-
kabäer und Hasmonäer in der hellenistischen Staatenwelt.131 Sie sorgte
insbesondere dafür, daß die Juden aus der Isolierung, die sich auf­
grund ihrer religiösen Eigenständigkeit hätte ergeben können, zu­
nächst keine Nachteile erfuhren.
4. Damit trugen die Römer auch innenpolitisch zur Festigung des
hasmonäischen Systems bei, das sie als rechtmäßige Vertretung der
Juden akzeptierten. Als sich die Pharisäer und die hasmonäischen Für­
sten über die Auslegung der Verfassung entzweiten, blieb von dem ur­
sprünglich differenziert-positiven Bild, das sich die Frommen von den
Römern gemacht hatten, nur noch der Eindruck ungeheurer Macht und
kriegerischen Potentials.
5. Die römische Unterstützung der Juden in ihrem Kampf gegen
die seleukidische Herrschaft hatte auch Folgen für das griechisch-jüdi­
sche Verhältnis. Sie stützte ja nicht nur den Unabhängigkeitskampf
der Makkabäer, sondern zugleich auch die aggressive Politik gegen­
über Nachbarn und griechischen Poleis.132 So trug im griechischen
Umfeld des jüdischen Staates und der Diaspora-Gemeinden der Ein­
druck einer jüdisch-römischen Interessengemeinschaft mit antigriechi­
scher Note auch zu einer romkritischeren Haltung bei und verstärkte
zugleich den griechischen Antisemitismus.133
6. Damit sind gleichzeitig richtungsweisende Perspektiven des jü­
disch-römischen Verhältnisses angedeutet. Denn Macht und Kriegsfä­
higkeit machten die Römer für die Juden auch später zu umworbenen
Partnern für eine Zusammenarbeit. Das Mißverständnis zwischen bei­
den Seiten erwuchs dabei aus der jüdischen Deutung der römischen
Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen 113

Unterstützung des neuen jüdischen Staates. Denn die verschiedenen


jüdischen Gruppen, die sich später um römische Unterstützung be­
mühten - Angehörige des Hasmonäerhauses, Herodianer, Fromme -,
glaubten, daß die Römer selbst keine eigenen Interessen in der Region
verfolgten; wem immer sie also ihre Unterstützung auch gewährten -
der glaubte, sich sicher fühlen zu können, daß die Römer keine Herr­
schaftsabsichten in der Region hätten und er würde also frei von römi­
scher Einmischung sein - eine grobe Fehleinschätzung, deren Folgen
das römisch-jüdische Verhältnis schwer belastete.
7. Die Zusammenarbeit zwischen Römern und Juden hörte auf, als
sich der Hasmonäerstaat „hellenisierte" und eine Politik betrieb, wie
sie von allen hellenistischen Staaten der damaligen Zeit auch betrie­
ben wurde. Die Hasmpnäer expandierten, trieben Seeräuberei, be­
drängten die kleineren Staaten, verbündeten sich mit Mächtigeren und
standen wie alle hellenistischen Könige unter politischem Erfolgs­
druck. Sie verloren ihre Sonderstellung, die durch die religiöse Aus­
richtung des Staates garantiert gewesen war, und wurden für die Rö­
mer ein Gefahrenherd wie andere aufstrebende hellenistische Reiche
auch. Am Ende dieser Entwicklung stand die Eingliederung des Has-
monäerstaates in das Römische Reich.
V.
„Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere ":
Die Grenzen der Toleranz im Verhältnis des republika-
nischen Rom und der jüdischen Diaspora

Roms Kontakte zu Juden vor der Integration des jüdischen Staates


in das Imperium durch Pompeius im Jahre 63 v. Chr. waren nicht auf
das völkerrechtliche Verhältnis zu Jerusalem beschränkt. Daneben gab
es vielfältige Kontakte zur Diaspora, die sich in hellenistischer Zeit
nach Kleinasien, Griechenland und sogar bis nach Rom ausgebreitet
hatte. Mit dieser Ausbreitung gelangten jüdische Gemeinden auch
unter die römische Herrschaft, insbesondere als Rom seit 146 v. Chr.
auch im östlichen Mittelmeergebiet - also Griechenland und seit 133
v. Chr. auch Kleinasien - direkte Herrschafts formen einführte. Auch
in Afrika mit den Provinzen Africa 146 v. Chr., Kyrene seit 87/74 v.
Chr. sowie über das instabile Ptolemäerreich in Ägypten kamen Juden
mit Römern in Berührung. Die Tatsache nämlich, daß Juden in Palä­
stina und in immer mehr Regionen, zur augusteischen Zeit in nahezu
allen Städten des Reiches lebten, hat das Judenbild der griechisch-rö­
mischen Autoren entscheidend geprägt.2
Wenn wir auch von den politischen Beziehungen zwischen Rom
und dem Judentum in den Städten des Reiches vor 63 v. Chr. nicht
viel wissen, so geht doch aus dem Wenigen hervor, daß die innerrömi­
sche Entwicklung nicht spurlos an dem Verhältnis Roms zu den Juden
vorüberging. Dies gilt zuallererst für die Juden in Rom selbst.3 Ob es
dort schon im 2. Jahrhundert eine nennenswerte jüdische Gemeinde
gab, ist umstritten.4 Dieselben römischen Verfassungsorgane, die seit
164 v. Chr. die völkerrechtlichen Grundlagen für die Beziehungen
zum jüdischen Staat gelegt hatten und diese Beziehungen über Jahr­
zehnte so wohlwollend pflegten, steckten zur gleichen Zeit auch das
Terrain jüdischen Lebens in der Reichshauptstadt selbst ab und legten
die Regeln fest, nach denen die in Rom wohnhaften Juden ihr Ge­
meinschaftsleben auszurichten hatten.
116 Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere

Es hat den Anschein, daß die Römer im Zentrum ihres Reiches, in


Rom selbst, andere und vor allem strengere Maßstäbe an ihr Verhält­
nis zu den Juden anlegten als im fernen Palästina. Für das Jahr 139 v.
Chr. überliefert nämlich Valerius Maximus (erhalten allerdings nur in
spätantiken Auszügen) folgende römische Maßnahmen:
Chaldaeos igitur Cornelius Hispalus urbe expulit et intra decem
dies Italia abire iussit, ne peregrinam scientiam venditarent. Iudaeos
quoque, qui Romanis tradere sacra sua conati erant, idem Hispalus
urbe exterminavit arasque privatas epublicis locis abiecit.
„Die Chaldäer also vertrieb Cornelius Hispalus aus der Stadt und
er befahl, daß sie innerhalb von 10 Tagen Italien verlassen sollten,
damit sie nicht ihre fremde Wissenschaft feilböten. Auch ^fie^ Juden,
die versucht hatten, Römer ihre kultischen Gebräuche zu lehren, jagte
derselbe Hispalus aus der Stadt und beseitigte die privaten Altäre (d.
h. die von judaisierenden Römern) von den öffentlichen Plätzen."
Cn. Cornelius Hispalus praetor peregrinus M. Popilio Laenate L.
Calpurnio coss. edicto Chaldaeos citra decimum dient abire ex urbe
atque Italia iussit, levibus et ineptis ingeniis fallaci siderum interpre-
tatione quaestuosam mendaciis suis caliginem inicientes. Idem Iu-
daeos, qui Sabazi Iovis cultu Romanos inßcere mores conati erant,
repetere domos suas coegit.5
„Der Fremdenprätor Cn. Cornelius Hispalus ordnete, als M. Popi-
lius Laenas und L. Calpurnius Konsuln waren, in einem Edikt an, daß
die Chaldäer innerhalb von 10 Tagen die Stadt und Italien verlassen
sollten, denn sie umnebelten lukrativ wankelmütige und geckenhafte
Charaktere mit ihrer Sterndeutung. Derselbe zwang die Juden, die ver­
sucht hatten, römische Sitten mit dem Kult des Jupiter Sabazius zu be­
sudeln, zur Rückkehr in ihre Häuser."
Dieser Text besagt also: Der Prätor (peregrinus als in dieser An­
gelegenheit zuständig) hat ein erstes Edikt erlassen, daß die Chaldäer
innerhalb von 10 Tagen Rom und Italien verlassen sollen, weil sie mit
der Astrologie Geschäfte machten;6 in einem zweiten Edikt desselben
Prätors wurden auch die Juden aus Rom verwiesen.7 Wichtig ist die
Begründung für dieses Edikt, und gerade diese ist bedauerlicherweise
nicht einheitlich überliefert: Nepotianus (der erste Text) sagt, daß die
Juden versucht hätten, ihre Riten (sacra sua) an die Römer weiterzu­
geben (tradere). Iulius Paris (der zweite Text) dagegen geht (mit eige­
nen Worten?) darüber hinaus und konstatiert, daß die Juden versucht
hätten, die römischen Sitten (mores) mit dem Kult des Iupiter Saba­
zius zu „infizieren" (inßcere). Ob damit gemeint ist, daß die Juden ih-
Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere 117

ren „reinen" oder einen synkretistischen Kult8 nach Rom gebracht ha­
ben und dort praktizierten, oder ob sie darüber hinaus missionarisch
gewirkt und römische Bürger für ihren Kult interessiert haben,9 ist von
den überlieferten Formulierungen des Textes nicht zweifelsfrei zu ent­
scheiden. Das Edikt macht aber nur dann einen Sinn, wenn die jüdi-
sqhe Religion ebenso wie die chaldäische Astrologie nicht nur präsent
war, sondern sich in irgendeiner Form auch negativ auf die römische
Gesellschaft auswirkte.10 Die jüdische Religion muß also so attraktiv
gewesen sein, daß ihr römische Bürger zumindest näher kamen, als es
dem ja ohnehin kriselnden römischen Staat lieb war.11
Daß ein Zusammenhang zwischen der jüdischen „Werbung" für
Jahwe und der vom makkabäischen Hohepriester Simon nach Rom
gesandten Delegation bzw. dem Abschluß des jüdisch-römischen
Vertrages von 142 v. Chr. besteht, ist allein schon wegen der zeitli­
chen Nähe nicht unwahrscheinlich.12 Die Erfolge Simons gegen die
Seleukiden, die in jüdischen Augen nur mit Gottes Hilfe erklärbar
schienen und deshalb auch von den Frommen hymnisch gefeiert wur­
den,13 die Unabhängigkeit und das neue Ansehen des jüdischen Staa­
tes mit seinem religiösen Zentrum, dazu die römische Anerkennung
dieser Erfolge durch den Vertrag, all das dürfte das Selbstbewußtsein
von Juden in aller Welt nicht unwesentlich gesteigert haben. Für
Jahwe als Vater dieses Erfolges und für seine Macht und Überlegen­
heit sprach viel. Er hatte schließlich die unbeirrbare Weigerung seines
kleinen Volkes, von ihm abzufallen, obwohl dieser Abfall von einem
mächtigen König gewaltsam gefordert worden war, mit einem Sieg in
dieser Auseinandersetzung belohnt. Aber nicht nur in jüdischen, son­
dern auch in römischen Augen mußte das Ansehen dieses helfenden
und siegreichen Gottes steigen. Schließlich galt den Römern die Un­
terstützung der Götter als ein wesentlicher Faktor ihres eigenen Erfol­
ges, orientierten sie sich gleichsam von Staats wegen an den Erfolgen
auch fremder Götter und suchten diese in die römische Götterwelt zu
integrieren, um ihr Wohlwollen zu erlangen.14 Aber dies hatte kon­
trolliert und in geordneten Bahnen durch verbindliche Senats- und
Volksbeschlüsse zu geschehen.15
Die Römische Republik konnte nur eine sehr begrenzte Menge
„Andersdenkender" und vor allem „Andersgläubiger" unter ihren
Bürgern aushalten. Zu mehr Toleranz war sie nicht fähig, da die tra­
dierte Ordnung auch in der Frage der Religionsausübung von der
Konsensfähigkeit der Gesellschaft abhing.16 Denn die Gemeinschaft
war ein konstitutives Element der Religionsausübung; nicht individu-
118 Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere

eil, sondern als Teil des römischen Gemeinwesens war man „reli­
giös".17 Damit stand die Offenheit der römischen Gesellschaft als
Ganzes fremden Religionen gegenüber im Widerspruch zur Beschrän­
kung des Einzelnen auf die in seiner Gemeinschaft praktizierte Reli­
giosität. Und da viele Römer, wohl nicht zuletzt auch der Oberschicht,
im 2. Jahrhundert v. Chr. immer stärker von der religiösen Sinnge­
bung der orientalischen Kulte angezogen wurden, bedrohte dieser Wi­
derspruch die Homogenität der Nobilität und damit auch die staatliche
Ordnung, zumal die östlichen Kulte nur eines von vielen Problemen
darstellten, die die Ausdehnung nach Osten im 2. Jahrhundert v. Chr.
für die römische Gesellschaft mit sich gebracht hatte.
Es war die Aufgabe des praetor peregrinus, auf diese Gefahr an­
gemessen und im Staatsinteresse zu reagieren. Er hatte in erster Linie
die Attraktivität der jüdischen Religion auf römische Bürger zu ver­
mindern, und diese Aufgabe konnte er nur erfüllen, wenn er die jüdi­
schen peregrini, die in Rom lebten, der Stadt und des Landes ver­
wies.18 Dies tat er im Einklang mit den geltenden Rechtsbestimmun­
gen, denn die römische Toleranz gegenüber anderen Religionen hatte
schon seit dem XII-Tafel-Recht dort ihre Grenzen, wo das Staatsinter­
esse einsetzte. Im Zusammenhang mit der Kollegien-Bildung aus reli­
giösen Gründen kommentiert der Jurist Gaius den Satz, daß diese nur
erlaubt sei, dum ne quid ex publica lege corrumpant („solange sie kei­
nen Schaden am öffentlichen Gesetz anrichten"), und führt diese Ein­
schränkung auf das solonische Vorbild zurück.19 Genau besehen ist
also die vielbeschworene römische Toleranz in religiösen Fragen
überhaupt keine (wie schon die hellenistische nicht), und sie konnte es
auch nicht sein, weil die römische Gesellschaft keine religiöse Vielfalt
grundsätzlicher Art vertrug.20
So läßt sich an dieser Episode trefflich der Charakter der römi­
schen Politik gegenüber den Juden verdeutlichen, obwohl die Vertrei­
bung von Juden aus Rom im Jahre 139 v. Chr. in republikanischer Zeit
möglicherweise ein Einzelfall blieb - jedenfalls haben wir keine wei­
teren Zeugnisse. Rom war attraktiv als Wohnort, nicht nur weil es
Weltstadt war, sondern auch weil seine Ordnung rechtsstaatlich war
und vielen Fremden ein Leben in Sicherheit zu versprechen schien.
Aber die Stabilität der römischen Verfassung hatte unbedingten Vor­
rang vor einer wie auch immer gearteten Toleranz, das besagt der ein­
schränkende Satz dum ne quid ex publica lege corrumpant', sobald die
Hüter dieser Ordnung den gesellschaftlichen Konsens ihrer Bürger
durch Juden, die als Juden und eigenständig in Rom leben wollten -
Jedes Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere 119

und natürlich durch alle anderenfremdenGruppen - gefährdet sahen,


handelten sie repressiv.
Und dieses „System" läßt sich auch auf das Reich übertragen:
viele Städte und Regionen suchten die Anerkennung und den Schutz
des mächtigen Imperiums, wenn sie wie die Juden von einer feindli­
chen Umgebung bedroht wurden, und Rom gewährte ihnen als „Mut­
ter aller", omnium mater (rcdvxcov |xf|TT|p) auch seine Unterstützung.
In dieser Form der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit lag immer
bpreits der Keim der Integration in das Reich,21 da die Römer sie als
eine Art Gemeinschaftsbildung auffaßten. Verbündete, die nicht „glo­
bal" handelten, sondern an ihrer unverminderten Eigenständigkeit
festhalten wollten, bestrafte Rom mit dem Entzug seines Wohlwol­
lens. So erging es zum Beispiel Rhodos im 2. Jahrhundert v. Chr., das
sich eine halbwegs selbständige Stellung im Perseus-Krieg Roms zu
erhalten versuchte und dafür von Rom bestraft wurde.22
Die Erkenntnis, daß Roms Außen- und Reichspolitik nicht weniger
auf partnerschaftlichen Konsens hin ausgerichtet war als die Arbeits-
Weise seiner Verfassung und Innenpolitik, ist fundamental für die jü­
disch-römischen Beziehungen in Gegenwart und Zukunft. Valerius
Maximus lehrt uns diese Seite römischer Herrschaftsausübung: So wie
die Fremden in Rom ein eigenständiges Gemeindeleben nicht über
eine bestimmte, von römischen Behörden gezogene Grenze hinaus
fuhren durften, da andernfalls der Zusammenhalt der Stadtgemein­
schaft in Gefahr zu geraten drohte, so hatten sich auch die Verbünde­
ten, gleichsam als die Fremden im Reich, im Spannungsfeld zwischen
Eigenleben.und IntegraUon^ zwischen Abgrenzung und Assimilation
immer stärker an den .Erfordernissen der römischen Ordnung zu ori­
entieren. Für^die zahlreichen jüdischen Gemeinden in der Diaspora
wie in Palästina, die in diesem Spannungsfeld lebten und dabei doch
ihre jüdische Identität bewahren konnten,23 ergab sich daraus ein un-
aufhebbares Dilemma, daß Mnilichjdieselbe römische.„Unterstützunfi,
die die eigene Position in Stadt und Land sicheniji^ajf^gleichzeitig die
Abhän£igkei£jv^^ wie sie sich histo­
risch seit Hiskija, unter den Persern und teilweise auch noch unter den
Griechen entwickelt hatte, gerade nicht zuließ. Das bedeutete: Die
Religion zur Grundlage aller Autonomieansprüche zu machen, funk­
tionierte unter den Römern nicht mehr. Das lag nicht an den religiösen
Inhalten oder dem Kult an sich. All das war den Römern ziemlich
gleichgültig öder wohlwollender ausgedrückt: Die Römer waren in
religiösen Fragen ausgesprochen tolerant, jedenfalls bis zu den oben
120 Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere

skizzierten Grenzen hin. Wichtiger war ihnen, wie in Rom so auch im


Reich, eine relativ homogene und konsensorientierte Gemeinschaft.
Davon ahnten die jüdischen Gesandten der Makkabäer und Hasmo-
näer aber nichts, denn die offenen Arme, mit denen Rom gerade die
kleineren und bedrohten Staaten aufnahm, wiesen in eine ganz andere
Richtung; und wohl auch die nach Rom, in die neue Weltstadt ausge­
wanderten jüdischen Siedler dürften von dem Edikt des Prätors im
Jahre 139 v. Chr. ziemlich überrascht gewesen sein. In diesem schein­
baren Widerspruch zwischen römischer Offenheit gegenüber Fremden
und Hilfesuchenden einerseits und einer Ordnung andererseits, deren
Grundlagen Homogenität und Konsens bildeten und die Einflüsse von
außen und Fremden gerade nicht oder nur in eng begrenztem Umfang
vertrug, liegt nach meiner Einschätzung der Schlüssel zum Verständ­
nis der so problematischen jüdisch-römischen Beziehungen in Repu­
blik undfrühemPrinzipat.
Wie sich das jüdisch-römische Verhältnis in den Städten mit
Diaspora-Gemeinden bis 63 v. Chr. weiter entwickelte, ist im Einzel­
nen unklar, aber, was wir wissen, könnte unsere Überlegungen bestä­
tigen. Zunächst geht es um eine beiläufige Nachricht die Juden von
Kyrene betreffend: Als Sulla 87/6 v. Chr. den Krieg gegen den ponti-
schen König Mithridates in Griechenland vorbereitete, schickte er
Lucullus nach Syrien, Ägypten und Kyrene, um von dort Schiffe ge­
gen Mithridates zu erhalten.24 In Kyrene fand Lucullus, so ist überlie­
fert, Aufruhr und Krieg vor, so daß er zunächst für Ordnung sorgen
mußte.25 Daß auch Juden an dieser Stasis beteiligt waren, ist unzwei­
felhaft.26 Weiteres erfahren wir nicht, zum Beispiel ob ein jüdischer
Aufstand der Anlaß der Stasis gewesen ist, wie von modernen For­
schern immer wieder behauptet wird.27 Vereinzelte Zeugnisse von jü­
dischen Siedlern in Kyrene gibt es schon in vorhellenistischer Zeit.
Siedlungsschübe erfolgten unter Ptolemaios I (wahrscheinlich im
Jahre 312 v. Chr.) und wieder in der Zeit des Makkabäers Simon um
140 v. Chr.; Kyrene ist auch in dem bereits diskutierten römischen
Brief an Städte, Länder und Könige aus dieser Zeit genannt.28 Das
Verhältnis zwischen Juden und Griechen war indes in Kyrene höchst
problematisch, wie für wenig später belegt ist.29 Der Hintergrund für
die Stasis des Jahres 87 v. Chr. liegt im Herrschaftswechsel des Jahres
96 v. Chr., der das kyrenische Gebiet und die dortige jüdische Ge­
meinde aus der ptolemäischen unter die römische Herrschaft führte.
Der letzte kyrenische König Ptolemaios Apion hatte nämlich testa­
mentarisch sein Reich den Römern vermacht, die jedoch von ihrem
Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere 121
i

Erbe nur das Königsland in Besitz nahmen und die griechischen


Städte für frei erklärten.30 Legt man die Verhältnisse ein halbes Jahr­
hundert später zugrunde, haben die kyrenischen Griechen ihre ver­
meintlich neu gewonnene Autonomie zu einer Beschneidung jüdischer
Rechte im Bereich der finanzhoheit, der Sabbatheiligung und der
Kultausübung genutzt,31 und damit wurde Juden die Gleichberechti­
gung aberkannt, wenn sie sich als Juden bekannten.
1
Juden und Griechen befehdeten sich zu dieser Zeit noch an einer
anderen prominenten Stelle des ptolemäischen Einflußgebietes, näm-
libh in Alexandria.32 Auslöser, nicht Ursache, auch dieses Streites war
das Fehlen einer Ordnungsmacht, da die Ptolemäer untereinander
heillos zerstritten waren.33 88 v. Chr. hatte auch Ptolemaios X Alex­
ander I in der Auseinandersetzung mit seinem Bruder Ptolemaios IX
Soter II für den Fall, daß ihm etwas zustoße, sein Reich den Römern
testamentarisch vermacht. Die Bürger Alexandrias lehnten ihn vor al­
lem wegen seiner judenfreundlichen Politik ab, erhoben sich gegen
ihn und vertrieben ihn aus der Stadt; Ptolemaios X vertraute also den
Römern mit seinem Reich auch seine „Klientel", die Juden, in dem
Testament an.34 Doch als er ein Jahr später im Kampf um Zypern
fiel,35 unternahm Rom nichts, so daß der „antijüdische" Ptolemaios IX
Soter II bis zu seinem Tod 81 v. Chr. unbehelligt regieren konnte.
Die Staseis der jüdischen Gemeinden in Kyrene und Alexandria im
Jahre 87 v. Chr. dürften daher mit einer Verschlechterung ihrer Lage
durch den Tod ihres Beschützers Ptolemaios X Alexander I zusam­
menhängen. Die Römer kamen hier zum ersten Mal in die Rolle einer
Ordnungsmacht in einem griechisch-jüdischen Konflikt. Sie traten
aber erst spät, als bereits Gewalt im Spiele war und die Ordnung wie­
derhergestellt werden mußte, in Erscheinung. Man mag als Erklärung
dafür, daß die Römer den jüdischen Status in Kyrene recht zögerlich
schützten, an die schon besprochene Abkühlung des jüdisch-römi­
schen Verhältnisses unter Jannaios denken. Wichtiger ist aber die Be­
antwortung der Frage, wie sich die Römer in diesem Konflikt ver­
hielten. Aller Wahrscheinlichkeit nach kann man unter einer Wieder­
herstellung der Ordnung nur den Status quo ante verstehen, jedenfalls
dann, wenn sich Lucullus in den gewöhnlichen Bahnen römischer Po­
litik bewegt hat. Davon ist bei der Person des Lucullus, und weil wir
nichts Gegenteiliges hören, auszugehen.36 Dies war aber gewiß nicht
im Sinne der Griechen, denen es ja um die Statusminderung der jüdi­
schen Mitbewohner ging. Da zudem in Alexandria die Römer den sich
um die dort lebenden Juden bemühenden Ptolemaios X unterstützt
122 Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere

hatten, erhielten unter den Griechen in Afrika die romkritische, unter


den afrikanischen Juden aber die romfreundliche Haltung Nahrung.
Damit lassen sich sowohl die Konflikte in Alexandria in der frühen
Kaiserzeit wie auch die sich weiter ausbreitende Judenfeindschaft dort
klarer fassen.37 Für die Römer als Ordnungsmacht ergaben sich aus
dieser Situation neue Konflikte: Sie wollten und konnten im Interesse
der Herrschaftssicherung nicht „pro-griechisch" oder „pro-jüdisch",
sondern nach Möglichkeit nur neutral sein. Aber schon die bloße
Neutralität stellte sie in den Augen der griechischen Öffentlichkeit auf
die Seite der Juden. Denn wann immer die Griechen, insbesondere die
lokalen Führungsschichten, gegen die ihrer Meinung nach nicht polis-
konformenrc&ipioiVÖJIOI der Juden vorgingen, wurden ihnen von ih­
ren jüdischen Mitbewohnern Schriftstücke römischer Instanzen vor­
gelegt, die solche erzwungenen Neuerungen untersagten und damit
ihre aus griechischer Sicht Privilegien festschrieben.38 Juden stellten
demnach eine eigene und besondere Gruppe aller Polisbewohner dar,
deren Position im Gesamtgefüge der Polis freilich stark umstritten
war.39 Wenn Griechen im 1. Jahrhundert v. Chr. über die gesellschaft­
lichen Strukturen zum Beispiel von Kyrene nachdachten, fielen ihnen
statt der üblichen drei jetzt vier Gruppen ein, nämlich an erster Stelle
die Bürger, dann die Bauern, dann die Metöken und zuletzt auch die
Juden,40 die natürlich wie die Juden in allen anderen Städten auch eine
Jüdische Gemeinde" mit je unterschiedlichen Verwaltungsstrukturen
und Beamten hatten. Juden hätten die Strukturen sicher ebenso be­
schrieben, nur hätten sie wohl die Juden neben die Griechen plaziert.
Man sieht, wie schwer dieser Konflikt, bei dem es weniger um reli­
giöse Fragen als vielmehr um Eigenständigkeit und Prestige 'ging, für
die Römer zu handhaben war. Er bekam vollends eine nicht mehr zu
bremsende Eigendynamik, als die römische Herrschaft sich nicht mehr
darauf beschränkte, nur Tribute und die Wahrung der Ordnung einzu­
fordern.
Von dieser Entwicklung kündete bereits das, was römische Politi­
ker wie Cicero von den Juden dachten. Darüber, wie Römer vor der
Eroberung Jerusalems über die jüdische Religion dachten, können wir
nur Mutmaßungen anstellen;41 wahrscheinlich war man nur oberfläch­
lich informiert, oder aber die nobiles wurden von dem negativen Ur­
teil ihrer griechischen Lehrmeister wie Poseidonius und Apollonius
Molon beeinflußt.42 Ein politisches Urteil über die Juden darf man
aber schon vor 63 v. Chr. voraussetzen. In dieses Urteil floß ein, daß
man in Rom selbst im Jahre 139 v. Chr. durch prätorisches Edikt Ju-
Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere 123

den der Stadt verwiesen hatte, aber auch Nachrichten, die man aus
dem Einflußgebiet der Hasmonäer erhielt. So manche Formulierung in
Ciceros Rede zur Verteidigung des in einem Repetundenprozeß ange­
klagten Statthalters von Asia, die oratio pro Flacco, deutet daraufhin,
daß man schon vor 63 v. Chr. die Juden von der politischen Seite her
kritisch beurteilte, auch wenn die Rede selbst erst 59 v. Chr. gehalten
wurde. Cicero sagt dort: Sua cuique civitati religio, Laeli, est, nostra
nobis. Stantibus Hierosolymis pacatisque ludaeis tarnen istorum reli-
gio sacrorum a splendore huius imperi, gravitate nominis nostri,
maiorum institutis abhorrebat („Jedes Gemeinwesen hat, Laelius,
seine eigene Religion, wir die unsere. Auch als Jerusalem noch stand
und die Juden im Frieden mit uns lebten, stand die Ausübung dieser
kultischen Riten im Widerspruch zum Glanz dieses unseres Reiches,
zur Gravität unseres Namens, zu den Einrichtungen der Vorfahren").
Die jüdische religio war in römischen Augen auch schon vor dem
Fall Jerusalems mehr als eine übliche Religion, wie sie jeder civitas zu
eigen war, denn sie störte die Homogenität des Reiches und er­
schwerte gan£ offensichtlich die Integration der Juden in das Römi­
sche Reich. Cicero wußte also genau, daß sie eine eminent politische
Dimension hatte, die mit dem splendor imperii („Glanz des Imperi­
ums"), der gravitas („Dignität") des römischen Namens und den in-
stituta maiorum schwer verträglich schien. Insofern ist diese ja oft­
mals als Inauguration des römischen Antisemitismus verstandene
Formulierung mehr als bloße Rhetorik, mit der der Verteidiger in ei-
nfem Gerichtsprozeß die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der Zeu­
gen der Anklage mit Beschimpfungen zu besudeln suchte. Hinter die­
ser Formulierung verbirgt sich vielmehr eine römische Reichsauffas­
sung, die unter den Begriff Herrschaft mehr faßte als die bloße An­
sammlung von tributpflichtigen Untertanen, eine Reichsauffassung,
die deutlich auf den Prinzipat verweist. Die jüdischen Gemeinden
überall in der Welt versuchten dagegen, bei aller Unterschiedlichkeit
im Ausmaß, ihre historisch unter wechselnden Herrschern gewachsene
und in einer exklusiven Religion konkretisierte Identität und Eigen­
ständigkeit auch unter den Römern zu bewahren. Cicero war weit­
sichtig genug, um zu erkennen, daß die römische Herrschaftsauffas­
sung mit jüdischen Normen und Werten kollidieren mußte: die xi|if|,
der splendor des römischen Staates war nur schwer mit der ap^odoc
awriGeia (sc. den „väterlichen Gesetzen") der jüdischen Gemeinde
zu vereinen.43
VI
„ Wie deren Nachkommen, miteinander im Streit um die
Königsherrschaft, die Römer und Pompeius in die Ange-
legenheiten hineinzogen" :* Die Einrichtung der römischen
Herrschaft über Judäa und die Ursachen für ihr Scheitern
(63-55 v. Chr.)

1
1. Die römische und die jüdische Position im Jahr 63 v. Chr.

Der „Eintritt" der Juden in das Römische Reich erfolgte auf den
ersten Blick zu keinem günstigen Zeitpunkt, denn beide Seiten steck­
ten, als sie sich einander annäherten, in einer tiefen, strukturellen
Krise. Doch daß man nicht in einer besonderen Krisensituation die
Erklärung dafür suchen muß, daß es wenig mehr als ein Jahrhundert
später zum ersten der drei blutigen jüdischen Aufstände gegen Rom
kam, hat die bisherige historische Untersuchung gezeigt. Eher war es
urngekehrt: Die Krisensituation, insbesondere in Rom, war ein retar­
dierendes Moment, ohne die der Aufeinanderprall von Juden und Rö­
mern wahrscheinlich noch früher erfolgt wäre. Denn zum einen ließ
die Krise eine „normale" Herrschaft über die Untertanengebiete gar
nicht zu; gerade die Normalität hätte die Widersprüche zwischen jüdi­
scher und römischer Interpretation unvermittelt ans Tageslicht ge­
bracht. Zum anderen war es gerade die innerrömische discordia, wel­
che paradoxerweise Ausgleichschancen zwischen Römern und Juden
bot, auf deren Grundlage prorömische Führer des abhängigen jüdi­
schen Staates wie Antipater und Herodes die Position jüdischer Ge­
meinden im Verhältnis zu ihrer Umwelt in aller (jedenfalls der römi­
schen) Welt stärken konnten.
Auf römischer Seite hatte der Diktator Sulla mit seinen Reformen
in den Jahren 82-79 v. Chr., wie sich bald zeigen sollte, der republika­
nischen Staatsform mehr geschadet als genützt und - entgegen seinen
eigenen Vorstellungen - den Weg in den Prinzipat beschleunigt.2 Er
hatte zwar die chaotischen stadtrömischen Verhältnisse zu ordnen ver-
126 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen

sucht; aber diese Ordnung ging zu Lasten des Gesamtreiches, wie in


Kürze zu bemerken sein sollte. Die Folgen wurden nämlich in den
70er und 60er Jahren v. Chr. deutlich sichtbar, in deren Verlauf der
römische Staat selbst mediokren Gefahren hilflos ausgeliefert war. In
den 60er Jahren v. Chr. waren es die Seeräuber im Mittelmeerraum
und der pontische König Mithridates, die Rom erheblich unter Druck
setzten. Eine Lösung der außen- und reichspolitischen Probleme
Roms, freilich nicht im republikanischen Sinne, ließ erst die Politik
des Pompeius erkennen. Sie stellt eine entscheidende Zäsur für die
Römische Republik insofern dar, als Rom zum ersten Mal „global"
agierte.3 Die Voraussetzungen dafür schufen die imperia extraordina-
ria, die Pompeius auf dem Wege des Volksgesetzes in den Jahren 67
v. Chr. (lex Gabina) und 66 v. Chr. (lex Manilia) zur Bewältigung der
außenpolitischen Gefahren im Osten übertragen wurden. Der Inhalt
dieser Imperien war, daß eine Person über einen längeren Zeitraum
eine nahezu unumschränkte Weisungsbefugnis im gesamten Reichs­
gebiet haben und auch den „normalen" Imperiumsträgern - nämlich
den durch die sullanischen Verfügungen auf ihren Sprengel be­
schränkten Statthaltern in den Provinzen - übergeordnet sein sollte
(Imperium maius).
Aber noch wichtiger als die Gesetze selbst war, was Pompeius aus
diesen Befugnissen machte.4 Die wohl wichtigste seiner Leistungen
war, daß er nach all seinen militärischen Siegen gegen die Piraten und
Mithridates in den eroberten Gebieten eine neue, effektive und langle­
bige Verwaltungsordnung einrichtete. Mit dieser nahm Pompeius, was
die Reichsverwaltung anbetraf, den Prinzipat vorweg. Denn das
Kennzeichen dieser Verwaltungsordnung waren die Bündelung und
Weiterentwicklung der oben beschriebenen republikanischen Ele­
mente, so daß am Ende der gesamte von Pompeius organisierte Raum
- das waren Kleinasien und der syrische Raum bis Ägypten im Süden
und Mesopotamien im Osten - als eine Einheit erschien, deren perso­
nale Mitte Pompeius selbst darstellte.5 Dieser geographisch gewaltige
Raum war trotz oder gerade wegen seiner regionalen Differenzierung,
die Pompeius unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte entwik-
kelte, eine Einheit. Es waren dies ordnungspolitische und praktische
Erwägungen, zum Beispiel wie die Römer am besten eine bestimmte
Region beherrschen konnten, aber - wo dies ohne Gefahren möglich
war - auch rechtliche und historische, an den jeweiligen regionalen
Besonderheiten orientierte Erwägungen. Daß Pompeius als Römer und
Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen 127

Vertreter römischer Interessen handelte, bedarf bei all seinen Maß­


nahmen wohl keiner besonderen Betonung.
Bevor dieses pqmpeianische Konzept am Beispiel der Integration
des hasmonäischen Staates verdeutlicht werden soll, sei auf wesentli­
c h Hemenfe der jetzt erfolgten Neuordnung - abgesehen von der ter­
ritorialen Vergrößerung - hingewiesen.
1. Das Fundament der Neuordnung war eine Zweiteilung der be­
herrschten Gebiete in Provinzen (neben Asia kamen hinzu Bithynien,
K^ilikien, Syrien) und Klientelftirstentümer (Lykien, Galatien, Kappa-
dfrkien, Pontös, Armenien, Osrhoene und Judäa). In der republikani­
schen Praxis gab es diese Zweiteilung auch vorher schon, bekam aber
unter Pompeius einen systematischen und eng an den römischen Herr-
sehaftserfordernissen orientierten Zug.
2. Stärkung und Ausbau der Städte als Basis römischer Verwal­
tung; frühere republikanische Ansätze in dieser Richtung wurden sy­
stematisiert.
3. Da Pompeius (wie wir auch bei Judäa sehen werden) diese Neu­
organisation nicht am Reißbrett, sondern im Austausch mit den regio­
nal führenden Personen und Gruppen vorgenommen hatte, wuchs er in
die (ebenfalls schon bekannte) Rolle eines Patronshinein, dessen Kli­
entel aber territorial den bisher üblichen Rahmen weit überschritt.
4. Allein die Existenz einer solchen Mitte als potentieller Adressat
provinzialer Eingaben (zum Beispiel gegen Statthalter, Steuerpächter
oder lokale Eliten) gab der Verwaltungsordnung gegenüber der tradi­
tionell republikanischen ein anderes Gesicht. Sie verstärkte die Kom­
munikation zwischen Herrscher und Beherrschten und machte da­
durch die Herrschaft auch ohne großzügigen Ausbau eines bürokrati­
schen Apparates intensiver.
5. Die Orientierung römischer Entscheidungen an der geltender
Rechtslage der Staaten und Städte wurde gleichfalls schon frühei
praktiziert, aber erst Pompeius machte daraus einen verbindlicher
Grundsatz (wie später im Prinzipat). In viel stärkerem Maße als vorhei
und erst recht als alle hellenistischen Staaten war der römische Staal
ein Rechtsstaat geworden. Es ist klar, daß diese Elemente ein besonde­
res Gewicht auch für die davon betroffenen jüdisch-römischen Bezie­
hungen erhielten.
Von jüdischer Seite bildete die Krise des hasmonäischen Staates
überhaupt erst die Voraussetzung für das römische Eingreifen.6 Dei
Königin Salome Alexandra (76-67 v. Chr.) war es zwar gelungen
durch ihre Versöhnungspolitik mit den Pharisäern den hasmonäischer
128 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen

Staat auf der Basis der Verfassung Simons zu reformieren,7 damit


auch die innerjüdischen Konflikte beizulegen und dem Staat Ruhe zu
verschaffen; aber ihre Regierungszeit war zu kurz, um die innere Be­
friedung dauerhaft zu verankern. In den Jahren nach 67 v. Chr. bra­
chen die Konflikte innerhalb der hasmonäischen Führung wieder offen
aus. Verantwortlich dafür waren Nachfolgestreitigkeiten. Als Salome
Alexandra 67 v. Chr. starb, hatte sie zwar festgelegt, daß ihr ältester
und ihr auch politisch nahestehender Sohn Hyrkan als Hohepriester
und König nachfolgen sollte. Aber der zweite Sohn Aristobul hatte
schon zu Lebzeiten der Königin deutlich gemacht, daß er sich für den
geeigneteren Herrscher hielt und insbesondere die Machtbefugnisse
der seiner Meinung nach durch die Mutter übermächtig gewordenen
Pharisäer beschneiden wollte.8 Es gelang ihm mit der Unterstützung
anderer Unzufriedener aus der alten hasmonäischen Führungselite
auch bald nach dem Tod seiner Mutter, Hyrkan zur Abdankung zu
zwingen.9 Doch bekam dieser nun Unterstützung in der Person des
Idumäers Antipater, des „Ersten in seinem Volk" (Tcpcoie-ocov xox>
e0voi)<;), wie Josephus sagt. Diesen trieb insbesondere seine Feind­
schaft zu Aristobul an.10 Beide nahmen nun unter territorialen Zuge­
ständnissen - Aretas forderte Gebiete zurück, die Alexander Jannaios
seinem Stamm abgenommen hatte - Zuflucht zu den Nabatäern unter
ihrem König Aretas III; dieser arabische Stamm hatte ebenso wie die
Juden von der Schwäche des Seleukidenreiches profitiert und sich
eine beachtliche Machtstellung aufgebaut.11 Im Verein mit Aretas ge­
lang auch die Rückkehr Hyrkans an die Macht; Aristobul wurde nach
einer Niederlage auf dem Tempelberg belagert, die ihn stützenden öo-
KipxoTccToi, also wohl die Gegenpartei der Pharisäer, die Sadduzäer,
flohen.12
Der innerhasmonäische Führungskampf schwächte den jüdischen
Staat in mehrfacher Hinsicht. Zum einen schmälerte er die außenpoli­
tische Handlungsfähigkeit, dann reaktivierte er die von Alexandra
beigelegten Konflikte zwischen Pharisäern und Sadduzäern und be­
förderte auf diese Weise gesellschaftliche Spannungen. Zum dritten
holte sich Hyrkan auch noch Hilfe von außen, nämlich den Idumäer
Antipater, dessen Judentum umstritten war (und ist) und gerade des­
halb die Entfremdung zwischen Hasmonäern und gesetzestreuen Ju­
den erneut hat aufleben lassen.13 Und schließlich, viertens, bereitete er
die römische Intervention vor, da beide Parteien jede mögliche Hilfe
in Anspruch nehmen wollten. Insgesamt war die Verfassungsreform
Alexandras, die auf der Grundlage des historischen makkabäischen
Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen 129

