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Thema 04: Klinische Diagnostik und Persönlichkeitsstörungen

Einführung – Krank, gestört, …?


Zur Einführung gibt er hier Beispiele von „kranken/gestörten“ Menschen, aber auch das eine
Klassifikation manchmal gar nicht einfach ist und drastische Folgen haben kann. Die Beispiele
muss man glaube ich nicht können aber es ist gut sie mal gelesen zu haben. Die Links zu den
Artikeln gibt’s auf den Folien, die wollte ich jetzt nicht alle übertragen.
▪ Andreas Lubitz: Mutmaßlich depressiver Copilot der für Absturz des Germanwings-
Fluges, verantwortlich ist, bei denen er selbst und 149 weitere Insassen ums Leben
kamen
▪ Anders Breivik: Rechtsextremistischer norwegischer Attentäter, verantwortlich für die
Anschläge vom 22. Juli 2011 in Norwegen bei denen 77 Menschen ums Leben kamen.
Gutachten 1, Urteil, Publikationen 1,2 und 3
▪ Atkins vs. Virginia: Todesstrafe bei „mentaler Retardierung“ grausame Strafe. Wegen
Flynn-Effekt führen alte Normen ceteris paribus zu mehr Todesurteilen. (Er redet hier
viel über Normierung im Leistungskontext. Er kritisiert, dass in den meisten Fällen
Normen komplett veraltet sind oder einfach von anderen Ländern übernommen
werden ohne dies zu Prüfen. Im diagnostischen Kontext (hier v.a. im forensischen
setting) kann das verheerende Folgen haben.)
▪ Homosexualität wurde erst 1992 mit der Einführung von ICD-10 aus der ICD entfernt
(bis 1973war Homosexualität eine psychische Störung in DSM-II). Bis 1994 war
Homosexualität eine Straftat.
▪ Ferndiagnosen problematisch (Hier Thema Ferndiagnose von Trump als psychisch
gestört. Der Fachpolitische Konsens ist, dass Ferndiagnosen sind eigentlich nicht
akzeptabel sind.)

Normbegriffe (findet man so auch in den Manualen):


▪ Statistische Norm (abnorm ist, was ungewöhnlich oder selten ist) (z.B. bei Dsykalkulie)
▪ Funktionale Norm (abnorm ist, was schädlich ist [Original Bericht, Umsetzung der
Enquete Empfehlungen, Impact, Wittchen-Projekt]) (historisch gesellschaftlicher
Umgang mit psychischen Störungen)
▪ Soziale Norm (abnorm ist, was von gesellschaftlicher Norm abweicht) (z.B.
Homosexualität war psychische Störung als es in der breiten Mehrheit der Gesellschaft
noch nicht akzeptiert wurde.)
Diagnostische Positionen
Perspektive aus dem DSM. Die Änderungen und Diskussion von DSV-IV und V sollen wir selbst
recherchieren. In Bezug auf die nosologische Grundüberzeugung/Natur von psychischen
Störungen besteht kein Unterschied zwischen den 4&5 und auch nicht ICD 10/11
▪ Realistische Position: „Psychische Störungen existieren real. Es braucht nur die
richtigen Verfahren, um sie aufzudecken.“ (deckt sich mit unserem Verständnis von
latenten Variablen. Sind irgendwie da und beeinflussen unser Verhalten.)
▪ Nominalistische Position: „Psychische Störungen sind nützliche Heuristiken/Begriffe.“
(Psychische Störungen werden als solche bezeichnet/klassifiziert um einen Nutzen zu
erfüllen (z.B. Das Psychologen Geld durch Abrechnung verdienen können))
▪ Skeptische Position: „Psychische Störungen sind willkürliche Konstrukte, die häufig
missbraucht werden (z.B. Szasz).“ Aber! S.a. (z.B. Scientology Perspektive)
▪ Pragmatische Position: „Definition psychischer Störungen sollte sich an Sinn und
Zweck von Diagnosen orientieren (traditionell Reliabilitätsmaximierung).“

