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HISTORISCHE GRUNDLAGEN

DER POLITIK
Universität Wien

Zusammenfassung der Vorlesung und Pflichtliteratur


WS 2020
Inhalt
1 – Strukturierung des 20. Jh. .................................................................................................................. 2
2 – Ökonomische Krisen in der Zwischenkriegszeit ................................................................................ 5
3 - Krisen der liberalen Demokratie in der Zwischenkriegszeit ............................................................. 11
4 – Austrofaschismus und Nationalsozialismus .................................................................................... 18
5 – Nationalsozialismus und Holocaust ................................................................................................. 23
6 – Nachkriegsordnung und Entkolonialisierung .................................................................................. 27
7 – Nachkriegsordnung in Europa und Kolonialismus ........................................................................... 29
8 – Dritte Welt und Kalter Krieg ............................................................................................................ 32
9 - Ende und Auswirkungen des Kalten Krieges .................................................................................... 35
10 - Die Zeit nach dem Kalten Krieg ...................................................................................................... 38
11 – Die Zeit ab 1989 ............................................................................................................................. 40
12 – Auflösung der DDR und UdSSR ...................................................................................................... 43
In the Year of the Pig ............................................................................................................................. 45
Ernst Hanisch - Der lange Schatten des Staates .................................................................................... 46
Dirk Hänisch - Wahlentwicklung und Wahlverhalten in der Ersten Republik ....................................... 52
Eric Hobsbawm - Das Zeitalter der Extreme ......................................................................................... 53
Tony Judt - Geschichte Europas von 1945 bis zur Gegenwart .............................................................. 61
Walter Manoschek - Der nationalsozialistische Judenmord als Gemeinschaftsunternehmen ............ 65
Mark Mazower - Der Dunkle Kontinent ................................................................................................ 67
1 – Strukturierung des 20. Jh. 07.10.20
Die Gesellschaftsgeschichte stützt die Grundpfeiler (Arbeit, Macht, Sprache, Wirtschaft, Herrschaft,
Kultur) jeder menschlichen Gruppe. Dabei meint die Strukturgeschichte die übergeordneten
strukturellen Rahmenbedingungen, die man verstehen muss, um einzelne politische Geschehnisse zu
verstehen. Die Politik ist u.a. von diesen historisch-politischen Rahmenbedingungen abhängig.

Die Schwerpunkte dieser Vorlesungen werden folgende sein:


• Der 1. Weltkrieg, der die Welt grundlegend veränderte und dazu führte, dass Europas große
Reiche (österreichisch-ungarische Monarchie, deutsches Reich, zaristisches Russland) sich
auflösten
• Der Kommunismus, der im Zuge des 1. Weltkriegs 1917 in der Sowjetunion an die Macht kam
• Die Krise des Kapitalismus in der Zwischenkriegszeit und die Weltwirtschaftskrise 1929
• Österreich in der Zwischenkriegszeit, einerseits in der demokratischen Phase von 1918 bis1933
und andererseits in der autoritär austrofaschistischen Phase von 1934/44 bis März 1938
• Der Nationalsozialismus, der 1933 in Deutschland und im März 1938 in Österreich durch den
Anschluss Österreichs an die Macht kam – einerseits allgemein und in Hinblick auf seine
Merkmale, andererseits speziell in Österreich
• Die bipolare Weltordnung nach Ende des 2. Weltkriegs 1945 in Bezug auf den kalten Krieg und
die supranationalen Organisationen
• Das Ende des Kolonialismus im Zuge des Endes des 2. Weltkriegs, das für den Großteil der
Weltbevölkerung ein großes Ereignis darstellte, dessen Folgen teilweise bis heute nicht gelöst
sind
• Der Zusammenbruch des Kommunismus und das Ende des Sozialismus (von 1989 bis zur
Auflösung der UdSSR 1991)
• Der scheinbare Postimperialismus der USA und die Globalisierung
• Die neuen Global Players (China), das Zurückziehen der USA aus dem Weltgeschehen und die
Frage, ob man dabei noch von einem postimperialen Empire sprechen kann

Insbesondere Europa war im 20. Jh. vom 2. Weltkrieg geprägt. Ernst Nolte (deutscher konservativer
Historiker und Philosoph, 1923-2016) bezeichnete die Zeit von 1914-1945 als europäischen
Bürgerkrieg. Eric Hobsbawm (marxistischer britischer Universalhistoriker, 1917-2012) bezeichnete
selbige als 31-jährigen Weltkrieg.
Die beiden Historiker sind sich darin einig, dass die gesamte Zeit als Krieg zu sehen ist, obwohl sie in
ihren Ansichten prinzipiell auseinanderliegen.

Der erste Weltkrieg war zwar das Ende für Österreich-Ungarn, das deutsche und das osmanische Reich
und Russland, dafür aber gleichzeitig der Anfang des Faschismus und des Nationalsozialismus.
Der zweite Weltkrieg war das Ende des Nationalsozialismus, aber gleichzeitig der Ausgangspunkt für
die bipolare politische Weltordnung unter Führung der USA und der UdSSR von 1989 bis 1991, als der
Imperialismus zusammenbrach. Seitdem besteht die von den USA geführte Weltordnung, die sich
allerdings immer mehr als Global Player zurückziehen.
Gleichzeitig fand/findet die Globalisierung statt, durch die die Reisemöglichkeiten verbessert wurden
und das Finanzkapital globaler agieren konnte.

Prinzipiell ist das 20. Jh. in drei Abschnitte gliederbar:


1. 1914-1945: das Zeitalter des totalen Krieges – weltweit 31 Jahre, in Europa 10 Jahre
2. 1945-1989: die bipolare Nachkriegsordnung
3. 1998/1991 – Finanzkrise 2008: die Weltführung der USA
4. Seit der Jahrhundertkrise: der wirtschaftliche Aufstieg Chinas
Diese 3 Abschnitte unterscheiden sich vor allem durch den Wandel der Herrschaftssysteme: Anfangs
bestand Europa fast nur aus Monarchien, nach den Kriegen gab es schon 13 Republiken. Im Zuge des
zweiten Abschnitts etablierten sich die Ideologien der liberalen Demokratie, des
Faschismus/Nationalsozialismus und des Kommunismus. Nach der dritten Phase waren vor allem die
liberale Demokratie und der Kommunismus vertreten.

Wenn man die heutigen Umstände mit jenen aus dem Jahr 1914 vergleicht, erkennt man erhebliche
Unterschiede:
• Die weltweite Bevölkerungsanzahl ist von 2 Mia. auf 7,4 Mia. Menschen angestiegen
• Heutzutage ist die Welt viel reicher an Waren und Dienstleistungen, was essenziell ist, da sich
die jetzige Bevölkerung sonst nicht erhalten könnte
• Zur Mitte des 20. Jahrhunderts versuchte man, einen Teil des Wohlstandes mit gewisser
Gerechtigkeit an arbeitende Menschen zu verteilen, heute ist die Ungleichheit (auch in
ehemaligen sozialistischen Staaten) größer als je zuvor – 0,1% der Bevölkerung hat so viel
Vermögen wie 99%; 128 Mio. Menschen hungern
• Die Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten sind für die Allgemeinheit um Einiges
vielfältiger, als sie 1914 für Kaiser waren: Radio, Fernsehen, Digitalisierung, Flugzeug
• Früher waren die Verluste unter Zivilisten größer als jene unter Soldaten, jeder, der dazu fähig
war, musste in den Krieg ziehen – heute gibt es in so gut wie jedem Land ein spezialisiertes
Heer
• Heute ist die Welt nicht mehr eurozentriert, der Anteil der Europäer ist von einem Drittel auf
ein Sechstel der Weltbevölkerung zurückgegangen (Niedergang Europas), auch die Industrien
wanderten aus Europa an Orte mit mehr Gewinnaussicht ab
• Vor dem ersten Weltkrieg waren ausnahmslos alle Großmächte europäisch, heute sind sie
entweder verschwunden oder auf „normale“ Staaten zurückgefallen – die Bemühungen der
Staaten um die alte europäische Loyalität unterstreicht das Ausmaß des Niedergangs
➔ Einerseits ein großer Erfolg, der aber einen bitteren Nachgeschmack hat: im 20. Jh. wurden
mehr Menschen ermordet als je zuvor – allein 1,87 Mio. Menschen mit politischer Erlaubnis,
was mehr als jeder Zehnte der Bevölkerung von 1900 ist

Machtperspektivisch betrachtet war das 20. Jh. das amerikanische Jahrhundert. Im Vergleich dazu war
im 19. Jh. die westliche Zivilisation das größte Wohlstandsgebiet mit der größten wirtschaftlichen und
wissenstechnologischen Macht, dadurch auch mit dem höchsten Lebensstandard.
Man glaubt, dass die Lebenserwartung der Bevölkerung umso höher ist, je reicher ein Staat ist. Das
Land mit der höchsten Lebenserwartung in Europa ist Monaco.

Heutzutage ist die Welt eine einzige und wirtschaftlich primäre Funktionseinheit. Schon 1960 gab es
einen weltweiten Geschwindigkeitszuwachs auf wirtschaftlicher und technologischer Ebene, als ihn die
Welt je zuvor erfahren hat (z.B. Computer). Vor allem die Transporttechnologie ist für das heutige
Wissen verantwortlich. Das Finanzkapital ist für Wirtschaftskrisen zuständig.
Die heutige ungeheure Geschwindigkeit von Informationsvorgängen verändert sowohl die Individuen
als auch das kollektive Verhalten der Menschen.
Durch die Kommunikationsrevolution wurde allerdings nicht nur die Geschwindigkeit des
Informationsaustauschs erhöht, auch die Mengen der möglichen austauschbaren Informationen sind
stark gestiegen. Informationen sind inzwischen global zugänglich und die Zahl derjenigen, die darauf
Zugriff haben, ist um Einiges gewachsen.

Seit 1954 ist der Preis von Computern jährlich um ca. ein Fünftel gesunken - Er macht heute 1% davon
aus, was er zu Beginn der 1970er gekostet hat. Wenn dies bei Autos ebenfalls der Fall wäre, würden
Autos heute ca. 3€ kosten.
1980 konnte über eine Telefonleitung aus Kupfer nur eine Seite pro Sekunde vermittelt werden, heute
ist die Übertragung mehrerer Bücher möglich.
Bezüglich Speichermedien brauchte ein GB damals einen ganzen Raum, heute kann man mehrere TB
auf einem kleinen USB-Stick speichern.
1993 gab es weltweit 50 Websites, 2004 waren es schon über 53 Mio. und die Zahl stieg monatlich um
1,2 Mio. an, weswegen 2016 weltweit 1,8 Mia. Websites verfügbar waren.
Im Jahr 2005 gab es weltweit eine Mia. Internetnutzer, 2019 waren es schon 4 Mia. Heutzutage
verbringt der durchschnittliche Internetnutzer um die sechs Stunden am Tag mit internetfähigen
Geräten, was vor allem mit den geringen Kosten der Informationsübertragung zusammenhängt. Es
werden täglich um die 3,6 Mia. E-Mails versendet.

Die erste industrielle Revolution fand gegen Ende des 19. Jahrhunderts statt, als die Dampfmaschine
erfunden wurde. Es entstand ein Grundmuster, das Produktion, Arbeit, Ausbildung und verschiedene
Sozialklassen verband. Eine agrargeprägte Gesellschaft wurde zur industriellen. Darauf folgten die
Urbanisierung und persönliche Veränderungen der Individuen. Es entstanden neue Sozialstrukturen
und mit den Proletariern im Kapitalismus auch eine neue Klasse.
Die zweite industrielle Revolution war zur Wende des 20. Jahrhunderts, hier entstand der
Verbrennungsmotor und es fand eine Dynamisierung der Entwicklungen der ersten Revolution statt.
In der westlichen Welt wurde eine Mitgestaltung durch die Ausformung des Wohlfahrtsstaates erreicht,
der mit der Informationsrevolution wieder systematisch abgebaut wurde. Dabei kam es zur Auflösung
alter Beziehungsstrukturen und der Bindeglieder zwischen Generationen, Religions- und
Parteimitgliedern.
2 – Ökonomische Krisen in der Zwischenkriegszeit 14.10.20
Der 1. Weltkrieg wurde durch das Attentat auf Franz Ferdinand in Sarajevo am 28.06.1914 ausgelöst.
Österreich stellte Serbien das Ultimatum, dass es sich an der Suche nach dem Attentäter beteiligen
wollte, was Serbien ablehnte, da es ein Eingriff in die staatliche Souveränität wäre, die landeseigenen
Ermittlungen einem fremden Land anzuvertrauen.

Dies zeigt sich auch 1999 im Kosovo-Krieg, als Kosovo und Serbien verhandelten und Kosovo verlangte,
dass Serbien einen Vertrag unterzeichnete, der ihren Truppen freie Bewegung auf serbischem Gebiet
garantieren würde.

Im 1. Weltkrieg gab es zwei Allianzen: Die Entente (Frankreich, Russland, Großbritannien, Portugal etc.),
die immer weiterwuchs, und die Mittelmächte (deutsches Reich, Österreich-Ungarn, Türkei – bzw.
damals osmanisches Reich, Bulgarien, Italien). Entscheidend war der Eintritt der USA 1917, auf die
Seite der Entente.

Deutschland startete mit dem Schlieffen-Plan (1905, nach Generalfeldmarschall Alfred von Schlieffen
einen Blitzkrieg. Der Plan sollte einen Zweifrontenkrieg (gegen Frankreich und Russland) verhindern.
Der rechte Flügel des deutschen Westheeres sollte durch Belgien (neutral) bis nach Nordfrankreich
gelangen, um dort die französischen Truppen wie mit einer Zange zu umschließen und zu besiegen.
Danach sollten alle Truppen nach Russland geschickt werden. Die Umsetzung scheiterte schon in
Frankreich, da die Truppen nicht schnell genug durch Belgien kamen und die Alliierten daher kein
Überraschungsangriff trag und sie genug Zeit hatten, ihre Truppen zu verstärken und auch
Großbritannien erklärte dem deutschen Reich im Zuge des Angriffes am 3./4. August 1914 den Krieg.
Nach 5 Wochen Vorgehen Richtung Westen steckte da deutsche Reich östlich von Paris fest, woraus
ein 3,5-jähriger Stellungskrieg bei den Schützengräben entstand. Das größte Gemetzel fand von
Februar bis Juli 1916 statt. Die Grabanlagen gibt es auch heute noch.
Trotz der Niederlage gegen Frankreich ging das deutsche Reich an der Ostfront gegen Russland vor,
wobei im Balkan die Mittelmächte aufeinandertrafen.

Im 1. Weltkrieg gab es das erste Massensterben wegen Giftgas durch das deutsche Reich. Es starben
insgesamt über 9 Millionen Soldaten, im Vergleich dazu waren es im Preußen-Frankreich-Krieg, dem
letzten Krieg auf europäischem Gebiet, 150.000 Tote.
Nach dem 1. Weltkrieg breitete sich weltweit die spanische Grippe aus, die nochmal mehr Tote
forderte, als Soldaten im Krieg gestorben waren. Es gab außerdem 4-5 Mio.
Flüchtlinge/Zwangsumgesiedelte. Durch Repartierungen zwischen Griechenland und der Türkei kam
es zu einem Bevölkerungsaustausch.

1915-1916 fand der Genozid des osmanischen Reichs Armenien statt, der erneut viele Tote und viele
über Europa verstreute Flüchtlinge forderte. Hauptsächlich ließen diese sich in Frankreich nieder.

Der 1. Weltkrieg sollte entweder mit totalem Sieg oder totaler Niederlage enden, es gab keine Ziele
bezüglich Territorien, sondern es ging um weltweite imperiale Fragen, die Stabilisierung der
Großmächte und die Weltherrschaft.
Das Resultat des Krieges war die Verlagerung der Weltherrschaft von Europa in die USA, es entstanden
zahlreichen Nationalstaaten und ein neues politisches Herrschaftssystem. In Europa wurden keine
Mächte gefestigt oder ausgebaut, die Imperien zerfielen sogar eher und der sowjetische Faschismus
entstand.
Nach Ende des Krieges wurden 1919 fünf Friedensabkommen in Pariser Vororten unterzeichnet –
Vertrag von Saint-Germain, Vertrag von Neuilly-sur-Seine, Vertrag von Trianon, Vertrag von Sèvres,
Friedensvertrag von Versailles.
Alle davon hatten vier gemeinsame Ziele:
• Die Ausbreitung des sowjetischen Faschismus sollte mit Hilfe von Pufferstaaten (slawische
Staaten) verhindert werden
• Die militärische Macht des deutschen Reichs sollte kontrolliert werden – die Streitkraft wurde
beschränkt und es verlor einige Kolonien und Gebiete (Klausel im Friedensvertrag von
Versailles)
• Das deutsche Reich sollte Reparationskosten zahlen
• Eine stabile Nachkriegsordnung

Das deutsche Reich sollte ursprünglich Reparationskosten von 20 Mrd. Goldmark bis 1921 in Raten
zahlen und musste 90% der Handelsflotte den Alliierten übergeben, was zu einem Exportverlust führte.
Nachdem das deutsche Reich mit seinen Zahlungen und Lieferungen im zurück lag, forderten die
Alliierten im Juni 269 Mrd. Goldmark in 42 Jahresraten. Im Juli 1920 durften auf der Konferenz von
Spa erstmals wieder deutsche Vertreter teilnehmen.
Hier wurde geklärt, welche Länder welchen Teil der Reparationszahlungen bekommen sollten:
Frankreich – 52%, England – 22%, Italien – 10%, Belgien – 8%. Wenn dies nicht erfüllt werden sollte,
drohten die Alliierten mit der Besetzung des Ruhrgebiets.
Am 29.01.1921 forderten die Alliierten in Paris erneut 269 Mrd. Goldmark in 42 Jahresraten, wovon
226 Mrd. die unveränderliche Hauptsumme darstellten.
Am 27.04.1921 folgte der Londoner Zahlungsplan, der vom Reichstag abgelehnt wurde und umgekehrt
lehnten die Alliierten den Vorschlag des deutschen Reichs von 50 Mrd. ab, weshalb am 8. Mai 1921
Ruhrort, Duisburg und Düsseldorf besetzt wurden. Dadurch kam es zu einer schweren Regierungskrise,
die im Rücktritt der Regierung Fehrenbach am 4. Mai 1921 endete.
Die neuen Forderungen der Alliierten waren, dass das deutsche Reich insgesamt 132 Mrd. Goldmark
tilgen und verzinsen sollte. Dazu gab es das Londoner Ultimatum der Alliierten, das Ruhrgebiet sollte
bei Nichtannahme der Forderungen besetzt werden. Die deutsche Regierung unter Reichskanzler Josef
Wirth akzeptierte die Forderungen.

Im April 1922 wurde am Rande der Konferenz von Genua der Vertrag von Rapallo geschlossen, was
eine Annäherung zwischen Deutschland und der russischen sozialistischen föderativen Sowjetrepublik
war.

Frankreich und Belgien besetzen Anfang 1923 bis September 1923 das Ruhrgebiet, wobei Deutschland
passiven zivilen Widerstand leistete und die Befehle der Besatzungstruppen ignorierte.
1924 entstand der Dawes-Plan, durch den die Höhe der Forderungen zwar nicht gesenkt wurde, aber
die Zahlungsfrist nicht mehr bestimmt wurde und die jährlichen Zahlungspflichten gesenkt wurde. Auf
Anfrage wurde der amerikanische Kapitalmarkt für die deutsche Nachfrage eröffnet und die
Dawesanleihe von 960 Mio. Reichsmark aufgelegt. Außerdem nahm Deutschland Kredite auf und
konnte so trotz negativer Handlungsbilanz genug Geld für die Reparationszahlungen aufbringen.
Im Young-Plan von 1929 wurden die Dauer der Reparationszahlungen auf 59 Jahre, also bis 1988,
festgesetzt. Es sollten bis dahin insgesamt 112 Mrd. Goldmark gezahlt werden. Die Rechte versuchte
dies durch einen Volksentscheid zu verhindern, durch den Adolf Hitler in die Politik gelang.
Das Ende der Reparationen kam durch den Versuch einer Zollunion mit Österreich und Brünings
(deutscher Reichskanzler) nationalistische Propaganda. Dadurch wurden ausländische Gläubiger, bei
denen sich Deutschland in den 1920ern verschuldet hatte, verunsichert und Anfang 1931 wurden
weitere verbliebene Kredite abgezogen, wodurch Deutschland so gut wie zahlungsunfähig wurde. US-
Präsident Herbert Hoover schlug vor, die Zahlungen für ein Jahr ruhen zulassen, damit die Kreditmärkte
der deutschen Wirtschaft wieder vertrauten. Dies verzögerte sich allerdings durch den Einspruch
Frankreichs und am 13. Juli 1931 mussten Deutschlands Banken für ein paar Tage schließen, wodurch
es zahlungsunfähig wurde.
Die Amerikaner und Briten erkannten, dass sie ihr geliehenes Geld nur wiederbekommen würden,
wenn Deutschland die Reparationen erlassen würden wurden.
Die Konferenz von Lausanne im Sommer 1932 hob die Reparaturzahlungen für Deutschland im
Gegenzug für eine Restzahlung von drei Mrd. Goldmark (in Devisen) auf.

Das Thema der Reparationszahlungen war zwischen 1921 und 1931 ein politisch höchst aufgeladenes
Thema in Deutschland. Später hatte man daraus gelernt, weshalb nach dem 2. Weltkrieg den
Verlierern und Auslöserstaaten des Krieges – v.a. Deutschland – keine Reparationszahlungen
abverlangt wurden. Im Zeitraum von 1948 bis 1952 leisteten die USA den bedürftigen Staaten der
Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit also die (OEEC bzw. mittlerweile OECD)
Hilfe im Wert von 13,12 Mrd. Dollar (heute rund 139 Mrd. Dollar). Das Ziel des Marshallplanes war es,
eine Hilfe für die unter Armut leidende Bevölkerung Europas zu bieten und die Eindämmung des
Einflusses der UdSSR und des Kommunismus (Containment-Politik). Die USA hatte aber auch ihre
eigenen Interessen, nämlich die Verhinderung eines wirtschaftlichen Einbruchs, der Auswirkung auf
die Absatzmärkte der USA hätte.

Österreich bekam 712 Mio. Dollar, also 5,12% des gesamten Hilfeplans. Deutschland erhielt 10,16%
der Gesamtsumme, also 1,4 Mrd. Dollar. Jugoslawien erhielt beispielsweise 1,15% der Gesamtsumme
und auch Indonesien erhielt 0,73%. Als das Programm 1952 auslief war die Wirtschaft aller
Teilnehmerstaaten - außer Deutschland - stärker als vor dem Krieg. Während der nächsten 20 Jahre
war Europa so wohlständig wie nie zuvor (=Nachkriegsboom). Für diesen Aufschwung war der
Marshall-Plan nicht unbedeutend, aber auch nicht besonders wichtig.

Die Friedensverträge der pariser Vororte hatten als Ziel die Ausbreitung der politischen Revolution
verhindern, die militärische und ökonomische Markt Deutschlands klein zu halten und zu klären, wie
die Staaten nach Zerfall der europäischen Großmächte gezogen werden sollen. Das Grundprinzip der
nationalen Selbstbestimmung von US-Präsident Woodrow Wilson sollte egoistisch begründete
Nationalstaaten schaffen. Dieses Grundprinzip setzte sich theoretisch durch, praktisch allerdings nicht
– es wurde nicht wirklich umgesetzt.

Das vierte Ziel der Friedensverträge war der Versuch eine stabile Nachkriegsordnung zur Verhinderung
weiterer Kriege zu schaffen. Dies sollte durch eine supranationale Organisation der Völker gelingen.
Der Völkerbund wurde 1920 gegründet und Staatsverträge wurden neuerdings öffentlich verhandelt
Im Gegensatz zu diplomatischen Geheimverträgen des 19. Jahrhunderts. Dies galt als
Demokratisierung und Ziel, den Frieden durch die Beilegung internationaler Konflikte, internationale
Abrüstung und ein System der kollektiven Sicherheit stetig zu machen.
Diese Anforderungen konnte der Völkerbund allerdings nicht erfüllen, wofür ein Grund ist, dass ihm zu
keiner Zeit alle Groß- und Mittelmächte dauerhaft angehörten (USA – nie; deutsches Reich (trat 1926
bei und nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wieder aus), Italien (trat 1937 aus),
UdSSR (trat 1934 bei und wurde nach Angriff auf Finnland 1939 ausgeschlossen), Japan (trat 1933 aus)).

Ein neues Herrschaftssystem war die Sowjetunion, nachdem das russische Zarenreich das erste Reich
war, das unter dem 1. Weltkrieg zusammenbrach. Es gab eine soziale Revolution gegen den Zaren und
es gelang Lenin, diese Kräfte zu bündeln und nach dem Volksaufstand eine bolschewistische Herrschaft
zu manifestieren. Dies war ein politisches Machtvakuum, da es einerseits eine machtlose provisorische
Regierung gab und andererseits einige Räte, die regionale Macht ausübten, aber nicht wussten, was
sie mit damit eigentlich anfangen sollten. Es gab zahlreiche Revolutionsparteien, die in Russland
niemand kannte.
Die städtische Bevölkerung forderte Brot und Arbeit, die Landbevölkerung Land und eine
Entfeudalisierung. Gemeinsam forderten sie das Ende des Krieges. Die Maxime lautete „Brot, Friede,
Land“. Die Bolschewiken wuchsen von März 1917 von einigen Tausend bis Sommer 1917 auf 250.000
Mitglieder.

Die provisorische Regierung wollte im Juni 1917 eine neue Militäroffensive, wodurch es zu
Massensituationen und im November 1917 zum Sturm auf das Winterpalais kam. Dieser war weniger
revolutionär, als er ideologisch verkauft wurde, es wurden also kaum Personen verletzt.
Den Bolschwiken fiel die Macht in die Hände, es war aber schwierig, diese auch zu halten. Lenin war
davon überzeugt, das dies nur gelingen konnte, wenn sich die Revolution auf Europa ausdehnen würde.
Dafür akzeptierte die UdSSR 1917 einen Diktatfrieden mit Deutschland, wodurch die UdSSR Gebiete
im Westen verlor: das Baltikum und Polen.

Von den Westmächten wurden Kontrarevolutionäre (weiße Armee) finanziert, die die Rote Armee bis
1920 bekämpften. Es kam zu schweren Kämpfen gesamten Gebiete der UdSSR bis hin zur chinesischen
Grenze und trotzdem überlebte die Revolution aus 3 Gründen, auch wenn sie sich nicht auf Europa
ausgedehnt hatte:
• Die Kommunistische Partei mit 600.000 Mitgliedern war als einziges Staatsbildendes
Instrument übriggeblieben, das Russland als Staat zusammenhielt
• Russland löste sich nicht als Imperium auf; zwar gab es Gebietsverluste, aber es transformierte
sich in ein sozialistisches Imperium und konnte bis 1991 (Ausnahme 2. Weltkrieg) die
multinationale territoriale Einheit des alten zaristischen Staates bewahren
• Die Revolution gestattete den Bauern, ihr Land zu behalten oder es von Großgrundbesitzern
zu übernehmen, wobei die Bauern den Bolschewiken mehr vertraute als dem Adel (wie sich
herausstellen sollte zu Unrecht)

Die Weltrevolution fand nicht statt, dennoch verbreiteten sich Ausläufer der bolschewistischen
Revolution in den Jahren nach der Oktoberrevolution weltweit. In Kuba bildeten sich Tabak-
Arbeiterräte. Es kam zur nationalistischen Revolution von 1917 in Mexiko. Es entstanden 1919 in
Peking, in Argentinien revolutionäre Studentenbewegungen. In Europa gab es zwei Versuche, das
Rätesystem zu etablieren. Im Frühling 1919 gab es den Versuch, eine Republik in Bayern einzusetzen.
Von März bis Juli 1919 gab es die ungarische Räterepublik. Beide wurden schnell geschlagen (1920),
wonach klar war, dass es zu keiner Revolution in Europa kommen und der Bolschewismus sich in der
Sowjetunion etabliert hatte.

Im Osten kam es zu einem Bündnis der Nationalisten und dem kommunistischen China zwischen 1925
und 1927, im Westen zur Spaltung der Arbeiterbewegung in starke sozialdemokratische Parteien und
schwache kommunistische Parteien.

