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‫سارة‬

1
Class Book

University of Chicago Library

BERLIN COLLECTION
GIVEN BY

MARTIN A. RYERSON
H. H. KOHLSAAT BYRON L. SMITH
Chas . L. HUTCHINSON C. R. CRANE
H. A. Rust CYRUS H. McCORMICK
A. A. SPRAGUE C. J. SINGER
1
Sinnverwandte Bórter
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Eberhardifden Synonymit !

Dergliden
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Joh. Gebh. Ehrenreich Maaß


ordentlidem febrer der Weltweitbeit ju alle
sitter des.eifer der Streures.

Dritter Ban D.

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Halle und feipzig ,


in der Kuff den Buchhandlung.
1819 .
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Joh. Gebh. Ehrenr. Maaß


ordentlidem febrer der Weltweisheit 3 * Salle
#itter des eiferaen Streures .

Neunter heil.
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Halle und Leipzig,


in der Ruffchen Buchhandlung .
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Berlin Collection
1080841

H.

Ha! He! Hi ! Ho! Hu !


üs. Empfindungslaute. Sie ſind natúrliche Ausdråde son
Empfindungen , inden dieſe, bei einem gewiſſen Grade von Lebe
haftigteit, unwidtúrlich in dieſe Laute ausbrechen ; die übrigens
nichts anderes find , als die ſogenannten Selbſtlauter A , E , S
D und u , welche nur, bei gedachter Lebhaftigkeit der Empfine
dungen , mit einem ſtårtern Sauche ausgeſprochen werden.. 1
V. Sofern die Selbſtlauter bloß als laute betrachtet wers
den , unterſcheiden ſie ſich hauptſächlich durch Hdhe und Liefe.
In der Ordnung u , 0 , 2 , 6 , bilden fie die natürliche Toni
leiter der menſchlichen Stimme beim Reden , vom tiefften Zone
bis zum höchſten. Hierauf aber beruhet dann auch der Unters
ſchied, der unter den Lauten Bu, Ho, ha , he , Bi , als Auso
drücken , fich findet. Auf hat den tiefſten Ton. Es iſt daher
Ausdruck ſolcher Empfindungen , welche die Stimme am meiſten
vertiefen . Dies thut votzugsweiſe große Furcht, beſonders wenn
ſie ein Graufen iſt. Denn ſo wie dieſe überhaupt alle Kräfte
lähmt und nieder ſchlågt, wobei auch das Blut in ſeinen Umlau
fe gehemmt wird, und aus den äußern Theifen zurüc . tritt, und
wir ein Gefühl haben , als wern es uns eistált überliefe ; ro

inacht ſie auch , daß die Stimme tief verab fintt. Daher iſt es
beſonders dieſe Empfindung , welcher der Ausruf Rzut oder wies
derholt Ku ! Ku ! angehört. In der Zauberfldte, wo Papas
geno , beim Anblicke des Mohren von Furcht und Graufen ergrife*
fen , ausruft :
n!! ..2
Das # der Seufel Tiderlich !
Hat Mozart den darin liegenden Ausdruck auf das treffendfte
dargeſtellt.
Sinodermandie Wertet, at The 2 Duro
Ha !
Durch die äußere Kålte werden wir , wenn ſie uns empfinds
lich angreift, in Anſehung des Körpers in einen ähnlichen Zus
ſtand verſetzt, wie durch das Grauſen , wobei es uns talt übere
låuft. Daher pflegen wir , wenn uns friert , aud) wol bu !
su ! auszurufen.

si! hat den höchſten Ton, und ift daher derjenigen Ems
pfindung eigen , welche die Stimme am meiſten erhshet. Dies
ist die lachende Fröhlichkeit. Denn dieſe belebt und erregt die
Kråfte, und dadurch auch die Stimmwertzeuge, jedoch nur zu
feichten Spielen , und ohne eine ſolche Grårte, Gewalt und Befo
tigteit zu haben , wie andere, ábrigens eben ſo erregende Empfins
bungen , die darum nur durch die ſtarten , träftigen Mittettone
fich, đußern tonnen. Hi! oder vervielfacht Hi ! Hi ! iſt daher
ein Ausdruck des Lachens ; beſonders in der weiblichen Stimme,
deren Eine ihrer Natur nach höher find.
Ha ! hat den Mittelton , und tann deshalb ein Ausdrud
faſt aller Empfindungen ſeyn , nur mit Ausſchluſſe derer , welche .
die Stimme dergeſtalt finten machen , daß fie ſich zu dem Mittels
tone nicht erheben tann. So ift Ba! ein Ausruf der Freude :
Ha! welde luft !
Campe ;
,
5a ! bier bliat pod
Ein Strahl von Hoffnung vor !
solegel;
des stolzen Selbſtgefühles :
Ha ! id bin der Herr der Welt ! mid lieben
Die Edlen , die mir dienen .
ótes
der Berwunderung :
Johanna.
-
cóbte midy
Had Hiehe!
Pionel.:
af was the bas ?
6illeri ,, ?
des Zornes :
#be
Ha ! 3
Ruden zi
Solce Graufamfeit dertient
Wein Bolt aidt ; baju babt Ihr feine Dolmadt!
Se fler,
Ha ! Ihr erfahnt Eude !
Derfelbe.
Des finſtern Unmuthes :
Denn ha ! Ateb id fo an der Ede,
Und hör ' von weitem das Geldnatter ,
Sehr" ido mido um
Und bramm '.
Obte .

Hó ! hat zwar einen odern Ton als su ! aber doch einen


tiefern , als Ha ! Es iſt daher mehr roldhen Empfindungen eis
gen , welche die Stimme , nur gerade nicht aufs tiefſte, ſinten
laſſen. Dergleidhen iſt z. B. die Berwunderung über etwas Nies
derſchlagendes, was uns ganz unerwartet fommt, aber doch noch
nicht ganz gewiß ift. Ho ! Ho ! das wäre arg ! pflegen wirwol
zu ſagen , wenn eine ſolche Empfindung uns ergreift.
Endlich der Son von Ke ! liegt in der Mitte zwiſchen dem
Tone von Ha ! und Hi ! und neigt ſich daher mehr zu dem Auss
drucke ſolcher Empfindungen , weldie die Stimme, nur nicht ges
rade bis zu der außerſten Hohe , erheben. Daher ift Qe ! beſons
sers ein Zusruf der Fröhliciteit ohne Lachen.
He ! wir haben ſie ( die Feinde ) vertilgt!
Slagel. 9 , 16 .
Bei beſonderer Fåde dieſer Empfindung gehet Ke ! auch in den
vollern laut Hei ! über , wie z. B. in Beiſa ! Juch bei!
Jud)heia ! und in andern Verbindungen dieſer Art , welche
zwar nur in der Sprache des gemeinen Lebens, aber doch ſehr
Häufig vorkommen.
Heiſa ! Judbeta ! Dudeldumdei!
Das geht ja doc ber . Bin aud dabel.
Sdiller.
Hacke.. Ferſe. 6. Ferſe.
1a Haben.
1
4 Hab.
Haben. Beſißen. 8. Beſißen.
Habhaft werden . Sich bemachtigen.
Üb. In feine Gewalt bringen. - Der Gefangene war
entſprungen, und ſie konnten ſeiner lange nicht wieder habhaft
werden. Denn wenn ſie ihm auch noch ſo nahe auf der Spur
waren ; ſo entwiſchte er doch immer wieder. Nur erſt nad vies
ler Mühe haben ſie rich ſeiner wieder bemachtigt.
V. Haft tonimt von Kaften her ( S. Fürwahr,
Bahrhafiig ) , und ſo wie daher Tugendhaft, Gewiſs
ſenhaft, u . f f. derjenige ift, an dem die Tugend, das Ges
wiſſen x. haftet; ſo iſt derjenige eines Dinges habhaft , an
dem das Haben deſſelben haftet , das iſt, der daſſeibe gewiß
hat, in feſtem , fichern Beſite. In Bemådrige'n bes
zeichnet Be die Richtung der Handlung auf den Gegenſtand (S.
Bezug ). Sid Vem å dytigen heißt daher : ſeine Macht
auf einen Gegenſtand ſo richten oder wenden , daß man ihn in
feine Gewalt bekommt.' Alfo bezeichnet sich bemå dytigen
zunächſt mehr die wandlung ſelbſt , wodurch man einen Gegens
ſtand in ſeine Gewalt bringt, abhaft werden zunächſt
mehr den Erfolg , daß man den Gegenſtand in ſeine Gewalt
bringt.
Außerdem findet ſich in dem figürlichen Gebrauche folgender
Unterſchied. Man ſagt auch von Empfindungen und Leidenſdief:
ten , daß ſie ſich unſerer , oder, unſerer Seele, bemå chtigen.
Et bemadtigte ſich ſeitdem eine tiefe Schidermuth
feiner Seele.
Campe.
Auf ähnliche Art wird sich bemá dytigen auch von törper:
lichen Zuſtånden geſagt.
Der Splaf bemddtigte fich unwiderſtehlich feiner Sinne.
Campe.

Qabhaft werden wird in folden Fällen nicht gebraucht.


Man ſagt nicht : die Schwermuth wurde ſeiner Seele , oder : der
Schlaf wurde ſeiner Sinne habhaft. Worauf aber gründet
ſich dieſe Unterſcheidung ?
habhaft
Hab.. Håd. 5
Habhaft werden wir eines Dinges eigentlich nur , wenn
es vorher vor uns fiche, oder vor uns verborgen war , ſo daß
wir es , alles Beſtrebens ungeachtet, nicht haben konnten.
Man wird eines entſprungenen Berbrechers wieder hab haft,
wenn man ihn einholt , und tann eines ſeltenen Buches nicht
habhaft werden , wenn man es in allen Bücherſammlungen
und in allen Buchláden vergeblich ſucht. Sich Bemåchtis
gen ſchließt dieſen Nebenbegriff nicht ein. Ein ungetreuer Pors
mund bemachtigt ſich zuweilen , wie es dem Demofthenes
mit dem Teinigen erging, des Bermogens feiner Münder, das ſich
fchon in ſeiner Werwaltung befindet, ihm alſo nicht verborgen iſt,
und nicht voririhm fiehet. Bon den Empfindungen und Leiden ,
(daften nun lágt fich idenn auch in der Dichterſprache, nach
einer Perſonendichtung , - dod, in der Sprache des gemeinen
Lebens nicht ſagen , daß ſie uns , als Fliehenden , nacheilen , oder
ung , als Verborgene, auſſuden , und darun denn audy nicht:
!
daß fie unſerer habhaft werden.
Hårferling ,. Hådfſet.
1
lib. In fleine, kurze Stücke zertheiltes Stroh; dergleichen man
3. B. den Pferden unter den Safer mengt. Ehe man zur Zubes
rettung des Hå & fels die jeßigen Futterſchneiden hatte, pflegte
man das Stroh zu zerhacken. Davon ſind beide Wörter herges
nommen.

B. Beide Ausdrůde bezeidjnen die nåmfiche Sache, nur


nach verſchiedenen Merkmalen ; Hådjel nach der Menge , så
derling nach der Kleinheit der Theile, worin das Stroh ger
(dynitten iſt. Denn das angehängte Gel in offel iſt das
befannte Sal , welches Zahl , Menge bedeutet ( S. Glúd
lid), Gluc felig ) , und Ling in H.å derling ift die wers
tleinerungsform ( S. Gråmler , Gråmling ).
übrigens wird im Hochdeutſchen meiſt nur s & dfel ges
ſagt. Båderling iſt im Niederdeutſchen , und im Oberdeuts
ſchen dafür auch Håder gebräuchlich . Daher mag es auch
tommen , daß in gewiſſen figürlichen Anwendungen, die das.ges 1

meine Leben von dem Wort und von der Sadie macht, nur Hås
Merling, aber nicht leicht Hådet dafür gebraucht wird.
Man
6 Håd. af.
Man fagt nåmlich 1) von einem dummen Menſchen : er habe
Håderling ( tein Gehirn ) im Kopfe. Er habe H & cffelim
Kopfe ! wird man nicht leicht hören . Wol aber wird ein folie
cher auch ein Strohtopf genannt. 2) Unter gemeinen Leus
ten war es üblich und iſt es zum Theil nod ), einer Braut , die
ihre weibliche Ehre verloren , am Tage vor der Hodizeit Hå .
derling vor die Hausthur zu ftreuen ; welches mit der ſehr als
ten , aud) in Frantreid) im 13ten Jahrhundert ſchon vorkommens
den Gewohnheit zuſammen hångt , einer Geſchwachten an ihrem
Hochzeitstage ftatt des grünen Brautkranzes einen Stroh trang
aufzuſeken , die verweltre Unſchuld anjudeuten. Daß aber einer
ſolchen Perſon påcfel vor die Hausthúr geſtreuet worden ſey,
habe ich nie ſagen hören. Ob man in Oberdeutſchland Hacer
ftreue, weiß id nicht.

Hafen. Bai. Bucht. Meerbuſeni.


U6. Ein Theil des Meeres, der in das Land hinein gehet ;
alſo größten Theils vom Lande eingeſchloſſen iſt.
M. Bucht und Meerburen bezeichnen einen ſolchen
Theil des Meeres nad ſeiner Geſtalt, Hafen und Bai nach
einem Zwecke, wozu er dienen kann . Denn Budt ſtammt ab
von Biegen , oder zunächſt von Bug , welches z. B. in Eins
bug , Borderbug u. f. f. vortommt und bei den Schiffern den
vordern , ſtart gebogenen Theil des Schiffes bedeutet.
Gucht weiſet alfo darauf hin , daß das Meer in das Land ein
biegt. Auf das Nåmliche, nur von der andern Seite betrach
tet , fiehet audy. Meerbuſen. Zwar roll Buſen , nach 20 er
lung , ebenfalls von Bug abftammen und der Bauchlaut ( 6 )
mit dem Ziſchlaute ( 8 ) verwechſett ſeyn . Allein , da das Wort
bei vielen Niederdeutſchen , ( im Halberſtådtiſchen z. B.) Bossen,
bei den Engländern Bosom heißt , auch ſchon im Angelfach fiſchen
Boſm , und, wie Adelung ſelbſt anführt , bei den alten Obers
Deutſchen Baosem lautete ; ſo glaube ich , daß Buren von dem
alten Bos , welches : erhaben , beſonders : rund erhaben bedeutete
(S. Fraße. Porre. ) herkommt, und daß es daher das Ges
bogene vor der auswendigen, erhabenen. ( converen ) Seite be,
trachtet , indeß Bucht daſſelbe von der inwendigen , eingebos
genen
Haf.
genen ( concaven ) Seite anſiehet.. Kuch timmt dies beffer zu
der alten Bedeutung des Wortes , wonad man den bauſchigen
Theil der Kleidung der Alten , welcher die Bruſt bedeckte , Bus
ſen nannte.
Uud schüttelte ich meinen Burer aus.
Nebem. fi 13 .
Ingleichen zu der Bedeutung , die das Wort hat, wenn von dem
weiblichen Buſen die Rede ift.
Man wird demnach einen in das Land einbiegenden Theil
des Meeres , vom Lande aus betrachtet , einen Buren , vom
Meere qus angefehn, eine Bucht genannt haben .
Bat halten Einige, &. 8. Frisch, auch für einen 216 .
tommling von Bug und Biegen , und Adelung führt dies
an , ohne es zu mißbilligen . Ich glaube aber, daß dieſes Wort
mit dem lateiniſchen Bajae zuſammen gehört, welches zwar:rigents
lich nur warme Båder, dann aber auch Båder überhaupt bezeichs
kete , und daß es daher zuerſo einen Badeplaz, und davon dann
einen hierzu tauglichen Buſen des Meeres bedeutet habe. Damit
fimmt übereit , daß Bai fonſt nur von eineni kleinen Meers'
buſen geſagt wurde (S. udelung ) , ob man es gleich nachher
and auf große, wie die Rubſons ,Baij.B., ausgedehnt hat.
Jebt iſt freilich der urſprüngliche Begriff von Bai verdunkelt ;
aber doch noch ein Nebenbegriff davon übrig geblieben. Man
nennt eine Burcht oder einen Meerburen nur dann eine
Bai , wenn er , nach Berhåltniß ſeiner Große, eine geringe Deffe
nung hat. Nur rolche waren nåmlich zu Badeplagen beſonders
geeignet.
Hafen tortmt von Haben her , und hat ehedem andy,
wie Adelung anführt , Babe , ſo wie im mittlern Latein Ha
bulum gelautet. Es hat nåmlich aber übter;viclen andere
auch die Bedeutung : halten , feſt halten :
fanm nabt id mid dem Con
So batte mid das Nes aud icon .
ettert.
In dieſer Bedeutung nun tågt ſich vor einem Hafen fagen ,
daß er die Schiffe habe, die ſich in ihn begeben , das iſt, daß
1

Haf. Bag.
e file hatte, fie feft Halte , Yo ,daß fie nicht von dem Sturme fort
geriffen werden tornen . Hafen bezeichnet alſo einen in das Land
gehenden Theil des Meeres in ſofern , als derſelbe den Schiffen
Schuß und Sicherheit gewahrt.
Bon dieſem Begriffe fagen die übrigen Ausdrücke Nichts.
Deshalb wird auch nur safen allein , aber feins von den übri'
gen : Wörtern , figürlich gebraucht, Ruhe und Sicherheit über'
haupt anzubeuten .
Bidh , o Sterblider , du das Meer deb gefährlichen Lebens
15. Sreb durdidiffen uub frob landen im Hafen dereinft.
Herder .

Hageſtols. Welberfeinb.
üb. Wer aus Abneigung gegen die Ehe nicht heirathet.
Þ. Hageſtoff ift ein ſehr altes Wort. Es tommt in
per Form Hagustult bei dem Raban Maurus, ( der 847
Erzbiſchof von Mainz wurde.), und auch ſonſt im gten Sahts
hundert ſchon vor. dilter führet folgende Stelle an :
Hertog Ludeleff de leyt na ( lief wad ) dre sone , Brus
no , Danckwart de leven ( lebten ) Hagenstolte , sunder
( außer ) Qtte de wae de junghest , de nam eyn wiff.
Chron . Sax antiq. A. 859.
1

Die Erklärungen aber , die man von dieſem Worté verſucht hat,
find verſchieden. Schottelius tåßt Kageſtolz denjenigen
bezeichnen , dem der Stolz behaget , ( nämlich der Stolz ges
gen das weibliche Geſchlecht). Aber es iſt bloßer Mißverſtand,
den legten Theil des Wortes ( stolt oder stult ) für unſer Stolt
( superbus ) in der jebigen Bedeutung zu halten . Denn eines
Theils iſt nicht erweislidy, daß dieſes Wort dieſe Bedeutung im
gten Jahrhundert ſchon gehabt habe , und andern Theils, wenn
es ſie gehabt hätte, würde man mit dieſem tadelnden Ausdrude
damals die ehelos Bleibenden nicht belegt haben , weil nach das
maligen tirchlichen Begriffen . der ehelore Stand für verdienſtilda
galt.
Diet
бад. ?.
Dies Rehet aus denen entgegen , die den Hageſtolzen
auf ſeinen Bag, ſto iz reyn laffen . ( Hag war nämlich zuerſt
ein Zaun ; dann eine eingezäunte Wohnung ; dann ein ländlis
cher. Wohník , ein Bauerhof, weil dieſe gewdhnlich eingegåunt
waren . )
Stadenius betradicet unfer Srolt als ein Mittelwort
1
von Stellen oder Stallen und erklärt ñ a geſtoly durdy
einen ſolchen , der keinen eignen sag , hat, ſondern auf dem
Hag eines Andern eingeſtallt ift, ( und deshalb, ays Mans,
gel an Unterhalt , nicht heirathen kann . ) Dies liegt der Wahrs
heit viel näher. Nur ift fie noch nicht in dem rechten Zuſammens
hange betrachtet. Ein Kag , meint tadenius, wurde im .
mer ungetheilt auf Einen Sohn des Beſitzers, den jüngſten gee
wöhnlich , vererbt; die übrigen , wenn mehre da waren , tonn
ten nur als Dienſtleute auf demſelben bleiben, und deehalb , aus
Mangel an Bermogen , gewohnlich nicht heiratheri. Dagegen
bemertt Diecmann (spec. Gloss. Lat.Thot.): es Tev gang
unterweislicy , daß die Sitte, die Bauergåter ungetheilt zu verers
bert, zu den Zeiten des Rab. Maurus in Deutſchland Schön
geherrſcht habe. Sehr richtig , da dieſe Sitte erſt eine Folge det
Lehnsweſens geweſen , und alſo etwas fpåtern Urſprungs iff.
Man fann überdem noch hinzu feigen , daß damals die Möglichs
teit, Frau und Kinder zu ernähren , von dem Beſige eines Bags
nidht abhing.
*7
Deshalb iſt es gewiß richtiger , wenn Diecmann bes
hauptet: Hageſtoig bezeichne den , der auf ſeinem Hag rich
ſelber ein ſtallt,freiwillig einſam auf demſelben bleibt. Hoe r
lung beſtätigt dieſe Meinung noch dadurch , sko ! mage
1 folf , auf ſchähnliche
en Art ur Schwediſchen Einstoeding
edi,ngim er , und
m
i Jt ó t ä n d i E i n s t a - e i ntuenignſam Stehend ger
nann wird . ngAuch ftimi d nt
ieſe Able
a i n
m beſte ' zu der jetis
4
e n e d e u tu des Wortes . Dnenn das iſt gerade der weſentits
EN g B olje e
che Begriff eines ♡t ageſt
ig , daß er , nicht durch außenrgt
de n r gu
le umſltoåsn gbtensth , ſonder aus eigene , freier Abnei ,
ehe blei .
Lid Bon Weiberfeind iſt Hageſtolz auf doppelte Art
berſhieden. Denn 1) braucht die Abneigung, welche der Ba's,
Diet
gefolge
10 Hag .
geftolje gegen die Ehe hat , nicht nothwendig auf féind:
chaft gegen die Weiber zu beruhen. Sie tann auch aus ant
dern Gründen , f. 3. aus Selbſtſucht entſpringen , welche die
Freiheit nicht einbůben , oder das Bermogen allein genießen will,
u . l. f.
?
Nachdem er fang feia ſändliches Bergnügen
Daran gehabt , im Hageftolien ſtand
Auf Umors freier Búrich Berg auf Berg ab im Land
Herum zu gleon , und , wo er Einging fand ,
Bei ſeines Nådeden Weib zu liegen.
ieland.
2 ) Weiberfeind wird auch von Verheiratheten geſagt. Denn
es tann Jemand , bei aller Feindſchaft gegen die Weiber, dennody
geheirathet haben ; 8. B. durch Sinnlichkeit getrieben, oder durch
ſeine häusliche Lage dazu gendthigt. Er tann auch erſt nach ſeis
ner Verheirathung , ja , gerade durch die Ehe, zu einem Weis
berfeinde geworden feyn.
Durch die Güte eines großen hieſigen Rechtsgelehrten , des
Hrn. Geh. Kath Schmelzer , deffen freundliche Hülfe , wo es
bei meinen Unterſuchungen auf Rechtskenntniſſe antommt, ich
bantbar anerkenne, habe ich mehre Abhandlungen über das Kas
geſtolzenrecht erhalten. In der 1

Dissertatio juris germanici de jure Hagestolziatas ,


welche im 3. 1727 zu Helmſtedt unter dem Borſiße von 3. P.
Kreß offentlich vertheidigt worden , wird Hageſtolz nach der
Ähnlichkeit mit Badſtelde erklärt , nåmlich durch einen ſols
chen , der immer nur auf ſeinem eignen Hag herum ſtolziret
oder ftoljet, ( gleichſam auf Stelzen gehet ) , und , wie die
Bachſtelze von ihrem Bache , nicht davon weg tommt.
Der Kanzler 3. P. V. Ludewig , unter deſſen Vorſike
noch in eben dem Jahre ( 1727 ) 34.Salle eine Abhandlung
über die

Differentias juris romani ét germanici in Hagenstolziata


vertheidigt wurde, verwirft die Streffiſche Ableitung des Wortes
Bageftold und meint, es bedeute daſſelbe eigentlich einen
tamm
Il
- Hag. Hahn .
Stamm oder Strunt ( Truncus) ohne Zweige und Blåtter, von
Stolzen, abftoljen, zum ftoljen oder ſtod und firunt
machen ,
Kreß antwortete hierauf in einer neuen Abhandlung im
3. 1728 , erklärte darin die v. Ludewigſche Ableitung für ganz
nichtig , und ſuchte die feinige von neuen zu beträftigen. Gegen
Hn. v . Ludewig hatte er freilich leichtes Spiel. Denn das
Stolzen oder 26 ft dijen deſſelben , was truncare , zum
Strunt machen , bedeuten fou , iſt eine völlig ' feere Erdichtung.
Uber reine eigne Erklärung macht doch gerade den ſchwierigen,
nämlich den lebten Theil von Hageſtolz nicht begreiflich.

