Die Montage moderner Fenster und Türen ist deshalb eine anspruchsvolle Planungsauf-
gabe, auch weil höhere Fenstergewichte, größere Abmessungen, geringere Tragfähigkei-
ten hochwärmedämmender Außenwände sowie die Zunahme an Sonderanforderungen
(Einbruchhemmung, Absturzsicherung, Barrierefreiheit etc.) zu berücksichtigen sind. Ins-
besondere die Befestigung bodentiefer Fensterelemente ohne separate Absturzsicherung
aus Metall oder Paneelen ist eine Aufgabe die gemeinsam vom Planer und ausführender
Firma frühzeitig angegangen werden muss. Da es für die Montage keine Norm im eigent-
lichen Sinne gibt, hat das ift Rosenheim gemeinsam mit der RAL-Gütegemeinschaft
Fenster und Haustüren einen "Montageleitfaden" [1] für Fenster und Fassaden erarbeitet,
der die Anforderungen beschreibt und Planungsgrundlagen, Tabellen mit notwendigen
Kennwerten, Bemessungsdiagramme sowie praxistaugliche und geprüfte Ausführungsde-
tails enthält.
Beim Einbau von Fenstern, Außentüren und Fassaden sind der winterliche und sommerli-
che Wärmeschutz (EnEV), der Feuchteschutz (Tauwasser, Schlagregen, DIN 4108,), der
Schallschutz (DIN 4109), der Brandschutz (DIN 4102) sowie eine sichere Befestigung im
Gebäude zu beachten. In der EnEV 2016 werden Anforderungen an die Dichtheit der Ge-
bäudehülle in § 6 Dichtheit, Mindestluftwechsel gestellt, in dem es heißt „Gebäude sind so
auszuführen, dass die wärmeübertragende Umfassungsfläche einschließlich der Fugen
dauerhaft luftundurchlässig und entsprechend den anerkannten Regeln der Technik ab-
gedichtet ist“. Die Planung und Nachweisführung ist Aufgabe des Planers und umfasst
auch den feuchtetechnischen Nachweis, der in der Regel über die Bestimmung des fRSI-
Faktors erfolgt.
Nach Muster-/Landesbauordnung (MBO/LBO) und der VOB/C ATV (Bsp. DIN18360 Me-
tallbauarbeiten) heißt es „… die Verankerungen der Bauteile im Baukörper sind so anzu-
bringen, dass das Übertragen der Kräfte in den Baukörper gesichert ist“. Hierzu müssen
für Planung und Ausschreibung die notwendigen Zeichnungen und Angaben zum Objekt,
Nutzungszweck, der Bauweise sowie der Wandkonstruktion bzw. -baustoffe vorhanden
sein. Weiterhin sind Angaben zur Einbausituation, der Einbauhöhe, der Einbauebene so-
wie den zu berücksichtigenden Lasten und Bauwerksbewegungen zu machen.
Bild 2 Gleiches Fenster, aber unterschiedliche Einbausituationen und daraus resultierende An-
forderungen (links mit Balkon und Geländer, rechts mit französischem Balkon am Fens-
terelement = absturzsicherndes Fenster)
2 Absturzsichernde Bauelemente
Bild 3 Sicherheitskette und Abgrenzung für den Nachweis der Absturzsicherung von Bauelement
und Befestigung
1 1
abZ = allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, erteilt durch die Zulassungsstelle (DIBt)
ETA = europäisch technische Bewertung, erteilt durch eine Zulassungsstelle
abP = allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis, erteilt durch eine anerkannte (autorisierte) Prüfstelle
ZiE = Zustimmung im Einzelfall, erteilt durch die oberste Bauaufsicht des jeweiligen Bundeslandes
Bild 4 Demonstration von Prüfungen zur Tragfähigkeit und Auszugsfestigkeit von Konsolen und
Befestigungsmitteln im Weiterbildungsseminar zur ift-Fachkraft Montage
3 Abdichtung
Bauelemente in der Gebäudehülle sind Belastungen durch Feuchtigkeit sowohl von au-
ßen (Schlagregen) wie innen (Luftfeuchte, Tauwasser) ausgesetzt. Die fachgerechte inne-
re und äußere Abdichtung der Anschlussfuge zum Baukörper muss deshalb viele Funkti-
onen erfüllen, die durch das Prinzip des Ebenenmodells verständlich erklärt werden.
