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Mutter Courage und ihre Kinder


• Veröffentlichung: 1941
• Autor: Bertolt Brecht
• Gattung: Drama , Episches Theater
• Epoche: Exilliteratur
• Hauptfiguren: Mutter Courage, Eilif, Schweizerkas und Kattrin
• Aufbau: 12 Szenen

Im schwedischen Exil verfasst und 1941 in Zürich uraufgeführt. Brecht


schrieb die Mutter Courage auf der Flucht vor den Nazis im September
1939 in Schweden. Die Auseinandersetzung mit dem Grund seiner Flucht,
dem Faschismus in Deutschland, wurde für Brecht zum Kern seiner Arbeit.

Es spielt im Dreißigjährigen Krieg zwischen 1624 und 1636. Erzählt wird


die Geschichte der Marketenderin Mutter Courage, die versucht, ihr
Geschäft mit dem Krieg zu machen, und dabei ihre drei Kinder verliert. Das
Geschehen kann als Warnung an die kleinen Leute verstanden werden, die
hoffen, durch geschicktes Handeln mit dem Zweiten Weltkrieg umgehen zu
können. Gleichzeitig richtet es eine Warnung an die skandinavischen
Länder, in denen Unternehmen darauf hofften, am Zweiten Weltkrieg
verdienen zu können. Brechts Absichten gehen aber darüber hinaus: Er will
Abscheu vor dem Krieg vermitteln und vor der kapitalistischen
Gesellschaft, die ihn seiner Ansicht nach hervorbringt.

Die Mutter Courage ist weiterhin beispielhaft für Brechts Konzept des
epischen Theaters. Die Zuschauer sollen kritisch und distanziert die
Ereignisse auf der Bühne analysieren, nicht gefühlvoll das Schicksal eines
positiven Helden miterleben.

Take-aways
• Mutter Courage und ihre Kinder gilt als das bedeutendste Stück von
Bertolt Brecht.
• Die Hauptfigur ist eine fahrende Händlerin im Dreißigjährigen Krieg,
anhand dessen Brecht beispielhaft die Ursachen und Gräuel von
Kriegen vorführt.
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• Mutter Courage begleitet mit ihrem Planwagen verschiedene Heere


durch ganz Europa.
• Sie hat drei Kinder: den klugen, draufgängerischen Eilif, den
redlichen, dummen Schweizerkas und die gutherzige, stumme
Kattrin.
• Eilif wird als Soldat für einen Raubmord gelobt, später im Frieden
aber für die gleiche Tat hingerichtet.
• Ihren Sohn Schweizerkas verliert Mutter Courage, weil sie vor seiner
Erschießung zu lange um seine Freilassung feilscht.
• Kattrin wird von Soldaten getötet, als sie die Einwohner der Stadt
Halle vor einem Angriff warnt.
• Mutter Courage lernt nichts aus ihren Erfahrungen: Obwohl sie ihre
Kinder an den Krieg verliert, zieht sie ihn als Geschäftsfrau dem
Frieden vor.
• Die Figur ist ein Beispiel für den Verfremdungseffekt in Brechts
epischem Theater: Der Zuschauer identifiziert sich nicht mit ihr,
sondern bildet sich seine eigene Meinung.
• Hinter allen Kriegen sieht Brecht dieselbe Ursache: kapitalistische
Gewinnsucht.
• Der Autor verließ Nazi-Deutschland 1933 und schrieb die Mutter
Courage 1939 im Exil.
• Das Stück wurde 1941 in Zürich uraufgeführt und machte Brecht
weltberühmt.

Aufbau und Stil


Mit der Mutter Courage folgt Bertolt Brecht seinem Konzept vom epischen
Theater: Der Zuschauer soll auf keinen Fall in ein realistisch dargestelltes
Bühnengeschehen eintauchen, sich mit den Figuren identifizieren und
seine Alltagssorgen vergessen können. Im Gegenteil, er soll das Geschehen
auf der Bühne distanziert, rein als Betrachter verfolgen. Unabhängig von
der jeweiligen Inszenierung sind deshalb bereits in den Text etliche der von
Brecht so genannten Verfremdungseffekte eingefügt: Das Stück ist
in zwölf Szenen eingeteilt, die den Leser jedoch durch keinerlei dramatische
Entwicklung in ihren Bann ziehen. Fast durchgängig herrscht der immer
gleiche trostlose Krieg. Auch das Innenleben der Figuren ist ohne Höhen
und Tiefen angelegt, insbesondere die Mutter Courage scheint aus ihren
leidvollen Erfahrungen nichts zu lernen. Um den einzelnen Szenen die
Spannung zu nehmen, ist ihnen jeweils eine Zusammenfassung der
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Handlung vorangestellt, und in fast allen Szenen wird von irgendjemand


ein Lied vorgetragen, dessen Text das Geschehen aus einem neuen
Blickwinkel kommentiert und den Zuschauer in seiner kritischen Distanz
bestärkt. Meisterlich ist die sprachliche Leistung Brechts: Bei
allem theoretischen Unterbau glänzt der Text durch seine temporeiche
Umgangssprache und seinen beißenden Witz.