Hahnrei. Hörnertråger.
üb. Berächtliche Benennungen desjenigen , deffen Gattinn
die eheliche Treue verleßt.
B. Man hat mancherley Erklärungen von dem Worte
Hahnrei verſucht, welche bei 20elung nachgeleſen werden 5

tonnen . Mir ſcheinen ſie alle zu gezwungen zu reyn; auch diejes


nige, welche adelung, nach Friſch , für die wahrſcheinlichſte
hålt, und nach welcher Hahnrei aus dem italiäniſchen Cornas
ro ( Körnertråger ) roll verderbt worden reyn. Denn die Bere
ſchiedenheit in dem Klange dieſer Wörter iſt zu groß, als daß
man dies ohne geſchichtliche Beſtätigung, dergleichen ſich aber,
durchaus nicht findet, ſollte annehmen können. Es ſtehet dieſet
Meinung überdem entgegen , daß die Anſpielung auf einer Hahn
in andern Sprachen , X. B. in dem franzöſiſchen Cocu , nicht zu
vertennen ift. Man tdnnte faſt eben ſo gut zu dein lateiniſdiert
Curraca zurück gehen , welches zwar eigentlich eine Grasmude
bedeutet, nach welcher aber , weil fie fremde Eier ausbrüten ſoll,
ſehr richtig ein Bahnrei Curruca genannt wurde.
3d wage noch eine andere Ertlärung, und åberfaſſe fie
der Beurtheilung der Sprachforſcher.
Es iſt nämlich , wie ich glaube, Bahnrei aus Hahn:
rich entſtanden , oder vielmehr aus Hahnrih . Denn ſo wird das
Wort zuerſt gelautet haben , wie in hundert andern fåülen dat
jenige
12 Hah.
jeßige Ch ehebent eitt bloßes H war , und sich z. B. Sih ,
Reid ( dives ) Rih , Richter Rihter (S. Gehen. Keifen )
lautete, u . ſ. f. In Anſehung der bloßen Form des Wortes tann
hierbei tein Bedenten reyn. Die Begriffe aber hången ſo zuſams
men . Rih , iſt ein Ableitungslaut, der betanntlich gebraucht
1
wird , ein Ding zu bezeichnen , dem die Natur, die Zuſtande, die
Verhåltniſſe 26. zukommen , welche das Hauptwort , dem jener
laut angehångt iſt, angibt. W återich heißt der, der wütet,
Fahnrich der , der die Fahne trågt, Moſtrich das, was
mit Moſt zubereitet iſt, u . ſ. f. Und ſo wurde dann Hahnrih ,
Hahnrid , und nachher ahnrei derjenige genannt, der
gleichſam ein Hahn , in der Lage eines Hahnes iſt, als welchem
das Kuhn auch nicht getreu bleibt , ſondern fich , in feiner Abwer
ſenheit auch andern überlåßt. - In der Folge miſchte ſich
in den Begriff von Hahnrei noch der Begriff von Einfaltund
1
Kurzſichtigkeit ; weil man es mit Recht als den ſchimpflichſten
Beweis hiervon betrachtete, rich von ſeiner Gattin auf eine ſo
grobe Urt betriegen zu laſſen. Dieſer Begriff liegt auch bei ei.
nem Chartenſpiele zum Grunde, das man im Niederſachſen ( ich
weiß nicht, ob auch anderwärts , ) hat , und Bahnrei nennt.
Denn , wer das Spiel verliert, wird gehånſelt, und alſo gleichs
fam als ein Einfaltspinſel betrachtet.
Die Redensart: Horner tragen , ober : Femanden
Horner aufregen hat ebenfalls mancherlei Erklärungen ers
fahren. Udelung glaubt ſie am wahrſcheinlichſten davon her ,
leiten zu tönnen , daß es vor Zeiten eine beſchimpfende Strafe
geweſen ſey , Hörner tragen zu müſſen. Es tann ſeyn , daß es eis
ne ſolche Strafe gegeben hat. Aber die erſte Beranlaſſung zu je.
ner Redensart iſt ſie nicht geweſen , am wenigſten bei den Deuto
Ichen ; welche im Kriege Thierfelle mit Körnern trugen , und bei
welchen dies alſo nichts weniger als beſchimpfend, vielmehr ehrens
pod war. Es würde eine ſolche Strafe ſelbſt erſt durch die nams
liche Vorſtellung , welche jener Redensart zum Grunde liegt , und :,
welche , wie ® panheim zeigt, fogar ſchon bei den åttern Jus
ben vortam , veranlaßt worden ſeyn. Körner nämlich , als eigens
thümliche, unterſcheidende Theile des Körpers vernunftloſer Thier
re, mußten , einem Menſchen beigelegt, ganz natürlich andeuten,
daß
Hah.. Hal. 13
daß derſelbe einem vernunftloſen Thiere ahnlich , daß er einfältig
oder dumm rey. Daher iſt es in der niedrigen Sprechart des ges
meinen Lebens noch jobt ein Kraftausdruck, einen recht dummer
Menſchen ein Horn vieh einen Horn och ren , oder horn och
fendumm zu nennen , ſo wie man auch von dem , der durch Erfahs
rung noch nicht gewißigt iſt , fagt: er habe ich die Korner
noch nicht abgelaufen ; und eben daher konnte es eine beſchimpfens
de Strafe ſeyn, Jemanden Hörner im eigentlichen Sinne aufzu.
regen, und ihn To offentlich auszuſtellen. - Spåter wurden
dann figårlich ganz vorzüglich demjenigen Hörner beigelegt, der
fich von ſeiner Gattin betriegen und beſchimpfen ließ ; indemn man
einen ſolchen ganz beſonders als einfältig und dumm betrachtete
und als ſolchen bežeidjnen wollte.
Hieraus erhellet nun der Unterſchied zwiſchen Hahnrei
und Bernertråger. Beide ſind zwar gleich verächtliche Auss
drücke für den betrogenen und beſchimpften Ehemann. Aber
was" bei şirnerträger der Grundbegriff iſt, ( die Dummi
heit ) , das iſt bei Hahnrei der abgeleitete Begriff, und was
bei dein leßtern der Grundbegriff ift, ( eine untreue Gattin zu
haben ) das macht bei dem erſtern den abgeleiteten Begriff aus.

Halb. Halben. Halber. Wegen. Willert.


Üb. Dieſe Werter fagen von etwas , daß es der Grund von
etroas Anderm rey. Nur nicht immer gerade der wirtende Grund
davon , ſondern auch , und noch ofter , der bewegende Grund
( causa movens ) ; rey dieſer nun ein bloß veranlaſſender Grund
( causa ocassionalis) , oder eine Endurſache ( causa finalis ). -
Im Sommer iſt es deß halb , deßwegen , um deßwillen
wärmer , als im Winter , weil die Sonne höher Rehet; als wos
rin der wirkende Skrund davon liegt ; und man badet ſich im
Sommer der Geſundheit halben , der Geſundheit wegen , um
der Geſundheit willen ; die Geſundheit iſt die Endurſache , der
Zweck dabei. Es ift alſo , wenn auch in den meiſten , doch
nicht in allen Fåden richtig, was adélung behauptet , das die
angeführten Worter bloß auf einen Beweggrund deuten.
.
14 Hal.
V. Balb, Karben und Halber Find dem Begriffe
nach einerlei , und nur in ihrer außern Bildung verſchieden ;
was freilich einige Berſdiebenheiten in ihrem Gebrauche zur Fols
ge hat, welche aber für die bloße Sprachlehre gehdren , und bei
#delung , unter Halb , angegeben ſind. Urſprünglich find
dieſe Wörter nichts anders, als das Hauptwort Halbe, Seite ;
wie ſchon daraus erhellet, daß ſie die zweite Endung des Haupts
wortes , womit ſie verbunden werden , erfordern ; 3. B. des Mus
Bens halben. Sie wollen daher eigentlich ſagen : der Grund,
warum Etwas fey, oder geſchehe, liege auf der Seite ,
welche durch die Ausbrücke, worauf ſie ſich beziehen , beſtimmt
wird. Ich thue Etwas der Freundſchaft halben , oder Amts
halber , drůkt aus : der Grund , warum ich es thue , liegt auf
· der Seite der Freundſchaft, oder auf der Seite meines Amtes.
Wegen iſt urſprünglich auch ein Hauptwort, wie eben ,
falls daraus erhellet , daß es die zweite: Endung des Hauptwortes,
worauf es rich beziehet, erfordert. Eines Geſchäfte wegen
mußte ich -ihn ſprechen.
Don Alvarey lag jammerliche
Blog der Belagrung wegen
-

So lang vor Calpe


Lidtenberg .
Es ift daffelbe ein Sprößling des fruchtbaren Stammes Weg .
der urſprünglich auf Entfernung weiſet, und von dem , unter an
dern , auch wegen in Beweg en herkommt. Ich thue das
dieſes Dinges wegen heißt daher eigentlich : ich bin durch das
Wegen dieſes Dinges dazu beſtimmt, durch dieſes Ding dazu
in Bewegung geſetzt.
willen iſt deutlich. Ich thue Etwas um Jemandes
Billen , drůdt eigentlich aus : ich thue es , weil es dem Wils
ten deſſelben gemaß iſt. Wenn der Bettler uin Gottes willen
bittet , ihm eine Gabe zu reichen ; ſo ſucht er uns zu erinnerit,
daß es dem Xilien Gottes gemäß ſey , Barmherzigkeit zu
åben .
Um beinetwillen ( weil du es willA ) halt ich långer nicht
Dis Wenge, die das Opfer dringend fordert,
@btbe.
Utre
Hal. Han. 15
Urſpünglich gehet daher dieſer Zusdrud nur auf vernünftige Bee
A
ſen , die einen Willen haben. Nachher aber wurde er auch
auf ſolche Dinge über getragen , die man , durch Perſonendichs
tung, als wollens betrachtete ; auf eben die Urt , wie Wollen
ſelbſt, indem man z. B. fagt : die Pflanze will Shatten haben ,
Man ſagt daher jest, daß ich Etwas um eines Dinges willen
thue, nicht allein , wenn ich es thue, weil dieſes Ding es will
im eigentlichen Sinne, ſondern auch dann , wenn ich es thue,
weil dieſes Ding es, in figürlicherBedeutung , nur gleichſamwill.
Ich laſſe einen Baum um der Ausſicht willen uinhauen , wenn
ich es thue , weil die Ausſicht dies gleichſam 10 i11. oder verlangt.
Eine leichte Vergleichung der angegebenen Begriffe zeigt,
daß die vorliegenden Ausdrucke Wechſelwörter find ( S. Untlik);
daß ſie alſo zwar das Nåmliche, aber doch nach verſchiedenen
Mértınalen , bezeichnen. Wenn ich einen Baum , der mir ſelbſt
niglich und angenehm iſt, darum wegſchlage ,weil mein Nachs
bar, dem er die Fenſter verduntelt, es wünſcht; ſo tann ich fag
gen : ich ſchlage ihn weg des Nachbars halben, des Nachbars
wegen und um des Nachbars willen. Das erſte heißt: ich,
für meine Perſon , habe keinen Grund dazu , ſondern der Grund,
warum ich es thue , liegt auf Seite meines Nachbars; das
zweite drückt aus : mein Nachbar bewegt mich dazu ; und das
dritte will ſagen : id thue es , weil es der Wille, der Wunſo
meines Nachbare ift.

Handeln. Feilſchen. 8. Feilſchen.


Hand. Schrift. Handſchrift.
itb. Die Art und Weiſe, wie Jemand ſchreibt, in Hinſicht
auf die Form der Züge , die er macht. Wenn ich einen jungen
Mann unter mehren , übrigens eben To geſchidten , zum Saubs
lehrer wähle , weil mir ſeine an 8 ſeine Schrift reis
ne Handſchrift am beſten gefått ; ſo heißt das: die Form
-
1
der von ihm geſchriebenen Züge gefällt mir beſter, als die Form
der von den itbrigen geſchriebenen . Schrift wird in dieſer
Bedeutung hauptſächlich in Zuſammenſeßungen , wie Méndos
pohrift, Sanileiſchrift, und dergleiden gebraucht,
16 Han.
B. Alle drei Wusbrücke find, in dem vorliegenden Sinne
genommen , figürlich. Bon Hand ift es offenbar. Aber auch
Schrift iſt hier figürlich, und namentlich metonimiſch. Denn
és nennt dieſer Ausdruck die Sache ſelbſt die Schrift, das Ges
fchriebene ) anſtatt ihrer Form , wie zuweilen auch umgekehrt die
Form für die Sache geſeßt wird , z. B. wenn Virgil die Schlans
gen, die den faocoon umwinden , Kreiſe nennt. Bei Handi
foyrift indeſſen , in der vorliegenden Bedeutung, iſt bloß der
tefte Theil figürlich, der erſte aber eigentlich zu nehmen. Hands
fchrift iſt hier : Form der Züge, die eine Hand ( im eigentlis
den Sinne ) beim Schreiben macht:
Der Unterſchied zwiſchen Hand und Schrift liegt das
rin , daß Schrift bloß auf, die Form der geſchriebenen Züge,
Kand hingegen zugleid, auch auf die Urſache, wovon ſie abe
hångt, (auf die Hand, welche ſie hervor bringt) hinweiſet. In
Handſchrift iſt auf dieſe Urſache nicht bloß hingewieſen , ſone
dern ſie iſt eigentlich und ausdrücklich benannt.
Hußerdem bezeichnen Schrift und Handſdrift
und es iſt dies ihre eigentliche Bedeutung auch das Geſchries
bene felbft. Seltene Bandidhriften und wichtige Schrifs
ten überhaupt , muß man wol verwahren. Hand iſt in dies
ſem Sinne in den allermeiſten Fällen nicht üblich. Nur in eins
zelnen wenigen Fällen wird es anſtatt: eigenhåndige Schrift,
oder Unterſchrift , geſagt:
Jo habe ſeine Hand darüber.
Adelung.

Nod werden auch gedruckte Bücher Schriften genannt.


Die Schriften z. B., welche auf der Leipziger Meffe erſcheis
nen , ſind gedruckte Bücher. In dieſem Sinne iſt S drift wies
der figürlich, und zwar diejenige, bekannte Metonymie, welche
das Boraufgehende mit dem Nachfolgenden vertauſcht. Denn
ein Wert muß zuvor erſt geſchrieben werden, ehe es gedruckt wers
den kann. Handſchriften aber werden gedruckte Werte niemals
genannt, weil dieſes Wort ausdrücklich ſagt, daß ſie mit der
Hand geſchrieben Feyen.
Daß
Han. 17
Daß ein gedrucktes Bert nicht eine and genannt were
den tonne, erhellet aus dem Vorigen von ſelbſt.

Gewert.
Handwerf. Sew erf. Gilde. Jnnung. Zunft.
Gilde.
1
Handlich. Máßig.
ütb. Was den mittlern Grad nicht aberſteigt.
Geſtern war es fehr kalt , heute iſt es Ba'odliber.
Campe.
Måßiger ſagt man hier ebenfalls.
B. Handlich , von sand und lich, gleich (S. beo i
dentlich ), heißt eigentlich : was der Sand gleich, angemeffen iſt,
was die Hand leiſten kann. Davon hat es denn zwei, in gewiſs
ſer Hinſicht ganz entgegen gerekte, und dennoch gleich nahe lies
gende Bedeutungen betommen. Denn es bedeutet
1) was die Hand nur irgend , was ſie mit aller Anſtrens
gung zu leiſten vermag ; und davon : mit aller Anſtrengung,
überhaupt.
Dab wie ide eines Gelſenriffs gewahrte ,
Das abgeplattet porſprang in den See ,
drie ide ben Saechten , bandlido zuzugeor ,
Bis daß wir por die Selfenplatte fámen .
6iller.
Dieſe Bedeutuug fehle bet Adelung und Campe .
2) Bedeutet es , was die Hand ohne große Anſtrengung
leiſten tann, was ihr leicht , was alſo nicht zu groß und zu ſchwer
tft, und davon überhaupt : was den mittlern Grab nicht aber
tei.zt.
In dieſer lektern Bedeutung nun tommt sa ndiidi mit
må ßig überein , bezeichnet aber dieſelbe, wie aus dem Gefagi
ten erhellet , viel figürlicher, als Måßig , obgleich auch dieſer
Ausbrud fynecdochiſch iſt, indem er af åberhaupt anſtatt;
geringes , oder : nicht ſehr hohes Maß ſebet.
Sinndespandte Wortes. 38 Th1. w
18 Han. Bar.
Außerdem ift Handlid in dieſem @inne nur im gemeis
nen Leben üblich , und auch dies nicht allerwårts. Im Oberbeuts
ſchen wird es auch für sandfeſi gebraucht.
Sofern insbeſondere von übeln , und den unangenehmen
Empfindungen, die ſie erregen , die Rede iſt, ſagen beide Ausbrús
che, sandlich und måsig , auch ſoviel, als : leidlid), ertrågs
lich . Denn je weniger ein Hebel und die von ihm verurſachte uns
angenehme Empfindung den mittlern Grad überſteigen , deſto
mehr ſind ſie teidlicy und erträglich. Wie ſind deine Zahnſchmers
zen die Nacht geweſen ? So handlich måßig.

Şarmlos. Unſchädlich.
Üb. Kein Iibel verurſachend.
B. Harm108 bedeutet zwar eigentlich : teinen Hara,
Sram oder Kumter empfindent :
Erſt regierte Saturnus fodlidt und geredt,
Da war es heute wie morgen ,
Da febten die Hirten , ein barmlos Geſchlecht ,
Uab braudten für gar nichts zu ſorgen .
Sdiller.

Uber es wird dann auch in der Bedeutung : teinen Karmy


teine unangenehme Empfindung verurſachend , gebraucht.
64 iſt ein tróftlider , armloſer ( feinea Harm decs
urfadender Glaube.
Wieland b. C.
Durch dieſe Bedeutung 'nun tomint es mit unſchädtids
überein. Denn ſofern eine Sache uns kein Ubel verurſacht,
tann ſie eben fo wohl Harm108 als unfch ådlich genannt
werden . Nur iſt der legtere Ausdruck von dem Gegenſtåndlis
chen , der erſtere von dem Perſönlichen hergenommen. Unſodds
lich heißt die Sache, fofern ſie kein übel, Harmlos, Tos
i fern ſe teiue Empfindung eines Übels verurſacht.
Hieraus folgt nun von ſelbſt, daß Erwas nur Barmlos
genannt werden tann , ſofern es in Beziehung auf empfindende
Weſen betrachtet wird ; unſch & dlich dagegen auch in andereg
Bes
Har. Hau. 19
sch Beziehung. Don einem ſpäten Froſte, der den Feldfrüchten nicht
nachtheilig geworden iſt, tågt ſich nur ſagen : er ſey für dieſe
Früchte unſchå olid , aber nicht: er ſey fde dieſelben Karma
10 $ geweſen,
an

g Haube. Helm .
16. Cine triegeriſche Kopfbedeckung ; B. B. die
DO
Sturmhaube und der geſchloſſene Belm , den die Rits
ter ſonſt iin Kampfe zu tragen pflegten ; gew :hnlich aus Mes
tall beſtehend , und in der Vorwelt ſchon betannt.
Und Saul 30g David feine Kleiber an , und feßte ifm
einen eberaea Delm auf fein Baup
1 Sam . 17 , 3.8 .

