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Zeit zu handeln!

Für soziale Sicherheit,


Frieden und
Klimagerechtigkeit
Wahlprogramm
zur Bundestagswahl 2021
Wahlprogramm der Partei DIE LINKE
zur Bundestagswahl 2021
Beschlossen auf dem Bundesparteitag am 19. und 20. Juni 2021
Inhalt
Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Eine solidarische
Pflege-vollversicherung­. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
Es kommt auf uns alle an.
Es kommt auf dich an.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Pflegende Angehörige entlasten!. . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Wir lassen niemanden zurück.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Öffentlichen Gesundheitsdienst
stärken!.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Was uns bewegt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
Gesundheitliche Ungleichheit
Eine neue Politik für alle,
­bekämpfen!.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
die sie längst verdient haben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Ambulanter Bereich:
Mut zur Veränderung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Gute Versorgung vor Ort,
Gute Arbeit, gute Löhne –  in Stadt und Land.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Demokratie gilt auch im Betrieb!. . . . . . . . . . . . 15
Die Macht der Pharmaindustrie ­brechen!
Löhne, die für ein gutes Leben reichen. ­Gesundheitsforschung
Schluss mit dem Niedriglohn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 demokratisieren!.­ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Arbeitszeiten, die zum Leben passen.. . . . . . . . . . . . 17 Keine Profite
mit Miete und Boden:
Gute Arbeitsbedingungen,
Zuhause für alle!. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
weniger Belastungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Mietenwahnsinn und Verdrängung stoppen.
Kein Umbau auf dem Rücken
Hohe Mieten senken und gemeinnützige
der Beschäftigten: ­
­Wohnungswirtschaft aufbauen. Spekulation
Weiterbildungs­anspruch für alle.. . . . . . . . . . . . . . . . . 19
mit Grund und Boden beenden... . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Gleiche Rechte für Saisonbeschäftigte
Mieten deckeln bundesweit!.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
und Beschäftigte in Privathaushalten.. . . . . . . . . . . . 20
Sozialen und gemeinnützigen
Union Busting stoppen,
­Wohnungsbau schaffen!. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Gegenwehr stärken,
Mitbestimmung ausweiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Wohnen ist keine Ware.
Rechte von Mieter*innen stärken!. . . . . . . . . . . . . . . . . 41
Gewerkschaften stärken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Klimagerechtigkeit statt
Gute Rente, gutes Leben: Solidarische
Verdrängung!. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Erwerbstätigenversicherung.. . . . . . . . . . . . . . . . 22
Spekulation stoppen –
Soziale Sicherheit für alle.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Gewinne abschöpfen!.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
Soziale Rechte:
Immobilienkonzerne
Eine gerechte ­Ver­sicherung
an die Kette legen!.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
gegen Erwerbslosigkeit.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
Wohnen ist ein Grundrecht – ­
Bedarfsdeckende und sanktionsfreie
Wohnungen zuerst!. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
individuelle Mindestsicherung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Städte zukunftsfest machen –
Sofortmaßnahmen: Erhöhung
Leben in die Dörfer bringen!. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
der Regelsätze und Abschaffung
der Sanktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Gute Bildung: Gerecht,
gebührenfrei,
Kinderarmut überwinden: ­
ein Leben lang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Kindergrundsicherung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Gute Kitas. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Familien dort unterstützen,
wo sie es brauchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Eine Schule für alle: inklusiv. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Selbstbestimmt im Alter.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Gut ausgebildet.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Pflegenotstand stoppen! Gute Weiterbildung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Systemwechsel in ­Gesundheit
Gutes Studium, gute Arbeits­bedingungen,
und Pflege.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
gute Forschung­. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Eine neue solidarische
Gute Wissenschaft
­Gesundheits­versicherung!. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
braucht Gute Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Investitionen in die Tiere wirksam schützen:
soziale ­Infra­struktur­. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Tierschutz als Staatsziel.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
Transparente Forschung Böden und Meere schützen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
und ­gesellschaftliche Verantwortung: . . . . . . . . . . . 55
There is no planet B:
Klimaschutz sozial gerecht: Für einen Ressourcen im Kreislauf führen .. . . . . . . . . . . . . . . . . 77
sozialökologischen ­Systemwechsel. . . . . . . . 56
Mehr Rechte für Verbraucher*innen. . . . . . . . 78
Die ökologische Krise ist die große ­
Verbraucher *innenschutz
Überlebensfrage des 21. Jahrhunderts.­­
bei Finanzprodukten!­. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Gleichzeitig ist sie eine Klassenfrage . . . . . . . . . . . . . 56
Selbstbewusster Osten –
Den ökologischen Umbau planen.. . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Ostdeutsche ­Interessen stärken. . . . . . . . . . . . 79
Sozialökologische
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit –
Investitionsoffensive­. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
Was sonst?­. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
Investieren in gut bezahlte,
Lebensleistung Ost anerkennen –
­klimaneutrale Jobs ­und die Infra­struktur
­Gleiche Rente für gleiche
für ein besseres Leben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Lebensleistung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
Arbeitsplatz- und Einkommens­garantien:
Mehr Posten für den Osten –
­Einstieg in ein neues Wohlstandsmodell.. . . . . . . . . 59
Mehr plurale Sichtbarkeit.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
Industriearbeitsplätze
Treuhand-Vergangenheit aufarbeiten.. . . . . . . . . . . . 82
mit Zukunft schaffen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Für einen wirtschaftlichen Aufbruch Ost.. . . . . . . 82
Demokratie in der Wirtschaft.
­Genossenschaften und Reaktivierung öffentlicher ­Infrastruktur.. . . . . . . . . 83
solidarische Ökonomie fördern.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
Gegen alte und neue Nazis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
Gerechte Mobilität:
Starke Kommunen,
Ökologisch und bezahlbar
gute Lebensqualität­. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
für alle – mit guten Arbeitsplätzen. . . . . . . . . . 62
Mit Steuern umsteuern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
Mobilität für alle –
mit weniger ­Verkehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Einkommensteuer ­gerecht ­reformieren. . . . . . . . . . 88
Bahn für alle! Soziale und ökologische Die Macht der Banken
­Verkehrsplanung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 und Finanzmärkte brechen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
Automobilindustrie Finanzkriminalität stoppen!.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
sozial und ­ökologisch umbauen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Für eine Digitalisierung,
Flugverkehr reduzieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 die den Menschen nützt.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
Güterverkehr verringern Beschäftigte und ihre Rechte stärken. . . . . . . . . . . . 92
und auf die Schiene bringen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Die Macht der Internetkonzerne
Klimagerechtigkeit und Plattformen begrenzen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
und Energiewende. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
Digitale Infrastruktur für alle ausbauen.. . . . . . . . . . 93
Raus aus der Kohle,
Übergänge ­gerecht gestalten­.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Datensicherheit und Datenschutz. . . . . . . . . . . . . . . . 95

In erneuerbare Energie investieren, Grundrechte schützen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96


­Energiekonzerne entmachten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Digitale Zahlungssysteme regulieren.. . . . . . . . . . . . 97
Strompreise stärker kontrollieren, Öffentliche Verwaltung
Energie für alle bezahlbar machen.. . . . . . . . . . . . . . . 71 demokratisch und digital. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
Grüner Wasserstoff Schule und Lernen digital ­unterstützen.. . . . . . . . . . 98
in der Energiewende­. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
Digitalisierung im Gesundheitswesen. . . . . . . . . . . . 99
Für eine nachhaltige Landwirtschaft.
Gesunde Nahrungsmittel für alle. . . . . . . . . . . . 72 Nachhaltige Digitalisierung:
­ökologisch und sozial.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
Biologische Vielfalt,
Tiere und ­Ressourcen schützen.. . . . . . . . . . . . . 74 Für Gerechtigkeit, Selbstbestimmung
und V­ielfalt der Geschlechter. . . . . . . . . . . . . . . 101
Linker Feminismus – Zeit für ein Wir verteidigen die Freiheit zur und
selbstbestimmtes, sicheres und von der Religion und die Trennung
gerechtes Leben.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 von Staat und Kirche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
(Sorge-)Arbeit und Zeit umverteilen. . . . . . . . . . . . . . 102 Sport ist kein Luxus.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
Niemals am Leben sparen – keine ­Kürzungen Schluss mit der Kriminalisierung
zulasten von Frauen und Familien. . . . . . . . . . . . . . . . 103 der Drogen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
Gewalt an Frauen beenden.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Ohne Frieden ist alles nichts:
Für Frieden und Abrüstung.
Unser Feminismus: Solidarisch
Waffenexporte verbieten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
und international.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
Keine Auslandseinsätze der
Reproduktive Gerechtigkeit:
­Bundeswehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
Freie Entscheidung für ein Leben
mit und ohne Kinder für alle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Bundeswehr abrüsten statt auf­rüsten –
Keine Bundeswehr als weltweite
Für körperliche und sexuelle
Einsatzarmee.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
Selbst­bestimmung und Gleichstellung
aller Lebensweisen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Rüstungsexporte stoppen:
Kein Geschäft mit dem Krieg!.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
Offensiv und sozial für LSBTIQA*.. . . . . . . . . . . . . . . 107
Keine Drohnen für den Krieg.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Queere Communitys stärken: ­
Rettungsschirm Für eine atomwaffenfreie Welt.. . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
gegen die Coronafolgen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Kooperation statt Konfrontation:
Gegen Armut Für ein inklusives Sicherheitssystem. . . . . . . . . . . . 137
und soziale Ausgrenzung.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
Zivile Konfliktbearbeitung
Diskriminierung bekämpfen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 und Krisenprävention­.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138
Selbstbestimmt leben Soziale Gerechtigkeit weltweit. . . . . . . . . . . . . 139
in einer inklusiven und barrierefreien
Sozialökologisch
Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110
gerechte ­Weltwirtschaft ­. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Eine solidarische
Entwicklung durch Gerechtigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . 142
Einwanderungsgesellschaft.. . . . . . . . . . . . . . . . 112
Klimagerechtigkeit global.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
Unsere Agenda gegen Rassismus: ­
Soziale Offensive und Gerechte Steuern weltweit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
gleiche Rechte für alle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
UN und internationale
Menschlichkeit verteidigen: Zusammen­arbeit stärken.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
Menschen retten, Fluchtwege frei machen,
Menschenrechte durchsetzen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
Fluchtursachen ­bekämpfen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
Für ein solidarisches Europa!. . . . . . . . . . . . . . . 147
Die Demokratie stärken.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
Investieren statt
Rechten Terror und Gewalt stoppen. . . . . . . . . . . . . 117
Zukunft blockieren!.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
Die Rechte von Minderheiten stärken. . . . . . . . . . . 119
Europaweit: Reichtum von oben
Sicherheit für alle statt nach unten verteilen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
Über­wachungsstaat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
Europäische Zentralbank
Polizei im Rechtsstaat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 demo­kratisch kontrollieren
und sozial u­nd ökologisch nutzen­.. . . . . . . . . . . . . . . 149
Unabhängigkeit der Politik sichern. . . . . . . . . . . . . . 123
Die Wirtschaft umbauen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
Die Demokratie demokratisieren! .. . . . . . . . . . . . . . 123
Soziale Absicherung und Gute Arbeit . . . . . . . . . . . 150
Bürgerschaftliches Engagement
besser unterstützen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Demokratie statt Herrschaft
der Lobbyisten.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Kultur: Krisenfest, vielfältig
und für alle zugänglich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Menschenrechte
statt Festung Europa. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
Medienvielfalt,
unabhängigen ­Journalismus  Wie wir das Land verändern. . . . . . . . . . . . . . . . . 153
und Pressefreiheit stärken .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 Stichwortverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
Einführung
Es kommt auf uns alle an. Leben, um die Verwirklichung des alten
Es kommt auf dich an Menschheitstraums einer Welt des Friedens
und der sozialen Gerechtigkeit, für den so
Die Bundestagswahl entscheidet darüber, viele gekämpft haben und kämpfen. Wir
wie unser aller Weg in den nächsten Jahren wollen Sicherheit und Zukunft für alle unsere
aussehen wird. Wir treten dafür an, dass dei- Mitmenschen, denen angst und bange wird,
ne Sorgen, Wünsche und Träume in diesem wenn sie an den Lohn, die Miete, die Strom-
Land endlich ernst genommen werden. rechnung oder an das Alter denken. Wir
wollen Vertrauen und soziale Sicherheit für
Wir stehen für eine Politik der Verlässlichkeit alle, die seit langem übersehen, missachtet
und der Ehrlichkeit, aber auch des Mutes – und verletzt werden, weil ihre Sorgen und
wir wollen verändern. Die Coronakrise hat Nöte zu wenig zählen.
die Ungerechtigkeiten des Kapitalismus
deutlich zutage treten lassen: während die Wir bestehen darauf, dass sich die Dinge
einen um ihren Arbeitsplatz, die Bildung ändern, weil sie geändert werden können.
ihrer Kinder und die Gesundheit bangen Wir lassen niemanden zurück bei der Über­
mussten, steigerten große Konzerne ihre windung der Coronakrise. Wir wollen die
Gewinne. Wir finden uns nicht mit diesen Gesellschaft und die Demokratie krisen­
Verhältnissen ab und sind bereit, uns mit sicherer machen. Es geht uns um Gerechtig-
den Profiteur*innen anzulegen. keit und Geborgenheit. Menschen brauchen
wieder Anerkennung und sozialen Halt.
Wir alle können gemeinsam Deutschland Im Alltag, bei der Arbeit, in der Kommune
­demo­kratischer und sozial gerechter ma- und in der Kultur!
chen. Wir haben es zusammen in der Hand.
­Unsere Wirtschaft muss in Deutschland, Wir lassen niemanden zurück beim Umsteu-
­Europa und weltweit sozialer, demokrati- ern gegen die Klimakatastrophe. Der Klima-
scher und umweltgerechter umgestaltet wandel weist unverändert und beschleunigt
werden. Unsere Demokratie wird nur dann darauf hin, dass die kapitalistische Wirt-
stärker, wenn alle Menschen an ihr teilha- schaftsweise mit Ressourcenverbrauch und
ben können. Unsere Zukunft kann nur dann Schadstoffemissionen, mit nachhaltiger
eine solidarische sein, wenn wir anfangen, Erwärmung des Weltklimas, mit unheilbarer
sie im Hier und Heute zu gestalten. Gefährdung der Artenvielfalt und der ge-
samten Biosphäre verbunden ist, die schon
Darum geht es bei dieser Wahl. Dafür kommt kurzfristig das Leben auf der Erde gefähr-
es auf eine starke LINKE an. Du hast die Wahl. den können. Wir wollen eine Gesellschaft,
In unserem Programm zeigen wir, welche die für eine Wende zum Besseren – sozial
Vorschläge wir haben. Wir laden dich ein, und solidarisch – gerüstet ist. Denn Wandel
an der Veränderung mitzuwirken. Und es ist braucht Hoffnung, dass er gelingen kann,
ein Versprechen an dich: DIE ­LINKE macht dass alle mitmachen können und sich nie-
den Unterschied. Wir haben den Mut, die mand ausgeschlossen fühlt. Veränderung
notwendigen Veränderungen zu wagen. braucht soziale Sicherheit in einer fried­
Für mehr Gerechtigkeit, für Frieden und lichen Welt. Veränderung braucht aber auch
eine sichere Zukunft. Für dich. Mit dir. Vertrauen. Dafür werben wir. Solidarisch
schaffen wir es.
Wir lassen niemanden zurück
Was uns bewegt
Wir lassen niemanden zurück. Es geht um
die Verwirklichung der sozialen und demo- Seit über einem Jahr beherrscht die Corona-
kratischen Grundrechte und der Menschen- krise unseren Alltag. Die Menschen machen
würde aller. Es geht um alle Menschen, sich Sorgen um ihre Liebsten und deren
um ihre Träume und ihr Recht auf ein gutes Gesundheit.

7
Die Pandemie trifft zwar alle, aber sie Gesundheitsschutz gestellt hat. Sie hat
trifft nicht alle gleichermaßen. Millionen sogar einen Teil der Kosten der Pandemie
von Menschen arbeiten hart und viel – bereits auf die Beschäftigten abgewälzt.
und bekommen wenig dafür. Das gilt im Die Versicherten der gesetzlichen Kranken-
Besonderen in der Coronakrise. Von Armut kassen tragen den Großteil der Kosten der
bedrohte Menschen tragen ein höheres Gesundheitsversorgung in der Pandemie.
Risiko, Einkommen zu verlieren oder krank Zwar war sie bestrebt, die Infektionszahlen
zu werden. Noch schneller als zuvor ist die in einem Rahmen zu halten, der das kaputt-
soziale Ungleichheit zwischen dem globa- gesparte Gesundheitswesen nicht zusam-
len Norden und Süden verschärft worden. menbrechen lässt. Doch das Virus zirkuliert
Gestützt durch die private Verfügung über weiter, immer mehr Menschen erkranken
Pharmapatente haben die zentralen Indus­ und sterben. Das Land taumelt von einem
triestaaten eine Art Impfnationalismus halbherzigen Lockdown zum nächsten.
gegenüber ökonomisch benachteiligten 16 Jahre Angela Merkel haben einen Schleier
Ländern hervorgebracht. über die sozialen Unterschiede gelegt, die
unsere Gesellschaft so zerklüften, in Un­
Es geht uns um alle, die unter dieser Jahr- ruhe versetzen, die spalten und zu Wut und
hundertkrise durch ein Virus leiden, aber Ohnmacht geführt haben.
es geht uns auch besonders um all jene, die
jetzt alles geben und nur sehr wenig bekom- Wir sprechen diese Unterschiede an und
men. Diejenigen, die den Laden zusam- zu kritisieren sie. Und wir wollen sie über-
menhalten und wenig verdienen, müssen winden. Es geht um mehr soziale Gerechtig-
noch mehr arbeiten. Anerkennung muss keit und es geht um eine gerechtere Vertei-
sich auch auf dem Lohnzettel ausdrücken! lung des Reichtums in diesem reichen Land
Das gilt genauso für Angestellte im Einzel- und in der Welt. Wir können das ändern.
handel, für Beschäftigte in der Gastrono-
mie, in Kitas und in der Sozialarbeit, für Die Coronapandemie hat die Krise ­unserer
die Reinigungskräfte, für Zusteller*innen. Infrastruktur und der öffentlichen Daseins­
Es geht aber auch um Kunst und Kultur. Es vorsorge offengelegt. Jahrzehntelang wurde
geht um all jene, die sich ihren Traum der kaputtgespart, was nun so dringend ge­
Selbstständigkeit zu erfüllen versuchen und braucht wird. Zu Recht hatte Gesundheit
Schwierigkeiten haben, über die Runden zu niemals einen so hohen Stellenwert wie
kommen. Millionen wurden von dieser Jahr- heute. All jene, die in den Krankenhäusern
hundertkrise getroffen und sie alle brau- jetzt dafür einstehen, jeden Tag, Stunde um
chen jetzt ein sicheres Fundament und eine Stunde, dass nicht noch mehr Menschen der
soziale Perspektive für ihre Existenzen und Pandemie zum Opfer fallen, brauchen bes-
ihre Lebensträume. Wir müssen das ändern. sere Arbeitszeiten, und sie brauchen mehr
Das können wir nur gemeinsam erreichen. Lohn. Bessere Gehälter in der Pflege und in
den Krankenhäusern hilft nicht nur konkret
Seit über einem Jahr wissen die Menschen, Beschäftigen, sondern ist eine Investition in
was nötig wäre, um die Pandemie in den das Wohlbefinden der ganzen Gesellschaft.
Griff zu bekommen, um Leben zu schützen Personalmangel und Dauerstress etwa im
und die Rückkehr in den Alltag zu ermög- Gesundheits- und Bildungssystem dürfen
lichen. Aber die Bundesregierung hat nicht sein. Im Gesundheitswesen fehlt es
dabei versagt, dieses Land aus der Krise an Pflegekräften, die Belastungen steigen,
herauszuführen: bei der Impfstoffbeschaf- die Einkommen steigen nicht mit. Es waren
fung, bei der Versorgung mit Tests, bei politisch gewollte Entscheidungen, die dazu
den Wirtschaftshilfen. Die Große Koalition geführt haben, dass die Arbeit und die
hat Großkonzernen geholfen, aber viele Lasten in dieser Gesellschaft so ungleich
Menschen sind durch die Maschen der verteilt sind. Wir werden das ändern. Wir
Rettungsnetze gefallen. Die Kulturbranche mit dir zusammen. Wir wollen mit dir dafür
liegt am Boden. Die Regierung hat in der streiten, das Gemeinwohl zu stärken und
Pandemiebekämpfung versagt, weil sie die die Kapitalinteressen zurückzudrängen. Wir
Profitinteressen der Wirtschaft über den kämpfen für ein neues Wirtschafts- und

8
Gesellschaftsmodell. Unsere Alternative n  Arbeitsplätze in der Krise vertei­digen
ist der ökologische und demokratische und gut bezahlte, klimagerechte Arbeit
Sozialismus. schaffen: Als Folge der Pandemie drohen
in vielen Branchen Entlassungen und
Eine neue Politik für alle, Kahlschlag in den Innenstädten. Wir wollen
die sie längst verdient haben staatliche Unterstützung an Garantien für
Arbeitsplätze und Tarifverträge binden – und
Unser Ziel: eine neue Politik für eine Mehr- zugleich Weichen für eine bessere Zukunft
heit, die sie längst verdient hat. Wir kämpfen stellen, für sichere Arbeitsplätze und eine
für eine starke soziale Infrastruktur. Wir funktionierende öffentliche Infrastruktur.
wollen, dass die öffentliche Daseinsvor­ Wir wollen mit einem Investitionspro-
sorge und die Verwaltung in einem reichen gramm die Ausstattung von Bildung,
Land auf Krisen wirklich vorbereitet sind. ­Er­ziehung, Gesundheit und Pflege deutlich
Wir wollen, dass alle damit rechnen können, ausbauen und mehr Personal einstellen.
in Krisen Schutz und Hilfe zu erhalten. Wir Breitbandnetzausbau investieren. Wir wollen
wollen Anerkennung für diejenigen, die die für die Kommunen Investitionsmittel zur
Gesellschaft am Laufen halten, und zwar Verfügung stellen, damit in Solardächer,
auch im Portemonnaie: Löhne, die für ein energieeffiziente Gebäude und bezahl­
gutes Leben reichen. bares Wohnen, in bezahlbare Mobilität,
Kultur, Sport und in attraktive Innen­städte
Unser Ziel: eine Gesellschaft des guten investiert wird. So können wir einen Kahl-
Lebens für alle. Wir wollen Arbeit für alle, schlag als Folge des Lockdowns verhin-
die gut entlohnt, tariflich abgesichert dern – und zugleich die Weichen für die
und gerecht verteilt ist. Wir wollen einen Zukunft stellen. Wir schlagen einen öffent-
­starken demokratischen und zukunfts- lichen Transformationsfonds vor, der klima­
festen Sozialstaat, der gerecht finanziert gerechte Arbeitsplätze für die Zukunft
ist und alle schützt. Wir wollen eine neue sichert und ein ökologisches Umsteuern
Daseinsvorsorge für alle, die Gesundheit, fördert. Mit unserem Zukunftsinvestitions-
Pflege, Bildung, Erziehung, Wohnen, Nah- programm können wir bis 2025 eine Million
verkehr und Energieversorgung öffentlich gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen, die
organisiert, damit sie dem Gemeinwohl helfen, Wirtschaft und Infrastruktur bis
dienen und alle die Chance bekommen, 2035 klimaneutral zu machen.
ihre Träume zu leben. 
n  Gute Arbeit, gerechte Bezahlung:
Wir schlagen ein linkes Programm vor, das Die vielen Menschen, die den Laden am
niemanden zurücklässt: einen Plan für den ­Laufen halten und dennoch am Monats­
Neustart aus der Pandemie heraus. Einen ende kaum über die Runden kommen,
Plan für einen sozial- und klimagerechten brauchen dringend höhere Löhne. Wir
Umbau von Wirtschaft und Infrastruktur. wollen den gesetzlichen Mindestlohn auf
Einen Plan für einen erneuerten Sozial- 13 Euro anheben, damit Einkommen aus­
staat. Ein Angebot für eine krisensichere ­Arbeit auch wirklich vor Armut schützt. Die
Gesellschaft, in der sich die Menschen Gehälter für Normal- und Geringverdie­­
wieder aufgehoben und geborgen fühlen. nende müssen deutlich steigen. Dafür
wollen wir Gewerkschaften stärken und es
Eine Politik, von der die überwiegende einfacher machen, Tarifverträge für allge-
Mehrheit der Menschen in diesem Land meinverbindlich zu erklären. Leiharbeit und
profitieren würde. Die Einhaltung der sachgrundlose Befristungen, Mini- und
sozialen Grundrechte ist eine unabdingbare ­Midijobs drücken auf die Löhne und schwä-
Voraussetzung für ein würdevolles Leben chen die Sozialversicherung. Wir wollen
in einer sozial gerechten Gesellschaft. Wir diese Jobs möglichst in reguläre, voll sozial
setzen uns für die Wahrung der sozialen abgesicherte Arbeitsverhältnisse über­
Grundrechte auf allen gesellschaftlichen führen. Stress und Überbelastung, während
Ebenen ein. andere ohne Job dastehen – das muss
nicht sein. Arbeitszeitverkürzung sichert

9
­ rbeitsplätze in der Industrie und in von der
A digitaler Ausstattung und bei unzu­
Digitalisierung veränderten Branchen – sie reichenden Schutzmaßnahmen.
ermöglicht neuen Wohlstand für alle. Wir
unterstützen die Gewerkschaften in ihrem Gleich gute Bildung für alle Kinder gibt
Kampf für eine deutliche Arbeitszeitver­ es nur mit einem Aufbauprogramm für
kürzung in Richtung einer 30-Stunden-Woche mehr Erzieher*innen, Lehrer*innen und
mit vollem Lohn- und notwendigem Perso- Sozialpädagog*innen. Ein Rechtsanspruch
nalausgleich. Den Weg dorthin wollen wir auf einen Kitaplatz bedeutet auch: Anspruch
mit der Begrenzung von Überstunden und auf gute Betreuung, kleine Gruppen, gut
einer Absenkung der gesetzlichen Höchst- ­bezahlte und ausgebildete Erzieher*innen
arbeitszeit flankieren. und keine Gebühren. Es sollte selbstver-
ständlich sein, dass es nicht durchs Schul-
n  Gute Gesundheitsversorgung und dach regnet, die Toiletten sauber sind
menschenwürdige Pflege für alle: Die und jedes Kind ein mobiles Endgerät sowie
Coronakrise ist auch Ergebnis der Vernach­ Zugang zu Datenvolumen hat.
lässigung wichtiger Pfeiler einer funktio-
nierenden Gesellschaft. Es ist falsch, dass n  Ein neuer Sozialstaat: Eine Gesell­
­Krankenhäuser nach Fallpauschalen und schaft, die Sicherheit schafft und ­Wandel
mit Gewinnorientierung wirtschaften ermöglicht, ist nur mit ausreichender
müssen. In Krankenhäusern und Pflege­ und krisenfester sozialer Absicherung
einrichtungen fehlen für eine gute Betreu­ machbar. Die Pandemie hat gezeigt, dass
ung jeweils100.000 Pflegekräfte. Wir wollen Leistungen viel zu knapp bemessen sind.
Krankenhäuser und Pflegekonzerne von Wir wollen dafür sorgen, dass niemand im
der Börse nehmen. Private Krankenhäuser Monat weniger als1.200 Euro zur Verfügung
und Pflegebetriebe, die nicht gemeinnützig hat. Das ist unsere Grenze für ein gerechtes
arbeiten, wollen wir in Gemeineigentum Mindesteinkommen. Wir wollen eine Ver­
überführen. Sie müssen nach Bedarf und sicherung gegen Erwerbslosigkeit, die auch
­Gemeinwohl organisiert werden. Das System Soloselbstständige absichert. Die Zeit von
der Fallpauschalen wollen wir durch eine Hartz IV ist abgelaufen. Wir kämpfen für
be­darfsgerechte Finanzierung ersetzen. Die eine Mindestsicherung, die sanktionsfrei
Gehälter in der Pflege wollen wir erhöhen, ist, also nicht gekürzt werden kann.
das hilft auch gegen Fachkräftemangel.
Die Zweiklassenmedizin wollen wir mit n  Weg mit der Altersarmut: Im Jahr 2000
einer solidarischen Gesundheitsversiche- lag das Rentenniveau noch bei 53 Prozent,
rung ablösen, in die alle einzahlen. Die wenn es nach der Bundesregierung geht,
Pflegeversicherung wollen wir zu einer Voll- soll es auf 43 Prozent sinken. Das ist ein
versicherung umbauen, die alle Leistungen Programm für Altersarmut! Wir treten für
übernimmt. Die Eigenanteile für die Ver­ eine gesetzliche Rente ein, die den Lebens-
sicherten oder ihre Angehörigen, die heute standard wieder annähernd sichert – in
viele Menschen in Armut und Verzweiflung Ost und West gleichermaßen. Dafür wollen
treiben, entfallen. Es darf nicht sein, dass wir die Rentenkürzung zurücknehmen und
Menschen durch Patente vom Zugang zu die Regelaltersgrenze wieder senken. Das
Medikamenten und Impfstoffen ausge- Rentenniveau wollen wir sofort auf 53 Pro-
schlossen werden, nur um die Profite der zent anheben. Wer derzeit die aktuelle
Pharmakonzerne hoch zu halten. Gerade Durchschnittsrente in Höhe von1.048 Euro
in der Pandemie zeigt sich, dass Pharma­ (netto) bekommt, erhält dann knapp
forschung ein öffentliches Gut ist. Die 100 Euro mehr im Monat. Die Renten von
Lizenzen für die Coronaimpfstoffe müssen Frauen und allen Menschen, die zu nied­
freigegeben werden, damit die Impfstoff­ rigen Löhnen arbeiten, wollen wir aufwerten,
produktion beschleunigt werden kann. damit auch ihre Lebensleistung endlich
zählt. Und niemand soll im Alter von weniger
n  Für Bildungsgerechtigkeit: Corona als1.200 Euro netto leben müssen. Auch
zeigt die Versäumnisse in der Bildungs­ Beamt*innen, Abgeordnete, Freiberufliche
politik – beim Personalschlüssel, bei und Selbstständige sollen in Zukunft in die

10
gesetzliche Rente einzahlen. Wir wollen zu fünf Prozent in die Finanzierung einer
neue gesetzliche Regelungen zur Anerken- gerechten Gesellschaft einbeziehen. Mit
nung der Lebensarbeitsleistungen. Ver- den Einnahmen können die Bundesländer
schiedenen ehemaligen DDR-Bürger*innen dringend notwendige Investitionen in Bil-
sind willkürlich die Altersversorgungen dung, Gesundheit und Wohnen leisten. Wir
begrenzt worden; das wollen wir aufheben. halten gemeinsam mit vielen Expert*innen
die Schuldenbremse für volkswirtschaftlich
n  Geschlechtergerechtigkeit – Zeit für schädlich und wollen sie abschaffen. Wir
ein selbstbestimmtes, sicheres und gerech- schlagen vor, die Steuerfreibeträge in der
tes Leben: Als LINKE stehen wir für einen Einkommensteuer anzuheben:1.200 Euro
Feminismus, der an die Wurzeln geht. Das pro Monat werden von Steuern freigestellt.
heißt zuallererst, Arbeit und Zeit zwischen Das entlastet niedrige und mittlere Einkom-
den Geschlechtern gerecht zu verteilen. men spürbar.
Wir wollen eine Gesellschaft, in der alle frei,
sicher und selbstbestimmt leben können, n  Neuer Aufbruch für den Osten: Das
Zeit für Familie und Freund*innen haben Versprechen des Grundgesetzes, es sollen
und gleichzeitig einer sinnvollen und gut gleichwertige Lebensverhältnisse herr-
bezahlten Arbeit nachgehen können. Wir schen, wollen wir endlich wahr machen.
wollen eine Gesellschaft, in der die Frauen Wir ­streiten für einheitliche Tarifgebiete
genauso an politischen Entscheidungen und gleiche Löhne in diesem Land. Der
mitwirken können wie Männer und in der Rentenwert Ost muss sofort auf das West­
sich das Leben nicht nur um die Lohnar- niveau angehoben werden. Solange es
beit dreht. noch starke Lohnunterschiede zwischen
Ost und West gibt, soll die Umrechnung der
n  Keine Rendite mit der Miete: Corona Ostgehälter bei der Rente erhalten bleiben.
hat viele Menschen dazu gezwungen, zu Die Angleichung der Ostrenten darf kein
Hause zu bleiben oder dort zu arbeiten. Nachteil für die heutigen Beschäftigten sein.
Aber immer weniger können sich ihre Woh­ Wir wollen im Osten den Eigensinn, den
nungen leisten. Die Mieten sind in den Aufbruchsgeist und die Solidarität der
vergangenen Jahren explodiert, durch die Menschen stärken. Kein Umbau der Regio­
Städte walzt das Immobilienkapital und ver- nen mehr über die Köpfe der Menschen
spricht Renditen. Wir wollen Mietendeckel vor Ort hinweg! Wir schlagen Sozial- und
im gesamten Bundesgebiet möglich machen. Wirtschaftsräte vor, die den Menschen
Unser Ziel: die Explosion der Mieten nicht Mitbestimmung ermöglichen.
nur bremsen, sondern beenden und rück-
gängig machen. Besonders hohe Mieten n  Digital geht auch sozial: Die Corona­
müssen abgesenkt werden. Immobilienkon­ krise zeigt, was wir schon länger wissen:
zerne wollen wir von der Börse nehmen. Wer keinen schnellen digitalen Zugang hat,
Es ist notwendig, dass im Jahr mindestens ist heutzutage faktisch von einem großen
250 000 zusätzliche Wohnungen geschaffen Teil gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlos-
werden, die dauerhaft bezahlbar sind. sen. Die digitale Spaltung unserer Gesell-
schaft vertieft nicht nur die bestehende
n  Ungleichheit verringern: Neue soziale Armut, sondern hängt all jene ab, an deren
Sicherheit, ein Neustart aus der Pandemie Wohnort das Internet zu langsam ist oder
heraus und ein klimagerechtes Umbaupro- bei denen das Geld nicht für einen guten
gramm sollten gerecht finanziert werden. Anschluss reicht. So wie unsere Schulen
Wir wollen hohe Vermögen und Erbschaften und Behörden digital fit gemacht werden
stärker besteuern. Statt einer Billigsteuer müssen, so haben alle Bürger*innen, ob in
für Unternehmensgewinne wollen wir Pro- der Stadt oder im ländlichen Raum, das
fite wie alle Einkommen besteuern. Unser Recht auf einen schnellen Internetzugang.
Grundgesetz sieht die Möglichkeit einer Datensouveränität und digitaler Zugang
Vermögensteuer vor, wir wollen diese wieder gehören zu einer staatlich garantierten
erheben und Multimillionäre und Milliardäre Grundversorgung. Wir sagen: Sie müssen
mit einem progressiven Steuertarif von bis einklagbare soziale Grundrechte werden.

11
Das bedeutet für uns auch, dass die digitale n  Sichere Jobs und Mitbestimmung: Wir
Teilhabe niemals die soziale Begegnung wollen Garantien für Arbeitsplätze und
ohne digitale Geräte ersetzen darf. ­Einkommen für die Beschäftigten. In der
­Krise und wenn Unternehmen auf klimage-
n  Sozial- und klimagerechte Wirtschafts­ rechte Produktion umstellen, kann eine
politik: Wir müssen den Umbau zu einer Arbeitszeitverkürzung mit Weiterbildungs­
weitgehend kohlendioxidfreien, ener- offensive die Arbeitsplätze sichern. Die
gie- und ressourcensparenden Wirtschaft Weiterbildung wird anteilig aus einem Soli­
und ­Infrastruktur so schnell wie möglich darfonds von den Unternehmen und der
­schaffen, um überhaupt die Chance zu Agentur für Arbeit bezahlt. Wir wollen ein
­haben, das1,5-Grad-Ziel bei der Begren- Weiterbildungsgeld einführen. Staatliche
zung der Erderwärmung noch zu erreichen. ­Gelder, die als Hilfszahlungen oder Subven-
LINKE Wirtschaftspolitik setzt auf höhere tionen an Unternehmen gehen, wollen wir
Löhne und sichere Arbeitsverhältnisse an langfristige Garantien von Arbeitsplätzen,
sowie auf demokratische Entscheidung Tarifverträgen und an verbindliche Investi-
über Investitionen, mit denen wir eine tionspläne für ökologischen Umbau binden.
gemeinwohlorientierte und klimaneutrale Öffentliche Aufträge binden wir an Tariftreue.
Wirtschaft auf den Weg bringen wollen. Wir wollen Vetorechte der Beschäftigten
Die Industriestruktur muss regionaler, ­gegen Kahlschlag in Unternehmen und wirk-
­krisenfester und unabhängiger vom Export same Mitbestimmung bei Entscheidungen
werden. Mit einem staatlichen Industrie- über Standortschließungen, Massenent­
Transformationsfonds über 20 Milliarden lassungen und Zukunftsinvestitionen.
Euro pro Jahr wollen wir den notwendigen
ökologischen Umbau in der Industrie, n  Konsequenter Klimaschutz und mehr
insbesondere der Autozuliefererindustrie Lebensqualität, Mobilitäts-, Agrar- und
unterstützen. Von diesem Fonds profitieren Energiewende: Wir wollen den öffentlichen
Betriebe, die Arbeitsplätze sichern, gute Nahverkehr ausbauen, den Takt erhöhen und
Löhne und flächendeckende Tarifverträge den Service verbessern – auch auf dem Land.
haben. Die Ticketpreise wollen wir bis zum Nulltarif
senken. Wir schaffen gute Arbeitsplätze in der
Über die öffentliche Förderung sollen regio- Produktion von Bus, Bahn und Schiene und
nale Wirtschafts- und Transformationsräte für die Beschäftigten im ÖPNV. Wir beginnen
entscheiden, in denen neben der Politik und mit Modellprojekten in 15 am meisten von
den Unternehmen auch Gewerkschaften, Abgasen belasteten Städten. Wir verlagern
Umwelt- und Sozialverbände gleichbe­ Kurzstreckenflüge und Frachtverkehr auf
rechtigt Stimmrecht haben. Genossen­ die Schiene. Die Bahn muss ausgebaut und
schaften wollen wir besonders fördern. für alle bezahlbar werden. Unsere Verkehrs­
wende sorgt für mehr Mobilität, aber mit
n  Einzelhandel unterstützen: Nicht erst weniger Verkehr. Wir wollen die Energiever-
seit der Pandemie gefährden Onlinehandel, sorgung am Gemeinwohl ausrichten und in
große Supermärkte und Lieferservice den Stadtwerken und Genossenschaften organi-
Einzelhandel in den Städten. Wir wollen eine sieren. Die gesamte Energie sollte so schnell
gesetzliche Regelung im Bund schaffen, wie möglich aus erneuerbaren Quellen
sodass Länder und Kommunen rechtssicher kommen. Kommunen wollen wir beim klima­
Mietendeckel für Kleingewerbe, Handwerk, neutralen Umbau und der Schaffung guter
kulturelle Einrichtungen sowie für soziale Arbeit unterstützen. Dazu bedarf es einer
und gemeinnützige Träger einführen können. Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive im
Die Arbeitsbedingungen im Einzelhandel Handwerk, um den Bedarf an Fachpersonal
sind oft gekennzeichnet von schlechter in allen Bereichen zu decken. Wir wollen für
Bezahlung, Überstunden und, befristeter, alle Menschen eine gute Ernährung sichern
prekärer Beschäftigung. Die Tarifbindung und die Agrarindustrie zu einer krisenfesten
ist rückläufig. Daher fordert DIE LINKE gute ökologischen Landwirtschaft umbauen. Nur
Löhne und Arbeitsbedingungen für die so können wir langfristig Zugang zu genug
Beschäftigten im Einzelhandel. Wasser und Lebensmitteln garantieren.

12
n  Agrarland schützen: Wir wollen öffent­ Kriegsge­bietes ein. Gerade in einer Pande-
lichen Besitz an land- und forstwirtschaft­ mie sollte das Geld in Gesundheitsversor-
lichen Flächen stärken und Landraub wirksam gung – auch international – und eine gerech-
verhindern. Wir schlagen unter anderem tere Welt­wirtschaft fließen, nicht in Panzer
einen öffentlichen Bodenfonds vor, der an oder Drohnen. Statt mit Verweis auf das
nachhaltig wirtschaftende, ortsansässige 2-Prozent-Ziel der NATO die Bundeswehr
Agrarbetriebe zu fairen Konditionen ver- hochzurüsten, setzen wir uns für Abrüstung
pachtet. Genossenschaftliche und gemein- und Entspannung und vernunftorientierte,
nützige Nutzung wollen wir fördern, die friedliche internationale Beziehungen ein;
Bodenpreise deckeln. Damit sichern wir re- das schließt Russland und China ein.
gionale Nahrungsproduktion, ökologischen
Umbau und die Zukunft von Landwirt*innen. n  Menschlichkeit ist für uns unteilbar: Viele
Menschen werden wegen ihrer körperli-
n  Antifaschismus ist eine Grundlage chen Verfassung, ihrer Herkunft ihrer Armut,
­ nserer Politik, die sich nicht zuletzt
u ihres Geschlechts, ihres Alters, Glaubens
gegen die Strukturen richtet, die oder ihrer sexuellen Orientierung diskrimi-
­Faschismus hervorbringen: Wir stellen niert, von sozialer und politischer Teilhabe
uns allen Formen der Menschenfeind­ ausgegrenzt. Oft sind sie psychischer und
lichkeit entgegen und verteidigen die körperliche Gewalt ausgesetzt. Wir aber
Demokratie – auf der Straße, im Alltag, im wollen ein Land, in dem alle gleichberechtigt
Parlament. Wir wollen die Kräfte in der zusammenleben und an den demokratischen
Zivilgesellschaft mit einem Demokratie­ Entscheidungen beteiligt werden. Wir setzen
fördergesetz stärken, die sich gegen Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt
­Rassismus, Antisemitismus, Antiziga­ unser Modell einer inklusiven und sozialis­
nismus und Neonazis engagieren. tischen Gesellschaft entgegen. Deshalb
setzen wir uns für Bleiberecht und gleiche
n  Der sogenannte Verfassungsschutz Rechte ein. Wir wollen Fluchtursachen
schützt nicht die Demokratie, sondern oft bekämpfen, nicht Geflüchtete. Elend und
rechte Strukturen. Wir wollen die Ver­fas- Sterben an den europäischen Außengrenzen
­sungs­schutzbehörden in dieser Form müssen ein Ende haben: Seenotrettung und
­auf­lösen. Wir wollen antifaschistische ­Arbeit die Flüchtlingskonvention der Vereinten
in der Zivilgesellschaft fördern und eine Nationen einzuhalten, muss selbstver-
unabhängige Beobachtungsstelle einsetzen. ständlich sein. Wir wollen die Lager evaku­
Wir wollen einen Untersuchungsausschuss ieren, in denen Geflüchtete unter unmensch-
zum Rechtsterrorismus ein­setzen und Ermitt- lichen Bedingungen eingesperrt sind und
lungsschwerpunkte gegen militante Neonazis kämpfen gemeinsam für die vollständige
schaffen. Wir machen uns für eine antifa- Wiederherstellung des Rechts auf Asyl.
schistische Erinnerungskultur stark.
n  Für mehr Demokratie streiten: Die Corona­­
n  Gegen Aufrüstung und Krieg: Jede krise hat auf allen Ebenen die Defizite der
­ affe findet ihren Krieg. Wir wollen den
W bestehenden parlamentarischen Demokra-
Export von Waffen und Waffenfabriken tie aufgezeigt. Wir wollen eine Krisenbe-
­verbieten. Rüstungsexporte in Länder, wältigung mit mehr und nicht mit weniger
die an Kriegen beteiligt sind und Men- Demokratie. Die parlamentarischen Rechte
schenrechte missachten, müssen sofort müssen gestärkt werden. Alle Einschrän-
unterbunden werden. DIE LINKE ist der kungen müssen demokratisch entschieden,
Friedens- und Entspannungspolitik verbun- kontrolliert, transparent und regelmäßig
den. Zivile Konfliktlösung wollen wir stärken. überprüft werden.
Auslands­einsätze der Bundeswehr werden
wir be­enden und neue verhindern. Wir Mut zur Veränderung
wollen Menschen aus Kriegsgebieten bei
einer legalen und sicheren Möglichkeit Unser Programm für eine sozialöko­logische
zur Flucht unterstützen und treten für ein Wende, die niemanden zurücklässt, ist
menschenwürdiges Leben außerhalb des nicht bescheiden. Wir stehen für eine

13
gesellschaft­liche Entwicklung, in der die Bereicherung und Korruption. Wir brauchen
Vorherrschaft des Kapitals durch demo- einen gesellschaftlichen Aufbruch. Einen
kratische, soziale und ökologische Kräfte Aufbruch für soziale Sicherheit und eine
überwunden wird und die Gesellschaft des funktionierende Infrastruktur, für Frieden,
demokratischen Sozialismus entsteht. für soziale und für Klimagerechtigkeit.

Bei dieser Bundestagswahl geht es um die Der notwendige Wandel unserer Wirtschaft
Zukunft. Es geht um eine Entscheidung über darf nicht auf Kosten der Beschäftigten und
den Weg, den dieses Land einschlägt und der breiten Bevölkerung erfolgen. Weder
zu gehen beginnt. Dafür braucht es große hierzulande noch anderswo. Wir wollen eine
Ideen und den Mut zur Veränderung. Wir Wirtschaft, in der sich kein*e Arbeiter*in
wollen mitbestimmen. Unsere Vorschläge zwischen dem Job und der ­Zukunft der eige­
sind machbar. nen Kinder entscheiden muss. Wir wollen
eine Gesellschaft, in der sich Arbeiter*innen
Denn so, wie es ist, darf es nicht weiter­ und Angestellte den Klimaschutz auch leis-
gehen. Es wird bei dieser Wahl darum gehen, ten können. Der Schutz der Lebensgrund­
wer am Ende für die Kosten der ­Pandemie lagen braucht ein Fundament: soziale Sicher-
zahlt. Wir wollen zur Bewältigung der heit. Ohne Sicherheit und Vertrauen können
Krisen­kosten eine Vermögensabgabe und wir unsere Gesellschaft nicht klimaneutral
Multi­millionär*innen und Milliardär*innen machen. 
gerecht besteuern.
Eine sozialökologische Transformation
Wir wollen Löhne, die für ein gutes ­Leben braucht deshalb gerechte Übergänge. Wir
reichen. Wir wollen Mieten deckeln wollen Arbeitsplatz- und Einkommensgaran­
und die Renten so erhöhen, dass die tien und eine Million gut bezahlte und
Rentner*innen und die kommenden sinnvolle klimaneutrale Arbeitsplätze
­Generationen im Alter gut leben können. schaffen. Wir können die Klimakatastrophe
Wir wollen, dass sich alle gute Ernährung gemeinsam bewältigen, wenn wir es radikal,
leisten können. Es geht um gleiche realistisch und gerecht machen. Wir wollen
­Lebensverhältnisse und gleiche Lebens- die Weichen so stellen, dass unsere Infra-
chancen für alle Kinder, um Gerechtigkeit struktur und Wirtschaft, Kommunen und
in der Bildung und gute Schulen und Kitas Industrie bis Mitte des nächsten Jahrzehnts
in allen Stadtteilen. Es geht uns um gleiche klimaneutral werden.
Rechte für alle. Alle, die in diesem Land
leben und arbeiten – und die es oft schwer Wir haben keine Zeit mehr, auf bessere
haben, eine Wohnung zu finden. Die von Zeiten nur zu warten. Es geht mehr denn
Rassismus im Alltag und den gesellschaft­ je um linke Politik im Hier und Heute, um
lichen Strukturen betroffen sind. Es geht ­einen Aufbruch für mehr soziale Demo­
um soziale Sicherheit für alle und darum, kratie und mehr Klimagerechtigkeit. Wir
ohne Angst verschieden sein zu können. stehen dafür ein, dass das längst Über­
fällige an sozialen, demokratischen und
Wir stehen vor großen Umbrüchen. Wir ökologischen Veränderungen auch ver­
sehen darin eine Chance. Wir wissen, dass wirklicht wird. Wir sagen nicht nur, wie
die Mehrheiten in diesem Land für mehr es besser gemacht werden könnte. Wir
Gerechtigkeit, für soziale Sicherheit und wollen es auch anders machen.
für Klimagerechtigkeit sind. Hier liegt für
uns LINKE eine Verantwortung in den zu Wandel braucht Experimente. Wir setzen
erwartenden Klassenkämpfen: das Potenzial auf eine neue Kultur im politischen Handeln.
von Veränderungen auch zu nutzen. Wir Wer immer meint, allein recht zu haben,
stehen für einen gesellschaftlichen Aufbruch kann die Welt nicht verändern. Das gilt für
nach der Pandemie – nach Jahren der Kür- demokratische Parteien und für progressive
zungspolitik und Jahrzehnten ökolo­gischer Mehrheiten besonders. Wir setzen deshalb
Zerstörung: Gemeinwohl vor Profite. Soli- auf gesellschaftliche Bündnisse und Bewe-
darität, die diesen Namen verdient, statt gungen. Wir vertrauen auf mehr Demokratie

14
durch offenen Dialog mit zivilgesell­schaft­ Wir zeigen unmissverständlich Haltung
lichen Initiativen und Bürger*innenräten. gegen Rassismus, Antisemitismus, Antiziga-
Wir wollen mehr Teilhabe durch Volks- nismus und jede Form von Menschenfeind-
entscheide. Lebendige Demokratie heißt lichkeit, gegen Hetze und Gewalt von rechts.
für uns, aus Widersprüchen und Kritik
zu ­lernen. Wir selbst wollen beim Voran­ Wir wollen einen sozialökologischen
schreiten und Verändern selbstkritisch und friedenspolitischen Politikwechsel
bleiben und lernfähiger, bereitwilliger einleiten. Wir wollen einen politischen
und entschlossener werden, wenn es Neuanfang in unserem Land. Dafür stehen
darum geht, Forderungen aus aktuellen wir bereit, und das wollen wir machen.
Bewegungen aufzunehmen und weiter DIE LINKE ist kompromissbereit, was die
zu erarbeiten. Schrittlänge angeht. Doch die Richtung
des Schrittes muss stimmen. Wir gehen
Druck von der Straße braucht Adressat*­ keinen Schritt in Richtung Sozialabbau,
innen und Multiplikator*innen im Parla- Aufrüstung, Privatisierung oder Kampfein-
ment. Politik in Institutionen braucht den sätze der Bundeswehr. Unsere Richtung ist
Treibstoff des gesellschaftlichen Auf- soziale Gerechtigkeit, Frieden und Um-
bruchs, um voranzukommen. Wir stehen weltschutz. Lass uns diesen Weg gemein-
an der Seite von Gewerkschaften, sozialen sam beschreiten. Wir wollen nicht über
Bewegungen, Mieter*inneninitiativen, Menschen reden, sondern gemeinsam mit
Fridays for Future, Black Lives Matter, ihnen etwas erreichen. Wir wollen Neugier
­Seebrücke, Antifagruppen, queeren und Lust auf Veränderung wecken bei de-
Initiativen, von Sozialverbänden und den nen, deren Leben durch linke Politik besser
Friedensbewegungen. Wir stehen für wird. Wir wollen die gewinnen, die von
unteilbare Solidarität mit Mehrheiten, die Wahlen schon längst nichts mehr erwarten.
jeden Tag mit ihrer bezahlten und unbe- Wir wollen Veränderung heute. Wir machen
zahlten Arbeit, mit Herzblut und Hoffnung den Unterschied. Das ist DIE LINKE. Mach
diese Gesellschaft am Laufen halten. mit, es lohnt sich.

Gute Arbeit, gute Löhne – 


Demokratie gilt auch im Betrieb!
DIE LINKE kämpft dafür, dass alle erwerbs­ auf die Füße stellen: Gute Arbeit, die zum
tätigen Menschen von ihrer Arbeit gut und Leben passt, muss für alle die Regel sein,
sicher leben können. ­Arbeitsbedingungen statt die Ausnahme.
müssen sich an Menschen und ihren
­Fa­mi­lien orientieren, nicht an den Profitin­­- Dafür wollen wir folgende zentrale Forde-
teressen der Unternehmer. Die Unter­ rungen umsetzen:
nehmer­verbände nutzen die Krise, um
Rechte von Beschäftigten einzuschränken, n  Löhne, die für ein gutes Leben reichen!
­Löhne weiter zu drücken und Überstunden Wir schaffen den Niedriglohnsektor ab
durch­zusetzen. Wenn Unternehmen in und stärken Tarifverträge. Wir schaffen
der Corona­krise riesige Wirtschaftshilfen einen Rechtsanspruch auf eine Vollzeit­
bekommen und dann Beschäftigte ent­ stelle für alle Beschäftigten.
lassen oder die Standorte schließen, sagen
wir Nein! DIE LINKE steht an der Seite der n  Soziale Absicherung in allen Arbeits­
Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften. verhältnissen! Wir drängen Befristungen
Wir wollen Arbeitsplätze und Tarifverträge zurück und sichern sämtliche Tätig­
verteidigen und die Tarifbindung ausbauen, keiten über die Sozialversicherungen
das Hartz-IV-System als Druckinstrument ab. Das schließt Beschäftigte über Platt-
auf Löhne abschaffen, Entlassungen formen, Soloselbstständige und Saison­
­stoppen und die Arbeitswelt vom Kopf beschäftigte ein.

15
n  Arbeitszeiten, die zum Leben passen! träge in ihrer Reichweite zu stärken und
Mehr Personal statt Dauerstress. Wir unter­ einen Unterbietungswettbewerb zulasten
stützen die Gewerkschaften in ihrem von Löhnen und Arbeitsbedingungen zu
Kampf für deutliche Arbeitszeitverkürzung verhindern. Per Rechtsverordnung gemäß
in Richtung eines neuen Normalarbeits­ Arbeitnehmerentsendegesetz sollen zudem
verhältnisses mit 30 Stunden pro Woche. auch in Tarifverträgen geregelte komplette
Wir setzen uns für ein Mitbestimmungs­ Entgelttabellen auf nicht tarifgebundene
recht bei der Personalbemessung und Unternehmen erstreckt werden können.
eine Antistressverordnung ein. Alle – gegebenenfalls auch bloß für einen
regionalen Geltungsbereich – für allgemein-
n  Recht auf Weiterqualifizierung mit sozialer verbindlich erklärten Tarifverträge müssen
Absicherung! Wir schaffen einen Weiter­ zwingend auch für temporär nach Deutsch-
bildungsanspruch für alle und sichern das land entsandte Beschäftigte gelten.
Einkommen während Weiterbildungszeiten
mit einem Weiterbildungsgeld. n  Lohndumping durch Werkverträge und
Leiharbeit beenden. Wir wollen Leiharbeit
n  Erweiterung der Mitbestimmung verbieten. Bis zum Verbot der Leiharbeit
von Belegschaften und Öffentlichkeit in müssen Leiharbeiter*innen ab dem ersten
wirtschaftlichen Fragen. Unternehmen, Tag die gleichen Löhne wie Festangestellte
die öffentliche Hilfen in Anspruch nehmen, plus eine Flexibilitätszulage von10 Prozent
dürfen nicht gleichzeitig Dividenden an erhalten. Die Vergabe von Werkverträgen
ihre Anteilseigner*innen oder Boni an die und der Einsatz von Leiharbeit müssen
Vorstände auszahlen. an die Zustimmung des Betriebsrats und
die Einhaltung der im Kernbetrieb gülti-
Löhne, die für ein gutes Leben reichen. gen Tarifverträge gebunden werden. Um
Schluss mit dem Niedriglohn den Missbrauch von Werkverträgen zu
unterbinden, muss die Beweislast künftig
n  Der gesetzliche Mindestlohn wird auf bei den Arbeitgeber*innen liegen. Das
13 Euro erhöht. Zuschläge für Sonntags-, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz muss
Schicht- oder Mehrarbeit sowie Sonderzah- an den Arbeitsplatz statt an die Person der
lungen dürfen nicht mit dem Mindestlohn ­Beschäftigten gebunden werden. Es muss
verrechnet werden. Sämtliche Ausnahmen ein Ende haben, dass Arbeitsagenturen
vom Mindestlohn müssen gestrichen wer- und Jobcenter Erwerbslose in solch unwür­
den. Durch die Pflicht zur elektronischen dige Arbeitsverhältnisse zwingen.
Arbeitszeiterfassung und häufigere Kontrol-
len muss die Einhaltung des Mindestlohns n  Wir wollen einen Rechtsanspruch auf
durchgesetzt werden. Die Zahl der Kontrol- eine Vollzeitstelle.
leure bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit
des Zolls muss auf 15 000 verdoppelt wer- n  Um gleiche Entgelte für Frauen
den. Die Bundesregierung soll ein offizielles und Männer durchzusetzen, muss der
Meldeportal gegen Mindestlohnbetrug Auskunfts­anspruch im Entgelttranspa-
einrichten. renzgesetz durch ein Verbandsklagerecht
ergänzt werden. Gewerkschaften müssen
n  Tarifbindung muss für alle Unter­ für ihre Mitglieder gleiche Entgelte ein­
nehmen und Branchen gelten. Dafür klagen können.
muss die Verhandlungsmacht der Ge-
werkschaften gestärkt und dafür müssen n  Bei Betriebsübergängen in nicht tarif-
Tarifverträge leichter für allgemeinver- gebundene Unternehmen und bei Auslage­
bindlich erklärt werden können. Letzteres rungen müssen die bisherigen Tarifver­
muss auf Antrag einer Tarifvertrags- träge in ihrer jeweils gültigen Fassung
partei möglich sein. Das Vetorecht der unbefristet geschützt bleiben und auch
Arbeitgeber*innenseite im Tarifausschuss für neu Eingestellte gelten.
gehört abgeschafft, und es muss als
»öffentliches Interesse« gelten, Tarifver-

16
n  Ein Bundestariftreuegesetz muss die n  Auftraggeber*innen müssen auch für Solo-
Einhaltung von Tarifverträgen zur zwingenden selbstständige, die als Kleinunter­neh­mer*in­
Voraussetzung für öffentliche Aufträge ma- nen, Freiberufler*innen, Handwerker*innen,
chen und auch von den beauftragten Firmen Schausteller*innen und Gewerbetreibende
eingesetzte Subunternehmen einschließen. arbeiten, Sozialversicherungsbeiträge zahlen.
Dazu schaffen wir bundesweite branchen-
n  Wir wollen verbindliche Obergrenzen für spezifische Mindesthonorarregelungen, die
Manager*innen- und Vorstands­gehälter: einem ruinösen Preiswettbewerb entgegen-
Sie dürfen nicht mehr als das Zwanzigfache wirken und Soloselbstständige schützen.
des niedrigsten Gehalts im Unternehmen Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote
betragen. Manager*innengehälter können speziell für Soloselbstständige müssen
steigen, wenn die untersten Lohngruppen verbessert werden.
angehoben werden. Jahresgehälter über
einer halben Million Euro dürfen nicht mehr n  Für ausländische Saisonbeschäftigte
­steuerlich abzugsfähig sein. müssen sämtliche Ausnahmen in der Sozial-
versicherung gestrichen werden.
Soziale Absicherung in jedem
­ rbeits­verhältnis
A Arbeitszeiten, die zum Leben passen
Die soziale Absicherung steht allen Beschäf­ Gutes Leben besteht aus mehr als Arbeit.
tigten zu, unabhängig von ihrer Herkunft Viele Beschäftigte werden krank durch
und der Art ihres Arbeitsverhältnisses: zu viel Arbeit und Überstunden, während
Mil­lionen Menschen von Erwerbsarbeit
n  Befristungen stoppen! Sachgrundlose ausgeschlossen sind oder unfreiwillig in
Befristungen müssen im Teilzeit- und Befris- Teilzeit abgedrängt werden. Es ist Zeit für
tungsgesetz ersatzlos gestrichen werden ein neues Normalarbeitsverhältnis. Wir
und zulässige Sachgründe eng begrenzt wollen Arbeit in der Gesellschaft und zwi-
werden. Bei öffentlicher Finanzierung soll schen den Geschlechtern gerecht verteilen.
die Befristung der Haushaltsmittel oder von
Projektgeldern kein zulässiger Grund mehr Wenn die Arbeit gerechter verteilt wäre,
für die Befristung von Arbeitsverträgen sein. könnten statt Überstunden und Dauer-
Der dritte Arbeitsvertrag bei demselben stress über eine Million Arbeitsplätze in
Arbeitgeber oder derselben Arbeitgeberin kurzer Vollzeit mit 30 Stunden pro Woche
muss zwingend unbefristet sein. geschaffen werden. Eine solche Umver­
teilung der Arbeitszeit erhöht die Lebens-
n  Mini- und Midijobs wollen wir in sozial­ qualität für alle.
versicherungspflichtige Arbeitsverhält­
nisse überführen. Ab dem ersten Euro n  Die gesetzliche Höchstarbeitszeit
muss für Unternehmen eine volle Pflicht wollen wir auf maximal 40 Stunden pro
zur Sozialversicherung gelten. Woche begrenzen.

n  Plattformen müssen Arbeit­geber*in­ n  Ausnahmen von der täglich zulässigen


nenpflichten erfüllen und Sozialver­ Höchstarbeitszeit von 8 Stunden wollen
sicherungsbeiträge für über sie Beschäftigte wir stärker begrenzen. Eine Verkürzung der
abführen. erforderlichen Ruhezeiten von11 Stunden
lehnen wir ab.
n  Der Betriebsbegriff und der Arbeitneh-
merbegriff müssen aktualisiert und an die n  Arbeitgeber*innen müssen Beginn, Ende
heutigen Arbeitsverhältnisse und Betriebs- und Dauer der täglichen Arbeitszeit sowie
strukturen angepasst werden, damit die die Dauer der gewährten Ruhepausen
Arbeitsrechte und die Betriebsverfassung jeweils am Tag der Arbeitsleistung auf­
für alle wirtschaftlich abhängig Beschäf­ zeichnen. Dienstreisen und in der Freizeit
tigten gelten. erbrachte Arbeitsleistungen müssen voll-
ständig als Arbeitszeit angerechnet werden.

17
Stärkere Kontrollen durch Arbeitsschutz- n  Recht auf Auszeiten: Beschäftigte sollen
behörden müssen gesetzlich vorge­ zweimal in ihrem Berufsleben die Möglich-
schrieben werden. keit haben, für ein Jahr auszusteigen (Sabbat-
jahr), verbunden mit einem Rückkehrrecht.
n  Arbeit auf Abruf wird aus dem Teilzeit-
und Befristungsgesetz gestrichen. Gute Arbeitsbedingungen,
weniger Belastungen
n  Betriebs- und Personalräte brauchen ein
zwingendes Mitbestimmungsrecht bei Arbeit darf nicht krank machen. Das Leis­
der Personalbemessung, um regelmäßige tungs­niveau in Betrieben muss so sein,
Überstunden und Leistungsverdichtung zu dass die Gesundheit ein ganzes Arbeits­
verhindern. leben lang erhalten bleibt. Das Arbeits-
schutzgesetz verpflichtet Unternehmen,
n  Wir wollen ein Recht auf vorüber­ die Arbeit so zu gestalten, dass die Ge-
gehende Arbeitszeitverkürzung für fährdung der psychischen und physischen
alle Beschäftigten. Gesundheit möglichst vermieden wird.
Es scheitert allerdings oft an der Durch-
n  Es braucht einen Rechtsanspruch auf setzung. Wir wollen einen Schutz gegen
familiengerechte Arbeitszeiten für alle, Dauerstress und Überlastung schaffen:
die Verantwortung in Erziehung und Pflege
übernehmen (vgl. Kapitel »Familien dort n  Wir brauchen eine Verordnung zum
unterstützen, wo sie es brauchen«). Schutz vor Gefährdung durch psychische
Belastung bei der Arbeit (Antistressver­
n  Wir brauchen für alle Beschäftigten ordnung). Betriebsräte müssen die Regeln
einen Rechtsanspruch auf eine sechs­ des Arbeitsschutzgesetzes zur Verhütung
wöchige Pflegezeit mit Lohnfortzahlung psychischer Belastung sowie ganzheitliche
durch die Arbeitgeber*innen (vgl. Kapitel Gefährdungsbeurteilungen und vor allem
»Für einen linken Feminismus«). Abhilfemaßnahmen leichter durchsetzen
können.
n  Den Mindesturlaubsanspruch im Bundes-
urlaubsgesetz wollen wir schrittweise von n  Das Mitbestimmungsrecht von
24 auf 36 Werktage (Samstage eingeschlos- Betriebs­räten muss sich auch auf die
sen) anheben. Jedem und jeder Beschäf­ Prävention von Belastungen erstre­
tigten sollen mindestens sechs Wochen cken. Die Beschäftigten brauchen ein
Urlaub zustehen. indivi­duelles »Vetorecht« bei gesundheits­
gefährdender Überlastung, um auch
n  Feiertage, die auf ein Wochenende fallen, Beschäftigte in Betrieben ohne Betriebsrat
sollen durch Ersatzfeiertage in der Woche zu schützen.
nachgeholt werden.
n  Die Arbeitsschutzbehörden müssen
n  Alle Beschäftigten sollen durch ein Recht ­ nanziell und personell besser ausge­
fi
auf Homeoffice einen Teil ihrer Arbeit zu stattet werden und besser mit der
Hause erledigen können, sofern die Art ihrer Mindestlohnkontrolle zusammengeführt
Tätigkeit das zulässt. Die Bedingungen für werden, um wirksame und regelmäßige
Homeoffice müssen per Tarifvertrag oder ­Kontrollen zu ermöglichen. Kontrollen
per Betriebs-  /  Dienstvereinbarung geregelt müssen öfter stattfinden. Sie sollten zwin-
werden. Arbeitsschutz und die gesetzliche gend im Betrieb und nicht nach Aktenlage
Unfallversicherung müssen auch im Home- stattfinden. Die Bußgelder für Verstöße
office uneingeschränkt gelten. Recht auf gegen den Gesundheitsschutz der Beschäf-
Pausen und Recht auf Feierabend muss es tigten müssen deutlich angehoben werden.
auch im Homeoffice geben! Beschäftigte Im Arbeitsschutzgesetz muss klargestellt
dürfen jedoch nicht zum Homeoffice ver- werden, dass es strafbar ist, trotz vorhe-
pflichtet werden. riger behördlicher Abmahnung weiter die
Gesundheit der Beschäftigten zu gefährden.

18
n  Belegschaften müssen pro Monat zwei deren Arbeitsplätze wegfallen, müssen
Stunden Beratungszeit während der a­ bge­sichert werden. Wir wollen eine soziale
Arbeitszeit erhalten, um sich über Arbeits- und ökologische Transformation mit Ar-
gestaltung, Arbeitszeit, Mitbestimmung und beitsplatz- und Einkommensgarantien für
Arbeitsschutz auszutauschen, für Kontakt- die Beschäftigten.
aufnahme mit den Arbeitsschutzbehörden
und um Initiativen zur Mitbestimmung n  Vetorecht gegen Kahlschlag, Mitbe­
entwickeln zu können. stimmung über die Zukunft. Beschäftigte
und Betriebsräte brauchen Mitbestim­
n  Die Anerkennung von Berufskrank­ mung auch bei wirtschaftlichen Fragen.
heiten muss erleichtert werden. Das Das gilt besonders für Betriebsänderungen,
schließt psychische Erkrankungen ein. Wir Standortänderungen und Entlassungen. Auch
fordern eine widerlegliche Vermutungs­ in Fragen des Arbeits- und Gesundheits­
regelung zugunsten der Versicherten, um schutzes, des betrieblichen Umwelt­schutzes,
die Beweisführung in Berufskrankheiten- bei der Planung und Gestaltung von Tätig-
Verfahren zu erleichtern. Unabhängige keiten und von Arbeitsbedingungen, bei
­Beratungsstellen müssen eingerichtet wer- der Änderung von Arbeitsplätzen sowie der
den und Versicherte dabei unterstützen, Arbeitsintensität braucht es zwingende
ihre Ansprüche durchzusetzen. Erwerbs- Mitbestimmungsrechte.
unfähigkeitsrenten müssen verbessert
werden. Schwerbelastete Beschäftigte n  Das Recht der Betriebsräte auf Verhand-
müssen früher in Rente gehen können (vgl. lungen mit den tatsächlichen Entschei-
Kapitel »Gute Rente, gutes Leben«). dungsträgern muss auch in internationalen
Konzernen klargestellt werden. Es darf nicht
n  Gute Arbeit und Einkommen, von denen sein, dass Unternehmen durch Holding-
man leben kann, auch für Menschen mit strukturen, bei denen Geschäftsführungen
Behinderung. Menschen mit Behinderung vor Ort nur als Befehlsempfänger*innen
sind überdurchschnittlich von Arbeits- agieren, demokratische Mitbestimmungs-
losigkeit betroffen – aufgrund fehlender rechte unterlaufen.
Barrierefreiheit und aufgrund anderer
Diskriminierungen. Wir kämpfen für einen n  Betriebsräte brauchen ein erzwingbares
inklusiven Arbeitsmarkt ohne Sonder­ Mitbestimmungs- und Initiativrecht
strukturen. für betriebliche Aus-, Weiter- und Fort­
bildung – und bei der Neuausrichtung
Kein Umbau auf dem Rücken der Unternehmen. Betriebe mit über100
der Beschäftigten: Weiterbildungs­ Beschäftigten müssen verpflichtend eine
anspruch für alle qualifizierte Personalplanung durchführen,
die eine Weiterbildungsplanung für die
Unternehmen nutzen die Einführung Beschäftigten einschließt.
neuer Technologien und Produkte, den
Klimaschutz und die Digitalisierung als n  Alle Beschäftigten müssen zum Zwecke
Anlass, um auf dem Rücken der Beschäf- der Weiterbildung einen Rechtsanspruch
tigten umzustrukturieren, Beschäftigte erhalten, ihre Arbeitszeit zeitweise zu
zu entlassen oder die Belegschaften zu reduzieren oder zeitlich begrenzt ganz aus-
erpressen. Gleichzeitig führen der ökolo- setzen zu können. Die Arbeitgeber*innen
gische Umbau und die Digitalisierung zu müssen während der Bildungsteilzeit einen
neuen Tätigkeitsfeldern und verändern teilweisen Lohnausgleich von mindestens
die Anforderungen an Beschäftigte. Die 70 Prozent des Nettogehalts und Sozialver­
Verantwortung für Aus- und Weiterbildung sicherungsbeiträge zahlen. Der Staat
dürfen Unternehmen nicht auf die Beschäf- muss Bildungsteilzeit von Beschäftigten
tigten und die Allgemeinheit abschieben. durch eine stärkere Berücksichtigung bei
Fortbildungsmaßnahmen, die im Interesse den Rentenansprüchen und der Höhe von
der Unternehmen sind, müssen auch von Ansprüchen auf ALG I unterstützen. Für
ihnen finanziert werden. Beschäftigte, Geringverdienende muss ein vollständiger

19
Lohnausgleich durch staat­liche Zuschüsse verpflichtet werden, die für die Beschäftigten
garantiert werden. einsehbar ist. Gleichzeitig brauchen wir
einen legalen Aufenthaltsstatus für alle
n  Damit sich alle Unternehmen gleicher­ hier Beschäftigten, damit Kontrollen dem
maßen an der Finanzierung beruflicher Schutz der Beschäftigten dienen und nicht
­Weiterbildung beteiligen, schlägt zu ihrem Nachteil werden. Die Kündigung
DIE ­LINKE ­einen Weiterbildungsfonds des Arbeitsverhältnisses darf nicht zum
vor, in den alle Unternehmen einer Verlust des Aufenthaltsrechts führen. Der
­Branche einzahlen. Zugang zu Informationen über bestehende
Arbeitsrechte muss erleichtert werden
n  Berufsschulen und Hochschulen und Initiativen, die mobile Beschäftigte in
müssen gesetzlich verpflichtet und in ihren Muttersprachen beraten, müssen
die Lage versetzt werden, Angebote stärker gefördert werden.
der beruflichen Fortbildung zu schaffen,
die allen Beschäftigten unabhängig vom n  Für von den Arbeitgeber*innen gestellte
­bisherigen Bildungsabschluss offenstehen. oder vermittelte Unterkünfte muss es
eine klare Begrenzung der zulässigen
n  Weiterbildungsangebote der Arbeits- Kosten geben. Diese sollen sich nach den
agentur und Jobcenter müssen ausgebaut geltenden Sachbezugswerten aus dem
werden. Das Ziel schneller Vermittlung ­Sozialversicherungsrecht richten. Abzüge
Erwerbsloser muss gestrichen werden, für Unterkunft und Verpflegung müssen auf
stattdessen müssen Erhalt der Qualifikation der Lohnabrechnung transparent darge-
und Weiterbildung Vorrang bekommen. stellt sein, um den Beschäftigten die Über-
Für die Zeit der Weiterbildung wird ein prüfung zu ermöglichen. Die Einhaltung
Weiter­bildungsgeld in Höhe von 90 Pro- von Hygienestandards in den Unterkünften
zent des letzten Nettoentgelts gezahlt. Die muss von den Aufsichtsbehörden regel­
Zeit der Weiterbildung wird nicht auf den mäßig kontrolliert werden.
Anspruch auf Arbeitslosengeld angerechnet
(vgl. ­Kapitel »Soziale Garantien«). n  Sämtliche gesetzlichen Ausnahmen vom
Sozialversicherungsschutz für auslän-
n  Betriebe, die nicht ausbilden, müssen dische Beschäftigte müssen gestrichen
eine Ausbildungsumlage zahlen werden. Wir wollen Sozialdumping bei der
(vgl. Kapitel »Gut ausgebildet«). Entsendung nach Deutschland beenden:
Sozialversicherungsbeiträge sollen künftig
Gleiche Rechte für Saisonbeschäftigte im Zielland bezahlt werden und die Anmel-
und Beschäftigte in Privathaushalten dung soll eine Woche vor Einsatzbeginn
beantragt werden müssen.
Besonders gravierend sind die Verstöße
gegen Arbeitsschutz und gute Arbeits­ n  DIE LINKE will die Rechte von Beschäf­
bedingungen für mobile Beschäftigte aus tigten in Privathaushalten stärken. Arbeit
dem Ausland. Durch die Koppelung des in Privathaushalten (u. a. Reinigung, Pflege,
Aufenthaltsrechts an den Arbeitsvertrag Kinderbetreuung) soll vor allem über zertifi­
sind sie besonders von extremer Aus- zierte Agenturen, gemeinwohlorientierte
beutung bedroht und können ihre Rechte oder kommunale Träger organisiert werden.
schwerer durchsetzen. Wir wollen gleiche Sie müssen Tarifverträge, unbefristete
­Schutzrechte für alle und gleichen Lohn ­Beschäftigung, das Recht auf eine vertrag­
für gleiche Arbeit. liche Mindeststundenzahl, Arbeitsschutz
und Weiterbildung für Beschäftigte garan-
n  Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ab tieren. Um Ausbeutung zurückzudrängen,
dem ersten Tag muss auch für Saison­­ müssen Beschäftigte in Privathaushalten
arbeiter*innen und aus dem Ausland ohne Arbeits- und Aufenthaltsrecht die
entsendete Beschäftigte gelten. Um Lohn­ Möglichkeit einer Legalisierung erhalten.
betrug zu vermeiden, müssen Unter­
nehmen zur elektronischen Zeiterfassung

20
n  Die Ausbeutung zumeist osteuropäischer sich nicht klassenneutral, sondern als Ver­
Arbeitskräfte in der 24-Stunden-Pflege teilungsauseinandersetzung, untrennbar
muss beendet werden. Pflege muss arbeits- mit der Eigentumsfrage verbunden. Deshalb
rechtskonform organisiert werden. ist die Ausweitung zwingender Mitbestim-
mung auf wirtschaftliche Fragen zentral.
Union Busting stoppen, Gegenwehr Beschäftigte und ihre Betriebsräte sollen
stärken, Mitbestimmung ausweiten die Initiative ergreifen können bei Investi­
tionsentscheidungen, Fertigungstiefen,
DIE LINKE will die Demokratie in der Gesell­ Aus- und Verlagerungen, Schließungen von
schaft, im Betrieb und in der Wirtschaft Betrieben und Betriebsteilen, Rationalisie-
stärken. Die letzte bedeutende Reform des rungsvorhaben und neuen Arbeitsmethoden
Betriebsverfassungsgesetzes gab es 1972. und Steuerungsmechanismen. Denn nur
Damals gab es keine Leiharbeit, kein Out- so werden Beschäftigte bei der bevorste­
sourcing und keine Standortver­lagerungen henden Transformation mitgenommen, nur
ins Ausland. Es gab keine sachgrundlosen so wird prekäre Arbeit eingedämmt, nur so
Befristungen, Minijobs oder Arbeit auf Klima- und Umweltschutz in den Betrieben
Abruf. Beschäftigungsformen wie Crowd- realisiert und die Digitalisierung im Sinne
und Clickwork waren unbekannt und der Beschäftigten und auch des Allgemein-
Arbeitgeber*innen konnten sich nicht – wohls vorangetrieben.
als Plattformen getarnt – sozialpolitischer
Verantwortung entziehen. n  DIE LINKE setzt sich dafür ein, die
Wahl von Betriebsräten zu erleichtern. Der
n  Unsere heutige Arbeitswelt ist ­geprägt Kündi­gungsschutz muss auf alle Organe
von Digitalisierung, Globalisierung, der Betriebsverfassung ausgeweitet und
Dere­gulierung und der Notwendigkeit verlängert werden. Für Beschäftigte im
­eines ökologischen Umbaus. Wir wollen öffentlichen Dienst müssen die gleichen
­Betriebs­ratswahlen erleichtern und Mitbestimmungsrechte gelten.
die Arbeitsfähigkeit von Betriebsräten
sichern. Wir wollen Schwerpunktstaats­ n  In allen privaten, öffentlichen und gemein­
anwaltschaften mit ausreichend Personal wirtschaftlichen Unternehmen ab 500
für Straftatbestände aus dem Arbeitsrecht Beschäftigten wollen wir eine echte paritä­
und Betriebsverfassungsrecht schaffen, tische Mitbestimmung im Aufsichtsrat
sowie schärfere Sanktionen gegen Arbeit­ verpflichtend einführen. In diesen Unter-
geber*innen und Anwaltskanzleien, die sich nehmen müssen die Eigentümer*innen
auf die Verhinderung von gewerkschaft­ und die Beschäftigten zu gleichen Teilen
licher Organisierung spezialisiert haben. Wir vertreten sein. Den Vorsitz übernimmt eine
wollen in Fällen von Union Busting bei erst- weitere Person, auf die sich beide Seiten
maligen Betriebsratswahlen die Möglichkeit ­verständigen müssen. Fragen von erheb­
der direkten Einsetzung von Betriebsräten licher Bedeutung für die Belegschaft – wie
durch das Arbeitsgericht. Wir wollen den Verlagerungen – müssen durch Beleg-
Betriebsbegriff anpassen und den Arbeit­ schaftsabstimmung bestätigt werden.
nehmerbegriff erweitern. Zusätzliche
Arbeitnehmervertretungsstrukturen sollen Gewerkschaften stärken
durch Tarifvertrag oder Betriebsverein­
barung bestimmt werden können. Die zwin- n  Die Gewerkschaften müssen ein umfas-
gende Mitbestimmung wollen wir ausweiten sendes Verbandsklagerecht zur Einhal-
auf Fragen der Arbeitsorganisation, der tung von Tarifverträgen und gesetzlichen
Personalbemessung, prekärer Beschäf­ Bestimmungen erhalten sowie das Recht
tigung und der Qualifizierung. zu Kollektivbeschwerden nach dem Proto-
koll der Europäischen Sozialcharta.
n  Die Transformation der Arbeitswelt ist
eine umfassende gesellschaftliche Umstruk­ n  Zur Verteidigung des Streikrechts
turierung mit gravierenden Auswirkungen muss der Anti-Streik-Paragraf160
auf die Arbeitsbeziehungen. Sie vollzieht des SGB III abge­schafft werden. Das

21
T­ arifeinheitsgesetz muss zurückgenom- ­OT-Mitgliedschaften (»ohne Tarif«) in
men werden, da mit ihm eine Einschränkung ­ rbeitgeberverbänden müssen abge-
A
des Streikrechts verbunden ist. schafft werden.

n  Solidaritätsstreiks mit ­Beschäftigten n  Die betrieblichen Mitbestimmungs­


anderer Betriebe und Branchen und rechte und das Streikrecht müssen auch
­politische Streiks zur Durchsetzung für die Beschäftigten in Kirche, Diakonie
­sozialer Verbesserungen und zur und Caritas uneingeschränkt gelten.
­Verteidigung von Demokratie und Der Paragraf118 des Betriebsverfassungs­
Frieden müssen ins Streikrecht ein­ gesetzes muss gestrichen werden. Ver­
geschlossen werden. Das Streikrecht trauensleutearbeit muss ähnlich der Arbeit
muss auch für Beamt*innen gelten. von Betriebsräten geregelt werden.

