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Kapitel 12

Analyst Relations in Deutschland: Im


Spannungsfeld zwischen weltweiten Aktivitäten
und lokalem Spielraum
Lokale Tochtergesellschaften internationaler Konzerne
lokale Unternehmen mit weltweiter Aktivität

Hans-Jürgen Rehm

Inhalt

Was ist Analyst Relations? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118


Welchen Spielraum haben unternehmenszentral angesiedelte
Analyst-Relations-Abteilungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
Welchen Spielraum haben Tochtergesellschaften, die als Teil eines
internationalen Verbunds Analyst Relations betreiben? . . . . . . . . . . . . . . . 121
Welche Ziele kann sich Analyst Relations setzen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
Die Vernetzung von Analyst Relations mit anderen Funktionen . . . . . . . . . . . . 123
Synergien mit Media Relations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
Synergien mit Marketing-Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
Synergien mit Investor Relations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
Synergien mit der Marktforschung / Market Intelligence . . . . . . . . . . . . . 127
Zielmessung von Analyst-Relations-Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
Zielmessung auf strategischer Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
Zielmessung auf monetärer Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
Zielmessung auf taktischer Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
Werkzeuge von Analyst Relations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
Werkzeuge im Umfeld von Customer Relationship Management (CRM-Tools) . . . 130
Einzelbriefings: Das klassische 1-1-Gespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
Mailings/eMail-Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
Analysten-Telefonkonferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
Analysten-Events . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
Internationale Konferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
Aufträge an Branchenanalysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Vermeidung von Interessenskonflikten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
Umgang mit falschen Erwartungen aus dem Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . 138

H.-J. Rehm (B)


IBM, Ehningen, Deutschland
e-mail: hansrehm@de.ibm.com

R. Leinemann (ed.), IT-Berater und soziale Medien, Xpert.press, 117


DOI 10.1007/978-3-642-18410-9_12,  C Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011
118 H.-J. Rehm

Verbindungen zu Social Media . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138


Zukunftsperspektiven lokaler AR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
Quellen und Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

Was ist Analyst Relations?

Der Begriff Analyst Relations stammt aus dem englischen Sprachraum und hat
seit den späten achtziger Jahren langsam begonnen, sich auch in Deutschland zu
verbreiten. Dies ist kein Zufall, denn es hängt mit dem Entstehen und Ausbreiten
eines Firmentyps – Marktbeobachtern und Beratern, primär in der ITK-Branche
– zusammen. Analyst Relations meint dabei im weitesten Sinn die Kontaktent-
wicklung und Beziehungspflege zwischen Unternehmen in einer Branche und
relevanten Multiplikatoren, die im Sinne des Begriffs „Analyst“ Märkte, Techno-
logien, Trends, Firmenpositionierungen im Wettbewerb und kaufentscheidungsbe-
einflussende Faktoren untersuchen und entweder Entscheidern auf Anwenderseite
(customer facing) oder Anbieterseite (vendor facing) zur Verfügung stellen.
Häufig sind Analystenunternehmungen, egal ob nur aus einer Person bestehend
oder einer Vielzahl von spezialisierten Experten, nicht ausschließlich in ihrer Rolle
als Marktbeobachter und Publizist von Markt- und Empfehlungsdokumenten unter-
wegs. In vielen Fällen hat sich die Notwendigkeit einer individuellen Beratung von
Kunden direkt im Anschluss an eine Marktanalyse ergeben, sei es in Bezug auf die
Begleitung bei einer Investitionsentscheidung auf Anwenderseite, oder in Bezug auf
Marktentwicklungsentscheidungen auf Anbieterseite (Fragen zum Marketing-Mix,
zur Positionierung, zur Markteinführung). Analysten sind aus diesem Grund sehr
häufig auch als Consultants tätig.
Eine dritte Rolle, die in der Medienlandschaft der IT-Branche starke Auf-
wertung erfahren hat, ist die eines Zitatgebers oder Meinungsmultiplikators für
Fachmedien, die mit Analystenstimmen versuchen, fachjournalistische Beiträge in
Glaubwürdigkeit, Ausrichtung und Themenorientierung weiter zu fundieren bzw.
deren Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Eine solche „mediale“ Rolle von Analysten
– in der Regel Einzelpersonen, die für ein bestimmtes Wissensgebiet stehen –
hat insbesondere im Web 2.0-Zeitalter eine starke Aufwertung erfahren. Analys-
ten als Medienstars, die ihren eigenen Marktwert kennen und durch gezielten
Kontaktaufbau zu Schlüsselmedien oder prominente Statements auf Blogs oder
im Microblogging ihr Wissen zeigen, sind zu einer wichtigen Kernzielgruppe für
Analyst Relations geworden.
Im weitesten Sinn geht es bei der Analyst-Relations-Tätigkeit einer Unter-
nehmung also darum, die Mechanismen von Analysten als Marktmultiplikatoren
zu kennen, zu verstehen, und auf Basis dieser Mechanismen eine professionelle
Positionierung des eigenen Unternehmens und seiner Themen zu kommunizieren.
Dazu gibt es eine große Bandbreite an Möglichkeiten, Analysten mit Informationen
zu versorgen, für einen Vertrauensaufbau im Sinne eines seriösen Unternehmens-
kontaktes zu sorgen und sich zu einem wertvollen Kontakt im Sinne der Arbeit der
Analysten für ihre Kunden zu machen.
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Wichtig erscheint uns dabei, die Zielgruppe „Analysten“ im Sinne einer Anspra-
che auf Augenhöhe als eigene Zielgruppe zu adressieren und unbedingt auf
deren spezifische Informationsbedürfnisse einzugehen, die sich zum Teil erheb-
lich von denen anderer Multiplikatoren wie Journalisten oder reinen Consultants,
Systemintegratoren oder Vertriebspartnern unterscheiden können.
Im Kern bleibt Analyst Relations eine Beziehung von Mensch zu Mensch, die
ohne Vertrauensaufbau und langfristig angelegte Kontaktpflege nicht auskommt.
Nur so entsteht eine Beziehung, die auch zum Wohl des betreuten Unternehmens
abstrahlen kann auf die Vielfalt der denkbaren Kontaktsituationen, von denen viele
häufig direkt oder indirekt ins Vertriebsgeschehen eingreifen und Kaufentschei-
dungen in erheblichem Maß beeinflussen können. Analyst Relations kommt daher
nicht um einen gezielten Aufbau von Wissensprofilen aus, um über den jeweiligen
Gesprächspartner – den Analysten als Mensch – möglichst viel zu wissen hinsicht-
lich seiner fachlichen Ausrichtung, persönlichen Präferenzen und seines beruflichen
Werdegangs.

Welchen Spielraum haben unternehmenszentral angesiedelte


Analyst-Relations-Abteilungen?

In der ITK-Branche in Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es eine


beträchtliche Anzahl von Unternehmen, deren Gründungs- oder Hauptsitz vor Ort
liegt. Im Sinne einer Unternehmenszentrale ergibt sich daraus ein entsprechend
großer Handlungsspielraum auch für Analyst Relations in Deutschland. Dabei
spielt zunächst die Größe einer Unternehmung keine primäre Rolle in der Frage,
ob der Einsatz von Analyst Relations in einer eigenen Fachabteilung, oder als
bezogene Dienstleistung über eine auf Analyst Relations spezialisierte Agentur
erfolgt.
Wichtiger ist zunächst die Frage, ob das eigene Leistungsspektrum, sei es im Pro-
duktbereich Hard- oder Software, oder im weitesten Sinn als Dienstleistung in der
weiten Spanne der Serviceformen in der Branche, Chancen zur Positionierung im
Markt eröffnet, bei denen Analysten eine Rolle spielen. Mit anderen Worten, inwie-
weit ist der Absatz des Produktportfolios beeinflusst von Marktmultiplikatoren, die
auf die Entscheiderstruktur auf Kundenseite eingreifen.
Diese Frage lässt sich häufig bereits bei kleinsten Unternehmen bejahen, die
über ein entsprechendes Produktangebot verfügen, das ihnen in ihrem jeweiligen
Segment eine marktführende Rolle aufgrund ihrer Spezialisierung zuführt.
Entscheidende Fragen beim Aufbau des Themas Analyst Relations sind dann
zunächst die Identifikation der relevanten Marktmultiplikatoren und die Frage einer
Kontakt- und Betreuungsstrategie, die auch eigene organisatorische Fragen mit
aufwirft.
Bei der Identifikation relevanter Marktmultiplikatoren, und insbesondere Bran-
chenanalysten, kann der eigene Vertrieb mit seinen aus dem Markt aufgenommenen
Informationen eine erste wichtige Quelle sein. Fragen dabei sind:
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• Auf Basis welcher Faktoren fällen meine Entscheider beim Kunden Kaufent-
scheidungen?
• Was sind einschlägige Berater, die beim Kunden in der Entwicklung einer
Investitionsentscheidung mit am Tisch sind?
• Welche Studien oder Dokumente sind im Markt sichtbar, auf deren Basis Wissen
und Empfehlungen verbreitet werden?

Unmittelbar daran schließt sich ein Überblick über einschlägige Fachpublika-


tionen (Bücher, Fachartikel, Fachzeitschriften, Schwerpunktbeilagen in der all-
gemeinen Presse) an.

• Welche Personen werden als Meinungsführer sichtbar?


• Welche Personen oder Firmen gelten als vertrauenswürdige Beratungsinstanzen
und werden immer wieder zitiert oder um allgemeine Marktentwicklungsstate-
ments befragt?
• Gibt es Produkt- oder Leistungsvergleiche, die von entsprechenden Marktken-
nern erstellt werden?