Kompromisses zwischen Religion und politisch-militärischer Führung


die Einheit des jüdischen Staates wiederhergestellt hatte, mit dem
Zwist der beiden Brüder obsolet geworden. Sie mußte einer neuen
Kluft zwischen einer immer stärker, weil ihrer religiösen Grundlage
mehr und mehr verlustig gehenden, hellenisierten politischen Führung
und einer sich immer stärker auf sich selbst zurückziehenden, aber
keinesfalls einheitlichen religiös ausgerichteten Bevölkerung Platz
machen. Der Boden für eine von außen kommende schiedsrichterliche
Regelung der Verhältnisse war damit bereitet.
' Das Einwirken des Pompeius auf Palästina vollzog sich in mehre­
ren Schritten. Zunächst wurde während der oben berichteten Ereig­
nisse im Jahre 65 v. Chr. der Quästor M. Aemilius Scaurus von Pom­
peius, der seit 66 v. Chr. erfolgreich gegen Mithridates Krieg geführt
hatte, nach Syrien geschickt. Dort, in Damaskus, hörte Scaurus von
dem Konflikt in Jerusalem.14 Scaurus15 war ein durchschnittlicher rö­
mischer Politiker, der mit Blick auf seine weitere Karriere Erfolge
brauchte. Es ging ihm deshalb als Beauftragtem des Pompeius um
eine schnelle und gleichzeitig einträgliche Lösung aller ihm gegebe­
nen Aufträge. So erklärt sich seine unverzügliche Entscheidung zu­
gunsten Aristobuls: Der hatte ihm Geld gegeben, und zudem sah es
oberflächlich betrachtet so aus, als führen die Römer mit ihm besser.
Er schien „hellenisierter", weltoffener, als augenblicklicher Herrscher
aiich nutzbringender. Josephus deutet das ebenfalls so.16 Scaurus hatte
sich jedenfalls keinerlei Gedanken um die Rechtslage gemacht,17 ja
\vohl sich nicht einmal ernsthaft mit den innerjüdischen Verhältnissen
vertraut gemacht, womit er zum Prototyp kaiserzeitlicher römischer
Statthalter in Judäa geworden ist.
Pompeius urteilte anders, auf der Basis des in Judäa geltenden
Rechts, der Sachlage angemessen - und doch führte auch seine durch­
dachte Politik in Judäa nicht zu einer wirklichen Befriedung, ein un­
trügliches Zeichen dafür, daß unsere These von grundlegenden struk­
turellen Hindernissen für eine zwischen- und innerstaatliche Zusam­
menarbeit zwischen Rom und Judäa richtig ist. Pompeius revidierte
nämlich die Entscheidung des Scaurus für Aristobul, und zwar nach
einiger Zeit der Überlegung und ohne sich bestechen zu lassen, ob­
wohl auch er Bestechungsversuchen ausgesetzt war.18 Die verschiede­
nen Stufen der Entscheidungsfindung hat Josephus glaubhaft nachge­
zeichnet, und so ermöglicht sein Bericht, nicht nur die Grundlagen
pompeianischer Politik, sondern auch die ersten sich nun offenbaren­
den Mißverständnisse im jüdisch-römischen Verhältnis aufzudecken.
130 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen

Zweifellos war sich Pompeius, als er 64 v. Chr. nach Antiochien


kam, der für die Stabilität seiner Regelung unerläßlichen Notwendig­
keit bewußt, die chaotischen Verhältnisse in Syrien, Phönikien und
Arabien zu befrieden: Die phönizischen Küstenstädte waren nicht
mehr sicher,19 der Nabatäerfurst Aretas III mischte sich munter in Pa­
lästina ein und konnte erst durch die Drohungen des Scaurus 65 v.
Chr. zum Rückzug bewegt werden, die inneren Verhältnisse in Syrien
und Palästina bedurften gleichfalls einer Klärung. Diesen Zielen, dem
Schutz römischer Verbündeter, einer dauerhaften Befriedung und Si­
cherung des römischen Einflusses, diente seine aus militärischen und
diplomatischen Mitteln gespeiste Politik.20
Bereits im Winter 64/3 v. Chr. wohl in Antiochia und dann erneut
im Frühling 63 v. Chr. erschienen jüdische Gesandtschaften vor Pom­
peius, zuletzt in Damaskus.21 Von Bedeutung ist dabei, daß sich zu­
nächst nur die Abgesandten von Hyrkan und Aristobul bei Pompeius
einfanden, dann aber in Damaskus plötzlich drei Parteien auftraten;
eine dritte Gruppe vertrat eine dezidiert antihasmonäische Position.22
Inhaltlich lassen sich die von den jüdischen Delegationen vor Pom­
peius gebrachten Wünsche wie folgt zusammenfassen:
1. Aristobuls Gesandter Nikodemus wollte die von Scaurus schon
teuer erkaufte Anerkennung als König von Pompeius bestätigen las­
sen; so erklärt sich das extravagante, herrschergemäße und selbstbe­
wußte Auftreten der Delegation.23 Gleichzeitig hob er auch das römi­
sche Interesse an einem starken, ordnungsstiftenden König hervor,
eine Rolle, für die Hyrkan mit seinem trägen und unflexiblen Charak­
ter gerade nicht geeignet sei.24 Nur Aristobul, so Nikodemus, könne
schließlich dafür sorgen, daß die Herrschaft über die Region nicht in
andere, antirömische (sprich: nabatäische) Hände falle. Auftreten und
Argumentation des Nikodemus waren also durchaus dem Ziel, Pom­
peius zu beeindrucken, angemessen und dazu angetan, das römische
Interesse an einem starken Ordnungsfaktor in der Region mit den per­
sönlichen Zielen des Aristobul zu verbinden. Dafür, daß dieses römi­
sche Interesse bestand und dementsprechend das Auftreten der Aristo-
bul-Partei angelegt war, gibt es eine einleuchtende Erklärung: Pom­
peius hatte den streitenden Parteien Hyrkan und Aristobul im Winter
den Bescheid erteilt, daß er bis zum Beginn des Frühlings Bedenkzeit
brauche, wahrscheinlich um sich über die Lage in Judäa kundig zu
machen und eine definitive Entscheidung fällen zu können. Dies
konnte die antihasmonäische Opposition - wohl Pharisäer, die sich
von Hyrkan abgewandt hatten - als Unzufriedenheit mit beiden und
Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen 131

damit als Chance für die Durchsetzung ihrer eigenen Position, nämlich
der Abschaffung der Monarchie und der Rückkehr zum traditionellen
Hohepriesterregiment, auffassen.25
2. Die Gesandtschaft von Aristobuls Gegenspieler Hyrkan wurde
vbn Antipater angeführt. Sie war sehr groß (über 1000 Mitglieder),
und bestand zudem aus den „angesehensten" Juden (5oKin.a>TccToi),
was zweifelsohne nicht nur den vorgetragenen Rechtsanspruch unter­
stützen, sondern auch dem römischen Interesse an der Mitwirkung der
lokalen Eliten entgegenkommen sollte. Sachlich stand die Rechtsfrage
im Vordergrund: Hyrkan sei als der Ältere der rechtmäßige König.
Dieses Argument sollte Aristobul als Usurpator und in seiner ganzen
Persönlichkeit in römischen Augen diskreditieren: Ein Rechtsbrecher
im Inneren war per definitionem auch ein Rechtsbrecher gegen die
Nachbarn und Verbündeten und würde es folglich auch gegen die
Römer sein.26
Beide Parteien verbanden auf diese Weise mit ihrer eigenen Herr­
scherlegitimation das römische Interesse, das heißt, sie argumentierten
gleichsam „hellenistisch"-personell. Von einem spezifisch jüdischen
Hintergrund ihrer Positionen war jedenfalls nichts zu spüren, und das
war sicher auch die Absicht der Verhandlungsfuhrer. Denn natürlich
verschleierte auch Antipater, daß Hyrkan ursprünglich für eine inte-
grative, pharisäisch orientierte Politik im Auftrag seiner Mutter ge­
standen hatte. Er setzte auf die Argumente zugunsten Hyrkans, die für
die römische Seite nachvollziehbar bzw. gewinnbringend waren, also
auf die eindeutige Rechtslage und die allseits erkannte Unberechen­
barkeit des Konkurrenten. Mit dem großen und elitären Aufgebot
wollte er seiner Rede vor Pompeius auch äußerlich Nachdruck verlei­
hen. Von einer religiösen Komponente des Streites hören wir nichts.
3. Diese brachten andere, keiner der beiden eben besprochenen
Parteien zugehörige Vertreter zur Sprache. Das Aufleben hellenisti­
scher Tendenzen innerhalb der hasmonäischen Führung hatte das
Land erneut und noch tiefgreifender gespalten als vor 76 v. Chr., der
Regierung von Alexander Jannaios. Eine dritte, politisch und religiös
konservative Gruppe setzte daher all ihre Hoffnungen auf Pompeius.
Diese Hoffnungen gründeten zum einen auf dem aus jüdischer Sieht
ibislang unzweifelhaften Rechtscharakter römischer Politik, und zum
i anderen auf der Person des Pompeius, dessen abwartende Haltung den
I Versuch beflügelte, bei ihm durch eine 200 Mann starke Gesandt­
schaft, auch ohne massive Bestechungsversuche (wie bei Scaurus),
allein mit Erläuterungen des traditionellen jüdischen Staates zum Er-
132 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen

folg zu kommen.27 So begründete diese Gesandtschaft denn auch ihre


Hauptforderung, das hasmonäische Königtum gänzlich abzuschaffen,
historisch. Das war nicht ungeschickt, denn die Redner griffen damit
auf eine wesentliche und traditionell gültige Kategorie schiedsrichter­
licher Entscheidungen Roms zurück.28 Dieser historische Rückgriff
erhielt nun dadurch ein besonderes Gewicht, daß er genau beim Be­
ginn jüdisch-römischer Beziehungen einsetzte, also 161 v. Chr. wäh­
rend des Makkabäeraufstandes.29 Konkret heißt das, wenn Rom da­
mals den von Judas Makkabaeus geführten religiös orientierten jüdi­
schen Staat als rechtmäßig anerkannte - und nicht den von den seleu-
kidischen Königen installierten hellenisierten! -, so müßte es, wenn
seine Politik damals rechtmäßig war, auch jetzt wieder die konserva-
tiv-antihasmonäische Partei unterstützen, weil sich die Nachfolger des
Judas von den damals römischerseits anerkanntenrc&xpioiVOJIOI ent­
fernt hätten.30 Die Entwicklung des jüdischen Staates seit 161 v. Chr.
wurde deshalb von den Gesandten mit drastischen Begriffen wie mon­
archische „Versklavung" des Volkes (Kara5e5o\)A,ä)a0ai) und „Ver­
fassungsänderung" (ei<; &AAT|V ccp^-qv U,ETCCYEIV) überschrieben, und
beides sollte unverkennbar eine antirömische Konnotation zum Aus­
druck bringen. Wichtig ist aber, daß nichtjömische Interessen, son­
dern römisches Rechts Verständnis - wie aus der wiederholten Beto­
nung des Ungerechten und Gewalttätigen im Handeln der Hasmonäer
hervorgeht - in den Vordergrund gerückt wurden. Die politische Di­
mension der Religion, ihre Wahrung als Voraussetzung für die Frei­
heit des Volkes, aber im selben Maße auch als Vorteil in der zwi­
schenstaatlichen Zusammenarbeit, wird in dieser Argumentation er­
neut deutlich, während die anderen Parteien bezeichnenderweise auf
dieses Wesenselement jüdischer Politik mit keinem Wort eingingen.31
Diese drei Positionen der in Damaskus anwesenden jüdischen Ge­
sandtschaften informierten die Römer über die Verhältnisse in Jeru­
salem, und alle drei konkurrierenden Gruppen setzten ihre gesamten
Hoffnungen auf die Entscheidung des Pompeius. Nicht um das ob ei­
nes römischen Eingreifens ging es jetzt also, sondern darum, wie die
unterschiedlichen Vorstellungen berücksichtigt und mit römischen
Interessen verbunden wurden. Von der Neuordnung, die Pompeius
jetzt in der Region vorzunehmen hatte, hing ab, ob die Beziehungen
zwischen dem jüdischen Gemeinwesen und der römischen Weltmacht
eine Perspektive in der Zukunft haben würden.
Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen 133

2. Die Neuordnung des Pompeius in Judäa und die weitere Ent-


wicklung bis 55 v. Chr.

Mehr, als man heute annimmt, griff die pompeianische Ordnung


der jüdischen Verhältnisse in Palästina die Vorschläge aller drei
Gruppen, die in Damaskus ihren Standpunkt erklärt hatten, auf. Dies
ist an sich schon bemerkenswert. Sie tat es aber, und das ist für das
weitere Schicksal dieser Ordnung entscheidend gewesen, in einer in-
terpretatio Romana, deren Grundlagen die Befriedung der Region und
deren Einbindung in die römische Herrschaft waren. Diese Umwand­
lung der jüdischen Vorschläge wurde und wird den Römern oft vor­
geworfen und als Verwirklichung eines langgehegten Planes interpre­
tiert, der in der Erweiterung des Imperiums bestanden habe. Man darf
aber drei Dinge nicht übersehen: Erstens waren es die Streitparteien in
Jerusalem^ selbst, die. die Römer ins Land geholt hätten; diese histori­
sche Tatsache behält auch dann ihre Gültigkeit, wenn die Römer von
Anfang an die Absicht gehabt haben sollten, nach Jerusalem zu mar­
schieren;32 zweitens gab es in der Region drängende Probleme, die so
oder so gelöst werden mußten; und drittens beweisen die jetzt zu dis­
kutierenden Regelungen den „guten Willen" der Römer, zu einer dau­
erhaften Entschärfung ffcr Konflikte beizutragen. Woran sie scheiter­
ten und aus welchen Gründen, ist anschließend zu erörtern.
Zunächst zum Gang der Ereignisse. Nach der Anhörung der Ge­
sandtschaften und noch vor einer endgültigen Entscheidung galt es,
eine Eskalation der Gewalt zu verhindern. Mit dem nötigen Nach­
druck rügte daher Pompeius die beiden Brüder wegen ihrer gewaltsa­
men Auseinandersetzung.33 Eine schnelle Regelung der Verhältnisse
erwies sich freilich als nötig, weil Aristobul trotz aller Versicherungen
nicht Ruhe hielt.34 Die unverzichtbare Voraussetzung jeder Regelung
war die Akzeptanz der römischen Suprematie von allen jüdischen
Parteiungen. Diese verweigerte aber Aristobul. Aus römischer Sicht
könnten daher auf fester Grundlage fußende klare Verhältnisse erst
hergestellt werden, wenn man Jerusalem besetzt hatte. Im Herbst 63 v.
Chr. war es schließlich soweit: Nach dreimonatiger Belagerung der
Stadt war Jerusalem mit der Einnahme auch des Tempels in der Hand
des Pompeius.35
Durch diese militärische Eroberung Jerusalems hatte sich der
Handlungsspielraum des Pompeius bei seiner Neuregelung der Ver­
hältnisse noch vergrößert. Aristobul war der Aggressor gewesen.
Rücksichten mußten die Römer daher auf ihn keine mehr nehmen, auf
134 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen

Hyrkan und die „dritte Partei" nur insoweit, als sie Helfer und Ver­
bündete benötigten, um der neuen Ordnung gute Startbedingungen zu
verschaffen. Diese Handlungsfreiheit des Pompeius ermöglicht es uns,
die römische Politik gegenüber den Unterworfenen auf ihre Zielset­
zung und ihren Charakter hin zu bewerten. Sie schlug sich in folgen­
den Entscheidungen und Regelungen nieder:36
1. Pompeius ließ es sich nicht nehmen, das Zentrum der jüdischen
Religion zu besichtigen. Er betrat den Tempel zu Jerusalem und ent­
weihte das Allerheiligste.37 Die Motive für diese Tat sind umstritten
und angesichts der Quellenlage nicht leicht zu ergründen. Von ihnen
hängt viel für die Bewertung der pompeianischen Politik ab. Daß
Pompeius es nicht auf die Tempelreichtümer abgesehen hatte, steht
nach den nahezu vollständig übereinstimmenden Quellenaussagen,
mit der Ausnahme Dios, fest. Man wird wohl auch ausschließen kön­
nen, daß er lediglich aus der überheblichen Neugier des Siegers heraus
gehandelt hat; ihm war zweifellos die hohe Brisanz seines Tuns be­
wußt, und er hätte wohl nicht leichtfertig die Stabilität seiner Rege­
lungen aufs Spiel gesetzt. Also kommt als Motiv für den Tempelbe­
such paradoxerweise nur das Interesse an der Festigung der Neuord­
nung selbst in Frage: Pompeius mußte sich gleichsam aus erster Hand
und unbeeinflußt von den zahlreichen unglaubwürdigen und zum Teil
absurden Legenden, die sich allerorts in Umlauf befanden, ein reales
Bild von der mit diesem geheimnisumwitterten Tempel38 verbundenen
Religion machen.39 Denn wie konnte ohne genaue, vor allem mit ei­
genen Augen erworbene Kenntnis der jüdischen Religion eine dauer­
hafte Ordnung errichtet werden? Dem römischen Feldherrn war ohne
Frage bewußt, daß seine Tat als solche ein antijüdischer Akt war, auch
wenn sie so nicht gemeint war. Seine Anordnung, umgehend die Rei­
nigung des Tempels mit den vorgeschriebenen Opfern durchzufuhren,
um so den Vertrauensbruch wieder zu kitten, bestätigt diese Deutung
des Tempelbesuches. Daß Pompeius die religiösen Empfindungen re­
ligiöser Gruppen in Judäa damit unterschätzt hat, steht aber außer
Frage.40
2. Hyrkan wird in unmittelbarem Anschluß an den Tempelbesuch
zum Hohepriester eingesetzt; „König" durfte er sich jedoch nicht nen­
nen, wie es seine Vorväter seit Aristobul I getan hatten. Doch liegt
diesem Verdikt wohl nicht die Absicht, den neuen Klientelstaat von
Anfang an schwach zu halten, und noch weniger eine antijüdische
Stoßrichtung des Pompeius zugrunde. Die Schwächung Hyrkans kam
Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen 135

vielmehr der religiösen, antihasmonäischen Partei in Jerusalem entge­


gen (s. Punkt 3).41
3. Die verfassungsmäßigen Institutionen des jüdischen Gemeinwe­
sens, insbesondere der Rat (Sanhedrin), sind mindestens beibehalten,
wahrscheinlich sogar gestärkt worden. Davon zeugen besonders die
Münzen Hyrkans II, die in den Jahren zwischen 63 und 40 v. Chr. ge­
prägt wurden und die Aufschriften „Yehohanan der Hohepriester und
der Rat (Heber) der Juden" tragen.42 Die Reduzierung des monarchi­
schen Elements - erkennbar an der Verweigerung des Königtitels für
Hyrkan -, die sogleich zu besprechende territoriale Beschränkung auf
von Juden bewohntes Gebiet und auch die wenig später im pompeia-
nischen Sinne erfolgten Reformen des syrischen Statthalters Gabinius
zur weiteren Stärkung der lokalen Eliten weisen die pompeianischen
Regelungen als entschieden projüdisch im Sinne einer theokratischen
Verfassung aus. Jedenfalls finden sich in ihnen die Forderungen der
antihasmonäischen Partei zu großen Teilen wieder.
i 4. Die Gegenpartei Hyrkans um Aristobul wurde, wie nicht anders
zu erwarten,!dezimiert: Viele waren bei der Belagerung des Tempels
gefallen (Josephus spricht von 12000 Toten), aber es erfolgte auch ein
offenkundig blutiges Strafgericht gegen die Anhänger Aristobuls, wo­
bei die Römer sicherlich mit Hyrkan „zusammenarbeiteten".43
5. Die politischen Rädelsführer wurden als „Geiseln" und „Schau­
stücke" des späteren (nämlich 61 v. Chr. veranstalteten) Triumphes
nach Rom gebracht.44
) 6. Die militärischen Anlagen und schwer einnehmbaren hasmonäi-
schen Festungen (besonders Alexandreion, Machairos und Hyrkania)
wurden zerstört.45
7. Die wichtigste Entscheidung für Rom selbst war, daß Judäajiun
Teü des Römjsjghjen Reiches_und als solches den Aufeicht_des„syri-
schen Statthalters unterstellt wurde. Es mußte als sichtbares Zeichen
der Abhängigkeit von Rom einen (in seiner Höhe unbekannten) re­
gelmäßigen Tribut ((ßöpog) entrichten, durfte aber als autonome Ge­
meinde ^ich selbst verwalten. Es war damit auf die gleiche Stufe wie
die von hasmonäischerTlerrschaft befreiten griechischen Städte an der
Küste und im Binnenland gestellt.46
8. Einhergehend mit diesen Regelungen und folgerichtig wurde der
alte hasmonäische Staat beträchtlich verkleinert und auf von Juden
bewohntes Gebiet beschränkt. Zu ihm gehörte jetzt noch Judäa, Gali­
läa, Peraea, wobei zwischen Judäa und Galiläa mit dem „befreiten"
Samaria ein „Roman corridor" eingerichtet wurde.47 Viele Städte, die
136 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen

von Johannes Hyrkan I und Alexander Jannaios erobert worden wa­


ren, wurden (im römischen Sinne) autonom und der Oberaufsicht des
syrischen Statthalters anvertraut.48
9. Während der Kriegszeit zerstörte Städte sollten wieder aufge­
baut werden, zum Teil unmittelbar nach dem Einmarsch der Römer,
zum Teil auch später. Besonders schnell wurde Gadara wiederherge­
stellt.49
Wie ist diese Neuordnung zu beurteilen? Vom römischen Stand­
punkt aus könnte man annehmen, daß Pompeius hasmonäische Ex­
pansionsabsichten und Piraterie unterbinden, daß er im Interesse der
griechischen Küstenstädte die Juden vom Seehandel abtrennen, daß er
die Region als eine Art Pufferzone für die erwartete parthisch-römi-
sche Auseinandersetzung sichern, daß er den jüdischen Staat schwä­
chen, ihn aber infolge der inneren Unruhen (noch) nicht mit dem Sta­
tus einer Provinz dem Reich eingliedern wollte.50 Dem Betrachter von
der jüdischen Warte aus mag sich in den Regelungen das den Römern
gern angedichtete divide et /Twpera-Prinzip aufdrängen.51 Solche
Deutungen sind freilich schon ihrem Charakter nach reine Spekulatio­
nen. Schließlich läßt sich das jeder Handlung zugrunde liegende Mo­
tiv des Pompeius nicht mehr ermitteln, und die Quellen stützen auch
die genannten Überlegungen nicht. Diese sind vielmehr moderne
Rückschlüsse aus verschiedenen Einzelaspekten der Neuordnung, wie
etwa den Territorialbestimmungen, der Autonomiebestimmung für die
griechischen Städte oder der Verweigerung des Königstitels für den
hasmonäischen Fürsten. Tiefere Einsichten über deren Charakter,
Wert und auch über die dahinter stehende Motivation können aber nur
aus einer Analyse des „Gesamtpaketes" der pompeianischen Maß­
nahmen gewonnen werden, das sehr differenziert und gleichzeitig in
seiner Systematik darauf angelegt war, das Verhältnis zwischen Juden
und Römern neu und dauerhaft zu definieren.
Die Grundlage des alten Verhältnisses war der Vertrag von 161 v.
Chr. bzw. seine Erneuerungen bis Hyrkan I gewesen; die jeweiligen
Initiativen waren vom jüdischen Staat ausgegangen, und sie wurden,
zumindest bis Alexander Jannaios, von Rom als Zeichen einer jüdi­
schen Bindung an Rom gedeutet und dementsprechend immer positiv
beantwortet. Eine Zeitlang funktionierte diese vertraglich-völker­
rechtlich definierte Bindung. 63 v. Chr. mußte aber das Verhältnis
zwischen beiden Seiten „intensivierPTcIas heißt, Jerusalem in das rö­
mische Reich integriert werden,^\veil dem Zerwürfnis zwischen
Hyrkan, Aristobul und einer dritten antihasmonäisch-konservativen
Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen 137

Gruppe und insbesondere dem obstinaten Auftreten Aristobuls Pom-


peius gegenüber, aus dem sich infolge der unklaren Verhältnisse ein
Bindungsverlust des jüdischen Gemeinwesens zu Rom und damit ein
römischer Eirjflußverlust ableiten ließ, nicht anders zu begegnen war.
Im Angesicht einer „global" agierenden römischen Politik, die seit 66
Vi Chr. den gesamten östlichen Teil des Reiches neu zu gestalten im
Begriffe war, mußten auch in Judäa klare Verhältnisse hergestellt
werden. Den gleichen Hintergrund hatte im übrigen auch die Zer­
schlagung des seleukidischen Staates gehabt, der noch weniger für
eine Selbstverwaltung geeignet schien und daher gänzlich unter die
Klontrolle eines römischen Beamten gestellt wurde. Somit war tat­
sächlich den Juden die Freiheit, verstanden als die Entscheidungsfrei­
heit, sich an Rom zu binden oder nicht, im Jahre 63 v. Chr. genom­
men,52 und als sichtbares Zeichen für die Intensivierung des Verhält­
nisses, das heißt für eine stärkere Abhängigkeit des jüdischen Ge­
meinwesens, wurde der Tribut erhoben.
Aus der Sicht des Jahres 63 v. Chr. war Roms Politik Judäa ge­
genüber dennoch nicht einfach selbstherrlich oder aufgezwungen, wie
es spätere, kaiserzeitliche Analytiker deuteten'. Denn was bedeutete
dieser oben beschriebene Freiheitsverlust für die Juden? Von den drei
Parteien, die iri Damaskus vor Pompeius erschienen waren, hatte sich
nur Aristobul jede römische Einmischung verbeten. Sowohl Hyrkan
als auch die antihasmonäische Opposition, der es um die Wiederher­
stellung einer theokratischen Verfassung ging, hatten nichts dagegen,
gleichsam unter einem römischen Dach zu leben - unter der selbstver­
ständlichen Voraussetzung natürlich, daß die Römer das gleichsam
traditionelle jüdische Verständnis von Freiheit achteten. Man erhob
also die Forderung nach Autonomie, und legitimiert wurde dieser
Autonomie-Anspruch durch die Religion, deren politische Dimension
hier erneut sichtbar wird. Beide Parteien, besonders natürlich die anti­
hasmonäische, bewegten sich also auf den Bahnen des traditionellen
jüdischen Religionsverständisses, was sich ohne Zweifel aus ihren
pharisäischen Grundlagen ergibt. Hyrkan hatte ja schon im Streit mit
seinem Bruder Aristobul seine Anhänger aus der pharisäischen Partei
rekrutiert, seit seine Mutter Alexandra diese wieder in den Staat inte­
griert hatte. Als er sich aber zunehmend auf den Idumäer Antipater
stützein mußte, zog sich ein Teil dieser Anhänger in die Opposition zu­
rück. Es ist^wa^cheinkcji^^daß es diese -'nun wieder grundsätzlich
antihasjnonäische - O p p ^ t i o r i p ^
anJPompeius gewandt hatte.53
138 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen

Im Jahr 63 v. Chr. bot sich also dem Römer Pompeius die vorder­
gründig seltsame Konstellation dar, daß die im eigentlichen Sinne Jü­
dischen", religiös orientierten Parteien für eine römische Ordnung der
Verhältnisse eintraten, während der weltlich-„hellenistische" Aristo-
bul eine römische Einmischung ganz und gar ablehnte.
Pompeius selbst ließ sich, römische Traditionen fortführend, ganz
und gar von der Rechtslage leiten. Sein QuaestorScaurus hatte noch
nacff cTem ersten Augenschein und nach kräftiger finanzieller Zuwen­
dung Aristobul für den rechtmäßigen Herrscher gehalten. Doch Pom­
peius nahm sich Zeit zur Untersuchung der Verhältnisse, und seine
Entscheidungen .reflektieren sehr genaue Kenntnisse der regionalen
Verhältnisse. Hyrkan, der bereits von seiner Mutter zum Hohepriester
gemachte und darum nach lokalem Recht als Fürst legitimierte ältere
Bruder Aristobuls, war auch nach römischem Rechtsverständnis der
legitime Herrscher. Den Königstitel freilich bekam er nicht mehr, we­
niger weil Pompeius das jüdische Gemeinwesen schwächen wollte, als
vielmehr weil er (vielleicht über die „dritte Partei") wußte, daß dieser
Titel usurpiert war (seit Aristobul I) und zudem im „Grundgesetz" des
Makkahäers Simon nicht vorgesehen war.54
In diesen Zusammenhang einer von Pompeius gestärkten religiös
legitimierten Ordnung in Jerusalem möchte ich auch die beträchtliche
territoriale Verkleinerung des jüdischen Staates gestellt sehen. Pom­
peius jmqchte_däYQ!L^ daß die fromme j^tikjinjier
Abkehr der Hasmonäer von_den väterlichen Sitten auch deren expan-
sive Außenpolitik umschloß, was ja in gewisser Hinsicht auch nicht
ganz falsch war. Er ordnete deshalb nur die primär jüdisch bewohnten
Regionen dem neuen Gemeinwesen zu. Wenn trotzdem die hasmonäi-
sche Außenpolitik mit ihrer auch gewaltsamen Ausbreitung jüdischen
Einflusses und des Judentums als Religion in die umliegenden Regio­
nen den Frommen gerade kein Stein des Anstoßes gewesen war, wie
neuerdings mit Nachdruck herausgearbeitet wurde,55 mußte Pompeius
das aus herrschaftspolitischen Gründen ignorieren. Denn er erfüllte
mit der_Mljw^n£za^^ von der Herr­
schaft^ jer^salejns^^ielemrts an ihn herangetragenen Wünsche nach
Befreiung von der hasmonäischeji. Herrschaft. "Natürlich kannte er
auch nicht die einschlägigen Passagen der Torah über die Ausdehnung
von Eretz Israel; hätte er sie gekannt, hätten sie seinem Verständnis
von Religion und noch mehr seinem Ziel einer regionalen Befriedung
widersprochen. Zweifellos war dieses (nach jüdischer Deutung) Miß-
Verständnis oder noch eher: diese Miß-Achtung der jüdischen Reli-
Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen 139

gion durch die Römer gleich am Anfang der römischen Herrschaft


über Palästina ein wesentlicher Grund dafür, daß die so_woJbLdur,ch-
dachte Ordnung des Pompeius keinen Bestand hatte und mittelfristig
wieder zu einer „großen" Lösung, nämlich einer jüdischen Oberherr­
schaft über die gesamte Region im Süden Syriens führte; dies war der
Klientelstaat unter Herodes mit hasmonäischen Ausmaßen und dar­
über hinaus, was das Territorium betraf.
Insgesamt war die pompeianische Neuordnung auch dazu angetan,
die Juden zur Bewahrung ihrer Identität und zur Ausübung ihrer Reli­
gion zu ermutigen. Denn die Religion machte die jüdische Identität
aus, und es konnte für die Vormacht keine bessere Garantie für die
Stabilität der Ordnung geben, als wenn sie ihre Untertanen über die
Religion, noch dazu eine so tief im Bewußtsein verankerte, an sich zu
binden verstand;56 auch der seleukidische König Antiochos III hatte
die Unterstützung der jüdischen Religion offen als herrschaftsdienlich
eingestuft.57 Und berücksichtigte: nicht_ebenso_ Pompeius jije Vor­
schläge der „dritten", jener^ antihasmonäisch-pharisäischen Partei?
Gewiß, Hyrkan und noch mehr sein Helfer Antipater waren mit ihrer
peuen Rolle als Klientelfürsten Palästinas nicht unzufrieden, weil die
eigene Stellung garantiert war und sich unter römischem Dach durch­
aus auch irgendwann eine territorial und nach außen verbesserte Posi­
tion Judäas in der Region vorstellen ließ. Für die Anti-Hasmonäer da­
gegen nahm; jetzt, nachdem der Glanz außenpolitischer Erfolge end­
gültig der Vergangenheit angehörte, mehr denn je die Religion allein
die Funktion wahr, Autonomieforderungen zu legitimieren.
So schien, als Pompeius zumindest teilweise auf ihre Wünsche
einging, die Integration der Juden in^das Römische^ Reich unter guten
Vorzeichen inaugurieiF^ör3en zu sein?8 Trotzdem: Der römische
Plan funktionierte nicht, die jüdischen Hoffnungen und Erwartungen
erfüllten sich nicht. Denn die Römer verstanden unter der Gewährung
von Religionsfreiheit etwas anderes als die Schaffung einer herr^
fechaftsfreien Zone. Nach ihren Vorstellungen war im Gegenteil ge­
rade die Religion ein zentrales Element der Integration von Regionen
(n das Reich. Das gilt für die Republik und in noch stärkerem Maße
für den Prinzipat. Den Höhepunkt einer religiös orientierten Integrati­
onspolitik in der vor-konstantinischen Epoche stellt das Wirken Ha-
drians dar; nicht von ungefähr fällt deshalb auch in dessen Regierung
der letzte der drei großen jüdischen Aufstände, der Bar-Kochba-Auf­
stand (132-135 n. Chr.).60 Auch in dieser Bewertung beginnt mit
Pompeius' Neuordnung die „Genese" jener Katastrophe, die im Bar-
140 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen

Kochba-Aufstand einen letzten Höhepunkt erreichte. Das Mißver­


ständnis zwischen Juden und Römern führte schon bald zu gegenseiti­
gen Vorwürfen und Anfeindungen.61 Es kam aber noch nicht zu einer
verbreitet antirömischen Stimmung unter den Juden wie in den Jahren
und Jahrzehnten nach 6 n. Chr., obwohl die Desintegrationstendenzen
innerhalb der jüdischen Gesellschaft sich weiter verstärkten. Der Zorn
vieler Frommer richtete sich aber jetzt gegen den „Frevelpriester" und
gegen die, „die nach glatten Dingen streben" (mpbnn "»ttfTn),62 also
die Pharisäer selbst, schließlich gegen Antipater und vor allem Hero-
des, solange nämlich der jüdische Staat sich formal noch selbst ver­
walten durfte. Erst seitj^n. Chr. war das nicht mehr der Fall^und erst
seit diesem Zeitpunkt wurden Religionseifer und RoTriHäß zwei Seiten
ein ünd~^r]f^ 4jv. Chr., als Herodes gestorben
war, gab man sich in gesetzestreuen jüdischen Kreisen der Illusion
hin, daß unter römischem Dach jüdisches Leben besser gedeihen
könne.63 Die Wurzeln dieses Mißverständnisses lagen darin, daß die
Angehörigen zweier so unterschiedlich gestalteter Gemeinwesen wie
des römischen und des jüdischen zu wenig von diesen Unterschieden
wußten; das können wir schon an den Regelungen des Pompeius und
ihrem Schicksal erkennen.
Diese Erkenntnis wird durch nichts klarer als durch den Tempelbe­
such des Pompeius bestätigt. Er ist das Symbol des neuen Verhältnis­
ses der Juden zu den Römern. In ihm bündelt sich geradezu die struk­
turelle Unvereinbarkeit beider politischer Systeme. Es war gewiß auch
Neugier im Spiel, die Pompeius bewogen hat, dieses Sakrileg zu be­
gehen; schließlich waren schlimme Geschichten über das, was sich in
diesem Tempel abspielte, im Umlauf.64 Andererseits konnte ihm nicht
verborgen geblieben sein, daß er mit seinem Verhalten die innersten
Gefühle eines jeden Juden tief verletzen würde.65 Seine Anordnung,
am nächsten Tag das Heiligtum von den im Tempel Bediensteten rei­
nigen zu lassen und ordnungsgemäß Opfer darzubringen,66 beweist,
daß Pompeius um die jüdischen Gepflogenheiten genau Bescheid
wußte. Warum also betrat er den Tempel?
Da die oben beschriebene Quellenlage über diese Frage keine
Auskunft gibt, ist der Historiker auf Rückschlüsse aus der handelnden
Persönlichkeit, dem Faktum selbst und seinem politischen Hinter­
grund verwiesen. Danach zu urteilen waren zum einen die subjektive
Überzeugung von der sachlichen Notwendigkeit, zum anderen auch
die demonstrative Vorführung der Machtverhältnisse, eine Art Zei­
chensetzung, ausschlaggebend fiir die pompeianische Entscheidung.
Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen 141

Diese Vermutung gründet auf der Überlegung, daß Pompeius für seine
Entscheidungsfindung für die geplante Neuordnung sicherlich auf alle
Informationsquellen, also auch auf das Zentrum des jüdischen Ge­
meinwesens, zurückgegriffen haben dürfte; nur hier konnte er in die
drcana dieser geheimnisvollen Religion vordringen. Materielle Güter
oder eine bewußte Demütigung der Juden erstrebte er dagegen nach
Ausweis der Quellen nicht. Gleichzeitig gehörte aber auch immer die
Demonstrationi römischer Überlegenheit zum_poHtischen Jtastaamenta-
rium_des Pompeius? Das ungehinderte Betreten des Allerheiligsten
war ein bewußTgesetztes Zeichen römischer Allmacht und brachte je­
dem nahe, daß es_für JRoni keinen herrschaftsfreien Raum geben
könne, andererseits sei Rom aber auch so mächtig, im Interesse der
jüdischen Religion jeden anderen am Betreten dieses Tempels zu hin­
dern. Diese Zeichensprache sagte also auch: Wir Römer können und
werden Eure Forderungen nach Autonomie erfüllen, wenn Ihr, die Ju­
den, Rom über Euch anerkennt. Ein Teil der Juden konnte sich mit
dieser Vorgabe - Unterordnung unter Rom als Preis für weitgehende
Autonomie - arrangieren, aber viele Juden zogen eine andere Lehre
aus ihrer Geschichte, nämlich mit ihrer Treue gegenüber dem religiös4
verankerten Gesetz der Forderung nach politischer Freiheit auch unter
der Vorherrschaft einer fremden Macht Nachdruck zu verleihen. Ge­
ride das aber verstanden die Römer nicht unter Religion. Sie dürften
die interpretatio Iudaica des Religionsbegriffes als unzulässige Politi­
sierung aufgefaßt haben, durch die der „wirklich fromme Kult" (pius
cultus), der Inhalt wahrer religio, radikal vernichtet würde.67
Pompeius war gewiß nicht so tief in die religiösen Gefühle from-
nier Juden eingedrungen, um sich der ganzen Schwere seines Verge­
hens bewußt geworden zu sein - so wenig sich Römer wie Cicero oder
später Cassius Dio dessen bewußt waren. Was für sie alle zählte, war
allein die Tatsache, daß Pompeius nichts von den Tempelschätzen an­
gerührt hatte.68 Damit symbolisiert diese Episode, wie Römer und Ju­
den aneinander vorbeigingen, einander nicht verstanden. Es ist dieses
grundsätzliche Mißverständnis, das die Katastrophe 66 v. Chr. letzt­
lich verursachen wird.
Es brauchte allerdings gar nicht so lange, bis die Neuordnung des
Pompeius ihre erste Belastungsprobe zu bestehen hatte; eigentlich hat
sie nie wirklich funktioniert. Pompeius hatte nach dem Rechtsprinzip
entschieden - Hyrkan war ja tatsächlich der rechtmäßige Hohepriester
-' und das „hellenistische" Prinzip wechselseitig gewährter „Wohlta­
ten" vernachlässigt. Von diesem hatte sich noch sein Quaestor Scaurus
142 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen

leiten lassen. Darüber sowie über die Zerschlagung des hasmonäi-


schen Reiches waren die zahlreichen Anhänger Aristobuls verärgert.
Von ihrer Unzufriedenheit mit den neuen Verhältnissen waren die fol­
genden Jahre in Palästina geprägt (bis 55 v. Chr.). Zuerst rebellierte
Aristobuls Sohn Alexander. Als eine der von Pompeius nach Rom
überstellten Geiseln war er schon auf der Reise dorthin entflohen,
hatte in Palästina eine Schar Unzufriedener um sich gesammelt und
bedrohte die Ordnung Judäas (57 v. Chr.).69 Der frisch gekürte Statt­
halter Syriens mit Imperium infinitum™ Gabinius, hatte kaum die auf­
keimenden Unruhen bereinigt, als Alexanders Vater Aristobul ge­
meinsam mit seinem zweiten Sohn Antigonus im Jahre 56 v. Chr. er­
neut einen Aufruhr in Judäa anzettelte.71 Und schließlich erhob sich,
nachdem Gabinius Aristobul gefangengenommen und wieder nach
Rom zurückgeschickt hatte, erneut Alexander gegen die römische
Herrschaft über Judäa.72 Diese Erhebung endete ebenso erfolglos wie
die vorangegangenen.
Die Abfolge von drei Aufständen kurz hintereinander, die zudem
unter den Juden beachtlichen Zulauf fanden, stellt der neuen Ordnung
des Pompeius, jeren Sinn kein anderer gewesen war7 als Stabilität und
Sicherheit nach Palästina zu bringen, ganz offenbar kein gutes Zeug­
nis aus. Es ist zwar richtig, daß die Aufrührer Repräsentanten der von
Pompeius benachteiligten Partei waren und deshalb vordergründig
ihre eigenen, persönlichen Ziele verfolgten. Doch erhielten sie zwei-
feüo.s^rnij^ Parolen im Stile _eijiesMitffi er-
hofjten_Zula_u_f.unter_der jüdischen Bevölkerung Palästinas/7^ Josephus
läßt offen, warum viele Juden mit den Römern unzufrieden waren,
aber nicht, daß sie es von Anfang an waren.74 Man hat sich als Ursa­
che dafür in Sonderheit die radikale Beschneidung des ehemals mäch­
tigen hasmonäischen Staates zu denken, die nicht nur hasmonäisch ge­
sinnten, sondern auch frommen Juden ein Dorn im Auge war,75 eher
jedenfalls als einen lnherrömischen Hintergrund zu vermuten, daß
nämlich dubiose Machenschaften jler antipompeianischen Partei im
Spiel^ewesenJseierf.76 Eme weitere Konsequenz der römischen Ein­
mischung bestand darin, daß jetzt auch römische Bürger in Jerusalem
lebten und daß deren offenkundige Rolle als Aufpasser der neuen
Vormacht von vornherein den Eindruck unter den Juden entstehen
ließ, daß man endgüj^^^^Figiliekj^rloren hatte.77 Die traumatische
Erinnerung an die Akra, jene Zwingburg der Griechen und helleni-
sieiten Juden in Jerusalem aus makkabäischer Zeit, mochte wieder le­
bendig werden. Diesen seleukidisch-griechischen Pfahl im jüdischen
Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen 143