Diagnostische Systeme
1. DSM-5
▪ Dichotomes Klassifikationssystem psychischer Störungen (gestört vs. nicht gestört)
▪ Explizite Kriterien (aber auch nicht super explizit, Kriterien manchmal nicht
vollständig definiert)
▪ Subjektiv berichtete Symptome
▪ Disease vs. Illness, vs. Sickness; Disorder
▪ Psychische Störungen sind modifizierbare Entitäten (nicht ganz so einfach, viele
Störungen haben oft auch dispositionalen Charakter)
▪ Diagnosen sollen klinisch nützlich sein (Prognose, Behandlungsplanung und –
Ausgang)
▪ Diagnose nicht äquivalent zu Behandlungsbedarf, letzteres muss idiosynkratisch
Einschränkungen der Person sowie Pro und Contra einer Behandlung abwägen.
Psychische Störung (nach DSM)…
▪ ist Syndrom, das durch klinisch signifikante Störungen in Kognition,
Emotionsregulation und Verhalten einer Person charakterisiert ist. (Hier Kognition
nicht Leistungn sondern: was denken Menschen typischerweise? Die drei Begriffe sind
aber nicht leicht trennbar, stellen eher Ebenen dar.)
▪ ist Ausdruck dysfunktionaler (psychologischer, biologischer oder
entwicklungsbezogener) Prozesse, die psychischen Funktionen zugrunde liegen.
▪ verbunden mit bedeutsamen Leiden oder Beeinträchtigung sozialer,
tätigkeitsbezogener und anderer Aktivitäten.
DSM history
Über Zeit Einfluss der Psychoanalyse auf die Diagnosen immer geringer über die Zeit.
DSM-5 Veränderungen bzw. Trends
▪ Abkehr von ätiologischen Theorien sondern deskriptiver, ätiologiefreier Ansatz.
▪ Ziele: Behandlung leiten, Forschung stimulieren, Ausbildung verbessern,
Kommunikation erleichtern.
▪ Formulierung konkreter operationaler Kriterien.
▪ Massiver Anstieg der Diagnose-Reliabilitäten. (Relativ zu früher deutlich besser aber
immer noch unzureichend.)
▪ Verbesserung klinischer Nützlichkeit
▪ Integration neuer Forschung? (Bringt Probleme mit sich, wenn sich Aspekte des DSM-
5 immer wieder ändern ist das z.B. für Längsschnittstudien problematisch. )
▪ Leichtere Handhabung
▪ In DSM-5 weniger NOS/Misc. Diagnosen (= Nicht näher bezeichnet - Diagnosen. Hier
viel Streit zwischen IV und V.)
▪ Konvergenz mit bevorstehendem ICD11.
▪ Multiaxiale Struktur perdu (Die fand er eh seltsam, was sind den Axen!?)
▪ Störungsklassen und einzelne Störungen neu gruppiert
▪ Dimensionale und störungsübergreifende Maße (ersetzen Multiaxiale Struktur)
▪ „Neue“ Störungen (Binge-Eating, Pathologisches Horten
▪ Aber auch Kandidaten die es nicht geschafft haben: (Burnout-Syndrom)

Alle DSM-5 Diagnosen und Gruppen


1. Neurodevelopmental disorders
2. Schizophrenia and primary
psychotic disorders
3. Bipolar and Related Disorders
4. Mood Disorders
5. Anxiety Disorders
6. Disorders Related to
Environmental Stress
7. Obsessive Compulsive Spectrum
8. Somatic Symptom Disorder
9. Feeding and Eating Disorder
10. Sleep Disorders
11. Disorders of Sexual Function
12. Antisocial and Disruptive Disorders
13. Substance Abuse-Related Disorders
14. Neurocognitive Disorders
15. Personality Disorders
16. Paraphilias
17. Other Disorders

