eDOSSIER

57.2016
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Richtig kalkulieren –
Tipps für Webdesigner
Grundlegende Faktoren für eine
Website-Kalkulation
Faustregeln für die Stundensatz-
Berechnung

Pauschal oder nach Aufwand:

So kalkulieren Freelancer in der
Praxis richtig

Das PAGE eDossier 57.2016 enthält einen Beitrag aus PAGE 05.2015 (EVT 01.04.2015) im Originallayout.
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oder seiner Mitarbeiter in Betracht. Weitere eDossiers, Einzelhefte und Aboangebote gibt’s unter shop.page-online.de
092 PAGE 04.15 › BRANCHE › Serviceplan-Umzug

SIE
KÖNNEN
MEHR
VER-
DIENEN
BRANCHE

Konkurrenzfähig und kostendeckend zu
kalkulieren ist überlebenswichtig für
Freelancer – auch im Bereich Webdesign.
Marco Linke erklärt, wie das geht
●  »Ich brauch da mal eine Website. Was kostet das
denn – so ganz grob?« Jeder Webdesigner kennt Fra­
gen wie »Was kostet ein Shopsystem bei Ihnen?« oder
»Ich benötige nur eine Visitenkarte im Netz, kann ja
nicht so teuer sein, oder?« In Deutschland sind die
Preisvorstellungen für Webdesignleis­tun­gen faszi­
nierend hoch bis erschreckend niedrig. Eine Google-
Suche à la »Was kostet Webdesign« fördert Angebo­te
ab 99 Euro zutage. Wie soll das funktionieren? Ent­
weder der Anbieter verkauft einfach nur ein Tem­
plate, das der Kunde dann selbst irgendwie anpassen
muss oder ein selbstausbeuterischer Freelancer lebt
längst von Wasser und Brot. Ersteres kann ein Ge­
schäftsmodell sein, Letzteres – urteilen Sie selbst . . .
Analysieren Sie den Markt!
Aber was kostet Webdesign denn wirklich? 99 Euro,
990 Eu­ro, 9900 Euro oder mehr? Die Antwort ist wie
alles im Leben eindeutig: Es kommt ganz darauf an.
Grund­sätzlich können Sie einen Preis auf zwei Wei­
sen bestimmen: mit dem Blick nach außen (Markt­
ana­lyse) oder dem nach innen (mein Stundensatz).
Arbeiten Sie als Freelancer für regionale Kun­
den, sollten Sie einen Blick auf die Konkurrenz vor
Ort werfen, um zu erfahren, ob Sie mit Ihren Prei­
sen richtigliegen. Natürlich wirken sich Kriterien
wie Er­fahrung und Reputation aus vorangegan­
genen Projekten auf den Preis aus. Und – nicht zu­
letzt – das eigene Verhandlungsgeschick!
Eines aber sollte stets klar sein: Ganz gleich, was
Ihre Marktanalyse ergibt, richten Sie Ihren Blick
nach oben – nicht nach unten! Andernfalls sehen
Sie sehr schnell den Boden der Goldkiste. Irgendje­
mand bietet seine Leistung immer preiswerter an –
wenn nicht der Konkurrent, dann der Student, die
Tochter des Auftraggebers oder der Freund eines Be­
PAGE 05.15 093
kannten, der auch schon einmal »so etwas gebaut«
hat. Der Blick nach unten ist eine Teufelsspirale für
jeden Auftragnehmer.
Gehen Sie bis zur Schmerzgrenze –
in Gedanken!
Die Marktanalyse soll uns dabei helfen, ein Honorar
in Rich­tung »Preismöglichkeit« ausfindig zu machen.
In puncto Konkurrenzfähigkeit ist die Grenze der
Preis­verhandlung dann erreicht, wenn die Überle­
bensfähigkeit als Unternehmer gefährdet ist. Um die
persönliche Schmerzgrenze für eine Kalkulation zu
finden, müssen Sie Ihr Angebot kaufmännisch kal­
kulieren. Schließlich muss man am Ende des Mo­
nats genug Geld verdient haben, um die Miete zu
bezah­len, etwas zu essen zu kaufen und sich ein
neues Leib­chen leisten zu können.
Die realistische Herangehensweise ist im Prinzip
sehr einfach und beinhaltet zwei hauptsächliche Fra­
gestellungen: Wie viel Geld muss jährlich hereinkom­
men (ungeachtet der zu erwartenden Umsatzsteu­
er, die Sie übrigens tunlichst beiseitelegen sollten),
um von der Arbeit (gut) leben zu können? Und wie
hoch ist der zu erwartende Aufwand für das jeweili­ge
Projekt? Diese beiden Faktoren sind Grundlage je­
der Kalkulation. Den Stundensatz zu definieren ist
ein ziemlich umfangreicher Vorgang, doch es gibt ein
paar Faustregeln (siehe Seite 94), die Sie sicher ein