Deutsch war bis in die 1930er die offizielle Sprache der kommunistischen Internationale, die
Weltrevolution war allerdings nur mehr Rhetorik, trotzdem hatte die russische Revolution
tiefgreifende Folgen. Es begann die koloniale Emanzipation und die Dekolonisation. Als erstes
dekolonisiert wurde 1921, das viel Menschen verhungern hatte lassen.
Aus der russischen Revolution ging außerdem der Faschismus als Gegenbewegung zur politischen
Revolution hervor.

Der Faschismus hatte seine Wurzeln in den 1920ern in Italien, unter Mussolini und konnte sich mit
Unterstützung der Regierung, die die Sozialdemokratie übernahm und dadurch zu einem politischen
Machtfaktor wurde, entwickelt.
Bis 1917 waren alle Arbeiterorganisationen in permanenter Opposition und glaubten, dieses Verhalten
bis zum Ende der Revolution durchhalten zu müssen.
Nach Kriegsende hatte die Sozialdemokratie eine gemäßigte Haltung, die Revolution war nur noch eine
Floskel. Die Sozialdemokratie sollte wieder an die Macht kommen und in das bürgerliche
Gesellschaftssystem und kapitalistisches Wirtschaftssystem eingebunden werden, was eine
wesentliche Reaktion auf den Bolschewismus war.

Die russische Revolution und ihre Folgen haben im 20. Jh. eine große Rolle gespielt, da sie den liberalen
Kapitalismus retten sollte. Außerdem war die UdSSR entscheidend für den Sieg gegen den
Nationalsozialismus und gab dem Westen den Anstoß, sich selbst zu reformieren.

Die UdSSR war nicht von der Weltwirtschaftskrise der 1930er betroffen und war der Auslöser für den
Keynesianismus und für die Verstaatlichung von Schlüsselbetrieben in einigen Ländern (z.B. VÖST in
Österreich). Diese kurze Nachkriegsordnung hielt nicht lange, da die Krise des Kapitalismus und die der
liberalen Demokratie in der Zwischenkriegszeit dazwischenkamen.

Der Weltkrieg war zwar ein Weltkrieg, betraf aber vor allem europäische Gebiete, wobei die anderen
Kontinente wenig, bis gar nicht betroffen waren. Der Krieg hatte aber sehr wohl weltweite Folgen, wie
den Zusammenbruch der kapitalistischen Weltwirtschaft zwischen den beiden Weltkriegen – die große
Depression ab Ende der 1920er.

Seit dem 19. Jh. erkannte man, dass die kapitalistische Wirtschaft Fluktuationen unterschiedlicher
Dauer unterlag – Aufschwung und Depression der Weltwirtschaft in einem Abstand von sieben bis elf
Jahren.
Es gibt auch lange Wellen, die zwischen 50 und 60 Jahren dauerten, wie Ökonomen des 20.
Jahrhunderts erkannten, allerdings fanden sie hierfür keine befriedigenden Erklärungen. Die
Weltwirtschaftskrise der Zwischenkriegszeit ab 1929 schien das kapitalistische System im Grundgerüst
zu gefährden. Der Welthandel hatte sich zwischen 1890 und 1913 mehr als verdoppelt und sollte sich
von 1948 bis 1971 verfünffachen. Zwischen 1914 und 1948 stagnierte er, obwohl seit 1918 einige
Staaten dazugekommen waren.

Dafür gab es mehrere Gründe:


• Jeder Staat wollte seine Wirtschaft von Bedrohungen nach außen schützen – Schutzzölle →
internationale Wirtschaftsbeziehungen und -wachstum gingen nieder
• Die Verlierer des Krieges befürchteten einen Zusammenbruch ihrer monetären Systeme –
Hyper-Inflation wie postkommunistische Staaten nach 1989
Deshalb wurde in Deutschland 1923 die Währungseinheit auf das Millionstel eine Million ihres
Wertes von 1913 reduziert – der Wert war quasi auf 0
Jeder mit Ersparnissen, Wertpapieren etc. hatte kein Vermögen mehr, weswegen die
Wirtschaft nicht angekurbelt werden konnte
Die Wirtschaftskrise machte Europa für den Faschismus reif.

Es gab eine kurze Stabilitätsphase, dann gab es allerdings den New Yorker Börsenkrach, also den
schwarzen Freitag (29. Oktober 1929), an dem die kapitalistische Weltwirtschaft fast zusammenbrach.
Die Rezession ging von der US-amerikanischen Industrie-Wirtschaft aus und breitete sich auf die
Nahrungsmittel- und Rohstoffproduktion in Deutschland aus.
Kaffeebauern verbrannten ihren Kaffee, damit die Preise nicht weiter fielen. Die meisten Staaten
waren von Grundstoffen abhängig, konnten aber kein Kapital für Importe kreieren. Die Depression
wurde global.

Von 1932 bis 1933 waren 25% der britischen, belgischen, schwedischen, amerikanischen und
österreichischen Arbeiter arbeitslos, in Deutschland und Dänemark waren es sogar 45% bzw. 33%,
wobei es nur eine geringe Vorsorgenpolitik und Arbeitslosensicherung gab. In den USA bekam niemand
der arbeitslos war, Unterstützung.
Als erstes überwand Nazi-Deutschland die Arbeitslosigkeit, war ein Grund für den Aufstieg des
Nationalsozialismus war. Der Freihandel wurde abgeschafft, Zollbarrieren erhöht, Schutzzölle gegen
ausländische Konkurrenz eingeführt und die heimische Landwirtschaft subventioniert, indem Preise
für Landwirtschaftsprodukte garantiert waren und Überschüssiges vom Staat aufgekauft wurde.

Aus der Weltwirtschaftskrise hatte man den Keynesianismus mitgenommen. Und außerdem das
Wissen, dass Länder, in denen liberaler Kapitalismus herrschte, stagnierten, während die UdSSR ihre
Wirtschaft mit 5-Jahres-Plänen mehr als verdreifachen konnte. Sie war auch nicht so stark von der
Arbeitslosigkeit betroffen, es gab eher eine Arbeitsmigration von Facharbeitern IN die UdSSR.

Nur Nazi-Deutschland, das sich auf die Kriegsproduktion und die UdSSR, die sich auf die Kollektivierung
konzentrierte, konnten sich aus der Wirtschaftskrise heraushalten.

Für den Zusammenbruch des Wirtschaftssystems gab es mehrere Auslöser:


Die USA, deren Anteil an der Weltproduktion von 1913 auf 1929 von 33% auf 42% stieg, während der
Anteil Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens nur noch 28% ausmachte – die USA ist im 1.
Weltkrieg zur international dominierenden Wirtschaft, zum größten Gläubiger und Kreditgeber
geworden. Sie war in den 1920en die größte Exportnation der Welt, weshalb sie auch der
Wirtschaftskrise zum Opfer fiel.
Zwischen 1929 und 1932 fielen ihre Exporte um 70% → machten einen geringeren Teil des
Nationaleinkommens aus, als andere Länder, da die USA einen Binnenmerkt hat, an dem sie Produkte
absetzen kann.
Mit der Wirtschaftskrise zog sie sich aus ihrer Position als Global Player zurück und übernahm keine
Verantwortung für die Stabilität der Wirtschaft. In den 1920ern expandierte sie ökonomisch, konnte
aber auf langfristige Sicht nicht genügend Nachfrage halten. Während des Wirtschaftsbooms in den
1920ern stiegen die Profite, die Löhne stiegen aber nur gering an oder stagnierten. Die Reichen wurden
reicher – als Pendant zu den Veränderungen der Besitzverhältnisse der letzten Jahrzehnte. Die Bürger
wurden allerdings nicht reicher, woraus eine Massennachfrage entstand, die in einer Überproduktion
und -spekulation resultierte.

Dieses Phänomen lässt sich seit 2008, momentan verstärkt durch die Corona-Krise, wiedererkennen:
Ein Auseinanderklaffen von Finanzkapital und Realwirtschaft. Die Aktienkurse steigen.
Weder sparen noch Investitionen bringen diesbezüglich etwas, weswegen die meisten mit dem
Gedanken spielen, bei Fall der Aktienkurse auszusteigen, wobei die Wenigsten dies können. Ein
Zusammenbruch der Börse ist sicher.
Österreich: im Vorjahr besaß 2019 das reichste Prozent der Bevölkerung 22,6% des gesamten
Nettovermögens. Die reichsten 5% besaßen 43%, die reichsten 10% 56% und 20% verfügten über
72,8%. Die ärmeren 50% besaßen 3,6% des Gesamtvermögens, wobei das Realeinkommen der
Arbeiter seit den 1990ern nicht gestiegen ist.
Im globalen Vergleich dazu haben die reichsten 0,9% der reichsten Menschen haben 44% des
Weltvermögens. Die Vermögen der Milliardäre sind seit 2018 um 12% gestiegen, während die ärmere
Hälfte der Bevölkerung 11% verlor. Diese Vermögensschere führt dazu, dass reiche Menschen fordern,
mehr Steuern bezahlen zu müssen, da es sonst gefährlich aussieht.

Überproduktion und Aktienspekulation waren ebenso Gründe für die Weltwirtschaftskrise.


Deutschland wollte die ausbleibende Nachfrage durch Verbraucherkredite ausgleichen, in den USA
kam es zur Zahlungsunfähigkeit. Kredite wurden für dauerhafte Güter aufgenommen, deren Wert in
der Krise aufgeschoben wurde.

Durch die Reparationszahlung sollte Deutschland ökonomisch schwach gehalten werden, weswegen
es US-Kredite aufnehmen und sich so von den USA abhängig machen musste. Dadurch wurden die
anderen Staaten mit sich gerissen, als der Crash in den USA begann.
3 - Krisen der liberalen Demokratie in der Zwischenkriegszeit 21.10.20
Das politische und das wirtschaftliche Desaster der Zwischenkriegszeit waren eng miteinander
verknüpft, wobei v.a. ersteres einen großen Teil der neuen Demokratien in Europa betraf.

Mit den Pariser Friedensverträgen von 1919 entstand der Gürtel der liberalen Demokratien, über die
Ostsee, Polen und den Balkan bis hin zur UdSSR, deren Verfassungen die neuesten liberalen
Grundsätze beinhalteten.

James Bryce (britischer Jurist, Historiker und Politiker, 1838-1922) erzählt in seinem Werk „Modern
Democracies“ von der universellen Akzeptanz der Demokratie. Allerdings sollte sich seine Einschätzung
als falsch herausstellen.
Schließlich waren die liberalen Demokratien kurzfristig und reaktiv mit dem Nutzen als Schutzschilder
gegen den Kommunismus gegründet worden. Es ging hauptsächlich um eine antikommunistische
Reaktion der Herrschaften und nicht um das tatsächliche Interesse an demokratischen Strukturen.

Nachdem in Ungarn 1919 die Regierung gestürzt wurde, entstand das autoritäre Königreich Ungarn
unter Reichverweser Miklós Horthy.
In Italien unterstützten die Regierung und der König die Bildung der faschistischen Regierung unter
Benito Mussolini, weswegen es 1922 zur ein-Parteien-Herrschaft kam.
Spanien war bis 1932 ein autoritäres diktatorisches Regime unter Primo de Rivera, wurde danach aber
eine liberal repräsentative Demokratie.
In der parlamentarischen Republik Frankreich gewann bei den Nationalratswahlen 1936 die linke
Volksfront.
Es kam zum spanischen Bürgerkrieg von 1936 bis 1939.
In Portugal kam es 1926 zu einem Militärputsch, der die Erste Republik beendete, woraufhin eine zivile
konservative Diktatur entstand, die erst 1954 zu Ende ging.
In Polen endete die parlamentarische Herrschaft 1926 mit einem Staatsstreich.
Auch im Balkan kam es zu autoritären Herrschaftsformen, u.a. zur jugoslawischen Königsdiktatur unter
Alexander I.

In den 1930ern sah es aus, als würde den parlamentarischen Regierungen dasselbe Schicksal wie den
Monarchien 1918 bevorstehen. Die Regierungen verschoben sich immer mehr nach rechts und auch
die Schlüsseldebatten wurden von rechts bestimmt, wären die Linken fast überall besiegt waren.
Die Hoffnungen auf sozialistische Revolutionen lösten sich auf.

In Nordeuropa, z.B. in England blieb die parlamentarische Regierungsform allerdings erhalten. Willam
Rappard (Schweizer Ökonom, Diplomat und Politiker, 1883-1958) sagte über die politisch-
ökonomische Krise, dass sie den Demokratien gefolgt ist und deshalb die Menschen überrascht hatte.

Der Zivilisationsprozess (mehr Frei- und Gleichheit) nahm in Europa keine lineare Entwicklung, dafür
erfasste ein wellenartiger autoritärer Strom fast ganz Europa. Vor allem die Demokratieentwicklungen
in Polen und Ungarn liefen nicht linear nach oben.

Die Demokratien bestehen mittlerweile zwar schon seit 100 Jahren, aber in der Zwischenkriegszeit
waren sie neu, eine Ausnahme und ein Experiment. Außerdem gab es immer wieder Phasen
(Nationalsozialismus) mit Einschnitten und katastrophalen Entwicklungen im politischen System.
Autoritäre Regime waren damals die Regel, auch wenn man durch den Sieg im Kalten Krieg meinen
könnte, dass die Demokratie tief verwurzelt ist. Vielleicht war es notwendig, dass die Demokratien in
solch einer Zeit mit dem (neo)liberalen Wirtschaftssystem und der ökonomischen
Unverantwortlichkeit zusammenbrechen.
Die Demokratie schien eher für das 19., nicht für das 20. Jh. gemacht zu sein, da viele Europäer nicht
davon überzeugt, und v.a. nicht bereit, dafür zu kämpfen waren. In Europa gab es autoritäre
Herrschaftsformen, die nicht weniger effizient in Sachen wie Technik waren und besser zu passen
schienen.

Österreichs Situation der liberaldemokratischen Periode von 1918-1933 in der Zwischenkriegszeit:


Nach 1918 wurde Österreich von einer Großmacht/Monarchie zu einem Kleinstaat. 1910 hatte es 51
Mio. Einwohner, 5,5 Mio. davon auf heutigem österreichischem Gebiet, nach Ende des 1. Weltkriegs
waren es nur noch 7 Mio. insgesamt.

Es entstanden sogenannte politische Lager, politische Gruppierungen, die mehrere Parteien umfassten.
Letztere nannten sich Weltanschauungsparteien und wollten mehr, nämlich einen Anspruch auf das
Ganze. Diese Totalentwürfe und Ideologien betrafen alle Bereiche des Lebens, sie wollten alles
kontrollieren können.
Manche aus politischen Lagern stammende Vereine sind bis heute erhalten, allerdings spielt hier die
Ursprungsidee keine Rolle mehr. Damals durften nur die „eigenen“ Leute den jeweiligen
Vorfeldorganisationen der Parteien beitreten und es war jeder Gesellschaftsbereich parteipolitisch
zuordenbar. Es wurden Feindbilder der anderen Lager entworfen, die eben nicht nur Kontrahenten
waren.

Im Laufe der Zeit wurde jedes Lager mal mit totalitärer Versuchung konfrontiert:
1918/19 lehnte das links-liberale Lager eine Diktatur (die in Bayern und Ungarn sehr kurzlebig war) ab.
Das christlich-soziale Lager wechselte 1933/34 vom demokratischen System auf den Austrofaschismus.
1938 etablierte das deutsch-nationale Lager den Nationalsozialismus und veranlasste den Anschluss
Österreichs an Deutschland.

Nach dem 2. Weltkrieg waren die Lager in der 2. Republik bis zur Mitte der 1980er abgeschwächt,
hatten aber dennoch einen hohen Organisationsgrad. Die Gesellschaft wurde versäult, indem die
Parteien eine Patronagefunktion ausübten: Die jeweiligen Mitglieder wurden mit Jobs, Wohnungen,
Reiseangeboten etc. versorgt, was sich allerdings auch mit Mitte der 80er legte.

Die Entstehung der politischen Parteien und Lager:


Die christlich-soziale Partei bestand ab Anfang der 1880er vorerst als Gewerbepartei und vertrat eine
ständische protektionistische Politik. Das heißt, dass der Mittelstand durch die Einführung von
Meisterprüfungen, den hohen Einstiegsgrad für den gewerblichen Mittelstand und den Gebietsschutz,
der sicherstellte, dass es keinen freien Gewerbezugang gab, geschützt wurde.
Sie setzte sich gegen die immer stärker werdende liberale Industrie ein und verfolgt anti-industrielle
und anti-modernistische Ziele.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts spaltete sich die Partei ethnisch in die christlich-soziale und die
deutsch-nationale Partei, wofür der Grund der Antisemitismus war.

Die deutsch-nationale Partei entstand um 1918 als Folge des Aufkommens des politischen
Nationalismus. Es gab die Spaltung in das deutsch-nationalistische anti-katholische Lager „Los von
Rom“ und das konservative christlich-soziale Lager.

Beide vertraten den Antisemitismus. Dr. Karl Lueger (österreichischer Politiker, 1844-1910) gilt als
erster Anti-Semit in Wien, dennoch gibt es heute einige Erinnerungsdenkmäler an ihn, wobei das am
Ring erst kürzlich von einigen Studenten verunstaltet wurde. Lueger war ein Abgeordneter im Reichsrat
und leistete sich mit der Zeit einige sehr umstrittene anti-semitische Aussagen und in gewisser Weise
sogar Drohungen. Wien hätte zwar keine bösen Absichten, aber wenn die Juden sich falsch verhalten
sollten, würde es keine Gnade kennen.
Die christlich-soziale Partei bekannte sich zur Besittung und wollte den Judenbund bekämpfen. Lueger
war bis 1910 eine zentrale Figur der Partei und erhielt lange das alte fragmentierte Patronatensystem,
dass bestimmte, dass nur Mitglieder der Partei Gemeindediener, Lehrer etc. werden durften.

Die Partei spalteten sich entlang Staat und Kirche und es kam zur Diversifizierung der Gesellschaft in
Besitzende und Arbeitende. Dadurch entstand der Druck der Klassenbildung und in weiterer Folge das
Wachstum der sozialistischen Partei Österreichs. Vor allem gut organisierte Teile der Arbeiterschaft
schlossen sich der Partei an und wurden integriert. Die Menschen, die deshalb vom Land in die Stadt
strömten, blieben dadurch religiös und an die Kirche gebunden.
Außerdem wurde die Politikzone Stadt-Land politisiert. Bis zur Wende des 19. auf das 20. Jahrhunderts
beschränkte sich der Einfluss der christlich-sozialen Partei auf Wien und Niederösterreich, schließlich
begannen die Bauern allerdings, sich zu lösen und gründeten unter der Führung des Klerus eigene
Genossenschaften und Interessensorganisationen, die ein allgemeines Länderwahlrecht förderten,
weswegen sich ihnen die meisten Bauernbünde anschlossen.

Zur Jahrhundertwende formte sich aus der christlich-sozialen Partei die katholische Volkspartei heraus,
wobei gleichzeitig die Entwicklung zur staatstragenden Partei stattfand, die hinter der Monarchie
stand.

Das deutsch-nationale Lager stand von Beginn an zwischen dem Nationalismus und dem Liberalismus.
Differenziert wurde insofern, dass je stärker der Antisemitismus ausgeprägt war, umso deutsch-
nationaler das Lager war.

Durch die fortschreitende Nationalisierung der Slawen und die Etablierung des deutschen Kaiserreichs
entstand ein ethnisch-linguistisches Konfliktfeld, wobei der Nationsbildungsprozess und die Sicherung
der Privilegierung der Deutschsprachigen in der Monarchie von großer Bedeutung waren. Man glaubte
an eine gottgewollte Überlegenheit der Deutschen.
Als Grundkonflikt stellte sich heraus, dass emanzipierte nicht-Deutsche verstärkt Zugang zu Elite-
Positionen forderten, die deutsch-nationale Partei dies allerdings verhinderte und lieber die eigenen
Privilegien sichern wollte.

Es bildeten sich zwei Optionen heraus: Die radikale kleinere Fraktion war für die gezielte Zerstörung
der Monarchie und für Deutsch-Österreich. Die gemäßigtere breitere Fraktion hielt an der aktuellen
Politik fest und wollte diese verbreiten.

Der stets präsente ethnische Konflikt und die Frage, ob Juden auch als deutsch gelten würden, wurde
von der liberalen Strömung mit ja und von der deutsch-nationalen mit nein beantwortet.

An den Universitäten wurde das liberale Bürgertum deutsch-national und der Antisemitismus
durchgesetzt, während in die deutsch-nationale Partei von der christlich-sozialen aufgesaugt. In den
Provinzen gewannen die deutsch-nationalen unter Georg von Schönerer (österreichischer Gutsherr
und Politiker, 1842-1921) die Überhand, wobei er und Lueger Adolf Hitler stark im Antisemitismus
beeinflussten. Schönerer galt dabei aber eher als Symbolpolitiker, der seine politische Karriere bei den
jungradikalen Linken begann und bei den radikalen Rechten beendete.
In „Mein Kampf“ erzählt Hitler, dass er Juden zunächst sehr wohl für Deutsche hielt und erst durch
eine Reise nach Wien von Lueger und Schönerer vom Antisemitismus erfuhr.

Die Feindbilder von den Juden der Kirche und der Habsburger fanden schnell Anklang bei denjenigen,
die von der Modernen verunsichert waren. Lueger hatte dabei eine integrierende Funktion, während
Schönerer polarisierend und für die Politik ziemlich bedeutungslos blieb.

Nach der politischen Diversifizierung der deutsch-nationalen Partei wurde der Antisemitismus als
kultureller Code verstanden.
Die sozial-demokratische Partei (damals SDAPÖ) vertrat einen modernen Parteitypus, die deutsch-
nationale Partei galt seit Beginn eher als Honoratiorenpartei. Die christlich-soziale Partei wurde von
einer Wählerpartei zu einer Massenpartei, war organisatorisch aber zersplittert, während die national-
sozialistische Partei als Mitgliederpartei galt, die in der westlichen Hälfte zunächst 120.000 Mitglieder
fand.

Die national-sozialistische Partei hatte einen zentralistischen Aufbau und eine klare Hierarchie: An
oberster Stelle stand die Partei-Elite (professionelle Politiker), es folgten Aktivisten und Mitglieder und
zuletzt kamen die Wähler.
Bei den Wahlen 1927 machten ihre Parteiangestellten die Hälfte der Reichratskandidaten aus. Es gab
enge Kooperationen zwischen der Gewerkschaft und der Partei und sie galt als Klassenpartei, wobei
das Ziel das allgemeine gleiche Wahlrecht war.
Die Partei blieb vorerst auf den städtischen Bereich beschränkt, da der Antiklerikalismus am Land nur
sehr eingeschränkt vertreten war.
Die sozial-demokratische Partei konnte die deutsch-nationale nicht kaschieren, obwohl sie vor dem
Krieg die deutsch-österreichische Partei war, die die Erhaltung der Donaudemokratie als Ziel hatte.
Nach dem Linzer Programm von 1882 führte vor dem 2. Weltkrieg die anti-faschistische Partei, die
allerdings bei Kriegsbeginn versagte.

Nach Ende des 1. Weltkriegs und Beginn der 1. Republik stellte sich die Frage, was mit Österreich
passieren sollte. Es könnte entweder einen Staatenbund mit den Nachbarvölkern (ehemalige
Monarchie) bilden, oder sich an Deutschland angliedern. Es bestand kein Interesse und es wurde die
Republik Österreich gegründet.

Der Wunsch des Kleinstaats war der Anschluss an Deutschland, beim Schlüsseldokument der
österreichischen Staatsgründung steht im Republikgesetz vom 12. November 1918 im zweiten Absatz
allerdings, dass Deutsch-Österreich ein Bestandteil der deutschen Republik sein sollte, auf den die
deutsche Republik besondere Auswirkungen bezüglich der Gesetze und der Teilnahme an der
Geltungsrepublik haben sollte. Deutsch-Österreich sollte also eigentlich als eigenes Reich bestehen,
wurde aber im 2. Absatz abgeschafft und an Deutschland angeschlossen.

Dies funktionierte so nicht, da im Vertrag von St. Germain ein Anschlussverbot für Österreich an
Deutschland erschaffen wurde, weswegen Deutsch-Österreich zu Österreich wurde. Die
Friedensverträge versuchten also die Taktik des Vernichtungsfriedens. Auch der Name Deutsch-
Österreich wurde verboten, was Renner im Vertrag unterzeichnete.

Dr. Karl Renner als Staatskanzler (1918-1920) wollte sich mit Österreich als Opfer des Krieges aus den
Verpflichtungen heraushalten und meinte, dass die Republik wie alle anderen als Nachfolger der
Monarchie entstanden ist. Österreich müsste also eigentlich Staatsschulden zahlen, da diese auf die
Nachfolgestaaten verteilt waren, musste aber selbst durch Kredite erhalten werden, da es sich
wirtschaftlich in einer schlechten Lage befand. Die Parteien übernahmen die Regierung, der Kaiser
dankte ab und auch der Adel wurde abgeschafft.
Sowohl Deutschland als auch Österreich erlebten territoriale Verluste. Deutschsprachige Gebiete
mussten an Serbien, Kroatien, Slowenien, Böhmen, Mähren, Schlesien und die Tschechoslowakei
abgetreten werden. Die Habsburger sollten in eine monarchische Regierung integriert werden, was
aber nicht verwirklicht werden konnte.
Ein Plebiszit in Kärnten sollte darüber entscheiden, was mit Südkärnten passieren sollte. 59% waren
für den Beibehalt in Österreich, sonst wäre Südkärnten heute ein Teil Sloweniens. Die Südsteiermark
blieb allerdings verloren. Das Burgenland kam im Dezember 1921 zu Österreich hinzu, um die
ungarische Räterepublik zu schwächen.
Die katholischen österreichisch-Deutschen, die sozial-Deutschen und die Deutschen waren eigentlich
Konkurrenten, fürchteten allerdings eine bolschewistische Revolution, zu dessen Abwehr sie
zusammenarbeiteten.

1918 siegte die Demokratie über die autokratische Monarchie, es kam zu einem
Demokratisierungsschub, es wurde das Wahlrecht für Frauen eingeführt und das Zensus-Wahlrecht
beseitigt. Es gab zwar eine Kontinuität der Polizei und der Bürokratie, allerdings wurde die alte Armee
aufgelöst und stattdessen das amerikanische Volksmehr eingesetzt.

Die Sozialdemokraten veranlassten zu Beginn der 1. Republik also eine österreichische Revolution. Es
kam zu einer prekären Lage und es drohte eine kommunistische Revolution seitens der Sowjetunion,
Bayerns und Ungarns.
Die Gegenelite stieg zur Machtelite auf, wobei bürgerliche Parteien die Demokratie brauchten, um ein
liberales Herrschaftssystem garantieren zu können. Die Arbeiter- und Soldatenräte, die 1918/19
entstanden integrierten sich nicht in die Armee und spielten eine entscheidende Rolle in der 1.
Republik.

In Österreich gab es zwar keine Sozialisierungen, aber eine beträchtliche Sozialrepublik in


sozialdemokratisch regierten Hauptstädten. Beispielsweise war in den 1920ern das
Gesundheitsversorgungsniveau und das Bildungsniveau ziemlich hoch. Dennoch war die soziale Lage
miserabel.

1919 kam es zu einer Koalition aus politischen Lagern, die zwar nur bis Juni 1920 hielt, aber es schaffte,
die neue Verfassung von Oktober 1920 zu implementieren, die in einer etwas abgewandelten Version
gültig war. Es handelte sich zwar um eine moderne Verfassung, allerdings fehlte der
Verfassungspatriotismus, da sie so gut wie wirkungslos war und die Parteien sich nicht gebunden
fühlten.
Die 1. Republik war eine Parteiendemokratie, in der die Lager erhalten blieben und massiv verdichtet
wurden. Die Gesellschaft war zwar stark fragmentiert, allerdings gab es einen Schub in Richtung
politische Demokratisierung.

Die politischen Lager entrissen dem Staat das Monopol und stellten eigene Wehrverbände auf, so
gründeten die Sozialdemokraten den Schutzbund, die Christlich-Sozialen die Heimwehr und die
Deutsch-Nationalen den Frontkämpferbund. Die Gesellschaft wurde militarisiert und die etablierten
Wehrverbände trugen bewaffnete Auseinandersetzungen aus.

