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4) Keiuel, f., Zur Entwickelungsgeschichte des menschlichen Urogenital-


apparates. Arch. f. Anat. u. Physiol., Anat. Abt., 1896, p. 55.
5) Paschkis, E.., Zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte der männ-
lichen Harnröhre. Monatsberichte f. Urologie, Bd. 11, p. 1.
6) Perna, G.,sviluppo e sul significato dell'uretra nell'uomo.
Sullo
Arch. Ital. dl Anat. e di Embriol., Vol. 88, p. 145.
7) PoMAYER, in Fleischmanns Morphologische Studien über Kloake und
:

Phallus der Amnioten. Morphol. Jahrbuch, Bd. 30.


8) Reichel, p.. Die Entwickelung der Harnblase und der Harnröhre.
Verh. d. Phys.-med. Ges. Würzburg, Bd. 27.

Erklärung der Tafelfiguren.


Fig. 1. Querschnitt durch die Glans penis eines menschlichen Embryo von 8,5 cm
ßumpflänge. Vergr. 25.
Fig. 2. Querschnitt durch die Geschlechtsfalten (/) im Eichelteile desselben Em-
bryo. Vergr. 125.
Fig. 3. Querschnitt durch einen Teil der Wandung der Urethra apikal von der
Fossa navicularis bei demselben Embryo. Vergr. 125. ^j/iZ. Lumen in der Phallusl eiste.
e. Lumen im ektodermalen Teile.
Idem von einem Embryo von 13 cm Rumpflänge,
Fig. 4. a und b Grenze
zwischen Ektoderm und Entoderm.

Nachdruck verboten.
Nochmals die Homologie der Paukenhöhlen.
Von 0. Bender, München.
In einer Abhandliiug: „Ueber das Pterygoid, Palatinum und Para-
sphenoid der Quadrupeden, insbesondere der Reptilien und Säugetiere,
nebst einigen Betrachtungen über die Beziehungen zwischen Nerven
und Skeletteilen", Anat. Anz., Bd. 36, 1910, kommt H. Fuchs auf
Grund von Resultaten, welche er über die variablen Beziehungen des
Verlaufes des Nervus palatinus facialis zu den Deckknochen des Rachen-
daches erhalten hat, zu dem Schluß, daß das Verhalten des Nerven
zum Skelett überhaupt, „und zwar sowohl zum Priraordialskelett wie zu
den Deckknochen", für vergleichend -morphologische Erwägungen nur
einen sehr beschränkten Wert habe. In einer zweiten Arbeit: „Ueber
Knorpelbildung in Deckknochen, nebst Untersuchungen und Betrach-
tungen über Gehörknöchelchen, Kiefer und Kiefergelenk der Wirbel-
tiere", Arch. f. Anat. u. Entwicklungsgesch., Suppl.-Bd. 1909, wendet
Fuchs dieses auf die genannte Weise gewonnene geringschätzige Urteil
noch in anderen Fragen an und befaßt sich anscheinend von diesem
Gesichtspunkte aus auch flüchtig mit meinen neurologischen Unter-
suchungen „Die Schleimhautnerven des Facialis" etc. in Semon, Zool.
Forschungsreisen, 1906. Das oberflächliche Urteil über neurologische
Fragen im allgemeinen, in welche Fuchs gar nicht tiefer eingedrungen
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ist, sowie mehrfache sonderbare Versuche dieses Autors, mir über