ganzes Stück weiterbringen.
Angestelltengehalt als Fixpunkt
Wir nehmen ein jährliches Netto-Durch­schnitts­ge­
halt von 30 000 Euro als Ausgangspunkt – Durch­
schnittgehalt eines fest angestellten Designers. Das
wollen Sie auch! Als Selbstständigem entstehen Ih­
nen jedoch zahlreiche Ausgaben für den laufen­
094 PAGE 05.15 › BRANCHE › Richtig kalkulieren
Die 4 Faustregeln für einen
realistischen Stundensatz
1
Was wollen Sie verdienen?
In Deutschland verdient ein fest angestellter Designer
mit fünf Jahren Berufserfahrung im Schnitt um die
30 000 Euro netto im Jahr. Unterstellen wir also, dass auch Sie
am Ende des Jahres nach Steuern als Gewinn 30 000 Euro in
den Händen halten wollen.
2
Mehr geldwerte Zeit gibt’s nicht
Um dieses Geld in die Kasse zu spülen, bleibt uns nicht
viel Zeit. Das Jahr hat 365 Tage, 104 davon sind Sonn-
und Samstage. Kommen noch 30 Urlaubstage, 11 Feiertage, und
13,5 Krankheits- und Schulungstage. Bleiben 206,5 Arbeitsta­ge,
was mal 8 Stunden täglich in etwa 1652 Arbeitsstunden entspricht.
Als Selbstständiger können Sie zudem nicht zu 100 Prozent an
bezahlten Kundenaufträgen arbeiten. Sie müssen Angebote und
Rechnungen schreiben, Buchhaltung machen, an Ausschreibun-
gen teilnehmen, Eigenwerbung gestalten, die eigene Website aktu-
ell halten. Dazu kommt unbezahlte Mehrarbeit bei Projekten.
Zusammengenommen fallen mindestens 35 Prozent – wenn
nicht gar 40 bis 50 Prozent – der Arbeitszeit in die Kategorie
der nicht berechenbaren Zeiten. Bei 35 Prozent blieben nur
1074 Stunden, die Sie effektiv pro Geschäftsjahr abrechnen könn-
ten – nähern Sie sich vielleicht 40 oder sogar 50 Prozent
nicht anrechenbarer Arbeitszeit, ginge es eher in Richtung
1000 Stun­den, in denen Sie Geld verdienen.
3
»Ihre« Personalkosten
In diesen 1000 Stunden müssen Sie allerdings nicht nur
die 30 000 Euro verdienen, die Sie sich am Ende des
Jahres auszahlen wollen, sondern auch alle Personal- und
Agenturkosten decken. Schließlich sind Sie Ihr »eigener
Angestellter« und wollen am Ende des Jahres nicht schlechter
als Ihr angestellter Kollege dastehen. Sie müssen also mit
30 bis 35 Prozent Zusatzkosten für »Ihre« Personalkosten rech-­
nen, sprich immerhin zwischen 9000 und 10 500 Euro für
Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie Berufshaft­
pflicht und Berufsrechtsschutz einplanen.
Bedenken Sie auch, dass Sie vermögenswirksame Leistungen
etwa für die private Altersvorsorge ohne etwaige Zuschüsse, die
Fes­t­angestellte erhalten, selbst bestreiten müssen. Außerdem
sollten Sie Sonderausgaben berechnen, zum Beispiel für Fortbil-
dun­gen, Lohnfortzahlung während des Urlaubs et cetera. Setzen
wir der Einfachheit halber hier 20 Prozent an, sind dies auf das Jahr
gerechnet weitere 6000 Euro, die es zusätzlich zu verdienen gilt.
4
Agenturkosten
Und leider ist die Rechnung noch nicht zu Ende, es fallen
auch noch an: Inventarkosten, Materialaufwand, Büro­-
raummiete, nicht anrechenbare Reise- oder Fahrzeugkosten,
Kosten für die Eigenwerbung, Soft­ware­lizenzen, kalkulatorisches
Risiko und vieles mehr. Im Schnitt entstehen für ein kleines
Büro zwischen 20 000 und 35 000 Euro jährliche Kos­ten. Ergo:
Erst wenn Ihr Stundensatz irgendwo bei 80 Euro liegt, bewegen
Sie sich als Freelancer oder Agenturbetreiber auf dem Boden
der unternehmerischen Tatsachen – und haben ein Einkommen,
das dem Ihres fest angestellten Kollegen entspricht.
den Betrieb der »Agentur«. Im Schnitt werden Sie
sogar beinahe ebenso hohe Kosten wie Einnahmen
haben. Um den Lebensstandard zu halten, den ein
angestellter Kollege sich bei 30 000 Euro Gehalt leis­
ten kann, müssen Sie zwischen 70 und 80 Euro pro
Stun­de verdienen.
Viel zu viel? Eigentlich ist es viel zu wenig, da
man – anders als der angestellte Kollege – das kom­
plette unternehmerische Risiko trägt und Vorsorge