Interpretationsansätze
• Mutter Courage soll laut Brecht zeigen, dass „die großen Geschäfte in
den Kriegen nicht von den kleinen Leuten gemacht werden. Dass der
Krieg, der eine Fortführung der Geschäfte mit anderen Mitteln ist, die
menschlichen Tugenden tödlich macht, auch für ihre Besitzer. Dass für
die Bekämpfung des Krieges kein Opfer zu groß ist.“ Das Stück ist aber
nicht als rührseliges Antikriegsdrama konzipiert, sondern als
antikapitalistisches Lehrstück: Der Zuschauer soll beobachten, wie
die Gewinnsucht der Hauptfigur für ihre eigenen Kinder tödlich endet.
Er soll den allgemeinen Zusammenhang von Krieg und Kapital erkennen
und sich im eigenen Alltag moralischer verhalten.
• Mutter Courage steckt in einem Dilemma: Aus allen Situationen will sie
das Beste herausholen, sie möchte einerseits ihre Kinder versorgen und
heil durch den Krieg bringen, andererseits sichert ihr gerade der Krieg
den Lebensunterhalt – eine ausweglose Situation, in der die mütterliche
Sorge manches Mal hinter dem Geschäftssinn zurücksteht, wodurch
Mutter Courage letztlich alle ihre Kinder verliert.
• Da es für Brecht in allen Kriegen grundsätzlich immer nur um Geld geht,
sind die ideologischen Hintergründe austauschbar. Entsprechend
unproblematisch ist für Mutter Courage die Machtübernahme der
katholischen Polen über die evangelischen Schweden: Sie geht einfach
eine neue Fahne kaufen.
• Beispielhaft für die Verfremdungseffekte des epischen Theaters ist
das Salomon-Lied. In der Szene vor dem Pfarrhaus präsentiert sich
Mutter Courage dem Zuschauer ausnahmsweise einmal tugendhaft,
indem sie den Koch nicht in das sichere Leben nach Utrecht begleitet,
sondern bei ihrer Tochter bleibt. Das Lied handelt aber im Gegensatz
dazu von der Nutzlosigkeit aller Tugend in einer verdorbenen Welt,
wodurch der Zuschauer gezwungen ist, sich seine eigenen Gedanken zu
dem Thema zu machen.
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• Brecht wirft im Stück einen plebejischen (луѓе од ниска класа) Blick


auf den Krieg. Nicht von den großen Feldherren in ihren warmen
Regierungszimmern wird erzählt, sondern vom Leiden der einfachen
Leute draußen in der Kälte.

Begriffe wie „Ehre“, „Heldentum“ und „Treue“, vor allem in der von der NS-
Diktatur geprägten Form, sind für Brecht Antitugenden. Auch positive
Eigenschaften wie Mut, Klugheit, Treue, Einsatzfreude oder Mitleid
bekommen im Krieg einen völlig neuen Stellenwert. Das, was einem im
Frieden weiterhilft, versagt in Kriegszeiten völlig. Auf die Tugenden ist kein
Verlass mehr.

Inhalt:
• Das Stück beginnt im Jahre 1624.
• Ein Werber beschwert sich bei einem Feldwebel, wie schwer es heutzutage sei,
Soldaten zu finden. Sie sind sich einig, dass zu lange Frieden geherrscht habe
und es in der Bevölkerung deshalb an Ordnung und der Bereitschaft zur
Disziplin mangele.
• Gezeigt wird die Mutter mit ihren drei Kindern. Der Feldwebel interessiert sich
für Eilif.
• Mutter Courage sagt dem Tod voraus.
• Eilif ist bereits Soldat, erfolgreich und gelobt.
• Eilifs Tod: Er soll hingerichtet werden, weil er ein Bauernhaus plündern wollte.
Eilif wird fortgebracht, seiner Mutter wird nichts von seinem Schicksal
berichtet.
• Schweizerkas’ Tod: Ihren Sohn Schweizerkas verliert Mutter Courage, weil sie
vor seiner Erschießung zu lange um seine Freilassung feilscht.
• Kattrins Tod: Kattrin wird von Soldaten getötet, als sie die Einwohner der Stadt
Halle vor einem Angriff warnt.