Kritik am DSM-5
▪ Zahlreiche Instrumente. Nicht alle davon super.
▪ Multiaxiale Betrachtung (mit 5 „Achsen“) beseitigt. In DSM-IV 5 Achsen, davon 1 und
2 für psychische Störungen, 3 für medizinische/neurologische Störungen, 4 für
psychosoziale und umweltassoziierte Stressoren, 5 für globales Funktionsrating,
jedoch WHODAS2. (Axen waren vor allem bei Komorbiditäten sehr sinnvoll.
WHODAS2 soll Axen 4 & 5 ersetzen. Abfrage von kognitiver Beeinträchtigung und
Beeinträchtigung des Alltags.)
▪ Dimensionaler Ansatz bei PK-Störungen halbherzig. (Kommt später mehr dazu.)
▪ Komorbidität fortwährendes Problem (Komorbidität stellt auch Problem der
Trennbarkeit der Störungen dar.)
▪ Aktualisierungen. (Vornehmen von Verbesserungen. Kann Kontinuität gefährden)
▪ Ätiologie und Pathophysiologie nebulös
▪ Keine hinreichende biologische Verankerung fast aller Störungen, Pharmaeffekte
kaum spezifisch. (spielt für das RDoC eine große Rolle.)
▪ Reliabilität und Validität der Diagnosen nicht so super.
(Übereinstimmungskoeffizienten wie Kappas nach aktueller Datenlage nicht so super
gut, selbst bei "Mainstream-Störungen" wie Depression)
▪ System reifiziert sich (Das System ist allein wegen der Kassenabrechnung eh nicht
totzukriegen, egal welcher Qualität. Es erhält sich selbst.)
▪ Kausalitätsbasierte Klassifikation nicht absehbar. (Diagnosen im Grunde deskriptiv.
Man fragt nicht nach den Ursachen bei der Klassifikation, sondern nur nach dem
aktuellen Zustand.)
▪ Definieren diagnostische Kategorien im Grunde Prototypen als Modalinstanzen? (Hier
geht's um die Symptomlisten. Vergleich der erfassten Symptome mit einem Prototyp
der Störung? Wie nah sind wir an der Modalinstanz dran? Hat Charakter von
künstlicher Kategorisierung.)
▪ Diagnosen basiert auf Konsens über Cluster klinischer Symptome. Nicht sicher richtig.
(z.B. PK-Störungen. Große Änderungen über die Zeit aber auf welcher Grundlage?
Welche Daten zeigen, dass es genau 10 PK-Störungen gibt?)
▪ Metaphysische Konzepte wie „Verlangen“ oder „Zweck“ nur pseudooperationalsiert
▪ Schwächen von Selbstbericht. (Probleme von Selbstbericht gelten im klinischen
Kontext genauso. Gezielte Verfälschungen können in beide Richtungen gehen.)
▪ Normalität stirbt aus, weil Diagnosen permissiver werden. (Jeder hat irgendwas, alles
wird pathologisiert. Führt zu Inflation psychischer Erkrankungen.)
▪ Kategorien sind nicht natürlich sondern künstlich
▪ Symptomzahl und Beeinträchtigung nicht äquivalent
▪ Gebiased für westliche Welt (Afrika, China). (In nicht westlichen Ländern liegen
möglicherweise andere Störungen/Prävalenzen etc. vor)
▪ Pharma gebiased. (Viele Leute die am DSM mitarbeiten sind Nah an der
Pharmaindustrie, Lobbyismus denkbar.)
▪ Inhaltliche Kontroversen:
o Major Depression schließt normale Trauer ein
o Minor Neurocognitive Disorder bei normalem Altersabbau
o Behavioral Addictions: Alles was wir viel machen
o Generalisierte Angst bei Alltagssorgen
Einerseits gut, weil es leichter ist Behandlungsangebote zu machen. Andererseits
werden normale Alltagsverhaltensweisen pathologisiert

2. RDoC
▪ Kritik an Symptomgebundenheit bei DSM und ICD: NIMH zieht sich aus
Forschungsförderung zurück. (National institute of mental health (USA). Stellen
Förderung von ICD und DSM ein und stellen eigenes diagnostisches Diagnosesystem
auf. Grundlage für Klassifikation und Behandlung vor allem Biologische Faktoren.)
▪ → „Alternative“: Research Domain Criteria (RDoC)
▪ Um mentale Störungen besser zu verstehen, sollen genetische, bildgebende,
physiologische und kognitive Daten und eben nicht Symptome gruppiert werden um
Behandlungseffekte zu erforschen
▪ Domänen mit untergeordneten Konstrukten (Findet er selbst nicht besonders gut.
Erfassung der untergeordneten Konstrukte schlecht umgesetzt. Auf der behavorialen
Seite quasi null Konsistenz.)
o Negative Valence Systems
o Positive Valence Systems
o Cognitive Systems
o Systems for Social Processes
o Arousal/RegulatorySystems
o Sensorimotor Systems
▪ Störungstaxonomie nicht erkennbar, Validität?
▪ NImH-Förderpolitik biologisiert – andererseits könnte biologische Anreicherung von
Diagnostik Klassifikation verbessern und damit Behandlungseffekte disattenuieren
▪ Schuldscheinmaterialismus, mentale Störungen mehr als Neurobiologie
▪ weitere Diskussion bei Interesse