Abgerundet wird der Aufbau einer solchen Liste durch Recherchen und Informa-
tionssammlungen, um ein ausreichend genaues Profil der Berater und Marktkenner
im jeweils als relevant definierten Marktsegment zusammenzustellen. Das Ergebnis
wird häufig sein, dass die Liste solcher Marktmultiplikatoren überraschend über-
schaubar ist und gerade in der ITK-Branche im Sinne von sichtbaren Aktivitäten
immer wieder in ähnlicher Zusammenstellung auftaucht.
Ein wichtiger nächster Schritt ist die Frage der Organisation einer Betreuung
im Sinne eines Aufbaus von Analyst Relations. Hier eröffnen sich Unternehmen
verschiedene Möglichkeiten je nach Ressourcenlage. Aus Erfahrung kann zunächst
empfohlen werden, Analyst Relations als Chefsache zu betrachten – ein Thema,
das organisatorisch möglichst weit oben aufgehängt sein sollte und entweder
auf Geschäftsführungs- oder Bereichsvorstandsebene seinen Platz hat. Dies hängt
unmittelbar mit der Schlüsselrolle zusammen, die Analysten bei Entscheidungen
häufig einnehmen. Dabei wird im Kontakt auch die Wertschätzung, auf Augen-
höhe betrachtet zu werden, eine entsprechende Würdigung erfahren. Die Frage,
ob Analyst Relations im Kontext einer Kommunikationsfunktion oder Marketing-
funktion mit integriert werden kann, die direkt an eine Vorstandsebene berichtet,
liegt im Ermessensspielraum eines Unternehmens, sollte aber sorgfältig abgewogen
werden, um eine vermischte Zielgruppenansprache oder gar eine missbräuchliche
Wahrnehmung der Rollen und Möglichkeiten von Branchenanalysten zu vermeiden.
Unternehmen, die über nur geringe eigene Kommunikationsressourcen verfügen,
können überlegen, die Dienste spezialisierter Agenturen in Anspruch zu nehmen,
die das Themenspektrum Analyst Relations in den letzten Jahren ebenfalls für sich
entdeckt haben. Die meisten solcher Spezialanbieter kommen aus dem Kontext der
klassischen Kommunikations- oder Marketingagenturen und haben eigens Bereiche
geschaffen, die für eine professionelle Behandlung und Betreuung dieser Zielgruppe
vorbereitet ist. Auch bei diesem Weg bleibt Analyst Relations Chefsache, denn das
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Gesicht eines Unternehmens zu Analysten sollte in erster Linie aus den relevanten
Entscheidern, eventuell in Kombination mit ausgewiesenen inhaltlichen Experten,
bestehen.
Analyst Relations lässt sich somit nur in Grenzen delegieren.

Welchen Spielraum haben Tochtergesellschaften, die als Teil


eines internationalen Verbunds Analyst Relations betreiben?

Eine andere Situation stellt sich bei der nicht unbeträchtlichen Anzahl von im
deutschsprachigen Raum ansässigen Tochtergesellschaften internationaler Unter-
nehmen dar. Egal, ob als Vertriebstochter angloamerikanischer, europäischer oder
asiatischer Firmen – stets muss davon ausgegangen werden, dass die Vorgaben
für die Kommunikation auch im Bereich der Analyst Relations von der jeweiligen
Konzernmutter kommen.
Dabei ist bei der Frage der Entwicklung eigener Analyst-Relations-Tätigkeiten
jeweils zu prüfen, was die Konzernmutter in diesem Umfeld macht. Einschlägige
Fragen sind dazu:

• Gibt es eine zentrale Analyst-Relations-Funktion?


• Was genau macht diese und wie ist sie organisatorisch aufgehängt?
• Welcher Kreis von Analysten wird von der Konzernmutter bedient?
• Welche Informationen werden an internationale, aber auch in Deutschland
ansässige Analysten herausgegeben?
• Welche Spielräume gibt es für lokale Analyst Relations, und wie kann sich
diese Funktion sichtbar und mit gegebenen Wertbeitrag gegenüber der Mutter
bemerkbar machen, also ihren eigenen Wert nachweisen?

In vielen Fällen ist die Betreuungsstruktur international tätiger Analystenhäuser


bereits Programm solcher Konzern-Analyst-Relations. Dabei werden Informationen
und Kontakte auf hoher Ebene häufig in professionellem Umfang gepflegt, ver-
teilt und entwickelt. Ähnlich wie im Vertriebsgeschehen werden aber oft Lücken
sichtbar, wenn es um die Betreuung nur lokal tätiger oder nicht international aus-
gerichteter Analystenhäuser geht, oder um solche, die nur einen regional begrenzten
Schwerpunkt haben. Auch die Vielzahl der Multiplikatoren, die als Einzelkämpfer
oder mit starkem Consultingbezug unterhalb der Konzernradarschwelle tätig sind,
gehört zum potenziellen Zielkreis einer lokal untermauerten Analyst-Relations-
Tätigkeit in Ergänzung zu einem internationalen Programm. Taktisch wichtig ist
dabei die Integration in internationale Strukturen, soweit es den Bedürfnissen einer
Konzernorganisation entspricht, um Reibungsverluste gering zu halten und im
Gegenzug von bereits aufgesetzten Programmen, Strukturen und Budgets profitieren
zu können. Auch hier ist nichts schlimmer, als das Rad erneut erfinden zu müssen.
Auf der anderen Seite ist der Nachweis der verlängerten Reichweite oft auch Garant
für die Anerkennung der Bedeutung der eigenen lokalen Tätigkeit, die damit eben
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gerade nicht in Konkurrenz zu zentralen Konzernaktivitäten steht, sondern sich als


relevantes Bindeglied mit lokalem Mehrwert versteht und damit erst „unersetzlich“
wird.

Welche Ziele kann sich Analyst Relations setzen?

Egal ob als Konzernmutter oder als Tochter in einem internationalen Verbund, Ana-
lyst Relations versteht sich als Funktion, deren Aufgabe aus einem erkennbaren
Wertbeitrag zu den Umsatz- und Gewinnzielen des Unternehmens besteht. Rele-
vante Nebenziele können die Erhöhung der Akzeptanz in einem lokalen Markt,
die Anerkennung als bedeutender Marktteilnehmer und die Wahrnehmung und
Berücksichtigung bei Kaufentscheidungsempfehlungen und Ausschreibungen sein.
Im Sinne einer Servicefunktion gilt auch bei Analyst Relations das „Geben-und-
Nehmen“-Prinzip: Je besser der Service für vor Ort tätige Analysten ist, um ihre
eigene Arbeit möglichst professionell erledigen zu können, desto besser wird
in aller Regel auch das Feedback und die Einbindung von Unternehmen als
Marktteilnehmer sein können. Selbst große IT-Anwenderorganisationen, die struk-
turell bedingt Teile ihres eigenen Leistungsspektrums wieder am Markt anbringen,
können von ihrer Seite aus hier betroffen sein.
Wie bereits erwähnt, ist Analyst Relations Chefsache, um die ihr zugedach-
ten Ziele erfüllen zu können. Das Maß an möglicher Delegation obliegt dabei der
Einschätzung, wie relevant die jeweilige taktische Maßnahme im Kontext einer
Gesamtbetreuung einzuschätzen ist.
Typische Ziele von Analyst Relations sind daher:
• Identifikation der relevanten Branchenanalysten als Multiplikatoren in einem
Markt;
• Aufbau eines Wissensprofils über diese Marktexperten zur Vorbereitung einer
interessengerechten Ansprache;
• Entwicklung von Kontakt- und Informationsangeboten für diese Zielgruppe zur
Etablierung von Erstkontakten, Vertiefung über feedbackgebende Informations-
prozesse und Entwicklung einer dauerhaften Kontaktebene, die den Rahmen für
die Information von Unternehmen über das eigene Leistungsportfolio und dessen
Bedeutung im Markt steckt;
• Entwicklung eines Servicebüros, das den Bedürfnissen von Analysten (Ad-hoc-
Information, Unterstützung bei individuellen Beratungsfällen, Vermittlung von
marktrelevanten Informationen für Angebotsbewertungen) entspricht und ihre
eigene Arbeit professionell beschleunigt und erleichtert;
• Verzahnungsangebote mit parallelen Kommunikationsfunktionen, um Synergien
in der Kommunikation zum Markt hin zu erzeugen und die Wirkung von
Unternehmensankündigungen und -entscheidungen im Markt zu verstärken;
• Entwicklung von Zielmesskriterien, die die eigene Arbeit im Unternehmen ver-
mittelbar machen und Erfolgsbeiträge erkennen lassen, die die Existenz der
eigenen Funktion rechtfertigen;
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• Auswahl der jeweils optimalen taktischen Instrumente, um für die jeweils


gegebene Informationssituation und die Bedürfnisse beider Seiten im Sinne von
begrenzten Zeit- und Finanzbudgets die geeignete Information zur richtigen Zeit
im richtigen Umfeld zukommen zu lassen;
• Aufgriff marktrelevanter Informationen, die aus dem Kreis von Multiplikatoren
an das Unternehmen herangetragen werden und wertvolle Hinweise sowohl hin-
sichtlich der weiteren Marktentwicklung wie auch der gegebenen Konkurrenz-
situationen liefern können und somit das eigene vertriebliche Geschehen direkt
beeinflussen.

Bei der Zieldarstellung, Umsetzung und Verzahnung mit anderen Unterneh-


mensfunktionen kann sich daher der Aufbau eines strukturierten Informations- und
Dokumentationsprozesses empfehlen, der teilweise in die Entwicklung eines CRM-
Systems, einer Kontakthistoriendatenbank und einer zentralen Informations- und
Verteildatenbank münden, in der relevante Informationen immer wieder aktualisiert
abgelegt und dann von Kollegen abgerufen und adaptiert werden kann. Geschwin-
digkeit, geringe Komplexität und Qualität der Information sind dabei immer wieder
der Schlüssel zum Erfolg.