Alle Parteien verabschiedeten 1920 die Verfassung, wobei die Wahlen die Auflösung der Koalition aus
den Sozialdemokraten und den Christlich-Sozialen bedeutete. Stattdessen gab es zehn Jahre lang den
Bürger- und Bauernblock unter christlich-sozialer Dominanz, der den Landesbund, den Heimatblock
und die Großdeutschen einschloss.
Dieser trennte sich schließlich, wobei ein Teil christlich-sozial blieb und der andere Teil antiklerikal
wurde. Diese Trennung wurde eingestellt, um gemeinsam gegen die Sozialdemokraten anzukämpfen,
allerdings war das Potenzial aufgelöst.

Die Parteien forderten in unterschiedlicher Stärke den Anschluss an Deutschland, was erst gestrichen
wurde, als Hitler dort 1933 die Macht übernahm. Die Spaltung in Stadt (deutsch-national) und Land
(christlich-sozial) verstärkte sich, wobei Wien sozialdemokratisch blieb.
Die Wahlergebnisse der Sozialdemokraten zwischen 1919 und 1930 waren eigentlich sehr stabil, die
maximale Schwankung beträgt 6%, bei der christlich-sozialen Partei waren es 9% und die deutsch-
nationale Partei verlor bis 1930 kontinuierlich Wähler. Zwischen 1920 und 1930 gab es also ein stabiles
Parteiensystem, v.a. die großen Parteien standen dort, wo sie schon 1920 gestanden waren.
Das Umfeld hatte sich allerdings gewandelt, da es 1920 die linke Welle gab, 1930 allerdings die
rechtsradikale Autorität. Vor allem 1931/32 fand der Veränderungsprozess und die Etablierung der
autoritären Herrschaftsform statt.

1931 kam es durch den Zusammenbruch der Kreditanstalt zu Weltwirtschaftskrise, bei der die
Arbeitslosenrate im Vergleich zum Vorjahr um 70% zunahm. Nach kurzer Arbeitslosigkeit wurde man
ausgesteuert und erhielt keine Leistungen mehr.
Der Völkerbund gewährte der Kreditanstalt zur Sanierung einen Kredit, unter der Bedingung, dass
diese drastische Maßnahmen setzen und das Budget kürzen sollte. Hiervon waren hauptsächlich
Beamte betroffen, da sie abgebaut und ihre Löhne gekürzt wurden. Nachdem diese den Großteil der
Wähler der deutsch-nationalen Partei ausmachten, trat diese aus der Regierung aus.

Unter der Regierung Dollfuß gab es nur noch eine Stimme Mehrheit, was bedeutete, dass der
parlamentarische Rückhalt für die Krisenlösungspolitik schwach war. Es war 1932 klar, dass die
Regierung bei den Wahlen keine Mehrheit mehr erlangen würde.
Bei den Landtagswahlen 1932 in Wien, Vorarlberg und Salzburg stieg die NSDAP von 3% (1930) auf
16%. Dies machte den Nationalsozialismus in Österreich aus und ist heutzutage nicht gerne
angesprochen.
Beim ersten Antritt in Wien erreichte die NSDAP über 17%. In Niederösterreich waren es 14%, sie hatte
13% gewonnen. In Vorarlberg erhöhten sich ihre Wählerquoten um 9,5%. In Salzburg erreichten sie
beim ersten Antritt 20,8%.
1932 war die NSDAP schon sehr stark, aber ein Monat nach der Machteinsetzung in Deutschland im
April 1933 war sie in Innsbruck mit 41% der Stimmen die stärkste Partei und hatte fast so viele Stimmen
erreicht wie bei den deutschen Reichstagswahlen 1933 (43%).
Die NSDAP konnte also zu Beginn der 1930er einen starken Anstieg verzeichnen, wobei sich auch Teile
der Verbände auflösten und die Wähler an die NSDAP verloren, die tief in soziale Wählerschichten
eingedrungen war.
Bei Neuwahlen auf Parlamentsbasis hätte die NSDAP voraussichtlich um die 20% erreicht.

Es sollte radikalische politische Veränderungen geben, da eine parlamentarische Demokratie wegen


Massenverlust und -loyalität nicht mehr möglich erschien.
Bei den Regionalwahlen entstand der Entschluss, eine Verfassung und eine parlamentarische
Demokratie zu etablieren.
Die Regierung überlegte, wie sie eine Krisenregierung ohne Parlament durchsetzen könnte und kam
dabei auf 2 Optionen:
Das Parlament sollte partiell ausgeschaltet werden, indem die Regierung einige Angelegenheiten auf
dem Verordnungsweg lösen würde. In weiterer Folge war eine Präsidialregierung unter Brüning
geplant. Dies wurde 1932/33 ausprobiert, wobei man auf das kriegswirtschaftliche
Ermächtigungsgesetz, das für ökonomische Notstände des 1. Weltkriegs erschaffen wurde und in die
Verfassung von 1920 miteinfloss, zurückgriff, um schnell nach Verordnungen handeln zu können.
Die zweite Möglichkeit kam vom damaligen christlich-sozialen Unterrichtsminister und späterem
Kanzler Schuschnig, der für eine gänzliche Ausschaltung des Parlaments und eine Errichtung der
autoritären Herrschaft war, was schon 1932 geprüft wurde. Das Parlament hätte sich als ungeeignet
erwiesen, da es das Volk nicht aus der Krise herausführen konnte, weswegen sich die Regierung
durchsetzen und das Parlament ausschalten sollte.
Die Gelegenheit zu Letzterem bot sich, als drei Parlamentspräsidenten zurücktraten, um ihr
Nationalratsmandat ausüben zu können, wodurch das Parlament formal blockiert wurde. Die
Regierung hätte den Nationalrat wiedereinberufen oder Neuwahlen anfordern können, entschied sich
aber dagegen und nannte die Sitaution eine Selbstausschaltung des Parlaments. Die Regierung plante
einen Staatsstreich auf Raten.
Nachdem auch der Nationalrat ausgeschaltet wurde, griff die Regierung auf das Gesetz von 1917
zurück, dass die Regierung zum Erlass von Verordnungen ermöglicht, und demontierte schrittweise die
Freiheitsrechte (Einschränkung der Medien, Demonstrationen, Versammlungen, Zensur, Ausschalten
des Bundesrats, Standrecht, Lager für politische Gegner)
Der entscheidende zweite Schritt war der Verfassungsgerichtshof, da dieser die Gefahr barg, dass
Verordnungen durch Anfechtung der sozialdemokratischen Wiener Landesregierung aufgehoben
werden könnte. Deshalb schaltete die Regierung 1933 auch den VfGH aus, wodurch es nun keine
Möglichkeit mehr gab, Gesetze auf Verfassungsrichtigkeit zu prüfen. Der VfGH hat große Bedeutung
und ist die letzte Instanz, die über die Rechtmäßigkeit von Gesetzen entscheidet, wird aber dennoch
oft nicht ernst genommen.
Damit waren schon 1933 die rechtsstaatlichen Grundlagen Österreichs ausgeschaltet und es entstand
ein eindeutig faschistisches Element der Regierung.

Die Grundstruktur der heutigen Verfassung stammt von Hans Kehlsen (1920), wobei diese durch
zahlreiche Neuerungen unüberschaubar wurde, da man immer wieder versuchte, umkämpfte Gesetze,
die eine 2/3 Mehrheit erfordern, auf Verfassungsrang zu heben, weswegen es zahlreiche unnötige
Verordnungen gibt, die eigentlich entsorgt gehören.
4 – Austrofaschismus und Nationalsozialismus 28.10.20
ZF S. 16 (Absatz 4) bis S. 20 (Absatz 5)

Austrofaschismus unter Dollfuß:


• drastische Sparmaßnahmen durch den Zusammenbruch der Kreditanstalt, Aufnahme einer
Völkerbund-Anleihe → Kündigungen und Lohnkürzungen (v.a. bei Beamten) → deutsch-
Nationale stiegen im Mai 1932 aus der Koaliton aus
• Dollfuß-Parlament: ein-Stimmen-Mehrheit → hätte bei Neuwahlen keine Koalition mehr
bilden können, weswegen eine Aufrechterhaltung der politischen Struktur auf
demokratischem Weg unmöglich wirkte → Ausschaltung des Parlaments im März 1933 auf
Basis des „kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes“ von 1917

ab März 1933: die Heimwehren (faschistisch; Mussolini als ihr Mentor) gewannen an Gewicht und
setzten sich Ziele, die sie im Korneuburger Eid verdeutlichten:
➢ Zerschlagung des Parteienstaats und v.a. der Sozialdemokratie
➢ Errichtung einer faschistischen Diktatur nach dem Vorbild des italienischen Faschismus

Mussolini: erkannte den Willen der österreichischen Regierung, autoritär zu regieren → wollte einen
faschistischen Staatenbund (Italien-Ungarn-Österreich) als Gegengewicht zum Nationalsozialismus →
Konkurrenten, hatte Angst vor einer Schwächung der italienischen Position in Europa durch
Deutschlands Machtübernahme

Kennzeichen einer faschistischen Regierung:


 extremer Nationalismus
 Volksgemeinschaft
 Führerprinzip
 totalitärer Anspruch
 anti-demokratisch, anti-liberal, anti-parlamentarisch, anti-sozialistisch, anti-
kapitalistisch
 Ausgrenzung von Minderheiten
 Verherrlichung von Gewalt, Kampf unter Militarismus
 Einschüchterung durch einen brutalen Überwachungs- und Terrorapparat
 männerbündische Strukturen

Heimwehren: hatten nur eine geringe soziale Basis und waren militärisch schwach → konnten sich
nicht gegen den Widerstand der christlich-Sozialen durchsetzen und versuchten als Koalitionspartner
den Faschismus in der christlich-sozialen Partei zu stärken (+ Kampf gegen die Sozialdemokratie);
bekamen militärische Unterstützung aus Italien (bis 1936, dann Seitenwechsel)

sukzessive Ausschaltung der Sozialdemokratie:


➢ Verbot von 1.-Mai-Feiern und politischen Demonstrationen
➢ Auflösung des republikanischen Schutzbunds der Sozialdemokratie, Verbot von
Versammlungen der Sozialdemokraten und Verbot der Partei 1934
➢ systematische Aufrüstung der Heimwehren; u.a. ging das Kommando über Polizei und
Exekutive an sie über

→ die Sozialdemokratie wehrte sich gewaltsam gegen ihre Ausschaltung und gegen die Errichtung
einer Diktatur → Februarkämpfe

Konsequenzen der Februarkämpfe:


➢ Niederschlagung des Februaraufstands
➢ Verbot der Sozialdemokratie und der freien Gewerkschaften
➢ Annullierung der sozialdemokratischen Mandate in allen Staatsorganen
→ keine Hindernisse mehr für die Etablierung des Austrofaschismus

Verabschiedung einer neuen Verfassung (rechtswidrig!) am 1. Mai 1943 – Erlass auf Basis des
Ermächtigungsgesetzes – die Regierung Dollfuß verfügte zwar nicht über reale Legitimierung, wollte
diesen Anschein aber erwecken

2 Möglichkeiten zur Oktroyierung (Aufzwingen) der Verfassung:


• Verordnungen nach dem Ermächtigungsgesetz durften keine verfassungsändernden
Bestimmungen erhalten → Regierung bräuchte zum Erlassen einer neuen Verfassung den
Nationalrat
• Umweg: der 1933 zurückgetretene Nationalrat wurde ohne sozialdemokratische Mandate
erneut einberufen

wesentliche Punkte des Ermächtigungsgesetzes:


➢ die Funktionen des Nationalrats und des Bundesrats wurden für erloschen geklärt
➢ die Befugnisse und Gesetzgebung gingen nach Ausschaltung des Parlaments auf die Regierung
über
➢ Verfassungsänderungen erforderten keine Volksabstimmung mehr
➢ Erlass von Verordnungen mit Umgehung des Parlaments
➢ Relikt aus der Monarchie, um in Kriegsfällen schneller handeln zu können

die neue Verfassung wurde durch die Regierung verkündet und hatte einen sehr autoritären Charakter:
➢ es waren keine allgemeinen Wahlen vorgesehen
➢ das Recht ging nicht mehr vom Volk aus
➢ neue Verfassung auf „ständischer Grundlage“: Gegenkonzept zum Parteienpluralismus → es
bildeten sich Stände, wobei deren Grundlagen ein gemeinsamer Beruf war → vertikale
Gliederung der Gesellschaft
Problem dabei: die ständische Gesellschaftsordnung existierte nicht und wurde bis 1938 kaum
verwirklicht → Verfassung als „Absichtserklärung“, die das bereits existierende autoritäre
Regime legitimieren hatte sollen

dann: Ausschaltung des Verfassungsgerichtshofs

Realität: die Regierung behielt die Gesetzgebungsgewalt, nur sie konnte Gesetzesinitiativen vorlegen
– Gesetze hätten nur vom Bundestag abgelehnt werden können, was allerdings nie passierte, da die
Mandate des Bundestags von der Regierung ernannt wurden und nie immun waren → Farce
+ Möglichkeit der außerordentlichen Gesetzgebung: durch Verordnungen, Umgehen des Bundestags

Berufsstände/ständische Organisation der Bevölkerung als weiteres Element: sieben Berufsstände, die
selbstständig ihre Interessen wahrnehmen sollten, bildeten die Basis für die Ausschaltung des
Klassenkampfes
• Vertreter der Stände: in Räten, wurden von der Regierung ernannt
• Harmonisierungsgedanken durch Verbot von Streiks → Unternehmer nutzten dies aus, um KVs
nicht einzuhalten oder ihren Abschluss zu verweigern
• Verschlechterung der Arbeitslosenversicherung: 1935 über 700.000 Arbeitslose
• von den sieben geplanten Berufsständen wurden nur zwei realisiert:
➢ Land- und Forstwirtschaft
➢ öffentlicher Dienst
→ selbst diese waren unechte Stände, weil es kein klassisches Arbeitgeber-Arbeitnehmer-
Verhältnis gab
statt Parteien: Gründung der vaterländischen Front: organisatorisches Konstrukt zur Verschmelzung
der Parteien:
• von Anfang an gab es keine konkrete Zielsetzung
• wurde in der Verfassung zur politischen Monopolorganisation des austrofaschistischen
Systems bestimmt mit der Aufgabe, Träger des österreichischen Staatsgedankens zu sein
• „freiwillige“ Mitgliedschaft
• Spitzeldienste, um die „vaterländische Gesinnung“ der Beamten zu kontrollieren

→ zusammenfassend: Verfassungsrealität des Austrofaschismus (austrofaschistisches System als ein


autoritäres System einzugliedern):
• Verfassung trat nie komplett in Kraft
• Regime basierte großteils auf Grundlage des Verfassung-Übergangsgesetzes
• Außerkraftsetzung der Selbstverwaltung der Stände
• Verankerung autoritärer Strukturen durch außerordentliche Gesetzgebung
• dominante Stellung der Regierung bei politischen Entscheidungen
• der Ständestaat wurde nicht zur Realität – das System war so autoritär wie andere
faschistische Systeme der Zeit
• Verlust der Rechtsstaatlichkeit bzw. Reduktion auf ihr formales Prinzip
→ undemokratische Einschränkung, aber dennoch keine komplette Zerstörung des Rechtsstaats;
es gab keinen Elitentausch, sondern Kontinuität mit dem Ziel, Stabilität zu erreichen, die angesichts
der außenpolitischen Situation notwendig war – die Eigenstaatlichkeit Österreichs stand auf dem
Spiel

Mussolini: war zunächst stark gegen den Anschluss Österreichs an Deutschland, drohte mit einem
Aufmarsch am Brenner – dann: Einigung mit Hitler → es gab keine Garantie mehr für Österreichs
Selbstständigkeit

Phasen des Austrofaschismus:


➢ Latenzphase: 1932 bis März 1933
➢ Übergangsphase: März 1933 bis März 1934

→ all dies: Einschränkung des Rechtstaats, autoritäres System = starker Unterschied zu Zerstörung des
Rechtsstaats und totalitärem System, was am Herrschaftssystem ab 1938 in Österreich sichtbar wird:

Nationalsozialismus: Anschluss von Österreich an Deutschland als Ziel der Nazis seit Beginn
• 1934: Ermordung von Dollfuß durch die Nazis bei einem fehlgeschlagenen Putschversuch am
25.07.
• danach: Versuch Hitlers, den Anschluss politisch durchzusetzen
• 1936: Hitler-Schuschnigg-Abkommen: Amnestierung inhaftierter Nazis, Aufnahme von Nazis
in die Regierung bzw. Integration in die vaterländische Front → austrofaschistisches System
wurde von den Nazis von innen durchgesetzt und durchzogen
zudem: NS hatte starke Unterstützung in Österreich (siehe Landtagswahlen 1933)
• bis 1938: trotz Parteiverbot immer mehr Anhänger:
in Österreich gab es keinen Konjunkturaufschwung wie in Deutschland, sondern hohe
Arbeitslosigkeit → erzwungener/ersehnter Anschluss: einerseits Einmarsch von außen und
Terror von innen, andererseits begeisterte Zustimmung großer Teile der Bevölkerung

Nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland im März 1938: Integration in ein System, in dem die
Nazis schon fünf Jahre lang an der Macht waren:
• schon 1933 wurde Hitler von Präsident Hindenburg zum Reichskanzler gemacht
• wobei die NSDAP bei den letzten Reichstagswahlen 1933 44%, also keine absolute Mehrheit
hatte – dennoch konnte durch die christlich-Sozialen die Verfassung umgestaltet werden
• Außerkraftsetzung der wichtigsten Grundrechte: Meinungs-, Presse-, Versammlungsfreiheit
• die Legislative wurde in die Hand der Nazis gelegt: durch das Ermächtigungsgesetz 1933
konnte die Regierung sämtliche Gesetze ohne Reichstag erlassen
• Deutschland wurde zu einem zentralen Einheitsstaat, die Länder wurden reine
Verwaltungsbezirke
• NSDAP als Machtmonopol: Auflösung anderer Parteien → NSDAP wurde zur Staatspartei

→ in diesen Punkten: Konstituierung der NSDAP ist jener in Österreich sehr ähnlich (war alles noch
vor der Machtübernahme)

Unterschiede:
• v.a. in Deutschland wurde der Staatsapparat von nicht-arischen Beamten gesäubert
• Nürnberger Rassengesetze: die deutsche Rechtsordnung wurde auf eine rassistische
Grundlage gestellt: Juden und Zigeuner waren Staatsangehörige und hatten keinerlei
politischen Rechte mehr; man konnte nur mit deutschem/artverwandtem Blut Reichsbürger
werden
• Durchsetzung des Führerprinzips: Hitler als Führer und Reichskanzler vereinte alle staatlichen
Funktionen in einer Person
• Ziel: Etablierung eines „völkischen Staats“ und „tausendjährigen Reichs“

bedeutete:
➢ vollkommene Abkehr von Verfassungskonzeptionen des 19. und 20. Jh.
➢ grundlegender Wandel der Rechtsordnung
➢ drittes Reich besaß im formellen Sinn keine Verfassung – die Weimarer Verfassung wurde nicht
abgeschafft, sondern uminterpretiert bzw. ignoriert
➢ als grundlegende Rechtsquelle galt kein gesatztes Recht, sondern das „völkische Naturrecht“,
eine vom Führer erschaute Ordnung → völkische Ungleichheit (Trennung von Ariern und
Nicht-Ariern) statt Gleichheit aller Staatsbürger

Volksgemeinschaft: Einheit aus Führer und Volk, wobei der Führer als „Inkarnation des Deutschen
Volkes“ keiner Kontrolle unterworfen und an keine Rechtsvorschriften gebunden war + Führerbefehl
hatte höchste Rechtsgültigkeit + Durchsetzung des Führerprinzips bedeutete eine vollkommene
Aufhebung der Gewaltenteilung

Höhepunkt des Terrors: Konzentrations- und Vernichtungslager unter Heinrich Himmler


(Verschmelzung von Chef der Polizei und Parteiorgan (SS)

SS und Polizei bildeten einen „Staat im Staat“: sie besaßen eine eigene Gerichtsbarkeit und verfügten
über eine eigene Wirtschaft (basierend auf KZ-Sklavenarbeit)

Österreich: Hitler hatte zunächst nur eine lockere staatliche Verbindung mit ihm als Staatsoberhaupt
beider Staaten geplant, nachdem es aber kaum Widerstand gegen den Einmarsch Deutschlands
(12.03.1938) gab, wurde Österreich am nächsten Tag komplett angeschlossen → „Österreich ist ein
Land des Deutschen Reichs“
• 10.04.1938: Volksabstimmung mit über 99,7% Zustimmung als Scheinsanktionierung
• kein organisierter Widerstand

Österreich wurde zur Ostmark, wobei Verwaltungskompetenzen an das deutsche Reich gingen und
Bundeskanzler Arthur Seyß-Inquart zum „Reichsstatthalter“ (Chef des Innen- und
Sicherheitsresorts)ernannt wurde und eine kleine Regierung mit vier Ministern hatte → übte die
Verwaltung um Land aus, allerdings war dies nur eine Übergangsphase

Ostmarkgesetz 1939: komplette Beseitigung Österreichs – stattdessen: „reichsunmittelbare


Reichsgaue“ (entsprachen ca. den Bundesländern) → offiziell: „Alpen- und Donaureichsgaue“;
Auflösung der Landesregierung; an der Spitze der Reichsgaue gab es einen Reichsstatthalter als
Gauleiter der NSDAP

→ zusammengefasst: Wandel der Verwaltung in drei Schritten und wurde durch das Ostmarkgesetz
abgeschlossen:
➢ Einmarsch der deutschen Truppen, die euphorisch empfangen wurden und kaum
internationale Reaktion auslösten, deshalb:
➢ Anschluss an Deutschland durch das Wiedervereinigungsgesetz
➢ Ostmarkgesetz: Beseitigung des Land Österreichs

Österreich war bis 1945 (NICHT NUR ALS OPFER) Teil des Nazi-Regimes:
• arische Österreicher galten als vollwertige Mitglieder der deutschen Herrenrasse und
verhielten sich dementsprechend
• spontane Übergriffe gegen die jüdische Bevölkerung – Pogrome ohne Zutun der NSDAP, die
sogar einschreiten musste, um Vertreibung und Arisierung zu ordnen
• 1,2 Mio. Österreicher kämpften an der Wehrmacht, überproportionale Vertretung im
Besatzungsapparat neu gewonnener Gebiete – viele davon auch in Spitzenpositionen des
Vernichtungsapparats
→ waren sehr stark in das Nazi-Regime involviert

20. Jh. als mörderischstes Jh. der Menschheitsgeschichte, wofür drei Regimes verantwortlich waren:
Maoismus, Stalinismus, Nationalsozialismus
5 – Nationalsozialismus und Holocaust 04.11.20
ZF S. 20 (Absatz 5) bis S. 26 (Absatz 1)

Entwicklung des Antisemitismus in den letzten 1000 Jahren:


➢ christlicher Antisemitismus: „Ihr habt kein Recht, als Juden unter uns zu leben“
➢ weltliche Herrscher: „Ihr habt kein Recht, unter uns zu leben“
➢ Nationalsozialismus: „Ihr habt kein Recht zu leben“

→ + Zitate zur systematischen Ermordung der Juden: nationalsozialistischer Judenmord als


„Gemeinschaftsunternehmen“: nicht nur Wehrmacht und Partei, sondern auch Exekutive, Wirtschaft
und alle anderen Säulen des Nazi-Regimes waren daran beteiligt → wurde nicht still und heimlich
hinter dem Rücken der Bevölkerung gemacht: es wussten zwar nur wenige alles; aber noch weniger
wussten gar nichts

ähnlich war es mit dem Holocaust: wenige waren ausschließlich für den Holocaust zuständig, aber fast
der gesamte Repressionsapparat im Osten und im Balkan war vielfältig an der „Ausrottung des
jüdischen Bolschewismus“ (= Vernichtungskrieg) beteiligt

„Legende der sauberen Wehrmacht“: wurde von der Forschung zerstört: Fallstudien darüber, wie aus
normalen Männern Judenmörder wurden; die Wehrmacht hatte sehr wohl am Holocaust
teilgenommen (Täter kamen v.a. aus der Mitte der Bevölkerung und repräsentierten somit den
Querschnitt der Bevölkerung)

Beweggründe?
• keine Reue/Mitleid in Feldpostbriefen, sondern: „der Jude muss ausgerottet werden“
• Annahme: Holocaust als nationales Projekt fast aller Deutschen, wobei dies eine nicht haltbare
eindimensionale Analyse ist und nicht den Genozid an Sinti und Roma bzw. die Mitwirkung
lokaler ukrainischer Milizen erklärt
der NS-Rassismus galt nicht nur der Shoah, sondern auch der Ausmerzung aller Behinderten,
Sterilisierung von Homosexuellen und Dezimierung der slawischen Bevölkerung
• also: der sehr alte Antisemitismus war eine notwendige Voraussetzung für den Holocaust, aber
nicht alleine ausreichend → weitere Motive: Bereicherung, Desinteresse, Karrierewünsche,
Gruppendruck, Angst, …

christlich-Soziale hatten Maßnahmen wie solche, die vor dem Anschluss herrschten, schon lange vor
1938 vorgeschlagen → die Nazis begannen keine Entwicklung, sondern vollendeten sie

Anfang 1945: tausende Juden wurden auf offener Straße auf dem Weg nach Mauthausen ermordet

es gab viele Faschismus-Theorien, aber nur wenige gesellschaftstheoretische Ansätze bezogen auf
spezifisch die Judenvernichtung im Nationalsozialismus – die Shoah galt lange als irrational und war
von der modernen gesellschaftlichen Entwicklung ausgenommen, „da es so etwas in der Moderne
nicht gäbe“ – dennoch: war keine Ausnahme, sondern ein Teil des 20. Jahrhunderts
• began nicht erst in Vernichtungslagern, sondern in der Gesellschaft
• war keine Unterbrechung der normalen Entwicklung der Geschichte, sondern der
Antisemitismus war ein integraler Bestandteil der politischen Kultur
• ungeheure Zivilisationsprozesse hatte es schon viel früher vor der Öffentlichkeit gegeben
• Grausamkeiten und das Ende der Shoah wurden großteils von ganz normalen Männern
ausgeführt
→ NS und Shoah existierten im normalen zivilisatorischen Rahmen der hochentwickelten
modernen Gesellschaften von Deutschland und Österreich
Warum kam es zum Aufstieg der NSDAP? die Wirtschaftskrise existierte ja nicht nur in Deutschland
und Österreich, sondern überall auf der Welt → dennoch gab es nicht überall diese Entwicklung; noch
1930 wäre der Holocaust unvorstellbar gewesen

→ Mit welchen Modellen/Ansätzen lässt sich dies begreifen?

