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Eisenbahnüberführung Fuhlsbüttler Strasse, Hamburg

- Stahlbrückenberechnung mit QUAD – Elementen -

Markus Dinstühler, Jörg Wiesmann


Ingenieurbüro Schülke und Wiesmann, Dortmund

Zusammenfassung
Die statische Berechnung einer Eisenbahnüberführung in Hamburg erfolgte unter
Verwendung von Flächen und Stabwerkelementen und als reines Stabwerksystem. Dies
ermöglichte eine vergleichsweise einfache Optimierung der Konstruktion, da sehr viele
Nachweise am Gesamtsystem geführt werden konnten. Hierzu zählten auch die
Betriebsfestigkeitsnachweise gemäß DS 804. Einige Grundlagen und die Erfahrungen
der Verfasser bezüglich dieses Vorgehens werden im folgenden erläutert.

Vorgaben
Im Zuge des Neubaus der S-Bahnlinie, die den Hamburger Flughafen an das bestehende
Schnellbahnnetz der Stadt anbindet, soll zur Überbrückung der Fuhlsbüttler Strasse ein
eingleisiger Überbau errichtet werden.
Gemäß der Vorgaben des Amtsentwurfes ist der Überbau mit seiner Länge ca. 59,10m
als einfelderiger Stabbogen auszuführen. Die beiden kreisförmigen Bögen mit einem
Stich von etwa 9,50m sind als „spannungsreiche“ Stabbögen ausgeführt. Die
Querschnittshöhe der Bögen variiert dabei von 1000mm im Scheitel zu etwa 2000mm
am Kämpfer.
Aufgrund der leicht gekrümmten Gleisführung ergibt sich eine Brückenbreite
einschließlich Dienstwegen von ca. 7,78m.

Abbildung 1 Brückenlängsschnitt

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Amtsentwurf optimierter Querschnitt

Abbildung 2 Brückenquerschnitte

Die Verfasser wurden durch die ausführende Firma der Gesamtbaumassnahme mit der
Erstellung der prüfbaren statischen Berechnung des Überbaus und mit den zugehörigen
Stahlbauübersichtszeichnungen beauftragt.
Da die Stahlkonstruktion seitens des AN als Abrechnungsauftrag an ein
Stahlbauunternehmen weitervergeben worden war, dem AG gegenüber aber eine
Pauschale vereinbart wurde, bestand ein großes Interesse an möglichen
Gewichtseinsparungen in der Stahlkonstruktion
Aus vorgenanntem Grund war die Stahltonnage gem. LV in der Angebotsphase durch
eine überschlägliche statische Berechnung eines anderen Ingenieurbüros überprüft und
verifiziert worden. Wir waren aber der Auffassung, dass durch eine Berechnung am
Gesamtsystem etliche Reserven in der Brücke zu mobilisieren seien. Die sich daraus
ergebende mögliche Gewichtsoptimierung war einer der wesentlichen Gründe und
gleichzeitig Vorgabe für die Beauftragung.

Lösungsweg: möglichst realitätsnahe Erfassung aller Tragwirkungen


Zur Vermeidung von Schnittstellen bei der Brückenberechnung und um das
Gesamttragverhalten der Brücke möglichst gut zu erfassen –bei Beachtung der zuvor
genannten Anforderungen – fiel der Entschluss, das Brückensystem als „Ganzes“ also
inklusive orthotroper Platte abzubilden. Hierzu wurde eine Modellierung gewählt, die
Stab- und Flächenelemente (beam und quad) kombinierte.
Die Abbildung des Fahrbahnbleches als Scheibe/Platte erfasst auch die Quersteifigkeit
der Fahrbahn (Fahrbahnblech als Steg, Längsträger als Flansche). Zudem berücksichtigt
ein solches Modell die Längssteifigkeit der Brücke und die Verteilung der
Bogenzugkräfte von der Einleitung an den Bogenfußpunkten bis in den gesamten
Brückenquerschnitt in Feldmitte.

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Auf die Ermittlung von mitwirkenden Breiten gerade in der Phase der Optimierung
(Variantenuntersuchungen) konnte außerdem verzichtet werden.
Im Weiteren wurden alle Lasten als diskrete Lasten aufgebracht, die durch geeignete
Überlagerung in jedem Punkt der Brücke maximale und minimale Schnittgrößen
erzeugen und so für Spannungs- und Betriebsfestigkeitsnachweise weiter verwendet
werden können.
Zwischenzeitliche Überlegungen das gesamte Brückensystem mit Quad-Elementen
abzubilden, mussten wir aus Zeitgründen und auch aufgrund zu langer Rechenzeiten
zurückstellen. Die Möglichkeiten, die sich durch eine reine Flächenelement
Formulierung bieten, werden im Laufe dieses Aufsatzes noch einmal gezeigt.

