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Thema: Ewiger Frieden – notwendiges Mittel Völkerstaat

„Wir sind weiter im Krieg, und ich bin verantwortlich für die Stationierung
tausender junger Amerikaner, die in einem fernen Land kämpfen. Einige werden
töten. Andere werden getötet werden. Und deshalb komme ich mit einem
ausgeprägten Sinn dafür hierher, wie hoch die Kosten eines bewaffneten Konflikts
sind - bewegt von den schwierigen Fragen über die Beziehung zwischen Krieg
und Frieden und unser Bemühen, das eine durch das andere abzulösen.“

(Barack Obama, Remarks by the President at the Acceptance of the Nobel Peace
Prize 2009,
URL: http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Friedenspreise/obama.html).
Ich möchte meine Argumentation mit diesem Zitat einleiten, um die Aktualität
meines erwählten Themas zu veranschaulichen. Dass uns die Problematik
Frieden, insbesondere der Gedanke des ewigen Friedens, noch heute beschäftigt
und im Mittelpunkt unseres politischen Interesses steht, ist wohl schwer im
Hinblick auf die aktuellen Debatten zu, wie z.B. um den hier angesprochene
Afghanistankrieg oder die zurzeit stattfindenden Nahost-Friedensgespräche
zwischen Israel und Palästina, zeigen.
Im Bezug auf den Verlauf der Geschichte wird deutlich wie bedeutsam der
Zustand des Friedens für die Menschheit ist. Hierbei möchte ich auf das Ende des
Zweiten Weltkriegs verweisen sowie den Beginn des Kalten Krieges. Der
Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki vom 6. und 9. August 1945
beweist die Fähigkeit der Menschen, alles Leben zu vernichten, und verdeutlicht
somit das essenzielle Bedürfnis nach Frieden.
Im Zuge der Globalisierung möchte ich mich deshalb dem Grundgedanken Kants,
ewiger Friede durch die Errichtung eines Völkerstaates, widmen. In seiner Schrift
„Zum Ewigen Frieden“ beschäftigt sich Kant neben den inneren Verhältnissen
eines Staates auch mit den zwischenstaatlichen Beziehungen: „Für Staaten im
Verhältnisse untereinander kann es nach der Vernunft keine andere Art geben aus
dem gesetzlosen Zustand, der lauter Krieg enthält, herauszukommen, als dass
sie ebenso wie einzelne Menschen ihre wilde (gesetzlose) Freiheit aufgeben, sich
zu öffentlichen Zwangsgesetzen bequemen und so einen (freilich immer
wachsenden) Völkerstaat (civitas gentium), der zuletzt alle Völker der Erde
befassen würde, bilden.“ ( Immanuel Kant, Zum Ewigen Frieden, 1781/ 1999,
Reclam).
Daraus ergibt sich für mich die These „Der Völkerstaat ist sowohl aus Gründen
der Vernunft als auch der Moral zur Schaffung eines dauerhaften Friedens
notwendig.“, die ich im Folgenden widerlegen möchte.
Um meine Argumentationsebene nachvollziehbar zu gestalten, möchte ich
zunächst versuchen, die bestimmenden Begriffe „Völkerstaat“ (hier auch
Weltstaat genannt) und „ewigen Frieden“ zu definieren.
Um den Ausdruck Völkerstaat besser zu verstehen, bediene ich mich der
Definition des Staates von Max Weber. Staat soll also „ein politischer
Anstaltsbetrieb heißen, wenn und insoweit sein Verwaltungsstab erfolgreich das
Monopol legitimen physischen Zwanges für die Durchführung der Ordnungen in
Anspruch nimmt.“ (Weber, Max (1985). Soziologische Grundbegriffe. In:
Wirtschaft und Gesellschaft. J.C.B. Mohr, Tübingen. (1922), S. 16ff).
Folglich ist ein Weltstaat ein politischer Anstaltsbetrieb, der eine legitime
Zwangsbefugnis besitzt, um alle Völker der Welt zur Ordnung zu rufen, d.h., dass
er seine Entscheidungen und Gesetze auch mittels physischen Zwangs
durchsetzen kann, sofern er die Legitimation vom Volk dafür erhalten hat. Ihm
steht folglich auch eine „Weltpolizei“ zur Verfügung.