Gute Rente, gutes Leben:


Solidarische Erwerbstätigenversicherung
Wir wollen eine gesetzliche Rente, die den Rente (124 Euro) kann dafür entfallen. Durch­
Lebensstandard wieder sichert und vor schnittsverdienende hätten also 90,50 Euro
­Armut schützt. Das ist für viele Menschen mehr in der Tasche. Bei der Rentenanpassung
die Grundlage für ein sorgenfreies und stellen wir die Lohnbezogenheit wieder her.
selbstbestimmtes Leben. Forderungen,
dass wer länger lebt, erst später in Rente n  Als LINKES Kernprojekt beziehen wir
gehen soll, weisen wir zurück. alle Erwerbstätigen in die gesetzliche
Rentenversicherung ein. Dazu haben wir
Die Rente darf nicht über Kapitalmärkte ein Konzept entwickelt, das Solidarität und
»­gesichert« werden – dann ist sie unsicher. soziale Gerechtigkeit mit finanzieller Soli-
Die Alterssicherung muss zu gleichen dität und Stabilität verbindet. Wir stärken
Teilen von Unternehmen und Beschäftigten damit die gesetzliche Rentenversicherung
­finanziert werden. Noch im Jahr 2000 lag und verhindern Armut im Alter und bei
das Rentenniveau bei 53 Prozent, jetzt Erwerbsminderung. Unser Konzept der
soll es bis auf 43 Prozent sinken. Das ist Solidarischen Erwerbstätigenversicherung
ein ­Programm der Bundesregierung für bietet eine gesetzliche Alterssicherung
­Altersarmut! auch für bislang nicht versicherte Selbst-
ständige, Freiberufler*innen, Beamt*innen,
Wir wollen den Rentenabbau beenden und Manager*innen und Politiker*innen. Wir
das Garantieversprechen der gesetzlichen wollen, dass alle Erwerbstätigen Beiträge in
Rentenversicherung wiederherstellen. Drei die gesetzliche Rentenversicherung zahlen.
zentrale Maßnahmen sind der Einstieg:
n  Als Garantie führen wir eine Solidarische
n  Wir wollen das Rentenniveau wieder Mindestrente von 1.200 Euro für all jene
auf 53 Prozent anheben. Das bedeutet in ein, die trotz der Reformmaßnahmen in der
Geld: Wer derzeit die aktuelle Durchschnitts- Rente ein zu niedriges Alterseinkommen
rente von 1.048 Euro bekommt, erhält dann haben, um davon leben zu können. Denn
1.148 Euro, also knapp 100 Euro mehr im wer heute auf lange Phasen mit schlechten
Monat. Das Rentenniveau von derzeit Löhnen, Erwerbslosigkeit oder Krankheit
48,4 Prozent (ohne Revisionseffekt) kann zurückblicken muss, hat trotzdem Anspruch
problemlos innerhalb einer Wahlperiode auf ein würdevolles Leben im Alter. Die
auf 53 Prozent angehoben werden. Das Solidarische Mindestrente wird deshalb von
kostet Beschäftigte und Arbeitgeber*innen der Rentenversicherung an alle Menschen
bei einem durchschnittlichen Verdienst von im Rentenalter gezahlt – bei Erwerbs­
3.462 Euro nur je circa 33 Euro mehr im minderung als Zuschlag, im Einzelfall auch
Monat. Der Beitrag für eine private Riester- als Vollbetrag –, die im Alter weniger als

22
1.200 Euro Nettoeinkommen haben. Die zusätzliche Beiträge in die gesetzliche
Solidarische Mindestrente ist ­einkommens- Rentenversicherung einzuzahlen.
und vermögensgeprüft. Sie wird aus ­Steuern
finanziert. Die Unterhaltsansprüche nach n  Die Beschäftigten dürfen nicht den
dem BGB werden berücksichtigt. Mit Ver­ Risiken auf dem Kapitalmarkt aus-
mögensfreibeträgen stellen wir sicher, dass gesetzt werden. Wir lehnen es ab, die
soziale Härten vermieden werden und Arbeitgeber*innen im Rahmen kapital­
normales, selbstgenutztes Wohneigentum gedeckter betrieblicher Altersvorsorge
unangetastet bleibt. Unser Versprechen und sogenannter Zielrenten aus der
lautet: Niemand soll im Alter von weniger als ­Haftung zu entlassen. Das gilt auch für
1.200 Euro leben müssen. Die Solidarische den Verzicht auf Rentengarantien zu­
Mindestrente wird regelmäßig am1. Juli eines gunsten einer reinen Beitragszusage.
jeden Jahres im selben Maße erhöht, wie alle
anderen gesetzlichen Renten auch. n  Statt einer überwiegend von den Beschäf-
tigten finanzierten betrieblichen Altersvor-
Mit unserem Konzept der Solidarischen sorge wollen wir eine überwiegend von den
Erwerbstätigenversicherung stellen wir Arbeitgeber*innen finanzierte betriebliche
die Weichen für eine gerechte, stabile und Altersversorgung (als betriebliche Sozial-
inklusive Alterssicherung der Zukunft, die leistung). Dafür sollen verbindliche tarifver-
für alle Erwerbstätigen da ist. Sie wird von tragliche Regelungen die Grundlage sein.
folgenden Einzelmaßnahmen flankiert:
n  Wir fordern, die Doppelverbeitragung
n  Die Beitragsbemessungsgrenze (für mit Krankenversicherungs- und Pflegever­
die allgemeine und die knappschaftliche sicherungsbeiträgen bei betrieblicher
Rentenversicherung sowie für die alten und Alters­vorsorge sofort zu beenden. Klar ist:
die neuen Bundesländer) wird zunächst Betriebsrenten dürfen nicht frei von Sozial-
vereinheitlicht und dann in mehreren abgaben sein. Aber sie sollen in der An-
Schritten drastisch angehoben. Die Höhe sparphase bezahlt werden und nicht in der
der Rentenansprüche über dem Doppelten Rentenphase. Mit der Entgeltumwandlung
des Durchschnitts soll abgeflacht werden werden die Finanzen der gesetzlichen Ren-
(im höchsten verfassungsgemäß zulässigen tenversicherung jedoch geschwächt, und
Rahmen). Deshalb soll eine »Beitrags-Äqui- die Rentenansprüche aller Versicherten –
valenzgrenze« eingeführt werden. egal ob sie über den Betrieb vorsorgen oder
nicht – sinken. Die Ungleichheit wird so
n  Die private Riester-Rente ist gescheitert. verschärft. Darum wollen wir die Entgelt­
Sie kann die in die gesetzliche Rente geris- umwandlung für die Zukunft abschaffen.
senen Lücken nicht schließen. Die Beiträge
und Zuschüsse wandern in die Kassen der n  Die Doppelbesteuerung der Renten wollen
Versicherungskonzerne, statt in die Porte- wir abschaffen. Wir wollen das ­steuerfreie
monnaies der Rentner*innen. Millionen Existenzminimum auf14.400 Euro im Jahr
Menschen mit normalem und niedrigem anheben – kleine bis mittlere Renten wären
Einkommen können sich eine private Renten­ damit steuerfrei. DIE LINKE fordert eine
versicherung nicht leisten. Die Riester- Verlängerung des Übergangszeitraums
Rente überführen wir auf freiwilliger bis 2070, eine außerordentliche Rentener­
Basis in die gesetzliche Rente. Wer einge­ höhung und eine Neuberechnung des
zahlt hat, soll seine Ansprüche behalten ­individuellen Rentenfreibetrags. Denn
und in die gesetzliche Rente überführen die Rente muss nach jahrzehntelanger
können. Die staatlichen Subventionen von Beitragszahlung auch netto den Lebens­
knapp 4 Milliarden Euro jährlich beenden standard wieder sichern.
wir und erhöhen damit die Zuschüsse
an die gesetzliche Rentenversicherung. Unser Nachbarland Österreich zeigt: Ein
Außerdem soll es Versicherten und ihren gesetzliches Rentensystem kann vor Armut
Arbeitgeber*innen erleichtert werden, schützen, den Lebensstandard sichern
bis zu einer bestimmten Grenze freiwillig und zugleich finanzierbar sein. Statt einen

23
Teil der Alterssicherung vom Kapitalmarkt n  Für regelmäßig geleistete freiwillige
­abhängig zu machen, wurde in Österreich und unbezahlte Arbeit von Bürger*innen
das gesetzliche Rentensystem zu einer im organisierten anerkannten Rettungs-
Erwerbs­tätigenversicherung ausgebaut. Das dienst, im Brandschutz, im Katastrophen-
wollen wir auch in Deutschland erreichen. schutz und im Technischen Hilfswerk (THW)
werden durch den Staat angemessene
Wir wollen zügig weitere Verbesserungen Beiträge in die gesetzliche Rentenversiche-
bei der Rente durchsetzen. Unser Renten- rung eingezahlt.
konzept sieht vor:
n  Die Rente erst ab 67 muss zurückge­
n  Solidarausgleich für Niedriglohn: nommen werden. Forderungen nach
Z­ eiten niedriger Löhne wollen wir aus­ einer noch höheren Regelaltersgrenze sind
gleichen. Die von der Großen Koalition unrealistisch und unverantwortlich. Arbei-
beschlossene sogenannte Grundrente greift ten bis zum Umfallen wollen wir verhindern.
hier zu kurz. Wir wollen die »Rente nach Jede*r muss wieder spätestens ab 65 Jahren
Mindestentgeltpunkten« auch für Zeiten abschlagsfrei in Rente gehen dürfen. Das
nach1992 einführen und verbessern. Voll- ist finanzierbar. Wenn Menschen 40 Jahre
zeiterwerbstätige mit13 Euro Stundenlohn lang Beiträge gezahlt haben, sollen sie
erhielten dann in der Regel eine Rente von bereits ab 60 Jahren abschlagsfrei in Rente
rund1.200 Euro. Bei einem Rentenniveau gehen können.
von 53 Prozent hätte zum Beispiel eine Ein-
zelhandelskauffrau mit einem Gehalt von n  Wer krank wird, darf nicht noch eine
2.200 Euro brutto dadurch nach 45 Jahren niedrige Rente befürchten müssen: Der
Arbeit monatlich knapp198 Euro mehr als ­Zugang zu den Erwerbsminderungs­
nach geltendem Recht mit der sogenannten renten muss erleichtert werden. Die
Grundrente – ohne eine Einkommensprü- beschlossene Anhebung der Zurechnungs-
fung! Davon würden vor allem Frauen und in zeit (die Zeit, die »hinzugerechnet« wird,
Ostdeutschland Beschäftigte profitieren. weil der oder die Versicherte wegen der
Erwerbsminderung nicht einzahlen konnte)
n  Ausbildungszeiten werden besser für Rentenzugänge ab 2019 muss auch
­anerkannt und führen zu höheren Renten. für die Menschen gelten, die schon 2018
und früher eine Erwerbsminderungsrente
n  Zeiten der Erwerbslosigkeit, der Kinder­ bezogen haben. Wir fordern, die unsozialen
erziehung und der Pflege bewerten wir höher, Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten
damit sie nicht zu Armutsrenten führen. zu streichen oder sie durch eine wirkungs-
gleiche Maßnahme zu kompensieren.
n  Für jedes Kind werden drei Entgelt­
punkte – Zur Zeit gibt es über102 Euro n  Für Langzeiterwerbslose müssen
sogenannter Mütterrente – auf dem Renten­ e­ ndlich wieder Beiträge in die Renten­-
konto gutgeschrieben. Egal ob ein Kind kasse eingezahlt werden.
1960 oder 2010, egal ob es in Frankfurt am
Main oder in Frankfurt an der Oder geboren n  Wir wollen die Benachteiligung der
wurde. Diese Verbesserung muss als ge- ­ stdeutschen Rentner*innen endlich
o
samtgesellschaftliche Aufgabe vollständig beenden. Wir fordern die sofortige
aus Steuern finanziert werden. ­Angleichung des »aktuellen Renten-
wertes (Ost)« an das Westniveau, ohne
n  Alle pflegenden Angehörigen erwerben ­zukünftige Rentner*innen zu benach­
zusätzliche Rentenansprüche aus ihrer teiligen (vgl. Kapitel »Gerechtigkeit für
Pflegetätigkeit für die gesamte Dauer die Menschen in Ostdeutschland«).
der Pflegesituation, auch im Pflegegrad1,
nach Erreichen der Regelaltersgrenze und n  Wir streiten dafür, dass die seit ­­
ohne Kürzung, wenn zusätzlich professi- Jahrzehnten hierzulande lebenden ­jüdischen
onelle Pflegedienste genutzt werden. Die Kontin­gentflüchtlinge und Aussiedler*innen,
Leistungs­beträge werden angehoben. die bis 2012 in Rente gegangen sind, aus

24
dem derzeit entstehenden Härtefall- n  Wir wollen die rückwirkende Einbeziehung
fonds mindestens eine Einmalzahlung der DDR-Altübersiedler*innen in die Gesetz-
von jeweils10.000 Euro pro Person gebung zur Rentenüberleitung abschaffen
­erhalten, die nicht auf die »Grund­ und dafür sorgen, dass sie ihre von der
sicherung im Alter« und andere Sozial­ ­Bundesregierung versprochenen Renten
leistungen angerechnet wird. nach dem Fremdrentengesetz erhalten.

Soziale Sicherheit für alle


Wir wollen einen starken, demokratischen garantiertes Mindesteinkommen von
Sozialstaat, der alle Menschen wirksam 1.200 Euro in jeder Lebenssituation,
­gegen die Lebensrisiken von Krankheit, in der es gebraucht wird.
Unfall, Alter, Pflegebedürftigkeit und
Erwerbslosigkeit schützt. Corona hat die n  Soziale Dienstleistungen und öffent­
Lücken unserer sozialen Sicherungssys­ liche Infrastrukturen, die Zugang für alle
teme gezeigt: Für Hartz-IV-Bezieher*innen ermöglichen: Soziale Dienstleis­tungen –
sind Mehrausgaben zum Beispiel für Home- zum Beispiel im Gesundheits-, Pflege-,
­schooling und Sicherheitsmasken nicht ­Bildungs- und Sozialwesen – und öffent­
erschwinglich, schon die Regelbeträge liche Infrastrukturen – zum Beispiel Biblio-
­sichern nicht gegen Armut. Frei­be­rufler*in­ theken, Theater, Schwimmbäder, Straßen,
nen bleiben ohne soziale Absicherung. Nahverkehr – sind deshalb zentral für den
Obdachlose in Sammelunterkünften sind sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft.
­hohen Infektionsrisiken ausgesetzt. Die Als Teil des gesellschaftlichen Reichtums
soziale Ungleichheit hat zugenommen. Wir sind sie öffentliche Güter, die allen Mitglie-
­wollen ­einen demokratischen Sozialstaat, dern der Gesellschaft zugutekommen und
der ­soziale Rechte gibt, das gesellschaft­ deshalb gemeinwohlorientiert verfasst sein
liche Leben durch soziale Dienstleis­ sollen. Wir verstehen diese Dienstleistun-
tungen und öffentliche ­Infrastrukturen gen und Infrastrukturen als Sozialeigentum
stärkt und für gute und planbare aller Bürger*innen.
Erwerbs­arbeit sorgt, die sicher ist und
zum Leben passt. An einer Regierung, die n  Ein »neues Normalarbeitsverhältnis«
Privati­sierungen der Daseinsvorsorge oder für gute und planbare Erwerbsarbeit, die
Sozialabbau ­betreibt, deren Politik die sicher ist und zum Leben passt: Sinnhafte
Aufgabenerfüllung des öffentlichen Diens- Erwerbsarbeit, kürzere Arbeitszeiten und
tes verschlechtert, werden wir uns nicht Löhne, die für ein gutes, planbares und
beteiligen. sicheres Leben reichen. So können wir auch
die Ungleichheit zwischen den Geschlech-
Das sind die drei Säulen unseres Sozial- tern zurückdrängen. Gute Arbeit sichert
staats der Zukunft: auch Steuereinnahmen und Versicherungs-
beiträge für die Ausweitung des demo­
n  Soziale Rechte für alle, die vor Armut kratischen Sozialstaats.
schützen und gesellschaftliche Teilhabe
ermöglichen: Wir stärken den Sozialstaat Soziale Rechte: Eine gerechte
durch soziale Garantien auf Basis solidari- ­ er­sicherung gegen Erwerbslosigkeit
V
scher Umlagesysteme, die alle Menschen
wirksam gegen die Risiken des Lebens Die Erwerbslosigkeit in Deutschland ist
schützen. Wir garantieren einen guten durch die Coronakrise wieder gestiegen. Der
Lebensstandard für alle in allen Lebens- Anstieg fiel in den neuen Bundesländern
phasen und Lebenssituationen – auch in höher aus als in den alten. Für viele Erwerbs-
der Rente. Wir wollen einen garantierten lose bedeutet das den Absturz in Hartz IV.
Schutz vor Armut. Sanktionen und ent- Wer jahrelang in die Arbeitslosenver­
würdigende Antragsverfahren schaffen sicherung eingezahlt hat, ist trotzdem von
wir ab. Zusammengefasst wollen wir ein Armut bedroht.

25
Lang erworbene Versicherungsansprüche Einkommens gezahlt, die Sozialversiche-
werden vernichtet. Wir wollen eine Arbeits- rungsbeiträge werden in voller Höhe ohne
losenversicherung, die den zuvor erreichten Unterbrechung gezahlt. Unternehmen, die
Lebensstandard annähernd sichert. In die Kurzarbeitergeld von der Agentur für Arbeit
Versicherung zahlen Beschäftigte und beziehen, dürfen keine betriebsbeding-
Arbeitgeber*innen ein. Ziel unserer ­ ten Entlassungen vornehmen und keine
Ver­bes­ser­ungen der Arbeitslosenver­ Dividenden an ihre Anteilseigner*innen
siche­rung ist es, möglichst viele Menschen auszahlen.
gut abzusichern. Dies schließt auch die
Erwerbstätigen ein, die bislang von der n  Auch die Erwerbstätigen, die bislang von
gesetzlichen Arbeitslosenversicherung der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung
noch ausgeschlossen sind (zum Beispiel noch ausgeschlossen sind (zum Beispiel
Soloselbst­ständige und Freiberufler*innen). Soloselbstständige und Freiberufler*innen),
Dazu erweitern wir das bereits bestehende werden in diese einbezogen. Beiträge und
Arbeitslosengeld und führen ein neues Leistungen richten sich dabei nach dem tat-
Arbeitslosengeld Plus ein. sächlichen Einkommen, Auftraggeber*innen
sind analog den Arbeitgeber*innen an den
n  Wir wollen ein Recht auf Erwerbs­arbeit Beiträgen zu beteiligen.
mit einem einklagbaren individuellen Rechts-
anspruch. Das schließt auch das Recht ein, n  Menschen, die derzeit keiner regulären
eine konkrete Erwerbsarbeit abzulehnen. Beschäftigung nachgehen können, ­wollen
wir neue Perspektiven geben. Dafür schaffen
n  DIE LINKE setzt sich für die ­Stärkung der wir einen öffentlich geförderten Beschäfti­
Arbeitslosenversicherung ein: Alle Men- gungssektor mit zusätzlichen existenzsicher­
schen – insbesondere Berufs­ein­steiger*in­ nden, sozialversicherungspflichtigen und
nen – sollen schneller einen längeren tariflich abgesicherten Arbeitsplätzen. Die
Anspruch auf Arbeitslosengeld erhalten Angebote sind für die Erwerbslosen freiwillig.
und langjährig Beschäftigte sollen davor
bewahrt werden, nach kurzer Zeit in das Bedarfsdeckende und sanktionsfreie
Hartz-IV-System wechseln zu müssen. individuelle Mindestsicherung
n  Zumutbare Arbeitsangebote müssen sich Wir wollen das Hartz-IV-System abschaf-
am Grundsatz »Gute Arbeit« orientieren. fen und es ersetzen durch Gute Arbeit
(vgl. ­Kapitel »Gute Arbeit«), eine bessere
n  Sperrzeiten und Sanktionen werden ­Erwerbslosenversicherung (siehe oben)
ausnahmslos abgeschafft. Insbesondere und eine bedarfsgerechte individuelle
sollen Beschäftigten keine Sperrzeiten ­Mindestsicherung ohne Sanktionen.
drohen, wenn sie selbst kündigen oder
konkrete Arbeitsangebote ablehnen. Quali- n  Um sicher gegen Armut zu schützen,
fizierung und Weiterbildung sollen gestärkt, muss sie derzeit1.200 Euro betragen.
das Arbeitslosengeld soll auf einheitlich Sie gilt für Erwerbslose, aufstockende
68 Prozent erhöht und ein Arbeitslosengeld Erwerbstätige, Langzeiterwerbslose und
Plus (58 Prozent) eingeführt werden, eben- ­Erwerbsunfähige ohne hinreichendes
falls beitragsfinanziert, Bezugsdauer noch ­Einkommen oder ­Vermögen.
mal so lang wie vorher das Arbeitslosengeld,
bei langjährig Versicherten dauerhaft. n  Sonderbedarf, zum Beispiel für chronisch
Jährlicher Inflationsausgleich soll eine Kranke oder Menschen mit Behinderung,
Absenkung des Lebensstandards durch wird im Rahmen der Solidarischen Gesund­
Preis­steigerungen verhindern. heitsversicherung bzw. des Bundesteil-
habegesetzes gewährt. In Gebieten mit
n  Wir wollen die Kurzarbeit als schnell wir- angespanntem Wohnungsmarkt werden
kendes Mittel zur Sicherung von Arbeitsplät- ­zusätzlich zur Mindestsicherung auch
zen dauerhaft ausbauen. Kurzarbeitergeld ­höhere Wohnkosten übernommen.
wird in Höhe von 90 Prozent des letzten

26
n  Die Höhe der sanktionsfreien Mindest­ n  Die Kosten der Unterkunft und Heizung
sicherung muss jährlich entsprechend den müssen in einem Maße übernommen
Lebenshaltungskosten angehoben werden werden, das dem tatsächlichen Angebot an
(Inflationsausgleich). Einmal in der Legis- Wohnungen vor Ort entspricht (und nicht
laturperiode wird die Höhe der Mindest- nur die vom Jobcenter als »angemessen«
sicherung überprüft, wobei sichergestellt erachteten). Aktuell werden die angemes-
sein muss, dass gesellschaftliche Teilhabe senen Wohnkosten von den Kommunen oft
und Schutz vor Armut garantiert sind. Für viel zu niedrig angesetzt. Die Beiträge für
Kinder wollen wir eine eigenständige Grund- Mitgliedschaften in Mieter*innenvereinen
sicherung einführen (siehe unten). sollen vom Jobcenter übernommen werden.

n  Alle Personen, die sich gegenwärtig in n  Das bisherige Prinzip der sogenannten
Deutschland aufhalten, haben ein Recht auf Bedarfsgemeinschaften ist nicht mehr
existenzsichernde Sozialleistungen. Das zeitgemäß. Wir wollen es durch individuelle
Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) Ansprüche (unter Beachtung der gesetz­
wird abgeschafft. Asylbewerber*innen und lichen Unterhaltsansprüche) ersetzen.
hier lebende EU-Bürger*innen werden in die
individuelle Mindestsicherung einbezogen. n  Die digitale Anbindung ist eine zwingen-
de Voraussetzung für soziale Teilhabe in
Sofortmaßnahmen: Erhöhung unserer Gesellschaft geworden. Deshalb
der Regelsätze und Abschaffung fordern wir einmalige Leistungen für die
der Sanktionen digitale Ausstattung von Erwachsenen. Die
laufenden tatsächlichen Kosten für Digitales
Als Zwischenschritt bis zur Einführung einer müssen in den Regelsätzen enthalten sein.
sanktionsfreien Mindestsicherung wollen
wir die sofortige Erhöhung der derzeitigen n  Schulpflichtige Kinder im Leistungsbezug
Grundsicherungsleistungen auf 658 Euro sollen als Sofortmaßnahme einen einma­
plus Übernahme der Wohn- und Strom­ ligen Zuschuss für Computer, Drucker und
kosten in tatsächlicher Höhe. Zudem weitere IT-Ausstattung bekommen. Der
­fordern wir für die Dauer der Coronapan- ­Zuschuss soll 500 Euro betragen und unbüro­
demie einen pauschalen Mehrbedarfs­ kratisch gewährt werden. Den IT-Zuschlag
zuschlag von 100 Euro pro Monat für alle überführen wir in unsere eigenständige
Bezieher*innen von Hartz IV und Grund­ ­Kindergrundsicherung, sobald sie aufgebaut
sicherung. Diese Forderung teilen wir ist (vgl. unten).
mit vielen Sozialverbänden und Gewerk­
schaften. Sanktionsfreiheit! Alle Sanktionen, also
Kürzungen des Existenzminimums, müssen
n  Langlebige Gebrauchsgüter wie Kühl- ausgeschlossen werden. Das Bundesver-
schrank und Waschmaschine (sogenannte fassungsgericht hat mit seinem Urteil vom
weiße Ware) sind nicht vom Regelbedarf 5. November 2019 bereits eine notwendige
abzudecken. Ihre Anschaffung muss im rote Linie gegen die bisherige Sanktions­
Bedarfsfall voll übernommen werden. praxis gezogen. Das Grundrecht auf soziale
Teilhabe muss auch für Bezieher*innen
n  Die Mittel für Mobilität müssen den von Grundsicherungsleistungen umgesetzt
r­ ealen Preisen entsprechen. Wir treten für werden.
ein Sozialticket im öffentlichen Nahverkehr
ein. Perspektivisch wollen wir einen ent­ n  Die bisherigen Sanktionsregelungen im
geltfreien öffentlichen Nahverkehr für alle. SGB II sowie die Leistungseinschränkungen
im SGB XII müssen gestrichen werden. Das
Alle bisherigen Bundesregierungen haben sozialkulturelle Existenzminimum ist ein
gezielt kleingerechnet, was die Menschen Grundrecht und darf nicht durch Sanktionen
zum Leben brauchen. Damit muss Schluss unterschritten werden.
sein. Da sind wir uns mit vielen Sozial- und
Fachverbänden einig.

27
n  Damit auch Menschen mit geringem schaftliche Teilhabe zu garantieren. Diese
Einkommen rechtlicher Beistand ermöglicht Garantie macht für viele die Idee eines
wird, fordern wir den Ausbau der Prozess­ Grundeinkommens attraktiv. Viele andere
kosten- und Beratungshilfe. Die Eigenan­ halten diese Idee dagegen für ungeeignet.
teilzahlung zur Beratungshilfe wollen wir Für uns ist dieses Ziel der Grund, uns für
abschaffen. Wir wollen die Kriterien für die ein sanktionsfreies Mindesteinkommen
Bewilligung sowie für den Einsatz von Ein- von 1.200 Euro einzusetzen, für alle, die es
kommen und Vermögen zugunsten tatsäch- brauchen: ob in Rente, Kurzarbeit, Erwerbs-
lich bedarfsdeckender Beträge verändern. losigkeit oder im Studium – kein volljähriger
Die über vier Jahre andauernde nachgela- Mensch soll weniger haben. Wir führen
gerte Überprüfung der Bewilligung von die gesellschaftlichen Diskussionen über
Prozesskostenhilfe wollen wir abschaffen. ein bedingungsloses Grundeinkommen
Zudem setzen wir uns für gebührenfreie kontro­vers und entscheiden im kommenden
und unabhängige Beratungsstellen ein. Jahr mit einem Mitgliederentscheid, ob wir
­Damit niemand allein zum Amt muss, und unsere Haltung dazu ändern.
um den Austausch von Betroffenen zu
­erleichtern, braucht es ein bundesweites Kinderarmut überwinden:
Netz an selbstorganisierten Sozialbera- ­Kindergrundsicherung
tungsstellen. Deren Betrieb muss durch
Bundeszuschüsse finanziert werden. Kinderarmut ist immer Einkommensarmut
der Eltern. Eine gute soziale Infrastruktur,
Prekäre Beschäftigung und Erwerbslosigkeit, gute Löhne und soziale Garantien sind
hohe Mieten und Krankheit treiben die wichtige Bestandteile im Kampf gegen
Menschen in die Armuts- und damit zwangs- Kinder­armut. Dazu kommen eine starke
läufig auch in die Schuldenfalle. Die Reform Kinder- und Jugendhilfe und eine armuts­-
des Verbraucherinsolvenzverfahrens von feste Kindergrundsicherung. Wir besei­
2020 ist nicht ausreichend. Wir sagen: Raus tigen Kinder- und Jugendarmut mit zwei
aus der Schulden- und Armutsfalle! Ansätzen:

Menschen, die schon durchgehend seit n  mit finanzieller Unterstützung bei


­mindestens 72 Monaten im »­Schuldturm« ­materieller und monetärer Armut,
(öffentliches Schuldnerverzeichnis)
einge­­tragen sind, sollen eine verkürzte n  mit infrastrukturellen Angeboten
vollständige Restschuldbefreiung von (ÖPNV, Kinder- und Jugendfreizeitein-
12 Monaten erhalten. Schufa und ­andere richtungen, Musikschulen, Bibliotheken
private Auskunftsdateien sollen bei etc.) werden Türen geöffnet und es wird
­Wohnungsbewerbungen keine Auskünfte Teil­nahme am gesellschaftlichen Leben
mehr über Schulden und laufende Kredite her­gestellt – niedrigschwellig, barriere-
der Bewerber*innen erteilen dürfen. Für frei, wohnortnah im Lebensumfeld und
Vermieter*innen muss die Mietschulden- ­möglichst gebührenfrei.
freiheitserklärung als Kontrollinstrument
ausreichen. Gemeinsam mit Sozialverbänden, Gewerk-
schaften und anderen gesellschaftlichen
Wir wollen Schulden verhindern, bevor sie Akteuren fordern wir eine eigenständige
entstehen. Dafür wollen wir Schuldner­ Kindergrundsicherung. Sie muss leicht
beratungsstellen stärken und eine mobile verständlich, transparent und gerecht sein.
Schuldnerberatung in ländlichen Gebieten Bei der Ausgestaltung orientieren wir uns
einführen. Wir wollen kostenfreie juristische am Modell des Bündnisses Kindergrund-
Hilfe für jeden betroffenen Verbraucher sicherung. Die Höhe fällt abgestuft aus.
ohne Bedingungen. ­Beginnend bei 630 Euro für die ärmsten
Kinder wird sie je nach Einkommens­
Alle in der Partei DIE LINKE sind dem grund- situation bis auf 328 Euro abgeschmolzen.
legenden Ziel verpflichtet, alle Menschen Das entspricht dem erhöhten Kindergeld,
sicher vor Armut zu schützen und gesell- das wir für alle Kinder als Sofortmaßnahme

28
fordern. Es wird einkommensunabhängig Besonders dramatisch ist die Situation für
an alle Familien monatlich gezahlt. alleinerziehende Mütter und Väter, die sich
im Hartz-IV-Bezug befinden. LINKE Familien­
Als Sofortmaßnahme erhöhen wir das politik zielt darauf ab, allen Menschen ein
­Kindergeld für alle Kinder auf 328 Euro gutes, planbares Leben ohne Zukunftsangst
monatlich. Es wird einkommensunabhängig zu ermöglichen – für alle Familienformen,
an alle Familien gezahlt. Kinder aus armen unabhängig der Herkunft, sexuellen Orientie­
Familien erhalten zusätzlich als Sofortmaß- rung und geschlechtlichen Identität (vgl.
nahme zum Kindergeld einen nach Alter Kapitel »Reproduktive Gerechtigkeit«). Dafür
gestaffelten Zuschlag bis zu 302 Euro. Außer­ wollen wir soziale und öffentliche Infrastruk-
dem sollen auch für Kinder die tatsäch­ turen und Dienstleistungen ausbauen und
lichen Unterkunftskosten sowie einmaliger gute soziale Sicherungen einführen, damit
und besonderer Bedarf (Klassenfahrten, Familie und Beruf besser vereinbar werden.
IT-Ausstattung u. ä.) berücksichtigt werden.
n  Gebührenfreie öffentliche Kinderbe­
Die Kindergrundsicherung gilt für alle Kinder treuung für Kinder aller Altersgruppen:
und Jugendlichen bis zur Vollendung des Eltern brauchen Betreuungseinrichtungen,
18. Lebensjahres und für junge Volljährige die flexible Öffnungszeiten haben, damit
bis zur Vollendung ihrer ersten Schulausbil- eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf
dung (inkl. Abitur). Mit unserer Kindergrund- gewährleistet ist. Gleichzeitig brauchen
sicherung ersetzen wir die bestehenden Beschäftigte gute Arbeitsbedingungen, gute
bürokratischen, restriktiven und intranspa­ Löhne und bessere ­Betreuungsschlüssel.
renten sozialen Sicherungssysteme für Die öffentlichen Betreuungsangebote, ins-
Kinder einkommensarmer Familien. Der ­besondere für Kinder ab dem ersten Lebens­
Unterhaltsvorschuss bleibt bestehen. Die jahr, müssen ausgebaut werden, damit ihr
Kindergrundsicherung ist eine Leistung Rechtsanspruch auf pädagogische Förde-
­ausschließlich für das Kind. Sie wird weder rung eingelöst werden kann (vgl. Kapitel
beim Bezug von Sozialleistungen noch »Bildung«).
­innerhalb des Steuerrechts als Einkommen
der Eltern oder anderer Haushaltsange­ n  Mindestelterngeld, längere Laufzeit:
höriger angerechnet. Um Familie und Beruf besser zu verein­
baren, wollen wir den Elterngeldanspruch
Die Angebote für Kinder und Jugendliche auf 12 Monate pro Elternteil (bzw. 24 Monate
zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Alleinerziehende) verlängern. Der Eltern-
und zur persönlichen Entwicklung wollen geldanspruch gilt individuell und ist nicht
wir ausbauen – barrierefrei, lebensnah auf den anderen Elternteil übertragbar. Er
und möglichst gebührenfrei. Die Kommunen gilt bis zum siebten Lebensjahr des Kindes.
sind entsprechend finanziell zu ­unter­stützen, ­Außerdem wollen wir den Mindestbetrag des
um Angebote der Kinder- und Jugendhilfe, Elterngelds auf 400 Euro und beim Eltern­geld
Sportanlagen, Frei- und Hallenbäder, Kultur- Plus entsprechend auf 200 Euro anheben.
und Bildungseinrichtungen vorzuhalten
sowie den ÖPNV stärker auf die Bedürfnisse n  Keine Anrechnung des Elterngeldes
der jungen Menschen auszurichten. Wir­wol- auf Transferleistungen: Seit 2011 wird
len ein wirkliches Teilhabegesetz für Kinder Elterngeld zum Beispiel auf Hartz IV
und Jugendliche. Die jetzigen Bestimmungen ­angerechnet. Insbesondere Familien mit
in Paragraf 13 SGB VIII sind bloße Absichts- geringem oder gar keinem Einkommen,
erklärungen. Wir wollen sie zu einem Rechts- die auf staatliche Unterstützung ange­
anspruch auf soziale Teilhabe machen. wiesen sind, sind seitdem von der Leistung
aus­geschlossen.
Familien dort unterstützen,
wo sie es brauchen n  Arbeitszeitmodelle, die es Müttern
und Vätern ermöglichen, ihren Beruf mit
Niedrige Löhne und Erwerbslosigkeit haben Familie und Privatleben unter einen Hut zu
Familien-, Kinder- und Jugendarmut zur Folge. bringen. Statt einer Flexibilisierung der

29
Arbeitszeit, die sich lediglich an betrieb­ Selbstbestimmt im Alter
lichen Erfordernissen orientiert, brauchen
die Beschäftigten Zeitautonomie und eine Wie die Menschen im Alter leben wollen,
Erwerbsarbeit, die zum Leben passt und sich in wohlverdienter Ruhe, aktiv und sozial
an die Anforderungen der unterschiedlichen engagiert, einbezogen in die Familie oder
Lebensphasen anpassen kann (vgl. Kapitel in andere solidarische Beziehungen, muss
»Arbeit, familienfreundliche Arbeitszeiten«). ihre freie Entscheidung sein. Dabei müssen
Eltern brauchen besonderen Kündigungs- ältere Menschen in alle sie betreffenden
schutz bis zur Vollendung des sechsten Lebensbereiche einbezogen werden – als
Lebensjahres des Kindes. Expert*innen ihres Lebens. Die Möglich-
keit der gesellschaftlichen Teilhabe älterer
n  Mehr Kinderkrankentage: Aufgrund Menschen muss unter Beachtung der
der Coronapandemie wurden die Kinder- Besonderheiten dieses Lebensabschnittes
krankentage befristet bis Ende 2021 für uneingeschränkt gewährleistet werden.
­gesetzlich versicherte Elternteile um zehn Kommunikations-, Verwaltungs- und
weitere Tage je Kind und für Alleinerzie- ­Gemeinschaftsangebote sollen alters­
hende um zusätzlich zwanzig Tage je Kind gerecht und barrierefrei verfügbar sein.
verlängert. Wir wollen eine dauerhafte Wir streiten für eine solidarische Gesell-
Verlängerung der Kinderkrankentage. schaft, in der die Jungen und Alten nicht
Das muss auch für Beschäftigte in Mini- gegeneinander ausgespielt werden. Eine
und Midijobs, Soloselbstständige und Gesellschaft, in der Menschen in Würde
Freiberufler*innen gelten! altern können (vgl. Kapitel »Rente«).

n  Zusätzlicher Elternschutz: Wir wollen n  Altersgerechte, gemeinnützige (zum


einen zusätzlichen Elternschutz von zehn Beispiel genossenschaftliche), inklusive
Tagen bezahlter Freistellung für den zweiten und vielfältige Wohn- und Betreuungs­
Elternteil nach der Geburt des Kindes. formen schaffen. Sie sollen das Zusam-
menleben unterschiedlicher Generationen,
n  Geschlechtergerechte Steuermo­ Nationalitäten, Religionen, Geschlechter,
delle statt Ehegattensplitting. Das nicht von Menschen unterschiedlicher sexueller
ausgeschöpfte steuerliche Existenz­ Orientierung oder Befähigung ermöglichen.
minimum soll zwischen Eheleuten bzw. Ältere Menschen sollen so lange wie
Lebenspartner*innen übertragbar sein. ­gewünscht in ihrer eigenen Wohnung und
im gewohnten Wohnumfeld bleiben können.
n  Im Sorge- und Umgangsrecht muss
das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen n  Wirksame Hilfen und Konzepte gegen
und weiterhin im Einzelfall geprüft werden. soziale Isolation und Einsamkeit im
Alter. Kommunale aufsuchende Angebote
n  Wir wollen Kinderrechte im Grundgesetz für Senior­*in­nen und gemeinschaftliche
verankern. Begegnungsorte sind öffentlich und müssen
gefördert werden.
n  Mehr Personal in Jugendämtern:
Eltern benötigen fachkundige Beratung und n  Gute und altersgerechte gesundheit­
Begleitung. Das sind Aufgaben der Jugend- liche Versorgung, aufsuchend und ­
ämter, die sie wegen Personalmangels und auf­­klä­rend ohne Verletzung der Selbst­
Unterausstattung oft nicht leisten können. bestim­mung der Patient*innen. Die
Wir fordern eine bedarfsdeckende perso- ­individuelle Entscheidungskompetenz
nelle und sachliche Ausstattung von Jugend- durch Vorsorgevollmachten und Patien­
ämtern. Dies gilt insbesondere für psycholo- tenverfügungen soll unabhängig vom
gisches Personal sowie Mediator*innen. sozialen Status gefördert werden. Die
­gesundheitliche und pflegerische Be­
treuung muss professionell, wohnort-
und patientennah sein und zur kommu­
nalen Pflichtaufgabe gemacht werden.

30
n  Mitbestimmungsrechte für den Aspekten der Selbstbestimmung und
Senior*in­­nen auf Bundes-, Länder-, ­­Kreis- Selbstermächtigung weiterentwickeln.
und Kommu­nalebene wollen wir ­stärken.
Ins­be­son­dere sollen die Rechte der n  Gute Infrastruktur: Auch in ländlichen
Senior*in­­nen­vertretungen ausgebaut Regionen und in Pflegeheimen müssen
und bundeseinheitlich gestärkt werden. Menschen Zugang zu öffentlicher Verwal-
tung, Einzelhandel und Versorgungseinrich-
n  Wir wollen ein eigenständiges Teilhabe­ tungen haben. Der öffentliche Nahverkehr,
gesetz für Senior*innen, das den Rechtsan- Rufbusse und mobile Versorgungsange-
spruch auf volle soziale Teilhabe festschreibt, bote sollen ausgebaut werden. Schnelles
zum Beispiel den Anspruch auf barriere- Internet und Hardware für digitale Teilhabe
­freies Wohnen und wohnortnahe Gesundheits- sind eine Voraussetzung für ein selbst­
versorgung im Alter, und die Kommunen bestimmtes Leben im Alter und sollen
dafür in die Pflicht nimmt. Es soll die ­öffentlich gefördert altersgerecht aus­
bis­herigen Leistungen und Angebote aus gebaut werden.
Paragraf 71 SGB XII aufnehmen und unter

Pflegenotstand stoppen!
Systemwechsel in ­Gesundheit und Pflege
Die Coronakrise hat allen vor Augen geführt, Menschen mit Pflegebedarf.
dass das Gesundheitssystem falsch organi-
siert ist: Die eilig eingerichteten Notfallkran- Wir erwarten, dass wir in Pflegeheimen,
kenhäuser konnten vielerorts nicht betrieben Krankenhäusern und im ambulanten
werden, weil es nicht genügend Personal Bereich gut versorgt werden. DIE LINKE
gab. Weil ausreichend Schutzkleidung fehlte, steht an der Seite der Beschäftigten, die seit
infizierten sich viele Pfleger*innen und Jahren für diese Ziele kämpfen. Der Pflege­
medizinisches Personal. Das verschärfte den notstand muss endlich gestoppt werden!
Pflegenotstand, und teilweise wurde gegen
Grundrechte der Menschen mit Pflegebedarf n  100 000 Pflegekräfte mehr in den
verstoßen. Die Bundesregierung hätte es ­ rankenhäusern und 100 000 Pflege­
K
nach dem Frühjahr besser wissen können. kräfte mehr in den Pflegeheimen und
Doch sie hat das Personal in Krankenhaus 500 Euro mehr Grundgehalt! Die vielen
und Pflege nicht aufgestockt, sie hat den Ausgebildeten, die den Beruf verlassen
Pharmakonzernen keine klaren Vorgaben haben, sollen mit attraktiven Arbeitsbe­
für die Produktion des Impfstoffs gemacht. dingungen zurückgewonnen werden.
Schon vor Coro­na war Normalzustand in
deutschen Kranken­häusern: kaum Zeit n  Wir brauchen eine gesetzliche Perso­
für Zuwendung, man­gelnde Hygiene, mehr nalbemessung für alle Berufe im Kran­
Unfälle und ver­meidbare Todesfälle. Die kenhaus und in ambulanten und stationä-
Bundesregierung hat keine Strategie vor­ ren Pflegeeinrichtungen!
gelegt, wie der Pflegenotstand in den
Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen n  In den Krankenhäusern wollen wir Perso­
gestoppt werden kann. Die Politik der nalabbau und Outsourcing stoppen und
Bundesregierungen, die dafür sorgt, dass rückgängig machen. Wir unterstützen die
private Konzerne und Investoren mit unse- Kämpfe der Beschäftigten für die Rück­
ren Versicherungsbeiträgen, Zuzahlungen, nahme von Ausgliederungen und Priva­
­Eigenanteilen und der Ausbeutung der tisierungen (etwa der Küchen- und Reini-
Beschäftigten im Gesundheitswesen das gungsdienstleistungen oder der ­Logistik).
große Geld machen können, gefährdet un- Es muss gelten: Ein Haus, ein Tarif!
sere Gesundheit! Damit muss Schluss sein!
Wir alle sind potenzielle Patient*innen und

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n  Die momentane Finanzierung der Kranken­ Einführung der wissenschaftlichen
häuser über das System der sogenannten ­Personalbemessung in der Altenpflege
Fallpauschalen (DRG) schafft falsche Anreize: gilt eine Fachkraftquote von mindestens
Diagnosen, die sich lohnen, werden öfter 50 Prozent.
gestellt. Krankenhäuser werden unter Wett­
bewerbsdruck gesetzt. Der individuelle n  Menschenwürdige Pflege kann und darf
gesundheitliche Bedarf steht nicht mehr im nicht auf Profit ausgerichtet sein. Aktuell
Mittelpunkt. Wir fordern die Abschaffung ist der überwiegende Teil der Pflegeheim-
der Fallpauschalen! Die Betriebskosten plätze und der ambulanten Pflegedienste
müssen von den Krankenkassen vollständig privatwirtschaftlich organisiert. Der gesetz-
refinanziert werden. lich verankerte Anspruch auf Gewinn,
der sogenannter Risikozuschlag, für den der
n  Wir wollen Krankenhäuser in kommu­ Staat im Zweifel bezahlt, muss ersatzlos
nale, öffentliche oder gemeinnützige Hand gestrichen werden. Die Kostenspirale der
über­führen. Gewinne aus dem Betrieb von immer weiter steigenden Eigenanteile muss
Krankenhäusern dürfen nicht in die Taschen gebrochen werden. Bis zur Einführung
von Eigentümern und Aktionären fließen. einer Pflegevollversicherung müssen die
Deshalb brauchen wir ein Verbot der Eigenanteile sofort deutlich gesenkt und
Entnahme von Gewinnen. Mögliche Über- gedeckelt werden.
schüsse müssen im Betrieb bleiben. Wenn
keine Gewinnentnahmen mehr möglich n  Keine transnationalen Pflegekonzerne:
sind, verlieren private Konzerne den Anreiz, Wir brauchen eine Zulassungssteuerung,
Krankenhäuser zu betreiben. Wir fordern die einen Steuernachweis im Inland enthält.
einen Fonds des Bundes zur Rekommuna- Pflegeeinrichtungen müssen gemeinnützig
lisierung, um eine weitere Privatisierung zu arbeiten.
verhindern und Entprivatisierungsbestre­
bungen zu unterstützen. Die Planungsrechte n  Gute Pflege wird vor Ort erbracht: Die
der Bundesländer müssen gegenüber den Kommunen müssen in die Lage versetzt
Krankenhausträgern gestärkt werden. Wir ­werden, Pflegeeinrichtungen in öffentliche
erleichtern und fördern, dass kommunale oder gemeinnützige Verantwortung und
Krankenhausverbünde geschaffen werden. unter demokratische Kontrolle zu bringen.

n  In den Pflegeeinrichtungen wollen wir n  DIE LINKE lehnt die Einführung von


gute Arbeitsbedingungen durchsetzen. ­P flegekammern ab.
Dazu soll der Pflegevorsorgefonds in einen
Pflegepersonalfonds umgewandelt werden. n  Bund und Länder müssen ihrer Investi­
Medizinische Behandlungspflege, muss tionspflicht nachkommen und die notwen-
auch in stationären Pflegeeinrichtungen dige Infrastruktur gewährleisten. Für eine
und Einrichtungen der Behindertenhilfe umfassende Planung der Pflegelandschaft
vollständig von der gesetzlichen Kranken- wollen wir eine Pflegebedarfsplanung
versicherung getragen werden. Zusätzliche analog zur Krankenhausbedarfsplanung
Pflegekräfte können so regulär beschäftigt einführen.
und besser bezahlt werden. Grundlage dafür
muss ein allgemeinverbindlicher Flächen- Ambulante Pflegedienste und soloselbst-
tarifvertrag, mindestens auf dem Niveau ständige Pflegende wollen wir durch
der Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes Organisation auf gemeinnützigen Plattfor-
(TVÖD  /  T V-L), für alle Beschäftigten sein, men und Durchsetzung von sozialversi-
der auch für private und kirchliche Träger cherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen
wie Caritas und Diakonie gilt. DIE ­LINKE absichern.
fordert ein bedarfsgerechtes, hohes Fach­
kraftniveau auch in der Nachtschicht in n  DIE LINKE setzt sich für eine Stärkung
Pflegeeinrichtungen, das bundesweit der Qualifizierung und für eine ­bessere
­ver­bindlich umgesetzt und dessen Einhal­ Bezahlung der Gesundheits- und Heilberufe
tung wirksam kontrolliert wird. Bis zur ein. Aus- und Fortbildung in Gesundheits­

32
berufen muss gebührenfrei sein und Arbeitgeber*innen und Versicherte zahlen
Arbeitsleis­tungen während der ­Ausbildung jeweils die Hälfte, also dann weniger als
müssen vergütet werden. Bei der Weiter­ sechs Prozent.
bildung sollen die Beschäftigten nach
ihrem Grundberuf bezahlt werden. Für n  Schluss mit der Zweiklassenmedizin:
Psychotherapeut*innen in Aus- und Wir wollen die Trennung zwischen gesetz­
Wei­terbildung muss dies während ihrer licher und privater Krankenversicherung
­gesamten praktischen Tätigkeit gelten. abschaffen. In die Solidarische Gesund-
heitsversicherung zahlen alle entsprechend
n  DIE LINKE unterstützt das gewerk- ihren gesamten Einkünften (Erwerbs-, Kapital-
schaftliche Engagement für bundesweite und anderen Einkommen) ein und bekommen
Ausbildungsverordnungen und Ausbil- alle medizinisch notwendigen Leistungen,
dungsvergütungen in der Gesundheits- auch vollumfänglich Medikamente, Brillen,
branche. Wir fordern bundeseinheitliche Zahnersatz oder Physiotherapie. Medizinisch
Regelungen für die Anerkennung von unnötige Behandlungen privat Versicherter
Heilerziehungspfleger*innen als Fach­ für den Profit gehören der Vergangenheit an.
kräfte in der Behindertenhilfe.
n  Einige Hunderttausend Menschen haben
Eine neue solidarische immer noch keinen Krankenversicherungs-
­Gesundheits­versicherung! schutz – fast vierzehn Jahre nach Einfüh-
rung der Krankenversicherungspflicht!
Das Allgemeinwohl muss bei Gesundheit ­Deshalb fordern wir, dass alle in Deutsch-
und Pflege im Vordergrund stehen – nicht land lebenden Menschen notwendige
die Profitmöglichkeiten einzelner Konzer- ­gesundheitliche Leistungen uneinge-
ne. Der tatsächliche Bedarf muss für die schränkt erhalten. Menschen ohne Kranken­
Planung unserer Gesundheits- und Pflege- versicherung müssen ohne Verschuldung
landschaft ausschlaggebend sein, nicht die aufgenommen werden können. Die Beiträge
Frage, ob Investoren sich Rendite verspre- für Selbstständige und andere freiwillig in
chen. Die Finanzierung muss auf neue der GKV Versicherte müssen sich deutlich
Füße gestellt werden. Wir brauchen eine stärker am realen Einkommen orientieren.
Solidarische ­Gesundheitsvollversicherung.
Alle zahlen ein, Beiträge werden auf alle n  Wir fordern, dass die Kostenerstattung
Einkommen ­erhoben, alle werden gut ver- von nicht evidenzbasiert Behandlungs­
sorgt. Zuzahlungen und Eigenanteile fallen methoden durch die GKV beendet wird.
in Zukunft weg.
Eine solidarische Pflege-
n  Mit der Abschaffung der Beitrags­- vollversicherung­
bemes­sungsgrenze sinkt der Beitrag für
die Krankenversicherung von circa15 Die Pflegeversicherung deckt die Kosten der
­Prozent auf etwa12 Prozent des Brutto- Pflege nicht, sie ist eine Teilleistungsver­
lohns. Bis zur Einführung einer Solidari- sicherung. Immer mehr Menschen können
schen Gesundheitsversicherung müssen sich gute Pflege nicht leisten, müssen sich
sich die Beiträge für Selbstständige verschulden oder geraten in die Sozialhilfe.
und andere freiwillig in der gesetzlichen Wir wollen die Pflegeversicherung grund-
Kranken­versicherung (GKV) Versicherte legend umbauen: Mit einer verlässlichen,
stärker am realen ­Einkommen gerechten und zukunftsfesten Finanzierung
orientieren. können wir gute Arbeitsbedingungen und
gute Pflege nach wissenschaftlichen Stan-
n  Für Menschen mit einem Monats­ dards sicherstellen. Die Kommunen werden
einkommen unter 6.200 Euro sinken entlastet, weil weniger Menschen durch
die Beiträge in absoluten Zahlen. Der die Pflegekosten von Sozialhilfe abhängig
allergrößte Teil der Bevölkerung wird durch ­werden. Wir stehen zum teilhabeorientierten
dieses Konzept finanziell entlastet, auch Pflegebegriff: Zeit für aktivierende Pflege
viele Selbstständige und Rentner*innen. und zum Zuhören, für Zuwendung und

33
Förderung muss sein. Zu den Pflegeleis- Pflegende Angehörige entlasten!
tungen gehört Assistenz für Menschen mit
Behinderung. Assistenzleistungen sollen Die Lücken in unserem Pflegesystem ­werden
möglichst lang die Teilhabe am öffentlichen durch unbezahlte Arbeit von Angehörigen
Leben sichern. ausgeglichen.

n  Unsere Solidarische Pflegevollver­ Meist sind es die Frauen – Ehe- und Lebens­
sicherung deckt alle pflegerischen Leis­ partnerinnen, Töchter und Schwiegertöchter.
tungen ab. Menschen mit Pflegebedarf Im Alltag kämpfen viele pflegende Menschen
und ihre Familien müssen keinen Eigenan- mit Dauerstress, Erschöpfung und Geldsor-
teil zahlen. Keine Pflegeleistung darf aus gen. Viele schränken ihre Berufstätigkeit ein
Kostengründen verweigert werden. oder geben sie auf. Das verringert das Ein-
kommen und die eigenen Rentenansprüche
n  Pflegeleistungen sollen in hoher Qualität und führt die Pflegenden in die Altersarmut.
von gut bezahlten Fachkräften erbracht Das im Koalitionsvertrag von CDU  /  CSU
werden. Familiäre Pflege und nachbarschaft­ und SPD angekündigte Entlastungsbudget
liches Engagement können ergänzend und wurde nicht eingeführt.
sollen nicht aus der Not heraus geleistet
werden. Wer auf Sozialhilfe angewiesen n  Die größte Entlastung sowohl für
ist, erhält dieselben Leistungen wie alle ­ enschen mit Pflegebedarf als auch für
M
anderen Menschen mit Pflegebedarf. ihre pflegenden Angehörigen sind wohn-
ortnahe, nicht kommerzielle und von einer
n  Die private Pflegeversicherung muss Solidarischen Pflegevollversicherung
in die gesetzliche überführt werden. Die ­abgedeckte professionelle Tages- und
finanziellen Lasten müssen gerecht auf Kurzzeitpflege sowie unbürokratisch
allen Schultern verteilt werden. Auch zugängliche Entlastungsangebote. Sie
Beamt*innen, Abgeordnete und Selbst­ müssen ausgebaut und zusammen­geführt
ständige müssen entsprechend ihren werden. Menschen mit Pflegebedarf und
­Einkommen in die Solidarische Gesund­ pflegende Angehörige sollen selbst
heits- und Pflegeversicherung einzahlen: entscheiden können, welche Versorgungs-
auch auf Einkommen aus Kapitaleinnahmen form und welche Unterstützungsleistung
und ohne eine Beitragsbemessungs­grenze, sie in welchem Mix in ihrer Lebensführung
die die Millionär*innen schont. Damit ­brauchen und wollen.
­schaffen wir die finanzielle Grundlage für
die Solidarische Pflegevollversicherung. n  Die Interessenvertretungen pflegender
­Angehöriger und Menschen mit Pflege­
n  Gegen Ausbeutung müssen Beschäftigte bedarf brauchen in allen Pflegegremien
in Privathaushalten ohne Arbeits- und auf Bundesebene, – wie dem Qualitätsaus-
Aufenthaltsrecht die Möglichkeit einer schuss – und in allen regionalen Pflege­
Legalisierung erhalten. Bevorzugt soll konferenzen einen Sitz mit Stimmrecht.
­Pflegearbeit in Privathaushalten als reguläre Im Rahmen der Solidarischen Pflegever­
Beschäftigung über öffentliche Agenturen, sicherung wollen wir einen Beirat für
Pflegeplattformen, gemeinwohlorientierte Menschen mit Pflegebedarf und pflegenden
oder kommunale Träger organisiert werden. Angehörigen schaffen, der bei allen sie
Diese müssen tarifliche Bezahlung, unbe- betreffenden Vorhaben anzuhören ist und
fristete Beschäftigung, das Recht auf eine ein Vorschlagsrecht für Gesetzesinitiativen
vertragliche Mindeststundenzahl, Arbeits- erhält. Pflegeinitiativen vor Ort müssen im
schutz und Weiterbildung für Beschäftigte Rahmen der Selbsthilfe dauerhaft öffentlich
garantieren (vgl. Kapitel »Arbeit«). finanziert werden.

n  Für einen Urlaub in EU-Staaten sollen die n  Für mehr Transparenz, Vernetzung und
Kosten für ausländische Pflegesachleistun- Selbstbestimmung brauchen wir Pflege-
gen von der deutschen Pflegeversicherung plattformen, die Pflegekräfte sozialver­
übernommen werden. sichert und tariflich abgesichert beschäf-

34
tigen. Die verbreitete 24-Stunden-Pflege Öffentlichen Gesundheitsdienst
durch nur eine Betreuungsperson, die im stärken!
Haushalt des Menschen mit Pflegebedarf
lebt, basiert auf systematischem Verstoß Jahrelang ist an der personellen und sach­
gegen das Arbeitszeitgesetz. Aktuelle lichen Ausstattung des öffentlichen Ge-
Vorschläge, diese Betreuungsform durch das sundheitsdienstes (ÖGD) gespart worden.
Beschäftigungsmodell der arbeitnehmer- Im Laufe der Coronapandemie zeigte sich,
ähnlichen Selbstständigkeit sozialversiche- wie unverantwortlich das war: Wichtige
rungspflichtig zu machen, lehnen wir ab. Sie Aufgaben, wie z. B. die Einschulungsunter­
beheben das grundlegende Problem nicht, suchungen bei allen Kindern eines Jahr-
sondern verfestigen es und ändern nichts gangs, wurden nicht mehr erledigt. Die
am System der organisierten Ausbeutung. Kapazitätsgrenzen waren schnell erreicht.
Es darf nicht sein, dass osteuropäische Be- Statt sich bei der Bundeswehr Helfer*innen
treuungskräfte durch den Verzicht auf Min- zu holen, muss für extreme Notsituationen
destlohn und Sozialleistungen pflegende das Technische Hilfswerk (THW) besser
Angehörige finanziell entlasten und den deut- ausgestattet werden. DIE LINKE will eine
schen Pflegenotstand abfedern! DIE LINKE ­finanzielle Stärkung des ÖGD und eine
erkennt den Wunsch älterer Menschen nach ­bessere Koordinierung. Im Mittelpunkt der
Autonomie im Alter und Leben in der eigenen Arbeit des ÖGD muss die soziale Kompo-
Wohnung ausdrücklich an. Eine Unterstüt- nente von Gesundheit stehen. Pandemie-
zung bei der Bewältigung des Alltags durch und Katastrophenschutzpläne müssen
häusliche Betreuung, die dafür notwendig ist, fortgeschrieben und auf kommunaler Ebene
muss auf dem Boden des geltenden Arbeits- durch den ÖGD regelmäßig auf ihre Funk­
rechts neu aufgestellt werden. tionalität überprüft werden. Im Mittelpunkt
der Arbeit des ÖGD muss die soziale
n  Aktuell gibt es keine echten Lohnersatz- ­Komponente von Gesundheit stehen. Er
leistungen für pflegende Angehörige, die muss eine tragende Rolle bei Fragen
noch im Beruf stehen. Wir wollen für alle der Prävention erhalten. Der Bund muss
Beschäftigten sechs Wochen Freistellung die Mittel für die Schaffung von Landes­
bei vollem arbeitgeberfinanziertem gesundheitsämtern in den Bundesländern
Lohnausgleich beim ersten Auftreten eines bereitstellen.
­familiären Pflegefalls. Auch bei längerer
Übernahme häuslicher Pflege müssen n  Der Bund muss dafür sorgen, dass
­P flege und Beruf vereinbart und Armut ­ orhaltekosten für Material und
V
verhindert werden können. Gemeinsam ­Behandlungskapazitäten komplett
mit den Interessenvertretungen pflegen- gedeckt werden.
der Angehöriger, Sozialverbänden und
Gewerkschaften entwickelt DIE LINKE ein n  Wir wollen, dass der ÖGD für niedrig-
Konzept für eine Freistellung berufstätiger schwellige Impfangebote und bei der
pflegender Angehöriger und Zugehöriger mit Prophylaxe gegen Infektionen in Kitas,
Lohnersatz. Die Schwellenwerte im Pflege- Schulen und Betrieben die tragende
zeit- und Familienpflegezeitgesetz wollen wir Rolle übernimmt.
abschaffen. Es braucht einen bundes­weiten
Rechtsanspruch auf familiengerechte n  In allen Bundesländern braucht es eine
Arbeitszeiten für alle, die Verantwortung in gesetzliche Regelung für ein verbindliches
Erziehung und Pflege übernehmen, ein­ Einlade- und Meldewesen zur Teilnahme an
geschlossen ein Rückkehrrecht auf den Vorsorgeuntersuchungen für Kinder.
eigenen oder einen gleichwertigen Arbeits-
platz (vgl. Kapitel »Familien dort unter­ n  Hygieneprodukte für Menstruation
stützen, wo sie es brauchen«). sollen von den öffentlichen Gesundheits-
stellen kostenlos zur Verfügung gestellt
werden (vgl. Kapitel »Feminismus«).

35
Gesundheitliche Ungleichheit kation den besonderen Bedürfnissen von
­bekämpfen! älteren Patient*innen und Menschen mit
Behinderung anzupassen. Leichte Sprache,
Gesundheit ist eine zentrale Vorausset- lesbare und verständliche Patienteninfor­
zung für die gesellschaftliche Teilhabe und mationen sowie entsprechende Beratungs-
Selbstbestimmung jedes Einzelnen. Es leistungen müssen selbstverständlich wer-
ist bekannt, dass die soziale Lage einen den. Um medizinischem und pflegerischem
entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit Fachpersonal mehr Sicherheit im selbst­
hat: Wer arm ist, wird häufiger krank und verständlichen, bedarfsgerechten und dis-
stirbt früher. Die Schere zwischen Arm kriminierungsfreien Umgang mit Menschen
und Reich geht in Deutschland besonders mit Behinderungen zu vermitteln, setzen
schnell auseinander, mit der Folge, dass wir uns für die Implementierung spezieller
Ungleichheit der Gesundheitschancen Module in Aus-, Fort- und Weiterbildung ein.
weiter ansteigt. Gesundheit wird maßgeblich Sie sollen von fachkundigen Peerkräften
durch die Lebens- und Arbeitsbedingungen durchgeführt werden.
der Menschen bestimmt. Diese Entwicklung
wurde durch die Coronapandemie und n  Die Selbstbestimmungsrechte von Men-
den Umgang der Bundesregierung damit schen mit Behinderung in der Pflege und
verschärft. Medizinische Forschung und in (teil-) stationären Einrichtungen müssen
Behandlung von Krankheiten werden garantiert werden. Das schließt auch die
durch einen Gender Data Gap (Datenlücke Mitnahme persönlicher Assistenz zu medi­
zwischen den Geschlechtern) bestimmt, zinischen Untersuchungen und statio­nären
wobei der männliche Körper als Norm gilt. Krankenhausaufenthalten sowie zum
Dadurch erhalten Frauen häufig z. B. eine Besuch von Vorsorge- und Rehabilitations-
Behandlung und Dosierung von Medikamen- einrichtungen ein, auch wenn sie nicht über
ten, die für sie gesundheitsschädlich oder das Arbeitgebermodell organisiert wird.
gar lebensgefährlich ist.
n  Patient*innen müssen im Zentrum des
n  Der Zusammenhang zwischen sozialer Gesundheitswesens stehen. Was für viele
Lage und Gesundheit muss im Mittelpunkt eine Phrase ist, wollen wir mit Leben füllen.
der Gesundheitspolitik stehen. Das betrifft Keine Entscheidung über Gesundheits- und
einerseits den Zugang zu guter pflegeri- Pflegeversorgung darf ohne aktive Mitwir-
scher und gesundheitlicher Versorgung. kung der Vertreter*innen der Patient*innen
Noch wichtiger ist aber, die Förderung von gefällt werden.
Gesundheitschancen als Aufgabe aller
Politikbereiche von Bildung über Verkehr n  Damit die Selbsthilfe ihre Unabhängig-
und Umwelt, bis hin zu Verbraucherschutz keit sichern und den großen Verbänden
und Außenpolitik zu begreifen. Wir wollen und Unternehmen im Gesundheitswesen
daher, dass jede gesetzliche Initiative von auf Augenhöhe begegnen kann, muss sie
einer unabhängigen Stelle auf ihre Aus­ ­angemessen finanziert werden. Die Förder-
wirkungen auf gesundheitliche Ungleichheit verfahren sind transparent und unbüro­
untersucht wird. kratisch auszugestalten.

n  Wir fordern die Einführung des anonymen n  Wir stärken die Patientenverfügung: Eine
Krankenscheins, der illegalisierten Menschen umfassende Selbstbestimmung muss auch
den Zugang zur Gesundheitsversorgung in Extremsituationen möglich sein, und alle
ermöglicht. Jugendlichen sollten frühzeitig über ihre
dahingehenden Rechte aufgeklärt werden.
n  Das Gesundheitswesen wollen wir konse-
quent von Barrieren befreien. Das bedeutet n  Menschen mit psychischen Beeinträch-
nicht nur, Hindernisse beim Zugang zu Arzt- tigungen wollen wir vor dem Gesetz und in
praxen, Krankenhäusern und Gesundheits- den Sozialversicherungen gleichstellen und
einrichtungen zu beseitigen, sondern auch, ihnen Zugang zu einem inklusiven Arbeits-
Untersuchungstechniken und Kommuni- markt ermöglichen.

36
n  Wir wollen eine gewaltfreie Psychiatrie n  Wir wollen, dass stationäre und ambulante
und die Abschaffung diesbezüglicher Versorgung gemeinsam nach Gemein-
­Sonder­gesetze. Die räumlichen Bedingungen wohlinteressen geplant und gestaltet wird.
und die personelle Ausstattung müssen Auch Psychotherapeut*innen, Physio- und
eine Be­hand­lung ohne Zwang und Gewalt Ergotherapeut*innen, Logopäd*innen,
ermöglichen. Wir wollen einen geschlechter- Podolog*innen, Hebammen und ­Apotheken
sensiblen Blick auf Gesundheit und Krank- müssen überall erreichbar sein. Wir
heit in Forschung und Fortbildung fördern. wollen gemeinsame Planungsgremien
auf Landesebene unter Beteiligung von
n  Der Patient*innen-datenschutz muss Patient*innenvertretung, Ländern und
auch für privatversicherte Jugendliche gelten ­Kommunen, Ärzt*innen, Krankenhäusern
und Krankenkassen einrichten.
n  POC und Menschen mit Migrations­
geschichte haben Anspruch auf diskrim­ n  Wir wollen die Möglichkeit prüfen, Kauf-
minierungs- und gewaltfreie Behandlung. preise für »Kassensitze« für Ärzt*innen und
Psychotherapeut*innen zu begrenzen.
Ambulanter Bereich: Gute Versorgung
vor Ort, in Stadt und Land n  Wir unterstützen Modellprojekte für neue
Versorgungsformen wie die bestehenden
Deutschland hat durchschnittlich eine hohe und entstehenden Stadtteilgesundheits­
Arztdichte, trotzdem müssen nicht nur zentren und Polikliniken. Damit sie ihren
in ländlichen Regionen teils lange Wege Anspruch an eine integrierte, multiprofes­
und lange Wartezeiten in Kauf genom- sionelle und sozialraumorientierte Versor-
men werden. DIE LINKE tritt für eine gung erfüllen können, setzen wir uns für die
gute, ­flächendeckende, barrierefreie und Einführung einer neuen Form von Leistungs-
­bedarfsdeckende gesundheitliche Ver­ erbringung im Sozialgesetzbuch ein.
sorgung in Stadt und Land ein. Kriterien
für eine gute gesundheitliche Versorgung n Wir wollen einen öffentlichen Haftungs­
müssen sein: Wohnortnähe und Erreichbar- fonds, um Hebammen unabhängig von
keit mit ÖPNV, kurze Wartezeiten auf einen privaten Versicherungen zu machen. Heb­
Termin und eine gute Notfallversorgung, ammen sollen erste Ansprechpart­nerinnen
Barrierefreiheit und Altersgerechtigkeit. für Schwangere und die Schwange­renvor-
und -nachsorge sein – wie in den Nieder­
Regionale Versorgungszentren sollen landen. Hebammen sind die begleitenden
­mittelfristig zum Rückgrat der wohnort­ und betreuenden Fachkräfte bei der
nahen Gesundheitsversorgung werden. Geburt. Wir unterstützen die Forderung
Sie sollen sowohl ambulante als auch akut- des Hebammenverbandes nach einem
stationäre, notfallmedizinische, psycho­ ­Geburtshilfestärkungsgesetz mit dem Ziel
therapeutische, (gemeinde-)pflegerische einer Eins-zu-­eins-Betreuung während der
und weitere therapeutische Behand­lungen Geburt. Die Kosten für den laufenden ­Betrieb
in einer Region koordinieren und als in den Geburtshilfeabteilungen müssen von
zentrale Anlaufstelle für alle Patient*innen den Krankenkassen so finanziert werden,
dienen. So wollen wir eine Versorgung aus dass diese Abteilungen ihre Vorhalte­kosten
einer Hand und ein berufsübergreifendes decken und die Hebammen bei gutem Stellen-
Arbeiten mit familienfreundlichen Arbeits- schlüssel leistungsgerecht bezahlen können.
zeiten fördern. Die regionalen Gesund-
heitszentren bilden wichtige Schnittstellen n  Die psychotherapeutische Versorgung
zu anderen Versorgungsbereichen wie deckt in vielen Regionen bei Weitem nicht
Jugendhilfe, Eingliederungshilfe, Suchthilfe den Bedarf. Die Bedarfsplanung muss
und weiteren Angeboten. Sie sollen auch ­gerade in diesem Bereich dringend über-
präventiv und gemeinwesenorientiert arbeitet werden. Auch die Finanzierung
arbeiten, gerade in Bezug auf die sozialen, der Therapie muss den Bedarf decken. Die
ökonomischen und ökologischen Voraus- fragwürdige Kostenerstattungspraxis der
setzungen von Gesundheit. Kassen wollen wir so überflüssig machen.

37
n  Durch den Betrieb von medizinischen fordern eine transparente, gesetzliche
­ ersorgungszentren versuchen sich Kon-
V Regelung über Zuwendungen der Pharma­
zerne Profitmöglichkeiten im ambulanten industrie an Mediziner*innen und Heilberufe.
Bereich zu schaffen. Diese Entwicklung
wollen wir rückgängig machen. n  Wir wollen Korruption im Gesundheits­
wesen bekämpfen. Ergebnisse von Arznei-
Die Macht der Pharmaindustrie mittelstudien müssen veröffentlicht werden.
­brechen! Gesundheitsforschung Negative Studienergebnisse dürfen nicht
demokratisieren!­ unterdrückt werden.

Die gesetzlichen Krankenkassen geben in n  Die Herstellung von Medikamenten und


Deutschland über 41 Milliarden Euro für medizinischen Geräten darf nicht den
Arzneimittel aus – mit schnell steigender Profi­tinteressen von Aktionär*innen unter­
Tendenz. Für Krebs-, Rheuma- und Mittel worfen sein. Die Pharmaindustrie muss
gegen Multiple Sklerose werden im ersten dem Gemeinwohl verpflichtet und unter
Jahr nach der Zulassung Fantasiepreise demokratische Kontrolle gestellt werden.
gezahlt.
n  Patente können tödlich sein. Dass unter
n  Arzneimittelpreise müssen effektiv und deutscher EU-Ratspräsidentschaft eine
per Gesetz begrenzt werden. international ungleiche Verteilung des
Covid-19-Impfstoffs durchgesetzt ­wurde,
Patient*innen werden durch hohe Zuzah­ ist ein Skandal. Wir wollen, dass mit
lungen belastet. Die meisten nicht verschrei- öffentlichen Mitteln geförderte Forschung
bungspflichtigen Medikamente müssen im Rahmen des Equitable Licensing (der
sie komplett aus eigener Tasche bezahlen, sozialverträglichen Patentverwertung)
selbst wenn diese ärztlich verordnet wurden. zu sozialen Konditionen an ärmere Länder
und Generikaproduzenten abgegeben
n  Wir wollen, dass alle Patient*innen mit wird. ­Produktentwicklungspartnerschaften
sicheren und wirksamen Arzneimitteln nach müssen nachhaltig und in voller Breite des
dem aktuellen Stand der Wissenschaft Krankheitsspektrums unterstützt ­werden.
versorgt werden – unabhängig von ihrem Die Kompetenzen der WHO in diesem
Einkommen und ihrer Erkrankung. ­Bereich wollen wir ausweiten.

n  Alle Medikamente mit nachgewiesenem n  Alle Medikamente dürfen nur durch


Nutzen müssen vollständig erstattet wissenschaftliche Studien ihre Zulas-
­werden. Dafür muss eine Positivliste sungen bekommen. Sonderwege ohne
­ein­geführt werden. wissenschaftliche Grundlagen müssen
abgeschafft werden.
Arzneimittelforschung bestimmt nicht nur,
ob Medikamente entwickelt werden, die n  Rabattverträge und andere Selektiv­
wirklich gebraucht werden, sondern auch, verträge wollen wir abschaffen.
wer die Eigentumsrechte besitzt, welche
Preise aufgerufen werden, ob die For- n  Forschungsprogramme sollen zukünftig
schungsergebnisse transparent gemacht in einem transparenten und partizipativen
werden und nicht zuletzt, ob Menschen Prozess entwickelt werden, der neben
im Globalen Süden Zugang zu Innova­ Expertenwissen die Allgemeinheit einbindet.
tionen erhalten können. Für DIE LINKE Nur so kann Versorgung verbessert sowie
ist Arzneimittelforschung eine öffent­ eine patient*innenorientierte und interdiszi-
liche Aufgabe. plinäre Forschung gestärkt werden.

Wir wollen den Einfluss der Pharmakon­ n  Souveränität für gute Gesundheitsver­
zerne zurückdrängen. Das betrifft Werbung sorgung statt Abhängigkeit von Big Pharma!
und Beeinflussung von Ärzt*innen, Wissen­ Corona hat gezeigt: Angesichts des Markt-
schaft und Patientenorganisationen. Wir versagens bei der weltweiten Versorgung

38
mit den dringend benötigten Covid-19-­ belaufen sich auf einen Bruchteil der Kosten
Impfstoffen und der Gefahr zukünftiger für Aufrüstungsprojekte wie den Eurofighter.
Pandemien dürfen wir die Produktion von
Impfstoffen nicht mehr Konzernen über­ n  Wir wollen gezielt Gelder bereitstellen,
lassen. Daher schlagen wir den Aufbau um die Gesundheitswissenschaften (Public
einer öffentlichen Impfstoffproduktion (im Health) und die nichtkommerzielle klinische
Sinne von Regional Vaccine Manufacturing Forschung zu stärken. DIE LINKE fordert,
Hubs) vor, weltweit koordiniert von WHO dass die Forschung zur Therapie von Lang-
und UN. Die Kosten für den Aufbau von Pro- zeitsymptomen einer Covid-19 Infektion
duktionskapazitäten für eine schnelle und (»Long Covid«) finanziell und bedarfsgerecht
ausreichende Versorgung mit Impfstoffen, gefördert wird.

Keine Profite mit Miete und Boden:


Zuhause für alle!
Mietenwahnsinn und Verdrängung Tourismus und möglichst viel Umsatz aus-
stoppen. Hohe Mieten senken und gerichtet wird.
gemeinnützige Wohnungswirtschaft
aufbauen. Spekulation mit Grund Der Grund für Wohnungskrise, Verdrängung
und Boden beenden. und Mietenexplosion ist nicht einfach, dass
es zu »wenige Wohnungen« gibt, und die
Eine Wohnung zu haben, in der man gut Lösung ist nicht »bauen, bauen, ­bauen« – die
leben kann, sollte selbstverständlich sein. Bevölkerung ist nicht sprungartig gewach-
Doch Bodenpreise und Mieten sind in vielen sen. Fast 2 Millionen Wohnungen stehen leer,
Städten explodiert, inzwischen steigen sie weil das Finanzkapital aufgrund der unglei-
selbst in kleineren Orten stark an. Das gilt chen Verteilung des Reichtums und der
für Wohnungen wie Kleingewerberäume. Blasen auf den Finanzmärkten nach lukrati-
Corona hat diese Situation verschärft. Der ven Anlagemöglichkeiten sucht. Da kommt
Lockdown hat gezeigt, dass viele Wohnun- das »Betongold« gerade recht. ­Gebaut wird
gen zu eng und die Mieten oft zu hoch sind, vor allem im Luxussegment. Wo kein Profit
erst recht bei Erwerbslosigkeit und Kurzar- winkt, wird hingegen gar nicht investiert – an
beit. In eine passende Wohnung umzuzie- vielen Orten auf dem Land verfällt Wohn-
hen, ist für viele Menschen ausgeschlossen: und Gewerberaum. Auch aus ökologischen
Die Mietpreise haben sich innerhalb eines Gründen wären kluge Mechanismen der
Jahrzehnts vielerorts verdoppelt. Über Umverteilung ­vorhandenen Wohnraums und
11 Millionen Menschen sind durch Wohn- die Umwandlung von Altbeständen in Sozi-
kosten überlastet. Sie müssen immer mehr alwohnungen den Neubauten vorzuziehen.
Geld für die Miete ausgeben, das dann Doch die ­letzten Bundesregierungen haben
woanders, bei der Bildung, den Kindern, gegen diese Entwicklung nichts getan. Mehr
der Freizeit oder nötigen Anschaffungen, noch: Sie haben den sozialen Wohnungsbau
fehlt. 50 000 Menschen sind hierzulande systematisch heruntergefahren, öffentlichen
bereits obdachlos und leben auf der ­Straße, Wohnraum privatisiert sowie Städte und
mindestens 650 000 Menschen sind Gemeinden zur Spekulation freigegeben.
wohnungslos. Auch Orte des alltäglichen
Zusammenhalts wie Kitas, Kulturräume Die Rechte von Mieter*innen sind immer
und Kneipen werden vielerorts verdrängt, noch viel zu schwach. Die »Mietpreisbremse«
weil Eigentümer und Investoren versuchen, der Bundesregierung wirkt nicht. Bauminister
mehr Geld aus ihren Immobilien zu pressen. Horst Seehofer gibt dreimal so viel Geld aus
Öffentlicher Raum wird kommerzialisiert Steuermitteln für das »Baukindergeld« aus,
und privatisiert. Gutverdiener und große um Gutverdienende beim Kauf von Eigen-
Ketten machen immer mehr Menschen zu tum zu unterstützen, wie für den sozialen
Statisten in einem Umfeld, das auf Konsum, Wohnungsbau. Wie es gehen kann, zeigt

39
dagegen Berlin, wo DIE LINKE mitregiert: n  Auch für Kleingewerbe wollen wir die
Mieten mit harten Obergrenzen deckeln, ­ oraussetzungen vereinfachen: Der Bund
V
Wohnungen zurück in öffentliches Eigentum muss dafür sorgen, dass Länder und Kom­
bringen, sozialen Wohnungsbau fördern munen rechtssicher Mietendeckel für
und die Immobilienwirtschaft gemeinnützig Kleingewerbe, Handwerk, kulturelle
machen! In Berlin sind die Mieten erstmals ­Einrichtungen sowie für soziale und
seit Jahren wieder gesunken. Doch die ­gemeinnützige Träger einführen können.
Lobby der Immobilienwirtschaft versucht,
effektiven Mieter*innenschutz in Ländern Sozialen und gemeinnützigen
und Kommunen zu unterlaufen. Das zeigt: ­ ohnungsbau schaffen!
W
Es braucht einen Politikwechsel im Bund,
damit Menschen mit geringerem Einkom- Derzeit fehlen mehr als fünf Millionen
men nicht mehr an den Rand gedrängt Wohnungen für Menschen mit geringem
werden, damit Städte und Gemeinden nicht Einkommen, von denen viele in Einper­
weiter veröden und als Profitcenter der sonenhaushalten leben. In den vergangenen
Immobilien­wirtschaft missbraucht werden. 15 Jahren hat sich die Zahl von Sozialwohnun-
Unsere Städte und Gemeinden sollen ein gen fast halbiert. Denn geförderte Sozial­
­Zuhause und Lebensraum für Menschen wohnungen dürfen teilweise schon nach
sein, kein Erpressungswerkzeug in den 15 Jahren wieder teuer vermietet werden.
­Händen von Maklern und Immobilienlobby.
n  Mit15 Milliarden Euro im Jahr wollen
DIE LINKE kämpft in breiten Bündnissen wir dagegenhalten – indem wir den sozialen
für eine Neuausrichtung der Mieten- und Wohnungsbau retten, den kommunalen
Stadtentwicklungspolitik. Wir stehen an und genossenschaftlichen Wohnungsbau
der Seite der Mieter*innen sowie der vielen ankurbeln, den vorhandenen Wohnungsbe-
­Initiativen, die sich gegen Verdrängung und stand energetisch und demografiefest um-
für ein Recht auf Wohnen einsetzen. Wir bauen, über Förderung und Belegungsrechte
stehen für lebenswerte Städte und Dörfer die soziale Wohnraumversorgung stärker
für alle. Unser Ziel ist klar: Mietenexplo­ nutzbar machen und einen nicht profitorien-
sion und Verdrängung stoppen, die Mieten tierten Wohnungssektor aufbauen. Die öffent­
wieder senken und langfristig eine gemein­ liche Hand werden wir mit einer Reform des
nützige Wohnungswirtschaft aufbauen – Baugesetzbuches dazu befähigen, den Bau
für ein gutes Zuhause für alle. von Sozialwohnungen gegenüber Investoren
auch tatsächlich durchzusetzen.
Mieten deckeln bundesweit!
n  Ehemalige Kasernen umwandeln in
n  Wir wollen Mietendeckel im gesamten Sozialwohnungen: Da sich diese Gebäude
Bundesgebiet möglich machen. Unser Ziel: in öffentlicher Hand befinden, wollen wir
die Explosion der Mieten nicht nur bremsen, sie nicht der Privatwirtschaft überlassen,
sondern beenden und rückgängig machen. ­sondern zu günstigem Wohn- und Gewerbe-
Besonders hohe Mieten müssen abge­ raum umgestalten.
senkt werden.
n  Mit der Einführung einer neuen Woh­
n  Die Mietpreisbremse der Regierung funk- nungsgemeinnützigkeit binden wir die
tioniert nicht. Wir unterstützen die Kampa­ Förderung und steuerliche Vergünstigungen
gne »Mietenstopp« und fordern bundesweit dauerhaft an Mietobergrenzen, eine Pflicht
überall dort, wo es einen angespannten zur Reinvestition von Gewinnen sowie
Wohnungsmarkt gibt, einen Mietenstopp demokratische Mitbestimmungsrechte für
für bestehende Mietverträge. Dort Mieter*innen. So können bis zu 250 000
müssen die Mieten eingefroren werden. Sozialwohnungen und weitere kommunale
Kommunen sollen ermächtigt werden, und genossenschaftliche Wohnungen pro
einen angespannten Wohnungsmarkt Jahr entstehen. Für sie gilt: Einmal gefördert,
festzustellen. immer gebunden. Genossenschaften wollen
wir so stärker fördern und demokratisieren.

40
n  Wir wollen neue Wohnformen wie Wohnen ist keine Ware. Rechte von
Mietshäusersyndikate und Mieter*in­nen­ Mieter*innen stärken!
gemeinschaften fördern. Der Bund soll neue
Mietshäusersyndikate mit Zuschüssen und n  Wir wollen ein weitgehendes Umwand­
zinslosen Darlehen fördern. Förder­mittel lungsverbot von Miet- in Eigentums­
sollen gezielt zum Bau von Wohnungen wohnungen. Der Wunsch nach Wohneigen-
eingesetzt werden, die für Menschen mit tum darf nicht auf Kosten derjenigen gehen,
geringem Einkommen erschwinglich sind. die schon in den Wohnungen wohnen.

n  Für alleinstehende Frauen, die in (Alters-) n  Mietwohnungen in Kommunen mit ange­


Armut leben, für alleinerziehende Frauen spanntem Wohnungsmarkt dürfen nicht
und für Frauen, die häuslicher Gewalt aus- als Ferienwohnung angeboten werden.
gesetzt sind, muss preiswerter und sicherer Für nichtkommerziellen Wohnungstausch
Wohnraum geschaffen werden. von privat zu privat wollen wir eine Fairbnb-­
Alternative zu Anbietern wie Airbnb schaffen,
n  Wir wollen überall einen prozentualen die Wohnraum zweckentfremden, nur auf
Mindestanteil von Sozialwohnungen, um Profite zielen und an den Börsen notiert sind.
eine Mischung der Viertel sicherzustellen
und den Trend zur Bildung von Parallelge- n  Die Mieten von Mikroapartments und
sellschaften der Reichen in Innenstädten möblierten Wohnungen, mit denen die
und Villenvierteln zu stoppen. 50 Prozent Mietpreisbremse umgangen und noch mehr
des Wohnungsbestands in öffentlicher Profit aus den Immobilien gepresst wird,
und gemeinnütziger Hand. Das Modell wollen wir deckeln.
Wien zeigt: Günstiger Wohnraum in gutem
Zustand und mit hoher Wohnqualität für n  Das Recht auf Kündigung wegen Eigen­
die Mehrheit der Menschen ist möglich. bedarf darf nur noch für die engste Familie
Perspektivisch wollen wir den Wohnungs­ gelten. Vorgetäuschter Eigenbedarf wird
bestand komplett dem Markt entziehen. bestraft. Menschen, die seit langer Zeit in
ihrer Wohnung leben oder über 70 Jahre
n  Der Kündigungsschutz für Gewerbe­ alt sind oder an einer schweren Erkrankung
mietverträge muss grundlegend geändert leiden sowie Alleinerziehenden soll gar
werden. Es braucht öffentliche Gewerbe­ nicht mehr wegen Eigenbedarf gekündigt
raumanbieter zur Sicherung gemeinnütziger werden dürfen.
Mieter*innen. Die generelle Befristung von
Gewerbemietverträgen wollen wir abschaf- n  Den Kündigungsschutz wollen wir
fen. Die Kündigung durch die Vermieterseite v­ erbessern: Wenn Rückstände bei der Miete
wollen wir rechtlich einschränken. beglichen sind, darf nicht gekündigt werden.

n  Wir wollen bezahlbaren Wohnraum n  Der Milieuschutz muss ausgeweitet


vorrangig im Bestand schaffen. Bauord- werden.
nungen müssen hierfür neu ausgerichtet
werden, sodass Bauen im vorhandenen n  Gegen Mietwucher, Entmietung und ­andere
Bestand erleichtert wird. Formen des Missbrauchs sind wirksame
Kontrollen, eine öffentliche Beschwerde-
n  Bei Entscheidungen über die Zulässig- stelle und deutlich mehr Personal nötig,
keit von Abriss- und Neubaumaßnahmen um die Rechte der Mieter*innen effektiv
müssen soziale Ziele und Ziele der ener­ durchzusetzen. Vermieter*innen, die gegen
getischen Nachhaltigkeit mehr Gewicht den Mietendeckel verstoßen, müssen
bekommen. bestraft werden. Die strafrechtliche Verfol-
gung von Mietwucher wollen wir erleichtern.

n  Mieter*innen sollen auch als Gemein-


schaft und im Gewerberecht ein Vorkaufs­
recht auf ihre Häuser erhalten.

41
n  In allen öffentlichen Unternehmen braucht träglich, also nahezu warmmietenneutral
es demokratische Mieterräte. Bundesweit und mietrechtlich abgesichert.
wollen wir ein neues Mieter*innen-mitbe­
stimmungsrecht. n  Vermieter*innen, die die Kosten einer
energetischen Sanierung nicht tragen
n  Es braucht kollektive Mieter*innen­ ­können, können sich unter den Schirm
rechte und ein Recht auf Mietstreik. der Wohnungsgemeinnützigkeit begeben.
Dadurch erhalten sie Zugang zur vollen
Klimagerechtigkeit statt Verdrängung! öffentlichen Förderung der Sanierungs­
kosten und verpflichten sich im Gegenzug
Der Klimaschutz bei Gebäuden ist ent- zur gemeinnützigen Bewirtschaftung ihrer
scheidend: Hier wird ein großer Teil der Wohnungen.
Treibhausgase verursacht. Doch bisher
wird energetische Sanierung allzu oft für n  Wir wollen die Förderkulisse auf ein
eine Mietsteigerung benutzt und führt Sofortprogramm klimagerechte und
dann auch zu Verdrängung. Das schadet sozialverträgliche Erneuerung von Sied­
der Akzeptanz des Klimaschutzes. lungsbauten der Nachkriegszeit (erbaut
zwischen1949 und1978) ausrichten. Dafür
n  Klimaschutz ohne Mieterhöhung! Die sollen – zusätzlich zur Aufstockung der
Modernisierungsumlage wollen wir abschaf- laufenden Programme der Kreditanstalt für
fen, sie dient der Mietsteigerung – nicht Wiederaufbau (KfW) auf dauerhaft min-
dem Klimaschutz. Aufschläge auf die Miete destens10 Milliarden Euro jährlich – noch
sollen nur noch in Höhe der erreichten einmal 5 Milliarden Euro pro Jahr bereit­
Einsparung bei Heizung und Warmwasser gestellt werden.
zulässig sein.
n  Sanierungsberater*innen sollen inner­
n  Auch arme Menschen haben ein Recht halb eines Sozialplanverfahrens gemäß
auf energetisch sanierten Wohnraum. Wir Paragraf 180 BauGB an Klimastützpunkten
wollen kurzfristig eine Klimakomponente beratend (für die Mieter*innen schützend)
bei den Kosten der Unterkunft und Heizung tätig sein und sozialverträgliche Quartiers-
einführen und das Wohngeld angemessen sanierungskonzepte koordinieren.
erhöhen.
n  Wir wollen Weiterbildungs- und Zerti­
n  Wir wollen einen bundesweiten Klima­ fizierungsprogramme für Handwerker
check aller Gebäude bis 2025. Mit ver­bind­ und Baubetriebe auflegen, um zu quali­
lichen gebäudescharfen Stufenplänen, die tativ guten und preiswerten energetischen
bis zu einem bestimmten Zeitpunkt flexibel ­Sanierungen zu kommen.
zu erreichende Energieeffizienz­niveaus zum
Inhalt haben, wollen wir bis 2035 einen kli- n  Die Neubaustandards wollen wir gesetz-
maneutralen Gebäudebestand garantieren lich auf den Effizienzstandard KfW 40 anhe­
und viele neue Arbeitsplätze schaffen. Hier- ben. Fördermittel, die gegenwärtig noch
zu bedarf es eines umfassenden Aufbaus in die Neubaueffizienzförderung fließen,
von Produktionskapazitäten und Qualifi­ka­- müssen vollständig umgeleitet werden in die
tionen. Dieser muss u. a. die gezielte För- sozialverträgliche energetische Sanierung.
derung der Ausbildung im Handwerk, die
Schaffung und Ausweitung von spezialisier- n  Neben der Steigerung der Gebäudeeffi­
ten Studiengängen, staatlich geschaffene zienz ist der Restenergiebedarf schritt­
Produktionskapazitäten und Preiskon­trol­ weise – aber mit deutlich höherem Tempo –
len zur Vermeidung von Mitnahme- und durch regenerative Energie zu decken. Die
Blockade­effekten umfassen. Die CO2 -Steu- zentrale Rolle spielt für uns dabei die Wärme-
er darf nicht auf die Miete umgelegt werden. pumpe. Der Einbau fossiler Heizungen muss
dabei schnellstmöglich gestoppt werden. Wir
n  Die Sanierungsquote muss mindestens wollen auch in dicht besiedelten Räumen
verdreifacht werden und zwar sozialver­ die Nutzung der Erdwärme möglich machen:

42
durch vom Staat und den Kommunen betrie- n  Um den Anteil öffentlichen Eigentums
bene Erdwärmeanlagen, die jeweils mehrere am Boden zu erhöhen, fordern wir ein
Wohnblocks versorgen. ­Ankaufprogramm in Höhe von zwei Milli-
arden Euro jährlich, aus dem Bund, Länder
n  Hindernisse für ökologische Baumate­ und Kommunen Mittel für den Erwerb von
rialien im Baurecht werden wir beseitigen. Boden erhalten.
Zugleich braucht es eine Ökobilanz für
Neubauprojekte, um stärker im Bestand n  Die Liegenschaftspolitik muss von der
zu bauen und Ressourcen zu sparen. Finanzpolitik entkoppelt werden, damit die
Schluss mit dem Abriss von preisgünstigen öffentliche Hand auch Bodenbevorratung
Wohnungen mit erhaltenswerter Bausubs- betreiben kann. Die Bundesanstalt für
tanz zugunsten von teuren Neubauten! Öko- Immobilienaufgaben (BImA) und das Bundes­
logische Baumaterialien (z. B. Holzbauweise) eisenbahnvermögen (BEV), die bisher der
werden wir, wo es sinnvoll und möglich ist, finanziellen Verwertung öffentlicher Liegen­
im Baurecht verbindlich vorschreiben. schaften verpflichtet sind, wollen wir auf
soziale, ökologische und gemeinnützige
n  Bei der Vergabe von Fördermitteln zur Zwecke festlegen.
energetischen Sanierung ist nicht nur die
Reduzierung des Energieverlusts pro Qua- n  Das Vorkaufsrecht der Kommunen
dratmeter, sondern auch die Reduzierung ­ ollen wir stärken: Es soll überall ohne
w
des Energieverbrauchs bei der Produktion Ausnahme und innerhalb von bis zu sechs
und Verarbeitung von Baustoffen über ihren Monaten ausgeübt werden können.
gesamten Lebenszyklus hinweg zu berück-
sichtigen. Die Förderung energetischer n  Wir brauchen ein preislimitiertes Vor­
­Sanierung ist auf die Nutzung nachhaltiger kaufsrecht, das sich nicht am spekulativen
Baumaterialien auszuweiten. Verwendete »Marktpreis« orientiert, sondern an bezahl-
Baumaterialien müssen klar und nachvoll- baren Mieten (sozialer Ertragswert) für die
ziehbar dokumentiert werden, um Sanie­ Bewohner*innen.
rungen zu erleichtern.
Spekulation stoppen – Gewinne
Bauland in Gemeinschaftshand! abschöpfen!
Eine der zentralen Ursachen für steigende Spätestens seit der Finanzkrise sind die
Mieten ist die Explosion der Bodenpreise. Städte und Gemeinden massiv ins Visier
Seit1964 sind die Bodenpreise durchschnit­ von Spekulanten geraten. Den Preis für das
tlich um mehr als1.800 Prozent gestiegen. immer schnellere Karussell von Immobilien-
Allein in den vergangenen Jahren haben käufen und -verkäufen zahlen am Ende die
sich die Preise in den großen Städten fast Mieter*innen und die öffentliche Hand.
verdreifacht. Dagegen braucht es dringend
Maßnahmen, um das sich immer schneller n  Den Spekulationskreislauf, an dem sich
drehende Spekulationskarussell mit Grund wenige auf Kosten der Vielen bereichern,
und Boden anzuhalten und endlich wieder wollen wir mit einem Anti-Spekulations-
bezahlbaren Wohnungsbau zu ermöglichen. Gesetz durchbrechen: Wohnraum darf kein
Spekulationsobjekt an der Börse mehr sein,
n  Die Bodenpreise für den sozialen Woh- Immobilien- und Hedgefonds wollen wir die
nungsbau müssen in den Städten und für Fa- Zulassung entziehen.
milienwohnen auf dem Land zweckgebunden
gedeckelt werden. Nur mit bezahlbarem n  Spekulationen mit Bauland wollen wir
Boden sind auch bezahlbare Mieten ­möglich. stoppen. Deshalb wollen wir leistungslose
Gewinne durch den Wertzuwachs an Grund-
n  Die Privatisierung öffentlicher Grundstücke stücken über eine Bodenwertzuwachs­
wollen wir mit einem Bodensicherungs­ steuer abschöpfen.
gesetz ausschließen. Öffentlichen Boden
wollen wir nur noch in Erbbaurecht vergeben.