Grundfragen:
➢ In welchem Verhältnis steht die Moderne zur Shoah?
➢ Wie ist der Holocaust bei so einer hohen Zivilisationsstufe möglich gewesen?
➢ Handelt es sich um einen Zivilisationsbruch und damit um einen Betriebsunfall der Moderne
oder um eine Konsequenz, ein Produkt, eine Kehrseite der Moderne und damit um einen Teil
von ihr?
→ keine rein akademischen Fragen, sondern Grundfragen der gegenwärtigen Gesellschaft

außerdem: Was ist die Moderne? → 2 Modernisierungsbegriffe:


• technokratischer Modernisierungsbegriff: ist frei von Werten und normativen Elementen;
beschäftigt sich mit harten Strukturdaten, z.B. Grad der Säkularisierung, Abbau von sozialer
Ungleichheit, Entwicklung des technischen Fortschritts, Wirtschaftswachstum, …
aber: wenn gesellschaftliche Rahmenelemente dieser Modernisierung ausgeklammert werden,
ist der NS sehr wohl in die Moderne integrierbar
→ rein rationaler und funktionaler Modernisierungsbegriff – Rationalität der
Judenvernichtung: „Ist vergasen oder erschießen billiger?“
• normativer Modernisierungsbegriff: beschäftigt sich einerseits mit der technischen und
ökonomischen Entwicklung, andererseits mit politischen und ethischen Dimensionen – das
„Projekt“ Moderne will Industrialisierung und Demokratisierung vereinen
→ normativer Modernisierungsbegriff
Moderne in diesem Sinn meint einen Prozess, in dem Gewalthandeln tabuisiert ist; die
Destruktivität gilt als Normabweichung → Shoah als nicht normaler Modernitätsbruch
• hermeneutischer Ansatz: alles außerhalb des Verbrechens gilt als Normalzustand
→ Shoah hat in all diesen Theorien keinen Platz und kann sich darin nicht integrieren; diese Begriffe
blenden die mit technischen Mitteln durchgeführte Vernichtung ganzer Bevölkerungsgruppen aus →
originärer Beitrag der NS-Moderne – politisch spezifisch an der NS-Herrschaft: das rassistische Primat

Verhältnis von Moderne und NS mit 4 Grundpositionen:


• NS als Rückfall in die Barbarei: „Betriebsunfall“, „historischer Sonderfall“ am Weg der
zivilatorischen Entwicklung → heutzutage das am weitesten in der Gesellschaft akzeptierte
Erklärungsmodell
• NS als tatsächlich vollzogene revolutionäre Modernisierung: Hitler und Konsorten wollten die
Klassenschranken loswerden – Hitler als bewusster Modernisierer, NS als intentionaler
Modernisierungsschub
aber: Kontext zum Rassismus und Antisemitismus wird hier nicht berücksichtigt
• ökonomischer (linker) Ansatz: Auschwitz als spezifisch deutscher Beitrag zur Entwicklung der
europäischen Moderne: Destruktionspotential der Moderne im Mittelpunkt, Erklärung dessen
als allgemeines Wesensmerkmal des Kapitalismus, das, wenn nötig, über Leichen geht → nicht
NS-Politik oder -Ideologie, sondern der „wissenschaftlich-industrielle“ Komplex wird für die
Vernichtung verantwortlich gemacht
• Holocaust als Konsequenz der Moderne: moderne Gesellschaften wollen ethnisch/rassisch
reine Nationen schaffen → social engineering: zweckrationales, von moralischen Zwängen
emanzipiertes Handeln → zur Verwirklichung dieser Vision: Entkoppelung von Effizienz und
Moral
bester Weg, um die Shoah zu erfassen: Annäherung an die innere Logik des NS-Gesellschaftsmodells:

NS-Moderne als Gesellschaftsutopie: basierend auf der Schaffung eines rassisch homogenen
Volkskörpers und dem Glauben an eine perfekte Volksgesellschaft → eine „reine Gesellschaft“ ist
gekoppelt an die Euthanasie/Sterilisierung von Menschen, die nicht der „sozialen
Hygiene“ entsprechen → Auslöschung aller Minderwertigen und Gemeinschaftsunfähigen

außerdem: Erzeugung eines rassisch gesunden Volkskörpers als unausweichliche Voraussetzung zur
Etablierung des „tausendjährigen Reiches“

Hitler: wollte einen „rationalen“ Antisemitismus statt dem Gefühlsantisemitismus, der davor herrschte:
Juden galten im Volkskörper als Seuchenherd, was das Projekt der rassischen Homogenität gefährdete

Akzeptanz dieses „Projekts“ als NS-Moderne mit institutionalisiertem und legalisiertem Rassismus →
Shoah wird zu einem zentralen Element des NS-social-engineering → Moral, Werte und Rationalität
müssen an den NS-Kriterien gemessen werden → zweckrational: all das, was es ermöglicht, möglichst
viele Juden zu ermorden

Umsetzung:
• verlief nicht nach einem klaren Stufenplan, sondern eher nach planvollem Vortasten
• manche Maßnahmen mussten auf später (nach dem Krieg) verschoben werden, weil z.B. die
Euthanasie auf großen Widerstand (u.a. der Kirche) traf → wurde 1941 vorläufig eingestellt,
dennoch fand „wilde Euthanasie“ weiterhin in Krankenanstalten statt → fast 200.000
Ermordungen

bürokratische Apparate der NS-Gesellschaft: an der „Ordnung durch Vernichtung“ waren sämtliche
gesellschaftliche Institutionen beteiligt – Träger der Vernichtung: NSDAP, Wehrmacht, staatliche
Bürokratie, Wirtschaft
kleine Gruppe um Himmlers SS-Einsatzgruppen: nur sie waren ausschließlich mit dem Judenmord
beschäftigt – das gesamte politische System musste mitarbeiten, um dieses gesellschaftliche Projekt
umzusetzen

Shoah als Verwaltungsmassenmord:


• hochgradige Arbeitsteilung als Merkmal moderner Verwaltung
• einzelne Bürokraten: führten nur Einzelschritte aus, z.B. nur Zusammenstellung der Fahrpläne
für Deportationszüge → keine moralische, sondern nur technische Verantwortung
• klare Trennung zwischen Zweck und Moral: wenn der Prozess in genug Zwischenschritte
unterteilt ist, entsteht bei Einzelnen Indifferenz gegenüber dem Zweck: es ist ihnen egal
• deswegen: eingespielte moderne Bürokratie war wichtig für eine erfolgreiche Abwicklung des
Massenmords

physische Vernichtung: v.a. in osteuropäischen Vernichtungsanlagen: zunächst: „soziale Tötung“:


Registrierung, Enteignung, … → dann: Deportation zur physischen Tötung bei Juden aus dem Westen;
im Osten: Mörder kamen zu den Opfern, die vor Ort exekutiert wurden: weniger bürokratischer
Aufwand

Auschwitz: zeigt nicht klar, dass nur die Hälfte der Juden vergast; 1,3 Mio. erschossen wurden, wobei
es keine langen bürokratischen Verfahren gab

die Mörder:
• waren nicht ausgewählte Sadisten, Psychpathen, Kriminelle, Leute, die sonst selbst getötet
werden würden
• sondern: durchschnittliche Männer der deutschen Bevölkerung: alte, junge, reiche, arme,
NSDAP-Mitglieder, nicht-Mitglieder
• meist: es war nicht ihre Haupttätigkeit, sondern Teil des Kriegsalltags
• es wurde nicht jeder Soldat gezwungen: es wurde angeordnet, aber man hatte nicht um sein
Leben zu fürchten, wenn man sich weigerte

zusammenfassend:
➢ NS-Moderne als sozialutopischer Gegenentwurf zur Aufklärung
➢ Vernichtung aller Juden als Projekt: erzeugte neue Moralität und Rationalität
➢ zum Erreichen dieses Ziels: moderne arbeitsteilige Bürokratie – Verwaltungsmassenmord
➢ keine soziale Distanz zwischen Akteuren und Opfer im Osten: Tötung von Angesicht zu
Angesicht
6 – Nachkriegsordnung und Entkolonialisierung 11.11.20
ZF S. 26 (Absatz 3)

Nazis: wollten die süd- und osteuropäischen Völker, u.a. durch Niederhalten des Bildungsniveaus, zu
Sklavenvölkern machen

Stalinismus: Liquidierung von Millionen „Klassenfeinden“

Repatriierung der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen nach dem Krieg in die Sowjetunion, diese
hatten es aber nicht leicht und wurden als potentielle Kollaborateure gesehen

Situation in Europa nach 1945


• Millionen Vertriebene → Umsiedelung
• völlig neue Weltordnung und zwei Konferenzen, die bis zum Ende der UdSSR Auswirkungen
hatten:
➢ Konferenz von Jalta: Treffen der Staatschefs der Allierten: Roosevelt, Churchill und Stalin
drei Monate vor Kriegsende: 4.-11. Februar 1945
Inhalt: v.a. Aufteilung Deutschlands, Machtverteilung in Europa nach dem Kriegsende, ZP-
Krieg gegen Japan
man glaubte, dass der Krieg mit Japan noch lange dauern würde → Roosevelt und Churchill
zeigten Stalin gegenüber Kompromissbereitschaft
besprochene Themen:
❖ neue Weltorganisation
❖ Aufteilung und Reparationen Deutschlands: seit der Teheran Konferenz (1943) war
Roosevelt der Meinung, dass Deutschland in fünf Teilstaaten aufgeteilt werden sollte
– es kam zu keinem gemeinsamen Beschluss; aber: Einigung, dass Deutschland
bedingungslos kapitulieren und entnazifiziert werden sollte
Reparationszahlungen:
➔ Entnahme von Maschinen und Patenten
➔ Lieferungen aus deutscher Produktion
➔ Nutzung der Arbeitskraft deutscher Spezialisten
❖ Einrichtung von Besatzungszonen in Frankreich
❖ Vorbereitung der Prozesse für Kriegsverbrecher
❖ Hauptkriegsverbrecher: keine Einigung
❖ Polen und Jugoslawien: keine Einigung über Polen
❖ Neuaufteilung Südosteuropas, z.B. Griechenland (Bürgerkrieg)
❖ sowjetische Interessen in Japan und China: Stalin wollte außerdem, dass das Baltikum
und der Balkan einen Sicherheitsring von Satellitenstaaten bildeten, die die UdSSR
abschirmen sollten – geheime Absprache: UdSSR verpflichtete sich zum Bündnis mit
China und Kriegsbeitritt gegen Japan und bekam dafür territoriale Zugeständnisse in
Asien
kurz nach der Konferenz: Kurskorrektur von Stalin: er zeigte nicht länger Interesse an der
Aufteilung Deutschlands in mehrere Staaten
➢ Potsdamer Konferenz: Treffen der drei Hauptalliierten von Juli-August 1945 zur Beratung
über das weitere Vorgehen – Ziel: Friedenssicherung
Ergebnisse/Beschlüsse in der Potsdamer Unterzeichnung:
❖ Trennung von Polen und Deutschland entlang der Oder-Neiße-Linie und Umsiedelung
(freiwillige Vertreibung) der deutschen Bevölkerungstruppen entlang der Linie
❖ Indochina: seit 1858 unter französischer Kolonialherrschaft, unterlag während dem 2.
WK dem Vichy-Regime → Japan durfte es im Krieg besetzen → nach dem Krieg:
Truman erkannte Frankreichs Souveränität über Indochina an
❖ Teilung Vietnams (als Grundstein für den späteren Vietnahmkrieg)
die Potsdamer Konferenz steht einerseits für das Ende des 2. WK, andererseits für den
Beginn des Kalten Kriegs (https://de.wikipedia.org/wiki/Potsdamer_Konferenz)

1948: Staatswerdung Israels → Unabhängigkeitskrieg, in dem 500.000 Palästinenser vertrieben


wurden

7 Millionen Vertriebene in der Sowjetunion


7 – Nachkriegsordnung in Europa und Kolonialismus 18.11.20
ZF S. 26 (Absatz 4) bis S. 29 (Absatz 2)

1. Hälfte des 20. Jahrhunderts als Katastrophe – dann: Wie soll die neue Nachkriegsordnung aussehen?
So wie nach dem 1. WK?
Länder waren instabil – Wie konnte eine stabile Nachkriegsordnung in Europa erreicht werden?

• allgemeine Skepsis von allen Parteien gegenüber der liberalen Demokratien (Erinnerung der
Zwischenkriegszeit) – es gab zunächst kein Konzept für eine effizientere und friedlichere
Nachkriegsordnung
• man wollte einen weiterhin starken Staat, der in Krisen intervenieren kann (Bankrott des
Laissez Faire Kapitalismus als Lehre der Weltwirtschaftskrise in Erinnerung) → Staat sollte
politisch und ökonomisch eine wichtige Rolle spielen → Verstaatlichungen (z.B. Voest in
Österreich) in vielen Ländern
• Freigabe der internationalen Wechselkurse: abhängig von Angebot und Nachfrage
• Einführung des Goldstandards: Währungen (v.a. Dollar) mussten durch Gold gedeckt sein
(privater Goldbesitz war verboten) was 1971 aufgegeben wurde

Wiederaufbau Europas sollte auf einer neuen Grundlage erfolgen nach Vorbild des skandinavischen
Wohlfahrtsstaats
• soziale Marktwirtschaft
• Einführung eines sozialen Sicherheitssystems, z.B. Arbeitslosenversicherung → Verhinderung
der kompletten Verelendung der Bevölkerung
• Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nach keynesianischem Vorbild: Intervention des Staates,
Förderung von Infrastrukturprojekten, um die Wirtschaft anzukurbeln
• geburtenfördernde Maßnahmen, Liberalisierung der Abtreibungsgesetze, Karenzurlaub für
Mütter
• Einführung der Familienbeihilfe
• freie medizinische Versorgung, massiver Ausbau des Gesundheitssystems

→ enorme Erweiterung des staatlichen Aufgabenbereichs – moderne Demokratie, beruhend auf drei
Säulen:
• soziale Säule: soziale Maßnahmen, z.B. Arbeitslosengeld
• ökonomische Säule: staatliche Intervention in die Wirtschaft, z.B. Verstaatlichungen
• politische Demokratie: Einführung eines Mehrparteiensystems und Parlamentarismus
→ die drei Säulen der modernen Demokratie hatten ein Ziel, über das sich konservative und linke
Parteien einig waren: Garantie von mehr sozialer Gerechtigkeit

außerdem: Schärfung des Völkerrechts und Schaffung der UNO zur Sicherung der Menschenrechte und
des Weltfriedens

20. Jh.: viele verschiedene politische Herrschaftssysteme und viele verschiedene räumliche
Ausdehnungen in Österreich: vier in 30 Jahren (1914-1944):
➢ Monarchie (1914): riesiges Imperium
➢ parlamentarische Demokratie (1918): wird ein Kleinstaat
➢ autoritärer Austrofaschismus (1938): wird Teil von Deutschland
➢ totalitärer Nationalsozialismus (1945): erneut die Grenzen von 1918

nach dem 2. WK: Europa lehnte einstimmig den Neoliberalismus der Zwischenkriegszeit ab (was
mittlerweile wieder anders ist)
demokratische Rechte von Individuen vs. Ungleichheit in Kolonien – damals nicht als Widerspruch
verstanden

während dem 2. WK: Rassismus wurde eigentlich bekämpft, dennoch herrschte in der US-Army
Rassentrennung → Doppelbödigkeit

niemand dachte daran, die Kolonien aufzulösen, aber:


• 1. WK als Katalysator für das Ende der großen europäischen Reiche; antikolonialistische
Bewegungen waren wenig präsent
• 2. WK als Katalysator für das Ende der Kolonialherrschaft: Entkolonialisierung war zwar kein
direktes Ziel Europas, aber eins der Kolonien

Wirtschaft in den 1950ern, 1960ern: die Kolonisten wollten die Kolonien nicht industrialisieren, diese
waren landwirtschaftlich geprägt

vor dem 2. WK:


➢ Österreich: hatte bis auf das Franz-Josefs-Land in der Arktis keine Kolonien
➢ erstes Land, das entkolonialisiert wurde: Irland – 1920; zuvor: Massenimmigration in die USA
wegen einer Hungersnot
➢ Indien wurde für England zunehmend unregierbar (u.a. durch Ghandis Kampagne des zivilen
Ungehorsams), nachdem Indien das Zentrum des Kolonialimperialismus Großbritanniens
ausmachte
➢ in Großbritannien: man wusste, dass die imperiale Vormacht nicht dauerhaft halten werden
können würde → kaum Widerstand gegen die Entkolonialisierung
➢ Frankreich und die Niederlande kämpften im Gegensatz dazu um ihre Kolonien
➢ bis Ende der 1930er: Streben nach Entkolonialisierung hatte fast alle Länder erreicht, Japan
und Italien expandierten allerdings noch weiter
➢ Indochina: kommunistische Massenbewegung
➢ Indonesien: antikoloniale Bewegung
➢ Afrika südlich der Sahara: blieb im Kolonialstatus

2. WK: der Großteil der Kolonien wurde von Deutschland und Japan besetzt, nur Afrika südlich der
Sahara blieb unter westlicher Kontrolle
➢ Großbritannien: es war schwierig, die Kolonien zu halten, da es jetzt den „Beweis“ gab, dass
der „weiße Mann“ von den Deutschen besiegt werden konnte
➢ hauptsächlich USA und UdSSR (nicht Großbritannien) besiegten Deutschland: sie hatten keine
Kolonien → waren eher gegen Kolonialismus

zunächst: Zusammenbruch asiatischer Kolonien:


➢ Syrien und Libanon wurden von Frankreich unabhängig
➢ die Philippinen wurden 1946 von den USA unabhängig
➢ Indien und Pakistan wurden 1947 von Großbritannien unabhängig
➢ Burma (Myanmar), Sri Lanka, Israel wurden 1948 unabhängig
➢ Indochina: Franzosen kämpften gegen kommunistische Befreiungsbewegungen; USA
verhinderte die Vereinigung Vietnams (Satellitenregime im Süden) → Vietnamkrieg (wo mehr
Bomben als im 2. WK geworfen wurden)
Dominotheorie als Auslöser für den Vietnamkrieg: wenn ein Land in Indochina kommunistisch
werden würde, würden die anderen in diesem Raum auch kommunistisch werden
die Niederlande waren zu schwach, um Indonesien zu halten → gaben auf, weil sie von den
USA keine Unterstützung erhalten hätten (die in Indonesien keine Barriere zum Kommunismus
sahen)
Großbritannien: zog sich 1947 aus Indien zurück, bevor es es nicht mehr kontrollieren konnte,
wobei nur Commonwealth (eine unverbindliche Vereinigung) vom britischen Empire
zurückblieb
➢ Indien: Folge der Entkolonialisierung: blutige Trennung in das muslimische Pakistan und das
hinduistische Indien → bis heute Kampf zwischen Hindus und Muslimen; wobei Indien mit
seinem Kastensystem eigentlich ein faschistisches Regime bildet
➢ Persien bis Marokko: in den 1950ern: Dekolonialisierung der Region des westlichen Islams:
1951: Iran mit der Verstaatlichung der Ölfirmen
1952: Ägypten
1958: Irak und Syrien
1954-1962: Krieg – blutige Entkolonialisierung Algeriens, das von Frankreich nicht als Kolonie,
sondern als integraler Teil Frankreichs gesehen wurde
→ ist alles nicht so lang her und immer noch sehr präsent

Frankreich, Großbritannien und Belgien wurde in den 1960ern klar, dass sie auch den restlichen
afrikanischen Kolonien Unabhängigkeit gewähren mussten → Politik der prophylaktischen
Dekolonialisierung: formale Unabhängigkeit, aber wirtschaftliche und kulturelle Abhängigkeit →
Neokolonialismus

Portugal: widersetzte sich dieser Entwicklung und konnte sich diese nicht leisten: es war ein autoritärer
Staat, der die afrikanischen Ressourcen ausbeuten musste, weil die Wirtschaft international nicht
wettbewerbsfähig war
→ mit der Nelkenrevolution 1974: das Kolonialsystem (Madagaskar und Angola) brach zusammen

Südafrika und Rhodesien: dort gab es große weiße Siedlerbevölkerungen, die sich gegen eine Politik
weigerten, die den Afrikanern Macht geben würde

bis 1970: es gab bis auf Vietnam, Südafrika und den portugiesischen Kolonien keine direkt verwalteten
Kolonien mehr → Ende des imperialen Zeitalters
8 – Dritte Welt und Kalter Krieg 25.11.20
ZF S. 29 (Absatz 2) bis S. 30 (Absatz 9)

nach der Dekolonialisierung: massenhafte Entstehung von neuen Staaten in Afrika und Asien, für die
ab den 1950ern der Begriff „Dritte Welt“ verwendet wurde (Welt der unterentwickelten Länder) →
steht für Armut

dritte-Welt-Staaten ab 1950:
• wurden in Form der Blockfreien (v.a. Jugoslawien unter Tito) organisiert
• wollten nichts mit dem Kalten Krieg zu tun haben
• waren alle nach eigenen Regeln sozialistisch (angenähert an das sowjetische Modell)

Annahme: Stattfinden einer potentiellen Frontlinie des 3. WK in der dritten Welt → man wollte sich
raushalten

südamerikanische Staaten: waren nicht bei den Blockfreien, sondern bei der Organisation
Amerikanischer Staaten dabei (Kuba wurde nach 1958 ausgeschlossen)

ab 1970: ökonomische Globalisierung und auseinanderdriftende dritte-Welt-Staaten:


➢ erdölproduzierende Staaten (OPEC) und sich industrialisierende Staaten (Tigerstaaten, z.B.
China)
➢ Länder (v.a. in Afrika), die immer ärmer wurden/werden
[auch China war damals ein dritte-Welt-Staat, mittlerweile ist es ein Global Player]

nach 1945: gewaltige demographische Explosion v.a. in dritte-Welt-Staaten (Anteil der reichsten
Länder der Welt (OECD-Staaten): nur 10%) → neben der Klimaerwärmung die fundmental
nachhaltigste Veränderung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert

Zeit des Kalten Kriegs: verlief in den industrialisierten Staaten weitgehend stabil; aber kaum ein dritter-
Welt-Staat überlebte die Zeit nach 1950 bzw. nach seiner Entstehung ohne Revolution oder
militärischen Konflikt (Indien blieb verschont)

→ krasser Gegensatz zur ersten Hälfte des 20. Jh., in der Europa sehr instabil war; dennoch gab es viele
Kriege, von denen einige vergessen wurden:
➢ 1971: Pakistan-Bangladesch mit 300.000 bis 3 Millionen Toten
➢ seit 25 Jahren: demokratische Republik Kongo mit ca. 6 Millionen Toten

der Kalte Krieg hatte seinen Höhepunkt in den 1980ern, weltweit wurde von 70.000 atomaren
Sprengstoffen Gebrauch gemacht
• Ende des 2. WK = Beginn der Teilung Europas in zwei Machtblöcke – Deutschland als
Ausgangspunkt (Ost- und Westdeutschland, Zweiteilung von Berlin: Westen umschlossen von
der DDR, blockiert durch die UdSSR → musste mit einer Luftbrücke von den Westalliierten
versorgt werden)
• 1989: Ende des Ostblocks durch die Wiedervereinigung Berlins
→ eigentlich recht kurzer Zeitabschnitt (40 Jahre), in dem die Welt zweigeteilt war
• der Kalte Krieg brachte Europa (erschöpft) sehr viel Stabilität: USA akzeptierte die
Grenzziehung der Blöcke in Europa

Auflösung der Komintern (Dachorganisation der kommunistischen Partei) 1943: Stalins Zeichen, dass
er/die UdSSR die Hoffnung auf eine Weltrevolution aufgegeben hatte
Atomwaffen: die UdSSR verfolgte eine Politik der Bewahrung und Konsolidierung ihres Machtbereichs
hinter dem eisernen Vorhang → USA akzeptierte dieses Machtgleichgewicht, wie sich an der
Zurückhaltung der USA beim Ungarischem Aufstand 1956 und beim Einmarsch des Warschauer Pakts
in der Tschechoslowakei 1968 zeigte

Kalter Krieg: könnte auch „Kalter Friede“ genannt werden – Europa war nie zuvor so stabil gewesen,
allerdings basierte diese Stabilität auf einem gigantischem atomaren Aufrüsten → Bezeichnung der
UdSSR: „friedliche Koexistenz“

→ atomares Gleichgewicht des Schreckens meinte keinen prinzipiellen Verzicht auf den Einsatz
militärischer Mittel, sondern die Akzeptanz des Einflussbereichs des jeweils anderen in Europa, es kam
trotzdem immer wieder zur Verwendung der Atombombe als politisches Druckmittel/Drohung im
Vertrauen darauf, dass die andere Seite keinen Atomkrieg wollte → gefährliches Spiel
• 1950-1953: Korea
• 1956: Suezkrise
• 1962: Kubakrise

Anfang der 1950er: Wettrüsten mit zuerst Langstreckenbombern, dann Interkontinentalraketen,


wobei die USA zunächst stark überlegen waren

kaum Überraschungsangriffe aufgrund langer Vorwarnzeit wegen der großen Distanz konnten
stattfinden → Raketen mussten näher am Gegner stationiert werden (von der USA u.a. in der Türkei)
– Erstschlagstrategie: der Feind sollte so schwer getroffen werden, dass eine Gegenwehr nicht möglich
ist

Lage der UdSSR: durch die Revolution in Kuba unter Fidel Castro gestärkt, wo man gute Beziehungen
zur UdSSR wollte – die USA waren Castro gegenüber skeptisch und wollten keine Zusammenarbeit,
sondern unterstützten die kubanische Opposition und Terrorgruppen (Anschläge auf Castro und
Invasionspläne)

Castro: wollte ein Vorbild für nationale Unabhängigkeit in Lateinamerika sein – die US-Regierung hatte
Angst vor der Verbreitung des Kommunismus in ihrem Hinterhof und verboten Exporte aus Kuba und
Importe nach Kuba (→ dieses Embargo gilt bis heute), während die UdSSR Kuba Unterstützung
versprach

neben Raketen waren auch Atom-U-Boote der USA in der Türkei im Einsatz, die UdSSR hatte nicht
Vergleichbares → sie verlegten ihre Soldaten und Ausrüstung (u.a. 60 Mittelstreckenraketen mit
Atomsprengköpfen, die 100 Mal stärker als die Nagasaki-Bomben waren) nach Kuba → die Raketen
sollten militärisches Drohpotenzial aufbauen und die Schwäche des sowjetischen interkontinentalen
Arsenals kompensieren

Kubakrise: dauerte zwei Wochen, von 14. bis 28. Oktober 1962:
➢ Stationierung sowjetischer Raketen auf Kuba als Antwort auf die Stationierung amerikanischer
Raketen in der Türkei
➢ Drohung der US-Regierung mit Atomwaffen, um die Stationierung auf Kuba zu verhindern →
neue Dimension des Kalten Krieges: die Staaten kamen einer direkten Konfrontation sehr Nahe
und die Gefahr der nuklearen Konfrontation wurde einer breiten Öffentlichkeit bewusst
➢ U-2-Flugzeuge (der USA) entdeckten die Raketenstellungen auf Kuba; die sowjetischen
Truppen entdeckten das Flugzeug → es kamen keine Gegenmaßnahmen → USA erwog eine
Seeblockade
➢ Entdeckung von Langstreckenraketen, die große Teile der USA (u.a. die wichtigsten
Industriestädte) hätten treffen können (mit nur 5min Vorwarnzeit)
➢ 19.10.1962: Kennedy wollte die Blockade einsetzen; offene Optionen: Luftangriff oder
Invasion Kubas
➢ 22.10.1962: angekündigte Rede des Präsidenten
❖ US-Streitkräfte wurden weltweit in erhöhte Einsatzbereitschaft versetzt
❖ Staatschafs in Europa wurden informiert und versicherten Unterstützung → Vorbereitung
einer Invasion
❖ Rede von Kennedy: informierte über die Raketen auf Kuba, verkündete die Blockade,
forderte Chruschtschow zum Abzug der Raketen auf
➢ 24.10.1962: Beginn der Seeblockade; Zuspitzung: Schiffe dürfen nur mit Befehl des
Präsidenten schießen
➢ 25.10.1962: UN-Sicherheitsrats-Sitzung: diplomatischer Schlagabtausch zwischen der UdSSR
und den USA
➢ 26.10.1962: weitere Stationierung der Raketen trotz Blockade; Chruschtschow bat Kennedy
den Abzug der Raketen an, wenn er eine Invasion Kubas ausschließen würde → Kennedy
stimmte zu
❖ erster Frachter, der blockiert werden sollte: hatte einen Begleitschutz von U-Booten, die
zur Verteidigung Nukleartorpedos hatten; währenddessen führten die US-Airforce und die
UdSSR Atombomben
❖ Castro: forderte zur Verteidigung Kubas von Chruschtschow einen atomaren Erstschlag,
den dieser aufs Schärfste ablehnte – es wäre der Beginn des atomaren Kriegs gewesen
❖ weiteres U-Boot mit nuklearer Bewaffnung: wurde vom US-Kriegsschiff zum Auftauchen
gezwungen, wobei in diesem nur einer der drei Offiziere die Zustimmung zum Abschuss
des Nukleartorpedos verweigerte, weil die Funkverbindung zu Moskau gerade nicht
funktionierte
➢ Forderung des Abzugs der stationierten Raketen aus der Türkei → Kennedy stimmte gegen die
Mehrheit seines Beraterstabs zu, Chruschtschow ebenso (Verhandlung in geheimen
diplomatischen Treffen)
➢ 28.10.1962: Situation war entschärft
→ Vereinbarungen zwischen den USA und der UdSSR:
❖ Abzug der Raketen aus Kuba
❖ keine Invasion Kubas
❖ geheimer Abzug der Raketen aus der Türkei, um die NATO-Partner nicht zu verärgern und
sich als Sieger der Kubakrise darzustellen
→ Folgen der Krise: erste Verhandlungen über Rüstungskontrolle → Entspannungspolitik zwischen
den Supermächten; Stellvertreterkriege statt direkter Auseinandersetzungen