Abbildung 3 Brückensystem, mit und ohne Darstellung der Elementlage und -Abmessungen

Referenzobjekt: Nordbrücke Bundeskanzleramt


Erfahrungen bei der Stahlbrückenberechnung mit Faltwerkselementen lagen schon vor
der EÜ Fuhlsbüttler Strasse vor.
Die Nordbrücke am Bundeskanzleramt Berlin – eine Vierendeel - Bogenbrücke mit Z-
förmigem Querschnitt – ist seinerzeit als reines Faltwerksystem berechnet worden. Bei

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der Berechnung stieß man jedoch trotz einer eigentlich zu groben Modellierung an die
Grenzen der verfügbaren Rechnerkapazitäten (1998).

Grundlage für die Berechnung der Nordbrücke „auf Blechebene“ war die Tatsache, dass
wegen der sehr komplexen Geometrie „normale“ Stabwerkmodelle keine
befriedigenden Bemessungsergebnissen lieferten, sondern lediglich für überschlägliche
Vergleichsrechungen hinreichend gute Werte ergaben.

Abbildung 4 Nordbrücke am Bundeskanzleramt Berlin, hier mit Sofistik visualisiert, die eigentliche
statische Berechnung erfolgte mit dem eigenentwickelten Programmsystem BASTA des
Ingenieurbüros für Bauwesen Prof. Polònyi und Partner, Köln

Untersuchung zur Anordnung von Blechen, Steifen, etc


Aufgrund der gewünschten Optimierung des Brückeneigengewichtes erfolgten im
Vorfeld der eigentlichen Berechnung Variantenuntersuchungen zum Querträgerabstand
sowie zu Lage und Anzahl der Längssteifen. Unter Berücksichtigung der vorgegebenen

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Gleislage ergab sich eine Neuanordnung der Längssteifen. Um eine gleichmäßige
Ausnutzung der Längssteifen zu gewährleisten rückten diese bei gleichbleibendem
Querträgerabstand näher unter die Gleisachse.

Auf Basis der Ergebnisse der Variantenuntersuchung entstand also letztlich folgendes
FE-Modell:
Die Abbildung des Deckbleches erfolgte mittels quad Elementen. An den Knoten dieser
Elemente hängen exzentrisch angeschlossene beam-Elemente, die die Längsrippen und
Querträger abbilden.

Systemausschnitt Gruppe 0 2 3 M 1 : 38
XY Querschnittskonturen der Stäbe X * 0.502
Y * 0.906
Z * 0.962
Z
Abbildung 5 Orthotrope Platte mit eingehängten Längs- und Quersteifen

Die Längsträger werden ebenfalls aus Stabelementen erzeugt. Der leicht exzentrische
Anschluss des Deckbleches wurde durch die exzentrische Lage des Stabquerschnitts
berücksichtigt. Auch für die Bögen und Hänger erfolgte der Einsatz von Stabelementen,
wobei die Voutung des Bogens durch die Staffelung der Querschnittshöhen realisiert
wurde.
Diese Wahl des FE-Systems ermöglichte einen guten Kompromiss zwischen
Modellgenauigkeit und Beschränkung der Rechenzeit auf ein erträgliches Maß.

Überlegungen zum Betriebsfestigkeitsnachweis


Der Betriebsfestigkeitsnachweis ist bei der Bemessung von Eisenbahnbrücken in vielen
Fällen maßgebend.
Um diesen Nachweis trotz der großen Zahl von Lastfällen und deren zugehörigen
Schnittgrößen exakt führen zu können, wurde ein Betriebsfestigkeitsnachweis direkt
innerhalb der Sofistik Umgebung angestrebt, obwohl die Sofistik–Programme für
Betriebsfestigkeitsnachweise gemäß DS804 eigentlich keine eigenen Routinen
vorsehen.

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Eine Datenbankabfrage mit @key und anschließender CADINP Berechnung der
vorhandenen und zulässigen Spannungen ermöglichte aber trotzdem die gewünschte,
genaue und zwecks Optimierung einfache zu wiederholende Berechnung.

