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PH EF Mechanik Vektoren in der Physik Obrm

Skalare und Vektoren


Masse, Dichte, Energie und Zeit haben eines gemeinsam: Man kann sie mit nur einer Zahl beschreiben
(verwechsle nicht Zahl und Ziffer). Das bereits aus der Mode gekommene Urkilogramm hat klarerweise
1 kg. Größen, die man mit nur einer Zahl beschreiben kann, nennt man Skalare. Sie haben keine
Richtung. Der Ausdruck Skalar ist im Alltag nicht gebräuchlich, sondern nur in der Physik und Mathe-
matik. Bekannt ist dir aber der Begriff Skala, eine aus Strichen und Zahlen bestehende Maßeinteilung,
die sich etwa auf einem Lineal oder Messbecher befindet. Beide Ausdrücke sind vom lateinischen Wort
scala abgeleitet, was so viel wie „Leiter” oder „Treppe” bedeutet.

Gewicht, Kraft, Geschwindigkeit und Beschleunigung haben auch eines gemeinsam: Sie haben näm-
lich eine Richtung. Es macht ja einen großen Unterschied, ob dich dein Gewicht auf den Boden drückt
oder an die Decke. Dein Gewicht zeigt immer in Richtung Erdmitte. Daran siehst du schon einen großen
Unterschied zur Masse, die leider immer mit Gewicht verwechselt wird: Die Masse hat keine Richtung
(dazu später im Halbjahr mehr)!
Auch bei der Geschwindigkeit spielt die Richtung eine Rolle. Wenn du von Köln aus nach Berlin willst,
musst du über die Bundesautobahn A2. Größen mit Richtung nennt man Vektoren. Zu ihrer Beschrei-
bung braucht man mehrere Zahlen. Grafisch werden sie als Pfeile dargestellt. Der Begriff Vektor leitet
sich vom lateinischen Wort vector ab und bedeutet dort so viel wie „Träger“ oder „Fahrer“. Zum Beispiel
gibt ein Geschwindigkeitsvektor an, wohin ein Ding „getragen” wird.

In der Physik kommen meistens zwei- oder dreidimensionale Vektoren vor, z.B. zweidimensional in x-
und y-Richtung: v 𝑦

vx 𝐯⃑
⃑ = (v )
v
y

vx
Vektoren werden mit einem Pfeil über dem Größensymbol geschrieben. Für unsere Abschätzungen
und Berechnungen ist meist die Lange der Vektoren wichtig, also der Betrag. Die Schreibweise für den
Betrag eines Vektors ist |v
⃑ |. Der Betrag hat aber keine Richtung mehr, also kann man auch abgekürzt
die Schreibweise eines Skalars verwenden: |v ⃑ | = v. Man berechnet ihn mit Hilfe des Satzes von Pytha-
goras:
v = √vx2 + vy2

Schauen wir uns ein Beispiel an. In der Abb. rechts siehst du
die Geschwindigkeitsvektoren von zwei Autos auf der Bunde-
sautobahn A2. Die Vektoren geben Richtung und Größe der Ge-
schwindigkeiten an. Je höher die Geschwindigkeit, desto länger
der Vektor. Frau Mayer bolzt mit ihrem neuen Sportwagen mit
200 km/h (das ist natürlich viel zu schnell) auf der Strecke von
Dortmund nach Hannover. Dort führt die Autobahn nach Nord-
osten. Herr Müller kommt aus Berlin und fährt mit 100 km/h an
Magdeburg vorbei. Dort führt die Autobahn in Richtung Westen.

Wann sind zwei Skalare gleich? Wenn beide Zahlenwerte gleich groß sind! Also 1 kg ist logischerweise
1 kg. Wann sind zwei Vektoren gleich? Wenn sie in allen ihren Zahlen übereinstimmen (Betrag, Rich-
tung). Wie sieht das grafisch aus? Zwei Vektoren sind dann gleich groß wenn du sie durch Verschieben
zur Deckung bringen kannst. Wichtig: nur schieben, nicht drehen! Nur dann bleiben nämlich alle Koor-
dinaten des Vektors gleich. In der Abb. ist das nur bei a der Fall. Bei b und e sind die Vektoren zwar
gleich lang (haben also den gleichen Betrag), aber es handelt sich trotzdem um verschiedene Vektoren.
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Was zeigt ein Tachometer an? Die Geschwindigkeit? Die Antwort ist verblüffenderweise: Nein! Er zeigt
ja nicht an, in welche Richtung ein Auto fahrt. Der Tachometer zeigt dir den Betrag der Geschwindigkeit
an, und das ist etwas anderes. Denn der Betrag der Geschwindigkeit, den man auch Tempo oder
Schnelligkeit nennt, ist ein Skalar. Du wirst dir vielleicht denken, dass das eine Spitzfindigkeit ist. Aber
warte mal ab!
Jede Änderung der Geschwindigkeit nennt man in der Physik eine Beschleunigung. Der Vektor,
der die Geschwindigkeit anzeigt, kann länger werden (das entspricht Fall c in der vorherigen Abb.), er
kann kürzer werden (d) oder er kann sich drehen (e). In allen drei Fällen liegt eine Beschleunigung vor.
Im dritten Fall ist das wahrscheinlich ein bisschen überraschend.