3. HiTOP
▪ Voll empirische Klassifikation von Psychopathologie: Hierarchical Taxonomy of
Psychopathology. (Man versucht psychische Störungen eigentlich als Modelle mit
Faktoren höherer Ordnung darzustellen.)
▪ Initiative beruht auf Überzeugungen: Traditionelle Diagnosen fundamental limitiert
o Statistisch abgeleitete Konstrukte können viele Limitationen beheben
o Hierarchische Organisation der Konstrukte von eng nach breit ist nützlich
o Nur Konstrukte mit hinreichender Unterstützung sollen ins Modell (nötigenfalls
Ergänzungen)
o Vorgeschlagene Taxonomie kann in Forschung und Praxis mit vorliegenden
Instrumenten operationalisiert werden.
▪ Konsortium, Arbeitsgruppen & Ergebnisse (Publikationen, Instrumente) entwickeln
sich rasch
▪ Kernkritik aus HiTOP (also Kritik an anderen Diagnosesystemen)
o Störungen sind nicht kategorial
o Kategorisierung kontinuierlicher Variablen bedeutet Informations- und
Reliabilitätsverlust
o Redundanz von Störungen (Komorbidität) ist die Regel, wird aber konzeptuell in
traditionellen Betrachtungen nicht ins Kalkül gezogen
o Viele Störungen ziemlich heterogen mit Symptomen die wenig überlappen
o Oft Leiden und Beeinträchtigung ohne Diagnose (bzw. Unspecified)
▪ Konsequenzen (bei den kritisierten Systemen):
o Langsamer Fortschritt
o Wenig Anleitung in Behandlung/Betreuung
o In Praxis dann oft weniger Relevanz als wünschenswert – stattdessen
Orientierung an Symptomen statt an Diagnosen
▪ Quantitative Nosologie
o Kein Expertenkonsens mehr sondern Datenorientierung
o Anlehnung an konsensuale Modelle aus Persönlichkeits- und Intelligenzforschung
o Erst Messmodelle, dann externe Validität
Umsetzung im HiTOP
▪ Psychopathologie ist dimensional. Verbessert Reliabilität, reduziert NOS da alle
Personen beschreibbar sind
▪ Kategoriale Aspekte ggf. ergänzbar
▪ Natürliche Organisation mentaler Gesundheit drückt sich in
Nachbarschaftsverhältnissen aus.
▪ Redundanz von Dimensionen (Komorbidität) in hierarchischer Betrachtung
reflektiert. Fokus ergebnisbezogen wählbar. (Wie hoch korrelieren
Störungen/Symptome miteinander, wie gut lässt sich von dem einen auf das andere
schließen.)
▪ Zeichen, Symptome und fehlangepasstes Verhalten werden in spezifische
Dimensionen gruppiert, die Symptomkomponenten und fehlangepasste Traits (>100)
widerspiegeln

Vergleich der Anordnungen mit DSM-5

▪ Cluster von Syndromen


ergeben Subfaktoren
▪ Große Cluster ergeben
Spectra (aktuell 6),
daraus Superspectra
ableitbar (p, bzw.
darunter Emotional
Dysfunction, Psychosis,
Externalizing)
▪ Syndrome sind
dimensional und nicht
notwendig kongruent
mit traditionellen
Betrachtungen
▪ Kongruenz mit DSM und ICD nicht imperativ. Sondern Zeichen und Symptome von dort
plus zusätzliche Symptome werden reorganisiert und im Einklang mit den Daten
präsentiert
▪ HiTOP orientiert an Dysfunktion und nicht an deren Konsequenzen (wie ICD11 aber im
Gegensatz zu DSM-5)
▪ Jede Dimension soll spezifische Dysfunktion abbilden (es wurden schon über 100
postuliert)
▪ Mechanismen sollen so besser erforschbar, traktabler sein
▪ Offenes System, legt Störungen nicht ex cathedra fest sondern knüpft Festlegung an
Evidenz
▪ Neben Selbstauskunft zukünftig auch Leistungen
▪ Symptome fluktuieren stärker als korrespondierende Traits. Vereinzelt traitlose
Symptome und symptomlose Traits. Diskrepanz zwischen Symptom und Trait ggf.
indikativ
▪ (intensiv) Längsschnittliche Betrachtung
kommend
▪ Schwere ab der Behandlung indiziert
abzuleiten
▪ 1-1.5 SD mild; 1.5-2 SD moderate; >2
schwer. Zu elaborieren (→ Verwendung
von statistischen Normen (siehe
Einführung))
▪ Bass-akward Verständnis von Hierarchie.
(Faktorenanalytisches Verfahren aus dem
die Hierarchie im HiTOP entstanden ist.)
▪ HiTOP vs. RDoC (nicht wichtig hat er gesagt)