B. Baube fiehet zunächſt darauf, daß eine ſolche Bedes


fung auf dem Kopfe ſich befindet ; Belm hingegen zus
'nachft darauf, daß ſie eine Bededung iſt, und zum Schu.
ke dient. Denn Haube gehört mit Raupt zu einem Stams
me , und Helm , ſonſt Hein ( S, Delung ), mit şehlen,
verbergen,

Haube wird daher, in andern Fällen auch gebraucht, to


gar nicht auf den Begriff des Bedekens und Beſchůgens, ſons
dern bloß darauf geſehen wird, daß fie den Kopf umgibt , oder
überhaupt, bekleidet. Luther hat auch bloße Sttrnbånder
Bauben genannt.
Uud ( or ofe $ ) brachte berja Hrons Sofue, und
band iboen Haaben auf,
3 UROL 8 , 13

Belme håtte er dieſelben nicht nennen können. Denn zum Vers


behlen und Verwahren des Kopfes ſollten fie nicht dienen.
Aus eben dem Grunde würde in dieſer Stelle :
Der grane Chaloogt fomnt, bumpf brált der Fira ,
Der Potenſteita giebt ſeine Haube an ,
Od illers
Beim anſtatt Baube nicht ſchicklich geweſen ſeyn.
байр
Hau.
Haube, Müße.
üb. Sopfbetteidungen, welche – nicht, wie der Belm
und die turmhaube, zum Schuße gegen feindliche Angrifs
fe, ſondern - zur Erwärmung, oder zur Bequemlichkeit, oder
zum Zierrathe dienen ſollen .
P. 1) Bauben heißen (im Hochdeutſchen ) gerodhalich
nur folche Kopfbekleidungen der gedachten Art, als die Frauen
tragen ; Maßen hingegen werden dieſe ſowohl, als auch ſolche,
wie die Männer haben , genannt. Nadthauben y B. ha
ben nur die Frauen , die manner Nachtmågen.
2) MÅbe war zwar ſonſt nicht unedler alt Haube , ints
dem man z. B. auch Doctormuse , Cardinalsm #se,
Biſchof&můbe 4. l. f. fagte, und das lekte Bort auch noch
jekt åblich ift. Inzwiſchen iſt doch Måge durch den Gebrauch
niedriger geworden . Bielleicht eben darum , weil man es auch
von Kopfbekleidungen der Männer geſagt hat; inbem es dadurch,
eines Theils, gleichſam mehr abgenußt worden, und andern Theils
bei dem großen Haufen unter den Måben der Männer Sfters
Tchlechte und unſaubere vortommen.
Stur dledt Oefindel laßt fid feba und fdoringt
Uas zum Berdraffe die gerlumpten mágen.
diller.

3) Aus beiden Gründen ( Nr. 1 und 2 ) erſiehet man ,


tarum figürlich ein Menſch , der fchläfrigen Geiftes iſ , im ges
meinen Leben wohl eine Schlaf m ů ® , aber nicht eine Schlafa
haube genannt wird.
4 ) Noch unterſcheidet ſich Baabe in der hier betrachteten
Bedeutung von Maße auf dhnliche Art , wie es ſich in der vos
rigen Bedeutung ( S. Haube. Delm . ) von Helm unterſcheis
det. Durch Haube nämlich deutet man zunächſt darauf hin,
daß dieſelbe auf dem Baupte getragen wird ,' ( O. Raube.
Helm . ) durch Maße zunächſt darauf, daß fie bededet. Denn
Müße kommt her von dem alten Muzen , bebeden ( . dilo
ter). Daher hat es auch urſprünglich jede Betleidung bezeicha
net. Spilter führt eine Stelle an , wo Muz narren diejes
nigen genannt werden , die ſo viel Kleider beſißen ,
dee
Hallo,
das fie die ganze Wochen allen tag 2 cleider hont,
eins, vor mittag und eins nach mittag ,
Nach Campe werden im Oberdeutſchen , und namentlich
in Uim , Beiberkleidungsſtüce überhaupt noch jest Mut, u
ben genannt.
5) In der gemeinen Sprechart ſagt man : Jemanden Eins
auf die Můke geben, anſtatt : ihn empfindlich ſtrafen - wenn
auch zuweilen nur durch Worte ; - weil ein Streich auf die
Müge den Kopf trifft, und alſo beſonders empfindlich iſt. Eins
auf die Haube geben , iſt nicht üblid) ; theils , weil die beſone
dere Bedeutung dieſes Morts ( Nr. 1 ) hier nicht in Betracht
tommt ; theils , weil Múße der niedrigen Sprechart beſſer zus
fagt ( Nr. 2 ).
Dagegen ſagt man in der edlern Schreibart: Jemandem
auf der saube liken ; auf ähnliche Art, wie : auf dem Nar
den figen .
Wenn ihr weiter geht
Blaubt mir , lo baben wir den Soboló auf der Haube.;
Wieland.

Woraus zugleich erhellet, daß Qaube doch wenigſtens jus


weilen figürlich gebraucht wird, wennvon Männermuken die Rei
de ift.

Haufen. Wohnen.
üb. Fortwährend ſich aufhalten. Wer in Berlin hauſet
oder wohnt , der hålt fich fortwährend daſelbſt auf.
B. Wohnen , von wo abftammend , bezeichnet dieſen
Begriff ganz allgemein. Denn es bedeutet bloß : Wo Feyn und
bleiben (S. Xufenthalt Wohnfig ). Kauſen hinges
gen heißt: in einen Kauſe wohnen. Daher wird von Dingen ,
denen ſich fein Haus zuſchreisen fåßt, nur wohnen, aber nicht
hauſen geſagt. Bon einer Pflanze f. B. fagt man wol : file
wohnt in Perſien , aber nicht: fie hauſet in Perſien. Bo
hingegen von einem Aufenthalte in Häuſern die Rede iſt, da
wird beides , Wohnen und Kaufen , gebraucht.
Bajor
Hau.
Dajor fod eine Draden monang terben , daß nlanand
daſelbit toobnen und kein Menſd darianen baule.
Jer, 49 , 33 .
Eine Burg
Wo ein deutſder Kitter hauste. .

Chr. Or. D. Stolberg.


C
Mit nichten aleidt
Uufterblidher Dlompier Geldilect
Dem menfchenpolfe , das im Staube baust.
Bürger.
Das im Staube wohnt , tönnte hier offenbar auch geſagt
werden .

In dem figürlichen Gebrauche tönnte zwar bei Kaufen


von dem Begriffe eines Hauſes wol abgeſehen , und bloß der Der
griff des Cletbens , des fortwährenden Aufenthalts, gedacht wers
ben . Inzwiſchen geſchiehet dies ſelten , und ift noch weniger zu
billigen . Zwar führen derung und Campe an :
Gerechtigkeit wird auf dem der hauſen .
Jef. 32 , 16 ;
nidst 33 , 16 , wie beide ſchreiben. Allein , abgeſehen davon,
daß das hebräiſdhe Schuw , welches hier zum Grunde liegt, du
Kud gehren erfordert haben würde ; ſo hat entweder der Auss.
bruck auſen eine , wenn auch nur dunkel gedachte Beztehung
darauf, daß in einem wol angebaueten Lande, wofür 2 der
hier ſtehet, auch Bäuſer für Menſchen ſind , oder , es iſt Haus
fen für Wohnen bloß der Abwechſelung wegen geſagt, indem
das fektere unmittelbar vorher gebraucht iſt. Beſſer und richtis
ger fagt der Dichter :
Ser im Berine, und du wobap im Redt ,
Und heilig wirds die Menge bir bewahren .
diller .
Xußerdein iſt von Hauſen ein figürlicher Gebrauch úbo
lich, der von Wohnen nicht Statt findet, und - weil dieſes
von dem Begriffe eines Hauſes Nichts enthält auch nicht
tatt finden tann . Kaufen bedeutet nåmlidh auch : das Haus
beſorgen , wirthſchaften. Davon insbeſondere : ſchlecht wirthſchafe
ten , und davon überhaupt : Abel behandeln. Die Franzoſen has
ben
Hau. Håu. 23
bent in Deutſchland gar fehr gehauret, bis ſie durch die große
Freiheitsſchlacht bei Leipzig daraus ſind vertrieben worden .
Dieſer figürliche Gebrauch ſcheint einer Schatten auf
Hauſen zu werfen , wodurch daſſelbe niedriger und unedler
wird , als Wohnen. Das iſt Ein Grund , warum on dem
höchſion Meſen wol Wohnen :
Der Herr ift erhaben , denn er wohnet in der Hobe .
Jer. 3.3 , si
niemalt aber auſen geſagt wird. Ein anderer Grund hier,
von liegt darin , daß es dem Begriffe des Unendlichen widerſtreis
tet , ſich denſelben als in ein Haus eingeſchloſſen zu denten .

Hauslich. Eingezogen.
llb. Wer ſich auf fein Sjaus beſchränkt, nicht viel unter
Menſdyen tommt , wenig Umgang hat. Beide Xusdrücke haben
freilich auch noch andere Bedeutungen. Dies iſt aber diejenige,
die ihnen gemein ift. Benn inſonderheit von Frauen geſagt?
tird , daß ſie häuslich , oder , eingezogen leben ; fo heißt
bas vorzüglich , daß fie Umgang init Männern vermeiden .
Ein hauslites Weib in ibrem eRanne eine Freube.
Sir. 26 , 2 .
In welcher Stelle hå us li ch dieſe beſondere Bedeutung hat
indem gleich darauf wie erklärend hinzu geſetzt wird : '
Ein tugendfames Meib iſt eine edle Gabe.
Ebend. B. 3 .

W. så udlich und Eingezogen, in der vorliegenden


Bedeutung genominen , find Wedſelworter ( S. Antlin ).
Nur tfit bei dem erſtern Grundbegriff, was bei dem andern der
von dem Grundbegriffe eingeſchloſſene Begriff iſt, und umgetehrt.
Såudlich iſt, wer ſich auf ſein Haus beſchränke und daher
vielen Umgang mit andern vermeidet. Eingezogen dagegen
it, angekehrt, derjenige, der vieten Umgang mit andera versi
meidet, und daher fich auf ſein Haus beſchränkt.
Bon aastich ift dies får fich ttar; aber auch von
Eingezogen leicht zu erkennen. Es fol diefer letztere Auss
34 druck, wie Einige woollen , von den Schnecken bergenommen ſeyn.
1 Dies
94 த du . Sea
Dies würdezwar auch auf unſere Begriffsbeſtimmung führen .
Inzwiſchen hat man nicht nothig , zu dieſer beſonders Metapher
zurück zu gehen . Einziehen hat auch einen viel allgemeinern
Sinn, womit unſer Eingezogen unmittelbar zuſammen hångt.
Denn Einziehen bedeutet oft : eine Sache zuſammen ziehen ,
Berengern , ihre Grenzen in ſie ſelbſt zurúd ziehen. Man låſiet
einen zu weiten Ärmel etwas einziehen , inden man ihn ens
germachen läßt. Hiernach heißt eingezogen derjenige, der
fich ins Enge gezogen , ſich von dem Umgange mit Undern zurück,
gezogen hat, und folglich auf ſein Haus ſich beſchränkt.

Hede. Werg.
üb. Die tårzern , grdbern , in einander , getvirrten Fåder
des Flachſes oder Sanfes, welche durch das Hecheln davon abges
fondert ſind.

B. Berg, wie Adelung richtig bemerkt ,, tommt von


Skirren her, und iſt ſo viel als Werrig , das in einander
Gewirrte. Zwar will adelung deſſen ungeachtet wert
fchreiben , weil das Beiwort Berten ( aus Werg beſtehend )
einmal dblich ſey und ſich nicht werde verdrången laſſen ! Allein
Campe tabelt dies , und ſchreibt auch das Beiwort : Bergen.
30h muß ihm darin beiſtimmen. 20elưng hat ſich durch die
oberſáchſiſche Mundart verleiten laſſen , die das G am Ende hårs
ter ausſpricht. In der niederſachſiſchen hat es einen weichern
Laut. Es tann alſo die Ausſprache hier Nichts entſcheiden , und
folglich muß die Abſtammung die Rechtſchreibung beſtimmen.
Juune madden fern von Feuer ,
Wie gen (das ) Werg !
Berber.
Rede gehdet , wie ich glaube, mit Hecheln zu Einer
Wurzel und iſt ſo viel, als : das Erhechelte , das durch Bechern,
Servorgebrachte. Dies hångt, meiner Meinung nacı, ſo zus,
ſammen.
Es gab ein altes Wort Hechen , welches, wie Schilter
aus den Monſ. Gloffen nachweiſet: beißen , ſtechen bedeutete,
und früher ohne Zweifel die Geſtalt Heben hatte , weil das Ch
gewohnlich
Heb. Hef. 25
gewdhnlich früher ein bloßes x war (S. Haburet). Wus dies
ſem Hehen oder Hechen entſtand nun nicht allein , vermittelt
der Ableitungsform El ( S. Bannen. ferrein .) , das Wort
Mechel, ein Wertzeug mit Stacheln , und hieraus das Zeitwort
Hecheln , ſondern auch Heche oder Hehe , das vermittelft eines
ſolchen Wertzeuges Hervorgebrachte. Aus dieſem Hehe aber hat
die weichere , niederdeutſche Sprache , mit Weglaſſung des Hauch. 1
lautes in der Mitte , Het gemacht denn ſo lautet das Wort
im Niederdeutſchen und in dieſes Hee hat das Rochdeutſche,
Des Wohltauts)wegen , ein D eingeſchoben , und ſo ede bars
aus gemacht; auf eben die Urt , wie in dhnlichen Fällen , %. $.
in Mabe , welches niederdeutſch Mac (autet , und wie auch auf
eben die Weiſe oft ein I eingeſchoben iſt, fo B.in Penntnih
Wer.g und Hede bedeuten alſo zwar das Nämliche.
Aber Berg benennt daſſelbe von dein Umſtande , daß es etwas
in einander Gewirrte d'ift ; Hede hingegen von bem Umſtans
de, daß es durch nedeln hervor gebracht iſt.

Befen . Abſchaum , Schund. S. Abſchaum.


Bårme.ę.. Gäſcht.
Hefe. Bårm
0.6. Bas durch die geiſtige Sährung einer Fluffigteit aus 8

ihr abgeſchieden iſt ; ſowohl, wenn es nach oben in der Geſtalt


von dyaum ausgeſtoßen worden , als aud ), wenn es ſich zu Bos
den gelegt hat; wo es denn , bei dem Biere wenigſtens, im leko
tern Salle Unterhefe , oder Stellhefe , in dem erſtern Fade
Oberhefe , oder Spundhefe genanntwird. '
B. Gårdt unterſcheidet ſich von den beiden anbern Boro
tern 1) dadurch , daß es nur von dem durch geiſtige Såhrung
Abgeſchiedenen , was in der Geſtalt von Schaum nach oben auss
geſtoßen iſt, geſagt wird; welches darauf beruhet, weil & dicht
oder Giſcht auch mit Schaum finnverwandt ift ( S. Geir
fer. Stroht.); und 2 ) dadurdy, daß ein anderes Bild dabet
zum Grunde liegt. Denn Giſcht iſt urſprünglich Nachahinung
des lautes, den eine giſchende Flüſſigteit høren låge ( B. Gåhi
ren . Gården. Gilden .) Auf dieſen laut beziehen die beis
ben
26 Hef.
bent andern déter fich nicht ; ſondern vielmehr auf den Umſtand,
daß efen und Bårme eines Theils, bei der Gåhrung,
ſelbſt in die Kshe gehoben werden , und andern Theits nach :
her dazu dienen , wieder andre Dinge , den Brodteig z. B.zu hes
ben und aufzublåhen. Denn Hefe kommt von Keben her,
uno Bárme von Båren , welches ebenfalls Keben bedeus
tet. (S. Bahre . Trage . )
zwiſchen Befe und Bárme , in der angegebenen eigents
lichen Bedeutung genommen , weiß ich weiter keinen Unterſchied,
als folgende:
1

1) Von Kefe iſt meiſt nur die Mehrzahl, die şefen


üblidh ; welches bei Bårme nicht der Fall iſt. Es hat dies aber
teine Berſchiedenheit in den Begriffen zur Folge..

2 ) Im Hochdeutſchen iſt, in der gewähltern Sprech , und


Ochreibart nur Hefe gebräuchlich ; Bárme wird bloß im ges
meinen Leben geſagt; beſonders in Niedćrdeutſchland; von denen
nämlich , welche daſelbſt hochdeutſch reden. In der niederdeuts
rohen Sprache ſelbſt lautet das Wort Barm, Der Grund
hiervon liegt darin , weil die Wurzel von Barme , das einfas
che Båren , im Hochdeutſchen nicht gebräuchlich iſt.
Durch dieſen Umſtand aber , daß Bárme, in ſeiner eis
gentlichen Bedeutung , im Hochdeutſchen nicht üblich iſt, erklärt
fich zugleich , warum auch figürliche Ausdrůde nur von Befen ,
aber nicht von Bárme im Hochdeutſchen gebräuchlich find.
Man ſagt z. B.: die Hefen des Bolts ( Bergl. 26 d aum .
Defen . ); auf die Befen kommen ;
er wird nun wohl auce auf die Befen gekommet fera ,
Leffing;

und dergleichen mehr. årme wird in allen ſolchen Redensar,


ten für Befen nicht geſagt. Nur die Niederdeutſchen gebraus
chen ihr Barm zu ähnlichen Yusdrücken. Sie ſagen z. B. in den
Barm doon ; welches ſo viel iſt, als : auf die Befen bringen,
verderben , oder , was eine andere, ganz gemeine Redensart
nennt : den Karren in den Dreck ſchieben .
Art
Heibe.
Heide. 27
Heide. Feld.
Ub. Land, im Gegenſaße gegen Städte, Dörfer, und
Wohndrter überhaupt.
W. Feld ift tragbares Land ( 8. 2 & erin. Bértel
Ten. ) , Heide dagegen unfruchtbares, wo nichts recht Nußbai
res wådſt.
Bebepf? id dann , wie mandes Jahr
Sida chon mein Sind 'erfoließet ,
Wie er , wo důrre Heide war ,
Nun Freudenquell' genießet !
Gothe.
Außerdem iſt zwar seide auch mit Bald , Rolf , 1

Hain, forft ſinnverwandt, mit welchen Wörtern Eberhard


es verglichen hat. Aber in dieſer Bedeutung tommt es hier nicht
in Betradit.
Der angegebene Unterſchied zwiſchen Feld und Heibe
hat freilidh urſprünglich nicht Statt gefunden , ſondern ift durch
den Gebrauch erſt nach und nach eingeführt worden . Denn urs
ſprünglich hat man ohne Zweifel auch dann Feld geſagt, wenn
von einem unfruchtbaren Lande die Rede war. Dies erhellet ays
der Verwandtſchaft bon feld mit Wild (Bandigen. 3ah .
men. ) und wurde auch dann leicht ertiårlich ſeyn , wenn der ers
fte Begriff von Feld , wie adelung will , der Begriff einer
Ebene geweſen wäre. Umgetehrt iſt eben ſo gewiß seide an .
fänglich auch von einem fruchtbaren Lande geſagt worden . Fr,
Junius (gloss. gotb . ) wil dieſe Bedeutung ſogar zu der eis
gentlichen machen. Denn er fagt : Theotiscis Heyd est cam .
pus gramine ac floribus nitens; ab Heyder , clarus, splen
dens.. So wenig indefilen dieſe Ableitang einer Biberlegung
bedarf, ſo wenig iſt doch zu bezweifeln , daß şeide in der ges
dachten Bedeutung iſt gebraucht worden . Denn es hatte dieſetbe
im Gothiſchen , von wo es zu uns getommen iſt, und wo es Hai
ibi lautete.
lah insandida ina haithjes seinaizos , haldan sweina
Und fandte iba auf ſeine salde, yu Búten Chalten ) die
* drveine.
#ipb. Euc, 15 , 19 .
,2
an
18 Bei.
In dieſer Stelle if Beide offenbar forchet land, welches teine
unfruchtbare Steppe ift , ſondern etwas Nugbares, wenigſtens
Biehfutter, trågt. Seet aber iſt dieſe Bedeutung des Wortes,
får welche man Feld gewählt hat, faſt veraltet, und Heide
meiſt nur noch in der Bedeutung einer unfruchtbaren Gegend
üblich , dergleichen 4. B. die Låneburger Heide ift. Schon zu
Luthers Zeiten war dieſe Bedeutung die gewohnliche.
David war in der Mitte Sipt in der Heide .
1 Sam. 23 , 13 .

Kichſtens wird Şetde noch von einer Gegend , die Viehfutter


tragt, geſagt
Berfreuet euch , ibr gámoner , auf der Heiden !
Ibr send ießt eine hirtenlose Sdaar ;
Denn eine andre Herde muß ich weiden .
diller .

Die Abſtammung des Wortes Heide iſt nicht ausgemacht.


Bachter will es von Hed , hoch , herleiten und ihm daher den
Begriff eines hoch gelegenen , alſo trocknen, und darum unfruchts
baren Landes zum Grunde legen. 26er dies ſtimmt weder zu
bem jebigen , noch zu dem veralteten Gebraude dieſes Wortes.
udelung ſagt: man tönnte auf Öde verfallen , hålt aber doch
Felbſt dieſe Ableitung nicht für wahrſcheinlich ; die auch mit deni
gothiſchen Haithi nicht überein kommt. Ich glaube , daß sets
De mit Höder , Heden , häten , welches in manden Gegenden
Miederdeutſchlands auch Heuen lautet, zuſammen gehört ; und
daß alſo der Begriff eines Weibeptakes für das Bieh der erſte get
weſent ift. Dies pafſet nidt allein zu den Gebrauche des Wortes
im Gothifchen , indem Haithi z. B. in der vorerwähnten Stelle
offenbar auf einen Weideplaß hindeutet ; ſondern es macht auch
den Urſprung der jebigen Bedeutung des Wortes feicht ertiårlich.
Denn , als man anfing , den Ader zu bauen , wird man hierzu
das beſte und tragbarfte Land ausgeſucht haben . Zu Weideplás
Ben für das Bieh ließ man das ſchlechtere liegen.

Heiland. Erldſer.
Üb. Durch beide Ausdrůde wird vorzugsweiſe Chriſtus bes
zeichnet.
B.
Het.. T 29
V. Heiland Pagt mehr , als Frisfer . Denn ein Ers
18 fer heißt überhaupt derjenige, der von Erivas tos machet ;
inſonderheit von einem übel.
Erlofe uns von dem obet.
math . 6 , 13 .
Gebe bha ' in deiner Straft , da folle Israel erlöse aus
der Dribianiter Banden ,
Ridot. 6 , 14,
Chriſtus heißt daher der Erldſer, ſofern er bloß von übeln,
námlich (nach tirdhlichen Begriffen ) von Schuld und Strafe der
Sünde uns 108 macht.

Ein Hellan hingegen iſt derjenige , der Şeit bringt.