Wenn du mit 80 km/h durch eine Kurve fährst, dann ändert sich die
Geschwindigkeit, weil sich die Richtung des Geschwindigkeitsvektors
ändert (Abb. rechts). Es widerspricht der Intuition, dass der Tacho
immer das Gleiche anzeigt, aber du trotzdem beschleunigt wirst.
Jede Geschwindigkeitsänderung kannst du aber als Beschleunigung
spüren. Im Fall einer Kurve tritt eine Zentripetalbeschleunigung auf
(die behandeln wir auch noch in diesem Halbjahr). Aufgrund der
Trägheit drückt es dich scheinbar nach außen.
Du siehst also: Würde die Geschwindigkeit ein Skalar, dann würde in
der Kurve keine Beschleunigung auftreten, und dann kenntest du
beliebig schnell durch Kurven fahren, ohne von der Straße abzukom-
men. Und Achterbahnfahren würde dann auch keinen Spaß machen.

Einfache Vektorenoperationen: Parallelbewegungen

Denkaufgabe:
Du fährst mit dem Bus mit 1 m/s gemächlich von der Schule nach
Hause und gehst mit 0,5 m/s im Bus nach hinten. Du schiebst dir
das Mittags-Baguette mit 0,05 m/s ( = 5 cm/s) in den Mund (du
bist sehr hungrig). Auf dem Baguette läuft eine Ameise mit 0,1
m/s ( = 10 cm/s) um ihr Leben. Wie schnell ist die Ameise relativ
zur Straße?

Wie werden Vektoren addiert? Du kannst ei-


nen Vektor beliebig verschieben, ohne dass
sich seine Koordinaten verändern. Du schiebst
also einfach an das Ende des ersten Vektors
den Anfang des zweiten. Der Summenvektor
zeigt dann vom Anfang des ersten Vektors
zum Ende des zweiten.

Losen wir die Denkaufgabe grafisch auf (Abb.


rechts). Hier überlagern sich vier Geschwindig-
keiten. Zur besseren Übersicht sind die Vektoren
untereinander gezeichnet! Die Ameise bewegt
sich mit 0,45 m/s relativ zum Boden (der unterste
Pfeil).
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Einfache Vektorenoperationen: Senkrechte Bewegungen


Denkaufgabe:
Ein Zeitungsbote fährt mit seinem Rad mit 10 m/s
und wirft die Zeitung mit ebenfalls 10 m/s quer zur
Fahrtrichtung. Wie schnell fliegt die Zeitung relativ
zum Boden und wo muss er sie wegwerfen, damit
er genau die Tür trifft?

Auch hier gibt es wieder eine grafische Lösung


(siehe Abb.). Die Darstellung ist ein bisschen
anders gewählt, weil die Vektoren mit Hilfslinien zu einem Quadrat ergänzt wurden. Du siehst: Die
Geschwindigkeit der Zeitung ist gleich der Diagonale des Quadrats, also etwa 14,1 m/s.Und obwohl
der Junge aus seiner Sicht die Zeitung quer zur Fahrtrichtung wegwirft, fliegt diese vom Boden aus
gesehen unter 45° nach vorne. Alles eine Frage des Bezugssystems! Er darf die Zeitung also nicht erst
auf Höhe der Tür werfen, sonst landet sie im Gebüsch.

ÜBUNG 1

Wolkenbruch! Die Tropfen fallen senkrecht mit 8 m/s zu Boden (siehe Abb.). Dann
beginnst mit 6 m/s zu laufen. Wie fällt dann aus deiner Sicht der Regen zu Boden?
Wie musst du den Schirm halten?
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Vektoren werden addiert, indem man sie aneinanderlegt. Der Summenvektor zeigt dann vom
Anfang des ersten bis zum Ende des letzten Vektors und kann auch null sein. Es ist wichtig,
welches Bezugssystem man zur Beschreibung einer Bewegung wählt. Wenn man es nicht
dazu sagt, ist der Erdboden gemeint.

Das Unabhängigkeitsprinzip
Führt ein Gegenstand mehrere Bewegungen gleichzeitig aus, so beeinflussen diese einander
nicht. Das nennt man Unabhängigkeitsprinzip („Superpositionsprinzip“) der Bewegungen.
Mit mehreren Bewegungen ist gemeint, dass man z.B. die Geschwindigkeit in mehrere Kom-
ponenten zerlegen und wieder zusammensetzen kann. Es können sich sowohl mehrere gleich-
förmige als auch z.B. eine gleichförmige und eine beschleunigte Bewegung überlagern!

ÜBUNG 2:
Lara Croft ist mit einem Boot auf der Flucht. Wie muss sie einen Fluss mit Strömung überque-
ren, damit sie am schnellsten drüben ankommt? Und wie muss sie fahren, um auf dem kür-
zesten Weg ans andere Ufer zu kommen? Quer, schräg in oder schräg gegen die Strömungs-
richtung?
a) Mache eine Skizze mit Geschwindigkeitsvektoren und beantworte die Fragen.

b) Ihr Boot hat eine Geschwindigkeit von 3 m/s, die Strömungsgeschwindigkeit beträgt 4
m/s. Wie groß ist die Gesamtgeschwindigkeit?

c) Wie breit ist der Fluss, wenn sie in 20 Sekunden am anderen Ufer ist?

ÜBUNG 3:

Wie groß ist die Strecke, die der


Schwimmer in 20 s zurücklegt,
wenn er genau senkrecht zur Strö-
mungsrichtung schwimmt?

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