Abdichtung mit Dichtstoff zwischen Abdichtung mit vorkomprimiertem Dichtungsband Abdichtung mit Fugendichtband
Putzabschlußprofil und Holzfenster in Verleistung auf Putz
4 Schwellenausbildung
Direkter Wasser-
Schlagregen & anstauungen Schnee-
Wasserableitung Spritzwasser (kurzzeitig) ansammlungen
Temperatur
Feuchte
Schall
Bewegung
Einbruch
...
Wind
...
Folgende Kriterien sind beim Bodenanschluss und der Schwellenausbildung von Außen-
und Fenstertüren zu beachten:
1. Der Schutz der seitlich an Außen- und Fenstertüren angrenzenden Außenwand, wobei
die Anschlüsse an die Wand die „Abdichtungshöhe“ sicherstellen müssen.
2. Der Schutz der unten an Außen- und Fenstertüren angrenzenden Außenwand, wobei
die Anschlüsse, auch im Übergang zum seitlichen Baukörperanschluss dauerhaft dicht
sein müssen.
3. Die konstruktive Ausbildung der Schwelle, so dass ein fachgerechter Anschluss des
angrenzenden Gewerks möglich ist.
Die Regelwerke für angrenzende Gewerke und die Bauwerksabdichtung (DIN 18195) ha-
ben die Abdichtung des unteren Anschlusses und nicht die der (Fenster-)Tür im Fokus.
Sofern keine baulichen Kompensationsmaßnahmen erfolgen, wird eine Abdichtungshöhe
über der Oberfläche der Schutzschicht, des Belages oder der Überschüttung von 150 mm
als notwendig angesehen. Gleichzeitig wird auf Ausnahmen bei den Abdichtungshöhen
bei Außen- und Fenstertüren hingewiesen (Barrierefreiheit). Wird die Abdichtungshöhe
unterschritten, so müssen bauseitig zusätzliche konstruktive Maßnahmen ergriffen wer-
den um die Belastung zu reduzieren. Dies können z. B. eine Überdachung und/oder Ent-
wässerungsrinnen im unmittelbaren Türbereich sein. Zum Schutz der Außenwand gegen
nicht drückendes Wasser im Bereich von Außen- und Fenstertüren sind weitere Ausfüh-
rungsmöglichkeiten zulässig die im Montageleitfaden [1+2] detailliert beschrieben werden.
Unterschreitung der
Abdichtungshöhe
z. B. an Terrassentür
150 mm
Abdichtung
(bauseits)
Verbesserte
Wasserabführung durch
Entwässerungsrinne
(bauseits)
5 Barrierefreie Schwellen
Während Feuchte aus Schlagregen oder Tauwasser bei Außentüren im Allgemeinen un-
problematisch ist, da hier in der Regel unempfindliche Bodenbeläge angrenzen, können
bei Fenstertüren mit niedriger, betretbarer bzw. barrierefreier Schwelle raumseitig angren-
zende, empfindliche Bodenbeläge durch vorübergehende Tauwasserbildung in Mitleiden-
schaft gezogen werden, so dass auch hier feuchteunempfindliche Bodenbeläge vorteilhaft
sind.
Außerdem besteht ein Interessenkonflikt mit der Schlagregendichtheit, denn selbst die in
DIN 18040 beschriebene Ausnahme mit einer Schwellenhöhe von 20 mm ermöglicht nur
eine geringe Schlagregendichtheit. Bei der Prüfung entspricht eine Wassersäule von 20
mm einem Staudruck von ca. 200 Pascal. Steigt die Wassersäule höher, kommt es zum
raumseitigen Wassereintritt. Durch eine geeignete Ausführung kann aber auch die Klasse
7A für zweiflügelige Stulpfenstertüren oder die Klasse 9A für einflügelige Fenstertüren er-
reicht werden.