Dies feet freilich voraus , daß er die vorhandnen ülbel aufhebe,
davon los mache. Aber er muß auch noch mehr thun. Er muß
auch etivas Gutes wirklich machen. Das 'bloße Nichtfern des
Obels iſt noch tein Heil ; ſo wenig , als das bloße Nichtſeyn von
echulden ſchon Bermogen iſt.
Bie fieblich find auf den Bergen Sie Füße der Boten , die
da Frieden ( d. i. Glác , trada dem bebräiſchen @prados
gebraute ) verkündigen , Gate $ predigen , Heil vera
fúndigen !
gelo sa , 7 .
Hier wird Keil als gleichbedeutend mit Gutes und Glid
gebraucht. - 20elung hat überzeugend dargethan , daß
Heiland ſo viel iſt, als der Heilende. Die Endung and
iſt die'oberdeutſche Form , die bei Mittelwörtern , beſonders ehes
dem , anſtatt end üblich war. . Nun bedeutet war geilen eis
gentlich : ganz machen . Davon aber auch : geſund machen , wess'
wegen , unter anderm , die Arzneimiſſenſchaft aud Keilt unde
genannt wird. Diet mag daher getommen reynt , daß man ſich
bei einer Krantheit immer den Mangel von etwas zur Gefunde
heit Gehdrigem dachte ; worauf es auch noch beruhet, daß man
einen Kranken zu fragen pflegt: was ihm fehle ? ( s: Ges
fund ). Da man nun auch die Seele geſund und trant nennt ;
To wird auch geilen , in der Bedeutung : gefund machen , von
der Seele geſagt. Inſonderheit, ſofern fie von fittlichen Gebres
den befreiet und fittlich geſund gemacht wird.
3. er
30 Hei.
Er it um unſerer Sonde widen gerichlagen- und
durd ſeine Wunden ſind wir gebeilet.
gel. 83 , f.
Offenbar in fittlichem Verſtande, wie es auch nachher gleichſam
ausdrådlich erklärt wird :
Er wird viele geredt maden ; det er trågt ibre
Súnden .
V. II .
In dieſer ſittlichen Geſundheit der Seele nun beſtehet das trahre
Heil, und dies hat, nach kirchlichen Begriffen , Chriſtus der
Menſchheit gebracht, und darum iſt er , durch Überſeßung des her
bråiſchen Namens Jeſus, vorzugsweiſe der Heiland genannt
worden .
Billig eben fo wurde im Gothiſchen Nasjands geſagt.
Denn dieſes Wort bedeutet ebenfalls eigentlich : der seilen .
De; von Nasjan , heilen , wieder herſtellen , (zu welchem Stains
me auch unſer Generen gehört ).
Gebauran ist izvis himmadaga na sj ands , saei ist
chriscus frauja in banrg daweidis.
Geboren ift euch beute der Heilan ; welder ift Chriftus,
Der Herr , in der Stadt Davids.
ulpbil. Luc. 2 , II .

Seine. Heimde. Heimath.


06. Der Dre , wo man zu Hauſe ift.
alde es berkummert die Sunft, vertrieben aus friedlicher
Heime.
Claudius b.Eampei ,
Cie ruderten gemad der Heimath wieder zu .
Sleitt.
Leiber ift die Heimat
Sur Fremde dir geworben .
diller .
Das Stammwort Heim hat urſprünglich einen Zaun , und das
von denn eine eingezäunte Wohnung bedeutet ( S. Einheir
miſch. Einländiſc .) und kommt noch von den Celten her,
deren Wohnungen noch tleine , meiſt nur mit einem Zaun einges
1

fchloſſene
Hei. 31
fohloffene Kütten waren. ( S. Silter ). In Oberſchwaben
iſt Heimen, nach Adelung , noch jeßt ſo viel als : einzäunen
und hågen.
V. Reime und Heimbe find dem Begriffe nach gar nicht
verſchieden , ſondern nur in ihrer åußern Geſtalt. In dem lege
tern tft das 2. 6105 des vermeinten Wohitlanges wegen eingeſchos
ben ; wie in Gemeinde für Gemeine Geheimde
( Rath ) für Geheime, u. . f. ( Bergl. Rede. Berg ).
Heimath roll nun zwar , wie å delung nach Friſch behaup,
tet , aus Heimde , ( alſo durch eine Buchſtabenverſekung, ders
gleichen freilich nid )t ohne Beiſpiel iſt ) , entſtanden ſeyn , in wel
chem Falle es dann ebenfalls , dem Begriffe nachy, mit Heimde
einerley ſeyn würde. Aber mir fommt es viel wahrſcheinlicher
vor , daß Heimath aus Heimod entſtanden iſt, weil das
Wort dieſe legte Geſtalt ehedem wirklich hatte.
In dero heiligon heimode.
Nott. Pl. 40 , 3 .
Es iſt aber 08 ein altes, durch viele Sprachen verbreitetes, und
zu Ableitungen dienendes Wort, welches ein Gut , Etwas , das
man befißet, ausdrückt; wie Adelung ( unter Seleinod ges
zeigt hat. Dem zufolge unterſcheidet ſich dann Heimath von
Heime und Beimde dadurch , daß eß den Begriff eines Sur
tes oder Beſiges mit ſich führt. Meine Heimath iſt meine
Heime , als ein Gut für mich, als mir gehörig , betradytet.
Daher auch , wenn man Jemanden heimat hloe nennt ; To
deutet dieſer Ausdruck mit an , daß derſelbe eines Gutes entbeh.
re , daß er elend , unglücklich ſey .
Heimattos
Durditromten wir die kriegsberegte Erbe,
6 diller.

Heim ftellen ( geben ). Anheim ftellen ( geben ).


Überlaſſen.
Üb. Dem Gutbefinden eines Anbern untertoerfen.
Jo hab mein Sad Gott beim geftellt ,
Er mach's mit mir , wie's ihm gefällt.
306. Pappu
32 Hei.
& if sode beffet ,
30 dell ' $ dem Himmel beim.
diller .
B. Überlaſſen bezeichnet dieſen Begriff fohlechtweg und
ohne Bild ; Beim ftellen drückt ihn figürlich aus und mit ets
ner Werftártung. Denn, eine Sache Jemandem heim ftel,
len, heißt eigentlich : ſie in ſein Haus , in feine Heime ftele
len. Wenn wir dies aber thun ; ſo geben wir die Sache gång:
lic in feine Gewalt. Daher bedeutet Beim ftellen im Fus
gürlichen Sinne: ganz vodfommen überlaſſen. Deshalb iſt auch
dieſer Ausdruck hoflicher , und weifet auf mehr Unterwürfigkeit,
als Überlaffen. Wir pflegen daher unſerm Fürſten und uns
fern hohen Borgefekten heim ju ſtellen , was wir Andern,
die uns gleich oder geringer find , ſchlechtweg überlaſſen.
Rod, häufiger aber werden wir es Jenen anheim ftellen.
Denn anheim , eine bloß måßige Verlängerung von
Heim, und dem Begriffe nach von dieſem nicht verſchieden , -
iſt beſonders in der, Kanzelleiſprache üblich, die das Lange und
Breite liebt. Sie hat das Wort aus dem Oberdeutſchen aufge,
nommen , wo daſſelbe wenigſtens ſonſt anſtatt Heim auch in der
eigentlichen Bedeutung gebraucht wurde.
Beyn ibn Gott gefund dabeim gebradt.
Opis.

Heimliches Gemach. Abtritt. S. Abtritt.


Heimſuchen. Beſuchen .
1

üb. Bu Jemanden ſich begeben .


B. 1) Beſuchen heißt dies , der andere, zu dem man
fich begibt, mag fich aufhalten , wo er will. Heimſuch en hins
gegen drückt mit aus , daß man zu ihm in ſeine Wohnung , in
ſeine Seime ( S. Heime. Heimath.) fich begebe. Wir
können einen Freund, der bei dem Kriegsheere, itn Felde ſteht,
daſelbſt beſuchen , aber nicht beimſuchen. 2) Beſuchen
wird bloß im guten Berſtande gebraucht. Man beſuchet els
nen freund, um ſeines Umgangø zu genießen , und weil es ihm
Vergnügen
Hri. 33
Vergnügen macht , der Arzt beſuchét'den Kranken , um für
deſſen Geſundheit zu ſorgen , der Schüler beſuchet die Schule,
umEtwać zu lernen , u. 1. f. Reimſuchen hingegen hatzwar
ſeinem urſprünglichen Begriffe nach, auch keinen nachtheiligen
Dinn , und wiro daher zuweilen , obgleich nur ſelten , auch in
guter Bedeutung gebraucht; wie z. B. von der Jungfrau Ma.
ria , welche ihre Freundia Eliſabeth Hei'm ſuch te , indem ſie dies
felbe in ihrer Wohnung freundſchaftlich beſuchte und drei Monat
y das : Evangelium ,am Tage, Mariá
bei ihr blieb ; wie ,uns
Heimſuchung " erzählt. >

luc ! , 39 , - 56.
Aber in der Regel wird dod Heimſuden in 68ſem Verſtande
genommen. Von Sriega Pet, theurer Zeit,und andern Plas
gen , wird geſagt, daß fie ein Land heimſuchen ; nicht aber ,
daß fie es befuden ; ſo wie auch von Sainerzen, Franteiten
und andern Aisein , in Beziehung auf den einzelnen Menſchen .
Bon Podagra nud Gimt, der púten bittero Fruct ।5
Zu viel genoßner Cull, fast täglich brinner fuit t.
Wieland... 1 ..
Selbſt, wenn von Gott die Rede iſt, bedeutet Heimſuchen
gewohntich nichts Gutes ; fondern drådt vielmehr aus , daß er
durch Strafen ſeine Gegenwart offenbare - gleid)jam ju
uno tomme,,
Jrto wid den Erdboden beim ſuden um ſeiner Boso
Deit willen , und die Gottloſen im ibrer lurugend Joiaco .
Jef. 13 ; 11." 1.4
1
I wil den König zu Sabel beim ud eu und fein Land.
Jer. sor 18.
Wie das aber gemeint fer , erhellet aus den vorher gehenden
Worten : Rottet aus von Babel Beides den Saemann un den
Schnitter ! !.

Dieſer nachtheilige Nebenbegriff iſt dem Worte Heimſu:


1

shen dahev geblieben, weil man es , wie Adelung nachweifet,


ehedem von dein gewaltſamen Einbrechen in ein Haus ſagte ; wess
wegen auch damals das Reimſuchen mit unter die Brevel, ges
såhtt wurde,
Binnverwandte Worter. 3r 161. Tod flag
34 Hei.
Toallag -
und heimſuchen und fwaz fraevel und
unzucht haizzet.
od wabenſp. E. 3 , 4.
in welcher Stelle ed indeſſen Störung des Hausfriedens zu bes
deuten ſcheint.

Held, Kriegsteld.
ils. Wer im Kriege ſtart und muthig fich zeigt; beſonders,
wenn er auch Einſicht und Klugheit damit verbinder.
Der Atarfe Sieger ( gebet tampfend
Seine große Helderbabu.
Diedge.
B. Briegsheld bezeišnet bloß dieſen Begriff; selo
hat außerdem auch eine weitere Bedeutung. Denn es wird voi
jedem geſagt , der einen hohen Grad von Kraft und Muth offens
bart. Dieſes fann ater nicht bloß im Kriege, ſondern auch in
andern Fällen geſchehen ; 7. B. bei anderweitigen Gefahren, bei
Ertragung von Schmerzen und Leiden.
Kaum fount' er der Gefahr
Co beiden haft entgeha .
Eavater.
Nody mehr ! Zuweilen wird bei Held auch noch von dem Begrif:
fe ,des Mulhes abgeſehen , und bloß der Begriff, von Kraft und
Otårte gedacht. Ein Glaubens held ( adelung. Campe. )
hat einen ſehr ſtarken Glauben . So auch in Berbindungen ,
wie folgende :
Wehe benen , fo Helden fad , Mein zu faufen !
Jel. . 22 .
Ein berúbmter Held im Freffer
Hatte eift zum Abendeffen
Sid deu größten Stöhr beftellt.
Hagedorn .
Dieſer Gebrauch gründet ſich auf die urſprüngliche Bedeutung
des Wortes . Denn zuerſt hat Held ohne Zweifel bloß auf
ausgezeichnete , törperliche Stårte hingewieſen . Denn dieſe war
das, worauf es im Kriege antam , und was den Helden machs
te. Deßhalb muß ich auch beiſtimmen , wenn adelung das
Gort
3

Hel. Her. 35
Wort speld zu Halten rechnet, wonach es alſo eigentlich
einen ſolchen bezeichnet, der ſich håit , per feſt ſtehet, wo es
gilt. ‫܀ ܀܀‬

Ja, man hat endlich den Gebrauch dieſes Wortes nod


mehr erweitert, und dabei nidit allein von dem Begriffe des Mu:
thes , ſondern ſogar auch von den Begriffe der Stärke abgeſehent.
Weil nåmlich ein Held durch Kraft und Muth fidy auszeich :
net; To hat man das Wort Held zuweilen auch gebraucht, wo
es weitet Midts ſagen ſollte, als daß jemand ſich durch Etwas
beſonders auszeidyne , follte dies ſogar das Gegentheil von
Muth und Starke ſeyn.
Ein Hild im Mufiggebett.
Goiebler ' 6. Adelung.
Indeffen dürfte dieſer Gebraud) wohl ſchwerlich Beifall und Mache
ahmung verdienen . Denn er låſſet von dem eigenthümlichen
Sinne des Wortes gar nichts übrig.

Hetlig. Durſtig... Durſtig.


Herausgeben. Ausliefern. Qusantworten. ' . Uus:
liefern.
Herleitert. Ableiten.
üb. Urtheilen, daß Etwas aus etwas Anderm entſtandent
Tey, oder entſtehe, oder überhaupt folge. Ber behauptet , das
Wort Denten fer aus Dagen entſtanden , oder , Ebbe und
Flut des Meeres entſtehe aus der Einwirkung des Mondes, oder,
der Sak der Ausſchließung folge aus dem Saße des Widerſpru:
cher , der leitet ab oder her : den Saß der Rusſchließung aus
dem Saße des Widerſpruchs, die Ebbe und zlut aus der Einwir:
tung des Mondes , und Denten von Dagena
Mur in dieſer, beiden W8rtern gemeinſchaftliden , uneis
gentlichen Bedeutung werden diereiben hier betrachtet.
/
W. Keynaß , welcher dieſe Wörter vergleicht, unterſcheir
det ſie weiter nicht, als daß er ſagt: ,, In der Genealogie iſt
berleiten
36 Her.
herleitengewöhnlicher, alsableiten, leşteresaber eben desmes
gemein wenig edler. " Wobei ich indeffen geſtehe, daß ich dies in dein
Sprachgebraudie nicht beſtårigt finden kann. Außerdem führt
Deynag zwar noch an : man habe die Unterſcheidung geltend
zu nindien geſucht, ,, daß bergeleitete Wörter ( derivata )
den Grundiðrtern ( primitivis ) entgegen ſtehen , die abgelei
teten ( derivativa ) hingegen mit den zuſammengeſepten ( com.
positis ) gemeinſchaftlich den unabgeleiteren entgegen geſeßt wer,
den ſollten ." Allein er feßt aud) hinzu , daß dieſe Unterſchei.
dung nidit rey angenommen worden. Nud; verdiente ſie dies wohl 5

nicht. Derrn ſie würde völlig niltürlich ſein, da in den Wertern


ſelbit gar kein Grund liegt, der ſie rechtfertigen konnte.
Denn erleiten und abteiten t &nuen ſich nicht ans
ders , als durch die Borlaute Ker und 26 unterſcheiden . 208.
deren bekannter Bedeutung erhelict, daß ableiten und Heri
Teiten , ob ſie gleich beide die nämliche Handlung bezeidynei,
dieſelhe doch von verſdiedenen Seiten anſchen. Ableiten be:
trachtet das Folgern von Seiten des Grundes, aus weldiem 36s
folgert wird , Kerleitert von Seiten deffen , welder folgert.
Ableiten drückt aus , daß wir Etwas von einem gewiſſen
Grunde -ab, weg , Herleiten , daß wir es zu uns her fuh.
ren , leiten. Herleiten fiehet alſo darauf , daß wir das Her's
geleitete dadurch erkennen , ( indem es gleidyſam uns zugefilhrt
wird ) ; dvieiten bezeidnet daſſelbe ausdrücklich als Folge eis
nos Srundes.

Die Bedeutungen von 26 und Her ,, auf welche dieſe


Unterſdreiðurg fich gründet, ſind beſonders in dem eigentlichen
Sehrauche gaitis augenſcheinlich. Ein Blita bleiter wird nie
mals ein Blig her leiter genannt, weil er den Blite von unſerm
Hauje weg , aber sicht zu und leiten ſoll.

Herrinn. Frau. 8. Frau.


Herrlichkeit. Pracht.
üb. Ein hoher Srad von anſchaulider Portrefflichteit;
wie z. B. wenn die Kleidung urid die übrigen Umgebungen eines
Menſchen glänzend und Poſtbar ſind.
Graf !
Het. 37
Graf ! ich beklage dieſe edlen Heren
daß fie die Herrlidfeit
Des Hofs vou St. Germain bei mir vormiſſen .
Sdiller.
Der foöne Zwerg bat feinen Fleif gerpart ,
Wiewohl iin Fluz , uas berrlio zu bewirtben ."
Wieland.
Als ich den Pabft drauf fab in ſeiner Pradot
Das Hocamt balten .
diller .
Er fiebt mit ihren goldnen Binnen
Oleic civer Geticrburg , in, furcttbar Holzer Bradet 1

Der Ewira Burg , ben Ebron , der ufien zittern machte.


Wieland.
. Pracht wiro bloß in dieſem Sinne , verrlich feit
aber auch von einem hohen Grabe innerer Doutommenheit , die .
nicht anſchaulich iſt, gebraucht.
Eia berrlider Beweis , ein ſehr búndiger , frudtbarer
Beweis ,
Adelung ;
iſt nicht ein prachtiger Beweis ; ebert fo wie ein Gemüth
voll fittlicherGüte woht ein herrliches, aber nidət ein prachs
tiges Gemüth genennt wird , oder , mandies widrige Arzneis
mitte eine herrliche, aber nicht eine prachtige Kraft hat.
Das ſtimmt mit der Ableitung überein, Denn Pradt
bedeutet , pie Adelung zeigt , urſprünglid, zwar : Geräuſch ,
Getdre ,
chen
Ebeurdant boret den lanten pradt ,
iigi
Dheurd. R. 36 ;
Dann aber; Glanz, hellen Schein ;
Wie füß und fregad ! id laot
Des Wouces fille Prat!
283 eife ;
so wie şell ſelbſt urſprünglid , einen Kall oder Schal ans
jeigt.
hkeit;
cine Berrlich teit hingegen mag nun , wie ich glaube, von
Qerr abſtammen , und alſo eigentlich diejenige Beschaffenheit,
Graf!
38 Her . Hin.
die für einen verrn fidy Tchidt, anzeigen ; odér és mag , wie
Adelung will, von Hehr , hoch , erhaben , heilig , herkommen ;
ſo weiſet es immer auf Vortrefflichkeit überhaupt, alſo auf innere
ſowohl, als guf &ußere , hin.
2) Gine Herrlichkeit wird auch das Ding ſelbſt ges
nannt, welches herrlich iſt :
Nehmt nicht den lekten Samud
Øus unſere Leben weg ! Die Jammervolle
Erfreut der Anblid alter Berrlidfeit ;
Gobiller ;
und deshalb wird auch von Bert lidhteiten , in der Mehrs
jahl , geſprochen :
alle dieſe Herrlio feiten machten feinen Eindruck auf ihn
udelung.
Pon Pracht iſt beides nicht üblich,

Hier. Da. e. Da.

Hinfällig. Schwach,
üb. Was leicht hinfallen , und überhaupt , leicht zu Gruns
de gehen , leicht zerſtört werden kann. Eine hinfållige ,
roh w a che Mauer tann leicht umfallen ; ' eine hinfåtlige ,
Ich w a che Geſundheit leicht zerſtört werden,
B. 1) infällig drückt dieſe Beſchaffenheit eines Dini
ges unmittelbar aus. O do wa ch bezeichnet ſie mittelbar. Denn
zunächſt bedeutet chwach: wenig Starte habend ; weswegen
auch im Oberdeutſdien Unträfte anſtatt S dy up & dye geſagt
wird . Was aber wenig tårfe hat , das kann eben darum leicht
zerſtört werden ,
2) ® ch id a ch wird daher ein der Stårte ermangelndes
Ding aud dann genannt, wenn die Folge dieſes Mangels ,
daß das Ding leicht gerſtdrbár iſ , gar nicht, ſondern bloß die
in Betracht tommt , daß daſelbe wenig wirkt oder wirten kann.
Eine ſchw a che farve , d. B. ein ganz blaſſes Roth , heißt nicht
rine hinfållige Farbe. Denn es roll hier nicht ausgedrücke
werden,
Hin . 39
werden , daß dieſerbe teidt zerſtörbar rey , Tondern , daß ſie nicht
lebhaft auf das Auge wirfe. *

3) Bei Schwach iße das urſprüngliche Bild långſi ver's


duntelt . Urſprünglich bedeutet nämlid Sdwach dasjenige
was zu weid ift , und darum wenig Stårte hat ( S. ades
lung ). Daraxt aber wird nicht mehr gedacht, und deshalb
Schwa ch von allem gebraucht, dem es an tárfe fenit , ren
es , aus welchem Grunde es wolle ; 3. B. auch , weil es dúnn ift.
- ein ſchwaches Rohr , - oder, weil es aus einer ticiner
Anzahl beſteht, eine fch mache Mannſchaft , u. ff. Bei
Hinfållig hingegen iſt das Bild des Fallen $ noch klar, i
Deshalb , da das Fallen dem Stehen bleiben entgegen gefegt iſt,
wird Hinfällig nur von Dingen geſagt, die ihre Starte durdy,
Feſt ſtehen , und überhaupt, durch. Beharren in ihrem Zuſtande,
nidit aber von ſolchen , welde diefelbe durch größere Bewegung,
offenbaren mußten . Schwa cha wird auch von dieſen kitern get
braucht. Ein ſchwacher Wind , der sicht Geſchwindigkeit ges
nug hat, die Segel gehörig zu ſchrocllen , heißt nicht ein bins
fälliger Wind , und wenn Bigb ſagt:
Rein Odein if I do wado ,
Siob 17,,. " .‫ܢܝ‬.
1
ali fo tann dafür nicht hinfällig gelegt werden ,
-j
Hingang . Hintritt.
üb. Sofern dieſe Werter figürlich anſtatt Sterben get
Dent fagt werden , unterſcheiden ſie fidy bích. Dadurch , daß. Hins
mergent tritt den Übergaug aus dieſer Welt in die andere als ganz turk
geo Hingang denſelben als langer vorſielit. Denn , weun Tres
ten in der Bedeutung von Gehen gebraucht wird; ſo wird es
doch nur von einem ſolchen Gehen geſagt, was mit Einein ,
t oder doch mit wenigen Tritten abgemacht iſt. Bon dem , der
nigelnu son ſeinem Schreibtiſche an das Fenſter , oder vor die Thür ſeis
Wannel, Res Zimmers gehet, wird wol geſagt , daß er au das Fenſter, oder
6011
vor die Thür trete. Aber von Salle bis ar die rådyriſche Grens
ten fann. ze, oder, in das Roſenthal bei Leipzig gehen , heißt nicht: an
eißtnige die Grenze, ober , in das Roſenthal treten. Das Zeitirort
t
cigare Hinfahren
402 Hin .
infahren bezeid niet den tbergang in die andere Welt, menn
auch nid ;t als kurz , doch als ſchnell ( S. Gehen . Reiſen.
sobren ),
Dich trug dein Fuß zum Tode ! Fabre hin !
biller

Etcdein wurde dafür auch Berfahren ( fer n - wegfahren ,


6. Auffdieben . Berſdieben .) geſagt; auf ähnliche Art,
wpie jet Verdheiden .
Veryert ez ann gefcheft ;
Stirbt er oboe Dermatt , ( 1 stwo'lige Verfüguna ).
Swabenfp . XXX , 3 .
gm gemeinen Leben fagt man auch abfahren für Sterben ;
jedoch mir im veráchtlichen Sinne.
Endlid ift er abgefahren .
Cumpe.
Meranf aber mag es beruhen , daß xb fahren einen veráchtlis
den Sinn hat , da doch Hinfahren feinen folden mit ſich
führt ? Wolten wir etwa durch das 26 in Abfahren von dem
Warfiorbenen ſagen : wir ſeyen ſeiner lo s geworden ? Das würs
de dann freilid, einſchließen , daß ſeine Gegenwart beſchwerlich
wenigſtens annig geweſen ſey.