43
n  Steuertricks beim massenhaften Kauf n  Mit einem Vergesellschaftungsgesetz
und Verkauf von Wohnungen, wie sogenannte wollen wir die Möglichkeit verbessern,
Share Deals, wollen wir unterbinden. Wohnungen, Grund und Boden großer
Wohnungsgesellschaften in öffentliches
n  Gewinne durch Spekulation, Unterneh- Eigentum zu überführen. Dazu wollen
mensbeteiligungen und Immobilienver- wir einen Rekommunalisierungsfonds
käufe werden wir stärker besteuern und a­ufsetzen.
abschöpfen. Bilanztricks werden wir in
Zukunft unter anderem durch Angleichung n  Mit einer neuen Wohnungswirtschafts­
der Bilanzierungen verhindern. gesetzgebung wollen wir das Geschäfts-
modell von Immobilienfonds beenden, die
n  Private Immobilienverkäufe dürfen auch Mieten kassieren, Renditen ausschütten,
nach zehn Jahren bis auf einen individuellen kaum investieren und nur auf die Steige­
Freibetrag nicht mehr steuerfrei sein. rung der Immobilienpreise setzen. Ein
wesentlicher Teil der Miete steht dann als
n  Zudem fordern wir ein öffentlich einseh- Bauerneuerungsrücklage nicht mehr für
bares Immobilienregister. Mit der Intrans- ­Finanzmarktspekulation, sondern für nötige
parenz bei den Eigentumsverhältnissen Instandhaltung zur Verfügung.
muss endlich Schluss sein.
Wohnen ist ein Grundrecht –
n  Zweckentfremdung von Wohn- und Ge­ ­Wohnungen zuerst!
wer­beraum muss verboten werden, leerste-
henden Wohn- und Gewerberaum wollen n  Niemand soll ohne Obdach sein. Als
wir beschlagnahmen und der Zwischennut­ kurzfristige Nothilfe bis zur Durchsetzung
zung zuführen. Die zivilgesellschaftliche bezahlbarer Mieten wollen wir das Wohn­
Wiederaneignung von zweckentfrem­ geld erhöhen und umbauen.
deten Räumen (»Besetzungen«) wollen wir
­legalisieren. n  Die Coronakrise ist nicht vorbei: Das
­ oratorium für Kündigungen und
M
n  Wir streben an, dass grundsätzlich die ­Räumungen muss verlängert werden.
Besetzung von seit mindestens einem ­Mietrückstände müssen erlassen werden.
Jahr leerstehendem Wohnraum zu einem
dauerhaften Wohnrecht führt, es sei denn, n  Wir werden die Angemessenheits­
die Eigentümer*innen verpflichten sich, den grenzen für die Kosten der Unterkunft
Wohnraum zu sozialverträglichen Mieten zur deutlich anheben.
Verfügung zu stellen.
n  Räumung in die Wohnungslosigkeit
n  Die Immobilienkonzerne gehören zu den wollen wir grundsätzlich verbieten, das
Krisengewinnern. Sie müssen daher über- Recht auf Wohnen wollen wir ins Grundge-
durchschnittlich an den Kosten beteiligt setz aufnehmen.
werden. Deshalb fordern wir eine einmali­
ge Sonderabgabe auf Immobilienerträge, n  Die unwürdige Unterbringung von
die vor allem große Konzerne mit mehr als ­ e­flüch­teten, Wohnungslosen oder Saison-
G
3 000 Wohnungen treffen soll. und Wanderarbeiter*innen in Massenunter-
künften werden wir beenden. Jeder Mensch
Immobilienkonzerne hat das Recht auf eine eigene Wohnung!
an die Kette legen!
n  Wir wollen den Ansatz Housing First in
n  Großen Wohnungskonzernen wie Vonovia der Bekämpfung von Obdachlosigkeit veran-
und Deutsche Wohnen, die systematisch kern. Er bedeutet, Obdachlose schnell und
Mietwucher betreiben, wollen wir das als ersten Schritt in Wohnungen unterzu-
Hand­werk legen. DIE LINKE ist deshalb Teil bringen. Dazu braucht es auch die weitere
der Kampagne »Deutsche Wohnen & Co Institutionalisierung niedrigschwelliger
enteignen«. Beratungsangebote und -strukturen.

44
Städte zukunftsfest machen – n  Der Verdrängung von Kleingärten stellen
Leben in die Dörfer bringen! wir uns mit einem Kleingartensicherungs­
programm entgegen. Wir wollen flächen-
Während vielerorts die Mieten explodie- sparend und ökologisch bauen. Stadtgrün
ren, stehen in einigen ländlichen Regionen wie Parks, Kleingärten und Gemeinschafts-
­Wohnungen und Häuser leer. Es wird zu gärten (Urban Gardening) wollen wir durch
wenig investiert, der Mietwohnraum in Investitionen fördern.
strukturschwachen Regionen ist immer we-
niger bedarfsgerecht. Nicht erst seit Corona n  Wir wollen anders planen, weg von
gibt es auf dem Land wie in den Städten Flächenfraß und Zersiedelung der Land­
Ladensterben und kulturelle Verödung. schaft und hin zu einer Dorf- und Stadt-
planung, die Lebensqualität für alle in den
n  Für den sozialökologischen Umbau und Mittelpunkt stellt. Eine Politik, die im Inter-
die Belebung von Innenstädten und Dorfker- esse von Investoren große Einkaufszentren
nen brauchen wir eine neue Ausrichtung und Malls fördert, lehnen wir ab (vgl. Kapitel
von Regionalpolitik und Städtebauförde­ »Mobilität für alle mit weniger Verkehr«).
rung des Bundes. Schwerpunkt der Investi- Den Flächenfraßparagrafen13b BauGB
tionen soll auf Zukunftsaufgaben liegen, wie ­wollen wir abschaffen.
der Gebäudesanierung, der Verbesserung
des Wohnumfelds, dem altersgerechten und n  Wir wollen die ungerechtfertigten
barrierefreien Umbau von Gebäuden sowie Altschulden aus dem DDR-Wohnungsbau
der Förderung nachhaltiger Mobilität. endlich streichen. Gerade Unternehmen in
strukturschwachen Regionen befinden sich
n  Wir wollen den Ausbau einer frauen­ in wirtschaftlicher Schieflage und können
gerechten und familienentlastenden nicht investieren. Dabei müssen gerade in
Infrastruktur in zentraler und ortsnaher Grundzentren und Siedlungsschwerpunkten
Lage mit guter Erreichbarkeit. in ländlichen Räumen Mietwohnraum und ein
annehmbares Wohnumfeld bedarfs- sowie
n  Zukunftsfeste Städte heißt auch schönere klimagerecht gesichert werden. Durch bun­
Städte ohne Werbung. Wir werden uns für desweite Förderprogramme wollen wir den
ein Verbot gewerblicher Außenwerbung Erhalt von Mietangeboten im ländlichen Raum
in Innenstädten einsetzen. stärken. Das stoppt Wegzug und entlastet
Ballungsräume und Städte mit Wohnungsnot.
n  Den kommunalen Eigenanteil bei Aufwer­
tungsmaßnahmen wollen wir streichen. n  Stadt- oder Dorfentwicklung ist mehr als
Um die Nahversorgung im Wohnumfeld zu Wohnen, es braucht sowohl öffentliche
sichern, wollen wir leerstehendes Gewerbe Räume und Plätze der Begegnung als auch
in kommunale oder genossenschaftliche soziale und kulturelle Einrichtungen. Hier
Hand überführen und zu sozialen Zentren müssen Anwohner*innen mitentscheiden
weiterentwickeln. Der Bund soll das durch können. Das ermöglicht Austausch, daraus
einen Rekommunalisierungsfonds finan- kann gemeinsames Handeln und Solidari­-
ziell absichern. tät wachsen.

n  Landkreise, Städte und Gemeinden müs- n  Es braucht ein Investitionsprogramm


sen beim Aufbau digitaler Infrastrukturen für den Stadtumbau, um die einseitige
unterstützt werden. Smart City darf kein ­Fokussierung auf Automobilität zu über­
Geschäftsmodell großer Konzerne bleiben. winden und die Lebensqualität zum Beispiel
Neue Technologien gehören in Bürger*in­ durch Spielstraßen zu steigern.
nenhand, um ihre Teilhabe bei der Entwick-
lung des Wohnumfelds zu verbessern.

45
Gute Bildung:
Gerecht, gebührenfrei, ein Leben lang
Wir stellen sozialer Spaltung in der Bildung, schlechter Ausstattung sind ein sicht­bares
Leistungsdruck und Unterfinanzierung eine Zeichen dafür. Das betrifft besonders ärme-
andere Idee entgegen. Durch den Zugang re Stadtteile, in denen Familien das kaum
zu Bildung sollen soziale Benachteiligungen durch private Ausgaben für Ausstattung
abgebaut, nicht noch verstärkt werden. Wir oder Nachhilfe ausgleichen können. Die
wollen gemeinsames solidarisches Lernen Schuldenbremse hat diese Probleme noch
statt Konkurrenz und Notendruck. DIE ­LINKE verschärft. Allein der Sanierungsbedarf
setzt sich für ein inklusives Bildungssystem bei Schulen wird bundesweit inzwischen auf
ein, in dem Menschen individuell ge­för­dert fast 50 Milliarden Euro geschätzt. An den
wer­den. Wir wollen Bildung und Wissen- Hochschulen müssten von 2017 bis 2025
schaft, die den Einzelnen gerecht wird und etwa 35 Milliarden Euro investiert werden,
dazu beiträgt, gesellschaftliche ­Fragen zu um den Modernisierungsstau abzu­bauen.
beant­worten. Wie stoppen wir die Klima­ Hörsäle und Seminarräume sind häufig
krise? Wie können wir so leben und pro­du­ überfüllt, und es gibt zu wenig Personal. Und
zieren, dass alle genug zum Leben haben wie andere Dienstleistungen wurde auch die
und die Umwelt geschont wird? Mit neuen Schulreinigung vielerorts ausgelagert. Die
Heraus­forderungen entstehen neue Anfor­ Folge: Die Reinigung wird an die billigsten
derungen an Bildung. Wir wollen die Hoch- Anbieter*innen vergeben, Reinigungskräfte
schulen öffnen, die Weiterbildung und arbeiten unter Druck und schaffen es nicht,
den Rechtsanspruch auf berufliche Bildung in der vorgegebenen Zeit fertig zu werden.
stärken und Programme auflegen, damit alle Toiletten und Klassenräume sind dreckig,
eine berufliche Zukunftsperspektive haben. Schüler*innen und Lehrer*innen leiden
darunter.
Seit Jahrzehnten wissen wir: Der Zugang
zu Bildung ist in Deutschland stark von n  Wir kämpfen für mehr Personal in
der sozialen Herkunft abhängig. Die Corona­ Bildung und Erziehung. DIE LINKE for­
krise hat Probleme verschärft, die es schon dert eine Offensive des Bundes für
vorher gab. Während manche Kinder ein mehr Lehrkräfte, Erzieher*innen und
eigenes Zimmer und einen Laptop zum Schulsozialarbeiter*innen. Wir brauchen
Lernen haben, müssen sich andere beides 100 000 Lehrkräfte und 200 000 Erzie­
mit Geschwistern teilen oder Aufgaben her*innen zusätzlich und Schul­sozialarbeit
auf dem Handy lösen und hoffen, dass das an jeder Schule!
Datenvolumen zum Herunterladen reicht.
Das deutsche Bildungssystem verstärkt die n  Wir wollen die Gebäude sanieren,
soziale Spaltung der Gesellschaft, statt ihr a­ us­bauen und dem Bedarf für inklusive
entgegenzuwirken. Wer wohlhabende Eltern Bildung anpassen.
hat, hat bessere Chancen, Abitur zu machen
und zu studieren. 74 Prozent der Akade­ n  Das Bildungssystem ist Teil der öffent­
mikerkinder beginnen ein Studium, aber nur lichen Daseinsvorsorge und muss
21 Prozent der Kinder ohne Akademiker­ ­aus­reichend vom Staat finanziert werden.
eltern. Bei den Bachelor-Absolvent*innen
beträgt ihr Anteil15 Prozent, beim Master n  Privatisierungen – auch von öffentlichen
nur noch 8 Prozent. Für viele Kinder fällt Bildungseinrichtungen – müssen gestoppt
schon nach der Grundschule die Entschei- und rückgängig gemacht werden.
dung, welche weiterführende Schulform
sie besuchen werden, und damit auch, n  Bildung ist mehr als die Vorbereitung
welche Türen ihnen künftig verschlossen auf den Arbeitsmarkt. Der Trend zur immer
bleiben. Und in Bildung wird viel zu wenig stärkeren Ökonomisierung von Bildung
Geld investiert. Unsanierte Schulen mit muss gestoppt werden.

46
n  Wir wollen, dass Bund, Länder und Kom­ Kitaausbau die Belange der Kinder und der
mu­nen in der Bildung zusammenarbeiten Beschäftigten in den Mittelpunkt rückt:
können. Durch das Kooperationsverbot ist
das nur eingeschränkt möglich. Wir wollen n  DIE LINKE fordert einen bundesweit
das Verbot komplett aufheben und Bildung e­ in­heitlichen Betreuungsschlüssel in
als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz Kinder­tagesstätten von mindestens
verankern, damit für alle Kinder und Jugend- eine*r anwesenden Erzieher*in auf maxi-
lichen Bildungsgerechtigkeit hergestellt mal drei Kinder im Alter bis zu drei Jahren
werden kann. und mindestens eine*r Erzieher*in auf
­maximal acht Kinder ab drei Jahren.
n  Wir wollen ein Bildungsrahmengesetz
des Bundes für alle Bildungsbereiche, damit n  Wir wollen gute, gebührenfreie Kitas
­gleiche Rechtsansprüche, soziale und (Elternbeitragsfreiheit). Allen Eltern muss
personelle Rahmenbedingungen in allen von der Kommune ein Angebot für einen
Ländern gesichert werden können und Kitaplatz unterbreitet werden.
Abschlüsse, gleich wo sie erworben wurden,
überall anerkannt werden. n  Alle Kinder sollen täglich kostenloses
g­ esundes, warmes Essen erhalten, wie es in
DIE LINKE steht für gute Bildung, die nicht einigen Städten bereits praktiziert wird (vgl.
vom Geldbeutel und der Herkunft abhängt. Kapitel »Landwirtschaft und Ernährung«).
Wir wollen wirkliche Lehr- und Lernmittel­
freiheit, kostenfreie Verpflegung in Kita n  Wir brauchen dringend mehr
und Schule und kostenfreie Beförderung Erzieher*innen für eine gute Bildung,
von Schüler*innen. Erziehung und Betreuung.191 000
Erzieher*innen fehlen derzeit.
Gute Kitas
n  Sozial- und Erziehungsberufe ­müssen
Allen Kindern muss von Anfang an ganztägig aufgewertet werden. Sie verdienen
das gemeinsame Leben und Lernen mit ­größere Wertschätzung, bessere Bezahlung
anderen Kindern in Kindertageseinrich- und Arbeitsbedingungen. Dazu gehören
tungen ermöglicht werden. Unabhängig auch die Anrechnung von Vor- und Nach­
davon, ob und wie lange die Eltern arbeiten. bereitungszeiten sowie Fortbildung und
Kinder brauchen einen Rechtsanspruch auf eine Vertretung im Krankheitsfall. Der
einen Ganztagsplatz in einer Kita. Insbeson- ­Betreuungsschlüssel muss an Personal­
dere während der coronabedingten Kita- stärke und Zeitkontingent angepasst
schließungen wurde deutlich, wie wertvoll werden. Wir wollen die Ausbildung als
frühkindliche Bildung für alle ist. Noch Erzieher*in in der frühkindlichen Bildung
immer wird der Rechtsanspruch auf einen auf Hochschulniveau anheben. Auch
Kitaplatz nicht überall umgesetzt. Das kann Menschen ohne Hochschulzugangsbe­
zu Benachteiligungen führen, die sich in rechtigung sollen Zugang zum Erzieh­
der gesamten Bildungsbiografie fortsetzen. ungsberuf haben. Für die derzeitige
Derzeit fehlen 342 000 Plätze für unter Drei- Ausbildung zur Erzieher*in wollen wir
jährige und bald bis zu 740 000 Plätze für eine Vergütung und die Abschaffung des
alle Kinder bis zur Einschulung. Die Gruppen ­Schulgeldes, um den Beruf attraktiver
sind oft zu groß. Erzieher*innen werden zu machen.
weiter viel zu schlecht bezahlt. Mit einer
Schmalspurausbildung von oft nur wenigen n  Beschäftigte in der Kindertagespflege
Wochen werden Erziehungshelfer*innen sollen aus prekären Beschäftigungslagen
ausgebildet, um den massiven Fachkräfte­ herausgeholt und sozialversicherungs­
mangel zu retuschieren. Zur Sicherung pflichtig beschäftigt werden.
der Qualität der Einrichtungen und für den
weiteren Ausbau von Kitaplätzen muss der n  Ganztagsbetreuung im Grundschul­
Bund mehr Geld zur Verfügung stellen. Wir alter: Die Große Koalition hat im Koali-
brauchen ein Kitaqualitätsgesetz, das beim tionsvertrag einen Rechtsanspruch auf

47
Ganztagsbetreuung für Kinder im Grund- Qualifizierung bei Personal, Assistenzleis-
schulalter ab 2025 vereinbart. Der Rechts- tungen, Lehr- und Lernmittel sowie sonstige
anspruch lässt sich nur mit schnellen und Hilfsmittel für jedes Kind verfügen. Wir
erheblichen Investitionen in den Ausbau wollen ein Zwei-Lehrer*innen-System um­
von Einrichtungen und die Ausbildung und setzen, als eine der Rahmenbedingungen, mit
Einstellung von mehr Personal einlösen. der wir Förderschulen überflüssig machen.
Inklusion darf nicht davon abhängig gemacht
Eine Schule für alle: inklusiv werden, wie viel sie kostet! Bund, Länder
und Kommunen müssen ein Investitions-
Wesentliche Ursache der sozialen Spaltung programm »Inklusive Bildung« auflegen,
in der Bildung ist die frühe Aufteilung der um Bildungseinrichtungen umfassend
Schüler*innen in unterschiedliche Schul- barrierefrei umzubauen und auszustatten.
formen. In der Coronazeit hat sich gezeigt, DIE LINKE will eine inklusive Schule, in der
wie unterschiedlich die Voraussetzungen alle Kinder und Jugendlichen willkommen
der Schüler*innen sind: Einige haben ein sind und gemeinsam mit- und voneinander
eigenes Zimmer und einen Laptop, andere lernen. Inklusion ist eine Aufgabe, die sich
müssen sich beides teilen. Nicht alle be- nicht auf einzelne Gruppen bezieht – weder
kommen wertvolle Unterstützung zu Hause. auf Schüler*innen mit Behinderungen, noch
Schüler*innen mit Behinderungen kämpfen auf diejenigen nicht deutscher Herkunft
mit zusätzlichen Barrieren. Wir wollen eine noch auf solche, die aus anderen Gründen
Schule für alle: Eine ­Gemeinschaftsschule, von Teilhabe ausgeschlossen werden. Heute
die kein Kind zurücklässt und sozialer wird vielfach besonderer Förderbedarf
Ungleichheit entgegenwirkt. Die Gemein- festgestellt. Es werden aber zu wenige und
schaftsschule fördert die Kinder individuell ungenügende Hilfen für diesen Förder­
und umfassend. Sie ist ganztägig organisiert bedarf angeboten. Das muss sich ändern.
und bietet alle Schulabschlüsse an. Statt immer mehr Kindern den Stempel
eines Förderbedarfes aufzudrücken, wollen
Schule sollte so organisiert sein, dass die wir das mehrgliedrige Schulsystem Schritt
sozialen Unterschiede nicht noch verstärkt, für Schritt abbauen und alle Kinder ohne
sondern möglichst ausgeglichen werden. abwertende Etikettierung umfassend fördern.
Wir wollen eine Schule, die ohne Hausauf­
gaben auskommt und private Nachhilfe n  Tausende geflüchtete und zugewanderte
überflüssig macht. Im schulischen Alltag Kinder und Jugendliche gehen in Deutsch-
muss Raum und Zeit dafür  geschaffen land in die Schule oder machen eine
­werden. Lehrkräfte, Schul­sozial­ar­beiter*in­ Ausbildung. Wir fordern ein Programm, das
nen, Erzieher*innen, Schulpsycholog*innen vom Bund mitfinanziert wird und Aus- und
und medizinisches Fachpersonal sollen Weiterbildung von zusätzlichen Lehrkräften
in ­multiprofessionellen Teams zusammen­ umfasst, die Deutsch als Zweitsprache unter­
wirken. Die Gemeinschaftsschule ist demo­ richten, eine Erstausstattung an Schulbe-
kratisch organisiert mit einer wirklichen darf für alle Kinder, zusätzliche Sprach- und
Mitbestimmung von Schüler*innen. Alphabetisierungskurse auch für geflüchtete
Erwachsene und Informationen zu Berufs-
n  Jede*r Schüler*in muss die Möglichkeit ausbildungen, die für Geflüchtete in der
haben, eine Ganztagsschule zu besuchen, Bundesagentur für Arbeit angeboten werden.
idealerweise eine Gemeinschaftsschule. Den Kommunen müssen dafür entsprechen-
de Mittel zur Verfügung gestellt werden.
n  Der Rechtsanspruch auf inklusive
Bildung und das Recht auf das gemeinsa- n  Eine mehrsprachige Sozialisation wird
me Lernen in einer Regelschule gehört in in Deutschland nur bei ökonomisch als
jedes Schulgesetz. Alle Schulen müssen wichtig erachteten Sprachen geschätzt.
über barrierefreie Zugänge für alle Kinder Wir sehen die Mehrsprachigkeit bei
verfügen, die nicht nur auf die baulichen Kindern und Jugend­lichen mit Migrations-
­Voraussetzungen beschränkt werden dürfen. hintergrund als eine Bereicherung und
Sie müssen über adäquate Ausstattung und eine Chance, die von den Schulen anerkannt

48
und für gemeinsames Lernen genutzt werden n  Hybride Lernformen sind nicht weniger
soll. Die Muttersprache beim Erlernen arbeitsintensiv als Formen des Präsenz­
weiterer Sprachen einzubeziehen, ist wichtig, lernens. Sie eignen sich nicht als Sparmo-
um in diesen Sprachen einen sicheren dell. Wir brauchen mehr Lehrer*innen für
Stand zu erwerben. Die Herkunftssprache einen guten Unterricht, auch und gerade
soll bei Prüfungen als erste oder zweite angesichts neuer Lernformen.
Sprache anerkannt werden. Wir betrachten
Regional- oder Minderheitensprachen als n  Die IT-Infrastruktur an Schulen muss
Ausdruck des kulturellen Reichtums und durch Fachpersonal betreut werden.
fördern ihr Angebot in Schulen. ­Entsprechende Planstellen sollen kurz-
und mittelfristig geschaffen werden. Die
n  Schulsozialarbeit muss ein fester ­IT-Infrastruktur aller Schulen und Hoch-
­ estand­teil von schulischer Arbeit werden –
B schulen muss mit schnellen und leistungs­
an jeder Schule und dauerhaft. Dafür muss fähigen Breitbandanschlüssen, WLAN für
sie im Jugendhilferecht als Regel­aufgabe alle, Lern- und Arbeitsräume und einer
verankert werden. Durch ein Programm ­zeitgemäßen Hard- und Softwareaus­stat­
zur Schulsozialarbeit wird der Einsatz tung ausgebaut werden. Offene Software
mindestens einer Fachkraft für Schulsozial­ und Open Educational Resources (OER)
arbeit je150 Schüler*innen garantiert. sind zu fördern.
Diese sollen gut mit Berufs- und Studien­
beratungsstellen vernetzt sein, um n  Medienkompetenz muss umfassend
Schüler*in­nen, die nicht aus Akademiker­ gestärkt werden: in der vorschulischen
familien kommen, den Weg an die Hoch- Bildung, in Schule und Unterricht, in der
schulen zu erleichtern. ­Arbeitswelt, in zivilgesellschaftlichen
­Projekten und bis ins hohe Alter.
n  Der Personalmangel an Schulen führt zu
Unterrichtsausfall und Stress. Das Personal n  Viele Schüler*innen lernen nicht mehr
muss Engpässe mit regulär beschäftigten Schwimmen, weil viele Schwimmbäder
Lehrkräften ausgleichen können. Dazu baufällig sind und gesperrt werden müssen.
braucht es10 Prozent Vertretungsreserve. Hier wollen wir sanieren. Schulschwimmen
Um die Personalnot an Schulen zu beenden, und Sportunterricht müssen wieder gesichert
müssen überall deutlich mehr Lehrkräfte werden. Wir wollen in barrierefreie, ener­
ausgebildet und eingestellt werden. gieeffiziente und schön gestaltete Schul­
räume und Sportstätten investieren.
n  Neue, hybride Lernformen, wie sie während
des Coronalockdowns praktiziert wurden, n  Mindestens 50 Milliarden Euro sind nötig,
dürfen nicht zu einer neuen sozialen Spaltung um die Schulen zu sanieren. Gerade in
führen, weil nicht alle Lernenden zu Hause sogenannten Brennpunktschulen fehlt das
gleich gute Lernbedingungen zu Hause haben. Geld. Wir wollen den Königsteiner Schlüssel
als Verteilungsinstrument für Fördermittel
n  Wir wollen, dass jedes Kind einen Laptop des Bundes für Bildung durch einen Sozial­
als Teil der Bildungsausstattung zur Verfü- index ersetzen. Der Sozialindex soll Mittel
gung hat und frühzeitig mit digitalen Techno­ bedarfsgerecht auf die Länder und innerhalb
logien vertraut gemacht wird. Jedes Kind der Länder auf Kommunen verteilen, damit
muss weiterhin einen Drucker inklusive aller genug Geld da ankommt, wo es auch wirk-
Verbrauchsmaterialien zur Verfügung haben lich gebraucht wird.
sowie mit einem kostenfreien Bildungstarif
Zugang zum Internet zu Hause ­erhalten. Die n  Wir wollen Lobbyismus in Schule und
Urteile der Sozialgerichte müssen ­endlich Unter­richt unterbinden. Akteure der Wirt­
umgesetzt werden. Das gilt auch für Fami­lien, schaft drängen seit Jahren aus reinem Eigen-
die knapp oberhalb des Hartz-IV-Ein­kom- nutz in die Schulen und bestimmen Lernin­
­mens liegen. Der Digital­Pakt Schule mit­ halte zunehmend mit. Darunter leidet die
samt aller Zusatzvereinbarungen zu Geräten Vielfalt in der Bildung. Kommerzielle Werbung
und Administration muss verstetigt werden. an Schulen muss gesetzlich ­untersagt werden.

49
Schulen müssen im ­Gegenzug besser mit bildungsbetriebe finden keine Azubis. Aber:
Lehrmitteln ausgestattet werden, damit Der Fachkräftemangel ist hausgemacht,
sie nicht auf tendenziöse Angebote von weil viele potenzielle Azubis als nicht ausbil-
Konzernen und Interessengruppen zurück- dungsreif eingestuft und in Warteschleifen
greifen müssen. »geparkt« werden. Auf der anderen Seite
klagt mehr als die Hälfte der Auszubilden-
n  Bildung ohne Bundeswehr! Die Bundes­ den über zu hohe Belastung, viele gehen
wehr soll nicht mehr in Schulen oder Uni­ auch krank zur Arbeit oder werden als
versitäten werben oder auftreten dürfen. billige Arbeitskräfte ausgebeutet. Wegen
Stattdessen brauchen wir mehr politische der Pandemie und finanzieller Schieflage
und friedenspädagogische Bildung durch mancher Unternehmen haben viele Ausbil-
Lehrkräfte. dungsbetriebe ihre Ausbildung eingestellt
oder deutlich gekürzt. Damit verschärft
n  Alle Lehrämter sollen gleichgestellt sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt.
werden. Es gibt keinen Grund, Lehrkräfte Wir wollen, dass alle, die eine Ausbildung
an Grundschulen niedriger zu werten als begonnen haben, sie auch beenden können.
Lehrkräfte zum Beispiel an Gymnasien. Dafür muss der Bund Mittel und Möglich­
keiten bereitstellen. Die Bedingungen und
n  Lernende, Lehrende und Eltern sollen über die Qualität der Ausbildung müssen ver­
Schule mitentscheiden können. Wir wollen bessert und Ausbildungsberufe aufgewertet
Demokratie, Selbstverwaltung der Schulen werden. Auch hier benötigen wir mehr
und insbesondere die Mitbestimmungs­ Personal. Laut der Gewerkschaft Erziehung
rechte der Schüler*innen an den Schulen und Wissenschaft (GEW) müssen an den
stärken. berufsbildenden Schulen bis zum Jahr 2030
160 000 Lehrkräfte eingestellt werden,
n  Die Schulreinigung wollen wir flächen- um den Bedarf zu decken.
deckend wieder in die öffentliche Hand
bringen – für saubere Schulen und gute n  Jetzt gilt erst recht: DIE LINKE setzt sich
­Arbeitsbedingungen. In der Pandemie hat für das Recht auf eine gebührenfreie und
sich gezeigt, wie wichtig gute Hygiene­ vollqualifizierende Ausbildung für alle ein.
standards in den Schulen sind. Anonymisierte Bewerbungsverfahren
sollen sicherstellen, dass alle die gleichen
Öffentlich-private Partnerschafen (ÖPP) Chancen auf eine Ausbildung haben.
­lehnen wir grundsätzlich ab. Sie stellen
­einen besonders fatalen Ausverkauf öffent­ n  Auszubildende brauchen eine Ausbil­
lichen Eigentums dar. Auch bei Schulen muss dungsvergütung, die zum Leben unab­
gelten: öffentliche Aufgaben in öffent­ hängig von den Eltern reicht. Wir fordern
liche Hand. eine Mindestausbildungsvergütung, die
sich aus 80 Prozent der durchschnittlichen
Gut ausgebildet tariflichen Ausbildungsvergütung aller
Branchen des jeweiligen Ausbildungsjah-
Jedes Jahr werden Zehntausende junge res ergibt. Wir unterstützen die Gewerk-
Menschen in Deutschland bei der Suche schaften und Gewerkschaftsjugenden bei
nach einem Ausbildungsplatz vertröstet. ihrem Kampf für bessere tarifvertragliche
Sie finden keinen Ausbildungsplatz mit Lösungen. Die Ausbildung in den Beru-
Perspektive oder hängen in endlosen fen, die nicht dual geregelt ist also zum
Warteschleifen fest. Fast zwei Millionen Beispiel in allen Sozial-, Gesundheits- und
junge Menschen haben keine Berufsaus- Erziehungsberufen, muss besser finan-
bildung. Besonders Hauptschüler*innen ziert werden. Schulgeld soll grundsätzlich
und Migrant*innen werden benachteiligt. ­entfallen und ein am Tarif orientiertes
Die Wirtschaft unterschreitet die ­Zielmarke Ausbildungsgeld gezahlt werden. Wir
von 500 000 jährlich zu schaffenden Aus­ wollen den Bau öffentlicher Auszubil­
bildungsplätzen. Viele Arbeitgeber klagen dendenwohnheime fördern, insbeson-
über mangelnde Fachkräfte und Aus­ dere im ländlichen Raum.

50
n  DIE LINKE fordert die unbefristete n  Weil der Ausbildungsmarkt immer noch
Übernahme nach Ausbildungsende und den in sogenannte Frauen- und Männerberufe
Wegfall der Probezeit bei Übernahme im gespalten ist, sind außerdem die Hürden für
selben Betrieb. Jugendliche groß, eine untypische Berufs-
wahl zu treffen. Dem wollen wir entgegen-
n  Wir wollen eine solidarische Umlage­ wirken: durch geschlechtersensible Bildung
finanzierung, die alle Betriebe in die Pflicht und indem Bereiche aufgewertet werden,
nimmt, damit ausreichend duale und in denen die Löhne niedrig sind und viele
quali­tativ hochwertige Ausbildungsplätze Frauen arbeiten.
geschaffen werden.
Gute Weiterbildung
n  Am Ende von berufsvorbereitenden Maß-
nahmen muss ein verbindliches Ausbil­ Wir setzen uns für lebenslanges, lebensbe-
dungsangebot stehen. Die »Warteschleife« gleitendes Lernen ein: als Angebot, nicht als
im Übergangssystem wollen wir abschaffen. Pflicht zur Selbstoptimierung. Die allge-
meine, kulturelle, politische und berufliche
n  Menschen ohne abgeschlossene Ausbil- Weiterbildung ist ein wichtiger Teil davon. Sie
dung sollen einen anerkannten Berufsab- dient der Entwicklung der Einzelnen und der
schluss machen können – unabhängig von beruflichen Fortbildung oder Umorientierung
ihrem Alter. Das Kriterium der »Ausbildungs- und befördert die gesellschaftliche Teilhabe.
reife« der Bundesagentur für Arbeit wollen Das Recht auf Weiterbildung muss gesetzlich
wir abschaffen. Es versperrt den Zugang zur abgesichert sein. Der sozialökologische
Berufsausbildung. Umbau kann bedeuten, dass viele Menschen
eine zukunftssichere Perspektive erhalten.
n  Wir wollen eine grundlegende Reform des Die Weiterbildung spielt hier eine entschei-
Berufsbildungsgesetzes (BBiG), in der die dende Rolle. Hier müssen bei der beruflichen
Verbesserung der Ausbildungsqualität in Weiterbildung und an den Hochschulen neue
den Mittelpunkt gerückt und ein Rechtsan- Möglichkeiten geschaffen werden.
spruch auf eine vollqualifizierende Ausbil-
dung verankert wird. Volkshochschulen, die oft in kommunaler
Hand sind oder mindestens gemeinnützig
n  Die Mitbestimmung der Auszubil­ ­arbeiten, können unabhängig von den
denden wollen wir stärken. Ihre Mitwir- Profitinteressen privater Bildungsanbieter
kung in den Personalvertretungen muss Angebote für die vielfältigen Bereiche der
­garantiert werden. allgemeinen Weiterbildung, der politischen
Bildung und für das Nachholen von Schul-
n  Wir wollen einen Berufsbildungspakt, abschlüssen anbieten. Dazu sollen die
damit längst überfällige Investitionen Volkshochschulen finanziell gestärkt werden,
für gute Qualität an beruflichen Schulen damit sie ihr Leistungsangebot ausbauen
­getätigt werden. Und es braucht deutlich und kostenfrei anbieten können. Wichtig ist,
mehr Personal. dass Angebote zur sprachlichen Förderung
von Zugewanderten erbracht werden können.
n  Politische Bildung muss auch Teil der
beruflichen Ausbildung sein. Eine entscheidende Voraussetzung sind
gute Arbeitsbedingungen und gute Entloh-
n  Sozialarbeit und sozialpsychologische nung bei allen Trägern und Bereichen der
Begleitung sollen auch in der Ausbildung Erwachsenenbildung. In der Erwachsenen-
gestärkt werden. bildung sind die Arbeitsverhältnisse oft
prekär. Das wollen wir ändern.
n  Die Lehr- und Lernmittelfreiheit muss
im Berufsbildungsgesetz verankert werden – n  Lehrkräfte in der Weiterbildung brauchen
auch bei Schulbüchern für den Berufs­ einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag,
schul­unterricht. der sich am öffentlichen Dienst orientiert,
für alle Bereiche der Weiterbildung.

51
n  Honorarverträge sollen in feste Stellen stammen. Viele werden von vornherein
umgewandelt werden. Honorarverträge, durch ­Zugangshürden vom Studium aus­
soweit sie noch nötig oder von den Beschäf­ geschlossen. Weiter hat die pandemiebe-
tigten gewollt sind, müssen an den TVÖD dingte Schließung der Hochschulen die
angepasst werden. Das gilt auch für Lehr- seit Jahren andauernde Konkurrenz und
kräfte in den Sprach- und Integrationskursen. Vereinzelung im Studium weiter befördert.
Das ist politisch gewollt. Es muss aber
n  Die Arbeitsagenturen und andere öffent­ nicht so ­bleiben. DIE LINKE setzt sich für
liche Auftraggeber müssen bei der Ver­gabe eine ­soziale, demokratische, offene und
die Qualität von Bildung und eine gute Bezah- inklusive Hochschule und Wissenschafts-
lung der Lehrkräfte in den Mittelpunkt stellen. landschaft ein. Wir stehen an der Seite
Bei der Vergabe von Bildungsdienstleistun- von Initiativen und Bewegungen, die für
gen durch die Bundesagentur für ­Arbeit sollen bessere Bedingungen kämpfen: für eine
die geltenden tariflichen Bestimmungen für Entfristung und faire Bezahlung von wissen-
alle Anbieter verbindlich sein. schaftlichem Personal, gute Studien- und
Lebensbedingungen für Studierende und
n  Volkshochschulen und andere öffentlich dafür, dass die Coronakrise auch an den
geförderte Weiterbildungseinrichtungen Hochschulen solidarisch bewältigt wird. Es
müssen ausreichend und dauerhaft finan- bleibt viel zu tun. Seit Jahren werden die
ziert werden. Lehrkräfte dürfen sich nicht Hochschulen und Universitäten unter dem
von einem befristeten Projekt zum nächs- Druck der öffentlichen Finanzierungssys-
ten hangeln müssen. Vielmehr sind für Dau- teme zur unternehmerischen Hochschule
eraufgaben auch Dauerstellen zu schaffen. ausgebaut. Das Ziel ist es, Wissen, Bildung
und Forschung wirtschaftlich verwertbar zu
n  DIE LINKE will eine Bildungsfreistellung machen. Durch die chronische Unterfinan-
für alle Beschäftigten und alle Weiterbildungs- zierung bleibt der Raum für unabhängige
bereiche bundesweit gesetzlich sichern, nicht und gesellschaftskritische Forschung und
nur für die berufliche Weiterbildung. Lehre und damit eine wesentliche Funk-
tion von Wissenschaft auf der Strecke.
n  Menschen ohne abgeschlossene Aus- Forschung ohne Drittmittel ist kaum noch
bildung sollen einen anerkannten Berufs- möglich. DIE LINKE fordert eine ausrei-
abschluss machen können. Dazu sollen chende Finanzierung der Hochschulen und
Umschulungen bedarfsgerecht verlängert Forschungseinrichtungen durch den Staat.
und der Zugang zur Externenprüfung soll
erleichtert werden. n  Wir wollen die Hochschulen weiter öffnen.
Ein Studium soll mit einem bestandenen
n  Wir fordern ein Weiterbildungsgeld: Wer Fachabitur, der allgemeinen Hochschulreife,
sich im Rahmen des sozialökologischen einer abgeschlossenen beruflichen Ausbil-
Umbaus neu orientieren oder weiterquali­ dung oder einem vergleichbaren Abschluss
fizieren muss oder möchte, erhält dafür aus- möglich sein.
reichend Zeit und Finanzierung (vgl. Kapitel
»Sozialer und ökologischer Systemwechsel«). n  Jegliche Form von Studiengebühren für
Menschen mit und ohne deutschen Pass
Gutes Studium, gute Arbeits­ schaffen wir ab.
bedingungen, gute Forschung­
n  Das BAföG muss an die Lebenswirklich-
Das Studium ist von Leistungsdruck und keit angepasst werden und die Ausbildung
Zeitdruck geprägt. Das führt zu Stress bei umfassend finanzieren. Nur noch 11 Pro-
Studierenden und Beschäftigten. Dazu zent der Studierenden erhalten überhaupt
kommt: Viele Studierende haben in der BAföG, nur 8 Prozent den Höchstsatz. Wir
Coronakrise ihre Nebenjobs verloren und setzen uns für ein rückzahlungsfreies,
wissen nicht, wie sie die Miete aufbrin- elternunabhängiges und bedarfsgerech-
gen sollen. Das trifft vor allem diejenigen tes BAföG ein, das alle erreicht, die es
hart, die nicht aus wohlhabenden Familien brauchen. Bildungsentscheidungen sollen

52
frei von Finanzsorgen oder Vorlieben n  Wir fordern ein Weiterbildungspro­
der Eltern ­getroffen werden können. Der gramm für den sozialökologischen
BAföG-Fördersatz muss regelmäßig und Umbau, das durch den Bund und durch
auto­matisch an die tatsächlichen und eine Unternehmensumlage mitfinanziert
­steigenden Lebenshaltungs- und Wohn­ wird: Wer sich beruflich umorientieren
kosten angepasst werden. Wir wollen möchte, soll die Möglichkeit erhalten, an
die Altersgrenzen beim BAföG abschaffen einer Hochschule ein Studium oder eine
und die Bezugsdauer an die reale durch- Zusatzqualifizierung in einem sozialen oder
schnittliche Studiendauer anpassen. ökologischen Bereich zu absolvieren, in
­Ebenso muss die Kopplung des BAföG an dem zukünftig mehr Beschäftigte benötigt
Leistungsüberprüfungen abgeschafft werden. (vgl. Abschnitt »Weiterbildung« im
­werden. Förderlücken müssen geschlos- Kapitel »Arbeit«)
sen werden. Menschen mit Duldung,
Aufenthaltsgestattung und mit humanitären n  Inhalte von Lehre und Forschung orien­
Aufenthaltstiteln müssen mit Aufnahme tieren sich immer stärker an wirtschaftlicher
des Studiums oder der Ausbildung Zugang Verwertbarkeit und Konzerninteressen. Wir
zur Ausbildungsförderung haben. wollen Hochschulen in gesellschaftlicher
Verantwortung und setzen uns für kritische
n  Zugangs- und Zulassungsbeschrän­ Wissenschaft und Lehre ein, die im Sinne
kungen wie Numerus clausus, Auswahl- einer sozial gerechten, ökologisch nachhal-
gespräche, IQ-Tests oder Bewerbungs­ tigen und friedlichen Welt eingreift.
gespräche müssen abgeschafft werden.
Wir schlagen dazu ein Hochschulzulas- n  Demokratisierung der Hochschulen:
sungsgesetz vor. Wir streiten bundesweit für verfasste
Studierendenschaften mit allgemeinpoli­
n  Der Zugang zum Master muss für Bachelor- tischem Mandat. Hochschulgremien sollten
Absolvent*innen überall zulassungsfrei sein. öffentlich tagen, wo es möglich ist. Sie
Dafür müssen Masterstudienplätze bedarfs- müssen paritätisch besetzt werden, sodass
gerecht ausgebaut werden. alle Statusgruppen, auch die Studierenden,
gleich stimmberechtigt vertreten sind. Statt
n  Für Geflüchtete soll die Aufnahme des einseitiger Stärkung der Hochschulleitung
Studiums einfacher werden. Dafür ­müssen brauchen wir eine Stärkung der demokratisch
zusätzliche Studienplätze geschaffen durch alle Hochschulangehörigen gewählten
­werden und im Ausland erworbene Bil­ Hochschulgremien. Gremien, die sich an
dungsab­schlüsse schnell und unbürokra- ­Aufsichtsräte anlehnen – wie Hochschulräte –
tisch anerkannt werden. Die Auf­nahme gehören abgeschafft. Den demokratischen
eines Studiums muss ein Bleiberecht Austausch der Hochschule mit zivilgesell-
sicherstellen und vor Abschiebung schützen. schaftlichen Akteuren, Gewerkschaften,
Auch Wissenschaftler*innen, die politisch Bürgerinitiativen, Sozialverbänden wollen
verfolgt sind, wollen wir die Fortführung wir stärken. Hochschulen sollen offene Orte
ihrer wissenschaftlichen Arbeit an Hoch- der gesellschaftlichen Debatte sein. Das
schulen in Deutschland ermöglichen. muss Vorrang vor kommerzieller Nutzung
der Hochschulräume haben.
n  Den Zugang für ausländische Studie­
rende wollen wir vereinfachen. Den Verein Gute Wissenschaft
uni-assist e. V. wollen wir in eine Anstalt braucht Gute Arbeit
öffentlichen Rechts überführen, die der
Bund finanziert. n  Dazu muss der wissenschaftliche und
nichtwissenschaftliche Unter- und Mittelbau
n  Wir wollen ausfinanzierte und demo­ gestärkt werden. Daueraufgaben müssen
kratisch wirkmächtige Fachschaften, die auf Dauerstellen bearbeitet werden.
die Studierendenschaft organisieren. Und Prekäre Arbeit, Lehre zu Dumpingvergütung
ein zusätzliches Mentoringprogramm für und die Ausbeutung von Lehrbeauftragten
Studie­rende aus Nichtakademikerfamilien. und nichtwissenschaftlichen Beschäftigten

53
lehnen wir ab. Die Honorare für Lehraufträge n  Steuermittel zur Forschungsförderung
wollen wir erhöhen, sie müssen auch die dürfen nur an tarifgebundene Einrichtun-
Vor- und Nachbereitung abdecken. Zentrale gen gehen. Das schafft auch Anreize, dass
Lehraufgaben müssen auf festen, unbefris- die Institute der Max-Planck-Gesellschaft,
teten Stellen geleistet werden. Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemein-
schaft und Leibniz-Gemeinschaft Mitglied
n  Frist ist Frust. Rund 90 Prozent der in einem Arbeitgeberverband werden.
­ eschäftigten im wissenschaftlichen
B
Mittelbau sind befristet beschäftigt. Das Investitionen in die
Sonderbefristungsrecht für wissenschaft- soziale I­ nfra­struktur­
liches Personal wollen wir abschaffen:
Unbe­fristete Arbeitsverhältnisse müssen n  Der Bund muss dauerhaft Mitverant­
die Norm werden. wortung für die Grundfinanzierung der
öffentlichen Hochschulen übernehmen.
n  Statt von einzelnen Professor*innen Wir wollen den Zukunftsvertrag entfristen
abhängig zu sein, soll der wissenschaftliche und zu einem Dauerzuschuss weiter­
Nachwuchs Abteilungen (Departments) entwickeln. Die Exzellenzstrategie befeuert
zugehören. Wir wollen mehr feste Stellen ein konkurrenz­orientiertes Denken in der
neben der Professur schaffen. Qualifikati­ Wissenschaft. Der aufwendige Bewer-
onsstellen von Doktorand*innen müssen bungs- und Auswahlprozess schadet einer
mit 100 Prozent vergütet werden. gesellschaftlich verantwortungsbewussten
Wissenschaftskultur. Wir wollen statt­
n  Wir brauchen einen flächendeckenden dessen Studium und Wissenschaft flächen-
Tarifvertrag für studentische Beschäftigte und fächerdeckend ausfinanzieren.
sowie deren Vertretung im Personalrat.
n  Wir wollen Fachhochschulen bzw.
n  Studentische Beschäftigte müssen ­ ochschulen für angewandte Wissen­
H
­ ittelfristig in den TV-L eingegliedert wer-
m schaften deutlich besser ausstatten. Für
den. Wir unterstützen die TVStud-­Initiativen Studierende an Fachhochschulen wird
in ihrem Anliegen nach kurz­fristig eigenen nicht genug Geld zur Verfügung gestellt,
Tarifverträgen. obwohl es immer mehr werden. Es braucht
­aus­reichend ­Finanzierung statt »Billig­
n  Frauen stärken: Wir wollen eine 50-pro- studienplätze«. Fachhochschulen sollen
zentige Frauenquote auf jeder Karrierestufe das Promotionsrecht erhalten.
durchsetzen und das Professorinnen­pro­
gramm zu einem Programm für die Förderung n  Die Gemeinschaftsaufgabe Hochschul­
von Frauen auf allen Karrierestufen weiter- bau muss wieder im Grundgesetz verankert
entwickeln. und ein Sonderprogramm für den Neubau
von Wohnheimplätzen gestartet werden.
n  Die Hochschulen werden zu einem Die Lehre soll durch eine Grundfinanzierung
wesentlichen Teil durch nicht wissen­ gesichert werden, die sich an der Zahl der
schaftliches Personal in der Verwaltung, tatsächlichen Studienanfänger*innen und
dem Gebäudemanagement und dem an den Kosten des Studienplatzes bemisst.
­Forschungsbetrieb mitgetragen. Wer von
Arbeitsbedingungen an Universitäten spricht, n  DIE LINKE fordert einen Hochschul­
darf diesen Teil der Beschäftigten nicht sozialpakt: Geld für mehr bezahlbare
vernachlässigen. Aus der Krise lernen heißt Plätze in Wohnheimen, Mensen und Hilfe
auch zu erkennen, dass es einen Personal­ für Studieren­denwerke, die durch die
aufbaupakt für die Hochschulverwaltung ­Coronakrise in eine Schieflage geraten
braucht. Auch in der Hochschulverwaltung sind. Wir wollen ein finanzielles Unter-
gilt für uns: Dauerstellen für Daueraufgaben. stützungsprogramm für kostengünstige
Semestertickets für Studierende. Pers-
pektivisch fordern wir einen ticketfreien
öffentlichen Nahverkehr für alle.

54
n  Das duale Studium muss öffentlich- n  Forschung für Frieden statt für Krieg
rechtlich akkreditiert werden und zu gleich­ und Rüstungsindustrie: Wir fordern die
wertigen Abschlüssen führen. Dual Studie- Verankerung von Zivilklauseln an allen
rende müssen einen Ausbildungsvertrag Hochschulen und allen wissenschaftlichen
mit einer Mindestvergütung bekommen. Der Einrichtungen sowie die Förderung von
Zugang zum dualen Studium muss ohne Friedensforschung.
Abitur möglich sein.
n  Um dem neoliberalen Mainstream in
Transparente Forschung und den Wirtschaftswissenschaften kritisches
­gesellschaftliche Verantwortung: Denken zur Seite zu stellen, wollen wir
plurale Ansätze in Forschung und Lehre an
n  Kooperationsvereinbarungen, Sponso- Hochschulen, Universitäten und in der
ring und sonstige Verträge, die öffentliche ­Politikberatung fördern. Dazu gehören (post-)
Bildungs- und Forschungseinrichtungen keynesianische, marxistische, ökologische
mit privaten Unternehmen oder Stiftungen und feministische Wirtschaftstheorien.­Wir
abschließen müssen offengelegt werden. fordern im Rahmen der Forschungs- und
Sie nehmen direkt oder indirekt Einfluss auf Innovationsförderung des Bundes die Ein­
Wissenschaft. rich­tung eines Forschungsclusters zu sozial­
ökologischer Transformation mit hetero­
n  Der Ausbau der IT muss einhergehen doxer Ausrichtung der Forschung. Auch
mit einer besseren Ausbildung von Lehr­ müssen plurale Ansätze bei der Förderung
amtsstudierenden und aktiven Lehrkräften: von Promovierenden stärker berücksichtigt
Digitale Kompetenzen und Unterrichts- werden. Die Theorie- und Forschungsansät-
methoden müssen fester Bestandteil des ze sollen auch bei der Ausschreibung und
Studiums werden. Auch danach braucht Vergabe von wissenschaftlichen Beratungs­
es Fortbildungsangebote. leistungen durch die öffentliche Hand
beachtet werden.
n  Digitale Infrastruktur ausbauen: Für
einen schnelleren Aus- und Aufbau digi- n  Wir brauchen eine staatlich finanzierte
taler Infrastrukturen an den Hochschulen Forschungsförderung, die sich den gesell-
sollen von Bund und Ländern zusätzliche schaftlichen Herausforderungen durch die
finanzielle Mittel durch einen Hochschul- Beachtung kritischer und pluraler For-
digitalpakt zur Verfügung gestellt werden. schung stellt.
Statt Leuchtturmprojekten braucht es eine
­Digitalisierungsoffensive für die Hoch- Forschung und Wissenschaft müssen
schulen bundesweit. Doch Technik allein zur Lösung von sozialer Spaltung, Klima-
macht noch keine gute Onlinelehre. Lehren- wandel und Umweltproblemen beitragen.
den muss der Zugang zu Fort- und Weiter- In diesem Sinne wollen wir die milliarden­
bildung für digitale Lehr- und Lernangebote schwere Innovations- und Technologie-
erleichtert werden. förderung des Bundes, auch die gemein-
sam von Bund und Ländern finanzierte
n  Digitale Medien dürfen nicht zum Ein- außeruniversitäre Forschung strategisch
fallstor für Privatisierung der Bildung durch ausrichten. Neben technischen sind dabei
private kommerzielle Anbieter, Unterneh- besonders soziale Innovationen wichtig.
men oder Verlage werden. In Bildungsein- Wir wollen diese Forschungslandschaft
richtungen eingesetzte Software sollte stärker mit der Arbeit der Hochschulen
freie Software sein. verknüpfen.

55
Klimaschutz sozial gerecht:
Für einen sozialökologischen Systemwechsel
Die ökologische Krise ist die große besitzt, kann sich vor Hitze, Trockenheit
Überlebensfrage des 21. Jahrhunderts. und Überschwemmung in Sicherheit bringen.
Gleichzeitig ist sie eine Klassenfrage. Die Armen können das nicht. Die Natur­
zerstörung bedroht materielle Lebensgrund­
Es geht längst nicht nur um den Klimawandel: lagen und wird selbst zur sozialen Frage.
Umweltforscher*innen gehen davon aus,
dass von neun planetaren Grenzen (also Den ökologischen Umbau planen
physikalischen Grenzen des ökologischen
Erdsystems) einige bereits überschritten Um die Naturzerstörung zu stoppen, müs-
sind. Das betrifft insbesondere die Erder- sen Ressourcenverbrauch und Emissionen
wärmung, das massenhafte Artensterben, auf ein nachhaltiges Niveau abgesenkt
die Veränderung der Landnutzung sowie werden. Ökosysteme haben Belastbarkeits-
die Störung der Phosphor- und Stickstoff- grenzen, die nicht überschritten werden
kreisläufe. Jedes dieser Probleme hat das dürfen. Unter den Bedingungen des
Potenzial, unserer Gesellschaft die materi­ »freien« Weltmarkts ist Nachhaltigkeit auf
elle Grundlage zu entziehen. Die Corona­ Dauer nicht möglich. Statt einer Wirt-
pandemie zeigt: Die Zerstörung natürlicher schaft, die für ­Profite arbeitet, brauchen
Lebensräume lässt die Wahrscheinlichkeit wir eine Wirtschaft, die klaren sozialen
von Pandemien rasant steigen. Diesen und öko­logischen Zielen folgt, die mit
verheerenden Prozess der Naturzerstörung den verbleibenden Ressourcen haushal­
müssen wir stoppen. ten kann und die für die Bedürfnisse der
Menschen arbeitet. Alle Erfahrungen der
Der Klimawandel ist auch ein medizini- letzten Jahrzehnte belegen es: Techno-
scher und pflegerischer Notstand: Die Zahl logische Erfolge – zum Beispiel durch
hitzebedingter Behandlungen und von den Ausbau erneuerbarer Energien oder
Hitzetoten wächst. Luftverschmutzung durch bessere Antriebssysteme – werden
­verschärft chronische Krankheiten, Trink- durch sogenannte Reboundeffekte sofort
wasserreservoirs versiegen. Der Wohl- wieder wettgemacht. Verbrennungsmo­
stand der Industrieländer ist untrennbar toren werden effizienter, dafür werden die
mit der Ausbeutung des Globalen Südens Fahrzeuge schwerer. Die Digitalisierung
verbunden. Dreckige Industrieprozesse erlaubt umweltfreundlichere Formen des
und ausbeuterische Jobs sind in Entwick- Arbeitens, hat aber gleichzeitig einen
lungs- und Schwellenländer ausgelagert ökologisch verheerenden Bergbauboom
worden, während die Produkte und Profite ausgelöst. Selbstverständlich sind grüne
in den Globalen Norden wandern. Technologien Teil des sozialökologischen
Systemwechsels, aber sie allein werden
Die Umweltzerstörung ist von den sozialen die Naturzerstörung nicht stoppen.
Verhältnissen im Kapitalismus nicht zu
trennen. Studien weisen schon lange darauf Wir brauchen deshalb politische Maß-
hin, dass der ökologische Fußabdruck nahmen, die den Ressourcenverbrauch
extrem ungleich verteilt ist. Das gilt nicht und Emissionen deckeln und absenken.
nur für das Verhältnis zwischen reichen Am ­dringendsten gilt das für die klima-
und armen Staaten, sondern auch für schädlichen Emissionen. Für sie müssen
Deutschland selbst. Während die Reichsten verbindliche Obergrenzen durchgesetzt
für einen überdurchschnittlichen Anteil der werden, die den Unternehmen, aber auch
klimaschädlichen Treibhausgasemissionen der Gesellschaft klare Vorgaben machen.
verantwortlich sind, sind die Armen von Unser Planet hat physikalische Grenzen –
Umweltveränderung und Verschmutzung diese Erkenntnis muss sich endlich auch in
am stärksten betroffen. Wer Vermögen Wirtschaft und Politik durchsetzen.

56
Sozialökologische Stress für alle durch kürzere Arbeitszeiten
Investitionsoffensive­ mit Lohn- und Personalausgleich.

Um Ressourcenverbrauch und Emissionen Die Infrastruktur in vielen Kommunen und


nachhaltig absenken zu können, brauchen Regionen wurde kaputtgespart. Es man-
wir einen gezielten Umbau von Wirtschaft gelt an Einrichtungen, Dienstleistungen
und Gesellschaft. Mit sozialökologischen und Personal. Das betrifft besonders
Investitionen wollen wir dafür sorgen, dass gering verdienende Menschen und führt
dieser Umbau nicht auf Kosten der Beschäf- im Alltag bei vielen zu Stress. Mit einer
tigten und der breiten Bevölkerung erfolgt. sozialöko­logischen Investitionsoffensive
Wir schlagen deshalb ein Sofortprogramm wollen wir das ändern. Wir wollen attraktive
gegen die soziale und Wirtschaftskrise vor, Dienst­leistungen und öffentliche Angebote
das zugleich die Weichen für eine bessere, für Gute Arbeit schaffen – inklusiv, demo­
klimagerechte Zukunft für alle stellt und die kratisch und gemeinwohlorientiert. Wir
Gesellschaft durch eine starke öffentliche, setzen dabei auf eine Erneuerbare-Energien-
soziale Infrastruktur krisenfester macht. Es und Mobilitätswende für ökologische und
geht um Anerkennung für diejenigen, die die bezahlbare Energieversorgung und Mobi­
Gesellschaft am Laufen halten – und um ein lität für alle. Auf Investitionen in bezahlbare,
besseres Leben für alle. Klimaschutz und energieeffiziente Wohnungen, die von gut
soziale Gerechtigkeit gehören für uns untren­ bezahlten Beschäftigten gebaut ­werden.
nbar zusammen. Ohne soziale Gerech­tigkeit Auf einen klimaneutralen Umbau der Kom­
kann keine große Transformation hin zu munen, der wohnortnahe Versorgung,
­einer klimaneutralen Wirtschaft gelingen, funktionierende Infrastruktur und mehr
weil die Menschen gar nicht in die Lage Lebensqualität ermöglicht.
versetzt werden, den Klimaschutz in ihrem
Alltag umzusetzen und sich dafür einzu­ Die Bundesregierung schaut zu, wie Arbeits-
setzen. Ohne Klimagerechtigkeit gibt es plätze in Deutschland vernichtet werden.
jetzt und in Zukunft keine soziale Gerechtig- Mit Klimapolitik hat das nichts zu tun,
keit, denn die Klimakrise trifft die zuerst, umso mehr mit Renditen der Aktionäre der
die sozial schlecht gestellt sind. Konzerne. Milliarden von Steuergeldern aus
Hilfspaketen und Subventionen gehen an die
Es ist Zeit, den Profitmechanismus prinzi­ Konzerne, ohne Bedingungen, ohne Job-
piell infrage zu stellen, damit die Vielen eine garantien. Eine massive gesellschaftliche
Zukunft haben. Ressourcenverbrauch darüber Richtungsauseinandersetzung ist längst im
hinaus ist weder möglich noch nötig. Es ist Gange: Renditen für Aktionäre auf Kosten
Zeit, dass endlich diejenigen von der not- der Belegschaften und der Zukunft unserer
wendigen Transformation zu einer klimage- Kinder und Enkelkinder – oder eine »soziale,
rechten und solidarischen Gesellschaft ökologische und demokratische Transfor-
profitieren, die es in den letzten Jahren mation« (so die IG Metall). Die produktive
schwer hatten: Beschäftigte im Niedriglohn- Arbeit und das Wissen der Beschäftigten
sektor, in der Industrie oder auf dem Bau, in der Industrie sind eine unverzichtbare
in sozialen Dienstleistungen und der »sys- Grundlage für ein sozial gerechtes und
temrelevanten« Infrastruktur, Mieter*innen, klimagerechtes Wohlstandsmodell der
Menschen, die ihre Angehörigen und Zukunft. Zugleich brauchen wir ein ande-
Freund*innen pflegen. Unser Programm res Produktionsmodell, das nachhaltige
für eine sozial gerechte und klimagerechte Lebensweisen und hohe Lebensqualität
Gesellschaft setzt deshalb auf Löhne, die für alle ermöglicht. Eine Produktion, die auf
für ein gutes Leben reichen. Wir wollen mit Rüstungsgüter und teure Eigentumswoh-
Investitionen Einstiege schaffen in ein neues, nungen setzt, die Autos mit immer mehr
sozial gerechtes, klimagerechtes und ge­ PS, Energie- und Ressourcenverbrauch
schlechtergerechtes Wohlstandsmodell baut, hat ebenso wenig eine Zukunft wie die
mit einer gerechten Verteilung von Arbeit Herstellung von Wegwerfprodukten (zum
und Reichtum. Statt blinden Wachstums Beispiel Elektro- und IT-Geräte mit wenigen
der Profite wollen wir mehr Zeit und weniger Monaten Haltbarkeit).

57
Investieren in gut bezahlte, wir krisenfest machen und aus­bauen
­klimaneutrale Jobs ­und die Infra­ (vgl. Kapitel »Gesundheit und Pflege«).
struktur für ein besseres Leben
n  Gute Bildung für alle: Wir stellen
Für den notwendigen Umbau der Wirtschaft 200 000 zusätzliche Erzieher*innen ein,
sind Regeln und Konzepte notwendig – um allen Kindern einen guten Kitaplatz
­Anreize, Subventionen und Steuererleichte- zu garantieren und flächendeckende Ganz­
rungen reichen nicht aus. Nur mit massiven tagsbetreuung zu gewährleisten. An den
öffentlichen Investitionen können wir den ­Schulen wollen wir zudem 100 000 neue
Umbau hin zu einer klimaneutralen Wirt- ­Stellen für Lehrer*innen und Sozial­päda­
schaft und Infrastruktur in anderthalb Jahr- gogen*innen schaffen. Wir wollen Gebäude
zehnten schaffen. LINKE Wirtschaftspolitik sanieren, Kitas, Schulen und Unis bedarfs-
setzt auf sichere Arbeitsverhältnisse, auf gerecht und zukunftsfähig ausstatten und
eine gute Versorgung aller und auf demo- Inklusion fördern – pro Jahr 58 Milliarden
kratische Entscheidung über Investitionen, Euro (vgl. Kapitel »Bildung«).
die eine gemeinwohlorientierte, bedarfs-
gerechte und klimaneutrale Wirtschaft auf n  Wir schaffen einen Neustart im sozialen
den Weg bringen sollen. und gemeinnützigen Wohnungsbau. Wir
schaffen mindestens 250 000 bezahlbare
Statt Privatisierungen und öffentlich-­ Wohnungen pro Jahr, deren Mieten sich
private »Partnerschaften«, die sich nach ganz normale Beschäftigte leisten können.
dem Profit weniger richten, wollen wir Wir investieren in ein Förderprogramm für
­Investitionen so gestalten, dass die sozial gerechte ökologische Modernisierung
verwendeten Steuergelder allen zugute- von Gebäuden (vgl. Kapitel »Wohnen und
kommen. Die Investitionen müssen die Mieten«).
Lebensqualität der Menschen spürbar
verbessern. Es fehlen 100 000 Pflege­­ n  Erneuerbare Energiewende: Um das
kräfte in den ­Krankenhäusern und bezahl­ Klima zu retten, müssen erneuerbare
barer Wohnraum in vielen großen und Energien bis 2035 das System der fossilen
mittleren ­Städten. Das wollen wir ändern. Energien ersetzen. Erneuerbare Energien
Wir werden jährlich über 120 Milliarden sind begrenzt durch Ressourcen und ver­
Euro in die öffentliche Daseinsvorsorge fügbare Flächen. Deshalb ist die Begren-
und Infrastruktur investieren. Durch höhere zung des absoluten Verbrauchs notwendig.
Einnahmen aus Steuern und Sozialbei­ Die Förderung durch das Erneuerbare-
trägen können diese Ausgaben mindestens Energien-Gesetz wird so ausgerichtet, dass
zur Hälfte refinanziert werden. Durch mehr es auch für Kleinbetreiber und Kommunen
öffentliche Investitionen auf kommunaler, rentabel ist. Die großen Energiekonzerne
Bundes- und Länderebene und durch eine werden entmachtet und Energieversorgung
gerechte Verteilung der ­Arbeit können wird am Gemeinwohl ausgerichtet. Durch
über eine Million neuer Arbeitsplätze in die Energiewende in öffentlicher und genos­
kurzer Vollzeit (mit 30 Stunden pro Woche) senschaftlicher Hand können bis 2030 über
geschaffen werden. 100 000 hochwertige und gut bezahlte
Arbeitsplätze in der Produktion, Installation
Mit dem sozialökologischen Investitions- und Wartung dieser Anlagen geschaffen
und Zukunftsprogramm investieren wir in: werden. Investitionen in die Energiewende
stärken insbesondere die regionale Wirt-
n  Mehr Personal in Pflege und Gesund­ schaft (vgl. Kapitel »Klimagerechtigkeit und
heit: Wir wollen den Pflegenotstand been- Energiewende«).
den, der der Gesundheit von Pflegekräften
schadet und Menschenleben gefährdet. n  Wir bauen Bus und Bahn aus und senken
Dafür wollen wir 100 000 Pflegekräfte in die Preise drastisch. Im Nahverkehr führen
Krankenhäusern sowie 100 000 in Pflege- wir ein 365-Euro-Jahresticket ein, schritt-
einrichtungen und Pflegediensten einstellen. weise machen wir ihn für die Nutzer*innen
Den öffentlichen Gesundheitsdienst wollen vollständig kostenlos. Sind Menschen nicht

58
mehr auf den motorisierten Individualver­ öffentlichen Investitionsbanken der Mit-
kehr angewiesen, können Autos durch gliedstaaten einen klimaneutralen Umbau
ökologische Verkehrsmittel ersetzt werden. der Wirtschaft bis 2035 unterstützen und
Wir brauchen weniger Autos und Modelle ­investieren können in Gesundheitsversor-
mit einem geringeren ökologischen Fußab- gung und Bildung, erneuerbare Energien,
druck. Dieser Umbau darf nicht dem Markt Bahn und Nahverkehr und sozialen und
und privaten Konzernen überlassen werden. ökologischen Wohnungsbau (vgl. Kapitel
Kurzstreckenflüge und große Teile des »Europa«).
Güterverkehrs verlagern wir auf die ­Schiene.
Wir investieren in Radwege, Fußwege und Arbeitsplatz- und Einkommens­
Stadtumbau, fördern kurze Wege und garantien: ­Einstieg in ein neues
schaffen vernetzte Mobilität (vgl. Kapitel Wohlstandsmodell
»Gerechte Mobilität«).
Es geht auch um ein neues Wohlstands­
n  Starke Kommunen mit klimaneutraler, modell: Mit der sozialökologischen Investi­
sozialer Infrastruktur für ein besseres tionsoffensive und einer allgemeinen
­ eben: Wir entlasten die Kommunen, fördern
L ­Arbeitszeitverkürzung in Richtung der kur-
benachteiligte Regionen und investieren zen Vollzeit (28 bis 35 Stunden bei vollem
in gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost Lohn- und notwendigem Personalausgleich)
und West, in allen Regionen des Landes. schaffen wir sichere und sinnvolle Arbeit
Bei Investitionsmitteln wird ein Vorrang für alle und mehr Zeitwohlstand. Dadurch
für strukturschwache Regionen und sozial können wir im Laufe von zehn Jahren über
abgehängte Kommunen und Stadtteile 2 Millionen neue, gut bezahlte Arbeits-
eingeführt. Wir schaffen Zugang zu schnel- plätze mit Zukunft schaffen. Arbeitsplätze,
lem Internet überall und investieren in die mittelfristig durch Digitalisierung und
Barrierefreiheit: im Verkehr, in öffentlichen Rationalisierung, Strukturwandel und
Gebäuden und beim Wohnungsbau. Regio- ökologische Modernisierung verloren gehen,
nale Wirtschaftsförderung und Wirtschafts- werden mehr als kompensiert. Ökologisch
kreisläufe schaffen Arbeitsplätze, soziale zerstörerische oder von den Beschäftigten
Infrastrukturen erleichtern das Leben. als sinnlos erlebte Arbeit, schlecht bezahlte
Durch Strom-, Mobilitäts- und Wärmewende Mc-Jobs, werden durch gute und sinnvolle
entstehen sozial gerechte und klimaneut- Arbeit ersetzt. Die Menschen, die die Gesel­
rale Kommunen mit mehr Lebensqualität lschaft am Laufen halten, werden besser
für alle: bezahlbares Wohnen, gute wohn- bezahlt. Damit geht die Aufwertung der
ortnahe Gesundheitsversorgung, kurze sozialen Berufe einher. Unser sozialöko­
Wege, weniger Lärm, mehr Parks und Urban logischer Systemwechsel ist deshalb auch
Gardening, Spielplätze und Sportanlagen, ein Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit.
preiswerte und klimafreundliche Naherho-
lungsangebote. Zu einer gerechten Transformation gehört,
dass sich Beschäftigte, die den Beruf und
n  Rettungsschirm für Industriearbeits­ die Branche wechseln, weiterqualifizieren
plätze: Von unserem Industrietransfor­ können, ohne ihr Einkommen zu gefährden.
mationsfonds profitieren Betriebe, die den Für die Zeit der Weiterbildung wollen wir ein
sozialökologischen Umbau vorantreiben Weiterqualifizierungsgeld einführen, das
und gleichzeitig Arbeitsplätze zu guten 90 Prozent des letzten Gehalts beträgt. Das
Bedingungen sichern. Weiterbildungsgeld wird anteilig über die
Agentur für Arbeit und einen Fonds finan-
n  Sozial und ökologisch gerecht in ziert, in den Unternehmen einzahlen. Die
­ uropa: Wir wollen die Europäische Zentral­
E Zeit der Weiterbildung wird nicht auf den
bank an dem Ziel der Förderung guter und Anspruch auf Arbeitslosengeld angerechnet.
sinnvoller Arbeit, der Vollbeschäftigung Die Fachhochschulen und Universitäten
und sozialökologischen Transformation in wollen wir für Beschäftigte in der Industrie
der EU ausrichten. Die EZB muss Kredit- öffnen und durch eigene Weiterqualifizie-
programme zur Verfügung stellen, damit die rungsmöglichkeiten für Zukunftsberufe und

59
Schlüsselqualifikationen in Zusammenar- n  Keine Steuergelder ohne Gegen­
beit mit Betriebsräten und Gewerkschaften leistung. Staatliche Gelder (egal ob direkte
attraktiver machen. Hilfszahlungen oder versteckte Subven­
tionen) müssen an langfristige Garantien
Industriearbeitsplätze von Arbeitsplätzen, Tarifverträgen und an
mit Zukunft schaffen verbindliche Investitionspläne gebunden
werden, um den notwendigen ökologischen
Die Zukunft von Industriestandorten berührt Umbau der Produktion voranzutreiben,
viele Regionen. Familien und Nachbar- ­Planungssicherheit und sichere Einkommen
schaften sind betroffen, die Einnahmen der für die Beschäftigten zu garantieren.
Kommunen und ihre soziale Infrastruktur.
Die Industriepolitik der Bundesregierung n  Vetorechte gegen Kahlschlag, Mitbe­
folgt den Interessen des Kapitals: An erster stimmung über die Zukunft. Die Beleg-
Stelle stehen die Profite der großen Export- schaften müssen bei Entscheidungen über
konzerne, nicht die mittelfristige Zukunft Standortverlagerungen, – schließungen
der Beschäftigten, Klimaschutz und der und – auslagerungen, bei Massenentlassun-
Nutzen für die Gesellschaft. Die Abhängig- gen und bei Entscheidungen über Zukunfts-
keit der Industriestruktur in Deutschland investitionen mitbestimmen! Betriebsräte
vom Export und von der Autoindustrie ist müssen auch in wirtschaftlichen Fragen ein
eine wirtschafts- und industriepolitische Mitbestimmungsrecht bekommen und alle
Sackgasse. wichtigen Unternehmensentscheidungen
müssen von Belegschaftsversammlungen
Die Industriestruktur muss regionaler, bestätigt werden.
krisenfester und unabhängiger vom Export
werden – und die Industrie perspekti- n  Die Bundesregierung muss, zusammen
visch klimaneutral produzieren. Anders mit den Belegschaften, den Gewerkschaften,
als Konzepte von Strukturwandel in der Wissenschaft, Umwelt- und Sozialverbän-
Vergangenheit geht es nicht um Subven- den einen verbindlichen Zukunftsplan
tionen von Konzernen und eine gewisse für die Industrie entwickeln, der für eine
»soziale Ab­federung« der Folgen von Krisen, klimaneutrale Industrieproduktion bis
sondern um eine bessere Zukunft für die 2035 sorgt und mit Arbeitsplatz- und
Beschäftigten in der Industrie: sinnvolle Einkommensgarantien für die Beschäf­
und sichere Arbeit, Löhne, die für ein gutes tigten verbunden ist. Die Industriekonzerne
Leben reichen, weniger Stress und mehr müssen verpflichtet werden, diesen Um-
freie Zeit. bau in die Wege zu leiten – sie sind gemäß
dem Grundgesetz auf das Gemeinwohl
Unser Ziel ist es, dass die Industrie bis zu verpflichten. Bei der Finanzierung der
2035 klimaneutral, nachhaltig und energie­ ­ökologischen Modernisierung der Produk-
effizient produziert und die Industriestruk- tion wollen wir die Konzerne und Aktionäre
tur in Deutschland unabhängiger vom Export in die Pflicht nehmen. Zur Erinnerung: Allein
von Autos, Waffen, Sicherheitstechnik und Daimler, VW und BMW hatten im vergan-
umweltschädlichen Formen der Chemie­ genen Jahr Gewinnrücklagen in Höhe von
produktion wird. Wir wollen mit den Gewerk­ knapp 180 Milliarden Euro.
schaften zusammen einen Prozess der
Rüs­tungskonversion auf den Weg bringen n  Ein Industriefonds über 20 Milliar­
(vgl. Kapitel »Frieden«). Dabei muss sicher- den Euro im Jahr: Mit einem staatlichen
gestellt werden, dass neue, gleichwertige ­Transformationsfonds über 20 Milliarden
Arbeitsplätze in den betroffenen Regionen Euro im Jahr soll der notwendige ökolo-
geschaffen werden. gische ­Umbau insbesondere in der Auto­
zulieferindustrie unterstützt werden.
Wir fordern statt Subventionen für Aktio- Von diesem Fonds profitieren nur Betriebe,
närsrenditen einen Rettungsschirm für die Arbeitsplätze sichern, gute Löhne und
Industriearbeitsplätze, der für sichere flächendeckende Tarifverträge haben.
und sinnvolle Arbeit in der Zukunft sorgt:

60
n  Ein Investitionsprogramm für einen der (Rüstungs-)Industrie umgebaut werden.
zukunftssicheren Umbau hin zu einer klima­ Betriebliche Mitbestimmung entwickeln
neutralen Stahl- und Grundstoffindustrie, wir zu echter Wirtschaftsdemokratie weiter.
­unter anderem mit Einsatz von grünem Das ist auch notwendig, weil Impulse aus
Wasserstoff. Staatliche Hilfsgelder darf es Politik und Wirtschaft nicht ausreichen wer-
nur mit demokratischer Kontrolle und im den, das Klima in der gebotenen Geschwin-
Gegen­zug zu öffentlichen Eigentumsan- digkeit zu schützen.
teilen an den Stahlkonzernen und einer
stärkeren Mitbestimmung der Beleg­- n  Staatliche Fördergelder müssen vorrangig
schaf­ten geben. für ökologische Modernisierung, regionale
Strukturpolitik in wirtschaftlich abgehängten
n  Wir wollen ein sozial wie klimagerecht Regionen und für Genossenschaften ver­wen­
ausgerichtetes Lieferkettengesetz. Das det werden. Genossenschaften müssen in
Gesetz muss das Pariser Abkommen sowie allen Bereichen der staatlichen Wirtschafts-
eigenständige umweltbezogene Sorgfalts- förderung gleichberechtig berücksichtigt
pflichten für Unternehmen verankern (vgl. werden.
Kapitel »Soziale Gerechtigkeit weltweit«).
n  Wir fördern Unternehmen, die ganz
n  Wir setzen uns für einen europäischen oder zum Teil im kollektiven Eigentum der
CO2 -Grenzausgleichsmechanismus ein, Belegschaft stehen, durch Bevorzugung
der den Import CO2 -intensiver Produkte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Im
bepreist. So verhindern wir, dass die Dekar- Forschungsförderungsgesetz wollen wir ei-
bonisierung der Industrie in Deutschland nen verbindlichen Anteil für Grundlagenfor-
und der Europäischen Union zulasten der schung im Bereich der solidarischen Öko-
hiesigen Beschäftigten geht und zur Ver- nomie verankern. Zudem wollen wir eine
lagerung von CO2 -intensiver Produktion in sozialökologische Wirtschaftskammer ein-
Drittstaaten führt. richten, die regionale Leuchtturm­projekte
und Unternehmensgrün­dungen im Bereich
Demokratie in der Wirtschaft. solidarischer Ökonomie durch Beratung
­ enossenschaften und solidarische
G und finanzielle Förderung ­unterstützt.
Ökonomie fördern
n  Auch bei Unternehmen in der Krise
Wir wollen mehr Demokratie auch in der wollen wir Belegschaften fördern, die das
Industrie fördern: Gelder für Forschung Unternehmen kollektiv weiterführen wollen:
und Entwicklung, für die Stärkung einer Staatliche Subventionen an Unternehmen
regio­nalen Industriestruktur sollen durch und Hilfen in wirtschaftlichen Krisen müssen,
regionale Wirtschafts- und Transforma­ wo die Belegschaften das befürworten, in
tionsräte kontrolliert werden, in denen Form von kollektiven ­Belegschaftsanteilen
neben der Landesregierung und Unterneh- vergeben werden. Beim Verkauf von
men auch Gewerkschaften, Umwelt- und Unter­nehmen müssen die Belegschaften
Sozialverbände gleichberechtigtes Stimm- ein ­Vorinformations- und Vorkaufsrecht
recht haben. ­erhalten.

Demokratische öffentliche und genossen- DIE LINKE kämpft dafür, Unternehmen der


schaftliche Eigentumsformen können in Daseinsvorsorge, Banken und Versiche­
Zukunft im Mittelpunkt einer nicht kapita- rungen, Energiekonzerne, Unternehmen der
listischen Wirtschaftsweise stehen. Ge- Pharma- und medizinischen Industrie, der
nossenschaften und Belegschaftsbetriebe Post, der Telekommunikationsinfrastruktur
bauen auf Wissen, Erfahrung und Kompe- sowie weiterer Schlüsselindustrien in öffent­
tenzen der Beschäftigten auf und geben liche (oder genossenschaftliche) Hand und
ihnen mehr Möglichkeiten, über Art und in gesellschaftliche Eigentumsformen zu
Inhalt der Produktion mitzubestimmen. Um überführen. Wir wollen die großen Strom-
die Pariser Klimaziele zu erreichen, müssen konzerne entmachten und in öffentliches
unsere Lebensverhältnisse einschließlich Eigentum überführen. Die Energiewirtschaft

61
soll durch Stadtwerke organisiert werden, Lösungen zu entwickeln. Wir wollen Zentren
die in den Kommunen dezentral und demo- schaffen, die eine aktive gesellschaftliche
kratisch gestaltet werden. Teilhabe an der Transformation ermöglichen
und fördern. Diese Transformationszent-
Die sozialökologische Transformation braucht ren sollen Ausbildung und Weiterbildung
gesamtheitliche Projekte und konkrete für faire und Gute Arbeit nach den Anfor­
Orte, die Menschen aus verschiedenen derungen der Umwelt- und Klimagerechtig-
­Bereichen zusammenbringen, um gemeinsam keit bieten.