Endgültig gewählte Struktur


Im Vergleich zum Amtsentwurf wurden letztlich folgende Änderungen der
Konstruktion vorgenommen:
- Neue Lage und Höhe der Längsrippen
- verringerte Höhe der Querträger
- geänderter Anschluss der Querträger an den Längsträger
- Optimierung sämtlicher Blechstärken innerhalb der Vorgaben der DS 804

Lastannahmen, Lastfallüberlagerung gem. Lastbild UIC 71


Sämtliche Lasten wurden wie bereits erwähnt als diskrete Lasten in diskreten
Laststellungen auf das Rechenmodell aufgebracht. Die ansonsten notwendige
Auswertung von Einflußflächen entfiel somit, bedingte aber auch nach I. Ordnung eine
recht große Anzahl von Lastfällen (~189). Hinzu kommen etliche
Überlagerungslastfälle, weil sich die unterschiedlichen Schwingbeiwerte für die
Spannungsermittlung der einzelnen Bauteile, wie Querträger, Längsrippen, Bogen erst
innerhalb der maxima-Läufe in die Schnittgrössen einrechnen lassen. Um auch den
Einfluss der variablen Gleislagen auf der Brücke zu erfassen und innerhalb dieser die
verschiedenen Laststellungen, wurden die Einzellastfälle je Gleislage, (Lokstellung,
Staffelung Verkehrsband, Fiehkräfte) zu je einer Einwirkung zusammengefasst und
anschließend weiter überlagert.

Spannungen
Erster und für die Tragfähigkeit der Brücke wichtigster Nachweis ist der allgemeine
Spannungsnachweis für die verwendeten Profile und Bleche.
Diese Nachweise erfolgten getrennt für die Lastfälle H, HZ, HS anhand von
Schnittgrößen, in die, wie bereits zuvor erwähnt, die Schwingbeiwerte eingerechnet
worden sind.
Die Auswertung erfolgte in graphischer- und in tabellarischer Form.
Wünschenswert wäre hier eine eindeutige und übersichtliche Ausgabe von maximalen
Vergleichsspannungen auch in Flächenelementen (analog zu aqb bei Stäben).

Betriebsfestigkeitsnachweise
Die Betriebsfestigkeitsnachweise erfolgten bauteilweise in ase-Modulen, die lediglich
txa-Zeilen und cadinp-Berechnungen bzw. Datenbankabfragen enthalten und den
folgenden Berechnungsablauf steuern:
Zuerst erfolgt die Berechnung der maßgeblichen Spannungen an ausgewählten
Querschnittspunkten: σ-(max/min) aus UIC und σ aus G
Für die Stabquerschnitte wurden die Auswertungspunkte bereits in aqua mit qsp-Sätzen
definiert.
Bei quad-Elementen lagen die überlagerten Schnittgrößen direkt in den beim
Betriebsfestigkeitsnachweis untersuchten Knoten vor. Aus den Schalenschnittgrößen in

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den Knoten wurden unter Berücksichtigung der Blechdicke die Spannungen σ-x und σ-
y (Blech- Ober und – Unterseite) innerhalb der cadinp Eingabe berechnet. Die
Betriebsfestigkeitsnachweise für Flächenelemente berücksichtigen somit auch
zweiachsige Spannungszustände.
Aus den Spannungen lässt sich dann unter Beachtung der verschiedenen Beiwerte die
Schwingweite ermitteln und mit den in Variabelfeldern abgelegten zulässigen
Spannungen vergleichen. Die Ausgaberoutine ermöglichte schließlich je nach
Ausnutzungsgrad die Kurz- oder Langtext Ausgabe für die untersuchten Punkte.
Für eine schnelle Übersicht könnte man bei entsprechendem Schreibzugriff auf die cdb
den Verlauf des Betriebsfestigkeitsniveaus auch graphisch darstellen. Zur Zeit müssen
noch die Textausgabe - Dateien kontrolliert werden.

Ein wichtiger Punkt ist die Erfassung lokaler Schwächungen – z. B. an Freischnitten.


Deren Effekte sind für die Gesamtstatik zu vernachlässigen. Lokal jedoch resultieren
aus ihnen Spannungsspitzen, die die Schwingweite und somit das Sicherheitsniveau der
Betriebsfestigkeitsnachweise erheblich beeinflussen.

