Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Zusammenfassung
Die statische Berechnung einer Eisenbahnüberführung in Hamburg erfolgte unter
Verwendung von Flächen und Stabwerkelementen und als reines Stabwerksystem. Dies
ermöglichte eine vergleichsweise einfache Optimierung der Konstruktion, da sehr viele
Nachweise am Gesamtsystem geführt werden konnten. Hierzu zählten auch die
Betriebsfestigkeitsnachweise gemäß DS 804. Einige Grundlagen und die Erfahrungen
der Verfasser bezüglich dieses Vorgehens werden im folgenden erläutert.
Vorgaben
Im Zuge des Neubaus der S-Bahnlinie, die den Hamburger Flughafen an das bestehende
Schnellbahnnetz der Stadt anbindet, soll zur Überbrückung der Fuhlsbüttler Strasse ein
eingleisiger Überbau errichtet werden.
Gemäß der Vorgaben des Amtsentwurfes ist der Überbau mit seiner Länge ca. 59,10m
als einfelderiger Stabbogen auszuführen. Die beiden kreisförmigen Bögen mit einem
Stich von etwa 9,50m sind als „spannungsreiche“ Stabbögen ausgeführt. Die
Querschnittshöhe der Bögen variiert dabei von 1000mm im Scheitel zu etwa 2000mm
am Kämpfer.
Aufgrund der leicht gekrümmten Gleisführung ergibt sich eine Brückenbreite
einschließlich Dienstwegen von ca. 7,78m.
Abbildung 1 Brückenlängsschnitt
Abbildung 2 Brückenquerschnitte
Die Verfasser wurden durch die ausführende Firma der Gesamtbaumassnahme mit der
Erstellung der prüfbaren statischen Berechnung des Überbaus und mit den zugehörigen
Stahlbauübersichtszeichnungen beauftragt.
Da die Stahlkonstruktion seitens des AN als Abrechnungsauftrag an ein
Stahlbauunternehmen weitervergeben worden war, dem AG gegenüber aber eine
Pauschale vereinbart wurde, bestand ein großes Interesse an möglichen
Gewichtseinsparungen in der Stahlkonstruktion
Aus vorgenanntem Grund war die Stahltonnage gem. LV in der Angebotsphase durch
eine überschlägliche statische Berechnung eines anderen Ingenieurbüros überprüft und
verifiziert worden. Wir waren aber der Auffassung, dass durch eine Berechnung am
Gesamtsystem etliche Reserven in der Brücke zu mobilisieren seien. Die sich daraus
ergebende mögliche Gewichtsoptimierung war einer der wesentlichen Gründe und
gleichzeitig Vorgabe für die Beauftragung.
Abbildung 3 Brückensystem, mit und ohne Darstellung der Elementlage und -Abmessungen
Grundlage für die Berechnung der Nordbrücke „auf Blechebene“ war die Tatsache, dass
wegen der sehr komplexen Geometrie „normale“ Stabwerkmodelle keine
befriedigenden Bemessungsergebnissen lieferten, sondern lediglich für überschlägliche
Vergleichsrechungen hinreichend gute Werte ergaben.
Abbildung 4 Nordbrücke am Bundeskanzleramt Berlin, hier mit Sofistik visualisiert, die eigentliche
statische Berechnung erfolgte mit dem eigenentwickelten Programmsystem BASTA des
Ingenieurbüros für Bauwesen Prof. Polònyi und Partner, Köln
Auf Basis der Ergebnisse der Variantenuntersuchung entstand also letztlich folgendes
FE-Modell:
Die Abbildung des Deckbleches erfolgte mittels quad Elementen. An den Knoten dieser
Elemente hängen exzentrisch angeschlossene beam-Elemente, die die Längsrippen und
Querträger abbilden.
