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11.01.08
Das Fachgebiet Thermo- und Magnetofluiddynamik (TFD) ist an der Fakultät für
Maschinenbau der Technischen Universität Ilmenau angesiedelt und wird seit 1998
von Herrn Prof. Dr. André Thess geleitet. Es ist für die Grundlagenausbildung in den
Fächern Technische Thermodynamik und Wärmeübertragung zuständig und bietet
Spezialisierungsvorlesungen auf den Gebieten Magnetofluiddynamik,
Strömungsmesstechnik, Zweiphasenströmungen, Turbulenz, Kältetechnik und
Solarthermie an. Die Forschungsarbeiten des Fachgebietes sind auf drei Themen
fokussiert. Dabei handelt es sich um Thermische Konvektion, Magnetofluiddynamik
(MFD) und Regenerative Energien. Im Folgenden werden diese Themen kurz
vorgestellt. Das Hauptaugenmerk der Darstellung gilt - gemäß dem Schwerpunkt
dieser Zeitschrift - dem Gebiet der MFD.
1. Thermische Konvektion
Strömungen von Flüssigkeiten oder Gasen, die durch Temperaturunterschiede
angetrieben werden, heißen thermische Konvektionsströmungen. Sie treten in Natur
und Technik in vielfältiger Weise in Erscheinung, wie beispielsweise als Bewegungen
von Wasser in einem Kochtopf, von Schmelzen in Induktionsöfen, von Luft in der
Passagierkabine eines Flugzeuges oder von Luft in der Erdatmosphäre. Unsere
mangelhafte Fähigkeit, turbulente thermische Konvektionsströmungen genau
vorherzusagen, spiegelt sich in ungenauen Wetter- und Klimaprognosen, in
verbesserungswürdigen Induktionsöfen und zugigen Flugzeugkabinen wider. Am
Fachgebiet TFD wird eine breite Palette grundlagen- und anwendungsorientierter
Forschungsarbeiten betrieben, um die Vorhersagegenauigkeit für thermische
Konvektionsströmungen zu verbessern.
Abbildung 1 zeigt das Großgerät ,,Ilmenauer Fass" mit dem das Fachgebiet TFD
Grundlagenforschung zur thermischen Konvektion betreibt. Es handelt sich hier um
das weltweit größte Experiment, mit dem thermische Konvektion ,,in Reinkultur" als
sogenannte Rayleigh-Bénard Konvektion studiert wird. Dabei wird Luft in einem
zylindrischen Behälter mit sieben Metern Durchmessern und sieben Metern Höhe
von unten durch eine gleichmäßig erwärmte Heizplatte und von oben durch eine frei
schwebende, fünf Tonnen schwere Kühlplatte in Bewegung versetzt. Die
gemessenen Temperatur- und Geschwindigkeitsverteilungen erlauben einen Blick in
nie da gewesener Schärfe auf die Einzelheiten der turbulenten Wirbelstrukturen [1]
und tragen als Referenzdaten zur Verbesserung kommerzieller
Strömungssimulationsprogramme bei.
Abbildung 1 Turbulenzforschung: Außenansicht des Turbulenzforschungsgerätes ,,Ilmenauer Fass".
Im Inneren des Fasses wird turbulente thermische Konvektion von Luft mittels miniaturisierter
Temperatursensoren sowie Laser-Doppler Anemometrie hochpräzise vermessen.
2. Magnetofluiddynamik
2.1 Einordnung
2.2 Grundlagenforschung
Die grundlagenorientierten Arbeiten zur MFD konzentrieren sich auf die Erforschung
von Kanalströmungen unter dem Einfluss eines homogenen Magnetfeldes senkrecht
zur Strömungsrichtung. Diese Strömungsform wird als Hartmann-Strömung
bezeichnet und bildet eines der wichtigsten Modellsysteme der MFD. Seit über 70
Jahren ist bekannt, dass bei einer laminaren Hartmann-Strömung die Lorentzkräfte
zu einem nahezu konstanten Geschwindigkeitsprofil mit dünnen Randschichten an
den Kanalwänden - den sogenannten Hartmannschichten - führen, in denen die
Geschwindigkeit auf Null abklingt. Doch die Frage, bei welchen Geschwindigkeiten
und Magnetfeldstärken eine laminare Hartmannströmung in den turbulenten Zustand
übergeht, war bis vor kurzem unbeantwortet. In den letzten Jahren konnten am
Fachgebiet durch systematische Computersimulationen die Mechanismen des
Turbulenzübergangs in der Hartmannströmung aufgeklärt werden. Die in
aufwändigen Simulationsserien an Hochleistungsrechnern ermittelten
Schwellenwerte für die Turbulenzentstehung [3] stimmen quantitativ mit neuen
experimentellen Resultaten [4] überein. Diese Arbeiten werden derzeit durch direkte
numerische Simulationen der turbulenten Hartmannströmung fortgesetzt [5]. Die
Simulationen erfolgen mit einem Forschungscode aus Eigenentwicklung, der effizient
auf Parallelrechnern eingesetzt werden kann. Das in Abb. 3 dargestellte
Geschwindigkeitsprofil stammt aus einer Simulation, die etwa 4000 Stunden
Rechenzeit auf einem Prozessor benötigt hätte. Obwohl die Strömung turbulent ist,
befindet sich in der Mitte des Kanals ein flaches Profil ohne Fluktuationen. Die
Turbulenz ist also auf die Hartmannschichten beschränkt. Der Aufwand der
Simulation resultiert daraus, dass alle Wirbelstrukturen der Strömung auf dem
numerischen Gitter dargestellt werden. Die gewonnenen Daten können für die
Weiterentwicklung von Turbulenzmodellen für kommerzielle
Strömungssimulationsprogramme verwendet werden.
