Sie sind auf Seite 1von 5

286

visionäre, tiefmenschliche oxymoron aus der sage entfernen


wollte, gäbe keinen Hamlet mehr.
I prithee, take thy fingere from my throat;
For though I am not splenitive and rash
Yet have I something in me dangerous,
Which let thy wiseness fear.

If Hamlet from himself be ta'en away,


And when he's not himself does wrong Laertes
Then Hamlet does it not; Hamlet denies it.
Who does it then ? His madness. If't be so,
Hamlet is of the faction that is wrong'd;
His madness is poor Hamlet's enemy.
(Shakespeare, Hamlet, 5. act).
GRONINGEN. J. M. N. KAPTEYN.

*ALCES.
Der rätselhafte Charakter der tacitäischen *Alcesl) er-
streckt sich nicht nur auf ihren dem zünftigen gennanisten
sonderbar erscheinenden cult, sondern auch auf die form
und bedeutung des göttlichen namens. In dieser beziehung
scheint das wort so undurchdringlich wie das ebenso be-
rühmte Anses des Jordanes. Nachdem ich in dieser Zeit-
schrift das letztere mit dem Schlüssel der allgemein mensch-
lichen zwillingsreligion erklärt zu haben glaube2), dürfte es
angezeigt sein, auf den namen *Alces näher einzugehen.
Von allen bisher vorgeschlagenen etymologien des
namens hat sich die Jacob Grimms8) am lebenskräftigsten
erwiesen. Der altmeister verband *Alces mit got. alhs
'temper, urspr. 'heiliger wald', ags. ealh, ahd. , alle
verwant mit lit. allcas, elkas 'heiliger hain', let. elks 'götze'.
1
) [Der verf. zieht nach brieflicher mitteilung vom 30. 11. 32 diesen
ansatz dem jetzt gebräuchlichen *Alci vor; im übrigen vgl. Beitr. 56,
Iff. Th. F.]
2
) Bd. 56, 1-10.
8
) D. myth, l, 53; vgl. s. 57.

Brought to you by | University of A


Authenticated
Download Date | 6/1/15 4:34
*ALOE8. 227

Die grundbedeutung dieser gruppe wird aus ags. ealgian


'sch tzen', gr. άλαλκεϊν 'abwehren' erschlossen. Noch
E. Mogk1) bringt *Alces in Verbindung mit ags. eaJgean,
und auch H. G ntert macht sich diese etymologie zu eigen,
indem er an einen germanischen culttitel denkt, der dem
gr. Σωτήρες, dem ved. Ndsatyd entspr che2).
Die schw che dieser etymologie liegt in ihrer Unbe-
stimmtheit. H ngt das wort mit seinem etymon in dessen
concreter bedeutung 'g tze' zusammen, oder geht es direct
auf die grundbedeutung, das equivalent des gr. Σωτήρες
zur ck? Die bedenken gegen die erstere ann hme glaube
ich in meinem schon citierten aufsatze dargelegt zu haben:
auch die Anses sind nicht einfach als 'g tzen' aufzufassen.
Der zweiten ann hme fehlt jede st tze nicht nur in der
abwesenheit hnlicher culttitel bei den Germanen, sondern
auch in dem fehlen eines von ealgean abgeleiteten Substantivs
in der bedeutung von 'Sch tzer, retter'.
Weniger anklang hat eine andere etymologie gefunden,
die in dem worte Caesars dices 'eiche', aisl. dgr, norw.-
schwed. elg, ahd. elaho, ags. eolh erblickt8). Nun sind zwar
tiergestaltige Zwillingsgottheiten bei den V lkern indo-
germanischer zunge durchaus nicht selten; doch handelt es
sich immer um ro - und vogelgestalt (man denke nur an
die vedischen Agvinu, die Leukippiden, die Leuktriden, die
Λευκοπώλω und andere mehr). Vereinzelt finden wir den
biber (Κάστωρ) und den wolf4) als zwillingsgott. Hirsch-
gestaltige zwillingsg tter sind m. w. den Indogermanen wie
auch anderen V lkern nicht bekannt.
Unter diesen umst nden halte ich es f r besser, auf
eine seinerzeit von Julius Zacher5) vorgeschlagene etymo-
logie zur ckzukommen und Alces von der wurzel alk, sanskr.
ark 'leuchten' abzuleiten, derselben wurzel, auf die Max

*) Hoops Reallex. l, 57.