Bild 14 Barrierefreie Schwellenausbildung mit "überrollbarer" Schwelle und Klasse 9a für die
Schlagregendichtheit (Bild: Alumat)
Bauliche Maßnahmen wie die Vermeidung von direktem Spritzwasser (Vordach, Nische
etc.), rückstaufreie und kontrollierte Wasserabführung nach außen im Schwellenbereich
(Schmutzgitter und Vorkehrungen gegen Schnee- oder Eisbildung) helfen bei der Ent-
schärfung dieses Interessenskonflikts und sollten, wo baulich möglich, geplant werden.
Bei Altbausanierungen können einzelne Problembereiche auch erst bei der Demontage
der alten Fenster- bzw. Außentüren entdeckt werden, wie z. B. schadhafte Dichtungsbah-
nen. In solchen Fällen ist eine sofortige Rückmeldung an den Planer bzw. Auftraggeber
erforderlich, um die notwendigen Maßnahmen zur fachgerechten Anbindung festzulegen.
Schwellen sind in jedem Fall trittfest zu unterbauen und zu befestigen. Werden bei Fens-
tertüren Fensterbänke angebracht, so ist ebenfalls ein trittfester Unterbau sowie eine
rutschhemmende Ausführung vorzusehen.
Literatur
[1] Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fenstern und Haustüren für Neubau und Reno-
vierung (Leitfaden zur Montage/LzM). Erstellt vom ift Rosenheim und der RAL-Gütegemeinschaft Fens-
ter und Haustüren e.V., Rosenheim/Frankfurt, 3/2014
[2] Leitfaden zur Montage von Vorhangfassaden. Erstellt vom ift Rosenheim und der RAL-
Gütegemeinschaft Fenster und Haustüren e.V., Rosenheim/Frankfurt, 8/2017
[3] Guideline for installation of windows and external pedestrian doors (Montageleitfaden englisch), Erstellt
vom ift Rosenheim und der RAL-Gütegemeinschaft Fenster und Haustüren e.V., Rosenheim/Frankfurt,
12/2016
[4] ift-Richtlinie MO-02/1 Baukörperanschluss von Fenstern – Teil 2: Verfahren zur Ermittlung der Ge-
brauchstauglichkeit von Befestigungssystemen. ift Rosenheim, Juni 2015
[5] Kommentar zur DIN EN 14351-1, Fenster und Türen - Produktnorm, Leistungseigenschaften.
Rosenheim 11/2013
[6] EnEV, Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Ge-
bäuden, 2016
[7] DIN 18055, Kriterien für die Anwendung von Fenstern und Außentüren nach DIN EN 14351-1.
[8] DIN 18008-4, Glas im Bauwesen – Bemessungs- und Konstruktionsregeln – Teil 4: Zusatzanforderun-
gen an absturzsichernde Verglasungen.
[9] DIN EN 1991-1-6, Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-6
[10] DIN 4108, Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teile 2-7
[11] ETB-Richtlinie „Bauteile, die gegen Absturz sichern“ – Ausschuss für Einheitliche Technische Baube-
stimmungen (ETB), Fassung Juni 1985
[12] Musterbauordnung (MBO)
Normen(-auszüge) sind mit Kenntnis des DIN Deutsches Institut für Normung e.V. veröffentlicht. Maßge-
bend für das Anwenden der DIN-Norm ist deren Fassung mit dem neuesten Ausgabedatum, die bei der
Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstr. 6, 10787 Berlin, erhältlich ist.
Autoreninfo
Wolfgang Jehl ist im ift Rosenheim als Produktingenieur für den Bereich
äußere Abschlüsse, Montage und Baukörperanschlüsse tätig. Als Haupt-
verfasser des Montageleitfadens und diverser Richtlinien sowie als lang-
jähriger Gutacher gilt er als führender Experte auf diesem Gebiet. Als Re-
ferent und Autor sowie in verschiedenen Normungsgremien gibt er seine
Erfahrung an die Branche weiter.