Fleisch hatte efrst Simon - nach Jahrzehnte dauernden Eroberungsver­


suchen der Makkabäer - beseitigen und damit den Grundstein der jü­
dischen Freiheit legen können. Nach all den historischen Erfahrungen
um die Hellenisierung Jerusalems, um den blutigen Freiheitskampf,
um die permanenten Gefährdungen des neuen Staates, Erfahrungen,
die sich tief eingeprägt hatten in das Bewußtsein wohl aller Juden und
von Generation zu Generation weitergegeben wurden, brachte die
pömpeianische Reform trotz ihrer Zugeständnisse zuviel Verlust der
Autonomie, zuviel Fremdbestimmung, zuviel Hellenisierungsgefahr
mit sich, als daß man zur Tagesordnung übergeHen konnte. Deshalb
wird man auf der Seite der Aufständischen wohl auch viele besorgte
Fromme vermuten dürfen, die angesichts der Erfolglosigkeit ihrer
Kämpfe alsbald den Weg des Eifers gingen (£nA,o£, davon Zeloten).
Das Potential für Unruhen war also durch Pompeius nicht verrin­
gert worden, wie die Erfolge Aristobuls, Alexanders und von Antigp-
nosjaugenfällig demonstrierten. Rom mußte darauf reagieren. Aulus
Gäbinius, ein Parteigänger des Pompeius und Konsul 58 v. Chr., war
ddr Statthalter, der die römischen Interessen nach pompeianischem
Vorbild durchsetzte - mit militärischer Gewalt zwar, aber durchaus
auch mit einem römisch definierten Gerechtigkeitssinn. Man kann in
ihm auch den Vollender der Reformen sehen. Als Statthalter Syriens
war er aufgefordert, in dem von Unruhen geplagten Palästina für Ord­
nung zu sorgen. Er entledigte sich dieser Aufgabe ohne jede Härte,
wie es scheint; Josephus jedenfalls weiß von solcher nichts zu berich­
ten, obwohl drei kurz aufeinanderfolgende Aufstände Anlaß genug
geboten hätten. Cicero dagegen wetterte gegen Gäbinius, weil er die
publicani „in die Sklaverei. VQIL Judenund Syrern" überantwortet
habe,78 was zweifelsohne bedeutet^jlaß Gäbinius ditTJuden von den
Steuereintreibungspraktiken der ritterlichen Steuerpächter befreit
hat.79 Gäbinius verfolgte demnach die besten Absichten bei seinen Re­
formen, deren Ziel offenkundig darin bestand, der römischen Herr­
schaft das Wohlwollen der Untertanen zu erwirken. Keinesfalls ging
es ihm um eine weitere Schwächung des jüdischen Staates80 - für ein
solches Ziel fehlt auch jedes Motiv -, sondern um die Beseitigung der
Ursachen der Aufstände.
» Diesem ^Ziel entsprechen die Maßnahmen des Gäbinius zwischen
57 und 55 v. Chr. während und nach der Niederschlagung der drei
Aufstände. Es handelt sich um folgende Regelungen:81
144 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen

1. Die Rädelsführer der gerade beendeten Aufstände wurden aus


Palästina entfernt. Genaueres wissen wir nicht, aber Aristobul wurde
nach Rom zurückgeschickt. Es gab aber keine exzessive Bestrafung.
2. Die prorömisch eingestellten jüdischen Führungspersönlichkei­
ten wurden unterstützt, wie Antipater, Hyrkan und die Ehefrau Aristo-
buls, die sich Gabinius als sehr hilfsbereit erwiesen hatten.
3. Das Kernstück war die Reorganisation der jüdischen Verfas­
sung; Hyrkan wurde wieder als Hohepriester eingesetzt,82 aber es
wurde auch der priesterliche Adel gestärkt. Gabinius teilte das jüdi­
sche Ethnos in fünf Bezirke mit je einem Rat (crüvoöoq, o-oveSpiov) in
der Hauptstadt jedes Bezirkes; als Hauptstädte wurden Jerusalem, Je­
richo, Sepphoris, Amathus und Gadara bestimmt.83 Ohne Genaueres
über die politische Organisation zu wissen, können wir sagen, daß
Gabinius hier noch mehr als wenige Jahre zuvor Pompeius das jüdi­
sche mit dem römischen Interesse zu koppeln versuchte, insofern als
die Verfassung einerseits „aristokratisch", das heißt auf priesterlicher
Basis, strukturiert war,84 andererseits aber auf urbanen Mittelpunkten
beruhte, die römischen Verwaltungs-, insbesondere Steuerinteressen
zu dienen hatten.85
4. Eine weitere und zukunftsweisende Neuerung nahm Gabinius
nach dem letzten der Aufstände (von Alexander) vor: Er ordnete die
Verfassung in Jerusalem npöc, TÖ 'AvTiTt&Tpo'o $oi)\y\\ia („nach dem
Willen Antipaters").86 Im einzelnen ist unklar, was darunter zu verste­
hen ist. Aber es zeichnete sich hier zum ersten Mal die (für die Rö­
mer) glückliche Installation eines ihnen gegenüber direkt verantwort­
lichen „Verwalters" (später, unter Antipaters Sohn Herodes, auch:
„Königs"), der freier von religiösen Zwängen, als es je ein Hoheprie­
ster hätte sein können, die Beziehungen zwischen Untertanen und
Vormacht pflegen konnte. Antipater, im Verbund mit Hyrkan, hatte
sich in verschiedenen Krisensituationen hervorragend bewährt.87
5. Die Festungen wurden nach dem Rat von Aristobuls Gattin er­
neut geschleift.88
Diese Maßnahmen des syrischen Statthalters hatten Konsequen­
zen, die das jüdisch-römische Verhältnis nachhaltig bestimmen soll­
ten. Zu diesen gehören - neben der ohnehin seit Pompeius etablierten
ständigen römischen Präsenz im Lande -: der Wiederaufbau und die,
sicherlich hellenistisch beeinflußte, Neuorganisation in den Städten,89
eine neue Form der Steuererhebung, in der zwar vieles dem Einfluß
der verhaßten publicani entzogen worden war, die aber dennoch un­
gleich systematischer organisiert war; eine stärkere Urbanisierung
Wie. deren Nachkommen die Römer hineinzogen 145

auch der jüdischen Region im engeren Sinne (vgl. Punkt 3 unter den
Maßnahmen des Gabinius; die jetzt im ganzen weniger von Jerusalem
aus verwaltete Region umfaßt Judäa, Galiläa und Paraia, vielleicht
idumea), womit das jüdische Kernland nicht anders behandelt wurde
als unzivilisierte, ja barbarische Regionen im Westen des Reiches;90
die Einsetzung des Hohepriesters - wenn auch eines legitimierten -
durch die Vormacht; schleichende Entmachtung der hasmonäischen
Dynastie zugunsten eines fremdstämmischen Potentaten; Verlust der
Symbole nationaler Stärke durch die Festungs- und Mauerschleiftin-
gen der römischen Herren.
Daß gegenüber diesen Konsequenzen die Stärkung der „aristokra­
tischen" sprich: priesterherrschaftlichen Ordnung gering wog - und
der Unwille war weit verbreitet unter den Juden - ist ebenso selbstver­
ständlich wie die Tatsache, daß die einzelnen jüdischen Gruppen ihre
eigenen, je nach politischem Hintergrund unterschiedliche Konse­
quenzen daraus zogen. Von Seiten der Römer hatte man für eine sol­
che Unzufriedenheit wenig Verständnis, weil die Unterstützung der
judischen Besonderheiten weder von Pompeius noch von Gabinius in
Frage gestellt91 und darüber hinaus sogar, gegen Widerstände in Rom
selbst, den Machenschaften der Steuerpächter Einhalt geboten worden
war.92 Die oben genannten, für die Juden so wichtigen Konsequenzen
der Reformen hatten für die Römer eher technischen Charakter, sie
sollten lediglich die Interaktion zwischen Region und Zentrale er­
leichtern.
Die sich nun abzeichnenden Probleme, die fortschreitende Ent­
wicklung zur Katastrophe, resultierten aber nicht aus dem angeblichen
und viel beschworenen renitenten Charakter der Juden, der sich einer
Vormacht, auch nicht einer Segnungen bringenden, nicht beugen
wollte; im Gegenteil, die Bereitschaft, römischen Entscheidungen zu
folgen und sich ihnen unterzuordnen, war vorhanden, wie die Konfe­
renz von Damaskus bezeugt. Diese Probleme resultierten aber auch
nicht aus der immer wieder behaupteten Herrschsucht der Römer, die
nach dem Prinzip divide et impera unter allen Freunden wie Feinden
Zwietracht säen, alle schwächen wollten, um sich auf diesem Wege
ideale Voraussetzungen für eine spätere Inkorporation in ihr Reich zu
schaffen. Die von Rom ausgesandten massiven Signale an das jüdi­
sche Gemeinwesen, mit der Vormacht zusammenzuarbeiten und von
dieser Zusammenarbeit zu profitieren, hatten zum Ziel - und das gilt
nicht nur für Judäa -, die maßgeblichen Führungspersonen und elitä­
ren Gruppen in der Region auf ihre Seite zu ziehen. Diese Politik ist
146 Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen

weitgehend gescheitert. Offenbar hatten sie von vornherein eine, ge­


samtgesellschaftlich gesehen, destabilisierende und desintegrative,
spaltende Wirkung. Diese Tatsache ist deshalb besonders bemerkens­
wert, als es eine Provinz Judäa ja noch gar nicht gab; in Provinzen
konnten die Römer ihr „KulturmodeH" leicht vermitteln, konnten sie
auch auf die jeweiligen Oberschichten einwirken und diese zum
wichtigsten Stabilisierungsfaktor römischer Herrschaft machen. Wenn
also nach 6 n. Chr. Judäa Kopf stand, weil Rom sich mit seiner „Ro-
manisierungspolitik" in einen scharfen Gegensatz zu den jüdischen
Erwartungen an eine Provinzialisierung stellte, so ist das nachvoll­
ziehbar. Doch nach 63 v. Chr. übte Rom ja noch nicht nominell di­
rekte Herrschaft über Judäa aus. Und doch destabilisierten gerade die
gutgejiiejnten Signale R o m s j i a ^
den die Römer wohl nur von Führungskräften wie Antipater, deren
Hintergrund weniger jüdisch und noch weniger religiös geprägt war.
Die hasmonäische Führungsschicht war seit langem gespalten und ge­
rade deshalb unter gewissen Voraussetzungen zur Mitarbeit bereit.
Bauern und Arme hatten dagegen noch..mehr.LastfilL&lOQrher z u *!?:
gen, weil die Römer Tribut erhoben; sie dürften verstärkt ihre Zu­
flucht in ihrem Glauben an Jahwe gesucht und damit auch ihre Unzu­
friedenheit geäußert haben. Die Möglichkeiten des Priesteradels zur
Zusammenarbeit mit den Römern waren aus naheliegenden Gründen
beschränkt; diesen „Adel", den ja offenkundig die Gabinius-Reform
förderte, konnten die Römer jedenfalls kaum für ihre Zwecke nutzen.
An den Römern schieden sich also die Geister, denn ihre Präsenz
in Judäa war seit 63 v. Chr. vehement.Daß es nicht schon vor 66 n.
Chr. zur Katastrophe kam^war im wesentlichen zwei Entwicklungen
zu danken: dem römischen Bürgerja*ie& und dem Wirken der Herodes-
Familie. Der Bürgerkrieg hatte zwar schlimme Folgen für die Regio­
nen des Reiches, auch Judäa; aber er verhinderte eine weitere Intensi­
vierung römischer Herrschaft über einen Zeitraum von fast 20 Jahren
(49-31 v. Chr.). Er war gleichsam ein retardierendes Moment auf dem
Weg zum Zusammenstoß zwischen Juden und Römern. Darüber hin­
aus brauchen Bürgerkriege Partisanen, und da sich die Juden unter ih­
ren jeweiligen Führern Antipater, Hyrkan und Herodes bereitwillig
allen römischen Machthabern, in deren Einflußbereich sie lagen
(Pompeius, Caesar, Antonius, Augustus), andienten, profitierten sie
beträchtlich, denn nichts wird so honoriert wie selbstlose Hilfe, wenn
man ihrer bedarf. Und für diese Haltung den Römern gegenüber wa­
ren Antipater und sein Sohn Herodes verantwortlich. Ihrem Wirken
Wie deren Nachkommen die Römer hineinzogen 147

also war das gute Verhältnis zwischen den römischen Potentaten und
den Juden zu verdanken. Sie hielten sich gleichsam die Römer vom
Iieibe, weil sie ihnen alle "Wünsche von den Augen ablasen. Die Rö-
njier konnten daher von der von Pompeius und Gabinius intendierten
Zusammenarbeit mit der antihasmonäisch-konservativen Partei wieder
Abstand nehmen - sie hatte ohnehin kaum funktioniert. Die einfachste
Lösung schien für sie die Ausübung der Herrschaft über eine perso­
nale Mitte zusein, wie sie Antipater und Herodes darstellten.
So ließen Pompeius und sein „Schüler" Gabinius nur erahnen, daß
eine römische Herrschaft über Judäa Schwierigkeiten mit sich bringen
sollten. Antipater und Herodes wie der römische Bürgerkrieg waren
die retardierenden Momente, nicht die Lösung des Problems. Das
Verschwinden dieser Faktoren, nämlich der Tod des Herodes und der
endgültige und dauerhafte Sieg des Octavian/Augustus im Bürger­
krieg gegen Antonius, beschleunigte in letzter Konsequenz den Weg
in die Katastrophe.
VII
Zusammenfassung und Ausblick

Die jüdisch-römischen Beziehungen im frühen Prinzipat - drei


große jüdische Aufstände in Palästina und der jüdischen Diaspora
(neben weiteren lokalen Konflikten, wie demjenigen in Ägyptens
Hauptstadt Alexandria) in der Zeit desfrühenPrinzipats sprechen eine
deutliche Sprache und erweisen das Attribut „katastrophal" als ange­
messen. Doch es ging mir nicht um die Darstellung der Aufstände
selbst, nicht um ihre unmittelbaren Anlässe, nicht um ihren Verlauf
oder ihr Ergebnis. Es ging um die langfristig wirkenden Ursachen die­
ser Aufstände, um ihre Vorlaufzeit, um die Entstehung der jüdischen
Religion als Voraussetzung für die Integration in einenfremdenStaat,
uiin die Rahmenbedingungen jüdischer Existenz unter den „westli­
chen", europäischen Herrschaftsformen, der hellenistischen und der
römischen, im Unterschied zu der „östlichen", persischen Herrschafts­
form, kurz: um die Genese der Katastrophe.
Der zeitliche Rahmen der Untersuchungen war dementsprechend
weit gespannt. Am Ende des 8. Jahrhunderts schuf Hiskija in Jerusa­
lem, unter dem Eindruck der assyrischen Bedrohung, die Fundamente
der jüdischen Religion. Fortgesetzt und intensiviert wurden seine Re­
formen etwa 100 Jahre später von Josija. Charakteristisch für beide
Könige ist der politische Hintergrund ihrer religiösen Veränderungen.
Denn diese basierten auf der - schon von Jesaia formulierten - Er­
kenntnis, daß kein Bündnis mit Menschen, sondern nur Jahwe mächtig
genug sei, Bedrohungen abzuwehren, daß also Freiheit und Autono­
mie, militärische Erfolge und Expansion bei einem kleinen Volk nur
dann möglich seien, wenn die Kräfte aller Juden durch das einigende
Band einer einheitlichen Gottesverehrung sowie durch die Bindung an
eine zentrale Kultstätte gebündelt werden können. Die entscheidende
Voraussetzung aber, um die Unterstützung Jahwes zu erhalten, war
unbedingte Gesetzestreue, oder anders: Jeder Mißerfolg, jede Nieder­
lage, jedes Unheil konnte mit frevelhafter Abkehr wenigstens eines
150 Zusammenfassung und Ausblick

Teiles des Volkes von Jahwe erklärt werden. Die „Auffindung des
Gesetzbuches" durch Josija sollte diese Ordnung irreversibel und dau­
erhaft machen. Religion und Politik waren bereits zu diesem Zeitpunkt
nicht mehr zu trennen. In der Zeit des babylonischen Exils nach der
Zerstörung Jerusalems 587 v. Chr. durch Nebukadnezar bewährte sich
die religiöse Ordnung auch in der Verbannung als Instrument, die ei­
gene Identität zu bewahren und das Zusammengehörigkeitsgefühl in
der fremden Umgebung zu stärken. In Babylonien war natürlich Jeru­
salem Dreh- und Angelpunkt aller Gedanken und Hoffnungen der
exilierten Juden. Dabei zeigte es sich zum ersten Mal, daß die Reform
des Josija auch zur Identitätswahrung in der Diaspora einen wichtigen
Beitrag zu leisten vermochte. Und so blieb es: Nur über Jerusalem ließ
sich die Zusammengehörigkeit aller Juden überall in der Welt definie­
ren; vor 587 v. Chr. gegründete Diaspora-Gemeinden wie die in Ele-
phantine (Ägypten, 7. Jahrhundert v. Chr.) besorgten noch ihre eige­
nen Kulte in eigenen Tempeln.
Die Vorteile der von Hiskija und Josija gestalteten religiösen Ord­
nung hatten sich also schon erwiesen, als die durch den König Kyros
errichtete persische Herrschaft über die östliche Welt und auch über
Palästina die politische Variabilität der jüdischen Religion offenlegte.
Nehemia und Esra, zwei persische Beamte jüdischer Herkunft und
Religion, ordneten das jüdische Gemeinwesen in Jerusalem in enger
Zusammenarbeit mit dem persischen Staat so, daß Jerusalem autonom
und gleichzeitig loyal dem Perserkönig gegenüber war. Auch sie
stützten sich auf das „Buch der mosaischen Weisung" (nttfD rmn "IDD):
Jahwe allein war von allen Juden zu verehren, der Kult durfte nur im
Jerusalemer Tempel vollzogen werden, und zwar unter bewußter Ab­
grenzung von den Nachbarn. Diese Strukturmerkmale des Judentums
erhielten nun also im größeren persischen Staat eine politische Ord­
nungsfunktion. Ihre Anerkennung durch die Vormacht tröstete über
die Tatsache des Beherrschtwerdens hinweg; denn der Perserkönig er­
kannte ausdrücklich an, daß nicht nur das „Gesetz des Königs", son­
dern gleichberechtigt auch das „Gesetz deines Gottes" verbindlich von
allen Juden befolgt werden müsse.1 Die religiösen Reformen Esras
und Nehemias ermöglichten auf diese Weise die Verbindung zwischen
jüdischer Selbstbestimmung und persischer Herrschaftspolitik. Der
Erfolg gab ihnen recht: Auf dem von Esra und Nehemia gelegten
Fundament arbeiteten Juden und Perser fast 150 Jahre lang gut zu­
sammen.
Zusammenfassung und Ausblick 151

Doch dann kam Alexander. Mit ihm änderte sich für die Juden
Viel, nicht sogleich, aber im Laufe der Zeit immer deutlicher erkenn­
bar. Denn vordergründig setzten die hellenistischen Staaten zwar die
persische Politik in den unterworfenen Regionen fort, allein schon aus
pragmatischen Erwägungen. Das Konzept der hellenistischen Herr­
schaftspolitik, und das war langfristig entscheidend, unterschied sich
jedoch erheblich von dem persischen. Es sollte sich herausstellen, daß
die jüdische Religion ihre ordnungspolitische Komponente im Helle­
nismus verloren hatte. Fortan war die Gewährung von Autonomie eine
„Wohltat" des Königs, nicht mehr notwendiger Bestandteil der Zu­
sammenarbeit zwischen dem hellenistischen Staat und seinen jüdi­
schen Untertanen. Hellenistische Könige konnten dem jüdischen Ge­
meinwesen „Autonomie" gewähren und taten das auch, aber ebenso
konnten sie dieses Privileg auch entziehen, wenn sich die so Be­
schenkten dieser Wohltat nicht angemessen dankbar erwiesen oder
wenn es in das Konzept des dem Erfolg verpflichteten König paßte.
Die zum Makkabäeraufstand führende Politik Antiochos IV ist ein be­
redtes Zeugnis hellenistischer Herrschaftspolitik., Sie ist vielleicht in
ihrer Konsequenz „profoundly at variance" (Miliar) mit dem üblichen
hellenistischen Verfahren in der Praxis, ordnet sich aber durchaus in
das Konzept hellenistischer Herrschaft ein.
In der Diaspora waren die jüdischen Gemeinden überall der Helle-
nisierungswelle ausgesetzt. Die Juden schlössen sich keineswegs vom
Stadtleben aus, schon gar nicht bildeten sie einen monolithischen,
hermetisch abgeschlossenen eigenen Block in den Städten. Der voll­
ständigen Integration waren allerdings Grenzen gesetzt, die selten
überschritten wurden. Aber gerade die nur teilweise erfolgte Integra­
tion von Juden provozierte neue Konflikte, denn die jüdische Sonder­
stellung blieb trotz aller Kooperationsversuche auf beiden Seiten be­
stehen, und die jüdischen Gemeinden zumal waren einer inneren Zer­
reißprobe ausgeliefert. Politen und Juden gerieten in einen Strudel von
gegenseitigen Forderungen, Zurückweisungen und schließlich feind­
seligen Ausbrüchen. Regionale Unterschiede in der Intensität dieser
Konflikte sind natürlich zu berücksichtigen - in Ägypten und im sy­
risch-palästinischen Raum waren sie größer als in Kleinasien -, aber
es trifft sicher zu, daß diese Konflikte ein Charakteristikum der helle­
nistischen Epoche sind.
So war die Lage der Juden, als Rom 164 v. Chr. an der Levante
auftauchte: im hellenistischen Staat massiv bedrängt von den königli­
chen Beamten, konfrontiert mit einem Religionsverbot, und in der
152 Zusammenfassung und Ausblick

Diaspora wie der Gemeinde in Alexandria, in Antiochia oder in den


Städten im syrischen Raum dem Hellenisierungs- und Eingliede­
rungsdruck ausgeliefert und ausgesetzt den Statuskonflikten in der je­
weiligen Polis. Rom versprach nicht nur verbal, sondern auch von sei­
ner ganzen politischen Verfassung wie von seiner bisherigen Außen­
politik her die Rettung für ein bedrängtes Gemeinwesen wie das jüdi­
sche. Die Stadt am Tiber schien direkte Herrschaft nicht ausüben zu
wollen, hatte keine monarchische Ordnung, proklamierte in der ersten
Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. allerorten Autonomie, schien sich
auch als „ehrlicher Makler" zu präsentieren und führte überhaupt nur
Krieg gegen die „Großen", wenn die „Kleinen" riefen.2 Es war auch
nicht so, als hätten die Juden mit dieser Interpretation römischer Poli­
tik alleine gestanden, oder als hätten sie etwa allzu blauäugig nicht ge­
sehen, daß auch römische Außenpolitik durchaus eigene Interessen zu
vertreten verstand.3 Römische Politik war vielmehr so, zumindest bis
146 v. Chr., oder genauer: Rom war im eigenen Herrschaftsinteresse
sehr an Gemeinsamkeiten interessiert, beteiligte seine Verbündeten an
den eigenen Erfolgen, um sich ihrer Loyalität zu versichern. Das Ver­
hältnis zu den jeweiligen Verbündeten unterschied Rom von anderen
mächtigen Staaten der Zeit wie den Makedonen oder Seleukiden.
Darin lag eine große Gefahr für die Verbündeten, eine Gefahr, der
freilich das jüdische Gemeinwesen (noch) entging, weil Rom im 2.
Jahrhundert v. Chr. noch wenig Interesse an dieser Region hatte. Aber
in Griechenland, Afrika, Spanien und dann auch in Kleinasien for­
mierte sich bereits eine Form der römischen Herrschaft, die sich in ih­
rer Systematik und juristischen Ausprägung deutlich von den dortigen
Vorgängerreichen unterschied.
Für Jerusalem zählten zunächst nur die Vorteile einer römisch-jü­
dischen Verbindung. Rom war schließlich mächtig genug, um dem jü­
dischen Anspruch auf Selbstbestimmung Nachdruck zu verleihen oder
sogar dem Seleukidenreich die Stirn zu bieten; es war von jedem
„hellenistischen Makel" frei, mußte also nicht gefürchtet werden. Der
Erfolg gab diesen Überlegungen recht. Als die aufständischen Mak-
kabäer um die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit vom Seleukiden­
reich rangen, war Rom in ihren Augen der ideale Partner zur Errei­
chung dieses Zieles: Es war mächtig, es war definitiv nicht helleni­
stisch, es war auch keine Monarchie wie alle änderen Großmächte der
Zeit und es hatte offenkundig keine Neigung zu einer direkten Herr­
schaft. Rom seinerseits hielt in den 60er Jahren des 1. Jahrhunderts v.
Chr. an seiner sich auf socii stützenden Außenpolitik fest. So profi-
Zusammenfassung und Ausblick 153

tjierten beide Seiten von ihrer Zusammenarbeit. Die Verträge, die Jeru­
salem mit Rom seit 161 v. Chr. bis in die Zeit des Johannes Hyrkan
schloß, entrissen das jüdische Gemeinwesen der drohenden Isolierung
und trugen zur Festigung des aus dem Makkabäeraufstand erwachse­
nen Hasmonäerstaats bei - so sehr, daß vielerorts der Eindruck einer
jüdisch-römischen Kooperation mit antigriechischer Stoßrichtung ent­
standen sein mochte.4 Dabei handelte es sich lediglich um bloße
Bündnisverträge, ohne materielle, dafür aber um so mehr mit politi­
scher Substanz. Rom unterstützte Judäa mit der, modern ausgedrückt,
Aufnahme diplomatischer Beziehungen - und hier befand es sich
durchaus im Einklang mit seinen außenpolitischen Gewohnheiten im
2. Jahrhundert v. Chr.-, solange Judäa als nicht-hellenistischer Son­
derstaat in einer hellenistischen Umwelt isoliert schien. Denn mehr als
diplomatische Beziehungen waren die Verträge und ihre Erneuerun­
gen nicht. Rom schien also tatsächlich seine ständig wachsende Macht
nicht dazu benutzen zu wollen, kleinere Bündnispartner wie die Juden
zu unterdrücken. Die zunehmende Hellenisierung des Hasmonäer-
staates insbesondere in der Außenpolitik unter Aristobul, Alexander
Jannaios und Salome Alexandra machte Rom dann allerdings nicht
mehr mit, jedenfalls nicht mit vertraglicher Unterstützung. Im Zuge
des Mithridates-Krieges wuchs am Anfang des 1. Jahrhunderts v. Chr.
zudem das römische Interesse an weitergehendem Einfluß auf die Re­
gion. Indes sollte die Mitwirkung Roms beim Aufbau des Hasmonäer-
staates - eine Mitwirkung, die sich darauf beschränkte, den jungen jü­
dischen Staat international hoffähig zu machen - im Judentum zu je­
nem Mißverständnis hinsichtlich der Konzeption römischer Herr­
schaftspolitik maßgeblich beitragen, das in den nächsten 200 Jahren
einer der Gründe für die „Genese einer Katastrophe" war.
Eine vergleichbare Situation entstand in der Diaspora während des
2. und 1. Jahrhunderts v. Chr. Nur zeigte sich hier die Dialektik des
jüdisch-römischen Verhältnisses noch deutlicher. Die von seiten der
Juden angestrebte und religiös legitimierte Eigenständigkeit kontra­
stierte mit der römischen auf Konsens unter einem römischen Dach
hin ausgerichteten Ordnung. Das war ein von außen gar nicht auffal­
lender Widerspruch, zumal er zugunsten der gemeinsamen Interessen
dinfach verschwiegen wurde. Dabei hätte man sich dieses jüdisch-rö­
mischen Antagonismus schon rechtfrüh,nämlich im Jahre 139 v. Chr.
in Rom selbst, bewußt werden können. Damals existierte schon eine
kleine jüdische Gemeinde in der Hauptstadt, die durch prätorisches
Edikt ausgewiesen wurde, weil sie - so die Begründung - die römi-
154 Zusammenfassung und Ausblick

sehen Sitten und damit also die römische Ordnung zu beschädigen


schienen. Sie teilte damit das Schicksal anderer östlicher Gemeinden
in Rom. Es gab mithin schon zu diesem frühen Zeitpunkt gar keinen
Zweifel daran, daß für Rom die Duldung ethnisch-religiöser Eigen­
ständigkeit dann ihre Grenzen fand, wenn die Systematik und Ge­
schlossenheit der eigenen Ordnung gefährdet schien. Es gab aber
ebensowenig einen Zweifel daran, daß jüdische Gemeinden nicht
daran dachten, den Grad ihrer Integration an den Erfordernissen der
römischen Ordnung auszurichten. Dieser Widerspruch wurde und
wird auch deshalb nicht bemerkt, weil die römische Politik vorder­
gründig uneinheitlich war: Scheinbar behandelte man ja den jüdischen
Staat in Jerusalem anders als die jüdische Gemeinde in Rom. Man
übersah und übersieht dabei, daß der Grad der Vereinheitlichung in
Stadt und Reich am Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. noch sehr unter­
schiedlich war.
In den Diaspora-Gemeinden außerhalb Roms, also vor allem im
östlichen Mittelmeerraum, war die Situation noch schwieriger, weil
sich in jeder Stadt, nicht zwei, sondern mindestens drei voneinander
verschiedene Sphären gegenüberstanden: die jüdische, die römische
und die der Politen. Wie kompliziert die Verhältnisse hier lagen, ha­
ben die oben rekonstruierten Beispiel Kyrene und Alexandria ver­
deutlicht: Die jüdischen Gemeinden der Diaspora gerieten aufgrund
ihrer Sonderstellung innerhalb der Poleis in immer größere Abhängig­
keit von Rom, dessen Schutz sie bedurften, und dieser Abhängigkeit
wegen gerieten sie wiederum unter immer stärkeren Druck, sich den
politischen Spielregeln Roms anpassen zu müssen. Lediglich die in­
nenpolitische Krise Roms und die mit der Krise einhergehende Auflö­
sung der inneren Ordnung milderte diesen Druck zunächst ab. Aber
die unverblümte Kritik römischer Spitzenpolitiker wie Ciceros an der
mangelnden Integrationswilligkeit der Juden ließ für eine friedliche
gemeinsame Zukunft wenig Spielraum. Eines war klar geworden: Re­
ligion und politische Autonomie, jene unauflösbare Einheit schon seit
Hiskija und Josija, spätestens jedoch seit Esra und Nehemia, gehörten
nur für die Juden zusammen, während die Römer einen anderen Be­
griff von Religion hatten.
Indes, auch das zwischenstaatliche Verhältnis - das ja nach 104 v.
Chr. etwas abgekühlt war - steuerte seit 67 v. Chr., also seit dem Tod
der hasmonäischen Königin Salome Alexandra, auf eine neue Dimen­
sion zu. Die Einbeziehung Jerusalems in das römische Reich wurde
erleichtert (wenn nicht gar erzwungen) durch
Zusammenfassung und Ausblick 155

1. die Krise des hasmonäischen Staates, dessen Führung unter sich


gespalten war, und
'2. die neue Form römischer Außenpolitik durch Pompeius.
Konkret ebnete die Konferenz zu Damaskus im Jahre 63 v. Chr.
deri Weg zu einer Neuordnung der Verhältnisse, denn die Römer unter
Pompeius wurden hier mit drei verschiedenen jüdischen Parteien kon­
frontiert, die untereinander zerstritten waren und sich für ihre jewei­
lige Sache Hilfe vom „großen Bruder" Rom erhofften: die beiden
feindlichen Brüder Hyrkan II und Aristobul II sowie eine religiös­
konservative, anti-hasmonäische Gruppierung.
In einer Schiedsrichterrolle und unter jüdischer Beteiligung führte
also Pompeius, der nach Beendigung des Mithridates-Krieges ohnehin
zu einer Reorganisation römischer Herrschaft im östlichen Reichsteil
entschlossen war, die Neuordnung der Verhältnisse in Palästina durch:
Das Königtum schaffte er ab, setzte aber Hyrkan (gegen Aristobul) als
Hohepriester eines stark verkleinerten hasmonäischen Klientelfur-
stentums ein, das er zusätzlich dem (gleichfalls neu installierten)
Statthalter der Provinz Syrien unterstellte. Diese Konstruktion war
wohl durchdacht; sie orientierte sich streng am geltenden Recht in der
Führungsfrage, beruhte auf genauer Kenntnis der regionalen Struktu­
ren und griff vehement auf die Vorstellungen der jeweiligen Bevölke-
runigsgruppen zurück, ermutigte geradezu die Juden zum Festhalten an
ihrer Religion, um die Akzeptanz römischer Herrschaft zu erhöhen,
und ließ andererseits keinen Zweifel an der intendierten Einbettung in
das! römische System (Tribute, Oberhoheit des syrischen Statthalters)
aufkommen. Diese Neuordnung atmete in vollkommener Weise römi­
schen Geist und römische Tradition: Die Zerschlagung übergeordneter
Strukturen ging einher mit ausdrücklicher Berücksichtigung regionaler
Besonderheiten - ein schon in Italien im 3. Jahrhundert v. Chr. er­
probtes und erfolgreiches Verfahren, den schwächeren Partner an sich
zu binden. In neueren Zeiten wurde diese Politik mit dem Etikett di-
vide et impera versehen; wenn man noch hinzufügte: beneficiis ob-
strictos habe, wäre die römische Herrschaftspolitik im allgemeinen
und die pompeianische im besonderen ziemlich gut umschrieben.
Mit der politischen Konzeption der jüdischen Religion paßte das
portipeianische System freilich nicht zusammen, wie die historische
Erfahrung lehrte. Es durfte von jetzt an unter Rom keine herrschafts­
freien Räume mehr geben, und die Präsens der römischen Herrschaft
war auch im Klientelstaat Judäa allgegenwärtig. Die Kollision mit
dem historisch gewachsenen jüdischen Religionsverständnis war un-
156 Zusammenfassung und Ausblick

vermeidlich. Zu schroff standen sich die beiderseitigen Vorstellungen


über Herrschaftsintegration gegenüber: auf der einen Seite ein an der
römischen Gesellschaft orientiertes Patronatssystem, auf der anderen
Seite das „persische" Modell. Verdeckt wurde dieser Grundwider­
spruch durch das beiderseitige Mißverständnis über den Begriff Herr­
schaft. So war es schon in der griechischen Zeit gewesen, aber unter
den Römern wurde das Verhältnis aufgrund der gegenseitigen Erfah­
rungen miteinander noch komplizierter. Pompeius nahm zudem ge­
rade in der Reichsverwaltung, den Prinzipat vorweg; es ist also nur zu
verständlich, daß die auf diese Neuordnung folgenden Unruhen und
Konflikte ebenso mit den großen Aufständen der frühen Prinzipatszeit
in Beziehung zu setzen sind.
Doch zunächst gab es auf beiden Seiten ein großes Maß an gutem
Willen zur Zusammenarbeit. Das zeigte sich in den Regelungen des
syrischen Statthalters Gabinius, die die Konsequenzen aus den Unru­
hen vor Ort zogen und die pompeianische Ordnung im Sinne der Ju­
den verbesserten. Gabinius stärkte den aristokratisch-priesterlichen
Pfeiler der jüdischen Ordnung und stellte sich damit scheinbar in die
persische Tradition. Gestärkt wurde aber auch das urbane und insbe­
sondere das patronale Element der Ordnung, indem als Zwischenglied
zwischen Vormacht und Untertanen ein „Klient", nämlich Antipater,
eingesetzt wurde. Dieses Modell sollte sich als, im Sinne der Römer,
durchaus vielversprechend und erfolgreich erweisen - aber nicht, weil
es ein für beide Seiten tragfähiger Kompromiß gewesen wäre; denn
die Juden waren mit ihm unzufrieden und so scheiterte die Ordnung
des Gabinius ebenso wie die des Pompeius an jenem Grundwider­
spruch. Freilich dauerte es noch lange, bis dieser gewaltsam ausgetra­
gen wurde, doch lag der Grund dafür nicht in einer Aufhebung dieses
römisch-jüdischen Konfliktes, sondern in seiner Verdrängung. Dafür
wiederum waren zwei Gründe verantwortlich: der römische Bürger­
krieg, der die Vormacht nahezu ein Vierteljahrhundert beschäftigen
sollte, und die Herrschaft des Herodes, der über 40 Jahre lang als
Mittler die Sprengkraft der Konflikte zu entschärfen, wenn auch nicht
zu beseitigen vermochte.
An dieser Stelle, dem ersten Integrationsversuch Judäas in das rö­
mische Reich, betrachte ich meine Untersuchung zum jüdisch-römi­
schen Verhältnis als abgeschlossen. Die ocma („die Ursache") für die
großen Kriege der Juden gegen Rom im 1. und zu Beginn des 2. Jahr­
hunderts n. Chr. scheint mir hinreichend dargelegt zu sein, während
die 7tpo(p&aei<; („die Anlässe") hier auf sich beruhen können, da sie
Zusammenfassung und Ausblick 157

zum Teil ohnehin schon gut erforscht sind. Meine Untersuchung sollte
jenen historisch bedingten Widerspruch zwischen Rom und Jerusalem
herausarbeiten, der letztlich der Grund für alle jüdisch-römischen
Konflikte war. Ob in Alexandria und Jerusalem zur Zeit Caligulas, ob
\m Jüdischen Krieg zur Zeit Neros, ob im Diaspora-Aufstand zur Zeit
Trajans oder im Bar-Kochba-Aufstand zur Zeit Hadrians, all diese
großen Konflikte wie auch die von den Quellen bezeugten und nicht
bezeugten kleineren Konflikte gehen darauf zurück, daß
1. die jüdische Religion von allem Anfang an ein zutiefst politi­
sches Phänomen war, daß ihre Ausbildung nicht so sehr eine „innere
Angelegenheit" der Juden, sondern der Weg war, in einer Zeit ständi­
ger Bedrohung von außen und der Fremdherrschaft Autonomie und
Selbstbestimmung zu wahren und zu legitimieren; und daß
2. die römische Herrschaftspolitik trotz gewährter Religionsfreiheit
gerade diesen politischen Charakter der jüdischen Religion in Frage
Stellte. Die römische Politik ging damit noch über die hellenistische
hinaus, was die Entwertung der Religion um ihren politischen Faktor
angeht. Es war nur folgerichtig, daß auch die Konflikte zwischen Rom
und den Juden über jedes bisher gekannte Maß hinausgingen.
Anmerkungen

Einleitung

. l E. Gibbon, The Histoty ofthe Decline and Fall ofthe Roman Empire, Bd. 1, London
i 1983 (1. Aufl. 1776), 2. Kapitel: „Ofthe union and internal prosperity ofthe Roman
Empire in the age ofthe Antonines" (S. 53-77).
' 2 Vgl. nur die Erklärungen bei L. V. Rutger (1998), S. 171 ff.; bes. S. 189ff.
3
Vgl. dazu E. Baltrusch (1998a), S. 213-224.
4
H.G. Kippenberg (1991).
5
Ebda, S. 17...
, 6 Darüber E. Baltrusch (1998b), S. 403-421 (mit Korrigendum Klio 81 [1999], S. 218).
7
In diesem Sinne W. Ameling, (1998), S. 27-41; J. S. Crawford, „Multiculturalism of
Sardis", in: Biblical Archaeology Review 22 (1996), S. 38-47.
18
Vgl. dazu die lntroduction zu dem Buch von J. Lieu/J. North/T. Rajak (1992), S. lff.
Vgl. ferner den Historikertag von 1996 in München, wo dieser These eine ganze Sek­
tion gewidmet wurde.
9
Augustin. in Ps. LVIII 1, 21 (PL 36, 705).
10
Ebd. 2,2 (7Ö6f).
11
Der Zusammenhang zwischen Religion und Freiheit ist besonders deutlich zu erken-
, nen bei Jos. ant. 18, 1.
12
Vgl. die Bemerkungen zu Babylon und dem ptolemäischen Ägypten im Vergleich zu
Rom von J. Hengstl (1983), S. 27-55. Zu der „Reichsautorisation" von P. Frei siehe un­
ten S. 00.
13
Vgl. z. B. D. Mendels (1997), S. 191ff.

I. „Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs"

1
Zitat aus Esr. 7,26: KD^D^l Krm -|bnK-"H Km; zu der Bedeutung dieser Formulie­
rung s. unten.
2
Vgl. E. Baltrusch (1998b), S. 403-421; P. Schäfer (1997), S. lff.
3
Heute wird angenommen, daß Jahwe zur Königszeit nicht der einzige Gott in Israel
war, vgl. E. Kettenhofen (2000), S. 359.
4
Die Verbindung von Religion und der politischen Stellung wird auch bei Asa (911-870
v. Chr.), König von Juda, deutlich; er ist schon ein König, der einerseits religiöse Re­
formen vornimmt, andererseits aber noch Bündnisse mit dem Ausland (Ben Hadad I
von Aram) gegen Bascha von Israel (909-886 v. Chr.) schließt: l.Kg. 15,9-14; 2.
Chron. 14-16 (hier eine Kultreform im Stile des Josija). Noch deutlicher wird die Ver­
bindung bei Achas von Juda (736-716 v. Chr.). Seine Politik gegenüber Tiglatpileser,
König von Assur, zeigt in Sonderheit den Zusammenhang zwischen Religion und der
Stellung des Gemeinwesens. Seine „Kultreform" (der Altar von Damaskus!) und Ver-
160 Anmerkungen

änderungen im Tempel sind Reflexe seiner Abhängigkeit und seines Vasallentums: 2.