meine Ergebnisse ganz andere Schlußfolgerungen in den Mund zu
legen, als ich sie geäußert habe, nötigen mich zu einer vorläufigen
Erwideruug und Richtigstellung, die sich jedoch an dieser Stelle auf
die angeführten Punkte beschränken soll.
In der erstgenannten Arbeit bespricht Fuchs unter anderem das
Verhältnis des Nervus palatinus der Quadrupeden zu den Deckknochen,
vornehmlich zum Pterygoid und Parasphenoid in einer Weise, als ob
er als der erste dieses untersucht hätte. Hierbei wird immer nur der
Verlauf dieses Nervenastes auf einer kurzen Strecke berücksichtigt
und seine wechselnde Lagerung zu den Deckknochen, die selbst weder
primordial, noch in ihrer Existenz oder gar Form konstant sind, fest-
gestellt. Während der Autor nun an vielen Stellen (p. 42, 46 49, 52) —
die Lage des Palatinusverlaufes zu den Deckknochen als wichtige
morphologische Beziehung bezeichnet und z. B. p. 77 eine verschieden-
artige Durchbrechung der Deckknochen durch den N. palatinus „eine
nicht außer acht zu lassende Lageverschiedenheit" nennt, widerspricht er
sich in den Fußnoten p. 52, 53, sowie p. 56, 76 in diesem Punkt, indem
er aus dem wechselnden Verlauf dieses Nervenastes schließt, „wie wenig
im allgemeinen auf das Verhalten der Nerven zu Deckknochen bei
vergleichend-anatomischen Erwägungen zu geben sei", p. 91 konstatiert
F. dann nochmals, daß „der Nervus palatinus, also ein und derselbe
Nerv, in der Quadrupedenreihe zu ganz verschiedenen Deckknocheu

der Schädelbasis in Beziehung treten kann, und es auch tut, zum


Pterygoid, zum Parasphenoid und zum Palatinum daß aber diese Be-;

ziehungen bei den einzelnen Gruppen außerordentlich wechseln" etc.


Endlich folgt der Schluß (p. 94), seine Befunde zeigten „zur Genüge,
wie außerordentlich wechselnd das Verhalten der Nerven zum Skelett
ist, und zwar sowohl zum Primordialskelett wie zu den Deckknochen,

und das vielfach bei einander ganz nahestehenden Formen".


Hierzu habe ich folgendes zu bemerken. Zunächst weiß ich
wirklich nicht, wodurch Pouchs das wechselnde Verhalten der Nerven
zum Primordialskelett bewiesen haben will; und ferner: das
wechselnde Verhalten des N. palatinus zu den Deckknochen war
schon vor Fuchs' Mitteilung genau bekannt, was er aber völlig ver-
schweigt. Ich habe an einem viel größeren und mannigfaltigeren
Material, als es Fuchs jetzt zur Verfügung stand, unter anderem auch
den Nervus palatinus facialis als erster durch die ganze Wirbeltier-
reihe verfolgt, und zwar nicht nur seinen Verlauf, sondern, was viel
wichtiger ist, auch sein Endgebiet. Aus diesen Untersuchungen, die
F., wie gesagt, ganz mit Stillschweigen tibergeht, ging mit aller Klar-
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heit hervor, daß für die vergleichend - morphologische Betrachtung