Die Vernetzung von Analyst Relations mit anderen Funktionen


Analyst Relations kann im Verbund mit Nachbar-Kommunikationsfunktionen im
Unternehmen einige Synergien schaffen und Effizienzpotenziale heben helfen. Dies
gilt offensichtlich besonders dann, wenn es möglich ist, anhand der gleichen Kern-
information hinsichtlich der Kommunikationsinhalte nur noch den Zuschnitt der
gelieferten Information auf die jeweiligen Informationsbedürfnisse der Zielgruppe
zu leisten, nicht aber an den eigentlichen Inhalten nochmals essenziell arbeiten
zu müssen. Dies gelingt dann am besten, wenn Inhalte zeitnah oder annähernd
zeitgleich einer Öffentlichkeit vorgestellt werden, wie dies bei Ankündigungen,
Produktvorstellungen, generellen Bereichs- oder Unternehmensentscheidungen
immer wieder der Fall ist. Besonders augenfällig sind hier mögliche Synergien mit
den Funktionen Media Relations (Presse), Investor Relations, Marketing (Kunden-
kommunikation) und Marktforschung (Market Intelligence). Bei der Hebung dieser
Synergiepotenziale darf jedoch keinesfalls die zielgruppenspezifische Information
hinsichtlich Zeitpunkt, Detailtiefe und eigenem Informationsweg für Analysten
ignoriert werden.

Synergien mit Media Relations

Branchenanalysten haben in gewisser Hinsicht ähnliche Aufgaben wie Journalisten.


Deswegen kann es sich lohnen, darüber nachzudenken, welche Schnittmengen
es zwischen einer Analyst-Relations- und Pressefunktion im Unternehmen geben
kann.
124 H.-J. Rehm

Macht man sich zunächst die augenfälligen Unterschiede der Zielgruppen klar,
so fällt bei Journalisten insbesondere der Nachrichtenfaktor ins Auge: Was ist
neu, welche Schritte stellt ein Unternehmen vor, was bedeutet dies jetzt und in
nächster Zeit für den Markt und für Kunden? Aufbauend auf dieser Sicht zählt
für Journalisten das, was am Tag der Neuvorstellung an verwertbaren Informa-
tionen und Gesprächspartnern zur Verfügung steht, insbesondere im Umfeld des
Online-Journalismus. Auch für die Stilformen Kommentar und Analyse, die aus
einer zeitlich etwas distanzierteren Sicht ein Thema beleuchten, interessiert bei
einem Online-Portal oder Periodikum, das in der Regel wochen- oder monatsweise
erscheint, insbesondere der Bezug zur Aktualität.
Inhalte: Aufgrund des hohen Verwertungsdrucks und der permanent sich fort-
entwickelnden Nachrichtenlage macht es auch nur selten Sinn, unter „Sperrfrist“
vor der Ankündigung einer Neuheit Journalisten zu informieren, da die Gefahr
eines Lecks und einer ungewollten frühzeitigen Verbreitung sehr hoch ist. Auch die
Informationstiefe, die ein Journalist benötigt, beschränkt sich aufgrund begrenzter
Zeit und breitem Betreuungsspektrum sehr oft auf einen klassischen Überblick über
ein Thema, mit begrenztem technischen Tiefgang. Wenige Ausnahmen bestätigen
hier die Regel.
Demgegenüber ist das Informationsbedürfnis eines Branchenanalysten, der
Marktberichte verfasst oder Kunden berät, häufig hinsichtlich Zeitpunkt und Tief-
gang ein völlig anderes: Um Einschätzungen und Kommentare eines Analysten
zum Zeitpunkt einer Marktvorstellung begleitend zur Verfügung zu haben, ist es
oft unabdingbar, vor Vorstellung einer Neuigkeit Analysten im Prozess der Markt-
einführungsvorbereitung einzubinden und mit ihnen zusammen die Bedeutung einer
Entwicklung zu diskutieren. Dies ermöglicht Analysten nicht nur, frühzeitig und
in Koordination mit Marktanbietern Einschätzungen bereitzuhalten, sondern diese
auch Journalisten als dritte Meinung zum Zeitpunkt der Ankündigung anzubieten.
Auf der anderen Seite können Unternehmen auch aus dem Erfahrungsschatz von
Analysten so frühzeitig Hinweise und Einschätzungen in Zusammenhang mit der
eigenen Markteinführung oder Entwicklung erhalten, die damit noch Einfluss auf
die zu kommunizierende Neuigkeit, zum Beispiel ein neues Produkt und seine
Positionierung bzw. seinen Marketing-Mix nehmen können.
Analysten eignen sich für Journalisten somit als fachliche Ansprechpartner, die
vom Unternehmen unabhängig ihre Meinung darlegen können, aber durch das
frühzeitige Informationsangebot der Unternehmen rechtzeitig über laufende Ent-
wicklungen unterrichtet sind und damit auch ihrem Bild als Kenner einer Branche
gerecht werden können. Eine oder mehrere dritte Meinungen im Markt runden nicht
nur das Bild eines Journalisten bei der Recherche zu einem Thema ab, sie machen
die Qualität und den Informationsgehalt einer Meldung in vielen Fällen auch
reicher.
Vereinfacht gesagt: Während Analysten Wochen bis Monate vor einer Ankündi-
gung von Unternehmen mit in ihre Kommunikation vorbereitend einbezogen
werden sollten, so genügt es bei Journalisten, auf den sehr kurzen Horizont der
Nachrichtenverwertung Bezug zu nehmen, der tagesaktuell sein kann, ggf. mit einer
kurzen vorherigen Nachricht zur „Ankündigung“ einer Nachricht.
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Können gemeinsame Materialien zum Briefing der beiden Zielgruppen ver-


wendet werden?
Ja und nein. Analysten benötigten oft umfangreiches Material zu Positionierung,
technischen Inhalten und marktlichen Gegebenheiten eines Produkts, das sich
in dieser Form nicht zu einer journalistischen Veröffentlichung eignet. Auf der
Basis von Zusammenfassungen und verdichteten Darstellungen lassen sich jedoch
häufig Elemente für die journalistische Aufbereitung in einer Presseinformation,
ergänzt durch aussagekräftige Grafiken und Fotos sowie im Web2.0-Zeitalter durch
Video- und Podcast-Material wiederverwerten. Ideal ist es, Analysten hier als
mögliche Gesprächspartner für Journalisten und ggf. geeignete Zitate im Material
anzubieten.

Synergien mit Marketing-Funktionen


Auch in der Zusammenarbeit mit Kundenkommunizierenden Unternehmensfunk-
tionen (Marketing) kann es sinnvoll sein, Synergiepotenziale der Analyst Relations
zu heben.
Das sind zunächst wieder die Inhalte, die vorgestellt und kommuniziert werden:
Welche Materialien werden aufbereitet durch das Feedback von Analysten im Vor-
feld der Markteinführung, welche Materialien eignen sich für das Spektrum der
Kommunikation an Kunden bereits ohne große Abwandlung? Dies können bei-
spielsweise Inhalte sein, die in Produktliteratur, technischen Lösungsbriefen, aber
destilliert auch in Mailings, Flyern und der Online-Darstellung eingesetzt werden.
Auch hier kann es Sinn machen, in Absprache und Genehmigung durch Branchen-
analysten erläuternde und abwägende Zitate einzusetzen, die die Kompetenz eines
Analysten in eine Unternehmenspräsentation hier einbeziehen.
Diese Art einer möglichen Kooperation, die frühzeitig mit dem jeweiligen
Analystenhaus abgesprochen und vertraglich formalisiert sein sollte, kann noch
weitergehen. So ist der Einsatz von Branchenanalysten als Gastsprecher bei
Firmenveranstaltungen, zum Beispiel zu einer Produkteinführung, auf technischen
Symposien und Kundenkonferenzen, oder auch bei Messen und Kongressen eine
mögliche Facette, die die Glaubwürdigkeit und Bedeutung einer Unternehmens-
ankündigung bereichern kann.
In bestimmten Fällen ist es sogar möglich, in Kundensituationen vor einer Kauf-
entscheidung die Stimme eines Analysten oder Branchenexperten als Empfehlung
hinzuzuziehen, die dem Kunden als Beratungsangebot zur Seite steht. Hier ist
allerdings auf die große Gefahr einer parteilichen Wahrnehmung zu achten, die Ana-
lysten häufig dadurch zu umgehen versuchen, dass sie sich vertraglich bei Interesse
eher von einem Kunden als von einem Anbieter vergüten lassen, wenn es zu einem
solchen Beratungsauftrag kommt. Auch müssen Analysten im Umfeld der Beratung
im Auftrag eines Unternehmens streng auf ihre Unparteilichkeit und Unabhängig-
keit achten, um ihren Ruf im Markt als neutraler Partner und Beobachter nicht zu
gefährden.
126 H.-J. Rehm

Eine weitere Form möglicher Synergien liegt im Veranstaltungsbereich begrün-


det, den viele Analystenunternehmungen als Konferenz- und Briefingangebot
führen. Hier kann es sinnvoll sein, als Anbieterunternehmen zu überlegen, ob es hier
Kooperations-, Beteiligungs- oder Rede- und Ausstellungsmöglichkeiten gibt. Auch
eine Einladung eigener Kunden und Potenzials zu einer solchen Veranstaltung,
wenn es sich thematisch darstellt, kann Sinn machen.
Im Sinne einer Erfolgsmessung muss der – oft erhebliche – finanzielle Aufwand,
der im Engagement von Branchenanalysten auch bei Kundenkommunikations-
aufgaben stecken kann, immer wieder abgewogen werden gegen die erzielten
Vertriebserfolge.
Die Auswahl der Branchenanalysten, die im Umfeld einer möglichen Synergie
im Marketingumfeld in Frage kommen, hängt dabei auch von deren grundsätzlicher
Marktausrichtung – vendor-facing oder customer-facing – ab. Zwar gibt es in beiden
Fällen Möglichkeiten, Synergien zu heben, indes werden sich Analyst-Relations-
Experten in der Zusammenarbeit mit Kollegen aus der Marketingfunktion häufig
für Analysten als Partner entscheiden, die eine anwenderausgerichtete Geschäfts-
position einnehmen und damit tendenziell eher die Sprache von Anwendern treffen.
Hervorzuheben bleibt das nötige Fingerspitzengefühl, damit sowohl Branchen-
analysten wie auch Kunden hier nicht den Eindruck einer Einseitigkeit, Parteilich-
keit oder Voreingenommenheit mitnehmen. Aus dieser Vorsicht heraus geprägt lässt
sich der Kontakt mit Analysten aber zum Vorteil der Kundenkommunikation, ihrer
Bereicherung und Ausweitung, sinnvoll einsetzen.