treffen muss für Auftragsflauten, den Krankheits­
fall, Alters­vorsorge, Verdienstausfall, weil der Kunde
nicht zahlt et cetera, oder Fehlkalkulationen und spä­
ter eingeräumte Kunderabatte. Natürlich, so werden
Sie an dieser Stelle einwenden, variiert der Stunden­
satz den jeweiligen Lebensumständen nach. Arbei­
tet man zu Hause oder in einem Büro? Benötigt man
tatsächlich 30 000 Euro jährlich für Wohnen, Essen,
Urlaub et cetera oder ist man in der Startphase be­
reit, sich mit weniger zu begnügen? Will man acht
Stun­den am Tag arbeiten oder wären auch zehn Stun­
den kein Problem?
Doch egal, an welcher Schraube man dreht und ob
am Ende 40, 80 oder 120 Euro pro Stunde übrig blei­
ben – der von Ihnen kaufmännisch ermittelte Wert
spiegelt Ihren Mindeststundensatz wider. Wich­tig
ist, dass Sie ihn ohne Schönfärberei berechnen, denn
sonst arbeiten Sie schnell unter dem Existenzmini­
mum, was kurz- bis mittelfristig zum Scheitern der
Selbstständigkeit führt.
So landen Sie einen echten
Preisvolltreffer
Als Webdesigner stehen Sie vor der Problematik, ei­
nen unheimlich komplexen Vorgang mit vielen, kaum
abschätzbaren Faktoren möglichst sicher berechnen
zu müssen – und dies, ohne den größten Unsicher­
heitsfaktor: den Kunden, zu kennen. Sie stehen be­
reits beim ersten Angebot in direkter Konkurrenz
mit Ihren Mitstreitern. Es muss also ein »realitäts­
nahes« Angebot sein, das nicht zu teuer ist und trotz­
dem Ihre Kosten deckt.
Manche Posten sind leicht zu kalkulieren, da wir
den Leistungsaufwand vorab gut einschätzen und
somit einen pauschalen Preis veranschlagen können.
Das Einfügen eines Bildes lässt sich beispielsweise
gut pauschal berechnen, wenn man weiß, wie viel
Zeit ein Designer normalerweise für diese Arbeit be­
nötigt. Doch auch wenn Sie nach Aufwand abrech­
nen, will der Kunde im Vorwege zumindest eine
Haus­nummer wissen (siehe »Pauschal oder nach
Aufwand kalkulieren« auf Seite 96).
Auf jeden Fall sollten Sie sich einen Überblick über
den Zeitaufwand zur Erbringung einer Leis­tung ver­
schaffen. Mein Tipp: Zu diesem Zweck sollte es Ihnen
in Fleisch und Blut übergehen, alle Arbei­ten per Stun­
denzettel oder Software wie beispielsweise Apollo
(  www.apollohq.com  ), TimeTac (  www.timetac.com  )
oder Crewmeister (  https://crewmeister.com  ) zu tra­
cken. Auf diese Weise können Sie den zeitlichen Auf­
wand ei­nes Projekts für die Zukunft zuverlässig ein­
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schätzen. Mit dem eigenen Bauchgefühl liegt man
nämlich meist kräftig daneben.
Das Einfügen eines Bildes etwa ist nicht per Knopf­
druck in nur einer Minute erledigt: Man bekommt
das Bild zugeschickt, muss es abspeichern und mit
Photoshop aufbereiten. Dann wird das Bild in die
Website eingebaut, die aktualisierte Seite dem Kun­
den zur Abnahme geschickt – und der Kunde merkt,
dass er das falsche Bild geschickt hat. Die Uhr tickt.
Aus einer Minute können so sehr schnell 10 oder
15 Minuten werden oder mehr. Gehen wir von 15 Mi­
nuten für die Aktualisierung der Website aus (inklu­
sive Anpassung der Formate, kleinere Korrekturen
und Abrechnung der Arbeiten), so entspricht dieser
Posten bei 80 Euro Stundensatz pauschal 20 Euro.
Um Ihren Preis zu kennen, müssen Sie derlei Be­
rechnungen auch für alle anderen anfallenden Ar­
beiten durchführen.
Website-Kalkulation in der Praxis
● Grundsätzlich sollte kein Angebot aus einer einzigen Pau­
schalsumme bestehen. Unterteilen Sie das Angebot in sinn­
volle Abschnitte, die der Kunde gut nachvollziehen kann –
und weisen Sie auch die Umsatzsteuer aus!
Entwicklung
• Beratungen und Besprechungen (nach Aufwand)  ______ €
Entwurfsarbeiten Homepage
• Gestaltung des Basislayouts der Homepage (pauschal)  ______ €
• Gestaltung des Menüs und der Navigationselemente
(pauschal) ______ €