2
) Der arische weltk nig und heiland, Halle 1923, s. 263.
3
) Ebd. s. 262.
4
) Zs. f. ethnologie 1929, s. 162 u. 182.
6
) Ich entnehme diese tatsache einem aufsatze Vettere in Germ,
bd. 19 (1874), s. 197, der keine belegstelle anf hrt.
15*
Brought to you by | University of A
Authenticated
Download Date | 6/1/15 4:34 P
288 KBAPFB

M ller den namen der Alkmene (der mutter der Zwillinge


Herakles und Iphikles) zur ckf hrte1). Was mich dazu er-
m chtigt, ist zun chst die beraus gro e h ufigkeit, mit der
worte dieser und hnlicher bedeutung in den namen indog.
Zwillingsgottheiten auftreten. Man vergleiche die folgende
Zusammenstellung: Πολυδεύκης von *Πολυλεύκης verwant
mit λενκός; vgl. auch lat. lux, got. liuhap, arm. lois clicht';
"Ιδας lder sehende', Λύγκενς 'der scheinende', Ίλάειοα, Φοίβη,
Λευκίτΐπος, Λύκος, Ννκτευς, Ήλεκτρα, Ήμερα, Λενκοπώλω,
Λενκτρίδες, Λευκάστης.
Nat rlich lassen sich diese sprechenden namen nicht
wol von dem bekannten katasterismus der zwillingsg tter
trennen, die man bald mit dem morgen- und abendstern,
bald mit der constellation der Zwillinge (gemini) identifi-
cierte. Dieser eigent mliche katasterismus findet sich nicht
nur im alten Griechenland, sondern auch in Edessa2), in
Indien8) sowie in den lettischen, seinerzeit von W. Mann-
hardt bersetzten liedern4). Der gleiche proce hat sich
brigens bei den Polynesien!5) und den Indianern Nord-
amerikas6) vollzogen. Will man nicht zu der hypothese
vorgeschichtlicher Verbindungen greifen, so bleibt nur der
Schlu , der menschliche geist habe in den verschiedensten
l ndern z. t. unabh ngig die gleichsetzung des morgen- und
abendsternes mit den g ttlichen Zwillingen vollzogen.
Auf der grundlage des katasterismus der g ttlichen
Zwillinge ist die hier vorgeschlagene etymologie des namens
*Alces wol einleuchtend. Noch ist jedoch der betreffende
Schlu ein reiner analogieschlu , da wir von einem ent-
sprechenden katasterismus bei den germanischen V lkern
nichts wissen.
*) Contributions to the science of mythology, London 1897,
bd. 2, 613.
*) Bendel Harris, The Dioscuri in the Christian legends, London
1903, s. 36ff. 64.
8
) A. Hillebrandt, Vedische mythologie, Breslau 1891-1902,
bd. 3, 384; G ntert a. a. o. s. 266ff.
4
) G ntert s. 264f.
5
) Rendel Harris, Boanerges, Cambridge 1913, s. 175.
«) K. Th. Preu , Arch. f. religionswiss. 14 (1911), s. 216.