Synergien mit Investor Relations

Die natürlichen Ansprechpartner einer Investor-Relations-Funktion sind in der


Regel Finanzanalysten, Finanzinstitute, Marktaufsichtsinstanzen und marktbedeu-
tende Investoren.
Es liegt daher in der Natur der Sache, dass es auch Themen geben kann, bei
denen die Industry-Analyst-Relations-Funktion Synergiepotenziale anbieten kann.
Dies ist dann der Fall, wenn marktbedeutende, technische oder inhaltliche Aktivi-
täten und Ankündigungen eines Unternehmens einen wahrnehmbaren Einfluss
auf das Unternehmen und seine Rolle im Markt, seine Bewertung, Ertragskraft,
Konkurrenzsituation oder aktienseitige Stärke haben können.
Auch hierbei kann die dritte Meinung von Branchenanalysten Finanzinves-
toren und -analysten helfen, solche Informationen zu gewichten, da das eigene
technische Wissen und die Möglichkeit zu detailgenauer Analyse hier häufig eben-
falls nicht zeitlich gegeben sind. Zwar unterhalten einige große Finanzinstitute
bemerkenswerte Ressourcen, die auch in der Lage sind, grundsätzlich die Bedeu-
tung technischer oder marktstrategischer Neuigkeiten und Ankündigungen von
Unternehmen einzuschätzen, doch die Erfahrung zeigt, dass auch diese in ihren Ein-
schätzungen an Grenzen stoßen und gern auf das Wissen von technisch orientierten
Branchenkennern zurückgreifen.
12 Analyst Relations in Deutschland: Im Spannungsfeld zwischen weltweiten . . . 127

Es kann also Sinn machen, im Umfeld der Kommunikation mit solchen Multi-
plikatoren auch Angebote bereitzuhalten, ins Gespräch mit Branchenanalysten zu
kommen oder deren Kommentare und Analysen mit anzubieten, wenn die Diskus-
sion sich um Themen dreht, bei denen Unternehmen in der Kommunikation mit
Branchenanalysten im Vorfeld Inhalte erarbeitet haben, die hier verwertbar sind.
Es versteht sich auch hier, dass eine strikte Trennung der Betreuung von
Branchen- und Finanzanalysten großen Sinn macht. In Tochtergesellschaften inter-
national aktiver Unternehmungen ist Investor Relations in aller Regel ohnehin ein
„Powers reserved“ der Zentrale, so dass der Industry-Analyst-Funktion hier fast nur
auf dieser Ebene eine synergetische Bedeutung zukommt, falls nicht eine markt-
gegebene regionale Besonderheit einen selektiven Einfluss auf solche Analysen
erforderlich macht.

Synergien mit der Marktforschung / Market Intelligence


Marktforschungsabteilungen und Industry-Analyst-Funktionen haben häufig grö-
ßere Schnittmengen, als es auf den ersten Blick erscheint. Dies beginnt bereits mit
dem teilweise gleichen Unternehmensspektrum, mit dem es beide als Gesprächs-
und Leistungspartner zu tun haben. Sind die Ansprechpartner von Industry-Analyst-
Experten häufig die Spezialisten und Experten des jeweiligen Untersuchungsbe-
reichs direkt in einem Unternehmen, so werden über Marktforschungsfunktionen
diese eher indirekt angesprochen. Hier ist – wohlgemerkt beim gleichen Beratungs-
unternehmen – in der Regel der dortige Vertriebs- und Betreuungskontakt erster
Ansprechpartner, um die Informationsbedürfnisse eines Unternehmens – seien es
Studie, individuelle Analyse und die Form ihrer Umsetzung – zu identifizieren
und im Anschluss möglichst zielnah zu realisieren. Dabei ist es keine Seltenheit,
wenn die gleichen Personen als Branchenanalysten dann zum Inhaltsgeber oder
Dienstleister für ein Unternehmen werden, die auf der anderen Seite durch die
Analyst-Relations-Funktionen des Unternehmens selbst angesprochen und infor-
miert werden. Hier wird der „Kunde“ dann auf der anderen Seite zum „Lieferanten“
und umgekehrt.
Es liegt daher auf der Hand, dass Analyst-Relations-Funktionen und Market-
Intelligence-Funktionen eines Unternehmens sich hier absprechen, welche Aktivi-
täten jeweils stattfinden und ob diese in einen zeitlichen oder inhaltlichen Konflikt
geraten könnten, oder sich auf der anderen Seite auch vorteilhaft ergänzen ließen.
So ist es z. B. denkbar, dass ein Themenbriefing zu einem neuen Produkt für einen
Analysten inhaltlich wieder eine wertvolle Grundlage für eine angefragte Markt-
übersicht und Positionierung sein kann, die ein Unternehmen auf der Seite der
Marktforschung erheben lässt.
Auch hier gilt in dieser Struktur einer wechselseitigen Geschäftsbeziehung
der ethische Grundsatz, jede negative Form von Einflussnahme oder Parteilich-
keit in der Meinungsfindung möglichst zu vermeiden, um das Renommee beider
Unternehmen im Markt zu schützen. Auch ist es sinnvoll, eine zeitlich gestaf-
felte und getrennte Ansprache beider Funktionen nach Möglichkeit vorzunehmen,
128 H.-J. Rehm

um Koordinierungsmöglichkeiten zu schaffen. Beachtet man die Besonderheiten


dieser Situation, ist es selbstverständlich möglich, anerkannte Branchenanalysten
im Market-Intelligence-Umfeld und deren Leistung anzufragen, z. B. in Form von
Marktstudien (Bezug bereits erstellter Studien), Individualstudien, Individualbrie-
fings, internen Auftritten im Unternehmen und gemeinsamen Workshops.
Aus der Perspektive des Analyst-Relations-Experten empfiehlt es sich, die eigene
Rolle nicht mit der der Market-Intelligence-Kollegen zu verknüpfen. Dies gilt
sowohl in der Frage der Wahrnehmung durch Branchenanalysten, um hier nicht
in Interessenkonflikte zu geraten oder als „potenzieller Kunde“ wahrgenommen zu
werden, aber auch intern im Unternehmen, um nicht in der Frage des Information
Brokerage als Anlaufstelle für Marktforschungsanfrage missverstanden zu werden,
wie es immer wieder vorkommt. Die Fokussierung auf die professionelle und zeit-
lich und inhaltlich exakt abgestimmte Kommunikation ausgewählter Themen zu
den passenden Branchenanalysten hin sorgt hier für die notwendige professionelle
Abgrenzung, die Missverständnisse vermeidet und damit auch Fehlerquellen mini-
mieren hilft.

Zielmessung von Analyst-Relations-Aktivitäten


Industry-Analyst-Relations unterliegt wie praktisch jede andere Unternehmens-
funktion den Gegebenheiten von Zielvorgabe, Budgetierung und Zielmes-
sungsprozessen. Die Frage ist dabei, welche Zielmessung für die jeweils gegebene
Unternehmenssituation die zweckmäßigste ist.
Die Antwort darauf ist wie bei jeder Zielmessung, die nicht mathematisch exakt
formulierbaren, sondern mehr sozial und intuitiv arbeitenden Fachdisziplinen folgt,
abhängig von der individuellen Situation. Einige Schwerpunkte lassen sich jedoch
festmachen.

Zielmessung auf strategischer Ebene


Geht es zunächst darum, ein Unternehmen in Kontakt mit Branchenanalysten zu
führen, können neben den rein quantitativ messbaren Größen wie Identifikation und
Kontaktaufnahme mit relevanten Multiplikatoren, Anzahl vorgenommener Kon-
takte, oder Anzahl erzeugter Veröffentlichungen zunächst die Fragen sein, inwieweit
die Geschäftsstrategie eines Unternehmens, seine primäre strategische Ausrich-
tung und die dazu in nächster Zukunft erwartbaren Entwicklungen überzeugend
kommuniziert worden sind. Rückschlüsse dazu lassen sich aufgrund der inhalt-
lichen Natur eher aus der Art der Statements und Veröffentlichungen von Analysten
herauslesen als aus deren Anzahl. Geht es für Professionals darum, hier Zielerrei-
chung zu dokumentieren, können sinnvoll ausgewählte Statements von Analysten
und Verweise auf besonders treffende Veröffentlichungen ein richtiger Schritt
sein.
12 Analyst Relations in Deutschland: Im Spannungsfeld zwischen weltweiten . . . 129

Fragen wie diese können dabei eine Hilfe sein:

• Haben die wichtigsten Branchenanalysten ein korrektes Bild von der Strategie
meines Unternehmens?
• Verstehen sie die Leitkampagnen und Kommunikationselemente, die das Unter-
nehmen verbreitet?
• Gewichten sie die Marktpositionierung und Ausrichtung eines Unternehmens
richtig?
• Ist die Einschätzung der Stärken/Schwächen/Chancen und Risiken deckungs-
gleich mit der des Unternehmens oder nahe daran?

Zielmessung auf monetärer Ebene

Dient Analyst Relations dazu, eine wertvolle Waffe im Vertriebsgeschäft zu wer-


den, so gibt es erweiterte Möglichkeiten für Analyst-Relations-Professionals, hier
Zielerreichung zu messen.
Ansatzpunkte können Fragen sein wie:

• Gibt es Rückmeldung von Salesteams, welche Analysten oder Veröffentlichun-


gen zu Vertriebserfolgen beigetragen haben?
• Bei welchen Analystenengagements (individuell, schriftlich, face-to-face, oder
bei Veranstaltungen) sind Kaufentscheidungen positiv beeinflusst worden durch
die Aktivität von Branchenanalysten?
• Gab es Analystenaussagen oder Beratungssituationen, bei denen unmittelbar
an einer Kaufentscheidung mitgewirkt wurde, in der Analysten also direkt als
Consultant unterwegs waren?