2.3 Anwendungsforschung
Ein Schwerpunkt der angewandten Forschung zur MFD ist die Entwicklung des
berührungslosen Strömungsmessverfahrens der Lorentzkraft-Anemometrie (LKA) [6].
Das Grundprinzip des Verfahrens, welches auf Arbeiten des englischen Forschers
Arthur Shercliff aus den sechziger Jahren zurückgeht, ist in Abbildung 4 dargestellt.
Strömt eine elektrisch leitfähige Flüssigkeit wie beispielsweise eine Metallschmelze
durch ein von außen angelegtes stationäres Magnetfeld, so werden in der Schmelze
elektrische Wirbelströme induziert. Dadurch entsteht in der Schmelze eine
bremsende Lorentzkraft, die proportional zur mittleren Strömungsgeschwindigkeit
und damit zur Durchflussmenge ist. Auf Grund der Gleichheit von Kraft und
Gegenkraft ruft die bremsende Lorentzkraft eine gleich große beschleunigende Kraft
auf das felderzeugende Magnetsystem (in Abbildung 4 ein oder mehrere
Permanentmagnete) hervor. Die Messung der auf das Magnetsystem wirkenden
Kraft erlaubt eine präzise Bestimmung der Strömungsgeschwindigkeit und der
Durchflussrate der Flüssigkeit. Der in Abbildung 4 b schematisch dargestellte
Prototyp eines LKA wurde erfolgreich in einem Unternehmen der
Sekundäraluminiumindustrie getestet. Seither erfolgt eine Weiterentwicklung der
Technologie für diese und andere Anwendungen. Neben der LKA werden am
Fachgebiet zahlreiche weitere anwendungsorientierte Fragestellungen wie zum
Beispiel das elektromagnetische Rühren von Glasschmelzen oder der Bau
elektromagnetischer Pumpen für Flüssigmetalle bearbeitet. Die Abwicklung von
Industrieprojekten erfolgt zuverlässig, effizient und termingerecht über eine
Technologietransfer GmbH, die mit der TU Ilmenau über einen Kooperationsvertrag
verbunden ist.
a)
b)
F
N
3. Regenerative Energien
Das Fachgebiet TFD ist seit Mitte der neunziger Jahre auf den Gebieten
Solarthermie und solare Kühlung tätig. Es ist mit der wissenschaftlich-technischen
Programmbegleitung der im Freistaat Thüringen im Rahmen des
Bundesförderprogramms Solarthermie 2000 errichteten Solaranlagen zur
Warmwasservorwärmung beauftragt. Seit Februar 2004 werden die Projekte des
Nachfolgeprogramms Solarthermie 2000plus messtechnisch und wissenschaftlich
betreut. Abbildung 5 zeigt als Referenzobjekt das mit einer Solarfassade verkleidete
Heizhaus des staatlichen Sportgymnasiums in Oberhof. Nähere Informationen sind in
[7] zu finden.
Seit 1993 betreibt das Fachgebiet eine Klima- und Umweltmessstation, siehe [11] für
umfassende Information. Neben den in der Meteorologie üblichen Messgrößen
Temperatur, Feuchte, Luftdruck, Windgeschwindigkeit, Windrichtung,
Globalstrahlung und Niederschlagsmenge werden zusätzlich die
Luftschadstoffkonzentrationen von Ozon, Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid, Stickoxide
und Kohlendioxid erfasst.
Literatur