Der Begriff „Frieden“ wird hier als Zustand behandelt, indem Krieg abwesend ist.
Die wohl größte Schwierigkeit in der Gründung eines Völkerstaates ist die
Errichtung einer universellen Basis. Die Grundlage eines jeden Volkes ist die
Kultur. Ein allgemeiner Völkerverein zum ewigen Frieden wäre dann also entweder
die Herrschaft eines Volkes, mit ihrer eigenen speziellen Kultur, oder es wäre nur
ein Volk, also eine Fusion aller Kulturen zu einer.
Die „Herrschaft eines Volkes“ kann nur ermöglicht werden durch a) eine friedliche
Einigung oder b) durch Gewalt. Variante a) scheint unrealistisch, aufgrund des
Ethnozentrismus. Jede Kultur glaubt daran, die Beste aller zu sein. Ich möchte
dies am aktuellen Beispiel der Diskussion um die Verleihung des
Friedensnobelpreises 2010 an Liu Xiaobo (Bürgerrechtler aus China) erklären. Liu
Xiaobo wurde ausgezeichnet für einen langen gewaltlosen Kampf für
fundamentale Bürgerrechte in China. Zurzeit ist der Friedensnobelpreisträger
inhaftiert, da er an einem Aufruf für politische Reformen, der sogenannten
„Charta 08“, mitgewirkt haben soll. Diese Auszeichnung trifft bei der
chinesischen Regierung auf Empörung. Freiheit und Demokratie bilden in der
westlichen Welt die Grundlage der Lebensordnung. Deshalb geht die westliche
Welt davon aus, dass alle Staaten die nicht dieses Demokratie- und
Freiheitsverständnis teilen, nicht auf die gleiche Ebene mit ihr gestellt werden
kann. Die Regierung Chinas hält trotz alledem an ihren Werten und Normen fest,
die keine Menschen und Bürgerrechte enthalten. Dieser Konflikt scheint
unauflösbar, da beide Welten an ihrer ethnozentralistischen Sicht festhalten.
Wenn also zwei so große Kulturen noch nicht einmal eine gemeinsame
Vorstellung von heutzutage etwas so Selbstverständlichem wie Frieden, und
derer die dafür eintreten, besitzen, dann wird die Chance auf eine friedliche
Einigung in Sachen regierende Nation bzw. Kultur immer unwahrscheinlicher.
Des Weiteren würde wahrscheinlich der Prozess dieser Einigung, aufgrund des
Ethnozentrismus, einen Konkurrenzkampf zwischen den einzelnen Nationen
auslösen. Nach der Maxime: „Unsere Kultur ist die förderlichste und soll das Maß
der Welt sein!“. Beispielhaft dient dafür der jahrhundertelange Kampf der
Religionen gegeneinander. „US-Christen wollen Hagia Sophia als Kirche nutzen“
(URL:http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/us-christen-wollen-hagia-sophia-als-
kirche-nutzen/1935216.html) – „Nationalsozialisten wollen in Hagia Sophia beten“
(URL:http://www.tagesspiegel.de/politik/nationalisten-wollen-in-hagia-sophia-
beten/1916390.html), wie die beiden Schlagzeilen aus dem Tagespiegel erkennen
lassen, gibt es auch heute noch Streitigkeiten zwischen Christentum und Islam.
Wenn man dieses Fallbeispiel im Kontext betrachtet, lässt sich zeigen, dass ein
Konkurrenzkampf zwischen den Kulturen (Religion ist ein Teil jeder Kultur)
besteht. Im Bezug auf die Politik, würde sich vermutlich aus der Konkurrenz ein
Machtkampf, im schlimmsten Falle Krieg entwickeln ( Variante a  Variante b), da
der Mensch in seiner Natur egoistisch ist („homo homini lupus“- Hobbes,
Leviathan - Erster und zweiter Teil, 1970, Stuttgart: Reclam) und Macht niemals
freiwillig abgeben würde (siehe Hobbes und seine Theorie vom Naturzustand).
Demzufolge ist die Herrschaft eines Volkes durch Krieg die realistischere
Alternative. Jedoch belegt die Historie, dass schon viele Nationen eine
Weltherrschaft angestrebt haben, wie z.B. Hitler und sein Modell vom 3. Reich
oder die Pax Romana. Doch keiner dieser Völker hat das Ideal vom Weltstaat
verwirklichen können. Man könnte behaupten, es ist nahezu utopisch, sich als
einzige Nation gegen alle Völker der Welt durchzusetzen. Man kommt zu dem
Schluss: wie soll ein Weltstaat Frieden schaffen, wenn schon der Prozess seiner
Errichtung nicht auf friedlichen Mitteln beruht?