Zielmessung auf taktischer Ebene

Geht es um einzelne taktische Maßnahmen im Rahmen einer Kommunikations-


strategie, fällt Zielmessung häufig leichter, da die Eingrenzung und der Bezug auf
die unmittelbar vorhergehende Aktivität vollzogen werden kann. Beispiele dazu
sind:

• Bei Einzelgesprächen/Briefings: Was war die Reaktion des jeweils gebrieften


Analysten? Welche Handlungen wurden ausgelöst?
• Bei Events oder Telcos: Wie viele Analysten haben teilgenommen? Welche
Rückfragen gab es? Welche Folgeaktivitäten waren erkennbar? Welche
Reports/Research Notes sind erschienen?
• Bei Konferenzen: Welche Analysten haben sich 1-2 Tage Zeit genommen, an der
Veranstaltung eines Unternehmens teilzunehmen? Welche Executive-Gespräche
konnten durchgeführt werden? Welche unmittelbaren Feedbacks gab es? Welche
Folgeaktivitäten konnten vereinbart werden?
130 H.-J. Rehm

Erfahrungen zeigen, dass Zielmessungen im Analyst-Relations-Umfeld aussage-


kräftiger werden, wenn über längere Zeiträume Betreuung und Kontinuität im
Austausch von Informationen und damit auch Vertrauen wachsen können. Je leichter
der Zugang eines Analyst-Relations-Professionals dabei zu den Veröffentlichun-
gen seiner jeweiligen Gesprächspartner ist (über Firmenverträge, Rahmenbezüge
und Zugangsmöglichkeiten zu den entsprechenden Datenbanken der Analysten-
häuser), desto exakter kann hier der Direktbezug erfolgen. Doch auch indirekte
Ergebnisse wie die verbale Weiterempfehlung oder Einschätzung zu Sachverhalten
können bedeutend zum Erfolg einer Analyst-Relations-Tätigkeit beitragen, auch
wenn diese nur punktuell messbar sind, sich aber im Gesamtbild der Zufriedenheit
eines Analysten(Hauses) gegenüber betreuenden (Informations-) Anbietern zeigen.

Werkzeuge von Analyst Relations

Werkzeuge im Umfeld von Customer Relationship Management


(CRM-Tools)

Werden im Verlauf des folgenden Abschnitts einige der einschlägigen Kommu-


nikationswerkzeuge im Analyst-Relations-Alltag vorgestellt, so muss zunächst
ein strukturell zu empfehlendes Instrument vornangestellt werden: Es ist die
systematische Entwicklung einer Kontaktdatenbank, neudeutsch auch CRM-System
genannt. Ziel einer solchen Datenbank ist die Entwicklung einer dokumentierten
Kontakthistorie zu individuellen Gesprächspartnern auf der Analystenseite. Diese
kann die besprochenen Inhalte, durchgeführten Briefings, Vitae und Unternehmens-
profile enthalten und lebt insbesondere in größeren oder internationalen Unterneh-
mungen von einer Struktur, zu der ganze Teams beitragen, um aus dem Inhalt der
Datenbank immer wieder neue Informationen und Querverweise ziehen zu können,
für die Entwicklung interessenspezifischer und zielgruppengenauer Informations-
angebote. Selbst in dem Fall, dass nur eine einzelne Analyst-Relations-Person
eine solche Datenbank speist, ergeben sich für das Unternehmen und die indivi-
duelle Arbeit wertvollste Anknüpfungspunkte gerade im Blick über einen längeren
Zeitraum hinweg sowie bei etwaigen Aufgabenübertragungen, Zuständigkeitswech-
seln, Verzahnungen mit Market-Intelligence-Aufgaben oder Presseaktivitäten einer
Nachbarfunktion. Selbstverständlich gilt für den Aufbau solcher Informations-
quellen die Berücksichtigungspflicht des Datenschutzes und die Kontrolle über
berechtigten Zugang.

Einzelbriefings: Das klassische 1-1-Gespräch


Eines der wichtigsten Instrumente im Kontakt mit Analysten ist das Einzelbriefing.
Es hat sich deswegen als besonders nützlich herausgestellt, weil es wie keine andere
Form der Kommunikation erlaubt, Informationen individuell zugeschnitten auf das
12 Analyst Relations in Deutschland: Im Spannungsfeld zwischen weltweiten . . . 131

jeweilige Interesse eines Analysten aufzubereiten, und zwar sowohl in thematischer


Hinsicht, wie auch in zeitlicher (wann ist etwas von Interesse?) und inhaltlicher
Struktur. (Bis zu welchem Detailgrad inhaltlich, strategisch, technisch soll etwas
aufbereitet werden?) Einzelbriefings finden je nach Notwendigkeit entweder beim
Analysten statt – in dessen Büro, Besprechungsraum oder Firmenniederlassung –
damit ist die Hemmschwelle für seinen zeitlichen Aufwand am geringsten – oder
alternativ an einem günstig gelegenen Ort, der schnell mit Verkehrsmitteln erreich-
bar ist und einen geschützten Bereich zu einer ruhigen Besprechung sowie die
dazu erforderlichen Einrichtungen bietet – das kann z. B. ein Hotel in der Nähe
eines Verkehrsknotenpunkts sein – oder natürlich auch im Rahmen eines Unter-
nehmensbesuchs, wenn es die Umstände erlauben oder erfordern, dass ein Analyst
ein Unternehmen besucht. Hier können z. B. technische Gründe (Besuch eines
Briefingcenters, Testszenario, stationäre Demopunkte) eine Rolle spielen, oder
auch strukturelle Gründe (Multi-Briefings eines Hauses zu verschiedenen Themen).
Dem Besuch ist der Kosten- und Zeitaufwand des Analysten für die Dienstreise
gegenüberzustellen, der zu einem erhöhten Erwartungshorizont hinsichtlich der
Bedeutung der vermittelten Inhalte führt.
Einzelbriefings können sehr sorgfältig vorbereitet werden, und zwar sowohl in
zeitlicher, inhaltlicher und konzeptioneller Hinsicht.
Zeitlich: Eine Absprache zu einem Einzelbriefing geschieht entweder auf
Wunsch eines Analysten – ad hoc zu einem gewünschten Briefingthema oder auf
Vorschlag eines Unternehmensvertreters, der dazu das Interesse eines Analysten
an einem Thema ausloten muss. Dies geschieht durch eine vorgelagerte persön-
liche Kontaktaufnahme etwa telefonisch oder per eMail, in dem das zu vermittelnde
Thema „schmackhaft“ gemacht wird.
Inhaltlich: Die zu behandelnden Themen lassen sich sowohl durch die Auswahl
von eingesetzten Informationsmitteln – Präsentationen, technische Dokumente,
Ankündigungsunterlagen – wie auch ergänzenden persönlichen Kommentaren mit
dem Briefingpartner des Unternehmens für einen oder mehrere Kompetenzträger
aufbereiten. Hier bietet sich auch die Möglichkeit eines Rehearsals an, in dem in
einem Vorgespräch der Ablauf eines Briefings geplant wird sowie die eingesetzten
Informationsmittel und der Zeithorizont getestet werden können.
Konzeptionell: Gerade in der Auswahl der Gesprächspartner lässt sich die
Qualität eines Briefings besonders beeinflussen. Je nach Erwartungshorizont eines
Analysten können hier als Gesprächspartner hochrangige Unternehmensvertreter –
von der Geschäftsführerebene bis zum Bereichsverantwortlichen oder Produkt-
manager – sowie technische Experten – Entwickler, Ingenieure, Architekten –
zum Einsatz kommen. Zu prüfen ist in der individuellen Situation, ob es genügt,
nur einen eher strategischen oder technischen Gesprächspartner einzusetzen, oder
in einer Kombination beide Vertreter in einer abgestuften Dialogform für ein
Briefing zu Wort kommen zu lassen. Dies kann insbesondere bei Produktneuvorstel-
lungen, grundsätzlichen strategischen Ankündigungen und Neuausrichtungen von
Produktbereichen (Roadmaps, Plattformentscheidungen) von Vorteil sein.
132 H.-J. Rehm

Nachbereitung: Einzelbriefings lassen sich auch sehr gut nachbereiten, indem


nach dem Termin – evtl. am nächsten Tag – noch einmal beim Analysten nach-
gefragt wird, ob alle Fragen beantwortet werden konnten oder Vertiefungsinter-
esse besteht. Auch die Frage, wie der Analyst die Informationen voraussichtlich
verwerten wird, kann wertvolle Hinweise – auch auf die eigene Zielerreichung
und die Nutzung der Verwertung – geben. Dabei lässt sich – auch für die Kon-
taktdatenbank – auch ein Feedback zum Verlauf des Meetings sowie der Qualität
von eingesetzten Informationsmitteln oder Logistikinstrumenten vermerken. Das
Gleiche gilt in der Nachbereitung mit den eigenen Firmensprechern – wie kam
das Meeting an, welche Stimmung herrschte, wurde die eigene Erwartungshaltung
erfüllt, gab es grundsätzlichen Konsens zu einem Thema, wurden „Hausaufgaben“
aufgeworfen oder vom Analyst wichtige Hinweise auf „To-dos“ gegeben?