Gerechte Mobilität: Ökologisch und bezahlbar


für alle – mit guten Arbeitsplätzen
Wir wollen bezahlbare und klimafreundliche Diese Verhältnisse wollen wir ändern. Und
Mobilität für alle. Der Verkehrssektor spart wir sind nicht allein: Bürgerinitiativen gegen
als einziger kein CO2 ein und ist Treiber der zerstörerische Verkehrsprojekte, für bes-
Klimakrise. Gleichzeitig fehlt das Geld für sere Bahnangebote oder sichere Rad- und
gute Alternativen wie Busse, Bahnen, Fuß- Fußwege sind überall im Land aktiv. Von
und Radwege. Umweltverbänden gibt es Unterstützung.
Die Klimaziele machen eine sozialöko­
Unsere Vision: Wir bauen Bus und Bahn aus. logische Verkehrswende zwingend.
Den Nahverkehr machen wir attraktiver
und schrittweise kostenlos. In die Schiene Mobilität für alle –
wird investiert und Bahnfahren wird billiger. mit weniger ­Verkehr
In den Städten fahren weniger Autos, dafür
werden mehr Ziele mit bedarfsgerechten Wir wollen bezahlbare und wirklich barriere-
öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß und freie Mobilität für alle – mit wenig Aufwand
mit dem Rad erreichbar. Lieferverkehr wird an Zeit und Energie. Im Mittelpunkt steht für
öffentlich organisiert, und die Arbeitsbedin- uns deshalb das öffentliche Mobilitätsan-
gungen werden verbessert. Bis 2030 ist in gebot. Diejenigen, die zu Fuß oder mit dem
Städten und auch in den ländlichen Regio- Fahrrad unterwegs sind, brauchen bessere
nen die Mehrheit der Menschen nicht mehr Bedingungen. Niemand soll auf das (eigene)
auf Autos angewiesen, sodass deren Zahl Auto angewiesen sein.
insgesamt deutlich reduziert werden kann.
Unser Ziel ist der solidarisch finanzierte
Gerade in der Coronakrise hat sich gezeigt, Nul­ltarif im ÖPNV für alle. Erste Schrit-
wie wichtig eine höhere Taktung im ÖPNV, te sind deutlich günstigere Fahrpreise
bezahlbare Preise, gute Arbeitsbedin­ (zum Beispiel ein 365-Euro-Jahresticket),
gungen und gut ausgebaute Radwege sind – ­flächendeckend Sozialtickets für Haushalte
doch passiert ist fast nichts. Vielerorts mit geringem Einkommen, eine Sozial-
sind Verkehrsbetriebe in eine finanzielle Bahncard sowie kostenlose Tickets für
­Notlage  /  Schieflage geraten, weil es weni- Schüler*innen, Auszubildende, Studierende
ger Fahrgäste gab. Statt in klimafreundliche und Menschen in Weiterbildung. Schwarz-
Mobilität für alle zu investieren, wurde die fahren soll entkriminalisiert und nicht
Lufthansa mit Milliarden gerettet – ohne härter bestraft werden als Falschparken.
­Beschäftigungssicherung. Die Belastung
durch Autos und Lkw trifft vor allem dieje- n  Der ÖPNV muss flächendeckend und
nigen, die es sich nicht leisten können, von barrierefrei ausgebaut werden. Bis 2030
der Hauptverkehrsstraße wegzuziehen. wollen wir die Zahl der Nutzer*innen
Durch die Luftverschmutzung sterben jähr- verdoppeln (im Vergleich zu vor Corona).
lich Millionen Menschen frühzeitig, allein in Dafür brauchen wir wesentlich mehr Mittel
Deutschland sind es 80 000. vom Bund. Es braucht neben Schienen
und Fahrzeugen mehr Stellen, gute Bezah-

62
lung und gute Arbeitsbedingungen für die Spielraum. Sie müssen die Verkehrswende
Beschäftigten. Knapp 200 000 Beschäftigte vor Ort eigenständig gestalten können.
müssen innerhalb der nächsten zehn Jahre
im Fahrdienst, in der Instandhaltung und in n  Wir fordern eine frauengerechte
weiteren Bereichen der Verkehrsbetriebe ­ erkehrsinfrastruktur, zum Beispiel
V
eingestellt werden, damit der Ausbau des ­Frauennachttaxen sowie sichere Halte­
Angebots und eine ökologische Mobilitäts- stellen und Bahnhöfe, damit sich Frauen
wende gelingen. rund um die Uhr im öffentlichen Raum
angstfrei bewegen können.
n  Wir treten für kommunale, demokratisch
kontrollierte Nahverkehrsunternehmen ein. n  Wir wollen ein umfangreiches Programm
Der Vorrang eigenwirtschaftlicher Betriebe zur Erforschung der gesellschaftlichen
muss abgeschafft werden. Statt Profite für und technischen Voraussetzungen sowie
Uber und Co wollen wir neue Mobilitätsan- Konsequenzen einer sozialökologischen
gebote ausschließlich unter öffentlicher Verkehrswende hin zu einer gemeinwohl­
(zum Beispiel kommunaler) Hoheit als Teil orientierten Mobilität.
des Nahverkehrs in enger Abstimmung
oder ­Kooperation mit den Taxibetrieben. Bahn für alle! Soziale und ökologische
Alle Angebote sollen in einer öffentlichen Verkehrsplanung
Plattform zu buchen sein (vgl. Kapitel
»­Digitalisierung«). Das Angebot und Streckennetz der Bahn
muss flächendeckend ausgebaut werden
n  Wir wollen eine Mobilitätsgarantie für und bezahlbar sein, sodass alle Ziele bequem
den ländlichen Raum: Anbindung der mit der Bahn erreichbar sind. Bahntickets
Gemeinden untereinander und zum nächs- machen wir billiger und führen eine Sozial-
ten städtischen Zentrum mindestens im Bahncard ein, die die Ticketpreise halbiert.
Stundentakt von 6 bis 22 Uhr. Dabei können
Angebote wie Bürgerbusse oder Anrufsam- n  DIE LINKE tritt für eine bedarfs­deck­
meltaxis sowie moderne Flächenrufbussys- ende Finanzierung der Bahn und für
teme und auch Taxen einbezogen werden den Ausbau ein. Wir fordern verlässliche,
oder die Grundversorgung ergänzen. getaktete Fahr­pläne und barrierefreie und
Zusätzlich sollten Mobilitätsstationen mit nutzerfreund­liche Bahnhöfe und Züge mit
einer Auswahl von geteilten Verkehrsmit- Servicepersonal. Wir setzen uns für Gute
teln aufgebaut werden. Arbeit der Beschäftigten ein, mit guten
Löhnen und Arbeitsbedingungen, die
n  Wir wollen Radfahren und Zufußgehen nicht krank machen.
im Alltag attraktiver und sicherer machen:
Mehr Platz auf den Straßen, mehr sichere n  Die Geschäftspolitik der Deutschen
und intakte Rad- und Fußwege und mehr Bahn wollen wir am Gemeinwohl und der
Fahrradabstellanlagen sind nötig. Das ver- ökologischen Nachhaltigkeit ausrichten,
bessert die Lebensqualität und Verkehrs- statt am Bilanzgewinn. Der Schienenverkehr
sicherheit. Die Straßenverkehrsordnung muss öffentlich organisiert werden. Alle
wollen wir fußgänger- und fahrradfreund­ Privatisierungen, Ausgliederungen und Auf­
licher gestalten. spaltungen bestehender Eisenbahngesell-
schaften und auch die Umwandlung der DB
n  Deutschland braucht ein flächendecken- in eine Aktiengesellschaft müssen rück-
des bundesweites Radverkehrsnetz. In gängig gemacht werden. Wir wollen eine
den Städten und Ballungsgebieten ­müssen demo­kratische Bürgerbahn, bei der auch
Radschnellwege mit grüner Welle ­geschaffen die Kompetenz und Erfahrung der Beschäf­
werden. Dafür muss der Bund ausreich­end tigten zum Tragen kommt.
zweckgebundene Mittel für die Kommu-
nen bereitstellen. DIE LINKE setzt sich für n  Wir wollen die öffentlichen Investi­tionen
weit­gehend autofreie Innenstädte ein. Die in die Schieneninfrastruktur um das Fünf­
Kommunen erhalten dafür erheblich mehr fache erhöhen. Alle bisher nur von Diesel­

63
fahrzeugen befahrbaren Bahnstrecken Statt neue Autobahnen zu bauen, wollen
müssen zügig elektrifiziert oder auf alterna- wir den Ausbau des ÖPNV sowie des ­­Rad-
tive und nachhaltige Antriebstechnologien und Fußverkehrs in den Kommunen und
umgestellt werden (zum Beispiel Wasserstoff- Regionen finanzieren und demo­kratisch
oder batterieelektrische Antriebe). gestalten:

n  Güterverkehr muss auch unter 300 Kilo- n  Bei der Planung von Verkehrsprojek-
meter Entfernung wieder auf die Bahn. ten wollen wir Bürger*innen und Inter-
essenvertretungen von Anfang an voll
n  Es werden angemessene Lärmschutz- einbeziehen und wirkliche Alternativen zur
wände gebaut. Deren Außenseiten können Diskus­sion stellen. Wir wollen Bürgerräte
lokalen Kunstprojekten zur Verfügung auf Bundes-, regionaler und kommunaler
gestellt werden. Ebene einführen, um die Verkehrsplanung
zu demokratisieren.
n  Wir wollen mit einem Reaktivierungs­
programm zahlreiche in den letzten Jahr- n  Stopp für den Neu- und Ausbau von
zehnten stillgelegte Bahnstrecken wieder Autobahnen. Wir wollen einen alternativen
aufbauen und so ganze Regionen wieder Verkehrswegeplan, mit dem die sozialöko­
ans Gleisnetz anschließen. Mobilität mit logische Mobilitätswende vollzogen wird
der Bahn muss auch im ländlichen Raum und bei dem der schienengebundene
möglich sein. ­Personen- und Güterverkehr im Mittelpunkt
steht. Struktur- und Transformationsbei­
n  Die Trassenpreise für den Personen­ hilfen des Bundes sollen nicht für Straßen­
verkehr müssen mindestens halbiert neu- und -ausbauprojekte eingesetzt
werden, damit mehr Verkehr auf die Schiene werden.
kommt und Bahnfahren billiger werden kann.
Die Regelungen zur Bahncard der DB im n  Wir lehnen alle direkten oder indirek­
Nahverkehr passen wir so an, dass sie auf ten Privatisierungen von Verkehrsinfra­
alle Tickets und Tarifstufen der regionalen struktur ab. Auch öffentlich-private Part-
Verkehrsverbünde anwendbar sind. nerschaften (ÖPP) verursachen langfristig
Mehrkosten, sind ein Risiko für die öffentli-
n  ICE-Strecken wollen wir perspektivisch che Hand und schränken die Demokratie ein.
auf moderne Trassen für bis zu 250 km /h Die Autobahn GmbH des Bundes lehnen wir
mit mindestens stündlichem Takt aus­bau­ ab. Sie ermöglicht Privatisierung durch die
en. Der ÖPNV in Mittelzentren und Klein- Hintertür. Die Autobahnraststätten gehören
städten soll die ICE-Bahnhöfe min­destens wieder in die öffentliche Hand. Die Priva-
stündlich anbinden. Die DB soll alle Groß- tisierung von Tank & Rast war und ist ein
städte auch mit Nachtzügen (Liegewagen) schlechtes Geschäft für Reisende, Beschäf-
anfahren. tigte und die öffentlichen Kassen.

n  Wir setzen uns außerdem für ein europa­ n  Die Pendlerpauschale wollen wir in ein
weites Nachtzugnetz ein, damit Reisen auch sozial gerechtes Mobilitätsgeld umwan­
ohne Flugzeug bequem und ökologisch deln und zusätzlich einen Anreiz zum Benut-
möglich ist. Bis 2030 müssen alle euro­ zen des Umweltverbunds bieten.
päischen Großstädte im abgestimmten
Taktfahrplan per Fernbahn erreichbar sein. n  Das steuerliche Dienstwagenprivileg wol-
len wir abschaffen, damit nicht weiterhin vor
n  Wir sind gegen teure und unsinnige allem Gutverdienende, Arbeitgeber*innen
Prestigeprojekte, mit denen die Bahn Milli- und die Automobilin­dustrie auf Kosten der
arden verpulvert. Es ist sinnvoller, das Geld Allgemeinheit und der Umwelt profitieren.
gezielt in die Strecken- und Netzmoderni-
sierung zu investieren, um die notwendigen n  Um Menschen und Klima zu schützen,
Kapazitätssteigerungen zu erreichen. brauchen wir endlich auch Tempolimits:
120 km / h auf Autobahnen, 80 km / h auf

64
Landstraßen und eine Regelgeschwindigkeit n  Wir fördern Elektromobilität im öffentli-
von 30 km/h innerorts. chen Verkehr, das heißt für Straßenbahnen,
Züge, Busse, auch mit Oberleitungen.
DIE LINKE will Umgebungslärm, Straßen-,
Schienen- und Flugverkehrslärm mit einem n  Wir wollen die Forschung für eine längere
verbindlichen Lärmschutzgesetz regeln und Einsatzdauer und Nutzbarkeit von Fahrzeu-
verringern. Die Mittel für den Lärmschutz gen, für energieeffiziente Elektrofahrzeuge,
müssen aufgestockt werden (vgl. oben). nachhaltige und umweltfreundliche Batterie­
Lärm macht krank! produktion und verbessertes Recycling und
für Wasserstoff- Brennstoffzellen-Antrieb
Automobilindustrie sozial und für (Klein-)Busse ausbauen.
­ökologisch umbauen
n  Wir wollen ein Werbeverbot für Pkw
Der LINKE sozialökologische Umbau bietet mit CO2 -Emissionen, die über dem jeweils
einen Ausweg aus der Krise der Autoin­ ­aktuellen EU-Zielwert liegen.
dustrie, der den Belegschaften mehr nutzt
als die Politik der Bundesregierung, die die n  Nachhaltigkeit muss oberste Priorität
großen Autokonzerne stärkt, am Individual­ ­ aben. Keine weitere Rodung für Auto­
h
verkehr festhält und nur den Antrieb wech- bahnen. Wir sind solidarisch mit den Pro­
seln will. Durch Investitionen des Bundes in testen im Dannenröder Forst.
Bahninfrastruktur und öffentlichen Personen­
nahverkehr können in den nächsten Jahren Flugverkehr reduzieren
über 200 000 gut bezahlte Industriearbeits-
plätze geschaffen werden. Vorrang hat die Fliegen schadet dem Klima. Viele Strecken
Produktion von Fahrzeugen für kollektive könnten leicht mit der Bahn zurückgelegt
Mobilitätskonzepte wie E-Busse, Züge und werden, aber die Bundesregierung subven-
Straßenbahnen. tioniert weiterhin den Flugverkehr und hat
in der Coronakrise 22 Milliarden Euro in die
n  Antriebswechsel: Der Ausstieg aus dem Lufthansa gesteckt, ohne Garantien für die
fossilen Verbrennungsmotor bis spätestens Beschäftigten zu erreichen.
2030 ist nicht nur klimapolitisch alternativ-
los, sondern schafft auch Planungssicherheit n  Wir wollen den innerdeutschen und inner­
für die Beschäftigten und für Investitionen europäischen Flugverkehr so weit wie
in die Zukunft. Spätestens ab 2030 dürfen möglich auf die Schiene verlagern. Wir wol-
keine Pkw mit Verbrenner mehr neu zuge- len ein Verbot von Flügen zu Zielorten, die
lassen oder exportiert werden. mit dem Zug in bis zu 5 Stunden erreichbar
sind und die nicht weiter als 500 Kilometer
n  E-Mobilität darf nicht zu einer Rückkehr entfernt sind. Onlinekonferenzen können
der Atomkraft führen. Die Energieversor- viele Dienstreisen überflüssig machen. Wir
gung muss durch erneuerbare Energien und setzen uns dafür ein, dass verkehrspolitisch
gemeinwohlorientiert in öffentlichem und weiterhin notwendige Flughäfen in öffent­
genossenschaftlichem Eigentum erfolgen. licher Regie betrieben werden.

n  Kaufprämien für Autos lehnen wir ab. n  Wir wollen die Bundesbeteiligungen an
Die Anschaffung gewerblich genutzter, Lufthansa und Bahn in eine bundeseigene
rein elektrisch betriebener Fahrzeuge Gesellschaft überführen. Diese muss ihre
für Handwerksbetriebe, soziale Dienste, Möglichkeiten nutzen, um den Bahnverkehr
Taxibetriebe und weiteres Kleingewerbe auszubauen und im Gegenzug Inlandsflüge
kann im Ausnahmefall nach Abhängigkeit schrittweise deutlich und auf null zu redu­
der individuellen betrieblichen Situation zieren. Arbeitsplätze, die im Luftverkehr
subventioniert werden. Der Staat muss die wegfallen, können so durch den Ausbau der
Schaffung eines angemessenen Lade­ Bahn und des ÖPNV erhalten werden.
netzes für Elektrofahrzeuge – auch mit
den Ländern der EU – koordinieren.

65
n  Wir treten für ein striktes ­Nachtflugverbot n  Wir wollen die Nutzung von Bundes- und
von 22 bis 6 Uhr ein, insbesondere für stadt­ Landstraßen für Lkw untersagen, wenn eine
nahe Räume. Dieses Nachtflugverbot muss Bundesautobahn parallel vorhanden ist.
im Luftverkehrsgesetz verankert werden. Die Zulassung von Gigalinern (Lang-Lkw)
Flugrouten müssen in einem transparenten, lehnen wir ab. Ebenso lehnen wir staatlich
öffentlichen, demokratischen und bundes- geförderte Projekte zur Erprobung und
länderübergreifenden Verfahren ausgear- ­Einführung von Oberleitungen für Hybrid-
beitet werden. Lkw mit Stromabnehmern auf Autobahnen
und elektronischen Deichseln für Kolon­
n  Ein Einstieg in die Neuorganisation des nenfahrten von Lkw und anderen Nutzfahr-
Flughafensystems ist die Stilllegung von zeugen als falsche Weichenstellung ab.
­defizitären Regionalflughäfen. Wir ­wollen
den Ausbau weiterer Flugkapazitäten n  Wir wollen längere Ruhezeiten und
beenden. bessere Arbeitsbedingungen für Lkw-
Fahrer*innen durchsetzen.
n  Den sozialen und ökologischen Dumping­
wettbewerb im Luftverkehr wollen wir n  Wir wollen die Innenstädte vom Liefer­
unterbinden. Wir wollen eine einheitliche ver­kehr entlasten. Die Anschaffung von
Kerosinsteuer in der EU. Auf Flugtickets E-Lasten­fahrrädern soll ebenso gefördert
ins Ausland soll der volle Mehrwertsteuer- werden wie Kombibusse oder Straßenbah-
satz fällig werden. nen, die auch Pakete transportieren. Wir
wollen Kom­munen darin unterstützen, ­lokale
n  Die staatliche Milliardensubvention von Logistikzentren mit guten Arbeitsbedin­
Dieseltreibstoff, Flugbenzin und »Biokraft- gungen einzurichten. Von dort kann die Ver-
stoff« wollen wir abschaffen. teilung erfolgen, am besten zu Fuß oder per
Lastenrad. Für gemeinschaftlich genutzte
n  Die Bereitstellung öffentlicher Mittel Lastenfahrräder soll es eine erhöhte Kauf-
für die Entwicklung von Flugtaxis und prämie für alle geben. Große Industrie- und
­Lieferdrohnen lehnen wir ab. Gewerbegebiete sollen verpflichtend einen
angemessenen Gleisanschluss vorhalten.
Güterverkehr verringern und auf
die Schiene bringen n  Staatliche Hilfen für die Schifffahrt
müssen an soziale und ökologische Kriterien
Die internationalen Konzerne sorgen dafür, geknüpft werden. Billigflaggen für deutsche
dass immer mehr Transportkilometer in den Reedereien wollen wir verbieten. Die Konkur­
Produkten stecken, weil die profitabelsten renz der Häfen muss durch eine enge
Bedingungen überall auf der Welt genutzt Kooperation abgelöst werden.
werden. Regierungen subventionieren
Verkehr, während längere Wege die Unter- n  In die Hoheitsgewässer der EU sollen
nehmen zu wenig kosten. Der Preis dafür ist nur noch mit Diesel oder umweltfreund­
hoch: Unfälle, Lärm, Abgase, Klimawandel lichen Antriebsarten betriebene Fracht- und
und Umweltzerstörung. Die Kosten dafür Kreuzfahrtschiffe einfahren dürfen. Die
werden der Allgemeinheit aufgebürdet – sie Verwendung von stark umweltschädlichem
summieren sich auf mehrere Milliarden Euro Schweröl wird damit eingeschränkt.
pro Jahr und belasten vor allem die Kranken-
kassen und die Umwelt. Wir wollen diese n  DIE LINKE will den Import von »Biokraft-
Entwicklung umkehren, Transporte verteu- stoffen« verbieten, weil damit Nahrungs-
ern und die regionale Wirtschaft stärken. mittelproduktion in Ländern des Globalen
Südens verdrängt und Biotope zerstört
n  Die Lkw-Maut wollen wir auf alle Straßen werden. Regionale Pflanzenölkraftstoffe
ausweiten und erhöhen. Die externen Kosten sollten nur im Agrarbereich und beim ÖPNV
wie Luftverschmutzung und Lärmbelästi- eingesetzt werden dürfen.
gung müssen einbezogen werden.

66
Klimagerechtigkeit und Energiewende
Um das Klima zu retten, ist ein grundlegen- den Umweltschäden. Klimagerechtigkeit
der Wandel unserer Gesellschaft not- bedeutet auch, Rohstoff- und Ressourcen-
wendig. Aber die Regierung verzögert mit verbrauch hierzulande zu verringern und sich
falschen Weichenstellungen im Interesse für eine gerechte Verteilung von Rohstoffen
von Konzernen die Klima-, Energie- und und Ressourcenverbrauch einzusetzen.
Ver­kehrswende. Der Kohleausstieg kommt
zu spät. Mit der Politik der Großen Koalition Auch in der Klimakrise sind Konzerne die Kri-
kann das 1,5-Grad-Ziel bei der Begrenzung sengewinner. Dieselben Konzerne, die riesige
der Erd­erwärmung nicht erreicht werden. Summen an Steuergeldern für die Abschal-
Obwohl Alle wissen, dass das Klima so nicht tung und den Rückbau der Atomkraftwerke
gerettet werden kann. bekommen haben, kassieren nun erneut für
das Abschalten von Kohlekraftwerken. Das
Die Kosten der Klimakrise wollen CDU, SPD Gleiche droht beim zukünftigen Wechsel der
und Grüne auf die Menschen abwälzen. Energieerzeugung weg vom Erdgas.
Dabei sind es die Konzerne, die mit ihren
klim­a­­schädlichen Geschäftsmodellen Unsere Hoffnung sind die Millionen Men-
Profite machen: 100 Unternehmen sind für schen, die in den letzten Jahren auf der
70 Prozent des globalen industriellen CO2 - Straße waren und für Klimagerechtigkeit
Ausstoßes verantwortlich. DIE LINKE steht gestreikt haben. Wir stehen an der Seite der
für einen sozialökologischen Systemwech- Klimabewegung und unterstützen Forderun-
sel: Dafür, dass Mensch und Natur nicht gen nach einer sozial gerechten Klimawende
ausgebeutet werden. Dafür, dass nicht der hin zu Klimaneutralität bis 2035. Klimaneu-
Geldbeutel entscheidet, ob man sich einen tralität heißt für uns auch internationale
ökologischen Lebensstil leisten kann. Klimagerechtigkeit. Deutschland darf sein
CO2 -Budget nicht überziehen oder sich in
Der Klimawandel ist auch eine Frage von anderen Ländern freikaufen. Mit »business
Arm und Reich. Auch in Deutschland ist eine as usual« ist das Restbudget spätestens in
sozialökologische Wende eine Frage der fünfzehn Jahren aufgebraucht. Das jüngste
Gerechtigkeit. Je höher die Einkommen sind, Urteil des Bundesverfassungsgerichts weist
desto höher sind die verursachte Umweltbe- den richtigen Weg: Die Politik muss auch
lastung und der CO2 -Ausstoß pro Haushalt. Verantwortung für die Lebensgrundlage
Den Preis dagegen zahlen die Armen, die zukünftiger Generationen übernehmen.
sich nicht gegen Klimaschäden versichern
oder bei steigenden Lebensmittelpreisen Unser Programm für konsequenten Klima-
sich das Essen nicht mehr werden leisten schutz und Klimagerechtigkeit:
können. Wir wollen eine sozialökologische
Wende, von der alle Menschen durch bezahl- n  Wir beschleunigen die Energiewende und
bare Energie, erschwingliche Mobilität, ge- steigen so schnell wie möglich vollständig
sunde Nahrungsmittel und mehr Lebensqua- auf Erneuerbare um. Wir wollen den Koh-
lität profitieren. Dafür wollen wir die großen leausstieg bis spätestens 2030. Wir wollen
Konzerne entmachten und die Produktion an die Energiekonzerne entmachten und eine
sozialen und ökologischen Zielen ausrichten. Energiewende in Bürgerhand, in öffentlichem
oder genossenschaftlichem Eigentum.
Ein sozialökologischer Systemwechsel in
Deutschland ist auch eine Frage der globa- n  Für eine klimaneutrale Gesellschaft muss
len Gerechtigkeit. Die Länder des Globalen dem Ausstieg aus Atom und Kohle auch
Südens sind von der Klima- und Umweltzer- ein Ausstieg aus der Verbrennung von
störung besonders stark betroffen und am fossilem Erdgas folgen. DIE LINKE will
wenigsten dafür verantwortlich. Insbeson- dafür ein Erdgasausstiegsgesetz mit verbind-
dere Frauen und Kinder leiden überdurch- lichem Ausstiegspfad und sozialer Absiche-
schnittlich unter der Klimakatastrophe und rung betroffener Beschäftigter und Regionen.

67
n  Wir wollen, dass die Bundesrepublik bis und sozialpolitisch ­begleitet werden.
2035 klimaneutral ist. Bis 2030 müssen Interessenvertreter*innen der Beschäf-
die Emissionen um mindestens 80 Prozent tigten vor Ort und der Region müssen
im Vergleich zu 1990 gesenkt sein. Das Ziel ein­gebunden und Kündigungen vermieden
muss im Klimaschutzgesetz festgeschrie- werden. DIE LINKE fordert die Novelle des
ben werden. Emissionshandel bietet keinen nationalen Kohleausstiegsgesetzes mit
wirksamen Klimaschutz. folgenden Eckpunkten:

n  Den Emissionshandel als Leitinstrument n  Der schrittweise Kohleausstieg beginnt


im Klimaschutz lehnen wir ab. Primär müs- sofort. Spätestens 2030 muss der letzte
sen verbindliche Klimaziele und Emissions- Kohlemeiler vom Netz. Der Neubau von
grenzen den Konzernen klare Vorgaben Kohlekraftwerken, der Neuaufschluss und
machen. Förderprogramme und staatliche die Erweiterung von Braunkohletagebauen
Infrastrukturprogramme müssen den wird verboten. Das 2020 neu in Betrieb
­Umbau unterstützen. genommene Steinkohlekraftwerk Datteln 4
wird sofort vom Netz genommen.
n  Strom, Gas, Wasser, Heizung dürfen
nicht abgestellt werden. Energiesperren, n  Der Strukturwandel in den Tagebau-
die einkommensarme Haushalte treffen, regionen darf nicht auf dem Rücken der
wollen wir verbieten und ein preisgünstiges Beschäftigten in den Revieren und der
Grundkontingent für Strom, Wasser und ortsansässigen Bevölkerung erfolgen. Es
Heizstoffe einführen. braucht in den nächsten Jahren 40 Milli-
arden Euro, um die Übergänge gerecht zu
n  Wir fordern, dass Umwelt- und Klima- gestalten. Wir fordern einen geschlechter-
schutz als Erweiterung der Grundrechte in gerechten Strukturwandel.
die Verfassung aufgenommen werden. Alle
Entscheidungen der Politik und die Verfü- In vom Strukturwandel besonders
gung über Eigentum müssen am Gemein- betrof­fenen Regionen wollen wir Trans-
wohl ausgerichtet werden, dazu gehören formationsräte einrichten, die den
Klimaschutz und der Abbau von sozialer sozialen und ökologischen Umbau der
Ungleichheit. Verbindliche Klimaziele und Wirtschaft fachlich begleiten. Sie sollen
Emissionsgrenzen müssen den Konzernen Initiativrecht über die Gelder aus dem
klare Vorgaben machen. Transformationsfonds und der regiona-
len Infrastrukturpolitik haben. Die Räte
n  Der Staat darf Klimazerstörung nicht müssen finanziell angemessen ausge-
weiter mit Steuergeldern unterstützen. Wir stattet sein, um ihre Arbeitsfähigkeit zu
fordern darum Divestment, also den Rück- gewährleisten. Sie ­setzen sich zusammen
zug des Staates aus Finanzanlagen, Inves- aus Vertreter*innen von Wissenschaft,
titionen und Subventionen, die in Vorhaben Umwelt- und Verbraucherverbänden,
fließen, die der fossilen und atomaren Gewerkschaften sowie zur Hälfte aus
Energiewirtschaft dienen. direkt gewählten Bürger*innen und
Vertreter*innen der Belegschaften. Eine
Raus aus der Kohle, Übergänge wirksame Beteiligung von Kindern und
­gerecht gestalten­ Jugendlichen insbesondere auch im länd­
lichen Raum wollen wir vorantreiben.
Wir wollen die Lebensgrundlagen schüt-
zen und das Pariser Klimaabkommen n  Für den Braunkohleabbau dürfen keine
durch­setzen: Das geht nur, wenn die weiteren Dörfer abgebaggert werden, der
Kohleverstromung bis spätestens 2030, Hambacher Forst darf nicht weiter zerstört
nicht erst 2038 beendet wird, wie die werden.
Große Koalition 2019 im Kohleausstiegs-
gesetz beschlossen hat. Der schrittweise n  Wir fordern die Förderung des Hanfan-
Ausstieg aus der Braunkohleverstro- baus in ehemaligen Braunkohlegebieten.
mung muss arbeitsmarkt-, wirtschafts- Der Anbau von Hanf ist eine aussichtsreiche

68
Chance, innerhalb des Strukturwandels Eine Ausdehnung des Systems des Emis-
einer ökologischen Nutzung der Bergbau­ sionshandels auf die Sektoren Wärme und
fläche bei gleichzeitigem Angebot von Verkehr lehnen wir ab.
Arbeits­möglichkeiten unserer Forderung
nach einem sozialökologischen Wandel In erneuerbare Energie investieren,
gerecht zu werden. ­ nergiekonzerne entmachten
E

n  Die Bundesregierung muss dafür sorgen, Die Energiewende wird nur dann erfolgreich
dass die Betreiber ihren Verpflichtungen sein, wenn sie sozial gerecht und durch
aus dem Bergrecht nachkommen: Tage- die Bürger*innen selbst gestaltet ist. Die
baue müssen wieder nutzbar gemacht und Vormachtstellung von Großkonzernen in der
Kosten für Bergbaufolgeschäden von den Energieversorgung muss ein Ende haben.
Konzernen übernommen werden. Die Energieversorgung wollen wir bürger-
nah und als Teil der öffentlichen Daseins-
n  Bis der notwendige Ausstieg aus der Kohle vorsorge organisieren. Energieversorgung
erreicht ist, müssen die Folgen des Abbaus muss dem Gemeinwohl dienen und der
von Braunkohle begrenzt werden. DIE ­LINKE Profitgewinnung entzogen werden. Unge-
tritt für eine Reform des Bundesberg­ rechtfertigte Industrierabatte bei Ökosteuer,
gesetzes ein: Statt der Konzerninteressen Netzentgelten, Emissionshandel und im
müssen Umwelt und die Menschen vor Ort Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) müs-
an erster Stelle stehen und mitentscheiden sen entfallen. Sie verhindern den notwen-
können. digen Strukturwandel. Die erneuerbaren
Energien müssen so ausgebaut werden,
n  Das Verbot der Errichtung und Inbetrieb- dass auf Importe von fossil erzeugten Ener-
nahme neuer Stein- und Braunkohleanlagen gien verzichtet werden kann.
in Deutschland wird ergänzt durch ein ana-
loges Verbot der Errichtung und Inbetrieb- n  Strom- und Wärmenetze müssen in
nahme neuer Stein- und Braunkohleanlagen die öffentliche Hand überführt und
im Ausland durch Unternehmen mit Sitz in demo­kratisch kontrolliert werden. Große
Deutschland, einschließlich ihrer Tochter- Energiekonzerne werden vergesellschaftet.
unternehmen. Der Export und Verkauf von Wenn der Kohleausstieg beschleunigt und
Steinkohle- und Braunkohleförderanlagen eine dezentralisierte Energieversorgung
und entsprechender Technologie ins Aus- mit Speichersystemen vorangebracht wird,
land wird gesetzlich untersagt, diesbezügli- ist ein deutlich geringerer Netzausbau
che Förderungen und Garantien des Bundes erforderlich, als er jetzt – getrieben von den
sind unzulässig. Profitinteressen der Übertragungsnetz- und
Kohlekraftwerksbetreiber – geplant ist.
n  Wir stehen an der Seite der Klimabe­
wegung und treten einer Kriminalisierung n  Wir wollen eine strukturelle Reform des
von Klimaaktivist*innen entgegen. EEG. Der Ökostromanteil muss so schnell
wie möglich auf 100 Prozent erhöht werden.
Die Bundesregierung muss sich im Zusam­ Ausschreibungssysteme sind für Bürger­
menhang mit der Neufestlegung der EU-­ energieprojekte teuer, riskant und aufwendig,
Klimaschutz- und EU-Energieziele für 2030 wir lehnen sie für Projekte bis 18 Megawatt
für eine deutlich stärkere Minderung der bzw. fünf Anlagen ab.
Treibhausgasemissionen gegenüber dem
Jahr 1990 und für einen deutlich höheren n  Der Zubau an erneuerbaren Energien muss
Anteil erneuerbarer Energien am Endener- in der nächsten Legislaturperiode und in
gieverbrauch einsetzen. Auf EU-Ebene den Folgejahren stetig gesteigert werden.
unterstützen wir eine Reform des EU-Emis­ In den Jahren bis 2025 wollen wir pro Jahr
sionshandels, die zur Anhebung der Klima- mindestens 10 Gigawatt (GW) Fotovoltaik
schutzziele in den Emissionshandelssek- installieren, sowie 7 GW Windenergie an
toren auf die Paris-Ziele führt und jeden Land und 2 GW auf See.
Missbrauch des Instruments ausschließt.

69
n  DIE LINKE unterstützt eine regional aus­ n  Wir setzen uns für den Atomausstieg in
gerichtete und in der Bevölkerung verankerte Europa und überall auf der Welt ein. Es
Energiewende, zum Beispiel Energiegenos- braucht einen gesamteuropäischen Plan
senschaften und Bioenergiedörfer. Institu- zur Stilllegung von Atomkraftwerken.
tionen, Einrichtungen, Betriebe, Städte und Die staatliche deutsche Förderbank KfW
Kommunen sollen das gesetzliche Recht (Kreditanstalt für Wiederaufbau) darf keine
zum Kauf der von ihnen für die Energieerzeu- Atomkraftwerke im Ausland fördern.
gung und -eigenversorgung genutzten Netze
erhalten. In kommunalen Stadtwerken unter n  Den Im- und Export von Uranbrennstof-
direkter demokratischer Mitgestaltung der fen wollen wir verbieten. Die Fertigung von
Bevölkerung können ökologische Energiege- Uranbrennstoff in den vom Atomausstieg
winnung und bezahlbare Energiepreise am bislang ausgenommenen Anlagen in Gronau
besten erreicht werden. Gleichzeitig werden und Lingen muss beendet werden.
damit Grundlagen zur Förderung regionaler
Wirtschaftsstrukturen geschaffen. n  Keine Lagerung im »Endlager« Schacht
Konrad in Salzgitter. Für den zu bergen-
n  Investoren müssen verpflichtet werden, den Atommüll aus dem Skandalatommüll-
den Standortgemeinden eine Beteiligung an lager Asse II im Landkreis Wolfenbüttel
neuen Windkraftanlagen, Fotovoltaikkraft­ braucht es eine faire Standortsuche für ein
werken und Energiespeichern anzubieten. Zwischen­lager mit größerem Abstand zur
Die Kommunen werden dadurch Mitbesitz­ Wohnbebauung als bislang geplant. Atom-
erinnen. Sie müssen so oder durch Betrei- mülllagerung kann nicht von oben und ohne
berabgaben an Standortkommunen an Beteiligung der Betroffenen und der Aktiven
finanziellen Erträgen der Ökostrombetreiber in der Antiatombewegung durchgesetzt
beteiligt werden. werden. Dafür braucht es umfassende Mit-
sprache und Klagerechte in allen Phasen des
n  Um die Energiewende voranzubringen, zu entwickelnden Suchverfahrens.
wollen wir die gesetzlichen Rahmenbedin-
gungen für Hauseigentümer, Mieterver­ n  Die Kosten für die Stilllegung und den
einigungen, Betriebe und Kommunen Rück­bau von Atomanlagen müssen die Atom­
verbessern, die ihre Energieversorgung in konzerne tragen. Dabei muss ein Höchstmaß
die eigene Hand nehmen wollen. DIE LINKE an Strahlenschutz und Sicherheit gelten
unterstützt Mieterstromkonzepte einer sowie eine umfassende Öffentlichkeitsbetei­
hauseigenen Stromversorgung durch Foto­ ligung ermöglicht werden, die über das
vol­taikanlagen auf dem Dach. Wir wollen bestehende Atomrecht hinausgeht.
eine Solarpflicht für Neubauten sowie für
Bestandsbauten nach einer umfassenden n  Öffentliche Gelder, inklusive der Pensions­
Dachsanierung und wenn eine technische rücklagen und Rentenkassen, müssen
Eignung zur Solarstromerzeugung besteht. umgehend aus Anlagen in Unternehmen der
fossil-atomaren Energiebranche abgezogen
n  Bioenergie aus eigens hierzu angebauten werden. Öffentliche Institutionen dürfen
Energiepflanzen oder neu geschlagenem nicht in fossile und nukleare Energieunter-
Holz sollte nicht mehr generell als öko­ nehmen investieren.
logisch gelten und keine staatliche Förde-
rung als erneuerbare Energie erhalten. Mit ihrem Fracking-Erlaubnisgesetz vom Juni
2016 haben CDU / CSU und SPD Fracking
Atomausstieg sofort: Der Ausstieg aus im Sandgestein (sogenannten Tight Gas
der Atomkraft muss im Grundgesetz fest­ Reservoirs) zugelassen. Wir wollen Fracking
geschrieben und alle in Betrieb befind­ ohne Ausnahmen verbieten. Nachdem
lichen Atomkraftwerke müssen unverzüg- Kohle- und Atomausstieg beschlossen sind,
lich abgeschaltet werden. Atomexporte gilt es nun, einen Fahrplan für einen öko-
müssen verboten werden. Die Konzerne logischen und sozialverträglichen Erdgas-
müssen die Langzeitkosten der Atom­ ausstieg auf den Weg zu bringen, um die
wirtschaft tragen. Klimaneutralität 2035 zu erreichen.

70
n  Wir setzen uns dafür ein, dass auch die halt statt über die jetzige Ökostrom­umlage
unterirdische Verpressung von CO2 (Carbon (EEG-Umlage) finanzieren und die Strom-
Capture and Storage, CCS) verboten wird. steuer für private Verbraucher*innen senken.

n  CCS darf nicht für die Grünfärbung n  Wohngeld soll auf der Basis der Brutto-
(Greenwashing) von Erdgas oder Wasser­ warmmiete gezahlt und um eine Komponen-
stoff zur Verfügung stehen. Für Restemis- te für Stromkosten erweitert werden. Die
sionen (das sind CO2 -Emissionen, die auch Heiz-, Warmwasser- und Stromkostenkom-
in Zukunft und dauerhaft nicht verhindert ponente soll im Wohngeld zu einer Ener-
werden können, wie in der Landwirtschaft giekostenkomponente (»Klimawohngeld«)
oder Zementindustrie) werden Senken zusammengeführt werden. So wird Energie-
zur Kompensation gefördert, zum Beispiel armut verhindert.
durch Moor- und Forstmanagement.
n  Wir wollen eine Öko-Abwrackprämie
Strompreise stärker kontrollieren, für Haushaltsgeräte auflegen. Die zu
Energie für alle bezahlbar machen ­ersetzenden Elektrogeräte müssen
­mindestens zehn Jahre alt sein und die
Der Zugang zu Energie ist ein Grundrecht. Neugeräte die beste Stromeffizienz
DIE LINKE will Energiearmut verhindern. ­auf­weisen. Die Förderprämie für den
Zahlungsschwierigkeiten dürfen nicht dazu Austausch von Kühlschränken in einkom-
führen, dass Menschen im Dunkeln sitzen mensschwachen Haushalten wird von
oder frieren müssen. 100 auf 200 Euro erhöht, für Wasch-
und Spül­maschinen werden zusätzliche
n  Für den durchschnittlichen Verbrauch Förder­prämien gezahlt.
von elektrischem Strom, Wasser und Heiz­
energie wollen wir preisgünstige Sockel­ Am preiswertesten und umweltfreund-
tarife schaffen. Was über den durchschnitt- lichsten ist immer noch die Kilowattstunde,
lichen Verbrauch hinausgeht, wird teurer. die nicht bereitgestellt werden muss. Es
Damit werden Anreize zum Stromsparen braucht Standards, die den maximalen
geschaffen. Energieverbrauch von Produkten, Produk-
tionsweisen und Gebäuden vorgeben. Es
n  Die Strompreise müssen stärker über- dürfen nur langlebige, reparaturfreund-
wacht und sozial gerechter gestaltet ­werden. liche, material- und energiesparende
Der zuständigen staatlichen Be­hörde soll Produkte hergestellt werden. Ein Energie-
daher ein Beirat zur Seite gestellt werden, effizienzfonds kann den Umstieg auf eine
in dem Verbraucher*innen, Umwelt- und effiziente Wirtschaftsweise unterstützen
Sozialverbände sowie Gewerkschaften und sozial begleiten. Der Altbaubestand
vertreten sind. muss bis 2035 nahezu vollständig ener-
getisch saniert werden. Dafür wollen
n  Wir wollen ein bundeseinheitliches Netz­ wir s­ozial gerechte Förderprogramme
entgelt über alle Spannungsebenen einfüh- ­ausbauen (vgl. Kapitel »Keine Profite
ren, damit die Netzentgelte in Regionen mit mit der Miete«).
vielen Ökostromanlagen nicht höher sind als
in Regionen mit wenigen Ökostromanlagen. Grüner Wasserstoff in der
Energiewende­
n  Wir fordern ein schärferes Wettbewerbs-
und Kartellrecht für Strom-, Gas- und Mithilfe von Wasserstoff können Kohle
Mineralölkonzerne. und Erdgas auch dort ersetzt werden,
wo der direkte Einsatz von Ökostrom nicht
Wir wollen den Strompreis für Endkunden möglich ist. Strategien, künftig auch Autos
senken, indem wir: und Gebäudeheizungen mit Wasserstoff
zu betreiben, sind weder sozial noch öko­
n  die Förderung erneuerbarer Energien zu logisch: Seine Herstellung verbraucht zu
wesentlichen Teilen über den Bundeshaus- viel Energie.

71
n  DIE LINKE fordert, Wasserstoff und n  Wo die Elektrolyseanlagen öffentlich
dessen Folgeprodukte künftig nur auf Basis gefördert sind, müssen sie mindestens
von Ökostrom zu gewinnen und ausschließ- anteilig öffentlich betrieben werden.
lich dort einzusetzen, wo keine effizienteren
Alternativen dazu vorhanden sind, so etwa n  Den Import und die Förderung von
bei der Dekarbonisierung der Stahlindustrie, Wasserstoff aus Atomkraft oder fossilen
von Teilen der Chemiewirtschaft, im Flug- Quellen lehnen wir ab.
und im Seeverkehr sowie zur Rückverstro-
mung während Dunkelflauten.

Für eine nachhaltige Landwirtschaft.


Gesunde Nahrungsmittel für alle
Lebensmittel werden oft Hunderte oder schränken wir durch ein effektives, gemein-
Tausende Kilometer transportiert, bevor wohlorientiertes Kartellrecht. Verbindungen
sie auf den Tisch kommen. In der Lebens- zwischen Wirtschaft und Politik müssen –
mittelkette dominieren große Konzerne, nicht nur in der Landwirtschaft – durch ein
die ihre Gewinne auf Kosten von Menschen verpflichtendes Lobbyregister offengelegt
und Umwelt machen. Kleine und ökolo- werden. Wir fördern bäuerliche, genos-
gische Betriebe haben es schwer. Die senschaftliche und ökologische Landwirt-
Agrarwirtschaft wird europaweit immer schaft. Den Ökolandbau bauen wir aus auf
stärker auf den Export ausgerichtet. Dies mindestens 25 Prozent der Agrarfläche bis
trägt zur ­Zerstörung lokaler landwirtschaft- 2030. Genossenschaftliche Landwirtschaft,
licher Strukturen in vielen Ländern des Formen der solidarischen Landwirtschaft
Globalen Südens, aber auch hier vor Ort sowie Erzeuger- und Vermarktungsgemein-
bei. Wir wollen eine sozial gerechte und schaften sind besonders zu unterstützen.
auf das Gemeinwohl orientierte Landwirt-
schaft ­fördern, mit dem Schwerpunkt auf n  Wir wollen Boden verfügbar machen
regionaler Erzeugung, Verarbeitung und für regional verankerte Landwirtschafts-
Vermarktung. Und: In Landwirtschaft und betriebe und ländliche Bevölkerung. Bau-
Lebensmittelherstellung braucht es gute ernland gehört nicht in die Hand landwirt-
Arbeitsbedingungen. Vier große Einzel- schaftsfremder Investoren. Öffentlichen
handelskonzerne bestimmen 85 Prozent Besitz an land- und forstwirtschaftlichen
des Lebensmittelverkaufs in Deutschland Flächen wollen wir stärken und Flächen
und machen fette Profite, während viele der Bodenverwertungs- und- verwaltungs-
Landwirt*innen kaum über die Runden gesellschaft (BVVG) in Ostdeutschland in
kommen. Länderhand übergeben. Wir wollen einen
öffentlichen Bodenfonds einführen, der
n  Wir setzen uns für gute Arbeitsbedin­ an nachhaltig wirtschaftende, ortsansäs-
gungen und Einkommen durch flächende- sige Agrarbetriebe zu fairen Konditionen
ckende Tarifverträge in der Land-, Forst- langfristig verpachtet. Junglandwirt*innen
und Fischereiwirtschaft ein. Auch in der und genossenschaftliche Konzepte wollen
Landwirtschaft muss man von der Arbeit wir fördern. Das wollen wir mit einer um-
gut leben können – als Familienarbeitskraft, fassenden Reform der ordnungs-, steuer-,
in der Saisonarbeit wie auch in Vollzeit. förder- und preisrechtlichen Regelungen
zum Boden angehen. Der Verkauf von land-
n  Wir wollen bezahlbare und gesunde wirtschaftlichen Flächen soll grundsätzlich
­ ahrungsmittel für alle. Wir wollen regio­
N an Landwirt*innen sowie gemeinnützige
nale Verarbeitungs- und Vermarktungs- Landgesellschaften erfolgen – und zwar zu
strukturen als Gegenstrategie zur Markt- Preisen, die dem Ertragswert entsprechen.
macht von Schlachthof-, Molkerei- und
Handelskonzernen. Konzernmacht be-

72
n  DIE LINKE setzt sich für eine grundle- n  Die heimische Produktion von Tierfutter,
gende Reform der EU-Agrarpolitik ein. Ab regionale Verarbeitungs- und Vermark-
der kommenden Förderperiode sollen die tungsstrukturen wollen wir stärken.
Zahlungen konsequent an wissenschaftlich
fundierte Umwelt- und Sozialkriterien und n  Wir wollen Anbausysteme fördern, die
an den Tierschutz gebunden werden. Nur Klima, Böden, Tiere und Pflanzen besonders
Betriebe, die diese Vorgaben umsetzen, schützen (zum Beispiel Ökolandbau, Palu-
sollen Direktzahlungen erhalten – egal ob dikulturen, Permakultur, Agroforstsysteme,
groß oder klein, ökologisch oder konven- tief wurzelnde Nutzpflanzen). Dazu wollen
tionell. Es darf nur noch Geld für konkret wir ein umfassendes Förder- und Weiter­
nachweisbare öffentliche Leistungen geben. bil­d­ungsprogramm für Landwirt*innen
Die Schaffung und der Erhalt sozialver- entwickeln, das nicht nur finanzielle Unter­
sicherungspflichtiger Arbeitsplätze soll stützung leistet, sondern Wissen für die
unterstützt und renditeorientierte Inves­ sozialökologische Agrarwende schafft. 
toren müssen ausgeschlossen werden. Mit
höheren Erzeugerpreisen wollen wir die n  Wir wollen eine Tierhaltung, die flächen­
Abhängigkeit der Landwirtschaftsbetriebe gebunden und auf die einheimische Nach­
von Fördermitteln reduzieren und über eine frage bezogen ist. Für Regionen und
gerechte Gewinnverteilung in der Wert- Standorte führen wir Bestandsobergrenzen
schöpfungskette sichern, dass Lebens­ ein. Megaställe lehnen wir ab. Wir stärken
mittel bezahlbar bleiben. die Bürgerbeteiligung bei Genehmigungs-
verfahren für den Bau von Mastställen. Den
n  DIE LINKE will Patente auf Leben ver­ Umbau zu einer gesellschaftlich akzep-
bieten. Zur Sicherung der genetischen tierten und klimagerechten Tierhaltung
Vielfalt sollen alte Pflanzensorten und Tier- leiten wir ein. Dabei muss eine sozial faire
rassen erhalten und freie Nachbaurechte Finanzierung gesichert werden. Die bisher
gesichert werden. Die gentechnikfreie klas- profitierenden Konzerne beteiligen wir
sische und ökologische Züchtung wollen angemessen an den Umbaukosten.
wir mit höheren Forschungsmitteln stärken.
Wir wollen den Anbau und den Handel mit n  Wir wollen ein Verbot von Lebendtier-
gentechnisch veränderten Pflanzen auch transporten, die über das Höchstmaß von
aus neuen Gentechnikverfahren verbieten. vier Stunden hinausgehen. Der nächstge-
Klonen von Tieren muss verboten bleiben. legene Schlachthof soll stets bevorzugt
Wir wollen eine Kennzeichnung von impor- ­werden. Häufigere unangekündigte Kon-
tierten Lebensmitteln, die aus geklonten trollen und härtere Strafen bei Verstößen
Tieren und ihren Nachkommen hergestellt sind nötig. Mehr regionale Schlachtmög­
werden. Wir wollen den Anbau und den lichkeiten einschließlich mobiler Schlach-
­Handel mit sowie den Import von gentech- tung und Schlachtung auf der Weide werden
nisch veränderten Pflanzen verbieten. Wir gebraucht. Schlachtverfahren müssen
wollen uns für ein globales Moratorium über schmerz- und stressärmer werden.
die Freisetzung von Gene-Drive-Organis-
men einsetzen. n  Qualzucht und nicht kurative Eingriffe
an Tieren (Schnäbel, Hörner, Schwänze)
n  Glyphosat und Neonikotinoide müssen wollen wir verbieten. Das gilt auch für das
verboten werden. Wir wollen Transparenz Schreddern von Küken, die Anbindehaltung
und ein strenges Regelwerk für die Zulas- für Rinder und Käfighaltung. Zuchtsauen dür-
sung von Pflanzenschutzmitteln. In der EU fen nicht im Kastenstand gehalten werden.
nicht zugelassene Pestizide und Pestizid- Schluss mit tierquälerischen Kastrations-
wirkstoffe dürfen weder in Deutschland methoden!
­produziert noch exportiert werden. Durch
eine ambitionierte Pestizidreduktions­ n  Der Einsatz von Antibiotika in der Landwirt-
strategie sind die Agrarbetriebe beim schaft muss auf kranke Tiere nach ärztlicher
Umbau zu umweltfreundlichem Ackerbau Verschreibung begrenzt werden, Tierschutz-
zu unterstützen. kontrollen müssen verschärft und Verstöße

73
härter bestraft werden. Um Missbrauch Ein verpflichtendes Label auf der Vorderseite
vorzubeugen, sind Verschreibung und Verkauf der Verpackung sollte Auskunft über den
von Antibiotika zu trennen. Lebenswichtige Zucker-, Salz- und Fettgehalt des Produktes
Reserveantibiotika sind nicht in der landwirt- geben. Eine verbindliche, staatliche Hal­
schaftlichen Tierhaltung einzusetzen. Die tungs­kennzeichnung hilft, damit auch Ver­
Agrarforschung wollen wir stärken. Durch braucher*innen zu mehr Tierschutz beitra-
die Verbesserung der epidemiologischen gen können.
Forschung wollen wir den Ausbruch und die
Verbreitung von Tierseuchen schneller er- n  Lebensmittel müssen sicher sein und
kennen und eingrenzen. Wir fordern dafür ein dürfen nicht krank machen. Wir setzen uns
interdisziplinäres epidemiologisches Zentrum, deshalb für mehr und unangekündigte Le-
um zum Beispiel ein Frühwarnsystem für bensmittelkontrollen ein. Die Ergebnisse der
Pandemierisiken zu entwickeln. Lebensmittelkontrollen müssen veröffentlicht
werden. Das Inverkehrbringen verunreinigter
n  Wir wollen bundesweit eine kostenlose Lebensmittel muss härter bestraft werden.
Kita- und Schulverpflegung einführen, die
auf regionale und ökologisch nachhaltige n  Um Lebensmittelverschwendung zu
Lebensmittel setzt. Schul- und Selbsternte- verringern, setzen wir uns für verbindliche
gärten wollen wir stärken. Das ist auch ein Reduktionsziele entlang der gesamten Wert-
Beitrag für kurze Wege in der Versorgung schöpfungskette ein. Supermärkte müssen
mit Nahrungsmitteln. verpflichtet werden, aussortierte, aber noch
genießbare Lebensmittel kostenfrei zur
n  DIE LINKE setzt sich für eine Verein­ ­Verfügung zu stellen.
fachung der Lebensmittelkennzeichnung ein:

Biologische Vielfalt,
Tiere und ­Ressourcen schützen
Die Vielfalt der Ökosysteme der Erde scheint schnellstmögliche Kehrtwende. Das geht
schier endlos. Sie bilden die Grundlage nicht ohne klare Regeln für Unternehmen
für alles Leben auf unserem Planeten und und Gesellschaft.
sind deshalb entschlossen und wirksam zu
schützen. Es geht schon längst nicht mehr n  Wir wollen natur- und umweltzerstörende
nur um den Schutz von einzelnen Biotopen Subventionen abbauen und die frei werden-
und Arten. Es geht um die Wiederherstel- den Gelder in Natur- und Umweltprogramme
lung, die Entwicklung und den Schutz der investieren.
Ökosysteme des Planeten. Häufig stehen
kurzfristige Interessen von Unternehmen n  Naturschutz- und Biodiversitätsziele müs-
und ihrer Lobby dem entgegen. Das haben sen verbindlich in andere Politikbereiche
die Auseinandersetzungen um den Ham- integriert werden, um den Erhalt von Natur
bacher und Dannenröder Forst prominent und Biodiversität zu gewährleisten. Zur Kon-
gezeigt. Wälder werden zerstört, und das trolle müssen die Umweltverwaltungen mit
mitten in der Klimakatastrophe. Umwelt, mehr Fachpersonal ausgestattet werden.
Natur und Klima werden weltweit den Damit die EU-Naturschutzrichtlinien und
Profiten geopfert, mit drastischen Folgen. ihre nationalen Entsprechungen eingehal-
Etwa 150 Tier- und Pflanzenarten sterben ten werden, müssen sie finanziell gestützt
täglich aus. Durch Wildtierhandel und das werden. Das Bundesprogramm »Biologische
unkontrollierte Vordringen des Menschen Vielfalt« wollen wir aufstocken.
in natürliche Lebensräume erhöhen wir das
Risiko, dass Viren von Tieren auf den Men- n  Wir wollen die UN-Konvention zur biolo­
schen überspringen. Das kann zu neuen gischen Vielfalt umsetzen und ein bun-
Pandemien führen. DIE LINKE steht für eine desweites, koordiniertes Programm zur

74
Überwachung der biologischen Vielfalt Tiere wirksam schützen:
realisieren (Biodiversitätsmonitoring). Tierschutz als Staatsziel
Es soll den Gesamtbestand an Tier- und
­Pflanzenarten und ihre Entwicklung deutsch- Unser Umgang mit Tieren hängt oft von
landweit erfassen und die Grundlage für Profitinteressen ab. Tiere sind unserem
mehr Naturschutz auf allen Ebenen schaffen. Handeln unterworfen, deshalb tragen wir die
Verantwortung, ihr Leid zu vermindern und
n  Die Landschaftsplanung ist ein zen- zu vermeiden. Die aktuelle Politik und die
trales Instrument des Naturschutzes, bestehenden Gesetze entsprechen weder
aber verbesserungswürdig. Wir wollen den Wünschen der Bevölkerung noch den
Naturschutz in der Fläche verwirklichen. wissenschaftlichen Erkenntnissen über die
Landschafts­planung werden wir verstärkt Empfindungsfähigkeit von Tieren.
mit finanziellen und personellen Mitteln
ausstatten. Studiengänge in Bereichen n  Wir setzen uns für eine umfassende
wie Landschaftsplanung, Umweltplanung, Reformierung des Tierschutzgesetzes im
­Landschaftsökologie sollen ausgebaut Sinne des im Grundgesetz verankerten
werden. Staatsziels Tierschutz und für die Beseiti-
gung des Vollzugsproblems und für seine
n  Wir setzen uns für die gesetzliche Veran- Durchsetzung ein.
kerung und vollumfängliche Ausweitung des
Verbandsklagerechts für Umwelt-, Natur- n  Wir wollen die Demokratisierung des
und Tierschutzvereinigungen und Einzelne Tierschutzes: Entscheidungen müssen im
im Sinne der Aarhus-Konvention ein. Parlament getroffen werden und nicht
über Verordnungen.
n  Naturschutzflächen gehören in öffent­
liche Hand und sollen an Naturschutz- und n  Wir brauchen höhere Standards ohne
Umweltverbände in Erbpacht vergeben Schlupflöcher, mehr Transparenz in der
werden. Tierindustrie (zum Beispiel durch eine Veröf-
fentlichungspflicht für Verwaltungsakte etc.)
n  Das nationale Naturerbe wollen wir sichern sowie die Durchführung unabhängiger Kon-
und ausweiten – finanziert durch einen Natur­ trollen und entsprechendes Personal. Ein
erbefonds. Um das 2020-Ziel von 2 Prozent Stall wird im Schnitt nur alle siebzehn Jahre
Wildnis zu erreichen, müssen auch über kontrolliert. Das ist auch für den Seuchen-
diese Flächen hinaus Gebiete zur Wildnisent- und Umweltschutz problematisch.
wicklung ausgewiesen werden. Wir wollen
mehr Biotopenverbünde her­stellen. n  Wir fordern das bundesweite Verbands-
klagerecht und die Einführung eine*r unab-
n  Insekten müssen als wichtiger Teil des hängigen Bundestierschutzbeauftragte*n,
Ökosystems geschützt, erhalten und die angesiedelt im Justizministerium, die an
Biodiversität muss gefördert werden. Dafür der Gesetzgebung beteiligt wird und durch
muss der Pestizideinsatz drastisch redu- Kampagnen die Parlamente und Öffent-
ziert werden (vgl. Kapitel »Landwirtschaft«). lichkeit aufklärt. Angestellte in relevanten
Behörden müssen weitergebildet und sen-
n  Der Wald ist eine zentrale und wichtige sibilisiert werden. Tierquälerei muss härter
CO2 -Senke und muss erhalten werden. bestraft werden.
Das gelingt mit einer naturnahen Waldbe-
wirtschaftung, die auf Mischwälder mit n  Qualzucht, auch bei Haustieren, und
vielfältiger Altersstruktur und europäischen medizinisch nicht notwendige Eingriffe
Baumarten setzt. in die körperliche Unversehrtheit wollen
wir verbieten.
n  Wir werden Umweltkriminalität konse-
quent verfolgen und bekämpfen. n  Wir fordern einen verbindlichen Ausstiegs­
plan aus den Tierversuchen mit konkreten
Schritten und festgesetzten Terminen.

75
Tierversuche des Schweregrads »schwerst« men, die für das Leben auf unserem Planeten
und »schwer« müssen sofort verboten wer- unersetzbar sind. Die Folgen der enormen
den. Um Forschungsstandorte langfristig zu Zerstörung und Beeinträchtigung von Böden,
sichern, sollen Steuern nur noch in tierfreie Gewässern und Meeren sind bereits sichtbar
Methoden fließen. und bedrohen das Leben auf der Erde. Die
Nutzung von Böden, Gewässern und Meeren
n  Haltungsstandards in Zoos, im ­Gewerbe muss endlich ökologisch nachhaltig werden,
und in Haushalten müssen auf ein Mindest­­ denn Boden- und Meeresschutz ist auch
maß an die Grundbedürfnisse der jeweili- gelebter Klimaschutz.
gen Art angepasst werden. Soziale Tiere
sollen nur noch in Ausnahmefällen einzeln n  Die Neuversiegelung von Boden muss
gehalten werden dürfen. Wir fordern ein so- deutlich verringert werden. Neuversiege-
fortiges Verbot von Delfinarien, Wildtieren in lung darf nur genehmigt werden, wenn
Zirkussen sowie ein Verbot der Tierhaltung sie mit einer mindestens ebenso großen
auf Jahrmärkten und an ähnlichen Orten. ­Flächenentsiegelung in der Region einher-
geht. Straßenneubau darf es nur bei einem
n  Der Tierhandel (insbesondere im Internet) unabhängig ermittelten Bedarf geben. In
muss streng reguliert, Wilderei und illegaler den Flächennutzungs- und Landschafts-
Wildtierhandel müssen bekämpft werden. plänen müssen Entsiegelungspotenziale
festgehalten werden. Es muss ein Fonds
n  Der Handel mit Pelz muss verboten ­werden. eingeführt werden, um belastete Flächen
von Altlasten zu befreien.
n  Wir brauchen echten Schutz für wilde
Tiere durch flächendeckende Biotopverbin- n  In Deutschland sind circa 90 Prozent der
dungen sowie Tierkorridore und -passagen, Moore degradiert und machen dadurch
auch zum Beispiel durch Zäune an Autobah- bis zu 5 Prozent unserer CO2 -Emissionen
nen und Geschwindigkeitsbegrenzung zur aus. Der Erhalt bzw. die Renaturierung
Minderung von Wildunfällen. und Wiedervernässung von Mooren kann
einen großen Beitrag zum Erreichen der
n  Natur- und Meeresschutzgebiete müssen Klimaschutzziele leisten und muss deshalb
als Lebensräume auf ein Maximum erwei- gefördert werden.
tert werden. Auch in den Städten sollen
Lebensräume für Tiere erhalten bleiben. n  Wir wollen Grund- und Oberflächen-
gewässer besser schützen. Das EU-Ziel,
n  Die Freizeitjagd wollen wir begrenzen. bis 2015 alle Gewässer in einen guten
Die Jagd auf Hunde und Katzen sowie Präda­ ökolo­gischen Zustand zu bringen, wurde
toren wie Füchse wollen wir untersagen. verfehlt. Noch immer werden Flüsse und
Grundwasser als Müllhalde zum Beispiel
Böden und Meere schützen für die ­Kaliindustrie verwendet. Zu viele
Nähr­stoffe aus den Klärwerken und der
Naturnahe und intakte Böden sind die Basis Landwirtschaft werden in Flüsse und
für einen intakten Planeten. Sie bilden das Grundwasser eingetragen.
Fundament der natürlichen Lebensgrundla-
gen und sind selbst Schätze der biologischen n  Die Meere sind stark belastet, die Klima-
Vielfalt. Böden erfüllen verschiedenste katastrophe verschärft die Situation deutlich.
Funktionen, von Kohlenstoffsenken, Was- Gemeinsam mit Umweltschutz­verbänden for-
serspeichern und Schadstofffiltern über die dern wir eine Meeresoffen­sive: Keine Über­
Grundlage für alle menschlichen Nutzungen fischung, effektiver Schutz mariner Arten und
bis hin zum wertvollen Archiv der Erdge- Lebensräume. Meeresschutzgebiete müssen
schichte. Die Meere bedecken 70 Prozent erhalten und ausgebaut werden – mindes-
der Erdoberfläche und haben einen enormen tens 50 Prozent der Schutzräume müssen
Einfluss auf das Klima. Meeres-, Gewässer- aus der wirtschaftlichen Nutzung genommen
und Bodenökosysteme beherbergen eine werden. Und es braucht mehr Geld und
große Zahl an Lebewesen und Lebensräu- ­Personal, um Maßnahmen umzusetzen.

76
n  Die Privatisierung der Wasserversorgung n Um die natürlichen Ressourcen zu schüt-
und des Zugangs zu See- und Meeres­flächen zen und den Einsatz von Recyclingmaterial
lehnen wir ab (vgl. Kapitel »Interna­tionales«). zu erhöhen, wollen wir ­regionale Wirtschafts­
kreisläufe fördern und eine Ressourcenver­
n  Wir wollen die Wasserrahmenrichtlinie brauchsabgabe für ­­Primärrohstoffe und
v­ orantreiben. Dazu gehören die Erhal- Einwegprodukte einführen.
tung bzw. Wiederherstellung naturnaher
­Strukturen, die Reduzierung des Schadstoff­ n  Wir wollen die Ökodesignvorgaben für
eintrags durch Düngemittel und Pestizide Produkte erweitern, um Anforderungen an
in Flüsse und Meere und die Sicherung von Lebensdauer, Update-, Upgrade-, Reparier-,
Auenflächen. Der Nationale Aktionsplan Weiterverwend- und Recycelbarkeit zu
Pflanzenschutz (NAP) soll zu einem wir- schaffen. Wir unterstützen das »Top-Runner-­
kungsvollen Plan zur Reduktion von Pestizi- Modell« für die Produktion von Geräten (das
den in Deutschland umgestaltet werden. nachhaltigste Gerät zu einem bestimmten
Zeitpunkt setzt den neuen Standard).
n  Das Bundesprogramm »Blaues Band
Deutschland« wollen wir weiterführen, n  Für Reparaturdienstleistungen und Demon­
­umsetzen und finanziell absichern. tage wollen wir die Mehrwertsteuer auf
7 Prozent senken. Reparatur und Wieder­nut­
n  Die Umweltbelastung von Gewässern durch zung muss Vorrang vor Recycling haben.
unsachgemäße Entsorgung von Arzneimitteln
ist gefährlich. Wir wollen das Rücknahmesys- n  Abfallbehandlung und Abfallentsorgung
tem von Medikamenten ­(wieder) einführen. muss als Bestandteil der Daseinsvorsorge
in die öffentliche Hand. Sie darf nicht
n  Wir setzen uns für den Schutz der Natura- privati­siert werden. Ist die Privatisierung
2000-Gebiete in Nord- und Ostsee ein. Die bereits erfolgt, kämpft DIE LINKE für
Schutzgebiete sollen frei von Fischerei, mili­ ­Rekommunalisierung.
tärischer Nutzung, Ressourcenabbau und
sonstigen wirtschaftlichen Eingriffen sein. n  Müll soll möglichst nahe am Standort
Wir wollen alternative Fangmethoden för- der Entstehung entsorgt und verarbeitet
dern, um auf grundberührende (­Schleppnetze) werden. Wir wollen ein Pfandsystem für
und lebensraumschädliche Methoden zu Energiesparlampen, Einwegbecher, Mobil­
verzichten, und eine nachhaltige Fischerei telefone, Fernseher und weitere Elektro-
mit Fangquoten, die auf wissenschaftlichen geräte einführen und Batterien, um die
Empfehlungen basieren. Sammelquote zu erhöhen und die Verwer-
tung zu verbessern.
n  Die militärischen Altlasten an Land und
in Gewässern müssen beseitigt werden. n  Wir wollen quantitative Abfall­ver­mei­dungs­
­Insbesondere ehemalige, bisher unberäumte ziele einführen (»Zero Waste«), einen Rück­
Truppenübungsplätze und die Hinterlassen- gang des absoluten Ressourcenverbrauchs
schaften zweier Weltkriege in Nord- und erreichen und die Plastikflut in den Griff
Ostsee stellen Zeitbomben dar, deren Ent- bekommen. Einen Beitrag dazu sollen stan-
schärfung endlich mit Nachdruck angegan- dardisierte Mehrwegsysteme leisten, die min-
gen werden muss. Die Finanzierung ist aus destens deutschlandweit in jedem Geschäft
dem Etat der Bundeswehr bereitzustellen. abgebbar sein sollen, und das nicht nur im
»To go«-Bereich, sondern auch im Versand-
There is no planet B: handel und bei Geschäften zwischen Unter-
Ressourcen im Kreislauf führen nehmen. Die Mehrwegsysteme sind auch für
Nahrungsmittel, Reinigungsmittel, Kosmetik
Die globalen Ressourcen sind begrenzt; etc. zu schaffen. Wo diese Systeme einsatz-
auch nachwachsende Rohstoffe benötigen fähig sind, sind Einwegver­packungen zu
Zeit zur Erneuerung. Wir müssen raus aus verbieten. Was noch an Plastik­verpackungen
der Wegwerfgesellschaft, rein in eine Kreis- übrig bleibt, muss so gestaltet werden, dass
laufwirtschaft. die Recyclingfähigkeit gewährleistet ist.

77
n  Holz wird auch als Baustoff immer ­ utzungskaskade, in der die Holzverbren-
N
wichtiger. Um einer Holzarmut vorzubeu- nung zur Energiegewinnung erst ganz am
gen, müssen wir auch mit der Ressource Ende steht. Energie direkt aus dem Wald ist
Holz sparsam umgehen. Wir wollen ein kein Beitrag zum Klimaschutz.
viel besseres Holzrecycling mit einer

Mehr Rechte für Verbraucher*innen


Unternehmen, Banken und Konzerne n  Unlautere Telefonwerbung muss unter-
sitzen gegenüber Verbraucher*innen am bunden werden. Telefonisch abgeschlossene
längeren Hebel und nutzen ihre Macht ­Verträge dürfen erst wirksam werden,
oft zum Nachteil der Verbraucher*innen wenn Verbraucher*innen den Vertrag
aus. DIE LINKE setzt hier nicht allein auf schriftlich bestätigen.
Transparenz, sondern will die Rechte von
Verbraucher*innen stärken. Sie verbin- n  Kostenfallen durch zweijährige Vertrags-
det Verbraucherpolitik mit der sozialen laufzeiten zum Beispiel bei Fitness- und
Frage, denn die windigen Geschäftsprak- Handyverträgen und automatische Vertrags­
tiken ­zielen vor allem auf Menschen mit verlängerung wollen wir abschaffen.
geringem Einkommen und Senior*innen
ab – denen tut diese Abzocke im Porte- n  Wucherpreise bei Verbraucher*innen
monnaie besonders weh. Wir wollen eine krediten durch aufgedrängte oder unter-
eigenständige Verbraucherschutzbehörde geschobene Restschuldversicherungen
mit starken Durchsetzungsbefugnissen. müssen beendet werden.
Die Verbraucherschutzverbände sollen
finanziell besser ausgestattet, ihre Rechte n  Verbraucher*innen müssen gegen
sollen gestärkt werden. Dazu sollen sie I­nsolvenz von Reiseveranstaltern und
auch Einnahmen des Bundes aus den ­Airlines geschützt werden.
Geldbußen der Kartellstrafen erhalten.
n  Damit sich Verbraucher*innen gemein­
n  Inkassoabzocke muss durch klare, sam gegen Tricks von Unter­neh­men
gesetz­lich gedeckelte Gebühren und und Bereich­erung auf Ver­braucher*in­
durch eine Erhöhung der Mahnanforde- nenkosten wehren können, machen wir
rungen an Unternehmen gestoppt werden. uns für Sammelklagen stark, die unmittel-
Mehr als 15 Euro Inkassokosten bzw. bar zu einem Schadensersatz durch die
5 Euro bei Forderungen bis 50 Euro Unternehmen führen.
sind unseriös.
n  Für langlebige technische Geräte wie
n  Wir wollen die Macht der Schufa und Kühl­schränke, Waschmaschinen und
a­ nderer Wirtschaftsauskunftsdateien Fahrzeuge, IT- und Elektrogeräte soll eine
auf den Lebensalltag der Menschen gesetzlich garantierte Mindestnutzungs-
stark eindämmen. Eine Schufa-Anfrage dauer von fünf Jahren Pflicht werden.
darf nur noch bei tatsächlichen Kredit- Darüber hinaus müssen IT-Produkte und
geschäften erlaubt sein, nicht mehr für Haushaltsgeräte leicht reparierbar und
Verbraucher*innenverträge des täglichen Upgrades jederzeit möglich sein. Wir fordern
Bedarfs wie Miete, Strom- und Handy­ eine Anpassung der Produkthaftung an das
rechnungen. Ein negativer Schufa-­Score digitale Zeitalter.
muss nach einem Jahr wieder gelöscht
werden. Darüber hinaus sollen in Zukunft n  Verbraucher*innen haben ein
Bonitätsauskünfte nicht mehr durch ein Recht auf transparente ­Informationen
­privates Unternehmen, sondern nur noch durch Behörden und ­Unternehmen.
durch die öffentliche Hand erlaubt sein. Dazu brauchen wir ein starkes
Verbaucher*inneninformations­ge­
setz. Wir wollen einen Anspruch der

78
Verbraucher*innen auf kurze, klare Verbraucher *innenschutz bei
und ­vergleichbare Informationen, zum Finanzprodukten!­
Beispiel über Kosten und Vertrags­
laufzeiten bei Krediten und Geldan- n  Unabhängige Beratung statt Drücker­
lagen, bei Internet­ver­trägen und kolonnen. Wir werden den provisions­
­Versicherungen. Wir wollen einen basierten Verkauf von Finanz- und Ver­sicher-
­stren­geren Transparenzstandard ungs­produkten abschaffen. Honorar­
für Onlinemarktplätze und Online­- beratung und unabhängige Finanz­beratung
­platt­formen. durch Verbraucherzentralen müssen
gestärkt werden.
n  Wir wollen eine schrittweise Einschrän-
kung der Produkt- und Markenwerbung im n  Zusagen an Verbraucher*innen ein­
öffentlichen Raum. Sofort fordern wir ein halten. Wir verpflichten Versicherer und
Verbot von Werbung in Schulen und Kitas. andere Finanzdienstleister, auch unter
­Niedrigzinsbedingungen die gemachten
n  Verbraucher*innen bildung muss Garantien und Zusagen ihrer Produkte
soziale und ökologische Auswirkungen einzuhalten. Bei klassischen Lebensver-
mit einbeziehen. sicherungen dürfen Bewertungsreserven
und Überschüsse, die grundsätzlich den
n  Verbraucher*innen müssen das Recht Verbraucher*innen zustehen, nicht
darauf haben, selbst zu bestimmen, was mit gekürzt werden.
ihren Daten geschieht, ohne benachteiligt
zu werden. Die Datenschutzgrundverordnung n  Den gesamten Kapitalmarkt regu­
(DSGVO) beinhaltet hierfür wichtige Rechte, lieren und Gebühren begrenzen. Wir
die bisher jedoch nicht ausreichend schützen ­unterstellen den fast unregulierten »grauen«
und genutzt werden. Kapital- bzw. Kreditmarkt einer wirksamen
einheitlichen Finanzaufsicht und ­regulieren
n  Guter Verbraucher*innenschutz ist auf ihn strikt. Zu einem guten finanziellen
Hinweisgeber*innen angewiesen, die auf Verbraucher*innenschutz ­gehört auch die
Missstände in Unternehmen, Behörden Begrenzung unangemes­sener Gebühren
und anderen Einrichtungen aufmerksam und Entgelte für Bankdienstleistungen.
machen. Wir brauchen ein Whistleblower- ­Außerdem begrenzen wir die Vorfälligkeits-
Schutzgesetz in Deutschland, damit diese entschädigungen bei vorzeitiger Rückzah-
Personen geschützt werden und nicht aus lung von Darlehen deutlich.
Angst vor Repressalien schweigen.

Selbstbewusster Osten –
Ostdeutsche ­Interessen stärken
Ostdeutschland verdient mehr: mehr Selbst­ feld der Bonner Politik, über die Folgen
bewusstsein, mehr Sichtbarkeit, mehr eines radikalen Wirtschaftsumbaus der
Respekt, mehr Ehrlichkeit. Doch jenseits Treuhand und den Verlust öffentlicher Infra-
der Gedenkstunden zum Mauerfall er- struktur. Entscheidungen, die die Treuhand
lischt das bundesweite Interesse immer und die Politik des sogenannten Aufbaus
schnell. Dabei gibt es viel zu bereden. Die Ost getroffen haben, bestimmen noch heute
unvollendete Einheit stellt die Frage nach die Entwicklungspfade der ostdeutschen
dem Zustand von Gleichberechtigung und Gesellschaft. Deindustrialisierung, Massen-
Zusammenhalt in der Bundesrepublik. Die arbeitslosigkeit und Bevölkerungsrückgang
Frage nach Teilhabe – und nach Aufstiegs- waren und sind die Folge. Wir müssen reden
möglichkeiten, unabhängig von Herkunft über rechte Gewalt und Organisierung und
und sozialem Status. Wir müssen sprechen die lange Geschichte ihrer Verharmlosung.
über den Osten als neoliberales Versuchs­ Reden über die schwache Verankerung

79
politischer Institutionen, Skepsis gegenüber sierung der Hochschulen, der Schulen, der
der Parteiendemokratie, über fehlenden Kommunen oder generell der Landespolitik
Einfluss der Ostdeutschen. Denn die Konse­ zählt ebenso zu unserer Regierungspolitik wie
quenzen sind bis heute sichtbar. Schaut das Ziel, den Bodenausverkauf durch den
man auf Unterschiede bei Lohn und Rente, Aufkauf großer landwirtschaftlicher Betriebe
auf Spitzenfunktionen und Vermögen, auf durch agrarfremde Investoren zu verhindern.
Armut oder Abwanderung – der alte Grenz- Es geht uns um eine praktische, solidarische,
verlauf zwischen West- und Ostdeutschland gerechte und demokratische Politik. Es geht
tritt weiterhin hervor. Viele Ostdeutsche uns um einen eigenen Aufbruch.
wünschen sich, auf andere Weise sichtbar
zu sein. Mit dem, was sie erarbeitet und Gleicher Lohn für gleiche ­
geleistet haben, sowohl in der vergangenen Arbeit – Was sonst?­­
DDR als auch in den dreißig Jahren danach.
Das Fortbestehen ungleichwertiger Lebens­
Ostdeutschland steht für den Lebensmut verhältnisse ist kein Betriebsunfall der
verschiedener Generationen. Viele, gerade ­deutschen Einheit, sondern politisch gewollt.
unter den Jüngeren, sind nicht mehr gewillt, Statt Niedriglöhne zu verhindern, warben
die strukturellen Benachteiligungen hin- die Bundes- und Landesregierungen jahr-
zunehmen und die Probleme im Osten zu zehntelang damit um Investoren. Heraus­
beschweigen. Viele kennen das Gefühl, dass gekommen sind Konzernnebenstellen, die
die eigenen Fähigkeiten und Leistungen – die Ost-West-Unterschiede ausbeuten, aber
oder die der Eltern – nicht anerkannt werden. nicht beheben. Jeder dritte (!) Beschäftigte
Fast jede*r Zweite im Osten fühlt sich in in den ostdeutschen Ländern arbeitet im
seiner oder ihrer Arbeit nicht wertgeschätzt. Niedriglohnbereich. Im Westen sind es
Ostdeutsche Beschäftigte waren lang bereit, 16 Prozent. Das wirkt sich aus auf geringere
Leistung auch unter harten Bedingungen zu Kaufkraft, Vermögensbildung und Renten-
erbringen und eigene Interessen zurückzu- ansprüche. Der Hälfte der Vollzeitbeschäf-
stellen: im Interesse des Betriebs und mit tigten in den neuen Ländern droht eine
Blick auf die für alle schlechteren Pers- Minirente, trotz jahrzehntelanger Arbeit.
pektiven im Osten. Die verlorenen Kämpfe
gegen die Treuhand steckten vielen lange Im Vergleich der mittleren Bruttoentgelte
in den Knochen. Jetzt wächst wieder die (2019) in Ost- und in Westdeutschland
Bereitschaft zu streiken und zu kämpfen. Der lagen 700 Euro brutto mehr in der Lohntüte
Kampf geht um mehr als »nur« die Lohnhöhe West. In jedem Monat. In Sachsen-Anhalt
und Arbeitsplätze: Streiks sind zum Symbol arbeiten die Menschen durchschnittlich
geworden für Gerechtigkeit, Anerkennung, 75 Stunden länger im Jahr und erhalten fast
mehr Mit- und Selbstbestimmung. Sie kämp- 3.000 Euro weniger Jahreslohn als im
fen für die eigenen Rechte, den Eigensinn ­Nachbarland Niedersachsen. Fast 4 Mil­
des Ostens und einen Aufbruch Ost. DIE LIN- lionen Menschen sind aus dem Osten
KE ist den Erfahrungen und den Kämpfen der abgewandert. Das hat die strukturelle
Menschen in Ostdeutschland verbunden. Wir Überalterung im Osten massiv erhöht.
sind die Stimme des Ostens. In den Bundes- In den nächsten Jahren ist eine riesige
ländern, in denen wir Regierungsverant- Pensionierungswelle in den ostdeutschen
wortung tragen, setzen wir das um: mit der Ländern auszugleichen. Dafür braucht es
Einführung beitragsfreier Kindergartenjahre Perspektiven, auch für Rückkehrer und
und längerem gemeinsamen Lernen für neu Zugewanderte.
mehr Bildungsgerechtigkeit, durch mehr
Tarifbindung und durch Vergabegesetze Gleicher Lohn für gleiche Arbeit bei
mit einer Tariftreueklausel bei öffentlichen gleicher Arbeitszeit zwischen Frau und Mann,
Aufträgen für höhere Löhne. Wir kümmern in Ost und West – das ist unser Anspruch:
uns um ­bezahlbaren Wohnraum, Arbeitszeit-
verkürzung zum Beispiel durch zusätzliche n  Der Niedriglohnsektor muss geschlossen
Feier­tage, um Qualitätsverbesserung in der und der gesetzliche Mindestlohn zügig auf
Krankenhausversorgung. Die Demokrati- 13 Euro angehoben werden. Insbesondere

80
Arbeitnehmer*innen in Ostdeutschland­ Intelligenz. Ebenso entfielen Rentenzusagen
­würden davon profitieren. für bestimmte Berufsgruppen, so für die
Beschäftigten der DDR bei der Reichsbahn,
n  DIE LINKE fordert eine Lohnoffensive der Post oder in der Braunkohleveredlung. Vor
Ost durch mehr Tarifbindung und flächen­ allem Frauen sind betroffen, gerade wenn sie
deckende Tarifverträge, um die Löhne in beispielsweise im Gesundheitswesen gear-
den neuen Ländern bis zum Ende der kom­ beitet haben, mithelfende Ehefrauen waren
menden Legislaturperiode im Jahr 2025 zu oder in der DDR geschieden wurden. Seit den
100 Prozent an das Westniveau anzugleichen. 1990er Jahren fordern die vom bundesdeut-
schen Gesetzgeber vergessenen Gruppen die
n  Wir wollen einheitliche Tarifgebiete in Wiederherstellung ihrer Ansprüche. Seitdem
Ost und West. Dass eine Lohnangleichung haben sie unsere Unterstützung.
möglich ist, hat die IG Bau bewiesen. Die
Ost-West-Lohnmauer lässt sich dort über- n  DIE LINKE will eine sofortige Angleichung
winden, wo Gewerkschaften besonders der Ostrenten zu 100 Prozent an das West-
einflussreich sind. niveau. Das bedeutet, der Rentenwert (Ost)
muss sofort auf das Westniveau des allge-
n  In vergleichbaren Branchen müssen meinen Rentenwerts angeehoben werden.
­ undesweit gleiche Arbeitszeiten und
b
­Urlaubsregelungen gelten. n  Rentenkürzung verhindern! Solange die
Löhne der ostdeutschen Beschäftigten
n  Wir wollen einen ­Vergabemindestlohn, strukturell deutlich niedriger sind, muss die
der sich an der Höhe der niedrigsten Umrechnung bei der Rente erhalten bleiben.
Gehalts­klasse des Tarifvertrags für den
Öffentlichen Dienst der Länder (TVL) orien- n  Eine rechtliche Korrektur der Rentenüber-
tiert, verbindlich für die Vergabe machen. leitung bleibt notwendig. Auch angemes­
sene Entschädigungszahlungen können ein
Lebensleistung Ost anerkennen – Weg sein, diese Ansprüche wenigstens zum
­ leiche Rente für gleiche
G Teil endlich anzuerkennen.
Lebensleistung
n  Für Zeiten des Niedriglohns wollen wir
30 Jahre nach dem Ende der DDR ist die g­ enerell für alle Beschäftigten in Ost wie
Arbeits- und Lebensleistung immer noch West eine Hochwertung der Rente ein-
nicht gleich viel wert. Erst im Jahr 2024 sollen führen. Darum wollen wir die Rente nach
die Renten komplett angeglichen werden. Die Mindestentgeltpunkten entfristen und
Angleichung der Ostrenten darf nicht zum verbessern.
Nachteil der heutigen Beschäftigten führen.
Rund 20 Prozent weniger Gehalt und Lohn im Mehr Posten für den Osten –
Osten bedeuten weniger Rentenanspruch Mehr plurale Sichtbarkeit
im Alter. Bei den Menschen, die in zwanzig
Jahren im Osten Rente gehen (werden), ist das Auch 30 Jahre nach dem Ende der DDR
Armutsrisiko doppelt so hoch wie im Westen. sind die Führungspositionen im vereinten
Deutsch­land fest in westdeutscher Hand.
Wer beim Mauerfall 30 Jahre alt war, muss Im Osten und erst recht im Westen. Denn
auch dann noch mit Benachteiligungen der ­gesellschaftliche Umbau in den 1990er-
­rechnen, wenn er selbst 2027 in Rente gehen Jahren war mehr als ein politisch erwünsch-
wird. Die Vielfalt der DDR-Alterssicherungs- ter und notwendiger Elitenwechsel. Fast
systeme passte nicht zum Rentensystem ausnahmslos rückten Menschen aus der ehe-
der BRD. Bei der Überleitung ins bundesdeut- maligen DDR in die zweite Reihe, machten
sche Recht kam es zu Lücken oder gar Strei- Platz für neue Chefs aus dem Westen. Dieser
chungen. Ungerechtigkeiten, die noch immer Zustand hat sich verfestigt.
bestehen. Das betrifft die große Gruppe der
wissenschaftlichen, technischen, pädago­ Die neue Thematisierung der Benachteiligung
gischen, medizinischen und künstlerischen Ostdeutscher ist Teil eines mühsam ­errungenen

81
Emanzipationsprozesses. Jahrzehntelang be- Treuhand-Vergangenheit aufarbeiten
richteten Zeitungen westdeutscher Verlage
und westdeutsche Redakteure aus ostdeut- Während die Ostdeutschen ihre Warte­
schen Landesfunkhäusern, und dabei meist nummern beim Arbeitsamt zogen, gaben
einseitig. Die größere Skepsis gegenüber sich westdeutsche und ausländische
dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat Unternehmer*innen bei der Treuhandan-
hier eine ihrer Ursachen. Über Jahrzehnte stalt die Klinke in die Hand. Man konnte
hinweg war die Annäherung an die Norm des reich werden im Osten, wenn man aus dem
Westens vorherrschendes Thema. Westen kam. 94 Prozent der durch die Bun-
desregierung privatisierten DDR-Betriebe
Wer Demokratie stärken will, muss alle gingen in westdeutsche oder ausländische
beteiligen. Führungspositionen müssen Hände. Samt dazugehöriger Grundstücke
Spiegelbild einer Gesellschaft sein, sonst und Immobilien. Die Mehrzahl der Vermieter
verletzen sie den demokratischen Grund- ostdeutscher Wohnungen sitzt seitdem in
satz der Gleichwertigkeit aller. Das bedeutet Westdeutschland, oder die Wohnungen sind
mehr Frauen, mehr Ostdeutsche, mehr heute im Besitz von Immobilienkonzernen.
Migrant*innen in die Führungsetagen bun-
desweit! Es ist Zeit für politisch gesteuerte Das Wirken der Treuhand hat nicht nur bis
Verfahren, die die Benachteiligung beenden: in die Gegenwart reichende Folgen, es war
Wir brauchen einen Sprung in der Begabten- ebenso von politischen und wirtschaftlichen
förderung, um Karrieren vorzubereiten und Skandalen begleitet. Tausende derjenigen,
zu ermöglichen, statt Unterrepräsentanz zu die in Leipzig 1989 auf der Straße alles
verschleiern. ­riskierten, standen bereits 1991 wieder auf
dem Leipziger Augustusplatz. Profitinte­
n  Wir fordern die Umsetzung des vorge- ressen westdeutscher Konzerne standen
schlagenen Transformationszentrums über dem Schicksal von Millionen. Diese
in Ostdeutschland als Forschungs- und Enttäuschung wirkt im Osten bis heute fort.
­Förderstätte für die Arbeitsgesellschaft DIE LINKE kämpft dafür, dass dieses Unrecht
im digitalen und ökologischen Wandel. aufgearbeitet wird.

n  Der öffentliche Dienst muss Motor werden, n  DIE LINKE will in der kommenden Legisla-
um Karrierewege Ostdeutscher zu ermög­ turperiode einen Untersuchungsausschuss
lichen, mit geeigneten Förderinstrumenten zur Treuhand.
zur Hebung unterrepräsentierter Gruppen.
Dafür setzen wir uns ein. n  Auch den Einigungsvertrag will DIE LINKE
nochmals genauer unter die Lupe nehmen.
n  Wir wollen Sichtbarkeit für Diskriminie- Seinen Gehalt und seine Wirkungen gilt es
rung herstellen, statt sie hinter der Formel zu untersuchen – auch im Hinblick darauf, ob
der »Einheit« zu verstecken: Wir fordern die Ansprüche Ostdeutscher bei der Umsetz­ung
freiwillige Erhebung der Geburtsorte und des Vertrags vernachlässigt oder igno­riert
biografischer Daten bei Bundes- und Lan- wurden, und ob sie gegebenenfalls noch
desbehörden, bei Hochschulförderprogram- ein­klagbar sind. Dazu schlagen wir eine
men, Stiftungen und Förderwerken. Enquetekommission vor.

n  Unser Ziel ist die Verlagerung weiterer Für einen wirtschaftlichen


­ ereiche des öffentlich-rechtlichen Rund-
B Aufbruch Ost
funks in die ostdeutschen Bundesländer mit
mehr Entscheider*innen mit Ostbiografie. Der Osten hat wirtschaftlich in den ver-
gangenen dreißig Jahren eine enorme
n  Wir streiten dafür, dass Bundesbehörden Entwicklung durchlaufen. Jedoch liegt die
oder Unternehmen, an denen der Bund be- Wirtschafts­leistung der Ostländer noch
teiligt ist, ihren Hauptsitz nach Ostdeutsch- immer hinter den Westländern. Vielver­
land verlegen. Neu entstehende Bundes­ sprechende Ansätze, die es bereits gab,
behörden wollen wir im Osten ansiedeln. wie die Solarbranche in Ostdeutschland,

82
wurden durch falsche politische Weichen- Reaktivierung öffentlicher ­Infrastruktur
stellung von der CDU und ihren jeweiligen
Koalitionspartnern zerstört. Zehntausende Die Geschichte des Ostens nach der Wieder­
­Arbeitsplätze in einer Zukunftsbranche vereinigung ist auch eine Geschichte des
­wurden damit leichtfertig aufs Spiel gesetzt. ­Abbaus von (sozialer) Infrastruktur. Geschlos-
sene Schulen, Schwimmbäder, Sparkassen
Wir setzen auf eine regional verankerte oder stillgelegte Bahnstrecken prägen das
Wirtschaft, die sich an den Bedürfnissen Bild im gesamten Osten des Landes. Diesen
der Menschen in den jeweiligen Regionen Trend wollen wir umkehren. Wir wollen
ausrichtet. Das gilt auch für die Landwirt­ soziale Zentren in den Dörfern schaffen. Die
schaft. Der Osten soll nicht mehr die Betreuung der sozialen Zentren findet über
ver­längerte Werkbank westdeutscher tariflich bezahlte Arbeitsplätze statt.
Großkonzerne sein. DIE LINKE setzt auf
­gemeinwohlorientierte und genossenschaft­ Allein in Sachsen wurde seit 1994 knapp
liche Wirtschaftskonzepte. Gegen die ein Viertel des Schienennetzes stillgelegt.
Dominanz marktwirtschaftlicher Verwer- Knapp 2 500 Kilometer Schienenstrecke
tungs- und Effizienzlogik setzen wir uns im gesamten Osten. Das war klimapolitisch
für eine gute Versorgung, öffentliche und strukturpolitisch ein schwerer Fehler.
Daseinsvorsorge und den Stopp der Priva­ti­ Vielerorts werden die Bahnverbindungen
sierung von öffentlichem Eigentum ein. schmerzlich vermisst. Ganze Regionen
sind so dauerhaft abgehängt. Der Bund als
Arbeiter*innen in Ostdeutschland haben Eigentümer der Deutschen Bahn ist in der
in den letzten Jahren ein neues Selbstver- Pflicht, diesen Kurs zu ändern. Die Bahn
trauen entwickelt. Viele traten für bessere muss zurück in die Fläche.
Löhne und Arbeitsbedingungen in den
Streik. Wir stehen solidarisch an der Seite Auch die digitale Infrastruktur in Ostdeutsch­­­­
der Arbeiter*innen und Gewerkschaften, land braucht einen kräftigen Schub. Schlech­
insbesondere bei den Arbeitskämpfen in tes Mobilfunknetz und mangelnder Breit-
Ostdeutschland und unterstützen sie dabei. bandausbau sind in vielen Regionen in
Ost­deutschland leider an der Tagesordnung.
Nach der Wiedervereinigung brach dem Für rein nach Profitlogik agierende Konzerne
Osten die industrielle Basis weg, einschließ- lohnt sich der Ausbau in dünn besiedelten
lich Verarbeitung und Vermarktung von Regionen nicht.
Lebens­mitteln. Wir wollen nun eine Reindus-
trialisierung des Ostens vorantreiben, um In vielen ostdeutschen Kommunen besteht
langfristig gut bezahlte und sichere Arbeits- erheblicher Investitionsbedarf beim alters-
plätze dauerhaft zu schaffen. Wir wollen den gerechten und barrierefreien Umbau von
Osten zu einer Zukunftsregion machen, in Wohnungen. Der altersgerechte Umbau von
der klimagerechte Industriearbeitsplätze Wohnungen wird zu einer großen Aufgabe
entstehen. für viele ostdeutsche Städte und Gemeinden.
In vielen ostdeutschen Kommunen fehlt ein
n  Wir wollen regionale Produkte, Verar- ausreichendes Angebot an barrierefreien
beitungs- und Vertriebsstrukturen stärken. Wohnungen und Wohnungen für Menschen
Produktionsgenossenschaften und Ver- mit Behinderung. Oft sind durch den Abriss
triebsgenossenschaften aus den Regionen von Plattenbauten ganze Nachbarschaften
sollen miteinander verbunden werden. und Stadtteile verschwunden. Wir wollen die
soziale Durchmischung in den bestehenden
n  Wir wollen ein Reindustrialisierungspro- Wohnungsbeständen in industrieller Bauwei-
gramm Ost. Damit soll überall im Osten die se generationsübergreifend fördern, etwa
Entstehung klimagerechter Industriearbeits- durch flexible Wohnungsgrundrisse mit der
plätze gefördert werden. Option, Wohnungen vertikal und horizontal
zusammenzulegen, und mit Gemeinschafts-
räumen ausstatten (Fitness, Bibliothek,
Kleinkino, Co-Working-Spaces).