Systemausschnitt Gruppe 0 2 3 M 1 : 38
XY Querschnittskonturen der Stäbe X * 0.502
Y * 0.906
Z * 0.962
Z
Abbildung 5 Orthotrope Platte mit eingehängten Längs- und Quersteifen
Die Längsträger werden ebenfalls aus Stabelementen erzeugt. Der leicht exzentrische
Anschluss des Deckbleches wurde durch die exzentrische Lage des Stabquerschnitts
berücksichtigt. Auch für die Bögen und Hänger erfolgte der Einsatz von Stabelementen,
wobei die Voutung des Bogens durch die Staffelung der Querschnittshöhen realisiert
wurde.
Diese Wahl des FE-Systems ermöglichte einen guten Kompromiss zwischen
Modellgenauigkeit und Beschränkung der Rechenzeit auf ein erträgliches Maß.
Spannungen
Erster und für die Tragfähigkeit der Brücke wichtigster Nachweis ist der allgemeine
Spannungsnachweis für die verwendeten Profile und Bleche.
Diese Nachweise erfolgten getrennt für die Lastfälle H, HZ, HS anhand von
Schnittgrößen, in die, wie bereits zuvor erwähnt, die Schwingbeiwerte eingerechnet
worden sind.
Die Auswertung erfolgte in graphischer- und in tabellarischer Form.
Wünschenswert wäre hier eine eindeutige und übersichtliche Ausgabe von maximalen
Vergleichsspannungen auch in Flächenelementen (analog zu aqb bei Stäben).
Betriebsfestigkeitsnachweise
Die Betriebsfestigkeitsnachweise erfolgten bauteilweise in ase-Modulen, die lediglich
txa-Zeilen und cadinp-Berechnungen bzw. Datenbankabfragen enthalten und den
folgenden Berechnungsablauf steuern:
Zuerst erfolgt die Berechnung der maßgeblichen Spannungen an ausgewählten
Querschnittspunkten: σ-(max/min) aus UIC und σ aus G
Für die Stabquerschnitte wurden die Auswertungspunkte bereits in aqua mit qsp-Sätzen
definiert.
Bei quad-Elementen lagen die überlagerten Schnittgrößen direkt in den beim
Betriebsfestigkeitsnachweis untersuchten Knoten vor. Aus den Schalenschnittgrößen in
An den maßgeblichen Stellen, an denen sich im Profil Löcher befinden, wurden die
normalen Querschnittskonturen nachträglich durch schubstarre aber flächenlose
Querschnittselemente ersetzt (blec wurde durch lnah ersetzt). Zu diesem Zweck wurden
etliche Querschnitte per Restart in aqua Läufen doppelt definiert. Die mit diesen
Ersatzquerschnitten ermittelten Spannungen sind zwar nicht ganz richtig, aber auf der
sicheren Seite. (Siehe DIN 18800, 3.81, Tabelle 2)
DER NACHWEIS ERFOLGT IM LANGFORMAT DA DIE AUSNUTZUNG GRÖSSER ALS 0.800 IST
VORWERTE
SCHWINGBEIWERT PHI = 1.09
ERHÖHUNGSFAKTOREN FÜR DIE BETRIEBSFESTIGKEIT
PHI-1 = 1.58
PHI-2 = 1.00
PHI-3 = 0.92
PHI-0=1X2X3 = 1.45
NACHWEIS NORMALSPANNUNGEN
SIGMA G = -64.65
MAX SIG UIC = 6.49
MIN SIG UIC = -33.60
SPANNUNGSVERHÄLTNIS KAPPA
KAPPA = 0.59
SCHWINGWEITE
DELTASIG-BE = 40.09
KERBFALL:
KIX
ZULÄSSIGE SCHWINGWEITE
ZUL. D-SIG-BE = 49.00
29.6 32.9
29.4
29.4 43.9
29.3
43.8
29.5
29.7
31.9
Das dieser Einfluss nicht von jedem Stabwerks-Programm erfasst wird, haben wir in
einer ca. 2-wöchigen Diskussion mit dem Prüfingenieur herausgearbeitet. Am
Bogenfußpunkt ergab die Vergleichsrechnung des Prüfers nach II. Ordnung wesentlich
Beulen
Der Nachweis der Beulsicherheit erfolgte mit den Schnittgrößen bzw. Spannungen nach
II. Ordnung. Eine direkte Bestimmung der Beulsicherheit an der Gesamtkonstruktion
war leider nicht durchführbar, da zum einen die gewählte quad Elementierung nicht fein
genug war und zum anderen der Bogen als beulgefährdetes Bauteil nur als Stab vorlag.