Mailings/eMail-Kommunikation

Eines der niedrigschwelligsten Instrumente im Kontakt zu Analysten ist der eMail-


Verkehr, der insbesondere bei kleineren Ad-hoc-Anfragen oder bei der Weiterlei-
tung grundsätzlicher Informationen einsetzbar ist, und zwar sowohl individuell oder
auch über einen Profilverteiler.
Festzuhalten ist, dass durch die Flut des eMail-Verkehrs dieses Instrument nur
dann funktioniert, wenn es auf gezieltes Interesse eines Analysten – entweder durch
eine Individualanfrage – oder eine begleitende telefonische Vorabinformation –
trifft. Analysten erhalten erfahrungsgemäß pro Tag mehrere hundert eMails und
arbeiten unter hohem Zeitdruck, so dass eine ungestützte eMail äußerst leicht über-
sehen werden kann. Insofern sollte in jedem Fall geprüft werden, ob ein kurzer
telefonischer Kontakt zur Vorbereitung Sinn macht und vielleicht auch ein erstes
spontanes Feedback zu einem Thema interesseseitig signalisiert. Oft werden sogar
weitere Fragen durch die Kontaktaufnahme initiiert.
Email-Verteileraussendungen an einen Kreis von Analysten sollten besonders
vorsichtig gehandhabt werden, damit sie keinen Schaden anrichten. Wenn über
einen Verteiler ausgesandt wird, ist sich der Aussender sicher, dass das angezogene
Verteilerprofil interesseseitig zur verschickten Nachricht passt? Gibt es die Mög-
lichkeit, die Ansprache zu individualisieren? Gerade im deutschsprachigen Raum
kann es häufig vorkommen, dass es zu einem spezifischen Thema bestenfalls zehn
Personen gibt, die in den Kreis der potenziellen Interessenten kommen. Hier ist
der Umstieg auf die individuelle Anfrage in jedem Fall vorzuziehen. Lässt sich
die Verteileraussendung an einen größeren Kreis aber aus anderen Gründen nicht
vermeiden, sollte insbesondere auf eine aussagekräftige Betreffzeile, einen zielfüh-
renden Kurzeinleitungstext sowie das Angebot zu einem individuellen vertiefenden
Gespräch geachtet werden, bevor die mitzuteilende Information dann in möglichst
knapper Form anhängt. Attachments sollten nur wenn unbedingt nötig mitgesandt
werden, und zwar aus Gründen der Dateigröße wie auch der häufigen Vorbehalte,
unbekannte Dokumente zu öffnen.
12 Analyst Relations in Deutschland: Im Spannungsfeld zwischen weltweiten . . . 133

Summarisch gesehen hat die eMail in vergangenen Jahren wieder an Bedeutung


in der Kommunikation verloren, und zwar aufgrund ihres inflationären Charakters.
Dies ist aber eher eine Chance für kommunikationsstarke Analyst-Relations-
Experten, da der persönliche Kontakt über Telefon, Instant Messaging oder Social
Media hier (wieder) eine neue Qualität im Dialog ermöglichen kann.
Praktisch keine Rolle spielt mehr die Aussendung auf postalischem Weg, für
die es nur in den Fällen, in denen etwas „physisch“ transportiert werden muss,
eine Rechtfertigung gibt. Für die meisten Dokumente ist dies heute nicht mehr
der Fall. Ausnahmen könnten z. B. bei Datenträgern zu Videos, Musterexem-
plaren, technischen Handbüchern, Technologiebeispielen oder Ähnlichem gegeben
sein.

Analysten-Telefonkonferenzen
Telefonkonferenzen sind ein weiteres wichtiges Instrument in der Analyst-
Relations-Kommunikation. Ihr größter Vorteil liegt in der ohne Reiseaufwand
durchführbaren Vermittlung von Nachrichten, aber auch dem unmittelbaren Dialog
und der Feedbackmöglichkeit. Dabei lassen sich räumlich ungebunden Experten auf
Unternehmensseite aus unterschiedlichen Ländern zusammenschalten, aber auch je
nach Situation Single-oder Multi-Analystenbriefings durchführen. Zu unterschei-
den ist also auch hier wieder die klassische Telefonkonferenz („Telco“) auf Wunsch
oder speziell auf das Interesse eines Analysten hin gerichtet, oder der mehr
„nachrichtenvermittelnde“ Weg einer Telco-Konferenz, zu der das Unternehmen
einen größeren Kreis von Analysten, häufig auch international, einlädt. Dieser Fall
ist häufig zu beobachten und hat sich bei IT-Unternehmen mittlerweile als Standard
herausgebildet, um Analysten in größerer Runde über Neuigkeiten zu informieren.
Manchmal wird diese Telco auch ergänzt durch multimediale Angebote wie einer
Online-Chartpräsentation, oder dem Einsatz von Videokonferenzangeboten und
Online-Chat.
Die Vorteile liegen unbestreitbar auf der Kostenseite und Effizienz, da Zeitbudget
und Geldbeutel hinsichtlich Reiseaufwand geschont werden, auf der anderen Seite
bleibt natürlich wie bei jedem Telefonkontakt, der nicht persönlich im 1-1-Dialog
läuft, eine Distanz und mangelnde Feedbackmöglichkeit hinsichtlich des einzelnen
Analysten bestehen. Ein Unternehmen kann sich – eventuell trotz vorhandenem
Q+A – also nicht unmittelbar sicher sein, wie die vermittelnden Informationen bei
einem größeren Kreis ankommen. Deswegen ist für eine engere Kontaktknüpfung
dieses Instrument unbedingt wieder zu ergänzen durch den individuellen Dialog in
anderer Form.
Im Vorfeld einer Telefonkonferenz lassen sich natürlich auch wieder zeitlich wie
auch strukturell und inhaltlich Maßnahmen zusammenstellen, die die Struktur und
den Ablauf betreffen und die Informationsgeber auf Unternehmensseite vorbereiten
können, beispielsweise durch ein Rehearsal, damit die Informationen in geeigneter
Form und Länge vorhanden sind. Gerade weil in einer Telco möglicherweise auch
134 H.-J. Rehm

Sprecher mit zu Wort kommen können, die nicht täglich im Umgang mit Branchen-
analysten erfahren sind, kommt einer Vorbereitung hinsichtlich der angemeldeten
Teilnehmer auf der Zuhörerseite besonderes Gewicht zu.
Die technischen Möglichkeiten erlauben heute auch eine Kontrolle der Einwahl-
nummern, so dass leicht festgestellt werden kann, welche angemeldeten Teilnehmer
sich einwählen bzw. wie viele Leitungen sich in der Konferenz befinden. Auch
Mitschnittangebote zum Nachhören können hier ein ergänzendes Serviceangebot
sein.
Unternehmen, die mit Telefonkonferenzen arbeiten, sollten auch in Erwägung
ziehen, ob eine laufende Informationsstruktur für Analysten, etwa in Form eines
Quartalsbriefingcalls, ein Angebot sein kann, das dem grundsätzlichen Informa-
tionsbedürfnis im Sinne von „über Unternehmen x auf dem Laufenden halten“
entspricht, das aber dann abgerundet wird durch analystenindividuelle ergänzende
Kommunikationsmaßnahmen.

Analysten-Events

Analysten-Veranstaltungen, deren Ziel es ist, einen größeren Kreis von Analys-


ten aus einem oder mehreren Unternehmen zu informieren, unterscheiden sich
vom verhältnismäßig „bequemen“ Instrument der Telefonkonferenz in mehrerer
Hinsicht.
Insbesondere ist der Vorbereitungsaufwand hinsichtlich Logistik und Zeitpunkt
bedeutend höher.
Gerade die Wahl eines ungünstigen Zeitpunkts kann den Erfolg einer solchen
Veranstaltung maßgeblich beeinträchtigen. So sollte bei der Planung einer solchen
Konferenz bei den gewünschten Teilnehmern möglichst vollständig abgefragt wer-
den, ob eine terminliche Verfügbarkeit gegeben ist – und dies möglichst im Vorlauf
mehrerer Monate. Zu berücksichtigen ist dabei, dass Konferenzen bedeuten, dass
Analysten möglicherweise einen kompletten Tag für diese Veranstaltung inklusive
Reisezeiten aufwenden, und daher sowohl im eigenen Haus wie auch für ihre eigene
Aufgabe erwägen müssen, ob sie dieses Investment tätigen. Auf der anderen Seite
kann die günstige Wahl eines Ortes maßgeblich dazu beitragen, dass eine solche
Entscheidung von Analystenseite positiv ausfällt. Handelt es sich um eine eintägige
Konferenz, ist die Frage einer guten und schnellen Erreichbarkeit – evtl. Zentralität –
im Mittelpunkt. Welche Orte gibt es, die vom Standpunkt der eingeladenen Teil-
nehmer gut zu erreichen sind (Flughafennähe, Bahnhofsnähe, Reisezeiten) und von
denen sie auch wieder am gleichen Tag zurückfahren können?
Bei mehrtägigen Konferenzen, bei denen sich ein umfangreiches inhaltliches
Programm darstellt, kann in diesem Zusammenhang auch die Wahl eines „attrak-
tiven“ Veranstaltungsortes, der möglichweise zwar höheren Reiseaufwand bedeutet,
aber aus sonstigen Gründen auch das persönliche Interesse von Analysten anspricht
oder für eine angenehme Atmosphäre sorgt, ein Erfolgsfaktor sein.
Es versteht sich von selbst, dass solche aufwendigen Konferenzen bestenfalls
ein- bis zweimal jährlich von einem Unternehmen durchgeführt werden können
12 Analyst Relations in Deutschland: Im Spannungsfeld zwischen weltweiten . . . 135

und auch von Analysten in der Regel in höherer Kontaktfrequenz nicht akzeptiert
würden, da es das Zeitbudget einfach nicht zulässt.
Hinsichtlich der inhaltlichen Erwartungshaltung sollte ein Agendaprogramm
für eine solche Analystenkonferenz möglichst hochrangige Unternehmensvertreter
bieten, die dem Analysten die Möglichkeit geben, nicht nur in Form von Gruppen-
briefings Informationen über langfristig relevante Entwicklungen zu bekommen,
sondern auch in Form von anschließenden 1-1s den persönlichen Dialog ermög-
lichen. Dies gilt umso mehr, als bei Multi-Analystenbriefings das individuelle
Interesse einer Abgrenzung zum „Mitbewerber“ hinsichtlich eigener, individueller
Information und Feedbackmöglichkeit besonders hoch ist. Für solche Gespräche
muss daher unbedingt Raum und Zeit sein. Bei mehrtägigen Veranstaltungen kann
darüber hinaus die soziale Komponente – das bessere gegenseitige Kennenlernen
– etwa bei Abendessen oder einer sonstigen gemeinsamen Aktivität (z. B. Outdoor)
ein wichtiger Faktor sein, der auch persönliche, sich später vertiefende Kontakte mit
gesteigertem Vertrauen ermöglicht.