83
n  Wir schlagen ein Förderprogramm »Jedes oder beim Erwerb von Grundstücken und
Dorf braucht einen Laden!« und eine Reform ­ ebäuden etwa durch Konzeptvergaben
G
des Gewerbemietrechts zum Schutz und für unterstützen.
die Wiederansiedlung kleiner Läden, Hand-
werks- und Dienstleistungsbetriebe vor. Gegen alte und neue Nazis
n  Wir wollen ein Reaktivierungsprogramm Der Vereinigungsprozess hat eine Schatten­
der Deutschen Bahn für stillgelegte Strecken seite, über die endlich mehr gesprochen wird.
in Abstimmung mit den Bundesländern, und Vieles ist noch immer nicht aufgearbeitet
eine flächendeckende Versorgung mit Bus- oder einer breiten Öffentlichkeit bekannt:
sen und Bahnen. Befreit von der Repression in der DDR entlud
sich rechte Gewalt in den 1990er-Jahren
n  Wir setzen uns für ein Sanierungspro- in einem zuvor nicht gekannten Ausmaß.
gramm für Bahnhöfe ein. Gerade der Osten Verbündete in Geist und Tat fanden sich
braucht lebendige Bahnhöfe als Orte der schnell, hüben wie drüben: Rostock-Lichten­­
Begegnung und des Austauschs. hagen, Mölln, Solingen, die Mordserie des
NSU-tödliche Gewalt überzog das Land.
n  Funklöcher schließen und flächendecken­ Die Neonazis versuchten, den öffent­
des Breitbandinternet: Das ist für uns ele­ lichen Raum zu dominieren, und übten die
mentarer Bestandteil für einen zukunftsfä- Kontrolle aus – zumindest in Stadtteilen
higen Osten. und Wohnquartieren. Die ostdeutschen
Landesregierungen waren Vorreiter einer
n  Ein Schwerpunkt der Förderung soll künf- beschämenden Verharmlosung und führten
tig beim alters- und behindertengerechten damit die gängige politische Praxis des
Umbau von Gebäuden und der Verbesserung Westens fort. Auch in der ostdeutschen
des Wohnumfelds in Stadtteilen liegen. Der Gesellschaft blieb der Aufschrei aus. Es
kommunale Eigenanteil bei Aufwertungs- ­oblag wenigen Aktivist*innen, Antifagrup-
maßnahmen ist zu streichen. Hier muss wie pen, Journalist*innen sowie Engagierten in
beim sogenannten Rückbau, also dem Abriss, linken Parteien, die Gefahren zu benennen.
100 Prozent Förderung möglich sein.
Demokratiearbeit, Bildungs- und Beratungs-
n  Wir wollen ein Förderprogramm für kollek­ stellen für Betroffene rechter Gewalt leisten
tives Wohnen mit Mietpreisbindung für die seit über zwanzig Jahren viel für ein soli­
in Ostdeutschland weit verbreiteten Platten- darisches und menschenrechtsorientiertes
bauten einrichten. Gemeinwesen. Oftmals sind sie das einzige
Angebot, das Menschen nach rechten und
n  Kooperative Wohnformen mit Genossen- rassistischen Angriffen hilft, ihre Rechte
schaftsgedanken wollen wir durch Bera- und ihre Würde zu verteidigen.
tung für Neugründung und Finanzierung

Starke Kommunen, gute Lebensqualität­


Vor Ort, in den Kommunen, entscheidet auf die Lebensqualität von Menschen mit
sich die Lebensqualität im Alltag. Die geringerem Einkommen und auf die kommu-
Privatisierung von öffentlichem Eigentum nale Demokratie aus. Wenn im Stadt- oder
und öffent­licher Daseinsvorsorge hat den Gemeinderat bisweilen nur noch über die
Alltag in vielen Kommunen und Nachbar- Verwaltung des Mangels und über vermeint-
schaften erschwert. Viele Kommunen in liche Sachzwänge entschieden wird, wird die
wirtschaftlich benachteiligten Regionen sind Demokratie in der Kommune erstickt.
überschuldet und unter Zwangsverwaltung.
Der Abstand zwischen armen und reichen Wir wollen die öffentlichen Dienstleitungen
Kommunen in Deutschland wächst weiter. zurück in die öffentliche Hand holen und
Die Schuldenbremse wirkt sich verheerend die eigenwirtschaftliche Tätigkeit der Kom-

84
munen stärken. Kommunale Daseinsvor- Diese müssen in vollem Umfang vom
sorge darf nicht auf den Markt geworfen Bund getragen werden. Kosten, die von
werden! Bund oder Ländern verursacht werden,
müssen auch von dort finanziert werden
n  Privatisierte Bereiche der Daseinsvor- (Konnexität).
sorge wollen wir rekommunalisieren. Wir
wollen dafür sorgen, dass der Bund den n  DIE LINKE tritt für eine Reform der
Kommunen Mittel für die Rekommunalisie­ ­ ewerbesteuer in eine Gemeindewirt-
G
rung von Wohnungen, Krankenhäusern, schaftsteuer ein. Verbunden mit der
Wasser- und Energieversorgung zur Verfü- Umsetzung von Konnexität können die
gung stellt. Das kann über einen Rekommu- Kommunen wieder auf verlässliche finan­
nalisierungsfonds geschehen. Unterstüt- zielle Füße kommen.
zung und rechtliche Beratung können durch
eine Rekommunalisierungsagentur organi- n  Viele kommunale Aufgabenfelder sind
siert werden, damit nicht in jeder Kommune i­nzwischen durch Gesetze und Verord-
das Rad neu erfunden werden muss. nungen bis ins Detail »fremdbestimmt«
und örtliche Gegebenheiten finden kaum
n  Vorhandene Einschränkungen bei der Berücksichtigung. Das muss sich ändern.
wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen Die Selbstverwaltung muss gestärkt und
müssen abgebaut, interkommunale Zusam- der Spielraum der Kommunen bei Wirt-
menarbeit muss zum Vorbild ­gemacht und schafts- und Bauangelegenheiten vergrö-
im Bereich der kommunalen Daseinsvorsor- ßert werden.
ge eine Präferenz zugunsten der öffent­lichen
Hand erreicht werden. Wir wollen Anreize für n  Die Förderung des Ehrenamts muss
den Aufbau regionaler Wirtschaftskreisläufe. gewährleistet werden, und deshalb dürfen
kommunale Aufwandsentschädigungen
n  Um gleichwertige Lebensbedingungen nicht auf Leistungen des SGB II und des
in allen Regionen und Kommunen zu schaf- BAföG angerechnet werden.
fen, soll die Mitwirkung der kommunalen
Spitzenverbände durch ein verbindliches n  Laufende Bundesprogramme für Kom-
­Anhörungs- und Mitwirkungsrecht der Kom- munen müssen verstetigt, kombinierbar
munen auf Bundesebene gesichert werden. und dem Bedarf angepasst werden. Eine
Vielzahl von Kommunen kann sich nicht
n  Verfestigte Kassenkredite der Kommunen einmal die im Verhältnis geringen Eigen-
müssen vom Bund in einen Altschulden- anteile an Bundesprogrammen leisten, um
fonds übernommen und mit vom Bund Fördermittel für nötige und allein kaum
getilgt werden. Die eigentlich als kurzfris­ finanzierbare Investitionen zu bekommen.
tige Finanzierung gedachten Kassenkredite Deshalb müssen die Eigenanteile zumindest
sind in den vergangenen zwanzig Jahren für Kommunen in schwieriger Haushalts-
um 40 Milliarden Euro gestiegen. Sie sind lage abgeschafft werden.
oftmals die einzige Möglichkeit, die kommu-
nalen Pflichtaufgaben zu erfüllen. n  Für gerechte Kommunalfinanzierung
braucht es die 100-prozentige Anrechnung
n  Die kommunalen Haushalte müssen von der kommunalen Finanzkraft im Länder­
den Sozialleistungen entlastet werden. finanzausgleich.

Mit Steuern umsteuern


Noch nie waren Einkommen und Ver­mögen 10 Prozent der Bevölkerung. Allein die
so ungleich verteilt. Immer größere 45 reichsten Haushalte besitzen so viel
Ver­mögen haben sich in immer weniger wie die gesamte ärmere Hälfte der Bevöl-
­Händen konzentriert: Zwei Drittel aller kerung zusammengenommen. Das reichste
­Vermögen sind in der Hand der oberen ­Prozent der Bevölkerung vereint rund 35

85
­ rozent des Vermögens auf sich, also mehr
P und wir wissen, wie wir es bezahlen werden.
als ein Drittel. Die reichsten 5 Prozent Es ist genug für alle da, wenn alle genug
­haben mehr als die »restlichen« 95 Prozent. beisteuern:

Wer viel hat, kann es leicht vermehren. Auf n  DIE LINKE fordert eine Vermögensteuer
Gewinne aus Kapital und Aktien wird eine mit einem progressiven Tarif und einem
Billigsteuer erhoben. Wer hingegen wenig Freibetrag für Privatvermögen von 1 Million
oder nichts hat, zahlt mehr und mehrfach: Euro pro Person (ohne Schulden). Wer
Lohnsteuer kann man nicht hinterziehen, etwa mit einer Eigentumswohnung in der
sie wird sofort abgezogen. Die Mehrwert- Innenstadt »Papiermillionär« ist, wird nicht
steuer belastet Menschen mit niedrigem belastet. Das ist insbesondere wegen der
Ein­kommen stärker. Weil öffentliches Entwicklung der Immobilienpreise wichtig,
Eigen­tum privatisiert wurde, müssen viele die zu massivem Vermögenszuwachs für
Dienstleistungen privat bezahlt werden. Eigenheimbesitzer führten, was aber anders
Ein Großteil der Vermögen in Deutschland als bei großen Immobilienhaien nicht mit
wird vererbt. Hohe Einkommen werden hohen Renditen einhergeht. Der Freibetrag
weniger besteuert als noch in den 1990er für Betriebsvermögen liegt bei 5 Millionen
Jahren. Jahrzehntelang ist in Deutschland Euro. Altersvorsorge soll von der Steuer
eine Vermögensteuer erhoben worden – ausgenommen werden.
seit 1997 nicht mehr. Das wollen wir ändern,
um die skandalöse Ungleichheit in Deutsch- Der Eingangssteuersatz der Vermögen-
land zu bekämpfen. steuer startet bei 1 Prozent und steigt bis
zu einem Nettovermögen von 50 Millionen
Dem privaten Reichtum steht eine ­verarmte Euro stetig an. Ab 50 Millionen Euro greift
öffentliche Infrastruktur gegenüber: Biblio­ der Höchststeuersatz von 5 Prozent. Das ist
theken und Schwimmbäder schließen, angemessen, weil große Vermögen beson-
Personal im Krankenhaus wird entlassen, ders hohe Renditen abwerfen. Zudem ist bei
um notwendige Reparaturen finanzieren sehr großen Vermögen auch eine Umver-
zu können, Bus und Bahn kommen auf dem teilung zulasten von Vermögenssubstanz
Land nur noch selten und sind in der Stadt erforderlich. Die geschätzten Einnahmen
oft überfüllt, weil die Kapazitäten nicht liegen dann jährlich bei 58 Milliarden Euro.
ausreichen. Hier würden die Einnahmen aus
einer Millionärsteuer besonders helfen: n  Starke Schultern tragen mehr: Für die
Sie geht an die Länder und kann die öffent­ ­ ewältigung der Coronakrise wollen wir
B
liche Infrastruktur stärken. eine Vermögensabgabe erheben. Diese
soll für Nettovermögen über 2 Millionen
Noch nie war die Armutsgefahr so hoch: Euro (für Betriebsvermögen ist der Frei-
Mehr als jede*r Sechste im reichen Deutsch­ betrag 5 Millionen Euro) erhoben werden.
land ist arm oder von Armut bedroht. Die Die Vermögensabgabe ist progressiv von
Reichen haben viele Verbündete in der 10 bis 30 Prozent gestaffelt und kann über
Politik. Sie können ihrer Stimme mehr Ge- zwanzig Jahre in Raten gezahlt werden. Die
wicht ­verleihen. Wir halten dagegen! Mehr jährliche Belastung des Nettovermögens
Gerech­tigkeit und eine starke öffentliche beträgt so zwischen 0,1 und 1,5 Prozent.
­Daseinsvorsorge gibt es nur, wenn die Die geschätzten Einnahmen liegen bei
Unteren entlastet werden – und die Oberen 310 Milliarden Euro über zwanzig Jahre.
stärker belastet. Hohe Vermögen und
Einkommen, Erbschaften und Gewinne aus n  Erbschaftsteuer: Reichtum wird ­vererbt, –
Kapital und Aktien müssen stärker besteuert meist ohne dass nennenswerte Steuern
werden. Damit finanzieren wir Investitionen bezahlt werden. Gerade die Superreichen
in eine gute öffentliche Versorgung und können ihr Millionenvermögen in Unterneh-
einen Sozialstaat, der alle Menschen sicher mensanteilen steuerfrei vererben oder ver-
vor Armut schützt. Wir stärken solidarische schenken. Wir werden dafür sorgen, dass
und ökologische Formen der Wirtschaft und die Steuerschlupflöcher geschlossen wer-
schaffen Arbeitsplätze. Das ist machbar, den. Zu dem Zweck sollen die heute existie-

86
renden Privilegien für ­Betriebsvermögen bei genommenen Gelder sollen einerseits für
Erbschaften und Schenkungen entfallen. Wir nachhaltige Entwicklung in den Ländern des
werden die Erbschaftsteuer auf hohe Erb- Südens und für globalen Klimaschutz und
schaften erhöhen. Normales, selbstgenutztes andererseits für den sozialökolo­gischen
Wohneigentum bleibt freigestellt. Mehrein- Umbau unserer Industriegesellschaft
nahmen im Jahr: 8 bis 10 Milliarden Euro. ­genutzt werden.

n  Die Unternehmensteuern wurden schon n  Gemeindewirtschaftsteuer: Wir ­wollen


vor Jahren massiv gesenkt. Die Körper- die bisherige Gewerbesteuer in eine
schaftsteuer muss wieder auf 25 Prozent Gemein­dewirtschaftsteuer umwandeln. Die
erhöht werden. Wir wollen den Wettlauf Bemessungsgrundlage wird ausgeweitet
der Unternehmen um Steuervermeidung (Pachten, Mieten, Leasingraten und Lizenz-
unterbinden und drängen auf europaweite gebühren werden berücksichtigt) und gut
und globale Mindestsätze für Unternehmen- verdienende Selbstständige und Freiberuf-
steuern. Wenn Gewinne in Niedrigsteuerge- ler werden einbezogen. Dafür werden wir
biete verschoben werden, sollen sie in den den Freibetrag auf 30.000 Euro anheben
einzelnen Ländern, in denen ein Konzern und die festgesetzte Steuer bei der Einkom-
aktiv ist, nachversteuert werden. Wir werden mensteuer berücksichtigen. Die Gewerbe-
sicherstellen, dass Unternehmen und steuerumlage wird abgeschafft, was Städte
Konzerne sich nicht den Steuern entziehen. und Gemeinden finanziell entlastet.
Megakonzerne wie Amazon wurden in der
Coronakrise noch mächtiger, zahlen aber n  DIE LINKE setzt sich für die Abschaffung
kaum Unternehmensteuer. Wir brauchen der Schaumweinsteuer ein.
deshalb eine Steuerreform, die solche Kon-
zerne stärker am Ort ihrer wirtschaftlichen Was langfristig wirkt, muss auch lang­
Aktivitäten und der Umsätze besteuert. fristig finanziert werden: Die Schulden-
bremse und der Europäische Fiskalpakt
n  Zudem müssen außerordentliche Gewin­ blockieren langfristige Entwicklungen und
ne von Unternehmen wie Amazon, die wegen sollen Privati­sierung vorantreiben.
der Coronakrise erzielt wurden, mit einer
Übergewinnsteuer (Excess Profit Tax) abge­ n  Die Schuldenbremse ist volkswirtschaft-
schöpft werden, um die Marktmacht der lich unsinnig und gehört abgeschafft.
Krisengewinner zu begrenzen.
Sie befördert die Privatisierung der öffent­
n  Umsatzsteuer: Für arbeitsintensives lichen Infrastruktur, die häufig noch teurer für
Handwerk, Produkte für Kinder sowie Arz- die Steuerzahler*innen ist, da die Allgemein-
neimittel wollen wir ermäßigte Steuersätze. heit dann den privaten Investoren hohe Ren-
diten finanzieren muss. Stattdessen müssen
n  Steuerhinterziehung: Geldwäsche und wieder Kredite im Umfang der Investi­tionen
Subventionsbetrug wollen wir wirksamer möglich sein. Denn die Zinsen, die der Staat
bekämpfen und somit Steueroasen – auch derzeit am Kapitalmarkt aufbringen muss,
»made in Germany« – austrocknen. Dafür sind extrem niedrig, und eine gute Infrastruk-
wollen wir eine Bundesfinanzpolizei aufbau- tur nützt auch noch unseren Enkelkindern.
en und das Personal im Steuervollzug be- Deshalb ist es sinnvoll, die Finanzierung von
darfsgerecht aufstocken. Es ist realistisch, Investitionen auch über Kredite zu strecken.
mit einem konsequenteren Steuervollzug Solange die Schulden­bremse existiert und
und der Bekämpfung von Steuerhinter­ eine Tilgungsverpflichtung für die Coronakre-
ziehung in Steueroasen jährlich etwa dite des Bundes besteht, muss die Tilgung
15 Milliarden Euro mehr einzunehmen. auf mindestens fünfzig Jahre gestreckt wer-
den. Aufwendungen für Zinszahlungen dürfen
n  Finanztransaktionssteuer: Wir dämmen den Verschuldungsspielraum nicht zusätzlich
die Spekulation auf den Finanzmärkten ein. einschränken. Dadurch wird der finanzielle
Bei jeder Finanztransaktion soll ein Steuer­ Spielraum auch innerhalb der Schuldenbrem-
satz von 0,1 Prozent fällig werden. Die ein­ se erweitert.

87
n Gerechter Haushalt: Bildung, Gesund­ 81.000 Euro Bruttoverdienst eines*einer Allein-
heit und Klimaschutz statt Aufrüstung. stehenden ohne Kinder. 53 Prozent Steuer-
Der Bundeshaushalt umfasst eine Erhöhung satz gilt für das Einkommen ab 70.000 Euro.
der Militärausgaben. Die Bundesregierung Der durchschnittliche Steuersatz für 70.000
nähert sich weiter der Marke von 2 Prozent Euro Einkommen liegt bei circa 30 Prozent.
des BIP für Rüstungsausgaben. Diese Priori-
t­ätensetzung ist falsch. Wir lehnen das ent- n  Wir sehen zwei Stufen einer gesonderten
schieden ab und fordern eine jährliche Sen- Reichensteuer vor: 60 Prozent für Einkom-
kung der Militärausgaben. Auch der Abbau men oberhalb der aktuellen Reichensteuer-
klimaschädlicher Subventionen kann den grenze von 260.533 Euro und 75 Prozent für
Bundeshaushalt entlasten. Insgesamt sind Einkommen oberhalb von 1 Million Euro zu
Einsparungen im Umfang von 12 Milliarden versteuerndem Einkommen.
Euro jährlich problemlos möglich.
n  Einkommen aus Kapitalerträgen sollen
n  Mit diesen Mehreinnahmen können wir nicht weiter bevorzugt werden, sondern
den Einstieg in eine solidarische Gesell­ nach denselben Sätzen versteuert werden
schaft finanzieren: bessere soziale Sicher- wie alle Einkommen. Die Abgeltungsteu-
heit, mehr Personal in Bildung, Gesundheit er von 25 Prozent werden wir abschaffen,
und Pflege und einen Neustart im gemein- Einschränkungen der Verrechnung von
nützigen Wohnungsbau, Barrierefreiheit und Verlusten aus Kapitalvermögen sowie den
den Einstieg in einen sozialökologischen Sparerpauschbetrag allerdings beibehalten.
Umbau der Wirtschaft. Unsere Forderungen
sind gegengerechnet und realistisch. n  Das Ehegattensplitting wird mit sozialver-
träglichen Übergangsregelungen durch eine
Einkommensteuer ­gerecht ­reformieren geschlechtergerechte Individualbesteue-
rung ersetzt. Dabei muss das nicht ausge-
Auch die Besteuerung von Einkommen wollen schöpfte steuerliche Existenzminimum zwi-
wir gerechter machen. Niedrige und mit­tlere schen Eheleuten bzw. Lebenspartner*innen
Einkommen wollen wir entlasten. Hohe Ein- übertragbar sein.
kommen müssen stärker besteuert werden.
Als Faustregel gilt: Wer (als Single, Steuer­ n  Bei Entlassungen wollen wir Steuerfreibe-
klasse I) weniger als 6.500 Euro im Monat träge für Abfindungen wieder einführen.
brutto hat, zahlt nach unserem Tarif we­
niger Steuern. Alle haben Vorteile von der n  Die Entfernungspauschale wird durch
verbesserten öffentlichen Daseinsvor­sorge ein Mobilitätsgeld ersetzt, das pro Ent-
und den geringeren Beiträgen zu unserer fernungskilometer zur Arbeitsstätte allen
solidarischen Gesundheitsversicherung. Arbeitnehmer*innen unabhängig von ihrem
Einkommen dieselbe Steuerbegünstigung
n  Alle zu versteuernden Einkommen unter verschafft.
14.400 Euro im Jahr bleiben steuerfrei.
Der Steuerverlauf wird abgeflacht. Gerade n  DIE LINKE will den Solidaritätszuschlag
mittlere Einkommen profitieren, da ein für hohe Einkommen erhalten und zu einem
höherer Freibetrag bedeutet, dass nur auf Solidaritätspakt III umbauen. Der Soli ist die
das darüberhinaus gehende Einkommen sozial gerechteste Steuer: mit der stärks-
überhaupt Steuern gezahlt werden müssen. ten Entlastung im unteren Bereich und für
Menschen mit Kindern – und der stärksten
n  Höhere Einkommen wollen wir stärker Belastung für die im oberen Bereich, beson-
b­ esteuern. Ab 70.000 Euro zu versteuern­dem ders Menschen ohne Kinder.
Einkommen im Jahr beträgt der Steuer­satz 53
Prozent. Zu versteuerndes Ein­kom­men bedeu- n  DIE LINKE fordert einen Solidarpakt III
tet: das, was vom Brutto­einkommen nach den zur Bewältigung des Strukturwandels in
üblichen Abzügen (pauschale Freibeträge und Regionen in und nach dem industriellen
Sonderausgaben) übrigbleibt. 70.000 Euro zu Umbruch. Das finanzielle Volumen muss an
versteuerndes Einkommen entspricht etwa den Solidarpakt II anknüpfen, deshalb fordern

88
wir mindestens 10 Milliarden Euro jährlich der Länder nicht mehr automatisch zur Aber-
aus Bundesmitteln für den Strukturwandel kennung der Gemeinnützigkeit führen, wie es
und Kohäsion zur Verfügung zu stellen. zuletzt im Fall der VVN / BdA passiert ist.

Unser Solidarpakt III richtet sich an alle n  Die Nutzung gemeinnütziger Stiftungen
struktur­­schwachen Regionen in Deutsch- zur Steuervermeidung muss stärker einge-
land. Wir schlagen für die Planungssicherheit schränkt werden.
einen Zeitraum bis 2035 für den Solidarpakt
III vor und somit ein Gesamtvolumen von n  Steuervollzug. Die großen Probleme im
mindesten 150 Milliarden Euro. Steuervollzug müssen endlich gelöst werden.
Dazu braucht es einerseits deutlich mehr
n  Grunderwerbsteuer und Share Deals. Personal und IT-Kapazitäten der Finanz­be­
Durch steigende Immobilienpreise und die hörden, mindestens ebenso wichtig ist aber
in fast allen Bundesländern ­angehobenen eine bundesweit einheitliche Umsetzung
Steuersätze der Grunderwerbsteuer und Durchsetzung der Steuergesetze des
ist die Steuerbelastung für die meisten Bundes. Die Frequenz, mit der Großbetriebe
Immobilien­erwerbe deutlich gestiegen. und reiche Einzelpersonen durch Betriebs-
Immobilienkonzerne hingegen, die große und Steueraußenprüfungen kontrolliert wer-
und sehr große Immobilienpakete kaufen, den, variiert stark zwischen den Ländern.
kommen durch sogenannte Share Deals Wir brauchen viel häufigere und ­intensivere
meist davon, ohne Steuern zu zahlen. Sie Steuerprüfungen für Unternehmen und reiche
kaufen formal nicht die Immobilien, son- Einzelpersonen. Die wirksame Lösung für
dern die Mehrheit (bis zu 90 Prozent) der diese interessengeleitete Kleinstaaterei
Anteile (englisch »shares«) an den jeweiligen wäre die Übertragung des Steuervollzugs
Firmen, die die Immobilien besitzen. Wir for- auf die Bundesebene (»Bundessteuerver-
dern eine Reform der Grunderwerbsteuer, waltung«). Auch bei der Verfolgung und
sodass auch anteilige Immobilienkäufe (ab Bekämpfung halblegaler und verbotener
über 50 Prozent) dann entsprechend auch Steuergestaltungsmodelle sind die Finanz-
anteilig besteuert werden. Dadurch werden behörden oft untätig (vgl. folgendes Kapitel).
Share Deals weitgehend unattraktiv.
Die Macht der Banken und
n  Gemeinnützigkeit. In den vergangenen Finanzmärkte brechen
Jahren wurde immer mehr politisch enga-
gierten Vereinen vom Finanzamt oder vor Mehr als zehn Jahre nach der Finanz- und
Gericht die Gemeinnützigkeit aberkannt. Weltwirtschaftskrise sind deren Ursachen
Die Demokratie lebt jedoch von ihrer Be- nicht überwunden. Die Regierung hat es
teiligung und von einer vielfältigen Debatte. versäumt, das Finanzsystem grundlegend
Wir brauchen eine Reform des Gemeinnüt- zu verändern und auf die Interessen der
zigkeitsrechts mit einer Ausweitung der als Mehrheit der Bevölkerung auszurichten.
gemeinnützig anerkannten Zwecke (zum ­Dafür braucht es den Mut, sich mit den
Beispiel die Förderung der Menschen- und Großbanken, Hedgefonds und den Multi­
Grundrechte, des Friedens, des Klimaschut- milliardären anzulegen. Wir wollen die
zes oder der sozialen Gerechtigkeit). Die Gesellschaft und die Demokratie aus dem
Mitwirkung an der politischen Willensbil- Würgegriff der Finanzkonzerne befreien:
dung muss ausdrücklich als unschädlich für
die Gemeinnützigkeit benannt werden, ob n  Aus kapitalgedeckter Altersvorsorge
zur Verfolgung eigener Zwecke oder darüber ­ ießen den Finanzmärkten Milliardenbe-
fl
hinaus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit träge zu. Wir wollen die Rentenprivatisie-
und Menschenrechte. Dabei ist zu beachten, rungen zurücknehmen und die Mittel der
dass es nicht zu einer verdeckten Partei- Spekulation entziehen (vgl. Kapitel »Rente«).
enfinanzierung kommt und die Grenzen zur
Parteienfinanzierung gewahrt sind. Auch n  Gerade die hochkomplexen Finanzins­
darf die Erwähnung eines Vereins in einem tru­­mente (zum Beispiel Derivate höheren
Verfassungsschutzbericht des Bundes oder Grades), von denen im Krisenfall die größten

89
Risiken ausgehen, nutzen dem Gemeinwe- lenken. Nur so können die Einlagen der
sen kaum DIE LINKE will den Finanzsektor Kleinsparer*innen geschützt und Gewer­
deshalb auf eine dienende Funktion für Ge- betreibende mit günstigen Krediten
sellschaft und Realwirtschaft zurückführen. versorgt werden. In den Kontrollgremien
Die Finanzmärkte sollen entschleunigt und müssen auch Sozialverbände, Verbraucher-
im Volumen geschrumpft werden. schutz- und Umweltverbände und andere
zivilgesellschaftliche Akteure vertreten sein.
n  Wenn immer größere Teile der öffent­
lichen Daseinsvorsorge privat organisiert n  Alle Menschen müssen einen Rechts-
werden, dann müssen Renditen erwirt­ anspruch auf ein kostenfreies Girokonto
schaftet werden, der Finanzmarkt über- ­erhalten. Dispozinsen wollen wir auf
nimmt die Kontrolle. Wir wollen Kranken- ­höchstens 5 Prozent oberhalb des Zins­
haus-, Pflege- und Immobilienkonzernen satzes der Zentralbank begrenzen.
die Börsenzulassung entziehen.
Finanzkriminalität stoppen!
DIE LINKE will den Finanzsektor auf gesell­
schaftlich sinnvolle Kernaufgaben konzen­ Deutschland ist ein Paradies für Finanz-
trieren. Das sind vor allem Angebote im kriminalität und Geldwäsche. Die großen
Bereich Zahlungsverkehr und sicherer Erspar- privaten Wirtschaftsprüfungs- und Bera-
nisbildung sowie die Finanzierung privater tungsunternehmen sind zu mächtig – das
und öffentlicher Investitionen. Die Banken zeigt der Wirecard-Skandal.
sollen auf ein an den Bedürfnissen der Real-
wirtschaft und der Gesellschaft orientiertes Bei den sogenannten Cum / Ex- und Cum-
Geschäftsmodell zurückgeführt werden: Cum-Geschäften ließen sich kriminelle
Händler auf dem Finanzmarkt vom Staat
n  Die Basis eines neuen Finanzsektors sind Steuern erstatten, die nie bezahlt ­wurden.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Ein Netzwerk aus Banken, Beratern,
Sie wollen wir fördern. Die Geschäfts- ­Anwälten und Investoren bereicherte
banken müssen wie Sparkassen auf das sich so auf Kosten der Allgemeinheit. Der
Gemeinwohl verpflichtet werden. Schaden in den letzten zwanzig Jahren wird
auf über 35 Milliarden Euro geschätzt.
n  Der überwiegende Teil des sogenannten Cum / Ex- und Cum-Cum-Geschäfte verhin-
Kapitalmarktgeschäfts der Banken folgt dern: Steuerbetrug mit Cum / Ex-ähnlichen
spekulativen Motiven. Sie dienen nicht Aktiengeschäften muss endlich wirksam
den Bedürfnissen der Realwirtschaft oder unterbunden werden. Deshalb brauchen
der Mehrheit der Bevölkerung. Kurzfristig wir einen automatisierten und daten­
ausgerichtetes Investmentbanking – das bankgestützten Abgleich zwischen jenen,
nur in Betriebe investiert, um schnell hohe die Erstattung von Kapitalertrag­steuern
Renditen zu erzielen – wollen wir als Ge- beantragen, und jenen, die tatsächlich
schäftsfeld abwickeln. Schattenbanken, ­Kapitalertragsteuern entrichtet haben.
außerbilanzielle Zweckgesellschaften,
Derivate, Hedgefonds und Private-­­Equity- Geldwäsche bekämpfen
Gesellschaften müssen aufgelöst oder
streng reguliert werden. In diesem Sinne n  Die Strafverfolgung muss verbessert
muss Banking wieder langweilig werden. ­ erden. Ohne ein Strafrecht für Unter­
w
Die Spekulation mit Agrarrohstoffen und neh­men kommen die großen Banken in
­Nahrungsmitteln wollen wir verbieten. Bei­hilfe­verfahren oft glimpflich davon. Wir
­brauchen ein solches Unternehmens­
n  Mit einer demokratischen Kontrolle der strafrecht, um nicht nur einzelne Personen,
Banken durch Vertreter von Beschäftigten, sondern große Konzerne zur Verantwortung
Gewerkschaften und öffentlicher Hand zu ziehen. Das erfordert wirksame Sanktio-
könnten die Ressourcen der Banken dazu nen und Verschärfungen im Kreditwesen­
genutzt werden, die Wirtschaft im Inte- gesetz, um Banken bei wiederholter Beihilfe
resse der Mehrheit der Bevölkerung zu zu Straftaten die Lizenz zu entziehen.

90
n  Die Antigeldwäscheeinheit des Zolls (FIU) zinstrumente in Zukunft eine ausdrückliche
hat im Kampf gegen Geldwäsche versagt Zulassung durch einen »Finanz-TÜV« erhalten,
und verfügt nicht über kriminalistisch bevor sie in Umlauf gebracht werden dürfen.
­ge­schultes Personal. Wir brauchen eine
­stärkere Einbeziehung der Kriminalämter Steueroasen trockenlegen
in die Analyse von Geldwäscheverdachts­
meldungen. Insbesondere der Immobili- Durch Steueroasen und Steuertricks entzie-
en- bzw. Nichtfinanzsektor sowie die neuen hen die Reichen und Konzerne der Allge-
Fintech-Unternehmen, die Zahlungen im meinheit jedes Jahr Hunderte Milliarden Euro.
Internet abwickeln oder Kryptotechnologie
nutzen, müssen besser beaufsichtigt werden. n  Geldströme werden oft über Briefkasten­
firmen und andere Rechtskonstrukte ver­
n  Eigentumsstrukturen müssen aufge­ schleiert. Das wollen wir unmöglich ­machen.
deckt werden: Das 2017 eingeführte Transnationale Konzerne sollen dazu ver­
­Transparenzregister zur zentralen Identi­ pflichtet werden, ihre Kerndaten wie ihre
fikation der Eigentümer von Firmen und Wertschöpfung, Umsätze, Gewinne und
­Stiftungen enthält zu viele Schlupflöcher Steuerzahlungen länderweise offenzulegen.
bei den Meldepflichten und ist nicht euro­
päisch vernetzt. Wir brauchen ein Immobi­ n  Doppelbesteuerungsabkommen mit unko-
lienregister mit den wahren Eigentümern operativen Staaten müssen sofort gekündigt
von Immobilien und Grundstücken. und ihren Finanzinstituten muss die Lizenz in
Deutschland entzogen werden. Durch eine
n  Finanzaufsicht reformieren, finan­ziellen Quellensteuer von 50 Prozent auf alle in nicht
Verbraucherschutz stärken: Jede Geld- und kooperative Staaten abfließenden Zahlungen,
Vermögensanlage sowie jedes Kreditge- auf Dividenden, Zinsen und Lizenzabgaben
schäft muss erfasst und durch ein laufendes von Unternehmen wollen wir Steuer­flucht
materielles Prüfungsrecht (­Produktaufsicht) ­unattraktiv machen. Das ist auch im na-
der Bundesanstalt für Finanzdienstleis- tionalen Alleingang sofort möglich. Die
tungsaufsicht (BaFin) ­unterstellt werden. Beweislast muss bei den Unter­nehmen und
Die BaFin muss durch mehr Personal mit Vermögenden liegen durch eine Anrech-
Wirtschaftsprüferex­amen zu einer eigen- nung der Quellensteuer nur bei Offenlegung
ständigen Bilanzkon­trolle befähigt werden. aller steuerrelevanten Informationen.

n  Die Macht der großen Wirtschaftsprüfer n  Wir wollen die Verlagerung von Konzern­
(»Big Four«) brechen: Wirtschaftsprüfer gewinnen ins Ausland bekämpfen: Beste-
dürfen nicht länger gleichzeitig prüfen und hende Steuerbefreiungen für ins Ausland
beraten. Das Haftungsprivileg der Wirt- abfließende Kapitalerträge müssen ab­ge­
schaftsprüfer und die damit verbundene schafft werden. Steuervorteile für in einem
Haftungsgrenze von 4 Millionen Euro bei Niedrigsteuerland erzielte Kapitaler­träge
Aktiengesellschaften gehören abgeschafft. wollen wir beseitigen: Die Steuerdifferenz
Wir brauchen ein Vieraugenprinzip (Joint muss in Deutschland erhoben werden.
Audits) sowie eine Poolfinanzierung der Wirt-
schaftsprüfer, damit nicht das zu prüfende n  Strafverfolgungsbehörden und Finanz-
Unternehmen die Prüfer direkt bezahlt. ämter müssen personell, technisch und
Wirtschaftsprüfer müssen alle drei bis fünf vom gesetzlichen Rahmen her in die Lage
Jahre rotieren. versetzt werden, Steuerhinterziehung als
Geschäftsmodell konsequent zu verfolgen.
n  Finanz-TÜV einführen: In Zukunft Jede*r Steuerfahnder*in bringt etwa1 Milli-
sollen nur noch solche Finanztransaktionen on Euro mehr ein, als sie oder er kostet.
und -ins­trumente erlaubt sein, die auch einen
gesamtwirtschaftlichen und / oder gesell- n  Banken, Wirtschaftsprüfer*innen und
schaftlichen Nutzen stiften. Statt wie bisher Kanzleien, die Beihilfe zur Steuerhinter­
alle Finanzpraktiken zuzulassen, die nicht ziehung leisten, müssen empfindlich
ausdrücklich verboten sind, müssen Finan- bestraft werden – bis hin zum Entzug der

91
Bank- bzw. Geschäftslizenz. Nach dem werden Finanzinstitute zur ­Weitergabe
Vorbild des US-amerikanischen ­Foreign von steuerrelevanten Infor­mationen
Account Tax Compliance Act­­(FATCA) verpflichtet.

Für eine Digitalisierung, die den Menschen nützt


Die Digitalisierung kann Chancen eröffnen Lohn- und notwendigem Personalaus­
für selbstbestimmtes Arbeiten und Leben, gleich verkürzen. Dabei unterstützen wir
für neue Formen der Demokratie, die Alltag, die ­Gewerkschaften in ihrem Kampf (vgl.
Arbeit und Wirtschaft einschließen. Die Kapitel »Gute Arbeit«).
Digitalstrategie der Bundesregierung ist
­jedoch eine milliardenschwere Subvention n  Das Mitbestimmungsrecht von
für private Konzerne. Die Unternehmer­ ­ etriebs- und Personalräten muss bei
B
verbände trommeln für weitere »Flexibili­ der Einführung von Digitaltechnologien und
sierung der Arbeit«, für den Zwölfstundentag. digitalen Arbeitsprozessen gestärkt und er-
Sie nutzen das Schlagwort »Digitalisierung« weitert werden, damit Betriebs- und Dienst-
für die Aushöhlung von Rechten der Be- vereinbarungen im Interesse der Beschäftig-
schäftigten und als Gelegenheit, Gelder für ten getroffen werden können. Betriebs- und
öffentliche Dienstleistungen in ihre ­privaten Personalräte müssen über Personalbemes-
auf ihre privaten Konten umzulenken. Auf sung, Leistungsanforderungen und Weiter-
dem neoliberalen Weg wird Digitalisierung bildungsbedarf mitbestimmen können und
zu mehr prekärer Arbeit ­führen, die soziale Initiativrecht erhalten. Die Auslagerungs­
Spaltung vertiefen, werden Überwachungs- möglichkeit auf Subunternehmen muss
technologien und wachsende ­Konzernmacht eng begrenzt werden und an die Fortgel-
die Demokratie weiter aushöhlen. Wir wollen tung der bestehenden Tarifverträge gebun-
die Gestaltung der Digitalisierung den Profi­ den werden (vgl. Kapitel »Gute Arbeit«).
tinteressen der Konzerne entziehen, um
Wohlstandsgewinn für alle Menschen zu n  Über Plattformen Beschäftigten
nutzen. Wem die Digitalisierung nutzt, wird ­ üssen die vollen Arbeits- und Mitbe­
m
jetzt ­entschieden. stimmungsrechte sowie Sozialver­
sicherungsschutz zustehen. Das betrifft
Beschäftigte und ihre Rechte stärken auch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
sowie die Pflicht der Arbeitgeber*innen, die
Im Betrieb genutzte Digitaltechnologien Arbeitsgeräte zu stellen. Der Betriebsbegriff
und digitalisierte Arbeitsprozesse müssen muss angepasst und die Beschäftigten­
den Beschäftigten zugutekommen. Richtig eigen­schaft klargestellt werden. Beschäf-
eingesetzt, können Sie die Vereinbarkeit von tigte müssen das Recht haben, für mehrere
Berufs- und Privatleben fördern und mehr Platt­formen gleichzeitig zu arbeiten. Gewerk-
Freiheit bei der Wahl von Arbeitsort und schaften brauchen ein digitales Zugangs-
Arbeitszeit schaffen. Das ist einem Vorgehen recht zu Betrieben, insbesondere wenn sie
entgegenzusetzen, bei dem Unternehmen über digitale Plattformen organisiert sind.
in digitale Arbeitsabläufe investieren, um
sich Gewinnmöglichkeiten zu sichern, den n  Wir brauchen ein Beschäftigtendaten­
Arbeitsdruck zu erhöhen und Arbeit zu ver- schutzgesetz, das die Verwertung der im
dichten. In dieser Logik ermöglicht die Arbeit Arbeitsprozess digital anfallenden personen-
in digitalen Umgebungen eine umfassende bezogenen Daten sowie die Überwachung
Leistungs- und Verhaltenssteuerung. Digitale von Beschäftigten verbietet und Verstöße
Plattformen werden genutzt, um Arbeits­ hart sanktioniert.
rechte auszuhebeln. Dass das auch anders
geht, zeigen unsere Forderungen und Ziele. n  Wir wollen die Rechte von Beschäftigten
bei mobilem Arbeiten stärken (vgl. Kapitel
n  Die Arbeitszeit in Vollzeit wollen wir »Gute Arbeit«).
auf dreißig Stunden pro Woche mit vollem

92
Die Macht der Internetkonzerne
und Plattformen begrenzen
Technologische, wirtschaftliche und poli­ auf ihre privaten Konten mit ihren Diensten
tische Macht ist extrem konzentriert in den konkurrierenden Angeboten zu ermöglichen.
Händen einiger weniger Digitalkonzerne.
Die »Big Five«, Google, Amazon, Facebook, n  Kommerzielle Softwarehersteller müssen
Apple und Microsoft vereinen enormes verpflichtet werden, alle gängigen und
Vermögen, Markt- und Monopolmacht: über insbesondere freie Betriebssysteme und
6,4 Billionen US-Dollar (Juli 2020). Plattformen zu unterstützen, um fairen
In der Pandemie haben sie ihre Profite Wettbewerb zwischen Betriebssystemen
weiter gesteigert. zu ermöglichen und Nutzer*innen die freie
Wahl zwischen Betriebssystemen zu lassen.
Wir brauchen ein Kartellrecht, das auch Auch kommerzielle Software muss ihren
online scharfe Zähne hat: Monopole ­müssen Quellcode mitliefern.
zerschlagen werden. Wir setzen auf com-
monsbasierte öffentliche Alternativen. n  Plattformen wie Airbnb müssen ver-
Nur so haben alternative Plattformen pflichtet werden, ihre Daten mit öffent­
eine Überlebensmöglichkeit und können lichen Behörden zu teilen. Wettbewerber
für viele ­Menschen attraktiv werden. Auf sollen ein Zugriffsrecht auf Daten
­euro­päischer Ebene setzen wir uns für von Plattformen bekommen, die auf
Richtlinien und Vorgaben zur Entflechtung ­Datenmonopolen basieren. Das kann
marktbeherrschender Monopole ein. Es über Treuhänder organisiert werden.
darf nicht den Profitinteressen dieser Airbnb wollen wir durch eine gemein­
­Konzerne überlassen bleiben, über Inhalte wohlorientierte Alternative für rein
und Zugang zum Internet zu entscheiden. ­pri­vaten Wohnungstausch ersetzen (vgl.
Kapitel »Keine Profite mit der Miete«).
n  Digitalkonzerne müssen in den Ländern
Steuern zahlen, in denen sie wirtschaft­ n  Den Einsatz von Uploadfiltern und Netz-
lich aktiv sind. Dazu fordern wir eine stär- sperren lehnen wir ab. Plattformbetreiber
kere Quellenbesteuerung der Gewinne am dürfen weder verpflichtet werden, ohne
Ort der Umsätze und die Einschränkung richterlichen Beschluss Inhalte zu löschen,
der Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben noch dürfen große Plattformen sich ihr eige-
(zum Beispiel Lizenzgebühren), die einzig nes Parallelrecht ohne öffentliche Kontrolle
der Gewinnverlagerung dienen. Das Konzept schaffen. Gegen Desinformation brauchen
der virtuellen Betriebsstätte muss auch im wir eine stärkere Medienbildung statt Zensur.
Steuerrecht verankert werden.
Digitale Infrastruktur für alle ausbauen
n  Wir wollen ­Plattformgenossenschaften
und öffentlich-rechtlich betriebene Platt- Die profitorientierten Mobilfunkbetreiber
formen als Alternativen fördern. Durch ein haben kein Interesse an einem flächen­
Plattformstrukturgesetz wollen wir deckenden Netzausbau. Zahlreiche Men-
Selbst­begünstigung der IT-Unternehmen schen leben immer noch in Regionen mit
verbieten, Datenschutz sicherstellen und schlechtem Internet. Der Netzausbau muss
die Interoperabilität und Portabilität der am Ziel zuverlässiger Versorgung und am
Nutzerdaten sanktionsbewehrt garantieren. Gemeinwohl orientiert erfolgen. Dazu
Alle kommerziellen Dienste und Software­ ­müssen die Breitband- und Mobilfunknetze
hersteller müssen verpflichtet werden, in öffent­liche Hand.
den Import und Export aller persönlichen
Inhalte in offenen Formaten anzubieten. n  Wir fördern den Glasfaserausbau mit
Diese Hersteller müssen auch verpflichtet Investitionen von 10 Milliarden Euro ­jährlich
werden, auf ihren Plattformen die Nutzung in ganz Deutschland. Die Kommunen sollen

93
die Netze dauerhaft in öffentlicher Hand n  Es muss immer auch nichtdigitale Arten
betreiben können. Alle Wohnungen sollen geben, eine Karte fürs Schwimmbad und
Glasfaseranschluss (FFTH) erhalten. Wir einen Termin beim Amt etc. zu bekommen,
wollen ein einheitliches Mobilfunknetz um sicherzustellen, dass niemand ausge-
aus einer Hand, das eine Abdeckung der schlossen wird. Digitale Angebote dürfen
gesamten Fläche sichert. Ein einziges Netz nicht zum Personalabbau im öffentlichen
ist kostengünstiger als parallele Netze und Dienst genutzt werden.
mindert die Strahlenbelastung. Die Konkur-
renz der Anbieter führt zu unnötigen Mehr- n  Netzneutralität muss grundgesetzlich
fachstrukturen und an vielen Stellen zu gesichert werden.
gar keinem Netz. Netzausbau und -betrieb
sollen deswegen durch die öffentliche Hand Digitale Infrastruktur für alle ­
erfolgen. Das sichert eine flächendeckend barrierefrei ausbauen
gute Netzqualität sowie die Arbeitsbedin-
gungen der Beschäftigten. Eine bundes­ Die beschleunigte Digitalisierung der Gesell­
eigene Gesellschaft betreibt das öffentliche schaft und die damit in Zusammenhang
Mobilfunknetz. Die Telekommunikations­ stehende wachsende mediale Abhängigkeit
unternehmen können ihre Dienstleistungen von profitorientierten Unternehmen bergen
über das öffentliche Netz anbieten. hohe Risiken für das gleichberechtigte Zu-
sammenleben der Menschen. Immer mehr
DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass alle Menschen werden ausgegrenzt – Menschen
Menschen digitale und andere öffentliche mit Behinderung, alte Menschen und Men-
Dienstleistungen nutzen können, unab- schen – darunter viele Kinder und Jugen­
hängig vom Geldbeutel. Internet muss zur dliche – aus armen Verhältnissen. DIE LINKE
Grundversorgung zählen. Telefonanschluss macht sich gegen den immer stärkeren
und Internet dürfen (wie Strom und Wasser) Trend stark, Menschen auszugrenzen,
nicht abgestellt werden, auch nicht bei und will stattdessen Chancen nutzen, die
Zahlungsrückstand. digitalen Beteiligungsmöglichkeiten in allen
Lebensbereichen zu erhöhen.
n  Die Kosten dafür müssen in der Mindest-
sicherung berücksichtigt werden, ebenso Allerdings gibt es vielfältige Barrieren, die
für die Endgeräte. es Anwender*innen erschweren oder gar
unmöglich machen, das Internet, digitale
n  Jedes Kind braucht von der Schule ein Systeme und Software umfassend zu
kostenfreies Leihgerät für die gesamte nutzen. Gerade in den letzten Monaten
Schulzeit. Die Leihgeräte sind mit quell­ ist ein deutliches Ungleichgewicht bei
offenen Betriebssystemen und freier der ­Sicherstellung des alltäglichen Lebens
­Software sowie jugendgerecht auszustatten ­deutlich geworden, vor allem bei der
(vgl. Kapitel »Eine Schule für alle«). Gesundheitsversorgung, der Teilhabe an
digitaler Bildung, Arbeit, im sozialen Leben
n  Wir wollen wohnortnahe soziale ­Zentren und bei politischer Partizipation sowie bei
in den Dörfern schaffen, die als Orte der der Befriedigung elementarer Grundbe­
­Begegnung dienen und grundlegende Dienst­ dürfnisse, zum Beispiel bei der Erledigung
leistungen wie Post, Bank und öffentlichen von Bankgeschäften, beim Onlineeinkauf
Internetzugang anbieten. oder bei der Nutzung von Mobiltelefonen.

n  Die öffentliche Hand einschließlich öffent­ DIE LINKE will die digitalen Beteiligungs-
licher Unternehmen soll Ende-zu-Ende möglichkeiten der Menschen in allen
ver­schlüsselte Kommunikationswege via Lebensbereichen erhöhen, um der zuneh-
­E-Mail und Chat bereitstellen, die anbieter­ menden Ausgrenzung insbesondere von
unabhängig betrieben und dezentral genutzt Menschen mit Behinderung, alten Menschen
werden können. sowie Menschen aus armen Verhältnissen
entgegenzuwirken. Dazu braucht es inklu-
sive digitale Formate und die ausreichende

94
Bereitstellung der dafür benötigten finanz­ heimdienste nichts zu suchen, stattdessen
iellen Mittel, um den gleichberechtigten und werden wir die Unabhängigkeit des Bun­
chancengerechten Zugang zu ­Produkten desamts für die Sicherheit in der Informa­
und Dienstleistungen für alle sicher­zustellen. tionstechnologie (BSI) stärken und dessen
Beratungs- und Hilfsangebote ausbauen.
Datensicherheit und Datenschutz
n  Wir setzen uns gegen die Bestrebungen
Wenn künftig Autos, Kühlschränke und der EU-Kommission ein, Ende-zu-Ende-Ver-
Strom­zähler digital gesteuert und ans Inter- schlüsselung zu kriminalisieren. Die Mög-
net angeschlossen sein sollen, muss schon lichkeit der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
bei der Herstellung ausgeschlossen werden, ist essenzieller Bestandteil des Grundrechts
dass Unberechtigte sich Zugriff zu diesen auf informationelle Selbstbestimmung.
Systemen, den Daten der Nutzer*innen und
die Kontrolle über diese Geräte verschaffen n  Wir wollen Entwicklung und Betrieb von
können. Dies betrifft besonders IT- und IoT- Open-Source-Betriebssystemen und
Geräte in Haushalten und kleinen Betrieben. Anwendungen staatlich fördern, um die
Die Verantwortung für Sicherheit der Daten Nachvollziehbarkeit, Kontrolle und Verbes-
muss »by Design« gewährleistet sein und serung der Systeme zu ermöglichen. Die
darf nicht auf die Nutzenden abgeschoben Möglichkeit der Überprüfung hilft, Fehler zu
werden. Wir müssen darauf vertrauen finden und auszubessern, auch ehrenamtlich
können, dass unser Onlinebanking, unsere und nicht nur über Verträge und Geldfluss
elektronische Krankenakte, unsere Daten mit Softwarefirmen. Mit der Förderung von
bei allen Ämtern sicher sind und nicht in Open-Source-Technologien lässt sich auch
falsche Hände geraten. Anbieter der Techno­ die Entwicklung von Privacy-by-Design-
logien müssen die Sicherheit wirksam Standards verbinden. Öffentliche Stellen
gewährleisten. müssen zur Anwendung von Open-Source-
Technologie verpflichtet werden, um die
n  Die Haftung der Hersteller für IT-­ vollständige Kontrolle der Behörden und
Sicherheit muss ausgeweitet werden. der Gesellschaft über die eingesetzte
Wir brauchen gesetzliche Vorgaben zur Technologie zu gewährleisten. Der Bund
Produktlebensdauer, die den verpflichtenden soll Geld zur Verfügung stellen, um auch
Support und Sicherheitsupdates für diese die Instandhaltung von freien Betriebssys­
Zeit vorsehen. Per Verordnung muss Secu­ temen zu unterstützen. Die Interessen von
rity by Design und by Default vorgeschrieben Nutzer*innen und Beschäftigten am Schutz
werden. Das sollte auf europäischer Ebene ihrer Daten und Persönlichkeitsrechte
als Regelung für den Binnenmarkt umgesetzt bei der Nutzung digitaler Systeme müssen
werden. Eine Sicherheitszertifizierung muss gegenüber dem Interesse von ­Unternehmen,
obligatorisch für den Marktzugang werden. durch Aus- und Verwertung möglichst
­großer Datenmengen neue Geschäftsmo-
n  Der Aufkauf von Informationen über delle zu entwickeln, verteidigt werden.
und Beauftragung von Sicherheits­
lücken in IT-Systemen durch Geheim­ n  Die Nutzung öffentlich zugänglicher
dienste muss verboten und unterbunden Angebote muss möglich sein, ohne dass die
werden. Sie gefährden die Datensicherheit dabei entstehenden Daten wirtschaftlich
für alle, da diese Sicherheitslücken nicht verwertet werden, wie derzeit durch Tracking,
nur vom Staat, sondern auch von Kriminellen Profilbildung und personalisierte Werbung.
ausgenutzt werden. Es muss eine Verpflich- Geschäfts­bedingungen müssen allgemein­ver­
tung zur Meldung von Sicherheitslücken ständlich sein und die Möglichkeit beinhalten,
geben. Forschung zur IT-Sicherheit muss die Weiterverwendung der anfallenden Daten
stärker gefördert werden und darf nicht auszuschließen. Den Geschäftsbe­dingungen
kriminalisiert werden. muss eine vereinfachte und barrierefreie
Fassung beigefügt sein.
n  Im Bereich der Abwehr von Angriffen auf
die IT-Sicherheit haben Bundeswehr und Ge-

95
n  Die Datenschutzgrundverordnung muss n  Den Export von Überwachungstechno­
gefestigt und erweitert werden. Unter­neh­ logie und den Einsatz autonomer Waffen-
men, die gegen Datenschutzauflagen ver­ systeme und bewaffneter Drohnen wollen
stoßen, sind konsequent zu sanktio­nieren. wir verbieten.
Dazu gehört eine Stärkung der Daten-
schutzbehörden. n  Die behördliche Speicherung personen­
bezogener Daten muss auch für Geflüchtete
n  Es muss möglich sein, Daten zwischen der Verhältnismäßigkeit und dem Grund-
verschiedenen sozialen Netzwerken zu recht auf informationelle Selbstbestimmung
teilen. Wir wollen eine Wahlfreiheit durch entsprechen. Das Ausländerzentralregister
Interoperabilität und Datenportabilität ist zum Instrument der Totalerfassung
zwischen den Diensten. Das darf nicht geworden, das Zugriff auf nahezu sämtliche
zulasten von Sicherheitsstandards gehen. persönliche Daten zahlreicher Behörden
­erlaubt. Mobiltelefone Schutzsuchender
n  Verträge müssen auf die gleiche Art künd- werden für Asylentscheidungen syste­m ­
bar sein, in der sie abgeschlossen wurden. atisch ausgelesen und analysiert. Das
schafft gefährliche Präzedenzfälle und
Grundrechte schützen bedroht die Grundrechte aller Menschen.

DIE LINKE steht für eine lebendige Demo- n  Digitale Gewalt im Netz muss juris­
kratie. Die digitalen technischen Möglich- tisch anerkannt und verfolgt werden.
keiten dürfen nicht zur Überwachung der Dazu muss auch Kompetenz in den Straf-
Bürger*innen und zur Einschränkung der verfolgungsbehörden aufgebaut werden.
Demokratie genutzt werden. Das betrifft besonders digitale Gewalt
gegen Frauen, Kinder / Jugendliche und
n  Videoüberwachung im öffentlichen Angehörige von Minderheiten.
Raum muss beendet werden. Automa-
tisierte Gesichtserkennung wollen wir n  Die Impressumspflicht wollen wir
verbieten. Wir brauchen stattdessen mehr überarbeiten, um die Privatsphäre von
Personal im öffentlichen Raum und auf Websitebetreiber*innen zu sichern.
Bahnhöfen, das Unterstützung, Auskunft
und Hilfe bieten kann. Eine Kamera verhin- n  Das Fernmeldegeheimnis und der Schutz
dert keine Gewalt und leistet keine Hilfe. gespeicherter Daten muss auch für Jugend­
liche gelten: Eltern dürfen sich zu offen-
n  Wir lehnen die anlasslose Vorhaltung und sichtlich geschützten Daten keinen Zugang
zentrale Speicherung von biometrischen verschaffen. Apps zur Überwachung bei-
Daten wie Fotos von Gesichtern und Finger- spielsweise des Standorts lehnen wir ab.
abdrücken ab. Entsprechende Speicherun-
gen in Registern und in Ausweisdokumenten n  Nicht kommerzielle Vervielfältigung und
wollen wir rückgängig machen. Nutzung urheberrechtlich geschützten
­Materials darf nicht kriminalisiert werden.
n  Quellen Telekommunikationsüber­
wachung und Onlinedurchsuchung n  Ein modernes Urheberrecht muss
(Staatstrojaner) müssen verboten ­werden. den neuen Nutzungsmöglichkeiten im
Wir wollen das Recht auf Privatsphäre, Netz gerecht werden und gleichzeitig den
sichere Kommunikation und Verschlüs­selung Urheber*innen den Rücken stärken (vgl.
gesetzlich verankern. Spyware aller Art Kapitel »Kultur«). Für eine gerechte Ver­
muss verboten werden. gütung müssen keine Nutzer*innenrechte
eingeschränkt werden. Wir werden uns
n  Die Vorratsdatenspeicherung von IP-­­ auch auf europäischer Ebene dafür einset-
Ver­bindungen, Mobilfunkverbindungen zen, dass Alltagsnutzungen flexibler erlaubt
und -stand­orten muss verboten werden. werden. Leistungsschutzrecht und Daten-
Eine Ausweispflicht für E-Mail-, Messen­ bankschutzrecht sollen für Presseverlage
gerdienste und Ähnliches lehnen wir ab. abgeschafft werden.

96
n  Der Einsatz sogenannter künstlicher eine strikte Trennung zwischen Bezahl- und
Intelligenz (KI) muss gesetzlich reguliert anderen Diensten der Konzerne durch.
werden, um gemeinwohlorientierte An­
wendung sicherzustellen. n  Geld und Währung müssen Teil staatlicher
Souveränität bleiben, eine schleichende
n  Sämtliche für Entscheidungen eingesetzte Privatisierung lehnen wir ab. Innovative
Algorithmen müssen von unabhängigen ­Finanztechnologieunternehmen (Fintech)
Stellen auf Diskriminierungsfreiheit bzw. ihre Plattformen müssen mit ihren
­geprüft werden. Wir wollen ethische Richt- Finanz­dienstleistungen denselben Regeln
linien für die Schaffung von Algorithmen. und Gesetzen unterworfen sein, wie sie heute
für konventionelle Finanzdienstleister (zum
n  Bei Anwendung von KI auf personenbezo­ Beispiel Banken und Versicherungen) gelten.
gene Daten müssen demokratische Ge­stal­-
tungs­möglichkeiten, weitgehender Daten­ Öffentliche Verwaltung demokratisch
schutz und freie Meinungsbildung in ­digitalen und digital
Medien gewährleistet sein. KI muss hierbei so-
zialer Spaltung, Mono­poli­sie­rungs­ten­den­zen Die Digitalisierung der öffentlichen Verwal-
in der Wirtschaft durch wenige Technologie- tung erleichtert neue Beteiligungsformate
konzerne und ­Überwachung entgegenwirken. für demokratische Entscheidungen, trans-
Auf dieser Grundlage sollen Potenzial und Re- parente Entscheidungen und schnellere
gulierungsansätze von KI weiter erforscht und ­Bearbeitung von Bürgeranliegen. Das darf
genutzt werden. Entscheidungen beispiels- aber nicht dazu führen, dass die Abhängi­­
weise über Sozialleis­tungsansprüche, Kredit- keit von externen Dienstleistern und der
würdigkeit oder Prognosen über Straffälligkeit Einsatz externer »Berater« noch zunimmt.
sind ­deshalb bis auf Weiteres abzulehnen. Vielmehr brauchen die öffent­lichen Verwal­
tungen ausreichend kompe­tentes ­Personal,
Wir wollen Whistleblower schützen. Perso- um die digitalen Systeme zu warten,
nen und Strukturen, die Missstände und Bürger*in­nen bei der Benutzung zu unter­
Verbrechen in der Wirtschaft und in demo- stützen und die persönliche Ansprech­
kratischen Institutionen öffentlich machen, barkeit für alle Anliegen sicherzustellen.
sind für eine Demokratie lebensnotwendig.
n  Wir wollen neue digitale Beteiligungs­
Digitale Zahlungssysteme regulieren formate für demokratische Entscheidungen
entwickeln.
Internetkonzerne entwickeln für ihre Hard-
und Softwareprodukte eigene Bezahlsys- n  Das Informationsfreiheitsgesetz wollen
teme (zum Beispiel ApplePay, AmazonPay, wir zu einem Transparenzgesetz aus­bauen.
PayPal) oder denken über die Etablierung Mit öffentlichen Mitteln erstellte Informa-
eigener Parallelwährungen nach (beispiels- tionen müssen im Sinne von Open Data
weise Facebooks Pläne für die Komplemen- kostenlos öffentlich zugänglich sein. Insbe-
tärwährung Diem). sondere sollten Daten, die demo­kratische
Kontrolle ermöglichen, wie Verträge für
n  Digitale Zahlungen ermöglichen die steuerfinanzierte Aufträge, Plenarproto­kolle
Erstellung von persönlichen Profilen und und Dokumente, maschinenlesbar und mit
Rückschlüsse auf sensible persönliche offenen Schnittstellen automatisiert abrufbar
­Informationen. Deshalb wollen wir das sein. Im Rahmen kommerzieller Smart-
Recht auf Bargeldzahlung unterhalb von City-Projekte gesammelte Daten müssen
Obergrenzen zur Verhinderung von Geld- der Allgemeinheit kostenfrei zur Verfügung
wäsche gesetzlich verankern. Digitales gestellt werden.
Bezahlen muss mindestens bei kleineren
Beträgen auch anonym möglich sein. n In der öffentlichen Verwaltung müssen
freie Software und offene Datenformate
n  Den Datenschutz bei digitalen Zahlungs- eingesetzt werden. Das dient sowohl der
diensten regulieren wir streng. Wir setzen ­Datensicherheit als auch dem Schutz öffent-

97
licher und demokratischer Hand­lungs- und logien und in Datenschutz- und Daten­
Entscheidungsfähigkeit. Das Vergaberecht sicherheitsfragen. Sie müssen die Technik
muss entsprechend angepasst werden. anwenden und verstehen können, um
Durch öffentliche Gelder finanzierte Soft- sie mit den Schüler*innen zu benutzen
ware muss als freie Software veröffentlicht und sie ihnen erklären zu können. Die
werden und zur Wiederverwendung in ande- sichere Nutzung und Bedienung digi­
ren Städten und Verwaltungen sowie durch taler Lehr- und Lernmittel sowie digitaler
die Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Konzepte muss zwingend Bestandteil der
Ebenso sollte das für öffentlich finanzierte Lehrer*innenausbildung sein. Sie muss
Hardware und andere Technologien gelten: entsprechend umgestaltet werden.
Sie werden öffentlich dokumentiert und
kommen damit auch anderen Anwendungs- n  Keinesfalls darf Lernsoftware als Ersatz
feldern zugute. für fehlendes Lehrpersonal eingesetzt
werden. Der Einsatz von Digitaltechnologie
n  Öffentliches WLAN in den Kommunen in Schulen erfordert einen höheren Personal-
und öffentlichen Gebäuden wollen wir durch schlüssel für die Betreuung der Schüler*innen
Freifunk ausbauen, statt durch kommerzielle wie der Software und Geräte. Dafür müssen
Anbieter. zusätzliche Lehrer*innen und Fachpersonal
für die Technik eingestellt werden.
n  Öffentliche Verwaltungen und Melde-
ämter dürfen keine persönlichen Daten n  Bildungspläne, Unterrichtskonzeptionen
von Menschen ohne deren ausdrückliche und Medieneinsatz müssen vom Menschen,
Zustimmung an Dritte weitergeben. von Lernprozessen und von den konkreten
Fächern her konzipiert werden. Medien und
Schule und Lernen digital u
­ nterstützen Digitaltechnik sind Hilfsmittel im Unterricht
und kein Selbstzweck. Die Frage ist nicht,
Digitale Anwendungen können sowohl was man mit der neuesten Digitaltechnik
bei z. B. Erstellen des Schulbetriebs, wie ­alles machen kann, sondern was die Lehr-
der Organisation von Stundenplänen oder kraft an medialer und technischer Unter­
Abhalten von Fernunterricht, als auch beim stützung braucht.
Lernen selbst helfen. Allerdings können und
sollen die besten Programme keine Lehr- n  Eingesetzte Lernsoftware darf k
­ eine per­
personen ersetzen, sondern sie und ihre sonenbezogenen Daten der Schüler*in­
Schüler*innen beim Lernen unterstützen. nen (wie Lernfortschritte) außerhalb der
Die Anwendung von Lernsoftware muss Schule speichern. Sämtliche erhobenen
deshalb immer in ein pädagogisches Konzept Daten müssen transparent und für alle
eingebettet sein. Gesundheitliche und lern- nachweislich auf den Geräten verbleiben
psychologische Aspekte sind dabei zu be- oder im Rahmen der Schule gespeichert
rücksichtigen. Die Auseinandersetzung mit ­werden. Aus den von eingesetzter Lernsoft-
verbreiteten Technologien ist darüber hinaus ware gespeicherten Daten dürfen keine
ein wichtiger Teil des Erlernens gesellschaft- Prognosen zum Lernerfolg oder der
licher Handlungsfähigkeit. Digitalisierung in weiteren schulischen Entwicklung erstellt
der Bildung darf jedoch nicht zum Einfallstor werden. Die Datenspeicherung muss
der Profitinteressen von Unternehmen wer- datenschutzkonform und dezentral erfol-
den (vgl. Kapitel »Gute Bildung«). gen. Schüler*innen haben darüber hinaus
ein »Recht auf Vergessenwerden«, zumal
Die Lehr- und Lernmittelfreiheit muss an es sich um Minderjährige und Heranwach-
allen Schulen auch für digitale Geräte sende handelt. Die Erhebung von biome­
sichergestellt sein. In den Schulen muss trischen Daten von Lernenden sowie KI-
eine ausreichende Netzwerkinfrastruktur basierte Prognosesysteme, die Lernerfolge
geschaffen werden. voraussagen, lehnen wir ab.

n  Die Lehrer*innen müssen fortgebildet n  Die Abhängigkeit von bestimmten


werden in der Benutzung dieser Techno­ IT-Unternehmen und Produkten muss

98
von vornherein vermieden werden. Die n  Krankenkassen dürfen die von den Ver­
verwendete Software soll den Standards sicherten eingezahlten Rücklagen nicht für
quelloffener freier Software entsprechen. die Spekulation auf Erfolge von IT-Konzer-
Lernprogramme müssen öffentlich erstellt, nen nutzen!
verwaltet und gewartet werden. Sogenannte
Open Educational Resources (OER), das n  Für E-Health-Anwendungen brauchen
heißt freie Lehr- und Lernmaterialien mit wir evidenzbasierte Bewertungsverfahren
einer offenen Lizenz, sind stets vorzuziehen. analog zu anderen medizinischen Behand-
lungsmethoden. Routinedaten der Kranken-
n  Technikfolgenabschätzung in der kassen, Registerdaten oder andere Daten,
Bildungs­forschung muss gefördert wer­ die direkt im Behandlungsalltag anfallen
den, um Erfahrungen, Chancen und Risiken (Real World Data) sind dafür nicht geeignet.
beim Lernen mit digitalen Technologien Für Gesundheits-Apps braucht es eine Zer-
offenzulegen. tifizierung nach staatlichen Vorgaben.

n  Die Medien- und Datenschutzkompetenz n  Die informationelle Selbstbestimmung


der Kinder und Jugendlichen muss mög- von Patient*innen und Versicherten muss
lichst früh gefördert werden. jederzeit gewahrt werden. Die Weitergabe
der sensiblen Daten darf nur erfolgen, wenn
Auch in der Erwachsenenbildung muss eine Zustimmung entsprechend der DSGVO
der digitale Kompetenzaufbau gefördert vorliegt.
werden. Digitale Bildung sollte vorran-
gig über freie Bildungsmaterialen (OER) n  Daten, die mit der elektronischen Ge-
erfolgen, die gemeinsam weiterentwickelt, sundheitskarte erhoben werden, dürfen
geteilt und weiterverwendet werden ­können. nicht zentral gespeichert oder für wirt-
Das schließt Open Hardware ein. In der schaftliche Zwecke missbraucht werden.
Wissenschaft wollen wir Open Access für Die Erlaubnis zur Einsicht Dritter muss
Forschungsergebnisse standardmäßig entsprechend der DSGVO vorliegen.
durchsetzen. Was mit öffentlichen Geldern
gefördert wurde, muss der Öffentlichkeit n  Digitale Gesundheitstechnologien sollen
kostenfrei zur Verfügung stehen. barrierefrei gestaltet und allen Menschen
diskriminierungsfrei zugänglich sein, dies
Digitalisierung im Gesundheitswesen geht Hand in Hand mit angemessenen Wei-
terbildungs- und Informationsmöglichkeiten
Den Einsatz digitaler Anwendungen und für die Versicherten, Patient*innen und
­Methoden zur bloßen Kostenreduzierung Heilmittelerbringer*innen. Die Mitsprache
unter Inkaufnahme der Verschlechterung der der betroffenen Menschen mit Pflegebedarf,
medizinischen Versorgung lehnen wir ab. einschließlich eines Vetorechts für zum Bei-
Der Schwerpunkt muss auf einer sinnvollen, spiel den Robotereinsatz, ist zu definieren.
die Pflegekräfte entlastenden Digitalisie-
rung liegen. Staatliche Gelder sollen zuerst n  Möglichkeiten zu Onlinesprechstunden,
in die Bekämpfung des Pflegenotstands und gerade im ländlichen Raum, sollten als
die Verbesserung der Gesundheitsinfra- Ergänzungsangebot ausgebaut werden.
struktur fließen, statt sie für die Subven­
tionierung von IT-Konzernen zu nutzen. ÖPNV für alle durch Digitalisierung­
­ erbessern
v
n  Ein Umlegen der Kosten von digitalen
Anwendungen auf die Bewohner*innen von Die Auto- und IT-Konzerne sind dabei, sich
Pflegeeinrichtungen lehnen wir ab. Nur ein mit digitalen Mobilitätsangeboten neue
radikaler Richtungswechsel bei der Finan- Profitquellen zu erschließen. Sie wollen
zierung von Gesundheit und Pflege durch ihre Angebote als Teil des ÖPNV definieren
eine Pflegevollversicherung verhindert, und Gelder für den öffentlichen Nahver-
dass die Digitalisierung für einen Stellen­ kehr in ihre Kassen umleiten. Dabei kann
abbau genutzt wird. der öffentliche Verkehr durch eine digitale

99
Verkehrssteuerung attraktiver werden. Die für die meisten Menschen teurer. Auch die
Übersicht und Buchbarkeit aller Verkehrs- sogenannte letzte Meile muss im ÖPNV-­
angebote in einer App sind überfällig. Der Ticket inbegriffen sein. Ticketpreise
Einsatz geteilter Kleinfahrzeuge (Ridesharing) müssen sinken, perspektivisch für alle
kann eine sinnvolle Ergänzung des öffent­ kostenlos sein.
lichen Nahverkehrs sein.
n  Bei Ausschreibungen bzw. Vergabe
Wirklicher Klimaschutz im Verkehr lässt sich öffentlichen Verkehrs an private Anbieter
nicht mit digitalen Pkw-Flotten erreichen. sind zwingend geltende Tarifverträge
Entscheidend ist der Wille, öffentliche einzuhalten, um gute Arbeitsbedingungen
Mobilität für alle verfügbar zu machen und zu sichern. DIE LINKE setzt sich für bun-
aus Steuermitteln so zu finanzieren, dass desweit gültige Flächentarifverträge im
es nicht auf den Geldbeutel des Einzelnen Nahverkehr ein.
ankommt, ob ökologische Alternativen
erschwinglich sind. Und dass Kommunen n  Soweit selbstfahrende Fahrzeuge
nicht aufgrund leerer Kassen auf profit­ eingesetzt werden, muss die Begleitung
orientierte Angebote der Konzerne zurück- durch menschliches Personal zwingend
greifen müssen. sichergestellt werden, das in Notsituati-
onen unmittelbar Hilfe leisten kann und
n  Wir setzen uns ein für eine öffentliche Menschen mit Behinderung beim Besteigen
Mobilitätsplattform, auf der alle Angebote und Verlassen des Fahrzeugs helfen kann.
aus allen Verkehrsverbünden sichtbar und Wir brauchen auch endlich wieder Personal
buchbar sind. Perspektivisch muss diese auf allen Bahnhöfen. Kameras und Infor­
Plattform alle europäischen Regionen mationssäulen bieten keine Unterstützung
einbeziehen. und keinen Schutz in Notfällen!

n  Die dabei anfallenden Daten dürfen Nachhaltige Digitalisierung:


nur aggregiert öffentlich gemacht ­ökologisch und sozial
werden. Keinesfalls dürfen anonymisierte
Daten der Nutzer*innen öffentlich gemacht Die ökologischen Kosten neuer ­Anwen­-
werden, da auch anonymisierte Bewegungs- dungen müssen gegen den gesellschaft-
profile Rückschlüsse auf konkrete Personen lichen Nutzen abgewogen werden. Die
erlauben. Die Pflicht zur Bereitstellung von Digitalisierung erfordert einen hohen
aggregierten Verkehrsdaten betrifft selbst- Energie- und Ressourcenverbrauch für
verständlich auch alle privaten Anbieter von Rechenzentren und Endgeräte. Das betrifft
Verkehrsdienstleistungen. sowohl den ­benötigten Strom als auch
die erforderlichen Rohstoffe. Zudem sind
n  Die Zugänglichkeit zu allen Verkehrs­ die Arbeitsbedingungen in vielen Ländern
angeboten auch ohne Smartphone im Rohstoffabbau, bei der Herstellung der
und App muss möglich bleiben, um nicht Geräte und auch im IT-Service oft schlecht.
Menschen auszuschließen, die Smart­ Viele neue Technologien sind zwar energie-
phones und Computer nicht nutzen können effizient, doch werden die Einsparungen
oder möchten. In zu regelmäßigen Zeiten durch größere Endgeräte, höhere Auflösung,
verkehrende Straßenbahnen und Busse stärkere Nutzung und kürzere Lebensdauer
können auch Kinder und Menschen mit der Geräte wieder aufgefressen. Durch
­Behinderung selbstständig einsteigen. diesen »Reboundeffekt« steigen sowohl
Das muss auch in einer digitalisierten Ver- der Rohstoffbedarf als auch der Stromver-
kehrswelt erhalten bleiben. brauch deutlich. Soll dieser zunehmende
Stromverbrauch ökologisch erzeugt werden,
n  Preissysteme, die im ÖPNV nach gefah- um das Klima nicht weiter zu schädigen,
renen Kilometern und Tageszeit abrechnen, werden umso mehr Windkraftanlagen,
lehnen wir ab. Sie ermöglichen gewinn­ Solarfelder und Wasserkraftwerke gebaut
orientierten und (teil)privaten Anbietern werden müssen – die ihrerseits Flächen,
höhere Profite, aber machen die Nutzung Material, seltene Metalle und Energie für

100
ihre Herstellung verbrauchen. Ein zuneh- n  Für Batterien und Elektrogeräte soll durch
mender Bedarf an Rohstoffen, die aus Einführung eines Pfandsystems die wirk-
anderen Ländern kommen, erhöht in einer same Rückführung der Rohstoffe in den
kapitalistischen Welt auch die Kriegsge- Produktionskreislauf und Wiederverwer-
fahr. DIE LINKE setzt sich deshalb für eine tung der Bestandteile ermöglicht werden.
gesellschaftliche Diskussion darüber ein, in Reparatur und Wiedernutzung müssen
welchen Bereichen wir digitale Anwendun- Vorrang vor Recycling der Materialien haben
gen nutzen wollen, und wo das im Sinne des (vgl. Kapitel »Klima- und Umweltschutz«).
Umweltschutzes, des Schutzes der Arbeits-
und Menschenrechte sowie im Rahmen n  Die Abwärme von Rechenzentren muss
einer international gerechten Handelspolitik verpflichtend zur Gebäudeheizung (Nah-
neu geregelt werden muss. und Fernwärmeversorgung) eingesetzt
werden. Alle Rechenzentren müssen in ein
n  Für die öffentliche Beschaffung müssen Kataster mit Energieausweis.
strenge sozialökologische Vorgaben gelten
in Bezug auf Arbeits- und Umweltschutz in n  Wir streben ein Verbot der energie- und
den Herstellerländern, Langlebigkeit und ressourcenverschwendenden Erzeugung
Reparierbarkeit. Unternehmen, die gegen sogenannter Kryptowährungen an.
ihre Sorgfaltspflicht in der Lieferkette ver-
stoßen, müssen von öffentlichen Aufträgen n  Auch für Rechenzentren und Software
und der Außenwirtschaftsförderung ausge- muss das »Top-Runner-Modell« (vgl. Öko-
schlossen werden (vgl. Abschnitt »Liefer­ designvorgaben im Kapitel »Verbraucher-
kettengesetz« im Kapitel »Global gerecht«). schutz«) gelten. Der CO2 -Fußabdruck von
IT-Produkten, Rechenzentren oder Software
n  Für digitale Endgeräte brauchen wir muss transparent und vergleichbar sein.
gesetzliche Vorgaben zu Mindestlebens-
dauer, Energieeffizienz, modularem Auf- n  Für die Softwareprogrammierung
bau, Reparierbarkeit durch Nutzer*innen müssen Vorgaben zur energiesparenden
und Werkstätten sowie verpflichtenden Programmierung erfolgen. Das Prinzip
Software-Updates und zur Ersatzteilverfüg- der Datensparsamkeit muss gesetzlich
barkeit (vgl. Ökodesignvorgaben im Kapitel wirksam verankert werden. Neben der
»Verbraucherschutz«). Hersteller müssen ­Erfüllung des Datenschutzes senkt das
Reparaturanleitungen mitliefern. Spätes- auch den Stromverbrauch digitaler
tens wenn Hersteller den Support beenden Anwendungen. Bei Streaming- und Video-­
und keine Sicherheitsupdates mehr liefern, on-Demand-Diensten müssen Vorgaben
muss der Quellcode veröffentlicht werden, für energiesparende Standardeinstel­
damit andere Sicherheitsupdates schreiben lungen gemacht werden.
und bereitstellen können.