Hinkend . Lahm . Strüppelig.


Eberhard hat dieſe Ausdrůde verglichen ; aber wie ich
glaube, nicht beſtimmt genug unterſchieden ,
Hinten rechnet Adelung zu dem Geſchlechte des Wors
tes Xánten . Ich glaube vielmehr, daß es zu Hången ges
hört, und alſo eigentlich darauf hinweiſet , daß der Körper bei
dem Gefen nicht ſeine gerade, aufrechte Stellung behått; ſondern
nach irgend einer Seite hin hångt. Denn ſowohl in Anſehung
diefes Begriffes , als auch in Betreff des Klanges , tommt Hin .
ten mit Hången nåher überein , als mit Wanten. Lahm
hingegen gehet zunádiſt auf einen (Hrund, ( nämlich auf låts
mung , ober Sdwådye in einem oder in beiden Füßen ) , woraus
Hinten entftchet. Metí aber eine ſolche Lähmung auch in ans
dern Gliedern ſeyn tam , die nicht zum Gehen dienen ; ſo werden
audy
Hin . 41
anch fiere alsdattu Lahi genannt. vintend wird von ihnen
nicht gefagt. Man kann eine lahme Sand, aber keine bine
tende Hand haben.
Ein Bin Fender fann, mit andern , die geſunde Füße
haben , 'nicht fort tommen , ſondern bleibt hinter ihnen zurück.
Darauf beruhet es , daß bei Hintend juweilen vorzugeweife
auf den Begriff des Nadkommens geehen wird. Ein hintens
der Bote iſt rine ſchlechte Nachricht, die, nadidem eine gute
voraus gegangen iſt, hinter her forint. Daß dieſer Aufruc
nicht auch von einer guten Nachricht, die auf eine schlechte forstill
geſagt wird , hat ſeinen Grund darin , daß cin hintender Bos
te, im eigentlichen Sinne , ein ſchledyter Bote iſt. Warum aber
eine hinter her fommende ſchlechte Nadıricht nicht auch ein lah
mer Bote genannt werde , was eben ſo gut.Statt finden tanns
te , weiß ich nidyt zu beſtimmen . $

Krúppelig , oder zunächſt vielmehr Kråppel , hat


Eberhard ganz richtig hergeleitet von dem niederdeutſchen
Rrupen , weldes tried en bedeutet, und wovon auch Sirds 1

peln , mit Mine fortfommen , ſich fort heffen , ( im eigentlidhent's


und figürlichen Sinne ) geſagt wird. Es gehört dieſes Sirupen
mit Kaupe, niederdeutſch Rupe , ein tråge und langſam tries
chendes Thier, wie auch mit dem lateiniſchen Repere , zu einem
Stamme.

Hinſcheiden. Abſcheiden. Verſcheiben. O. 2165


Com ſcheiden . 1
a gran
I bei
ndern
Hinterlaſſenſchaft. Nachlaſſenſchaft. Verlaſſenſchaft.
ehung Nachlaß. ( Verlaß. )
HID üb. Was ein Verſtorbener von dem Seinigen auf der Erde
Rohm zurüdgelaſſen hat. Es tönnen dies nur außere Dinge , reyn.
db Denn das eigentlich Janere (das in der Seele Seyende) tann
s
worau
von Niemanden getrennt werden , und nicht zurüc bleiben, wenn
ill alls er ſelbſt hinüber gehet.
perom ..
and
42 , Hin.
9. Na taffenſchaft fiehet bloß auf die nachgelaſſes
nen Sachen , Nachlaß zugleich auch auf den , der ſie nachgelaſs
ſen hat. Denn Nachlaffenſchaft betrachtet dieſe Daten :
bloß als ſolche, die nach ihrem verſtorbnen Beſiber noch vorhans
den , noch hier geblieben ſind. Nachlaß hingegen ihreibt es
zugleich dem Verſtorbnen zu , betrachtet dieſen als die Urſadye da.
von , daß ſie zurück geblieben ſind. Das Geruhet sarauf, weil
Nachlaß auch die Handlung des Nadilaniens , auf ähnliche Art,
wie Einlaß auch die Handlung des Einlafiens , u. f. f. auss
drücken kann . Nachlaſſenſchaft hingegen , wegen des anges
hängten Schaft ( S. Geſellſchaft) niemals dieſe Bands
lung , ſondern nur die nachgelaſſenen Sachen bezeichnet, wenn
daher Semand eine letztwilige Verordnung macht; ſo wird man
$
beffer ſagen , wie dies auch üblidher iſt, daß er über ſeinen Na dys
1aß , als : daß er über ſeine Nachlaſsenſchaft verfiige; und
die Erben tönnen nur für den Nadlab, feiner dantbar zu ge
Benten , verpflichtet ſeyn , ob ſie gleid) ſehr häufig nur die Nachs
Tarrenſchaft im Zuge haben, und über dieſe fich freuen. So ,
feru aber Nachlaß von den nachgelaſſenen Sachen geſagt wird,
unterſcheidet es ſich von Nachlaſſenſchaft dadurch , daß das
legtere nur den gangen Inbegriff alles deffen , was der Berſtorbs
ne nadogelaſſen hat, bezeichnet; Nachlaß hingegen auch einzelne
dazu gehörige Stúce genannt werden . - Dice Uhr iſt ein
Nachlaß meines Betters ; ich habe ſie aus ſeiner Nad lafa
ſenſchaft gekauft.
Hinterfaffenſchaft unterſcheidet fid ), wegen des ant ,
gehångten Schaft , von Nachla B. egen ſo, wie Nachlar:
Penſchaft. Von dieſem lektern aber dadurch , daß es das
Merkmal , wodurch es die zurück gebliebenen Sachen eines Bers
ſtorbenen bezeichnet, nicht, wie Nachlarrenſchaft, von der
Zeit , ſondern von dem Raume herninimt. Denn Hinter ses
het eigentlich auf den Raum . Ein Ding iſt hinter einem ans
dern , im eigentlichen Sinne, wenn dieſes andere dem Raume
nad vor ihm iſt, Benn nåmlich der Menſch in die andere Welt
gehet ; fo folgen ſeine dußern Güter ihns' uidit nach , ſondern
bleiben hinter ihm , dem vorwärts Wehenden , zurnd. Darauf
deutet es , wenn man dieſelben Hinterlaſſenſchaft nennt.
Dics
Hiil . 43
Dies erhellet auch daraus, daß man ſonſt : hinter fich faſſen,
anſtatt hinterlaſſen ſagte ; und zwar nicht bloß in Beziehung
auf Saden , ſondern ſelbſt auch in Beziehung auf Perſonen , nas
mentlich Kinder.
Und ſtirbet (ain man) und lat mer ſün oder töchter
hinder im ( ihm ).
Sowabenſpiegel VI, 1.
Verlaſſenſchaft bezeichnet die zurück gebliebenen Sus
ter eines Verſtorbenen nodh durch ein anderes Merkmal, als die
vorigen Werter. Denn es betrachtet dieſelben bloß von der Sets
te , daß ſie von dem Verſtorbenen verlaſſen , aus dem Beſite
gelaſſen ſind , ſagt aber zunächſt und ausdrücklich Nichts davon,
daß dieſelben nach dem Berſtorbenen ( der Zeit nach ), oder hins
ter ihm , ( dem Naume nach ), noch da geblieben ſind. Für eine
Berlaffendhaft alſo verdient der Berſtorbne den Dant des
Empfängers derſelben eben ſo wenig , als für eine bloße Nach
laſſenſchaft oder Hinterlaſſenſchaft, die niật zugleich
ein Nachlaß iſt.
Berlaß anſtatt Werraſſenſchaft iſt nur noch im ges
meinen Leben , und auch hier nur in einigen Gegenden üblich
-17 und dürfte , ſeiner Zweideutigkeit wegen , wol veralten . Sofern
t es indeſſen in dieſem Sinne gebraucht wird , unterſcheidet es ſich
E01
von Werlaſſenſchaft ehen ſo , wie Nadiaß von Nach !
laſſenſchaft,

r. 013
Hinterlift. Lift. Argliſt.
Flats
5 MB its. Klugheit in Berheimlichung der Mittel zu vorgefesa
o Beri ten Zwecken ,
on the
terga V. Liſt bezeichnet eigentlich dieſen Begriff ſchlechtweg, oh..
em đi ne weitern Nebenbegriff. Weil aber der Menſch die Mittel zu .
Kaume ſeinen Zwecken gewohnlich nur dann verheimlicht, wenn dieſe Zwes
re 2014
cke auf den Schaden anderer gerichtet ſind; To hat auch fift ges
ſondern wöhnlich den Nebenbegriff, daß der Liftige nach Erwas trach .
Darauf te , was Undern zum Nachtheile gereicht. Doch liegt dies , tie
it menne. geſagt, nicht in dem Worte an ſich ſetójt. Denn ehedem bedeus
44 Hin.
2
tete daſſelbe ſo viel als : Geſúsicliditeit, Sunſt , Wiſſenſdaft
überhaupt..
Tho quamum ostana in thaz lant,
Thie irkantun funnun fart ;
Sterrono giruſti ,
Thaž warun iro liſti.
Difr. I. 17 , 17 20.

Welches Stadenius überfekt :


Do kamen von Oſten her in das Land ,
Die der Sonnen Ging erkannten ,
Der Sternen ihre Geſtalt ,
Das waren ihre Künſte .

Deshalb tåßt fich aud) von unſchuldiger lift reden ,,


dergleichen man . G. zuweilen anwenden muß , um Kindern
eine heilſaine Arznei beizubringen , - ja , felbst rühmiiche Lift
tann es geben ; dergleichen z. B. , nach Bürgers Erzählung
die Weiber von Weinsberg zur Rettung ihrer Minner anwands
ten ; wovon der Dichter ſagt:
Und wenn die Noth am grøften ift,
So rettet oft noch Weiberlist.
Bürger.
Und eben deshalb hat man zur Bezeichnung ſtrafbarer auf den
Schaden , auf das Perderben Anderer geridụcten Lift das Wort ·
Arglift gebildet , welches dieſen , in Liit an ſich ſelbſt ridyt
liegenden Begriff durch den Zuſak Xr3 ausdrücklich bezeichnet.
Rig in den Schoß der Mutter fürchtet ør
Der Arglip Solingen , túdtſchen Berrath ?
Swiller.

sinter lift kommt mit Arglift darin überein , daß es


unerlaubte , 'auf den daden eines Andern gerichtete Lift ans
zeigt. Denn das , was wir hinter Jemanden , hinter reis
nem Rücken thün , iſt in der Regel von diefer Art.
Dieſer trieb hinterlift mit unserm Gochlecht und bans
delte unſre Dåter #bel.
a pofteig. 7 19.
Die fduldig
Sten ist bier ! Wie binterliftig treulos
Erdbeint
Hin. Hoch.. : Hid. 45
Cridrint mein Ratb , mein ungludieliges 1

Beurúba , nad Foxberiagbao ſie zu rúbron.


diller.

Doch iſt Urgliſt viel ſtårfer , als Hinterlift. Gines Theils


darum , weil Argliſt eigentlich und geradezu lagi, was hin,
tertiſt nur Figürtich und mittelbar ardeutet, das es nämlich uns
erlaubte , auf etwas vores aliègehende Lift rey ;- und andern
Theils darun , weil es doch wenigfiend an ſich möglich , wenn
auch in der Regel nicht der Fall iſt, daß wir hinter Jemandes
Rücken . Erwas thun , was nicht nachteilig , wol gar núßlich für
ilyn iſt. Ein Freund handelt auch hinter dem Rücken des Uns
dern , wenn er zum Beſten deffelben heinilich Erwas ausführt,
was dieſer , aus einer falſchen Unſicht, nidyt zugeben wollte...

Höchſt. Uußerft. 8. Uußerſt.


Hoch, Héchlich.
ſtb. Was einen mehr als mittelmäßigen Grad hat ; beronts
ders von innern Empfindungen , deren Verurſachung und Ause
druck, noch - H & dylich erfreut, betrübt, verwundert ſeyn;
Hochschlich erfreuen , betrüben , beleidigen ; Hod
Hochlich bedauern , beklagen u. r. f. Nur in dieſer figürlichen
Bedeutung tommen beide Nebenwörter mit einander überein..
B. H8chlich unterſcheidet ſich von Hoch dadurch, daß
es überhaupt nur in der angegebnen , figürlichen Bedeutung übs
lich iſt. Eigentlich iſt Hoch dasjenige , was von unten nach
ohen eine große Ausdehnung hat ; wie ein hoher Berg , bei 1

dem man ho ch ſteigen muß , wenn man ſeine Spige erreichen


will. Kochlich aber heißt: dem Hohen gleich, gleichſam
IV
Je oth (S. Bedenklich. Mißlid ).), und dieſes ift das, was
pis einen mehr als mittelmäßigen Grad hat.
Höcker. Buffel.
üb. Eine fehlerhafte Erhöhung auf dem Rüden . Denn
eine ſolche wird gemeint , wenn von Jemanden ſchlechthin geſagt
wird, daß er einen Bedder , pinon Budel habe.
9.
int
46 Hoc . Hof.
B. Hoc er bezeichnet den getadsten Fehler eigentlich als
eine Erhdhung , Budel als eine Biegung. Denn Hoder
ſtammet von şoch ab , bedeutet daher eigentlich eine Erhshung
auf einem Dinge überhaupt, davon insbeſondere eine fehlerhafte
Grhshung , wie z. B. auf einein hocerigen Wege , und hier:
von dann vorzüglich eine fehlerhafte Erydhung auf dem Rücken .
Bucet hingegen tommt zunächſt von Bücken , niederdeutſc)
Bukken , her , und folglich von Biegen , wovon Búden eis
ne Verſtårkungeform iſt, oder doch wenigſtene, wenn auch bri
Búden zunådſt das alte Back , der Rücken , ( wovon in Nies
derdeutſchen Huckeback maken , auf den Rüden nehmen ,
geſagt wird ), zum Grunde liegen ſollte, mit dieſem von der nåms
lichen erſten Wurzel, die bei Biegen zum Grunde liegt. Das
her bedeutet Budel urſprünglich den Rücken Aberhaupt ; ents
weder daher , weil man mittelft deſſelben ſich biegt, wie auf áhns
liche Art auch Rúde1t zulegt von Régen abſtatnmet, (S. HU.
ce. Rů den . ), oder wahrſcheinlicher daher, well derſelbe ſeinem
untern Theile nach in Vergleich mit dem Bauche, eingevogen
ift, ( auf ähnlidye Art , wie das , aus der nåmlichen Wurzel
entſprofiene, und mit Buckel Tehr nahe verwandte Bügel von
der gebogenen Geſtalt hergenommen iſt ). Im geineinen Leben
fagt man, noc jee Budel, anſtatt Rücken , einen Bus
cel voll Odylåge bekommen , und im Niederdeutſchen iſt
.

Pukkel der gewöhnlidie Ausdruck. Von dieſer erſten Bedeus


tung bezeichnet Denn Buckel nachher insbeſondere einen fehlers
haft, alſo auswärts gebogenen, d. i. h 8cerigen Rüden , und
davon alsdann dieſen Hoder ſelbſt, als fehlerhafte Bies
gung betrad,tet.

Hofinciſtern. Tabeln.
fto. Fehler oder Mängel angeben.
B. Hofmeiſtern kommt her von Hofmeiſter , in for
fern dieſes Obwol der edeln Sprechart nicht angehörig - ets
nen Hauslehrer , der zugleidy Erzieher ift, bedeutet. Darauf
gränden ſich folgende Berſchiedenheiten :
1)

/
Hof. 47
1) Man Hofmeiſtert nur Perſonen , indem nur Pers
ſonen einen Hofmeiſter , in dem gedachten Sinne , haben
tonnen ; man tadelt dagegen nicht bloß Perſonen und ihr Bes
tragen , ſondern audy Sachen .
Eine Ware tadein .
Adelu #g .

2) Da einem Hofmeiſter die Kinder , die er unterrichs


tet und erziehet, untergeordnet ſind; ſo können wir auch nur ſols
che Perſonen hofmeiſtern , die uns in irgend einer Beziehung
untergeordnet ſind, ſollte es auch nur dem Geifte nach ſeyn , oder
über die wir uns ein übergewicht anmaßent, Tadeln hingegen
tónnen wir auch Höhere, das hechſte Weſeu ſogar.
Wer Goit tadelt , fou es der nicht verantworten ?
? Hiob 39 , 32 :
wo hofmeiſtert anſtatt tadett ganz ungereimt ſeyn würde.
3) Weil ein Hofmeiſter zu ſeinen Zdglingen in dem -Tos
ne eines Borgeſetzten redet und reden muß ; ſo ſchließt auch Hofs
meiſtern den Begriff ein , daß es in dieſem Tone geſchehe. In
# Tadeln liegt dies gar nicht. Dadeln kann man auch in dem
Tone des Beſcheidnen, der ſich gar Nichts anmaßt ; ſelbſt in dem
Lone der Demuth und Unterwürfigkeit.
Berzeih , o Herr , die freie Sadelrede !
diller.

Es iſt daher z. B. nicht allein für jeden Dritten widrig


und etelhaft, ſondern auch für das eheliche Glück, das ein Uns
erkennen von Gleichheit unter den Ehegatten erfordert, zerftos
rend , wenn der Mann die Frau , oder dieſe gar den Mann be
ftåndig hofmeiſtert. Endlich
4 ) deutet és auch noch, wenigſtens entfernt, auf eemas
Berächtliches, wenn sofmeiſtern anſtatt Eadeln geſagt
wird ; und zidar eines Theils darum , weil der angenommene Ton
Des Borgefekten ſehr oft eine eitle und unwürdige Anmaßung ift,
und andern Theils darum , weil Hofmeifier ſelbſt , für Et.
Jieher nnd Lehrer, tein edler Ausbrud ift.
Bohe.
48 Hok.
Hohe. Große. Vornchine. S. Große.

Holl. Ausgepohlt.
üs. Was einen Terren Raum enthält, mag dieſer nun ganz
in ihm eingeſchloſſen und verborgen ſein , wie bei den hohlen
trojaniſchen Pferde, oder bei õen Säulen , die
tumendig bobl warau ,
ger.'52 , 21;,' }
oder mag er auch ar einer Seite offen ſeyn , wie bei einer Hohyl
-ziegel, einem Hohlwege, einem Hohlglaſe, u. f. f.
Verlaffet die Städte und wohnet in den priſen uød thut ,
.:
wie die Baubeti, fo da niften in den boblen todein
..Jer, 48 , 28 .
Durch diefe hohle Gafie muß er formen .
Stiller .
V. 1 ) Hohl heißt ein Ding , was einen leeren Raum
fenthalt , in jedem Falie , és man denfelben von Anfang an ento
halten haben , oder nidir ; Yusgeh shitjur dann , wenn es
'vorher nidit hoft' geweſent, fonitin erſt hoh ! gemacht worden
iſt. Das liegt in der Form des testern Wortes. Denn es ift
i ein Mittelvort von Aushöhlen, durd Herausnehmen
hohi machen.
.
Wer hat alhier der Vorgebürge Nüden
Su Tempeln und Paláiten ausgebohrt ?
ramter.
Ein Hohlglas iſt zugleich auch ein ausgehdhltes Glas ,
weil es erſt ( durch Sdíleifen ) iſt hohl gemacht worden . Wenn
aber unſere Erde hobi ift, wie einige wollen ; ſo iſt ſie doch nicht
Ausgehdhit . Denn ſie iſt alsdann von Anfang an hohl
geweſen , und Niemand hat ſie, durch Ausgraben , u . ſ. f. erſt
hohl gemad)t.
2) Hieraus erhellet, warum auch figürlich , in allen Fåls
len , wo bloß der Begriff die leeren Raumes , oder gar der Leers
heit überhaupt, und gar nicht die Handlung des a ushshlens
in Betracht kommt , nur Kohl, aber nicht ausgendhit ges
ſagt wird.
El
Fok. HoĄ. 49
es iß mir ſo bobl ( leer ) im Magen .
del. u. Eampe.
eine Doble Stimme , eine dumpfe , so wie diejenige
iß , welde aus einem 6oblen Orte berſoallet.
手 Dieſelben.
Und in das Leben tritt der boble Draum.
diller 6. C.
Cine bote und fadleere Opradhe.
Sant.
In allen dieſen Fällen tann nicht ausgehshit anſtatt Kohl
geſagt werden. Ein ausgehshlter Traum wåre tåcherlich.