An den maßgeblichen Stellen, an denen sich im Profil Löcher befinden, wurden die
normalen Querschnittskonturen nachträglich durch schubstarre aber flächenlose
Querschnittselemente ersetzt (blec wurde durch lnah ersetzt). Zu diesem Zweck wurden
etliche Querschnitte per Restart in aqua Läufen doppelt definiert. Die mit diesen
Ersatzquerschnitten ermittelten Spannungen sind zwar nicht ganz richtig, aber auf der
sicheren Seite. (Siehe DIN 18800, 3.81, Tabelle 2)

-prog ase urs:39 -e $ BF LängsTräger


seit nzei 66 nrst -1 form 0 rand 1
txa Betriebsfestigkeitsnachweis der Längsträger
txa
let#loopsize 1500
#DEFINE ausgabeschwelle=0.96
let#endes 0 $ Stabanfang 0, Stabende 1
let#dsig12 1.00 $ Spannungen bei Fahrbahn dürfen 12% erhöht werden
let#phi 1.09 $ Schwingbeiwert
let#phi1 1.67*1.18*0.8 $ betriebsfestigkeitsrelevant 1
let#phi2 1.00 $ betriebsfestigkeitsrelevant 2
let#phi3 0.92 $ betriebsfestigkeitsrelevant 3
let#888 0;loop 77
let#elem 10006+#888; loop 2
#define pkt='LT01'
#define kerbgruppe=KVII
#include auswertung
#define pkt='LT02'
#define kerbgruppe=KVI
#include auswertung
let#elem #elem+500 ; endloop
let#888 #888+1; endloop
ende

Abbildung 6 Muster Eingabe Betriebsfestigkeitsnachweis

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Ingenieurbüro Schülke und Wiesmann * Am Zehnthof 149 * 44141 Dortmund
ASE - ADVANCED SOLUTION ENGINE (V11.22-21) 19.12.02 Seite:

BETRIEBSFESTIGKEIT FÜR ELEMENT 50019 ORT 1 SPANNUNGSPUNKT 'BG01'

HINWEIS ZU ORT: 0 IST STABANFANG, 1 IST STABENDE

DER NACHWEIS ERFOLGT IM LANGFORMAT DA DIE AUSNUTZUNG GRÖSSER ALS 0.800 IST

VORWERTE
SCHWINGBEIWERT PHI = 1.09
ERHÖHUNGSFAKTOREN FÜR DIE BETRIEBSFESTIGKEIT
PHI-1 = 1.58
PHI-2 = 1.00
PHI-3 = 0.92
PHI-0=1X2X3 = 1.45

NACHWEIS NORMALSPANNUNGEN
SIGMA G = -64.65
MAX SIG UIC = 6.49
MIN SIG UIC = -33.60

SPANNUNGSVERHÄLTNIS KAPPA
KAPPA = 0.59

SCHWINGWEITE
DELTASIG-BE = 40.09

KERBFALL:
KIX

ZULÄSSIGE SCHWINGWEITE
ZUL. D-SIG-BE = 49.00

NACHWEIS ALS QUOTIENT


D-SIG-BE / ZUL.D-SIG-BE: 0.82

Abbildung 7 Musterausgabe Betriebsfestigkeitsnachweis

Da erhöhte Spannungen infolge von Lochschwächungen oft bemessungsentscheidend


sein können, kann es bei Spannungsüberschreitungen infolge der zuvor genannten
Modellierung lohnen, sich mit sehr feinen 3D Modellen ein genaueres Bild von dem
tatsächlichen Spannungszuwachs infolge der Lochschwächungen zu machen.
Dieses Verfahren fand im Bereich des Hängeranschlusses an den Hauptträger
Anwendung, weil die Spannungen, die sich dort durch Modellierung der Löcher auf der
Querschnittebene ergaben, zu weit auf der sicheren Seite lagen.

29.6 32.9

29.4
29.4 43.9
29.3
43.8
29.5
29.7

31.9

Abbildung 8 Spannungszuwachs qualitativ, im Hängerfreischnitt am Oberflansch des Längsträgers

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Abbildung 9 FE Modell zur Spannungsermittlung am Hängeranschluß

Wenn sich in Zukunft tatsächlich die gesamte Brückengeometrie auf Blechebene


beschreiben lässt - mit allen Freischnitten und Löchern (in sofimshb?) und die Systeme
dann aus 200.000 Elementen bestehen, kann man auf diese Nebenrechungen
verzichten.
Durch die oben beschriebene sehr genaue Form des Betriebsfestigkeitsnachweises, der
prinzipiell ohne großen Aufwand an jedem Punkt der Brücke geführt werden kann,
wurde die stahlmengenoptimierte Berechnung des Brückenüberbaus erst ermöglicht.
Der Betriebsfestigkeitsnachweis als Nachlauf zur eigentlichen Berechnung ist - sobald
er programmiert ist - in etwa nur noch so aufwendig wie ein aqb-Nachlauf