Thema: In diesem im Exil verfassten Drama thematisiert Brecht den Zynismus


des Krieges und hebt dabei die Verbindung mit einer kapitalistischen
Gesellschaftsordnung hervor. Er schildert die Brutalität des Menschen, nicht
zuletzt bedingt durch die Notwendigkeit, in einer vom Konkurrenzkampf
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bestimmten Welt zu bestehen. In der Tradition des epischen Theaters möchte der
Autor sein Publikum aufrütteln, um es an eine kritischere Herangehensweise
heranzuführen. Vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges ist es Brecht mit
der »Mutter Courage« gelungen, eine kraftvolle Kriegs- und Kapitalismuskritik zu
formulieren.

Themen, die in diesem Werk verarbeitet sind


- Der 30-jährige Krieg und seine Auswirkungen auf die Gesellschaft
- Der Profit wird über die Pflichten gestellt
- Die Naivität der Gesellschaft rechtfertigt den Egoismus
- Brechts Drama thematisiert die Kritik an der Geschichtsschreibung
- Das Drama demonstriert auch die brutale Rücksichtslosigkeit des
Krieges, vor allem am Schicksal und den Taten der Kinder der Courage.
- Kritik an der Religion

Anordnung der Szenen


Da Brecht auf die Spannungskurve des klassischen Dramas verzichten will
und die einzelnen Szenen keinem strengen Aufbauprinzip folgen, setzt
Brecht andere Mittel ein, das Drama zu strukturieren. Das Wiederaufgreifen
des Liedes der Courage vom Anfang am Ende des Stücks bildet eine Art
Rahmen, den in der Berliner Inszenierung die Wiederholung des
offenen Rundhorizonts des Bühnenbildes unterstützte. Dabei zeigen die
beiden Bilder einen deutlichen Gegensatz. Zeigt das erste Bild die Familie
vereint auf dem intakten Wagen, so zieht die verelendete Courage am
Ende den leeren Wagen allein in den Krieg.

Die Augsburger Umgangssprache, die Ausdrücke und


Redewendungen beeinflussten Brechts Wesen und Denken wesentlich.
Durch Bedeutungsumkehr und Veränderung eingeschliffener sprachlicher
Wendungen und Sprichwörter erzielt Brecht Irritation und eine entlarvende
Wirkung: Das herrschende Denken wird als Denken der Herrschenden in
Frage gestellt. Das bekannteste Beispiel in der Mutter Courage stammt aus
dem „Lied von der großen Kapitulation“.
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Brecht wechselt die Perspektive und schildert die Ereignisse aus der
Sicht der kleinen Leute.
Der „plebejische Blick“ des Dramas mache die kleinen Leute jedoch noch
nicht zu Akteuren der Geschichte. Sie blieben „Opfer der großen
Geschichte“, „lediglich reagierend”. Es ändert sich die Interpretation der
Ereignisse, aber die Courage ist nicht in der Lage, die Situation gestaltend
zu verändern. Dennoch eröffnet die neue Perspektive Möglichkeiten einer
Veränderung.

CHARAKTERISTIKEN, Analyse der


Charaktere

Mutter Courage ist als allgemeine Warnung vor dem Krieg


geschrieben worden. In ihrer Person vereinigen sich zwei gegensätzliche
Menschen. Zum einen schlägt sie als Marketenderin aus dem Krieg Profit,
zum anderen ist sie Mutter, die auf ihrem langen Weg alle ihre Kinder
verliert. Doch das verändert Anna Fierling, alias Mutter Courage nicht, weil
sie ihr Handeln nicht ändert. Sie benimmt sich wie eine „Hyäne auf dem
Schlachtfeld“. Sie zieht dem Krieg nach, genauso wie der Vorstellung, sie
könne durch ihn reich werden. Ihr Verhalten ist natürlich nicht nur
egoistisch. Sie denkt auch an ihre Kinder und das ist ihr Fehler. Das, was
sie versucht zu erhalten, wird ihr weggenommen. Ihr geschieht nichts. Die
Marketenderin Courage zieht ihren Weg durch den Krieg, doch lässt sie
das, was ihr lieb ist, nämlich ihre Kinder, tot auf diesem Weg zurück.