Transparenz hilft Ihnen und Entwurfsarbeiten Folgeseiten

dem Kunden
• Gestaltung der Folgeseite mit reinem Text
Die Kalkulation einer Website ist ein vielschichtiger (pauschal/skalierbar nach Anzahl)  ______ €
Prozess. Bedenken Sie, dass der Kunde selbst weder
den Umfang der anstehenden Arbeiten noch den • Gestaltung der Folgeseite mit Bild und Text
Auf­wand zu ihrer Erledigung einschätzen kann. Hier (pauschal/skalierbar nach Anzahl)  ______ €
müssen Webdesigner Aufklärungsarbeit leis­ten, den
Kunden an die Hand nehmen und ihn sicher durch
Entwurfsarbeiten Add-ons
das Wirrwarr des Webprojekts führen. Als Webde­
signer sind wir eben Kreative, Kaufleute, Projektma­ • Gestaltung der Galerie (pauschal/skalierbar
nager und Entwickler in Personalunion. nach Anzahl)  ______ €
Wichtig ist für den Freelancer, sich im Vorfeld ein • Gestaltung des Kontaktformulars
klares Bild über die anstehenden Arbeiten zu ver­ (pauschal/skalierbar nach Anzahl)  ______ €
schaf­fen. Es empfiehlt sich, die einzelnen Projekt­
abschnitte eines Auftrags in einer ordentlichen Glie­
derung zusammenzufassen (siehe Übersicht rechts). Umsetzung/Programmierung
Im nächsten Schritt ist dann zu prüfen, welche da­
• Einrichtung des Content-Management-Systems
rin aufgeführten Punkte Sie risikofrei als Pauschale
(pauschal) ______ €
kalkulieren können, welche Posten nicht einschätz­
bar sind und deshalb lieber nach Aufwand berech­ • Umsetzung des Basislayouts (pauschal)  ______ €
net werden sollten und wel­che Leistungen Sie als • Umsetzung der Folgeseiten
skalierbare Artikel anbieten soll­ten. Die Kunst be­ (pauschal/skalierbar nach Anzahl)  ______ €
steht darin, den schmalen Grat zwi­schen hoher De­
• Umsetzung von Add-ons
tailgenauigkeit und Überschaubarkeit für den Kun­
(pauschal/skalierbar nach Anzahl)  ______ €
den zu finden. Marco W. Linke (ae)