1964: Invasion der Schweinebucht → Fiasko für die USA


9 - Ende und Auswirkungen des Kalten Krieges 02.12.20
ZF S. 30 (Absatz 9) bis S. 32 (Absatz 3)

Asien während dem Kalten Krieg: die Region, in der die Supermächte am meisten um ihre
Vormachtstellung kämpften
im Gegensatz zu Europa konnten in Asien nicht die Grenzen des Kommunismus im Vorhinein festgelegt
werden

meiste neue postkoloniale Staaten: wurden nicht gleich kommunistisch, sondern wollten zunächst
blockfrei bleiben

drei große Stellvertreterkriege, in denen aber nie Atomwaffen eingesetzt wurden:


• 1950-1953: Korea – USA intervenierten, weil sie verhindern wollten, dass sich der
Kommunismus vom Norden in den Süden ausbreitet → Resultat: unentschieden; Trennung
Koreas in Nord und Süd durch die Demarkationslinie
• 1965-1975: Vietnam: Intervention der USA → Niederlage der USA
• 1979: Afghanistan – UdSSR unterstützte die afghanische Regierung, USA unterstütze Taliban
(auch von Pakistan unterstützt); UdSSR und Afghanistan waren gegen Mudschaheddin und
Taliban

nach der Kubakrise: Bestrebungen zur Reduktion der Zahl der Atomwaffen → Aushandeln von
Verträgen:
• Vertrag der atomaren Rüstungsbeschränkung
• SALT-Abkommen
• ABM-Vertrag
→ legten aber nur die Höchstgrenzen für Abschussvorrichtungen fest, nicht die Gefechtsköpfe
(diese vervierfachten sich bis zu den 1980er Jahren)

Erdölkrise von 1973:


• Auslöser: Jom-Kippur-Krieg zwischen Israel und Syrien
• OPEC-Staaten erkannten, dass sie den Preis für Erdöl durch Reduktion der Fördermengen
erhöhen konnten → USA und UdSSR erkannten, wie wertvoll die Erdölvorkommen waren
• Furcht der USA: Verlust ihrer Vormachtstellung an die UdSSR (diese Angst gab es auch nach
dem verlorenen Vietnamkrieg): Sichtbarmachen der Verwundbarkeit der USA, Hinterfragen
ihres militärischen Prestiges → durch die Angst: Spaltung innerhalb der USA: in den 1960ern:
Friedensbewegung, Hippies
• 1974-1979: Revolutionswelle (bedingt durch das Ende der portugiesischen Kolonialherrschaft),
die in Afrika mehrere neue Regime hervorbrachte; in Asien Laos, Kambodscha und Vietnam;
Revolutionen auch in Amerika
• Kombination aus Ölkrise und Revolutionswelle → neue Phase des atomaren Wettrüstens; die
USA starteten ein gewaltiges Wettrüstungsprogramm, dass ca. ein Jahrzehnt später zum
ökonomischen Einsturz der UdSSR führte

Kalter Krieg:
• technologische Überlegenheit des Westens gegenüber dem Osten, u.a. Beginn der
technologischen Revolution (Entwicklung von Computern)
bis in die 1970er UdSSR waren mit den USA auf dem gleichen wirtschaftlichen Stand, dann
konnte sich die UdSSR nicht mehr an die neue dynamische Wirtschaft (Silikon und Software)
anpassen
• neue politische Rhetorik unter Ronald Reagan: „Staaten des Bösen“ und „Kreuzzug gegen das
Böse“
• Reagan und Michail Gorbatschow leiteten durch Gipfeltreffen 1986 und 1987 das Ende des
Kalten Kriegs ein

→ Hat die Aufrüstung im Kalten Krieg das Ende der Sowjetunion herbeigeführt?
➢ der Sozialismus wollte die globale Alternative für den Kapitalismus darstellen
➢ aber: der Kapitalismus war nicht zusammengebrochen und der Sozialismus konnte nicht
konkurrenzfähig bleiben
➢ ab den 1960ern: es wurde deutlich, dass die UdSSR nicht mehr mithalten konnte:
❖ der Kapitalismus in den USA konnte die Schuldenberge von 3 Billionen US-Dollar (durch
die Aufrüstung verursacht) absorbieren – die UdSSR konnte das nicht und sie erhielt keine
Hilfe durch andere Länder
❖ die USA gaben für die Aufrüstung 7% des BIP aus – die UdSSR gab 25% des BIP aus
❖ die Bündnispartner der USA prosperierten ökonomisch – die Mitgliedsstaaten der UdSSR
konnten nicht helfen
❖ im Westen: technologischer Quantensprung (Computer, neue Kommunikationsformen,
Vernetzung der Welt → Globalisierung) – im Osten: keine technologische Revolution und
eine ineffiziente, zentral geplante Wirtschaft
➢ Perestroika und Glasnost des Ostens sah man im Westen als systemimmanenten Wandel,
dabei handelte es sich um einen verzweifelten Versuch, das zu retten, was noch zu retten war
➢ das kommunistische System begann sich durch einen umgekehrten „Dominoeffekt“ in den
Satellitenstaaten (Ungarn, Tschechoslowakei, DDR) von außen zu zerbrechen → der
Zusammenbruch stellte schlussendlich das Ende des Kalten Kriegs und jenes der bipolaren
Weltordnung dar

internationale Auswirkungen des Kalten Kriegs:


• eliminierte/überschattete alle Rivalitäten oder Konflikte, die zuvor herrschten; teilweise
verschwanden diese durch die Dekolonialisierung auch einfach
• ehemalige Großmächte (z.B. Frankreich und Deutschland) ließen Jahrhunderte alte Konflikte
liegen: waren beide im westlichen Lager → ein Konflikt wäre nicht zugelassen worden
• nach dem 2. WK: rasanter Aufstieg von Deutschland und Japan, was nicht wirklich zu Sorge
anregte, da beide im westlichen Bündnis integriert waren
auch die UdSSR: beschwor die „deutsche Gefahr“ nur in Propaganda und fürchtete nicht die
Bundeswehr, sondern auf deutschem Boden stationierte Atomraketen
• fror die internationale Lage (und damit die provisorische Nachkriegsordnung) quasi ein:
❖ Deutschland war 46 Jahre lang in vier Sektoren geteilt: Westen (BRD), Mitte (DDR), zwei
Teile jenseits der Oder-Neiße-Linie, die zu Polen und der UdSSR gehörten und aus denen
die meisten Deutschen geflohen waren → erst mit Ende des Kalten Kriegs wurden BRD
und DDR vereinigt; die sowjetischen Gebiete Ostpreußens (Kaliningrad (Königsberg) als
Enklave) und Polen blieben zurück

erster Golfkrieg 1991:


➢ USA forderten die Invasion Kuweits durch den Irak quasi heraus, da sie meinten, dass dieser
dabei sowieso nichts zu befürchten hätte
➢ Anhäufung von Waffen: der Kalte Krieg hatte die Welt mit Waffen versorgt und diese überall
verteilt → neue Bündnissysteme: Irak kämpft mit US-Waffen gegen die USA
Kalter Krieg: klare politische und militärische Spielregeln; großteilige Stabilität der Welt: wo es
Auseinandersetzungen gab, verhinderte die atomare Abschreckung einen offenen Konflikt der
Großmächte

trotzdem: die Welt war kaum friedlicher; zwischen 1945 und 1990 gab es mehr Kriege denn je, nur
wurden diese nicht in Europa, den USA oder sowjetischen Staaten ausgetragen → stellten die bipolare
Weltordnung also nicht in Frage
10 - Die Zeit nach dem Kalten Krieg 09.12.20
die ersten drei Länder, die sich entkolonialisiert haben:
➢ USA
➢ Haiti: Sklavenaufstand 1791, Unabhängigkeit 1804
➢ Liberia: freigelassene Sklaven aus den USA ab 1815, Verfassung 1842, Unabhängigkeit 1847

Charta von Paris: im November 1990 in Paris unterschrieben, sollte eigentlich den Kalten Krieg
beenden – Ist der Kalte Krieg damit beendet worden?
• alle europäischen Staaten, die USA, Kanada und die UdSSR unterzeichneten → Charta von
Paris als epochales Ereignis, das zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist
• zur Zeit der Unterzeichnung: es existierte neben der NATO auch der Warschauer Pakt
• Vereinbarung:
➢ es sollte keine Androhung von Gewalt mehr geben – Bekenntnis zur friedlichen
Streitbeilegung
➢ Verpflichtung zur Zusammenarbeit bei Abrüstung und Rüstungskontrolle
→ wirkt im Anbetracht der letzten 30 Jahre utopisch

die letzten 30 Jahre in Europa: kein Zeitalter des Friedens!


• Jugoslawienkrieg nur neun Monate nach der Unterzeichnung der Charta: Massaker in der
Zivilbevölkerung
• Bürgerkrieg in der Ukraine
• Südkaukasus-Krieg um Bergkarabach

auch kein Zeitalter der Kooperation:


• blockierter Handel zwischen der EU und Russland durch Sanktionen
• „Überwindung der Teilung Europas“ und Versprechen der NATO, sich nicht in den Osten in die
ehemaligen Satellitenländer der UdSSR zu erweitern – Grenze der Osterweiterung der NATO
als neue Ost-West-Grenze; Berliner Mauer an der Grenze zwischen der Ukraine und Russland
• Abrüstung und Rüstungskontrolle:
➢ sowohl Russland als auch die NATO rüsten aktuell atomare Arsenale auf
➢ der ABM-Vertrag wurde 2001 von den USA einseitig gekündigt, woraufhin sie das
Raketenabwehrsystem AEGIS unmittelbar vor Russland stationierten → Ungleichgewicht:
Gefährdung des Zweitschlagsgewichts Russlands
➢ Abrüstung konventioneller Waffen in Europa: von den NATO-Staaten nicht ratifiziert, von
ehemaligen Sowjetstaaten schon → Russland kündigte den Vertrag
➢ INF-Vertrag: sollte zur Vernichtung von Kurz- und Mittelstreckenraketen dienen und damit
die Atomkriegsgefahr für ganz Europa bannen → USA kündigte den Vertrag
➢ Open-Skyes-Vertrag: gab den Mitgliedsstaaten ein Überflugsrecht zur Kontrolle der
Waffensysteme → USA kündigte den Vertrag
➢ USA erwägen erstmals seit 1992, Atombombentests als Warnung für Russland und China
vorzunehmen; enorme Erhöhung des US-Militärbudgets → Gefährdung aller Verträge
• NATO: verwandelte sich nach Auflösung der UdSSR von einem Verteidigungs- in ein
Angriffsbündnis → Einsätze in Jugoslawien und im Irakkrieg als „Koalition der Willigen“

→ zeigt, dass ein wirkliches Friedensdenken im Westen nie verinnerlicht wurde und Russlands Sorge
durchaus nicht unbegründet ist: schon 2001 klagte Putin darüber, dass immer noch das alte
Wertesystem gilt und dass man sich gegenseitig immer noch nicht vertraut
statt einem gemeinsamen Denken gibt es heutzutage also schon wieder eine Politik, die Russland ein
neues Wettrüsten aufzwingt – die Charta von Paris (Dokument von Menschlichkeit und Solidarität)
wird in Russland mittlerweile Charta der Unterwerfung genannt

neuer Fokus der NATO war China → NATO-Sinnkrise? – die Grundaufgabe der NATO war die Abwehr
der UdSSR bzw. des Warschauer Pakts, die mittlerweile nicht mehr vorhanden ist → neue Aufgaben
oder eine Auflösung ist notwendig → völkerrechtswidrige Intervention in Jugoslawien, die von der rot-
grünen Regierung in Deutschland unterstützt wurde

Griechenland: hat die pro Person höchsten Militärausgaben weltweit


11 – Die Zeit ab 1989 16.12.20
Was passierte nach Ende des Kalten Kriegs durch die Charta von Paris? → Dominanz des westlichen
Bündnisses:

1989: ein Kontinent befand sich in Auflösung: vier Staaten (UdSSR, DDR, Jugoslawien,
Tschechoslowakei) verschwanden, 16 neue entstanden

UdSSR, Jugoslawien, Tschechoslowakei: föderative Vielvölkerstaaten und Produkte des 1. WK – ihr


Zusammenbruch bedeutete den Abschluss eines Prozesses, der eigentlich schon damals begonnen
hatte: die postimperiale Staatenbildung

zwischen dem Fall der Mauer und dem Zerfall der UdSSR lagen nur zwei Jahre, die Auflösung der
Tschechoslowakei 1993 war unspektakulär, Jugoslawien löste sich 1995 durch den Krieg auf

der einzige institutionelle Zusammenschluss: Deutschland mit dem Zerfall der UdSSR als
Ausgangspunkt (Ende des letzten Imperiums in Europa)

1914-1989: „kurzes 20. Jahrhundert“

Nachkriegsordnung des 2. Weltkriegs: ging zu Ende; die Trennung Europas in den kapitalistischen
Westen und realsozialistischen Osten war vorbei

Fall der Berliner Mauer als Auslöser für die Abspaltung der „Bruderländer“ der UdSSR und später für
die Auflösung der UdSSR selbst

Welche Gründe für den Zusammenbruch der UdSSR gab es?


• „zweiter Kalter Krieg“: erneuter Rüstungswettlauf, der durch die Stationierung von Raketen in
Deutschland ausgelöst wurde – die USA gab dafür 7% des BIP aus, die UdSSR fast 30%
• Afghanistankrieg von 1979-1989: militärisches Dilemma für die UdSSR – ähnlich traumatisch
wie der Vietnamkrieg für die USA
• Kommunist Michail Gorbatschow:
❖ hatte bei Amtsantritt (Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion bzw.
Staatspräsident der Sowjetunion) eine große Aufgabe: hohe Verschuldung und
schrumpfende Wirtschaft
❖ galt als Reformer und wollte Wirtschaft und Partei reformieren – Schlagworte seiner
Reformversuche: Perestroika (Umbau) und Glasnost (Offenheit)
❖ Perestroika: Umbau des Systems in Richtung Demokratisierung des Staates:
Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit unter Erhaltung der privilegierten Stellung der
kommunistischen Partei
aber: Entwicklung einer unaufhaltsamen Dynamik – 1989: erste freie Wahlen: kritische
Abgeordnete wurden gewählt; 1990: Aufhebung eines Artikels in der Verfassung, der der
kommunistischen Partei eine führende Rolle zusprach; Außenpolitik: Rückzug aus
Afghanistan, Einschränkung des Atomprogramms, Setzen von marktwirtschaftlichen
Ansätzen
wollte eine kontrollierte Marktwirtschaft erreichen → ist fehlgeschlagen
❖ Glasnost: Aufhebung der Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit
❖ verminderte Kontrolle Moskaus über die Satellitenstaaten

Entwicklung in den sozialistischen Bruderstaaten:


➢ Polen:
➢ seit 1981: Kriegsrecht → Polen war politisch und wirtschaftlich am Ende
➢ Druck durch die Gewerkschaftsbewegung Solidarność → 1987 und 1988: Steigerung der
Verbraucherpreise → 1.000% Inflationsrate → Streikwelle, gegen den es kaum
Widerstand gab
➢ Neuwahlen im Juni 1989 wurden zugelassen → Ende des kommunistischen Polens:
desaströse Ergebnisse für die kommunistische Partei → Anerkennung des Wahlresultats,
wenig später: Auflösung der kommunistischen Partei
• Ungarn:
➢ Gulaschkommunismus: Ungarn hatte (durch tolerierte Schattenwirtschaft) den höchsten
Lebensstandard der Bruderländer, deswegen (im Gegensatz zu Polen) aber auch keine
politische Opposition
➢ Katalysator der Veränderung kam von innen: junge Reformkommunisten, Anhänger
Gorbatschows
➢ 1988: Absetzung von Janos Kadar (Parteichef) und Einigung auf die Gründung eines
Mehrparteienstaats
➢ 1990: Mehrparteienwahlen
➢ 2 charakteristische Merkmale des ungarischen Transformationsprozesses:
❖ Übergang von kommunistischem System zu Mehrparteiensystem kam von innen
heraus
❖ große Auswirkungen auf das Ende der DDR
• Deutsche Demokratische Republik (DDR):
➢ wirkte von allen Bruderstaaten am stabilsten
➢ die BRD hatte die DDR anerkannt: die Politik war auf Stabilisierung, nicht auf
Wiedervereinigung gerichtet
➢ 1989: getürkte Wahlen (wie immer), wobei dieses Mal die Proteste dagegen nicht ignoriert
werden können:
❖ Mai 1989: Ungarn baute den Eisernen Vorhang zu Österreich ab → Deutsche hätten
dadurch entkommen können
❖ Sommer 1989: Invasion der DDR-Bürger in Ungarn – zunächst trauten sie sich nicht
über die Grenze, erst nach einer „Aufforderung“ wurde realisiert, dass man über die
Grenze nach Österreich kann → unmittelbare Konsequenzen für die DDR
❖ neue Bewegungen für demokratische Umgestaltung der DDR, hunderttausende
Demonstranten kamen ab Oktober 1989
→ die Regierung konnte diese Entwicklungen nicht begreifen
➢ 04. November 1989: Tschechoslowakei öffnete die Grenzen, woraufhin sofort tausende
DDR-Bürger durch sie in den Westen strömten
➢ 09. November 1989: Durchgang nach Westdetuschland wurde gestattet → = Fall der
Mauer
➢ Dezember 1989: die kommunistische Partei wurde aus der Verfassung gestrichen und freie
Wahlen angesetzt
➢ Jänner 1990: das Volk wollte nicht aus dem Kommunismus hinaus, sondern in ein geeintes
Deutschland hinein
• Tschechoslowakei:
➢ Sturz des Kommunismus zeitgleich wie in der DDR, allerdings konnte die kommunistische
Partei hier bis zum Ende ihre Macht halten und Bürgerbewegungen waren weniger
prominent
➢ November 1989, eine Woche nach dem Fall der Mauer: Studenten besetzten die
Universität; große Demonstrationen
➢ Rücktritt der kommunistischen Parteiführung, die Klausel der führenden Partei wurde aus
der Verfassung gestrichen
➢ „samtene Revolution“: das Bürgerforum wurde zur Spitze einer Revolution, bei der
Rechtstaat, freie Wahlen, soziale Gerechtigkeit, etc. gefordert wurden
➢ politischer Todesstoß der kommunistischen Machthaber: durch die Distanzierung des
Warschauer Pakts von der Invasion 1968 → der kommunistischen Führung wurde die
Legitimität entzogen und das Ende war besiegelt
➢ Dezember 1989: Wahl eines neuen Präsidenten

Südosteuropa:
• Bulgarien:
➢ hatte sich eng an das russische Modell gehalten; ethnische Türken wurden zu
Sündenböcken gemacht, diskriminiert und zwangsbulgarisiert → Widerstand durch die
UNO
➢ Versuch einer eigenen Perestroika, die aber nicht gegen den miserablen ökonomischen
Zustand half
➢ ab 1989: Zusammenbruch der kommunistischen Partei; nach Absetzung des Parteiführers
ging es so weiter wie in den anderen Ländern
➢ freie Wahlen: wurden trotzdem von Ex-Kommunisten gewonnen
• Rumänien:
➢ hatte den zeitlich spätesten Zusammenbruch und war ein ziemlich untypischer
Satellitenstaat
➢ fast byzantinische Vetternwirtschaft, fast Führerkult um den Anführer, fast vorindustrielle
Zustände
➢ der Staat wurde von der gefürchteten Geheimpolizei zusammengehalten
➢ keine Beteiligung an der Invasion des Warschauer Paktes in Tschechien
➢ Anführer: beglich alle Auslandsschulden des Landes → erfreulich, aber stürzte das Land
ins Elend
➢ Pferdezucht zur Unabhängigkeit von Autos
➢ Errichtung eines riesigen Schlosses in der Hauptstadt; tausende Dörfer sollten zerstört und
in neue Städte umgesiedelt werden
➢ Dezember 1989: die Geheimpolizei selbst löste den Sturz des Regimes aus: Proteste
breiteten sich bis in die Hauptstadt aus, die Armee wechselte auf die Seite der
Demonstranten, der Diktator wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet
➢ Geheimpolizei blieb unter neuem Namen aktiv
12 – Auflösung der DDR und UdSSR 13.01.21
DDR:
➢ bei den ersten freien Wahlen erreichten die Kommunisten immer noch 16%; die Regierung
wurde aus einer Koalition von CDU/CSU und den Liberalen gebildet
➢ die Währungskoalition mit der BRD wurde geschlossen – Ostmark konnten 1:1 in D-Mark
umgetauscht werden
➢ für die Wiedervereinigung der beiden Länder waren die Zustimmung der vier Siegermächte
des 2. WK (USA, Großbritannien, Frankreich, UdSSR) und vier Gespräche notwendig → die USA
unterstützten die Wiedervereinigung, die UdSSR ließ sich ihre Zustimmung für 70 Mia. US-
Dollar abkaufen → Wiedervereinigung war ermöglicht
➢ August 1990: Zustimmung des Parlaments zum Beitritt → Unterzeichnung des
Eignungsvertrags → durch den Beitritt zur BRD hörte die DDR auf zu existieren

UdSSR: Gorbatschow hatte zu dieser Zeit schon innenpolitische Schwierigkeiten, es kam zu solchen
Tendenzen wie in den Satellitenstaaten

Länder der Sowjetunion:


• baltische Republiken: waren dem Westen am nächsten und wurden durch den Hitler-Stalin-
Pakt 1939 in die UdSSR eingegliedert → Glasnost führte zur Frage der Unabhängigkeit,
weswegen sich entsprechende Bewegungen bildeten, die sogar geduldet wurden
blutige Auseinandersetzungen durch das KGB (Komitee für Staatssicherheit) als Zeichen für das
„große Finale“ der UdSSR
Menschenmassen demonstrierten in Russland gegen die Schießereien – Forderung:
Anerkennung der Souveränität Russlands und der drei baltischen Staaten
• Ukraine: leistete als wichtigste der Sowjetrepubliken viel Beitrag: 17% zum BIP,
Kohlevorkommen, Stahlindustrie, Hafen am Schwarzen Meer, fruchtbarer Boden
Juni 1990: Ausrufen der ukrainischen Souveränität
• Weißrussland: als weitere große Sowjetrepublik, die keine nationale Identität hatte: die
Bevölkerung fühlte sich großteils Russland zugehörig und es gab auch kaum
Souveränitätsbestrebungen
armes Land, das extrem abhängig von Russland war
• Moldawien: Transnistrien-Konflikt
• UdSSR: die Wahl von Boris Jelzin brachte das Fass zum Überlaufen → Putschversuch 1991
(Augustputsch in Moskau)
(https://en.wikipedia.org/wiki/Dissolution_of_the_Soviet_Union#1991)
➢ Staatskomitee für den Ausnahmezustand (Gruppe von Funktionären der KPdSU) setzte
den Präsidenten Gorbatschow vorübergehend ab und versuchte das Land unter Kontrolle
zu bekommen – Putschversuch scheiterte in nur drei Tagen, Gorbatschow wurde wieder
eingesetzt; trotzdem: Beschleunigung des Zerfalls der Sowjetunion
➢ 11. März 1990: Litauen erklärte seine Unabhängigkeit von der UdSSR
➢ 20. und 21. August 1990: Estland und Lettland erklärten ihre Unabhängigkeit
➢ 9. April 1991: Georgien erklärte seine Unabhängigkeit
➢ 24., 25., 27. und 31. August 1991: Ukraine, Weißrussland, Moldawien und Kirgistan
erklärten ihre Unabhängigkeit
➢ 1., 9. und 21 September 1991: Usbekistan, Tadschikistan und Armenien erklärten ihre
Unabhängigkeit
➢ 18. und 27. Oktober 1991: Aserbaidschan und Turkmenistan erklärten ihre Unabhängigkeit
➢ 16. Dezember 1991: Kasachstan erklärte seine Unabhängigkeit
➢ Dezember 1991: die Russische SFST hatte schon im Juni 1990 ihre Souveränität (nicht ihre
Unabhängigkeit) erklärt und erklärte nun die formale Auflösung der Sowjetunion → dies
erleichterte die Überleitung der Außenbeziehungen der alten Sowjetunion auf die neu
entstandene Russische Föderation
➢ 12. Juni 1991: Boris Jelzin wurde in der ersten demokratischen Präsidentschaftswahl
gewählt → Übernahme der Kontrolle über Medien und Schlüsselministerien →
demontierte und entmachtete Präsident Gorbatschow langsam
➢ 25. Dezember 1991: Gorbatschow trat als Präsident der UdSSR zurück und übergab die
Amtsgeschäfte an Jelzin als Präsidenten der Russischen Föderation → Aufziehen der
neuen Flagge am Moskauer Kreml
➢ 26. Dezember 1991: Gorbatschow löste die Sowjetunion als Völkerrechtssubjekt →
Übernahme der völkerrechtlichen Recht und Pflichten durch die Russische Föderation als
Fortsetzerstaat der UdSSR – völkerrechtlich identisch zur RSFSR
➢ 31. Dezember 1991: Sowjetunion hörte auf zu existieren → 15 souveräne Staaten der
Union
➢ 8. Dezember 1991: Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten: Russland, Ukraine,
Weißrussland, Armenien, Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Moldawien, Tadschikistan,
Usbekistan; ab 1993 auch Georgien
➢ Bedeutungsverlust der GUS nach der Jahrtausendwende:
❖ Turkmenistan seit 2005 nur noch als beigeordnetes Mitglied
❖ Georgien verließ die GUS 2008 quasi
❖ Ukraine sah sich von 2008 bis 2014 nur noch als Teilnehmerstaat, nicht als
Mitgliedsstaat und trat am 19. März 2014 aus
In the Year of the Pig 1968
https://www.dailymotion.com/video/x2zpgbw

Rede von Lyndon B. Johnson (US-Prösident von 1963 bis 1969)

Phillipe de Villiers

Paul Mus: chinesisches Sprichwort: „A thumb square of planting rice is more valuable than a thumb
square of gold”

Vorstellung von Ho Chi Minh (Präsident von Vietnam), seiner Kindheit, Familie etc.:
• Vater wurde von französischen Kolonisten unfair behandelt
• Familie waren Nationalsozialisten
• ging nach Paris und wurde dort Sozialist/Kommunist → kam wieder nach Vietnam
• Franzosen haben ihn oft betrogen → Indochinakrieg

Amerikaner wollten die Ausbreitung des Kommunismus verhindern → halfen den Franzosen, hatten
die Vietnamesen unterschätzt → USA überlegte, den Franzosen aktiven militärischen Support (v.a.
Luftunterstützung) zu geben, um die Artillerie in den Hügeln zu vernichten

Vietnam gewann den Krieg

aber: USA wollte Indochina nicht verlieren, sonst wären sie „eine Insel im Meer des Kommunismus“ →
Friedensvertrag in Genf am 20 Juli 1954:
➢ Teilung in Nord- und Südvietnam:
➢ der Norden war kommunistisch
➢ der Süden bekam eine neue Regierung, es sollten neue freie Wahlen stattfinden

Saigon Revolte (Augustrevolution)

Gründung der Lobby Gruppe: American Friends of Vietnam

unter Kennedy: erste Truppen wurden nach Vietnam geschickt, Johnson kam nach Südvietnam

https://de.wikipedia.org/wiki/In_the_Year_of_the_Pig

https://de.wikipedia.org/wiki/Vietnamkrieg
Ernst Hanisch Der lange Schatten des Staates 1994
drei politische Lager in Österreich nach dem 1. WK:
• katholisch-konservatives Lager: gestützt auf die Bauernschicht, katholische Arbeiter und
Mittelstand → erreichte im Westen Österreichs die besten Ergebnisse
• sozialistisches Lager: gestützt auf Arbeiter und kleine Angestellte → erreichte in urbanen
Gegenden mit hohem Säkularisierungsgrad die besten Ergebnisse
• deutsch-nationales Lager: gestützt auf die Beamtenschaft und die antiklerikale, alldeutsche
Mittelschicht – 1930: sehr pluralistische Wählerschaft in der NSDAP: v.a. ehemalige
Heimatblock- und GDVP- (Großdeutsche Volkspartei) -Wähler
→ extreme Polarisierung zwischen den Sozialisten und den Konservativen → österreichische Parteien
galten als „Weltanschauungsparteien“: boten den Mitgliedern Totalentwürfe, erklärten die andere
Seite zum Gegner und beanspruchten durch Vorfeldorganisationen, jeden Aspekt des Lebens zu
prägen → in Österreich gab es mehr Parteimitglieder als in vergleichbaren demokratischen Ländern
Rokkan: definierte Konfliktfurchen, durch die sich Formierungen und Spaltungen der beiden Lager
bildeten, z.B. Stadt vs. Land, Besitz vs. Arbeit, Staat vs. Kirche

die christlich-Sozialen (CS) bzw. ÖVP:


➢ antiindustriell, antikapitalistisch, klerikal, katholisch, konservativ, antisemitisch (aber: kein
rassistischer Antisemitismus wie im NS)
➢ bekannter Vertreter: Dr. Karl Lueger (Wiener Bürgermeister), ausgeprägter politischer
Antisemitismus
➢ die Partei gewann ihre Stärke durch die Unterstützung der katholischen Kirche: der ganze
autoritäre Kurs unter Dollfuß wurde mitgetragen
zuvor: Ignaz Seipel (Bundeskanzler bis 1929) als populärer Vertreter, er war demokratiekritisch
und wollte Österreich autoritär, antiparlamentarisch und ständisch gestalten
danach: Krise der CS – Lösung durch die Gründung der Vaterländischen Front und dem
Ständestaat
➢ nach 1950: ÖVP war ökonomisch liberal, aber politisch konservativ → Elitenrekrutierung über
CV
➢ ÖVP unter Josef Klaus: hatte ein linkes Reformprogramm, das ab 1966 in einer Alleinregierung
durchgesetzt wurde
➢ dennoch: Ära Klaus-Kreisky politisch gesehen als Einheit

die deutsch-Nationalen (DN) bzw. Großdeutsche bzw. Landbund bzw. NSDAP bzw. VdU bzw. FPÖ:
➢ DN wollten die Sicherung einer privilegierten Stellung der Deutschen in Österreich: Verhindern
der Aufnahme von nicht-Deutschen in elitäre Positionen
➢ interne Spaltung an der Frage, ob Juden Deutsche sind
➢ Vertreter: Georg von Schönerer, bereitete den Weg für Hitler
➢ Großdeutsche Partei: nahm die Bauern nicht auf → diese gründeten den Landbund
➢ Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes: gründeten die NSDAP
➢ alle: glaubten an die Volksgemeinschaft der deutschen – wollten den Anschluss an das
Deutsche Reich
➢ 1930: die Großdeutsche Partei und der Landbund vereinigten sich → Nationaler
Wirtschaftsblock (Schoeberblock)
➢ durch die Weltwirtschaftskrise: Aufstieg der Nationalsozialisten im Deutschen Reich: NSDAP
hatte einen neuen Propagandastil im Vergleich zu anderen Parteien:
❖ sie agierten ständig, nicht nur in Wahlkampfzeiten
❖ direkter und persönlicher Angriff der Machtelite
❖ viel höherer persönlicher Einsatz der Mitglieder
❖ Terror wurde als bewusstes politisches Agitationsmittel genutzt
❖ junge (und überwiegend gebildete) Mitglieder
➢ 1933: Verbot der NSDAP durch Dollfuß → die NSDAP stärkte den Terror durch die Illegalität →
Höhepunkt: gescheiterter Putschversuch und Ermordung Dollfuß‘ im Juli 1934
➢ 1949: Gründung des VdU (Verband der Unabhängigen) u.a. im Interesse der SPÖ: das
bürgerliche Lager wurde dadurch gespalten → Wähler: ehemalige Nationalsozialisten und
Soldaten, vertriebene Volksdeutsche
❖ im ersten Programm: noch Propaganda für liberale Züge
❖ Programm 1954: deutsch-nationaler Jargon
➢ 1955/56: Gründung der FPÖ – Demokrat Friedrich Peter als Parteiobmann (bis 1978), war ein
hervorragender Parlamentier und liberal ausgerichtet
➢ 1970: Machtsicherung der Minderheitsregierung unter Kreisky durch die FPÖ
➢ FPÖ-Wähler in den 1970ern: v.a. Großdeutsche, antiklerikal, gebildet, aus der Mittelschicht,
Männlich

die Sozialdemokraten (SD) bzw. SDAP bzw. SPÖ:


➢ klassische Mitglieder Partei:
❖ enge Kooperation von Gewerkschaft und Partei
❖ antiklerikale, urbane Klassenpartei
➢ getragen von der Vision der Industrialisierung und der Modernisierung Österreichs
➢ verantwortlich für die Entstehung des Austromarxismus
➢ Vertreter: Viktor Adler
➢ die SD war von der Zusammensetzung her eine klassische Arbeiterpartei, dennoch hatte sie
durch Konsumvereine, Fabriken, … → den größten Kapitalbesitz
➢ je mehr die Partei wuchs, desto mehr konzentrierten sich die Mitglieder auf Wien
➢ Otto Bauer: war von 1918-1934 stellvertretender Parteivorsitzender
➢ 1934: Verbot der SDAP
➢ nach dem 2. WK: die Partei drängte zum Proporz – aber: Fachkräftemangel → SPÖ griff auf
ehemalige NSDAP-Mitglieder zurück
➢ SPÖ wollte forciertes Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung, staatliche Rahmenplanung
und den Ausbau des Sozial- und Interventionsstaates
➢ 1967: Kreisky wurde gegen Widerstand der Gewerkschaft und der Wiener Partei
Parteivorsitzender
➢ wie in der ÖVP hat es in der SPÖ eine Modernisierung gebraucht

nach dem 2. WK: klare Aufteilung in SPÖ und ÖVP, erst in den 1960ern bzw. 1970ern stieg der Anteil
der Wechselwähler und die Grünen und die FPÖ kamen dazu – davor: die Interessenstrukturen und
Weltanschauungen prägten die politische Lagerbildung
bis in die 1970er: die ökonomischen Lebenschancen wurden von den Parteien gesteuert: man war von
Geburt an bis zum Tod Teil eines Lagers – mit der Auflösung der Lager änderte sich dies

Zerfall der Monarchie: wird als Revolution dargestellt


• die Armee war mittlerweile schlecht ausgerüstet, verpflegt, geführt und wurde im 1. WK
zunichte gemacht → löste sich 1918 nach und nach auf
• ab November 1918: ein Volksausschuss oder Staatsrat führte die Regierungsgeschäfte – dabei
war die liberal-deutschnationale Gruppe stärker als die Sozialdemokraten (Wahlergebnisse
1911) → die Parteien blieben übrig, als die Monarchie zerfiel
• Oktober 1918: Erstellung der ersten Verfassung mit dem späteren Bundeskanzler Dr. Karl
Renner im Mittelpunkt
• November 1918: Abdankung des Kaisers → der Staatsrat und eine provisorische
Nationalversammlung entschieden sich für eine Republik → wurde am 12. November 1918
ausgerufen
• daraufhin: Demokratisierungsschub: z.B. Frauenwahlrecht, Ende des Zensuswahlrechts, …

Österreich empfand die Bedingungen des Vertrags von St. Germain nach dem 2. WK als Katastrophe,
v.a. den Verlust Südtirols
• 1921: Slowenen stimmten dafür, ein Teil Österreichs zu bleiben
• Österreich behielt Westungarn (späteres Burgenland)

soziale Revolution: steigendes Selbstbewusstsein der unteren Schichten → Zerfall der Hierarchien →
österreichische Revolution (Oktober 1918 - Oktober 1920) lässt sich in drei Phasen gliedern:
➢ politische Revolution: 1918-1919
➢ sozialrevolutionäre Phase: März bis Juli 1919; es kam zu Sozialgesetzen wie z.B. 8-Stunden-Tag,
Urlaubsgesetz, Arbeitslosenversicherung
➢ Abklingen der Revolution: bis Ende 1920; Erstarken der bürgerlichen Kraft

Scheitern der jungen Demokratie:


die Wirtschaftskrise nach dem 1. WK als größte Herausforderung für die junge Demokratie:
➢ Stagnierung von Industrie und Baugewerbe
➢ zerrissener Wirtschaftsraum: durch die Auflösung der Habsburgermonarchie wurde der lang
eingespielte Wirtschaftsraum zerstört → Strukturbruch mit weitreichenden Folgen
➢ hohe Arbeitslosigkeit
➢ 1922: Hyperinflation
→ Hilfe der Großmächte: Anleihe von 650 Mio. Goldkronen im Zuge der Genfer Sanierung → Ignaz
Seipel strebte nach einer wirtschaftlichen Sanierung Österreichs → hierzu: Erhöhung der Steuern,
Abbau von Beamten → 1925: Überschuss im Staatsbudget

nach 1922 bis 1929: langsame Erholung der österreichischen Wirtschaft, wobei gerade 1928 und 1929
sehr gute, optimistische Jahre waren

1930: durch den Banksektor ausgelöste Krise, nach dem 1929 die Boden-Kredit-Anstalt
zusammenbrach → Österreich traf die Weltwirtschaftskrise besonders hart, da es sich noch lange nicht
von der Krise nach der Umstellung 1918 erholt hatte

1929: Verfassungsreform
• die Proporz in den Bundesländern sicherte noch kurz den sozialen Frieden, bald aber kam es
zu höherer Gewaltbereitschaft zwischen den Lagern → beide bauten Selbstschutzverbände
auf: Schutzbund und Heimwehr, wobei diese jeweils stärker als das staatliche Bundesheer
waren
• außerdem: instabiles politisches System: zwischen 1918 und 1934 gab es 23 Regierungen →
Regierung verlor das staatliche Gewaltenmonopol
• zwischen 1928 und 1932: Heimwehr und republikanischer Schutzbund (sicherte die
sozialdemokratische Dominanz auf der Straße) waren entscheidende Konfliktgegner →
Militarisierung der Gesellschaft → Höhepunkt: Justizpalastbrand im Juni 1927
• auch ideologische Entgegenstellung zweier Lebensentwürfe: katholisch und
sozialdemokratisch
hartnäckige Krise → dauerte bis 1937 und bestand eigentlich aus drei Krisenherden:
➢ Agrarkrise: Preisverfall der Produkte
➢ Industriekrise: Rückgang der Produktion
➢ Kreditkrise: Zusammenbruch der Kreditanstalt 1931

→ Arbeitslosigkeit: vor der Krise wurden Zölle für eine liberale Handelspolitik abgeschafft → mussten
wieder eingeführt werden
aber insgesamt: autoritäre Lösung zur Bewältigung der Krise: man wollte Krisenmanagement möglich
machen, ohne auf das Parlament und die Gewerkschaft achten zu müssen → Versuch einer autoritären
Halbdiktatur von März 1933 bis Jänner 1934 → Neuverordnungen basierend auf dem
„Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetz“, das schon von 1918-1927 einige Male angewandt
wurde
neu: dieses Mal wurde Verfassungsbruch begangen: verfassungsändernde Gesetze wurden
durchgebracht:
➢ Abbau sozialer Lasten für Unternehmer: Aufhebung des Kollektivvertragsrechts, Kürzung des
Arbeitslosengelds
➢ Einschränkungen bürgerlicher Grundrechte: Vorzensur, Versammlungsverbot

Februar 1934: Bürgerkrieg in Österreich: Heimwehr und Schutzbund bekämpften einander → quasi
Vernichtung der Sozialdemokratie

Austrofaschismus:
1934: staatsrechtliches Ende der Republik Österreich zugunsten des „Ständestaats“

Unterschied zwischen autoritär und faschistisch:


➢ faschistischer Typus: ist dezidiert anti-konservativ
➢ Ständestaat: stützt sich auf konservative Kräfte (katholische Religion)
→ beider Ziel: Vollziehung einer klassenübergreifenden Integration in Form einer
Volksgemeinschaft
aber: einige Elemente des Austrofaschismus waren dem NS sehr ähnlich, z.B. Symbole (Kruckenkreuz),
Führerkult → emotionale Vorbereitung für die Herrschaft des NS in Österreich

• seit 1933: Hitler war in Deutschland an der Macht → seither kämpfte die österreichische
Regierung um ihre Unabhängigkeit
dabei: Italien unter Mussolini als Schutzmacht Österreichs gegen Deutschland
• 1936: Mussolini und Hitler verbündeten sich – bis hierher: (verbotene) Nationalsozialisten
kämpften aus dem Untergrund gegen den Ständestaat und wollten eine Vernichtung
Österreichs und einen Anschluss an die totalitäre Diktatur Deutschland
• in der NSDAP in Österreich: Planung eines Putsches, der am 25. Juli 1934 scheiterte –
Ermordung Dollfuß‘
• ab 1936: Österreich musste mit Deutschland klarkommen; Nationalsozialsten wurden aus
dem Gefängnis freigelassen und in die Vaterländische Front aufgenommen
• 1938: Anschluss

der Anschluss:
• 12. März 1938: Einmarsch Hitlers in Österreich → enthusiastischer Empfang, kaum Widerstand
aus dem Ausland → erklärte Österreich am nächsten Tag zu einem Teil Deutschlands → in
Österreich wurden die Frustrationen durch die Weltwirtschaftskrise und den Ständestaat zu
einem riesigen Hoffnungsausbruch
• 11. März: Seyß-Inquart wurde Chef des Innen- und Sicherheitsresorts (wobei sich
Bundespräsident Miklas zunächst weigerte, dies zu unterzeichnen)
• 13. März: Beschluss des Bundesverfassungsgesetzes über die Wiedervereinigung Österreichs
mit Deutschland durch den österreichischen Ministerrat → Österreich wurde staatsrechtlich
zu einem Land, das nur durch das Deutsche Reich tätig sein konnte: hatte einen
Reichstatthalter (Seyß-Inquart) und eine Landesregierung → Legitimation dessen durch eine
nachträgliche Volksbefragung am 10. April 1938
• diese Abstimmung: wurde extrem genau geplant, alle Medien spielten mit → Dr. Karl Renner
und Kardinal Innitzer waren öffentlich für den Anschluss, am Ende waren es 99,6% für den
Anschluss
• Mai 1938: Hitler ernannte sieben österreichische Gauleiter → bis September 1939 verschwand
Österreich komplett und wurde als Reichsgau in das Deutsche Reich eingegliedert

Österreich unter dem NS:


• messbare Modernisierungsschübe durch den NS, wobei Österreich als Experimentierfeld für
eine neue NS-Politik diente → Strukturverbesserungen, Wirtschaftsboom; Industrie (v.a.
Rüstungsindustrie) als Träger des Aufschwungs → Bezahlung der Modernisierung durch
zahlreiche Zwangsarbeiter (Rückkehr zur Sklavenarbeit)
aber: öffentliche Wahrnehmung: es wurde hauptsächlich die Beseitigung der Arbeitslosigkeit
gesehen
• keine wirklich geplante Herrschaft im monokratischen Führerstaat, sondern: chaotische
Entscheidungsstruktur
• Machtausübung durch eine Propaganda, die alle Medien nutzten, durch dicht gesetzte
Kulthandlungen, progressive Sozialpolitik, die Schaffung von Sündenböcken und Feindbildern
und durch Terror
• Österreich galt als sicheres Gebiet → viele deutsche Betriebe veranlagten und investierten hier
→ weiterer Industrialisierungsschub während der letzten Phase des Krieges
• Weiterentwicklung des Organisierten Kapitalismus: strenge Regulierung des Markts durch den
Staat, der insgesamt einen großen Einfluss auf die Wirtschaft hatte
man versuchte, die Lebensstandards zu heben, um die Arbeiter ruhigzustellen
→ die nationalsozialistische Mobilisierung erreichte jeden Aspekt des Lebens
• Fixierung auf Fortschritt, Betonung der Leistungsgesellschaft → Ausschließen von weniger
leistungsfähigen Menschen
• Hitlerjugend und Bund Deutscher Mädchen: Jugendbewegungen, die „freiwillig“ waren; die
Wehrmacht zog 1,2 Mio. Männer ein
• brüchiges Frauenbild: Verherrlichung der Mutterschaft vs. Nutzen der Frauen zur
Erwerbstätigkeit aufgrund der Abwesenheit der Männer → Emanzipation bzw. relative
Unabhängigkeit der Frauen
• Folge des inhärenten Antiklerikalismus: Säkularisierungsschub, der NS zwang der Kirche einen
Modernisierungsprozess auf: z.B. Verstaatlichung der Eheschließung; trotzdem blieb die
österreichische Volkskultur katholisch
• 1938: Kirchenkampf: katholische Zeitungen wurden verboten, katholische Schulen aufgelöst;
dennoch: insgesamt stützte die Kirche den NS, da sie ihn als Obrigkeit anerkannte und man
dem Römerbrief zufolge auch ungerechter Obrigkeit folgen musste → außerdem: Kampf
gegen den Bolschewismus vereinigte Kirche und NS

Polykratiethese als eine Politische Theorie: sie sieht die Macht des NS-Regimes auf Wirtschat, Partei
und Wehrmacht gestützt → fraglich: Ist auch die staatliche Verwaltung ein eigener Herrschaftsträger
gewesen?
Holocaust:
Antisemitismus war in der österreichischen Volkskultur stark verwurzelt
• während der NS-Zeit: auch ein Teil der Bevölkerung profitierte stark von der Vertreibung der
Juden; die stufenweise Radikalisierung der Maßnahmen gegen Juden erleichterte das
Wegblicken: Juden wurden sukzessiv dehumanisiert und derealisiert
• Durchführung von Arisierungen → Juden wurden mit Hilfe der Zentralstelle für jüdische
Auswanderung zur Emigration gezwungen → Ghettoisierung → ab 1941: Deportation in den
Osten
• tief verwurzelte Vorurteile auch gegen Roma und Sinti → wurden durch die stufenweise
Radikalisierung ausgenutzt
• zunächst: Widerstand der Kirche v.a. bezüglich der systematischen Ermordung von
Geisteskranken und „Euthanasie“ kranker Kinder → wurde im Verborgenen weiter
durchgeführt
• Widerstand auf unterschiedlichsten Ebenen, allerdings: keine breite nationale
Widerstandsbewegung: die NS-Herrschaft war für die meisten Österreicher legal und auch
legitim
• Widerstandsforschung nach Gerhard Botz: drei Formen von Widerstand:
➢ politischer Widerstand
➢ sozialer Widerstand
➢ abweichendes Verhalten
→ die Kommunisten zeigten große Risiko- und Opferbereitschaft und leitsteten damit den
opfervollsten Widerstand; generell gab es Widerstand eher unter den Arbeiten und
Intellektuellen und weniger unter Bauern und Angestellten
erfolgreichste Form des Widerstands: Partisanenkampf

1940: Hitler und die Wehrmacht standen am Höhepunkt der Macht, wobei die Wehrmacht immer
mehr von der NSDAP beeinflusst wurde → Grundlage der geistigen Führung des Heeres:
Weltanschauung der Nationalsozialisten
1942/43: die NSDAP verlor immer weiter an Reputation, ab 1943 kam es zu Luftangriffen

ab 1944 organisierten sich verschiedene Gruppen lose durch die Widerstandskoordinationsstelle O5 –


diese: nahm Kontakt zu den Alliierten auf

1945: Kriegsende und damit: Rückkehr zur Republik


Dirk Hänisch
Wahlentwicklung und Wahlverhalten in der Ersten Republik
1995
Beschreibung von (zum Zeitpunkt der Publikation) neuen empirischen Ergebnissen über die soziale
Wählerbasis der österreichischen Parteien und das Wahlverhalten in der ersten Republik (1918-
1933/43)

1919-1930:
• die christlich-Sozialen (CS) und die deutsch-Nationalen (DN) sprachen fast die Hälfte der
Wahlberechtigten an, die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDP) mindestens ein Drittel
• hohe Wahlbeteiligung als österreichisches Spezifikum
• beträchtliche Unterscheide zwischen den Bundesländern, z.B. war Wien immer mehrheitlich
sozialistisch
• bis 1930: stabiles Wahlverhalten
• vor 1932: NSDAP als Randerscheinung; hatte 1931 Zuwachs in Klagenfurt und Salzburg
bekommen, während die DN Wähler verloren und allgemein der Nichtwähleranteil stieg
• Durchbruch der NSDAP: Landtagswahlen 1932 in Wien (17%), Niederösterreich, Salzburg und
Vorarlberg → fast komplettes Verschwinden des Heimatblocks und der Großdeutschen
Volkspartei
• 1993: 41% für die NSDAP bei der Gemeinderatswahl in Innsbruck – liegt wahrscheinlich daran,
dass in Deutschland kurz zuvor Hitler gewählt wurde
• Frauen wählten seltener als Männer → v.a. das katholisch-konservative Lager
• hohes Maß an Konformitätsdruck wegen der geringen Urbanisierung in Österreich → je kleiner
ein Ort, desto mehr katholisch-konservative Wahlen; ab 5000 Einwohnern: hauptsächlich SDP;
bäuerliche Wahlbeteiligte wurden schwerer von den Nationalsozialisten mobilisiert;
Mittelschicht als Hauptträger der NS
Eric Hobsbawm Das Zeitalter der Extreme 1995
Hobsbawm spricht vom „kurzen 20. Jh.“ (1914-1991) = Zeitalter zwischen Ausbruch des 1. WK und dem
Ende der UdSSR → bildet eine kohärente historische Periode
Hobsbawm sieht den Kommunismus und den Kapitalismus als sich gegenseitig ausschließende
Alternativen → binäres Gegensatzpaar der modernen Industriegesellschaft

kurzes 20. Jh. als Triptychon:


1. 1914-1949: Beginn bis Ende der Nachwirkungen der Kriege – Hobsbawm: sieht diese Zeit als
gemeinsames Zeitalter der Katastrophe und meint, eine temporäre Allianz von Kommunismus
und Kapitalismus in der Rettung der Demokratie und der Niederschlagung des NS-Regimes zu
sehen: konnte nur durch die Rote Armee besiegt werden → Beziehung zwischen
Kommunismus und Kapitalismus als Dreh- und Angelpunkt im 20. Jh.
2. Wirtschaftsaufschwung und soziale Transformation → goldenes Zeitalter – erstmalige
Entstehung einer gemeinsamen, zunehmend integrativ und universal operierenden
Weltwirtschaft, die transnational und über die Grenzen von Staatsideologien hinweg handelte
3. ab den frühen 1970ern: Verfall, Unsicherheit, Krisen in den meisten Gebieten der
(kapitalistischen) Welt → Massenarbeitslosigkeit, hohe Staatsausgaben, begrenzte
Staatseinnahmen, Konjunkturkrisen

1. Entwicklungen von 1914 bis 1991:


➢ weltweites enormes Bevölkerungswachstum: 2 Mia. → 6 Mia. Menschen
➢ Massensterben: ca. 187 Mio. Menschen sind an keinem natürlichen Tod gestorben
➢ früher: größeres Reichtum der Welt an Gütern und Dienstleistungen – dabei: Ungerechtigkeit
hatte gegen Ende des kurzen 20. Jahrhunderts wieder die Überhand bekommen
➢ bessere Ausbildung
➢ Revolution im Transport- und Kommunikationswesen
➢ die Welt war nicht mehr eurozentriert: Niedergang Europas → Etablierung der USA als neue
Weltmacht
➢ Globalisierung: die Welt wurde zu einer Funktionseinheit; McLuhan in den 1960ern: „globales
Dorf“
➢ Auflösung alter Sozial- und Beziehungsstrukturen → Stärkung des Individualismus

der Erste Weltkrieg:


Beschreibung von Karl Kraus in „Die letzten Tage der Menschheit“:
• 1914 hatte es seit 100 Jahren keinen großen Krieg mehr gegeben → 1. WK verwickelte alle
Großmächte und fast alle europäischen Staaten (außer Spanien, Niederlande, Schweiz und
Skandinavien) in sich
• Beginn als europäischer Krieg mit der Dreierallianz (Frankreich, Großbritannien, Russland)
gegen die Mittelmächte (Deutschland, Österreich); später: Dreierallianz (+ Serbien, Belgien,
Italien, Griechenland, Rumänien, Portugal, USA) gegen die Mittelmächte (+ Türkei, Bulgarien,
Japan)
• Deutschland: plante einen Blitzgriff mit Angriff Frankreichs im Westen und Russlands im Osten
→ wurde im Westen zu einem langen Stellungskrieg → ging als „Großer Krieg“ in die
Geschichte Großbritanniens und Frankreichs ein: beide Seiten verwendeten neueste
Technologie: Großbritannien mit gepanzerten Raupenfahrzeugen (tanks) und Deutschland mit
Giftgas und Flugschiffen; außerdem: beide hatten Flugzeuge, Unterseeboote → Deutschland
war bis 1917 (als die USA überzeugt wurden, in den Krieg einzutreten) militärisch überlegen
• 1. WK als Nullsummenspiel: ein Krieg, der für beide Seiten nur ein totaler Sieg bzw. eine totale
Niederlage sein konnte
• der Krieg hatte im Gegensatz zu früheren Zielen unbegrenzte Ziele, nach dem im imperialen
Zeitalter Politik und Wirtschaft verschmolzen waren und die Grenzen der
Wirtschaftsunternehmen nicht an den Staatsgrenzen lag, sondern dort, wo ihre (auch
finanzielle) Expansionsfähigkeit endete
➢ Großbritannien: sah sich schon im Abstieg → wollte verhindern, durch eine
Vormachtstellung Deutschlands in eine weiter untergeordnete Rolle gedrängt zu werden
➢ Frankreich: seine Zukunft als Großmacht stand auf dem Spiel
→ nur der totale Sieg (bedingungslose Kapitulation des Gegners) war das Kriegsziel → absurd,
selbstzerstörerisch, trieb die Sieger in den Bankrott und die Besiegten in die Revolution

Ziele des Friedensvertrags von Versailles im Juni 1919:


➢ Stabilität nach dem Zusammenbruch so vieler europäischen Regime und der
bolschewistischen Revolution in Russland
➢ Kontrolle Deutschlands
➢ Neuaufteilung der europäischen Landkarte – Grundprinzipien hierbei: ethisch und linguistisch
begründete Nationalstaaten → sollte zu weniger Konflikten führen → funktionierte nicht: es
folgten zahlreiche Nationalitätenkonflikte
➢ Stabilisierung der Innenpolitik der Siegermächte und Ausräumung von Konflikten zwischen
Großbritannien, Frankreich und den USA
➢ Formulierung eines Friedensvertrags
zum Schutz Europas vor dem drohenden Einfluss der UdSSR: neu gegründete Staaten bildeten einen
„Quarantänegürtel“ aus antikommunistischen Staaten rund um die UdSSR

Ergebnisse des Friedensvertrags von Versailles:


➢ Reduzierung von Österreich und Ungarn zu Rumpfstaaten
➢ Bildung Jugoslawiens durch den Zusammenschluss von Slowenien, Montenegro und Kroatien
➢ Bildung der Tschechoslowakei
➢ Kriegsschuld-Klausel: Erklärung Deutschlands zum Alleinverursacher des Krieges → Marine
und Luftwaffe wurden ihm weggenommen + Verpflichtung zu hohen Reparationszahlungen
➢ Gründung des Völkerbunds → gelang nicht; die USA weigerten sich, beizutreten
→ USA traten schnell wieder aus diesem Vertrag aus → = einer der Gründe, warum dieser keine Basis
für dauerhaften Frieden darstellen konnte

die Zwischenkriegszeit:
• USA als Epizentrum der Krise, die sich nach dem 1. WK weltweit ausbreitete
• Postulierung vom russischen Ökonom Kondratjew: Entwicklungsmuster aus einer Reihe von
„langen Wellen“, die jeweils zwischen 50 und 60 Jahren dauern
• Weltwirtschaft seit der industriellen Revolution: immer schnellerer technologischer Fortschritt,
ständiges (aber ungleiches) Wirtschaftswachstum, zunehmende Globalisierung – ABER: in der
Zwischenkriegszeit: stagnierte bzw. rückläufige Globalisierung:
➢ Schwund von privaten Ersparnissen
➢ Unternehmer hatten kein Betriebskapital
➢ die deutsche Wirtschaft stützte sich in den Folgejahren stark auf Auslandsanleihen
→ Inflation → diese machte Europa reif für den Faschismus
New Yorker Börsenkrach am 29. Oktober 1929 als Anfang vom Ende der kapitalistischen Weltwirtschaft:
➢ Industrieproduktionen der USA und Deutschlands: fielen jeweils zwischen 1929 und 1932 um
ein Drittel; auch die Nahrungsmittel- und Rohstoffproduktion fiel
➢ hohe Arbeitslosigkeit: 44% der Deutschen und 29% der Österreicher waren zum Höhepunkt
arbeitslos → dürftige staatliche Vorsorge, keine Arbeitslosenversicherung → dies konnte erst
1933 durch Nazi-Deutschland überwunden werden
➢ Zerstörung des Liberalismus durch die Weltwirtschaftskrise für 50 Jahre
➢ 1931/32: Abschaffung des Goldstandards (war bisher die Basis einen stabilen Wechselkurs
gewesen) in Großbritannien, Kanada, Skandinavien und den USA und Abschaffung des
Freihandels in Großbritannien
➢ die UdSSR: blieb immun gegen die Weltwirtschaftskrise und hatte keine höhere
Arbeitslosigkeit zu verzeichnen