dieses Nerven seine zum primordialen knorpeligen
Zugehörigkeit
Mundhöhlendach das entscheidende Moment abgibt. Zu dieser
Einsicht kommt man natürlich nicht, wenn man nur die Entwicke-
lungsgeschichte einiger Säuger und ReptiHen heranzieht, sondern nur,
wenn man die primitivsten Zustände aufsucht und als Ausgangspunkt
für die Betrachtung höherer Formen berücksichtigt. Unter den jetzt
lebenden Vertebraten zeigen nur die Selachier das ursprünglichste
Verhalten dieses, wie anderer Nerven zum Primordialskelett, nämhch
eine bis ins einzelne verfolgbare periphere Neuromerie. Das muß
den Ausgangspunkt für vergleichend - neurologische Betrachtungen
bilden, einerlei, ob die Ergebnisse auf ontogenetischem Wege oder
durch Untersuchung ausgebildeter Formen gewonnen wurden. Deshalb
muß es als grundfalsch bezeichnet werden, wenn Fuchs in diesem
Zusammenhang das so primitive und außerordentlich konstante Ver-
hältnis der Nerven zum Primordialskelett, sogar ganz allgemein ge-
nommen, in oben Bemerkung mithereinzieht und mit dem
zitierter
ganz andersartigen zwischen Nervenverlauf und Deckknochen zu-
sammenwirft.
Wie Fuchs Behauptung über das Verhalten des Nerven
erstere
zum Primordialskelett durch nichts bewiesen hat,so war letztere be-
treffs der Variabilität des Nervenverlaufes zu den Deckknochen schon
vor seiner Mitteilung genau bekannt. Aus meinen und früheren Unter-
suchungen anderer ist zur Genüge zu ersehen und ist auch von mir
wiederholt betont worden, daß das Verhalten der Nerven, und zwar
besonders des Nervenlaufes zu den Deckknochen, etwas Sekundäres
und zudem außerordentlich Variables ist, ein Moment, das für ver-
gleichend-morphologische Zwecke gar nicht ins Gewicht fällt. Ich
verweise hier auf meine Angaben bei Crossopterygiern, Perennibran-
chiaten und vielen Reptilien. Diese Erkenntnis stammt also durchaus
nicht erst von Fuchs und ist nicht durch ontogenetische, sondern
durch vergleichend - anatomische Untersuchungen auf viel breiterer
Basis zuerst erlangt worden. Was also Fuchs über diesen Punkt vor-
bringt, sind nur durch das Studium der Ontogenese einiger Säuger und
Reptilien gewonnene Bestätigungen bereits bekannter Dinge, für den
Kenner der vergleichenden Neurologie dieser Kopfgegend aber lauter
Selbstverständlichkeiten, deren nochmalige Bestätigung durch Fuchs
aber dadurch an Wert verliert, daß sie in recht widerspruchsvoller
Weise vorgetragen wurde.
Dann aber kommt noch etwas in Frage, was Fuchs gar nicht be-
rücksichtigt hat. Gerade der Nervus palatinus facialis ist durchaus nicht
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immer „ein und derselbe Nerv", wie F. meint. So ist z. B. der N. pala-
tinus eines Reptils nicht ohne weiteres dem eines anderen Reptils oder
etwa eines Amphibiums zu vergleichen. Hier muß an die sehr mannig-
faltige Trigeminusbeimischung gedacht werden. Diese tritt zuerst mit
dem Auftreten des zweiten knöchernen Kieferbogens (Polypterus) und
weiterhin der Gaumen fortsätze (Amphibien etc.) am Mundhöhlendach
in die Erscheinung und ist von mir mit der fortschreitenden Ueber-
lagerung des primären Mundhöhlendaches durch die Deckknochen des
sekundären Rachendaches in Verbindung gebracht worden. Dieser
Auffassung ist bisher nicht widersprochen worden. Nur der proximale
Teil des Nerven bis zur Anastomose mit dem Trigeminus in der
Choanengegend (Amphibien) oder bis zur sog. kaudalen Anastomose
(Sphenoidalgeflecht, Reptilien) oder mit anderen Worten, der Abschnitt,
welcher zu dem Ueberbleibsel des primitiven Mundhöhlendaches Be-
ziehungen erhält, kann mit einiger Sicherheit mit dem N. palatinus
der Selachier verglichen werden. Weiter peripher haben wir also
einen gemischten Nerven vor uns, und zwar einen bei Amphibien,
Sauropsiden und Säugern sehr verschiedenartig gemischten Nerven.
Diese Anastomosenbildungen liegen aber gerade im Bereich der von
Fuchs verglichenen Deckknochen.
So sehr ich also die Resultate von Fuchs teilweise als Bestäti-
gungen meiner Auffassung über das unzuverlässige Verhältnis des
Nerven Verlaufes zu Deckknochen schätzen kann, so wenig kann ich die
daraus gezogenen Verallgemeinerungen und vor allem die Ausdehnung
dieser Ansicht auf die ganz andersartigen Beziehungen zwischen
Nervenverlauf und -endgebiet (Fuchs spricht einfach von Nerven) und
Primordialskelett billigen; sie widersprechen direkt den Tatsachen.
Ohne auf die ontogenetischen Ergebnisse der zweitgenannten
Arbeit von Fuchs hier eingehen zu wollen — ich hoffe das bald an
anderer Stelle zu können, wenn ich Untersuchungen über die Ent-
wickelungsgeschichte des Kopfes von Testudo graeca und anderer
Reptilien abgeschlossen habe — muß ich mich hier zu den Schluß-
folgerungen wenden, zu welchen Fuchs offenbar infolge der oben ge-
schilderten verfehlten Anschauungen über den morphologischen Unwert
der Nerven gekommen ist, und welche meine Resultate von 1906/07