Geld oder Leben. Selbstbestimmt arbeiten – Sonstige Leistungen

mit Spaß am Job. Lesen Sie mehr zu Karriere
und Work-Life-Balance im PAGE eDossier
• Bearbeitung von Texten und Bildern (nach Aufwand)  ______ €
unter  www.page-online.de/PDPD0005   • Datenmigration/Einfügen der Kundeninhalte
(nach Aufwand)  ______ €
Selbstständig in der Kreativbranche. Das • Serviceleistungen: zum Beispiel Back-up, Updates
eDossier mit Fallbeispielen und Tipps zu den (pauschal/skalierbar nach Anzahl)  ______ €
Themen Positionierung, Businessplan,
Versicherung, Akquise und Co gibt’s unter   • Marketing: zum Beispiel SEO, Content Marketing
www.page-online.de/PDDP1009   (pauschal/skalierbar nach Anzahl)  ______ €

BDG Business Basics. In der PAGE-Kolumne gibt Umsatzsteuer ______ €

BDG-Präsident Christian Büning Tipps zu den
Themen Selbstständigkeit und Kundendialog
↗ www.page-online.de/bdg Summe ______ €
096 PAGE 05.15 › BRANCHE › Richtig kalkulieren
Pauschal oder nach Aufwand?
So kalkulieren Sie, ohne sich selbst auszubeuten
● Bei jedem Auftrag stehen sich zwei widerstreitende Inte­
ressen gegenüber: Der Kunde würde lieber alles pauschal ab­
rech­nen, während Webdesigner jeden Posten nach Stunden­
satz kalkulieren möchten. Es gilt einen sinnvollen Kompro­
miss zu finden, der dem Kunden ein sicheres Gefühl gibt und
den Webdesigner vor bösen Überraschungen bewahrt.
Aufwandsposten
Hat der Kunde großen Einfluss auf den jeweiligen Posten, sind
Sie mit einer Aufwandskalkulation auf der sicheren Seite. Be­
ratungen und Besprechungen etwa sollten Sie immer nach
Stundensatz kalkulieren. Zwar kann man dem Kun­den eine
grobe Hausnummer nennen, indem man beispielsweise for­
muliert: »Für das Projekt gehen wir von einem Beratungs­
aufwand von 12 bis 16 Stunden aus, basierend auf der Erfah­
rung vergleichbarer Projekte.« Jedoch sollte man deutlich ma­
chen, dass bei einem höheren Beratungsaufwand mit einer
Nachkalkulation zu rechnen ist.
Anders als schwer nachvollziehbare Tätigkeiten im stillen
Kämmerlein lassen sich Beratungen und Meetings leicht und
nachvollziehbar dokumentieren und damit ohne »böses Blut«
transparent abrechnen – schließlich war der Kunde selbst
bei jedem Termin dabei.
Pauschale Posten
Lässt sich die Arbeit gut einschätzen und der Kundeneinfluss
regulieren, ist gegen Pauschalabrechnung nichts einzuwen­
den. Dazu gehören: Entwurfsarbeiten, wiederkehrende Ar­
beiten, Content-Management-System installieren et cetera.
Allgemeine Entwurfsarbeiten zu einer Website (Startseite,
Navigation, inklusive Tonalität sowie Farb-, Bild- und Form­
sprache) lassen sich prima als Pauschale kalkulieren, denn aus
Erfahrung kann man gut einschätzen, wie lange man für ein
grundsätzliches Design braucht.
Wenn Ihnen die Aufwandseinschätzung schwerfällt, kön­­
nen Sie auf gebündeltes Kollegenwissen zurückgreifen: Die
Allianz deutscher Designer (AGD) listet im Vergütungsta­-
rif­ver­trag für Designleistungen diese mit zu erwartenden
Stundenaufwänden auf (  w ww.vtv-online.de  ).
Begrenzen Sie auf jeden Fall die Anzahl der Entwürfe und
Korrekturen! Ich beschränke meine Entwurfsarbeiten stets
auf »bis zu drei Entwürfe« mit zwei bis drei Korrekturfahnen.
Andernfalls läuft man Gefahr, sich in einem Hamsterrad aus
Entwurf und Korrekturfahne abzustrampeln.