Kg. 16, 1-19, bes. 10fT.; 2. Chr. 28, bes. 20-25.
5
Vgl. etwa die Gedanken des Autors 2. Kg. 17, 7-12 über die Gründe für den Untergang
des Reiches Israel im Jahre 721 v. Chr.
6
Achas, der Vater und Vorgänger des Hiskija, hat den Assyrern seine Dienste angebo­
ten, 2. Kg. 16; und möglicherweise hat auch Hiskija selbst zunächst an dieser Politik
nichts geändert; jedenfalls hat er sich anfangs nicht an einem antiassyrischen Bündnis
beteiligt, vgl. TUAT I S. 378ff.; ANET S. 285.
7
Von diesem König handeln insbesondere 2. Kg. 18-20; 2. Chr. 29-32 (ausgeschmückt
in Bezug auf die religiösen Reformen); ferner der Prophet Jesaia bes. 36-38 (wie 2.
Kg.); das Urteil der Späteren bei Sir 48, 17-25.
8
Die Motive sind im einzelnen unklar; sie können durchaus in dem harten Zugriff der
assyrischen Macht gelegen haben; zu deren Verwaltung H. Donner (1986), S. 295ff;
ders.(1977),S.4161T.
9
Vgl. dazu (mit Literaturangaben) J. A. Soggin (1991), S. 165ff.
10
Zu den unter Hiskija angelegten Befestigungen und Versorgungseinrichtungen 2. Kg.
20, 20; 2. Chr. 32, 1-4; ferner Jes. 22, 8-11; Sir 48, 17.
"Vgl. bes. 2. Chr. 31.
12
Bereits vorher hatte Jehu (841-814 König in Israel) eine ähnliche Politik gegen die
„Baalsverehrer" betrieben, und auch hier hatte die Religion eine eminent politische
Funktion gegen die Dynastie Achabs, 2. Kg. 10,18-27.
13
So äußert sich auch Hiskija in seinem Gebet 2. Kg. 19, 15-19: Zwar hat Sancherib
über die anderen Götter gesiegt, aber Jahwe ist ja etwas Besonderes!
Cpib wnbx m m anx -Q), ferner Jes. 10, 33: Jahwes Rolle.
14
Jes. 31, 8; gegen die Bündnisse mit anderen 30. Entsprechend die Anfeuerungsrede
Hiskijas in 2. Chr. 32, 7f, die sehr stark an ähnliche Reden des Judas Makkabäus erin­
nert, z. B. 1. Makk. 3, 18-22. Der Tenor dieser Reden ist, daß Jahwes Arm stärker als
alle Feinde ist - wenn wir uns nur so verhalten, daß er uns auch aus der Gefahr retten
will. Entsprechend auch die Argumentation in der Kriegsrolle der Qumran-Essener, die
sich auf Jes. 31, 8 bezieht: 1QM 11,11-12.
15
Die Einzelheiten der Belagerung durch Sancherib und auch ihr Ergebnis sind um­
stritten; daß Jerusalem aber nicht erobert wurde, steht nicht nur in den biblischen Quel­
len 2. Kg. 18, 13-19 u. Jes. 36-39; 2. Chr. 32, sondern auch in den Annalen Sancheribs,
ANET S. 288; TUAT I S. 389, wonach von der Eroberung von 46 befestigten Plätzen
die Rede ist und auch davon, daß Hiskija „wie ein Vogel im Käfig" eingeschlossen sei -
aber über die Einnahme Jerusalems wissen sie nichts zu berichten.
16
J. A. Soggin (1991), S. 171, spricht dagegen vom „Scheitern" der Politik des Hiskija.
17
Vgl. die Klage Jes. 1, 4-9 über die Zustände nach der Belagerung: die Umgebung ist
verwüstet, aber „einen Rest" hat Jahwe übriggelassen, nämlich den einzigen Ort, wo er
verehrt wurde.
18
2. Kg. 18, 17-37; 19, 10-19; 2. Chr. 32, 9-19; Jes. 36, 13-20; 37, 9-13. Vgl. auch Jes.
10, 8-11, wo der Prophet dem König von Assur (wohl Sancherib) die Worte in den
Mund legt, daß die vielen Götter Königreiche nicht retten konnten, so auch erst recht
nicht Jerusalem.
19
2. Kg. 21, 1-18; 2. Chr. 33, 1-10. Die assyrischen Könige Asarhaddon (690-669) und
Assurbanipal (668-627) erwähnen auch Manasse (Me-na-si-i) in ihren Inschriften als
Vasallen, der Tribut zu zahlen, Ehrenbezeugungen abzulegen und militärische Hilfe zu
leisten hatte: ANET S. 291; S. 294; TUAT l S. 397. Vgl. M. Weinfeld, „Cult Centra-
lization in Israel in the Light of Neo-Babylonian Analogy", in: JNES 23 (1964), S.
202ff.
Anmerkungen 161
20
Vgl. B. Oded (1977), S. 453f.
21
Nah. 3, 8-10.
22
Den Eindruck, den diese Eroberung auf die Zeitgenossen, insbesondere bei den Un­
tertanen der Assyrer gemacht haben mag, zeigt der Text des Propheten Nahum, bes. 2, 2
bis 3, 19, später als geradezu exemplarisches Schicksal einer hybriden Großmacht ge­
deutet, vgl. den Nahum-Kommentar 4Q pNah 4 (bezogen auf die Kittäer - Römer bzw.
Griechen).
23
2. Kg. 22-23, 30; 2. Chr. 34-35; vgl. Sir 49, 1-4. In seine Zeit fallt das Auftreten der
Propheten Jeremia, Zephania und Nahum.
24
Die in der Forschung umstrittenen Einzelheiten können an dieser Stelle auf sich beru­
hen.
25
Dazu bes. Nahum und Zephania 1, 8; 2,4ff.
26
Instruktiv hier das „Trostbuch" Jeremia 30-31.
27
2. Kg. 22, 8; ebenso 2. Chr. 34, 14.
28
Vgl. die Prophezeiung Jahwes bei Zeph. 1,5: Ausrotten will'ich:
DDS>03 D'watfDm nTi^b crustfan D-'TinöDn nm cotön K3sb n-üM-Su D"nnntdDn na: das letzte
Wort deutete LXX als KCCTCI XOV ßaaiXeox; avxcov, Zephania prangert aber eher den
Schwur beim Nachbargott Milkom an (also zu punktieren: osboa).
29
Zur politischen Funktion von „Büchern" auch 2. Makk. 2,1 ff., bes. 13-16.
30
Die Ausgrabungen Teil Arad und dort gefundene Ostraka weisen auf griechische
Söldner hin: Die Proviantierungs-Anweisungen an die dafür zuständige Person (scrbn)
betreffen auch die DVO, die Kittäer; da dieser Begriff allerdings nicht mit Sicherheit auf
Griechen allgemein zu beziehen ist, sind nur Vermutungen möglich; die Ostraka bei J.
Renz/W. Rölling (1995), 353ff.
31
Zu den Fragestellungen, die mit dieser Reform verbunden sind, B. Oded (1977), S.
458ff.
32
Daß die Reform nicht ohne Widerstand durchgeführt wurde, ist von vornherein wahr­
scheinlich und durch Hinweise in der Bibel auch belegt, vgl. B. Oded (1977), S. 461.
Dafür spricht auch die merkwürdige Hulda-Episode 2. Kg. 22, 11-20; 2. Chr. 34, 22-28.
33
Der Chronist nennt lediglich das Verhalten der „Fürsten, der Priester" und des Volkes
(nach dem hebräischen Text) bzw. der „Angesehenen Judas", der Priester und des Vol­
kes des Landes (nach der LXX) treulos und „nach Art der Greuel der Heiden"
(D"n:in rvoun; ßöeX'OYH.axa TÜ)V eGvcov), 2. Chr. 36, 14. Damit meint er aber, daß sie
sich nicht an die Boten Jahwes, die Propheten, hielten.
34
2. Kg. 23, 29 spricht von einem Zug Nechos gegen (bu) Assur, während Jos. ant. 10,
74 (wahrscheinlich richtiger) von einer Hilfeleistung gegen das neu aufstrebende baby­
lonische Reich spricht (vgl. auch LXX ETCI ßaoiXea 'Aaoupicov).
35
J.A. Soggin (1991), S. 183.
36
Man weiß freilich wenig von den Zurückgebliebenen; vgl. dazu die Ausfuhrungen
von B.Oded (1977), S.476ff.
37
Ez. 1,3; 3, 15.
38
Jer. 29, 5ff.
39
Zu den ihn betreffenden babylonischen Quellen vgl. E. Weidner, (1939), S. 923ff.
40
Ez. 1,2 datiert „dies war das fünfte Jahr der Verbannung (rrblb, Tfjq aixu,aXa)oia<;)
des Königs Jojachin".
41
Der Tempel spielt nicht von ungefähr eine zentrale Rolle im Buch des Ezechiel, Kap.
40-48.
42
Bes. Ez. 44-6; Jes. 56,2-4; 58, 13; vgl. Jes. 40-55.
43
Vgl. B.Oded (1977), S.485f.
162 Anmerkungen

44
F. Harper (1892-1914), S. 633. Zu den Juden in Babylonien vgl. E. Bickerman (1984)
S. 347-357.
45
Sicher ist sie vor Kambyses Eroberung Ägyptens (525) gegründet worden, wie aus
dem Papyrus Cowley 30, Z. 13 hervorgeht; Aristeas 13 nennt den ägyptischen König
Psammetich, der auf jüdische Söldner zurückgriff; man darf davon ausgehen, daß
Psammetich I (664-609) gemeint ist; vgl. B. Porten (1968), S. 8ff.; P. Schäfer (1997), S.
262, Anm. 3.
46
Vgl. etwa den „Kyros-Zy linder" ANET, S. 316. Demzufolge galt Kyros, nicht nur in
griechischen, sondern auch jüdischen Quellen als der gute König schlechthin, vgl. dazu
J. Wiesehöfer(1998),S. 71 ff.
47
Hdt. 3, 88-117.
48
So kann man aus Angaben bei Eus. chron. ann. Abr. 1657 schließen, die mit dem ar­
chäologischen Befund in Einklang gebracht werden können: D. Barag (1966), S. 6-12.
49
Das Buch Esther im Alten Testament und Jos. ant. 11, 184-296 (Kap. 6). Zur Datie­
rung des Buches vgl. M. Delcor (1989), S. 352-384, hier: 365f.
50
Jos. ant. 11,297-301.
51
Jos. ant. ll,302ff.
52
Jes. 44, 28; 45, 1-6; Vgl. die Ausschmückung bei Jos. ant. 11, 1-7. Im „Kyros-Zylin-
der" findet sich eine bemerkenswerte Entsprechung in der Formulierung: „Er (Marduk)
suchte einen gerechten Herrscher nach seinem Herzen, er faßte ihn mit seiner Hand,
etc." [Übers. Wiesehöfer (1998) S. 75].
53
1. Makk. 8; dazu unten S. 83ff.
54
So der Titel eines Aufsatzes von P. Frei (1984), S. 7-43; ders. (1995), S. 1-35. Vgl. H.
G. Kippenberg (1991), S. 182, der lieber von „Reichssanktionierung" sprechen möchte.
55
J. Wiesehöfer (1984), S. 36-46. Dabei orientiert sich Wiesehöfer an den von Frei für
seine These herangezogenen Fallstudien.
56
Die „persische Zeit" des Judentums ist viel diskutiert worden, und man ist auch heute
noch in der Forschung weit von einer einheitlichen Meinung entfernt. Für unsere Frage­
stellung ist es auch nicht notwendig, auf die chronologischen, sachlichen (etwa in Be­
zug auf die Authentizität der persischen Verfügungen in den alttestamentarischen
Schriften) und religiösen Probleme einzugehen; extreme Positionen, die eine Bedeutung
der Perserzeit für die innerjüdische Entwicklung überhaupt leugnen - etwa J. C. H. Le­
bram (1987), S. 103-138; G. Garbini (1986), S. 208ff. - konnten sich nicht durchsetzen.
57
Esr. 7, 26 heißt es griech. wie aram.; vielleicht noch deutlicher die Trennung beider
Gesetze in 3. Esr. 24, wo vom „Gesetz deines Gottes und dem königlichen Gesetz" (xö
ßccaikiKov) gesprochen wird. Ferner Esr. 6, 14 (nbx D17U und ÜTO D17U; Befehl des
Kyros). Über die Frage gibt es eine lebhafte Forschungsdiskussion; richtig bei J. Wiese­
höfer (1995), S. 37fT.; anders P. Frei (1984), S. 20f; S. 51ff.
58
3. Esr. 6, 30 und Esr. 6, 10; vgl. auch Jer. 29, 7; Bar. 1, 10f.; ähnlich die Erklärung
Jedonias, des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde zu Elephantine, an Bagohi, den
Statthalter von Juda Pap. Cowley (1923), 30, S. 25f. Daran allein ist der König interes­
siert, wie auch die betroffenen Juden wußten; eine Art „Reichsgesetz" hier zu vermuten,
wäre verfehlt.
59
So Esr. 7, 25f, während das Gesetz aus Juda und Jerusalem allein stammt, 7, 14.
60
So in Neh. 8, 1 bezeichnet; vgl. auch 13, 1. Die Bedeutung eines solchen Gesetzbu­
ches auch ftlr die Abwehr von Eingriffsversuchen seitens der herrschenden Könige er­
hellt z. B. aus 3. Makk. 1, 12 (Ptolemaios IV Philopator wollte nach jüdischer Überlie­
ferung den Tempel betreten).
61
Hierhin gehören die abgrenzenden Elemente des Gesetzgebungswerkes (bes. das Ver­
bot der Mischehe), etwa Esr. 9f; Neh. 13.
Anmerkungen 163
62
Esr. 4, 1-5; 3 Esr. 5, 63-71. Die Begründung für die Ablehnung von Hilfe: „Keines­
wegs steht es euch und uns zu, zusammen unserem Gott ein Haus zu bauen".
63
( Neh.2, 11-3,32.
64
Vgl. besonders Neh. 5, 1-13: Nehemia ist mit jüdischen Klagen konfrontiert wie mit
solchen über die hohen Abgaben an den König oder Verschuldung.
65
Neh. 13.
66
So kehrte er nach Abschluß der ersten Mission zum König Artaxerxes zurück, um
iwenig später eine zweite Mission wegen zahlreicher Gesetzesübertretungen in Jerusa­
lem anzutreten, Neh. 13, 6.
67
Vgl. besonders die zeitgenössischen Propheten Haggai und Sacharja.
68
Vgl. Esr. 4; Jos. ant. 11,297-347 verlegt die Trennung, historisch sicher falsch, in die
Zeit der Eroberung Palästinas durch Alexander.
69
Zu dieser Kolonie, ihrer Entstehung und Organisation, ihren Aufgaben und Proble­
men vgl. [seit E. Meyer (1912)] insbesondere die Sammlungen und Forschungen von B.
Porten (1968); ders. (1984), S. 372-400; ders./A. Yardeni (1989); ältere Sammlungen A.
Cowley (1923) (mit Übers, und Komm.; nach dieser Ausgabe zitiere ich); E. G. Krae-
ling (1953). Im Zusammenhang mit der Entstehung des Antisemitismus in der Antike
untersuchen die Dokumente Z. Yavetz (1997), S. 53-63; P. Schäfer (1997), S. 121-135.
70
Cowley 39, Z. 14; 31, Z. 13 mit Bezug auf Kambyses; zur unbedingten Loyalität 27,
Z. If: „Als die ägyptischen Abteilungen rebellierten, ließen wir unsere Stellungen nicht
im Stich und etwas Schädliches wurde [nicht] an uns gefunden"
ip nDnüK [Hb] ^DriD DJJ-TDDT ipae; xb pro«).
71
Cowley 30, Z. 25 ist die Rede von Speiseopfer (KnnD, Fehler für KnnDD), Weihrauch
{Krü"oS>) und Brandopfer (Krrfcy), während in dem staatlichen „Memorandum" (]~QT)
letzteres (nämlich das Ganzopfer, Krrfcy) bewußt ausgespart ist, Cowley 32, Z. 9. Vgl.
dazu die umsichtige Analyse von P. Schäfer (1997), S. 130ff.
72
So etwa von den Samaritanern bei Esr. 4, 11-16 in einem Brief an Artaxerxes, in wel­
chem dem König warnend prophezeit wird, daß er, wenn Jerusalem wieder aufgebaut
wird, keine Steuern und Abgaben mehr erhalten, daß er Schaden erleiden und überhaupt
seines Anteils Jenseits des Stromes" verlustig gehen werde. Ähnlich die (fiktiven)
Worte Hamans an König Achaschwerosch, Esther 3, 8f: Juden befolgen das Gesetz des
Königs nicht (D"»rn; aramäisch emph. Km). Diese Vorwürfe werden den Juden auch in
griechischer und römischer Zeit gemacht, vgl. E. Baltrusch (1998b), S. 405-423.
73
Vgl. B. Porten (1984), S. 385ff.
74
Der Bericht Jos. ant. 11, 8 (304-347), so legendenhaft er ausgeschmückt sein mag,
behandelt die Loyalität der Juden: Alexander, so schreibt Josephus, schickte einen Brief
mit der Bitte um <piUa an den Hohepriester (11,317), doch dieser verweist auf den mit
dem Perserkönig abgeschlossenen Vertrag der Juden (öpKoi), der sie zur Loyalität ver­
pflichte, solange der König unter den Lebenden weile (11,318); bei dieser Darstellung
handelt es sich zweifellos um ein wichtiges Dokument jüdischen Selbstverständnisses,
das, wie die Dokumente Cowley 27 und 30 aus Elephantine zeigen, gut in die persische
Epoche paßt, auch wenn der gesamte Bericht sonst nicht historisch sein sollte.
75
Vgl. auch Z. Yavetz (1997), S. 54
76
Jos. ant. 11,297ff.
77
K.Galling(1964),S. 152
78
Nicht umsonst diskutiert eine (allerdings erheblich spätere) jüdische Quelle ein an­
gebliches Streitgespräch bei König Dareios darüber, wer oder was die größte Macht auf
Erden habe; einer der drei Teilnehmer nennt dabei den König, vgl. 3. Esr. 4, 1-12; Jos.
164 Anmerkungen

ant. 11,33-63 (die beiden anderen, unter ihnen Zerubabel, den Wein, die Frauen und die
Wahrheit).
79
Vgl. z.B. auch 1. Kg. 18, 20ff. zu Elija und den Propheten Baals: die fremden Götter,
wie der tyrische Baal, kommen aufgrund der auswärtigen Begeisterung ins Land - weist
man sie aus und stützt sich nur auf Jahwe, sichert man Selbstbestimmung und Autono­
mie.

IL „Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben"

1
Das Zitat stammt aus dem berühmten Dekret des seleukidischen Königs Antiochos IV,
in dem er die Ausübung der jüdischen Religion verbot, überliefert bei 1. Makk. 1, 41 f.:
etvou Ttdvxaq elq Xaöv eva Kai eyKataXuietv &Kaaxov xa vou.tna atixoO wird als
Begründung dieses Dekretes gegeben.
2
Hellenismus gilt als Epochenbegriff, seit ihn Johann Gustav Droysen (als Vermi­
schung des abendländischen und morgenländischen Lebens) geprägt hatte, vgl. bes. R.
Bichler (1983). Er ist also in dieser Verbindung ein moderner Begriff, für den die An­
tike gar keine Entsprechung hatte. Dem Hellenismus wohnte zwar kein missionarischer,
anderen Kulturen und Religionen gegenüber intoleranter Eifer inne, aber dennoch waren
sich die Griechen sehr wohl des Wertes, der z. B.. in verwandten Begriffen wie xa
'EAATivuca lag, bewußt. In SEG 38, 1227 z. B. verweisen die Könige von Athamanien
ausdrücklich auf ihre Verwandtschaft mit Griechen/Hellenen; ferner OGIS 234 (aus
dem Jahre 202/1: „würdig der Hellenen", „verwandt mit Hellenen"); Syll.3 590 (Ver­
dienst gegenüber den Hellenen) usw. Die jüdische Literatur kannte bereits den Begriff
und setzte ihn ausdrücklich von seinem Gegenstück Judaismos ab: 2. Makk. 4, 13; 6, 8;
11, 24; Jos. ant. 12, 363. Vgl. auch Apostelgesch. 6, 1; 9, 29. Dazu unten.
3
Immerhin finden wir Andeutungen in den Quellen, daß es mit den Samaritanern Pro­
bleme gab: Curtius Rufus 4, 8, 34, 9-11; Jos. c. Ap. 2, 43; ant. 11, 340ff; zum Ganzen
vgl. V. Tcherikover (1959), S. 42-49. Ausgrabungen in Samaria und Sichern scheinen
die Konflikte zu bestätigen, M. Stern I (1974), S. 449. Manche vorsichtige Formulie­
rung in jüdischen Quellen (Dan. 11, 3; 1. Makk. 1, 1-7, bes. 3: Kai inr\pQT\ f| Kap5ia
aüxou) werfen auch Schatten auf das Verhältnis Alexanders zu den Juden.
4
Jos. c. Ap. 1, 214 (zu Hieronymos von Kardia).
5
Besonders Jos. ant. 11, 304-347 zu Alexanders Aufenthalt in Jerusalem, zu seinem
Kniefall vor dem Hohepriester, zu den Beziehungen zu den Samaritanern u.s.w. Rabbi­
nische Texte malen diese Legenden aus, z. B. Megillat Taanit 22; Leviticus Rabba c.13.
Daneben gibt es auch samaritanische Quellenstücke mit natürlich anderem Tenor, vgl. J.
Derenbourg (1867), S. 41-44. Es ist insbesondere das Verdienst von V. Tcherikover
(1959), S. 41-50, den Legendencharakter endgültig enttarnt zu haben. Zur Forschungs­
geschichte J. Seibert (1994), S. 103-107. Zu Alexanders Feldzug und Palästina insge­
samt M. Hengel (1989),S. 35-45.
6
Dazu M. Hengel (1989), S. 45-52.
7
Dazu H. Hegemann (1989), S. 115-166.
8
Dazu unten.
9
Vgl. dazu V. Tcherikover (1959), S. 52-73; ders. (1957), S. 1-48; M. Hengel (1989), S.
52-72.
10
Die Geschichte der Familie der Tobiaden bei Jos. ant. 12, 4 (154-236) in bunter, le­
gendenhafter Ausschmückung; vgl. zu den Tobiaden zuletzt D. Gera (1998). Die Quel­
lenlage zur ptolemäischen Zeit des Judentums ist ohnehin disparat und z. T. historisch
schwer zu überprüfen. Besonders wichtig sind die „Zenon-Papyri": 1915 wurden im
Anmerkungen 165

Fayyum mehr als 2000 Dokumente entdeckt, die von Zenon, einem Gutsverwalter und
Helfer des Dioketeten Apollonius, für die Jahre 260-246 v. Chr. archiviert worden sind.
Etwa 40 von diesen beziehen sich auf die Verhältnisse in Syrien/Palästina, das Zenon
im Auftrage seines Chefs in den Jahren 259/8 v. Chr. bereist hatte; sie sind herausgege­
ben, übersetzt und kommentiert von V. Tcherikover/A. Fuks I, (1957) (mit der Einfuh­
rung zur ptolemäischen Zeit S. 1-48). Legendär ist zwar auch das 3. Makkabäerbuch,
das Ptolemaios IV Philopator (221-205 v. Chr.) massive Aktionen gegen das Judentum
als Ganzes unterstellt; es muß aber auch in Betracht gezogen werden, wenn es um das
Verhältnis zwischen Juden und Ptolemäern geht. Weiter ist der „Brief des Aristeas"
heranzuziehen, der über die Übersetzung der hebräischen Bibel ins Griechische „infor­
miert". Aristeas ist ein unter griechischem Pseudonym schreibender jüdischer Autor,
wohl des 2. Jahrhunderts v. Chr. In dem Pamphlet ist auch ein Brief des Königs Ptole­
maios II an den jüdischen Hohepriester Eleazar aufgenommen (Arist. 35-40), in dem
von weiteren Wohltaten des Königs den Juden gegenüber die Rede ist; Jos. ant. 12, 11-
118 hat diesen Brief des Aristeas ausführlich ausgeschrieben.
11
Zum Ablauf der Ereignisse G. Hölbl (1994), S. lllff.; 121ff.; M. Hengel (1989), S.
63fT.; D.Gera (1998), S. 20-34.
12
Nicht also als Polis, Tempelland, Dynastie: J. Pastor (1997), S. 41ff.
13
Das Steuersystem im einzelnen ist uns nicht bekannt; bei Jos. ant. 12, 143 werden be­
sonders die Kopfsteuer, die Kranzsteuer und wohl auch die Salzsteuer erwähnt; (vgl.
auchFN 18).
14
So in Phrygien: Jos.ant. 12, 147-153 der „Zeuxis-Brief1.
15
Der Brief ist wörtlich ausgeschrieben bei Jos. ant. 12, 138-144. Behandelt wurde er
ausfuhrlich, bes. von E. Bickerman (1935), S. 4-35; vgl. auch E. Täubler (1946/47), S.
1-30; 125-137; 240-263; F.-M. Abel (1952), S. 88-93; V. Tcherikover (1959), S. 76-84;
M. Hengel (1988), S. 15f; ders., (1989), S. 72-74; E. Will/C. Orrieux (1986), S. 97-103;
H. G. Kippenberg (1991), S. 183-186; auch von J.-D. Gauger (1977), wird passim auf
dieses Dokument Bezug genommen, auch wenn im Mittelpunkt von Teil A des Buches
das Zeuxis-Dokument Jos. ant. 12, 148-153 steht.
16
In den schon erwähnten „Syrischen Kriegen" Nummer 4 (219-217 v. Chr.) und 5
(202-195 v. Chr.), vgl. dazu im Einzelnen M. Hengel (1988), S. 11-16 mit allen Quel­
len- und Literaturangaben.
17
Zur Politik des Königs gegenüber der Bevölkerung Syriens und Phönikiens in den
Kriegswirren vgl. die Hefzibah-Inschrift (Dokumente 202-195 v. Chr.) bei Y. Landau
(1966), S. 54-70. Außerdem T. Fischer (1979), S. 131-8; J. M. Bertrand (1982), S. 167-
74. SEG 29 (1979), Nr. 1613 und 1808. Zur Politik des Königs gegenüber Kleinasien
vgl. die neue, weiterfuhrende Arbeit von J. Ma (1999), mit einem epigraphischen Dos­
sier im Anhang. Als vergleichbar unserem Brief sei besonders auf die Sardes-Inschrif-
ten 1-3 (S. 284-288) und die Dokumente von Amyzon 5-14 (S. 292-304) verwiesen;
vgl. ferner P. Gauthier (1989), S. 13-45 (besonders S. 25: „L'example qui öclaire le
mieux l'inscription de Sardes est celui de Jerusalem en 200"); K. Bringmann/H. v.
Steuben (1995), Nr. 260, S. 298-300 zu Sardes.
18
Genannt sind bei Jos. ant. 12, 142 offensichtlich die Kopf-,, Kranz- und auch die Salz­
steuer (überlieferter Text allerdings: Kai iox> nepi xcov CXAACDV statt des wohl richtige­
ren TCDV &A.CÜV), Dazu Tcherikover (1959), S. 82 und 438, Anm. 117.
19
Zum Inhalt der Tcdxpioi vöu.oi V. Tcherikover (1959), S. 81f; und jetzt besonders H.
G. Kippenberg (1991), S. 179-217; B. Schröder (1996).
20
So auch E. Will/C. Orrieux (1990), S. 100: „Reconnaitre les patrioi nomoi juifs,
c'&ait, implicement, renoncer au culte dynastique".
21
Jos. ant. 12, 145f: das Strafmaß beträgt 3000 Drachmen an die Priester.
166 Anmerkungen

22
Einen Lobgesang auf ihn stimmte Ben Sira 50, 1-21 an; dieser Simon der Gerechte
wird bAbot 2 als einer der letzten der großen Synode (nbvian nD3D) bezeichnet; er
habe gesagt: „Auf drei Dingen steht die Welt (D^wn): auf der Thora, auf dem Gottes­
dienst (rniDU) und auf den Liebeswerken (0"HOn nVr'Dn)." Wenn es sich hier um Si­
mon II handelt, dann wird daraus deutlich, welche Gruppe von den Ptolemäern abge­
fallen und zu Antiochos III übergelaufen war.
23
1. Makk. 2, 15-28.
24
1. Makk. 1, 41 f.; das Edikt 41-51 formuliert ausdrücklich, das (väterliche) Gesetz zu
vergessen und alles bisher gültige Recht auszutauschen: imXaQkcQai zox> vö\iox> Kai
aAA&{;ai rcavxa xa 5iKaubu.aTa 2. Makk. 6, 1-12 über die Folgen des Ediktes.
25
Für die makkabäische Auseinandersetzung mit Antiochos IV gilt das ohnehin; in frü­
herer Zeit wurden aber erhebliche Zweifel an der Echtheit des oben besprochenen Brie­
fes des Antiochos III geäußert (bes. H. Willrich (1924), S. 18ff.), die jedoch von der
sorgfältigen Analyse E. Bickermans (1935), S. 4 ff., widerlegt werden konnten, auch
weil sich viele Parallelen in der hellenistischen Welt zu den einzelnen Klauseln finden
ließen. J.-D. Gauger (1977), S. 1-151 diskutiert v. a. die Zeuxis-Urkunde (Jos. ant. 12,
147-153).
26
So E. Schürer (1973), S. 147f; vgl. aber auch H. Bengtson (1960), S. 482. Bei Tac.
bist. 5, 8, 2 heißt es: rex Antiochus demere superstitionem et mores Graecorum dare
adnisus, quo minus taeterrimam gentem in melius mutaret, Parthorum hello prohibitus
est; ähnlich schon bei Diod. 34/35, 1, 3. Hierher gehört auch die Überlegung, daß An­
tiochos IV über den Kult des Zeus Olympios sein Reich vereinheitlichen wollte, nach
Dan. 11,37-39.
27
E. Bickerman (1937), S. 117-136; ihm folgte M. Hengel (1988), bes. S. 464-570; vgl.
auch V. Tcherikover (1959), S. 152-203; dazu E. Will/C. Orrieux (1986), S. 113-175; Z.
Yavetz(1997), S. 82 ff.
28
K. Bringmann (1983), bes. S. 111-140, meinte, daß Antiochos Menelaos, den von ihm
ernannten Hohepriester, nicht fallen lassen konnte. Damit hat Bringmann v. a. die althi­
storische Forschung sehr beeinflußt; ähnlich auch M. Sommer (2000), S. 75f. Allerdings
hat er auch massive Kritik herausgefordert, die ihm (wohl zu Recht) vorhielt, mit einer
„betont säkulare(n) Schau der Geschichte" das religiöse Element im Judentum
unterschätzt und damit nicht dem Verständnis gedient zu haben, M. Hengel (1996), S.
282f. mit Anm. 74 und weiteren kritischen Äußerungen zu Bringmanns These.
29
Gemeint ist hier natürlich der berühmte „Tag von Eleusis" 168: E. Gruen (1993), S.
238-264.
30
Aufgrund von Polyb. 26, 1.
31
J. A. Goldstein (1976), S. 104-160; ders. (1983), S. 104-112.
32
F. Miliar (1978), S. 16f; ähnlich D. Gera (1998), S. 229: „At present it seems best to
acknowledge our inability to resolve this knotty problem."
33
H.-J. Gehrke/B. Funck (1996), S. 5.
34
Vgl. dazu oben S. 33f.
35
Dazu oben S. 33.
36
Wie man am Beispiel Elephantine hat sehen können, oben S. 35ff.
37
Esra 7, 26 und oben S. 33.
38
Mit den tatsächlichen Veränderungen durch die Politik Alexanders befaßt sich eine
demnächst erscheinende Studie von Chr. Mileta, Der König und sein Land.
39
Diesen fundamentalen Unterschied zwischen persischer und hellenistischer Herr­
schaft über Judäa übersieht etwa F.-M. Abel (1952), S. 91, der im Gegenteil die Konti­
nuität betont: „La Charte d'Antiochos le Grand renouvelait en somme l'ödit emanant
d'Artaxerxes II et apporte* ä Jerusalem par Esdras en 459. Entre ces deux öpoques,
Anmerkungen 167

Alexandre et les Lagides avaient suivi la mdme ligne de conduite en concedant aux Juifs
la libertä de vi vre conformöment aux lois de leurs peres". Hervorzuheben ist dabei al­
lerdings, daß die persische Autonomiegarantie auf Gegenseitigkeit, die hellenistische
auf einseitiger Gewährung beruhte.
40
Insofern wird ein solches Religionsverbot im eigentlichen Sinne als xf)v noXixziav
xcov 'IoDÖcctcov KaxaXuaai („die politische Ordnung, Verfassung der Juden aufzulö­
sen") aufzufassen sein, so formuliert jedenfalls 4. Makk. 17, 9 mit Bezug auf die mak-
kabäischen Märtyrer (Greis und Mutter der 7 Söhne), die der Gewalt des Tyrannen ent­
gegentraten, als er „die Verfassung der Hebräer auflösen wollte; vgl. Philo, Quodomnis
Über probus sit 91.
41
Sie wurden schon von Alexander in beträchtlicher Zahl gegründet, Plut. mor. 328e
nennt die Zahl 70. Die umfassendste Untersuchung von Alexanders Stadtgründungstä­
tigkeit noch immer V. Tcherikover, Die hellenistischen Städtegründungen von Alexan-
der dem Großen bis auf die Römerzeit, Philologus Suppl. 19, 1 (1927). Zur For­
schungslage J. Seibert (1994), S. 179ff. Die Nachfolger Alexanders setzten diese Politik
fort. In den hellenistischen Reichen füllten Städte vielfältige Funktionen aus: Sie dien­
ten (natürlich) zur militärischen Sicherung in schwer kontrollierbaren Regionen, als
Handelsplätze, übernahmen Verwaltungsaufgaben, versorgten Veteranen, verbreiteten
die griechische Sprache und Lebensweise, brachten verschiedene Volksgruppen zuein­
ander. All das hatte natürlich auch auf die jüdische Religion einen Einfluß.
42
Siehe oben S. 42.
43
Jerusalem hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einige Bedeutung für die Verwaltung als
Verpflegungsstation, wie aus den Listen CPJ I 2 hervorgeht: Mit seinem Namen wird
die Ausgabe einer bestimmten Menge an Getreide verbunden.
44
Dieses Bild bei M. Hengel (1996), S. 281 f.
45
Vgl. die Papyri der Sektion 1 („Jews of Palestine in the Zenon Papyri") bei V. Tche-
rikover/A. Fuks (1957), I, S. 115-130 (Nr. 1-6). Zu den Briefen des Tobias s. unten.
46
Zu der unter hellenistischem Einfluß entstandenen Dichotomie zwischen arm und
reich äußerte sich um 190 v. Chr. herum Ben Sira 13, 2-5; 18-20, wo die Frage gestellt
wird: „Welchen Frieden kann es zwischen dem Reichen und dem. Armen geben?" (Kai
TU; elpT)VT| 7iA.o-uaicp itpöq nevexa;); noch etwas früher (ca. 270-220 v. Chr. meint M.
Hengel (1988), S. 2J3) Kohelet/Ecclesiastes 5, 7: „Wenn du falsche Beschuldigung des
Armen und Entfernung von Gericht und Gerechtigkeit im Lande siehst, wundere dich
nicht darüber: Ein Hoher wacht über einem Hohen und Hohe wieder über sie":
Das letzte Stück DiT^U DVQtt "IQÜ mD bvn naa (LXX: öxi vyriköq ETI&VCD vyr\-
Xox> cp\)A.ct^ai Kai \)\yr\Koi en avxouq) ist auf die ptolemäische Verwaltungspraxis zu
beziehen.
47
Der Erfolg solcher „Globalisierung" wurde schon damals (da hat sich nicht viel geän­
dert bis heute) vermerkt: Jos. ant. 12, 224 sagt zum Tode Josephs des Tobiaden, daß er
nach 22 Jahren Verantwortung für die Steuern das Volk der Juden EK Tixooxeiaq Kai
rtpayu-axcov äaGevcov eiq Xau.7ipoxepa<; acpopu.a<; xou ßio\) Kaxaaxf|aa<;, womit also
die materiellen Vorteile dieser internationalisierten Politik als im nationalen jüdischen
Interesse liegend beschrieben werden.
48
1. Makk. 1, 11: Die \noi 7tapdvou,oi (das heißt die „Gesetzesübertreter") zogen aus
und überzeugten viele, daß man internationale Kontakte knüpfen müsse, wenn man
nicht, wie in der Vergangenheit, weiter unter den Nachteilen der Abgrenzung leiden
wolle: 7topE\)6ü)u.ev Kai 5ia8cbp.e8a SiaGfncriv jiexä xtov EGVGOV XCÜV K\)KA,CO f)u.cov,
öxi dcp' fjq EXQ)pio9T|p.Ev an a\)Xü>v, E\)pEv f]|j.a<; Kam noXXä („wir wollen hingehen
und uns mit den Völkern ringsum verbinden, denn seit wir uns von ihnen getrennt ha­
ben, traf uns viel Unheil").
168 Anmerkungen