berühren.
In beiden Arbeiten beschäftigt sich Fuchs nur mit dem Verlauf
der betreffenden Nerven. Nun ist für motorische wie sensible Nerven
nachgewiesen und allgemein anerkannt, daß für die Aufstellung von
Homologien nur dem Endgebiet unter allen Umständen morpho-
zukommt.
logische Beweiskraft Der Nachweis des Endgebietes bildet
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doch z. B. neben anderen Merkmalen das wichtigste Kriterium der


vergleichenden Myologie. Dem Verlauf eines Nerven wird man
logischerweise nur dann eine Stimme bei morphologischen Betrach-
tungen zuerkennen, wenn sich in diesem durch die ganze Wirbeltier-
reihe gleichbleibende Lagebeziehungen erwiesen haben; ziehen wir
z. B. Skeletteile in Betracht, so können hierfür nur solche primordialer
Natur in Frage kommen. Diese Ansicht gründet sich allerdings auf
Beobachtungen, welche nur auf vergleichend -anatomischem Wege ge-
wonnen werden konnten. W^enn man aber bei vergleichenden Be-
trachtungen immer nur bis zu den Amphibien zurückgreift, und zwar
nicht einmal bis zu den primitivsten, wie es Fuchs tut, wenn man
also das ursprünglichste und klarste Verhältnis der Nerven zum Pri-
mordialskelett, wie es die Selachier zeigen, unbeachtet läßt, so kann
man unmöglich diesenwirklich gleichbleibenden Beziehungen auf die
Spur kommen. Dementsprechend wird das Urteil über diese Fragen
oberflächlich bleiben.
Nur so ist die Auslegung zu erklären, welche Fuchs meinen Er-
gebnissen beilegt. Wie für den Nervus palatinus facialis, so habe ich
auch für die Chorda tympani und die analogen Aeste des IX. und teilweise
des X. Hirnnerven gezeigt, daß zur Beurteilung dieser Nerven in erster
Linie ihr Endgebiet zu berücksichtigen sei, ihr Verlauf nur unter den
oben angeführten Bedingungen ^). Unter diesen Gesichtspunkten habe
ich nachgewiesen, daß Spritzloch und Paukenhöhlen im wesentlichen
stets im Endgebiet der gleichen Schleimhautnerven liegen. Zu diesen
gehören der dorsale Teil des N. palatinus und die dorsalen Pharyngei
des Glossopharyngeus und zum Teil des Vagus; nicht aber gehört
hierzu die Chorda tympani, der Abkömmling eines ventralen Pha-
ryngeus.
In seiner zweitgenannten Arbeit geht nun Fuchs in einer an-
scheinend nachträglich eingefügten Fußnote (p. 80 fl".) auf den wich-
tigsten Punkt aus meinen Befunden, die übereinstimmende Innervation
dieses Gebietes bei allen Wirbel tierklassen, gar nicht ein, versucht nur,
diese Tatsachen durch die Bemerkung, „falls sich dies überall bestätigen
sollte", abzuschwächen, eine Bemerkung, die ihm, der sich diese Ver-
hältnisse nach seinen eigenen Worten bisher nur bei Säugern ange-
schaut hat, und in meinen Angaben bisher keinerlei Unrichtigkeiten