Theorie II. Ordnung


Der Nachweis der Bogenkonstruktion erforderte eine Berechnung nach II. Ordnung.
Diese zeigte, dass die Konstruktion in Bogenebene aufgrund ihrer Bauhöhe
hinreichende Steifigkeit besitzt. Zusätzlich wirken die Zugkräfte der Hänger auf den
Bogen stabilisierend.
Gegen ein Ausweichen aus der Ebene wird der Bogen durch die Einspannung am
Kämpfer in die Endquerträger gehalten. Durch die Bogenquerträger, die eine
vierendeelartige Versteifung der Bögen untereinander erreichen, entsteht zusätzliche
Steifigkeit.
Nicht zu unterschätzen ist aber auch hier wie schon in der Bogenebenen der günstige
Einfluss der Hängerrückstellkräfte auf die Querstabiliät.

Das dieser Einfluss nicht von jedem Stabwerks-Programm erfasst wird, haben wir in
einer ca. 2-wöchigen Diskussion mit dem Prüfingenieur herausgearbeitet. Am
Bogenfußpunkt ergab die Vergleichsrechnung des Prüfers nach II. Ordnung wesentlich

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höhere Einspannmomente um die z-Achse als unsere Berechnungen. Diese höheren
Schnittkräfte führten zu Spannungsüberschreitungen.
Nach langer Fehlersuche stellte sich heraus, dass das durchaus namhafte
Stabwerksprogramm mit dem der Prüfer arbeitete, die Rückstellkräfe der Hänger nicht
erfasst. Eine Überschlagsrechnung des Prüfers von Hand verifizierte dann unsere ase -
Ergebnisse.

Die eigentliche Berechnung nach II Ordnung umfaßte die Bestimmung der


Verzweigungslast des Systems mit den zugehörigen Knickeigenformen, deren
Skalierung zur Vorverformung und schließlich die Berechung am imperfekten
Gesamtsystem nach II. Ordnung.

Abbildung 10 erste Eigenform unter Traglast

Beulen
Der Nachweis der Beulsicherheit erfolgte mit den Schnittgrößen bzw. Spannungen nach
II. Ordnung. Eine direkte Bestimmung der Beulsicherheit an der Gesamtkonstruktion
war leider nicht durchführbar, da zum einen die gewählte quad Elementierung nicht fein
genug war und zum anderen der Bogen als beulgefährdetes Bauteil nur als Stab vorlag.

Aus der Konstruktion mußten also die betreffenden Beulfelder „von Hand“ herausgelöst
werden. Die für diese Felder maßgeblichen Spannungen konnten in aqb mit einer
anschließenden Datenbankabfrage bestimmt werden. Mit diesen Spannungen ist der
Nachweis dann von Hand bzw. mit einem speziellen Beulprogramm geführt worden.

An dieser Stelle zeigte sich, dass eine einfachere Einbindung bzw. Durchführung der
Beulnachweise wünschenswert wäre. Denn bei den gewählten Stegdicken der Bögen
zeigte es sich erst sehr spät, dass der Einbau einer Längssteife am Steg nötig war. Bei

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dem sehr hohen und schmalen Bogenquerschnitt bedeutete es erheblichen konstruktiven
Aufwand, den Bogen mit Hängerschotten und Längssteifen zusammmenzuschweissen.
Es wäre wohl für die Konstrukteure und die Werkstatt einfacher gewesen, dass
Stegblech 4mm dicker zu machen, dafür ggf. den Flansch dünner und die daraus
resultierenden 2t Mehrgewicht zu akzeptieren. Diese (Fertigungs-) Optimierung war
aber in der Kürze der Bearbeitungszeit nicht mehr umzusetzen.

Vielleicht gibt es als Zwischenschritt vor der feinen quad-Modellierung des


Gesamtsystems ja eines Tages mal ein „Beulfeld-template“, bei dem man nur noch die
Randspannungen eingeben (ggf. aus einer anderen cdb ausgelesen) und ein paar
Beulfeldparameter festlegen muss (Geometrie, Steifenlage, ...). Im Hintergrund könnte
dann ein ase-quad System mit Vorverformung nach II. Ordnung, wahlweise inklusive
Plastifizierung, die Beulsicherheit nachweisen.