Keynesianismus: meinte, dass Vollbeschäftigung (= Schlüsselwort nach dem Krieg) durch einen starken,
lenkenden Staat erreicht werden konnte – das Einkommen einer vollbeschäftigten Arbeiterschaft
würde auch mehr Nachfrage mit sich bringen → hätte einen stimulierenden Effekt auf die
darniederliegende Wirtschaft
nach dem Krieg: man hatte verstanden, dass Massenarbeitslosigkeit quasi politischer und sozialer
Sprengstoff war → man einigte sich europaweit auf das Errichten moderner Wohlfahrtssysteme

USA: waren weltweit die größte Volkswirtschaft (1929: 42% Anteil an der Weltproduktion), der größte
Gläubiger, der größte Exporteur und nach Großbritannien auch der größte Importeur → ihre Krise
wirkte sich enorm auf die restliche Welt aus:
➢ Exporte und Importe fielen zwischen 1929 und 1932 um 70%

steigendes Ungleichgewicht zwischen den USA und dem Rest der Welt: USA: Blütezeit →
Überproduktion: zu schwacher Konsum/Nachfrage → konnte nicht mit den Gütern mithalten →
Nachfrage sollte durch einfache Verbraucherkredite gesteigert werden → machte die Situation nach
Einbruch der Krise noch schlimmer, z.B.: Automobilproduktion in den USA halbierte sich zwischen 1929
und 1931 → kurzer Aufschwung → 1937/38: erneute Krise

aber auch die wirtschaftliche Situation in Deutschland war ausschlaggebend für den Krieg gewesen:
nach Keynes hätte sich die deutsche Wirtschaft erholen sollen, was aber aufgrund der
Reparationszahlungen und der Kriegsschuldklausel nicht möglich gewesen war → Deutschland wurde
nach dem 1. WK schwach gehalten

Deutschland und Japan: Machtübernahme der radikal Rechten, die Linke hatte Niederlagen zu
verzeichnen → in Deutschland verschwanden die Kommunisten und die Sozialdemokratische Partei
Deutschlands, in Österreich die Sozialdemokratie

Großbritannien: die Labour Party hatte sich 1931 schon aufgrund der Krise aufgelöst

USA: wandten sich nach links → experimentierten unter Roosevelt mit dem radikalen New Deal

Lateinamerika: nach und nach kippten nach der Krise alle Regierungen und Regimes → auch in
kolonialisierten Gebieten der Welt zeigten sich die Auswirkungen der Krise

nach der Krise: der altmodische Liberalismus war ausgelöscht worden, es gab drei Optionen für das
folgende Wirtschaftssysstem:
➢ marxistischer Kommunismus
➢ Kapitalismus mit moderater Sozialdemokratie
➢ Faschismus
Faschismus in Deutschland: konnte die Krise schnell überwinden → Kollaps der Werte und
Institutionen der liberalen Zivilisation: z.B. verloren Vernunft, öffentlicher Diskurs, Erziehung und
Wissenschaft an Bedeutung

dennoch: nach dem 1. WK gab es in ganz Europa ca. 35 gewählte, repräsentativ parlamentarische
Regierungen → liberale politische Institutionen, die ab 1922 nach Mussolinis Marsch auf Rom
zunehmend abgebaut wurden: 1938 gab es noch 17 Staaten mit gewählten Regierungen, 1944 waren
es zwölf
→ die liberal-demokratischen Regierungen wurden durch drei Gruppen bedrängt:
➢ altmodische Autoritäre und Konservative, z.B. General Franco in Spanien
➢ Verfechter des organischen Staatsideals, die eine konservative Regierungsform wollten und
einer nostalgischen Ideologie nachhingen, z.B. Austrofaschismus in Österreich
➢ wirkliche Faschisten, z.B. Mussolini in Italien, die Pfeilkreuzler in Ungarn, die Eiserne Garde in
Rumänien

Faschismus existierte, weil er die Massen von unten mobilisierte: die Mittelschicht war der Mittelpunkt
und das Rückgrat des faschistischen Aufstiegs
dabei: nach der Niederlage der Sozialdemokraten in Österreich 1934 wechselten einige Arbeiter zum
NS, aber v.a. auch junge Leute der Mittelschicht und ehemalige Offiziere fühlten sich vom NS
angezogen

Aufstieg der radikalen Rechten sicherlich als eine Antwort auf die Gefahr der linken Revolution (wie es
z.B. unter Lenin passiert war), aber sie war auch von Bewegungen der organisierten Arbeiterklasse
(bedrohten die bestehende Gesellschaftsordnung) beeinflusst gewesen → Lenin war eher ein Symbol;
die eigentliche Bedrohung lag in der wachsenden Macht, Selbstsicherheit und Radikalität der
Arbeiterklasse
weiters waren der alte Staat (mit funktionsunfähigen Mechanismen); die Masse von desillusionierten,
desorientierten und unzufriedenen Bürgern; und der nationale Widerstand gegen die Friedensverträge
von 1918-1920 gute Voraussetzungen für den Aufstieg

europäischer Faschismus: wirkte sich auf Lateinamerika aus: dort kamen einige ähnliche Regime, z.B.
Argentinien unter Peron, an die Macht → Lateinamerika erlebte in den 1930ern einen Anti-Yankee-
Anti-Imperialismus und nahm sich kein Beispiel am Norden → v.a. Übernehmen des faschistischen
Führerkults

falsch: Gleichsetzung von Nationalismus und Faschismus: übliche internationalistische Haltung im


deutschen Faschismus: Deutschland wurde als Kernstaat und einziger Garant für eine zukünftige
europäische Ordnung gesehen → faschistische Bewegungen hatten Auswirkungen auf den
Nationalismus, dennoch hat nicht jeder Nationalismus automatisch mit dem Faschismus sympathisiert!

der Zweite Weltkrieg:


auch dieser Krieg betraf die ganze Welt (außer Irland, Spanien, Portugal und die Schweiz

Vorgeschichte:
• die Lage in Europa war nach dem 1. WK sehr instabil
• nicht nur in den besiegten Staaten, sondern auch in Japan und Italien herrschte
Unzufriedenheit → 1931: Invasion in der Mandschurei durch Japan; 1935: Invasion in
Äthiopien durch Italien
• Deutschland: Hitler kam an die Macht und schloss 1938 Österreich an Deutschland an,
dennoch kam aus dem Ausland keine Reaktion darauf.
Ablauf des Kriegs:
➢ Kriegsbeginn: als Hitler 1939 in Polen einmarschierte
➢ Frühjahr 1940: Deutschland fiel in Norwegen, Dänemark, Belgien, Frankreich und den
Niederlanden ein → Frankreich wurde in besetzten Staat und einen französischen
Satellitenstaat (Hauptstadt: Vichy) aufgeteilt
➢ Italien kam auf Deutschlands Seite
➢ Juni 1941: Hitler marschierte in die UdSSR ein → dadurch: Deutschland führte einen
Zweifrontenkrieg, der eigentlich kriegsentscheidend sein sollte
aber: der Krieg an der Ostfront dauerte länger als Hitler erwartet hatte, außerdem war
Deutschland dafür nicht ausreichend ausgerüstet
➢ Niederlage der deutschen Armee bei Stalingrad → die UdSSR begann den Vormarsch →
Deutschland stand unter großem Druck
➢ trotzdem: Hitler erklärte den USA den Krieg, während diese Japan (Verbündete Deutschlands)
unter Druck setzten
➢ Dezember 1941: Angriff auf Pearl Harbour durch Japan
➢ 1944: Auftreten der Alliierten mit aller Macht
➢ 1945: zwei Atombomben der USA wurden über Japan abgeworfen

→ im Endeffekt: der Entschluss Deutschlands, in Russland einzufallen und der USA den Krieg zu
erklären, war entscheidend; trotzdem gab es Widerstand seitens Deutschlands bis zum Ende und
außerdem keinen Aufstand gegen Hitler → der 2. WK wurde sogar mehr als der 1. WK von beiden
Seiten aus kompromisslos durchgefochten: Nullsummenspiel bis zum endgültigen Sieg bzw. bis zur
endgültigen Niederlage

Krieg der Ideologien mit wahrscheinlich drei bis vier Mal so vielen Todesopfern wie der 1. WK mit sich
brachte

• vor dem 20. Jh.: Kriege, die die gesamte Welt betrafen, waren die Ausnahme; seit 1914
hingegen waren alle Kriege Massenkriege → dieser erforderten Massenproduktion → dies
erforderte Management und Organisation → totaler Krieg als größtes, bewusst organisiertes
und gemanagtes Unternehmen
• in beiden Weltkriegen: wachsende Brutalität und Unmenschlichkeit durch:
➢ die Unpersönlichkeit durch neue Technologien, z.B. Bombenabwürfe aus Flugzeugen,
Giftgas
➢ die Demokratisierung des Krieges: die Kriege wurden nicht mehr von ausgebildeten
Berufskämpfern und Spezialisten, sondern von normalen Bürgern geführt
• im 2. WK wurden 20% der arbeitenden Bevölkerung eingezogen
• „Materialschlacht“: durch den Krieg wurden bisher unvorstellbare Gütermengen verbraucht
• zur Finanzierung des Krieges: die Regierungen der Staaten mussten stark in die gesamte
Wirtschaft eingreifen; wobei nur die UdSSR und Deutschland zu Beginn des Krieges schon
Kontrollmechanismen für die Wirtschaft etablierten
• der Krieg revolutionierte Management, Technologie und Produktion

Beeinflussung der Wirtschaft durch den Krieg:


• Europa: großer Verlust von und durch Produktionsmittel
• USA: Wirtschaftswachstum → US-Wirtschaft erreichte nach dem 2. WK eine globale
Vormachtstellung

Mai 1945: 40,5 Mio. entwurzelte Menschen in Europa


die dritte Welt:
➢ Erste Welt: kapitalistische Industriestaaten
➢ Zweite Welt: kommunistische Staaten
➢ Dritte Welt: arme Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas – steht in Kontrast zur Ersten und
Zweiten Welt

die Landkarte veränderte sich durch Dekolonialisierung und Revolution:


• Asien: die Zahl der unabhängigen Staaten verfünffachte sich
• Afrika: aus einem Staat wurden 50

Bevölkerungsexplosion in den armen Ländern → Besorgnis zum ersten Mal seit Beginn des „Goldenen
Zeitalters“: die Sterblichkeitsrate sank seit den 1940ern, während die Geburtenrate weiterhin hoch
war → man ging von einer kommenden „demographischen Transition“ (Stabilisierung der Bevölkerung
durch niedrige Geburten- und Sterblichkeitsraten) in der Dritten Welt aus

politische Systeme:
die meisten der ehemaligen Kolonien übernahmen die politischen Systeme ihrer ehemaligen
Kolonialherren
➢ die Mehrheit: wurde zu parlamentarischen Republiken mit Mehrparteiensystem
➢ Neigung zu Militärregimen bei allen Staaten der Dritten Welt – unabhängig von ihren
konstitutionellen und politischen Bindungen → kaum eine afrikanische Republik hat seit 1945
nicht zumindest eine Episode mit Militärregime durchlaufen

Militärputschpolitik als Ergebnis des neuen Zeitalters mit so vielen unsicheren bzw. illegitimen
Regierungen; auch in Europa gab es eine Militärjunta, die mit Unterstützung der USA 1967 in
Griechenland etabliert wurde
alle afrikanischen Länder wollten Unabhängigkeit und Entwicklung → man wollte (geprägt durch den
Nationalismus und Antiimperialismus) eine Politik, die nicht mehr von alten Imperien abhängig war →
Durchsetzung einiger Reformen, z.B. Verstaatlichung der Förderung von Bodenschätzen, Erdöl,
umfassende Landreformen

Fortentwicklung (egal ob staatlich kontrolliert oder nicht) war zwar ein wichtiges Ziel der Mehrheit der
Bewohner der Dritten Welt, jedoch nicht das wichtigste, da die meisten durch Eigenanbau lebten –
dennoch gab es großes Interesse an einer Verbesserung, was sich v.a. an der Massenimmigration aus
Dörfern in die Städte, weil die Kinder dort eine höhere Bildungschance hatten, zeigte

1970er: die Welt war keine Einheit mehr – Unterschiede lagen in den wirtschaftlichen Entwicklungen
der einzelnen Staaten
Entstehung einer neuen Kategorie: sich schneller entwickelnde ehemals Dritte-Welt-Länder: Newly
Industrialised Countries (NIC)
neue internationale Arbeitsteilung → Abwanderung von Produktion aus den Industriewirtschaften in
andere Weltregionen → Entstehung einer wiederum neuen Kategorie: Entwicklungsländer, die nicht
nur arm, sondern auch rückständig waren
→ Touristenströme kamen aus den reichen in die armen Länder, während Ströme von
Arbeitsmigranten versuchten, aus den armen in die reichen Länder zu kommen

real existierender Sozialismus:


der Kommunismus (Gegenkonzept zum Kapitalismus) setzte sich weltweit durch: auf dem Gebiet der
UdSSR (ging bis nach Europa), in Teilen Koreas (1945), in China (1949), in Vietnam, Laos und
Kambodscha (1945-1975), in Kuba (1959) und in Teilen Afrikas (1970er) → für diese Teile der Welt
wurde der Begriff „real existierender Sozialismus“ geprägt – bildeten ein in sich geschlossenes
Subuniversum:
➢ kaum Beziehungen zur kapitalistischen Weltwirtschaft
➢ Menschen bewegten sich kaum zwischen der Ersten und Zweiten Welt
→ Selbstabschließung, die in den 1970ern und 1980ern begann, Risse zu bekommen

zuvor:
Kommunismus als Programm für die Transformation von rückständigen zu fortschrittlichen Ländern:
Konzentration auf ein extrem schnelles Wirtschaftswachstum durch zentralisierte staatliche
Wirtschaftsplanung → funktionierte v.a. in der UdSSR sehr gut:
• die Weltwirtschaftskrise 1929 ging spurlos vorüber
• gutes Wirtschaftswachstum in den Folgejahren
→ durch die Kommandoindustrialisierung wurde die UdSSR in wenigen Jahren in eine bedeutende
Industrienation verwandelt – aber: dies passierte nur durch die Ausbeutung der Bauernschaft →
Agrarpolitik der UdSSR als Fehlschlag

auch die anderen kommunistischen Staaten, die nach dem 2. WK entstanden, wurden (wie die UdSSR)
durch kommunistische Parteien kontrolliert oder zumindest nach stalinistischem Stil modelliert:
➢ politisches Einparteiensystem mit stark zentralisierten Autoritätsstrukturen
➢ zentral staatlich gesteuerte Wirtschaft
➢ stark profilierte oberste Führungsfigur

nach dem 2. WK wurde die ganze Dritte Welt zu einem ständigen Kriegsgebiet, die Erste und Zweite
Welt hatten die längste Friedenszeit seit dem 19. Jh. vor sich

afrikanische Dekolonialisierung → hauptsächlich Führer, die gut gegenüber der UdSSR gestimmt waren,
kamen an die Macht → unterschiedlichste Hilfeleistungen, z.B. unterstützte Moskau Ghanas, Guineas,
Malis und Belgisch Kongos neue Regimes finanziell und technisch

Kuba: Erfolg der Guerillastrategie, die von Fidel Castro und Che Guevara durchgeführt wurde – Fidel
siegte v.a. deshalb, weil das Batista-Regime wackelig war → Sieg der Rebellenarmee: die meisten
Kubaner sahen dies als Befreiung und Beginn unendlich vieler Möglichkeiten
Fidel etc. waren zwar radikal, aber auf keinen Fall Kommunisten – trotzdem verbündeten sie sich mit
der UdSSR, um einen Verbündeten zu haben, wenn sie sich die USA zum Feind machen würden
1961: die USA wollten einen Umsturz in Kuba → versuchte Invasion in der Schweinebucht → durch
das Scheitern war den USA klar, dass Lateinamerika nicht länger in ihrer Macht lag → auf dem ganzen
Kontinent begannen junge Menschen Guerillakämpfe im Namen von Fidel, Trotzki oder Mao Tse-tung;
z.B.: FARC: offiziell kommunistische Streitkräfte der kolumbianischen Revolution

zudem in den 1960ern: in Südamerika kamen eine Welle rechter Militärregimes an die Macht, z.B.
Perón in Argentinien, Pinochet in Chile

1968 und Revolutionen der 1970er:


1968/69: Welle der Revolution in allen drei Welten durch die Studenten: sie waren leicht zu
konzentrieren, da sie sich hauptsächlich in den Hauptstädten befanden → auch besonders sichtbar,
sie konnten außerdem nicht leicht niedergeschlagen werden, da sie gebildeten Schichten mit guten
Netzwerken angehörten
Studentenaufstände im Westen: waren allerdings eher eine Kulturrevolution und Ablehnung dessen,
was die Werte der älteren Generation der Mittelklasse in der Gesellschaft verkörperte
Revolutionen der 1970er: fast nur in der Dritten Welt – außer: Portugal, wo 1974 das langlebigste
rechte Regime der Welt gestürzt wurde → Unabhängigkeit der portugiesischen Kolonien →
Kettenreaktion in Afrika:
• Äthiopien: Sturz des Kaisers und Ersatz dieses durch eine extrem linke Militärjunta
• Südafrika: mit Hilfe von Massengewerkschaftsbewegungen entstand eine kommunistische
Partei (Afrikanischer Nationalkongress)
• Vietnam, Laos und Kambodscha: standen nach dem Rückzug der USA unter der UdSSR
• Nicaragua und El Salvador: auch hier gab es Revolutionen
→ all diese Bewegungen sah die amerikanische Regierung als Teil der weltweiten Offensive der
UdSSR (mittlerweile Supermacht)

Merkmale der Revolutionen des späten 20. Jahrhunderts:


➢ Atrophie der etablierten Revolutionstraditionen
➢ Wiedererweckung der Massen, die nun sehr wichtig waren

es kam international zu immer mehr terroristischen und politischen Attentaten


Tony Judt Geschichte Europas von 1945 bis zur Gegenwart 2005
1978: Karol Wojtyla wurde als Johannes Paul I. zum Papst gewählt → riet den Katholiken in Polen und
generell in Osteuropa vom Marxismus ab → die Kommunisten begriffen, dass dies destabilisierend
wirken würde
1978 war Polen schon am Rande eines Aufruhrs: Arbeiteraufstände, steigende Lebensmittelpreise, …

1979: Erstellung einer Charta der Arbeitsrechte: Forderung von selbstständigen, parteiunabhängigen
Gewerkschaften und eines Streitrechts
→ Solidarnosc als führende Gewerkschaft: hatte 1980 um die 10 Mio. Mitgliedern und wurde damit
zur ersten offiziell eingetragenen Gewerkschaft in einem kommunistischen Land

1981: in Polen wurde das Kriegsrecht verhängt → Anführer der Solidarnosc wurden (durch die
Regierung) inhaftiert → Verschlechterung des West-Ost-Verhältnisses (das nach dem Helsinki-
Abkommen von 1973 eigentlich positiv gewesen war)

außerdem: Invasion der UdSSR in Afghanistan 1979 (später: Katastrophe für die UdSSR) → erneute
Verschlechterung des West-Ost-Verhältnisses (zwischen den USA und der UdSSR) → die USA brachten
sich erneut in Stellung und wollte militärische Ausrüstung in Deutschland lagern
30-40% des Budgets der UdSSR flossen in militärische Ausgaben (4-5 Mal so viel wie die USA
investierten) → dennoch: 10-jähriger Abnutzungskrieg (1979-1989) in den afghanischen Bergen →
Verluste von Menschen und Material, internationale Blamage

1985: Michail Sergejewitsch Gorbatschow wurde Generalsekretär der KPdSU und hatte und weckte
zwar viel Hoffnung, konzentrierte sich aber in erster Linie auf den Kommunismus und erst in zweiter
auf eine Reform – die sowjetische Wirtschaft war erschöpft, ständiger Anstieg des Auslandsschulden,
sinkende Produktion → Lösung: Ermöglichung einer Dezentralisierung bei Entscheidungsprozessen

Voraussetzung für ernst gemeinte Wirtschaftsformen ist eine Lockerung oder Aufhebung von Kontrolle
– der Kommunismus hingegen beruht auf Kontrolle von Wirtschaft, Wissen, Meinungen, … → für eine
Reform der Wirtschaft musste sich die Partei zuerst selbst reformieren → Glasnost: offizielle
Ermunterung zu öffentlichen Diskussionen über sorgfältig ausgewählte Themen

die Bevölkerung war v.a. auch mit der ökologischen Ausbeutung unzufrieden (nachdem Tschernobyl
1986 nicht die erste Umweltkatastrophe gewesen war) → veränderte Stimmung im Volk → ein
weiterer Grund dafür, dass Gorbatschow 1986 etwas änderte:
➢ Aufhebung des Hausarrests von Sacharow (populärer Dissident)
➢ Entlassung zahlreicher politischer Gefangener aus der Haft
➢ Lockerung der Zensur
→ Entstehung zahlreicher informeller Organisationen, z.B. der Club „Perestroika“ in Moskau

ab 1986: Gorbatschow und Reagan kamen bei fünf Treffen zusammen

1988: Gorbatschow wurde in den ersten freien Wahlen der UdSSR seit 1918 zum Staatsoberhaupt
gewählt, er war bei der Bevölkerung sehr beliebt – das Ergebnis war zwar weitgehend vorgegeben,
dennoch zählten zum Kongress viele unkritische und kritische Stimmen → das Machtmonopol der
Kommunisten zerfiel nach und nach
Auflösung der Breschnew-Doktrin (erlaubte seit 1968 den Eingriff, wenn des Sozialismus in einem der
sozialistischen Staaten bedroht werden würde) Gorbatschow erklärte, dass in Bruderstaaten keine
Gewalt angewendet werden würde, um ihnen den eigenen Sozialismus aufzuzwingen
→ diese Veränderung der Position Moskaus hatte Auswirkungen
Polen:
es gab schon eine große Kluft zwischen einer widerspenstigen Gesellschaft und einem verzweifelten
Staat: die Reaktion auf Preiserhöhungen und Sparmaßnahmen zur Reform der Wirtschaft und
Beseitigung der Schulden durch die Regierung waren Betriebsstillegungen und -besetzungen durch die
Bevölkerung – die Öffentlichkeit hatte kein Vertrauen in den Staat mehr
• 1989: unabhängige Gewerkschaften, neue Wirtschaftsgesetze und freie Wahlen wurden
erlaubt → sehr klarer Wahlsieg der Solidarnosc-Bewegung: Mazowiecki wurde der erste nicht-
kommunistische Ministerpräsident der Nachkriegszeit

Ungarn:
schon 20 Jahre früher war man dem Osten gegenüber offener gewesen, allerdings ging es der
unzufriedenen Bevölkerung trotzdem nicht gut – es entstand dennoch keine organisierte politische
Opposition
• erst 1989: das kommunistische Parlament beschloss Maßnahmen, u.a. zur Bestätigung der
Versammlungsfreiheit und Ermöglichung des Übergangs zu einem Mehrparteiensystem → die
ungarischen Kommunisten selbst führten Ungarns Abkehr vom Kommunismus herbei → 1989
benannten sie sich in Ungarische Sozialistische Partei und das Land in Ungarische Republik um
diese Wende in Ungarn spielte eine entscheidende Rolle für die Auflösung der DDR

DDR
von außen wirkte die DDR (ostdeutsch) als stabilstes der kommunistischen Regimes, und, als könnte
es mit Zuwendung aus dem Westen und Unterstützung aus Moskau ewig überleben
aber: Ungarn öffnete 1989 seine Grenzen nach Österreich → zahlreiche Ostdeutsche reisten durch
Ungarn in den Westen → rasante weitere Entwicklungen:
• Berlin: wenige Tage später wurde das „Neue Forum“ und die Bewegung „Demokratie
Jetzt“ gegründet – Ziel: demokratische Umgestaltung der DDR
• Absetzung Honeckers durch einen Staatsstreich
• Demonstration für eine Wende mit 300.000 Menschen in Leipzig
• 9. November 1989: Pressekonferenz → Auslandsreisen waren ab sofort ohne vorherigen
Antrag erlaubt und die Berliner Mauer fiel
• SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) unter Gysi benannte sich in die PDS (Partei des
Demokratischen Sozialismus) um
• freie Wahlen wurden angesetzt

Tschechoslowakei:
die Kommunisten konnten bis zum Ende die totale Kontrolle behalten – so kannten z.B. mehr Leute im
Ausland Kritiker des Regimes wie Vaclav Havel als Leute in der Tschechoslowakei
• Frühjahr 1989: im Inland bildeten sich informelle Netzwerke und Gruppen: ahmten die
Entwicklungen der Nachbarländer nach, z.B. gründete Havel das Bürgerforum – dieses
entwickelte sich zu einer Bürgerinitiative und dann zum Schattenkabinett
• November 1989: die Regierung gab ihren geschlossenen Rücktritt bekannt
• Dezember 1989: Havel wurde zum Präsidenten gewählt
→ „samtene Revolution“: die Abkehr der Tschechoslowakei ging sehr rasch und friedlich vor sich, was
evtl. auch ein Grund dafür ist, dass die Kommunisten bei den Wahlen 1990 noch immer 14% erhielten

Rumänien:
seit 1965 war Nicolae Ceaușcu Präsident und beging viele innenpolitische Verbrechen – dennoch
sagten die USA und andere Staaten kaum was dazu, da er sich der UdSSR gegenüber kritisch verhielt
→ er ließ Streiks niederschlagen, verbot Abtreibung, verordnete einen extremen Sparkurs durch
Einschränkung des Konsums → Not und Armut (um Staatsschulden zu tilgen)
• Dezember 1989: Staatsstreich und Demonstrationen, nachdem ein beliebter Pastor ermordet
wurde → Ceaușcu wurde vom Volk gemeinsam mit seiner Frau vertrieben, die beiden flohen
• Soldaten wechselten die Seiten und spürten sie auf → Ceaușcu wurde verurteilt und
hingerichtet
• Iliescu als neuer Präsident führte eine komplette Abkehr Rumäniens vom Kommunismus durch

Bulgarien:
hatte sich bisher immer stark an das Modell der UdSSR gehalten → Projizierung aller Probleme auf die
türkische Minderheit (10%) → massive Unterdrückung dieser → Verurteilung Bulgariens dafür durch
die UNO und den Europäischen Gerichtshof
• November 1989: Parteireformer entfernten Todor Schiwkow (Parteiführer) aus seinem Amt,
in dem er seit 1954 gewesen war

plötzlicher Zusammenbruch des Kommunismus 1989:


→ „Domino-Theorie“: die kommunistische Führung stürzte in einem Land → ihre Legitimität war in
einem anderen stark geschwächt
Glaubwürdigkeit des Kommunismus: beruhte teilweise auf seiner Behauptung, dass er notwendig wäre
und ein logisches Produkt des technischen Fortschritts sowie eine Tatsache des politischen Lebens sei
– er stellte sich selbst als unvermeidlich dar

dennoch war nicht direkt die Ansteckung des Zusammenbruchs des Kommunismus, sondern das
Tempo dieses beeindruckend; es lag sicherlich auch an der neuen Rolle der Massenmedien, womit der
Kommunismus sein Informationsmonopol verlor

weiters: der pazifistische Charakter der Revolutionen von 1989; z.B. weder verhinderte noch förderte
Gorbatschow eine Revolution – er sah dabei zu, was passierte, erklärte, sich nicht einzumischen und
nahm damit den Machthabern der Satellitenstaaten die einzige Basis ihrer politischen Legitimität, da
diese ohne die Drohung einer Moskauer Militärintervention machtlos waren → Gab Gorbatschow den
Kommunismus in Osteuropa auf, um ihn in Russland zu wahren?