Eilif ist der ältere und tapfere Sohn. Er muss sterben, weil er sich selbst
treu bleibt und so im Sinne seiner Mutter handelt. Im Krieg ist er der große
Held, weil er brutal die Bauern erschlägt und ihnen das Vieh raubt. Er wird
für seine Tat ausgezeichnet. Im Frieden tut er das gleiche, doch nun gilt es
als Verbrechen, und er wird erschossen. Er kann Recht und Unrecht nicht
unterscheiden, weil er seiner Mutter ähnlich ist und sie ihm nicht
beigebracht hat, wie man sich unter den jeweiligen Bedingungen verhält.

Schweizerkas ist so ehrlich und pflichtbewusst, dass er die


Regimentskasse auch dann nicht an den Feind ausliefern will, als sein
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Leben bedroht wird. Er hat dabei nicht den eigenen Vorteil im Sinn,
sondern handelt nur ehrlich, so wie es ihm seine Mutter gelehrt hat. Auch
er kann nicht erkennen, wie in einer besonderen Situation gehandelt
werden muss.

Kattrin, die stumme Tochter, bereitet der Mutter Courage besondere


Sorgen. Kattrin versucht mit Trommelschlägen die Bürger der Stadt Halle
vor dem bevorstehenden Überraschungsangriff zu warnen. Diese völlig
uneigennützige Tat kostet sie das Leben. Jedoch die Bevölkerung verhält
sich wie die Mutter Courage. Sie will sich aus allem heraushalten, auch
wenn Mitmenschen dabei ums Leben kommen. Die Schrecken und Grauen
des Krieges haben es nicht geschafft, die Leute aus ihrer egoistischen
Haltung herauszureißen, da sie nur den eigenen Vorteil sehen. Kattrin
handelt aber ohne Eigennutz, aus rein sozialen Motiven.

Alle drei Kinder gehen an ihren Tugenden zugrunde: Eilif an seinem


Mut und seiner Kühnheit, Schweizerkas an seiner Ehrlichkeit und
Kattrin an ihrer Kinderliebe und ihrem selbstlosen Einsatz für andere.
Der Krieg fördert ihre Tugend und führt sie so in den Tod.

Glauben und Glaubenskrieg


Eine Stoßrichtung des Stücks ist die Kritik an der Religion, die
Entlarvung der materiellen und der Machtinteresse hinter der Fassade des
Glaubenskrieges. Diese Kritik wird zum Teil vermittelt durch die
widersprüchliche Figur des Feldpredigers Feldwebel??, aber auch durch
die subversiven Reden der Courage und des Kochs. Ein Thema ist dabei
die scheinheilige Rede der Kirchenvertreter vom Verzicht auf materielle
und erotische Wünsche. Diese wird entlarvt z. B. durch das sexuelle
Interesse des Feldpredigers an Kattrin und an der Courage und seine Gier
nach gutem Essen und Trinken. Seine Kritik an der Courage, dass sie vom
Kriege lebe, enthält einen doppelten Widerspruch. Zunächst ist er als
Feldprediger am Anfang des Stückes Kostgänger der Militärs, später lebt er
selbst von den Kriegsgewinnen der Courage.
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„Der Krieg ist nix als die Geschäfte“ lautet das Motto der Courage in der
7. Szene und sie will zu den Siegern gehören. Die Figur sei gezeichnet als
Partnerin von Krieg und Tod und damit als kriminell. Brecht projiziert die
Diagnose, dass der Kapitalismus und finanzielle Interessen die wahre
Ursache der Kriege seien. Für Brecht seien Faschismus und Krieg nicht
dem Kapitalismus fremde Zustände, sondern nur seine extreme Form.

Interpretation nesho plus:


Das Verhältnis der Courage zum Krieg ist wirtschaftlich, das heißt sie sucht
im Krieg ihren Vorteil. Sie muss den Krieg also bejahen. Während andere
sich über den Frieden freuen, bedeutet er für sie den Ruin. So wie sie auch
ihren ersten Sohn während eines Handels verloren hat, so verliert sie auch
ihren 2. Sohn Schweizerkas. Sie ist zu spät dazu bereit gewesen, ihre
Existenzgrundlage (ihre Karre) für das Leben ihres Sohnes einzutauschen.
Sie stellt wieder ihr wirtschaftliches Interesse vor das Leben ihrer Kinder.
Courage bezahlt ihre ökonomischen Interessen mit dem Verlust ihrer drei
Kinder und am Ende auch mit dem persönlichen Ruin. Die Uneinsichtigkeit
der „kleinen Leute“ hält die Kriege der „Großen“ am Leben und macht sie
immer wieder möglich. Dieses Antikriegsdrama ist ein Paradebeispiel für
Brechts „episches Theater“.

Gleichzeitig soll es auch als Warnung vor einem erneuten Ausbrechen des
Weltkrieges verstanden werden.

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