49
2. Makk. 4, 7ff.: Jason, der Bruder des Hohepriesters Onias, erbat von dem neuen se-
leukidischen König Antiochos IV ein Gymnasion, ein Ephebeion sowie xoix; ev 'iEpo-
aoX\)u.oi<; 'AvxioxEiq avaYpayai. Heißt das: die Erfassung der Antiochener in Jeru­
salem? Vgl. auch 1. Makk. 1, 13f; Jos. ant. 12, 240f. Das Ziel war also die „Verwand­
lung des jüdischen Ethnos bzw. des Tempelstaates von Jerusalem in eine griechische
Polis", M. Hengel (1988), S. 138; über die Interpretation der Formulierung gab und gibt
es (Forschungs-)Streit z. B. zwischen V. Tcherikover (z. B. (1959), S. 160-170) und E.
Bickerman ((1937), S. 59-65), die den in Rede stehenden Satz jeweils nach ihrer Ausle­
gung übersetzten (heißt es: „die Antiochener in Jerusalem aufzuzeichnen" oder „das
Volk von Jerusalem als Antiochener aufzuzeichnen"?). Z. Yavetz 1997), S. 86f, glaubt,
daß nur die Oberstadt, die Akra umgetauft wurde. Daß bereits die Teilnahme einer Jeru­
salemer Delegation an den Feierlichkeiten in Tyros 175 zeigt, daß Jerusalem als Polis
anerkannt war, hat K. Bringmann (1983), S. 84-92, zu Recht geltend gemacht. Vgl.
auch E. Will/C. Orrieux (1986), S. 117-119. E. Gruen (1993), S. 241, glaubt gleichfalls
nicht an eine komplette Adaption aller mit einer Polis verbundenen Institutionen in Je­
rusalem.
50
2. Makk. 4, 22. Für V. Tcherikover (1959), konstitutierte dieser Besuch des Königs
und neuen Ktistes (Stadtgründers) offiziell die Polis; so attraktiv diese Interpretation ist,
so überzeugend ist durch K. Bringmann (1983), S. 88fT., nachgewiesen, daß bereits 175
die Konstituierung als Polis erfolgt sein muß.
51
Vgl. zum Thema auch L. Feldman (1993), S. 45-83.
52
Vgl. Inschr. v. Priene 108 (Ehrenbeschluß für Moschion von Rat und Volk): Alle Be­
wohner der Stadt haben Zeugnis über Moschions Wohltaten abgelegt (8iau,apx\)po\)-
U.EVT|V); die Einladung aller: EKCCXECTEV ETCI YÄ/UKI<JU.ÖV xoix; XE XCÜVrcoXaxcovmoix; Kai
xoix; jioXixaq ndvxaq Kai 7capoiKo\x; Kai £EVO\X; Kai E^EXE"Ü8EPO\X; Kai oiKExaq etc
(zur Verköstigung wurden eingeladen die Bürgersöhne, alle Bürger, Beiwohner,
Fremde, Freigelassene und Bedienstete). Opferhandlungen und Geschenke waren Teil
dieser Veranstaltungen. Ausdrücklich wird in dem Beschluß betont, daß Moschion Gä­
ste und Beiwohner nicht von seinen Gaben zurückstehen lassen wollte und daß er peni­
bel auf die Einhaltung des Kultes Wert legte.
53
Inschr. von Priene 109.
54
2. Makk. 4, 18f. Daß die Juden daran teilnahmen, war ihre Pflicht als Politen; daß sie
Gewissensbisse hatten, ergibt sich aus dem Zwiespalt auch der hellenisierten Juden,
zwar Politen sein, aber nicht vom Judentum abfallen zu wollen; daß sie schließlich das
mitgebrachte Geld nicht für das Herakles-Opfer, sondern für ein anderes öffentliches,
aber unverdächtiges Projekt (Schiffsbau) aufwenden, machte ihre Sonderstellung publik
und suspekt - obwohl sie doch zur Integration entschlossen waren. Den Griechen in Ty­
ros und anderswo war gerade diese in ihren Augen halbherzige Integration ein bloßes
Jagen nach den Vorteilen der Hellenisierung, woraus ein womöglich noch größeres
Mißtrauen den Juden gegenüber erwuchs als aus der totalen Abgrenzung.
55
So etwa OGIS I 219: Eine Ehreninschrift der Stadt Ilion (wohl nach 277 v. Chr.) für
Antiochos I Soter (280-261 v. Chr.) als Wohltäter und wegen seiner Eusebie. Solche
Ehrungen waren begleitet von Opfern, Gebeten, Bekränzung und Aufstellen einer Sta­
tue; hieran mußten auch die Nichtbürger teilnehmen. Ferner Telmessos TAM I 1.
56
Vgl. etwa die Untersuchung von P. R. Trebilco (1991); W. Ameling (1998), S. 27-41.
57
Wie Tobias, der Vater des Joseph, in seinen Briefen, bes. CPJI 4 (dazu unten S. 54).
58
Ein besonders prägnantes Beispiel dafür ist CPJ I Nr. 19 (S. 151ff.): Ein Rechtsstreit
zwischen der Jüdin Herakleia und dem Juden Dositheos nennt als Basis der Urteilsfin-
dung ausdrücklich die 8iaYpdu.u.axa des Königs, die nokixiKoi vou.oi und die yvcbu/n.
des Richters. Vgl. dazu V. Tcherikover (1957), Bd I, S. 33f.
Anmerkungen 169
59
Der bekannteste Fall gehört in die römische Zeit: Tiberius Julius Alexander war jüdi­
scher Apostat und konnte als solcher in römische Dienste treten; er war von 46-48 n.
Chr. Statthalter von Judäa und brachte es sogar bis zum Präfekten Ägyptens, Jos. ant.
20, 100: xou; yap «axpioiq O\)K EVEjieivev ovxoq äBeaiv. Die wenigen weiteren Fälle
bei L. Feldmann (1993), S. 79fif.
60
So auch die Ansicht von E. Gruen (1993), S. 259: „Nothing in the Hebrew Scriptures
forbids gymnasia, military training for youths, or enrollment as Citizens of a polis or
politeuma" und „The cultivation of Greek ways need not undermine the practice of Ju-
daism". Das ist richtig; man hat aber zusätzlich zu bedenken, daß natürlich „enrollment
as Citizens of a polis" und „the cultivation of Greek ways" von der Thora nicht verboten
waren, weil es sie vorher (zur persischen Zeit) gar nicht gab, und sie berührten in ihren
Konsequenzen doch wieder Thora-Vorschriften, wie Vielgötterei, Opfer- und Gebets­
handlungen u. &.
61
Zu Recht betont J. Ma (1999), bes. S. 179ff., 243ff., den Faktor „Interaction" als
Reichspolitik der Seleukiden; gerade bei dieser Interaktion gab es Hindemisse für Ju­
den.
62
Der Begriff Politeuma ist keineswegs juristisch klar definiert und besagt namentlich
für den Status nicht viel. Vgl. dazu bes. G. Lüderitz (1994), S. 183-225. Dazu unten S.
120ff.
63
Jos. c. Ap. 2; 33-47 behauptet z. B. - im Rahmen seiner Kritik an Apion - ftlr die Ju­
den Alexandriäs, Antiochias, von Ephesus und anderen Städten völlige Gleichstellung
mit den Makedonen; vgl. Jos. ant. 12,8; 119; 14, 188; 16, 160; 19, 281; bell. 2, 487f.;.7,
44; etwas verhaltener Philo von Alexandria, leg. 150; 194; 349; Flacc. 47; 78ff.; aber
172 (KCXTOIKOI). Gegenteilig dagegen die Aussage des Kaisers Claudius in seinem Brief
an die Alexandriner von 41 n. Chr., die von Alexandria als einer aXXoxpia TC6A.I<; für
die Juden spricht, CPJII Nr. 153, Z. 95. Nach Lage der Dinge wurde das Definitions­
problem des jüdischen Politeuma erst spät und im Zuge einer rapiden Verschlechterung
des gegenseitigen Verhältnisses zum Streitpunkt zwischen Juden und Griechen. Die (v.
a. bei Josephus greifbare) jüdische Ansicht einer Gleichberechtigung beruhte darauf,
daß bei der jeweiligen Polis-Gründung bzw. -Einrichtung (Alexandrias, Antiochias) die
Frage gar nicht ausdrücklich geregelt war; die (v. a. bei Apion erkennbare) griechische
Ansicht einer jüdischen Minderstellung erwuchs aus der Bewußtwerdung, daß be­
stimmte Rechte und Pflichten einen Politen ausmachten. Den Beginn dieses Prozesses,
der dann seinen Höhepunkt in der Zeit um Christi Geburt erreichte, setzte ich mit dem
Scheitern der Hellenisierung der Juden im Makkabäeraufstand an.
64
Daraufgeht die Frage Apions bei Jos. c. Ap. 2, 38 hin: TICÜJ; 'IODÖCUOI ÖVTE«; 'AX.e^-
avSpetq eKXf|9T|aav; vgl. 2, 65: sed super haec, quomodo ergo, inquit, si sunt cives,
eosdem deos quos Alexandrini non colunt? Apion bringt damit das Probleme auf den
Punkt: Jude sein und Polis-Bürger geht nicht zusammen, well Juden in das öffentliche
Leben, ftlr das Kulthandlungen elementar sind, mit ihren deutlich erkennbaren Vorbe­
halten einer gänzlichen Apostasie gegenüber nicht zu integrieren sind.
65
Vgl. E. Baltrusch (1998b), bes. S. 416.
66
Die politische Bedeutung Jerusalems zur Zeit des persischen Großreiches erhellen die
Elephantine-Papyri, bes. Cowley Nr. 21; S. 30-32.
67
Dieses eigenartige Klima zwischen Diaspora und Jerusalem scheint durch die zwei
Jerusalemer Briefe an die ägyptischen Gemeinden hindurch, die in 2. Makk. 2 überlie­
fert sind.
68
Vgl. J. Ma (1999), S. 182ff.; 219ff.; 228ff., zum Problem des Verhältnisses König -
Untertanen.
170 Anmerkungen

69
Jos. c. Ap. 2, 73-78: der Vorwurf Apions ging namentlich dahin, daß Juden den Herr­
schern keine Statuen errichteten (73). Josephus argumentiert mit dem Bilderverbot der
Thora sowie mit dem Einverständnis der Herrscher. Bezogen ist diese Auseinanderset­
zung natürlich auf die römische Herrschaft, aber sie ist übertragbar auf die hellenisti­
sche Zeit. Im frühhellenistischen Esther-Buch 3, 1-6 wird als Grund für Hamans Juror
gegen die Juden gegeben, daß Mordechai Hamans herausgehobener Stellung als erstem
Beamten des Königs nicht die gebührende Ehrerbietung zukommen ließ; das wurde als
Übertretung des königlichen Befehls gedeutet. Im 3. Makk. 1, 8-29 sind dem ptolemäi-
schen König (Ptolemaios IV) die jüdischen Ehrungen (Geschenke, Dankesbezeugun­
gen) nach seinem Sieg bei Raphia über Antiochos III schlicht zu wenig und er will sich
fn Jerusalem durch einen Besuch im Tempel bei dem Gott der Juden „bedanken" und
sich selbst kultisch ehren lassen. Er versteht nicht, warum die Juden das nicht zulassen
wollen. Der Rahmen stimmt jedenfalls, denn Ptolemaios (mit seiner Schwester Arsinoe)
besuchte tatsächlich mehrere Monate lang die Städte der Region; vgl. Polyb. 5, 86f. Zu
inschriftlichen Zeugnissen M. Hengel (1988), S. 13, Anm. 18 und 19. Die Juden konn­
ten in diesen „Jubel" nur bedingt einstimmen und mußten deshalb auffallen. Zu den
(begrenzt möglichen) inschriftlichen jüdischen Ehrungen ftir Könige, z. B. die Weihung
von Synagogen „dem höchsten Gott", vgl. OGIS I 96 (Gecp vyiaxcp).
70
Tac. hist. 5, 5, 4.
71
L. Feldmann (1993), S. 83, deutet die jüdische Assimilation in der Diaspora so:
„Hence, the net effect of the assimilation of the Greek language and culture by the Jews
was not (Hervorhebung von mir) from Judaism but rather, on the contrary, the creation
of a common bond of communication with Gentiles". Dem ist zuzustimmen, wenn man
noch hinzufügt: Die Assimilation stellte mit diesem „common bond of communication"
auch Konfliktpotential bereit.
72
J. Ma(1999),S. 147.
73
Zum hellenistischen Königtum A. Heuß (1995c), S. 223-235; H. Heinen (1978), S.
177-199; H.-J. Gehrke (1982), S. 247-277; ders. (1990), bes. S. 165ff; E. Will u. a.
(1990), S. 441-440; G. Hölbl (1994), S. 83-91; P. Bilde/T. Engberg-Peterson/L. Hann-
stad/J. Zahle (1996); J. Ma (1999); neue Erkenntnisse wird auch die in Vorbereitung be­
findliche Studie von Ch. Mileta, Der König und sein Land Untersuchungen zur Herr-
schaft und Verwaltung im kleinasiatischen Binnenland der hellenistischen Zeit.
74
Hervorzuheben sind die „Tischgespräche" bei Aristeas 187-300, in denen die über
sieben Tage geführte Diskussion zwischen Ptolemaios und den Juden zu wesentlichen
Teilen darüber geführt werden, wie man sich als guter König zu verhalten habe. Vgl.
auch Esra 4, 1-12; Jos. ant. 11, 33-63, das „Urteil über die Römer" (1. Makk. 8) unten S.
83 ff.
75
Jos. ant. 12, 159: T]KE\.XEI icXr|po\)XT|CEiv curccov XTJV Yfjv...Kod 7teu.\|(eiv xoix;
evoiKTiaovcaq axpaxi(bxa<;.
76
Daraufkam es an, vgl. z. B. den Brief von Ptolemaios III an die Stadt Kildara (Ka-
rien) von 246, Epigraphica Anatolica 20, 1992, S. 127ff(SEG 42, 994); zu Recht daher
J. Ma (1999), S. 164: „Cities which had received tlieir freedom by royal grant could lose
it by royal ftat". Vgl. 1. Makk. 15, 3-9; 27; Jos. ant. 13, 245f. (Antiochos VII).
77
Natürlich ist hier in erster Linie an den berühmten „Tag von Eleusis" 168 v. Chr. zu
denken, der bei Polyb. 29, 27; Liv. 45, 12; Diod. 31, 2 u. a. beschrieben wird. Die De­
mütigung des Königs durch den römischen Legaten vor Alexandria mußte kompensiert
werden, denn sie beschädigte massiv das Ansehen des Herrschers. Diese Überlegung
leitete E. Gruen ((1993), S. 238ff., als er den Zusammenhang zwischen dem Religions­
edikt in Jerusalem und dem Tag von Eleusis herstellte.
Anmerkungen 171
78
H. Heinen (1996), S. 351. Er diskutiert zwei Inschriften: 1. Inschrift des Boethos (z.
Z. Ptolemaios VI, wohl zwischen 152 und 145 v. Chr.): OGIS I U I ; zuletzt E. Bernand
(1992), Nr. 14; 2. Inschrift des Herodes und der Basilisten: OGIS I 130; zuletzt A.
Bernand (1989), Nr. 303.
79
3. Makk. 1, lff. Thema und Darstellung erinnern stark an Heliodors „Besuch in Jeru­
salem" 2. Makk. 3. Vgl. oben S. 170 und Anm. 69.
80
Der Text jetzt bei A. Sachs/H. Hunger (1988-89), von 652-165 v. Chr.
81
K. Szelenyi-Graziotto (1996), S. 171-192.
82
K. Szelönyi-Graziotto arbeitet aus dem Quellenmaterial diese Entwicklung heraus,
schildert die Teilnahme verschiedener Könige (Antiochos I, Seleukos III, Antiochos III)
und die Eingriffe Antiochos IV, woraus sich gerade der Unterschied zu den Achämeni-
den ergibt; sie kommt dann aber doch S. 192 zu dem (dann überraschenden) Ergebnis,
„daß die Seleukiden ... den babylonischen Traditionen im Großen und Ganzen Achtung
und Anerkennung entgegenbrachten" - mir scheint, daß gerade das „im Großen und
Ganzen" entscheidend ist! Ähnlich widersprüchlich auch M. Sommer (2000), S. 73-90.
83
Quellen: Diod. 29,15; Strab. 16, 1, 18; Iust. 32, 2, lf. (zu Antiochos III); Polyb. 31, 9,
lff.; Diod. 31, 18a; Jos. arit. 12, 358; App. Syr. 352; 1. Makk. 6, lff; 2. Makk. 9, lff.
(Antiochos IV). Vgl. (mit weiteren Quellen) M. J. Rostovzev (1984), II, S. 548ff; J.
Wiesehöfer(1996),S. 51 f.
84
Dies gibt auch M. Sommer (2000), S. 82, zu: in der Struktur des Königtums „liegt der
entscheidende Kontinuitätsbruch der seleukidischen Fremdherrschaft gegenüber den
bisherigen Fremdherrschaften des assyrischen, neubabylonischen und achämenidischen
Reichs".
85
CPJI Nr. 4 (S. 126): Tovßiaq 'ArclpAAcDvian xaipeiv]. ei a\) xe Eppcooai Kai xa aa
rcavxa Kai xa Xoiicd ao[i Kaxa vovv eaxiv, 7co]XXf| x&Pl<S T 0 ^ Oeoiq. Text und
Übersetzung bei R. Scholl (1983), Nr. 12 (S. 100-105); ders. (1990), Nr. 48 (S. 186-
189).Tobias (Hebr. i"PDü) aus dem Ostjordanland war jüdischer Hauptansprechpartner
Zenons auf seiner Reise in Palästina. Er ließ dem König Geschenke übersenden und
unterstützte die Reisegesellschaft Zenons mit Weizen, vgl. dazu und zur Person des To­
bias, seiner Herkunft und seiner Familie V. Tcherikover/A. Fuks (1957), I, S. 115f.
86
Davon muß man ausgehen, auch wenn V. Tcherikover/A. Fuks (1957), I, S. 127,
Anm. 5 zu Recht hervorheben, daß es nicht zwangsläufig so, sein müsse, weil auch an­
dere Völker der Region dieser Sitte anhingen.
87
Um Joseph, seinen Sohn Hyrkan und ihre Erfolgsgeschichte dreht sich die Tobiaden-
Erzählung bei Jos. ant. 12, 154-236
88
Jos. ant. 13, 349ff; c. Ap. 2, 49 (spricht sogar davon, daß Philometor und Kleopatra
„ihr ganzes Königreich" den beiden anvertraut hätten). Daß sie Jannaios vor dem pto-
lemäischen Zugriff bewahrten, steht bei Jos. ant. 13, 354. Ihr Vater, Onias IV, war wie­
derum der Sohn des 175 v. Chr. abgesetzten Hohepriesters Onias III und hatte mit pto-
lemäischer Genehmigung in Leontopolis ein neues Jahwe-Heiligtum errichtet, Jos. bell.
7, 427-430; ant. 13, 65-68; 70f. (es hieß dann fi 'Oviov x&pa, Land des Onias, Jos. ant.
14, 131; bell. 1, 190).
89
Vgl. auch Aristeas 35ff; Jos. ant. 12, 45-50, bes. 47. Man denke ferner an die Tobia-
den-Erzählung bei Jos. ant. 12, 158ff, also an die öffentliche Funktion, die die Tobia-
den Joseph und Hyrkan einnahmen; des weiteren heranzuziehen ist die Übersicht Jos. c.
Ap. 2, 48ff über die Rolle von Juden im ptolemäischen Staat; vgl. 3. Makk. 1, 1-7; fiir
die seleukidische Zeit ist auch an Jason und Menelaos am Vorabend des Makkabäerauf-
standes zu denken.
172 Anmerkungen

90
Hingewiesen sei an dieser Stelle nur auf die besondere Rolle, die die Klientel forsten
Antipater und Herodes in der frühen römischen Zeit spielten: Sie waren Bindeglied zwi­
schen Rom und den Juden in Palästina und der Diaspora.
91
Für die Ptolemäer waren Juden, wie gesehen, hilfreich bei Thronstreitigkeiten und im
schwierigen Beziehungsgeflecht zwischen Griechen/Makedonen und einheimischen
Ägyptern, vgl. Aristeas 35ff.; ferner aufgrund des Papyrus-Materials V. Tcherikover/A.
Fuks (1957), I, bes. S. lOff
92
Jos. ant. 12, 148-153: Kritik an der Authentizität übte v. a. J.-D. Gauger (1977), S. 1-
151; es ist allerdings schwierig, zweifelsfrei eine Fälschung auch inhaltlich nachzuwei­
sen; vgl. auch H. H. Schmitt (1964), S. 104; J. Ma (1999), S. 63; 267 (direkt auf Gauger
bezogen).
93
Jos. ant. 12, 150: 7te7ieiau.ai yap eüvoix; aüxoix; eaeaOai xöv fijiExepcDV cp\)A.aKa<;
6ia TTJVrcpöqxöv Geöv etiaeßeiav.
94
Beispielhaft hier ist die bei Jos. c. Ap. 1 201-204 nach Hekataios von Abdera erzählte
Mosollamos-Geschichte: Ein jüdischer Söldner spottete darüber, daß sich seine griechi­
schen Mitsoldaten nach dem Vogelflug richteten; die Authentizität auch dieser Ge­
schichte wird neuerdings vehement bestritten, B. Bar-Kochva (1996), S. 57-71; als
„vorbildliche Studie" bestätigt jetzt von G. C. Hansen (2000), S. 11-21, hier: S. 17f. An
der zugrundeliegenden Problematik im jüdisch-griechischen Verhältnis ändert freilich
die Echtheitsdebatte nichts.
95
Jos. c. Ap. 2, 65.
96
So besonders Kohelet/Ecclesiastes und seine Klage über die Vergänglichkeit und
Nichtigkeit aller Dinge. Er rät 8, 13; 12, 13f. zwar zur Gottesfurcht, aber auch immer
wieder dazu, zu essen, zu trinken und den Augenblick zu genießen (2,24; 3,9-13; 22; 5,
17; 6, 1-12; 7, 13-15; 8, 15; 11, 9). Anspielungen auf ptolemäische Verhältnisse kann
man entdecken, 4, 13-16; die Bedeutung des Geldes 5, 9-19; Ausbeutung durch Fremde
6, 1-2; dem Wort des Königs zu folgen 8, 1-15; vgl. 9, 13; 10, 4; 16-19 (keinen Fluch
über einen König, so rät Kohelet).
97
So Ben Sira, einem beredten Verfechter eines genauen Kultvollzuges, bes. 35, 1-10
(1:6 ai)VTT|p(Dv vou.ov nXeovd^ei 7ipoacpopa<;).
98
Sie fielen auf, weil sie unbeirrbar an der Sabbatheiligung festhalten wollten, selbst in
Kriegszeiten, l.Makk. 2, 1-42. Die D^TOn / ovvayoayi] 'Aai6aicov waren EKouaia-
^O^IEVOI TU) vou.cp („dem Gesetz in Treue hingegeben").
99
2. Makk. 4, 13; 11, 24: Zusammenhang zwischen der Blüte des Hellenismus und dem
Einfließen fremder Sitten und dem daraus resultierenden Abfall vom Judaismus. Zum
Judaismus 2, 21; 8, 1.
100
Die Beziehungen der drei bekannten „Philosophenschulen" (so Josephus) zu den
Chasidim sind alles andere als geklärt; vgl. dazu die gegenüber neueren Überlegungen
skeptischen Bemerkungen von G. Stemberger, (1991).
101
Bereits Hekataios von Abdera nannte das jüdische Leben dTcdvGpconoq Kai
U.IGÖ£EVO<; (bei Diod. 40, 3,4); vgl. den erwähnten Aufsatz von G. C. Hansen (2000), S.
11-21; P. Schäfer (1997), S. 170ff.; E. Baltrusch (1998), S. 414ff.
102
Diod. 34/35, 1: oi cpi^oi xöv 'Avxioxov (sc. VII Sidetes) 7iapEKaA.o\)v u.aXiaxa U,EV
cxpöriv otveXetv xö eGvoq bzw. wenn das nicht, dann mindestens KaxaXuaai xä
vouap.a Kai c\)vavayKaaai xaq ayü)ya<; u.exaGea6ai.
103
Die Loyalität zeigte sich etwa in der abwartenden Haltung der Juden Alexander dem
Großen gegenüber, man fühlte sich auch weiterhin an Dareios gebunden: Jos. ant. 11,
318; daß Antiochos III bei seiner Politik mit der Loyalität seiner jüdischen Kolonisten
plante, wurde schon gesagt, Jos. ant. 12, 150.
104
Z. B. OGIS I 345.
Anmerkungen 173
105
Z.B.OGIS 1.96; 101; 129.
106
Dan. 11, 37f; 1. Makk. 1, 41f. in Verbindung mit 1, 54 („Greuel der Verwüstung",
ß8£A.\)Yiia epTmcboecDq; DmüD ]nptf, Dan 9, 27; 11, 31); 2. Mäkk. 6, 1-9.
107
Vgl. ausdrücklich Justin. 26,2, 12-3, 1.
108
Vgl. E. Baltrüsch (1998), S. 41 Off.
109
Vgl. M. Hengel (1996), S. 284-292.
110
Dazu E. Baltrusch (2001).

III. „Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen"

1
Das Zitat aus Vergil, Aeneis 6, 853 ist viel diskutiert worden; der Vater des Aeneas,
Anchises, prophezeit die Wesensmerkmale Roms, die es groß machen werden; er sagt
tu regere imperio populos, Romane, memento (hae tibi erunt artes), pacique imponere
morem, parcere subjectis et debellare superbos. In der Tat war diese Deutung römi­
scher Außenpolitik in der Kaiserzeit vorherrschend, vgl. Tac. ann. 12, 20: ha maioribus
placitum, quanta pervicacia in hostem, tanta beneßcientia adversus supplices utendum.
(„So hat es den Vorfahren gefallen: man soll eine ebenso große Wohltätigkeit gegen­
über den Demütigen gebrauchen wie Hartnäckigkeit gegenüber dem Feind.")
2
1. Makk. 8, 14.
3
Eine gradezu beispielhafte Episode bei Polyb. 10, 40, 4f.: als Scipio in Spanien mit
dem Königstitel angesprochen wurde, wies er das zurück und sagte, daß er zwar als ßct-
aiXiKoq bezeichnet werden wolle, aber niemals und nirgendwo als ßaatXeix;.
4
Vgl. etwa Kohelet 4,13-16 zur Kritik am König an sich.
5
1. Makk. 8, 15; daß hier sachlich manches nicht stimmt (z. B. die Zahl 320), ist schon
lange bemerkt worden, vgl. G. Stemberger (1983), S. 6f, Anm. 12; M. Hadas-Lebel
(1987), S. 741, Anm. 107.
6
G. Stemberger (1983), S. 9 sieht das makkabäische Urteil über die Römer als eine
„bewußte Schönfärbung Roms", um möglichen Einwänden gegen ein Bündnis zwischen
Rom und den Juden, etwa von seiten der Chasidim, entgegenzuwirken. Man wird aber
sehen, daß diese Deutung einseitig ist und nicht die ganze Breite des jüdischen Urteils
zum Ausdruck bringt. Es waren zudem nicht nur die Juden, die Rom in solch rosigem
Licht sahen. Einige Passagen muten anachronistisch an (z. B. 8, 10f), aber dennoch ist
der Text nach dem historischen Zusammenhang keine „spätere literarische Fiktion", wie
J.-D. Gauger (1977), S. 311, und andere meinen.
7
Vgl. E. Baltrusch (1989), S. 1, Anm. 4.
8
J.Bleicken(1975).
9
Dazu E. Baltrusch (1989), S. lff.
10
Vgl. z. B. die Darstellung im Senatsbeschluß über die Angelegenheiten der Stadt
Thisbe in Böotien vom Jahr 170 v. Chr., in: Sherk Nr. 2, (1969), S. 26-31.
11
Dazu H.-J. Gehrke (1994), S. 593-622; vgl. pointiert L. H. Feldman (1993), S. 51.
,2
Liv. 30, 15, 11.
13
Vgl. E. Badian(1958),S. 125f.
14
Zu Jugurthas Kontakten Sali. Jug. 8f; vgl. W. Allen (1938), S. 90-92.
15
Es ist allerdings zu betonen, daß wir in der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. noch sehr
wenig von jüdischen Diaspora-Gemeinden im Römischen Reich wissen - mit der Aus­
nahme der Hauptstadt Rom selbst. Auf dieses Thema ist weiter unten genauer einzuge­
hen.
174 Anmerkungen

16
Liv. 39, 8-19 und der inschriftliche Text des Senatsbeschlusses CIL I2 581; dazu W.
Nippel (1997), S. 65-73; zusammenfassend H. Kloft (1999), S. 32fT.; siehe auch unten
S. 115fT.
17
Vgl. dazu den konzisen und anregenden Forschungsüberblick bei J. Bleicken (1999),
S. 155ff.
18
Dazu Th. Hantos (1983).
19
Entsprechend wurde von modernen Forschern erklärt, daß das Bundesgenossensystem
geradezu nach Expansion verlangt habe, A. Momigliano, Alien Wisdom, Cambridge
1975, S. 45; J. A. North (1981), S. 1-9.
20
Vgl. J. Hatzfeld (1919), S. 238ff.
21
Polyb. 1, 10,2.
22
Polyb. 2, 2-12.; App. Illyr. 7-8; auf die Bedeutung dieses Krieges verweist zu Recht
E. Badian (1964), S. 1-33. Vgl. ausfuhrlich jetzt H. Pohl (1993), S. 58-94.
23
Polyb. 2, 8. Auch für H. Pohl (1993), S. 76 gab es auf römischer Seite ftlr das Eingrei­
fen keinen „anderen Zweck als die Konservierung des Status Quo".
24
Polyb. 2, 17-35; bes. 23 zum Beginn i. J. 225.
25
Zu den Kriegen gegen Karthago jetzt B. D. Hoyos (1998).
26
Liv. 41, 16, 8 schreibt C. Claudius Pulcher nach dem Sieg über die Ligurer nach Rom
sua virtute acfelicitate neminem iam eis Alpes <esse> hostem populi Romani.
27
Über den Ausbruch des 2. Punischen Krieges gibt es eine lebhafte Forschungskontro­
verse; vgl. die Übersicht bei J. Bleicken (1999), S. 155ff.; vgl. zuletzt P. Barcelö (1998),
S. 40fT.
28
Zu den Abläufen der Kriege in fundiertem Überblick H. Bellen (1994), S. 68ff.
29
Im Jahre 142 war diese Erkenntnis in der Nobilität schon so weit fortgeschritten, daß
Scipio d. Jüngere die Bitte an die di immortales, ut populi Romani res meliores amplio-
resque faciant durch den Wunsch ut populi Romani res perpetuo incolumes servent, er­
setzte, Val. Max. 4, 1, 10. Die spätere Geschichtsschreibung erklärte den Zusammen­
hang Expansion und innere Krise zu Recht damit, ut viribus suis conficeretur (sc. res
publica), Flor. 1, 47, 6f.
30
Th. Mommsen (1907), I, S. 781f. Bestätigung erhielt Mommsen von M. Holleaux
(1921). Vgl. auch A. Heuß (1995b), S. 1066-1147. Das Thema wird immer noch aus­
giebig diskutiert, vgl. jetzt H. Pohl (1993), S. 70ff. (bes. S. 70f, Anm. 41); B. D. Hoyos
(1998), S. 271ff.; K. Meister (1999), S. 90 (mit weiterer Literatur). Vgl. auch die luzi-
den Ausführungen zum Imperialismus-Begriff und seiner Entstehung bei E. Gruen
(1984), I, S. 3-8.
31
Vgl. dazu die methodisch ungewöhnliche, sozialwissenschaftlich argumentierende
Arbeit von S. Podes (1986), hier bes. S. 178ff. Nach der zugrundegelegten Theorie (von
J. Galtung (1971), S. 92) müßte man von „militärischem Imperialismus" sprechen; bei
diesem gehe es nämlich darum, „daß vertikale Interaktion die Zentralnation (hier also
Rom) im militärischen Sinne dazu befähigt, überlegene Zerstörungsmittel zu entwickeln
... Die Zentralnation biete militärischen Schutz, während die Peripherie ftlr Disziplin
und die nötigen Soldaten sorge" (S. 178f).
32
Eine gewiß modernistische Deutung, aber heuristisch ist sie zu vertreten; entworfen
von Frau Anke Schumacher hat sie in meinem Hauptseminar zu dem Thema „Rom und
der griechische Osten" zur Klärung der Problematik beigetragen.
33
Vgl. Karneades bei Cic. rep. 3, 9ff. Seine Disputation scheint angelegt zu sein wie die
römische Politik selbst; die Worte handeln von iustitia, aber die Taten sind geprägt von
iniuria.
34
Cicero, im 3. Buch de re publica bei Aug. civ. 22, 6.
35
Cic. off. 2, 26.
Anmerkungen 175
36
Siehe oben.
37
Eine Auflistung der diesen Eindruck bestätigenden Quellenstellen kann ich mir erspa­
ren; vgl. als Beispiele Liv. 34, 22, 12 in der Rede des Quinctius: Romanos nihil contin-
git, nisi quatenus liberatae Graeciae unius civitatis servitus non plenam nee integram
gloriam esse sinit; femer derselbe Quinctius im Konflikt mit Nabis, dem Tyrannen von
Sparta, Liv. 34, 32, in Bezug auf Argos. Vgl. auch die Rede der Rhodier gegen Eume-
nes im Jahre 187 v. Chr., in der (sicherlich in schmeichelnder, aber doch Roms Reputa­
tion berücksichtigender Absicht) das Besondere der römischen Politik hervorgehoben
wird,Polyb.21,23,7iT.
38
Vgl. z. B. die bei Livius 34, 35 überlieferten und an Nabis gerichteten Vertragsbedin­
gungen: 1. Abziig der praesidia, 2. Besitzstandswahrung der freien Städte, 3. Rüstungs­
beschränkungen für Nabis, 4. Ausreisemöglichkeit der Verwandten der exules, 5.
Schutz der pro^römischen Überläufer, 6. kein Bündnis mit kretischen Städten, 7. keine
Anlage von Kästellen, 8. Geiseln und Entschädigungsleistung. Man kann kaum sagen,
daß hier römischer Egoismus augenfällig ist.
39
Vgl. nur Polyb. 21, 11; 27, 7, 12; 29, 4, 9-10; 36, 17, 13; Liv. 44, 24, 2ff; 45, 18, 1-2;
vgl. Justin. 38, 6, 7; Sali. Jug. 81, 1.
40
Vgl. 1. Makk. 8, 4ff.; 11-13; kein Diadem 14; 3. Esra4; Orac. Sib. 3, 175-179.
41
Lit. zum bellum iustum: J. Rüpke (1990); H. Botermann (1987), S. 1-29; S. Albert
(1980). Vgl. L. Loreto, (1997), S. 489-521.
42
W. Dahlheim (1977), S. 191.
43
Vgl. in provokativer Fragestellung J. A. O. Larsen (1935), S. 193-214.
44
Dazu unten S. 176, Anm. 57. Vgl. Caes. bell. Gall.7, 77, 15f; Sali. hist. 4; Tac. Agr.
30.
45
Dazu insbesondere W. Dahlheim (1977); E. Gruen (1984), I, S. 13ff.
46
Dazu E. Badian (1958).
47
Bezeichnenderweise ist der Hauptvorwurf an Roms Herrschaftssystem neben einer
unersättlichen cupiditas die Falschheit und Hinterlist, weil Worte und Taten der Römer
nicht übereinstimmen; vgl. Sali. hist. frg. IV {epistula Mithridatis) bes. 5-9.
48
Vgl. zuletzt R. M. Kallet-Marx (1995). Er geht insbesondere von E. Badian (1958), S.
113f, aus, nach dem das Jahr 146 „sees the end of proper international relations and
proper international law over the Roman world". Kallet-Marx dagegen kommt in seiner
Analyse zu dem Fazit (S. 338): „The assignement of Macedonia provincia to a Roman
praetor after 148 did not alter the fundamental emphasis upon command and obe-
dience". Was die Herrschaftsorganisation angeht, hat Kallet-Marx recht; eine Zäsur war
das Datum (148/146) aber gleichwohl.
49
Letzteres ist hinlänglich bekannt und braucht hier nicht weiter verfolgt zu werden;
vgl. W. Dahlheim (1977), bes. das Kapitel „Die Kapazität der Herrschaft", S. 283-321;
zuletzt R.Schulz (1998).
30
Raimund Schulz hat zudem jüngst mit Recht darauf hingewiesen, daß aus der rö­
misch-republikanischen Herrschaftspraxis auch der Charakter dieser Herrschaft deutlich
werde, (1997), S. 13fT.
31
Th. Hantos (1983) hat fünf Formen herausgearbeitet.
52
Zur Provinzialverwaltung gibt es eine nahezu unüberschaubare Fülle an Literatur,
insbesondere was Teilstudien über einzelne Provinzen bzw. Regionen betrifft. Beson­
ders hervorzuheben sind Th. Mommsen (1952); für Kleinasien D. Magie (1950); für
Griechenland S. Accame (1946); E. S. Gruen (1984); G. Luzzato (1985); M. Crawford
(1990), S. 91-121; A. Lintott (1993); R. M. Kallet-Marx (1995); D. Strauch (1996); ftir
die Zeit seit 31 v. Chr. auch M. Sartre (1991). Zum Provinzialsystem als Ganzem W.
Dahlheim (1977) und R. Schulz (1997).
176 Anmerkungen

53
E. Badian (1958); vgl. auch Ch. Meier (1988), S. 34ff., der auf Appian b.c. 2, 4 hin­
weist: cöanep aTc&aau; 7i6Xeaiv e<m xiq ev 'P6i\i\\ npooTcwriq; vgl. ferner Liv. 9, 20,
10; Dion. Hai. 2, 11, 1; Cic. Verr. 2, 2, 122; ad fam. 13, 64, 2 zu patroni dati. Pompeius
wird von Cic. fam. 9, 9, 2 (Dolabella an Cicero) als neque ... regum ac nationum clien-
telis... tutum charakterisiert.
54
Der Begriff ist untechnisch, aber keine moderne Konstruktion; im Prinzipat, als der
Kaiser der Patron aller war, konnte leicht die Vorstellung eines patronalen Verhältnisses
auf außenpolitische Abhängigkeiten übertragen werden, vgl. D 49, 15, 7 (Proculus);
Suet. Aug. 60 (reges verhielten sich in Rom clientium more)\ auch die res gestae des
Augustus vermitteln einen solchen Eindruck (26; 31 f.). Vorbereitet war diese Übertra­
gung schon in der Republik, wo aber naturgemäß Privatleute Patronatsrollen übernah­
men (Institutionen mit immer wechselnden Mitgliedern bzw. Amtsinhabern sind zu ei­
ner solchen Übernahme nicht geeignet), vgl. Cic. fam. 15, 4, 15: die Insel Zypern und
das Königreich Kappadokien zählen zur clientela Catos. Zur Sache etwa D. Braund
(1984); vgl. auch F. Jacques/J. Scheid (1990); E. Paltiel (1991); ferner die noch unver­
öffentlichte Habilitationsschrift von A. Luther (1999).
"Vgl. A.Luther (1999).
56
Suet. Aug. 48: nee aliter universos (sc. reges) quam membra partisque imperii curae
habuit („Und nicht anders kümmerte er sich um alle, als ob sie Glieder und Teile des
Reiches seien.")
57
Auf eine Quelle dieser Zeit müssen die stereotyp wiederholten Anklagen gegen die
römische Herrschaft als habgierig, machtversessen, königsfeindlich und hochmütig zu­
rückgehen, wie wir sie bei römischen Autoren seit Caesar immer wieder formuliert fin­
den, z. B. Caes. bell. Gall. 7, 77, 15f. (Critognatus); Sali. Jug. 81 (Jugurtha); Sali. hist. 4
(Mithridates); Justin. 28, 2, 8ff. (die Ätoler); 29, 2 (Demetrios von Illyrien); 38, 6
(Mithridates); Sen. ep. 95, 30f; Tac. hist. 4, 32 (Civilis); Agr. 30-32 (Calgacus).
58
Vgl. dazu R. Schulz (1997), S. 42ff. zur lex Sempronia de provineiis consularibus\ S.
48ff. zu Sulla Reformen.
59
Sie ist beschrieben bei App. Mithr. 113-115.
60
Pompeius, als Person und als römischer Politiker in der modernen Forschung wenig
geschätzt, müßte vor dem Hintergrund seiner konstruktiven Reichspolitik, aber auch im
Vergleich mit seinem großen Gegenspieler Caesar neu bewertet werden; vgl. jetzt W.
Dahlheim (2000), S. 230-249.
61
W.Dahlheim(1977),S.90.
62
Die Römer haben, man muß wohl sagen, geradezu skrupulös auf die Konformität ih­
rer Entscheidungen mit der geltenden Rechtslage geachtet, und das hieß: der Rechts­
lage, die sie beim Beginn ihrer Beziehungen zu der jeweiligen Gemeinde, Stadt oder
Region bestätigt hatten. Vgl. Sherk (1969) Nr. 7, Z. 54 (che elq if)v tpiXiav xox> Siyiov
xo\) 'Pcou,aicov TiapeYEveio; „als sie in die Freundschaft des römischen Volkes kam");
9, Z. 21 f. (ux9' fjq x^Pa<ö e ^ X11M- «pikuxv xo\) [Sfipoi) x]o0 'Pcou-cxicov vv TtapEYEVovxo
„mit welchem Land sie in die Freundschaft des römischen Volkes kamen"); ähnlich 10,
Z. 6; als Prinzip formuliert in einem Brief des Prokonsuls an die Chier in augusteischer
Zeit (4/5 n. Chr.?): KaxaKoA.o-ü9cov zf\ KaGoXiicn pot) [7tpo]8Eaei zox> TT|[P]ETV iä \>nö
TCOV npö E\IO\> avGDTidxcov Ypacpevxa [cpv]Ä.dTT£iv („Meiner grundsätzlichen Vorgabe
folgend, die Verfügungen der Prokonsuln vor mir zu bewahren."). Dieses Feld bedarf
einer.gründlichen Untersuchung, die gerade auch den Unterschied zur hellenistischen
Praxis betonen müßte. Eine im Entstehen begriffene Studie über das hellenistische Kö­
nigsland von Ch. Mileta (Der König und sein Land) wird dazu Wichtiges beitragen.
63
Lact. inst. 5, 16, 2-4, 5; Cic. rep. 3, 6fT.; in diesen Zusammenhang gehört wohl auch
das berühmte Fragment aus Ciceros „Staat" bei Non. p. 498, 18: noster autem populus
Anmerkungen 177

sociis defendendis terrarum iam omnium potitus est („Unser Volk hat sich aller Länder
bemächtigt, indem es die Bundesgenossen verteidigte.").
64
Polyb. 24, 8-10; 10, 8 bezeichnet Polybios Kallikrates als nicht wissentlichen
u.eY&Ä.cov KCXKCOV apxnYÖS („Urheber großer Übel"); denn seine Vorschläge führten ja
zwangsläufig zu verstärkter Einmischung.
65
Dazu E. Baltrusch (1998a), S. 217fT.
66
Zum Statthalter, seiner Ausbildung, seinem Stab und seiner Regierung jetzt R. Schulz
(1997).
67
So Ch. Meier (1988), S. 35; zu Recht anders R. Schulz (1997), S. 294.
d8
Vgl. Liv. 33, 24, 6: Ibi haudmulta verba facta, cum Macedones quodcumque senatus
censuisset id regem facturum esse dicerent („Dort wurden nicht viele Worte gemacht,
da die Makedonen sagten, daß der König das tun würde, was auch immer der Senat be­
schlossen hätte.").
69
Vgl. Liv. 31, 29, 9: die Gesandten Philipps im concilium Aetolorum („in der Ver­
sammlung der Ätoler") charakterisieren die römische Herrschaft: et quotannis alium at-
que alium dominum sortiuntur („und alljährlich bestimmen sie sich immer andere Her­
ren"); 32, 32, 7.
70
Vgl. dazu grundlegend W. Dahlheim (1977), S. 283ff.; besonders wichtig ist W. V.
Harris (1979).
71
Vgl. z. B. Q. Pompeius in Spanien bei App. Ib. 340 oder Scipio Aemilianus bei Diod.
32, 4, 5. Die Belege ftlr den Hochmut römischer Aristokraten .im Osten wie im Westen
bei Polybios oder Livius sind Legion.
72
Cic. prov. cons. 31.
73
Auch Augustus verwendet in seinen res gestae 26 ftir seine Provinzialpolitik im We­
sten pacare.
14
Die immer noch, auch in Bezug auf das Reich, vorherrschende, wegen ihrer Systema­
tik positive Sicht von Sullas Reformen in der modernen Geschichtswissenschaft (zuletzt
R. Schulz (1997), S. 48ff.) bedarf dringend der Korrektur; diese Reformen waren alles
andere als eine „Antwort auf die Anforderungen eines Weltreiches" (Schulz); sie sind
vielmehr ausschließlich mit dem Blick auf die Stadt Rom initiiert gewesen.
75
Man kann dieses System pro meritis besonders an dem Senatsbeschluß über die kari­
sche Stadt Stratoniceia studieren, OGIS II 441 [Sherk (1969), Nr. 18].
76
Scipios aktive Bündnispolitik in Spanien nach 218 hatte zunächst keinen anderen
Zweck, als die bislang dort herrschenden Karthager zu schwächen, Liv. 21, 60; Polyb.
10, 34f. Die Hoffnungen der Bündnispartner auf baldige Freiheit zeigten sich jedoch
schon bald als unrealistisch: die „Eroberung" Spaniens (App. Ib. 111: •üJifryeTo) nach
206 erfolgte ebenso aus römischen Interessen, weil sie für die abschließende Auseinan­
dersetzung in Afrika notwendig schien.
77
Vgl.E.Gruen(1984),I,S. 13ff.
78
So schon von Polybios 20, 9, 10-12 betont; auch bei Liv. 36, 28, 4-6 streiten sich
Römer und Aetöler über den Inhalt des se inßdem alicuius permittere; der Ätoler un­
terbricht den Römer erbost mit der Bemerkung: non in servitutem sed inßdem tuam nos
tradidimus. Über die rechtliche Seite dieses viel diskutierten Falles (und anderer Fälle
yon deditiones) vgl. D. Nörr (1989), bes. S. 32f.
79
Zur Erforschung dieses Aspekts römischer Herrschaft über den griechischen Osten
vgl. besonders W. Dahlheim (1977), S. 190ff.; R. Bernhardt (1971); E. Gruen (1984), I,
S. 132ff.; J.-L. Ferrary (1988), S. 45ff.; D. Strauch (1996), S. 1 lff.
8
° Liv. 33, 33.
81
Das wird bes. betont von E. Gruen (1984), I, S. 132ff., bes. S. 151ff.; S. 156f.
178 Anmerkungen

82
Dazu immer noch grundlegend A. Heuß (1995a), S. 236-297 (zuerst erschienen
1938).
83
Vgl. P. S. Drerow (1991), S. 261-270, zu einem Vertrag der illyrischen Stadt mit Rom
(SEG 35, 823): in einem Dekret stellen die Pharier fest: [a7iEÖa)K<x]v TIU.IV tf|v xe nökiv
[f)u.cov Kai xoix; 7iaTpio]\)q vou.ouq (nämlich die Römer). Allerdings ist völlig unklar,
auf welche Zeit sich diese Angabe bezieht, also ob hier an 229/8 zu denken ist; gegen
Drerow jetzt A. M. Eckstein (2000), S. 527. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, daß
Rom schon früh die (ja gerade von der illyrischen Königin Teuta bedrohte) Autonomie
nutzte, um socii zu gewinnen - darin muß man keineswegs also schon Mitte des 3. Jahr­
hunderts „stern Roman imperialism" vermuten (Eckstein).
84
Syll.3 684 [= Sherk (1969) Nr. 43], Z.9f. Die traditionelle Zuweisung zum Jahr 115
wurde aufgrund einer noch nicht publizierten Inschrift aus Argos von J.-L. Ferrary
(1988), S. 186-199 mit Anm. 228 schlüssig widerlegt. Weitere Literaturangaben zur In­
schrift bei D. Strauch (1996), S. 18, Anm. 25.
85
Vgl. A. Heuß (1937), S. 250.
86
Vgl. Sherk (1969) Nr. 1; S. 37; S. 38; S. 40.
87
Vgl. auch J.-L. Ferrary (1988), S. 117fT.
88
Literatur zum Roma-Kult bei D. Strauch (1996), S. 63f, und Anm. 233.
89
So seit 182 v. Chr. in einem delphischen Beschluß Syll. 630 und besonders seit
Pydna; dazu J.-L. Ferrary (1988), S. 124-132.
90
Vgl. J. Toulomakos (1988), S. 304-324.
91
Vgl. dazu die guten Bemerkungen von J. Ma (1999), S. 37f; 152ff., der zwar die stark
juristisch fundierte Theorie von A. Heuß über die Beziehungen zwischen Herrscher und
Stadt ablehnt, aber genauso kritisch gegenüber der diametral entgegengesetzten Theorie
von W. Orth auftritt.
92
z. B.Liv. 34,58, 11.
93
Vgl. Plut. rei publ. gerend. praec. 19.
94
Vgl. z. B. Polyb. 30, 9: Polyaratus, ein im Perseus-Krieg gegen Rom agitierender
Rhodier, fand keine Zuflucht mehr, weil die Furcht vor Rom die griechische Welt
durchdrang.
95
Liv. 21, 60; Polyb. 10, 34f.
96
Polyb. 10, 38: Abschluß eines Vertrages im Jahre 208 mit dem Fürsten der Ilergeten.
97
App. Iber. 18, 111 (im Jahre 206 v. Chr.).
98
Liv. 29, 1,24.
99
Die Begrifflichkeit nach dem Standardwerk von L. Mitteis (1891), S. 1-110.
100
Sherk S. 22 und S. 58.
101
Vgl. zuletzt die Literaturangaben bei K. Meister (1999), S. 70-90 zum sog. „Raub­
vertrag" zwischen Philipp V und Antiochos III, hier: S. 79ff. und S. 84ff. zum „Angst­
motiv" der Römer.