Hdkle. Grotte.
Ab. Ein leerer Kaum in einem Körper , beſonders in eta
nem Berge oder Felſen.
Ju dem Stande der Bildbeit wohnten die menſden in
Boblen der Berge unb felfen ,
udelung.
Lebt wohl, ihr Berge, ihr geliebten Eriſten !
ibr Grotten und ihr kühlen Brunner!!
6 diller.
W. Grotté unterſcheidet ſich , wie udelung, Campe
und Voigtel ſehr richtig bemerken , von Hohle dadurch , daß
R$ insbeſondere eine tünftliche Kohle bezeichnet. Wenigſtens
muß es eine natürliche von ſolcher Art ſeyn, als durch Kunſt auch
1
hervorgebracht werden. Daher wird %. B. die Bruſt hohle nies
mals die Bruſtgrotte genannt. Man fann noch hinzuſehen :
4 weil die durch Kunſt hervor gebrachten Hohlen , in Vergleich
! mit vielen natürlichen , nur flein ſind ; ro wird Grotte von ngs
türlichen Hohlen nur geſagt, wenn ſie nicht allein von der Art
ſind, daß die Kunſt dergleichen auch hervor bringt, ſondern wenn
fie überdem auch nur flein ſind. Die betannte Baumannshoh ,
"} le auf dem Harze wird ſchon aus dieſem Grunde nicht Baumanns
Grotte genannt , weil ſie ſehr groß iſt,
}
Deswegen riun , weil Grotte beſonders eine tänſtliche H8h .
le anzeigt, wird auch figürlich ſolchen Gedarfen oder Empfinduns
einnderwandte Wörtes. 3t 2016 D gen ,
: 50 Hdh . Hol ..
gen, die der Menſch in ſeiner Bruſt verbirgt, oder verſchloſſen
hålt , wohl eine se ohle, aber nicht eine Grotte zuges
ſchrieben .
Spreng' endlich deine Bande, tritt beroor
Uus deiner Noble , lang verhaltuer Groll !
Sdiller.
Adelung und Campe erklären Grotte für einen ,
obwohl zuläſſigen und vollig eingebürgerten Fremdling, von dem
ital. grotta , oder dem franzöſiichen 'grotre , und ſonach von
Crotra im mittlern Latein , abſtammend. Ich kann dem nicht
beiſtimmen , ſondern glaube, daß Grotte edyt deutſchen Ure
ſprungs iſt. Die alten Deutſchen hatten , früher, als ſie italiàs
niſche und franzöſiſche Sorter in ihre Sprache aufgenommen , eis
nen Gott der Grotten , der hiervon Croto hieß . ( S. v.
Bacjto's Fegenten ), und von dem , unter andern , mein Geburtss
ort , Krottorf im Halberſtadtiſchen , wo ihm ein Hain gewids'
metwar, ſeinen Namen hat. Die erſte Wurzel von Grotte iſt
ohne Zweifel derjenige Laut Rt , welder den Lhůt des turg abges
rekten Krázens , auf einem Bretle z. B. , nachahmt, und in vies
len Wirtern zum Grunde liegt , wie z. B.in Kratzen felbſt,
in Rot ten , renten , reißen , ( was in Upgrotten vorkommt),
in dem lateiniſchen Rad -ere, tragen , ſchaben , hacken, in dem
griechiſchen x® - 8 & Totsv, mit eben der Bedeutung , o - quotti ,
graben , u . Ć. f. "Grotte iſt daher urſprünglidy, was dus ges
graben , gehackt, gekratt , gerottet , und dadurch hohl ger
macht iſt. Darum Bezeichnet Grotte eigentlich eine ſolche
Höhle , die nicht von Natur ſchon vorhanden , ſondern erft durch
Kunſt iſt hervor gebracht worden .

Holpern. Stolpern.
üb. Eigentlich : im Gehen oder Laufen mit den Füßen ans
froßen und dadurch das Gleichgewicht verlieren. Uneigentlich :
einen Fehler , einen Verſtoß machen , wie audy: nid)t recht fort
können , Anſtoß, Xufenthalt erfahren.
V. Holpern haben udelung, Campe und Boigs
tel nicht, ſondern bloß das Hauptwort þolper nein
. kleiner
Hol.. SI
Fleiner Hügel, ferontere ein Stück serhärteter Erde in einem
Wege," nebſt dem Beis und Nebenworte Holperig. Indeſſen
wird doch auch solpern von unſern beſten Schriftſtellern ges
braucht:
Friſde , bolpert es gleid ,
Über Sted und Steine den Drott
Rale ins Leben binein !
Götbe. ( int deth Gediebte : ,, an Sawaget
Stronos !!
udelung taffet Hoiper abftammen von Hol , welches hoc
Bedeutet habe , und wovon im Schwediſchen noch jekt Hol einert
Hügel bezeichne. Ich zweifle nicht, daß ein Adelung Quellen
gekannt habe , aus denen ſich dies ſchdpfen läßt. Mir iſt aber
nicht betannt, wo das Wort sol in der Bedeutung von Body
Bei den Utten, oder bei Neuern , ' im Deutſchen vorkomme. Ini
derfen weiß ich auch keine beſſere Ableitung in Vorſchlag zu brini
gen. Denn obgleich Holper von dem einfachern , im Oberdeut:
ſchen üblichen Holp herkommt , und dieſes , dem bloßen Klange
nach, recht gut von 21p abftammen tónnte ; ſo wollen doch die
Begriffe dazu nicht ſtimmen . Zwar bedeutete der 21p, wie
mat in der Schweiz, oder die 216 , wie man im Oberdeutſchen
ſagt, nicht von jeher , 'wie jekt, nur einen ſehr hohen Berg ; rond
dern die Alten haben , wie Adelung nachweiſet , Berge übers
haupt Ulpen genannt. Aber immer war doch 21p ein Berg:
Daß es noch früher jede Erhshung , auch eine ſo kleine, als wir
Holper nennen , bezeichnet habe, weiß ich wenigſtens nicht nach:
zuweiſen .
Štolper n unterſcheidet ſich von Holpein dáðurd),
daß es den Nebenbegriff von Schwerfälligkeit oder Unbeholfens
heit, oder Ungeſchicklichkeit einſchließt. Das tommt ihm von
ſeiner Wurzel Denn es ſtamtnet ab von demjenigen . Top
welches auch bet Idlpel zum Grunde liegt, und eigentlich eis.
nën Klob, und davon eine ſchwerfállige Maſſe überhaupt bezeichs
net. (Spute vielleicht das lateiniſche Talpa , der Maulwurf, den
1
man fich feiner Blindheit wegen als unbeholfen dachte , aud
mit diefen Dolp zuſammen gehören ?)
3

Hieraus folgt
1)
52 Hol.
1) Holpern tann man nur auf einem Bege , der Erhd.
hungen hat, und dadurc, uneben iſt, Stolpern aber auch
auf glattem , ebenen Boden. Denn dieſes fann aus bloßer una
beholfener Sdwerfälligkeit geſchehen , mag dieſe auf natüdlicher
Ungeſchicklichkeit, oder auch auf andern Gründen , z. B. aufMús
digkeit, beruhen.
Mit steiden for perte der Pferde múder Era 6.
Zad . . a.
2) Das Beiwort Holperig wird von den Gegenſtån,
den , von den Wegen 3. B. , geſagt, wenn ſie ſolche Erhdhungen
haben , als wir Holpern nennen. Bon Stolpern gibt es
tein ſolches Beiwort, welches den Gegenſtånden beigelegt würde;
weil dieſen teine Ungeſdricklichkeit, Unbeholfenheit, und dergleis
chen , beigemeſſen werden kann. Stolperig würde , wenn es
úblich wäre , nur von einem Menſden , einem Pferde u. ( ..f. dem
es eigen ift, leicht zu ftolpern , geſagt werden können .

Hölzern . Troden . j

üb. Rommen in der uneigentlichen Bedeutung überein ,


daß ſie von einem Menſchen geſagt werden , dem es an derjenis
gen Lebhaftigkeit fehlt , die im Umgange mit andern angenehın
und unterhaltend macht ; ingleichen auch von den Reden , Stel
lungen und Bewegungen eines ſolchen.
Sebr troden in der Geſellſchaft fepn . - Steben Sie
bod niot to bólgers da !
Udelung.

V. Troden iſt von Speiſen hergenommen , denen eine


Tohmackhafte Brühe oder andre Zuthat fehlt. Erodnes Brod
- Kartoffeln troden effen. Ein trockner Menſch iſt daher
ein ſolcher, der zu dem , was er zu ſagen und zu thun hat, Nichts
hinzu fügt, wodurch es andern angenehmer geinacht würde, als
es an ſich ſelbſt iſt, - teine anziehenden Nebenvorſtellungen eins.
ſtreut, teine Ausſchmúdungen des Ausdruces anbringt, mit teto
' unterhaltenden Mienen und Geberden es begleitet. Dieſes
nen
ater iſt ein Mangel einer gewiſſen Lebhaftigkeit. Denn eine
lebhafte Einbildungskraft, ein lebhafter Wip , eine lebhafte Reg:
ſamkeit
Hól.. 53
ſamteit des Körpers , 4. l. f. würden das Gegentheit bewirken.
Sie würden ſelbſt Kleinigkeiten unterhaltend zu machen , und g.
B. Erz&hlungen von unbedeutendem Inhalte durch eingeſtreute
Nebenvorſtellungen, als : finnreiche Bemertungen , wißige Eino
fålle , lebendige Bilder , H. l. f. lo zu würzen wiffen , daß ſie doch
anziehend würden,

81zern iſt davon hergenommen , daß ein Stück Holz


ungelenkig , ungeſchmeidig , ſteif iſt. Ein Menſch wird daher
holzern genannt, ſofern ihm dieſe Eigenſchaften im figürlichen
Sinne jutommen , fofern er alſo in Handlungen und Reden ders
geſtalt ſteif und unbeholfen iſt, daß er zur Unterhaltung Anderer
nicht viel vorbringen kann, und bei dem , was er vorbringt , der
gefälligen Leichtigkeit ermangelt , die den Umgang beſonders ans
genehm macht. Wer im hohen Grade hölzern ift, der wird
mit einem derben Ausdrucke des gemeinen Lebens auch ein R10
genannt; obgleich dieſer Ausdruck gewshnlich gebraucht wird,
einen groben , ungerdliffenen Menſchen zu bezeichnen .

Holzern fagt demnach mehr , als Eroden. Der


trođene Gefellſchafter bringt das , was er zur Unterhaltung
fagt und thut , ohne würzende Zufäße vor , der holzerne bringt
überdem auch wenig vor , und dieſes nicht mit gefälliger Leidytigo
teit. Holzern ſchließt daher auch Jederzeit einen Tadel ein ,
Eroden nicht alle Mal. Es iſt z. B. nicht immer ein Fehler,
Jemanden ganz troden die Wahrheit zu ſagen , d. l. ohne alle
gefällige Eintleidung , wodurch ſie ihm weniger unangenehm ges
4
machtwürde. Ja, es kann Fåde geben , wo eine gewiſſe Eros
denheit ſogar die Annehmlichkeit vermehrt. Wenn jemand
cint
Lachen erregende Einfälle in der Hinſicht ganz trocken vortrågt,
daß er ſie mit teinem Geberbenſpiele begleitet , teine Miene da
be
licht
bei verziehet; ſo tann gerade durch dieſen Abſich des Äußern ges
gen das Innere ihre Lachen erregende Kraft noch erhdhet werden .
P, ali Man pflegt daher denjenigen , der eine Fertigkeit hat , dergleis
en Pin
iit lets
chen Einfälle auf dieſe Art vorzubringen , im gemeinen Leben
einen trodnen Schelm zu nennen .
in eine
Ft Ne
familia
r Holg|tos..
54 Holg. Hon.
Holzſtoß. ScheiterKaufen.
Üb. Im weitern Sinne : ein Inbegriff von neben und über
einander gelegten Stücken Holz ; im engern Sinne, wenn derſels
he Dazu beſtimmt iſt, menſchliche Körper , lebendig oder toot, dars
auf yu verbrennen.
Vom Holyftof dich , wozu dich der Barbar
Berdammt, auf einen Chron , den du verdienft , ju heben ,
Wieland,

B. Ein Scheit iſt, im beſondern Sinne , ein ſolches


Stüd Holz , welches durch Scheiden , Spalten , entſtanden
ift. Aus ſolchen Scheiten nun muß ein Scheiterhaufen
eigentlich beftehen. Ein Ş013 fé oß kann auch aus andein
Stücken Holz aufgeſchichtet ſeyn.
Außerdem iſt Holyfto . edler , als scheiter haufen.
Dies beruhet eines Theilß darauf, daß Scheiterhaufen im
gemeinen Leben üblicher , und dadurch gleichſam mehr abgenußt
iſt, und andern Theils vielleicht auch darauf, das ſchon das eins
fache Stoß , in der hier Statt habenden Bedeutung , mehr Ebs
les hat , als Haufen, Denn ein Haufen tann auch aus
unordentlich über einander geworfenen Stücken beſtehen ; ein
10B hingegen iſt ein gerade und ordentlich aufgeſchiditeter
Kaufen , - wie z. B. ein Stoß Papier, zuerſt ohne
Zweifel von ſolchen Fällen ſo genannt , wo man einen Kaufen
durch Stoßen , (wie einen Haufen Papier durch Auffoßen ),
gerade und ordentlich machte.

Honig. Honigſeim .
üb. Eigentlich: der füße Saft, den die Bienen aụs Blus
men eintragen .
Sie ( die Rechte des Herrn ) find ſüßer denn Honig
und Honigrein.
PR: 19 , JI
Sigårlich: fanft reizende Annehmlichkeit im hohen Grade,
1 Glücklich iſt ,
Wer ihrer Rippen Honig trinket ,
Eramer 6,
Hon . 55
Die Honig tropfen der Freube.
Fr. Nidter.

V. Honig feim heißt eigentlich der, ungelåuterte şo ?


nig , wie er in den Wachezellen der Bienen ſich findet, und oft
von ſelbſt ausfließet, der ſonſt auch Scheibenhonig , I uns
fernhonig u. r. f. genannt wird. Bei dieſer Unterſcheidung
beider Wörter tann es auf die Abſtammung von Honig nicht
antommen , indem ſie bloß durch das Seim in dein zweiten vers
( hieden ſind. Es bedeutet aber Seim eine jede diçkliche Feuchs
tigkeit überhaupt.
Gerften ſein , die didliche, fchlüpfrige Brübe von gekoch
ter Gerfte.
delung .
C
und den Saft hefateilches Strautes
Sprenget ſie ihr ; und ſofort , da der traurige Seim fie bes
rúbrte ,
Bo 6. E.

Eine Suppe oder Brühe Seimig oder Seeinig kochen ,


heißt daher : ſie ſo kochen , daß ſie , wenigſtens etwas , dicklich
wird. Aber ſchon die Alten brauchten dann Seim vorzugswei?
ſe von dem sonige, und zwar beſonders von dem Scheiben
bonige :
Samo ther wabo thes feimes ;
Wie die Wabe ( Sdeibe ) des Honigd ;
Milleram bob. fis , 1 .

Die Abſtammung betreffend, fo gehört Seim ,, oder zus


nachſt das Zeitwort Seimen, (Seim geben , und : in Seim
verwandeln ) , entweder mit Schaumen zuſammen , oder, was
mir viel wahrſcheinlicher iſt, es tammet von demjenigen Sam
ab in Zuſammen
, wasSamen
Wurzel und meln
enthalten ,iſt,Sam deren veralteter
ſchon , imundGothiſchen Aftetek

war .
Samana fokjandans ,
Zuſammen freitead , ( conquirentes ).
111p bit. arc . 12 , 28 ,
In einer Dicklichen Fluffigkeit namlid hången die Theile mehr
suſammen , als in einer ganz dünnen. Hiernad, nun iſt der
ungeläuterte
56 Hon . Hor.
ungeläuterte sonig in den Scheiben Seim genannt wors
den , weil er , obwohl flaſfig, doch wegen der Wachs- und
Schleimtheile , die er noch enthält, dicklich iſt.

Horften. Niſten,
Üb. Sein -Neft bereiten , oder, wo haben.
B. horften wird nur von Raubvögeln geſagt.
Der galt borftet auf 'boben Báumen und Felfen ,
Die Schwalben niften an den Banden , die Robrdomme
im Robre.
adelung.
Horften roll, nach udelung , hertommen von Horſt,
in der Bedeutung : Gebüſch, Geſträuch); indem das Neft eines
Raubvogels, „ vermuthlich wegen der vielen in einander geſoluns
genen Zweige, " Horſt genannt werde. Aber, es dürfte
wohl umgelehrt Horſt von Horſten , und dieſes zulegt von
dem alten Ar oder Har, hoch , ( S. Dar. Adier. ), welches
auch Or , Hor lautete , wie z. B. in dem 'lateiniſchen Oriri,
abſtammen , und alſo von dem Umſtande hergenommen ſeyn , daß
die Raubvögel nur in der Adhe niften , wo ſie eines Theild ſelbſt
ſicherer find , und andern Theils weit umher ſchauen tonnen , eis
nen Raub zu erſpähen.
Sigürlich wird Niften , gewohnlicher aber doch Einnie
ften , anſtatt: ſich feſt reken überhaupt geſagt, und beſonders von
unerlaubten Begierden , Neigungen , Leidenſchaften und dhnlio
djen fittlichen Fehlern ; ingleichen auch von Menſchen , jedoch,
wegen der darin liegenden Vergleichung mit Thieren , nur im vers
åchtlichen Sinne. - In dieſer Stadt hat ſich viel ſchlechtes
Stefindel eingeniftet.
lag
Keine Luft ju boren Lüften
Ja dem innern Menſchen alten.
Grup 6. 6. 4. u. E.
Horften wird in dieſer figürlichen Bedeutung nicht gebraucht;
weil bei derſelben von einem Feſtlegen im Innern , im Verborges
nen , die Rede iſt. Denn hierzu ſtimmet nur das Bild des N to.
ftens
Hor. Hof. ? 37
pens in dichten Gebüſchen , u. 1. f. aber nicht das Bild des
Korſten 8 auf hohen , hervor ragenden Båumen oder Felſen. "

Hoſe. Beinkleider. Unterkleider.


üs, Dagjenige Kleidungsſtück, welches, bei unſerer Kleis
dertradt, und zwar inſonderheit von Männern , gebraucht wird,
die Schenkel und Hüften zu bekleiden.

,
B. Hore ift niedriger, als Beintleider. Zwar hat
es urſprünglich gar nichts Niedriges an fich. Denn es hat zus
erft, wie Haus, womit es unmittelbar verwandt ift , eine Ves
deckung überhaupt bezeichnet; und wurde , unter andern , auch
von einer gewiſſen Art von Stiefeln geſagt, die zur triegeriſchen
Rüftung gehörten , und zur Bedeckung der Schienbeine dienten .
Zwo holen er analeite ,
Thie waren gantreitet
Von golde unde von perlen .
Zwei Stiefeln er anlegte ,
Die waren bereitet
Von Gold und von Perlen .
Brud10. panifc . tr. Carl
d. 3. D. 1875 2 .
aber Hoſe iſt viel åtter, als Beintleider , 'und fo
durch den långern Gebrauch gemeiner geworden.
Beintleider ſelbſt hat ſchon aufgehört, ein edler Auss
druck zu ſeyn , und tann in Gegenwart junger, fein gebildeter
Frauen nicht mehr gebraucht werden . Man hat angefangen ,
Untertleider dafür zu ſagen. Dies iſt eine aufſteigende
Synetdoche , welche das gemeinte Kleidungsſtúde allgemeiner und
unbeſtimmter ausdrůdt, und , indem es die Theile des Körpers,
zu deren Bedeckung daſſelbe dient, nicht nennt , die anſdauliche
Vorſtellung von dieſen nicht anregt und vergegenwärtiget.

Hude. Budel." Rücken .


i
)
Üb. Der hintere Theil des menſchlichen Kdrpers , welchet
der Bruſt und dem Bauche gegen über ſtehet.
3.
58 ക uit. , Hub.
W. Bude, welches audy Szocke lautet, wird nur im ges
meinen Leben gebraucht, Man hat ihn die Qucfe voll
Prügel gegeben. - Doch findet ſich das Zeitwort H uden
aud) in der Bücherſprache.
Er pacte flugs den Knirps und bag of te
Jon freundlich , einem Eid born glide ,
Auf feine Sdulter.
Preffel b. C.
D. Hucke oder Hocke gehårt mit Hocker zuſammen
und kommt ſonac) zuleit von Hoch her. " ( , H 8 cker. Bus
del ) Es iſt folglich urſprünglich von dein Merkmale hergenoms
men ; daß der Rů cent ( ſeinem obern Theile nach, da wo die
Schultern ſind ) etwas erhaven und hervor ſtehend iſt,
Buckel får Rücken iſt ebenfalls nur im gemeinen leben
úblich ( S. H8cker. Buck el.); aber urſprünglid, von einem,
dem vorigen gerade entgegen geſelsten Merkmale , nämlich davon
hergenommen , daß der Rüden ( feinem untern Theile nach )
etwas eingebogen iſt. ( Ebendaſ.).
Rů o en fiehet weder auf das Erhabne det obern , 1100
auf das Eingebogene des untern Theiles , ſondern auf die Länge
des Ganzen. Denn Růden kommt her von Recen , in der
Bedeutung : ftreden , der fånge nad, ſich ausdehnen , und bes
trachtet alſo dieſen Theil des Körpers als eine der Långe itachi
von oben nach unten, ſich erſtreckende Seite deſſelben.
Dies erhellet auch aus der Urt , wic Růçen von anderia
Dingen außer dem meirſchlichen Kdrper gebraucht wird. Fint
Berg rů den f. 5. iſt der oberſte Theil eines Berges , wenn er
nicht in eine Spiße ausläuft, ſondern in die Länge ausgedehnt
ift.
Bon Rücken find , auch in der edlern Gpréchart, figürlie
che Ausbrude üblid - den Si u ceni tehren , Semanden dert
Raden halten , Etwas mit dem Rücken anſehen müſſen ,
hinter Jemandes Nú & en Etwas thun - welche dieſelbe von
Hude und Bucfel nicht macht, eben darum , weil dieſe Wórs
tër felbft in ihr nicht üblich ſind,

Hutel:1.
1
sub. 59
nur im go
13. Rubeln. Scheren. Drillen. ( Trillen .)
Ouder
jude 16. Jemanden ohne Noth in Bewegung refsen , und über,
haupt : ihm unnúße Mühe und Beſchwerde machen ;" wohl gar
Mur, um ihn zu plagen .
1 3
Wer nicht diert, der wirb greidoren.
Günth. 6. U.
-- Jhr fend neu uud ich bin alt geboren ;
ummet Macht was ihr wollt , nur laßt mich ungeforen . '
othe.
5u1
ales Audre thaten fie budeln und banden ,
3210 Den Solgaten trugen ſie anf den Händen .
..to chiller,

B. Schereniſt ſtårker, alsau deln. Denn Hudein,



welches wohl, wie Hoetung annimmt," mit Wedeln vers
1
wandt feyn dürfte, indem der Rauch, und der Blaſelaut zu Unte
fange dieſer Wörter leicht in einander aber gegangen ſeyn kennen
(S. Behuf.), deutet urſprünglich auf ein fanfteres sin , und
Herbewegen , das nur dadurch, daß es zu viel geſchiehet, beſchwers
lichwird. & deren hingegenzeigturſprüngliáhein heftigeres
Bewegen an. Denn der Stammlaut Scr ! welcher dabei zum
Grunde liegt , iſt Nachahmung des Lautes , çer mit gewiſſen Bes
wegungen verbunden.tt, die aber nur heftige ſeyn können, indem
Berpegungen nur bei einer gewiſſen Heftigkeit einen ſolchen faut
wie Schr! hervor bringen : Scheren heißt daher: auf eine
beſonders empfindliche Art h udeln.
Firftenregel
Gollen die Menſchen wicht denken und sichten ,
muft ibr ihnen ein luftig Leben errichten ;
Wollt ihr ihnen aber wahrhaft núßen ,
ruft ihr fie deeren und bedúben .
Bóthe.
Dies tåßt ſich noch dadurch beſtätigen, daß s dere'n
nur üblich iſt, wo von empfindenden Weſen geredet wird ; inden
Hudeln aud in Bezug auf andere Dinge geſagt wird. Man
tann ſein Kleid herum hudeln . Daß man aber daſelbe ſche's
re , wird nicht leicht geſagt Die Sachen ( dieren uns, nicht
ipir die ncc11,
balt
60 Hud.
Halt ein ! rief Momus. Du weißt , ide bin ein Belege
prit. Bas diert mich die Algebra ?
DR . Mendelssohn (an Abbt. )
Ingleichen 2 ) auch dadurch , daß sich ſcheren , anſtatt: fide
betümmern , ſich ångſtigen x . geſagt, Sich budeln aber in
dieſem Sinne nicht gebraucht wird. - Jo fere mich gar
1
nicht darum .