Skalierbare Posten
Die Anzahl der Seiten, der Sprachen oder Bilder und Videos
können Sie pauschal »pro Stück« berechnen. Der große Vor­
teil: Sie kalkulieren nicht »eine Website mit Folgeseiten«,
sondern die tatsächliche Anzahl der zu gestaltenden und pro­
grammierenden Folgeseiten. So ist für den Kunden transpa­
rent, womit er rechnen muss. Zudem erspart man sich Kos­
tendiskussionen und Nerven, wenn das Projekt im Laufe der
Zusammenarbeit ausufert.
Es gibt nichts Schlimmeres als Kunden, die zu Verhand­
lungbeginn von einer kleinen Website mit drei bis vier Seiten
sprechen und das Projekt dann sukzessive zu einem 50-seiti­
gen Internetportal aufblähen. Kein Witz: Wir hatten schon
kleine Websites, die während der Entwicklung zu Projekten
mit 200 und mehr Seiten heranwuchsen. Wer hier mit einer
pauschalen Gesamtsumme rechnet, hat verloren. Kalkuliert
man aber pro Seite, lässt sich bei Finalisierung des Projekts
(auch gerne mittels Zwischenrechnungen) transparent und
für den Kunden nachvollziehbar eine Abschlussrechnung er­
stellen: Man muss ja nur die Seiten zählen.
Ebenso verfährt man mit den Add-ons, den zusätzlichen
Erweiterungen zu einer Website. Hat man einmal ermittelt,
wie lange ein Designer für Gestaltung und Umsetzung eines
Kontaktformulars, eines Portfolios, einer Galerie oder für die
Einrichtung eines Shopsystems benötigt, kann man die ein­
zelnen Posten einer Internetpräsenz schnell auflisten und
pau­schal kalkulieren. Wird dann aus dem Kontaktformular
ein zweites und drittes Kontaktformular, lässt sich das An­
gebot respektive die Rechnung einfach skalieren.
Schwierig einzuschätzende Arbeiten
Serviceleistungen, Contentpflege oder komplizierte Program­
mieraufgaben (individuelle Shopsysteme et cetera) können
zur echten Herausforderung in puncto Kalkulation werden.
Deswegen gilt auch hier: Unterteilen Sie Arbeiten in mög­
lichst kleine, überschaubare Schritte, denn der Aufwand
lässt sich für diese wesentlich besser einschätzen. Funktio­
niert auch dieser Trick nicht, könnten Sie einen Budgetrah­
men vereinbaren. In der Praxis sieht das dann so aus, dass
man zum Beispiel für die Pflege einer Website ein Monats­
budget in Höhe von 1000 Euro zur Verfügung gestellt be­
kommt. Einen Servicevertrag macht man dem Kunden am
besten durch ein paar Prozent Rabatt auf den Stundensatz
schmackhaft. Schließlich gibt man, da man ja dadurch Zeit
für Ak­qui­sition spart, einen Teil des Vorteils gerne an den
Kunden weiter – doch Obacht: Scheinselbstständigkeit soll­
te auf keinen Fall das Ende vom Lied sein (  mehr dazu unter
www.page-online.de/agd-fest-frei  ).  Marco W. Linke (ae)
Cool bleiben bei ausufernden Projekten. In unserer AGD-
Berufspraxis-Kolumne lesen Sie, wie Sie nachverhandeln.
↗   www.page-online.de/agd-auftragserweiterung
»Margen durchsetzen – Kalkulation & Honorare«. Buchen
Sie Jochen Rädekers PAGE Seminar zum Thema
unter  www.page-online.de/seminar_leitmedium_design  
Marco W. Linke ist Geschäftsführer des Grafikbüros
Artivista in Potsdam. Er ist Autor des Buches
»Design kalkulieren« sowie der Kalkulations-Apps
Design Fee und Web Fee. Seit 2014 arbeitet er mit
am neuen Vergütungstarifvertrag Design der AGD.
↗ www.designkalkulieren.de
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