Internationale Konferenzen
Internationale Analystenkonferenzen finden sich als Briefing- und Informationsan-
gebote von Zeit zu Zeit bei international tätigen Unternehmen. In der IT-Branche
beispielsweise haben sich Angebote herausgebildet, die entweder kontinental die
Analysten eines Bereichs zu einem Briefingort zusammenführen, oder bei manchen
Gelegenheiten sogar weltweit.
Die Gründe für ein multinationales Briefing können immer dann gegeben sein,
wenn eine besonders wichtige Ankündigung bevorsteht oder sich beispielsweise ein
Ort wie ein Labor oder Kompetenzzentrum an einer Stelle befindet, die sich für
die Austragung einer solchen Veranstaltung besonders anbietet, um vor Ort ent-
sprechende Vorführungen zu machen. Interessanterweise genießen solche Veranstal-
tungen bei Analysten ein erhöhtes Interesse, da die Begegnung mit ausländischen
Kollegen des gleichen Unternehmens oder auch ähnlicher Unternehmungen auch
für sie eine nicht alltägliche Bereicherung darstellt, jenseits der Erwartungshaltung,
die gegenüber dem durchführenden Unternehmen hinsichtlich Gesprächspartnern
und Bedeutung der Inhalte besteht. Gelingt es sogar, eine internationale Konferenz
in der Nähe des Stammsitzes eines oder mehrerer Analystenhäuser durchzuführen,
so kann dies einen zusätzlichen Teilnahmeeffekt bewirken, da Analysten dann mög-
licherweise eine solche Konferenz und sonstige Geschäftstermine kombinieren. In
der IT-Branche sind Beispiele bekannt, in denen in den Vereinigten Staaten in New
York oder Boston aufgrund dort ansässiger Zentralen solche Effekte zu beobachten
waren.
Internationale Konferenzen sind geeignete Bühnen für höchste Unternehmens-
und Bereichsführer, in Kontakt mit relevanten Branchenanalysten zu treten. Hier
ist die Gelegenheit, einmal auf Tuchfühlung zu gehen und grundlegende Unterneh-
mensausrichtungen vorzustellen sowie besonders hochrangige Analysten zu einer
Veranstaltung zu bekommen, wenn das Programmangebot stimmt.
136 H.-J. Rehm

Die bereits vorher gemachten Aussagen hinsichtlich Logistik gelten auch hier,
wobei hinsichtlich Qualität des Standorts hier nochmals höhere Niveauanforde-
rungen gelten. Dabei sind natürlich landesspezifische Eigenheiten (Distanzen,
Fahrtwege, Klima) für den jeweiligen Termin noch zu berücksichtigen.
Bei der Vorbereitung einer internationalen Analystenkonferenz werden in
der Regel neben der Analyst Relations-Funktion Stäbe aus dem Bereich der
Geschäftsführungsassistenz, dem Veranstaltungsteam und der Marketing-/ Sales-
leitung beteiligt sein. Aufgrund des hohen Erwartungsdrucks wird hier von
einem mehrstufigen Vorbereitungsaufwand hinsichtlich Zielsetzung, Budgetierung,
Inhaltsentwicklung, Agendastruktur, Sprechervorbereitung, Logistikvorbereitung,
Einladungs- und Durchführungsprozess sowie umfangreicher Nachbereitung aus-
zugehen sein, die Vorlaufzeiten von mehreren Monaten bis zu einem Jahr und mehr
bedeuten können. Auch die Einbindung externer Dienstleister wie Veranstaltungs-
und Analyst-Relations-Agenturen kann ein Mittel sein, zum Erfolg einer solch
komplexen Veranstaltung beizutragen.

Aufträge an Branchenanalysten

Aufträge an Branchenanalysten sind ein Sonderthema bei Analyst Relations, da


hier ein besonderer Gefahrenpunkt hinsichtlich Zielkonflikten liegt. Selbstverständ-
lich ist es ein Geschäftsmodell vieler Branchenanalysten, im Sinne von Vendor-
Facing-Serviceangeboten Dienstleistungen gegenüber Anbietern einer Branche,
beispielsweise der IT-Branche, zu erbringen. Ganze Abteilungen in größeren Ana-
lystenunternehmungen haben sich auf den Vendor-Facing-Bereich konzentriert.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Auf der Anbieterseite im Markt gibt es
aus Analystensicht eine umfangreiche, vielschichtige und sich schnell erneuernde
Nachfrage nach Analyse-Dienstleistungen, die lukrativ und mit seriös erhebbaren
Marktinformationen zu erbringen ist. Die Frage ist dabei nur, ob die Unternehmens-
Analyst-Relations-Funktion für diese Kontaktfrage die richtige Anlaufstelle ist. Die
Antwort darauf ist zu verneinen, analog wie Unternehmenspressestellen auch keine
Advertorial- oder Werbeaufträge vergeben sollten. Der Grund dafür ist natürlich die
Vermeidung von Interessenkonflikten, und die Artikulations von Research-Bedarf
ist deswegen bei Market-Intelligence-/Marktforschungsabteilungen oder Spezia-
listen viel besser aufgehoben. Die Spezialisierung dieser Fachfunktionen liegt
gerade in der Eigenerhebung und im Einkauf von Marktforschungs- und Analyse-
aufgaben als auftraggebende Funktion eines Unternehmens, das Entwicklungen und
seine eigene Rolle/Position im Markt besser verstehen will. Werden Anforderungen
innerhalb des Unternehmens an Analyst-Relations-Experten herangetragen, Brie-
fings von Branchenanalysten in eventuellen Zusammenhang mit der Erteilung von
Aufträgen zu stellen, sollten diese daher nach Möglichkeit die Fachfunktion der
Market Intelligence frühzeitig einbinden, um die Neutralität und Aufgeschlossen-
heit von Analysten nicht zu gefährden. Werden umgekehrt von Analysten Auf-
tragsinteresse und Angebot von Dienstleistungen an Analyst-Relations-Funktionen
12 Analyst Relations in Deutschland: Im Spannungsfeld zwischen weltweiten . . . 137

herangetragen, sollte ebenfalls der Kontakt zur Market-Intelligence-Funktion ver-


mittelt werden, um die eigene professionelle Unabhängigkeit und Distanz zu
wahren. Bei der Wahrung dieser Distanz ist es selbstverständlich sinnvoll, Kenntnis
von eventuellen Aufträgen oder Dienstleistungen zu haben, die parallel zur eigenen
Analysten-Briefingtätigkeit im Unternehmen als paralleler Kommunikationsstrang
stattfinden.

Vermeidung von Interessenskonflikten

Interessenskonflikte können in der Beziehung zu Marktmultiplikatoren wie Ana-


lysten für eine Analyst-Relations-Funktion leicht entstehen, sie lassen sich aber
bei Befolgung einiger Prinzipien auch leicht vermeiden. Dabei hilft es, sich immer
wieder vor Augen zu halten, welche prinzipielle Aufgabe eine Analyst-Relations-
Abteilung verfolgt: Aufbau und Pflege von Kontakten zu relevanten Branchen-
analysten zum Zwecke der Informationsvermittlung über Neuigkeiten, strategische
Ausrichtung und Marktposition des vertretenen Unternehmens. Dabei soll eine posi-
tive Bewertung des Unternehmens und seiner Schritte im Marktvergleich erreicht
werden.
NICHT Aufgabe einer Analyst-Relations-Abteilung ist die Auftragsvergabe von
Research-Aufträgen, die Analysten monetär beeinflussen können oder die Über-
nahme von Market-Intelligence-Aufgaben, in deren Händen Einkauf und Beauftra-
gung von Analysten richtig aufgehoben sind. Ebenfalls sollten Kopplungsgeschäfte
oder auch nur deren Andeutung unbedingt vermieden und bei Entdeckung auch
unterbunden werden, wenn eine Beziehung zwischen Analyst-Relations-Experte,
Unternehmen und Analystenhaus eine Zukunft haben soll.
Gegenüber Marketing-Funktionen ist eine Abgrenzung hinsichtlich der Ein-
bindung in Kampagnen ebenfalls sinnvoll, denn Analysten lassen sich in ihrer
Markteinschätzung nicht einkaufen oder in geplante Kampagnen „einspannen“.
Sie können allenfalls als Gastsprecher, Studienautor oder dritte Stimme im Markt
mit ihrer Perspektive einen ergänzenden Beitrag leisten, dürfen aber nie in den
Anschein geraten, nicht unabhängig zu sein. Ebenfalls ist bei der häufigen Frage
vieler Vertriebsfunktionen, ob Analyst A oder B gegebenenfalls bei einer Vertriebs-
situation mit einer Empfehlung an den Kunden helfen könne, Vorsicht geboten. Nur
dann, wenn eine bereits bekannte Position eines Analysten hier in einer Situation
hilfreich sein kann, ohne dass diese von ihm im Sinne einer Beeinflussung einer
Kaufentscheidung nochmals spezifisch abgewandelt wird, lässt sich eine solche
Situation darstellen. Und auch in diesem Fall sollte eine Beauftragung nicht durch
die Analyst-Relations-Funktion, sondern durch Market-Intelligence oder gegebe-
nenfalls die Vertriebsfunktion direkt – unter Nutzung der Unternehmensprozesse –
erfolgen.
Gleiches gilt, wenn Managementverantwortliche der Meinung sind, sie könn-
ten Markteinschätzungen, Positionierungen und Rankings oder Analysen in ihrem
Sinn erkaufen. Hier ist die wichtigste Aufgabe des Analyst-Relations-Experten
die Beratung und Aufklärung von Führungskräften darüber, welche Aufgaben
138 H.-J. Rehm

und Rollen Industrieanalysten wahrnehmen und welche nicht. Es versteht sich


von selbst, dass hier in Drucksituationen Rückgrat und Erfahrung gefragt sind,
wenn die eigene Rolle auf Dauer seriös, nachvollziehbar und durchsetzungsfähig
wahrgenommen werden soll.