Aus der Konstruktion mußten also die betreffenden Beulfelder „von Hand“ herausgelöst
werden. Die für diese Felder maßgeblichen Spannungen konnten in aqb mit einer
anschließenden Datenbankabfrage bestimmt werden. Mit diesen Spannungen ist der
Nachweis dann von Hand bzw. mit einem speziellen Beulprogramm geführt worden.
An dieser Stelle zeigte sich, dass eine einfachere Einbindung bzw. Durchführung der
Beulnachweise wünschenswert wäre. Denn bei den gewählten Stegdicken der Bögen
zeigte es sich erst sehr spät, dass der Einbau einer Längssteife am Steg nötig war. Bei
Möglichkeiten
Durch die möglichst realitätsnahe Abbildung von Brückenstrukturen nicht nur durch
Stab- sondern auch durch Flächenelemente ist eine genauere und somit wirtschaftlichere
Bemessung möglich. Gerade im Brückenbau kommen oft Strukturen vor, die mit reinen
Stabwerksystemen nur unzureichend beschrieben werden können.
Durch die möglichst vollständige Modellierung der Baukonstruktion erhält der
Ingenieur zudem ohne großen Aufwand recht genaue Kenntnis über die Beanspruchung
der Konstruktion in beinahe jedem Punkt. Somit kann er dann weiterführende
Nachweise (z. B. Betriebsfestigkeitsnachweise) ohne die sonst oft üblichen
Vereinfachungen bzw. Zusammenfassungen durchführen. Dies gibt zusätzliche
Sicherheit bei der Beurteilung der Tragfähigkeit und erschließt wie schon gesagt
weiteres Optimierungspotential.
Durch die Fortschritte im Bereich der Rechnerleistung ist inzwischen die Berechnung
„auf Blechebene“ auch auf kleinen Desktoprechnern ohne weiteres möglich geworden.
(Ohne dass wie noch vor einigen Jahren die „Kiste die ganze Nacht laufen muss“)
Ausblick
In naher Zukunft, je nach System auch schon jetzt, ist die Beschreibung einer gesamten
Brückenkonstruktion auf Blechebene (also mit quad-Elementen) möglich und praktisch
durchführbar. Die DS 804 „denkt“ zwar noch auf anderen Wegen, ist aber prinzipiell
mit einem solchen Vorgehen kompatibel.
Bei den jüngsten Anfragen, die unser Büro für die technische Bearbeitung stählerner
Eisenbahnbrücken erhielt, entstanden so nicht nur massenoptimierte Versionen der
Amtsentwürfe sondern innerhalb kurzer Zeit auch „durchgerechnete“ Sondervorschläge,
mit deutlichen Vorteilen hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Unterhalt der
Stahlkonstruktion oder optimierten Bauabläufen.
Die Umsetzung der Geometrievorgabe ist bei rechtwinkeligen Konstruktionen mittels
cadinp einfach und variantenreich möglich, bei geometrisch komplexeren Punkten ist
eine Generierung über sofimshb bzw. sofiplus möglich, auch wenn zumindest zur Zeit
die nicht so einfache Zuordnung von Strukturpunkt und Strukturlinie zu FEM Punkt
bzw. Knotenreihe hinderlich ist.
Abbildung 11 Fahrbahnkonstruktion aus quad, Bogen aus Stäben, 33448 Elemente, 1330 Sek.
Rechenzeit für triangulisieren und lösen eines Lastfalls (P4, 1600 MHz)