IV. „Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen"

1
Das Zitat lautet im erweiterten Original: CCUTOI (sc. die Römer) evSoKouaiv ev näaiv
xotq 7ipocm8EU.evoi<; ccuTotq, Kai öaoi av TipooeXGcoaiv ccuTotq, iaxcoaiv a\)tot<;
(piAAav, und steht in der zu besprechenden Einschätzung der Römer durch die Juden in
l.Makk. 8, 1.
2
2. Makk. 11, 13-37: die viel diskutierten vier Dokumente mit der von K. Bringmann,
(1983), S. 40-51, ausgearbeiteten Datierung und Reihenfolge: 1. ein Brief des Lysias an
Anmerkungen 179

die Juden vom Oktober 165; 2. der dritte Brief in der Sammlung von Antiochos IV an
den Ältestenrat und die übrigen Juden vom November/Dezember 165; 3. der vierte
Brief ist der noch zu besprechende Brief der drei römischen Gesandten an das Volk der
Juden vom Februar/März 164 (also noch zu Lebzeiten Antiochos* IV, der Ende 164
starb); 4. der zweite Brief in der Sammlung ist der einzige des neuen Königs Antiochos
V an Lysias Ende 164/Anfang 163. Aber erst seit dem Sommer 163, als Lysias seine
Stellung durch Philippus akut bedroht sah (1. Makk. 6, 55f; 2. Makk.13,23), kommt es
zu einem Ausgleich mit den Aufstandischen, 1. Makk. 6, 60-63. Vgl. zu den nicht im­
mer klar rekonstruierbaren Ereignissen ibid., S. 51-65; ferner D. Gera (1998), S. 239-
254.
3
2. Makk. l i , 34-38. Die Literatur über dieses Dokument ist Legion. Seine Echtheit
wird ohne zwingende Gründe bestritten noch von J.-D. Gauger (1986), S. 263-291, hier
264f; O. Möfkholm (1966), S. 163f; vgl. W. Kolbe (1926), S. 77f. Grundlegend auch
hier K. Bringmann (1983), bes. S. 47-50; ferner M. S. Ginsburg (1928), S. 24-30; M.
Hadas-Lebel (1987), S. 720-722; A. Giovannini (1995), S. 46ff. zur Gesamteinordnung;
J.-D. Gauger (1986), S. 264f (Fiktion); B. Bar-Kochva (1989), S. 516-542, hat eine an­
dere Reihenfolge für die 4 Dokumente als Bringmann: 1 (Okt. 165); 4 (kurz danach); 3
(Frühjahr 164); 2 (Sommer 162); Chr. Habicht (1976), S. 177-85 hat wieder eine andere
Reihenfolge: 3, 1, 4 (Antiochos IV), 2; übt auch Kritik an römischer Politik, „mit abge­
fallenen Untertanen eines befreundeten Königs ... Kontakte anzuknüpfen" (260); D.
Gera (1998), S. 245f. zur Reihenfolge.
4
Vgl. die Berichte 1. Makk. 4, 26-35; 2. Makk. 11, 1-12.
5
Die Historizität der in den Makkabäerbüchern berichteten Ereignisse ist nicht unum­
stritten, vgl. J. G. Bunge (1971), S. 416-25; P. Schäfer (1977), S. 566-68.
6
Vgl. den Brief des Lysias an das Volk der Juden (vielleicht Oktober 165) 2. Makk. 11,
16-21.
7
Vgl. den Brief des Antiochos IV an die Gerusie und die übrigen Juden (etwas später
als der des Lysias) 2. Makk. 11,27-33.
8
Die Identifikation der Namen bereitete (und bereitet) Schwierigkeiten; die beste Lö­
sung bei K. Bringmann (1983), S. 47ff. (vermutet Angehörige der großen Gesandt­
schaft, die mit Ti. Sempronius Gracchus zwischen 166 und 164 auch in Antiochien war,
Polyb. 30, 27); vgl. T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1951), I, S. 439f; D. Gera
(1998), S. 249f; anders dagegen B. Niese (1900), S: 485f. (auf der Basis Polyb. 31, 1,
6-8 ändert er Titus Manius in Manius Sergius um, worin ihm viele Forscher gefolgt
sind).
9
Bes. den „Tag von Eleusis": Liv. 45, 12; vgl. 44, 19, 6-14; Diod. 31,2; App. Syr. 349-
51; Polyb. 29, 27, 10; Justin. 34, 3, 1-4; Jos. ant. 12, 244; Hieron. in Dan. 11, 29f. Vgl.
G. Hölbl (1994), S. 133f; E. Will, (1979), S. 270-5.
10
Gegen J.-D. Gauger (1986), S. 264f.
11
So Ginsburg und Giovannini (s. Anm. 3). Vgl. zu Roms Beziehungen zum seleukidi-
schen Reich mit einigen Richtigstellungen E. S. Gruen (1976), S. 73-95. Auch nach D.
Gera (1998), S. 251, zielte die römische Initiative „at encouraging the Separatist aspira-
tions of Judas and his men and weakening the Seleucid kingdom".
12
Ein Teil der modernen Forschung hat denn auch diesen Aspekt grundsätzlich in der
Diskussion der jüdisch-römischen Beziehungen betont, vgl. Ch. Habicht (1976), S. 260,
und andere.
13
Vgl. auch hierzu die noch unveröffentlichte Habilitationsschrift von A. Luther (1999).
14
Zu ihm wie zu den anderen „Reichskanzlern" des Seleukidenreiches K. Ehling
(1998), S. 101.
180 Anmerkungen

15
So verhielten sich die Römer auch bei anderen Aufständen innerhalb des schwächli­
cher werdenden seleukidischen Reiches, z. B. dem des Satrapen von Babylon Timar-
chos, Diod. 31, 27a; App. Syr. 47.
16
Z. B. im Senatsbeschluß über die böotische Stadt Thisbe [Sherk (1969) Nr. 2, Z.19J:
a OCÜTCDV eye[Y]öveiaav, xcuha TJIICOV p[e]v EVEKEV e^eivai eöo^ev; im Senatsbe­
schluß de Sarapeo Deli insulae (Sherk Nr. 5, Z.32-34): KCCGOX; tö Ttpöxepov
e0Epd7te\)Ev, EVEKEV T)U.COV 0Epct7tE\)Eiv E^ECJTIV bei Diod. 31, 27a heißt es Tip.otpxov
EVEKEV ctt>TCDv ßctaiAEcc Eivai; in unserem hier in Rede stehenden Brief (2. Makk. 12,
35) steht: Kai TJUXI«; a\)VE\)8oKo0p.Ev.
17
1. Makk. 8, 1-16 (gekennzeichnet als eine Einleitung zu dem dann wiedergegebenen
Vertrag zwischen Rom und dem jüdischen Ethnos). Den gleichsam dokumentarischen
Charakter dieses Einschubs betont M. Sordi, (1975), S. 103: „Dobbiamo concludere che
l'elogio dei Romani e un documento introdotto dall'autore nel suo racconto, al pari de-
gli altri documenti di archivio da lui utilizzati; un documento certamente anteriore al
152 (zu diesem Zeitpunkt nämlich wurde Jonathan, Nachfolger des Judas Makkabaeus,
von Alexander Balas investiert) e strettamente collegato con l'ambasceria e il trattato
del 161". Sordis Datierung wurde einiger Anachronismen im Text wegen vehement ab­
gelehnt, obwohl sie diese Anachronismen einbezieht und erklärt, S. 98, Anm. 17. An­
ders G. Stemberger (1983), S. 6-12; M. Hadas-Lebel (1990), S. 24-31 [wie dies. (1987),
S. 736-745]: Datierung Ende des 2. Jh. Nach Stemberger ist der Abschnitt über die Rö­
mer „bewußte Schönfärberei" (9), „unglaublich naiv", „ein Werk späterer prorömischer
Propaganda" (6), „Folge schlechter Erfahrungen mit Rom oder in der Bibel begründeter
Einwände". J. A. Goldstein (1976), zu 1. Makk. 8, 1-16 stellt eine bewußte Parallelisie-
rung Roms und der Juden her und vergleicht die beschriebene römische Politik sogar
mit der jüdischen Praxis Konvertiten gegenüber; vgl. ders. (1987), S. 320: „As seen
through Jewish eyes, republican Rome, still puritanical, seemed to be almost Jewish." E.
S. Gruen (1984), I, S. 338-341 sieht den Abschnitt doppeldeutig: „Admiration and an-
xiety mingle in the lines that apply to Rome in 1 Maccabees" (341). D. Flusser (1983),
S. 156-158, stellt den Zusammenhang mit dem römischen Imperialismus heraus, daß
viele Gefahren für Israel in dem Lob (riDü) beschrieben werden; v. a. daß die römische
bellum-iustum-TheoTie nicht erwähnt wird; J.-D. Gauger (1986), S. 286, verlegt die
Römerpassage gar auf die Zeit um 63 (der eine Mann könnte Pompeius sein).
18
Der hier besprochene Text ist das einzige erhaltene Urteil über den römischen Impe­
rialismus, das wir aus einer nicht griechisch-römischen Sichtweise besitzen; die Juden
sind (noch) keine Untertanen und urteilen aus der Perspektive von potentiellen Bünd­
nispartnern. Wesentliche Kategorien der Imperialismus-Kritik tauchen auch hier auf,
allerdings ohne den negativen Unterton: die militärische Stärke als Kennzeichen der
Römer (vgl. die Calgacus-Rede in Tac. Agr. 30-32; Mithridates-Brief bei Sali. hist. 4);
amicitiae als wichtigstes Herrschaftsmittel (Mithridates spricht von amicitiam simulan-
tes: Sali. hist. 4); ihre Feindschaft gegen Könige (Jugurtha bei Sali. Jug. 81; ebenfalls
Mithridates Sali. hist. 4 und Justin. 38, 6; Demetrios von Pharos bei Justin 29, 2); daß
die Römer auch aus materiellem Interesse Regionen unterwarfen, kommt auch in 1.
Makk. 8, 3f; 7 zum Ausdruck; dieser Aspekt weitet sich in der Imperialismus-Kritik
zum avar/7/a-Motiv aus (neben den angeführten Stellen auch noch Caes. bell. Gall. 7,
77, 15f. in der Critognatus-Rede; Tac. hist. 4, 32 in der Civilis-Rede; Sen. ep. 95, 30f).
All das zeigt deutlich, daß die Einschätzung der Römer durch die Juden nicht fiktiv ist;
es kommt in ihr die Ungewöhnlichkeit Roms im Vergleich mit anderen Mächten zum
Ausdruck. Die Hinweise auf die Imperialismus-kritischen Stellen verdanke ich dem
Kollegen aus der Klassischen Philologie Widu-Wolfgang Ehlers, mit dem ich im Som-
Anmerkungen 181

mersemester 2000 an der Freien Universität Berlin eine Lektüre-Übung zum Agricola
des Tacitus veranstaltet habe.
19
Gegen die übliche Interpretation einer solchen „anticipazione dei fatti del 146" M.
Sordi (1975), S.99, Anm. 17.
20
Der aus 1. Makk. stammende Parallelbericht bei Jos. ant. 12, 414 weicht in diesem
Punkt von seiner Quelle ab, wohl weil er die Gründe der Auslassung nicht mehr ver­
stand.
21
Zwar werden die Könige als Angreifer dargestellt (die Formulierungen sind dement­
sprechend EJIEA.96VTCOV en atixoix;; ETrnppivoix; in atixotiq; xöv 7tope\)9evxa en
a\)xo\)<; ei<; 7t6A.ep.ov; eßovXe'uaavxo eXGeiv Kai e£,apai avxo'oq; avxeaxT|aav
a\)xoi<;: 8, 4-11; die Wortwahl stellt die Könige immer als Aggressoren dar), doch bei
anderen (zumal westlichen) Gegnern fehlen dergleichen Formulierungen (8, 2-4), es
werden vielmehr höchst eigennützige Interessen der Römer genannt.
22
Die älteste Erwähnung der Römer findet sich in Daniel (geschrieben wohl in den
160iger Jahren) 11, 30: ÖTp-rmD bv D17H DEh ntoai DTD D^a "D 1KTI („Und es
kommen Schiffe der Kittäer gegen ihn und er wird gedemütigt und kehrt um und richtet
seinen Zorn gegen den Heiligen Bund"); DTD ist in der Septuaginta wie Vulgata als
Römer verstanden. Daniel bezieht sich hier auf den Tag von Eleusis und die Demüti­
gung Antiochos' IV. Das Bild in 1. Makk. 8 kommt also nicht von ungefähr. Kurz zuvor
„prophezeite" Daniel (11, 18) auch die Niederlage Antiochos III gegen die Römer (auch
hier: Kittäer). Vgl. F. F. Bruce (1978), S. 3f. Auch in den Qumran-Kommentaren zu
Habakuk und Nahum rückt der kriegerische Aspekt der Römer in den Mittelpunkt, I
QpHab III, 3 f. („Furcht und Schrecken"); 9ff.; IV 5ff.; VI, lff.; 4 QpNah I, 3.
23
So z. B. E. S. Gruen (1984), I, S. 339.
24
So J. A. Goldstein (1976) z. St. (der deshalb S. 355f gar die Abfassungszeit auf
Alexander Jannaeus verlegt); vgl. auch M. Smith (1978), S. 3. Vgl. auch T. Rajak
(1996), S. 108f.
25
Vgl. D. Flusser (1983), S. 256ff.; anders M. Sordi (1975), S. 99f.
26
1. Makk. 8, 3f, ist die Rede von den verlockenden Silber- und Goldbergwerken in
Spanien; sie eroberten jede noch so entfernten Ort xfj ßo\)Xr| auxcov Kai xfj uxxKpo-
0i)u.ia.
27
Vgl. Polyb. 31, 10, 7. Er bestätigt das und sieht darin ein probates Herrschaftsmittel
der Römer.
28
Polyb. 30, 25f; vgl. T. R. S. Broughton/M. L. Pattersen (1951), I, S. 438.
29
So nach 1. Makk. 8, 16. Immer wieder wird von modernen Forschem betont, wie
schlecht der Autor über die Kollegialität in der römischen Verfassung Bescheid weiß
(Kai 7tiaxE\)o\)oiv evi avOpcbncp äpxeiv atixcov mx* Evia-oxöv). Das ist zwar richtig,
aber dem Autor kommt es auf zwei andere Dinge an: auf die Beauftragung dieser Be­
amten nämlich und die jährliche Begrenzung der Amtszeit - also auf Herrschaftsbe­
schränkung und -Kontrolle. Die falschen Angaben mögen zurückzufuhren sein auf die
Hinzunahme der Zahl der Magistrate zu der Zahl der Senatoren; auf die „Geschäftsfüh­
rung" eines der beiden Konsuln, als die jüdische Gesandtschaft in Rom war, so daß also
die Bedeutung der Kollegialität in den Hintergrund getreten sein mochte; auch die Un­
kenntnis der Unterscheidung von diesfasti und dies nefasti usw. beeinflußt ja nicht die
Kernaussage.
30
Bekanntlich ist dies auch die Auffassung von Polybios, bes. Buch VI.
31
Hier stand immer zu befürchten, daß Königswechsel die Situation veränderten, wie es
Judäa ja auch unter den Seleukiden zu erleiden hatte (vgl. die Privilegien von Antiochos
III, die Zusagen von Antiochos V oder die Politik des Demetrios I). Bündnisverträge
182 Anmerkungen

mit auswärtigen Staaten mußten im Judentum immer gut begründet sein, vgl. G. Stern-
berger (1983), S. 10.
"Jos. ant. 12,415.
33
In diesem Sinne vorbildlich ist nach wie vor die quellenkritische Untersuchung zum
Vertrag von 161 v. D. Timpe (1974), S. 133-152.
34
Vgl. jetzt K. Brodersen (1999).
35
Dazu E. Baltrusch (2001).
36
So die von 1. Makk. 8 und Jos. ant. 12, 415-9 gegebene Ordnung; etwas anders Jos.
bell. 1, 38. Daß Kap. 8 des 1. Makk. wie ein Einschub zwischen Kap. 7 und 9 wirkt, ist
oft hervorgehoben worden, besagt aber filr sich genommen noch nicht, daß eine jüdi­
sche Fälschung vorliegt. Die Datierung nach dem Nikanor-Erfolg ist eindeutig und
sollte, auch aus sachlichen Erwägungen heraus, nicht vor die Nikanor-Kampagne ver­
legt werden, so J. G. Bunge (1971), S. 660, Anm. 59a; P. Schäfer (1977), S. 589.
37
1. Makk. 6, 58: der Vorschlag des Lysias: Kai axfiacou,ev atixotq xoO 7tope\)ea9ai
xolq VOU.IU.OK; atixcov („und wir wollen ihnen erlauben, nach ihren Gebräuchen zu wan­
deln"), wird vom König gebilligt; Jos. ant. 12, 382: Kai 7i£u.\|/a<; 6 ßaaikeix; npö<; TTTV
'Io\)8av Kai xouq <xbv a\)T(prcoA.iopKO'üu.evoiN;eipf|VT|v xe ETtTryYetXaxo Kai a\)y-
Xcopeiv xoiqrcaxpLou;voumq XPCD^^V0'Ü9 Wv (»und der König schickte zu Judas und
zu den mit ihm Belagerten und erklärte sich zum Frieden und zu der Erlaubnis bereit,
daß sie nach den väterlichen Gesetzen leben dürften"); vgl. auch die schon diskutierten
Dokumente 2. Makk. 11, 13-38 und die Erörterung von K. Bringmann (1983), S. 40-65.
Daraufhin wird Menelaos als die Ursache allen Übels abgesetzt und von den Seleukiden
hingerichtet, 2. Makk. 13, 4-8; Jos. ant. 12, 385.
38
1. Makk. 7, 1-25; Jos. ant. 12, 393.
39
Sie wurden von Alkimos gewünscht (1. Makk. 7, 25; Jos. ant. 12, 400f.); geschickt
wurde der „Hasser Israels" (p.tao\)vxa Kai exOpaivovxa xcp IapaT|>.) Nikanor (1.
Makk. 7, 26; von Josephus ist eine solche Kennzeichnung Nikanors unterlassen, Jos.
ant. 12,402). Nikanor unterlag bei Adasa.
40
1. Makk. 7,49; 2. Makk. 15, 36; Jos. ant. 12,412.
41
Das Moment völkerrechtlicher Handlungsfähigkeit spielt auch in den römischen De-
ditions-Verträgen eine zentrale Rolle, deren Formular die ausdrückliche römische Nach­
frage an den potentiellen Vertragspartner enthält: Estne populus (hier ist der Name des
betreffenden Volkes eingefugt) in suapotestate? Liv. 1, 38, lf.
42
1. Makk. 8, 17: axf|aai cpiViav Kai a\)|±uax'iav („Freundschaft und Bündnis zu
schließen"); Jos. ant. 12, 415. Die Legitimation der Gesandtschaft vor dem Senat bei 1.
Makk. 8, 20 gegenüber der nachlässigen Formulierung bei Jos. ant. 12, 416 („die Ge­
sandten von Judas").
43
1. Makk. 8, 18.
44
Anders zuletzt J.-D. Gauger (1986), S. 266-286 zu den römisch-jüdischen Beziehun­
gen 161/60 v. Chr.; kritisch auch A N. Shenvin-White (1984), S. 73. Auf die seit E.
Täubler diskutierte Frage, ob hier nur ein Senatsvertrag vorliege, gehe ich nicht ein; vgl.
D. Timpe (1974), S. 133-152; auch die Theorie, daß es sich bei dem Text nur um ein
Vertragsangebot handele, nicht aber um einen ratifizierten Vertrag [so T. Fischer
(1981), S. S. 141], hat zu Recht keine Zustimmung gefunden. Zuletzt zu dem Vertrag D.
Gera (1998), S. 303-312.
45
Mißverstanden von D. Gera (1998), S. 313.
46
Vgl. den Senatsbeschluß de Astypylaiis Z. 45-8.
47
Ant. 12, 417f. Der Form nach handelt es sich bei Josephus um ein SC, das den Ver­
tragstext wiedergibt, aber in untechnischer und nicht völlig gleichgewichtiger Aus-
Anmerkungen 183

drucksweise. Betont wird die Echtheit aus formalen Gesichtspunkten auch von D.
Timpe(1974),S. 133ff.
48
So auch D. Gera (1998), S. 308.
49
Das geht aus der Formulierung 7toifiaou.ev avtou; xf|v Kpiaiv (hebr. ÜDB7D) 1.
Makk. 8, 32 hervor.
50
Es gibt auch sonst Belege für derartige römische Briefe an fremde Könige, z. B. an
Antiochos III bei Liv. 22, 8,9-16; vgl. Polyb. 18,47.
51
Jos. ant 14,233.
52
Die Entdeckung der Urkunde, bei Josephus an ihrem Platz, für unseren Vertrag ist B.
Niese (1906), S. 817fT, zu verdanken. Denn C. Fannius C. f. Cn. Strabo war Konsul 161
v. Chr. [T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1951), I, S. 443 und S. 444, Anm. 1]; von
Josephus wurde dieses Begleitschreiben allerdings in die Liste römischer Privilegien zur
Zeit Hyrkans II. eingereiht. Zum Titel axpaxTiYÖq ümaxoq M. Holleaux (1918), S. 3ff.
und B. Niese in seinem gerade zitierten Aufsatz.
53
Vgl. auch die guten Bemerkungen bei D. Timpe (1974), S. 143-5; anders, aber ohne
überzeugende Argumente J.-D. Gauger (1986), S. 271 f.
54
Josephus hat ihn ja gerade nicht in einen Zusammenhang mit dem Vertrag von 161
gebracht. Weitere Hinweise auf den Vertrag noch bei 2. Makk. 4, 11; Justin. 36, 3, 9;
Diod. 40, 2.
"Vgl. l.Makk. 7,5u.9.
56
So haben es allerdings sehr viele moderne Forscher gesehen, insbesondere M. S.
Ginsburg (1928), S. 34ff. mit seiner dezidiert antirömischen Darstellung.
57
Die gewiß sehr scharfsinnigen Interpretationen von J.-D. Gauger (1986), S. 266ff., zu
Diod. 40, 2 (vgl. dazu M. Stern (1974), I, Nr. 64 mit Textvarianten) und bes. zu Justin.
36, 3, 9, die angeblich gegen den Abschluß eines Vertrages und für eine bloße römische
Freiheitsproklamation sprächen, verlangen den Texten allzu viel ab.
58
Dazu allgemein W. Dahlheim (1977), S. 203.
59
Anders E. Gruen (1984).
60
Vgl. 1. Makk. 12, 9; 14f: „Wir wollten nun euch und den übrigen Bundesgenossen
und Freunden nicht zur Last fallen, denn wir haben ja die himmlische Hilfeleistung"
(xf|v e£ ovpccvoO ßof)0eiccv); vgl. ferner 1. Makk. 14, 21.
61
1. Makk. 9; 1-22; Jos. ant. 12, 420-434; bell. 1, 47. Judas lagerte in Elasa mit 3000
Mann, von denen angesichts der feindlichen Übermacht nur noch 800 verblieben.
62
l.Makk. 9, 23-73.
63
l.Makk. 10,21.
64
Zu Jonathans Führung des Aufstandes 1. Makk. 9, 23-12; Jos. ant. 13, 1-212; bell. 1,
48-49. Zunächst hatten Alkimos und die jüdischen Hellenisten mit seleukidischer Un­
terstützung die Macht inne (Jos. ant. 13, 4), aber 159 starb Alkimos (1. Makk. 9, 54-6),
und Jonathan gewann wieder an Boden (1. Makk. 9, 73; Jos. ant. 13, 34). Das innerse-
leukidische Thronkarussel begann sich 152 zu drehen, als Alexander Balas gegen De­
metrios I auftrat; Jonathan machte sich diese Konstellation für seine eigene Stellung zu­
nutze (1. Makk. 10; Jos. ant. 13, 35-61). Einen ersten Höhepunkt seiner neuen Position,
die er auch gewann, weil er sich den hellenistischen Spielregeln in der Politik anpaßte,
erlebte er in Ptolemais (1. Makk. 10, 51-66; Jos. ant. 13, 80-5). Als es seit 148/7 zu ei­
nem neuen Konflikt im Reich zwischen Alexander Balas und Demetrios II und etwas
später zwischen Demetrios II und Tryphon kam, war Jonathan schon so stark, daß er
seine Position halten und ausbauen konnte (seine Beziehungen zu Demetrios II bei
l.Makk. 11,20-37; Jos. ant. 13, 120-9; Jonathan hilft Demetrios in Antiochia: 1.
Makk. 11,38-51; Jos. ant. 13, 135-142, doch dann wird Demetrios treubrüchig: 1.
184 Anmerkungen

Makk. 11, 52f.; Jos. ant. 13, 143. Schließlich geht Jonathan gegen Demetrios II vor: 1.
Makk. 11, 54-74; Jos. ant. 13, 145-162).
65
l.Makk. 11,57.
66
1. Makk. 11, 54-74; Jos. ant. 13, 145-62.
67
1. Makk. 11, 57f; Jos. ant. 13, 145f. Antiochos bestätigte Jonathan nicht nur in sei­
nem Hohepriesteramt, sondern setzte ihn zudem über vier Bezirke (vgl. 10, 30 und 11,
34) ein und ernannte ihn zum „Freund des Königs". Als äußere Symbole seiner Macht
erhielt er die Vollmacht (e^ovoia), Gold und Purpur zu tragen.
68
1. Makk. 11, 60-74; vgl. auch Megillat Taanit; Jos. ant. 13, 154-162; 163: Kpaxf|oa<;
o$v 'ICDV&GTV; Z\\ U.&XÜ Xa\inp&(;.
69
1. Makk. 12, 1: Jonathan sah öxi 6 Kocipöq curccp aDvepyet; Jos. ant. 13, 163: Jo­
nathan sah öxircotvc'a\)Tü) Kctxct vovv jupovoia deox> xcopei.
70
Vgl. zur Organisation Griechenlands einer römischen Zehner-Gesandtschaft unter
dem Konsul von 146, L. Mummius, auch noch 145: Polyb. 39,3-6.
71
Zum Datum D. Timpe (1974), S. 146, Anm. 30.
72
1. Makk. 12, 1 formuliert: axf\aai Kai dvaveoooaaOai xf|v npöq a\)xov<; cpiUav
(„die Freundschaft mit ihnen festzusetzen und zu erneuern"), was von J.-D. Gauger
(1986), S. 276, zu Unrecht ftir seine These, daß die Römer weder mit Judas noch mit
Jonathan einen Vertrag abgeschlossen hätten, geltend gemacht wird.
73
Zu Gesandtschaft und Vertrag 1. Makk. 12, 1-4; 16; Jos. ant. 13, 163-165; der Ver­
tragsabschluß geht m. E. unstrittig aus 1. Makk. 12, 4 hervor, auch wenn nur die Geleit­
briefe erwähnt werden (s. dazu oben zu Judas); Josephus erwähnt ausdrücklich die Ver­
tragserneuerung. Zu dem Vertrag vgl. M. S. Ginsburg (1928), S. 53; E. M. Smallwood
(1976), S. 7; T. Fischer (1981), S. 142f; J.-D. Gauger (1986), S. 275ff; D. Timpe
(1974), S. 146f; P. Schäfer (1977), S. 593; K.-L. Noethlichs (1996), S. 12; J. A. Gold­
stein (1989), S. 316 und ders. (1976) z. l.Makk. 12.
74
Mit dem genauen Ablauf der spätseleukidischen Geschichte befaßt sich zur Zeit K.
Ehling, Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden (164-63 v. Chr.). Vom
Tode des Antiochos IV bis zur Einrichtung der Provinz Syria unter Pompeius, vorauss.
Habilschrift 2002: wesentliche Ergebnisse dieser Schrift konnte ich bereits verwenden.
75
1. Makk. 12, 6-18; Jos. ant. 13, 166-170 der Brief Jonathans; 1. Makk. 12, 19-23; Jos.
ant. 12, 226f. der Brief des Areus. E. Bickerman (1928), Sp. 786f, hält den Brief Jo­
nathans für echt, während der Areus-Brief wohl als die Fälschung eines hellenisierten
Juden anzusehen sei, aber (das ist hier wichtig) von Jonathan als echt betrachtet wurde;
er sei ein „Eintrittsbillet in die europäische Kultur"; ebenso M. Hengel (1989), S. 219f;
ders. (1988), S. 133f; ftir eine Fälschung auch B. Cardanus (1967), S. 317-24; vgl. E.
Schürer (1973), I, S. 184f, Anm. 33.
76
Vgl. 1. Makk. 12, 9 und 14f. und oben S. 92n\ zum römisch-jüdischen Vertrag von
161 v.Chr.
77
So offenbar B. Cardanus (1967), S. 317ff. auf der Grundlage von im übrigen in ganz
anderem Zusammenhang formulierten Aussagen bei Jos. c. Ap. 2, 130; 172; 225-231;
259ff.;271.
78
So 1. Makk. 12, 6; Josephus ant. 13, 166 versuchte erneut, zu „verbessern", indem er
die spart!atisehen Institutionen auflistet und die typisch griechische Grußadressen-For­
mel an den Anfang stellt. Auch der folgende Wortlaut paßt bei ihm nicht zu der von Jo­
nathan mit dem Brief verfolgten Absicht; gerade hier kann man sehr gut die Arbeits­
weise des Josephus verfolgen, der seine Quelle, 1. Makk., in eigentümlicher Weise um­
deutet.
79
Vgl. die Beispiele bei M. Hengel (1989), S. 219f.
80
2. Makk. 5, 9.
Anmerkungen 185
81
Es ist schon lange erkannt, daß der Brief 1. Makk. 12, 19-23 Hebraismen enthält
(Bickerman) und deshalb in dieser Form kaum original sein kann; das besagt aber noch
nicht, daß wir nicht ebensolche Vorgänge wie bei 1. Makk. 8 (doppelte Übersetzung!)
annehmen dürfen (siehe oben).
82
Ich plädiere aber nach diesen Überlegungen dafür, den Brief, bevor wir nicht einen
zweifelsfreien Beweis seiner Fälschung in den Händen haben, auch weiterhin für echt
zu halten. Wenn Jos. ant. 12, 226f. zusätzliche Angaben zum spartanischen Gesandten
des Areus sowie zum Siegel (Adler an einem Drachen) macht (freilich mit falscher zeit­
licher Einordnung), so scheint es sich um eine von 1. Makk. unabhängige Überlieferung
zu handeln; genaue Analysen kann man indes darauf nicht aufbauen.
83
l.Makk. 14,20-23.
84
1. Makk. 12, 24-34; Jos. ant. 13, 174-180: Jonathan im Norden; 1. Makk. 12, 35-38;
Jos. ant. 13, 181-3: Ausbesserung Jerusalems.
85
1. Makk. 12,39-53; Jos. ant. 13, 187-196; bell. 1,49.
86
1. Makk. 13-16; zu seiner für die Verfassung des hasmonäischen Staates fundamen­
talen Bedeutung vgl. E. Baltrusch (2001).
87
1. Makk. 13, 1-22; Jos. ant. 13, 197-209.
88
1. Makk. 13, 23; Jos. ant. 13, 209; bell. 1, 49; die Bestattung Jonathans wird 1. Makk.
13, 25-30 und Jos. ant. 13, 210-12 berichtet.
89
1. Makk. 13, 36-42; Jos. ant. 13,213-14.
90
1. Makk. 13, 43-53; Jos. ant. 13,215-17.
91
Denn in der die Verfassung konstituierenden Ehrenurkunde für Simon vom 18. Elul
172 seleuk. Zeitrechnung (also Sept. 140 v. Chr.) wird das römische Bündnis schon ge­
nannt, 1. Makk. 14, 40. Auch ist 14, 16 gesagt, daß die Nachricht von Jonathans Tod
nach Rom gelangt war.
92
1. Makk. 14, 1-3; Jos. ant. 13, 184-186.
93
Der Text 1. Makk. 14, 16f. scheint eine römische Initiative zur Vertragserneuerung
(TOO otvavecbaaoBai jcpöq CCÜTÖV cpiXiav Kai aup.p.axiav) anzunehmen, aber 14, 40
und auch 14, 22 erwähnen Gesandte Simons nach Rom.
94
Insofern braucht man nicht einmal an ein „Mißverständnis" des Autors von 1. Makk.
zu denken, wie D. Timpe (1974), S. 147, vorschlägt; es ist aber nicht statthaft, wegen
dieser „Initiative" der Römer die Echtheit des ganzen Berichtes in Frage zu stellen, so
J.-D. Gauger (1986), S. 275.
93
1. Makk. 14, 20-23. Interessant ist die Titulatur im Vergleich'mit dem Brief Jonathans
an die Spartiaten bei 1. Makk. 12, 6-18: der bnxi ]HD wird wörtlich zum iepeix;
ixeyaq statt apxiepeu«; für Simon; die D*OpT werden jetzt ebenfalls wörtlich zu oi
7tpeoß\)Tepoi statt zu fj Yepovoia. Vielleicht geht das auf das Konto der verschiedenen
Übersetzungen; doch möchte ich nicht ausschließen, daß Jonathans Brief die jüdischen
Verfassungsinstitutionen spartanisch-griechischem Verständnis entsprechend umge­
formt hat, während die Spartaner die wörtlichen Übertragungen der jüdischen Titel (al­
lerdings nur in der Grußadresse, nicht am Schluß des Briefes, wo Simon wieder als
apxiepe<)<; erscheint), dagegen Umschreibungen für ihre eigenen Institutionen aus Höf­
lichkeit bevorzugt haben. Auch der für griechische Ohren im internationalen Bereich
ungewohnte Titel döeXcpoi nimmt die jüdische Formulierung nach DT1N bzw. 1DTIK
(unsere Brüder) auf.
96
1. Makk. 14, 21 macht deutlich, daß die Juden keine Hilfe in Not erwarten.
97
1. Makk. 14, 24; 15, 16-24; Jos. ant. 13, 227 (mit falscher zeitlicher Einordnung);
wohl auch 14, 145-148. Die Datierung ergibt sich aus 1. Makk. 14, 24 (\izxa. xavxa,
also nach 142) und 15, 10 (Antiochos VII kam ins Land seiner Väter 174 sei. = 138 v.
Chr.). Die Gesandten Simons kehrten zurück, als Antiochos VII Dora belagerte, 15, 15.
186 Anmerkungen