Liebe Herrt , bebentt's mit Fleiß !


'Sift des Saifers iQ und Gebeil.

Berden uns viel um den Kaiſer roeren .


diller.

Bon Kudeln hat man ein Hauptwoort in doppelter Form


gebildet: pudelei und. Sudlerei. Die lektere hat givar
Campe ſo wenig , als adelung. Sie kommen aber doch
beide in der Schriftſprache vor.
Je weniger id don der Welt
Mad ihrer Hadelei erfabre.
Godingt.
ho ! ho ! Despoten u dierei !
Gott wahre mido por Oklaperei !
Bürger.

* Drillen , oder Erillen , wie nach oberdeutſcher


Mundart oft geſchrieben und geſprochen wird , -tommt am
nächſten mit sudeln überein. Denn es hat ebenfalls nicht
nothwendig den harten Begriff , den Scheren einſdyließt. Nur
iſt es von einem andern Bilde hergenommen , als udelit.
Denn Drillen iſt, durch das eingeſchobene 11 , ein Anhaus
fungswort von Drehen , und bedeutet eigentlidy ; oft im Kreiſe
herum drehen. Dies erhellet, unter andern , aus dem Drilo
ling in der Mühle, welcher, auch Drehling - genannt wird,
und aus den Drillhäuschen , die man ſonſt hatte , und viele
leicht hie und da noch jego hat. Sie waren auf einem Zapfen
beweglich , und beſtimmt, herum gedrehet zu werden. Man
ſperrte gemiffe Berbrecher darein , und ließ ſie dann von den Gars
fenbuben beſtåndig im Kreiſe herum drehen , d. i. drillen.
Wenn
Hub. Kuf. 61

Wenn man nun Jemanden im Kreiſe herum drehet; po


tann dies eben ſowohl auf eine ſanfte als rauhe Art geſchehen,
und im erſtern Falle nur durch zu håufige Wiederholung beſchwers
lich werden . Daher kommt es , daß Drillen , wie geſagt,
den harten Begriff von Scheren nicht nothwendig einſchließt.
itbrigens iſt zwar Drillen in der Bücherſprache wenis
ger üblid), alo Budeln und Scheren ; tommt aber doch dare
in vor .
Dod id bin Herr , mich muß man fo nidit trillen.
Huedora. 6. 4.
. Bord , wie der Sturm die Fahnen trillt !
Bürger 6. C.
Wenn dean and das Olúd uns trillt.
Godingt.

c
Hufe. Şaken .
Ub. Ein gewiſſes Feldmaß, das aber nicht allerwårts eie
nerlei Größe hat. Gewöhnlich hålt eine Hufe 30 Acer oder
Morgen ; zu 180 Rhein. Geviertruthen, an manchen Orten
aber auch nur 24 Morgen , 15 Morgen u . ſ. f. und eben ſo ift
auch der saten verſchieden. Im Medlenburgiſchen z . B. iſt
ein Katen eine halbe sufe.
V. Hufe gehört zu Hagen und Hag. ( Wegen Bers
tauſchung des Keht , und des Blaſelautes ?. Behuf.). Dieſer
Ausdruck bezeichnet alſo urſprünglich einen eingefågten
ker. Davon dann insbeſondre: fo viel Ulcer , als man einem
Bauer , der ſich anſiedelte, zu ſeinem Unterhalte gewöhnlich gab,
indem ein ſolcher dieſen Adér fich einzuhågen , einzufriedigen
pflegie. Natürlicher Weiſe konnte dies aber an dem einen Orte
mehr, an dem andern weniger feyn.
Der Raten hat ſeinen Namen von demjenigen Katen,
den man ſonſt antatt des,PAluges,gebrauchte, und zum Theil
noch gebraucht, und der von ſeiner Geſtalt , indem er einen ſpis
Ben Winkel bildet , ſeine Benennung führt. Ein Haten iſt
daher eigentlich ſo viel Ader, als man mit einem Baten ( in
Der
G2 Huf.
der andern Bedeutung ) bewirthſchaften tann ; und auch dies
kounte nicht allerwärts gleich viel, ſondern mußte , nach Verſchier
denheit des Bodens , der Pferde oder andern Thiere , die man
zum Ziehen des Katens gebrauchte, u. ſ. f, verſchieden ſeyn.

Die Ausdrucke Hafen und Hufe ſind alſo von ganz


verſchiedenen Merkmalen hergenommen. Freilich würde es ſich
anders verhalten , wenn Udelung Recht hätte, daß es wahrs
fdheinlich ſev , wenn Ihre das Wort Hufe , von dem bei dem
llphiles befindlichen Hoba, ein Plug abſtatnmen laſſe!". Denn
alsdann würde fid) Hufe auf das nämliche Merkmal , wie Has
ten , beziehen. Allein das gedachte gothiſche Wort heißt eigento
lich nicht Hoba, fondern Hoba ;
Uslagjands handú feina aná ho ha it.
Legend feine Hand an den Pflug.
ulpbil. Euc . 9 , 62.
Hoha aber iſt unſerm Hufe nicht näher , als Hågen , oder
Hag , und die Ableitung von dieſem hat das für ſich , daß auch
Hof, womit Hufe ganz unmittelbar verwandt ift, phne Zweise
fel davon herkommt, wie udelung ſelbſt überzeugend darges
ihan hat.
gildeſten iſt gewiß , daßof inthe dem jegigen Sprachgebrăuche
bei dem Worte Hufe an deſſen Abkunft von Hag nicht mehr
gedacht, wird ; am wenigftens in den Gegenden , und das ſind die
meiſten , wo die Einhágung der Äcker nicht mehr üblich ifti Dar
her kommt es auch , daß, Hufe debt auch im weitern Sinne für
ein Flådenmas überhaupt gebraucht , und nicht bloß auf Äcker,
ſondern auch auf andre slåchen , und zwar auch auf folche anger
wandt wird, die ihrer Natur nach keine Einhägung zulaſſer . So
wird auch eine Waſſerfläche, die ſo groß iſt, als eine Hufey
2cer , eine Hufe , namentlich eine Wafferhufe genannt;.
und es war g. B. wenigſtens ſonſt in der Mark
urg
en denb
üblich, die Große der Gewditetnach WafrerhüfBran zu berecha
nen, um denSteuerſatz der Fiſcher ,weldse dieſelben inne Hatten,
darnad) zu beſtimmen .
i, pingis,2.13 9.1191 ...11
.i ::: ; · ‫ ܕܕܝ‬: ‫ ܪ | ܀‬4ܶ‫ ) ܨܶܙܶ ܝܺ܀ ܕ ; ܝܽܪ‬,
Kumpeln .
Hum . 63

Humpelt . Hinfen.
3
üb. Lahm , oder , gebrecylich gehen.,
V. Hinten fiehet darauf , das der Kidrper des Hinkens
den beim Gehen nid)t in ſeiner geraden , ſenkrechten Stellung
bleibt, ſondern bei jedem Schritte nach irgend einer Seite hin
hångt ( S. szintend. Lahm. ) ; Humpeln hingegen dars ,
auf , daß ſeine Arme und Beine mehr auf und nieder , bin und
her ſich bewegen , und daß er alſo mit mehr Anſtrengung gehen
muß , als derjenige, der geſunde füße hat. Denn man kann
Humpeln nicht füglich, mit Adelung, von Hammeln ,
in der Bedeutung a ſchneiden , verſchneiden ,"verſtümmeln - wos
mit Hammel und Håmmling ( cin Caſtrat ) zuſammen ges
hören *) – ableiten; wasbloß aufden Begriff des gebrechlichen
Gehend führen würde ; weil dadurch das p in Humpeln nicht
erklärlich wird. Sondern es iſt Şumpeln aus Ampeln ente
ſtanden , welches im Niederdeutſchen nod) gebraucht wird ( S.
Br .

*) Herr se insetting fagt zivač von semtingi wie er das


Wort Freibt, in ſeiner verdienſtliden drift úber ofte
Reinigteit géreitt ideu Sprache 6.10 )
,,Sol es por Hammel berfømmen , so ohriebe magrrichtiger
ám mlings fou es pon Hemmen berkommen (peil die
Beugungskraft gehemmt if ); fo giebts mancherlei Hinderniſſe
der Beugungskraft , als das Peridueiden, und also iſt das A을

Wort zu dunkel und unbeftimmt .' Aber es fammet mit


Hammel , mit welchem es auch in der Hauptfache cineriet
Sinn hat , von einerlei Wurzel don den alten Ham ; pers.
Aúmmelt , dahm. .
Thie lagun fol al mannes Siches inti bám meso ?
Die lagen pou menjchert; Biede und Vertámmelte . *****
Difc . IH . 4 15. 16.
Hammling ift daber nicht dunfler und unbeſtimmter , als
vammel oeldes lettere doce von dieſer Seite feinem fas,
del unterliegt. Der Unterſdied beider Wörter liegt pornehms
lich in dem deråtlichen Nebenbegriffe, den Hammling mit
fide fúbrt. Dieſer beruhet an der Ableitungsform ling , mets
dhe hier den verkleineraden und dadurdy vetaditlichen Sina bat.
( 6. ubito familing

t
64 Huf. Hur.
Br. Nd. W.) und : vor Begierde nach Etwas Hände und Fuße
lebhaft regen , gleichſam : mit Händen und Füßen wonac, ftres
ben , bedeutet; inſonderheit aber von Kindern geſagt wird , die
nach Etwas, das ihre Begierde reizt , mit Händen und Füßen
ſtreben , ohne es doch erreichen zu können ; und wovon auch
Hampelmann hertommt, das eine Puppe bedeutet, deren
Glieder durch einen Faden , woran man ziehet, in Bewegung
gereßt werden tonnen , und das alsdann auch von einem treinen
Knaben geſagt wird , ſofern Teine Bewegungen den Bewegungen
einer ſolchen Puppe ähnlich ſind.

Hunger. Eßluft. 8. Eßluft.

Hungrig. Durſtig., 8. Durſtig.


Hurerei. Unzucht.
üb. Unſittliche Befriedigung des Geſchlechtstriebes.
V. Das Wort Hure hat verſchiedne Ableitungen erfahs
ren . Inzwiſchen ſind doch nur zwei davon beachtenswerth.
darot lårfet es abſtammen von dem alten Hor, oder Her ,
oder Horo , welches Roth oder Schmuß bedeutete , und von wels
chem , unter andern , der Hornung ſeinen Namen hat; wos
nach alſo der Begriff einer Perſon , die ſich in ſittlichem Berftans
de ) beſudelt, ſich in dem Schlamme der Lüfte wälzt, der Grunds
begriff von Hure ſeyn würde. Water tåßt das Wort von
Heuern , dingen , miethen - welches eheden . Hueren lautete,
( 6. Odilter ) hertommen ; wonach es alſo urſprünglich
eine Perſon bedeutet , die ihren Leib für Lohn preis gibt , quae
quaeſtum corporis facit. - delung ſcheint die erſtere
Ableitung vorzuziehen ; und ſie ließe ſich noch durch einen neuen,
nicht unwichtigen Grund wahrſcheinlicher machen. : puré und
Huren kommen in der Form Hors und Horinon foon im
#
Gothiſchen vor. !
Wilwans , inwindai , horos ,
Rauber , ungerechte , Ehebresber.
uipo { uc. 18e II
Horinoth
Hur. 65
Horin'oth du thizai, me
Bridt die Ebe mit dieſer.
ulph. Marc. 10 , II .

1
Aber ſie gehen immer nur auf eheliche Untreue , nicht auf das
Bermiethen des, Körpers. Vielmehr wird ein Weibsbild , das
ſeinen Leib feil hat , Kaikja genannt :
Saei fret thèin (wes mith Kalkjom ,
Der vergebrt dein Gutb mit Hurea.
utpb. Eu c. 15 , 30 ;
und ausdrücklich von Hors unterſchieben :
Kalkinassjus, horinassjus.
Hurereien , Ebebrúce.
ulpb. Marc. 7 , 41.
Dennoch aber getraue ich mir zu behaupten, daß die Wachs
terſche Ableitung , der auch Woigtel beiſtimmt, den Vorzug
verdiene. Denn eines Theils lommt es mir nicht wahrſcheinlich i

vor , daß man in der Rohheit der fernen Zeiten , in welche der
Urſprung des Wortes Hure fållt, auf den Gedanten getommen
reyn ſollte, die unordentliche Befriedigung des Geſchlechtstriebes
durch Scinu ( im ſittlichen Verſtande ) zu bezeichnen. Und
andern Theils muß doch das Weſentliche in der Bedeutung eines
Ausdruces die Ableitung deſſelben vorzugsweiſe beſtimmen. Das
Weſentlidie in den Begriffe einer Hure iſt aber , daß fie thren
Leib feil hat ; und wenn man im gemeinen Leben zuweilen eine
Perſon, die feinesweges fich vermiethet , fondern bloß in einer
ſchwachen Stunde gefallen iſt, audy eine Bure nennt ; ſo iſt das
bloß ein harter Ausdruck , wobei man das Wort nicht in eigenttia
cher Bedeutung nimmt. Dies führt alſo nothwendig auf die
Ableitung von Beuern. Gefeßt ſogar, dieſer Begriff wåre
bei Mure in der That nicht der erſte geweſen ; so hat inan doch
in der Folge nur ihn vor Augen gehabt, und er iſt ſchon fångſt
zur eigentlichen Bedeutung geworden.
Da fie man Juda fabe, meinte er , es wäre eine Gore
uod fprad : fiebe , laß mich bei dir liegen ! Sie ants
wortete : Was will du mir geben ?
I. MOF. 38 , 1S . 16.
Durch eben dieſen Begriff nun ift Burerei bon unt ,
gucht leicht zu unterſcheiden. Denn bás feptere ſchließt denſels
Binnverwandte Wortes, 36 Tbl. ( ben
66 Hur. Håt.
ben nicht ein. Unzucht iſt überhaupt Mangel an zucht, an
vernunftgemäßer Beſchrántung der Funlichen Begierden , Triebe
und Neigungen , und wurde auch ſonſt in dieſer allgemeinen Bes
deutung gebraudt.
Doch wettet man dem rihter amb unzucht , die
man vor gerilt tut ;
Dost zahlt man Strafe dem Midter wegen eines uns
gebührlichen Betragens vor Geridt.
So wabenip . XII , 4.
Insbeſondere aber heißt es Unzucht , wenn der Geſchlechtstrieb
nicht in der Zucht gehalten wird. Dieſes braucht ſich aber nicht
gerade daburd) zu zeigen , daß man ſeinen Leib einem Jeden um
Lohn preis gibt. Auch Ehegatten tännen Unzudyt mit einans
der ſelber treiben , ſowohl durch die Unmäßigkeit , als auch durch
die Art und Weiſe der Befriedigung, die ſie dem Geſchlechtstries
be geſtatten. Oder weun Liebende , die einander vottommen
treu find, in einem Augenblicke des Übermaßes der Zärtlichkeit
fich vergelien ; ſo iſt das allerdings Unzudt ; denn ſie halter
ihre Sinnlichkeit nicht in den Schranken der Bernunft ; aber vor
urer ei iſt es ſehr weit entfernt. Sa , durd, bloße Mienen
und Geberden , oder durch eine gewiſſe freche Art , fich zu fleiben ,
tann Unzucht getrieben werden , in ſofern nåmlich darin ein
Mangel an Qerrſchaft über den Geſchlechtstrieb ſich offenbart..

Hätte. Häuschen. Kabuſe.


Us. Ein fleines Gebäude, worin man wohnen oder ſich
aufhalten tann.
V. Hútte ſtammer ab von einem alten Worte Hatan,
welches Bedecken bedeutet hat , und von welchem vielleicht unſer
Húten , gewiß aber Haut , ehedem ( und im Niederdeutſchen
noch jest) Hut , ingleichen Kut ' ( die Kopfbedeckung ) und ders
ſen ältere Form Huot , in der Bedeutung eines Helmes ,' bere
tommen .
Then was geraite ther dot ,
Noh thie ringe noh cher hud not
Denen war bereitet der Tod ,
Nicht der Panzer nicht der Helm ( konnteu fugen ).
Brudf.,v . [p. Sr. Car16 d . Gr. B. 3051.
Der
Hüt, 67
40
Der Grundbegriff von Hitte iſt alſo Bebedung gegen Wind
EK und Wetter , u. f. f. Abrigens die jebige , beſtimmtere Bedeutung
34 dieſes Wortes ſchon ſehr alt. Denn ſchon die Monſ. Gtoſſen has
ben eine
Hutta in cherpizgarten.

Der nämliche Begriff von Bedeckung liegt auch bei H & uss
den und Haus zum Grunde ( S. Hote: Beintleider. ) ;
und es iſt daher nicht zu zweifeln, daß dieſes Wort von ebin deins
felben Hutan abſtamme , da die Vertauſchung des S und I fehr
gewöhnlich iſt. Da aber die Sprache beide Formen , Hus ( denn
ſo lautete Haus ehedem , wie noch jest im Miederdeutſaren )
und Hutte gebildet hatte , fing fie auch an, dteſetben zu unter fideis
den , die leßrere Form auf die tleinern , ſchlechtern , und weniger
feſten Gebäude einzuſchránten , die erſtre aber auch von großen,
feſten und prachtvollen zu gebrauchen ; und zwar ſchon ſehr früh.
Denn schon Kero ( Borr. gegen das Ende, S. 18 vei Schils
ter) lagt Hus von einer feſten , auf einen Fele gebaueten Woh
nung. Ja ſdon im Gothiſchen war dieſe Bedeutung üblich.
Ik ſinteino laiſida in gud huſa.
34 beftandig lehrte im Gottebaufe im Sempel).
ulpbil, job., 18 , 10 .
Dieſer Begriff gehet dann auf såuschen mit über , das alſo
zwar ein kleines Haus ift, übrigens aber feſt und gut und ges
(dmadvoll eingerichtet ſeyn tann. Hierdurch unterſcheidet ſich
auch nåuschen von sútte , ſofern dieſe Wörter von Wohns
‫ܝܐ‬
gebäuden geſagt werden . Denn da hat Hütte einen veráchtlis
chen Nebenbegriff . Es bedeutet eine Wohnung , die nicht bloß
klein , ſondern auch übrigens ſchlecht iſt. Seine Umſtände
müſſen fd verſchlechtert haben ; denn er hat ſein niedliches
Kd usmen vertauft und iſt zur Miethe in eine Rütte ges
jogen .
Der Borjug teiſer Sitten
Madat alles berrlicher und abelt aud die Süttetto
Hagedoro 6. a. u. C.
Ein noch leineres und ſchlechteres så uschen , als Kütte,
bezeichnet Kabuſe ; das übrigens nur im gemeinen Leben , und
zwar beſonders in Niederſachſen åblich iſt. Der legte Sheil dies
68 Hat.
fes Wortes ift aus dem niederbeutſchen Hus, Haus , entſtanden
und der erſte gehört zu Koben , weld;es von treinen , niedrigen
Biehſtallen , infonderhett in Schweinstoben, gebraucht wird,
und urſprünglich, verwandt mit Rufe , Koffer , dem lateini
ſchen Cavum , u. f. f. einen hohlen Raum bedeutet, dergeſtals,
daß alſo eine Kabure eigentlich ſo viel iſt, als ein Koben ,
haus, eine elende Hutte, wie ein Koben.
Hieraus iſt zugleich ertiårlich, wie Kabuſe auch von ei
nem einzelnen treinen , niedrigen Zimmer , oder abſchlage in eis
nem Zimmer , gebraucht werden tann ; ein Gebraud), wodurch
das Wort außerdem noch von Rütte und såu $ chen ſich uns
terſcheidet

1
. **

Siis
1 .
I.
5, entrando
, niedrian
oudt
em latrini 要

dergefalin
Koben I. *

J. Ei. 8. Ei.
Moon
in o
Duro
Ja. Freilich. Allerdings. 8. Freilich.

Sawort. Zuſage. Verſprechen.
tro. Eine ausdrückliche ( ourd Worte gegebne ) Erstårung,
daß man einem andern Etwas leiſten wolle ; mag dies in
einem Thun oder Leiden beſtehen . Im engern Sinne: eine auto
drůdliche Ertlårung, daß man in einen geſchehenen Heirathsan,
trag willige; beſonders, ſofern diere von weiblicher Seite geges
ben wird, indem bet und die Heiratheantrage , in der Keget,
von Seiten der Männer kommen. - Sobald ein Bewerber
von ſeiner Geliebten das Jawort erhalten hat, find beide mit
einander verſprochen , und ſie iſt thm gugefägt ; (w8Ⓡ
denn auch der Ausdruck : File tft verſagt, ſchlechtweg gebraucht
wird.-
) Das Mertmal des Ausdrücklichen liegt bei al
len dret Ausdrůden gang deutlich in ihrer Abkunft von Wort,
@agen , und Sprechen.
B. Eberhard hat die Wörter z uſage und Perſpriest
chen , oder vielmehr zunächſt die Zeitwörter zu lagen und
Verſprechen , ſowohl unter fich , als auch mit Geloben und
Verheißen , mit welchen dieſelben aud) finnverwandt ſind , vers
gliden . Ich kann ihm aber nicht in Klein beiſtimmen . Er besc
hauptet
27. is
1 ) Zuſagen enthalte , eitie Beziehung auf eine vorher
gegangene Bitte oder forberung ; " und Campe hat dieſe Hes 量

ſtimmung von ihm aufgenommen. Allein :fie findet, wenn auch


geweshnlich , doch nicht immer Statt. In der Betannten Stelle: **
Des
70 Jaw .
Des Herren Wort iſt rahrhaftig , wud wað er jafas
get, das bált er gewiß ,
iſt von teiner vorauf gegangenen Bitte oder Forderung die Rede,
ſondern vielmehr ton einer , von ſelbft , aus freier Gnade gegels
nen Berheißung. Zud, bei den gbrigen Bedeutungen , in wels
chen zuſagen gebraucht wird :
3d ſagte es ihr auf den Kopf ju ;
!
Herme $ b . u .
Sie fonnteu Plane haben , die meinen Begriffen von
Gludſeligkeit aicht juragtco ;
ainet.
Rafontaine 6. C.
findet ſich keine Spur von obiger Beſtimmung .
2 ) Ferner ſagt Eberhard ( in dem Sandbuche) : ,, ein
Perſprechen iſt eine Ertiårung des Willens - die vor
dem andern Theile angenommen ift. " Unmöglich tonnte
ihm ſelbſt dieſe Unrichtigkeit verborgen bleiben. Er ſagt weiters
hin felhi : Wer zum Eſſen eingeladen iſt, hat ; u'geragi,
wenn er verſprochen hat , daß er tommen werde. Kiçe iſt das
Unnehmen in der Bitte vorher gegangen ; in dem Berſprechen
tann das Annehmen auch auf die Erklärung , daß man was
geben oder thun wolle , folgen ." Benn aber das Annehmen erſt
nachfolgt; po iſt ja eben darum das Berſprechen nicht ſchon
eine angenommene.Ertlårung. . Piel richtiger ſagtEbers
hard , in dem großern Wörterbuche: mein im rechtlichen
Sinne tråftiges Verſprechen iſt eine Erklärung des
Willens - die von dein andern Theile angenommen iſt. " Denn
rechtsgültig fann ein Verſprechen allerdings dadurch erſt
1
werden , daß es angenommen wird.