Für Gerechtigkeit, Selbstbestimmung


und V­ielfalt der Geschlechter
Geld, Zeit, Anerkennung und Macht sind Linker Feminismus – Zeit für ein
zwischen den Geschlechtern ungleich selbstbestimmtes, sicheres und
­verteilt. Wir wollen nicht länger zulassen, gerechtes Leben
dass Menschen aufgrund ihres Ge-
schlechts oder ihrer sexuellen Orientie- Als LINKE stehen wir für einen Feminismus,
rung abgewertet werden – auch nicht, der an die Wurzeln geht. Das heißt zualler-
dass Menschen gezwungen werden, einer erst, Geld, Arbeit und Zeit zwischen den
bestimmten Norm zu entsprechen. Jeder Geschlechtern gerecht zu verteilen. Wir
Mensch ist gleich viel wert und »All gen- wollen eine Gesellschaft, in der alle frei,
ders are beautiful«. sicher und selbstbestimmt leben können,

101
Zeit für Familie und Freund*innen haben Burn-out und anderen Krankheiten. Es geht
und gleichzeitig einer sinnvollen und gut nicht nur um eine bessere Vereinbarkeit
bezahlten Arbeit nachgehen können. ­Damit von Familie und Beruf, damit Frauen ihre
wirken wir einer Retraditionalisierung der Kinder und Karriere noch schneller jonglieren
Geschlech­terrollen entgegen, nach der ­können. Wir brauchen neue Arbeitszeitmo-
­Frauen die Hauptverantwortung für die delle – und zwar für alle! Deshalb streiten
Sorge­arbeit in Familien tragen. Wir wollen wir für eine Gesellschaft, in der alle Tätig­
eine Gesellschaft, in der Frauen genauso keiten und Bedürfnisse zu ihrem Recht kom-
an politischen Entscheidungen mitwirken men und nicht die Erwerbsarbeit den Takt
­können wie Männer. In der sich das Leben vorgibt. DIE LINKE unterstützt die Gewerk-
nicht nur um die Lohnarbeit dreht. Der schaften in ihrem Kampf für eine deutliche
Kapitalismus ist mit der einhergehenden Arbeitszeitverkürzung in Richtung eines
Entwertung unbezahlter (Care-)Arbeit eine neuen Normalarbeitsverhältnisses mit einer
maßgebliche Stütze des Patriarchats – und 30 -Stunden -Woche, die zum Beispiel auch
andersherum. Da patriarchale Strukturen in Form einer Viertagewoche ausgestaltet
ohne einen Systemwechsel nicht endgültig werden könnte (vgl. Kapitel »Gute Arbeit«).
abgeschafft werden können, kämpfen wir So bleibt allen mehr Zeit für Familie, für
neben unseren kurz- und mittelfristigen For- sich selbst und für die Beteiligung an Politik
derungen für die Aufwertung von Frauen und und Gesellschaft. Dazu gehören auch die
ihrer Arbeit auch für die Überwindung des Begrenzung von Überstunden, ein Anspruch
Kapitalismus als systematisierten Sexismus. auf familienfreundliche Schichtzeiten und
ein Mindestlohn von 13 Euro. Insbesondere
(Sorge-)Arbeit und Zeit umverteilen Pflege-, Sorge- und Dienstleistungsberufe,
in denen besonders viele Frauen arbeiten,
Frauen und queere Menschen erhalten im wollen wir aufwerten und endlich anständig
Durchschnitt niedrigere Löhne und dann bezahlen. Den Niedriglohnsektor schaffen
auch weniger Rente. Und sie verfügen wir ab, sodass alle von ihrer Arbeit leben
über ein geringeres Vermögen als Männer können (vgl. Kapitel »Gute Arbeit«). Das
(Gender-Pay-Gap). Sorgearbeit, die als nützt vor allem Frauen.
­Frauensache gilt, wird in der kapitalis­
tischen Ökonomie systematisch abgewertet. Wir wollen unsere Wirtschaft ­grundsätzlich
Frauen machen den Großteil der ent­ umstrukturieren. Sie soll nicht nur nach-
lohnten und der nicht entlohnten Pflege- haltiger und demokratischer werden,
und Erziehungsarbeit, sie arbeiten häufiger sondern die Sorgearbeit (Care-Arbeit)
in Teilzeit oder in weniger gut bezahlten muss ins Zentrum gestellt werden. Denn
Jobs. Wer wegen Elternzeit länger ausfällt dass Kranken- oder Altenpfleger*innen,
und im Job zurücksteckt, findet seltener Erzieher*innen oder Beschäftigte in haus­
eine gute und sichere Anstellung und kann haltsnahen Dienstleistungen häufig
schlechter aufsteigen. Auch deshalb ist schlecht entlohnt und unter miserablen
der Großteil der Arbeiter*innen im Niedrig- Bedingungen arbeiten, hat System. Wir
lohnsektor weiblich. Viele von ihnen haben brauchen nicht nur besser bezahlte
eine Migrationsgeschichte. In Ostdeutsch- Pflegekräfte und Erzieher*innen, sondern
land sind die Lohnunterschiede zwar auch mehr von ihnen! 100 000 Pflege­kräfte
geringer, aber die Löhne insgesamt viel werden jeweils in den Krankenhäusern und
niedriger – mehr als jede*r Dritte arbeitet Altenheimen gebraucht, damit die ­Pflegenden
für Niedriglohn. endlich wieder Zeit für die von ihnen ge­
pflegten Menschen haben. Durch eine Soli-
In Deutschland leisten Frauen 50 Prozent darische Gesundheitsversicherung und eine
mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer Solidarische Pflegevollversicherung können
(Gender-Care-Gap). Entsprechend haben wir das finanzieren. ­Fallpauschalen ­schaffen
Frauen weniger Zeit für andere Tätig­keiten wir ab und überführen Kranken­häuser und
oder sind gezwungen, sich zwischen Pflegeheime wieder in gemein­nützige Hand,
­Familie, Job und Freizeit aufzureiben. Nicht jenseits von Markt und Profit­mache­rei (vgl.
selten endet diese Vielfachbelastung in Kapitel »Pflegenotstand stoppen! System-

102
wechsel in Gesundheit und Pflege«). Wir n  Um die partnerschaftliche Aufteilung von
wollen die Kindertagesbetreuung flächen­ Sorge- und Erwerbsarbeit in den Familien zu
deckend ausbauen, die Qualität verbes­ fördern, wollen wir den Elterngeldanspruch
sern und mehr Erzieher*innen einstellen. auf zwölf Monate pro Elternteil verlängern.
Und natürlich müssen Erzieher*innen gut Der Elterngeldanspruch gilt individuell und
bezahlt werden, damit der Beruf attraktiv ist nicht auf den anderen Elternteil übertrag-
für viele ist. Denn nur mit flächendeckender bar. Zudem braucht es einen zusätzlichen
Ganztagsbetreuung müssen Eltern sich Elternschutz von zehn Tagen bezahlter Frei­
nicht zwischen der Betreuung ihrer Kinder stellung für den zweiten Elternteil nach der
und ihrem Beruf entscheiden (vgl. Kapitel Geburt des Kindes.
»Gute Bildung«).
n  In Wirtschaft, Wissenschaft und Politik
n  Mit würdigen Löhnen für alle beenden wir sind Frauen seltener in Führungspositionen
auch endlich die unwürdigen Renten, von vertreten. Das muss sich ändern. Deshalb
denen vor allem viele Frauen leben ­müssen. fordern wir eine Frauenquote in Führungs­
Durch die bessere Anrechnung von Kinder­ positionen von 50 Prozent und eine ­stärkere
erziehungs- und Pflegezeiten wird auch Teilung von Führungsaufgaben und -posi­
unbezahlte Sorgearbeit entsprechend tionen durch Jobsharing oder andere Arbeits­
wertgeschätzt (vgl. Kapitel »Gute Rente«). modelle (im Gegensatz zur 30-Prozent-
Aktuell gibt es keine echten Lohnersatz­ Quote der Großen Koalition).
leistungen für pflegende Angehörige, die
noch im Beruf stehen. Wir wollen sechs n  Gesellschaftliche Machtverhältnisse
Wochen Freistellung bei vollem, arbeitge- schlagen sich auch in der Sexarbeit nieder.
berfinanziertem Lohnausgleich (vgl. Kapitel In der LINKEN werden unterschiedliche
»Pflegenotstand stoppen!«) und unabhängig Wege diskutiert, mit Prostitution politisch
vom Verwandtschaftsgrad. umzugehen. Einig sind wir uns darin, dass
wir die Kriminalisierung und Stigmatisierung
n  Im Einzelhandel oder im Reinigungs­ von Sexarbeiter*innen ablehnen. Gestärkt
gewerbe sind mehrheitlich Frauen werden müssen die Selbstorganisation,
­beschäftigt und besonders häufig in freiwillige Beratungs-, Umschulungs- und
­prekärer Beschäftigung gefangen. Wir Fortbildungsangebote, eine angemessene
­fordern die Abschaffung ­sachgrundloser Gesundheitsversorgung sowie die sozialen
Befristung und die Überführung von Rechte von Sexarbeiter*innen insgesamt,
­Minijobs in sozial voll abgesicherte Be­ die auch als Selbstständige vielen Benach-
schäftigungsverhältnisse. Unfreiwillige teiligungen ausgesetzt sind. Wir fordern
­Teilzeit wollen wir beenden: Alle Beschäf­ auch einen Anspruch auf Sozialleistungen
tigten müssen einen Rechtsanspruch und sozialversicherte Beschäftigung
auf eine Vollzeitstelle bekommen. sowiedie Einbeziehung in eine Solidarische
Erwerbstätigenversicherung.
n  Wir wollen gleichen Lohn für gleiche
und gleichwertige Arbeit! Dafür werden Niemals am Leben sparen –
wir ein verbindliches Entgeltgleichheits­ keine K
­ ürzungen zulasten von Frauen
gesetz samt Verbandsklagerecht einführen, und Familien
damit Frauen nicht mehr allein vor Gericht
ziehen müssen. Auch private Unternehmen Privatisierung und Kürzungsmaßnahmen
dürfen sich dem nicht länger entziehen. treffen insbesondere Erziehung, Pflege,
Wir unterstützen den gewerkschaftlichen soziale Arbeit und Bildung. Darunter
Einsatz für flächendeckende Tarifverträge, leiden Frauen doppelt: als Beschäftigte
damit Frauen gar nicht erst in solch eine und als unbezahlte Care-Arbeiterinnen
Situation geraten. Unsere Forderung, die in den Familien, wo sie die Kürzungen durch
Grundgehälter in der Pflege um 500 Euro Mehrarbeit auffangen müssen. Das führt zu
anzuheben, ist ein Beitrag zur Aufwertung Mehrbelastung und verstärkt alte Rollenbilder.
dieser Arbeit.
Die milliardenschweren Rettungspakete für

103
Unternehmen in der Coronakrise dürfen Gewalt als »eskalierten Beziehungsstreit«
nicht durch Kürzungen im Sozialbereich auf- oder Privatangelegenheit abzutun, ver-
gefangen werden. Im Gegenteil: Wir treten kennt das strukturelle Problem: Den Mord
für einen sozialökologischen Systemwechsel an Frauen, weil sie Frauen sind, nennen wir
ein, der die Bereiche in Wirtschaft und Femizid. Um Frauen effektiv vor Gewalt zu
Beschäftigung stärkt, die klimafreundlich schützen, brauchen wir gesellschaftliche
sind und das Leben für alle besser machen: Verhältnisse, in denen Frauen unabhängig
personennahe Dienstleistungen, Bildung, und selbstbestimmt leben können – dazu
­Erziehung, eine Ausweitung des Schienen- gehört auch ökonomische Unabhängigkeit.
und öffentlichen Nahverkehrs. Unser Umbau Wenn Frauen Gewalt erleben, brauchen
von Wirtschaft und Sozialstaat macht sie schnellen sowie bedarfsgerechten
unsere Gesellschaft in Zukunft krisenfest Schutz und qualifizierte Hilfe in Frauen­
und befördert die Lebensmöglichkeiten häusern und anderen Schutzräumen.
(nicht nur) von Frauen: Beratungs­stellen müssen leicht zugänglich
sein – unabhängig von körperlicher Beein-
n  Die Schuldenbremse schaffen wir ab. trächtigung, dem Aufenthaltsstatus oder
Stattdessen fördern wir Investitionen in der Lebenssituation der Betroffenen. Wir
den Ausbau sozialer Dienstleistungen wollen die patriarchalen Strukturen ver-
in öffentlicher Hand, jenseits von Markt ändern, nur so kann Gewalt gegen Frauen
und Profit. Die notwendigen Mittel dafür nachhaltig verhindert werden:
nehmen wir durch die Wiedereinführung
der Vermögensteuer ein (vgl. Kapitel »Mit n  Die Istanbul-Konvention, das Überein-
Steuern umsteuern«). Von guten und kommen des Europarats zur Verhütung und
­kostenfreien sozialen Infrastrukturen profi­ Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
tieren Frauen, Alleinerziehende und Kinder und häuslicher Gewalt, muss konsequent
am meisten – und Menschen mit geringem und vollständig umgesetzt werden. Die
Einkommen. durch die Bundesregierung bei der Ratifi-
zierung vorgenommenen Einschränkungen
n  Die Sozial- und Haushaltspolitik muss auf wollen wir zurücknehmen, damit zahlreichen
ihre Geschlechtergerechtigkeit geprüft und geflüchteten oder migrierten Frauen nicht
entsprechend verändert werden im Sinne der Zugang zu Schutz verweigert wird.
eines Gender-Budgeting.
n  Strukturen des Gewaltschutzes und
Gewalt an Frauen beenden ­ ilfesysteme wollen wir ausbauen und
H
mit ausreichenden finanziellen Mitteln
Wir wollen, dass jeder Mensch – unabhängig aus­statten. Die Finanzierung von Frauen­
von Geschlecht, sexueller Orientierung und häusern und Fachberatungsstellen darf
Lebensentwurf – ohne Angst vor Gewalt nicht länger eine freiwillige Leistung sein.
leben kann. Durch das Grundgesetz und Hier brauchen wir eine bundeseinheitliche
durch internationale Abkommen muss der ­Pauschalfinanzierung, an der sich der
Staat dafür Sorge tragen, tut es aber nicht Bund beteiligt.
ausreichend. Gewalt gegen Frauen ist Aus-
druck und Folge einer gesellschaftlichen n  Gewalt gegen die Mutter gefährdet massiv
Abwertung und Unterdrückung von Frauen, das Kindeswohl und kann für Mütter und
von hierarchischen und patriarchalen Kinder lebensgefährlich sein. Bei Entschei-
Geschlechterverhältnissen. Sie hat viele dungen zum Sorge- und Umgangsrecht
Formen und kommt in Familien genauso muss Gewaltschutz oberste Priorität haben.
vor wie im öffentlichen Raum. Gewalt
­gegen Frauen hängt nicht vom sozialen n  Staatliche Behörden wie Polizei, Gerichte
­Status ab, es gibt sie in der digitalen Welt und Ämter sowie medizinisches Personal
wie im analogen Leben. Viel zu oft endet müssen für geschlechtsspezifische Gewalt –
sie für Frauen tödlich. Jeden dritten Tag  auch in digitaler Form – sensibilisiert
wird in Deutschland eine Frau von ihrem werden. Es müssen explizit alternative
Partner oder Ex-Partner getötet. Diese (Erst-)Anlaufstellen zur Polizei in Form von

104
Nichtregierungsorganisationen geschaffen rats zur Unterbindung sexistischer Werbung.
und finanziert werden, an die sich Betrof­
fene wenden können. n  Frauen müssen Zugang zu gesellschaft-
lichen Positionen haben, ohne dass ihnen
n  Geflüchtete Frauen erleben häufig sexua- Lebensformen aufgedrängt werden. Sowohl
lisierte Gewalt, nicht nur im Herkunfts­land das Verbot von Kopftüchern wie der Zwang
und auf der Flucht, sondern auch im Zu- dazu wären eine Einschränkung der Ent-
fluchtsland. Im Fall von Gewalt in der Part- faltungsmöglichkeiten von Frauen. Es gilt,
nerschaft muss das bisher vom Ehemann Frauen in ihrer persönlichen Entscheidung,
abhängige Aufenthaltsrecht aufgehoben wie sie sich kleiden, nicht zu bevormunden
und in einen eigenständigen Aufenthaltstitel und keinen Druck auf sie auszuüben –
umgewandelt werden. Auch Massenunter- ­weder in die eine noch die andere Richtung.
künfte sind Orte, die Gewalt gegen Frauen
begünstigen und müssen aufgelöst werden. Unser Feminismus: Solidarisch
und international
n  Auf der Flucht, nach Zurückweisung und
Pushbacks an der europäischen Grenze In Brasilien und Polen, Indien und Nigeria,
und in den Lagern sind Frauen oft massiver Deutschland und Irland gehen Frauen für
sexueller Gewalt und Vergewaltigungen ihre Rechte auf die Straße. Sie prangern
ausgesetzt. Eine offene, solidarische und Gewalt gegen Frauen an, sie streiten für ihr
humane Flüchtlingspolitik ist die einzig wirk- Recht auf Abtreibung und gegen Rassismus.
same Maßnahme gegen die systematische Sie eint die gemeinsame Erfahrung von
Gewalt gegen Frauen. sexistischen Strukturen und Gewalt – und
sie vereinen sich im Kampf dagegen: im
n  Es muss bekämpft werden, dass Men- Netz, auf der Straße, im Arbeitsalltag, vor
schenhandel zum Zweck der sexuellen Aus- Gericht, zu Hause, in den Mühen der Ebene.
beutung und Menschenhandel zum Zweck Frauen und Kinder weltweit sind besonders
der Ausbeutung der Arbeitskraft müssen vom Klimawandel betroffen und machen
bekämpft werden, ohne die Betroffenen den Großteil der Menschen auf der Flucht
zu kriminalisieren und zu stigmatisieren! aus. Aber sie sind nicht nur Opfer, sondern
Solange die Betroffenen keinen sicheren auch wichtige klimapolitische Akteurinnen
und eigenständigen Aufenthaltsstatus und kämpfen gegen die Ausbeutung von
erhalten, sind die Täter durch die Angst der Mensch und Natur. LINKER Feminismus ist
Opfer geschützt. Aufenthaltstitel, Schutz immer konkret vor Ort und ist sich gleich-
und Entschädigung müssen unabhängig von zeitig internationaler Verantwortung und
der Bereitschaft des Opfers, als Zeug*in in Solidarität bewusst
einem Strafverfahren auszusagen, gewährt
werden. Für die Betroffenen fordern wir n  Bei wirtschaftlichen und politischen
Therapiemittel, medizinische sowie psycho- ­ ntscheidungen müssen Werte wie Für-
E
logische Betreuung, Rechtsbeistand und sorge, Nachhaltigkeit und Gesundheit im
Rechtshilfe, Zugang zu sozialen Leistungen Zentrum stehen.
und Bildungsangeboten.
n  Wir fordern die Anwendung ziviler Maß­-
n  Alle Formen von Gewalt und Gewaltver­ nahmen der Gewaltprävention und Konflikt­­
herrlichung gegen Frauen, Kinder und lösung. Deutsche Außen-, Entwicklungs-
LSBTIQA* (lesbische, schwule, bisexuelle, und Menschenrechtspolitik muss Friedens­
trans*, intergeschlechtliche, queere und politik und Geschlechtergerechtigkeit
asexuelle Personen) müssen konsequent weltweit voranbringen. Die UN-Resolution
geahndet werden. 1.325 »Frauen, Frieden und Sicherheit«
muss umgesetzt werden – weder die
n  Die öffentliche Filmförderung braucht ­Beteiligung von Frauen an Friedens­-
eine Geschlechterquotierung und die Ein- pro­zessen noch an Konflikten darf aus­
richtung einer wirksamen wie unab­hängigen geblendet werden.
Kontrolle außerhalb des Deutschen Werbe-

105
n  Die Zustände in den Unterbringungen 218 bis 219 b Strafgesetzbuch (StGB) ­wollen
für Geflüchtete sind menschenunwürdig. wir streichen. Laufende Verfahren nach
Wir for­dern funktonierende und abschließ- 219 a müssen umgehend eingestellt werden.
bare ­sanitäre Einrichtungen, Schutzzonen Öffentliche Krankenhäuser ­müssen in ihrer
­sowie gute Gesundheits- Planung dafür sorgen, dass die Durchfüh-
und Lebensmittel­­versorgung. rung von Schwangerschaftsabbrüchen ge-
sichert ist. ­Schwangerschaftsabbrüche sind
n  Zu einer gendergerechten Klimapolitik Teil der Gesundheitsversorgung und ­müssen,
gehört es, die besondere Gefährdung von wie andere medizinische ­Leistungen, ­ge-
Frauen durch die Klimakatastrophe einzu­ regelt werden. Die nötige fachliche Ausbil-
beziehen. dung dafür muss zum Teil des Medizinstu­
diums werden.
n Wir wollen den Internationalen Frauentag
am 8. März bundesweit zum Feiertag machen, n  Sämtliche Verhütungsmethoden müssen
um der weltweiten Kämpfe von Frauen an von ausnahmslos allen Krankenkassen
­unterschiedlichsten Orten, bei unterschied- bezahlt werden.
lichsten Voraussetzungen zu gedenken und
den gemeinsamen Kampf für die Überwin- n  Es müssen Mittel zur Forschung an neuen
dung von Abwertung, Ausgrenzung und Ge- Verhütungsmethoden zur Verfügung gestellt
walt zu würdigen – Berlin hat es vorgemacht. werden, um auch für Männer zusätzliche
Methoden zu entwickeln und Verhütungs-
Reproduktive Gerechtigkeit: Freie methoden für alle verträglicher zu machen.
Entscheidung für ein Leben mit und
ohne Kinder für alle n  Hygieneprodukte für Menstruation müssen
von öffentlichen Gesundheitsstellen und
Um selbstbestimmt leben zu können, ­müssen in öffentlichen Einrichtungen kostenfrei zur
Frauen und queere Menschen echte Wahl- Verfügung gestellt werden.
möglichkeit haben. Wir wollen, dass alle
Menschen entscheiden können, ob und wie n  Künstliche Befruchtung muss allen
sie mit Kindern leben möchten. Erst dann Menschen kostenfrei durch Kostenüber-
können wir reproduktive, körperliche und nahme der Krankenkasse zur Verfügung
sexuelle Selbstbestimmung für Frauen und stehen, auch nicht-verheirateten, lesbi-
queere Menschen erreichen. Dazu gehören schen, Single­frauen, Trans* und queeren
umfassende Aufklärung, der Zugang zu Menschen.
Verhütungsmitteln und die freie Entschei-
dung über einen Schwangerschaftsabbruch. n  Frauen mit Behinderung haben ein Recht
Nur wenn Frauen sich ohne Zwänge für auf reproduktive Selbstbestimmung und
oder gegen eine Schwangerschaft und Elternschaft. Dazu gehören das Recht auf
Elternschaft entscheiden können, ist eine Erhalt und Förderung ihrer Fruchtbarkeit so-
selbstbestimmte Familienplanung möglich. wie der Zugang zu Unterstützungsangebo-
Aber auch ein Leben mit Kindern muss ten, zum Beispiel Assistenz zur Elternschaft,
gesellschaftlich abgesichert werden: Das und der barrierefreie Zugang zu umfassen-
beginnt mit einer guten gesundheitlichen der, unabhängiger Beratung. Zur Umset-
Versorgung und Aufklärung während einer zung des Rechts auf Elternschaft müssen
Schwangerschaft und Geburt. Mit Kindern flächendeckend Wohn- und Unterstüt-
zu leben, darf kein Armutsrisiko sein. Eltern zungsleistungen im Rahmen der begleiteten
und Alleinerziehende müssen Kinder unter Elternschaft zur Verfügung gestellt werden.
­sicheren und gesunden Bedingungen
­aufziehen können (vgl. Kapitel »Familien Für körperliche und sexuelle Selbst­
dort unterstützen, wo sie es brauchen«). bestimmung und Gleichstellung aller
Lebensweisen
n  Wir wollen für Frauen, Trans* und nicht
binäre Menschen einen legalen Zugang zu Wir wollen, dass die vielfältigen Lebens­
Schwangerschaftsabbruch. Die ­Paragrafen weisen rechtlich gleichgestellt werden.

106
Der besondere Schutz und die Förderung schiedener Lebensentwürfe im schulischen
durch Staat und Gesellschaft sollen in Unterricht muss verzichtet werden. Erzieh­
Zukunft nicht Ehepaaren vorbehalten sein, ungsberechtigten darf nicht die Möglichkeit
sondern denjenigen zugutekommen, die zum Ausschluss ihrer Kinder vom Aufklä-
mit Kindern oder Pflegebedürftigen leben – rungsunterricht angeboten werden.
­unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung
und geschlechtlichen Identität. Wir wollen Offensiv und sozial für LSBTIQA*
die Gleichberechtigung aller Lebensweisen,
bei denen Verantwortung für andere über- Die Rechte von lesbischen, schwulen, bisex­
nommen wird. uellen, trans*, intergeschlechtlichen, queeren
und asexuellen Personen ­(LSBTIQA*) sind
n  Wir fordern ein Wahlverwandtschafts­ für uns nicht verhandelbar. Wir wollen, dass
recht, in dem nicht nur (heterosexuelle) LSBTIQA* als selbstverständlicher Teil ge-
Paare Verantwortung füreinander überneh- sellschaftlicher Realität anerkannt im Alter.
men dürfen, sondern jede Gemeinschaft, Deshalb wollen wir mehr queere Bildungsan-
die sich einander verbunden fühlt. Das kann gebote in allen gesellschaftlichen Bereichen.
auch eine mehr als zwei Personen umfas- Wir treten für eine diskriminierungsfreie
sende Beziehung sein (zum Beispiel eine Sprache ein, die der Vielfalt geschlechtlicher
Mehreltern­familie mit zwei lesbischen und sexueller Identitäten gerecht wird.
Müttern und zwei schwulen Vätern). Diesen
Menschen ist ein umfangreiches Besuchs- Queere Communitys stärken:
recht im Krankheitsfall, Adoptionsrecht ­Rettungsschirm gegen die Coronafolgen
und Aussageverweigerungsrecht einzu-
räumen. Gleichzeitig werden besondere Corona hat auch die Einrichtungen und
Zuwendungen fällig, wenn ein Angehöriger Strukturen der queeren Communities
(nach dem Wahlverwandtschaftsrecht) getroffen: Viele Vereinsräume, Clubs, Bars
gepflegt werden muss oder sich Kinder in und Cafés mussten schließen. In Zeiten leerer
einer Wahlverwandtschaft befinden. Kassen wird zuerst bei queeren Projekten
gespart. Das wollen wir verhindern. Wir
n  Das Abstammungsrecht wollen wir so ­fordern einen queeren Rettungsschirm
reformieren, dass bestehende Benachtei­ zum Schutz der Strukturen und Einrichtungen
ligungen von lesbischen und schwulen Ehen der Communities.
und Lebensgemeinschaften gegenüber
heterosexuellen Ehen und Lebensgemein- Bei der Vergabe von öffentlichen Fördermit-
schaften beseitigt werden. Das beinhaltet teln wollen wir strukturelle Diskriminierungen
auch die rechtliche Anerkennung der von lesbischen, trans* und inter* Initiativen
Co-Elternschaft sowie von Trans*, inter­ und Projekten abbauen: Lesbische und
geschlechtlichen und nicht binären Eltern. schwule Projekte sollen in gleichem Umfang
Dies muss auch rückwirkend gelten. gefördert werden. Lesbische Communities
sollen sichtbarer werden! Insbesondere in
n  Das Ehegattensplitting werden wir durch den ländlichen Regionen und kleineren
familien- und geschlechtergerechte ­Städten wollen wir queere Strukturen
Steuer­modelle und frei übertragbares aufbauen.
Existenzminimum ersetzen (vgl. Kapitel »Mit
Steuern umsteuern«). Gegen Armut und soziale Ausgrenzung

In den Lehrplänen der Schulen muss die Jede dritte queere Person in Europa kommt
real existierende Vielfalt an Lebensent­ finanziell nur mit Mühe über die Runden. Für
würfen sowie geschlechtlichen und sexu- intergeschlechtliche und trans* Personen ist
ellen Identitäten umfassend abgebildet die Situation noch prekärer. Queere Jugend­
werden. Aufklärungsinitiativen zu sexueller liche sind nach dem Coming-out häufig von
Gesundheit in Schulen, Arbeitswelt, Gesell- Wohnungslosigkeit betroffen.
schaft und den queeren Szenen müssen
gestärkt werden. Auf die Bewertung ver-

107
n  Wir wollen Zufluchts- und Wohnorte für n  Die Selbsthilfe- und Aufklärungspro­
junge queere Menschen, die von Obdach- jekte der LSBTIQA*-Communities müssen
losigkeit bedroht sind. Die aufsuchende unterstützt und gefördert werden, um die
Jugendarbeit und Wohnungslosenhilfe gesellschaftliche Akzeptanz zu erhöhen.
müssen die spezifischen (Not-)Lagen von
LSBTIQA* im Blick haben. Queere Menschen erleben noch immer
Diskriminierung am Arbeitsplatz. Trans*
n  Strukturelle Ausschlüsse und Problem- Personen sind überdurchschnittlich häufig
lagen von Lesben (zum Beispiel mangelnde von Erwerbslosigkeit betroffen. Auch
Sichtbarkeit, Altersarmut) wollen wir be- Menschen mit HIV erleben Diskriminierung
seitigen. Gleiches gilt für die strukturellen im Beruf. Die strukturellen Ausschlüsse
Ausschlüsse und Probleme von trans* und verstärken sich für Menschen, die Mehr-
inter* Personen. fachdiskriminierung erleben, etwa Rassis-
mus oder Behindertenfeindlichkeit.
n  Für queere Menschen wollen wir mehr
Angebote für selbstbestimmtes Wohnen n  Die Antidiskriminierungsstelle des
im Alter mit entsprechenden Pflege- und ­ undes soll finanziell so ausgestattet
B
Unterstützungsmöglichkeiten. Vor allem ­werden, dass sie Beratungsangebote
nicht kommerzielle gemeinwirtschaftliche ­zielgruppengerecht, mehrsprachig und
und alternative Wohn- und Hausprojekte wie barrierefrei in die Arbeitswelt hinein-
Mehrgenerationenhäuser oder Wohngenos- tragen kann. Wir wollen den Diskrimi­
senschaften sollen gefördert werden. nierungsschutz für trans* und inter­
geschlechtliche Personen stärken.
Diskriminierung bekämpfen Ein wichtiger Schlüssel im Kampf gegen
­Dis­kriminierung am
Der Kampf gegen LSBTIQA*-Feindlichkeit
ist eine gesamtgesellschaftliche ­Aufgabe. n  Arbeitsplatz ist die ­Selbstorganisation
Wir wollen deshalb einen Nationalen der Beschäftigten. Wir wollen mehr queere
Aktionsplan gegen LSBTIQA*-Feindlichkeit Bildungsangebote, die Impulse zur Selbst­
und für die Akzeptanz sexueller und organisation in der Arbeitswelt geben. Initia­
geschlechtlicher Vielfalt. Zur Erforschung tiven, die sich für einen offenen, angst- und
intersektionaler Diskriminierungsformen diskriminierungsfreien Arbeitsplatz in den Be-
und geschlechtsspezifischer Gewalt gegen trieben einsetzen, müssen gefördert werden.
LSBTIQA* wollen wir Studien öffentlich
beauftragen und finanzieren. n  Die Blutspenderichtlinie muss dem Stand
der Wissenschaft angepasst werden. Aus-
Diskriminierungen und gewalttätige schlusskriterien und -zeiten, die schwule und
Über­griffe gehören für queere Menschen bisexuelle Männer sowie trans* Personen
­weiterhin zum Alltag. Die offizielle Kriminal- diskriminieren, müssen entsprechend abge-
statistik bildet nur einen Bruchteil davon ab. schafft bzw. verkürzt werden.

n  DIE LINKE setzt sich für die umfassende n  Wir wollen den Schutz vor Diskriminie­rung
Unterstützung von Präventionsprojekten aufgrund der geschlechtlichen Identität,
und Organisationen ein, die sich mit der ­sexuellen Orientierung und Lebensweise
Hilfe für Gewaltopfer beschäftigen. Die in Artikel 3 des Grundgesetzes aufnehmen.
Strafverfolgung von queerfeindlicher Um dieses erweiterte Grundrecht zu garan-
­Gewalt muss stärker verfolgt und geahn- tieren, braucht es Antidiskriminierungs­
det werden als bisher. stellen und ein Verbandsklagerecht im All-
gemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
n  Hasskriminalität gegen queere Menschen,
Communities oder ihre Unterstützer*innen
muss bundesweit erfasst und strafrechtlich
verfolgt werden.

108
Selbstbestimmung für trans*- und n  Konversionsbehandlungen müssen kom-
­intergeschlechtliche Menschen plett verboten werden, auch an Erwachse-
nen. Fürsorge- oder Erziehungsberechtigte
Wir wollen einen selbstbestimmten Ge- müssen zukünftig rechtlich belangt werden
schlechtseintrag für alle. Eine Vornamens- können, wenn sie dennoch Konversions­
und Personenstandsänderung muss mit behandlungen hinnehmen oder veranlassen.
einer einfachen Erklärung beim Standesamt
möglich werden – ohne die bisherigen n  Wir setzen uns für queere Gesund­
Zwangsberatungen, Gutachten, ärztlichen heitszentren mit Schwerpunkt trans*
Atteste und Gerichtsverfahren. und inter* auch in Kleinstädten und
­ländlichen Gebieten ein.
n  Das Transsexuellengesetz (TSG) patholo-
gisiert. Wir wollen es abschaffen und durch n  Die Rechte und besonderen Belange von
ein Selbstbestimmungsrecht ersetzen. trans* und intergeschlechtlichen Personen
müssen auch im Strafvollzug und bei polizei-
n  Die fremdbestimmten Operationen an licher Durchsuchung gewahrt bleiben.
trans* Personen und intergeschlechtlichen
Menschen aufgrund der gesetzlichen OP- Queere Geflüchtete absichern
und Sterilisationspflicht im TSG in den und stärken!
Jahren 1981 bis 2011 müssen historisch
­aufgearbeitet werden. Die davon betroffenen Menschen, die nach Deutschland flüchten,
Menschen müssen angemessen entschädigt sind mit vielen Schwierigkeiten konfron-
werden. Wir wollen einen Entschädigungs­ tiert. Die Covid-19-Pandemie hat das Recht
fonds einrichten. auf Asyl noch mehr eingeschränkt und
die prekäre Situation vieler Geflüchteter
n  Wir wollen die Rechte von trans* und verschärft. Die Forderung nach physischer
intergeschlechtlichen Kindern und Distanz in Zeiten einer Pandemie stellt
Jugendlichen stärken. Der Anspruch auf sich für Massenunterkünfte als besonders
körperliche Unversehrtheit ist ein Grund- problematisch heraus. Die noch verstärkte
und Menschenrecht. Alle medizinisch Isolation setzt die psychische Gesundheit
nicht notwendigen Eingriffe an den inneren vieler Geflüchteter aufs Spiel (vgl. Kapitel
oder äußeren Geschlechtsmerkmalen von »Solidarische Einwanderungsgesellschaft«).
Kindern verbieten wir. Dazu gehört die
­Anerkennung der von ihnen selbst benannten n  Wir fordern dezentrale Unterbringung
Geschlechtszugehörigkeit. von queeren Geflüchteten (wie insgesamt
von geflüchteten Menschen), Zugang zum
n  Wir setzen uns für geschlechtsneutrale Internet, Recht auf barrierefreie, gesund-
Toiletten und Waschräume, insbesondere heitliche Versorgung unabhängig vom Auf-
in öffentlichen Gebäuden ein, um Diskri- enthaltsstatus und den Ausbau spezifischer
minierung aufgrund der geschlechtlichen Vernetzungs- und Hilfsangebote für queere
Identität abzubauen. Geflüchtete.

n  Trans* Personen brauchen freien Zugang n  Queeren Menschen, die verfolgt ­werden,
zu allen notwendigen medizinischen muss uneingeschränkt Asyl bzw. Schutz
Leistungen (medikamentöse Therapien, gewährt werden. Sie dürfen nicht abge­
Psychotherapie, falls gewünscht Operationen) schoben werden – auch nicht in sogenannte
und die Übernahme der dafür anfallenden sichere Herkunftsländer. Wir wollen flächen­
Kosten durch die Krankenkassen – auch deckend Fachstellen für LSBTIQA*-
wenn sie keine Krankenversicherung haben ­­Geflüchtete einrichten. Dort können sich
und unabhängig von dem aktuellen Aufent- queere Geflüchtete zum Asylverfahren
haltsstatus. sowie zum Aufenthalts- und Migrations-
recht beraten lassen. Außerdem braucht
es Möglichkeiten der psychologischen
Beratung für LSBTIQA*-Geflüchtete.

109
Selbstbestimmt leben in einer inklusiven
und barrierefreien Gesellschaft
Wir wollen ein Land, in dem alle Menschen politischen, ­sozialen und kulturellen Leben
gleichberechtigt zusammenleben und nicht nur dabei zu sein, sondern es selbst-
an den demokratischen Entscheidungen bestimmt aktiv mitgestalten zu können.
­beteiligt werden – unabhängig von ihren
individuellen Fähigkeiten, ihrer körperlichen Politik für Menschen mit Behinderung und
Verfassung, ihrer Herkunft und sozialen chronischer Erkrankung muss als men-
Stellung, ihrem Geschlecht, Alter oder ihrer schenrechtliche Aufgabe gestaltet werden –
sexuellen Orientierung. Eine inklusive Gesell- die Konvention der Vereinten Nationen
schaft, in der niemand ausgegrenzt wird. macht hier klare Vorgaben. Die sind auch
für Deutschland verbindlich und müssen
Die Realität sieht anders aus. Rund16 Pro- umgesetzt werden. Menschenrechte dürfen
zent der Bevölkerung leben mit anerkannten nicht unter Kostenvorbehalt gestellt werden.
Behinderungen und chronischen Erkran­ Deshalb wollen wir Selbstbestimmung als
kungen. Durch vielfältige Barrieren im Alltag – wichtigstes Prinzip in der Behindertenpolitik
zum Beispiel in Verkehrsmitteln, Arbeits- verankern und einklagbar machen. Men-
stätten, Bildungseinrichtungen, Arztpraxen, schen mit Behinderung und chronischer
Behörden oder im digitalen Bereich – ist Erkrankung haben einen Anspruch auf
Teilhabe für sie nur eingeschränkt möglich. Selbstverwirklichung. Barrieren müssen
Der allgemeine Arbeitsmarkt ist auch über abgebaut werden – auch in den Köpfen und
zehn Jahre nach Ratifizierung der UN- in der digitalen Welt. Barrierefreiheit ist
Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) Grundlage für gleiche Teilhabe und fördert
nicht barrierefrei und inklusiv. Vielmehr den solidarischen Zusammenhalt.
droht den Betroffenen eine Armutsspirale.
Menschen mit Behinderung und chro­ n  Wir wollen ein garantiertes Recht auf
nischer Erkrankung sind überproportional persönliche Assistenz in allen Lebensbe­
oft erwerbslos, von Sozialhilfe abhängig reichen für ein selbstbestimmtes Leben in
und in Heimen untergebracht. Arbeit, Bildung, Wohnen, Freizeit, Familie
und Elternschaft sowie im Ehrenamt. Auch
DIE LINKE tritt für die volle und wirksame für diejenigen, die ihre persönliche Assis-
Teilhabe aller Menschen auch mit Behin- tenz- / Unterstützungskräfte nicht über das
derung ein. Grundvoraussetzung dafür ist Arbeitgebermodell selbst organisieren,
­Barrierefreiheit – in baulicher, kommuni- muss es möglich sein, die persönlichen
kativer und struktureller Hinsicht. Barrie- Assistent*innen bei einem notwendigen
refreiheit nützt allen Menschen. Sie muss Aufenthalt im Krankenhaus sowie in Vor­
deshalb sowohl für den öffentlichen als sorge- und Rehabilitationseinrichtungen
auch den privatwirtschaftlichen Bereich als mitzunehmen.
bindende Verpflichtung gelten.
n  Wir wollen die Arbeitsbedingungen
Wir verstehen Inklusion als einen Prozess der Assistenz- und ­Unterstützungskräfte
zum Abbau von gesellschaftlichen Ungleich- verbessern. Ihre Arbeit soll tariflich
heiten. Er bezieht sich auf all die Menschen, entlohnt werden, auch wenn sie im soge-
die von Teilhabe ausgeschlossen und an nannten Arbeitgebermodell direkt bei den
den Rand der Gesellschaft gedrängt werden: Assistenznehmer*innen beschäftigt sind.
Menschen mit Behinderung, alte Men- Damit das funktionieren kann, müssen die
schen, Geflüchtete, Sinti*zze und Rom*nja, kommunalen Kostenträger dazu verpflichtet
sprachliche und kulturelle Minderheiten, werden, die Tariflöhne zu refinanzieren.
Menschen mit anderen Glaubensbekennt- Die Tariflöhne sollen mindestens auf dem
nissen und anderer sexueller Orientierung Niveau der Tarifverträge für den öffentlichen
und viele mehr. Inklusion eröffnet allen Dienst sein. Zudem soll für öffentliche
Menschen die Möglichkeit, überall im ­Aufträge eine Tariftreueregelung gelten.

110
n  Wir wollen die bundesweit circa 500 Be­ nischen Erkrankungen wollen wir deutlich
ratungsstellen der ergänzenden unabhän­ stärker fördern und ausweiten.
gigen Teilhabeberatung (EUTB), finanziell
und personell so ausstatten, dass sie ihre n  Sonderarbeitswelten (Werkstätten für
Beratungsdienste langfristig und barriere­ behinderte Menschen) wollen wir Schritt für
frei anbieten können. Die dort tätigen Be- Schritt überflüssig machen – mithilfe von
schäftigten wollen wir nach Tarif ent­lohnen. sofort durchsetzbaren Ausstiegsstrategien
Insbesondere Menschen mit Behinderung und Zeitplänen sowie durch Anreize für die
und chronischer Erkrankung sollen als Beschäftigung bei öffentlichen und privaten
sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitgebern im allgemeinen Arbeitsmarkt.
Berater*innen tätig sein. Die Antragsver­ Dabei wollen wir sicherstellen, dass Men-
fahren zur Mittelbewilligung müssen verein- schen mit Behinderungen keine Minderung
facht werden. ihres sozialen Schutzes bzw. der Alters-
sicherung erfahren, die gegenwärtig an
n  Die gesundheitliche und pflegerische die Werkstätten für behinderte Menschen
Versorgung muss wohnort- und patien­ten­ geknüpft sind. Als einen Zwischenschritt für
nah sichergestellt und zur kommu­nalen Beschäftigte der Werkstätten für behinderte
Pflicht­aufgabe gemacht werden. Menschen betrachten wir die sofortige
Einführung des Tarif- bzw. des gesetzlichen
n  Gute Arbeit und Einkommen, von dem Mindestlohnes.
man leben kann, müssen auch für Men-
schen mit Behinderung auf einem inklusiven n  Zur Umsetzung dieser Forderungen
Arbeitsmarkt stärker gefördert werden. Das wollen wir die Rechte der Schwerbehinder-
schließt die Beschäftigten in Werkstätten tenvertretungen und der Werkstatträte an
ein! Menschen mit Behinderungen sind die Rechte der Betriebs- und Personalräte
überdurchschnittlich von Erwerbslosigkeit angleichen. Menschen mit Behinderungen
betroffen: Weil es zu viele Barrieren gibt müssen für ihre politische Arbeit eine
und aufgrund anderer Diskriminierungen. ­Arbeitsassistenz bereitgestellt bekommen.
Wir brauchen einen inklusiven Arbeitsmarkt. Die Tätigkeiten der Frauenbeauftragten
Die gesetzliche Beschäftigungspflicht und der Werkstatträte müssen bedarfs­
von Unternehmen muss wieder auf sechs deckend finanziert und abgesichert werden.
Prozent angehoben und konsequent – unter
der Maßgabe von Sanktionen – umgesetzt n  Öffentliche Investitionen und Fördergelder
werden. Initiativen zum Abbau von Lang- müssen an das Kriterium der Barrierefreiheit
zeitarbeitslosigkeit müssen gezielt auch gebunden werden, unter anderem in Arzt-
Menschen mit Behinderungen einschlie- praxen, medizinischen Einrichtungen und
ßen. Dabei sind Frauen mit Behinderungen bei Umbaumaßnahmen.
besonders zu berücksichtigen.
n  Auch die Privatwirtschaft muss um­
n  Die Ausgleichsabgabe wollen wir deutlich fassende Barrierefreiheit ermöglichen.
anheben. Alle Regelungen sollen beseitigt Wir wollen dazu verbindliche und wirksame
werden, die es Unternehmen ermöglichen, Regelungen in das Allgemeine Gleichbe-
die Zahlung der Ausgleichsabgabe zu redu­ handlungsgesetz (AGG) und in das Behinder­
zieren und so die Beschäftigungspflicht tengleichstellungsgesetz (BGG) sowie in
­faktisch auszuhebeln. Wir stellen sicher, alle Gesetze aufnehmen, mit denen private
dass die Mittel der Ausgleichsabgabe nur Anbieter*innen von öffentlich zugänglichen
für die Schaffung und Sicherung inklusiver Gütern und Dienstleistungen zur Herstel-
Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeits- lung von Barrierefreiheit gemäß UN-BRK
markt und nicht für institutionelle Förde­ verpflichtet werden. Wir wollen ein Ver-
rungen verwendet werden. bandsklagerecht einführen, damit Antidis-
kriminierungsverbände klagen können.
n  Inklusionsunternehmen mit sozialver­
sicherungspflichtiger Beschäftigung für n  Für den Wohnungsbau gilt zukünftig ein
Menschen mit Behinderungen und chro­ grundsätzliches Gebot der Barrierefreiheit.

111
Für die Umsetzung eines sozialen, gemein- ­ achausstattung der Einrichtungen
S
nützigen Wohnungsbaus mit barrierefreien (vgl. Kapitel »Gute Bildung«).
Wohnungen und inklusiven Wohnange­
boten – auch im Bestand – bedarf es einer n  Alle Gesetze und Verordnungen ­
Investitionsoffensive. Vermieter*innen müssen überprüft werden, ob sie der
dürfen die Zustimmung zu einem behinder- UN-BRK entsprechen und bei Bedarf
tengerechten Umbau ihrer Wohnung nicht entsprechend ­geändert werden. Dabei
mehr verweigern können. soll auch die ­Stellung von Menschen
mit schwerer sogenannter geistiger und
n  Die Städtebauförderung muss auf die Mehrfachbe­hinderung, psychischer Be-
Entwicklung von inklusiven und umfassend einträchtigung und chronischer Erkran-
barrierefreien Lebensräumen und Stadt- kung verbessert werden.
quartieren ausgerichtet werden, in denen
ein gleichberechtigtes, am Sozialraum n  Ein menschenrechtskonformes Bundes-
orientiertes Zusammenleben aller Men- teilhabegesetz, das keine Kostenvorbe-
schen mit und ohne Behinderung erreicht halte, Einkommens- sowie Vermögensan-
wird: ein universelles Design (Design für rechnungen und Zumutbarkeitsprüfungen
alle bzw. Nutzen-für-alle-Konzept) gemäß vorsieht und so tatsächliche Chancen­
Artikel 2 der Behindertenrechtskonvention gerechtigkeit schafft. Wir wollen, dass
der Vereinten Nationen. die Teilhabeleistungen für Menschen
mit ­Behinderung und chronischer Erkran-
n  Eine Schule für alle! Wir wollen ­inklu- kung bedarfsdeckend sowie einkom­
sive Bildung und Erziehung von Kindern mens- und vermögensunabhängig in
und Jugendlichen mit und ohne Behin- allen Lebensbereichen nach bundesweit
derung in allen Entwicklungsphasen mit einheitlichen Kriterien und durch Bundes-
­entsprechender Qualifizierung des Per- mittel finanziert werden. Auch wollen wir
sonals und ausreichender Personal- und ein Teilhabegeld einführen.

Eine solidarische
Einwanderungsgesellschaft
Einwanderung ist keine Bedrohung, son- sorgung, zum Beispiel in ­Schlachthöfen,
dern Alltag für viele, Bestandteil unserer auf Spargelfeldern und in der Pflege.
Gesellschaft und Recht jedes einzelnen Menschen mit ­Migrationsgeschichte sind
Menschen. Deutschland ist Heimat für nach Gene­rationen noch häufiger von
Menschen aus verschiedensten Orten, mit Armut, Aus­grenzung und Arbeitslosigkeit
unterschiedlichen Geschichten und so betroffen. Ihre ­Kinder werden im Bildungs-
vielfältig wie noch nie. Wir leben, lieben system syste­matisch b ­ enachteiligt, wer
und arbeiten zusammen. Wir machen nicht einen ­migrantisch klingenden Nachnamen
mit, wenn Beschäftigte und Rentner*innen trägt, hat häufiger ­Probleme bei der Woh-
in Deutschland ausgespielt werden gegen nungs- und Jobsuche. Diese rechtlichen
Menschen, die vor Armut, Unterdrückung, und ­sozialen Diskrimi­nierungen müssen
den Folgen der Klimakatastrophe und Krieg abgebaut werden.
fliehen. Würde der Reichtum gerechter
verteilt, gäbe es genug für gutes Leben, Doch die Bundesregierung setzt statt­
Wohnen und Arbeiten – für alle. dessen weiter auf Abschreckung, Spaltung
und Abschottung. Das Ergebnis: wach-
Die Wirtschaft basiert vielfach auf der sender Rassismus in Gesellschaft und
Ausbeutung und auf schlechten Arbeits- staatlichen Institutionen wie der Polizei,
bedingungen von Migrant*innen mit oft wo extrem rechte Netzwerke (Stichwort
prekärem Aufenthaltsstatus und teilweise NSU 2.0!) ihr Unwesen treiben. Und immer
eingeschränkter gesundheitlicher Ver- wieder rechter Terror.

112
Unsere Agenda gegen Rassismus: n  Der Einschränkung sozialer Sicherheiten
­Soziale Offensive und für Migrant*innen aus EU-Ländern und
gleiche Rechte für alle anderen Staaten durch die Bundesregie-
rung stellen wir uns entgegen. Gesundheits-
Um Rassismus und Diskriminierung zu über- schutz darf nicht eingeschränkt werden: Es
winden, braucht es eine gerechte Verteilung braucht einen bundesweiten Härtefallfonds
von Rechten, Reichtum und Ressourcen. und einen anonymen Krankenschein für die
Wir wollen Teilhabe statt Integration. Denn Behandlung von Menschen ohne Absiche-
Demokratie setzt Teilhabe im Alltag voraus. rung, Ausnahmen von der Versicherungs-
Wir wollen, dass alle Menschen, die hier pflicht wollen wir aufheben (vgl. Kapitel
leben, im Rahmen einer Teilhabeagenda »Gesundheit«).
rechtlich, politisch und sozial gleichgestellt
werden. Zusammen mit zahlreichen Bewe- n  Auf Dolmetscher*innen-Leistungen soll es
gungen und antirassistischen Initiativen wie im Rahmen medizinischer Leistungen einen
Seebrücke, Aufstehen gegen Rassismus gesetzlichen Anspruch geben. Auch Inklu­
und Black Lives Matter stehen wir #unteilbar sion, Teilhabe und Barrierefreiheit dürfen
gegen soziale Spaltung, Rassismus und keine Frage des Aufenthaltstitels mehr sein.
rechte Hetze. Antirassismus ist für uns viel
mehr als Symbolpolitik. Es braucht Inves­ n  Wir wollen das aktive und passive
titionen in Zusammenhalt und Partizipation ­ ahlrecht auf allen Ebenen für alle lang­
W
statt in Ausgrenzung und Abschottung. fristig in Deutschland lebenden Menschen
Und gleiche Rechte für alle. mit Migrationsgeschichte, damit sie gleich-
berechtigt die Gesellschaft mitgestalten
Unser Ziel ist ein grundlegender Politik- können. Alle hier geborenen Kinder und
wechsel – in Richtung globale Bewegungs- Jugendlichen, deren Eltern dauerhaft im
freiheit, gleiche Rechte für alle und einer Land wohnen, sollen die deutsche Staats-
solidarischen Einwanderungsgesellschaft. angehörigkeit erhalten und ein Recht auf
Wir stellen uns Alltagsrassismus und struk- Mehrstaatlichkeit haben – ohne die Staats-
turellem Rassismus in Staat und Gesell- bürgerschaft der Eltern ablegen zu müssen.
schaft entgegen. DIE LINKE steht für offene Migrant*innen sollen nach fünf Jahren
Grenzen für alle Menschen in einem solida- Aufenthalt in der Bundesrepublik einen
rischen Europa, das sich nicht abschottet. Rechtsanspruch auf Einbürgerung haben.
Wir streiten für sichere Fluchtwege und
eine Gesellschaft, die Menschenrechte n  Wir fordern ­Legalisierungsmöglichkeiten
verwirklicht – statt Mauern zu bauen und für Menschen ohne Aufenthaltsstatus und
Grundrechte der aktuellen Haushalts- und effektive Bleiberechtsregelungen für Men-
Stimmungslage anzupassen. schen, die in einem unsicheren Aufent-
haltsstatus oder mit Kettenduldung leben
n  Es braucht Aufenthalts- und Arbeitser­ müssen. Für sie wollen wir einen sicheren
laubnisse unabhängig von Beschäftigungs- Zugang zu Bildung, Gesundheit und arbeits-
dauer und Arbeitgeber sowie flächen­ rechtlichem Schutz vor Ausbeutung schaffen.
deckende Kontrollen zur Durchsetzung
des Mindestlohns von 13 Euro für alle Men- n  Abschiebungen, insbesondere in Krieg,
schen (vgl. Kapitel »Arbeit«). Gegen einen Ver­folgung und Elend oder als Form der
eventuellen Fachkräftemangel braucht es Doppel­bestrafung, lehnen wir ab – im
keine gezielte Abwerbung von qualifizierten Gegen­satz zu allen anderen im ­Bundestag
Menschen im Ausland, sondern anständige vertretenen Parteien. Wir haben hier
Ausbildung, Arbeitsbedingungen und Bezah- ­immer dagegen gestimmt und werden das
lung für alle Menschen hierzulande. auch in Zukunft tun.

n  Es braucht eine bessere Anerkennung n  Antirassismus ins Gesetz: Es braucht,


der Qualifikationen und Abschlüsse wie in Thüringen, eine klare Arbeitsdefini­
von Nicht-EU-Bürger*innen, damit sie ihre tion von institutionellem und ­strukturellem
­Berufe weiter ausüben können. Rassismus. Zudem fordern wir eine grund­-

113
legende Reform des Allgemeinen Gleich- und ihre Angehörige müssen besser unter-
behandlungsgesetzes (AGG) und ein stützt werden. Es braucht eine Ausweitung
Ver­bandsklagerecht. Es braucht einen der Entschädigungsleistungen für Be­
­Diskriminierungsschutz, der auch staat­ troffene von rassistisch und antisemitisch
liches Handeln einbezieht. Wir fordern motivierten Attacken.
ein Bundesantidiskriminierungsgesetz
(BADG) zum Schutz vor Diskriminierung n  Menschen mit Rassismuserfahrungen
durch staatliche Stellen. Es braucht sind kein Sicherheitsproblem. Die Zustän-
eine*n Antirassismus-Beauftragte*n mit digkeit für Migration und Integration muss
echten Befugnissen. dem Bundesinnenministerium entzogen
werden. Wir fordern ein Bundesminis­
n  Es braucht institutionalisierte Hilfs- terium für Migration und Partizipation.
und Beratungsstrukturen für Menschen
mit Rassismuserfahrungen, die niedrig- n  Zivilgesellschaftliche Gruppen, die sich ge-
schwellig und angemessen sind. Diese gen Rassismus, Antisemitismus, Homo- und
Strukturen sollen flächendeckend regel­ Transfeindlichkeit, Antiziganismus, religiösen
finanziert werden. Fundamentalismus, antimuslimischen Ras-
sismus und für mehr Demokratie engagieren,
n  DIE LINKE fordert, in Artikel 3 des Grundge- sowie Flüchtlingsräte, migrantische Verbän-
setzes eine Schutz- und Förderklausel gegen de, selbstverwaltete Beratungsangebote und
rassistische Diskriminierung aufzunehmen. die Selbstorganisation von Migrant*innen
wollen wir durch ein Demokratieförder­
n  Rassismus und Korpsgeist in den Behör- gesetz stärker und endlich dauerhaft ­fördern
den müssen endlich angegangen werden! (vgl. Kapitel »Gegen rechte Gewalt«).
Dafür braucht es eine Organisationsent-
wicklung in der Verwaltung, die für Diskri- n  Antirassistische Initiativen sollen
minierungen sensibel ist und eine Polizei­ mehr finanzielle Unterstützung erhalten.
reform (vgl. Kapitel »Sicherheit für alle«). Trainer*innen, Betreuer*innen und ehren-
amtliche Verantwortliche in Vereinen und
n  Wir wollen ein Partizipationsgesetz, um (Fan-) Projekten, die Partizipationsarbeit
Menschen mit Rassismuserfahrung besser leisten, müssen stärker unterstützt werden.
einzubeziehen und mehr in der ­Gesellschaft
zu repräsentieren. Dazu gehören eine Es braucht deutlich mehr Investitionen
Quote, um den Anteil von Menschen mit in die öffentliche Infrastruktur und den
Mi­gra­tions­geschichte in der öffentlichen sozialen Zusammenhalt, d. h. eine bessere
Ver­wal­tung entsprechend ihrem Anteil Ausstattung, bessere Arbeitsbedingun-
an der Bevöl­kerung zu erhöhen, und ein gen und mehr Personal in Schulen, Kitas,
Partizipations­rat, der in wichtige Entschei- Verwaltung, Jugend- und Kulturzentren (vgl.
dungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Kapitel »Investitionen«). Niedrigschwellige
Politik einbezogen wird. Hier ist es für uns Angebote, insbesondere für Migrant*innen
zentral, dass migrantische Selbstorgani- und geflüchtete Frauen sowie queere
sationen Teil des Partizipationsrats sind Geflüchtete und Migrant*innen, wollen wir
und es eine Vertretung entsprechend einer ausbauen und sie unterstützen.
Gleichstel­lungsbeauftragten oder einem
Gleichstellungsbeauftragten ist. Wir fordern, n  Wir wollen einen Fonds für Willkom­
dass eine Enquetekommission eingesetzt mens­­­kommunen, der Geflüchteten Bewe-
wird, die den Bundestag bei der Umsetzung gungsfreiheit sichert und aufnahmebe­reiten
der Forderungen aus dem NSU-Ausschuss Kommunen und solidarischen Städten hilft.
sowie dem UN-Antirassismus-Ausschuss Kommunen, die die Bedingungen für Will-
(ICERD) berät. kommenskultur verbessern wollen, können
damit Mittel für Versorgung und ­Integration
n  Wir fordern ein humanitäres Bleiberecht von Geflüchteten beantragen. Diese Inves-
für Betroffene rechter Gewalt ohne festen titionsmittel können dann allgemein für die
Aufenthaltsstatus. Opfer von Rassismus öffentliche Daseinsvorsorge genutzt werden.

114
n  Wir werden ein ­Sofortprogramm auflegen, wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten und der
um zusätzliche Schul­sozial­arbeiter*innen Ideologien der Ungleichheit wie Rassismus
und Lehrkräfte auszubilden und einzustellen, und Nationalismus, die immer wieder zu
die Deutsch als Zweitsprache unterrichten. populären Waffen in der Konkurrenz um
Das Recht auf schulische Bildung muss für Ressourcen, Reichtum und Lebenschancen
alle Kinder bundesweit und unabhängig werden. Schluss damit! Statt uns gegen-
vom Aufenthaltsstatus gelten, auch der einander ausspielen zu lassen, wollen wir
Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und gemeinsam für Gerechtigkeit eintreten: die
Ganztagesplätze. Qualifikationen für die Menschen retten, soziale Gerechtigkeit
Berufsausbildung müssen unabhängig vom ­globalisieren und Fluchtursachen – nicht
Alter angeboten werden. Bildungs- und Integ- die Geflüchteten – tatsächlich bekämpfen.
rationsangebote wollen wir unabhängig vom
aufenthaltsrechtlichen Status gewähren. n  Schluss mit den Ausreden: Die Menschen
retten! Die EU-Abschottungsagentur ­Frontex
n  Geflüchtete wollen wir bundesweit muss aufgelöst und durch ein ziviles euro­
dezentral und in Wohnungen unter­bringen päisches Seenotrettungsprogramm
und ihnen flächendeckend kostenlose ersetzt werden. Bestehende Instrumente
Sprachkurse anbieten. Statt diskriminie- zur Überwachung des Mittelmeers und der
render Sachleistungen wollen wir reguläre Außengrenzen wollen wir in den Dienst der
Geldleistungen in Höhe der solidarischen Seenotrettung stellen. Die Kriminalisierung
Mindestsicherung für alle Menschen. der zivilgesellschaftlichen Seenotrettung
muss umgehend beendet werden. Alle
Menschlichkeit verteidigen: Menschen ­europäischen »Hotspots«, wie das Elends-
retten, Fluchtwege frei machen, lager Moria und seine Nachfolger, müssen
Fluchtursachen bekämpfen aufgelöst werden. Es braucht ein humani­
täres Sofortprogramm zur Aufnahme der
Deutsche Konzerne exportieren Waffen in Menschen. Solange eine europäische
die ganze Welt, aber Menschen, die vor Lösung nicht durchsetzbar ist, muss die
diesen Waffen und den mit ihnen geführten Bundesregierung mit einer Koalition der
Kriegen fliehen, sollen ausgesperrt werden. Willigen vorangehen.
Viele flüchten, weil westliche Konzerne ihre
Länder zerstören. Doch ihre Einreise nach n  Wir wollen legale und sichere Einreise­
Europa wird mit unmenschlichen Mitteln möglichkeiten in die EU. Das entzieht
erschwert. Mehr als 20 000 Menschen sind Schleppern die Geschäftsgrundlage. Die
in den vergangenen sieben Jahren auf dem Genfer Flüchtlingskonvention, die UN-Kinder­
Weg nach Europa gestorben, ertrunken im rechtskonvention und die Euro­päische
Mittelmeer, verdurstet in der Wüste. In den ­Menschenrechtskonvention müssen ein­­-
Lagern an den Grenzen, auf dem Boden der ge­halten werden. Das UN-Flüchtlings­
EU gibt es unerträgliches Elend. Deutsch- kommissariat hat im Januar 2021 die Praxis
land macht sich politisch abhängig von der Zurückweisung an Europas Grenzen
Regimen, die den Job der Geflüchtetenab- angeprangert und sieht das Asylrecht in
wehr an den europäischen Außengrenzen Gefahr. Der Grundsatz der Nichtzurück­
übernehmen; im Innern macht die extreme weisung an den EU-Außengrenzen und
Rechte mobil. auf hoher See muss ohne Einschränkung
­befolgt werden! Der Flüchtlingsdeal mit
Dabei würde es anders gehen. Denn Platz der Türkei und ähnliche Abkommen oder
und Ressourcen sind genug vorhanden. Formen der Zusammenarbeit mit Milizen
­Würde der Reichtum gerechter verteilt, gäbe und Diktatoren in Staaten wie Libyen,
es genug für alle. Menschenleben und ­Ägypten, Sudan und Marokko müssen
Würde dürfen nicht vom Pass oder Aufent- ­aufgekündigt werden.
haltstitel abhängen. Deswegen stehen wir
auf gegen Abschottung und Abschiebungen, n  Flucht ist kein Verbrechen! Der indivi­
für das Recht zu gehen, zu kommen und duelle Zugang zu Asylverfahren und Rechts­
zu bleiben. Und für eine Überwindung der schutz muss für Asylsuchende an den EU-

115
Außengrenzen sichergestellt werden. Frauen, n  Das Dublin-System muss überwunden
Kranke, Alte, Kinder, religiöse und ethnische werden: Wir wollen eine europäische
Minderheiten sowie Menschen mit Behinde- Fluchtumlage zur Verantwortungsteilung,
rung und queere Menschen sind besonders die an den Wünschen und Interessen der
schutzbedürftige Personen. Sie müssen Geflüchteten anknüpft und bestehende
vor Gewalt, Elend und Ausbeutung sicher Familienbindungen, sprachliche Kenntnis-
sein. Schnellverfahren und Inhaftierung se und individuelle Umstände maßgeblich
von Schutzsuchenden (ob in sogenannten berücksichtigt. Ungleiche Verteilung kann
Rückkehr-, Transit-, kontrollierten Zentren dann durch Ausgleichszahlungen der Länder
oder »Hotspots«) lehnen wir ab. mit geringen Aufnahmezahlen ausgeglichen
werden; Länder, Regionen und Städte, die
n  Asylrecht ausweiten und durchsetzen! bereit sind, mehr Flüchtlinge aufzunehmen,
Wir wollen einheitliche Schutzstandards auf werden mit EU-Mitteln finanziell unterstützt.
hohem Niveau; die Verlagerung der Verant-
wortung auf andere Staaten mithilfe von n  Das Recht auf Familiennachzug muss
sicheren Drittstaaten- oder Herkunfts­ uneingeschränkt gelten – auch für »subsi-
länderregelungen wollen wir beenden. diär« Schutzberechtigte. Bei unbegleiteten
Verfolgung wegen sexueller Orientierung minderjährigen Geflüchteten muss es ein
und von trans* und intergeschlechtlichen Recht auf Nachzug der Geschwisterkinder
Menschen (LSBTIQA*) muss in der Praxis geben.
als Fluchtgrund anerkannt werden. Der
Negativwettbewerb durch abgesenkte n  Wir fordern, dass die Kommunen selbst
Standards bei Unterbringung, Versorgung entscheiden dürfen, ob sie über die ihnen
und Rechten gehört abgeschafft! zugeteilten Menschen hinaus weitere
­Geflüchtete aufnehmen. Auch kommu-
n  Die Bundesregierung muss endlich darauf nal verankerte Gremien sollen künftig
drängen, dass die EU gegen Mitglieds­taaten Härtefall­erlaubnisse anordnen können.
vorgeht, die ihre menschenrechtlichen
­Verpflichtungen systematisch missachten. n  Kein Mensch ist illegal! Das Recht auf
Bewegungsfreiheit darf nicht vom Zufall des
n  Wir fordern eine flächendeckende Geburtsorts oder der ökonomischen Ver-
unabhängige Asylverfahrensberatung wertbarkeit abhängig sein. DIE LINKE setzt
durch Wohlfahrtsverbände und Vereine, die sich für eine umfassende Visaliberalisierung
öffentlich finanziert sein muss; pauschale sowie ein offenes und solidarisches Ein­
Asylwiderrufsprüfungen soll es nicht geben; wanderungsrecht ein, das sich nicht mehr
die Qualität der Asylprüfung und internen am Maßstab von Herkunft oder ökono­
Kontrolle muss deutlich verbessert werden, mischer Verwertbarkeit orientiert.
um die Vielzahl der rechtswidrigen und
fehlerhaften Bescheide des BAMF wirksam Wer Fluchtursachen wirklich bekämpfen
zu reduzieren will, muss endlich die Verhältnisse verän-
dern, die immer wieder zur Flucht zwingen
n  Es gibt keine »Wirtschaftsflüchtlinge« – und Hilfe notwendig machen. Statt weiter
niemand flieht freiwillig! Wir fordern die systematisch Fluchtursachen wie Waffen,
Ausweitung verbindlicher Flüchtlings­ Umwelt- und Klimazerstörung sowie Armut
rechte auf Armuts-, Umwelt- und Klima- zu exportieren, wollen wir deshalb globale
flüchtlinge sowie eine entsprechende Ungerechtigkeiten überwinden, Demo-
humanitäre Visavergabe. Es braucht kratie und soziale Bewegungen von unten
umfassende Aufnahmekontingente über unterstützen und Menschen in Not effektiv
das Resettlement-Programm des UNHCR helfen (vgl. Kapitel »Soziale Gerechtigkeit
und die Aufhebung des Visumszwangs weltweit«).
für Schutzsuchende.

116
Die Demokratie stärken
Rechten Terror und Gewalt stoppen werden als »Linksextremisten« kriminali-
siert. Die AfD versucht, missliebige Vereine
Die extreme Rechte hat die Schwelle und Akteure der Zivilgesellschaft bis hin
zum Terror längst überschritten. Die Liste zu Landeszentralen für politische Bildung zu
rechter Attentate allein aus den letzten diskreditieren. Konservative fordern, Grund-
zwei Jahren ist lang. Wir erinnern beson- rechte einzuschränken, und (noch) mehr
ders an die Anschläge in Kassel und Halle Befugnisse für die Sicherheitsbehörden.
im Jahr 2019 und Hanau im Jahr 2020 mit Offensichtlich gibt es dort aber kein Defizit
mehreren Toten. Rechte begehen Mord- an Informationen, Ausrüstung und Befugnis-
anschläge auf Migrant*innen, Menschen sen – wohl aber ein Haltungsproblem.
jüdischen und muslimischen Glaubens,
Linke und andere Andersdenkende; die DIE LINKE hält dagegen – auf der Straße, in
Sicherheitsbehörden erweisen sich immer den Betrieben, in den Parlamenten. Zusam-
wieder als unfähig, die Täter*innen zu men mit breiten Bündnissen blockieren wir
­fassen. Das hat in der Bundesrepublik Naziaufmärsche und kämpfen gegen rechte
eine schreckliche Tradition, vom ­Attentat Angriffe und für die gesellschaftliche Äch-
auf das Münchner Oktoberfest bis zu tung von rechtem Gedankengut. Wir stellen
den Morden des NSU. Deutschland hat uns gegen jede Form von Menschenfeind-
spätestens seit den Achtzigerjahren lichkeit, egal ob vom rechten Rand oder
eine erschreckende rechtsterroristische aus der vermeintlich seriösen Mitte der
­Kontinuität. Die Täter*innen werden Gesellschaft. Ziviler Ungehorsam gehört
durch ein gesellschaftliches Klima ermutigt, zum demokratischen Protest und darf nicht
in dem der Wert von Menschenlebenin- kriminalisiert werden. Die Große Koalition
frage gestellt wird. Der Weg zu Bluttaten hat mit ihrer Politik den Nährboden bereitet,
beginnt mit Hetze im Alltag. auf dem Rassismus und Ideologien der Aus-
grenzung gedeihen. Der Aufstieg und die
Rechte Gruppen und Parteien versuchen, Radikalisierung der AfD sind Ergebnis dieser
Ängste und Nöte der Menschen angesichts verfehlten Politik sowie der erfolgreichen
der Folgen neoliberaler Politik zu ­bedienen. rassistischen Umdeutung der Ursachen der
Sie lenken ab von sozialen Kämpfen für sozialen Spaltung. Mit dem Erstarken der
­bessere Löhne und Umverteilung des gesel­ AfD besteht die Gefahr des Wiederentste-
lschaftlichen Reichtums und deuten sie in hens einer faschistischen Partei mit bun-
ethnische, religiöse und kulturelle Konflikte desweitem Masseneinfluss. Es ist deshalb
um, bekämpfen die Gleichberechtigung der notwendig, die AfD auf der Straße und in
Geschlechter und sexuelle Vielfalt. Und sie den Parlamenten zu stoppen. Eine ­wirksame
verbreiten – gerade angesichts der Corona- Politik muss Ursachen bekämpfen und auf­
pandemie – antisemitische Verschwörungs- klären: Armut und Niedriglöhne überwinden,
theorien. Weil die Verfassungsschutz­- die extreme Rechte zurückdrängen, die
behörde dem Schutz von Infor­man­ten*in­ Demokratisierung der Gesellschaft voran-
nen Vorrang einräumt, behindert sie immer treiben, soziale Sicherheit schaffen und
wieder polizeiliche Ermittlungen und juris­ die antifaschistischen Grundwerte mit allen
tische Aufklärung – und baut extrem rechte demokratischen Mitteln verteidigen.
Strukturen sogar mit auf. Aufklärung und
Widerstand gegen rechts wird von ­anderen n  Die Gegenkräfte in der Zivilgesell­
geleistet: Meist sind es ehrenamtlich orga­ schaft stärken! Protest und Aufklärung
nisierte Projekte der Zivilgesellschaft und ­gegen rechts sind eine Bedingung von
Antifa-Initiativen, die Aufklärungsarbeit Demokratie und dürfen nicht mehr krimi­
betreiben, Solidarität praktisch erlebbar nalisiert werden. Projekte der mobilen
machen und dahin gehen, wo es weh tut. Beratung gegen Rechtsextremismus,
Dafür werden sie von Konservativen als Opferberatungen und zivilgesellschaftliche
»Nestbeschmutzer« beschimpft, ihnen Demokratiebündnisse sowie Antifa-
werden öffentliche Gelder entzogen und sie ­­Initia­tiven müssen mit einem echten

117
­ emokratiefördergesetz stärker und
D Polizei, Bundeswehr und Spezialeinheiten
langfristig finanziell unterstützt werden. stärker in den Blick nehmen. Sie dürfen Fälle
Dabei darf es kein strukturelles Misstrauen rechter Gewalt nicht mehr als Einzelfälle
und keinen Kooperationszwang mit Polizei verharmlosen. Reichsbürgern und Neonazis
und Inlandsgeheimdienst geben. Zivilge­ muss endlich die waffenrechtliche Erlaub­
sellschaftliche Vereine wie Change.org, nis entzogen werden.
Campact und Attac müssen durch eine
Reform der Abgabenordnung wieder als n  Wir wollen ein Bleiberecht für die Opfer
gemeinnützig gelten. rechter Gewalt, um der auf Vertreibung
gerichteten Intention der Täter*innen entge­
n  Verfassungsschutz durch eine unab­ genzutreten, und verurteilen die Angriffe
hängige Beobachtungsstelle ersetzen! auf Moscheen, Synagogen sowie andere
Die Verfassungsschutzbehörde ist ein sakrale oder symbolische Orte. Auch linke
Inlandsgeheimdienst. Er ist nicht Teil der Menschen und Strukturen geraten immer
Lösung, sondern Teil des Problems. Er muss wieder in den Fokus rechter Angriffe. Wir
durch eine unabhängige »Beobachtungs- stehen zusammen und sind solidarisch mit
stelle Autoritarismus und gruppenbezogene Opfern rechter Gewalt und ihren Ange­
Menschenfeindlichkeit« ersetzt werden. Sie hörigen. Sie müssen besser und langfristig
soll Rechtsextremismus, Antisemitismus, unterstützt werden.
Antiziganismus, Rassismus, religiösen
Fundamentalismus und andere Formen n  Demokratisierung der Sicherheitsbe­
gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hörden! Es braucht eine wissenschaftliche
beobachten und darüber aufklären (vgl. Untersuchung extrem rechter Einstellun-
­Kapitel »Sicherheit für alle«). Als erster gen und rassistischer Praktiken bei Polizei
Schritt muss das V-Leute-System des und Bundeswehr. Gegen Rassismus und
Inlandsgeheimdienstes und seine Ver­ Korpsgeist bei der Polizei sind eine unab-
strickungen mit der extremen Rechten hängige Beschwerde- und Ermittlungsstelle
aufgedeckt und beendet werden. auf Bundesebene, eine Kennzeichnungs-
pflicht, eine Überarbeitung der Ausbildung
n  Den Rechten den sozialen Nährboden sowie Rotationsmodelle für geschlossene
entziehen! Die Zustimmung zu rechter Einheiten nötig. Rassistische, antisemi­
Politik baut auf Rassismus und der Erfah- tische, homo- und transfeindliche, sowie
rung auf, dass Interessen nur gegen andere sexistische Ansichten müssen auch in
durchgesetzt werden können. Dass die den Behörden aktiv bekämpft werden (vgl.
Regierung den rechten Forderungen bei ­Kapitel »Sicherheit für alle!«).
Flucht und Asylrecht nachgegeben hat, hat
die extreme Rechte stärker gemacht, nicht n  Wir fordern die Einsetzung eines Unter­
schwächer. Die Spaltung der Gesellschaft suchungsausschusses zum Rechtsterro-
stärkt zudem religiöse Fundamentalisten. rismus, um die Aufklärung fortzusetzen und
Dagegen braucht es eine soziale Politik für die lange Geschichte rechtsterroristischer
alle Menschen. Mit gleichen Rechten für Strukturen in der Bundesrepublik sowie die
alle und massiven Investitionen in die öffent­ Verantwortung staatlicher Stellen aufzuar-
liche Infrastruktur, die eine Gesellschaft beiten. Alle NSU-Akten müssen endlich der
zusammenhält – bezahlbarer Wohnraum, Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
kostenfreier ÖPNV, gute Gesundheitsver-
sorgung, Arbeit und Bildung (vgl. Kapitel n  Wir werden die parlamentarische Auf­
»Solidarische Einwanderungsgesellschaft«). klärung des Rechtsterrors im Bundestag
vorantreiben, Druck machen für die Freiga­
n  Entwaffnung der extremen Rechten be der Akten der Geheimdienste u. a. zum
und Ermittlungsschwerpunkte für Oktoberfest-Attentat und zum NSU-Kom-
rechten Terror! Ermittlungsschwerpunkte plex und unabhängige Recherche weiterhin
bei BKA und Bundesanwaltschaft müssen nach Kräften unterstützen. Wir fordern das
die Vernetzung der militanten Naziszene, Verbot militanter, bewaffneter, neonazisti-
insbe­sondere entsprechende Netzwerke bei scher Organisationen.

118
n  Wir setzen uns für eine antifaschis­ der Minderheitensprachen und -kulturen
tische Erinnerungskultur ein, um das ­ nanziell gemäß den gewachsenen Aufga-
fi
Gedenken an die Opfer von damals und ben auszustatten.
heute zu bewahren. Der 8. Mai soll als Tag
der Befreiung vom Faschismus endlich ein n  Wir setzen uns dafür ein, die Sinti*zze
bundeseinheitlicher Feiertag werden. Die und Rom*nja zu schützen und zu fördern.
politische Bildung an den Schulen sowie Wir setzen uns für die Fortsetzung der
kritische Sozialwissenschaften an den gesellschaftlichen Aufarbeitung der Verfol-
Hochschulen wollen wir stärken. gungsgeschichte der Sinti*zze und Rom*nja
während der NS-Zeit ein. Wir unterstützen
Deutschland hat wegen der beispiellosen Maßnahmen gegen Antiziganismus sowie
Verbrechen der Deutschen an jüdischen zur Stärkung der Teilhabe von Sinti*zze und
Menschen und an Sinti*zze und Rom*nja Rom*nja und wollen den gesellschaftlichen
wegen der Entfesselung des Zweiten Beitrag der Minderheit in Deutschland um-
­Weltkriegs und der Verbrechen an den fassender vermitteln, um der strukturellen
­Völkern Europas – besonders an Polen Ungleichheit und der tief sitzenden Ableh-
und den Völkern der Sowjetunion – an nung gegenüber der Minderheit entgegen-
politisch Andersdenkenden, behinderten zuwirken. Die Empfehlungen der unabhän-
Menschen und Homosexuellen – eine gigen Expertenkommission Antiziganismus
­besondere Verantwortung und muss müssen schnell umgesetzt werden.
­jeder Art von Menschenfeindlichkeit,
Antisemitismus, Antiziganismus, antimusli­ Wir unterstützen die europaweiten Bemü-
mischem und anderem Rassismus und hungen um die Schaffung von verlässlichen
Sexismus entgegentreten. minderheitenpolitischen Instrumenten auf
der Ebene der Europäischen Union – die
Die Rechte von Minderheiten stärken Ablehnung der Minority-Safepack-Initiative
durch die EU-Kommission darf nicht das
Dän*innen, Fries*innen, Sinti*zze und letzte Wort sein.
Rom*nja sowie Sorb*innen / Wend*innen
leben seit Jahrhunderten in Deutsch- Sicherheit für alle statt
land, die Regionalsprache Niederdeutsch Über­wachungsstaat
wird bis heute gesprochen. Zur Schaffung
kultureller und sprachlicher Vielfalt gehört Die Gewaltkriminalität geht seit Jahren
deshalb die Förderung von Regional- und zurück. Aber das Gefühl der Verunsicherung
Minder­heitensprachen, die entsprechend wächst. Bei jedem Bericht über Straftaten
der Europäischen Minderheitencharta fordern Innenpolitiker der Regierung Geset-
(Europäische Charta der Regional- oder zesverschärfungen und die Einschränkung
Minderheitensprachen) anerkannt sind. von Grundrechten. Diese Sicherheitspolitik
verwaltet die Probleme, anstatt sie zu lösen.
n  Wir fordern bundespolitische Grundsätze Genützt hat das vor allem dem Machtstre-
zur Wahrung und Weiterentwicklung der ben der Konservativen und den Profiten der
Identität, Sprache und Kultur der ethnischen Sicherheitsbranche.
Minderheiten sowie Minderheitenschutz im
Grundgesetz. Die herrschende Sicherheitspolitik ist
ungerecht. Sie trifft Menschen mit wenig
n  Bei der Strukturförderung von ­Regionen Geld und ohne Lobby härter. Ersatzfreiheits-
sind die Bedürfnisse der ethnischen Min­ strafen für kleine Delikte wie Fahren ohne
derheiten angemessen zu berücksichtigen. Fahrschein bringen jedes Jahr Tausende
In ganz besonderer Weise betrifft das Menschen ins Gefängnis. Kontrollen von
die erneut vor einem Umbruch stehende Wirtschaftskriminalität und Steuerhinter-
­Lausitz/Łužyca/Łužica. ziehung werden hingegen ­heruntergefahren –
die Großen lässt man laufen. Für viele
n  Wir stehen dafür, Institutionen und Menschen bedeutet die Einschränkung
Projekte zu Erhalt, Pflege und Entwicklung von Grundrechten und die Aufrüstung der

119
Polizei neue Unsicherheiten. So werden Gesundheitsräte, die bundesweit und
Spaltung und Aggression im Alltag ver- kommunal die Zivilgesellschaft in all ihrer
stärkt. Umso mehr, als immer mehr extrem Vielfalt in Umsetzung und Konzeption von
rechte Netzwerke in Polizei und Justiz Infektionsschutzmaßnahmen einbeziehen.
aufgedeckt werden. Auch das Vorgehen der
Bundesregierung in der Coronapandemie n  Die Verhältnismäßigkeit wahren! Baga-
entsprach viel zu oft falschen Maßstäben. telldelikte wie »Fahren ohne Fahrschein«
Die Einschränkung von Bürgerrechten und und »Containern« sowie opferlose Vergehen
der ­Versammlungsfreiheit war schwerwie- wie Verstöße gegen das Betäubungsmit-
gend, oft wurde die Verhältnismäßigkeit telgesetz oder »illegale Einreise« müssen
nicht gewahrt. Der Arbeitsschutz bei großen endlich entkriminalisiert werden. Ersatz-
­Konzernen wie Tönnies und Amazon wurde freiheitsstrafen für Geldstrafen sind sozial
nur mangelhaft durchgesetzt, dagegen wur- ungerecht, sie gehören abgeschafft!
den Menschen im Park polizeilich schikaniert.
Menschen mit niedrigen Einkommen und in n  Rechtsstaat stärken! Geheimdienste
kleinen Wohnungen waren von dieser Schief- sind Fremdkörper in der Demokratie. Durch
lage der Krisenpolitik besonders betroffen. ihre Intransparenz und den Vorrang des
Informant*innen-Schutzes behindern sie
Mehr Sicherheit gibt es nicht durch die polizeiliche Ermittlungen und juristische
Aufrüstung von Polizei und Geheimdiensten, Aufklärung. Dabei ist Abwehr von Gefahren
sondern durch Bekämpfung der sozialen Aufgabe einer demokratisch kontrollierten
­Ursachen von Kriminalität, Verunsicherung Polizei. Deshalb wollen wir den Verfassungs-
und Gewalt. Der Vollzug bestehenden schutz und perspektivisch alle Geheimdiens-
Rechts und die Abwendung von Gefah- te abschaffen und ihn durch eine Beob­
ren müssen ebenso gewährleistet sein achtungsstelle »Autoritarismus und
wie der Schutz der Freiheits- und Bürger- gruppenbezogene Menschenfeindlich­
rechte – für alle! Wir wollen deshalb einen keit« ersetzen. Als Erstes muss der Einsatz
Politikwechsel – weg von der einseitigen von V-Leuten beendet werden (vgl. Kapitel
Fokussierung auf repressive Maßnahmen »Rechten Terror und Gewalt stoppen«).
und Symbolpolitik hin zum umfassenden
Ansatz einer ­demokratischen Sicherheits- n  Datenschutz wirksam machen! Wir wollen
politik, die Grundrechte schützt, Prävention das Recht auf informationelle Selbstbe­
stärkt, ­soziale Sicherheiten ausbaut, in das stimmung sichern: gegen Vorratsdaten-
Öffentliche investiert und die Sicherheits- speicherung, Bestandsdatenauskunft und
behörden demokratisiert. Staatliche Gewalt Onlinedurchsuchungen (»Staatstrojaner«),
wollen wir als Mittel zur Konfliktlösung nichtindividualisierte Funkzellenabfrage,
langfristig zurückdrängen und durch zivil­ allgegenwärtige Videoüberwachung, Späh-
gesellschaftliche Prävention und Koope­ und Lauschangriffe und Rasterfahndung.
ration ersetzen.
n  Gerade in Krisenzeiten: Kein Lockdown
n  Grundrechte umfassend durchsetzen! Es für die Demokratie – Bürgerrechte sind
braucht ein bundesweit wirksames Antidis­ systemrelevant! Es darf keine Entmachtung
kriminierungsrecht, das sich am Berliner der Parlamente geben, keine (Selbst-)Er-
Antidiskriminierungsgesetz orientiert. Wir mächtigung der Exekutive. Politische Betäti­
stellen uns gegen rechte Kampagnen, die gung und Versammlungen müssen möglich
Minderheiten zu kriminalisieren versuchen bleiben. Allgemeine Versammlungsverbote
und soziale Probleme in ethnische bzw. sind Gift für die Demokratie. Auch das
­kulturelle Konflikte umdeuten wollen. ­Arbeitsrecht darf nicht ausgehebelt werden.

n  Mehr Sicherheit durch mehr Beteili­ n  Das Recht auf Privatsphäre und informa­
gung! Wir wollen eine Sicherheitspolitik, die tionelle Selbstbestimmung gilt auch für
keine autoritäre Schlagseite hat, sondern alle Beschäftigte. Das fängt schon beim Schutz
Betroffenen miteinbezieht. Im Pandemiefall gegen Videoüberwachung am Arbeitsplatz
braucht es in Zukunft etwa Pandemie- und an, beim Einsatz von Detektiven oder der

120
Überwachung des E-Mail-Verkehrs. Ange- Polizei im Rechtsstaat
sichts neuer Möglichkeiten zur digitalen
Leistungsüberwachung fordern wir ein Die Arbeitsbedingungen für viele
Beschäftigtendatenschutzgesetz. Polizist*innen sind von Belastungen und
Überstunden geprägt. Das liegt auch
n  Sicherheit ist eine öffentliche Aufgabe! Die daran, dass ihnen immer neue Aufgaben
Privatisierung von Sicherheit durch private zugewiesen werden. Das wollen wir ändern
Sicherheitsdienste, »Schwarze Sheriffs« usw. und Arbeitsbedingungen verbessern. Im
wollen wir verhindern bzw. ­rückgängig ma- Rechtsstaat darf die Polizei nicht als Uni-
chen. Es ist schon schwierig genug, ­staatliche versalmittel zur Bearbeitung von Problemen
Sicherheitsbehörden zu ­überwachen, bei eingesetzt werden, sie sollte auf die Kern-
privaten Diensten ist das unmöglich. aufgaben der Abwehr konkreter Gefahren
und der Straftatenbekämpfung unter strikter
n  Sonderstrafrecht stoppen! Die Antiter- Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrund-
rorgesetzgebung der Bundesregierungen satzes beschränkt sein. Die dokumentierten
der vergangenen 20 Jahre gehört auf den Fälle von Diskriminierung durch die Polizei
bürgerrechtlichen Prüfstand. Verbrechen haben sich 2019 verdoppelt. Jedes Jahr gibt
zu bekämpfen und Gefahren abzuwehren es Hunderte Fälle von rechtswidriger Polizei-
ist Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden. gewalt, für die sich niemand verantworten
Hierfür braucht es kein politisches Sonder- muss – eine strafrechtliche Verfolgung
strafrecht (wie die Paragrafen 129 a und findet kaum statt. Übergriffe werden selten
129 b StGB), wir wollen diese Paragrafen angezeigt und noch seltener angeklagt. Viel-
abschaffen. Wir fordern die Aufhebung des fach werden Einsatzstrategien angewandt,
PKK-Verbots. die einer Demokratie widersprechen. So ent-
steht eine Polizeikultur, die missbräuch­liche
n  Staatliche und zivile Organisationen Gewaltanwendung zulässt und befördert.
d­ ürfen nicht militarisiert werden. Wir wollen Hier braucht es ein Umsteuern!
die zivil-militärische Zusammenarbeit
(ZMZ) zugunsten einer Stärkung des Tech- Die Ausübung des staatlichen Gewaltmono­
nischen Hilfswerks und des Katastrophen- pols muss besser kontrolliert werden. ­Gerade
schutzes beenden. Die schon bestehenden für die vielen Polizist*innen, die rechts­
Strukturen der ZMZ sowie die in Aufbau staatlich handeln und sich dem Schutz aller
befindlichen Strukturen der Reservekräfte Menschen verpflichtet fühlen, müssen die
der Bundeswehr müssen aufgelöst werden. Strukturen so verändert werden, dass alle
diesem Anspruch gerecht werden. Weniger
n  Gewalt stoppen – Opfer schützen! Um die Übergriffe sind nur durch einen Wandel
Gewalt gegen Frauen und Kinder zu be- des polizeilichen Selbstverständnisses, von
kämpfen braucht es endlich eine Vollfinan­ Einsatzformen und Polizeikultur zu erreichen.
zierung von Frauenberatungsstellen und Neben einer Aufgabenstraffung braucht die
-notrufen, ausreichend Frauenhausplätze Polizei deshalb ein modernes, menschen-
und Präventionsprogramme für gewalttä- rechtsorientiertes Leitbild, das auf der
tige Männer (vgl. Kapitel »Feminismus«). Grundlage von Verhältnismäßigkeit, Deeska-
lation und demokratischer Kontrolle aufbaut.
n  Waffenbesitz erschweren! Waffen- und Eine bürgernahe Polizei muss die Rechte
Munitionsbesitz sollen strenger reglementiert von Migrant*innen und Demonstrant*innen
werden. Gewalttäter*innen müssen konse- genauso schützen wie für die Menschen
quent mit einem Waffenverbot belegt werden. erreichbar und ansprechbar sein. DIE LINKE
steht an der Seite von allen, die sich gegen
n  Für eingriffsintensive Maßnahmen Polizeigewalt und Rassismus einsetzen und
wie Hausdurchsuchungen, ­Leibesvisitationen, für den Ausbau von Grundrechten und De-
Telekommunikationsüberwachung u. ä. wollen mokratie eintreten. Die Bewegungen gegen
wir eine Entschädigung, wenn sie sich Polizeigewalt und Polizeigesetzverschär­
im Nachhinein als rechtswidrig oder miss- fungen, Black Lives Matter sowie die migran-
bräuchlich herausstellen. tischen Initiativen und Verbände sind unsere

121
Verbündeten (vgl. Kapitel »Solidarische n  Klarheit schaffen! Es braucht klare
Einwanderungsgesellschaft«). DIE ­LINKE Regeln, um Racial Profiling zu verhindern:
wird sich an keiner Regierung beteiligen, Verdachtsunabhängige Kontrollen auf der
die Polizeibefugnisse weiter ausweitet und Basis von Gummiparagrafen wie im Bundes-
demokratische Freiheitsrechte abbaut. polizeigesetz müssen gestrichen werden.

n  Gute Arbeitsbedingungen! Polizist*innen n  Keine Toleranz für Intoleranz im


brauchen eine gute und ­moderne Ausbil- Staatsdienst! Polizist*innen und Beamt*in­
dung. Zudem benötigen wir eine moderne nen, denen rassistisches, sexistisches oder
Personalmitbestimmung für die Polizei. homo­feindliches Verhalten nachgewiesen
wird, müssen konsequent disziplinarisch
n  Einrichtung von unabhängigen Be­ verfolgt werden, gegebenenfalls bis zur
schwerde- und Ermittlungsstellen gegen Entlassung aus dem Dienst.
Polizeigewalt und Diskriminierung durch
Polizeibeamt*innen! Wirksame Kontrolle n  Deeskalation statt Aufrüstung! Die
kann nur durch eine unabhängige Instanz Militarisierung der Polizei, ihre ­zunehmende
erfolgen. Sie erfordert einen kritischen Ausstattung mit Maschinenpistolen und
Blick, institutionelle Unabhängigkeit von »weniger tödlichen Waffen« wie zum Beispiel
Polizei und Innenverwaltung sowie eine Taser, den Einsatz von Gummigeschossen
hinreichende Ausstattung mit Befugnissen oder bewaffnetem SEK gegen Demonstra­
und Ressourcen. tionen lehnen wir ab. Den Einsatz von
Pfefferspray durch die Polizei wollen wir
n  Vielfalt leben! Die Zusammensetzung der massiv einschränken; im Zusammenhang
Polizei muss die Bevölkerung widerspiegeln. mit Versammlungen, Ansammlungen im
Mittel dafür können anonymisierte Bewer­ öffentlichen Raum und Veranstaltungen soll
bungsverfahren oder Quoten sein. er verboten werden.

n  Sicherheit durch Nachvollziehbarkeit! Zur n  Die Ausbildung muss sich ändern! Die
Aufklärung und Vermeidung von Übergriffen Polizeiausbildung des gehobenen Diens-
sollen Einsatzprotokolle und Polizeivideos tes sollte überwiegend in den allgemeinen
bei Treuhandstellen aufbewahrt werden. Hochschulen erfolgen. Es braucht mehr
­kritische Polizeiforschung und -lehre
n  Transparenz jetzt! Eine individuelle sowie eine fortdauernde Evaluation polizei­
Kennzeichnungspflicht muss sofort lichen Handelns.
und überall eingeführt werden. Es muss
selbstverständlich werden, dass Polizei­ n  Unterstützung geben! Es braucht ver­
beamt*innen den Bürger*innen individuell bindliche Unterstützungsangebote wie
erkennbar gegenübertreten. Supervisionen, Fortbildungen zu Vielfalt
und diskriminierungsfreiem Verhalten
n  Rechtsstaatliche Begrenzung von sowie psychologische Betreuung. Ziel ist
Befugnissen! Die Polizeigesetze der letzten es, Beamt*innen bei der Bewältigung ihrer
Jahre haben die Grenzen aufgeweicht. Die Erfahrungen zu unterstützen und die Ver­
Strafverschärfungen für Widerstandsdelikte festigung diskriminierender Einstellungen
wollen wir rückgängig machen. Auch die zu verhindern.
Ausweitung der Befugnisse der Bundespoli-
zei lehnen wir ab. n  Bürgernähe statt Kasernierung!
Beamt*in­nen in geschlossenen Einheiten
n  Probleme angehen! In der Polizei sollen ­rotieren, um die Herausbildung von
muss ein humanistisches Menschen­ Korpsgeist zu erschweren. Insgesamt wollen
bild gestärkt und menschenfeindlichen wir deutlich weniger geschlossene Einheiten
Einstellungen entgegengewirkt werden. und stattdessen eine bürgernahe Polizei.
Diese ­müssen mithilfe von unabhän­gigen
­Studien festgestellt, eingestanden, ­bewusst
gemacht und bekämpft werden.