1) Auch diese Resultate, speziell über die Chorda tj-mpani, stützen


sich auf ein viel größeres Untersuchungsmaterial, als es Fuchs hierfür
aufweisen kann. So habe ich den Nerven bei Cheloniern, Alligator und
einigen Vögeln zuerst beschrieben, eine Feststellung, zu der ich den
neuesten Ansprüchen von Fuchs gegenüber leider genötigt bin.
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hat nachweisen können, wohl nicht zukommt. Dann aber legt Fuchs
meine Schlüsse so aus, als ob ich eine „vollkommene Homologie
zwischen Spritzloch und Paukenhöhle" behauptet habe. Gegen diese
mir fremde Auslegung meiner Schlußfolgerungen muß ich mich auf das
nachdrückhchste verwahren. Ich weiß nicht, wie Fuchs dazu kommt,
mir diese von mir nie aufgestellte Behauptung in den Mund zu legen,
wie er es auch schon auf der Anatomenversammlung in Würzburg 1907
im Anschluß an meinen Vortrag getan hat. Von einer „Totalhomologie"
habe ich weder in Würzburg, noch in meiner Abhandlung in „Semons
Reisen" gesprochen. Vielmehr habe ich bei beiden Gelegenheiten hin-
reichend oft und deutlich den Standpunkt vertreten, daß Spritzloch
und Paukenhöhlen nur insofern miteinander zu homologisieren seien,
„als in allen diesen Gebilden ein allen Vertebraten gemeinsames Stamm-
gebiet gleicher Innervation enthalten sei". Ich verweise hier auf meinen
Vortrag Verhandl. d. Anat. Gesellsch., 1907, p. 43, und auf Semons
Reisen, 1906 (ersch. 1907), p. 383, 410, 424, 442, 444, 446. p. 446

heißt es wörtlich i): „Ich glaube nun gezeigt zu haben, daß zwar bis
zu einem gewissen Grade auch die Ausdehnung des Cavum tympani,
noch viel mehr aber der Chordaverlauf im Bereich der Pauke als
variable Komponenten anzusehen sind. Den Ausschlag gibt die Ver-
sorgung der Paukenhöhlenschleimhaut, welche lehrt, daß die Pauken-
höhle zwar in ihrer Form und Ausdehnung sehr wechselt, nicht aber
in ihrer Lokalisation, in der Hauptsache vielmehr insofern unverändert
bleibt, als sie ein allen Vertebraten gemeinsames Stammgebiet in sich
birgt. Soweit die erhaltenen neurologisnhen Kenntnisse bis jetzt
Schlüsse zulassen, ist der Ausgangspunkt des tubo-tympanalen Raumes
der Anuren, Sauropsiden und Säugetiere, wie des Spritzloches der Se-
lachier, zunächst im dorsalen Teil der ersten Schlundspalte zu suchen.
Dieser Bezirk ist allen diesen Bildungen enthalten und
jedenfalls in
charakterisiert sie homologe Formationen.
damit als Dazu kommen
aber, speziell bei Sauropsiden, vielfache Umformungen, Erweiterungen
und Reduktionen, so daß die Paukenhöhle als ein außerordentlich va-
riables Gebilde erscheint, dessen Einzelheiten einem Vergleich unzu-
gänglich sind."
Ich sollte meinen, das sei deutlich. Wenn nun Fuchs jetzt wieder,
wie in Würzburg, meine Worte so deutet, als ob ich von einer „voll-
kommenen Homologie aller Pauken" oder von einer „direkten Ho-
mologie" gesprochen hätte, so ist das ein Hineinlegen mir fremder
Ansichten in meine Schlußfolgerungen. Dasselbe gilt von der Be-

1) Im Original größtenteils gesperrt.


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merkuDg, welche Fuchs p. 104 macht; ich habe niemals behauptet,


„die Paukenhöhle sei einfach die erste Schlundspalte". Es liegt hier
eine von diesem Autor häufiger geübte Manier vor, die Ausführungen
anderer auf seine Art auszulegen und dann mit Emphase so ent-
standene vermeintliche „Irrtümer" zu berichtigen; eine Manier, gegen
die man sich ja auch schon von anderer Seite verwahrt hat.
Weiter zeigt die ganze Art der Beurteilung meiner Ergebnisse
durch Fuchs, wie oberflächlich er sich mit denselben befaßt hat.
Irgendwelche Widerlegung meiner Befunde hat er nicht bringen können ;