Vgl. dazu E. Schürer (1973), I, S. 194-7; P. Schäfer (1977), S. 595; J. Juster (1914), I, S.
135-138; M. S. Ginsburg (1928), S. 54-64; D. Timpe (1974), S. 147; K.-L. Noethlichs
(1996), S. 154, Anm. 84.
98
Daher vermuten A. Giovannini/H. Müller (1971), S. 162f, zu Unrecht eine „Unacht­
samkeit" des Autors des römischen Briefes, ihn gerade an diese Stelle zu verlegen.
99
Nach der Grußadresse folgt 1. Makk. 15, 17-18 der Bericht über die Gesandtschaft,
19-20 dann zwei Auszüge aus dem Senatsbeschluß, eingeleitet durch rjpeaev ovv fip.lv
bzw. £5oqev 5e f)u,iv. 15, 21 ist als eine auf Wunsch der Juden von den Römern weiter­
gereichte Bitte an die Adressaten nach Auslieferung von Übeltätern (X.oipoi). Da der
erhaltene Brief an Ptolemaios VIII von Ägypten ging, vermutete A. Momigliano (1930),
S. 157, daß mit den Übeltätern die Verehrer des jüdischen Tempels in Leontopolis ge­
meint seien, was eine mögliche, aber keineswegs zwingende Erwägung ist; eher wäre an
die Feinde der Makkabäer während des Aufstandes zu denken. Paragraphen über die
Auslieferung von Flüchtlingen waren durchaus völkerrechtlicher Usus, und zudem kon­
statiert 1. Makk. 15, 22 ausdrücklich, daß die Römer gleichlautende Schreiben (Kai
TCU)T&) an die anderen Adressaten schickten. Die Kritik an der Echtheit des Schreibens
bei A. Giovannini/H. Müller (1971), S. 160ff.; J.-D. Gauger (1986), S. 275f, und ande­
ren, ist unbegründet.
100
1. Makk. 15, 22f.: Es sind dies die Könige (außer Ptolemaios VIII) Demetrios II
(Seleukidenreich), Attalus II (von Pergamon, 159-138), Ariarathes V (Kappadokien,
162-130); Arsakes (d. h. Mithridates I, Partherreich); die xropai Sampsame (unklar),
Sparta, Delos, Myndos, Sikyon, Karien, Samos, Pamphylien, Lykien, Halikarnassos,
Rhodos, Phaseiis, Kos, Side, Arados, Gortyna, Knidos, Zypern, Kyrene.
101
Vgl. M. S. Ginsburg (1928), S. 59: die Liste gebe uns „une representation tres nette
de ce qu'etait la diaspora juive au milieu du deuxi6me siecle avant l'ere chr&ienne et
nous permet de juger de-Tenorme autorite internationale de Rome ä cette öpoque". Vgl.
auch U. Rappaport(1996), S. lf.
102
Zur Identifizierung dieses Konsuls (aber vgl. M. S. Ginsburg (1928), S. 61, der einen
Übersetzungsfehler vermutet) vgl. T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1951), I, S. 476,
Anm. 1 (L. Caecilius Metellus, Konsul 142), oder S. 491 f., Anm. 2 (L. Valerius Flac-
cus, Konsul 131, Praetor also um 134).
103
F. Ritschi (1873), S. 596ff.; L. Mendelssohn/F. Ritschi (1875), S. 419IT.
104
(1906), S. 146ff.
105
Vgl. D. Timpe (1974), S. 147.
106
Die Gemeinsamkeiten: Pränomen; Name des einen jüdischen Gesandten (Nume-
nius); die Erneuerung des Bündnisses als Ziel der Gesandtschaft; der goldene Schild mit
Wertangabe und Annahme durch die Römer; Erwähnung von römischen Briefen an
Städte und Könige zwecks Abwehr von Gefahren ftlr die Juden; die Unterschiede: Die
Amtsangaben; die Zusammensetzung der jüdischen Gesandtschaft; die josephische Da­
tierung (ant. 14, 148 als Anhang an das SC gekennzeichnet: im 9. Jahr des Hoheprie-
sters und Ethnarchen Hyrkan im Monat Panemos), die, selbst wenn sie fehlerhaft sein
sollte, doch eher den Bezug auf Hyrkan I als auf Simon nahelegt, der ausdrücklich im
Lucius-Brief 1. Makk. 15, 17 genannt ist. Manche Forscher haben deshalb die Schildge­
sandtschaft auch in die Zeit des Nachfolgers Simons, Johannes Hyrkan I, verlegt, vgl.
bes. M.Stern (1961), S. 6.
107
Die Datierung ergibt sich aus dem bei Jos. ant. 13, 260-266 genannten Prätor
(atpaxTiyoq) Fannius M. f., welcher 122 Konsul und dementsprechend frühestens 125
Prätor gewesen sein kann (T. R. S. Broughton/ M. L. Pattersen (1951), I, S. 509, Anm. 2
favorisiert 126; ferner S. 516).
Anmerkungen 187
108
Grundlage der Einordnung ist ein pergamenisches Psephisma bei Jos. ant. 14, 247-
255 (von Josephus offenkundig falsch eingeordnet); vgl. 14,205. Die Datierung ist aber
auch hier überaus kontrovers diskutiert; ich folge in diesem Punkt den Überlegungen
von M. Stern (1961), S. 7-22; T. Fischer (1970), S. 64-82. Vgl. J. A. Goldstein (1989),
S. 327f; U. Rappaport(1996), S. n.
i09
Diese Phase dauerte bis zum Tod des Königs auf seinem Partherfeldzug im Jahre
129, Jos. ant. 13, 228ff.; bell. 1, 54-69. Die Belagerung Jerusalems durch Antiochos bei
Jos. ant.13, 245-249; Diod. 34, 1; Just. 36, 1.10; Eus. Chron. 1, 255 (Schöne). Das äu­
ßerst faire, von den Ratschlägen seiner cpitan abweichende Verhalten des Königs ist
durch jüdische und griechische Quellen bezeugt; es kann aber nicht auf römischen
Druck zurückgeführt werden, da die Quellen von einem solchen nichts verlauten lassen.
1,0
Vgl. Jos. ant. 13,273.
111
Expansion im Ostjordanland, Eroberung Samarias, ferner an der Westküste (Jos. ant.
13, 249; 281; bell. 1, 64ff.); die militärische Macht des jüdischen Staates wurde weiter
gestärkt, insbesondere jetzt durch Söldner.
112
Das demonstriert die Erzählung bei Jos. ant. 13, 289-298; bKidduschin 66a. Jos. ant.
13, 288 sagt dazu: 'YpKavw 5E (pGovov EKIVTIOEV jiapa xcov 'Iovöaicov f| e\)7cpayia.
Vgl. dazu jetzt E. Baltrusch (2001). Zu Hyrkan in der rabbinischen Überlieferung vgl. J.
Derenbourg (1867), S. 70-82; P. Kieval (1970), S. 39-53.
113
Insofern verschob sich die Prioritätensetzung römischer Politik hin zur Bundesgenos­
senfrage, Agrarproblematik, Normierung des mos maiorum, was der auf den Prätor
Fannius zurückzuführende Senatsbeschluß über die Vertragserneuerung mit Hyrkan
auch andeutet: Jos. ant. 13, 265: jcepi U.EVXOI Ypanp.axcov ccjiEKpivovxo ßo-oXe-üEaGai,
öxav anö xcov I8iü)v TI a\)yKÄ.T|xo<; ei)öxoXr\cx\. Dies spricht zumindest nicht gegen
eine Datierung auf die Zeit 128-125. Zum Charakter der römischen Außenpolitik wäh­
rend der Krisenzeit im oben skizzierten Sinne vgl. insbesondere A. Heuß (1998), S.
229ff.: Der römischen Politik war erlaubt, „ihre Aufmerksamkeit nahezu ungeteilt den
inneren Fragen zu widmen und die Außenpolitik in den Hintergrund des allgemeinen
Bewußtseins zu drängen." (230).
114
Jos. ant. 13, 254 stellt den Zusammenhang zwischen dem Tod des Königs und den
außenpolitischen Erfolgen Hyrkans her, die dann 254-258 berichtet werden; 259
schließt dann der Abschnitt über das Verhältnis zu Rom an (bis 266), aufweichen 267
folgt: hier wird berichtet von Demetrios II, seiner judenfeindlichen Haltung und seiner
Schwäche, die von dem ptolemäisch beeinflußten Usurpator Alexander Zabinas ausge­
nutzt wurde.
115
Der Vertrag bei Jos. ant. 13, 246f; ähnlich Diod. 34/35, 1, 5.
1,6
Vgl. Jos. ant. 13, 273: Kai yap ccuxöq |iexa XTJV 'Avxioxoi) XEXEUXTIV xcov MCIKE-
86vcov ot7t4axT|.
117
Auch bei diesem SC wird immer wieder hervorgehoben, daß es die Römer bei Wor­
ten beließen, daß von ihnen keine wirkliche Hilfe gekommen sei: vgl. E. M. Smallwood
(1981), S. 9 („Rome replied again with words alone"); M. S. Ginsburg, (1928), S. 65ff.,
meint, daß von Rom von Anfang an keine Hilfe zu erwarten gewesen sei; J. A. Gold­
stern (1989), S. 327 („The Romans declared their friendship for the Jews and promised
»in the future to prevent such injuries to the Jews but took no action for the present").
Doch auch hier kam es nicht auf materielle Hilfe an. Weitere Literatur: P. Schäfer
(1977), S. 598; D. Timpe (1974), S. 147f; M. Stern (1961), S. 7-12.; E. Schürer (1973),
,1, S. 204-206; T. Fischer (1970), S. 64-77; A Giovannini/H. Müller (1971), S. 165-170.
118
Alexander Zabinas schloß Freundschaft mit Hyrkan: Jos. ant. 13, 269; ftlr Antiochos
VIII konstatiert Justin. 39, 2, 9, daß er acht Jahre lang (sc. 122-114) seinem Reich Ruhe
(quies) verschaffte.
188 Anmerkungen

1,9
Vgl. Euseb. Chron. I 260 (Schöne); Jos. ant. 13, 273f; Justin. 39, 2, 10-3; Appian.
Syr. 314; Diod. 34/35, 34. Aus dem Jahre 112 finden wir Münzen von Antiochos IX in
Askalon, Ptolemais, Damaskus und Antiochia; 111 hört seine Münzprägung in Askalon
auf, vgl. A. R. Bellinger (1949), S. 67; S. 87.
120
Jos. ant. 13, 274: TOV uivxoi Ye K\>£IKTIVO\) TT|V YTJV KCCKOOVTO<;.
121
Jos. ant. 13,324.
122
Jos. Ant. 13,275-282; bell. 1, 64-66; vgl. bSota 33a; Megillat Taanit 25.
123
Jos. ant. 14, 247-255. Dazu E. Schürer (1973), I, S. 206, Anm. 7; A. Giovannini/H.
Müller (1971), S. 156f. (mit älterer Lit); M. S. Ginsburg (1928), S. 72-77; J. A Gold­
stein (1989), S. 327f; M. Stern (1961), S. 12-17; D. Timpe (1974), S. 148; T. Fischer
(1970), S. 76f.
124
Gelegentlich wird auch Antiochos VII, Sohn des Demetrios, angenommen, was dann
aber eine Textveränderung erforderlich macht, vgl. F. Ritschi (1873), S. 611, Anm. 31;
E. Schürer (1973), I, S. 206.
125
Auf diese Unterstützung in der Zeit großer Gefahr legt aber erneut A. S. Ginsburg
(1928), S. 65ff., großen Wert: „La deTaite qu'il venait d'essuyer obligea Hyrcan I ä
adresser un nouvel appel ä Rome" (74).
126
Vgl. M.Stern (1961), S. 18f.
127
Die umfänglich ausgebreitete These von D. Piatelli (1971), S. 219-340, daß die Rö­
mer von Anfang an die Unterwerfung Judäas intendiert hätten, hat nicht viel für sich.
128
U. Rappaport (1968), S. 329-345.
129
Wenn Pompeius 63 das jüdische Gemeinwesen erheblich verkleinerte und den Kö­
nigstitel nicht mehr gestattete, läßt das auf römische Unzufriedenheit mit der hasmonäi-
schen Politik in den Jahrzehnten zuvor schließen; dazu und zu weiteren Deutungen U.
Rappaport (1968), S. 337ff.
130
Vgl. nur die Einleitung zum pergamenischen Beschluß Jos. ant. 14, 247: ETUEI
'Pcou.aioi KocTctKOA.o'uOoOvTEq xfi TÜ)V npoYovcov äYCüYfl xoix; xrnip xry; KOIVT}<;
&7tdvxü)v dv9p(bitcov dacpaA.eia<; KIV8\)VO\><; dvaöexovxai Kai <piXoiiu.oövTai xoix;
a\)p.|j.&xo\)<; Kai cpiXovq ev e\)8aip.ovia Kai ße^aia KaxaaTfjaai eipf|vn u.s.w. („Die
Römer nehmen in Übereinstimmung mit ihrer traditionellen Politik [die xcov rcpoYovcov
dycoYfi entspricht dem mos maiorum] Gefahren für die allgemeine Sicherheit aller Men­
schen auf sich und setzen sich dafür ein, ihren Freunden und Verbündeten Glück und si­
cheren Frieden zu verschaffen").
131
Hier ist zu verweisen auf die römischen Briefe an auswärtige Regierungen und das
Pergamondekret.
132
Hier ist zu denken an die Zwangsjudaisierungspolitik von Makkabäern und Hasmo-
näern sowie an die Ausdehnung des hasmonäischen Staates auf Kosten auch der Poleis
an der Küste und im Binnenland; der hartnäckige Widerstand des von griechisch-make­
donischen Siedlern bewohnten Samaria gegenüber der Belagerung durch Hyrkan ist be­
sonders bemerkenswert, vgl. dazu J. A. Goldstein (1989), S. 328f.
133
So dezidiert A. Giovannini, der in dieser Interessengemeinschaft sogar „les origines
de l'antijudaism dans le monde grec" vermutet, (1995), S. 41-60; vgl. Ch. Habicht
(1975), S. 97-110; Z. Yavetz (1997)

V. „Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere"

1
Das Zitat stammt aus Ciceros Verteidigungsrede für den Statthalter von Asia L. Flac-
cus: sua cuique civitati religio est, nostra nobis (Cic. Flacc. 69).
Anmerkungen 189
2
Zur weiten Verbreitung um die Zeitenwende Jos. ant. 14, 115; c. Ap. 2, 123; 282; Se-
neca bei August, civ. 6, 11; Phil. leg. 281 f. Die Diaspora-Situation ist in den letzten Jah­
ren besonders erforscht worden, weil gerade hier neue, z. T. überraschende Funde an ar­
chäologischem, epigraphischem und papyrologischem Material differenzierte Einblicke
in das Leben der Juden und insbesondere das Zusammenleben von Juden und Nichtju-
den ermöglichten, vgl. S. J. Cohen/E. S. Frerichs (1993); J. M. G. Barclay (1996); L. V.
Rutgers (1998); zu Kleinasien bes. P. R. Trebilco (1991); P. Herz/J. Kobes (1998), hier
besonders die Aufsätze von P. Herz, S. 1-26, und W. Ameling, S. 27-41. Zu der oben
angesprochenen Bedeutung der Zerstreuung von Juden überall in der Mittelmeerwelt für
das Bild der Juden in der griechisch-römischen Literatur vgl. die demnächst publizierte
Arbeit von R. S. Bloch (im Druck).
3
Das dokumentarische Material zur jüdischen Gemeinde in Rom beginnt allerdings
später, frühestens im 1. Jahrhundert v. Chr. Zu den inschriftlichen Quellen der jüdischen
Diaspora in Rom vgl. jetzt D. Noy (1995); H. Lichtenberger (1996), S. 16ff; dazu im­
mer noch J. B. Frey (1975); ferner H. J. Leon (1960); L. V. Rutgers (1998), bes. S. 45-
71.
4
Verneint bes. von H. Solin (1983), S. 587-789.
5
Val. Max. 1, 3, 3, der erste Text ex epitoma lanuarii Nepotiani, der zweite, ausführli­
chere ex epitoma Iulii Paris', beide gehören wohl in die Zeit 576. Jahrhundert n. Chr.
Ausgerechnet das 1. Buch zum Thema Religion der für rhetorische Zwecke ungemein
nützlichen Sammlung des Valerius Maximus ist verloren; ohne Zweifel ist die Angabe
als solche (aus Livius?) glaubwürdig, allerdings geht manche Unklarheit auf Kosten der
Epitomatoren und der handschriftlichen Überlieferung, vgl. E. N. Lane (1979), S. 35-
38. Die Datierung ist durch die Angabe der Konsuln gesichert, T. R. S. Broughton/M. L.
Patterson (1951), I, S. 481 f. (der Vorname des Calpurnius ist allerdings nicht Lucius,
sondern Gnaeus; der Prätor heißt Hispanus statt Hispalus, ILS 6; App. Libyca 375).
Weil es sich hier um das erste Zeugnis, und dazu ein so bezeichnendes, für eine jüdische
Gemeinde in Rom handelt, ist die Literatur zu diesem Text kaum noch überschaubar.
6
Vgl. dazu die interessanten Ausführungen von A. Alfbldi (1973), S. 131-142, der als
Grund für die Vertreibung eine durch Prophezeiungen hysterisch aufgeladene Stim­
mung in Rom vermutet, die den Prätor zum Handeln gezwungen habe; er gelangt zu
dieser Theorie durch die Auswertung numismatischen Materials.
7
E. N. Lane (1979), S. 37, vermutet noch eine dritte Maßnahme des Hispalus gegen die
„Sabazius-worshippers"; sachlich ist das wohl möglich, widerspricht jedoch dem erhal­
tenen Text, denn der Sabazius-Kult wird ausdrücklich von Julius Paris mit den Juden in
Verbindung gebracht.
8
Seit F. Cumont hat sich die Forschung intensiv mit dem Verhältnis von Sabazios, einer
phrygisch-thrakischen, oft mit Dionysos identifizierten Gottheit, und der jüdischen Re­
ligion befaßt, vgl. F. Cumont (1906), S. 63-79; ferner (1910), S. 55-60; ders. (1989), S.
58-60; G. Wissowa (1971), S. 376; S. E. Johnson (1984), «S. 1538-1613; M. Stern,
(1974), I, S. 359; P. Trebilco (1991), S. 140fT.; P. Schäfer (1997), S. 50f.
9
Letztere Position z. B. bei E. M. Smallwood (1976), S. 128ff; B.Wander (1998), S.
165 („so bleibt doch festzustellen, daß die Juden in Rom anscheinend Anhänger gewin­
nen konnten"); daß die Juden nur ihren Kult in Rom praktizieren wollten, bei M.
Goodman (1994), S. 82f; P. Schäfer (1997), S. 106f.
10
Man kann hier auch an das Vorgehen gegen die Bacchanalien etwa 50 Jahre zuvor
denken, dem ja ebenfalls die verbreitete römische Furcht vor einer „Infizierung" römi­
scher Sitten zugrunde lag, Liv. 39, 8-18 und die Inschrift ILS 18 (CIL I2 581); bes.
wichtig J.-M. Paillier (1988); vgl. jetzt auch knapp B. Linke (2000), S. 269-273 (mit
weiterer Literatur).
190 Anmerkungen

11
Darauf könnte die sonst kaum verständliche Formulierung arasque privatas e publicis
locis abiecit bei Nepotianus (die von manchen Gelehrten auch auf Synagogen bezogen
wird) hindeuten, wenn man sie mit E. Bickerman, auf Altäre von Römern bezieht, die
damit dem jüdischen Gott Ehre bezeugen wollen. Daß dies möglich ist, zeigt Min. Fei.
6, 2 {dum aras exstruunt etiam ignotis numinibus etc.). Auch L. H. Feldman (1993), S.
301, erwägt, daß die Juden die Römer zur Beobachtung einiger Riten bringen wollten,
nicht aber zum vollständigen Übertritt zum Judentum.
12
So auch E. M. Smallwood (1976), S. 130. Die Überlegung von S. Alessandri (1968),
S. 187f, daß gerade die Tatsache der guten diplomatischen Beziehungen zwischen Rö­
mern und Juden die Nachricht des Valerius Maximus als Fiktion entlarve, hat zu Recht
wenig Aufnahme gefunden. Denn sie berücksichtigt nicht, daß von Roms Seite aus
nicht eine positive oder negative Haltung zu den Juden und ihrer Religion zur Wahl
stand, sondern daß es um außenpolitische und innenpolitische Interessenwahrung ging.
13
1 Makk. 14 und E. Baltrusch (2001).
14
Min. Fei. 6, 1-3 läßt den Vertreter der traditionellen Gottesverehrung Caecilius sagen,
daß die Römer von überallher fremde Götter herbeigeholt und zu den Ihrigen gemacht
hätten; sogar unbekannten Gottheiten hätten sie Altäre errichtet. Er f&hrt fort: sie dum
universarum gentium sacra suseipiunt, etiam regna meruerunt („So haben sie, während
sie die Kulte aller Völker aufnehmen, auch deren Reiche verdient"). So ist es geschehen
493 (Ceres/Liber/Libera); 293 (Aesculapius); 204 (Cybele). Cic. Flacc. 69 setzt diese
Einstellung voraus, indem er sie auf den umgekehrten Fall ausbleibenden Erfolges und
die jüdische Religion anwendet: quam cara dis immortalibus esset docuit, quod est
vieta, quod elocata, quod serva facta („Wie teuer es den unsterblichen Göttern war,
lehrte die Tatsache, daß es besiegt, zinsbar gemacht und dienstpflichtig geworden ist").
15
Vgl. Fest. p. 268 (Lindsay): sacra peregrina publice aeeepta („Fremde Kulte öffent­
lich eingeführt"); Cic. Verr. II 5, 187 spricht von populus Romanus, der Ceres und Li-
bera von den Griechen nach Rom geholt habe; har. resp. 27. Laut Suet. Aug. 93 hat Au­
gustus ausdrücklich nur die öffentlich rezipierten Kulte akzeptiert.
16
B. Linke (2000), S. 272, weist zu Recht daraufhin, daß die Menge der Bacchanalien­
kult-Anhänger und ihre Organisationsform, nicht etwa der Glaubensinhalt kritisiert
wird: „Für Postumius sind die rituellen Vorschriften des Kults zwar befremdlich, doch
bilden sie in seinen Darlegungen keine wirkliche Gefahr, solange sie nur auf einen klei­
nen Teil der Bevölkerung beschränkt bleiben. So ist nicht davon die Rede, daß man die
Kultausübung aus grundsätzlichen Erwägungen verbieten müßte, um eine Kontaminie­
rung des religiösen Lebens in der res publica zu verhindern."
17
Vgl. J. Scheid (1985), S. 12ff.; B. Linke (2000), S. 273.
18
Phil. leg. 156 sagt, daß die meisten Juden in Rom Freigelassene gewesen seien, aber
die konnte man nicht herauswerfen; älinliches gilt für Sklaven und Bürger, so daß nur
peregrini als Adressaten bleiben; vgl. zu Juden in Rom L. V. Rutgers (1998), S. 171 ff.
19
D 47, 22, 4 (Gaius libro quarto ad leg. XII Tabularum): auch Solon habe Vereinen nur
dann Gültigkeit zugesprochen, ectv p/n aTcayope-uaTi 8T|u.6aia Ypdp.u.axa („solange das
öffentliche Recht nicht beschädigt werde"); D 47, 22, 1, 1 (Marcianus, Buch III der In-
stitutiones): Sed religionis causa coire non prohibentur dum tarnen per hoc non ßat
contra senatus consultum, quo illicita collegia arcentur („aus religiösen Gründen sich
zu verbinden wird nicht verboten, solange es jedenfalls nicht gegen den Senatsbeschluß
geschieht, durch den unerlaubte Kollegien verhindert werden"). Die Tendenz dieser Ge­
setzgebung faßt Cicero leg. 2, 19 so zusammen: Separatim nemo habessit deos neve no-
vos neve advenas nisi publice adscitos („Niemand soll getrennt Götter, weder neue noch
hinzugekommene, haben, außer wenn sie öffentlich herbeigeholt worden sind").
Anmerkungen 191
20
Zur Toleranz P. Garnsey (1984), S. 1-27; L. V. Rutgers (1998), S. 186ff; E. Baltrusch
(1998b), S.410ff.
f21
Vgl. dazu D. Piatelli (1971), S. 219ff
22
Vgl. Polyb. 29,10; 19 und 30, 5.
23
Das Ausmaß der „Selbstabgrenzung und der Bewahrung von kodifizierten Werten
und Normen", wie B. Wander (1998), S. 28, formuliert (auch um den Begriff „Identität"
zu vermeiden, der ihm mit einigem Recht als zu abgegriffen erschien, vgl. S. 20, Anm.
19), war von Gemeinde zu Gemeinde und Region zu Region zum Teil sehr verschieden,
aber offenkundig haben die durch zahlreiche Quellenfunde in letzter Zeit stärker nach­
weisbaren Beziehungen der jüdischen Diaspora-Gemeinden zur heidnischen Umwelt (z.
B. Theaterbesuche, politische Mitarbeit, Synagoge in Sardis) einer Identitätswahrung
nicht im Wege gestanden, auch wenn die apodiktischen Vorschriften der Mischna in
Awoda Zara (vgl. bAwoda Zara 1, lf.) in bezug auf Verunreinigung durch Götzendienst
selten eingehalten wurden; für Kleinasien hat das P. Trebilco (1991) herausgearbeitet
(S. 187: „In fact, much evidence points to the strong retention of Jewish identity by
communities in Asia Minor, despite close relations with the pagan enviroment".).
24
App. Mithr. 131; Plut. Luculi. 2.
25
Plut. Luc. 2: Kai K\)pT|vaio\)<; KaxaXaßcbv EK TupawiScov auvexcbv Kai 7toA.eu.CDV
xapaxTop.evo\x; aveXaße...
26
Jos. ant. 14,; 114 nach Strabo: u.apTopet 5e Kai ev exepcp TOTCCD 6 awöq Ixpaßcov,
öxi Ka9' öv Kaipöv 6ießT| ZxtWac, eiq xfjv 'EAAd8a 7ioXep.f|acov Mi9pi8&Tn. Kai
AeuKoAAov Tteu.\ya<; eici xfjv ev Kupf|vr| axdoiv (lacuna) io\> e0vo\)<; fpcov fj
0 i K 0 \ ) U , e V T | 7Ce7C^f|pCOTO.
27
( So J. Juster (1914), II, S. 182; E. M. Smallwood (1976), S. 141 („Jewish rising"); K.
!
L. Noethlichs (1996), S. 14 („aufständische Juden in Cyrene").
28
1. Makk. 15, 23; siehe oben S.103f.
29
Juden sind schon seit Ptolemaios I in Kyrene bezeugt, Jos. Ap. 2, 44, und sie hatten
dort herrschaftliche Aufgaben wahrzunehmen. Das 2. Makkabäerbuch, eine Zusammen­
fassung des historischen undftlnfbändigenWerkes von Jason von Kyrene, deutet viel­
leicht auf die jüdisch-griechischen Probleme in der Heimatregion des Autors hin. In au­
gusteischer Zeit sahen sich Juden mehrfach veranlaßt, gegen griechische Angriffe auf
ihre Eigenständigkeit römische Hilfe anzurufen, Jos. ant. 16, 160-165; 169-170. Auch
das Neue Testament zeigt, daß die Bindungen zwischen der kyrenischen Diaspora und
Jerusalem sehr eng waren, Apg. 2, 10; 6, 9; 11, 20; 13, 1; Mt. 27, 32; Mk. 15, 21; Lk.
23, 26 (Simon von Kyrene, der das Kreuz trug). Zum Ausbruch allen aufgestauten Frei­
heitsdranges kam es gerade in Kyrene beim großen Diaspora-Aufstand unter Trajan,
Cass. Dio 68, 33; Eus. eccl. 4, 11, 2-4. Über die jüdische Gemeinde des kyrenischen Be-
renice (Benghasie) sind wir durch Inschriftenfunde aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. in­
formiert, die wegen der Bezeichnung noXix£\>\ia große Aufmerksamkeit in der moder­
nen Forschung gefunden haben, vgl. etwa G. Lüderitz (1994), S. 210ff.; B. Wander
(1998), S. 25ff
30
Cic. leg. agr. 2, 51 spricht von den kyrenischen Äckern, qui Apionisfuerunt, die durch
das von ihm bekämpfte rullische Ackergesetz bedroht seien; Liv. per. 70. Unter quästo-
rische Verwaltung kam Kyrene erst 75 v. Chr. als L. Octavius und C. Aurelius Cotta
Konsuln waren. Sali. hist. 2 frg. 43Mb.
31
Jos. ant. 16, 160ff.
32
Jordan. Rom 81: Ptholomeus, qui et Alexander, ann. X. quo regnante multa ludae-
orum populus tarn ab Alexandrinis quam etiam ab Anthiocensibus tolerabat („Im 10.
Jahr der Herrschaft des Ptolemäus, der auch Alexander heißt, erduldete das Volk der
Juden viel von den Alexandrinern ebenso wie von den Antiochensern") (nach Momm-
192 Anmerkungen

sen im Prooem. der MGH 5.1 S. XXVIII hat Jordanes diese Nachricht aus einer alexan-
drinischen Chronik).
33
Dazu ein Porphyrius-Fragment aus der Chronik des Eusebius (I p. 165 und 166
Schöne) FGrH II B. 260 F 2, 9, wonach Alexander von Io\)8aiKai E7tuco\)pioti gegen
seinen Bruder Ptolemaios IX Soter II unterstützt worden sei. Mit jüdischer Hilfe hatte
schon ihre Mutter Kleopatra im Kampf gegen ihren Sohn Soter II (Jos. ant. 13, 285;
349ff) rechnen können, was sich auch auf die Beziehungen zu Jerusalem und Alexander
Jannaios auswirkte.
34
Porph. FGrH 260 F2,9; Cic. leg. agr. 1, 1; 2,41 f.
35
Porph. FGrH 260 F2, 8f.; Paus. 1,9, 3; Justin. 39, 5, 1.
36
Zu Lucullus in Ägypten Plut. Luc. 2f. und A. Keaveney (1992), S. 23f.
37
Dazu P. M. Fräser (1972), I, S. 88 und II, S. 168, Anm. 337; vgl. auch K. L. Noe-
thlichs(1996), S. 14.
38
Vgl. zum Verhältnis Griechen, Juden und Römer speziell in der Provinz Asia bis zur
augusteischen Zeit E. Faust (1993), S. 226-279, dessen Ausgangspunkt Eph. 2, 11-18
ist, gedeutet vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen Juden und Heiden in
Kleinasien.
39
Ich will hier nicht die unendliche Politeuma-Diskussion weiter ausführen; mir scheint
aber wesentlich zu sein, daß die (zuletzt von Lüderitz materialreich herausgearbeitete)
Unklarheit des Begriffes an sich gerade die Unklarheit des Verhältnisses zwischen jüdi­
schen Gemeinden und Poleis reflektiert, die wiederum als solche erst im Laufe der Dif­
ferenzierungsprozesse innerhalb der Polis und im Verhältnis zum jeweiligen Herrscher
bewußt geworden sind. Es ging in dem Streit um eine Gleichberechtigung oder um
Statusminderung von Juden, letztlich also um Auslegungsfragen, die Juden (wie Jose-
phus) anders beantworteten als Griechen (wie Apion).
40
So Strabo bei Jos. ant. 14, 115.
41
Die frühesten römischen Zeugnisse (abgesehen von Lucrez, der im 6. Buch seiner
Abhandlung de rerum natura in den Versen 756-760 an das Tote Meer erinnert) sind
Cicero und Varro, aber beide haben die Werke, in denen sie auf Juden und die jüdische
Religion zu sprechen kommen, erst nach der Eroberung Jerusalems 63 geschrieben, vgl.
M. Stern (1974), I, S. 193ff. (Cicero); S. 207ff. (Varro).
42
Vgl. dazu die entsprechenden Abschnitte bei M. Stern (1974), I, S. 141ff (Poseido-
nius); 148ff. (Apollonius Molon); vgl. ferner E. Baltrusch (1998b), bes. S. 4121T.
43
Die beiden Begriffe, XIU,TJ und apxotia a\)vf|Geia, allerdings noch optimistischer ge­
genübergestellt, finden sich zur Kennzeichnung Roms bzw. des Judentums bei Philo
leg. 305.

VI. „Wie deren Nachkommen, miteinander im Streit um die Königsherrschaft,


die Römer und Pompeius in die Angelegenheiten hineinzogen"

1
Das Zitat bei Jos. bell. 1, 19: (bq oi TOVTCDV gyYovoi nepi xfiq ßaaiXeiaq 8ia-
CTaai&aavxeq eiÄ.K'uaav eiq xa TipaYuxiTa 'Püop.aiorx; Kai rio|j.7if)iov („wie die
Nachkommen dieser sich über die Königsherrschaft entzweiten und die Römer und
Pompeius in die Sache hineinzogen"). Josephus äußert sich dementsprechend in seiner
partitio des Jüdischen Krieges.
2
Vgl. dazu besonders Th. Hantos (1988); schon der Titel dieses Buches erinnert an die
augusteische res publica restituta.
3
Ähnlich äußert sich in bezug auf die Kriegführung des Pompeius gegen die Seeräuber
R. Schulz (1998), S. 131 nennt er die Strategie des Pompeius „den Höhepunkt römi-
Anmerkungen 193

scher Raumerfassung im Mittelmeer" und Voraussetzung „für die Bildung einer globa­
len und konkurrenzlosen Seemacht"; vgl. ders. (2000), S. 426-440.
4
Zur lex Gabinia bes. Cic. pro lege Man. 52ff.; Plut. Pomp. 25 und App. Mithr. 428-
433 [weitere Quellen bei G. Rotondi, (1912), S. 371f.]; zu der für den Judenstaat be­
deutsamen lexManilia hat Cicero eine ganze Rede gehalten, die Pompeius gegen Kritik
von Seiten republikanischer Kräfte helfen sollte, das Imperium zu erhalten; ferner Plut.
Pomp. 30; App. Mithr. 446-448 (weiteres bei Rotondi S. 373f).
5
Die beste Quelle zur Reorganisation des Ostens durch Pompeius ist App. Mithr. 551-
564; vgl. zur Politik des Pompeius auch A. N. Sherwin-White (1984), S. 186ff.
6
Das sah auch Josephus so, der in wehmütiger Reflexion den Streit der feindlichen
Brüder Hyrkan und Aristobul für den Verlust der Unabhängigkeit des Jüdischen Staates
verantwortlich macht, ant. 14, 77.
7
Dazu E. Baltrusch (2001).
8
Jos. ant. 13,423ff.
9
Jos. ant. 14,4ff.;bell. l,20f.
10
Jos. bell. 1, 123; etwas modifizierter in ant. 14, 8 und 11.
11
Jos. ant. 14, 15ff.; bell. 1, 124. Zu den Nabatäern vgl. kurz L. L. Grabbe (1992), II, S.
328ff.
12
Jos. ant. 14,21; vgl. bell. 1, 126fT.
13
Zum Judentum Antipaters (und Herodes) vgl. E. Schürer (1973), I, S. 234, Anm. 3; L.
L. Grabbe (1992), II, S. 322f. Die Meinungen gingen schon in unseren Quellen weit
auseinander; so behauptete Nikolaus von Damaskus, daß die Vorfahren Antipaters zu
den ersten Rückkehrern aus Babylon gehörten, Jos. ant. 14, 9; eine andere Überliefe­
rung sieht ihn aus Askalon stammen, Justin. Trypho 52; Eus. eccl. 1, 7, 11. Vgl. auch
die auf Herodes zu beziehenden Angaben in der „Himmelfahrt des Moses" 6, 2 („der
nicht aus priesterlichem Geschlechte sein wird", Kautzsch). Das Judentum Antipaters
wird heute kaum bezweifelt, weil die Idumäer (zu Antipaters idumäischer Herkunft Jos.
bell. 1, 123; ant. 14, 8) unter Hyrkan zwangsjudaisiert wurden, Jos. ant. 13, 257f. Aller­
dings hat A. Kasher (1988), S. 44-77, gründlich nachzuweisen versucht, daß die Idu­
mäer kaum unter Zwang Juden geworden seien und sich auch später immer wieder zu
ihrem Judentum bekannt hätten; vgl. ihm weitgehend folgend L. L. Grabbe (1992), I, S.
328ff.
14
Jos. ant. 14, 29-33; bell. 1, 127-130 mit leichten, aber in der Sache unerheblichen
Abweichungen. Die genaueste Analyse findet sich bei U. Baumann (1983), S. 26ff.
15
Vgl. T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1986), II, S. 159; S. 163.
16
Jos. bell. 1, 128 betont allein den finanziellen Aspekt, während ant. 14, 31 dazu noch
weitere, Roms Aufgabe erleichternde Aspekte nennt.
17
Jos. bell. 1, 128 sagt das auch ausdrücklich: die 300 Talente des Aristobul hatten bei
Scaurus den Vorrang vor dem Recht (eTtutpoaGev xoO 8ucaio\)).
18
Seine Politik und Kriegführung bis zur Eroberung Jerusalems bei Jos. ant. 14, 34-79;
bell. 1, 131-158; wichtig ist ferner noch (aus anderer Perspektive) Diod. 40, 2-4 (gele­
gentlich wird für Diodor wieftlrJosephus als Quelle Theophanes von Milet, Freund und
Freigelassener des Pompeius, vermutet, vgl. die Angaben bei M. Stern (1974), I, S. 186,
der aber zu Recht zur Vorsicht mahnt) und Dio 37, 15, 2-17, 4. Beiläufig noch Liv. per.
102; Plut. Pomp. 39, 2; 45, 4; App. Mithr. 556; 562; 568;'573; 576; Vell. 2, 40, 3;
Florus ep. 1, 40, 30. Als jüdische Quelle nehmen wohl auch die Psalmen Salomons 1-2;
8; 17 auf Pompeius Bezug. An Literatur sind heranzuziehen E. Schürer (1973), I, S.
233ff.; U. Baumann (1983), S. 26-48; L. L. Grabbe (1992), II, S. 313ff.; E. M. Small-
wood (1976), S. 21-30; K. L. Noethlichs (1996), S. 14f; A. R. C. Leaney/J. Neusner
194 Anmerkungen

(1977), S. 606tT.; A. Momigliano (1967), S. lfT.; M. S. Ginsburg (1928), S. 78-85; J.


van Ooteghem (1954), S. 230f.
19
Vgl. Jos. ant. 14, 43, wo Hyrkan vor Pompeius Aristobul in diesem Sinne Vorwürfe
machte und gleichzeitig von dessen Piraterien sprach; Dio 37, 15, 2 bestätigt, daß die
von Palästina ausgehenden Gefahren flir Phönizien Pompeius zu dem Feldzug veranlaßt
haben: KCCVXEVGEV ETU xfrv Zvpiav xf|v naXaiaxivT|v, ©q Kai xf|v <DOIVIKT|V
Kaiccbaavxaq, top\n\GE\ („von da zog er gegen das palästinische Syrien da es Phönizien
mißhandelt hatte"); bei Diod. 40, 2 ist die Rede TtEpi 8E xfjq 7tapavou,ia<; x&v
'Iovöaicov Kai xcöv EU; 'Pconaioix; a8iKf|u.axcov („über das ungesetzliche Vorgehen
der Juden und über das an den Römern verübte Unrecht") an die Adresse Ilyrkans.
20
Die militärischen Maßnahmen auf seinem Zug nach Damaskus bei Jos. ant. 14, 38f.
und E. Schürer (1973), I, S. 237 mit notwendigen Richtigstellungen.
21
Zu den Daten U. Baumann (1983), S. 29.
22
Die Einzelheiten und der chronologische Ablauf sind in unseren Quellen wider­
sprüchlich dargestellt, am ausführlichsten Jos. ant. 14, 34-45 (hier scheint aber die Rei­
henfolge verdreht); bei bell. 1, 131 f. fehlt die Erwähnung der dritten Partei, während
Diod. 40, 2 durch Textprobleme entstellt ist und auch inhaltlich nicht genau mit Jose-
phus zusammenpaßt; Dio 37, 15, 3 gibt einen in typisch römischer Weise verkürzten
Bericht, in dem nur das Ergebnis mitgeteilt wird, nämlich daß sich Hyrkan „ohne
Kampf anschloß, während Aristobul Schwierigkeiten bereitete.
23
Nach Jos. ant. 14, 37 tritt Nikodemus unverschämt auf und macht sich unter den Rö­
mern Feinde, weil er Scaurus und Gabinius wegen ihrer Habgier anklagt. Dieses Auf­
treten hat auch in der Forschung viel Verwunderung ausgelöst [z. B. E. M. Smallwood
(1976), S. 22; U. Baumann (1983), S. 29], ist aber ohne weiteres verständlich, wenn
man es als Erwähnung einer Vorleistung versteht (die Josephus etwas verzerrt darstellt);
anklagen konnte Aristobul Scaurus (von Gabinius war bisher noch nicht die Rede) erst,
als sich Pompeius Hyrkan zuneigte.
24
Bei Jos. ant. 14, 44 nennt er Hyrkans Natur als ärcpaKxoq und EVKaxacppövnxoq.
25
So verfuhr auch Aristobul später, als sich Pompeius von ihm ein ums andere Mal
brüskiert fühlte, Jos. ant. 14, 51.
26
Diese sehr subtile Argumentation mit dem expliziten Hinweis auf die Piratengefahr
ist zu entnehmen v. a. Jos. ant. 14,42f.; vgl. auch bell. 1, 131.
27
Zu ganz ähnlichen Hoffnungen und Erwartungen in Judäa nach dem Tod des Herodes
4 v. Chr., vgl. E. Baltrusch (1998a), S. 217f.
28
Vgl. zur „Geschichte als Argument" in römischen Beschlüssen R. K. Sherk (1969)
und oben S. 73 ff.
29
Bei Diod. 40, 2 ist die zeitliche Einordnung in einem ansonsten verderbten Satz klar
erkennbar: TtETipEoßEDKEvai npöq xfjv O\)YKXT|XOV („Gesandte zum Senat geschickt ha­
ben").
30
Diod. 40, 2 verwendet den Begriff; bei Jos. ant. 14, 41 wird er umschrieben (iidxpiov
yap Eivai...). Vgl. Jos. c. Ap. II 73 zur grundsätzlichen röm. Haltung den patria iura
gegenüber: subiectos non cogunt (sc. Romani) patria iura transcendere („die Römer
zwingen die Untertanen nicht, die väterlich ererbten Rechte zu übertreten"). Der Begriff
„väterliche Gesetze" im hellenistischen Judentum ist vor kurzem intensiv behandelt
worden. Die hier in Rede stehende Stelle wird von B. Schröder (1996), nicht näher be­
handelt; allerdings steht er S. 230 zu Recht der Interpretation der Stelle von H. G. Kip­
penberg (1991), S. 212-215 zumindest in Teilen kritisch gegenüber. Kippenbergs Theo­
rie ist aber allgemein, wenn man sie von den ndxpioi vöum loslöst, sehr anregend.
31
Fehlinterpretiert von B. Bar-Kochva, (1977), S. 167-194.
Anmerkungen 195
32
Beweisen läßt sich freilich eine solche Absicht nicht; Josephus ant. 14, 46 sagt ledig­
lich, daß Pompeius nach dem Empfang der jüdischen Gesandtschaften in Damaskus auf
jeden Fall die Verhältnisse in Jerusalem nicht ungeregelt lassen wollte: eXGcov 5'eiq xfjv
Xcbpav CCUXÜW £\eyev 8iaxa£eiv emaxa („er sagte, daß er ins Land kommen und al­
les ordnen werde"); nur wollte er zuerst noch die nabatäischen Verhältnisse „begutach­
ten" (I8TI).
33
Jos. ant. 14,46 (Aristobul); Diod. 40, 2 (Hyrkan).
34
Jos. bell. 1, 133 bezeugt, daß Hyrkan und seine Anhänger Pompeius um Hilfe gebeten
haben - die klassische Konstellation für römisches Eingreifen; ant. 14, 47f. verschweigt
das. Vgl. generell zu den Unterschieden zwischen Jos. bell, und ant. in Bezug auf die
Politik des Pompeius den Juden gegenüber J. Bellemore (1999), S. 94-118.
35
Jos. ant. 14, 61-71; bell. 1, 145-151; Dio 37, 16, 1-4 sind die genaueren Berichte von
der Belagerung des Tempels. Die Datierung ist, was das Jahr 63 betrifft, durch die Nen­
nung der Konsuln Cicero und C. Antonius gesichert, dagegen kontrovers, was Monat
und Tag angeht; Jos. ant. 14, 66 spricht vom „Fasttag", was allgemein als der Versöh­
nungstag, also der 10. Tischri (= Oktober) gedeutet wird (vgl. E. Schürer, (1973), I, S.
239f, Anm. 23); U. Baumann (1983), S. 42ff., vermutet dagegen irgendeinen Sabbat im
Juli/August des Jahres, weil Jos. mit „Fasttag" eine heidnische Deutung des Sabbat
übernommen habe. Mir scheint die erste Variante wahrscheinlicher.
36
Jos. ant. 14, 71-76; 20, 244; bell. 1, 152-158; Dio 37, 15, 4; vgl. zum auch über die
Juden gefeierten Triumph des Pompeius Diod. 40, 4; Plin. n. h. 7, 98; App. Mithr. 556;
571-3; Plut. Pomp. bes. 45; vgl. Broughton/Patterson (1952), II, S. 181 zu weiteren
Quellen zum Triumph. Zur pompeianischen „settlement of the East" bes. F.-M. Abel
(1952), S. 255-264; D. Magie (1950), S. 268-278; A. N. Sherwin-White (1984), S. 186-
234.
37
Dazu Jos. ant. 14, 71; bell. 1, 152f.; vgl. Dio 37, 16, 4; Cic. Flacc. 67; Tac. hist. 5, 9,
1 (templum iure victoriae ingressus est, „mit dem Siegesrecht betrat er den Tempel");
die jüdische Deutung dieses Sakrilegs und der einige Jahre später folgenden verdienten
Strafe ftlr den Delinquenten Pompeius Psalm. Salomon. 2; 8; 17; der Tod des Pompeius
in Ägypten als Strafe dafür 2, 26ff. Diese Tat bestimmte das jüdische Urteil über Pom­
peius noch fast 200 Jahre danach, App. civ. 2, 90.
38
Vgl. nur die auf den Tempel zugeschnittenen bösartigen Verleumdungen der jüdi­
schen Religion, deren Umlauf Jos. c. Ap. 2, 79-88 (angebliche Verehrung eines Esel­
kopfes im Tempel) und 89-111 (Ritualtötung an Griechen, die, so vermutete man auf
griechischer Seite, in diesem Tempel gemästet wurden) bezeugt.
39
Lediglich Dio 37, 16, 4 behauptet, daß der Tempelschatz geplündert wurde; das Ge­
genteil belegen aber alle anderen Quellen. Dios Angabe ist dem Desinteresse an dem zu
seiner Zeit für die Definition des Judentums ja schon lange (ca. 150 Jahre) gar nicht
mehr konstitutiven Tempel zuzuschreiben.
40
Jos. ant. 14,73; bell. 1,153.
41
Jos. bell. 1, 153; ant. 14, 73. Auch hier irrt Dio 37, 16, 4, wenn er sagt: i\ xe ßaaiXeicc
TÜ> 'YpKcxvq) E569TI („Hyrkan wurde die Königswürde gegeben"). Gelegentlich wird
darüber spekuliert, ob Hyrkan vielleicht Ethnarch gewesen sei, weil Jos. ant. 20, 244
von einer npoaxaaia xou eOvouq („die Prostasie über das Volk") spricht; doch reicht
für diese Funktion angesichts der politischen Dimension der jüdischen Religion schon
das Amt des Hohepriesters.
42
Hebr. D"Hirn -am Vian ]ron pmm bzw. D-nrnn -nnn ü*n biT\ ]n?n *pmm:
Y. Meshorer, Ancient Jewish Coinage, New York 1982, Band 1: Persian Period through
Hasmonaeans, S. 84-87. Bei dem Begriff "nnn handelt es sich offensichtlich um eine
Institution, wie sie ähnlich auch im zweiten Teil, den Rechtsbestimmungen, der in
196 Anmerkungen