Beispiel für scores im Hitop


(sehr permissiv, man würde
fast immer irgendwo mild
scoren. Das wäre jetzt das
Profil einer sehr extremen
Person)
4 psychometrische Konzeptualisierungen
Klinische Störungen sind…
1. Konstruktivistische Perspektive: Störungen zweckmäßige Gruppierung von Symptomen
2. Diagnostische Perspektive: Zugehörigkeit zu latenter Klasse die Störung unterliegen.
(gesunde vs. nicht gesunde; im Prinzip natürliche Dichotomie erwartet.)
3. Dimensionale Perspektive: Intensität von Symptomen auf zugehörigen Dimensionen
„überschwellig“. (Latente Verhaltensbereitschaft die sich dann in verschiedenen Indikatoren
manifestieren.)
4. Kausale Systeme: Störungen sind kausale Netzwerke die aus Symptomen und deren
kausale Beziehungen zueinander bestehen

Konstruktivistische Perspektive
Yuppie, Diabetes Mellitus, Depressiv … (Ad hoc Konstruktionen von Störungen. Er rät davon
ab so eine Perspektive einzunehmen. Ich versteh nicht ganz genau wieso aber er hält das für
hirnrissig.)
Emergente Variablen; formatives Messmodell

Diagnostische Perspektive
Psychische Störungen sind natürliche Kategorien. (Das ist eigentlich die gängige Perspektive
die wir in der Kommunikation verwenden. Allerdings werden verschiedene Ausprägungen
hier nicht beachtet. Depressiv vs. nicht depressiv aber keine Unterscheidung innerhalb der
Klassen. Heißt alle depressiven sind gleich depressiv. Ergibt nur Sinn wenn man sagen würde:
Wir haben Gruppen die sich qualitativ unterscheiden aber innerhalb der Gruppen gibt es
dann nochmal quantitative Unterschiede (Nennt man Mischverteilungsmodell). Wird im
strengen Sinne dieser Konzeptualisierung aber nicht vertreten, deshalb findet er die auch
hirnrissig.)
Latente Klassen / Latente Profile (Das ist im Prinzip das Modell das DSM und ICD zugrunde
liegt)

Dimensionale Perspektive
Psychische Störungen sind künstliche Kategorisierungen dimensionaler Unterschiede. (Durch
Festlegung von Grenzwerten/Schwellen)
CFA/IRT, reflexives Messmodell (Konfirmatorische Faktorenanalyse bzw. Item-response-
theorie.)
Netzwerkperspektive
Symptome psychischer Störungen können als kausales Netzwerk interpretiert werden

Netzwerkperspektive. Ähnlichkeit
wird durch Nähe ausgedrückt. Es
gibt keinen Faktor mehr sondern
gleichberechtigte Symptome.

Netzwerkperspektive in den letzten Jahren gewachsen.


Persönlichkeitsstörungen
Definition nach APA (2013)
“A personality disorderis an enduring pattern of inner experience and behavior that deviates
markedly from the expectations of the individual’s culture, is pervasive and inflexible, has
onset in adolescence or in early adulthood, is stable over time, and leads to distress or
impairment.” (APA, 2013, p. 645). (Auch so im DSM 5. Kommentar von ihm: Wenn man das
PD am Anfang weglässt, kann man dann nicht quasi jede Störung da einsetzen? Was
unterscheidet die PD so fundamental von anderen Störungen. Er findet die Definition etwas
seltsam.)
Clusteranordnung wie in DSM-IV. Gemeinsame Merkmale aller Störungen: Betrachtet
werden (Warum jetzt diese 4? Sind die erschöpfend? Distinkt? Er findet sie überlappen sich.)
▪ Kognition: Wahrnehmung und Interpretation des Selbst, der Anderen, von Ereignissen
▪ Affekt: Bandbreite, Intensität, Labilität, Angemessenheit emotionaler Reaktionen
▪ Interpersonales Funktionsniveau
▪ Impulskontrollprobleme
▪ Wechsel zu dimensionaler Betrachtung und Elimination schwach unterstützter PK-
Störungen hat sich nichtdurchgesetzt. In Abschnitt III wird neuerAnsatz skizziert. Dort
unter anderem Spezifikation 5 breiter pathologischer Persönlichkeitstraits (negative
affectivity, detachment, antagonism, disinhibition, and psychotic features) mit jeweils 5
Facetten.
Drei Cluster von PK-Störungen
▪ Drei Cluster von Persönlichkeitsstörungen: Kategoriale Klassifikation nach ICD und DSM,
dimensionalere Grundhaltung in DSM-5.
▪ Merkmale und typische Gedanken bei spezifischen PS.
▪ Sehr ähnlich ICD10 und
DSM5. Er findet dissozial
passt nicht in Cluster B.
Die Frage ist generell was
uns die Cluster überhaupt
sagen sollen.
Spezifische PK-Störungen
Ich glaube ihm ist hier wichtig mit
welchen PK-Facetten die Störungen
assoziiert sind, da könnte ich mir gut
Fragen dazu vorstellen.