122
Unabhängigkeit der Politik sichern n  Der Vermengung von politischen und wirt-
schaftlichen Interessen wollen wir Einhalt
DIE LINKE ist die einzige Partei im Bundes­ gebieten: Bundesminister*innen und parla-
tag, die keine Spenden von Konzernen, mentarische Staatssekretär*innen müssen
Banken, Versicherungen oder Lobbyisten nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt
erhält. Dabei bleibt es. Der Einfluss des mindestens drei Jahre bzw. für die Dauer
Lobbyismus auf die gesamte Politik muss des zeitlichen Anspruchs auf Übergangsgeld
zurückgedrängt werden. Gesetze dürfen warten, bevor sie in Unternehmen wechseln,
nicht von denen geschrieben werden, die mit deren wirtschaftlichen Interessen sie
davon profitieren. Korruption und Be­ zuvor politisch befasst waren.
stechung, Vorteilsgewährung und Vorteils-
nahme, Intransparenz und Parteienspon­ n  Wir wollen die Europäische Antibetrugs­
soring dürfen nicht die Politik bestimmen. behörde OLAF ausbauen und stärken.

n  Wir wollen ein verbindliches, maschinen- Die Demokratie demokratisieren!


lesbares und transparentes Lobbyregister
einführen und treten für ein Beschäftigungs- Demokratie ist mehr, als alle vier Jahre
verbot von Lobbyisten in Bundesministe- seine Stimme abzugeben. Dafür müssen
rien und – bei Vollzeitparlamenten – von auf allen Ebenen und in allen Bereichen –
Abgeordneten als bezahlte Interessenver- von der europäischen, internationalen wie
treter für Dritte ein. Wir brauchen eine*n kommunalen Ebene bis hin zum Betrieb, zur
unabhängige*n Lobbybeauftragte*n zur Wirtschaft – mehr Mitbestimmung und Be-
Aufsicht und Kontrolle des Registers, der* teiligung geschaffen werden. Deshalb fordert
die vom Bundestag gewählt wird. DIE LINKE seit Jahren, dass Volksinitiativen,
Volksbegehren und Volksentscheide auch
n  Den Gesetzesvorlagen der Bundesre­ auf Bundesebene möglich sein müssen.
gierung muss eine Auflistung der Interes­
senvertreter*innen sowie der Sachver­ n  Wir wollen, dass die Privatisierung von
ständigen beigefügt werden, deren öffentlichen Dienstleistungen ebenso
Stel­lung­nahmen bei der Erstellung und ­gestoppt wird wie alle öffentlich-privaten
Erar­beitung berücksichtigt wurden oder Partnerschaften (ÖPP). Bis das durchgesetzt
die sonst mitgewirkt haben (legislative ist, müssen alle Privatisierungsvorhaben
Fußspur). den Bürger*innen zur direkten Abstim­
mung per Volksentscheid vorgelegt werden.
n  Kein Lobbyismus an Schulen! Soweit
F­ orschung und Einrichtungen oder auch n  Demokratie braucht Meinungs- und Pres­se­
einzelne Studien von Lobbyisten bezahlt wer- freiheit, Versammlungs- und Vereinigungsfrei-
den, muss das transparent gemacht werden. heit und die Freiheit der Bürger*innen von
staatlicher Ausspähung (vgl. »Kapitel Daten­
n  Auch nachträgliche »Dankeschön- sicherheit und Datenschutz«).
Spenden« und Bestechung mit dem Ziel der
Imagepflege des Lobbyisten müssen unein- n  Wir wollen Volksinitiativen, Volksbegeh­
geschränkt als Abgeordnetenbestechung ren und Volksentscheide auf Bundes­ebene
strafbar sein. einführen. Die Ausweitung der Mitbestim-
mungsrechte schließt auch die Einführung
n  Abgeordneten muss es verboten sein, von Referenden ein, d. h., die Bürger*innen
Spenden anzunehmen. Die Nebenverdienste können gegen parlamentarische Entschei-
von Abgeordneten sind auf Euro und Cent dungen ein Veto einlegen.
zeitnah zu veröffentlichen. Unternehmens-
und Lobbyistenspenden an Parteien sowie n  Wir wollen verbindliche Bürger*in­nen­
das Parteiensponsoring wie Unterneh- foren einrichten. Planfeststellungs- und
mensstände auf Parteitagen wollen wir Raumordnungsverfahren müssen so ange-
­verbieten und Spenden von Privatpersonen legt werden, dass allen ausreichend Zeit
auf 25.000 Euro im Jahr begrenzen. bleibt, sich zu informieren, zu über­prüfen,

123
ob ihre Interessen gewahrt bleiben und Dafür wollen wir einen Paradigmenwechsel
sich zu beteiligen. Eine Beschleunigung des in der Jugendpolitik: weg von Fremd­
Planfeststellungsverfahrens zulasten von bestimmung und Restriktion, hin zu Selbst-
Bürger*innenbeteiligung lehnen wir ab. bestimmung und seriöser, wertneutraler
Auf­klärung auf Augenhöhe.
n  Das von der Zivilgesellschaft entwickelte
Instrument der Bürger*innenräte, wonach Bürgerschaftliches Engagement
zufällig geloste Menschen aus der Mitte der besser unterstützen
Gesellschaft Lösungen und Fragestellungen
entwerfen, wollen wir unterstützen und Mehr als 30 Millionen Menschen engagie-
fördern. ren sich in diesem Land. In Vereinen, Initia-
tiven, bei Rettungsdiensten, in der Frei-
n  Das Petitionsrecht wollen wir als Bürger- willigen Feuerwehr und an vielen anderen
recht weiter ausbauen. Stellen sorgen Engagierte für gesellschaft-
lichen Zusammenhalt. Die Demokratie lebt
n  Die Oppositionsrechte in allen Parla- von der kritischen und mitgestaltenden
menten, Plenen und Ausschüssen wollen ­Beteiligung einer lebendigen Zivilge-
wir stärken. Ausschusssitzungen sollen sellschaft. Wir wollen dieses vielfältige
grundsätzlich öffentlich sein. frei­willige Engagement besser unterstützen
und die Barrieren für soziale Gruppen, die
n  DIE LINKE setzt sich für eine Absenkung im Engagement unterrepräsentiert sind,
des Wahlalters in allen demokratischen ­senken. Das bürgerschaft­liche Engage-
Entscheidungsprozessen auf europäischer, ment darf dabei nicht als Ersatz öffent-
Bundes-, Länder- und Kommunalebene auf licher Aufgaben in der Daseins­vorsorge
14 Jahre ein. Das schließt das Wahlrecht für missbraucht werden.
langfristig hier lebende Migrant*innen ein
(vgl. Kapitel »Solidarische Einwanderungsge- n  Ehrenamt braucht Hauptamt. Wir wollen
sellschaft«). Strukturen ausbauen und sichern, die frei-
willig engagierte Menschen unterstützen.
n  Die Bewegungsfreiheit ist ein essen-
zielles Recht, das niemandem pauschal n  Anerkennung von freiwilligem Engage-
genommen werden darf. Wir wollen den ment muss verbessert werden. Wir wollen
elterlichen Hausarrest verbieten. Dieser ist zusammen mit den Ländern und Kommunen
ein veraltetes Erziehungsinstrument, das einen bundesweit einheitlichen Freiwil­
den Grundrechten von Kindern und Jugend- ligenpass schaffen, der Vergünstigungen
lichen entgegensteht. und kostenlose Nutzung von Freizeit-, Kultur-,
und Bildungseinrichtungen ermöglicht.
n  Eine (automatische) Mitgliedschaft von
Kindern in Religions- oder Weltanschauungs- n  Jugendfreiwilligendienste sind wichtige
gemeinschaften der Eltern lehnen wir ab. Ein Bildungs- und Orientierungsprogramme für
Beitritt darf nur selbst und nach Erreichen junge Menschen.  Wir wollen sie ausbauen
der Religionsmündigkeit erfolgen. Men- und ihre Qualität insbesondere in der päda­
schen, die unter Vollbetreuung stehen, dür- gogischen Begleitung verbessern.  Sozial
fen nicht von Wahlen ausgeschlossen werden. benachteiligte junge Menschen wollen wir
Die Barrierefreiheit von Wahllokalen und besser unterstützen, um ihnen die Teilhabe
Wahlvorgängen muss gewährleistet werden. an den Freiwilligendiensten zu erleichtern.
Wir unterstützen die Forderung vieler Frei-
n  Jugendpolitik auf Augenhöhe. DIE ­LINKE willigendienstleistender nach freier Fahrt für
bekennt sich zu einer Politik, die alle Freiwilligendienstleistende im ÖPNV.
­Generationen respektvoll einbezieht und
sich für die Rechte von Rentner*innen n  Zivilgesellschaftliche Organisationen, die
­genauso einsetzt wie für Kinder und Jugend- Engagement bündeln und Interessen sowie
liche. Junge Menschen sollen selbstverant- Forderungen sichtbar machen, sind unver-
wortlich handelnde Bürger*innen werden. zichtbar für eine lebendige Demokratie.

124
In den letzten Jahren sind vielen Organi- n  Der Charakter von freiwilligem Engage­
sationen mit dem Gemeinnützigkeitsrecht ment muss erhalten bleiben. Deswegen
Steine in den Weg gelegt worden. Das muss eine Monetarisierung verhindert
wollen wir ändern und dazu das Gemein­ werden, und Engagement darf keine sozial­
nützigkeitsrecht reformieren (vgl. Kapitel versicherungspflichtigen Arbeitsplätze
»Einkommen­steuer gerecht reformieren«). ersetzen oder verhindern.

n  Die neu gegründete Deutsche Stiftung n  Freiwilliges Engagement muss in der poli-
für Engagement und Ehrenamt möchten tischen Debatte einen höheren Stellenwert
wir stärker auf die Förderung beste­hender erhalten. Daher setzen wir uns für einen
­Engagementsstrukturen ausrichten Hauptausschuss zum bürgerschaftlichen
und die Rolle der Zivilgesellschaft Engagement im Deutschen Bundestag ein.
weiter ­stärken.

Kultur: Krisenfest, vielfältig


und für alle zugänglich
Kultur und Kunst in ihren vielfältigen Formen tive Freiräume für Kinder und Jugendliche,
sind für uns alle unverzichtbar und demo- soziokulturelle Zentren, urbane Clubkultur,
kratierelevant. Die Freiheit der Kunst wird in Vereinskultur, kommunale Kinos und Theater,
Art. 5, Abs. 3 des Grundgesetzes geschützt Orchester, inter- und transkulturelle Orte
und stellt damit ein Grundrecht dar. Kunst kultureller Bildung, Bibliotheken ebenso wie
und Kultur können aber nur frei sein und Räume für experimentelle Künste, museale
ihre gesellschaftlichen Aufgaben erfüllen, Einrichtungen und eine lebendige Gedenk-
wenn die Kulturförderung in weiten Teilen kultur. Dabei verstehen wir Kulturförderung
nicht als freiwillige Aufgabe der Länder und weitergehend auch als Infrastrukturförde­
Kommunen betrachtet wird. DIE LINKE tritt rung. In diesem Sinne wollen wir die
dafür ein, dass Kulturförderung als Pflicht- kul­turelle Infrastruktur in Stadt und Land
aufgabe angesehen wird, d. h. der Staat erhalten, auf- und ausbauen.
schützt nicht nur Kunst und Kultur, sondern
er fördert sie. Kunst und Kultur helfen uns, DIE LINKE stellt sich gegen die Ökonomi-
unterschiedliche Perspektiven auf unser sierung und Privatisierung von Aufgaben
gesellschaftliches Miteinander sowie auf der Daseinsvorsorge. Kultur liegt vorran-
Missstände zu werfen, deren Ursachen zu gig im Aufgabenbereich der Länder und
ergründen und sie zu hinterfragen – um uns Kommunen. Bereits vielerorts stattfindende
in die Lage zu versetzen, solidarisch die Kürzungen im Kulturbereich auf kommu-
­Bedingungen für alle Menschen zu verbes- naler und Länderebene sind Vorboten von
sern. An der Überwindung der sozialen Verteilungskämpfen, die mit der veränder-
Ungleichheit und aller kulturellen Unter­ ten Haushaltslage nach der Coronakrise
drückung mitzuwirken ist Aufgabe fort- anstehen. Die Coronakrise konfrontiert
schrittlicher, aufklärerischer Kultur, deren die Länder und Kommunen mit erheblichen
Inhalt und Ziel ein humanistisches Men- finanziellen Problemen, die sie nicht aus ei-
schenbild und die umfassende solidarische gener Kraft lösen können. Vor diesem Hin-
Entfaltung der assoziierten Individuen ist. tergrund fordert DIE LINKE u. a. eine Ver-
mögensteuer sowie eine Vermögens­abgabe
DIE LINKE tritt für eine vielfältige, emanzi- zur Bewältigung der Krisenkosten und
patorische und partizipative Kultur ein, die zur Finanzierung von dauerhaften För­der­
allen zugänglich und für alle erschwinglich programmen (vgl. Kapitel »Mit ­Steuern um-
ist. In Metropolen wie in ländlichen Räumen, steuern«). Kommunale Verschuldung und
in Kulturinstitutionen und freier Szene. Sparzwang würden Kultur – als sogenan­
Kulturelle Vielfalt lebt von einem breiten nte freiwillige Aufgabe – nicht nur zuerst
Kulturbegriff. Hierzu gehören partizipa­ treffen, sondern auch die finanzielle Krise

125
weiter verschärfen. Deshalb muss Kultur zur n  Die Künstlersozialkasse muss für weitere
Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern Berufsgruppen geöffnet und der Bundes­
und Kommunen werden. zuschuss erhöht werden.

Die ineffektive Pandemiebekämpfung der n  Wir fordern verbindliche Mindeststan-


Bundesregierung wird auch auf dem Rücken dards der Honorierung in der freien Kunst-
der in der Kulturbranche tätigen Menschen und Kulturarbeit, branchenspezifische
ausgetragen, die sich über Monate hinweg Honoraruntergrenzen und eine rechtlich
im Dauer-Lockdown befanden. Die Regie- abgesicherte Ausstellungsvergütung für
rung hat dabei versagt, für die Kulturschaf- bildende Künstler*innen.
fenden eine soziale Lösung aufzuzeigen.
Zum einen greifen die Coronasoforthilfen n  Die Verhandlungsposition von Kreativen
nicht die Lebens- und Arbeitsrealität vieler muss im Urhebervertragsrecht gestärkt
Kulturschaffender auf. Zum anderen weisen und ihre Mitbestimmungsrechte müssen
viele Hilfsprogramme große Hürden für gegenüber Verwertungsgesellschaften
­kleine und mittlere Kulturbetriebe auf. Die ausgebaut werden.
Coronakrise verstärkt jedoch auch Prob-
lemlagen, die bereits vor der Krise bestan- n  Den Trend von Hochschulen, zunehmend
den haben, denn Kultur ist nicht ausrei- Verwertungsgesellschaften zu gründen,
chend finanziert. Wir stehen deshalb für den ­lehnen wir ab. Sie sind intransparent,
kontinuierlichen Dialog mit Akteur*innen schwer zu kontrollieren und richten
der Kulturszene und unterstützen Proteste Forschung an Profitorientierung statt an
von Kulturschaffenden und Beschäftigten Erkenntnisgewinn und Allgemeinwohl aus.
in der Veranstaltungsbranche. DIE LINKE DIE LINKE kämpft für eine Wissenschaft,
will Selbstständige, Freiberufler*innen und die dem Allgemeinwohl und nicht der
dem Kunst-, Kultur-, Medien- und Kreativ- ­Profitorientierung dient. DIE LINKE
bereich eine gute Wiederaufnahme ihrer will die ­Bundeskulturförderung auf eine
Tätigkeiten ermöglichen. In diesem Sinne neue Grundlage stellen und Fördersys-
soll für die Dauer der Coronapandemie der teme reformieren.
Zugang zu einer monatlichen Pauschale in
Höhe von mindestens 1.200 Euro – auch n  Die Bundeskulturförderung muss ins­
rückwirkend ab März 2020 – ermöglicht gesamt nachhaltiger, prozesshafter, unbüro­
werden. DIE LINKE will Kultur krisenfest kratischer und weniger projektorientiert
gestalten und streitet für gute, existenz­ gestaltet werden. In diesem Sinne sind
sichernde Arbeit und soziale Sicherung im langfristige Stipendienprogramme sinnvoll,
Kulturbereich. Befristete, niedrig vergütete die eine Rücklagenbildung ermöglichen,
Arbeitsverhältnisse und der hohe Anteil wie auch die Weiterführung der Flexibili­
von Projektförderung – insbesondere in der sierung des Zuwendungsrechts von
freien Szene – lassen keine Rücklagenbil- Fördermitteln.
dung zu. Die damit einhergehenden instabi-
len Lebens- und Arbeitsverhältnisse stellen n  Bei der Vergabe von Bundesfördermit­
sich als wenig krisenfest dar. Durch den teln sollen soziale Standards, Ge­
krisenbedingten Wandel bietet sich zudem schlechtergerech­tigkeit und Diversität als
die Möglichkeit, nachhaltigere, geschlech­ Kriterien etabliert werden. Wir wollen die
tergerechte und krisenfeste Fördersysteme Kulturförderfonds bedarfsgerecht ausstatten
zu etablieren. und sie als zentrales Instrument der freien
Szene stärken.
n  Wir fordern die Einbeziehung aller in
die gesetzlichen Sozialsicherungssysteme n  Das Kooperationsverbot zwischen Bund
(Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeits- und Ländern muss beendet werden. Wir
losenversicherung), um die soziale Absi- wollen Kultur als Gemeinschaftsaufgabe und
cherung von unstetig Beschäftigten und ein Staatsziel Kultur im Grundgesetz, um den
Soloselbstständigen zu verbessern. kooperativen Kulturföderalismus zu stärken.

126
n  Wir wollen eine*n Bundes­kul­tu­rminis­ter*in sind deshalb als Kultur anzuerkennen und
mit Kabinettsrang und ein Kulturminis­ mit anderen Kulturstätten gleichzustellen,
terium, um die Belange der Kultur gegenüber insbesondere im Steuer- und Baurecht.
anderen Ressorts sowie auf europäischer
Ebene wirksamer vertreten zu können. n  »Kunst am Bau«: 3 Prozent der Kosten
öffentlicher Bauten sollen für Kunstwerke
n  Länder und Kommunen müssen aus- verwendet werden.
reichend Mittel erhalten, damit sie ihren
Aufgaben in der Kulturpflege und Kultur- n  Wir bestehen auf der Einhaltung der
förderung nachkommen, um Tarifflucht UNESCO-Konvention für kulturelle Vielfalt
zu vermeiden und eine große Vielfalt der bei internationalen Handelsabkommen.
kulturellen Angebote im Bestand samt
den notwendigen Investitionen dafür DIE LINKE steht für einen barrierefreien
sichern können. DIE LINKE will »Kultur für und gleichberechtigten Zugang zur Kultur. Wir
alle« und kulturelle Teilhabegerechtigkeit wollen Räume für Dialog und Austausch schaf-
realisieren. Um Chancengleichheit, Inklu- fen und einen Perspektivwechsel befördern.
sion und Vielfalt zu stärken, muss sich ein
diversitäts­orientierter Strukturwandel n  Der Eintritt in vom Bund geförderte Museen
im Kulturbereich an macht- und diskrimi- und Sammlungen muss perspektivisch
nierungskritischen Kriterien orientieren. kostenfrei sein und das kulturpädagogische
Vielfalt im Kulturbereich wirkt sich auf das Personal aufgestockt werden.
Programm aus, sodass neue Perspekti-
ven und Zugänge zu Kultur eröffnet und n  Kultureinrichtungen müssen barrierefrei
Besucher*innen dazugewonnen werden. sein und inklusive Angebote unterbreiten.

n  Hierfür müssen flächendeckend Antidis- n  Die Erfahrungen von Kultureinrichtungen


kriminierungsstrategien wirksam werden. und Projekten mit inter- bzw. transkulturel-
Strukturelle Benachteiligung aufgrund len Vermittlungskonzepten gilt es zu nutzen
der sozialen und ethnischen Herkunft, der und zu verbreiten.
­Klasse, des Geschlechts, der sexuellen
Identität, einer Behinderung, einer Reli­gion n  Wir fördern und fordern die Produktion
oder Weltanschauung muss abgebaut werden. und den Schutz von temporären und nicht-
institutionellen, frei zugänglichen Künsten,
n  Kulturelle Bildung schafft Zugänge zu wie Street Art und Kunst im öffentlichen
Kunst und Kultur, um Menschen eine krea- Raum, in soziokulturellen und selbstverwal-
tive Auseinandersetzung mit sich und ihrer teten Zentren.
Umgebung zu ermöglichen. Orte kulturel-
ler Bildung dienen deshalb als Räume der n  Wir setzen uns für flächendecken-
Selbstbildung und Selbstermächtigung. Aus de ­Kooperationen zwischen Schulen
diesem Grund wollen wir eine Fortführung und Kunstinstitutionen sowie freien
und Verstetigung des Bundesprogramms Künstler*innen ein.
»Kultur macht stark« mit erhöhten Mitteln.
DIE LINKE will Kulturgüter digital sichern
n  Bundesregularien sollen es Stadt­planer*in­­ und für alle zugänglich machen. Dafür
nen ermöglichen, verstärkt »Freiräume« zu ­brauchen wir eine gesamtstaatliche Digi­
berücksichtigen, die für eine partizipative talisierungsstrategie.
und experimentelle Nutzung dienen sollen.
Clubkultur ist ein wichtiger und wertvoller n  Wir setzen uns für eine Open-Access-
Teil unserer Kultur, Freiräume, in denen Strategie auch im Kulturbereich ein. Wir
Menschen Musik genießen, tanzen und schaffen Möglichkeiten und Anreize
feiern können. Deshalb wollen wir die Club- für ­Kultureinrichtungen, ihre digitalen
und Festivalkultur fördern und erhalten. Veröffent­lichungen unter freie Lizenzen zu
Das Clubsterben ist Teil des Ausverkaufs stellen. Die Kooperation mit der Deutschen
der Städte, wir wollen es stoppen. Clubs Digitalen Bibliothek wollen wir ausbauen.

127
n  Für öffentliche Bibliotheken wollen wir Es soll eine gesetzliche Grundlage für die
den Verleih digitaler Medien vereinfachen. Rückgabe von NS-Raubkunst geschaffen und
die Provenienzforschung ausgebaut werden.
n  Auch das filmische Erbe wollen wir dauer- Ebenso muss die Restitution von unrecht­
haft bewahren und zugänglich machen. mäßig erworbenen Kulturgütern aus kolonia-
len Kontexten gesetzlich geregelt werden.
DIE LINKE steht für eine lebendige und
plurale Geschichts- und Erinnerungspolitik. Medienvielfalt, unabhängigen Journa­
Wir wollen zur kritischen Auseinanderset- lismus und Pressefreiheit stärken
zung mit der Geschichte Deutschlands im
19. und 20. Jahrhundert anregen, insbeson- Vielfältiger und unabhängiger Journalismus
dere zur Aufarbeitung der Verbrechen des ist Voraussetzung einer demokratischen
Nationalsozialismus. Die Aufarbeitung und Meinungs- und Willensbildung und daher
Erinnerung an den Kolonialismus und damit unerlässlich. Digitalisierung, Konzentrations­
verbunden Sklavenhandel und die Sklaverei prozesse bei Zeitungen und Redaktionen,
muss präsenter werden. DIE LINKE steht für private Meinungs- und Marktmacht von
eine lebendige und plurale Geschichts- und Plattformen wie Facebook und Youtube, die
Erinnerungspolitik. Wir wollen zur kritischen Zunahme von Hassbotschaften und Fake
Auseinandersetzung mit der Geschichte News: Die Medienwelt befindet sich im radi-
Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert kalen Wandel. DIE LINKE will eine vielfältige
anregen, insbesondere zur Aufarbeitung der Medienlandschaft, zu der neben privaten
Verbrechen des Nationalsozialismus sowie Anbietern ein starker öffentlich-rechtlicher
der Geschichte beider deutscher Gesell- Rundfunk und nicht kommerzielle Medien
schaften und Staaten nach dem Zweiten gehören. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk
Weltkrieg. Die Aufarbeitung und Erinnerung steht für mediale Teilhabe und Grundversor-
an den Kolonialismus und damit verbunden gung. Er muss auf veränderte Mediennut-
Sklavenhandel und die Sklaverei muss zungen reagieren können, journalistische
­präsenter werden. Wir wollen Gedenkstät- Qualität sowie neben Nachrichten und
ten als Gedenk- und Lernorte sowie als Informationen auch umfassende Perspek-
Dokumentationsstätten stärken. tiven, Bildung, Unterhaltung und kulturelle
Vielfalt bieten.
n  Ehrenamtlich geführte Gedenkarbeit soll
flächendeckend unterstützt werden. DIE LINKE will, dass eine breite gesell-
schaftliche Debatte sowohl über die
n  Die Arbeitsbedingungen vor allem des Reformen und den Auftrag des öffentlich-
pädagogischen Personals in Museen und rechtlichen Rundfunks wie auch über
Gedenkstätten müssen verbessert werden. journalistische Standards in der Medien­
landschaft geführt wird.
n  Gemeinsam mit lokalen Initiativen aus der
Zivilgesellschaft wollen wir postkoloniale Unsere zentralen Anliegen zum öffentlich-
Kontinuitäten aufarbeiten und reflektieren, rechtlichen Rundfunk sind:
um zu einer demokratischen, antifaschis-
tischen Kultur beizutragen, denn erinnern n  Die Beitragsbefreiungen für Berechtigte
heißt handeln. wollen wir mit öffentlichen Mitteln kompen-
sieren und automatisieren sowie auf soziale
n  Wir wollen eine lebendige Erinnerungs­ Einrichtungen und Menschen mit Behinde-
kultur fördern, die sich an den Realitäten rungen umfassend ausweiten. Das leidige
der Einwanderungsgesellschaft orientiert. Mahnwesen gehört zurückgefahren.

n  Halle 2019 und Hanau 2020: Wir wollen n  DIE LINKE will von der Rundfunkfreiheit
das Gedenken und die Erinnerung an die geschützte Programmautonomie der An-
Opfer von rassistischer und antisemitischer stalten bewahren und eine aufgabengerech-
Gewalt in der jüngeren Geschichte Deutsch- te Finanzierung des öffentlich-rechtlichen
land stärker verankern. Rundfunks gewährleisten.

128
n  Die Rechte der freien und arbeitneh- Mediennutzungsmöglichkeiten vielfältig und
merähnlichen Mitarbeiter*innen müssen barrierefrei.
­gestärkt und ihnen müssen sichere Einkom-
mens- und Beschäftigungsperspektiven Pressefreiheit und journalistische Arbeit
ermöglicht werden, muss gewährleistet sein.

n  Wir wollen Regionalität ausbauen statt n  Daher fordern wir, Medienschaffende


kürzen: Neue Gemeinschaftseinrichtungen besser vor Übergriffen, Verfolgung und
der ARD sollten auch in ostdeutschen Bun- Gewalt zu schützen.
desländern angesiedelt werden. Eine starke
regionale und lokale Berichterstattung aller n  Journalist*innen als Berufs­geheim­nis­
bestehenden Rundfunkanstalten muss träger*in­­nen wie auch ihre Quellen müssen
dauerhaft gewährleistet sein. unter Schutz zu gestellt werden (Whistle­
blower-Schutzgesetz).
n  Bei Dritten in Auftrag gegebene Produk­
tionen sollen angemessen und fair vergütet n  Informationsrechte der Öffentlichkeit
und die Vergabe von Aufträgen an ­externe stärken: DIE LINKE setzt sich für ein
Produktionsfirmen an die Einhaltung von Presseauskunftsrecht ein, das die verfas-
sozialen Standards wie Tariflöhnen, Mindest- sungsrechtlich zugesicherten Auskunfts­an­
lohn und branchenspezifischen Mindest­ sprüche der Medien gegenüber Bundesbe-
honoraren gekoppelt werden. hörden sicherstellt.

n  Öffentlich-rechtliche Angebote sollen n  Kollektive Verhandlungen und Honorar-


im Sinne einer unabhängigen Plattform vereinbarungen für Selbstständige müssen
ausgebaut werden; vollfinanzierte Auftrags- gesetzlich verankert werden, Urheber*innen
produktionen sollen unbegrenzt in den müssen gesetzlich verankert werden und
Mediatheken bleiben, müssen möglich sein.

n  Die Vielfalt des Sports muss Programm Der Medienmarkt wird zunehmend,
abgebildet werden, weil Sport mehr ist als ­beschleunigt durch die Coronakrise, von
Fußball, Skisport und Großereignisse wie Monopolen beherrscht. Die Markt- und
Olympia. Sportrechte demokratisieren: Monopolmacht großer Digitalkonzerne und
Gegenüber den Rechteinhabern, u. a. der Plattformen muss zurückgedrängt und zum
Deutschen Fußballliga sollten finanzielle Beispiel durch staatsferne Aufsichtsstruk­
Verhältnismäßigkeit der Übertragungsrech- turen demokratisch kontrolliert werden
te und eine gerechtere Verteilung unter (vgl. Kapitel »Digitalisierung«). Während
den Vereinen (auch geschlechtergerecht!) ­einige Medienunternehmen von den aktu­
geltend gemacht werden. ellen Entwicklungen profitieren, kämpfen
andere aufgrund des drastischen Rück-
n  Wir setzen uns für transparente und gangs der Werbe­einahmen.
­diskriminierungsfreie Algorithmen ein.
DIE LINKE fordert einen bundesweiten
Ob bei privaten oder öffentlich-rechtlichen Bericht zum Stand der Medienvielfalt und
Medienhäusern: für DIE LINKE muss sich Pressefreiheit, in dem regelmäßig auch
die Vielfalt der Gesellschaft in der Personal­ die Entwicklungen auf dem Medienmarkt
struktur und im Programm wiederfinden, untersucht und daraus Handlungsempfeh-
damit mehr Lebensrealitäten widergespiegelt lungen abgeleitet werden, die die Medien-
werden. Journalismus und Medienarbeit und ­Meinungsvielfalt sichern. Um Wettbe-
dürfen nicht zu einem Berufsfeld werden, das werbsnachteile auszugleichen, setzt sich
man sich leisten können muss. Wir wollen DIE LINKE für eine Förderung der Presse ein,
daher gute Arbeitsbedingungen, Geschlech- die journalistische Medienvielfalt mit guten
tergerechtigkeit und Diversität in der Medi- Arbeitsbedingungen auf lokaler, regionaler,
en- und Filmbranche schaffen. Medienarbeit landesweiter und europäischer Ebene
und -bildung müssen inklusiv sein und die staatsfern stärkt und neben Printmedien

129
auch angemessene Rechercheformate des haben. Wir treten für die Gleichbehandlung
Onlinejournalismus sowie nicht kommer­ aller Religionen und Weltanschauungen mit
zielle Angebote unterstützt. den christlichen Kirchen ein.

DIE LINKE will Jugendschutz im Internet n  DIE LINKE unterstützt den Kampf der


verbessern. Effektiver Jugendschutz besteht ­ ewerkschaften und Kirchen für den
G
für uns insbesondere in flächendeckenden ­erwerbsarbeitsfreien Sonntag.
medienpädagogischen Angeboten für Eltern,
Lehrkräfte, Kinder und Jugendliche. Medi- n  Wir fordern die Abschaffung des kirchli-
enbildung gehört in allen Bildungseinrich­ chen Sonderarbeitsrechts für die Beschäftig-
tungen – generationenübergreifend – auf die ten in den Kirchen, in Diakonie und Caritas.
Tagesordnung. Medienkompetenzvermitt-
lung spielt aber auch im Alter eine zentrale n  Das Menschenrecht auf freie Religions­
Rolle. Die Rolle der Landesmedienanstalten ausübung schließt das Recht auf öffent-
wollen wir stärken. liches Bekenntnis zu einer Religion ein.
DIE LINKE verteidigt das Selbstbestim-
Der vereinfachte Zugang zu europäischer mungsrecht von muslimischen Frauen,
Förderung aus den Konjunkturprogrammen spricht sich gegen ein Verbot religiös
und den Investitionsprogrammen über die bis- motivierter Bekleidung aus und lehnt eine
herige Medienförderung hinaus sollte sowohl Einschränkung von Beschäftigtenrechten
der Überwindung der Folgen der Pandemie als auf dieser Grundlage ab.
auch den Bedarfen einer demokratischen Me-
dienlandschaft gelten sowie verstärkt gemein- n  Wir wollen einen Ethikunterricht, in dem
nützige Medien­freiheitsinitiativen fördern. alle Schüler*innen mit ihren unterschied-
lichen weltanschaulichen, kulturellen und
Wir verteidigen die Freiheit zur und religiösen Hintergründen gemeinsam über
von der Religion und die Trennung von ethische Fragen diskutieren können. Im
Staat und Kirche Rahmen des Bildungsauftrages sollen Schu-
len auch weiterhin Wissen über Religionen
Wir verteidigen das Recht auf Religionsfrei- vermitteln. Soweit bekenntnisorientierter
heit: Es ist das Recht der Freiheit des Glau- Religionsunterricht an Schulen als Wahlfach
bens, des Gewissens und die Freiheit des angeboten wird, sollten sich alle Religions-
religiösen und weltanschaulichen Bekennt- gemeinschaften beteiligen können. Die
nisses. Wir unterstützen den Kampf von Militärseelsorge in der jetzigen Form wollen
Menschen für globale soziale Gerechtig­keit, wir abschaffen. Sie ist auch innerhalb der
Demokratie und Frieden unabhängig von Kirchen umstritten. Sie muss durch einen
ihrer Weltanschauung und Religion. Wir Seelsorgevertrag für alle Angehörigen
treten für die institutionelle Trennung von der Bundeswehr ersetzt werden, der eine
Staat und Religion ein. gleichberechtigte Betreuung durch alle
Religions- und Weltanschauungsgemein-
Das Recht auf Religionsfreiheit ist ein schaften garantiert. Die kirchlichen oder
Schutz gerade für Minderheiten. Des- weltanschaulichen Betreuungspersonen
halb verteidigen wir jüdische Menschen, sollen bei der Bundeswehr weder angestellt
Muslim*innen und alle anderen religiösen noch verbeamtet sein.
Minderheiten, wenn sie wegen ihrer Reli­
gion diskriminiert werden. Drohungen, n  DIE LINKE fordert, dass die Kirchen in
Übergriffe und Anschläge richten sich Zukunft ihre Steuern bzw. Beiträge selbst-
­gegen Muslim*innen und jüdische Menschen ständig einziehen. Wir treten für den seit
und gegen Synagogen und Moscheen. Sie 1919 bestehenden Verfassungsauftrag
sind alltäglich geworden. zur Ablösung der Staatsleistungen an die
Kirchen ein. In einer weltanschaulich und
Antisemitismus und antimuslimischer Ras- religiös vielfältigen Gesellschaft müssen
sismus, wie jede andere Form des Rassis- alle die gleichen Möglichkeiten der Finan­
mus, dürfen keinen Platz in der Gesellschaft zierung haben.

130
n  DIE LINKE ist gegen ein Bauverbot sion über die Rolle des Sports in der
für Sakralbauten. Gesellschaft – auch unter Berücksichtigung
der Folgen der Coronapandemie.
n  Wir fordern die Einführung staatlich
geschützter Feiertage für jüdische und n  Sport muss kommunale Pflichtaufgabe
muslimische Religionsgemeinschaften. werden.

n  DIE LINKE tritt für die rechtliche Gleich- n  Die Rechte von Athlet*innen müssen
stellung aller Religions- und Weltanschau- ­ eiter gestärkt, bestehende Ungleichheiten
w
ungsgemeinschaften ein. bei der Förderung des Sports von Men-
schen mit Behinderungen beseitigt werden.
Sport ist kein Luxus
n  Doping, alle Formen von Gewalt, Korrup-
Sport ist für alle da. Dafür müssen wir die tion und andere Manipulationen müssen
Zugangsbedingungen zum Sport verbessern. bekämpft werden. Die Kommerzialisierung
Sport treiben zu können, soll nicht vom des Sports zum Zwecke der Profitmaximie-
Einkommen und sozialen Status abhängen. rung muss zurückgedrängt und die Vermitt-
Sportvereine sind auch Orte erfolgreicher lung von Werten wie Toleranz, Respekt und
Integration. Wir fördern inklusiven, integra- Fairness gestärkt werden. Der Erhalt und
tiven, natur- und umweltverträglichen Sport. die Förderung der Gesundheit müssen im
Sportangebote und die Sportförderung Breiten- wie auch im Leistungssport einen
müssen geschlechtergerecht sein und alle höheren Stellenwert erhalten. 
Altersgruppen angemessen berücksichtigen.
n  Die Mittel für Fanprojekte, Initiativen und
n  Viele Sporthallen, Sportplätze und Projekte gegen extreme Rechte, Diskrimi-
Schwimmbäder sind baufällig, teilweise nierung und Gewalt sowie für die integrative
bereits gesperrt. Der Sanierungsbedarf Wirkung der Sportvereine sollen erhöht und
beträgt rund 31 Milliarden Euro. Unser nachhaltig festgeschrieben werden.
­Zukunftsprogramm sieht ausreichende
Investitionen vor, um die Einrichtungen Schluss mit der Kriminalisierung
­barrierefrei und ökologisch sinnvoll zu der Drogen
­sanieren. Die Eintrittspreise für Schwimm­
bäder müssen für alle erschwinglich sein. DIE LINKE setzt sich für einen Paradigmen-
wechsel ein: weg von der Strafverfolgung,
n  Anerkannte Sportorganisationen, hin zu Prävention, Beratung und Hilfe. Wir
­ chulen und Hochschulen sollen das Recht
S sehen es nicht als Aufgabe der Politik an,
bekommen, Spiel- und Sportanlagen öffent- Menschen zu erziehen, sondern ihnen eine
licher Träger unentgeltlich zu nutzen, wie es informierte und risikobewusste Konsument-
etwa im neuen Thüringer Sportfördergesetz scheidung zu ermöglichen. Wir wollen den
geregelt ist. Wunsch nach Rausch nicht moralisch wer-
ten. Er ist ein Bestandteil der Kultur, auch
n  Allen Schüler*innen soll die Teilnahme am wenn damit Risiken und mögliche Schäden
Schwimmunterricht ermöglicht werden. Bis verbunden sind.
zum Ende der Primarstufe sollen alle Kinder
sicher schwimmen können. DIE LINKE sieht Nur durch eine gute Gesundheits- und Sozial-
Breitensport und Spitzensport als wech- politik ist eine Schadensreduzierung möglich.
selseitiges Verhältnis. Sie will sowohl den Mit dem Verbot von Drogen werden die
­Breitensport mit seiner positiven sozialen ­Risiken für Konsumierende und Gesell-
und gesundheitlichen Wirkung fördern als schaft nicht wirksam reduziert. Es verhin-
auch mögliche Sportkarrieren ­unterstützen. dert weder den Drogenhandel noch senkt
Die Spitzensportreform des Bundes wie es wirksam den Konsum. Die Gesund-
auch das Konzept zur Förderung von Sport­ heitsgefährdung durch Streckmittel, die
großveranstaltungen gehören auf den Finanzierung der organisierten Kriminalität,
Prüfstand. Wir wollen eine offene Diskus­ Beschaffungskriminalität, sozialer Abstieg

131
von Abhängigen, Begleiterkrankungen wie die bisherige repressive Drogenpolitik ihre
HIV/Aids und Hepatitis – viele drogenbe- Ziele erreicht und welche Nebenwirkungen
zogene Probleme werden mehr durch die sie entfaltet hat.
Repression verursacht als durch die Drogen
selbst. Zugleich bindet die Repression n  Wir wollen die Kriminalisierung von
große finanzielle Mittel: Mehrere Milliar- Konsumierenden beenden. Dafür sollen für
den Euro werden für die Strafverfolgung häufig gebrauchte Drogen bundesein­­-
ausgegeben, für Hilfe und Prävention nur heit­liche Höchstmengen festgelegt werden,
ein Bruchteil davon. Drogen und Sucht sind bei deren Besitz keine Strafverfolgung
ein Spiegel der Gesellschaft: Abhängig erfolgt. In diesen Fällen muss die Strafver­
sein kann man nicht nur von illegalen oder folgung durch Beratungs- und Hilfs­an­
legalen Substanzen, Tabak oder Alkohol, gebote ersetzt werden. Zudem werden
sondern zum Beispiel auch von Glücksspiel, so Mittel frei, die Organisierte Kriminalität
Medikamenten und Energydrinks. Sucht zu bekämpfen.
hat vielfältige soziale und psychologische
Ursachen und sollte – wie andere Erkran- n Im Vordergrund muss stehen: Schaden
kungen auch – nicht als Versagen einzelner reduzieren und Leben retten. Deshalb
Menschen interpretiert werden. wollen wir schadensminimierende Maßnah-
men ausbauen. Wir wollen einen flächende-
n  Wir wollen Cannabis legalisieren. Wir ckenden Zugang zu Drogenkonsum­räumen,
wollen eine vorrangig nichtkommerzielle zu sterilen Konsumutensilien und zur
Bezugsmöglichkeit schaffen und den Besitz Take-home-Vergabe von Naloxon, das bei
sowie Anbau zum eigenen Bedarf erlauben. Opioidüberdosierung lebensrettend ist. Wir
Als zeitlich befristete Übergangslösung wollen, dass analysegestützte Präventions-
schlagen wir Modellprojekte zur legalen programme (Drug Checking) ausdrücklich
Verfügbarkeit in den Bundesländern bei ermöglicht und von den Ländern durchgef­
gleichzeitiger bundesweiter Entkriminali­ ührt werden. Wir wollen die Regelungen über
sierung der Konsumierenden vor. Drogen im Straßenverkehr anpassen. Für
alle Drogen werden Grenzwerte für die
n  Die gesetzlichen Regeln zur medizini- Blutkonzentration festgelegt, bei denen eine
schen Verwendung von Cannabis müssen Einschränkung der Fahrtüchtigkeit praktisch
im Sinne der Patient*innen geändert werden. ausgeschlossen werden kann. Dabei soll
Der Zugang muss entbürokratisiert werden. das Nüchternheitsgebot nicht angetastet
Der Einsatz von Cannabis als Medizin muss werden. Cannabis- und alkoholkonsumie­
auch bei weniger schweren Erkrankungen rende Führerscheininhaber*innen wollen
ermöglicht und der Genehmigungsvorbehalt wir rechtlich gleichstellen.
der Krankenkassen abgeschafft werden.
Wir wollen die Versorgungssicherheit ver- n  Werbung und Sponsoring für Tabak- und
bessern, indem mehr Cannabis als Medizin Alkoholprodukte in der Öffentlichkeit
in Deutschland angebaut wird. Die Bestim- wollen wir verbieten. Wir plädieren für die
mungen zum Fahren von Fahrzeugen bei Einhaltung der Vorgaben der WHO-Tabak-
medizinischer Verwendung von Cannabis rahmenkonvention. Tabakprodukte sollten
müssen endlich klar geregelt werden. in einheitlichen Verpackungen ­angeboten
werden wie beispielsweise in Australien.
n  Substitutionstherapie muss allen Opioid­ Wir wollen den Nichtraucher- und Jugend-
abhängigen offenstehen. Der Zugang schutz weiter ausbauen. Der Konsum von
und die Behandlung müssen vereinfacht E-Zigaretten sollte als weniger schädliche
werden, vor allem auch in Haftanstalten. Alternative zum Tabakkonsum angesehen
Dazu brauchen wir unter anderem mehr und daher auch in steuerlicher Hinsicht
Substitutionsärzte. Auch die diamorphin- günstiger gehalten werden.
gestützte Behandlung (Heroinvergabe) und
die Take-Home-Regelung sollen ausgebaut n  Wir wollen die Gefahren der Spielsucht
werden. DIE LINKE fordert eine unabhän- verringern. Für das Automatenspiel muss
gige wissenschaftliche Überprüfung, ob ein staatlich lizenziertes Angebot einge-

132
führt werden, das die Minimierung von mische Einrichtungen wollen wir ein Auto-
gesundheitlichen und sozialen Folgen des matenverbot. Die Glücksspielelemente
Automatenspiels zum Ziel hat. Gleiches im E-Gaming-Bereich müssen reguliert
gilt für Onlineglücksspiele. Für gastrono­ und eingedämmt werden.

Ohne Frieden ist alles nichts: Für Frieden und


Abrüstung. Waffenexporte verbieten
DIE LINKE verteidigt das Prinzip des ­Friedens DIE LINKE ist sich der Geschichte des
als Modus internationaler Politik. Die deutschen kriegerischen Hegemonial­
Kriegs­gefahr war seit Jahrzehnten nicht so strebens in Europa und der Welt bewusst.
groß wie heute. Ein Blick auf die globalen Wir sind der Überzeugung, dass der
Verhältnisse zeigt, in welche Richtungen Bundesrepublik aus den Verbrechen, die
es gehen kann: Verschärfte Konkurrenz durch Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg
und autoritärer Staat, auch innerhalb der verursacht wurden, eine besondere Ver-
Europäischen Union. Geopolitische Rivali­ antwortung zum Frieden gegenüber allen
täten und Wirtschaftskriege nehmen zu. Wir Ländern und ihren Menschen ­erwächst,
setzen auf Entspannungspolitik und gerech- die Opfer dieser Kriege wurden. Im Jahr,
te Wirtschaftsstrukturen. Die Achtung des in dem sich der Beginn des Raub- und
Völkerrechts und der Menschenrechte sind Vernichtungskriegs der faschistischen
für uns nicht verhandelbar. Darum kann es Wehrmacht im Osten zum 80. Mal jährt,
für DIE LINKE in diesen Fragen auch kein erneuern wir gegenüber Russland und
Messen mit zweierlei Maß geben. den anderen Ländern der ehemaligen
Sowjet­union die Verpflichtung: Nie wie-
»Ohne Gerechtigkeit gib es keinen Frieden. der Faschismus, nie wieder Krieg von
Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie ­deutschem Boden!
die Wolke den Regen.« (Jean Jaures) Doch
die Bundesregierung setzt weiter auf die Wir wollen einen Paradigmenwechsel
einseitige Durchsetzung wirtschaftlicher in der Außenpolitik und stehen für ge-
und geopolitischer Interessen in der Stand- waltfreie Konfliktlösung und grenzüber­
ortkonkurrenz. Das verstärkt die weltweite greifende Kooperation, statt Rüstungs-
Ungleichheit und schwächt ausgerechnet exporte und Auslandseinsätze der
in Zeiten der Klimakatastrophe Formen und Bundeswehr. Für Frieden und Stabilität
Foren grenzübergreifender Kooperation. brauchen wir in der internationalen
Die US-Regierung setzt auch mit neuem Politik ein verbindliches Regelwerk, das
Präsidenten den Konfrontationskurs zum immer gilt. Die Basis hierfür ist das
Erhalt der eigenen Vormachtstellung durch ­Völkerrecht. Die Bundesregierung und
Sanktionen und militärische Interven­tionen die sie tragenden Parteien CDU / CSU und
fort. USA und EU versuchen, ihre Vormacht- SPD haben einen Aufrüstungs- und Kon-
­stellung gegen Russland und China durch- frontationskurs gefahren, den DIE LINKE
zusetzen. Das droht in einen neuen Kalten ablehnt. DIE LINKE ist die Friedenspartei
Krieg zu eskalieren. In Strate­giepapieren und verlässliche Stimme der Friedens­
der NATO und EU werden Russland und bewegung im Bundestag.
China als Feindbilder beschrieben, das
lehnen wir ab. Wir stellen uns gegen alle Wir wollen einen sofortigen Stopp aller
Formen des Imperialismus. Den Rüstungs- ­ affenexporte. Investitionen in Militarisie­
W
ausgaben der NATO in Höhe von 1,1 Billi- rung und Aufrüstung lehnen wir ab. Wir
onen Dollar stehen 61 Mrd. von Russland ­stehen für gerechte Wirtschaftsbeziehungen,
gegenüber. Es geht also nicht um Gefah- nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit
renabwehr. Aber die Bundesregierung und und einen solidarischen Multilateralismus.
die Europäische Union rüsten auf – und An einer Regierung, die Kriege führt und
verschärfen so die Konflikte. Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland

133
zulässt, die Aufrüstung und Militarisierung n  Wir lehnen die vom Bundestag manda­
vorantreibt, werden wir uns nicht beteiligen. tierten Auslandseinsätze der Bundeswehr
Langfristig halten wir an der Vision einer ab. Ebenso stellen wir uns gegen die Prä-
Welt ohne Armeen fest. senz deutscher Soldaten im Ausland unter
­Verantwortung der NATO, wie derzeit etwa
Keine Auslandseinsätze der in Litauen.
­Bundeswehr
n  Wir lehnen Ausbildungsmissionen für
Die Bundeswehr muss aus allen Auslands­ Soldat*innen und Sicherheitskräfte ab.
einsätzen abgezogen werden. Vor 20 Jahren
wurde erstmals eine Beteiligung der Bun- n  Wir fordern ein Verbot des Einsatzes mili-
deswehr am Krieg in Afghanistan beschlos- tärischer Sicherheits- und Söldner­firmen.
sen und seitdem von allen Bundesregie-
rungen Jahr für Jahr verlängert. DIE LINKE n  Wir wollen keine Beteiligung an internatio­
hat die Bundeswehreinsätze in Afghanistan nalen Polizei- und Geheimdiensteinsätzen
stets abgelehnt. Der Abzug aus Afghanis- oder Ausbildungsmissionen, die der Unter-
tan ist zu begrüßen. Aber er offenbart stützung autoritärer Regime dienen.
das Desaster, das der Krieg angerichtet
hat. Über 200 000 Afghan*innen haben n  Wir lehnen zivil-militärische Koopera­
ihr Leben ­verloren, darunter die mehr als tionen ab. Wichtige zivile Hilfe darf nicht
100 Opfer von Kundus. Millionen ­Menschen mit militärischen Maßnahmen verknüpft
sind auf der Flucht. 3 600 westliche werden. Wir fordern, dass zivile Strukturen
Soldat*in­nen ver­loren ihr Leben, darunter für internationalen Katastrophenschutz
59 Bundeswehrsoldaten. Der Krieg wurde aufgebaut werden.
damit begründet, Sicherheit, Demokratie
und Frauen­rechte zu schaffen. Keines der Bundeswehr abrüsten statt auf­rüsten –
­erklärten Ziele wurde erreicht, im Gegen- Keine Bundeswehr als weltweite
teil. Die Taliban sind stark wie lange nicht Einsatzarmee
mehr, die soziale und die wirtschaftliche
Situation im Land sind katastrophal. Die Die Ausgaben der Bundesregierung für
Lehre aus der afghanischen Katastrophe Rüstung und die Bundeswehr steigen
ist die gleiche, wie die aus der syrischen, stetig an. Die Bundesregierung steuert
libyschen und ­irakischen: Demokratie weiter auf das Ziel der NATO zu, 2 Prozent
und gesellschaftlicher Fortschritt können des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung
nicht mit Kriegen von außen aufgezwungen auszugeben. Wir setzen auf Abrüstung,
werden. Die Konsequenz muss sein, die Demokratie und friedliche Außenpolitik,
ausländischen Truppen, Spezialkräfte und die Ausgaben für Rüstung müssen dras-
Geheimdienste dauerhaft zurückzuziehen. tisch gesenkt werden. Wir werden eine
Aus Afghanistan, Mali und allen anderen Steigerung der Militär- und Rüstungsaus-
Auslandseinsätzen. Derzeit befinden sich gaben ablehnen.
circa 3 000 Soldat*innen mit Mandaten des
Deutschen Bundestages im Auslands­ Der Militärhaushalt der Bundesregierung
einsatz. Darüber hinaus sind über10 000 ist in den letzten Jahren massiv gestiegen
Bundeswehrsoldat*innen ohne ­Mandat im und beträgt derzeit 47 Milliarden Euro, das
Ausland aktiv, aktuell zum Beispiel entspricht mehr als 500 Euro aus Steuer­
in Litauen. geldern je Bürger*in. Der Preis für eine
hochgerüstete Bundeswehr: Steuermilli-
n  Die Bundeswehr muss aus allen Auslands­ arden fehlen beim Ausbau des Gesund-
einsätzen zurückgeholt werden und darf heitssystems, der sozialen Infrastruktur,
nicht in neue entsendet werden. Wir wollen Bildung und Klimaschutz.
die Mittel, die bisher für Auslandseinsätze
ausgegeben werden, in ein ziviles Aufbau- und Der Verteidigungshaushalt des Bundes muss
Friedenssicherungsprogramm investieren. und kann deutlich reduziert werden, denn
wir wollen die Bundeswehr verkleinern und

134
auf große Rüstungsprojekte, wie das Future n  Wir wollen die Spezialeinheit Kommando
Combat Air System (FCAS) oder das Main Spezialkräfte (KSK) auflösen. Es ist öffent-
Ground Combat System (MGCS) zur Entwick- lich geworden, dass es in der Bundeswehr
lung eines Kampfpanzers verzichten. und speziell in der Elitekampftruppe KSK
rechte, neonazistische Akteure und Netz-
Wir rufen dazu auf, im kommenden Jahr in werke gibt. Darüber hinaus gab es beim KSK
allen Staaten weltweit die Militärausgaben umfangreiche Munitionsverluste. DIE LINKE
um 10 Prozent zu senken. Wenn alle Staa- hat einen Anteil an der Aufklärung dieses
ten das gleichzeitig tun, bleibt die relative Skandals. Gegen rechte Akteure und Netz-
Sicherheit für jedes Land gleich – und es werke in der Bundeswehr und in anderen
würde auf einen Schlag183 Milliarden ­Dollar Sicherheitsbehörden muss entschieden
freisetzen, um Soziales wie die Bekämp- vorgegangen werden. Der Skandal um die
fung von Hunger, Armut und die Folgen der rechten Netzwerke in der Bundeswehr zeigt,
­Coronakrise zu finanzieren. welche Gefahr für die Demokratie aus der
Ausrichtung der Bundeswehr auf Kriegsein-
Der Umbau der Bundeswehr zu einer welt- sätze erwächst.
weit agierenden Einsatzarmee dient nicht
unserer Sicherheit, sondern den Interessen n  Kein Werben fürs Sterben! Wir lehnen
von Großkonzernen und Eliten im globalen Werbung der Bundeswehr in Jobcentern,
Kampf um Rohstoffe, Einflusssphären und Schulen, auf Bildungs- und Ausbildungs-
Absatzmärkte. Die Aufrüstung der Bun- messen und in Hochschulen sowie die
deswehr wird von einer Militarisierung der Reklame in der Öffentlichkeit ab.
Gesellschaft begleitet.
n  Die Bundeswehr darf keine Minder­
n  Die Ausrichtung der Bundeswehr als Ein­ jährigen aufnehmen – auch nicht im
satzarmee lehnen wir ab. DIE LINKE setzt ­Rahmen des sogenannten freiwilligen
sich für eine schrittweise Abrüstung der Bun- ­Heimatschutzes. DIE LINKE lehnt den
deswehr ein. Material und Truppenteile, die ­freiwilligen Heimatschutz als Form der
ausschließlich für Auslandseinsätze konzi­ ­Militarisierung der Gesellschaft ab.
piert sind, müssen zuerst abgebaut werden.
n  Den Einsatz der Bundeswehr im Inneren
n  Der Cyber- und Informationsraum der lehnen wir ab. Der Katastrophenschutz
Bundeswehr muss aufgelöst werden. Den muss für Notlagen besser ausgestattet
Paradigmenwechsel in der Militärtech- werden, die Bundeswehr darf nicht als plan-
nologie und -strategie zu »Revolution in mäßige Kompensation für den Katastrophen-
militärischen Angelegenheiten« (RMA) und schutz herangezogen werden. Insbesondere
­Cyberwar lehnt DIE LINKE strikt ab. darf die Bundeswehr niemals polizeiliche
Befugnisse bekommen.
n  Bekämpfung von Kriminalität im Netz und
Schutz kritischer Infrastruktur sind Aufgabe Rüstungsexporte stoppen:
der Sicherheitsbehörden im Inneren, Kein Geschäft mit dem Krieg!
nicht der Bundeswehr (vgl. Kapitel »Digi­
talisierung«). Deutschland ist die Nummer vier unter den
weltweit führenden Ländern im Bereich der
n  Extrem rechtes, rassistisches und demo­ Rüstungsexporte. Selbst in Krieg führende
kratiegefährdendes Gedankengut in der Staaten wurden Waffen geliefert, so führen
Bundeswehr sowie in für die Bundesrepublik die Türkei oder Saudi-Arabien ihre Kriege
tätigen Sicherheitsunternehmen muss auch mit Waffen aus Deutschland. Wir
aufgedeckt und bekämpft werden. Daher wollen auch alle Möglichkeiten besei­tigen,
fordern wir auch eine Studie zu Rassismus mit denen Rüstungsfirmen die Kontrollen in
und rechtem Gedankengut in der Bundes- Deutschland umgehen wollen. So müssen
wehr (vgl. Kapitel »Sicherheit für alle«). auch Produktionsstätten deutscher Firmen
im Ausland unter die deutschen Rüstungs-
exportkontrollen fallen. Spezielle Koopera-

135
tionsregelungen mit befreundeten Staaten n  Förderprogramme in der Wirtschaft
wie mit Frankreich zur Erleichterung von sowie für Forschung an den Hochschulen
Rüstungsexporten lehnt DIE LINKE ab, denn sollen nur noch der zivilen Produktion
über diesen Umweg könnten ­deutsche dienen.
Waffen in die ganze Welt gelangen.
Keine Drohnen für den Krieg
n  Wir fordern einen sofortigen Stopp
aller Rüstungsexporte, insbesondere Die Bundesregierung plant, die Heron-TP-
den Export von Waffenfabriken, Klein- und Drohnen der Bundeswehr zu bewaffnen.
Leichtwaffen, da deren Endverbleib nicht Parallel dazu wird am Bau und Einsatz der
kontrolliert werden kann. sogenannten Eurodrohne gearbeitet, die
neben Raketen auch Lenkbomben abwerfen
n  Wir unterstützen ein Rüstungsexport­ soll. Der Bewaffnung der Drohnen wurde
kontrollgesetz für ein gesetzliches Verbot auf Druck von Zivilgesellschaft, Friedens-
aller Rüstungsexporte. bewegung und DIE LINKE vonseiten der SPD
in der vergangenen Legislaturperiode noch
n  Rüstungsexporte dürfen nicht mehr mit nicht zugestimmt.
Steuergeldern unterstützt werden. Wir for-
dern ein Ende der Hermes-Bürgschaften. Wer Maschinen für sich kämpfen lässt, ent-
scheidet sich schneller, Gewalt einzusetzen
n  Wir unterstützen die Hamburger Volksini­ und Menschen anderswo zu töten. Und sie
tiative gegen Rüstungsexporte. können überall auf der Welt ohne Kriegser-
klärung, eingesetzt werden, so wie die USA
n  Europäische Rüstungskonzerne wie Airbus es seit Jahren machen.
oder Rheinmetall müssen gezwungen wer-
den, ihre Rüstungsproduktion für autori­ n  Die Bewaffnung der Bundeswehr mit
täre Regime einzustellen. Gleiches muss Kampfdrohnen muss verhindert werden. Wir
für digitale Technik gelten, die in Konflikten sagen Nein zu Kampfdrohnen, auch nach
als Waffe eingesetzt werden kann oder die der Wahl!
Überwachung und Kontrolle von Telekom-
munikation und Endgeräten ermöglicht. Wir n  Deutschland muss einen ersten Schritt
wollen Gesetzeslücken schließen, die es tun und generell auf die Bewaffnung von
deutschen Unternehmen ermöglichen, die Drohnen verzichten und sich international
deutschen Gesetze zu umgehen. für eine völkerrechtlich bindende Äch­
tung von bewaffneten Drohnen einsetzen.
n  Exporte von Dual-Use-Gütern, die zur
Herstellung chemischer oder biologischer n  Einsatz und Steuerung von Kampfdroh-
Waffen verwendbar sind, dürfen nicht an nen aus der Militärbasis in Ramstein durch
Staaten genehmigt werden, die die Chemie­ die US-Armee wollen wir endlich stoppen.
waffen- bzw. Biowaffenkonvention nicht Kein Drohnenkrieg von deutschem Boden!
ratifiziert haben. Ramstein und die anderen US-Militärbasen
in Deutschland müssen geschlossen werden.
n  Das Verbot von Biowaffen- und Chemie­
waffen muss wirksam kontrolliert werden. n  Die Bewaffnung von Drohnen kann der
Die Ausfuhr von Stoffen, die zur Herstellung erste Schritt auf dem Weg zu autonomen
von Chemiewaffen geeignet sind, muss Waffensystemen sein. So sind bei dem
stärker kontrolliert werden. milliardenschweren Rüstungsprojekt Future
Combat Air System (FCAS) durch künstliche
n  Wir wollen mit gesellschaftlichen Intelligenz gesteuerte Drohnenschwärme
Partner*in­nen aus Gewerkschaften, geplant. Wir lehnen das ab.
Friedens­bewegung und Kirchen Konversi-
onsprogramme für die und mit den Beschäf- n  Wir fordern eine weltweite Ächtung
tigten in der Rüstungsindustrie entwickeln, von autonomen Waffensystemen. Die
um neue, zivile Arbeitsplätze zu schaffen. Bundesregierung muss eine internationale

136
Initiative dafür starten. In Deutschland n  In Deutschland haben sich mehr als 700
soll es keine Forschung mehr für autonome Städte und Gemeinden – darunter die drei
Waffensysteme geben. Stadtstaaten und alle Hauptstädte der
Bundesländer – der Kampagne Mayors for
Für eine atomwaffenfreie Welt Peace angeschlossen, die zum Ziel hat,
Atomwaffen weltweit abzuschaffen. Diesen
Unser Ziel bleibt eine Welt ohne Atomwaf- Appell muss die Bundesregierung ernst
fen. Aber die Atomwaffenmächte kommen nehmen und die weltweite Ächtung von
ihrer Abrüstungsverpflichtung aus dem Atomwaffen vorantreiben.
Nichtverbreitungsvertrag nicht nach. Die
UN-Vollversammlung hat für einen Atom- n  Deutschland soll sich dafür einsetzen,
waffenverbotsvertrag (AVV) gestimmt, dass die USA dem Atomabkommen mit
der Anfang 2021 in Kraft getreten ist. Die dem Iran wieder beitreten, und sich alle
Bundesregierung hat nicht einmal an den Beteiligten an das Abkommen halten.
Verhandlungen teilgenommen. Das war
falsch. Das gefährliche Konzept der nukle­ n  Deutschland soll sich für eine Wiederauf­
aren Abschreckung lehnen wir ab. Auch lage des Vertrags zur Ächtung von Mittel­
wenn die Verlängerung des Atomwaffen- streckenraketen zwischen den USA und
reduktions-Vertrages, durch die Präsiden- Russland einsetzen.
ten Biden und Putin in letzter Minute der
Weltgemeinschaft eine kurze Atempause Kooperation statt Konfrontation:
verschafft hat, braucht es dringend neue Für ein inklusives Sicherheitssystem
Initiativen für Abrüstung und mehr Rüs-
tungskontrolle. Die NATO ist ein Relikt des Kalten Kriegs
und so agiert sie auch heute noch. Für
In Deutschland lagern im Rahmen der nukle- DIE LINKE ist Krieg kein Mittel der Politik.
aren Teilhabe der NATO noch immer Atom- Wir brauchen eine Politik der Entspannung
waffen. Das Verteidigungsminis­terium hat gegenüber Russland statt weiterer Eskala­
beschlossen,138 neue Kampfflugzeuge tion und Truppenaufmärsche oder Manöver
­anzuschaffen, davon 93 Eurofighter und an dessen Westgrenze. Das ist eine der
45 F-18-Kampfflugzeuge. 30 von ihnen großen Lehren und Verpflichtung aus dem
sollen für die sogenannte nukleare Teilhabe Zweiten Weltkrieg. Konfrontation ist keine
innerhalb der NATO genutzt werden. Mit Grundlage für Sicherheit. Auch der »Krieg
»nuklearer Teilhabe« ist gemeint, dass die gegen den Terror« der NATO-Staaten hat
Bundeswehr Kampfflugzeuge als Träger­ keine Sicherheit geschaffen – im Gegenteil.
systeme für die 20 US-Atomwaffen im Zeit, endlich umzusteuern.
rheinland-pfälzischen Büchel stellt.
n  Wir fordern die Auflösung der NATO und
n  Die US-Atomwaffen müssen sofort ihre Ersetzung durch ein kollektives Sicher-
a­ bgezogen und vernichtet werden. Es heitssystem unter Beteiligung ­Russlands,
­dürfen keine Atomwaffen in Deutsch­ das Abrüstung als ein zentrales Ziel hat.
land stationiert sein und werden. Die Wir fordern, Verhandlungen über einen
­Bundesregierung darf keine Trägersys­ deutsch-Russischen Vertrag aufzunehmen,
teme und Pilot*innen dafür bereitstellen. um Versöhnung und Freundschaft zwischen
Der Einsatz von Uran angereicherter Deutschland und Russland zu erreichen
Munition muss geächtet werden. und zu verstetigen.

n  Die nukleare Teilhabe innerhalb der NATO n  Unabhängig von einer Entscheidung über
muss beendet werden. Es dürfen dafür keine den Verbleib Deutschlands in der NATO wird
Kampfflugzeug-Trägersysteme zur Verfügung DIE LINKE in jeder politischen Konstellation
gestellt und neu angeschafft werden. dafür eintreten, dass Deutschland aus den
militärischen Strukturen des Militärbünd-
n  Deutschland muss endlich den Atomwaf- nisses austritt und die Bundeswehr dem
fenverbotsvertrag der UN unterzeichnen. Oberkommando der NATO entzogen wird.

137
n  Manöver wie Defender 2021 lehnt Zivile Konfliktbearbeitung und
DIE LINKE ab. Vor dem Hintergrund der Krisenprävention­
deutschen Geschichte wenden wir uns ins-
besondere gegen jede Präsenz deutscher Frieden ist mehr als die Abwesenheit von
Soldaten östlich der Oder-Neiße-Grenze. Krieg. Frieden zu schaffen und zu bewahren
Die Pläne, den Truppenübungsplatz Ober- bedeutet, die Bedingungen herzustellen,
lausitz für die Eskalationspolitik in Ost- in denen ein Leben in Würde und Sicherheit
europa weiter auszubauen und dort auch möglich ist. Dabei umfasst Sicherheit mehr
autonome Waffen zu entwickeln und zu als die Abwesenheit von Gewalt. Sicherheit
erproben, müssen gestoppt werden. bedeutet auch, dass die Versorgung mit
­Lebensmitteln gewährleistet ist und es Zu-
n  Jede Unterstützung für NATO-Staaten, gang zu medizinischer Versorgung, zu Wohn-
die – wie die Türkei unter dem Erdoğan- raum, Kultur, Bildung und Ausbildung gibt.
Regime – das Völkerrecht missachten,
muss umgehend gestoppt werden. n  Wir fordern ein Menschenrecht auf
Frieden. Wir wollen, dass die Bundesregie-
n  Statt weitere 500 US- Soldaten im Head- rung sich innerhalb der UN-Gremien für die
quarter US-Army Europe and Africa in Umsetzung des Rechts auf Frieden im Sinne
Wiesbaden zu stationieren, müssen alle aus­ der Santiago-Deklaration durch Veran­
ländischen Militärbasen in Deutschland kerung in einem völkerrechtlichen Vertrag
geschlossen werden. Entsprechende Verträ- einsetzt und ihn in allem politischen Handeln
ge, auch mit den USA im Rahmen von Aufent- konsequent umsetzt.
haltsvertrag und dem Zusatzabkommen zum
NATO-Truppenstatut, werden gekündigt. n  DIE LINKE lehnt eine Vermischung von
zivilen und militärischen Maßnahmen ab.
n  Auf dem NATO-Stützpunkt Ramstein Internationale Hilfe darf niemals Teil einer
wird derzeit ein Weltraumcenter der NATO militärischen Strategie sein, sondern muss
aufgebaut. Damit sollen nicht nur Satelliten sich am Gebot der Hilfe für von Hunger,
verteidigt werden, die für unser Alltagsle- Klimakatastrophen und Krieg betroffene
ben unentbehrlich geworden sind, sondern Bevölkerungen orientieren.
die militärische Handlungs- und Angriffs-
fähigkeit abgesichert werden. Die scheinbar n  Die Bundesregierung muss den Fokus auf
passive Komponente der »Verteidigung im zivile Friedensmaßnahmen richten wie die
Weltall« hat einen offensiven Hintergrund. Einbindung von Fraueninitiativen, Ausbil-
Damit soll die militärische Handlungs- und dungsprogramme, Abgabe von Schusswaf-
Angriffsfähigkeit abgesichert werden. fen und zivile Vermittler. Die für den zivilen
DIE LINKE lehnt die Militarisierung des Friedensdienst zur Verfügung gestellten
Alls ab. Auch die Pläne anderer Staaten für Mittel müssen systematisch erhöht werden.
eine militärische Nutzung des Weltraums International bereits bewährte Instrumente,
lehnt DIE LINKE ab. Die USA haben mithilfe wie unbewaffnetes ziviles Peacekeeping,
des Stützpunkts Ramstein einen Drohnen- müssen unkompliziert gefördert werden.
krieg geführt und damit von deutschem
Territorium aus das Völkerrecht gebrochen. n  Wir wollen diese Ansätze im Rahmen der
Die Konsequenz daraus kann nur sein, den Entwicklungszusammenarbeit fördern
Aufenthaltsvertrag zu kündigen bzw. dessen und die Ausbildung dafür stärken. Auch
faktischen Bruch durch die USA festzustellen. ausländischen Friedenskräften wollen wir
die Möglichkeit eröffnen, ihre Ausbildung
in Deutschland zu absolvieren. Entspre-
chende Hochschulen und Ausbildungsstät-
ten wollen wir auch im Ausland aufbauen.

138
Soziale Gerechtigkeit weltweit
Die Coronapandemie wirkt wie ein Brenn- Bewegungen für soziale Gerechtigkeit, Frie-
glas: Soziale Ungleichheit nimmt weltweit den, Klimaschutz, Demokratie und gegen
zu. Etwa ein Prozent der Menschheit besitzt Rassismus. Starke Bewegungen geben uns
45 Prozent des globalen Vermögens. Die Hoffnung, wie Fridays for Future oder die
ärmere Hälfte der Weltbevölkerung hat so Black-Lives-Matter-Bewegung in den USA.
gut wie nichts, während die Reichen immer Gemeinsam können wir die Welt verändern.
reicher werden. Dieser Trend beschleunigt
sich in der Coronakrise dramatisch. Die UN Sozialökologisch gerechte
rechneten das erste Mal seit 1990 wieder ­ eltwirtschaft ­
W
mit einem weltweiten Anstieg der Armut.
Gerechte Handelspolitik ist eine Vorausset-
Bundesregierung und EU verschärften zung für eine friedliche Welt und für globale
mit ihrer Handelspolitik und Standortkon- soziale Gerechtigkeit. Deutsche und euro-
kurrenz die internationalen Gegensätze, päische Außenwirtschaftspolitik darf nicht
schwächen internationale Abkommen und länger von dem bornierten Ziel geprägt sein,
Institutionen. Längst gibt es einen neuen kurzfristige Eigeninteressen nach vorne zu
Rüstungswettlauf: Die Rüstungsexporte in stellen: Wer andere arm macht und blei-
aller Welt haben den höchsten Stand seit ben lässt, kann nicht gewinnen. Und wer
dem Ende des Kalten Krieges erreicht. Die Fluchtursachen wirklich bekämpfen will,
Militarisierung der Außenpolitik hat weder muss aufhören, sie immer wieder neu zu
den Terror nachhaltig bekämpft noch mehr schaffen – und zu exportieren. ­Partnerländer
Sicherheit geschaffen. Demokratie und müssen eigene Volkswirtschaften und
Menschenrechte ruft die Bundesregierung Wertschöpfungsketten aufbauen und die
zwar gerne an, im politischen Alltag zählen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen
andere Ziele: wirtschaftliche Interessen (SDGs) bis 2030 erreichen können. Wo es
durchzusetzen oder Europa gegen Geflüch­ möglich ist, wollen wir regionale Wirt-
tete abzuschotten. schaftskreisläufe stärken, um die teilweise
absurden Auswüchse globalisierter Liefer-
Wir wollen soziale Gerechtigkeit – weltweit! und Produktionsketten zurückzudrängen.
Wir wollen die Krise nicht nur für Deutsch- Wir wollen die Handelspolitik endlich zu
land oder Europa überwinden, sondern ­einem Instrument der weltweiten Koopera­
global. Niemand ist sicher, bevor nicht alle tion, des sozialökologischen Fortschritts
sicher sind. Den neoliberalen Kapitalismus, und der Demokratisierung machen. Wir
der von Deregulierung, Privatisierung und wenden uns gegen eine heuchlerische
Sozialabbau gekennzeichnet ist, wollen wir ­Politik, die die Kosten der »ökologischen
überwinden. Wir wollen Fluchtursachen be- Modernisierung« hierzulande einfach
kämpfen und nicht Geflüchtete. Wir wollen Mensch und Natur in anderen ­Weltregionen
dazu beitragen, dass aus passivem Unmut aufbürdet sowie deren Umwelt und
aktive Gegenwehr wird. Wir wollen die gesell­ ­Rohstoffe gnadenlos ausbeutet.
schaftlichen Kräfteverhältnisse verändern.
Wir kämpfen für einen Systemwechsel. Neben gerechter Handelspolitik brauchen
wir eine globale soziale Grundversorgung.
Unsere Außenpolitik muss Demokratie, Die können wir nur aufbauen und finan­zieren,
Menschenrechte und Frieden fördern sowie wenn der Reichtum weltweit­­umverteilt wird.
die Zivilgesellschaft unterstützen, statt nur
Wirtschaftsinteressen zu dienen und Deals n  Handelskonflikte beenden! Handels-
mit Diktatoren zu machen. Sie muss femi- konflikte wie die zwischen den USA und
nistisch, sozial und ökologisch werden – also China bzw. der EU haben wirtschaftliche
Frauenorganisationen, Gewerkschaften und soziale Schäden angerichtet und die
und soziale Bewegungen einbeziehen. Wir Standortkonkurrenz verschärft. Handels­
kämpfen gemeinsam mit Partnerparteien, politik darf nicht mehr zur politischen
mit Gewerkschafter*innen und sozialen Erpressung benutzt werden.