Wenn man nun den Punkt „nur ein Volk“ (hier das „Weltvolk“ genannt)betrachtet,
dann stellen sich folgende Fragen: Was soll die Basis eines solchen Weltvolkes
sein? Welche Normen und Werte sollen gelten? Gibt es Universalwerte und wenn
nein wie soll man derartige erschaffen?
Zur Lösung dieser Fragen muss man einerseits den schon von mir erwähnten
Ethnozentrismus aber auch den Glaube an nationale Identitäten beachten. Wie
schon angeführt, ist der Ethnozentrismus dafür verantwortlich, dass sich eine
Festlegung von allgemeingültigen Werten und Normen schwierig gestaltet. Selbst
im Falle einer Übereinkunft wäre die dann entstandene „Weltkultur“ nur eine
Kompromisslösung. Dies hätte zahlreiche Spannungen zwischen den Einzelnen
Nationen zur Folge, da diese Einigung auf eine gemeinsame Kultur für viele
Individuen eine Identitätskrise nach sich ziehen würde. Nur zu gut lässt sich das
am Beispiel des Zusammenbruchs der DDR aufzeigen. Wie die Statistik
„Unterschiede Westdeutsche - Ostdeutsche“ (Allensbacher Berichte Nr. 7 / 2009:
URL: http://www.ifd-allensbach.de/news/prd_0907.html) darstellt, überwiegen vor
allem für die ostdeutsche Bevölkerung die Unterschiede. Dies lässt sich damit
begründen, dass durch den Zusammenbruch der DDR dieser Teil der Bevölkerung
mit der westlichen Kultur konfrontiert wurde, wo jedoch zuvor die Lehren der
kommunistischen Sowjetunion den Alltag dominierten. Sich nach dem
Zusammenbruch nicht mehr als DDR-Bürger zu sehen, sondern als Bundesbürger
Deutschlands, gestaltet sich genauso schwierig wie der Übergang vom
nationalgeprägten Menschen zum Weltbürger. Dass sich diese Identitätskrise
auch gewaltsam äußern kann, zeigen die noch heute stattfindenden
Demonstrationen von deutschen Nationalsozialisten, die ihre Identität nicht
aufgegeben möchten. In größeren Dimensionen wäre dies eine Ursache für
Bürgerkrieg.
In dieser Argumentationsreihe stößt man schnell auf die Problematik der EU. Ist
es nicht die EU, die verschiedene Völker unterschiedlichen Glaubens friedlich
miteinander vereint?
Dass die EU jedoch über eine entscheidende Befugnis, nämlich der
Zwangsgewalt, nicht verfügt, muss hierbei beachtet werden. Zwar treffen in der
EU verschiedene Kulturen aufeinander, aber zum einen muss beachtet werden,
dass die EU unter Einfluss des westlichen „Glaubens“ (siehe Beitrittskriterien EU,
welche die Lebensgrundlage der westlichen Kultur verkörpert URL:
http://www.eab-berlin.de/fileadmin/europakoffer/medien/dokumente/Info%20II-
6%20Die%20Kopenhagener%20Kriterien.pdf) steht, und zum anderen, dass die
Souveränität in Entscheidungsfragen beim einzelnen Staat selbst angesiedelt ist.
Hierbei wird der Machtbereich der Staaten nicht angegriffen, wodurch
Spannungen verhindert werden. Außerdem ist es jedem Staat freigestellt, der EU
beizutreten oder nicht, je nachdem, ob es die gleiche Weltanschauung teilt oder
nicht.
Ein weiterer wichtiger Punkt meiner Argumentation wird durch die Existenz von
Bürgerkriegen beschrieben. Dieser Punkt ist entscheidend, um beweisen zu
können, dass ein Völkerstaat nicht Bedingung für „ewigen Frieden“ sein kann.