so greift er, stets unter einseitiger Berücksichtigung der Ontogenese,


ihre Auslegung an mit der Bemerkung „daß jene Schleimhautnerven
nicht nur die Wand der ersten Schlundtasche, sondern auch die an-
grenzenden Teile des Kopfdarmes versorgen. Dann aber sei folgendes
klar: Wird die erste Schlundspalte zurückgebildet und ein Teil des
Kopfdarmes aus dem gleichen oder unmittelbar benachbarten Bereiche,
in dem die zurückgebildete Schlundtasche einst lag, neu vorgeschoben,
dann muß dieser vorgeschobene Teil von den gleichen Schleimhaut-
nerven versorgt werden, wie die früher vorhandene Schlundtasche.''
Darauf erwidere ich, daß diese Möglichkeit doch nicht gegen eine
Homologie aller an dieser Stelle entstehenden Gebilde gleicher Inner-
vation in dem von mir vertretenen Sinne Das Material zum
spricht.
Aufbau, in diesem Fall zur Formung und Auskleidung der Höhle ist
doch stets im wesentlichen das gleiche. Deshalb muß doch nicht
während der ganzen Ontogenese stets die „Schlundspaltenform" ge-
wahrt werden. Zu einer so engen Vorstellung kann nur der kommen,
dem rein nur die Ontogenese etwas zu sagen hat, und der der Fest-
stellung von Cänogenien ganz aus dem Wege geht. Aber selbst für
einen Vertreter letzterer Anschauung sollte es maßgebend sein, daß
diese direkte, stets sichtbar bleibende Umformung der ersten Schlund-
spalte in Paukenhöhle während der Ontogenese durchaus nicht
die
immer unterbrochen scheint, wie bei den Säugetieren, an welche sich
Fuchs bei phylogenetischen Erörterungen merkwürdigerweise immer
zuerst wendet. Durch Spemann und Gaupp ist die Eutwickelung der
Anurenpauke aus der ersten Schlundspalte einwandfrei nachgewiesen
worden. Die Zurückführung auch der Anurenpauke auf das gleiche
Ausgangsgebiet ist also nicht nur durch den Nachweis gleicher Inner-
vation, sondern auch durch die Ontogenese bereits erfolgt und über
das Stadium der „Vermutung", wie Fuchs p. 82 meint, längst hinaus.
Wenn Ftjchs schon in dieser Frage auch die Nerven heranziehen
wollte, so hätte er besser daran getan, sich mit der Hauptsache, den
Paukennerven, d. h. der Innervation der Pauke, zu befassen.
Es wird wohl niemand mehr bestreiten wollen, daß die Nerven-
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endgebiete hier entscheidend sind. Stattdessen holt Fuchs wieder


den Verlauf der Chorda tympani hervor, und stellt tatsächlich den
Versuch an, mit diesem Kriterium als Angelpunkt unter Ignorierung
der Paukennerven die Frage nach der Homologie der Paukenhöhlen
zu lösen. Nun ist die Variabilität des Verlaufes der Chorda tympani
im Paukenbereiche bei Amphibien, Sauropsiden und Säugern wirklich
hinreichend festgestellt, und zwar hat sich Fuchs, wie hier besonders
zu betonen ist, an diesem Nachweis selbst 1906 und jetzt lebhaft be-
teiligt, so lebhaft, daß er z. B. in seiner erstgenannten Arbeit in einer
an E. Cords und Gaupp gerichteten Fußnote (p. 93, Note 2) das Haupt-
verdienst an diesem Nachweis mir gegenüber beansprucht. Trotzdem
soll nach Fuchs jetzt wieder die Lage dieses Nerven zur Paukenhöhle
für die phyletische Betrachtung derPauke maßgebend sein; nicht die
Paukennerven Gegenüber einem solchen Mangel an Logik erscheint
!

jede weitere Diskussiou mit diesem Autor über genannte Fragen un-
fruchtbar. Und nur unter diesem Gesichtspunkt, immer wieder nur
der Lage der Chorda tympani zur Pauke, kündigt Fuchs (p. 82, Fuß-
note) weitere Untersuchungen über die Entwicklung der amphichor-
dalen Säugerpauke aus einer metachordalen an, Untersuchungen, denen
also eine Fragestellung zugrunde gelegt ist, die nicht nur nach den
bisherigen Resultaten anderer, sondern auch nach seinen eigenen Er-
fahrungen als ganz unmaßgeblich erscheinen müßten.
Endlich greift Fuchs auf p. 102 fif. einige meiner kurzen Notizen
zur Kiefergelenkfrage an. Diese Bemerkungen habe ich ausdrücklich
in der Einleitung p.343 und weiterhin auf p. 447 nur mit allem Vor-
behalt gemacht. Ob
sie sich behaupten können, müssen weitere Unter-