Prävalenzen

Antisoziale/dissoziale Persönlichkeitsstörung
Kernsymptome (Hat starken Rechtspsychologischen / forensischen Charakter. Die Leute sind
in der Regel häufig kriminell):
▪ Schwierigkeiten, sich sozialen Normen anzupassen, z.B. Gesetzesverstöße
▪ Wiederholtes Lügen und Manipulieren anderer zum Vergnügen oder um Profit zu
erlangen
▪ Impulsivität
▪ Reizbarkeit und Aggressivität
▪ Fahrlässige Missachtung der eigenen Sicherheit und der Sicherheit anderer
▪ Verantwortungslosigkeit, z.B. Schwierigkeiten einen Job zu behalten
▪ Mangel an Reue
Borderline Persönlichkeitsstörung
Kernsymptome
▪ Instabilität von Beziehungen, Emotionen und Selbstbild
▪ Angst vor dem Verlassenwerden
▪ Neigung zu selbstverletzendem Verhalten
▪ Aggressivität
▪ Starke Gefühle und Empfindungen
Neurotizismus spielt hier auch eine wichtige Rolle. Man könnte es auch mit niedriger
Verträglichkeit, und Ehrlichkeit-Bescheidenheit assoziieren.
Histrionische Persönlichkeitsstörung
Kernsymptome
▪ Übermäßig großes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Beachtung
▪ Überzogene und starke Emotionen
▪ Sexuelle Provokationen
▪ Oberflächliche Meinungen
▪ Beeinflussbarkeit
Eigentlich auch wieder N, welche noch? Sollen wir drüber nachdenken.
Narzisstische Persönlichkeitsstörung
Kernsymptome
▪ Bedürfnis, bewundert zu werden
▪ Starke Empfindung der eigenen Wichtigkeit und Überlegenheit; Anspruchsdenken
▪ Kann sich nicht in die Gefühle und Bedürfnisse anderer einfühlen
▪ Selbstwertgefühl ist stark aber gleichzeitig fragil
▪ Neidisch auf andere
Ehrlichkeit-Bescheidenheit hier wichtig.

Schizoide und SchizotypischePersönlichkeitsstörung


Kernsymptome schizoid
▪ Gleichgültigkeit gegenüber sozialen Beziehungen
▪ Freudloses Leben
▪ Sozial unbeholfen
▪ Reagiert passiv bei unerfreulichen Ereignissen
Kernsymptome schizotypisch
▪ Ängstlich in sozialen Beziehungen, vermeidet andere Menschen
▪ Person ist „anders“, passt nicht dazu
▪ Argwohn gegenüber Mitmenschen
▪ Exzentrische Überzeugungen, z.B. Glaube an Magie
▪ Ungewöhnliche Wahrnehmungen und Erfahrungen
▪ Ungeordnete Gedanken und Sprache
▪ Leiden unter sozialer Isolierung
Paranoide Persönlichkeitsstörung
Kernsymptome
▪ Misstrauisch gegenüber anderen und hegt Ressentiments
▪ Missinterpretiert soziale Vorkommnisse als bedrohlich
▪ Neigung zu krankhafter Eifersucht
▪ Ist streitlustig und feindselig
Ehrlichkeit-Bescheidenheit und Verträglichkeit hier wichtig.

Vermeidende/selbstunsichere Persönlichkeitsstörung
Kernsymptome
▪ Gefühle der Unzulänglichkeit
▪ Empfindlich gegenüber Kritik
▪ Kaum Aktivitäten um Peinlichkeiten zu vermeiden
▪ Geringes Selbstwertgefühl
N wichtig.

Abhängige Persönlichkeitsstörung
Kernsymptome
▪ Starkes Bedürfnis umsorgt zu werden
▪ Unterwürfig
▪ Strebt nach Bestätigung durch andere
▪ Ergreift selten die Initiative und widerspricht anderen kaum
▪ Arbeitet nicht selbstständig
▪ Würde Missbrauch durch andere tolerieren um Unterstützung zu bekommen
hier auch N.

