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Am Grunde eines Luftozeans

Luft ist gewichtig, zerstörerisch und überlebenswichtig - Experimentale Luftnummer mit dem Luftballon

Von unserem Mitarbeiter

Armin E. Möller

Wer einem Menschen erklärt, er sei nun „Luft für mich" macht ihm genau betrachtet ein gewichtiges Kompliment. Ohne Luft gibt es kein Leben.

Zu viel Luft auf einmal aber kann lebensgefährlich sein. Der Tornadobeauftragte des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach, Andreas Friedrich, beobachtet stärkste Luftströmungen und
hat in diesem Jahr bereits Windgeschwindigkeiten von bis zu 180 Kilometer pro Stunde auf den Bergen und 140 Kilometer in tieferen Lagen registriert. Solche Windstärken reichen aus,
um starke Bäume umzuwerfen und Dächer reihenweise abzudecken. Selbst leichte Brisen mit 20 km/h reichen, um Radfahren zum Krafttraining zu machen, wenn gegen den Wind
gefahren wird.

Hier sind Luftmassen in Bewegung und machen sehr deutlich: Luft ist nicht Nichts, sondern Materie mit messbarer Masse. Alle Lebewesen sind auf ihre Umgebungsluft bestens
eingestellt, deshalb empfinden sie sie nicht als drückende Last. Dennoch drückt Luft mit erheblicher Masse auf die Erde und damit auch auf alles, was auf der Oberfläche kreucht und
fleucht.

Das Gewicht von Luft kann gewogen werden, man muss nur einen luftleeren Raum herstellen, was allerdings wegen des allgegenwärtigen Luftdrucks kompliziert ist und nur mit guten
Laborgeräten funktioniert. Das Luftgewicht ändert sich mit Temperatur und Höhenlage. Auf den Gipfeln der Alpen ist die Luft „dünner" und wiegt entsprechend weniger. Denn es finden
sich weniger Masseteilchen pro Raumeinheit. Deshalb ist auch warme Luft leichter als kalte. Auf Meereshöhe wiegt der Liter Luft 1,3 Gramm. Das mag wenig erscheinen, doch die Masse
macht"s. Die Luft in einer hundert Quadratmeter großen Wohnung wiegt 325 Kilogramm. Die Luft, die den Planeten Erde umgibt, ist Abermillionen Milliarden Tonnen schwer, genauer
rund 5 000 000 000 000 000 Tonnen.

Vor allem der Luftbestandteil Stickstoff bringt Masse. Luft besteht gemessen nach Gewichtsanteilen zu mehr als drei Vierteln aus Stickstoff. Der Sauerstoff trägt etwas mehr als 23
Prozent zum Luftgewicht bei. 21 weitere edle oder unedle Gase sind mit unterschiedlichen Anteilen in der Luft enthalten, unter denen Kohlendioxyd zu den bedeutenderen gehört. Wenn
sich die Zusammensetzung der Luft verändert und sich etwa der Gehalt des Treibhausgases CO2 nach und nach erhöht, hat das direkte Auswirkungen auf das Leben und Überleben auf
der Erde.

Ohne Luft könnten Menschen, Tiere und Pflanzen nicht leben. Luft als Chemierohstoff hilft sogar den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Bei dem in Ludwigshafen-Oppau 1913 erstmalig
genutzten und nach seinen Erfindern benannten Haber-Bosch-Verfahren wird Luftstickstoff zur Herstellung von Düngemitteln genutzt: Das war eine chemisch-technische Großtat, die
maßgeblich mitgeholfen hat, die Nahrungsmittelproduktion nachhaltig zu steigern. Auf gedüngten Feldern wächst mehr und das noch sicherer. Der Ingenieur Carl von Linde - Erfinder des
Kühlschranks - stellte 1895 ein Verfahren zur Verflüssigung von Gasen vor. Das veränderte die Technik. Seither kann etwa Sauerstoff in Druckflaschen gefüllt und überall geschweißt
werden. Von Linde schaffte es als erster, Luft auf knapp unter 140 Grad Celsius bei hohem Druck abzukühlen und dadurch zu verflüssigen und in ihre Bestandteile aufzuspalten.

Für ein beliebtes Experiment um nachzuweisen, dass Luft etwas wiegt, werden zwei Luftballons und ein dünner und dabei längerer Stab benötigt. Der Stab mit den an den Enden
befestigten leeren Luftballons wird so aufgehängt, dass er als Balkenwaage im Gleichgewicht bleibt. Nun wird einer der beiden Luftballons abgenommen, prall aufgeblasen und erneut an
diese Balkenwaage gehängt. Dieser Ballon bringt die Waage aus dem Gleichgewicht. Die Erklärung fällt leicht: Die Luft im Ballon ist gepresst, also dichter als die Umgebungsluft. Folglich
muss sie schwerer sein, was sich dadurch zeigt, dass die Balkenwaage sich auf der Seite des aufgeblasenen Ballons absenkt, weil die komprimierte Luft mehr wiegt als die
Umgebungsluft. Das Ergebnis begeistert Schüler immer wieder - und Erwachsene.

Das allgemeine Staunen wächst noch, wenn der Gedanke aufkommt, dass Menschen auf dem Grund eines unvorstellbar großen Luftozeans leben und hier als Bodenbewohner eines
Luftmeeres etwa die Rolle einnehmen, die die Natur im Meer Krebsen, Hummern oder Plattfischen zugewiesen hat. Dennoch: Der Luftmantel der Erde, jener Teil der Atmosphäre, der
ausreichend Sauerstoff zum Überleben enthält, die Troposphäre, umgibt als 16 Kilometer dünne erste Hülle den Planeten Erde: Das ist nicht gerade viel im Verhältnis zu dem auf 12.750
Kilometern errechneten Erddurchmesser. Deshalb ist der Schutz unserer lebensspendenden Lufthülle auch ein besonders wichtiges Anliegen der Umweltschützer.

LISMANO

Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Pfälzische Volkszeitung
Ausgabe: Nr.169
Datum: Dienstag, den 24. Juli 2007
Seite: Nr.9

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