Um die heutige Situation der Staaten beschreiben zu können, möchte ich mich
auf die Untersuchungen von Herfried Münkler, festgehalten in seinem Buch „Die
neuen Kriege“, stützen. In diesem beschreibt er den klassischen Staatenkrieg als
historisches Auslaufmodell (vgl. Herfried Münkler, Die neuen Kriege, 2003,
Reinbek, Rowohlt Verlag). Laut der Statistiken des Friedensforschungsinstituts
Sipri in Stockholm gab es zwischen 1990 und 2004 weltweit 57 bewaffnete
Konflikte, davon waren lediglich 4 zwischenstaatliche Konflikte, d.h. 53 Konflikte
waren innerstaatlicher Natur. Folglich ergibt sich, dass sich viel mehr
Bürgerkriege als Staatenkriege auf der Erde ereignen. Der Bürgerkrieg in Somalia
zwischen Kriegsherren, Clans, diversen Gruppierungen und Milizen ist nur eine
von vielen aktuellen kriegerischen Ereignissen. Im Bezug auf mein gewähltes
Thema hat dies folgende Bedeutung: Ein Völkerstaat ist nicht Voraussetzung für
Frieden, da sich die Streitigkeiten zwischen einzelnen Gruppierungen nicht durch
Einheit lösen lassen. Man kann also die These aufstellen, dass auch in einem
Weltstaat Bürgerkriege existieren werden, also das Ziel eines „ewigen Friedens“
nicht erfüllt werden kann. Die Chance auf Differenzen zwischen Völkergruppen,
die schließlich zum Bürgerkrieg führen, ist umso größer je mehr Völker unter
„einem Dach“ zusammenleben müssen, also der gleichen Regierung unterstellt
sind, da eine Bestimmung für alle gilt und man als Weltbürger nur zwei
Möglichkeiten inne hat, um seinen Widerspruch auszudrücken. Die erste
Möglichkeit ist friedlich zu demonstrieren, die zweite besteht darin, durch
gewaltsame Aktionen Aufmerksamkeit zu erzielen.
Im Zusammenhang mit meiner Argumentation habe ich mir die Frage gestellt,
wenn nicht ein Völkerstaat die Bedingung für ewigen Frieden sein kann, was
dann?
Wenn man sich diese Frage unter Rücksicht auf die momentane weltpolitische
Situation stellt, dann muss man bekennen, dass die Welt dem Ziel des „ewigen
Friedens“ schon nahe ist, jedoch das Ziel sicherlich nie erreichen wird. Vom
jetzigem Standpunkt aus, muss man sagen, „Ewiger Friede“ war bzw. ist und wird
eine Utopie bleiben, da es immer Meinungsverschiedenheiten zwischen den
Menschen und deren Interessen geben wird, die als einzige Lösung die
Gewaltanwendung sieht. Es stellt sich abschließend die Frage, gibt es überhaupt
eine Institution, die einen dauerhaften, ewigen Frieden schaffen kann?
Wie ich gezeigt habe, ist ein Weltstaat dazu nicht in der Lage, weder auf
friedlichem Wege noch auf kriegerischen. Eine Regierung zu etablieren, die alle
Streitigkeiten der Erde bekämpft, ist vielleicht theoretisch möglich, jedoch nicht
in der praxis.
Wenn man einen Blick auf Organisation wie die UNO wirft, dann muss man
feststellen, dass sie eine Möglichkeit eröffnen um dem Bedürfnis nach Frieden
näher zu kommen. Warum?
Zum besitzt die UNO die Befugnis staatsübergreifend Probleme aufzugreifen und
zu erschließen.
Also ein erster Schritt in eine weltweite Kooperation.
Man muss versuchen einen Weg zu finden, wo sich kein Staat unterdrückt bzw.
ausgegrenzt fühlt. Denn solche Verhältnisse führen über kurz oder lang zu einem
Kriegszustand. Eine Voraussetzung für Frieden heißt also Gleichberechtigung.
Genauso ist es bedeutend, dass die Staaten in ihrer Souveränität nicht
angegriffen werden, wie es im Falle der UNO geregelt ist. Denn Macht und ihre
Verteilung spielt eine übergeordnete Rolle, wenn es um Frieden geht.
Zwar muss Bedacht werden, dass eine internationale Diskussion bzw. eine
gemeinsame Lösungsfindung hochgradig schwierig ist (wie schon oben erwähnt
durch den Ethnozentrismus, usw.). Das Mittel lautet Kooperation statt
Konfrontation.

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