Zwanghafte Persönlichkeitsstörung
Kernsymptome
▪ Beschäftigt sich mit Ordnung
▪ Perfektionistisch
▪ Widmet sich hingebungsvoll der Arbeit, benötigt kaum Freizeit und Freundschaft
▪ Ist oft kleinlich und geizig
▪ Stur und unnachgiebig
im outcome Gewissenhaftigkeit, die Leute arbeiten peinlich genau. N und V spielen auch
mit rein

Persönlichkeitsstörungen, Selbstkonzept, Emotion


Noch ein paar Kurzcharakterisierungen auf
den nächsten Folien zum Besser
kennenlernen der Störungsbilder.
Psychopathie
Einführung
Der gemütlose Psychopath (Schneider, K. [1946]. Klinische Psychopathologie. Stuttgart:
Thieme. S. 13)
„Gemütlose Psychopathen heißen wir Menschen ohne oder fast ohne Mitleid, Scham,
Ehrgefühl, Reue, Gewissen. In ihrem Wesen sind sie oft finster, kalt, mürrisch, in ihren
Handlungen oft triebhaft und brutal. […] Über den kriminellen Gemütlosen vergesse man
nicht, dass es auch durchaus soziale Gemütlose gibt, stahlharte Naturen, die "über Leichen
gehen". Hier ist die Intelligenz oft hervorragend.“
Der gemütlose Psychopath „[...] kennt ganz gut die Moralgrenze, er sieht sie, er fühlt sie
nicht, und deshalb handelt er auch nicht danach.“
Themen
▪ Psychopathie und Kriminalität
▪ Psychopathie vs., antisozial/dissozial
▪ Aktuarische Diagnostik. PCL (= Psychopathie Checklist. Interview in dem 12 Aspekte
unterschieden werden. Ist kein klinisches Interview sondern ein Beispiel für aktuarische
Diagnostik. Basiert auf der Grundlage von Akten von Insassen. Also welche
demographischen Eigenschaften können potentiell etwas über die
Rückfallwahrscheinlichkeit vorher. Die Metaanalyse zeigt dass tatsächlich dies das
beste Verfahren für die Vorhersage der Rückfallwahrscheinlichkeit. Ein Grund könnte
sein, dass Psychopathen im Interview tendenziell einfach lügen. Aktuarische Daten
korrespondieren zu Cattells L Daten. Er hat hier auf den Folien noch ein Punkt Rückfall,
mit Link zu einer Dis die gezeigt hat dass die Prognosen mit PCL gar nicht so gut
klappt. Wenn man ein paar Faktoren mit rein nimmt wird es aber besser. Hat aber
auch folgen, weil dadurch manche Leute grundsätzlich keine gute Prognose
bekommen können.)
Charakterisierungen von Psychopathen; unterschiedliche Ergebnisse.
Emotionswahrnehmung
▪ Ekel↓(Kossonenet al., 2002)
▪ Angst ↓(Blair et al., 2004)
▪ Trauer↓(Dolan & Fullam, 2006)
Empathie
▪ Kog. & affekt. Empathie kalt-unemotionale Kinder ↓(Blair, 1999; Daddset al. 2009)
▪ Aufmerksamkeit Gesten von Gewaltopfern ↑(Book et al., 2013)
▪ Emotionale Ansteckung Gähnen/Lachen ↓(Hagenmulleret al., 2012)
Aber:
▪ Oft Mangel an statistischer Macht
▪ Kapitalisierung auf Zufall
▪ Uni-nicht multivariat
▪ Messungen und Stichproben oft schwach
▪ Präsupposition von Emotionsspezifität

Faktoren

Beispielhafte Studie (von ihm glaube ich)


▪ N 360, männlich, > 18 Jahre, IQ > 75, keine psychotische Störung, keine psychotrope
Medikation
▪ Je 1/3 a) Psychopathische Straftäter, b) nichtpsychopathische Straftäter, c)
Krankenhaus-Gefängnismitarbeiter, Normalpopulation
▪ Individuell getestet
▪ 150 min kognitive Tests, Fragebögen, Emotionsexpression, PCL: SV Interview, Gene
Instrumente
▪ Psychopathy Checklist (PCL:SV)
▪ SRP-III, TriPM
▪ Fluide Intelligenz figural
▪ Objektverarbeitung (Häuser)
▪ Gesichterverarbeitung: Part-whole, resemblance, eyewitness
▪ Emotionsverarbeitung: Upright inverted, Emotion composite, FEEL,
Eyewitness(memory)
▪ Emotionsexpression: explizite Emotionsproduktion und –imitation, inzidentelle faciale
Mimikry (EMG)
▪ Emotionsspezifische Empathie
Beispiele für Aufgaben
Expressionsbewertung