Qumran gefundenen Damaskus-Schrift CD XII 8 (S>*nttPTanrßn73: „auf Beschluß


des Rates Israels") genannt ist.
43
Jos. ant. 14, 71 und 73; bell. 1, 153f; Psalm. Salom. 8, 20: ccTcoAeaev apxovxaq
a\)tü)v Kai Tcäv oocpöv ev ßo\)A.fj, e^exeev xö aijia XCÜV oiKO\)vxcov 'Iepo\)aaA.T|u. eb<;
\38cDp otKaGapaiaq („er vernichtete ihre Führer und alle Weisen im Rat, er vergoß das
Blut der Bewohner Jerusalems wie Wasser der Unreinheit [= unreines Wasser]").
44
Unter ihnen Aristobul selbst, seine zwei Söhne Alexander (der wieder entfloh und für
neue Unruhe sorgte) und (der ebenfalls später rebellierende) Antigonos, sowie zwei
Töchter, Jos. ant. 14, 79; bell. 1, 157f; Psalm. Salomon. 8, 21. Vgl. ferner die Berichte
über den Triumph des Pompeius, s. oben Anm. 00. Aristobuls Frau war aber nicht unter
den Geiseln, wie Berichte über ihr weiteres Wirken in Palästina zeigen, Jos. ant. 14, 90;
bell. 1, 168.
45
Strab. 16, 2,40 (762); Jos. ant. 14, 156; Tac. hist. 5,9, 1 über die Mauern Jerusalems.
46
Es kennzeichnet die Politik des Pompeius, daß abhängige Staaten (sog. Klientelstaa­
ten) fester an das Reich gebunden wurden und somit als Reichsteile aufzufassen waren.
Das gilt auch für Judäa. Amm. Marc. 14, 8, 12 sagt ausdrücklich: Verum has quoque
regiones pari sorte Pompeius, ludaeis domitis et Hierosolymis captis, in provinciae
speciem delata iuris dictione formavit („auch diese Regionen hat Pompeius mit glei­
chem Los zur Provinz gemacht, unter Übertragung der Jurisdiktion [sc. an einen Statt­
halter]; er hatte nämlich die Juden gebändigt und Jerusalem eingenommen"). Das ist
nicht falsch, insofern als Judäa der Oberaufsicht Syriens und damit in die provincia ei­
nes Statthalters (erst seit 57 eines prokonsularischen) anheimfiel; dunkel ist die Wen­
dung delata iuris dictione. Von der modernen Forschung wird Ammians Behauptung
verworfen, vgl. M. Stern (1974), II, S. 605. Immerhin gehen auch die Formulierungen
Appians Mithr. 580; vgl. Syr. 252ff. (zum jährlichen Tribut) in eine ähnliche Richtung
wie die Ammians. Jos. c. Ap. 2, 134 konstatiert das Ende der Freiheit mit Pompeius
(fiu.et<; 8e övxeq E^e\)0epoi ... pixpi Mayvoi) Ilop.7CT|io\)). Ferner lassen die Änderun­
gen des Gabinius während seiner syrischen Statthalterschaft 57-55 in Judäa und die dar­
auf bezogenen feindlichen Äußerungen Ciceros (in der Rede de provinciis consularibus
10-12) darauf schließen, daß die publicani mit der Steuereintreibung in Judäa befaßt
gewesen waren und Gabinius dies geändert hat: (Gabinius) tradidit (publicanos) in ser-
vitutem ludaeis et Syris („übergab die Publikani in die Sklaverei von Juden und Sy­
rern"). Vgl. dazu A. Momigliano (1967), S. 19f. Daraus geht zweifelsfrei hervor, daß
Judäas Verhältnis zu Rom über das „normale" Klientelverhältnis hinausging. Zum Tri­
but Jos. ant. 14, 74; bell. 1, 154; Cic. Flacc. 69; ferner der Habakuk-Kommentar, gefun­
den in Qumran, lQpHab VI 6-8 legt die Klage des Propheten gegen die Bedrücker Hab.
1, 16 als Joch und Fron (DDD) der Römer (Kittäer) auf alle Völker aus, die sie „Jahr um
Jahr" (n3ü3 mü) verteilen und damit die Länder zugrunde richten (wohl 3"nnr6).
Zum Tribut A. N. Sherwin-White (1984), S. 231 ff.
47
M.Grant(1973),S. 54.
48
Die Einzelheiten der territorialen Regelungen, im einzelnen nicht unumstritten, kön­
nen hier auf sich beruhen, vgl. Jos. ant. 14, 74-76; bell. 1, 154-157; Literatur bes. E.
Schürer (1973), I, S. 240 und Anm. 25; E. M. Smallwood (1976), S. 28-30; U. Baumann
(1983), S. 39-41; A.-N. Sherwin-White (1984), S. 214ff.; A. H. M. Jones (1971), S.
257f.
49
Jos. ant. 14, 75; 87f; bell. 1, 155; 166; vgl. B. Head (1911), S. 787: Münzen mit der
Aufschrift nop.7tT|iea)v raöapecov.
50
So z. B. E. M. Smallwood (1976), S. 29: „to hamper the Jews economically by cutting
them off from maritime trade and to humble them politically by a reduction in Status
and territory as a preparation for later incorporation in the empire as a province"; ahn-
Anmerkungen 197

lieh U. Baumann (1983), S. 41; als Pufferzone gegen die Parther S. 42; M. Grant
(1973), S. 51. Zu der von den Römern gewährten „Scheinselbständigkeit", um nicht in
die Konflikte hineingezogen zu werden, M. S. Ginsburg (1928), S. 78-85, bes. S. 82.
51
Vgl. A. Schalit(1969), S. 1-19; L. L. Grabbe (1992), II, S. 3131T.
52
In diesem Sinne schon unsere Quellen wie Jos. c. Ap. 2, 134; Amm. Marc. 14, 8, 12.
53
Vgl. G.Allon (1961), S. 61-67.
54
Vgl. zum makkabäischen Verfassungsdokument 1. Makk. 14, 27-49 und E. Baltrusch
(2001). In diesem Sinne äußerte sich die „dritte Partei" gegenüber Pompeius bei Diod.
40, 2; Jos. ant. 14, 41. Natürlich ist der hasmonäische König nicht mit dem ersehnten
„König" aus dem Hause David zu identifizieren, dessen Kommen fromme Juden wie
der Autor des Psalm. Salom. 17, 21 ff. wünschen.
55
Die Übereinstimmung der hasmonäischen Eroberungen mit den Forderungen der
Torah und der Propheten versucht bes. J. A. Goldstein (1989), S. 292-351 herauszuar­
beiten.
56
Anders A. R. C. Leaney/J. Neusner (1977), S. 609: „Certainly the Roman settlement
did nothing to encourage the Jewish nation to maintain its own pride and peculiar
!
ethos".
57
Nach Jos. arit. 12, 150 schreibt Antiochos in seinem Brief an Zeuxis: Tierceiauxu yäp
eüvoi*; ocüToix; eaeaGai TÜÖV fiu.ex£pa)v (ptiXotKaq 8td xf|vrcpcx;TÖV GEÖV evaeßeiav
(„Wegen ihrer Ehrfurcht gegen Gott, bin ich überzeugt, werden sie uns gegenüber
freundlich gesinnt sein und auf unsere Interessen gut achtgeben").
58
Mit E. Renan (1893), S. 151, ist auch (gegen die heutige communis opinio in der For­
schung) hervorzuheben, daß Pompeius in der jüdischen Literatur nicht die negative
Rolle wie Nebukadnezar, Titus oder Hadrian spielt.
59
An dieser Stelle sei noch einmal Cic. Flacc. 69 in Erinnerung gerufen: istorum religio
sacrorum a splendore huius imperi, gravitate nominis nostri, maiorum institutis abhor-
rebat. Mit diesem Satz drückt Cicero die Überzeugung aus, daß gerade der spezifische
Charakter der Religion der Juden deren Integration in das Reich verhindere.
60
In diesem Sinne auch P. Kranz (1990), S. 125-141, bes.« 125, mit dem dezidierten
Hinweis auf die konsequente Nutzung der Religion zur Durchsetzung politischer Ziele.
61
Diese setzten auf beiden Seiten recht früh ein. Cicero, Pompeianer und in mancherlei
Hinsicht Vordenker des Prinzipates, repräsentiert die römische Haltung. Seine Rede pro
Flacco von 59 v. Chr. reflektiert unmittelbar im Anschluß an die Reformen des Pom­
peius den römischen Unwillen über deren Anlaufschwierigkeiten, obwohl doch die
Römer ihren guten Willen gezeigt hatten, vgl. 67f.: at Cn. Pompeius captis Hierosoly-
mis Victor ex illofano nihil attigit. In primis hoc, ut multa alia, sapienter; in tarn suspi-
ciosa ac maledica civitate locum sermoni obtrectatorum non reliquit. Non enim credo
religionem et Iudaeorum et hostium impedimento praestantissimo imperatori, sedpudo-
remfuisse („Pompeius rührte nach der Einnahme Jerusalems als Sieger an jenem Hei­
ligtum nichts an. Darin handelte er besonders weise, wie auch in vielem anderen; in ei­
nem so mißtrauischen und übelredenden Staat ließ er dem Gerede der Neider keinen
Raum. Aber ich glaube nicht, daß es die Religion der Juden und Feinde war, die den
herausragenden Feldherrn zum Hindernis wurde, sondern sein Ehrgefühl"). Auf jüdi­
scher Seite wurde Klage über die Römer geführt, die in die entgegengesetzte Richtung
zielte, nämlich über ihre Willkür, Überheblichkeit, Gewaltanwendung, vgl. Psalm. Sa­
lom. 2; 8; 17; 3. Orac. Sibyll.; lQpHab 4-9. Analysiert wurden diese Texte insbeson­
dere von M. Hadas-Lebel, (1987), S. 745-784; G. Stemberger (1983), S. 12-25 (zu den
Psalmen Salomons und Qumran); S. 38-43 (zum dritten Buch der Sibyllinen). Beson­
dere Schwierigkeiten bereitet die historische Einordnung der Sibyllinen, vgl. J.-D. Gau-
198 Anmerkungen

ger (1998); ferner mit Korrekturen an dem Bild, das die Forschung vermittelte, E.
Gruen (1998), S. 268-290.
62
4 QpNah 1, 2 (Nahum-Kommentar); vgl. CD 1, 18 (Damaskusschrift) u. ö.
63
E. Baltrusch (1998a), S. 213ff.
64
Zur angeblichen Eselskopfverehrung im Inneren des Tempels und zur Ritualmordle­
gende vgl. oben S. 195, Anm. 38.
65
Seine jüdischen Freunde mögen ihn, als er seinen Vorsatz, den Tempel zu betreten,
geäußert hatte, in ähnlicher Weise informiert haben, wie es die jüdischen Freunde des
ägyptischen Königs Ptolemaios IV in 3. Makk. 1, 8ff, bes. 11 getan hatten (u.fj KCI9-
TJKEIV ylvEoBai xouxo 8ia xö p.T|5E xotq EK XOO E9VO\N; i^Eivai EiaiEvai U.T|5E Tcaaiv
xotq iEpE\)aiv, aXXr\ jxovcp xcp TtpoTiyo'üp.evü) 7idvxcov ctpxiepet, Kai xotixco KOCX*
evia\)xöv anat, („ es zieme sich nicht, daß dieses geschehe, weil es den Fremden nicht
erlaubt sei, hineinzugehen, und auch nicht allen Priestern, sondern allein dem Ho­
hepriester als dem Anfuhrer aller, und auch diesem nur einmal im Jahr"); und vielleicht
hat auch Pompeius so reagiert wie Ptolemaios IV in 3. Makk. 1, 11 ff. und gesagt er
müsse hineingehen (eca>xöv 8etv EIOEXGEIV 12). Ganz sicher war aber Jerusalem, als
der fremde General Pompeius von seinem Vorhaben nicht abließ, in einer Aufregung,
wie sie 3. Makk. 1, 16ff.; 2. beschrieben wird.
66
Jos. ant. 14, 73; bell. 1,153.
67
So äußerst sich der Akademiker C. Aurelius Cotta in Ciceros de natura deorum 1,
115-124 in seiner Replik auf die epikureische Darlegung des Götterglaubens durch
Velleiüs; bes. 118. Hier geht es zwar um die Atheisten, die Leugner von Göttern. Aber
auch diese werden als superstitiosi klassifiziert (117) wie die Juden (vgl. Cic. Flacc. 67
barbara superstitio), auch diese politisieren die wahre religio (vgl. die mehrfache Her­
vorhebung des Begriffes religio der Juden in abschätzigem Nebensinn bei Cic. Flacc.
68f) und sind gerade darum deren Zerstörer (nat. deor. 1, 118: omnem religionemfiin-
ditus sustulerunt). Bezeichnenderweise äußert Cotta auch vorsichtige Kritik an den My­
sterien, weil sie die Götter eher sinnbildlich auffaßten und so das Wesen der Götter auf­
zuheben schienen (Cic. nat. deor. 1, 119); und genauso bezeichnend faßt Jos. c. Ap. 2,
188f. den gesamten jüdischen Staat als ein Mysterium auf: GÖCJTIEP 8E XEXEXTV; xivoq
xfjq ÖA.T|<; KoXixEiaq OLKOVOU.O\)U.EVTI<; („die ganze Verfassung ist aufgebaut wie ein
Mysterium").
68
Cic. Flacc. 67; Dio 37, 16, 4: beide Autoren berichten zwar diametral entgegenge­
setzt, der eine, daß Pompeius nichts anrührte, der andere, daß der Tempel geplündert
wurde, aber entscheidend ist, daß keiner von beiden das erwähnt, was den Juden am
wichtigsten war: die Befleckung des Tempel-Heiligtums.
69
Jos. ant. 14, 82-91; bell. 1, 160-170.
70
Cic. dorn. 23.
71
. Jos. ant. 14, 92-97; bell. 1, 171-174; Dio 39, 56, 5f; Plut. v. Anton. 3, 1-3.
72
Jos. ant. 14, 100-104; bell. 1, 176-178
73
Josephus versucht diesen Zusammenhang aus längst bekannten Gründen zu verschlei­
ern, da er die Römer von einer Kollektiv-Schuld an dem Konflikt zwischen Juden und
Römern freisprechen möchte, indem er Vergehen Einzelner verantwortlich macht; so z.
B. wenn er statt des römischen Expansionsdranges den Streit zwischen Hyrkan und Ari-
stobul überhaupt als Ursache ftlr den Verlust der Freiheit darstellt, vgl. bes. Jos. bell. 5,
395f. (aus einer Rede des Josephus, in der er zur Übergabe des Tempels aufforderte, 9.
Kapitel): „Aber wer hat die Römer nun eigentlich gegen unser Volk aufgeboten? Nicht
die Gottlosigkeit (äoEßEia) der Landesbewohner? Woher begann denn unsere Knecht­
schaft? (Begann sie) nicht aus dem Zwist unserer Vorfahren, als der Wahnsinn Aristo-
buls und Hyrkans und ihr Streit miteinander Pompeius geradezu herbeirief (EJtfryaYEv)
Anmerkungen 199

und Gott diejenigen, die nicht würdig der Freiheit waren, den Römern unterwarf?" So
kann man auch bei den hier jn Rede stehenden Aufständen deren genuin antirömische
Stoßrichtung nicht immer klar fassen; sie ist erkennbar z. B. ant. 14,82; bell. 1, 160
(Alexanders Versuch, die geschleiften Mauern Jerusalems gegen römische Weisung
wieder aufzurichten); bes. aber ant. 14, 100; bell. 1, 176 (der Versuch Alexanders, alle
römischen Bürger im Lande zu töten), wo die Nähe zur Agitation des Mithridates be­
sonders augenfällig ist.
74
Jos. bell. 6, 329 (aus einer Titus-Rede): für die Juden komme die Vernichtung zu­
recht, oi Ttpcüxov uev &(p* o$ riou.7if|io<; ETXEV \)|xa<; Korea Kpdxoq OÜK EJia\)aao9e
vecoTcpoTcoiiaq („die ihr von Anfang an, seit Pompeius euch mit militärischer Gewalt
einnahm, nicht mit umstürzlerischen Neigungen aufhörtet").
75
Manche moderne Gelehrte stellen deshalb die von Josephus gegebene chronologische
Reihenfolge um und behaupten, daß das römische Wiederaufbauprogramm der ehemals
jüdischen, seit Pompeius freien Städte den Auslöser ftlr den ersten Alexanderaufstand
abgegeben habe, vgl. A. Schalit (1969), S. 30ff.; E. M. Smallwood (1976), S. 31. Dage­
gen zurecht U. Baumann (1983), S. 52; S. 54, Anm. 21.
76
F. M. Abel (1952), S. 292f. („avec la connivence probable du parti anti-pomp6ien").
77
Jos. ant. 14, 83; 100; bell. 1, 176. Diese römischen Bürger traten auf den Plan, als
Alexander Jerusalem wieder befestigen wollte, Jos. ant. 14, 83: otXXoc TOVTOV uiv
a\)TÖv e7t£afcov oi EvGauOa 'Pcou-cuoi („die dortigen römischen Bürger hielten ihn aber
davon ab"). Die Ausdrucksweise Josephus ist dunkel; wer waren oi evGavGa 'Pcou-aToi?
Handelt es sich um einen conventus civium Romanorum? [so A. Schalit (1937), S.
35ff.]. Oder um eine militärische Besatzung zum Zwecke der Überwachung? Ob sie ei­
nen solchen Auftrag hatten, ist offen, aber daß sie aufpaßten, dürfte unstrittig sein.
78
Cic. prov.cons. 10: Jam vero publicanos miseros ... tradidit in servitutem Iudaeis et
Syris, nationibus natis servituti. Statuit ab initio, et in eo perseveravit, ius publicano
non dicere; pactiones sine ulla iniuria factas rescidit; custodias sustulit; vectigalis
multos ac stipendiarios liberavit; quo in oppido ipse esset aut quo veniret, ibi publica-
num autpublicani servum esse vetuit („Die armen Publikani übergab er in die Sklaverei
von Juden und Syrern, selbst Völkern zur Sklaverei geboren. Gleich zu Beginn verwei­
gerte er den Publikani ihr Recht, und dabei blieb er. Er beschnitt Abkommen, die ganz
ohne Unrecht zustande gekommen waren; er entfernte Wachen; er befreite viele Steuer-
und Leistungspflichtige; in welcher Stadt er selbst war oder in welche er kam, in dieser
durfte kein Publikanus oder der Sklave eines Publikanus sein."). Vgl. zu Gabinius noch
Cic. Sest. 53; de domo 21, 55; Pis. 49; prov. cons. 17; Dio 39, 60, 4; Strab. 12, 3, 34
(558).
79
So kann Dio 39, 56, 6 über Gabinius sagen, daß q>6pov TOI«; 'IO-UÖCUOK; kniia%z („er
erlegte den Juden einen Tribut auf), also Gabinius den Tribut installiert habe: einen
Tribut hatte ja an sich schon Pompeius eingerichtet, aber Gabinius organisierte ihn neu,
vgl. M.Stern (1974), II, S. 355.
80
So eine Mehrheit von Forschern wie E. M. Smallwood (1976), S. 30fT.; M. Stern
(1974), I,S. 204.
81
Sie sind nur knapp referiert bei Jos. ant. 14, 90f; bell. 1, 169f; Dio 39, 56, 5f; Cic.
prov. cons. 10-12.
82
Damit bleibt er natürlich auch oberster Repräsentant der Juden; es ist bei Josephus
auch keine Rede davon, daß Hyrkan „seine Funktion als Ethnarch, damit auch seinen
politischen Einfluß weitgehend verloren hatte", wie U. Baumann (1983), S. 55; E. Schü­
rer (1973), I, S. 268f.; E. M. Smallwood (1976), S. 32 („It followed from this that
Hyrcanus lost his secular administrative functions as ethnarch Controlling the whole
country and retained only the High Priesthood") als verbürgt ansehen. Daß Hyrkan zu-
200 Anmerkungen

mindest den Oberbefehl über das Heer behielt (nach Jos. ant. 14, 98f; bell. 1, 175), muß
auch E. M. Smallwood a. O. S. 34, Anm. 45 einräumen.
83
Damit sind die jüdischen Regionen Judäa, Peraea, Galiläa und (vielleicht) Idumäa
einbezogen, wenn die Überlegung von B. Kanael (1957), S. 98-106, richtig ist, daß statt
(des zum größten Teil heidnischen) Gadara Adora bei Jos. ant. 14, 91 (ev raöapou;)
und bell. 1, 170 zu lesen ist; diese Theorie ist weitgehend akzeptiert worden (z. B. von
E. M. Smallwood (1967), S. 89-92; dies. (1976), S. 32; U. Baumann (1983), S. 55 (mit
Anm. 24), dort auch weitere Literatur. Vgl. ferner E. Schürer (1973), I, S. 268 mit Anm.
5. Immerhin steht die doppelte Überlieferung bei Josephus gegen eine solche Lesung.
Ein anderer Vorschlag ist Gazara oder Gezer, vgl. F. M. Abel (1952), S. 292. Für das
uns interessierende Konzept des Gabinius ist diese Frage aber ohne Bedeutung.
84
Jos. ant. 14, 91 sagt ausdrücklich: Kai oi u.ev ajtT|ÄAaYH.evoi 5\)vaaxeia<; ev api-
axoKpaxia ÖITJYOV („befreit von der dynastischen Herrschaft wurden sie aristokratisch
verwaltet"), und bell. 1, 170 (noch deutlicher): dauivax; 6e xfjq e£ evoq eTUKpaxeiaq
eÄ.e\)9epco0evxe<; xö Xotnöv apiaxoKpaxia SICOKOUVXO („gerne ließen sie sich ftlr die
Zukunft eine aristokratische Verfassung gefallen, befreit von der Herrschaft eines
Einzelnen"). Er betont also ausdrücklich die Befreiung von der Herrschaft eines
Einzelnen, nämlich des hasmonäischen Fürsten - und das war ja eine der Hauptforde­
rungen der „dritten" antihasmonäischen Partei an Pompeius gewesen. Was Josephus in­
des unter Aristokratie im Zusammenhang mit dem jüdischen Gemeinwesen versteht,
sagt er an anderer Stelle im Zusammenhang mit dem Neubau des Tempels unter dem
persischen König Dareios: Kai oi u.ev \)7tep xovxtov eTuSayiA.e'uou.evoi xai^ Gixriau;
Kai xf| rcepi xöv 8eöv cpiXoxiu/ia KaxcpKT|aav ev xotq 'IepoaoX\)p.oi<; rcoXixeia XP&-
u,evoi dpiaxoKpaxiKfj p.exä 6A.iyapxiaq, Jos. ant. 11, 111. Die Juden feierten also das
persische Zugeständnis mit vielen Opfern und Gebeten und „lebten in Jerusalem unter
einer aristokratischen Verfassung, beherrscht von einer kleinen Gruppe" (hier steht der
Begriff Oligarchie). Diese Verfassung blieb bis zum hasmonäischen Königtum
unverändert, so Josephus weiter. Der Zusammenhang der Aristokratie zur von Priestern
bestimmten Theokratie ist offensichtlich, zumindest für den jüdischen Staat.
85
Bei Jos. bell. 1, 170 wird dieser Aspekt im Zusammenhang mit der Verwaltungsre­
form beiläufig angesprochen (oi 8e iva cuvxeXüiaiv ei<; 'Ap.aGoövxa, wobei der Be­
griff avvxeXeiv im Sinne der nach Amathus zu entrichtenden Steuerzahlungen aufzu­
fassen ist).
86
Jos. bell. 1, 178; ant. 14,103 („wie Antipater wollte").
87
Vgl. Jos. bell. 1, 159; 162; 175; 177; ant. 14, 80f; 84; 99; 101.
88
Jos. ant. 14, 89f; bell. 1,168.
89
Vgl. Jos. ant. 14, 87f; bell. 1, 165f.: Gabinius xa<; u.ev ctTiopGfixouq nöXeiq
Ka9iaxdu.evoq, xäq 8e Kaxeaxpau.u,eva<; ävaKxi^cov („einrichtend die Ordnung in den
unbeschädigten Städten, wiederherstellend die zerstörten").
90
Zum Grundsätzlichen vgl. E. Baltrusch (1998a), S. 218ff.
91
Vgl. auchCic. Flacc. 68.
92
Cic. prov. cons. 12 spricht von pactiones cum hostibus de sociis („Abkommen mit
den Feinden über Verbündete").

VII. Zusammenfassung und Ausblick


1
Esr. 7, 26.
2
So im Urteil über die Römer 1. Makk. 8, lff.
3
Vgl. nur audrücklich 1. Makk. 8, 3.
4
So A. Giovannini (1995), S. 41-60.
Bibliographie

Abkürzungen der Zeitschriften nach L' Année philologique

Abkürzungen der antiken Autoren nach Der Kleine Pauly, Lexikon


der Antike, hrsg. v. K. Ziegler/W. Sontheimer, Bd. 1,
München/Stuttgart 1979

Weitere Abkürzungen:
ANET - Ancient Near Eastern Texts relating to the Old Testament
bAbot - Traktat Aboth (Sprüche der Väter) des Babylonischen Talmud
bAwoda Zaça - Traktat Awoda Zara (Vom Götzendienste) des
Babylonischen Talmud
bKidduschin - Traktat Kidduschin (von der Antrauung) des
Babylonischen Talmud
bSota - Traktat Sota (Von der Ehebruchsverdächtigten) des
Babylonischen Talmud
CIL - Corpus Inscriptionum Latinarum
CPJ - Corpus Papyrorum Judaicarum
FGrH - Fragmente der Griechischen Historiker
ILS - Inscriptiones Latinae Selectae
Megillat Taanit - Fastenrolle
OGIS - Orientis Graeci Inscriptiones Selectae
Orac. Sib. - Oracula Sibyllina
1 QM - Qumran-Texte, Höhle 1: Kriegsrolle
1 QpHab - Qumran-Texte, Höhle 1, Habakuk-Kommentar
4 QpNah - Qumran-Texte, Höhle 4, Nahum-Kommentar
SEG - Supplementum Epigrahicum Graecum
Syll.3 - W. Dittenberger (Hrsg.), Sylloge Inscriptionum Graecarum
TAM - Tituli Asiae Minoris
TUAT - Texte aus der Umwelt des Alten Testaments
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Namens- und Sachregister

Personen und Orte -


Achab 160 Antiochos I 168, 171
Achas von Juda 159, 160 Antiochos III 42-46,49, 55, 57,
Achaschwerosch 163 66,87, 139,166,170,171,
Ägypten 14, 15,23-27,30,31, 172, 181, 183
35f., 38, 41, 42, 53, 55, 59, Antiochos IV 17, 39,43, 45ff.,
104,115,120, 126, 149ff., 50,53,54,56,57,84,89,91,
159, 162, 169, 186, 192, 195 98, 151,164, 166,168, 171,
Akra von Jerusalem 102, 142, 179, 184
168 Antiochos V 84, 92,97, 179, 181
Alexander Balas 98f, 180, 183 Antiochos VI 99, 102
Alexander der Große 30, 38,41, Antiochos VII 104, 106f., 109,
48f.,57,59, 151, 163,164, 170, 185,188
166, 172 Antiochos VIII 106,108, 187
Alexander Jannaios 54, 58, 88, Antiochos IX 106, 108ff., 188
110f., 128, 131,136, 153,181, Antipater 100, 125, 128, 131,
192 137, 139, 140, 144ff., 156,
Alexander Zabinas 108, 187 172, 193,200
Alexander, Sohn Aristobuls Antipater, jüdischer Gesandter
142f., 196, 199 100, 103
Alexandria 11,42, 52, 89, 121 f., Antonius 146, 147
149, 152, 154, 157, 169, 170 Apion52, 55, 169, 170, 191, 192
Alkimus, Hohepriester 92, 97, Apollonius Molon 122, 192
183 AretasIII 128, 130
Amon 25 AreusI lOOff, 184, 185
Amyzon 165 Aristobul I 87, 110, 134, 138
Ananias 54 Aristobul II 58, 74, 128-138,
Antigonos Monophthalmos 41, 142, 144, 155, 192ff.
77 Arsames 38
Antigonus, Sohn Aristobuls 142, Arses 32
196 Arsinoe 170
220 Namens- und Sachregister

Artaxerxes I 31, 33, 35,48, 163 Esra21,29,31,33ff.,48, 55,


Artaxerxes II 31 150, 154
Artaxerxes III Ochos 31 Eupolemos 93
Asa 159 Fannius, C, Konsul 96f., 107,
Asarhaddon 25, 160 183, 186, 187
Assur23ff., 159ff. Gabinius, Aulus 19, 135, 142-
Assurbanipal 25, 160 147, 156, 196, 199f.
Augustus 11,72,74, 146, 147, Hadrianll, 139, 157, 197
176, 177, 190 Haman 163, 170
Babylonier 13, 16, 18, 26 Hananiah 37
Bagoas 32 Hasmonäer86, 105ff., 120,
Bagohi 162 125ff., 188
Bakchides 98 Hefzibah-Inschrift 165
Bar-Kochball, 12, 139f., 157 Heliodor 171
Bascha von Israel 159 Herakleia 168
Ben Hadad I von Aram 159 Herodes 125, 139, 140, 144, 146,
Bisutun 30 147, 156, 172, 193, 194
Caesar 17, 74, 146, 176 Herodes, der Pergamener 53
Caligulall, 157 Herodes, aus Priene 50
Chelkias 54 Hilkia 26
Chnubis 53 Hiskija 17, 21, 22-25, 26, 28, 39,
Chnum31,35 59,94, 119, 149,150,154,160
Claudius 17, 169 Hosea 23
Cornelius Hispalus 116, 189 HyrkanI86, 105-111,153,186-
Daphne 89 188
Dareios I 30f., 33, 38, 163 Hyrkan II 58, 74, 128-147, 155,
Dareios II 31 193ff.
Dareios III 32, 172 Hyrkan, der Tobiade 171
David 22, 23, 26, 197 Jason, Gesandter 93
Demetrios I 86, 92-99, 181, 183 Jason, der Hohepriester 101, 168,
Demetrios II 99-103, 107, 183, 171
184, 186, 187 Jason von Kyrene 191
Demetrios von Illyrien 176 Jedoniah 37, 162
Demetrios von Pharos 180 Jehu 160
Dositheos 168 Jerusalem passim, siehe auch
Elephantine 21, 29, 31, 35ff., 53, Tempel in Jerusalem
150, 162, 163, 166, 169 Jesaia23, 149
Eleusis, Tag von 89, 91, 166, Joachas 27
170, 179, 181 Johannes Hyrkan, siehe unter
Eljakim (bzw. Jojakim) 27 Hyrkan
Namens- und Sachregister 221

Jqjachin27, 28, 161 Mosollamos 172


Jonathan 91, 98-102, 103, 105, Nabopolassar 25, 26
107, 110, 180, 183ff. Nebukadnezar 27, 28, 57, 150,
Joseph, der Tobiade 42, 54, 171 197
Josija21,25-27,28,39, 149, Necho27, 161
150, 154 Nehemia21,29,31,33ff.,48,
Juda21ff.,31,34, 161 55, 150, 154, 163
Judäa 89ff., 133ff., und passim Nikanor, seleukidischer Feldherr
Judas Makkabäus 84, 88, 93, 97, 86,92,97,182
98,100,106,107,110,111, Nikodemus 130, 194
132, 160, 180, 182, 183, 184 Ninive 25, 26
Jugurtha 62ff, 173, 176,180 Numenius 100, 186
Kambyses30, 162, 163 Onias53, 100
Kittäer 161, 181, 196 Onias II 45
Kleopatrall 171 OniasIII 171
Kleopatra III 54, 109, 192 Onias IV 54, 168, 171
Koile Syrien 42,43, 108 Palästina 14, 15, 18, 19,29ff.,
Kyaxares 25, 26 41ff.,49f, 85, 108,111, 115,
Kyrenell5, 120ff, 154,186, 116,119,129,130,133,139,
191 142ff., 149ff, 155, 163ff.,
Kyros30,32, 150, 162 171f,194, 196
Lucius, Konsul 104 Perser 13, 16, 18,21,29-39,57,
Lucius Valerius 104 59, 119, 150
Lucullus 120f., 192 Phönikien33,41ff., 130, 165
Lysias, Kanzler 84, 178, 179, Pompeius 17, 19, 72, 74, 97, 105,
182 110, 115, 125-147, 155f, 176,
Makedonen 49, 57, 152,169, 180,188,192-200
172, 177 Poseidonius 122, 192
Manasse 25, 29,160 Psammetich I 162
Manius, Titus 84, 179 Ptolemäerl7,42,48,55, 121,
Marius 63 165, 166, 167, 172
Massinissa 63 Ptolemaios Apion 120
Mattathias 45 Ptolemaios, seleukidischer
Meder 26 Statthalter 43
Megiddo 27 Ptolemaios I 42, 120, 191
Memmius, Quintus 84 Ptolemaios II 165
Menelaus, Hohepriester 92, 171 Ptolemaios III 53, 170
Mesopotamien 27, 28, 55, 126 Ptolemaios IV 54, 162, 165, 170,
Micipsa 63 198
Moschion aus Priene 50, 168 Ptolemaios VI 53, 171
222 Namens- und Sachregister

Ptolemaios VIII 104, 186 Seleukiden 17, 42-49, 55, 85, 88,
Ptolemaios IX Soter II 54, 109, 92,99, 107,108,117,152,
121, 192 169, 171, 181, 182, 184
Ptolemaios X Alexander I 121, Simon II, Hohepriester 45, 166
191 Simon, der Makkabäer 58, 83,
Raphia54, 170 91,99, 102-105, 106, 107, 110,
Salmanassar V 23 117, 120, 128, 138, 143, 185,
Salome Alexandra 58, 110, 186
127f., 153, 154 Sparta 98, 100-103
Salomon 22, 26, 193, 197 Syrien 15, 33, 41ff., 72, 108,
Samaria 22, 23, 34, 38, 106, 108, 120, 127ff., 139, 143, 155
109,135, 164,187,188 Tennes 31
Samaritaner 34, 163, 164 Theben, Ägypten 25
Sanballet 32 Theophanes von Milet 193
Sancherib 23, 24, 160 Tiberius Julius Alexander 169
Sargon II 23 Tiglatpileser 159
Scaurus, M. Aemilius 129ff., Transeuphrat (Abar Nahara) 31
138, 141,193, 194 Tryphon99, 102, 183
Scipio (Africanus) 63, 66, 79, Xerxes 31
174 Zenon49f., 164, 165, 167, 171
Scipio der Jüngere 173 Zeuxis55, 165, 166, 197
Zidkija 27

— Sachen —
Achämenidenreich 32, 57 Chasidim55, 91, 105, 172, 173
Apostasie51,52, 169 constitutio Antoniniana 11
Außenpolitik 13, 65-70, 73, 75, deuteronomistische Reform 25ff.
80,86,92,99, 101,105, 106, Diadochen41
111, 138, 152, 153, 155, 173, Diaspora 11, 29, 34, 35, 39, 42,
187 43, 50-52, 57f, 115ff., 149ff,
Autonomie 14, 17, 18,24ff., 31, 169, 170, 172, 186, 189, 191
33, 37ff.,44ff., 61,64, 74ff., Diaspora-Aufstand 12, 157, 191
85; 92, 94, 105, 110, 121, 137, Edikt des Antiochos IV 45-47,
141, 143, 149, 151, 152, 154, 91, 166
157, 164, 178 Eretz Israel 52, 138
babylonisches Exil 21, 28f., 150 Hasmonäer-Staat43, 111, 113,
Bar-Kochba-Aufstand 11, 12, 153
139, 140, 157 Hellenismus 41-59, 78, 112, 151,
Beschneidung 22 164ff.
Namens- und Sachregister 223

Herodianer 113 Prinzipat 11, 17,61,72, 120,


Hohepriester 26, 42, 45, 53, 92, 123, 125, 126, 127, 139, 149,
94,97,99, 100, 103,106, 117, 156, 176, 197
128, 134, 135, 138, 141, 144, Provinzen 17, 66, 69, 70ff., 79,
145, 155, 163, 164, 165, 166, 111, 115, 126f, 146, 175, 177
168, 171, 186, 195, 198 publicani 143, 144,196, 199
Hohepriesteramt 22, 39, 91, 184 Reichsrecht (und Volksrecht) 18,
imperia extraordinaria 126 32,79
Integration 16, 45, 47, 50, 58, 60, Reichsverwaltung 13, 19, 30, 73,
61,64,72,78,98, 111,115, 126, 156
119,123, 127, 139, 149,151, Religionseifer 140
154, 156, 168, 197 res publica restituta 17, 190, 192
Jüdischer Krieg 11 f., 157, 192 Romhaß 140
jüdischer Rat (Gerusia) 44, lOOf. Sabazius-Kult 116, 189
Klientelftirstentum 19, 72, 111, Sabbat 22, 195
127, 155 Sadduzäer56, 128
Klientelstaat 63, 70, 72, 81, 134, Sanhedrin 135
139, 155, 196 Satrapenaufstände 31
Königtum 53, 54, 60f., 87, 132, Schildgesandtschaft 103, 186
155,170, 171,200 Speisevorschriften 22
Kyroszy linder 32, 162 Tag von Eleusis, siehe unter
laus Romanorum 32, 86 Eleusis
lex Hortensiaöl Tempel in Jerusalem 21 ff., 25ff.,
Makkabäeraufstand 21, 41, 43, 28f., 32, 36, 39,43ff., 48, 54,
45f., 58, 90f, 132, 151, 153, 57, 134, 140f., 150, 160, 161,
169, 171 162, 170, 195, 198
Monotheismus 21 f., 39, 57 Tempel von Elephantine 21, 29,
neuassyrisches Reich 23 31,35f, 150
Israel, Nordreich 22ff., 49 Thoral3,44f., 51, 166, 169, 170
Patrioi nomoi 44f, 165 Verfassung hellenistischer
Patronatssystem 72, 156 Staaten 53f.
Patronatsverhältnis 64, 69 Verfassung, römische 13, 60-65,
Pergamondekret 109, 188 70,73,80,87,89,93, 115,
persische Herrschaft 21, 22, 29- 118, 181
39, 150, 166 Volksrecht 18,79
Pharisäer 56, 111, 112, 128f., Zeloten 143
130, 140

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