1989-2005:
Neuordnung der Landkarte:
• Estland, Lettland, Litauen, Weißrussland, Ukraine, Moldawien und Russland wurden
unabhängige Staaten
• die Tschechoslowakei zerfiel in die Slowakei und Tschechien
• Jugoslawien zerfiel in Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Serbien-Montenegro und
Mazedonien

Wiedervereinigung Deutschlands:
passierte v.a. durch die Währungsunion:
• Mai 1990: der Staatsvertrag über eine Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion wurde von
beiden Seiten unterzeichnet
• August 1990: der Einigungsvertrag wurde unterzeichnet, wobei dies unter voller
Unterstützung der USA geschah; die Unterstützung Russlands unter Gorbatschow musste
allerdings erkauft werden – in den ersten drei Jahren nach der Wiedervereinigung wurden
schon 1200 Mia. Euro gezahlt → Verschuldung Deutschlands
• ein weiterer Vertrag legte die Außengrenzen Deutschlands fest und beendete den
Viermächtestatus
• Deutschland blieb in der NATO und die Rote Armee zog ab

Baltische Staaten:
sie stellten einen Sonderfall dar:
➢ für sowjetische Standards wohlhabend
➢ unabhängig von der UdSSR
➢ konnten als einzige auf eine nahe Vergangenheit aufbauen, in der sie unabhängig gewesen
waren

Ukraine:
war als Agrarspeicher der UdSSR sehr eng mit Russland verbunden und die Hauptstütze dessen
Wirtschaft, dennoch verfestigte sich mit der Auflösung der UdSSR der ukrainische Nationalismus

Boris Jelzin:
➢ ab 1990 Vorsitzender des Russischen Obersten Sowjet (russisches Parlament) → führender
Reformer des Landes
➢ trat im Juli 1990 demonstrativ aus der kommunistischen Partei aus
➢ wurde 1991 zum Präsidenten der Russischen Sowjetrepublik gewählt und war damit der erste
demokratisch gewählte politische Führer Russlands

Dezember 1991: Auflösung der UdSSR und stattdessen Gründung der Gemeinschaft unabhängiger
Staaten (GUS) → Gorbatschow war bis dahin (bis auf eine Periode nach einem Staatsstreich) Präsident
der UdSSR gewesen und trat nun zurück

→ Verschwinden der UdSSR als bemerkenswerter und beispielsloser (in der modernen Geschichte)
Vorgang: kein Krieg mit einer fremden Macht, keine blutige Revolution, keine Naturkatastrophe, es
waren nicht die USA am Fall der UdSSR schuld, sondern sie implodierte ohne weiteren äußeren Anlass,
wofür es zwei Gründe gibt:
• die Gesellschaft selbst war nicht kommunistisch – der Staat war wütend und die Bürger
eingeschüchtert
• die UdSSR „verschwand“ nicht direkt, sondern zersplitterte eher zu einigen kleinen
Nachfolgestaaten → diese wurden großteils weiterhin von altgedienten kommunistischen
Autokraten regiert
Walter Manoschek
Der nationalsozialistische Judenmord als Gemeinschaftsunternehmen
1995
der NS und der Holocaust existierten in einem zivilisatorischen Rahmen moderner Gesellschaften, z.B.
Österreich und Deutschland:
➢ differenziertes Wirtschaftssystem
➢ demokratisches Parteiensystem
➢ hoher Bildungsgrund
➢ Kulturlandschaft
→ In welchem Verhältnis stehen der Holocaust und die Moderne? → Zivilisationsbruch,
Betriebsunfall/Produkt/Antithese/Teil/… der Moderne, …?

zwei Modernisierungsbegriffe werden unterschieden:


• technokratischer Modernisierungsbegriff:
➢ „wertfrei“ – an harten Strukturdaten gemessen, z.B. Säkularisierungsgrad, soziale
Aufstiegschancen, Entwicklung des technischen Fortschritts, …
→ wenn die Moderne auf die ökonomischen Modernisierungseffekte reduziert und der
gesellschaftliche Rahmen ausgeklammert wird, war der NS jedenfalls in die Moderne
integrierbar
• normativer Modernisierungsbegriff:
➢ zum technokratischen Modernisierungsbegriff kommt die politisch-ethische Dimension
dazu
➢ die Moderne wird allgemein als Zivilisationsprozess gedeutet → Holocaust als
Normabweichung/Bruch/Antimoderne
aber: das 20. Jh. ist ohne Massenverbrechen nicht denkbar, da diese Teil der zivilisatorischen
Normalität waren
➢ daher: dieser Begriff der Moderne basiert nicht auf empirischen Befunden → ist keine
Definition, sondern eine hermeneutische Anweisung, laut der der vom Verbrechen
abgegrenzte Zustand normal und das Verbrechen die erklärungsbedürftige Ausnahme ist
→ originärer Teil der NS-Moderne: v.a. die durch technische Mittel herbeigeführte
Massenvernichtung durch die Nationalsozialisten

vier verschiedene Grundpositionen zum Verhältnis des NS und der Moderne:


• NS-Zeit als Zivilisationsrückschritt:
gesellschaftstheoretische Erklärung: durch den Sonderweg Deutschlands, seine fehlende
bürgerliche Revolution und als Reaktion auf den Bolschewismus
sozialpsychologische Erklärung: Verführung durch einen Führer
wirtschaftspolitische Erklärung: durch die Wirtschaftskrise und die Arbeitslosigkeit
→ Verunsicherung und Desintegration → Suche nach Stabilität und Gemeinschaft +
Ausgrenzung des Fremden → Entstehung des Prinzips der Volksgemeinschaft und des
ethisch homogenen Nationalstaats
• NS als tatsächlich vollzogene revolutionäre Modernisierung:
➢ Hitler und seine Anhänger als Revolutionäre mit dem Ziel, Klassenschränken
niederzureißen und die Lebensstandards großer Bevölkerungsteile zu erhöhen
➢ Hitler als bewusster Modernisierer und NS als intentionalisierter Modernisierungsschub
hier: bewusste Ausklammerung dessen, dass das Konzept selbst auf rassistischen Prämissen
beruht und nur für Mitglieder der Volksgemeinschaft gültig war → Verharmlosung und
Relativierung des NS und des Holocausts
• Ausschwitz als spezifisch deutscher Beitrag zur Entwicklung der Moderne
➢ im Mittelpunkt: Dekonstruktionspotenzial der Moderne, das als Wesensmerkmal des
Kapitalismus definiert wird
bis heute: eine „planende Intelligenz“ nach rational verfolgten Grundsätzen könnte in einem
entfesselten Kapitalismus die Vernichtungspolitik steuern
hier: monokausaler Ansatz, der den Holocaust auf eine Maßnahme eines angeblich rationalen
deutschen Zukunftsobjekts reduziert → Erklärung der Vernichtungspolitik des NS als eine
normale Variante im Prozess der Modernisierung unter kapitalistischen Vorzeichen
• Holocaust als Konsequenz der Moderne
➢ Konsequenz einer Moderne, die durch Fragmentierungs- und Ordnungswahn geleitet ist
und Ambivalenzen auslöschen will

Annäherung an die innere Logik des nationalsozialistischen Gesellschaftsmodells:


• die NS-Gesellschaftsutopie basiert auf der Vorstellung eines rassisch homogenen Volkskörpers,
wobei dessen Erzeugung die Voraussetzung zur Erzeugung eines 100-jährigen Reichs gewesen
war
• der vorherrschende Gefühlsantisemitismus wurde von einem rationalen Antisemitismus
abgelöst, den der NS auch noch „wissenschaftlich“ begründeten: Auffassung von Juden als
Hauptgegner → Holocaust als zentrales Element des „Social Engineering“
• Träger des Vernichtungsprozesses: Partei, Militär, staatliche Verwaltung, Wirtschaft, … -
sämtliche gesellschaftliche Personen → Arbeitsteilung
• wobei hochgradig arbeitsteiliges Verfahren auch ein Merkmal einer modernen Verwaltung ist
→ jeder Beamte hatte keine moralisch, sondern nur eine technisch-formale Verantwortung –
zahlreiche Arbeitsschritte → Schaffung einer sozialen Distanz zum Endziel (Vernichtung der
Juden im Osten)
• im Osten: Unmittelbarkeit des Mordes ohne effiziente, anonymisierte bürokratische Prozesse
– Exekutierung der Juden vor Ort
→ v.a. durch normale Männer aus der Mittelschicht, wobei eine These lautet, dass diese den
Holocaust aus ideologischer Überzeugung und willentlich durchführten

Gesellschaftliche Erklärungsmodelle für den Holocaust:


• österreichische Variante: Opfervariante
• deutsche Variante: Opfer Hitlers und Infantilisierung
• allgemein: eingeschränkter Täterkreis, wobei Hitler und seine Anhänger als anormale Mörder
und Psychopathen gelten

zusammenfassend:
➢ NS-Moderne als sozial-utopischer Gegenentwurf zur Aufklärung, der auf der Idee der
Schaffung eines rassisch homogenen Volkskörpers basiert (dies sollte durch die Vernichtung
aller rassisch Minderwertigen erreicht werden) – „jüdische Rasse“ als Hauptgegner
➢ Gesellschaftsprojekt, das neue Moralen, Werte und Rationalität erzeugt
➢ zur Erreichung des Ziels: moderne, technisch-rationale, arbeitsteilige Bürokratie des NS,
wodurch Distanz gezeugt wurde, obwohl diese nicht unbedingt Voraussetzung war, da es sie
im Osten nicht gab und Juden trotzdem getötet wurden
Mark Mazower Der Dunkle Kontinent 2002
Aufstieg und Fall der Demokratie:
nach dem 1. WK entstanden in Europa durch den Fall der großen autokratischen Reiche (Russland,
Österreich-Ungarn, Hohenzollern-Deutschland, Osmanische Türkei) bis 1918 13 Republiken – dies war
aber eine kurze Phase des Liberalismus, da sich eine Regierung nach der anderen immer weiter nach
rechts bewegte

• 1918: eine provisorische Verfassung erklärte Österreich zu einer „demokratischen Republik“,


auch die Verfassung von 1920 nennt Österreich eine „demokratische Republik, in der die
Souveränität beim Volk liegt“
• Deutschland: das politische System wurde unter dem sozialdemokratischen Kanzler Friedrich
Ebert demokratisiert – durch die Wahl einer Nationalversammlung und die Annahme einer
Verfassung
• die Verfassungen waren stark durch Experten geprägt, z.B. Hans Kelsen in Österreich → das
Ergebnis: Widerspiegelung der allermodernsten Lehrsätze des öffentlichen Rechts und der
jeweiligen Beziehung zu Politik und Gesellschaft in der Verfassung
• alle neuen Verfassungen:
➢ Misstrauen gegenüber der Exekutive → Machtbefugnisse lagen hauptsächlich in der
Legislative, die dem Willen der Wähler so gut wie möglich entsprechen sollte
➢ Volksabstimmungen
➢ bürgerliche Freiheits- und Grundrechte, Recht auf Gesundheitswesen, Wohlfahrt, Familie
und soziale Sicherheit
➢ Vorherrschaft des Parlaments – erwies sich als Kritikpunkt, den Gegner der
demokratischen Regelungen erwähnten
• sozialdemokratische Agenda, u.a. als Antwort auf die Ereignisse in der UdSSR → die Massen
sollten sich vom Bolschewismus ab- und zum Parlamentarismus hinwenden, wodurch eine
Revolution (wie es sie in der UdSSR gegeben hatte) verhindert werden sollte – daher:
➢ umfassende Bodenreformen → Entstehung einer neuen Klasse an Kleinbauern

dennoch: die Angst vor Revolutionen war relativ unbegründet, da sich das bolschewistische Regime,
abgesehen von der UdSSR, nur in Ungarn eine Zeit lang halten konnte → das Versagen des Liberalismus
hatte den Erfolg Lenins sowie Mussolinis faschistischen Umsturz zur Folge

Italien: Anfang der 20er begann der Aufstieg des Faschismus


• Nachkriegsitalien zerbrach v.a. aufgrund von liberaler Unsicherheit und Schwäche → 1922:
Aufforderung des Königs gegenüber Mussolini zur Bildung einer Regierung, wobei die Angst
Italiens vor dem Sozialismus ihm eine große Hilfe war
• auch der Liberalismus lehnte den Sozialismus ab, der Faschismus verteidigte offen den
autoritären Staat (mit starken Einschränkungen von individuellen und kollektiven
Freiheitsrechten)
• das ehemalige Symbol der höchsten römischen Beamten, das Rutenbündel (fasces), wurde
zum Symbol der Bewegung Mussolinis
• der Faschismus verhinderte die Trennung in öffentliche und private Sphäre → Politik als
vollständig gelebte Erfahrung

die Entstehung der Diktatur wurde von Europäern des Öfteren aus folgenden Gründen auf die Krise
der parlamentarischen Regierungsform zurückgeführt:
➢ Zersplitterung der Legislative durch das Verhältniswahlrecht → in Frankreich und
Griechenland wurde deswegen 1924 auf das Mehrheitswahlrecht nach britischem Vorbild
gewechselt
➢ die durchschnittliche Regierungszeit in Deutschland und Österreich betrug 8 Monate
➢ eine Stärkung der Exekutive wurde verlangt, was in Polen (1925), Österreich (1929) und
Litauen (1935) bei Verfassungsänderungen passierte
➢ seit Ende der 1920ern galt in Deutschland der „Ausnahmezustand“: verfassungsfähige
Sondervollmachten konnten zur Verteidigung der Verfassung eingesetzt werden, wobei
der Reichspräsident der oberste Hüter dieser war
Reichstagswahlen 1930: NS als zweitstärkste Partei, die Kommunisten als drittstärkste –
eine Mehrheitskoalition war nicht möglich → Notverordnungen wären nötig gewesen,
man griff aber immer wieder auf Artikel 48 zurück → es ist nicht klar, wann genau die
Demokratie zu einer Diktatur wurde
➢ antiliberale und demokratiefeindliche Überzeugungen gewannen immer mehr Einfluss →
die Demokratie sei bürgerlich, träge, materialistisch und uninspiriert → immer weniger
überzeugte Demokraten
→ Keynes (1925): „Ein positives Argument, mit dem man rechtfertigen könnte, liberal zu
sein, ist kaum noch zu finden.”
➢ v.a. durch die Angst der Liberalen vor dem Kommunismus hatten autoritäre Lösungen
Zugang zu ihnen
➢ die Linke in Europa war stark geschwächt durch die Feindschaft der Sozialdemokratie und
des Kommunismus
➢ auch viele Konservative waren unzufrieden mit der Demokratie der Zwischenkriegszeit →
wollten zur elitären, aristokratisch geführten Gesellschaft zurückkehren
→ Mitte der 1930er: der Liberalismus war erschöpft

Unterschiede zwischen der alten und der neuen Rechten:


• alte Rechte: z.B. General Franco – wollte die Zeit zurückdrehen und zu einer
vordemokratischen, elitären Gesellschaftsform zurückkehren → konservativ
• neue Rechte: kam durch Instrumente der Massenpolitik (z.B. Parteien) an die Macht, z.B. in
Italien und Deutschland: durch Wahlen und parlamentarische Verfahren → als sie an der
Macht waren, boten sie Alternativen zum Parlamentarismus an, z.B. Mussolinis Ständestaat

Österreich:
• ab 1933 regierte Kanzler Dollfuß mit Hilfe des Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes
→ ein Jahr später: Straßenkämpfe, bei denen die Heimwehren die Schutzbündler besiegten →
Beginn der katholisch geprägten austrofaschistischen Diktatur unter Dollfuß
• statt Liberalismus und Demokratie: Doktrin eines christlich-deutschen Ständestaats
• durch den Austrofaschismus wollte man schon vor Einmarsch der Nationalsozialisten eine
judenreine Gemeinschaft → Ziel: katholisch-autoritäres Regime – ist gleichzeitig ein
Unterschied zu den deutsch-Nationalen und den Nationalsozialisten, die die Vorherrschaft der
katholischen Kirche ablehnten

Deutschland:
• das Nazi-Regime beharrte darauf, das Recht und das Gesetz gegen die Kräfte der Anarchie zu
verteidigen – allerdings: andere Art des Gesetzes als in einer Demokratie, nicht alle Bürger
waren eingeschlossen
• anfangs wurden große Teile des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts nicht verändert,
dennoch stellten die Nationalsozialisten gesundes Rassenbewusstsein vor formalgesetzlichen
Kriterien an und die Politik wurde auf alle Lebensbereiche erweitert → kein Unterschied
zwischen privater und öffentlicher Sphäre im totalitären Staat → es durfte keine nicht-
politischen Aspekte des Lebens geben
• anfangs profitierten die Angehörigen der Volksgemeinschaft von den Wohltaten eines aktiven
Staats: die staatliche Wohlfahrtpolitik beinhaltete z.B. eine moderne medizinische Versorgung
→ nicht nur Unterdrückung war die Basis des Staats
• die Menschen akzeptierten den Zustand → das Regime wurde zu einem Bestandteil des
normalen Lebens – die Nationalsozialisten kamen durch große Unterstützung der Wähler an
die Macht (die Kommunisten hingegen durch einen Staatsstreich)

Führerkulte halfen dabei (Mussolini, Stalin, Hitler, …), die Bevölkerung zu einem bzw. mit einem sonst
unbeliebten Regime zu versöhnen; z.B. „Sakralisierung der Politik“ unter Mussolini

Ein brutaler Frieden, 1943-1949:


der 2. WK bestand eigentlich aus mehreren Kriegen und forderte ca. 50 Mio. Tote, 46 Mio. Vertriebene
und Entwurzelte → nach der Befreiung Europas gab es ca. 11 Mio. „displaced persons“
• zwischen 1944 und 1945: hunderttausende Deutsche flohen
• Massenvergewaltigungen und Massaker an Deutschen durch Angehörige der Roten Armee
• Tschechoslowakei, 1945: Verabschiedung der Benes-Dekrete: bestimmten u.a. die Enteignung
und Vertreibung von Deutschen vom tschechoslowakischen Boden → die Alliierten
akzeptierten dies → ca. 12 Mio. Deutsche wurden insgesamt „umgesiedelt“
• Vertreibung und Umsiedelung auch von vielen anderen Menschen, z.B. Polen, Tschechen,
Balten → in vielen osteuropäischen Staaten verschwanden die Minderheiten
• 1948: große Wanderungsbewegung nach der Gründung des Staates Israel

Reaktion der Menschen auf den schrecklichen Krieg:


➢ Politik als etwas, das man ertragen musste
➢ Häuslichkeit und Privatsphäre als stabilisierende Faktoren und damit wichtigstes im Leben der
Menschen
➢ neue Wertschätzung der Familie → wurde zum gesamtgesellschaftlichen Phänomen, das sich
z.B. im Babyboom der Nachkriegszeit äußerte
→ Westeuropa: Schaffung eines sozialen Konsenses mit drei Säulen: Wohlfahrtsstaat, Massenkonsum,
Stabilisierung der Familie

Konferenz von Jalta (Krim-Konferenz) im Februar 1945: zweites von drei diplomatischen Treffen der
Staatschefs der Alliierten („die Großen Drei“) in bzw. nach dem 2. WK:
➢ Franklin D. Roosevelt (USA)
➢ Winston Churchill (UK)
➢ Josef Stalin (UdSSR)
→ Jalta-Deklaration – Themen:
• Aufteilung Deutschlands
• Machtverteilung in Europa nach dem Ende des Krieges
• Krieg gegen das Japanische Kaiserreich

Umgang nach dem Krieg mit Nazi-Kollaborateuren:


• es gab Ermittlungen und Prozesse, wobei nur wenige davon schwere Strafen zur Folge hatten
• Osteuropa: Säuberungen des Staates von Faschisten und Kriegsverbrechern als zentraler
Bestandteil des gesellschaftlichen Wiederaufbaus nach sowjetischem Vorbild
• „Säuberung“ von Staatsverwaltung, Polizei und Armee in Westeuropa (v.a. Deutschland):
vorsichtiges Vorgehen, wodurch es zu keiner umfassenden „Entnazifizierung“ kam → dies
reichte nicht, um die Einstellung der Deutschen zu ändern, was den Alliierten bald klar wurde
→ neues Projekt: Umerziehung – Propagandafeldzug zur Demokratisierung der ganzen
Gesellschaft → mäßiger Erfolg bei den Westalliierten, tiefgreifende Bildungsreformen im
sowjetischen Teil

die Teilung Deutschlands:


• die „Großen Drei“ waren sich einig darüber, dass Deutschland ein einheitlicher Staat bleiben
solle
• de Gaulle (französischer Staatspräsident) wollte aber eine Teilung, um selbst etwas Gebiet
annektieren und den Staat selbst endgültig zerschlagen zu können
• Kompromiss beim Potsdamer Abkommen 1945: Deutschland wurde geteilt:
➢ die UdSSR konnte im Osten ihre Vorstellungen durchsetzen → Etablierung der
kommunistischen Partei (und auch anderer Parteien) → Herbst 1945: Vereinigung der
kommunistischen und der sozialistischen Partei zur Sozialistischen Einheitspartei
Deutschlands (SED)
➢ die restlichen Alliierten konnten im Westen ihre Vorstellungen durchsetzen → zögerliche
Erlaubnis zur Etablierung von Parteien
• seit April 1947: die Europapolitik Washingtons war offen antikommunistisch → erste Zeichen
des Kalten Kriegs
• Februar 1948: Staatsstreich in Prag → die UdSSR wurde nach der westlichen Ansichtsweise zur
Hauptbedrohung des europäischen Friedens
• die UdSSR verließ die Alliierte Kontrollkommission in Berlin, geteilt war dieses durch die
Trennung Deutschlands ja schon
• 7. Oktober 1949: Ausruf der Deutschen Demokratischen Republik (DDR)
• Westeuropa: Bedrohung durch den Antikommunismus: er schien weitgehende
Einschränkungen der bürgerlichen Freiheitsrechte mit sich zu bringen und die
gesellschaftlichen Reformen, auf die viele Bürger hofften, zu verhindern

Der Zusammenbruch des Kommunismus:


→ schneller, unerwarteter und friedlicher Zusammenbruch – der Weg dorthin:
• schon nach 1956 schien die Ideologie des Stalinismus niederzugehen, dennoch änderte sich
wenig an der politischen Ökonomie: es gab eine zentral herrschende Partei und einen
zentralisierten Staatsapparat → Förderung des Wirtschaftswachstums durch die Expansion
der Schwerindustrie und durch strenge Kontrollen von Handel, Landwirtschaft und Konsum
• Europa: Wirtschaftswachstum in den 1950ern und 1960ern → endete in den 1970ern mit einer
Krise der Weltwirtschaft
• diese Verringerung des Wirtschaftswachstums war (im Osten und im Westen) sehr belastend
für die sozialen Sicherheitssysteme → = einer der Gründe, warum das kommunistische
Sozialstaatsmodell weniger attraktiv wurde

niedriger Lebensstandard im Osten – das kommunistische Versprechen von Gleichheit war nicht erfüllt
worden; weiters war Osteuropa auch ökologisch gesehen eine Katastrophenzone, da die Wirtschaft
jahrzehntelang ohne Rücksicht auf die Umwelt gefördert wurde
zentrales Problem der Kommunisten in den 1980ern im Nachhinein: ein wirtschaftlicher Wandel war
absolut notwendig, aber gleichzeitig unmöglich – politologische Betonung der Ähnlichkeiten von
Kommunismus und Kapitalismus: Bürokratie, Expertenbefragungen, materieller Wohlstand als Ziel

• man versuchte behutsame Maßnahmen zur Modernisierung, z.B. Dezentralisierungen:


➢ Ungarn: startete einen Prozess Richtung Marktwirtschaft (NEM – Neuer Ökonomischer
Mechanismus), der allerdings scheiterte
➢ im Westen: Kapitalanleihen zur Abschwächung der Krise (Auslandskredite) → hohe
Verschuldung, das Geld wurde für Lebensmittel und Konsumgüter ausgegeben (nicht für
den sinnvolleren Erwerb ausländischer Technologie) → die Arbeiterschaft wurde immer
unzufriedener – das ausländische Kapital verstärkte die Krise also und verringerte sie nicht
→ staatliche Sparmaßnahmen und Abwürgen des Konsums, um die Schulden bezahlen zu
können

nicht die stärkere Opposition, sondern der langsame Niedergang der Partei selbst beendete also den
Kommunismus, dessen Ende noch zum Gesamtdrama der europäischen Kolonialisierung gehört

• Polen war früher ein Musterbeispiel für einen sowjetischen Satellitenstaat gewesen, dann kam
es zur Gründung der Solidarnosc-Bewegung (Gewerkschaft mit vielen Mitgliedern)
➢ Reaktion darauf und auf einige Streiks: Verhängung des Kriegsrechts
➢ Meinungsumfrage von 1987: 70% der jungen Menschen wollten das Land verlassen und
lehnten insgesamt das gesellschaftliche System ab → = Form der Opposition und
entscheidender Auslöser für den politischen Erdrutsch 1989
➢ Vertreter der Solidarnosc-Bewegung wurden zu Verhandlungen eingeladen → Juli 1989:
freie Wahlen wurden erlaubt, bei denen die Kommunisten klar verloren
• UdSSR: kurz vor Ende der UdSSR zog sich der Kreml aus Osteuropa zurück, um der Inneren
Politik Vorrang zu geben, u.a. wegen der Desillusionalisierung durch den Afghanistankrieg (seit
1979 besetzten sowjetische Gruppen Afghanistan bis 1988 durch das Genfer Abkommen der
Abzug beschlossen wurde)
außerdem: die Subvention der osteuropäischen Staaten (v.a. Polen und Tschechien) kam
Russland sehr teuer
➢ 1985: Gorbatschow wurde Generalsekretär der KPdSU – er wollte sich v.a. um Inneres
Kümmern und wirtschaftliche Probleme lösen → etablierte die Perestroika zur Erneuerung,
nicht Zerstörung der Wirtschaft
➢ Doktrin der Nichteinmischung Gorbatschows → Domino-Effekt: Ungarn lockerte die
Grenzen zu Österreich, woraufhin es zu einem Auszug von Ostdeutschen kam, woran sich
die Unbeliebtheit Honeckers bestätigte
• Baltikum: Umweltschutzbewegungen organisierten große Demonstrationen, aus denen ein
Kampf gegen die Zentralregierung entstand
➢ 1988: Estland verkündete seine Autonomie

nach Ende des Kommunismus:


es brauchte ein neues System, neue politische Regeln und eine „Reinigung“ der kommunistischen
Nomenklatura
• das neue System war sehr belastbar → 1994 siegten die Kommunisten bei Wahlen in Ungarn
• Privatisierungswelle → 80% der tschechischen Volkswirtschaft waren schnell privatisiert
→ das kommunistische Sozialsystem wurde durch Umschichtungen und Umstrukturierungen zwar
zerstört, aber durch nichts ersetzt

Wiedervereinigung Deutschlands:
war ebenso unerwartet wie seine Teilung (40 Jahre davor)
• George Bush Senior forderte ein einheitliches Europa beruhend auf westlichen
Wertevorstellung – diese Meinung wurde generell stark vertrten
• Ende November 1989: Vorschlag Helmut Kohls zu einer langfristigen, prozesshaft abgestuften
Wiedervereinigung → durch die Ungeduld Deutschlands gab es innerhalb eines Jahres nach
Öffnung der Mauer eine Währungsunion und eine vollständige verfassungsmäßige
Wiedervereinigung

Osteuropa:
nach Ende des Kommunismus wurden hier Nationalismus und Rassismus stärker → Jugoslawien:
• 1991: friedliche Ablösung Sloweniens
• Kroatien und Bosnien fiel die Ablösung schwerer
• Serbien: Slobodan Milosevic (Chef der Kommunisten) ließ ethnische Säuberungen durchführen,
deren Ziel es war, Nichtserben aus ihrer Heimat zu vertreiben und Serben gehörig zu machen
→ 1995: Niederlage der Serben
• Tschechoslowakei: friedliche Trennung von Tschechen und Slowaken

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