▪ Versuchspersonen gefilmt
▪ Expressionsbewertung basiert auf Action Unit Analyse
▪ Baseline, Plastizität: default Emo. Exp.; generelle Fähigkeit Gesicht zu bewegen
▪ Produktion z.B. “Überraschung” zu posieren. Alle Emotionen mehrfach,
+mehrfachneutral +Messwiederholung
▪ Imitation mit und ohne Feedback, sonst wie oben
Wie gut konnten die VPN eine Emotion ausdrücken?

Emotions-perzeptionsaufgabe
Emotionsspezifische Empathie (unterschieden zwischen den 6 Basis-Emotionen)
▪ Kognitiv/Affektive * Ärger/Ekel/Angst/Freude/Trauer/Überraschung
▪ Freude* Affektiv: Ich freue mich, wenn die Leute um mich fröhlich sind
▪ Freude * Kognitiv: Mir fallen viele Umstände ein, unter denen meine Freunde
glücklich sind
▪ Trauer * Affektiv: Ich fühle mich traurig, wenn jemand mir unbekanntes traurig ist
▪ Trauer * Kognitiv: Ich kann gut verstehen, warum Andere traurig sind, wenn etwas
bestürzendes geschieht.

Ergebnisse

Eigentlich stellen wir uns Psychopathie ja


kontinuierlich vor.
Hier Messmodell für die PCL.
Sally hat alle möglichen Faktorenmodelle für Psychopathie mal durchgerechnet. Die kommen
jetzt auf den nächsten Folien:
Geschachteltes Modell
(=hierarchisch). Echte
Leistungstests
durchgeführt. Face und
Emotionsfaktoren
haben mit Psychopathie
nichts mehr zu tun
nachdem GF extrahiert
wurde. Größter
Zusammenhang also
einfach mit GF Faktor,
nicht mit Gesichts- oder
Emotionswahrnehmung

Weitere Modelle auf die er nicht weiter eingegangen ist:

Emotions-Mimicry
Zusammenfassung von Psychopathie und Evidenz
▪ Psychopathie als Trait und Störung schlecht verstanden. Gilt auch für dissozial und
antisozial. (Wo setzt man sinnvollerweise die Schwelle?)
▪ Emotionale Denkleistungen höchstens gering mit Psychopathie korreliert
▪ Keine emotionsspezifischen Defizite
▪ Höchstens Defizit in Freude-Mimikri
▪ Kognitive Empathie „Defizit“
▪ Effekte legitimieren nicht emotionale Fähigkeiten als fokal für Psychopathie zu
betrachten
▪ Alternative Ansätze sollten multivariat und latent sein

Dimensionale Ansätze und Korrelate


Dimensionale Erfassung von Persönlichkeitsstörungen
Ansatz mit eigenen Psychopathologie-Skalen: PSY-5
Skalen in MMPI. (PK-Störungen also im Grunde fünf-
dimensional)

Ansatz auf Basis der Big Five


▪ Annahme (empirisch untermauert): PS sind Extremformen einzelner Big Five
Dimensionen oder aus deren Kombination (Widiger (1997); Costa & Widiger(1994))
▪ Konsequenz: es gibt nur einen graduellen Unterschied zwischen normal und
pathologisch
▪ Zusammenhang PS mit Big 5 (corri.):
Aus Meta-Analyse. HEXACO wäre hier
auch sinnvoll gewesen. Unreliabilität
hier noch nicht korrigiert, also Effekte
vermutlich größer. Ergebnisse hängen
auch von den Fragebögen und den
verwendeten Items ab.
PID5
Instrument aus dem DSM 5 zur Diagnose von PK-Störungen. Beispiel Items auf Folie 59,
konnte ich nicht kopieren.

Zusammenfassung
▪ Pk-Störungen in DSM5 immer noch weitgehend kategorial. Fortschritte überschaubar
▪ Big5 bzw. Hexaco Perspektive sinnvoll und begründet übertragbar.
Offenheit/Psychotizismus am heikelsten
▪ Distinktheit von Persönlichkeitsstörungen relativ zu anderen Störungen sehr fraglich
▪ Am besten alle Störungen dimensional ggf. mischverteilt betrachten.

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