6. Friedrich Schleiermacher – „Ueber die verschiedenen Methoden des Uebersetzens“ (1813) 2/2
In Bezug auf das künstlerisch anspruchsvolle Übersetzen (geisteswissenschaftliche Texte)
unterscheidet Schleiermacher zwischen zwei „Methoden“:
a. Die Freiheit (des Übersetzers): man will die Übersetzung so gestalten, dass der Leser sie auf
Anhieb versteht. Der Übersetzer interpretiert dann den Text vor der eigentlichen Übertragung so, dass
dieser eindeutig wirken muss. Man verzichtet auf alle Mehrdeutigkeiten. Es findet eine Vereinfachung
der Aussage statt. Der Übersetzer „bewegt“ den Text zum Leser „hin“. Der Text ist relativ einfach zu
verstehen. An der ersten Stelle steht die Unterhaltung des Lesers. Die Gefahr dabei: der Text gibt die
im Original vorhandene Einheit von Denken und Reden nicht wieder.
b. Die Treue (der Übersetzung): die Übersetzung soll die ganze Vieldeutigkeit, die Syntax und die
Semantik des Originals beinhalten. Es ist die „Methode“ des Verfremdens. Das bedeutet, dass sich der
übersetzte Text oft fremd anfühlt. Der Übersetzer „bewegt“ den Leser zum Autor „hin“. An der ersten
Stelle steht die Bildung des Lesers und die Vermittlung neuer Sachverhalte. Der Leser soll durch die
Lektüre einen Einblick in eine andere Kultur, in ein anderes Zeitalter bekommen. Die Gefahr dabei:
Der Text kann stellenweise zu viele fremde Informationen beinhalten und den Leser verstören. Die
Überlegungen Schleiermachers haben sehr große Bedeutung für die heutige Vorstellung von der
Unübersetzbarkeit. Sie sind der Ausgangspunkt für die modernen Prinzipien der dynamischen und der
formalen Äquivalenz
7. Friedrich Schleiermacher – „Ueber die verschiedenen Methoden des Uebersetzens“ (1813) ½
Der wichtigste theoretische deutschsprachige Beitrag zum Übersetzen im 19. Jahrhundert und der
Ausgangspunkt für die moderne Übersetzungswissenschaft (Dekonstruktion). Den Überlegungen
Schleiermachers liegen seine Platon-Übersetzungen zugrunde. In diesem Aufsatz befasst sich sein
Autor in erster Linie mit der Frage der Aporie / der Leerstelle (eines für den Übersetzer unlösbaren
Übertragungsproblems im jeweiligen Text) Schleiermacher reflektiert über den sogenannten „Geist
der Ursprache“, der – seiner Meinung Nach – in jedem wichtigen, kontextdichten Kulturtext zum
Vorschein kommt, und den man nur schwer (oder überhaupt nicht) in seiner gesamten
Bedeutungsvielfalt in die andere Sprache übertragen kann. Dabei unternimmt er – als erster überhaupt
- eine Unterscheidung von Texten anhand ihrer jeweiligen späteren Übertragungsmethode:
1. Texte, in denen das eindeutige Berichten und die Fakten im Vordergrund stehen (Wirtschaftsleben,
Reiseberichte, wissenschaftliche Texte, Texte der Medizin usw.) Hier gilt es, einfach größtenteils 1:1
zu übertragen. In diesen Texten geht es nämlich um konkrete, eindeutige Begriffe, die in vielen
Sprachen konkret entsprechen. „Das ist ein mechanisches Geschäft, wenn man das notwendige
Vokabular parat hat und über eine mäßige Kenntnis beider Sprachen verfügt“ (naturwissenschaftliche
Texte)
2. Texte, die man als sprachliche Kunstwerke bezeichnen kann. In ihnen werden Gefühle,
Mehrdeutigkeiten, Subjektivität, Sprachspiele wiedergegeben. In solchen Texten äußert sich die
Gesamtheit aller kulturellen und geschichtlichen Prozesse wider. Sie sind vieldeutig und verlangen
immer nach einer genauen Interpretierung. Ihre Übersetzung ist fast niemals genauso vieldeutig wie
das Original. (geisteswissenschaftliche Texte)
8. Scheinanglizismen im Deutschen
Worte, die nur aus dem Englischen zu kommen scheinen, die aber in Wirklichkeit nur
Pseudoentlehnungen sind. Sie sind im englischen Sprachraum entweder unbekannt oder haben dort
eine ganz andere Bedeutung, sodass es bei ihrer Verwendung mit Muttersprachlern zu
Verständigungsproblemen kommen kann. Sie sind somit eine besondere Form der sogenannten
„Falschen Freunde“
14. Der Heilige Hieronymus – der Umgang mit der lexikalischen Lücke(das Fehlen eines
passenden Ausdrucks in der Zielsprache)
- das Übersetzungslehnwort (exprimi verbum e verbo): in der Regel geht es um einen sprachlichen
Neologismus: aus den griechischen Komposita entstanden lateinische Zusammensetzungen
- Bedeutungslehnwort. : bereits existente lateinische Wörter wurden mit neuen Bedeutungen gefüllt
- das Fremdwort (Exotismus):wurde aus dem Griechischen direkt in das Latein eingeführt
- die Paraphrase: ein griechischer Ausdruck wurde mit mehreren lateinischen Wörtern umschrieben