suchungen lehren ich selbst prüfe dieselben eben durch entwickelungs-


;

geschichthche Studien nach. Meine damaligen Bemerkungen über das


Kiefergelenk gründeten sich lediglich auf die sehr festen Lage-
beziehungen der Chorda tympani zum knorpeligen Kieferbogen und
-gelenk, also nur zu Teilen des Primordialskelettes, nicht zu
sekundären und variablen Deckknochen, weil ich diese Beziehungen
bei allen Klassen der NichtSäuger als ungemein stabil nachweisen
konnte, sie dann aber bei den Säugern durchweg aufgehoben fand.
Dieser Umstand ließ sich, zunächst lediglich vom neurologischen Stand-
punkt aus, nur mit der Annahme einer Nichthomologie des Kiefer-
gelenkes der Wirbeltiere in Einklang bringen. Ich habe dabei aus-
drücklich betont, daß es sich natürlich nur um eine Instanz für die
Lösung der Frage handelt. Alle übrigen der Ontogenese entnommenen
Zusammenstellungen über die Kiefergelenkfrage, unter welchen F. unter
anderem die supponierte Dorsalwandung des nonmammalen Kiefer-
gelenkes herausgreift, beruhen auf Referaten aus den Arbeiten von
128

FÜRBRiNGER, Gaupp, Schulman, Drüner, Fuchs u. A., Und sind als


solche gekennzeichnet. Auf diese Einwände von Fuchs werde ich an
anderer Stelle auf Grund eigener Untersuchungen eingehen. Hier kam
es mir nur darauf an, zu zeigen, wie Fuchs einmal unangefochtene
Resultate anderer Untersucher ganz verschwiegen hat und damit durch
seine ontogenetischen Nachprüfungen den Eindruck einer unverdienten
Priorität erwecken konnte, und wie er andererseits Schlußfolgerungen
anderer in einem Sinne umgedeutet hat, der es ihm ermöglichen konnte,
scheinbar „berichtigend" einzugreifen. Dabei sind ihm außerdem starke
Inkonsequenzen untergelaufen.
München, Kgl. Anatomie, 8. Juni 1910.

Bücheraiizeiaeii.
Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der wirbellosen
Thiere. Von E, Korschelt und K. Heider. 1. u. 2. Aufl. Allgemeiner
Theil. 4. Lief. Mit 217 Abbild, im Text. Jena, Gustav Fischer, 1910.
(p. 167—470.) Preis 7 M. 50 Pf.
Die vierte Lieferung des allgemeinen Teiles dieses hier wiederholt
gewürdigten Werkes schließt sich den früher erschienenen ebenbürtig
an, vor allem was die glänzende Ausstattung mit Abbildungen betrifft.
Die Lieferung ist ganz der Keimblätterbildung gewidmet (Kap. VIII),
die nicht nur für die Wirbellosen, sondern mit sehr wertvoller Beachtung
der niederen Vertebraten oder Chordaten dargestellt wird. Zuerst wird
die Keimblattbildung im allgemeinen abgehandelt, wobei mit dem Bau
des Eies begonnen wird Einwände gegen die Keimblätterlehre werden
;

zurückgewiesen. Ein x\bschnitt ist den Endstadien der Furchung ge-


widmet. — Der zweite Hauptabschnitt behandelt die verschiedenen Typen
der Gastrulation, der dritte die Typen der Mesodermbildung, der vierte
besondere Formen der Keimblätterbildung. Besonderen Wert dürften für
die Leser dieser Zeitschrift die letzten Abschnitte „Keimblattbildung der
Chordaten" haben. —
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Für die Versammlung in Brüssel sind noch angekündigt worden:
16) Herr Keibel: Modelle eines jungen menschlichen Embryo.
17) Herr v. Korff: Zur Histogenese der bindegewebigen Stützsub-
stanzen niederer Wirbeltiere. Mit Demonstrationen.
18) Herr M. v. Lenhossek: Ueber das Ganglion ciliare.

Dr. H. HovEN, Prosektor der Anatomie in Lüttich, ist in die Ge-


sellschaft eingetreten.

Abgeschlossen am 23. Juli 1910,

Frommannsctie Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena.

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