Umgang mit falschen Erwartungen aus dem Unternehmen

Wie bereits im vorherigen Abschnitt angedeutet, besteht eine wichtige Aufgabe


eines Analyst-Relations-Beauftragten darin, seine professionelle Aufgabe im Rah-
men der vielfältigen Praxissituationen sichtbar und nachvollziehbar darzustellen,
seinen Nutzen nachzuweisen, aber auch möglichen Missbrauch oder die Zuordnung
von Aufgaben aus Nachbardisziplinen zu vermeiden und durchsetzungsfähig zu ver-
argumentieren. In diesem Spannungsfeld ist es schlüssig, dass eine Zusammenarbeit
mit benachbarten Disziplinen im Unternehmen kolossal helfen kann, Unterneh-
mensaufgaben professionell zu bewältigen und im Verbund sowohl nach innen
wie nach außen gegenüber Geschäftspartnern nachvollziehbar und deutlich zu
vermitteln.
Die Dokumentation der eigenen Aufgaben und erbringbaren Dienstleistung kann
dabei eine Hilfe sein, überzogene Ansprüche abzuwehren, aber auch umgekehrt
stetig die Vorteile aus der erbrachten Tätigkeit für das Unternehmen nachzuweisen.
Fachdisziplinen wie Vertrieb oder Marketing stehen häufig unter enormem
Druck, sei es zur erfolgreichen Bewältigung eines Abschlusses, einer vertriebsun-
terstützenden Marketingkampagne oder der sonstigen fristgerechten und zielerfül-
lenden taktischen Maßnahme. Analyst Relations kann dabei wichtige Türen öffnen,
um Market Intelligence, Marketing, Vertrieb oder anderen Funktionen die Umset-
zung ihrer Aufgabe zu ermöglichen, darf aber durch manche Türen selbst nicht
„gehen“, insbesondere im monetären Umfeld beim Kontakt mit Analysten.
Langjährig in der Fachfunktion tätige Experten wissen, wie heikel manchmal
eine solche Gratwanderung sein kann, und wie schwierig die Vermittlung der
eigenen Position gegenüber internen Kollegen, aber auch manchen Vertretern von
Analystenhäusern mit einer Vertriebsaufgabe. Nur die unbedingte Vermittlung der
eigenen Integrität und Vertrauenswürdigkeit kann in diesen Situationen helfen,
die richtigen Enden miteinander zu verknüpfen und dann in der eigenen Aufgabe
die notwendigen Schritte zu tun, damit aus der Sicht beider Seiten ein Analyst-
Relations-Kontakt zu einem Erfolgsfaktor wird und der vollzogene Kontakt beiden
Seiten zum Vorteil gereicht.

Verbindungen zu Social Media

Das Aufkommen von Web 2.0-Technologien hat auch in der Analyst-Relations-


Disziplin neue Möglichkeiten hervorgebracht. Schnellere Kommunikationswege,
Online-Dialoge und das Mitteilen aktueller Tätigkeiten und Arbeitsschwerpunkte
gegenüber der Online-Community sind wahrscheinlich die augenfälligsten Aspekte.
12 Analyst Relations in Deutschland: Im Spannungsfeld zwischen weltweiten . . . 139

Aus der Sicht des Analyst-Relations-Professionals stellen sich dabei unter


anderem folgende Fragen:
• Wo nützt mir Social Media?
• Welche Plattformen/Werkzeuge sollte ich nutzen?
• Wie kann ich sie nutzen?
• Welche meiner Analystenkontakte nutzen Social-Media-Werkzeuge, und wie?

Zunächst zur Frage des Nutzens von Social Media: Fast jeder, der sich mit
den einschlägigen Plattformen wie Xing, Skype, Facebook und Twitter beschäf-
tigt, wird feststellen, dass ein Teil seiner Zielgruppe solche Dienste einsetzt, um
entweder mit anderen Kontakten oder Gesprächspartnern in Verbindung zu blei-
ben, über die eigene Arbeit zu berichten, für sie zu werben oder auch neue Kontakte
anzuregen. Ein anderer Teil wird vermutlich nur wenige oder gar keine dieser Servi-
ces einsetzen. Damit ergeben sich aus dem Charakter der Social-Media-Plattformen
folgende Ansatzpunkte:

• Online-Kontakte zu den Analysten aufbauen, die für den jeweiligen Analyst-


Relations-Kontakt im Unternehmen relevant sind,
• Beobachten der Tätigkeiten dieser Zielgruppe,
• Dialogangebot und selektiver Dialog je nach Thema zu diesem Kreis,
• Nutzung von Instant-Messaging oder Online-Kommentaren als alternativem
Kommunikationsweg unterhalb der Telefonschwelle,
• ggf. Weiterverbreitung interessanter Nachrichten von Analysten als Zitat über
geeignete Plattformen,
• Hinweis an Analysten auf interessante Geschehnisse und Fakten rund um das
eigene Unternehmen.

Dabei gilt es zu beachten, dass ein beachtlicher Teil dieser Tätigkeit – mit teil-
weiser Ausnahme bei Skype und Xing – sich unter den Augen einer Öffentlichkeit,
auch der Konkurrenz, abspielen kann.
Die Auswahl der geeigneten Plattformen richtet sich im Wesentlichen nach der
bevorzugten Wahl der jeweiligen Analysten, und es gilt, hier zwischen dem Bedarf
an Vertraulichkeit und öffentlicher Sichtbarkeit abzuwägen. So kann ein Teil eines
Dialoges beispielsweise über Skype laufen, ein anderer auch über Twitter.
Analyst-Relations-Beauftragte sollten sich grundsätzlich mit den wesentlichen
Social-Media-Plattformen und ihrer Charakteristik vertraut machen, um sich auf
die bevorzugten Kommunikationsmittel ihrer „Kunden“ einzustellen. Dabei werden
sich im Verlauf eines Dialogs immer individuelle Präferenzen herausbilden. Bei der
Begeisterung über die interessanten Möglichkeiten des Dialogs und der Verbreitung
von Informationen über Social Media sollte aber das Wissen um die einmaligen
Möglichkeiten beim persönlichen Gespräch oder Telefonat niemals vergessen wer-
den, denn nur dort ist authentischer Dialog und unmittelbares Feedback möglich
und es lassen sich Sympathie und Vertrauen direkt aufbauen.
140 H.-J. Rehm

Zukunftsperspektiven lokaler AR
Analyst Relations wird im deutschsprachigen Raum eine zunehmende Bedeutung
erfahren. Dabei lassen sich die Erfahrungen, die über einen längeren Zeitraum im
angelsächsischen Raum gemacht worden sind, auch teilweise auf die Aufgaben-
stellung hiesiger Experten übertragen. Die Umfragen auf der Kundenseite bei fast
allen Branchen deuten immer wieder darauf hin, dass Branchenbeobachter und
neutrale, unabhängige Berater auf den vorderen Plätzen stehen, wenn es um Ver-
trauen und Berücksichtigung bei Investitionsentscheidungen geht. Es bleibt daher
eine zwingende Notwendigkeit, diese Zielgruppe einer überschaubaren Anzahl
von Instanzen oder Individuen in einem jeweiligen Marktsegment unkompliziert,
direkt und mit umfassendem Informationsangebot aus erster Hand zu versorgen.
Der zunehmende Einsatz webbasierter Technologien rundet dabei das klassische
Kommunikationsspektrum ab und ergänzt es mit neuen Möglichkeiten des Dia-
logs, ohne es zu ersetzen. Analyst Relations Professionals sind daher gut beraten,
sich fortlaufend nach der Einsatzmöglichkeit neuer Kommunikationsschnittstellen
umzusehen, um auf Augenhöhe mit ihrem Gegenüber im Dialog zu bleiben. Klassi-
sche Tugenden wie Reaktionsschnelligkeit, Verlässlichkeit, Präzision in Service
und Antwort sowie langfristige Kontinuität bleiben dabei unberührt. Gerade in
einer Disziplin, in der wie in nur wenigen anderen Bereichen die Anzahl der
Individuen, die es zu betreuen gilt, überschaubar klein ist, ergeben sich aus der
häufigen 1-1-Beziehung und individualisiert möglichen Betreuung Kontaktintensi-
täten, die andere Multiplikatoren nur selten erfahren können. In diesem Sinn bleibt
die Analyst-Relations-Tätigkeit ein von traditionellen, vom menschlichen Verhalten
ableitbaren Strukturen geprägtes Kommunikations- und Vermittlungsfeld, das von
den Möglichkeiten moderner Kommunikation profitiert, seine Wurzeln und ureigene
Stärke aber nach wie vor aus dem menschlichen Dialog und dem daraus entste-
henden Vertrauen bezieht. Die Zukunft von Analyst Relations wird daher stark vom
menschlichen Dialog geprägt sein.

Quellen und Literaturhinweise


Industry Analyst Relations in Deutschland, Herausgeber DARA - Deutscher Analyst Relations
Arbeitskreis, Sammelband, Prismus GmbH (1. Aufl. 2008), ISBN: 978-3-940543-01-1
Industry Analyst Relations, Meinungen-Missverständnisse-Mythen, Ralf Leinemann, Hans-Jürgen
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http://analystrelations.org/ - die Webseiten des IIAR Institute of Industry Analyst Relations
http://www.sagecircle.com/ - die Webseiten des SageCircle -Analyst Relations Best Practices

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