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22, 11:41 Demenz – Freundschaften halten das Hirn fit | Gesundheit

Demenz

Freundschaften halten das Hirn fit


17. August 2021, 16:55 Uhr | Lesezeit: 2 min

Emotionale Nähe, Gespräche und Verständnis bremsen den geistigen Abbau


schon in frühen Jahren.

Von Werner Bartens

Klar, mancher wendet sich enttäuscht von seinen Mitmenschen ab, zudem gibt es Eigenbrötler
und Eremiten. Doch diesen wenigen Beispielen von selbstgewählter Isolation steht eine über-
wältigende Menge an Befunden gegenüber, die eindeutig zeigen: Der Mensch ist ein soziales
Wesen und auf Nähe und Kontakt angewiesen. Wie ausgeprägt dieses Bedürfnis ist, hat sich
während der Pandemie überdeutlich gezeigt. Ein Mangel kann psychische, soziale und gesund-
heitliche Folgen haben.

Auch für die geistige Frische ist es wichtig, Resonanz zu haben, also einen wohlwollenden Ge-
sprächspartner und damit jemanden, der da ist, zuhört und Anteil nimmt. Neurologen und Al-
tersforscher aus Harvard und von der New York University zeigen im Fachmagazin Jama Net-
work Open, wie wichtig es für die kognitive Leistungsfähigkeit ist, sich auf soziale Unterstützung
verlassen zu können. Enge Vertraute zu haben, fördert die Hirngesundheit.

Wissenschaftler um Joel Salinas haben die Befunde von knapp 2200 Teilnehmern im Alter von
durchschnittlich 63 Jahren ausgewertet. Dabei wurden die kognitiven Fähigkeiten mit neuro-
psychologischen Tests erfasst sowie das Hirnvolumen bestimmt. Mit nachlassenden geistigen
Fähigkeiten kann auch die Größe des Gehirns abnehmen. Die Analyse zeigte, dass jene Men-
schen, die auf ein soziales Umfeld zurückgreifen, auf bewährte Vertraute setzen konnten und
jemandem zum Reden und Zuhören hatten, kognitiv deutlich besser abschnitten. Wer hingegen
nur selten einen Gesprächspartner fand, kam auf schlechtere Werte.

Das Hirn von Einsamen altert schneller


Die Forscher berechneten, wie viele Jahre an geistiger Leistungsfähigkeit es kosten kann, nicht
über genügend soziale Kontakte zu verfügen. Für ihre Analyse griff das Team um Salinas auf die

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aus früheren Studien bekannte kognitive Kapazität in verschiedenen Altersstufen zurück. Wer
wenig Austausch und Kontakt hatte, dessen Gehirn alterte schneller. Es ist demnach um durch-
schnittlich 4,25 Jahre "älter" und weniger agil, als es dem kalendarischen Alter entsprechen
würde. Viel soziale Nähe und reger Austausch führen hingegen zu einer geringfügigen "Verjün-
gung" des Gehirns.

"Diese vier Jahre können ungeheuer wertvoll sein", sagt Salinas. "Oft denken wir erst im höheren
Alter daran, wie wir unsere Geisteskraft erhalten können, dabei haben wir dann schon Jahr-
zehnte verloren, in denen wir uns Gewohnheiten hätten aneignen können, die unser Gehirn ge-
sund erhalten." Deshalb müssten sich schon Jüngere fragen, wer liebevoll zuhören und Sorgen
teilen kann und von wem emotionale Unterstützung zu erwarten ist. "Sich darum zu kümmern,
setzt einen Prozess in Gang, der gute Chancen auf geistige Gesundheit und hohe Lebensqualität
bietet", so Salinas.

Auch in der Anamnese und in anderen ärztlichen Gesprächen sollte stärker auf das soziale Netz
der Patienten eingegangen werden. Nachzufragen, ob jemand da ist, der zuhört und sich auf den
anderen einlässt, kann wichtige Hinweise geben. "Einsamkeit ist ein wichtiges Merkmal einer
Depression und hat andere nachteilige Auswirkungen auf die Gesundheit", sagt Salinas. "Fragen
zu sozialen Beziehungen verraten deshalb nicht nur etwas über die Lebensumstände der Patien-
ten, sondern auch über ihr künftiges Befinden."

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