139
n  Kooperations- statt Freihandelsab­ n  Der UN-Migrationspakt will die
kommen! Wirtschaftsabkommen müssen Rechte von Geflüchteten und Arbeits­
ein Regelwerk für die Produktionsbedingun- migrant*innen stärken. Als Land mit
gen enthalten. So wollen wir gute Arbeit und dem weltweit größten Überschuss im
Umweltschutz entlang der globalen Produk- Warenhandel und Kapitalverkehr muss
tions- und Lieferketten sicherstellen. Die sich Deutschland für die Rechtsver­
europäischen Wirtschaftspartnerschaftsab- bindlichkeit des internationalen ILO-
kommen (EPA) zementieren Abhängigkeiten Übereinkommens zum Schutz der globalen
des Globalen Südens als Rohstofflieferant Wanderarbeitnehmer*innen einsetzen. Wir
und müssen durch faire Handelsabkommen fordern, dass die globalen Rekrutierungs-
ersetzt werden. agenturen für Arbeitsmigration nur noch
lizenziert arbeiten dürfen, ihre Gebühren
n  Wir fordern ein Lieferkettengesetz, das und Verträge müssen transparent sein
seinen Namen verdient. Das Gesetz der und Anwerbegebühren von Arbeitgebern
Bundesregierung lässt zu viele Lücken. getragen werden.
Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen
sowie kleine und mittlere Unternehmen in n  Weltweit sichere Arbeitsplätze!
Risikobranchen müssen verpflichtet wer- Wir fordern einheitliche und weltweit
den, entlang ihrer gesamten Wertschöp- gültige Mindestvoraussetzungen, die
fungsketten Menschenrechtsverletzungen, Arbeiter*innen am Arbeitsplatz schützen
Kinderarbeit und Umweltzerstörungen sollen. Einsturzgefährdete Fabrikgebäude,
auszuschließen. Das beinhaltet eine der Einsatz gefährlicher Chemikalien ohne
wirksame zivilrechtliche Haftungsregel, entsprechende Schutzausrüstung und
um die Rechte von Betroffenen zu stärken andere lebensbedrohliche Arbeitsbedin-
und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. gungen müssen vermieden werden. Damit
Eigenständige umweltbezogene Sorgfalts- die Superreichen noch reicher werden,
pflichten, der Einbezug von betroffenen produzieren Menschen unter Lebensgefahr.
Personengruppen in Entscheidungspro­ Wir fordern ein Ende dieser gefährlichen
zesse sowie Maßnahmen zur Herstellung Billigproduktion!
von Geschlechtergerechtigkeit müssen
viel stärker gefördert werden. n  Nachhaltige Wirtschaftspolitik
statt nationaler Standortkonkurrenz!
n  Die Einfuhr von Rohstoffen, die Konflikte Es braucht einen internationalen Aus-
und schwere Menschenrechtsverletzungen gleichsmechanismus, der die Staaten mit
auslösen, wollen wir  beenden. ­Deshalb Exportüberschüssen auf ausgeglichene
­fordern wir eine Überarbeitung der Handelsbilanzen verpflichtet. So wird die
Konflikt­mineralien-Verordnung, deren Wirtschaft stärker auf Nachfrage im Inneren
Erweiterung um weitere Rohstoffe sowie ausgerichtet. Dafür braucht es ein Ende der
auf die gesamte Wertschöpfungskette und Kürzungspolitik, die den Niedriglohnsektor
wollen Schlupflöcher schließen. befördert und Löhne in Europa künstlich
niedrig hält. Das exportiert weltweit Armut
n  Arbeitsrecht globalisieren! Wir unter- und ist volkswirtschaftlich schädlich.
stützen das Abkommen (UN-Treaty), das
Unternehmen in die Pflicht nimmt, die n  Nicht schon wieder! Hunderttausen-
Rechte und die Würde der Beschäftigten de wehrten sich gegen das geplante
zu beachten. Beschäftigte erhalten dadurch Freihandels­abkommen mit den USA, TTIP,
die Möglichkeit, überall auf der Welt am weil es vor allem den Interessen der export­
Ort ihrer Tätigkeit ihre Rechte einklagen orientierten Unternehmen auf beiden
zu können. Fairer Handel soll die normale Seiten des Atlantiks diente. Wir wollen, dass
Form von Handel werden, international wie TTIP endgültig aufgegeben wird. Auch das
auf lokalen Wochenmärkten. Abkommen mit Kanada (CETA) und mit
­südamerikanischen Staaten (Mercosur)
lehnen wir ab. Ökologische und soziale
Standards dürfen nicht mehr zu kurz kom-

140
men. Sonderklagerechte, die Demokratie n Spekulation mit Nahrungsmitteln verbie-
und Grundrechte den Profitinteressen ten! Seit 2014 steigt die Zahl der hungernden
unterordnen, lehnen wir ab. Menschen weltweit wieder, diese Krise wird
durch die Coronapandemie noch verschärft.
n  Wir wollen den Energiecharta-Vertrag Unser Ziel ist: Recht auf Nahrung und Ernäh-
stoppen, denn er verhindert die Energie- rungssouveränität für alle sowie ein Verbot
wende: Fossile Konzerne nutzen ihn, um von Patenten auf Saatgut! Für Nahrungs­
Staaten zu verklagen, wenn sie aus Kohle, mittelhandel sollte nicht mehr die Welthan-
Öl und Gas aussteigen wollen. In ganz delsorganisation zuständig sein, sondern
Europa sind fast 350 Milliarden Euro fossiler die Welternährungsorganisation der UN.
Investitionen durch den Vertrag geschützt.
Das heizt den Klimawandel an und lässt n  Überwindung von Hunger und Armut
die Kosten für seine Bekämpfung extrem heißt: Existenzsicherung für bäuerliche
­steigen. Derzeit gibt es eine Chance, aus Betriebe und Landarbeiter*innen weltweit!
dem Vertrag auszusteigen. Italien ist bereits Wir wollen Regionen darin unterstützen,
2016 ausgetreten, Frankreich und Spanien Landwirtschaft nicht vorrangig für den
ziehen einen Austritt in Erwägung. Export zu betreiben. Es muss Schluss damit
sein, dass Nahrungsmittelmärkte von
n  Zugang zu einer universellen und außen mit Lebensmitteln – wie durch in der
öffent­lichen Gesundheitsversorgung EU subventionierte Lebensmittel – über-
und Stärkung des Menschenrechts auf schwemmt werden. Wir wollen die öko­lo­
­Gesundheit! Medikamente, die über mit gische Produktion in aller Welt fördern und
Steuergeldern finanzierte Forschung dafür international Systeme vereinbaren,
entwickelt werden, müssen lizenzfrei zur die vor Preisverfall schützen.
Nachproduktion zur Verfügung gestellt
werden. Die Forschung und Entwicklung n  Landraub effektiv bekämpfen! Wir wollen
zur Bekämpfung der tödlichsten Infektions- großen Agrarkonzernen, die mit Massen-
krankheiten und häufig vernachlässigten tierhaltung oder dem Anbau von Monokul-
Krankheiten wie HIV / Aids, Malaria und turen viel Geld verdiene, das Handwerk
­Tuberkulose wollen wir ausbauen. Wir legen. Die Einfuhr von Lebensmitteln, die
fordern den Aufbau einer globalen medizi­ auf gestohlenem Land produziert wurden,
nischen Grundversorgung mit Zugang zu wollen wir verbieten. Wir fordern eine
den besten vorhandenen Therapien. internationale Aufarbeitung und ein Verbot
des Landraubes. Gestohlenes Land muss
n  Wir fordern eine solidarische Pande­ an die ursprünglichen Besitzer zurückge-
miebekämpfung für alle Menschen statt geben werden. Zur Förderung von ökologi-
Impfnationalismus und Bevorteilung des scher und regionaler Landwirtschaft sollen
Globalen Nordens! Die Entwicklung von deutsche Konzerne und ihre internationalen
Impfstoffen kann nur gemeinschaftlich Partner, die am Landraub beteiligt sind,
entstehen und darf nicht von Pharmakon- Entschädigungen zahlen.
zernen zur Profitmaximierung oder nur
auf nationaler Ebene gedacht werden. Der n  Die von der Bundesregierung vorgelegte
Weltgesundheitsorganisation WHO muss Rohstoffstrategie folgt vor allem den Inte-
eine breite finanzielle Basis zur Verfügung ressen der Industrie. Es braucht aber eine
gestellt werden. Wir brauchen Impfstoffe, Senkung des Rohstoffverbrauches. Dafür
die überall einsetzbar sind, schnell produ- fordern wir eine neue europäische Roh-
ziert werden können und hinter denen keine stoffstrategie. Die Abhängigkeit der Länder
wirtschaftlichen Interessen stehen – dafür des Südens von Rohstoffexporten muss
ist der weltweite Aufbau einer öffentlichen beendet werden.
Impfstoffproduktion nötig (vgl. Kapitel
»Die Macht der Pharmaindustrie brechen!«). n  Eigenständige Entwicklung ermöglichen!
Internationale Kooperation kann Armut
durch Technologietransfer und gezielten
Aufbau von Unternehmen vor Ort über-

141
winden helfen. Rohstoffe sollen dort Länder in den Weltmarkt verstärkt die
weiterverarbeitet werden, wo sie aus wirtschaftlichen Krisen und schwächt die
der Erde geholt werden. Es gibt kein Länder des Globalen Südens auch politisch.
Anrecht europäischer Konzerne auf Zugang
zu Rohstoffen. Wertschöpfung muss in den Unser Plan für eine solidarische Entwick-
Ländern des Globalen Südens ermöglicht lungsarbeit:
und gefördert werden.
n  Frauen- und Mädchenrechte stärken –
n  Wir wollen Datenschutz und Trans­ Gesundheit und Bildung für alle weltweit!
parenz weltweit! In allen Technologiebe­ Wir wollen den universellen Zugang zu einer
reichen brauchen wir globale Kooperation, effektiven, hochwertigen und bedürfnis­
um ein Regelwerk zu schaffen, das verbind- orientierten Gesundheitsversorgung, inklu-
liche Datenschutzregeln für Robotik, Daten- sive dem Zugang zu den eigenen sexuellen
flüsse und künstliche Intelligenz festlegt und reproduktiven Rechten, zu einem Ziel
und die Algorithmen transparent macht. der deutschen und europäischen Entwick-
lungszusammenarbeit machen. Wir wollen
n  Wir unterstützen transnationale Orga­ eine flächendeckende öffentliche, kosten-
nisationen von Beschäftigten und die freie und qualitativ hochwertige Grundbil-
Bildung internationaler gewerkschaftlicher dung für alle Menschen.
Kooperationen mit dem Ziel, die Situation
der Beschäftigten deutlich zu verbessern. n  Recht auf Nahrung und sauberes
­ asser für alle! Ernährungssouveränität
W
n  Wir lehnen die Bestrebungen großer und soziale Sicherheit sind das Fundament
Digitalkonzerne ab, ihre Interessen in von Sicherheit und Stabilität. Dazu müs-
internationalen Handelsverträgen zu sen Nahrungsmittelmärkte vor Ort und
E-Commerce bzw. im Rahmen der WTO agrarökologische Anbaumethoden gestärkt
festzuschreiben. So soll den Staaten die werden, die die bäuerliche Vielfalt erhalten
Möglichkeiten ­genommen werden, Tätig- und die Pflanzen- und Tierwelt schützen.
keiten der ­Konzerne zu regulieren und zu Der Missbrauch von Agrarentwicklungspro­
besteuern. Wir wollen Regulierungs- und grammen durch transnationale Konzerne
Besteuerungsmöglichkeiten sichern und muss beendet werden. Der Export von
Mindeststandards durchsetzen. hochgefährlichen Pestiziden muss ver­
boten werden.
Entwicklung durch Gerechtigkeit
n  Schluss mit Ausbeutung im Gewand der
Die Ungleichheit nimmt – trotz Jahrzehnten Entwicklungszusammenarbeit! Entwick-
westlicher »Entwicklungspolitik« – weltweit lungsgelder dürfen nicht mehr als Investiti-
zu und hemmt wirtschaftliche wie soziale onsanreize für deutsches oder internationa-
Entwicklung. Die bisherige Entwicklungs- les Kapital missbraucht werden. Initiativen
politik ist nicht einfach gescheitert. Sie wie den Marshallplan mit Afrika oder
ist ein Instrument (post-)kolonialer Unter­ Compact with Africa wollen wir einstellen.
drückung und Ausbeutung. Entwicklungs-
zusammenarbeit muss endlich Würde und n  Entwicklungsfinanzierung aus öffentlicher
Solidarität in den Mittelpunkt stellen, nicht Hand! Das Geld für Entwicklungszusam-
eigene wirtschaftliche Interessen, – und die menarbeit muss aus öffentlichen Mitteln
zerstörerische Dynamik der grenzenlosen stammen. Den undemokratischen Einfluss
Kapitalverwertung durchbrechen. Dafür privater Stiftungen und großer Kapitalgeber
wollen wir öffentliche und zivilgesellschaft- wollen wir ebenso beenden wie öffentlich-
liche Strukturen stärken. Entwicklungs­ private Partnerschaften. Das Instrument der
zusammenarbeit muss sich an den Zielen Budgethilfe wollen wir stärken. Die Gelder
der Partnerländer und ihrer Gesellschaften für Entwicklungszusammenarbeit wollen wir
orientieren und sie dabei unterstützen, auf die zugesagten Summen anheben.
­eigenständige Entwicklungswege zu be­
schreiten. Die ungleiche Einbindung der

142
n  Nicht nur mehr, sondern anders! Wir n  Auch Deutschland muss nachlegen
­ ollen, dass sich Entwicklungszusammen-
w und – als einer der Hauptverursacher für
arbeit an den Bedürfnissen der Menschen den Klimawandel – mehr Mittel für den
in den ärmeren Ländern orientiert – ­anstatt Globalen Süden bereitstellen, damit dieser
weiter vor allem den Interessen euro- seine Entwicklung klimaneutral und gerecht
päischer Unternehmen zu dienen! Die gestalten kann.
Ver­zahnung von Entwicklungs- und Sicher­
heits­politik im Sinne des sogenannten n  Auf UN-Ebene wollen wir einen Kompen­
Grenzschutzes und der Migrationskontrolle sationsfonds für die Folgen von Klima­
lehnen wir ab. Abschottung ist keine wandel und Kolonialismus einrichten,
Entwick­lungspolitik! Geld soll den ­Ländern der von den Industriestaaten finanziert
des Globalen Südens zur Verfügung gestellt wird. In diesen Fonds sollten ehemalige
werden, um eine eigenständige Entwicklung Kolonialmächte mehr einzahlen als andere
zu ermöglichen. Wir kritisieren die Einstel- ­Staaten. Die entsprechenden Klimafinanz-
lung der entwicklungspolitischen Koope- transfers wollen wir jährlich erhöhen.
ration mit Kuba und setzen uns für eine
Wiederaufnahme ein. n  Solange die Länder im Globalen Süden
i­hren Eigenbedarf nicht aus Ökostrom
Klimagerechtigkeit global decken können, lehnen wir deshalb Wasser-
stoffimporte aus diesen Ländern ab (vgl.
Die Länder des Globalen Südens sind Kapitel »Energiewende«).
von der Klima- und Umweltzerstörung
besonders stark betroffen, obwohl die n  Klimagerechtigkeit statt Greenwashing
Hauptverursacher*innen im Globalen und Ablasshandel! Immer häufiger lagern
Norden liegen. Dabei verursachen, laut Industrieländer Klima- und Umweltschutz-
Oxfam, die reichsten 10 Prozent der maßnahmen, zum Beispiel Waldschutz­
­Weltbevölkerung genauso viele CO2 -Emis­ initiativen, in den Globalen Süden aus und
sionen, wie die ärmeren 50 Prozent der entziehen sich so ihrer Verantwortung.
Bevölkerung. Die weltweiten Folgen des
Klimawandels sind bereits jetzt katastro- n  Die gezielte Zerstörung natürlicher
phal. Besonders betroffen sind Frauen Lebensgrundlagen wie Ozeane, Regen­
und Kinder, denen oft die rechtlichen oder wälder und Klima bleibt weiter größtenteils
finanziellen Ressourcen fehlen, sich gegen ohne rechtliche Folgen. DIE LINKE will die
Klimafolgen zu schützen. Frauen sind Zer­störer von Umwelt, Klima und Arten-
weit überdurchschnittlich von Umwelt­ vielfalt vor Gericht stellen. Dafür wollen
katastrophen betroffen. Wasser­mangel, wir die Einführung des Straftatbestandes
Dürre, Überschwemmungen nehmen des Ökozids als Verbrechen ins deutsche
Menschen ihre Lebensgrundlage, die Folge Strafrecht und ins Römische Statut des
sind Verteilungskämpfe um schwindende Internationalen Strafgerichtshofes in inter-
Ressourcen, die immer mehr Menschen nationales Recht.
zur Flucht zwingen. Damit muss Schluss
sein: Die Reichen müssen zur Verant- n  Klimageflüchteten darf das Recht auf
wortung gezogen werden. Wir brauchen Asyl nicht weiter verweigert werden. Um
einen Kurswechsel in der Handelspolitik der historischen Verantwortung west-
und beim Rohstoffverbrauch. Das Pariser licher Staaten als Hauptverursacher
Klimaabkommen war ein Minimalkonsens ­klimaschädigender Treibhausgase gerecht
zwischen den Staaten. Die bislang von zu werden, wollen wir zudem, dass die
den einzelnen Ländern zugesagten Min­ ­EU-Bewohner*innen von bedrohten Staa-
derungsvolumen sind aber längst nicht ten, die durch die Klimakrise unbewohn-
ausreichend, um diese Ziele zu erreichen bar werden, Klimapässe anbietet. Sie
(vgl. Kapitel »Klima«). sollen zusätzlich und nicht alternativ zu
beste­henden Initiativen und Forderungen
­etabliert werden.

143
Gerechte Steuern weltweit zu achten. Die UN soll den Rahmen für
­Staaten geben, indem sie die Regeln
Reiche und Konzerne müssen an den festlegt. Ihre 17 Entwicklungsziele (SDG),
g­ lobalen Kosten von Krisen und Klima- ­darunter Armutsbekämpfung, Gleichbe-
wandel beteiligt werden. Es braucht ein rechtigung, Bildung und Gesundheit, sollen
gerechtes internationales Steuersystem bis zum Jahr 2030 erreicht werden. Doch
mit einer Finanztransaktionssteuer. Steuer­ davon ist die Welt heute weit entfernt.
oasen müssen trockengelegt werden, um Armut und Hunger wachsen durch die
transnationale Konzerne endlich stärker an Coronapandemie rasant: Bis zu 235 Milli-
der Entwicklung der Länder zu beteiligen, onen Menschen werden im Jahr 2021 laut
von deren Ausbeutung und Ressourcen sie Schätzungen der UN keinen ausreichenden
profitieren (vgl. Kapitel »Gerechte Steuern« Zugang zu Nahrung und Trinkwasser haben.
und Kapitel »Banken und Finanzen«). Während sich auf den Finanzmärkten der
Reichtum ballt, fehlt es der UN überall
n  Doppelbesteuerungsabkommen, die an Geld. Das macht sie abhängig von der
Deutschland mit vielen Ländern des Globa- Unterstützung durch private Unternehmen
len Südens abgeschlossen hat, verhindern und Stiftungen, die vor allem ihre eigenen
oft eine faire Besteuerung vor Ort, und das ­Interessen verfolgen. Die Unabhängigkeit
meiste Geld fließt nach Deutschland. Das und Neutralität der UN wird so unterlaufen.
muss beendet werden!
n  Rückbesinnung auf die Charta der Ver­
n  Wir fordern einen Schuldenschnitt und einten Nationen: »Die Organisation beruht
eine nachhaltige Entschuldungsinitiative auf dem Grundsatz der souveränen Gleich-
für alle Länder des Globalen Südens, deren heit aller ihrer Mitglieder. (…) Jeder Staat hat
Schuldenlast nicht tragfähig ist. Private das Recht, seine politische, gesellschaftli-
Gläubiger müssen gezwungen werden, sich che, wirtschaftliche und kulturelle Ordnung
an dieser Schuldeninitiative zu beteiligen. frei zu wählen und zu entwickeln. (…) Alle
Wir fordern die Einführung eines Staaten­ Mitglieder unterlassen in ihren internationa-
insolvenzverfahrens. len Beziehungen jede gegen die territoriale
Unversehrtheit oder die politische Unab-
UN und internationale hängigkeit eines Staates gerichtete oder
Zusammen­arbeit stärken sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen
unvereinbare Androhung oder Anwendung
Es braucht auf der internationalen Ebene ein von Gewalt.«
System stärkerer Zusammenarbeit, doch
der Multilateralismus ist in der Krise. In den n  Stärkung und Demokratisierung der
internationalen Beziehungen gibt es eine UN! Die Generalversammlung muss gegen-
­Eiszeit. Die USA und ihre Verbündeten über dem Sicherheitsrat gestärkt werden.
auf der einen, China und Russland auf der Die Forderung nach einem ständigen Sitz
­anderen Seite haben den Sicherheitsrat Deutschlands im Sicherheitsrat lehnen wir
und die Vereinten Nationen (UN) in den deshalb ab.
vergangenen Jahren blockiert.
n  Die Länder des Globalen Südens
Zum Fundament der UN gehören die brauchen mehr Einfluss! Die sozial- und
Friedens­sicherung und Verhinderung von wirtschaftspolitischen Kompetenzen, wie im
Konflikten, die Wahrung von Menschen­ Wirtschafts- und Sozialrat der UN (ECOSOC),
rechten, Förderung gesellschaftlichen müssen gestärkt werden. Exklusive Foren
­Fortschritts und sozialer Entwicklung wie die G 7 sollen darin aufgehen. Die Konfe­
sowie die internationale Zusammenarbeit. renz der Vereinten Nationen für Handel
Die Ziele der Vereinten Nationen zu fördern, und Entwicklung (UNCTAD) soll gegen-
be­deutet die friedliche Schlichtung aller über der Welthandelsorganisation (WTO)
Streitig­keiten und Verzicht auf Gewaltanwen- gestärkt werden, um die Interessen des
dung zu gewährleisten sowie die Gleichheit Globalen Südens in Handels- und Entwick-
und nationale Souveränität aller Staaten lungspolitik zu stärken.

144
n  Die Sonderorganisationen der UN, zinische Versorgung der Bevölkerung
wie das Welternährungsprogramm (WFP), in ­armen Ländern gewährleistet – auch
die Weltgesundheitsorganisation (WHO), gegen Corona und andere Viren.
die Internationale Arbeitsorganisation (ILO)
oder das Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) sind n  Wir treten für eine friedliche Lösung
aufgrund von Unterfinanzierung nicht in der des Nahostkonflikts auf der Basis zweier
Lage, den Krisen angemessen zu begegnen. unabhängiger Staaten Israel und Palästina
Die reichen Mitgliedsländer müssen endlich und der Grenzen von 1967 ein.
ihren Zahlungsverpflichtungen ­nachkommen
und die Finanzierungslücke schließen. Im n  Die Zusammenarbeit mit Organisationen
Fall des UNHCR geht es um knapp 4 Mil­ und Zusammenschlüssen von Staaten
li­arden Euro, also nur einen Bruchteil der des Globalen Südens, die sich für die sozialen
deutschen Rüstungsausgaben. Belange der Menschen, eine gerechte
wirtschaftliche Entwicklung, die Rechte der
n  Um den Einfluss privater Akteure zurück- Indigenen, friedliche Zusammenarbeit und
zudrängen, wollen wir die Basisbeiträge regionaler Integration bemühen, wollen wir
anheben. Die Ausgaben der UN für Militä- durch politische Zusammenarbeit stärken.
reinsätze müssen zugunsten der Mittel für
Hungerbekämpfung, friedlicher Konflikt- Menschenrechte durchsetzen
bearbeitung und ziviler Krisenprävention
umverteilt werden. Menschenrechte sind universell und ver­
pflichten zu politischem Handeln. Alle
n  Wir unterstützen den Appell des UN-­ Menschenrechte sind für uns gleich ­wichtig:
Generalsekretärs António Guterres für soziale, wirtschaftliche, kulturelle und
einen globalen Waffenstillstand. politische. Den Bruch des Menschenrechts
kritisieren wir als LINKE überall. Den doppel-
n  Wirtschaftssanktionen treffen vor ten Standards der Bundesregierung stellen
allem die einfache Bevölkerung und müssen wir uns entgegen.
beendet werden. Unilaterale Sanktionen der
USA und EU, wie beispielsweise gegen Iran, n  Wir wollen Menschenrechte global
Kuba, Syrien oder Russland, sind völker- ­durchsetzen, dafür muss die­internationale
rechtswidrig und drehen die Eskalations­ Gerichtsbarkeit gestärkt werden.
spirale immer weiter.
n  Frieden ist eine unabdingbare Voraus-
n  Wir verurteilen die Blockade Kubas durch setzung für die Verwirklichung der Men-
die Biden-Administration und alle Versuche schenrechte und umfassende menschliche
von USA und EU, unliebsame ­Regierungen Entwicklung. Wir wollen, dass im Völker-
in Lateinamerika, wie in Venezuela und recht das Recht auf Frieden verankert wird.
­Bolivien, wegzuputschen und durch Wirt­ Menschenrechte dürfen nicht zur Kriegs­
schafts­sanktionen zu destabilisieren. Im Fall führung instrumentalisiert werden.
Kubas ist ein ganzes Land in seiner wirt-
schaftlichen Entwicklung blockiert. Sogar n  Wir wollen, dass die Bundesregierung
die Bundesregierung stimmt regelmäßig das Zusatzprotokoll zum Internationalen
in der UN gegen die US-Blockade. Daher Pakt über Menschenrechte unterzeichnet,
­fordern wir von einer neuen Bundesregie- damit Einzelpersonen die Möglichkeit des
rung, dass sie endlich ihren Worten Taten Beschwerdewegs bei den UN haben.
folgen lässt und die EU-Blocking-Regulation
von 1996 konsequent umsetzt. n  Die Grundrechte sollen für alle in Deutsch-
land lebenden Menschen gelten und nicht
n  DIE LINKE unterstützt den Vorschlag, vom deutschen Pass abhängig sein.
den kubanischen Ärztemissionen den
Friedens­nobelpreis zu verleihen. Sie n  Wir wollen die Kräfte für Demo­
haben in bislang 40 Ländern 260 000 kratie, Gleichberechtigung und soziale
Patient*innen behandelt und die medi­ Gerechtig­keit fördern, statt Deals mit

145
Diktatoren zu schließen! Deswegen unter- einer Enquetekommission des Bundestags
stützen wir die fortschrittlichen sozialen und unterstützen die Initiative zur Errich-
Bewegungen von Kurdistan über die West- tung ­eines zentralen Denk- und Mahnmals
sahara bis nach Kolumbien in ihrem Kampf. für die Opfer des deutschen Kolonialismus
am Ort der sogenannten Afrika-Konferenz
n  Deutschland muss sich aktiv für die in Berlin. Der Bund soll unter Einbezie-
Freilassung politischer Gefangener hung von Wissenschaftler*innen aus den
einsetzen. Die willkürliche Kriminalisierung ehemaligen Kolonien eine Institution zur
fortschrittlicher Bewegungen, auch durch ­Geschichte des Kolonialismus aufbauen.
NATO-Verbündete und Behörden hierzu­ Sie soll insbesondere die deutsche Rolle
lande wollen wir beenden. Wir sind solida- in den afrikanischen, asiatischen und süd­
risch mit verfolgten Whistleblowern wie pazifischen Kolonien beleuchten.
­Chelsea Manning oder Edward Snowden
und Journalisten wie Julian Assange, die n Bundesregierung und Bundestag müs-
Kriegsverbrechen und millionenfache sen den Genozid an den Herero und Nama
rechtswidrige weltweite Überwachung vollumfänglich als Völkermord anerken-
durch die USA öffentlich gemacht haben nen. Die im Mai 2021 angekündigte Bitte
und deshalb verfolgt werden. um Entschuldigung für den Völkermord in
der ehemaligen deutschen Kolonie Süd-
n  Die Menschenrechte sind als Gesamtes westafrika ist nur ein erster Schritt in der
erkämpft und unteilbar. Als diese Einheit Aufarbeitung. Das über einen Zeitraum
müssen sie auch verwirklicht werden. Das von 30 Jahren angekündigte Programm
Recht auf Arbeit und auf gleichen Lohn, zum Wiederaufbau und zur Entwicklung
bei gleicher Arbeit, muss mit Leben gefüllt ist keine Entschädigungsleistung, sondern
werden. Recht auf sauberes Trinkwasser muss als technische Entwicklungshilfe
und auf ein gesundes Ökosystem müssen bewertet werden. Es ersetzt keine Politik
als Menschenrechte verstanden werden. der Versöhnung und Entschädigung für das
Lasst uns die Menschenrechte gemeinsam Leid, das Generationen von Herero und
verbessern. Nama entstanden ist. In den gleichberech-
tigten Dialog über einen angemessenen
Deutschen und europäischen Umgang mit der Schuld und über Entschädi­
­Kolonialismus aufarbeiten gungen müssen die Vertreter*innen der
betroffenen Gemeinschaften in Namibia
DIE LINKE fordert, dass der deutsche neben der namibischen Regierung einbe­
­Kolonialismus und seine Wirkung in den zogen werden.
internationalen Beziehungen bis heute
­aufgearbeitet werden. Kolonialismus n  Kultur- und Naturobjekte müssen in
muss endlich als Unrechtsherrschaft die Herkunftsländer zurückgeführt werden.
­anerkannt werden. Nur nach offizieller Genehmigung dürfen
Artefakte als Leihgaben in der Bundes­
n  Wir wollen eine öffentliche Debatte republik ausgestellt werden. Sterbliche
innerhalb bundesdeutscher Einrichtungen Überreste müssen an die Herkunfts-­
sowie eine Unterstützung der antikoloni- Communitys übergeben werden. For-
alen Erinnerungskultur in den ehemaligen schungen an unrechtmäßig erworbenen
Kolonien. Dazu fordern wir die Einsetzung Sammlungen müssen gestoppt werden.

146
Für ein solidarisches Europa!
Wir kämpfen für ein soziales, demo­ für Geschlechtergerechtigkeit und Demo­
kratisches und friedliches Europa, für eine kratie, für eine neue Industriestrategie und
andere Europäische Union, in der alle eine tragfähige öffentliche Infrastruktur in
gut leben und arbeiten können. Ein soli- ­Europa – für eine gute Zukunft für alle.
darisches Europa, in dem alle Menschen
vor Armut geschützt sind. In dem nicht Für die EU ist die Coronapandemie der
Standortkonkurrenz und Profit, sondern zweite schwere Schock nach der Finanzkrise.
Demokratie und Solidarität an erster Stelle Für zahllose Menschen bedeutet er erneut
stehen. Ein Europa, in dem Konzerne und Einkommensverlust, Existenzangst und
Reiche endlich ihren Anteil zur Finanzierung ­zerstörte Lebensplanung. Die Mitglieds­länder
des Gemeinwohls leisten. Für eine EU, die haben versucht, die Krise durch wirtschaft-
keine Deals mit Diktator*innen und multi­ liche Maßnahmen in Schach zu halten und
nationalen Konzernen macht, die Krieg sozial abzufedern. Die EU-Kommission setzte
als Mittel der Politik ächtet und verhindert, die Defizitbeschränkungen des Stabilitäts-
dass Menschen auf der Flucht im Mittel- und Wachstumspakts der EU aus. Doch auf-
meer ertrinken. Wir wollen eine Union, die grund der Kürzungspolitik der vergangenen
Klimaschutz und eine Energie- und Ver- Jahre ist die öffentliche Daseinsvorsorge un-
kehrswende endlich voranbringt, anstatt terfinanziert. Banken wurden mit Milliarden
sie zu blockieren. Wir wollen ein friedliches gerettet, aber Krankenhäuser kaputtgespart.
Europa ohne Rüstungswettlauf. Wir fordern Hunderttausende Menschen sind gestorben,
soziale Mindeststandards, gute Gesund- auch weil sie nicht ausreichend behandelt
heitsversorgung und Bildung für alle. werden konnten.

Wir müssen die ökologischen Herausforde- Die Spaltung zwischen Nord- und Süd-, ­Ost-
rungen mit einer Antwort auf die sozialen und Westeuropa wächst. Die deutsche ­Politik
Probleme verbinden. Doch die EU-Kommis- von Niedriglöhnen und Exporterfolgen um
sion hat einen »Green Deal« aufgelegt, mit jeden Preis hat die Krise mitverursacht und
dem die EU nicht mal in der Lage ist, ihre auch innerhalb der EU Ungleichheit und
Klimaziele zu erreichen. Deshalb wollen wir Konkurrenz verstärkt. Austerität, Privatisie-
umsteuern – mit einem sozialökologischen rung, Sozialabbau und Deindustrialisierung
Systemwechsel in Europa. Der muss den haben Arbeitsplätze vernichtet, Armut
Umbau der Wirtschaft mit massiven öffent- ­geschaffen und damit dem Rechtspopulis­
lichen Investitionen in gute Jobs, Innovation mus Auftrieb gegeben. Die Herausforde­
für klimaneutrale Produktion und Infrastruk- rungen von Klimawandel und globaler
tur schaffen. Die natürlichen Lebensgrund- sozialer Gerechtigkeit kann kein Land allein
lagen und Gemeinschaftsgüter wie Wasser, stemmen. Wir müssen grenzübergrei­
Energie, Luft, eine saubere Umwelt und fende  – globale – Lösungen finden. All das
unsere Gesundheit dürfen nicht mehr den zeigt: Es ist höchste Zeit für ein soziales
Profitinteressen einiger weniger untergeord- und solidarisches Europa!
net werden. Wir streiten für eine sinnvolle
Regionalisierung der Warenströme. Anders als noch in der Finanzkrise
2008 / 2009 reagierte die EU bisher nicht
Es braucht in Europa endlich höhere Steuern mit einem Kürzungsdiktat auf die Krise.
für Reiche und Konzerne. Gelder aus dem Aber die Gefahr ist groß, dass die EU nach
EU-Haushalt müssen umgewidmet werden: der Krise wieder in die alte Kürzungspolitik
Statt in militärische Aufrüstung muss in zurückfällt. Denn das Diktat der schwarzen
solidarische und ökologische Zukunftspro- Null ist nur ausgesetzt. Klar ist deshalb:
jekte investiert werden. Denn wir brau- Wir brauchen einen Paradigmenwechsel,
chen eine historische Kraftanstrengung, weg von Kürzungen, Freihandelsabkommen
um die Klimakatstrophe aufzuhalten und und Marktradikalismus, hin zu öffentlichen
gleichzei­tig alle Menschen mitzunehmen. Wir Investitionen, grenzübergreifender Koope-
­streiten für Umverteilung des Reichtums, ration und Solidarität. Weg von Aufrüstung,

147
hin zu sinnvollen Investitionen und konse­ n  Der Stabilitäts- und Wachstumspakt
quenter Entspannungs- und Friedens­politik. beschneidet die Demokratie in den einzel-
Dieser Politikwechsel muss in nen Mitgliedstaaten und legt sie auf eine
Berlin beginnen.  neoliberale Finanzpolitik fest. Wir wollen
das ändern: Die EU braucht eine Inves­
Wir wollen eine EU, die sich für ein System titionsoffensive ohne Handbremse.
der internationalen Zusammenarbeit auf
­Augenhöhe einsetzt. Wir wollen eine EU, n  Die Defizit- und Schuldenregeln
deren Außenpolitik von friedlicher Koope- ­ üssen angepasst werden. Damit die EU
m
ration geprägt ist und nicht von der gewalt­ eine Zukunft hat, müssen wir uns um die
tätigen Durchsetzung wirtschaftlicher Inte­ Defizite kümmern, die wirklich zählen:
ressen. Die Verträge von Maastricht und Den Investitionsstau im Sozialstaat, in der
Lissabon haben den Neoliberalismus in die Bildung, der Infrastruktur, auf dem Arbeits-
Grundlagen der Union eingeschrieben. Wir markt und beim Klimaschutz.
wollen neue Verträge, um die EU sozialer,
gerechter und ökologischer zu machen. Nur n  Angesichts der Herausforderungen durch
so hat die Union eine gemeinsame Zukunft. Corona und Klimakatastrophe muss der
Für diese Zukunft setzen wir uns zusammen ­EU-Haushalt durch die Ausgabe europä-
mit sozialen Bewegungen, mit Gewerk- ischer Anleihen ausgeweitet werden. In
schaften, mit der Europäischen Linken und Anbetracht des größten Einbruchs der Welt-
anderen Parteien ein. Gewerkschaften wirtschaft seit Jahrzehnten ist ein Umfang
und Bewegungen, der Einsatz für das Klima, von 1 bis 2 Billionen Euro für das europäi-
für Demokratie und Frauenrechte und gegen sche Investitions- und Ausgabenprogramm
Rassismus überall zeigen: Gemeinsam erforderlich.
­können wir Europa verändern.
n  Es braucht ein sozialökologisches
Investieren statt I­ nvestitionsprogramm! Die finanziellen
Zukunft blockieren! Mittel der EU müssen ausgeweitet und
gezielt für die wirtschaftlich schwächeren
Der EU-Haushalt und die Wiederaufbau- Länder, Regionen, Branchen und für Zu-
mittel und Hilfsgelder bleiben weit hinter kunftsaufgaben wie eine sozialökologische
dem zurück, was notwendig wäre, um die Industriepolitik, das Gesundheitswesen, die
Folgen der Pandemie zu bewältigen und für digitale Infrastruktur, Bildung und For-
eine gerechte und klimaneutrale Zukunft schung sowie die Energie- und Verkehrs-
umzusteuern. Teile des EU-Haushalts sind wende eingesetzt werden.
versteckte Subventionen für ­Großkonzerne.
Profitiert haben davon vor allem die Rei- n  Troika und Austerität sind Ausdrücke für
chen. Besonders fahrlässig ist, dass Inves­ die unsolidarische EU. Die Kompetenzen der
titionen und Gesundheitsausgaben aus EU-Kommission zur Kontrolle und Lenkung
dem Wiederaufbaupaket gekürzt wurden. der Mittelvergabe müssen beschränkt und
Denn die Wirtschaft lahmt, viele Länder das Europäische Parlament muss stärker
sind von Massenerwerbslosigkeit geplagt, einbezogen werden. Die demokratische
und die Infrastruktur wird schon lange auf Kontrolle der Verwendung von EU-Mitteln
Verschleiß gefahren. Wir wollen Geld für muss auf europäischer Ebene erfolgen.
Zukunftsinvestitionen statt für Aufrüstung. Dabei dürfen keine Kürzungsauflagen mehr
Was einzelne Staaten überfordern könnte, verhängt werden, wie etwa der Abbau von
ist für die europäische Staatengemein- Arbeitsrechten.
schaft insgesamt gut leistbar, denn mit ihrer
großen Wirtschaftskraft und der Europäi- n  Wir fordern Schuldenschnitte und
schen Zentralbank (EZB) im Rücken verfügt sinnvolle Investitionsprogramme für die
sie über ausreichend wirtschaftliche Stärke. ärmeren Regionen Europas. Wir lehnen
es ab, dass die Vergabe von Mitteln aus
dem EU-Wiederaufbaufonds an Konditio-
nen geknüpft wird, mit denen die Empfeh-

148
lungen der EU-Kommission im Rahmen Europäische Zentralbank demo­
des Euro­päischen Semesters faktisch zu kratisch kontrollieren und sozial
­Vorschriften gemacht werden. u­nd ökologisch nutzen­
n  Ohne Ausgleichsmaßnahmen verstärkt Die Europäische Zentralbank (EZB) muss
der Euro als gemeinsame Währung von endlich am Gemeinwohl statt am Kriterium
stark unterschiedlichen Wirtschaftsräumen der Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet
die Schieflage zwischen den reichen Staaten werden. Die EZB muss sozialökologische
in Nord- und Westeuropa gegenüber den Investitionen der Mitgliedstaaten ermögli-
Staaten in Südeuropa. Wir müssen eine chen und diese vom Wohlwollen der Finanz-
gerechte und gemeinsame europäische märkte unabhängig machen. Dafür würde
Wirtschaft aufbauen, statt den Konkur­ es schon ausreichen, wenn die EZB die
renzkampf fortzuführen. ­Solvenz der Mitgliedstaaten garantiert,
indem sie verpflichtet wird, Kreditgeber
Europaweit: Reichtum von oben nach in letzter Instanz zu sein. Ein inflationäres
unten verteilen ­Risiko gibt es nicht, weil die EZB weiterhin
ihrem Inflationsziel verpflichtet ist.
Investitionen für die Zukunft kosten Geld.
Aber die gute Nachricht ist: Geld ist da – es n  Die EU-Verträge müssen geändert
ist nur falsch verteilt. Denn die Unterneh- werden, um der EZB die Staatsfinan­
men, die die größten Gewinne machen, zierung zu ermöglichen.
zahlen in Europa immer noch die wenigsten
Steuern. Auch große Vermögen werden n  Wir wollen, dass die EZB demokratisch
kaum besteuert. Steuervermeidung und vom Europäischen Parlament kontrol­
Steueroasen boomen. Das Ergebnis: Wäh- liert wird – anstatt weiter dem Einfluss von
rend gerade in der Coronakrise die Reichen Finanzlobbyisten ausgeliefert zu sein.
immer reicher werden, wächst die Armut
der Mehrheit der Menschen. Schluss damit! n  Die EZB darf nicht weiter Anleihen von
Unternehmen mit hohen CO2 -Emissionen
n  Es braucht einen EU-weiten Mindest­ aufkaufen und dadurch den Klimaschutz
steuersatz für Unternehmen mit breiten unterlaufen. Sie braucht starke soziale und
und einheitlichen Bemessungsgrundlagen. ökologische Standards. Das gilt auch für
die Coronahilfen.
n  Wir fordern gemeinsame Mindest­
standards für die Besteuerung großer Die Wirtschaft umbauen
­Vermögen und Spitzeneinkommen.
Wir dürfen nach der Krise nicht weiterma-
n  Der Kampf gegen Steuerflucht muss ver- chen wie bisher. Wir wollen Europa gerechter
schärft werden. Banken, die in Steueroasen machen und einen sozialökologischen
operieren, werden wir die Lizenz entziehen. Systemwechsel voranbringen. Wir wollen,
dass der sozial-ökologische Umbau in allen
n  Es braucht europäische Eigenmittel, Mitgliedstaaten möglich ist. Unser Ziel ist
etwa aus einer Finanztransaktionssteuer. es, Stromerzeugung, Industrie, Verkehr,
Gebäude und Landwirtschaft klimaneutral
n  Digitalkonzerne wie Google und ­Amazon zu machen, ohne Menschen oder Regionen
machen Milliardengewinne und zahlen abzuhängen (vgl. Kapitel »Für einen sozial-
kaum Steuern. Wir werden sie endlich zur ökologischen Systemwechsel«). Die jüngste
Kasse bitten! Anhebung des Treibhausgasminderungs-
ziels der EU von 40 auf 55 Prozent gegen-
über 1990 ist immer noch zu niedrig, um die
Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens
zu erreichen. Wir wollen die EU bis spätes-
tens 2035 klimaneutral machen.

149
n  Investitionen: Die EU hat die Pro- Soziale Absicherung und Gute Arbeit
gramme für einen gerechten Umbau von
40 Mil­liarden Euro auf 17,5 Milliarden Alle Menschen müssen von ihrer Arbeit leben
Euro drückt – so kann der Umbau nicht können. Doch die Politik in der EU stellt die
gelingen. Wir wollen den Just Transition Interessen der Unternehmen vor die der
Fund – den Fonds für einen gerechten meisten Menschen. Das Ergebnis ist Armut,
Übergang – stärken. Er soll Menschen, Lohndumping und Ausbeutung. Dramatisch
die in Bereichen wie Bergbau und kli- ist der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit,
maschädlichen Industrien tätig sind, vor in Spanien und Griechenland droht sie in
allem in benachteiligten Regionen, sozial ­Folge der Coronakrise auf 40 Prozent zu
absichern und ihnen neue berufliche Pers- steigen. Fast jede*r zweite Jugendliche,
pektiven eröffnen. der*die einen Job sucht, geht leer aus. Die
­Profite der Unternehmen dürfen nicht mehr
n  Um Massenerwerbslosigkeit, Armut und über den Arbeitsrechten der Beschäftigten
Perspektivlosigkeit zu bekämpfen, braucht und den sozialen Grundrechten der Men-
es eine konsequente europäische Vollbe- schen stehen.
schäftigungspolitik und eine echte Indus­
triestrategie. Sie muss Klimaneutralität n  Wir fordern für alle Bürger*innen in der
zum Ziel haben und vor allem deindustria­li­ EU soziale Rechte und Mindestlöhne, die
sierten Regionen eine Zukunft geben. die Existenz sichern.

n  Energiewende: Der Kohleausstieg muss n  Das Prinzip »Gleicher Lohn für gleiche
europaweit sofort beginnen und 2030 Arbeit am gleichen Ort« muss rechtlich
abgeschlossen sein. Wir wollen keine neue verankert werden, um Lohndumping zu
fossile Infrastruktur. Erneuerbare Energien unterbinden.
müssen ausgebaut werden – bürgernah und
in öffentlichem oder genossenschaftlichem n  Saisonarbeiter*innen können ohne
Eigentum. Wir setzen uns für die Einrichtung Sozial­versicherung für 100 Tage in Deutschl­-
einer alternativen »Europäischen Gemein- and arbeiten. Wir wollen, dass alle Men-
schaft zur Förderung von erneuerbaren schen, die in Deutschland und Europa arbei-
Energien und Energieeinsparung« ein. ten, gut versichert sind und wollen Sozialver-
Atomkraft und Fracking erteilen wir eine sicherungen für alle und vom ersten Tag an.
Absage.
n  Wir wollen gesetzliche Mindestlöhne in
n  Verkehrswende: Es braucht eine euro- Höhe von mindestens 60 Prozent des mitt-
päische Mobilitätsrevolution. Das geht, leren Lohns des jeweiligen Landes. Zudem
wenn wir Bus und Bahn ausbauen und die sind Mindestregelungen erforderlich, um
Preise drastisch senken, vernetzte Mobilität Tarifverträge und gewerkschaftliche Rechte
schaffen und kurze Wege fördern. Statt zu schützen und zu fördern.
Flugstrecken wollen wir Bahnverbindungen
ausbauen. Ein Großteil des Güterverkehrs n  Wir wollen, dass Mitbestimmungs­
und des innereuropäischen Flugverkehrs rechte und Rechte von Gewerkschaften
muss auf die Schiene verlagert werden. wie Beschäftigten wiederhergestellt und
ausgebaut werden.
n  Agrarwende: Wir setzen auf nachhaltige
Landwirtschaft und regionale Kreisläufe n  Wir fordern deshalb mit dem Euro­
statt langer Transportwege und industrielle päischen Gewerkschaftsbund die
Massenproduktion. Das System der EU- Ein­führung einer europäischen
Agrarsubventionen ist nicht nachhaltig, wir ­Rahmenrichtlinie zur ­Sicherung der
wollen Subventionen an sozialen und öko- ­Unter­nehmensmitbestimmung.
logischen Kriterien orientieren und nicht
mehr an der Fläche. Exportsubventionen n  Soziale Sicherheit durchsetzen! Wir
für landwirtschaftliche Produkte wollen wollen soziale Sicherheit mit verbindlicher
wir beenden. sozialer Mindestsicherung und sozialen

150
Mindeststandards – im Zweifel gilt der bes- agieren nationale Regierungen hier oft ohne
sere Standard (Günstigkeitsklausel). demokratische Kontrolle. Wir wollen den
Rat endlich zur Transparenz verpflichten.
n  Freizügigkeit für alle! Ungleiche Lebens­
verhältnisse zwingen vor allem junge n  Wir wollen, dass Entscheidungen auf
Menschen zur Abwanderung. Niemand darf den Ebenen getroffen werden, die am
deswegen von Sozialleistungen ausge- stärksten davon betroffen sind: kommunale
schlossen werden, Menschenrechte sind Angelegenheiten in den Kommunen, bun-
unteilbar, und das Existenzminimum ist desweite Angelegenheiten in den nationalen
nicht verhandelbar. Wir wollen die Men- Parlamenten, europäische Angelegenheiten
schen dabei unterstützen, Gute Arbeit im EU-Parlament.
zu finden.
n  Keine Grenzen für die Demokratie! Die
Demokratie statt Herrschaft hohen Hürden für europäische Bürgeriniti-
der Lobbyisten ativen müssen gesenkt werden: Wir wollen
EU-weite Volksbegehren und Volksent­
Wir brauchen mehr Demokratie in Europa. scheide ermöglichen. Alle Menschen sollen
Viele Menschen haben sich in den letzten in den EU-Staaten, in denen sie leben, die
Jahren enttäuscht von der EU abgewandt. gleichen Rechte haben.
Es fehlt an Vertrauen, für viele Menschen ist
die EU weit weg. Denn Demokratie ist mehr n  Wir wollen, dass die Lage von Demokratie,
als eine Wahl alle fünf Jahre. Wir wollen Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten
eine Europäische Union, die Grundrechte der EU regelmäßig evaluiert und ­Verstöße
ernst nimmt und verteidigt. Die Demokratie sanktioniert werden. Es braucht mehr
darf nicht mehr den Finanzmärkten unter- Verbindlichkeit für die Einhaltung von
geordnet werden. Wir weisen alle Angriffe Demokratie und Menschenrechten in allen
auf die Demokratie in Europa, etwa durch Mitgliedstaaten.
die Etablierung von Durchgriffsrechten auf
nationale Haushalte, zurück. Wir brauchen n  Wir wollen, dass sich aktuelle und
eine friedliche, soziale, demokratische kommende EU-Beitrittskandidaten
und ökologische EU – mit neuen Verträgen, ohne Vorbehalt zu Demokratie und
neuen Strukturen, neuen Hoffnungen. Das Menschenrechten bekennen. Das gilt
bedeutet ein starkes Europaparlament und insbesondere für den Beitrittskandi­
umfassende Beteiligungsmöglichkeiten. daten Türkei. Die aktuelle Regierung der
Deshalb wollen wir eine neue Verfassung für Türkei muss die Urteile des Europäischen
Europa, die von den Bürger*innen mitge­ Gerichtshof für Menschenrechte umset-
staltet wird und über die sie gleichzeitig in zen, Demokratie und Meinungsfreiheit
allen EU-Mitgliedstaaten in Volksabstim- garantieren, die Verfolgung der demokra-
mungen entscheiden können. tischen Opposition beenden sowie alle
inhaftierten Parlamentarier*innen und
n  Wir wollen, dass das Europäische Bürgermeister*innen der oppositionellen
Parla­ment das Initiativrecht bekommt und kurdischen Partei HDP freilassen.
eigene Gesetzesvorschläge einbringen kann.
Grundlegende Entscheidungen müssen n  Wir wollen, dass die EU der Euro­
vom Europaparlament getroffen werden – päischen Menschenrechtskonvention
statt von exekutiven Gremien wie Kommis­ beitritt. Auch die gemeinsame Außen- und
sion, Eurogruppe oder Rat. Außerdem Sicherheitspolitik muss vom Europäischen
sollen die Abgeordneten den Kommissions- Gerichtshof für Menschenrechte ­kontrolliert
präsidenten und die Kommissare wählen werden. Soziale Grundrechte müssen für
und abwählen können. einzelne Personen beim Europäischen
Gerichtshof einklagbar werden.
n  Der Europäische Rat bestimmt maß­
geblich die Gesetzgebungsverfahren in der n  Wir wollen, dass alle Entscheidungen und
EU, arbeitet aber intransparent, im Ergebnis die dahin führenden Prozesse transparent

151
gemacht werden. Bisher nehmen Lobby­ ration von EU und NATO ab. Der Ausbau einer
isten oft Einfluss auf politische Entschei- »Verteidigungsunion« oder »Militärunion«
dungen in der EU, ohne dass die Bürgerinnen mit eigenständiger Militärpolitik, eine
davon erfahren können. Wir fordern ein europäische Armee und andere Vorhaben
EU-Transparenzregister und eine Trans­ der Militarisierung führen nicht zu mehr
parenzverordnung. ­Sicherheit für die Menschen in Europa,
sondern sichern nur Konzerninteressen
Europäische Entspannungspolitik militärisch ab.
statt Aufrüstung
n  Wir wollen den Euratom-Vertrag auf­
Auf die Krisen reagiert die EU ausgerechnet lösen und von den vertraglichen Grund­
mit Aufrüstung. Wirtschaftliche Entwick- lagen der EU abkoppeln, denn er blockiert
lung wird als Rüstungsförderung betrieben. eine nachhaltige, sozial und demokratisch
Diktatoren sind Geschäftspartner bei gestaltete Energiewende.
Rüstungsdeals und werden zu Stabilität-
sankern verklärt. Der Ausbau einer »Militär­ n  Wir lehnen den Europäischen Vertei­
union«, die Schaffung einer zusätzlichen digungsfonds ab. Durch ihn sollen Milliar­
europäischen Armee und Rüstungsexporte, denbeträge aus dem gemeinsamen EU-­
führen aber nicht zu mehr Sicherheit für Haushalt in Rüstungsforschung und -ent-
die Menschen. Die sogenannte Ständige wicklung fließen. Das nützt nur der Rüs-
Strukturierte (militärische) Zusammenar- tungsindustrie und fördert weder Sicherheit
beit (engl. kurz: PESCO) soll dafür sorgen, noch Frieden.
dass Milliarden für Rüstung ausgegeben
werden, während es einen enormen n  Statt einer geplanten Ausweitung durch
Mangel an Rüstungskontrolle und zivilem Beteiligung von Drittstaaten fordern wir die
Konfliktmanagement gibt. Die beteiligten Beendigung von PESCO und aller militär­
Staaten werden zur ständigen Steigerung bezogenen EU-Programme und Fonds, wie
ihres Verteidigungshaushalts und ihrer der Europäischen Friedensfazilität (EFF).
Rüstungsinvestitionen, einer Beteiligung Die Gelder wollen wir in sozialen Zusam-
an Rüstungsgroßprojekten und der menhalt, Klimaschutz und globale Gerech-
Aufstel­lung europäischer Truppenverbän- tigkeit investieren.
de ver­pflichtet. Mit der Europäischen
Friedens­fazilität (EFF) wird die Europäische Menschenrechte
Union selbst zum Waffen- und Munitions­ statt Festung Europa
lieferanten.
Die EU-Kommission will einen »Migrations-
Wir wollen ein friedliches Europa und eine pakt« durchsetzen, der weiter auf Abschot-
Union der Abrüstung, die Demokratie tung, Abschiebung und Entrechtung zielt.
fördert, statt mit Diktatoren Geschäfte zu Die Bundesregierung unterstützt dieses
machen. Wir treten für eine europäische Vorgehen. Wir stellen uns dagegen. Es ist
Friedens- und Entspannungspolitik ein und mit einem solidarischen und menschlichen
wollen die Militarisierung der EU beenden. Europa nicht vereinbar, dass Tausende von
Sicherheit gibt es nur mit konsequenter Menschen auf der Flucht im Mittelmeer er-
Friedenspolitik und Förderung globaler trinken oder in rechtsfreien Räumen in Auf-
­Gerechtigkeit statt Standortkonkurrenz.  fanglagern und Abschiebezentren an und
vor den Grenzen der EU gefangen gehalten
n  Wir wollen die EU-Rüstungsagentur ab- werden. Kooperationen zum Zweck der Ab-
schaffen und setzen uns für ein EU-weites schottung mit autoritären Regimen der EU,
Verbot von Rüstungsexporten ein. Expor- wie beim unmenschlichen EU-Türkei-Deal
te in autoritäre Regime wie Ägypten und die oder dem Abkommen mit der libyschen
Türkei müssen sofort gestoppt werden. Küstenwache, stellen wir uns entgegen: Sie
sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des
n  Wir lehnen die Pläne zu einer europäi- Problems. DIE LINKE will Menschen retten,
schen Verteidigungsunion und einer Koope- Fluchtwege frei machen und Fluchtursa-

152
chen bekämpfen (vgl. Kapitel »Solidarische Flüchtlings-, Kinderrechts- und Euro­
Einwanderungsgesellschaft«): Ohne die päischer Menschenrechtskonvention.
Grenzschutzagentur und Küstenwache Ohne Freiheitsberaubung und Pushbacks
Frontex, mit legalen Fluchtwegen. Mit in Folter und Tod (vgl. Kapitel »Menschlich-
Rechtssicherheit und Durchsetzung von keit verteidigen«).

Wie wir das Land verändern


DIE LINKE kämpft für soziale Gerechtigkeit von Minijobs in sozialversicherte Arbeit
und Frieden, wir streiten für einen Umbau und flächendeckende Tarifverträge. Die
von Wirtschaft und Gesellschaft, der die gesetzliche Rente muss so gestaltet sein,
Menschen überall auf dieser Welt in den Mit- dass niemand unterhalb der Armutsgren­
telpunkt stellt: die Beschäftigten, Rentner*in­ ze leben muss, und das Renteneintrittsalter
nen, die Erwerbslosen – und die Menschen muss wieder abgesenkt werden. Hartz IV
von morgen, unsere Kinder und Enkel. Ihnen muss armuts- und sanktionsfrei sein. Ohne
wollen wir eine lebenswerte, inklusive und eine Besteuerung der Millionär*innen gibt es
klimagerechte Gesellschaft übergeben. keinen Politikwechsel. Ohne eine Vermö­
gensteuer lassen sich die notwendigen
Mit einer gut ausgestatteten öffentlichen Investitionen in bezahlbares Wohnen, Bil-
Daseinsvorsorge, in der das, was für alle dungsgerechtigkeit und Klimaschutz nicht
da ist, auch allen gehört. Mit Orten, die gerecht finanzieren.
den demokratischen Austausch befördern,
gesellschaftlichen Zusammenhalt erfahrbar 2. Statt warmer Worte bekommen die
machen und die allen Zugang und Teilhabe Kolleg*innen in der Pflege endlich eine
am gesellschaftlichen Reichtum eröffnen. bessere Bezahlung, mehr Personal und
Auf einem lebensfähigen Planeten, mit eine gesetzliche bedarfsorientierte
guter Luft zum Atmen. Wir werden alles in ­Personalbemessung. Krankenhäuser
unserer Macht Stehende tun, um das Ziel und Pflegeeinrichtungen gehören flächen­
zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad deckend wieder in öffentliche und gemein-
zu begrenzen – und die Wirtschaft und wohlorientierte Hand. Die Fallpauschalen
Gesellschaft sozial- und klimagerecht zu müssen abgeschafft werden.
verändern.
3. Der Mietendeckel in Berlin hat gezeigt,
Wir wollen Menschen Mut machen. Wir dass die Mieten nicht immer weiter steigen
wollen für fünf Punkte gesellschaftliche müssen. Der Mietendeckel wurde kassiert,
Mehrheiten gewinnen. Sie sind realistisch weil das Bundesverfassungsgericht der
und radikal. Sie verbessern das Leben der Auffassung ist, das sei nicht Aufgabe eines
Mehrheit – und sind zugleich Weichenstel- Bundeslandes, sondern des Bundestages
lungen für eine andere Gesellschaft. Es für das ganze Land. Das sehen wir als Auf-
sind entschiedene Schritte in eine soziale trag. Mit uns wird es einen Mietendeckel
und ökologische Zukunft. für alle Kommunen mit angespanntem
Wohnungsmarkt geben. Außerdem braucht
Wir werden uns nur an einer Regierung es ein Programm für den Bau von dauerhaft
beteiligen, die sich an folgenden Punkten bezahlbaren Wohnungen – in öffentlicher
messen lässt: und genossenschaftlicher Hand.

1. In der Pandemie wurde viel Beifall ge- 4. Für uns gehören konsequenter Klima­
klatscht, aber an den Löhnen hat sich kaum schutz und soziale Gerechtigkeit zusam-
etwas geändert. Notwendig sind höhere men – denn gerade die Armen werden am
Löhne und sichere statt prekäre Arbeit. meisten unter dem Klimawandel leiden.
Gegen den Niedriglohnsektor brauchen Es braucht eine Wende hin zu Zukunfts­
wir einen Mindestlohn, der jetzt und im investitionen für eine klimaneutrale
Alter vor Armut schützt, die Umwandlung Wirtschaft und Gute Arbeit für alle. In

153
Schulen, Kitas, Gesundheitsversorgung, Wir versprechen: DIE LINKE akzeptiert
durch die Energiewende und den sozial- keine Unternehmensspenden, kein
ökologischen Umbau der Industrie können ­Parteiensponsoring und keine privaten
Hunderttausende gut bezahlte, zukunfts- Großspenden. Die Abgeordneten der
feste Arbeitsplätze geschaffen werden. Wir ­LINKEN stehen für die hier vorgestellten
werden die Investitionen in Busse und Ziele und Projekte. Sie erklären,
Bahnen massiv steigern und die Tickets
deutlich günstiger machen. n  dass sie keine Spenden oder Geschen-
ke von Lobbygruppen oder Großunter­
5. Die Aufrüstungsspirale verschlingt Steu- nehmen annehmen. Bürger*innenwille
ergelder, die für Soziales und Klimaschutz und ­Gemeinwohl gehen vor Einzelinte­
benötigt werden und heizt die Gefahr neuer resse! Neben­einkünfte werden alle
Kriege weiter an. Wir brauchen eine friedens­ offengelegt;
politische Wende: Weg vom 2-Prozent-Ziel
der NATO-Staaten, hin zu Entspannungspoli- n  dass sie nicht mit Geheimdiensten
tik. Die Rüstungsausgaben müssen gesenkt, zusammenarbeiten und gegen Demo­
die Rüstungsexporte gestoppt und die Aus- kratieabbau stehen;
landseinsätze der Bundeswehr beendet wer-
den. Wir werden die Fluchtursachen, nicht n  dass sie Informationen und Wissen aus
die Geflüchteten bekämpfen. Alle Menschen, ihrer parlamentarischen Tätigkeit zum allge-
die dauerhaft hier leben, sollen die gleichen meinen Interesse einsetzen. Wir sind keine
sozialen Rechte erhalten. Partei der Hinterzimmer. Informationsfrei-
heit statt Geheimniskrämerei!
Wir wollen Veränderung für soziale Sicher-
heit, Frieden und Klimagerechtigkeit. Diese n  dass sie Mittel und Infrastruktur der
Veränderung werden wir als rebellischer ­ bgeordnetenbüros der lokalen Bevölkerung,
A
Teil einer Mitte-links-Regierung voran­ sozialen Bewegungen oder Solidaritäts- und
treiben oder aus der Opposition heraus Hilfsprojekten zur Verfügung stellen.
die poli­tische Agenda bestimmen.
n  dass sie in allen Politikbereichen Klima-
DIE LINKE will diese Bundestagswahl zur schutz und soziale Gerechtigkeit zusammen
Richtungsentscheidung machen. Endlich denken und priorisieren.
scheint die Mehrheit für eine fortschrittliche
Regierung in Deutschland möglich. Diese n  Die Abgeordneten werden sich dafür
Mehrheit und alle Verbesserungen, die einsetzen, dass sie in Zukunft mit Selbst-
sie verspricht, gibt es nur mit der LINKEN. ständigen und Beamt*innen in die gesetz-
Dafür stehen wir bereit. Für einen sozialöko­ liche Rentenkasse einzahlen und in eine
logischen Politikwechsel in Deutschland solidarische Gesundheits- und Pflegevoll-
wollen wir Verantwortung übernehmen. versicherung und dass die Beitragsbemes-
Wir wollen regieren, um zu verändern! Eine sungsgrenzen – soweit verfassungsrecht-
andere Politik wird nicht maßgeblich im lich zulässig – abgeschafft werden.
­Parlament gemacht. Sie braucht Druck
aus der Gesellschaft, von ­Gewerkschaften, Fridays for Future hat weltweit Klimage-
sozialen und Klimabewegungen, von NGOs, rechtigkeit und den Umbau der Wirtschaft
Sozial- und Umweltverbänden und der eingefordert. Die Proteste der Pflege-
Friedens­bewegung. Druck von unten und kräfte haben den Pflegenotstand auf die
Druck von der Straße. DIE LINKE ist in ­Tagesordnung gesetzt. Beschäftigte orga-
diesen Bewegungen verankert. Gemeinsam nisieren sich unter widrigen Bedingungen
können wir die Kräfteverhältnisse in der und streiken für ihre Interessen, für Gute
Gesellschaft nach links verschieben. Wir Arbeit, die zum Leben passt, und eine
sind die Adresse im Parlament, die frei von ­planbare Zukunft. An vielen Orten wehren
Konzern- und Lobbyinteressen ist. Wir geben sich Mieter*innen gegen steigende Mieten
denen eine Stimme, die von den anderen und Wohnungsnot. Diese Anliegen sind
Parteien überhört werden. unser Programm.

154
Wir wollen Verbesserungen im Alltag der
großen Mehrheit der Menschen durch-
setzen und uns gemeinsam mit ihnen auf
den Weg zu einer sozialen, klimagerechten
Gesellschaft machen.

Lassen Sie uns gemeinsam das Land ver­


ändern. Geben Sie der LINKEN Ihre Stimme:
Gemeinsam sind wir stark, um die Interes-
sen der Vielen gegen die Profitinteressen
der Wenigen durchzusetzen. Kämpfen
wir gemeinsam für neue gesellschaftliche
Mehrheiten. Für einen sozialen, ökologi-
schen und friedenspolitischen Aufbruch!

155
Stichwortverzeichnis
24-Stunden-Pflege  21, 35 B

A BaFin (Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht)  91
Abgabenordnung  118 BAföG  52, 53, 85
Abgeltungsteuer  88 Bagatelldelikte  120
Abrüstung  13,133 –135,137,152 Bahn, Deutsche Bahn, DB  12, 58, 59, 62, 63,
Abschiebung  53,152 64, 65, 83, 84, 86,150
Abschläge, abschlagsfrei  24 Barrierefreiheit  19, 37, 59, 88,110,111,
Altersvorsorge, betriebliche  23, 86, 89 113,124
Altersvorsorge, gesetzliche  23, 86, 89 Baukindergeld  39
Altersvorsorge, kapitalgedeckte  23, 86, 89 Befristungen, sachgrundlose  9,15,17, 21
Altschulden  45 Befruchtung, künstliche  106
Amazon  87, 93,120,149 Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)  111
Antisemitismus  13,15,114,118,119,130 Beitragsbemessungsgrenze  23, 33, 34
Anti-Spekulations-Gesetz  43 Beratungshilfe, Beratungsstellen  28
Antistressverordnung  16,18 Berufsausbildung  50, 51,115
Antiterrorgesetzgebung  121 Berufsbildungsgesetz  51
Antiziganismus  13,15,114,118,119 Berufsbildungspakt  51
Arbeit auf Abruf  18, 21 Berufskrankheiten, Anerkennung von  19
Arbeitnehmerbegriff  17, 21 Beschäftigte in Privathaushalten  20
Arbeitnehmerentsendegesetz  16 Beschäftigtendatenschutzgesetz  92,121
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz  16 Betäubungsmittelgesetz  120
Arbeitslosengeld  20, 26, 59 Betreuungsschlüssel  29, 47
Arbeitslosenversicherung  25, 26,126 Betriebsbegriff  17, 21, 92
Arbeitsschutz  18 – 20, 34,120 Betriebskosten  32
Arbeitszeiterfassung  16 Betriebsratswahlen  21
Arbeitszeitmodelle, Betriebsverfassung, -sgesetz  17, 21
­Arbeitszeitverkürzung  29,102 Betriebsvermögen  86, 87
Artensterben  56 Bewegungsfreiheit  113,114,116,124
Assistenz  34, 36,106,110 Bibliotheken  25, 28, 86,125,128
Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)  27 Bilanztricks  44
Asyl, -recht, -verfahren  13,109,143 Bildung  7, 9,10,11,14, 29, 36, 39, 41, 46 – 52,
Atomausstieg, Atommüll  70 55, 58, 59, 88, 94, 98, 99,103,104,110,112,
Atomwaffen  137 113,115,117 –119,125,127,128,134,138,142,
Aufrüstung  13,15, 88,119,120,122,133 –135, 144,147,148
147,148,152 Bildungsfreistellung  52
Ausbeutung  20, 21, 31, 34, 35, 53, 56,105, Biowaffen  136
112,113,116,142,144,150 BKA  118
Ausbildung  33, 42, 47, 48, 50, 51– 53, 55, 62, Black Lives Matter  15,113,121
106,113,118,122,138 Bleiberecht  13, 53,114,118
Ausbildungsumlage  20 Bodenwertzuwachssteuer  43
Ausbildungsvergütung  50 Börsenzulassung (Krankenhaus-, Pflege- und
Ausgliederungen  31, 63 Immobilienkonzerne)  90
Auslandseinsätze Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs­
der Bundeswehr  13,133,134,154 aufsicht (BaFin)  91
Außenwerbung  45 Bundesantidiskriminierungsgesetz  114
Ausstellungsvergütung  126 Bundeshaushalt  71, 88
Austerität  147,148 Bundesteilhabegesetz  112
Autobahn, Ausbaustopp (Moratorium)  64 Bundesurlaubsgesetz  18
autonome Waffensysteme  137 Bundeswehr  13,15, 35, 50, 77, 95,118,121,
130,133,134,135,136,137,154
156
C Entgeltpunkte  24
Entlassungen, betriebsbedingte  9,15,19,
Cannabis  132 26, 88
Care-Arbeit  102 Entschuldungsinitiative  144
CCS  71 Entspannungspolitik  13,133,152,154
CETA  140 Entwicklungsziele  144
Chemiewaffen  136 Entwicklungszusammenarbeit  133,138,
Clubs, Clubkultur, Clubsterben  107,127 142,143
Corona, -Pandemie  10,11, 25, 31, 38, 39, 45, Erbschaftsteuer  86, 87
62,107,145,148 Erderwärmung  12, 56, 67,153
Cum-Cum-Geschäfte, Cum/ Erdgas, -ausstieg  67, 71
Ex-Geschäfte  90 Erinnerungspolitik  128
Cyberwar  135 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)  58, 69
Erwerbslose  16, 25, 26
D Erwerbslosenversicherung  26
Erwerbsminderung, Erwerbs­
Datenportabilität  96 minderungsrenten  22, 24
Datenschutz  93, 95, 97, 98,120,123,142 Erwerbstätigenversicherung,
Deindustrialisierung  79,147 ­Solidarische  22 – 24,103
Demokratiefördergesetz  13,114,118 Ethikunterricht  130
Derivate  89, 90 Euratom  152
Dienstwagenprivileg  64 Euro  9 –12,16,17, 22 – 29, 31, 33, 38, 40, 42,
Digitale Gewalt  96 43, 46, 49, 58, 60, 62, 65, 66, 68, 71, 78, 80,
Digitale Infrastruktur  55, 93, 94 85 – 91, 93,102,103,113,123,126,131,132,134,
Digitale Zahlungen  97 141,145,148,149,150
Digitalisierung  10,19, 21, 56, 59, 63, 92, 94, Europäische Menschenrechts­
97 –100,128,129,135 konvention  115
Digitalkonzerne  93,129,142,149 Europäische Zentralbank (EZB)  59,149
Diskriminierung  13, 82,108,109,113,114, Existenzminimum, steuerfreies  23, 27, 30,
121,122,131 88,107,151
Doping  131 extreme Rechte  115,117,118,131
Doppelbesteuerung  23 Exzellenzstrategie  54
Doppelverbeitragung  23 E-Zigaretten  132
Drittmittel  52
Drogen  131,132 F
Drug Checking  132
Durchschnittsrente  10, 22 Fachhochschulen  54, 59
Fallpauschalen  10, 32,102,153
E Familiennachzug  116
Familienpflegezeitgesetz  35
E-Gaming  133 Feiertage  18, 80,131
Ehegattensplitting  30, 88,107 Feminismus  11,18, 35,101,105,121
Ehrenamt  110,124,125 Femizid  104
Eigenanteile  10, 32, 33, 85 Fernmeldegeheimnis  96
Eingangssteuersatz  86 Festung Europa  152
Einheit, deutsche  79, 80, 82,146 Finanzaufsicht  79, 91
Einkommensteuer  11, 87, 88,125 Finanzkriminalität  90
Eintritt (Museen und Sammlungen)  127,164 Finanztransaktionssteuer  87,144,149
Einwanderung  112 Fiskalpakt, europäischer  87
Elektromobilität  65 Flächenfraß  45
Elternbeitragsfreiheit  47 Flexibilitätszulage  16
Elterngeld  29 Flüchtlingskonvention  13,115
Emissionshandel  68, 69 Fluchtumlage, europäische  116
Entfernungspauschale  88 Fluchtursachen  13,115,116,139,152,154

157
Fluchtwege  113,115,152 Gute Arbeit  9,15,19, 25, 26, 53, 57, 62, 63,
Flugverkehr  65 92,102,111,150,151,153,154
Foreign Account Tax Compliance Act Güterverkehr  64, 66
­(FATCA)  92
Forschung  36 – 39, 52, 53, 55, 61, 65, 74, 95, H
106,123,126,136,137,141,148
Forschungsförderung  54, 55 Härtefallfonds  113
Fracking  70,150 Hartz-IV  15, 25, 26, 29, 49
Frauenberatungsstellen, Frauenhäuser  121 Hasskriminalität  108
Frauen mit Behinderung  106 Hedgefonds  43, 89, 90
Frauenquote  54,103 Herero und Nama  146
Frauentag, Frauenkampftag, Hermes-Bürgschaften  136
­internationaler  106 HIV  108,132,141
Freibetrag  44, 86, 87, 88 Hochschule  52, 53
Freihandelsabkommen  140,147 Höchstarbeitszeit, gesetzliche  10,17
Funklöcher  84 Honorare, Mindest-  54
Housing First  44
G Hygieneprodukte  35,106

Ganztagsbetreuung  47, 48, 58,103 I


Gebrauchsgüter, langlebige  27
Gedenkstätten  128 Immobilienlobby,
Geflüchtete  13, 48, 53, 96,105,106,109,110, Immobilienkonzerne  40
114 –116,139 Immobilienregister  44, 91
Geflüchtete Frauen  105 Immobilienwirtschaft  40
Geldwäsche  87, 90, 91, 97 Impfstoffe, Impfstoffproduktion  141
Gemeindewirtschaftsteuer  85, 87 informationelle
Gemeinnützigkeit  89 Selbstbestimmung  95, 96, 99,120
Gemeinschaftsschule  48 Informationsfreiheitsgesetz  97
Gender-Care-Gap  102 Infrastrukturen, öffentliche  25, 29, 45, 55,
Gender-Pay-Gap  102 59,104
Genossenschaften, Initiativrecht  19, 68, 92,151
genossenschaftlich  12, 40, 61 Inkassoabzocke  78
Genossenschaftsbanken  90 Inklusion, inklusive  48, 58,110,113,127
Geschlechterquotierung  105 Internationale
Gesundheitliche Ungleichheit  36 Arbeitsorganisation (ILO)  145
Gesundheitsversicherung, Investitionen  11,12, 45, 48, 51, 54, 57, 58,
solidarische  10, 26, 33, 88,102 63, 65, 68, 85, 86, 87, 90, 93,104,111,113,114,
Gesundheitsversorgung  8,10,13, 36 – 38, 118,127,131,133,141,147 –150,153,154
59, 94,103,106,118,141,142,147,154 Investmentbanking  90
Gewerbemietverträge  41 Istanbul-Konvention  104
Gewerbesteuer, Reform der  85, 87 IT-Zuschlag  27
Girokonto, Recht auf kostenfreies  90
Glasfaserausbau  93 J
Gleichbehandlungsgesetz  108,111
gleiche Rechte  13,14,113 Journalismus, Journalist*innen  128,129
Glyphosat, Pestizide  73 Jugendämter  30
Grundeinkommen, Jugendpolitik  124
bedingungsloses  28
Grunderwerbsteuer  89 K
Grundrechte  7, 9,11, 31, 68, 89, 96,113,117,
120,141,145,151 Kassenkredite  85
Grundrente (sogenannte)  24 Katastrophenschutz  24,134,135
Grundsicherungsleistungen  27 Kennzeichnungspflicht  118,122

158
Kettenduldung  113 Leiharbeit  9,16, 21
Kinderbetreuung, Leistungssport  131
Kindertageseinrichtungen, Kitas  20, 29,115 Lernmittelfreiheit  47, 51, 98
Kindergeld  28, 29 Liegenschaftspolitik  43
Kindergrundsicherung  27, 28, 29 Lizenzen  10,127
Kinderkrankentage  30 Lkw-Maut  66
Kinderrechte, Kinderrechtskonvention  30 Lobbyismus, Lobbyregister  49,123
Kinder- und Jugendarmut  28, 29 Lohndumping  16,150
Kinos, kommunale  125
Kitaqualitätsgesetz  47 M
Klimagerechtigkeit  14, 42, 57, 58, 62, 67,
143,154 Mediatheken  129
Kohleausstieg  67, 68, 69,150 Medien, -bildung, -förderung  55, 97, 98, 99,
Kolonialismus, deutscher  128,143,146 126,128,129
Kommando Spezialkräfte (KSK)  135 Mehrsprachigkeit  48
Konfliktlösung, gewaltfrei  13,105,120,133 Menschenhandel  105
Konfliktmineralien  140 Menschenrechte, Menschenrechts­
Königsteiner Schlüssel  49 konvention  13, 89,101,110,113,133,139,145,
Konnexität  85 146,151,152
Kontingentflüchtlinge  24 Menstruation  35,106
Kontrolle, demokratische  32, 38, 61, 74, 84, Mercosur  140
90, 93, 95, 97,105,116,121 –123,136,148,151 Mieten  11,14, 28, 39, 40, 41, 43 – 45, 58, 87,
Konversionsbehandlungen  109 153,154
Kooperationsverbot  47,126 Mietendeckel  11,12, 40, 41,153
Körperschaftsteuer  87 Mietenstopp  40
Korruption  14, 38,123,131 Mietpreisbremse  39 – 41
Kosten der Unterkunft und Heizung  27, 42 Mietwucher  41, 44
Krankenversicherung, Milieuschutz  41
gesetzliche  32, 33,109 Minderheiten  96,110,116,119,120,130
Krankenversicherung, private  32, 33,109 Mindesteinkommen, garantiertes  10, 25, 28
Kredite  28, 87 Mindestlohn, gesetzlicher  9,16, 35, 80,102,
Kreditwesengesetz (KWG)  90 129,153
Kreislaufwirtschaft  77 Mindestrente, Solidarische  22, 23
Kriegsgefahr  101,133 Mindestsicherung  10, 26, 27, 94,115,150
Kriminalisierung  69,103,115,131,132,146 Mindeststeuersatz  149
Kuba  143,145 Mindesturlaubsanspruch, gesetzlicher  18
Kultur  7 – 9,14, 29, 96,119,124 –128,131, Mini- und Midijobs  9,17, 30
138,146 Mitbestimmung,
Kulturbetriebe, -branche  126 Mitbestimmungsrechte  11,12,16,19, 21, 48,
Kultureinrichtungen  127 51, 60, 61,123
Kulturförderung  125,127 Mobilfunknetz  83, 94
Kündigung  20, 41 Mobilitätsgeld  64, 88
Kündigungsschutz  21, 30, 41 Modernisierungsumlage  42
Künstlersozialkasse  126 Mütterrente (sogenannte)  24
Kurzarbeit, Kurzarbeitergeld  26, 28, 39

L
N
Länderfinanzausgleich  85
Landraub  13,141 Nachtflugverbot  66
Langzeiterwerbslose  24, 26 Nahverkehr  9,12, 25, 27, 31, 54, 58, 59, 62,
Lärmschutz  65 64, 99,100
Lebensmittelkennzeichnung, NATO  13,133,134,137,138,146,152,154
­Lebensmittelverschwendung  74 Netzentgelt  71

159
Netzneutralität  94 Q
Neubau  54, 68
Niedriglohn, Niedriglohnsektor  16, 24,102 Queer, queere  15,102,105 –109,116
Normalarbeitsverhältnis, neues  17, 25 Quellenbesteuerung, Quellensteuer  93
Quote  103,114
O
R
Obdachlosigkeit  44,108
Onlinedurchsuchung  96 Racial Profiling  122
Open Access, Open Source  99 Rassismus  13 –15,105,108,112 –115,
ÖPNV  12, 28, 29, 37, 62, 64 – 66, 99,100, 117 –119,121,130,135,139,148
118,124 Raubkunst  128
Ostdeutschland, Aufbruch Ost  24, 72, 79, Regelaltersgrenze  10, 24
80 – 84,102 Regionalpolitik  45
Ostrenten  11, 81 Reichensteuer  88
Rekommunalisierung,
P ­Rekommunalisierungsfonds  32, 77, 85
Religionsfreiheit  130
Pandemie  8 – 4, 35, 50, 93,109,120, Rentenniveau  10, 22, 24
130,148,153 Rentenversicherung, gesetzliche  22 – 24
Parteiensponsoring  123,154 Rentenwert (Ost)  11, 81
Partizipationsgesetz  114 Repression  84,132
Patientenverfügung  36 Reproduktive Gerechtigkeit  29,106
Personalbemessung, Rettungsschirm für Industrie­
gesetzliche  16,18, 21, 31, 32, 92,153 arbeitsplätze  59, 60
Petitionsrecht  124 Rohstoffverbrauch  143
Pflegeleistung, Ruhezeiten, gesetzliche  17, 66
Pflegesachleistungen  34 Rüstungsausgaben  88,133,134,145,154
Pflegende Angehörige  34 Rüstungsexporte,
Pflege, Pflegenotstand  8 –10,18, 20, 21, ­Rüstungsexportkontrollgesetz  13,133,135,
24, 25, 31 – 36, 58, 88, 90, 99,102,103,108, 136,139,152,154
112,119,126,153
Pflegeversicherung, gesetzliche, private, S
­solidarische  10, 33, 34
Pharmaindustrie, -konzerne  38,141 Sanktionen, Abschaffung der  21, 25 – 27, 90,
politische Bildung  117,119 111,133,145
Polizei  104,112,118,120 –122,134 Schufa, Schulden, Auskünfte über,
Polizeigesetze  122 ­Schuldnerberatung  28, 78
Polizeigewalt  121,122 Schuldenbremse  11, 46, 84, 87,104
Prävention  18, 35,120,131,132 Schulreinigung  46, 50
Presseauskunftsrecht  129 Schwangerschaftsabbruch  106
Pressefreiheit  123,128,129 Schwarzarbeit, Finanzkontrolle des Zolls  16
Private-Equity-Gesellschaften  90 Schwimmbäder, Schwimmunterricht  25, 49,
Privatisierung  15, 32, 43, 55, 64, 77, 83, 84, 83, 86,131
87, 97,103,121,123,125,139,147 Seebrücke, Seenotrettung  15,113
Prozesskostenhilfe  28 Selbstbestimmung,
Psychiatrie  37 ­Selbstbestimmungsrecht  30, 31, 34, 36, 80,
Psychotherapie  109 95, 96, 99,101,106,109,110,120,124
Public Health  39 Selbstverwaltung, kommunale  50, 85
Pushbacks  105,153 Sexarbeit  103
Sexismus  102,119
Share Deals  44, 89
Smart City  45
solidarische Ökonomie  61

160
Solidaritätszuschlag, Solidaritätspakt III  88 U
Sonntag, erwerbsarbeitsfreier  130
Sorge- und Umgangsrecht  30,104 Übergewinnsteuer (Excess Profit Tax)  87
Sozialeigentum  25 Übertragungsrechte  129
Sozialversicherungsschutz  20, 92 Überwachungstechnologie  96
Sozialwohnungen  39, 40, 41 Umsatzsteuer  87
Sparkassen  83, 90 Umwandlungsverbot  41
Spekulation  39, 43, 44, 87, 89, 90, 99,141 UN  39, 74,105,110 –112,114,115,137 –141,
Sperrzeiten, Abschaffung der  26 143,144,145
Spielstraßen  45 UN-Behindertenrechtskonvention  110
Spielsucht  132 Union Busting  21
Sport  9,129,131 Unterhaltsvorschuss  29
Staatsbürgerschaft  113 Unterkunftskosten  29
Staatstrojaner  96,120 Untersuchungsausschuss  13, 82
Stabilitäts- und Wachstumspakt  148 UN-Treaty  140
Stadtentwicklungspolitik  40
Steuerflucht, Steueroasen  91,149 V
Steuerfreibeträge  11, 88
Steuerschlupflöcher, -tricks, Veranstaltungsbranche  126
­-vermeidung  86 Verbandsklagerecht  16, 21, 75,103,108,
Steuervollzug  87, 89 111,114
Stiftungen  55, 82, 89, 91,142,144 Verbraucher(*innen)schutz  28, 71, 74,
Streik, Solidaritätsstreik, Streikrecht  21, 83 78, 79
Strompreis  71 Verbrennungsmotor, Ausstieg  65
Strukturförderung, Strukturwandel  119 Verfassungsschutz  13,117,118,120
Studiengebühren  52 Vergabemindestlohn  81
Studierende, Studium  52 – 55, 62 Verhütungsmethoden  106
Substitutionstherapie  132 Vermögensabgabe  14, 86,125
Subventionen, klimaschädliche  12, 23, 57, Vermögensteuer  11, 86,104,125,153
58, 60, 61, 68, 74, 88,148,150 Versammlungsfreiheit,
Sucht  132 ­Versammlungsverbote  120
Verschlüsselung, Ende-zu-Ende  95, 96
T Vertriebsgenossenschaften, regionale  83
Verwertungsgesellschaften  126
Tarifbindung  12,15,16, 80, 81 Videoüberwachung  96,120
Tarifeinheitsgesetz  22 Völkermord  146
Tarifgebiete, einheitliche  11, 81 Völkerrecht  133,138,145
Tariftreue, Tariftreueklausel  12 Volksbegehren, Volksentscheide,
Technikfolgenabschätzung  99 ­Volksinitiativen  123,151
Teilhabegesetz  29, 31 Volkshochschulen  51, 52
Teilzeit- und Befristungsgesetz  17,18 Vorratsdatenspeicherung  96,120
Tierschutz  73, 74, 75 Vorstandsgehälter, Begrenzung der  17
Transformationsräte  12, 61, 68
Transparenzregister  91,152 W
Transsexuellengesetz (TSG)  109
Treuhand  79, 80, 82 Waffenexporte  133
Troika  148 Wahlrecht  113,124
TTIP  140 Wasserstoff, Wasserstoffimporte  61, 64, 65,
Türkei  115,135,138,151,152 71, 72
TVStud  54 Weiterbildung, Weiterbildungs-
fonds, ­Weiterbildungsgeld,
­Weiterqualifizierungsgeld  12,19, 20, 26, 33,
34, 36, 46, 48, 51 – 53, 55, 59, 62

161
Werkstätten für behinderte Menschen  111
Werkverträge  16
Whistleblower-Schutzgesetz  79,129
Willkommenskommunen  114
Wirtschaftskreisläufe, regionale  59, 77,
85,139
Wirtschaftskriminalität  119
Wohngeld  42, 44, 71

Z
Zahlungsverkehr  90
Zweckgesellschaften, außerbilanzielle  90
Zweiklassenmedizin, Zwei-Klassen-Medizin,
2-Klassen-Medizin  10, 33

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Eintrittserklärung
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Hiermit erkläre ich,
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Name, Vorname*
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meinen Eintritt in die Partei DIE LINKE, Mitglied der Partei der Europäischen Linken (EL).
NFJOFO&JOUSJUUJOEJF1BSUFJ%*&-*/,& .JUHMJFEEFS1BSUFJEFS&VSPQjJTDIFO-JOLFO &-

Ich bekenne mich zu den Grundsätzen des Programmes der Partei DIE LINKE, erkenne die Bundessatzung an
*DICFLFOOFNJDI[VEFO(SVOETjU[FOEFT1SPHSBNNFTEFS1BSUFJ%*&-*/,& FSLFOOFEJF#VOEFTTBU[VOH
BOVOECJOOJDIU.JUHMJFEFJOFSBOEFSFO1BSUFJJN4JOOFEFT1BSUFJFOHFTFU[FT
und bin nicht Mitglied einer anderen Partei im Sinne des Parteiengesetzes.

Weitere Angaben zu meiner Person


8FJUFSF"OHBCFO[VNFJOFS1FSTPO
Straße* Hausnummer* Geburtsdatum*
4USB‡F )BVTOVNNFS (FCVSUTEBUVN

PLZ* Ort* Telefonnummer


1-; 0SU 5FMFGPOOVNNFS

Bundesland* E-Mail-Adresse
#VOEFTMBOE &.BJM"ESFTTF

Soziale Netzwerke (Facebook, Twitter, Google+ etc.)


4P[JBMF/FU[XFSLF 'BDFCPPL 5XJUUFS (PPHMF FUD

Beruf Tätig als


#FSVG 5jUJHBMT

Ich war früher bereits Mitglied einer Partei im Sinne des Parteiengesetzes. Wenn ja, in welcher?*
*DIXBSGSIFSCFSFJUT.JUHMJFEFJOFS1BSUFJJN4JOOFEFT1BSUFJFOHFTFU[FT8FOOKB JOXFMDIFS

Politische Interessen (Themenfelder)


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Die Angaben werden von der Partei DIE LINKE in ihrer Bundesgeschäftsstelle und den Gliederungen
entsprechend den Bestimmungen der EU-Datenschutzgrundverordnung zum Zwecke des Nachweises der
%JF"OHBCFOEJFOFOEFS/BDIXFJTGISVOHVOEEFSTUBUJTUJTDIFO"VTXFSUVOHEFS.JUHMJFEFSFOUXJDLMVOH
Mitgliedschaftsvoraussetzung, der Nachweisführung gemäß Parteiengesetz, der statistischen Auswertung
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und innerparteilichen Kommunikation verarbeitet. Weitere Hinweise zur Datenverarbeitung und Ihren
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Rechten unter www.die-linke.de/datenschutz
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Einwilligung in die parteiinterne Bekanntmachung
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Ich erkläre mich damit einverstanden, dass mein Eintritt nach §2 (2) der Bundessatzung parteiöffentlich
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bekannt gegeben wird. Parteiöffentliche Bekanntmachung bedeutet, dass Neumitglieder zum Beispiel auf
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einer Mitgliederversammlung oder in einer internen Publikation des Kreisverbandes namentlich erwähnt
werden.
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Ort, Datum Unterschrift


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*) Pflichtfelder
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Spende den
DIE LINKE. Parteivorstand
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Oder O linke.de/spen
Bundesschatzmeister
Kleine Alexanderstr. 28
ie-
10178 Berlin www.d

SEPA-Lastschriftmandat für Wahlkampfspende


Ich ermächtige den Parteivorstand der Partei DIE LINKE, Kleine Alexanderstraße 28, 10178 Berlin,
(Gläubiger ID: DE47ZZZ00000616140)
einmalig
ab …………………………………… bis ……………………………………… monatlich
eine Wahlkampfspende in der unten genannten Höhe von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen.
Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die auf mein Konto gezogene Lastschrift einzulösen.
Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend vom Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen.
Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.

Name, Vorname Spendenhöhe in Euro

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kung der Verarbeitung. Anträge sind zu richten an:
DIE LINKE. Parteivorstand, Kleine Alexanderstr. 28, 10178 Berlin, bundesschatzmeister@die-linke.de.
Jeder hat das Recht auf Löschung seiner Daten, wenn die gesetzlichen Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind, sowie auf Beschwerde bei der zuständigen
Datenschutzaufsichtsbehörde. Der Datenschutzbeauftragte der Partei DIE LINKE ist:
Karsten Neumann, Kleine Alexanderstr. 28, 10178 Berlin, datenschutz@die-linke.de
Das Kurzwahlprogramm in leichter Sprache
und in einfacher Sprache,
als Gebärdensprachfilm und als Audioversion
sowie in verschiedenen fremdsprachlichen
Fassungen ist zu finden unter
www.die-linke.de/wahlprogramm

Eine Version in Braille-Schrift


kann unter umseitig angegebener
­Postanschrift bestellt werden.

Informationen zur Briefwahl, zur Erst- und


Zweitstimme, Hinweise für Auslandsdeutsche
und weitere Wahlhilfe gibt es unter
www.die-linke.de/wahlhilfe

Impressum

DIE LINKE
Kleine Alexanderstraße 28
10178 Berlin
Telefon: 030 / 24009999
wahlanfragen@die-linke.de
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Bundesgeschäftsführer

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