Möglichkeiten
Durch die möglichst realitätsnahe Abbildung von Brückenstrukturen nicht nur durch
Stab- sondern auch durch Flächenelemente ist eine genauere und somit wirtschaftlichere
Bemessung möglich. Gerade im Brückenbau kommen oft Strukturen vor, die mit reinen
Stabwerksystemen nur unzureichend beschrieben werden können.
Durch die möglichst vollständige Modellierung der Baukonstruktion erhält der
Ingenieur zudem ohne großen Aufwand recht genaue Kenntnis über die Beanspruchung
der Konstruktion in beinahe jedem Punkt. Somit kann er dann weiterführende
Nachweise (z. B. Betriebsfestigkeitsnachweise) ohne die sonst oft üblichen
Vereinfachungen bzw. Zusammenfassungen durchführen. Dies gibt zusätzliche
Sicherheit bei der Beurteilung der Tragfähigkeit und erschließt wie schon gesagt
weiteres Optimierungspotential.
Durch die Fortschritte im Bereich der Rechnerleistung ist inzwischen die Berechnung
„auf Blechebene“ auch auf kleinen Desktoprechnern ohne weiteres möglich geworden.
(Ohne dass wie noch vor einigen Jahren die „Kiste die ganze Nacht laufen muss“)

Ausblick
In naher Zukunft, je nach System auch schon jetzt, ist die Beschreibung einer gesamten
Brückenkonstruktion auf Blechebene (also mit quad-Elementen) möglich und praktisch
durchführbar. Die DS 804 „denkt“ zwar noch auf anderen Wegen, ist aber prinzipiell
mit einem solchen Vorgehen kompatibel.
Bei den jüngsten Anfragen, die unser Büro für die technische Bearbeitung stählerner
Eisenbahnbrücken erhielt, entstanden so nicht nur massenoptimierte Versionen der
Amtsentwürfe sondern innerhalb kurzer Zeit auch „durchgerechnete“ Sondervorschläge,
mit deutlichen Vorteilen hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Unterhalt der
Stahlkonstruktion oder optimierten Bauabläufen.
Die Umsetzung der Geometrievorgabe ist bei rechtwinkeligen Konstruktionen mittels
cadinp einfach und variantenreich möglich, bei geometrisch komplexeren Punkten ist
eine Generierung über sofimshb bzw. sofiplus möglich, auch wenn zumindest zur Zeit
die nicht so einfache Zuordnung von Strukturpunkt und Strukturlinie zu FEM Punkt
bzw. Knotenreihe hinderlich ist.

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Anstelle einer Vielzahl von Einzelnachweisen kann somit am Ende ein Nachweis am
Gesamtsystem übrigbleiben. Der Ingenieur hat dann deutlich mehr Zeit für den
eigentlichen Entwurf, die Konstruktion und Gestaltung eines Bauwerkes.
So sinnvoll und hilfreich Richtzeichnungen und -Entwürfe sind, entsteht durch den oben
beschriebenen Weg die Möglichkeit auf mindestens gleichem technischen Niveau die
eingetretenen Brückenbaupfade zu verlassen, ohne das gewohnte Sicherheits- und
Gebrauchstauglichkeitsniveau aufzugeben.

Abbildung 11 Fahrbahnkonstruktion aus quad, Bogen aus Stäben, 33448 Elemente, 1330 Sek.
Rechenzeit für triangulisieren und lösen eines Lastfalls (P4, 1600 MHz)

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Fazit
Mit dem beschrieben Berechnungsweg ist es gelungen, die Brückenkonstruktion des
Überbaus Fuhlsbüttler Strasse mit einem Stahlgewicht von 225 t zu realisieren. Der
Amtsentwurf bzw. die Entwurfstatik sahen 255t vor.
Zwei wesentliche Beiträge dazu lagen in der möglichst realistischen Modellierung der
Brücke mit Stab- und Flächenelementen und in der Einbindung der
Betriebsfestigkeitsnachweise gemäß DS 804 in die Sofistik Umgebung.
Die Vorteile, die sich in Zukunft durch eine reine Flächenelementmodellierung ergeben
können sind ebenfalls deutlich geworden.
Eine wesentliche Voraussetzung dafür sind leistungsfähige und offene FEM-Programme
wie zum Beispiel die der Sofistik AG. :-)

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