Brought to you by | University of A


Authenticated
Download Date | 6/1/15 4:34
*ALCES. 229

Nun hat Hermann Güntert auf gewisse archäologische


Zeugnisse hingewiesen, die hier von der größten bedeutung
sind. Ich citiere daher nach ihm1):
Eine prähistorische felsenzeichnung aus Bohuslän zeigt
über einer doppelspirale eine menschliche gestalt mit einem
schiffe zur rechten, einem pferde zur linken. Rechts auf
dem bilde erscheinen zwei zwillingsartige gestalten, die
entgegengesetzt übereinander stehen, die eine nach unten,
die andere nach oben gekehrt. Wie Güntert selbst ausführt,
weist die doppelspirale auf lichtgottheiten, während die
seltsame köpf Stellung den gegensatz der zwülinge2) an-
deuten will.
Derselbe forscher verweist ferner3) auf eine vorgeschicht-
liche rasierklinge aus Jutland, die wieder die spirale zeigt,
mit zwei etwa gleich großen Sternen rechts und links vom
mastbaum eines Schiffes. Es handelt sich um die uralte
rolle der göttlichen zwülinge als retter zur see und dem
mit den sogenannten St. Elmsfeuern verbundenen schiffer-
glauben, der natürlich auch für das griechisch-römische
altertum wol bezeugt ist4).
Güntert hält eine gleichsetzung dieser vorhistorischen
gestalten mit den tacitäischen Alces für berechtigt und folgt
darin anderen gelehrten, zumal Bing und Kossina5). So
weit möchte ich nun nicht gehen: eine Übersicht über die
Zwillingsreligion der primitiven lehrt uns vielmehr, daß es
sich immer um localgottheiten mit beschränktem cultgebiet
handelt. Die folge ist das gleichzeitige bestehen einer ganzen
reihe von Zwillingspaaren göttlicher natur, wie wir ihnen
z. b. im alten Griechenland begegnen. Wir haben zunächst
*) A. a. o. s. 272.
2
) Über die gegensätzlichkeit der göttlichen zwülinge vgl. Harris,
The cult of the heavenly twins, Cambridge 1906, s. 46ff. 90ff.; Boanerges
s. 159 u. 161.
8
) A. a. o. s. 275.
4
) Harris, The Dioscuri, s. 4f.; Boanerges s. 205ff. Vgl. auch
Karl Jaisle, Die Dioskuren als retter zur see bei Griechen und Römern,
dies. Tübingen 1907.
*) Güntert s. 272.

Brought to you by | University of A


Authenticated
Download Date | 6/1/15 4:34 P
230 SCHÜTTE

keinen anlaß anzunehmen, daß es in dieser hinsieht bei


den germanischen Völkern anders gewesen wäre; im gegen-
teil, die spuren, welche die Zwillingsreligion in der heldensage
zurückgelassen hat, lassen auf eine Vielheit göttlicher
Zwillingspaare auch bei den Germanen schließen. Die Alces
sind wie die Anses nur eins der zufällig besser bekannten.
Wol aber halte ich auf grund der felsenzeichnungen den
Schluß für durchaus berechtigt, daß auch den Germanen
der katasterismus der göttlichen Zwillinge geläufig war.
Damit aber scheint mir Zachers etymologic des namens
*Alces als die wahrscheinlichste von den bisher vorge-
schlagenen.
LAS VEGAS, NEU-MEXICO.
ALEXANDER HAGGERTY KRAPPE.

DIE NATIONALITÄT DER BÄNINGER.


Die meisten nachbarn der Germanen sind aus der alten
epischen Überlieferung bekannt. Im altenglischen katalog-
gedicht Widsith finden wir die mehrzahl von ihnen zusammen-
gestellt: Hunnen, Griechen, Finnen, Schreitfinnen (Lappen),
Welsche (Kelten und Römer), Schotten, Pikten, Lidwikinger
(Letavici, Bretonen), Rom-welsche in Eotule (Italien), Sara-
zenen und Wenden. Aus anderen altenglischen quellen kennen
wir (abgesehen von zahlreichen specialnamen der Kelten):
Eotolwaere (Italiener), Wascan (Basken), Ente (ahd. Enziman,
d. h. Tscherkessen), Estland (Aistenland) und Sermende (Sar-
maten). Aus althochdeutschen quellen können zahlreiche
einzelstämme der Wenden, Südslaven, Balten und Südfinnen
hinzugefügt werden.
In der Übersicht erscheinen die Sarmaten als Sermende,
von Alfred dem Großen am meere Sarmondisc garsecg locali-
siert. Die namenformen deuten auf echt volkstümliche quelle.
Das schmarotzer-n ist eine erscheinung, wie sie bei volkstüm-
licher Wiedergabe fremder völkernamen leicht denkbar ist;

Brought to you by | University of A


Authenticated
Download Date | 6/1/15 4:34

Das könnte Ihnen auch gefallen