Die Mutter Courage ist weiterhin beispielhaft für Brechts Konzept des
epischen Theaters. Die Zuschauer sollen kritisch und distanziert die
Ereignisse auf der Bühne analysieren, nicht gefühlvoll das Schicksal eines
positiven Helden miterleben.
Take-aways
• Mutter Courage und ihre Kinder gilt als das bedeutendste Stück von
Bertolt Brecht.
• Die Hauptfigur ist eine fahrende Händlerin im Dreißigjährigen Krieg,
anhand dessen Brecht beispielhaft die Ursachen und Gräuel von
Kriegen vorführt.
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Interpretationsansätze
• Mutter Courage soll laut Brecht zeigen, dass „die großen Geschäfte in
den Kriegen nicht von den kleinen Leuten gemacht werden. Dass der
Krieg, der eine Fortführung der Geschäfte mit anderen Mitteln ist, die
menschlichen Tugenden tödlich macht, auch für ihre Besitzer. Dass für
die Bekämpfung des Krieges kein Opfer zu groß ist.“ Das Stück ist aber
nicht als rührseliges Antikriegsdrama konzipiert, sondern als
antikapitalistisches Lehrstück: Der Zuschauer soll beobachten, wie
die Gewinnsucht der Hauptfigur für ihre eigenen Kinder tödlich endet.
Er soll den allgemeinen Zusammenhang von Krieg und Kapital erkennen
und sich im eigenen Alltag moralischer verhalten.
• Mutter Courage steckt in einem Dilemma: Aus allen Situationen will sie
das Beste herausholen, sie möchte einerseits ihre Kinder versorgen und
heil durch den Krieg bringen, andererseits sichert ihr gerade der Krieg
den Lebensunterhalt – eine ausweglose Situation, in der die mütterliche
Sorge manches Mal hinter dem Geschäftssinn zurücksteht, wodurch
Mutter Courage letztlich alle ihre Kinder verliert.
• Da es für Brecht in allen Kriegen grundsätzlich immer nur um Geld geht,
sind die ideologischen Hintergründe austauschbar. Entsprechend
unproblematisch ist für Mutter Courage die Machtübernahme der
katholischen Polen über die evangelischen Schweden: Sie geht einfach
eine neue Fahne kaufen.
• Beispielhaft für die Verfremdungseffekte des epischen Theaters ist
das Salomon-Lied. In der Szene vor dem Pfarrhaus präsentiert sich
Mutter Courage dem Zuschauer ausnahmsweise einmal tugendhaft,
indem sie den Koch nicht in das sichere Leben nach Utrecht begleitet,
sondern bei ihrer Tochter bleibt. Das Lied handelt aber im Gegensatz
dazu von der Nutzlosigkeit aller Tugend in einer verdorbenen Welt,
wodurch der Zuschauer gezwungen ist, sich seine eigenen Gedanken zu
dem Thema zu machen.
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Begriffe wie „Ehre“, „Heldentum“ und „Treue“, vor allem in der von der NS-
Diktatur geprägten Form, sind für Brecht Antitugenden. Auch positive
Eigenschaften wie Mut, Klugheit, Treue, Einsatzfreude oder Mitleid
bekommen im Krieg einen völlig neuen Stellenwert. Das, was einem im
Frieden weiterhilft, versagt in Kriegszeiten völlig. Auf die Tugenden ist kein
Verlass mehr.
Inhalt:
• Das Stück beginnt im Jahre 1624.
• Ein Werber beschwert sich bei einem Feldwebel, wie schwer es heutzutage sei,
Soldaten zu finden. Sie sind sich einig, dass zu lange Frieden geherrscht habe
und es in der Bevölkerung deshalb an Ordnung und der Bereitschaft zur
Disziplin mangele.
• Gezeigt wird die Mutter mit ihren drei Kindern. Der Feldwebel interessiert sich
für Eilif.
• Mutter Courage sagt dem Tod voraus.
• Eilif ist bereits Soldat, erfolgreich und gelobt.
• Eilifs Tod: Er soll hingerichtet werden, weil er ein Bauernhaus plündern wollte.
Eilif wird fortgebracht, seiner Mutter wird nichts von seinem Schicksal
berichtet.
• Schweizerkas’ Tod: Ihren Sohn Schweizerkas verliert Mutter Courage, weil sie
vor seiner Erschießung zu lange um seine Freilassung feilscht.
• Kattrins Tod: Kattrin wird von Soldaten getötet, als sie die Einwohner der Stadt
Halle vor einem Angriff warnt.
bestimmten Welt zu bestehen. In der Tradition des epischen Theaters möchte der
Autor sein Publikum aufrütteln, um es an eine kritischere Herangehensweise
heranzuführen. Vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges ist es Brecht mit
der »Mutter Courage« gelungen, eine kraftvolle Kriegs- und Kapitalismuskritik zu
formulieren.
Brecht wechselt die Perspektive und schildert die Ereignisse aus der
Sicht der kleinen Leute.
Der „plebejische Blick“ des Dramas mache die kleinen Leute jedoch noch
nicht zu Akteuren der Geschichte. Sie blieben „Opfer der großen
Geschichte“, „lediglich reagierend”. Es ändert sich die Interpretation der
Ereignisse, aber die Courage ist nicht in der Lage, die Situation gestaltend
zu verändern. Dennoch eröffnet die neue Perspektive Möglichkeiten einer
Veränderung.
Eilif ist der ältere und tapfere Sohn. Er muss sterben, weil er sich selbst
treu bleibt und so im Sinne seiner Mutter handelt. Im Krieg ist er der große
Held, weil er brutal die Bauern erschlägt und ihnen das Vieh raubt. Er wird
für seine Tat ausgezeichnet. Im Frieden tut er das gleiche, doch nun gilt es
als Verbrechen, und er wird erschossen. Er kann Recht und Unrecht nicht
unterscheiden, weil er seiner Mutter ähnlich ist und sie ihm nicht
beigebracht hat, wie man sich unter den jeweiligen Bedingungen verhält.
Leben bedroht wird. Er hat dabei nicht den eigenen Vorteil im Sinn,
sondern handelt nur ehrlich, so wie es ihm seine Mutter gelehrt hat. Auch
er kann nicht erkennen, wie in einer besonderen Situation gehandelt
werden muss.
„Der Krieg ist nix als die Geschäfte“ lautet das Motto der Courage in der
7. Szene und sie will zu den Siegern gehören. Die Figur sei gezeichnet als
Partnerin von Krieg und Tod und damit als kriminell. Brecht projiziert die
Diagnose, dass der Kapitalismus und finanzielle Interessen die wahre
Ursache der Kriege seien. Für Brecht seien Faschismus und Krieg nicht
dem Kapitalismus fremde Zustände, sondern nur seine extreme Form.
Gleichzeitig soll es auch als Warnung vor einem erneuten Ausbrechen des
Weltkrieges verstanden werden.