Nach meiner Anſicht unterſcheiden fid die vorliegenden


Ausdrücke auf folgende Art. it

Zuvörderſt iſt Fawort von Zuſage und Werſpres


chen dadurch verſchieden , daß es alle ,Mal eine Antwort bezeics
net, und alſo eine Frage vorausſeßt; ſey dieſe nun eine ausdrücks
liche und förmliche ( explicita ), oder in eine Bitte, Forderung ,
und dergl. eingeſchloſſen (implicita ) ; Zuſagen und Berpres
den dagegen auch ohne vorauf gegangne Fragen gegeben wers
Den
1

Jaw. Jeb. 71

den Fönnen. Unter fich ſind dieſe beiden tektern , da bei ihnen
auf die Verſchiebenheit zwiſchen Sagen und Spreden nicht
geſehen wird , bioß durch die Borlaute Ber und 3 u verſchies
den ; und zwar auf ähnliche Art, wie verbringen und zus
bringen , Betſd útten und Zuſch åtten , Berwenden
und Zuid enden , und dergleichen mehr. Ber bezeichnet nåms
lich ein Entfernen , von dem Handelnden weg , (S. Aufſchie.
ben. Verſchieben ) , zu hingegen eine Richtung nach einen
Glezenſtande hir ( S. Udelung ). Verſprechen deutet alſo
blog an , daß der Nebende ſein Wort , ſeine Willenserklärung
von ſich weg gebe, Zuſage , daß er ſie einem andern hin ges
be. Beide Worter bezeichnen alſo zivar das Námliche: eine Ers
tlärung , Jenianden Etwas leiſten zu wollen ; aber Verſpre,
cher fiehet bloß auf den , der die Ertlärung gibt; Zuſage auf
den , dein ſie gegeben wird.

Geder. Federmann. Gebweber. geglicher.


üb. Atte die Dinge einzeln und ohne Uusnahme , von wels
den die Rede iſt, mögen fie nun im Augemeinen ausdrücklich
genannt ſeyn , oder nicht. Seine Predigt war vortrefflich ;
die Zuhörer waren nicht bloß gerührt , ſondern Jeder , ges
dermann , Jedweder. Jeglider fühlte ſich auch wahnı
haft erbauet.

1
V. Jedermanit nterſcheidet ſich von den übrigen das
durch , daß es , feiner deutlichen Zuſammenlegung wegen , nur
als perſonliches . Fürwort, gebraudyt wird. Wer von den
Båuinen feines Gartens redet , ſagt nicht: fie find noch fung,
Jedermann iſt erſt vor zehn Jahren gepflanzı, ſondern : Jen
der , oder geglicher, oder gedweder. Ja , auc alo pero
fðnliches Fürwort wird es nicht ohne Einſchränkung gebraucht.
Es wird nämlich , eben ſeiner Zuſammenſetung wegen , nicht gea
braucht, wo bloß von Perſonen weiblichen Geſchlechtes die Rede
ift. Es waren nur einige Frauen beiſamment; aber ihr Ges
ſpråch war ſehr lebhaft, Jede ( nicht: Jedermann ) hatte
ettvas Neues zu erzählen. Iſt von Frauen und-Männern zus
gleich
72 Fed.
gleich die Rede; ſo wird. Jedermann geſagt; wie in dem obis
gen Beiſpiele von den Zuhdrern bei einer Predigt.
Der Sinn von Jedweder mag urſprünglich : „Jedete
von beiden " geweſen ſeyn , wie udelung will. Aber daran
wird långſt nicht mehr gedacht. Es iſt jetzt ſo viel, ale Jedet
überhaupt , und in den Begriffen dieſer Wdrter kein Unterſchied
mehr. Sie unterſcheiden ſich bloß außerlich , dadurch, daß Jeds
weder weitläuftiger iſt. Eben hierin aber ſcheint der Grund
zu liegen , warum daſſelbe meiſt nur im genteinen Leben und in
der leichtern , geringern Schreibart gebraucht wird ,
Selbſt der Gaben Unterſchied
Dient zum algemeinen Geſten ,
Wenu jedweder fica bemüht ,
Núßlich wie er fann ja feyn .
Weiße ;

in der höhern Schreibart dagegen zwar zuweilen :


Wie eine liebliche Ausſicht jedweden saladet ,
Herder b. C .;
aber doch nur ſelten vorkommt. Denn ein Ausdruck , der weit
1&uftiger iſt, als ein anderer , ohne mehr zu bezeichnen , tft, das
Übrige gleich gereßt, ſchlechter und alſo unedler, und dies übers
dem auch noch darum , weil er dann etwas Schleppenbes an
ſich hat.

geglicher , aus Je welcher entſtanden ( s. de.


Tung ) iſt von Jeder dem Sinne nach ebenfalls nichtverſchiee
den. Man ſollte alſo glauben , daß es mit jedweder aus
denſelben Gründen auch daſelbe Schickſal gehabt habe. Dies
iſt aber doch nicht ganz dei fall. Zwar weiſet ihm delung
ſeinen Plaß auch in der Sprache des gemeinen Lebens und
im Oberdeutſchen an . Aber Campe ſagt: es werde mehr im
Oberdeutſchen und in der hohern Schreibart gebraucht. Die
Wahrheit liegt in der Mitte. geglicher kommt in der hd
hern Schreibart öfter vor , als Jedweder ;
Uad' fubit nicht jeglider ein beffer loos
Seitdem der König , der ans rociſ und tapfer .
So
geb. ghr. mm. 73
lang gefübret , non fich auch der Milde
In deiner Gegenwart erfreut ?
Gothe ;
Getrófet fabeide teglich er hinweg !
Deri.
aber håufig doch auch nicht; und der Grund , waruni es Sfter
darin vorkommt , ſcheint bloß darin zu liegen , daß es Luther
in ſeiner Bibelüberſegung ſehr häufig gebraucht hat , und zwar
auch in folchen Stellen , wo der Ton der Rede feierlich ſeyn
Tollte.
und Gott ſprache : die Erde bringe hervor lebendige Chies
Te , ein jeglides nad ſeiner Art.
i Mol. I , 24.

Shre. Thrige
Auf eben die Art, wie Deine und Deinige von eins
ander verſchieden . S. dieſe Wörter.

Imme. Biene.
üb. Das bekannte Thier, welches uns Konig und Wachs
bereitet.

V. Das hohe Alterthum des Wortes Biene , ſagt des


lung , macht deſſen Abſtammung ungewiß. Es hat indeſſen urs
ſprünglich den geflochtenen Korb bezeichnet, den man den Bie ,
nen zur Wohnung gibt ; wie unter andern auch daraus erhellet, a

daß dieſe Bedeutung, nach Adelung 8 eigner Bemerkung , in


manchen Gegenden noch übrig ift ; wo man z. B. ſagt:
Die Biene ( der Bienenfted ) ift lower.
Adelung u. Campe.
Daher gehört Biene ohne Zweifel zu Einein Stainme mit
Benne , welches, obgleich nur in einigen Gegenden üblich , eto
nen geflochtenen Korb bezeichnet ( Adelung und Campe ),
und mit Bühne , niederd. Bune, in der Bedeutung eines
Flechtwertes , womit man die Ufer der Flüfte oder des Meeres
verwahrt. Der Stamm aber iſt $as alte Ban , Band ( S.
Fahne .
74 mm .
Fahne. Panier ). Das Wort Bienė bezeidnet alſo das
Thier , was wir ſo nennen , von den geflochtenen sterben , die
man ihm zur Wohnung gibt , und bedeutet demnach eigentlich ſo
riel, als Korbbewohner .
Und wie der Bienen dunkelnde Geſchwader
Den storb umidwarmen in des Commers Cagen.
diller ,

Zwar iſt nicht zu bezweifeln , daß man die Bienen fruis


her gefannt und benannt hat, als man Körbe für ſie flocht.
Man fand ſie in den Wäldern , in hohlen Bäumen. Aber es iſt
auch Biene nicht das erſte Wort für dieſelben geweſen. Ims
me iſt gewiß ålter. Denn es iſt Nachahmung des Lautes , den
die Bienen hören laffen , und den wir das Suinmen nens
nen , und gehört mit dieſem lektern Worte ſelbit zuſammen , wels
des bloß durch den vorgeregten Birdyer von ihm verſchieden iſt.
Auf ähnliche Art haben die Hummel und die Bremſe von
ihrem ftártern Laute ihre Namen . .
Freilich iſt 3mme jeßt nur noch im Niederdeutſchen åb,
lich. Ehedem aber war es auch im Oberdeutſchen nicht fremd.
Im Schwabenſpiegel z. B. kommen beide ausdrücke vor, Bies
ne und Imme , und werden als ganz gleichseltend gebraucht.
Und Riegent,binen uz und vallent uf ainem baume
ſa fol er jenem fagen , dez der baum iſt, daz er mit
im gange , und im ſin ymmen gewinne.
Sowabenſp . CCCLVI. I.

Demnach unterſcheiden ſich Biene und imme


1) urſprünglich dadurch , daß Biene eigentlich einen
Korbbewohner, Jmme ein ſummendes Thier. bezeichnet;
ſodain

2 ) dadurch , daß im Kochdeutſchen Biene geſagt wird ,


und 9mme jeßt nur im Niederdeutſchen üblich iſt; woju .
3 ) noch folgendes hinzu kommt. Imme bedeutet im beo
ſondern und engern Berſtande die Arbeitsbiene, zum Unterſchies
de von den Drohnen , welche, beiläufig zu ſagen, ihren Nas
men ebenfalls von ihrem Laute haben , indem fie ſich durch ein
ſtårteres,
Imm . 73
ſtårteres , gleichſam Ordhnendes Summen von den Arbeitss
ie blenen unterſcheiden. Pón Biene iſt dieſe engere Bedeutung
6 nicht üblich.
Man hat behauptet, Biene und Imme reyen , abger
ſehen davon , daß das lettere bloß im Niederdeutſchen üblich fesy,
übrigens völlig gleichbedeutend. Aus dem Worſtehenden erhellet,
daß und wie ſie auch ſonſt noch von einander verſchieden ſind.

Immittelft. Indeffen. ( Indeß ). Inzwiſchen.


Üb. Dieſe Nebens und Bindet drter drücken
1) überhaupt aus , da ;, während der Zeit , wo Etwas iſt,
geweſen iſt, oder ſeyn wird , auch etwas Anderes rey, geweſen
ſey , oder ſeyn werde.
Shue ert, was du zu thun Baft , id werde indeso
fen mode einmal binaus geben ,
Campe.
godef bewaffnet und zum Mert bereit
Erwartet ihr der Berge Feuerzeichen ! -
Odilter.

2 ) Insbeſondre zeigen ſie an , daß bei dem Seyn des Eis


nen audy etwas anderes rey , wodurch Jenes eingeſchrånet werde.
Ihr Berlaf ißt febr groß ; iadeffen ift er doch nicht
unerſeßlich
Campe .
Bei aller Originalitat pebet inde nicht zu laugaen ,
daß Cervantes - den Arioß vor Augen gehabt habe.
! Eldenburg.

ieſe lektere Bedeutung beruhet auf der betannten Figur, wels


che den hohern Begriff für den niedrigern ſest ; wie z. B. Kopf,
anſtatt: guter Kopf, Umſtånde, anſtatt Vermogensumfånde
der Mann iſtin guten Umſtånden - u.ff.

2. gmmittelſt ſowohl als Inzwiſchen beziehet fich


auf zwei Zeitpunkte , in deren Ditte , oder zwiſden denen
Etwas gedacht wird ; ſollten dies auch nur der Anfangspunkt und
der Endpuntt einer einzigen Sandlung feyn . Dadurdy unterſcheibe
den
76 Imm Sirip .
Den fich dieſe Wörter von Inderren, welches jeneBeziehung
nicht hat ,ſondern bloß auf eine Zeitdauer 'weiſer , während me!s
der Etwas Tev , ohne gerade ihren Anfang und Ende als zirej
Punkte , gwiſchen welchen es ſey , zu betrachten. Wenn man
ſagts wit wollen ausgeben , ſchreibe, aber erſt noch deinen Brief !
gndeffen will ich mich anziehen ; fo heißt das : während der
Zeit des Schreibenis will ich mich anziehen. Juzno iſchen oder
fmmittelft will ich mich anziehen , würde ausdrüden : in der
Zeit , welche z w iſden jegt und dem Beendigen des direibens,
oder, welche in der Mitte dieſer Zeitpunkte ift.

Unter eiriander felbft find gnzio iſchen und immits


tellt an ſich zwar dadurch verſchiefsn , daß das legtere beſtimm :
ter ift. Denn. Immittelft heißt doch eigentlich in der
Mitté zwiſchen zivei Zeitpunkten , Inzwiſchen bloß : &Wi.
fchen denſelben , wenn auch nicht gerade in der Mitte. Alein
ich habe nidit gefunden, daß der wirkliche Gebrauch auf dieſen
Unterſchied achtet. Das iſt um ſo weniger zu verivundern , da
fie, wohin auch 20 elung, Campe , Boigtel fie verweiſen,
nur in der Sprache des gemeinen Lebens üblich ſind, und bei gus
ten Schriftſtellern wenigſtens gewiß nur ſelten vorkommen. Ich
habe midh feines Beiſpieles erinnern und auch durch vieles Su
djen teins finden können. Eſchenburg z. B. pflegt Anders
ſen oder vielmehr die Berkürzung Indeß zu gebrauchen und
Oditler in der ungebundnen Schreibart dafür unterderas
ren zu ſagen. In der Abfunft und Bildung der Wörter Im .
mittelſt und Jnzwiſchen liegt inderfen kein Grund,
warum die edlere Schreibart ftp verſchmähen niußte ; zumal , da
fie, wie gezeigt , mit Indefren keineswegs gleichbedeutend
fint.

Impfen. Pfropfen.
Üb. Einen jungen Zweig eines Baumes oder Strauches
mit einem andern ſo verbinden, daß er anwachſt.
V. Pfropfen gehet auf die Beſchaffenheit dieſer Hands
lung ſelbſt, Impien auf das , was ſie bewirkt. Denn jms.
pfen
Joico Imp. 77
pfen heißt eigentlich : einem Stamme ein neues Reis an
feben ; pfropfendes d'icht und feſt damit verbinden.

Ich kann nämlich denen nicht beiſtimmen , welche unſer


Pfropfen für ein anderedBort halten, als dasjenige Pfropfen,
welches : Etwas in Erivas anderes hinein drången oder zwängen
bedeutet , wie z. B. wenn man einen Reiſefoffer you Kleider
pfropft , oder eine Rirché gepfropft voll Menſchen iſt. Ich
halte beide , da die Wurzeln nicht ohne Moth vervielfältigt wers
den dürfen , für ein und eben daſſelbe Port. Der Grundlaut,
wovon daſſelbe abftammet , iſt allerdings Rv , unter welchem
Kuida es aufführt. Aber es gehört nicht zu einem Geſchlechte
mit Rübe , Rapp 4. f. , denen fulda es beigefellet, audy
nicht mit Reiben , wie Adelung, will, ſondern mit Bray
und Straff, deren erſteres von Pfropf und dem niederdeuts
fchen Propp bloß dadurch verſchieden iſt, daß es anſtatt der
harten Blaſer P. oder Pf. die weichen B. und W. hat. Det
halb,weiſet Pfropfen darauf hin , daß ein neuer Zweig in eis
nen Stamm eingezwångt, oder eingedrängt, und ſtraff
daran befeſtigt wird,

1
Impfen hingegen tommt her von dem niederdeutſchen 1

Pate , verwandt mit dem griechiſchen Autor , welches eine Pfland


gé, ingleichen auch einen jungen Baum bedeutet , indem man z.
B. ſagt:
Wenn de Pate is groot, ſo is de Planter dood.
(Br. Noi. 2. )
Davon hat man ehemals Inpaten , und zuſammengefogen Imp.
ten geſagt. Dieſer Ausdruck iſt zwar im Niederdeutſchen nicht,
mehr üblidh ; es iſt aber daraus unſer Impfen entſtanden .
Dieſes deutet alſo darauf hin , daß der Stamm ein neues Reis
betommt, daß ihm ein ſolches gleichſam eingepflanzt wird,
Figürlich hat man einimpfen auch von gewiffen
Krankheiten geſagt, die man dem thieriſchen KSrper abſichtlich
dadurch mittheilt, daß man den Anſteckungsſtoff auf gewiſſe Weis
Te in ihn hinein bringt. Den Kindern werden z. B. die Blato,
tern eingeimpft. Eingepfropft wird hier nicht ges
ſagt. Der Grund hiervon ſcheint in den angegebnen eigentlichen
1
Bedeutungen
80 Inv . .82
und andern neuern Gefeßen zufolge tann man aud Rechte inne
haben unộ beſigen (Preuß. allg. L. N. Th. I. Tit. 7.)
Biele Gutsberiker z. B. find zugleich auch Inhaber
51
und
Beſitzer der Jagdgerechtigkeit aufihren Feldern . 19
3. Zum Begriffe eines Inhabers einer Sache gehört
lediglich und allein , daß er die Cache in ſeiner Gewalt, daß er.
die natürliche ( phyſiſche ) Macht haben . über dieſelbe zu verfùs
gen, zum Begriffe eines Berit er sie im eigentlichen
Sinne , alſo, ſofern er von dem bloßen Inhaber unters
dzieden wird , gehårt außerdem noch , daß er auch den Willen ,
die Abſicht habe , über die Sache zu verfügen. Das iſt zuvok's
derſt dein allgemeinen Sprachgebrauche gemås. Denn , wer fi.
B. einen Beutel vol Geld auf dem Felde findet, und mit gu:
Hauſe nimmt , um den Eigenthümer audzumitteln und ihin dens
ſelben wieder zuzuſtelien , der iſt so lange, als er das Geld nod)
in ſeiner Berwahrung hat , Jnhaber deſſelben ; aber man ſagt
gentlichen Sinne ) , ,daß er das Geld in Beſit genommen hos
be. Das ſagt man nur , wenn er es für ſich behalten und ge:
brauchen will; mag er es übrigens dern Eigenthümer in der Fols
ge wieder erleben wollen , oder nicht. Sodann ſtimmt dieſe Uni
terſcheidung auch überein mit dem Sprachgebrauche der Rechtes
wiſſenſchaft, und zwar der römiſchen ſowohl, als der neuern .
(S. 6. Savigny, in der angef. Schrift , $. 91 ; und allgem .
LR . Th. 1. Tit. 7 ). Bei der noch nähern Beſtiminung des Bes
griffes findet ſich frétlich ein Unterſchied. Das alg. Landrecht
hat vollſtändige und unvollſtändige Beriber . Der unvolls
ſtåndige will zwar får fich über die Sache verfügen , erkennt
fie aber doch an als fremdes Eigenthuin. Der vollſtåndige
behandelt ſie als ſein Eigenthum . Dieſer will alſo jeden Andern
ohne Ausnahme, jener nur alle übrigen außer dem Eigenthümer,
von der Sache ausſchließen , ( alg. IR. Th. I Tit. 7 )." Nach
dem römiſchen Rechte hingegen iſt nur derjenige ein Beſiberi
der nach dem allg. IR. ein vollſtändiger Befiber heißt,
(S. v . Sastgħid , i. d., a . Schrift, S. 92 ). Inzwiſchen
tommt dieſe nähere, rechtliche Beſtimmung in dem allgemeinen
prachgebrauche uicht,in Betracht. Dieſer bleibe bei dem vorher
angegebnen ,
Ing . 81
angegebnen , allgemeinern Begriffe - Rehen, Der Inhaber
einer Sache kann dieſelbe ausſchließend für ſid gebrauchen ; det
Befiger tann und will dies.

*
Es iſt nur die Frage: auf welchem Grunde dieſer Sprache
gebrauch beruhe ? Die Abſtammung der drter (deint dieſe Fras
ge zu beantworten.

Der Inhaber einer Sache hat diefelbe in ſeiner Ges


walt , in dem Bereiche ſeiner Kräfte, urſprünglich ; in dem
Raude, wo er iſt, wie z. B. in ſeinem Hauſe. Daraus aber
folgt noch nicht, daß er ſie auch behalten und für ſich gebrauchen
wolle. - Ber hingegen auf der Sache riket , ( denn das bes
deutet Beſtner urſprünglich , S. Befißen. Haben ), der
zeigt dadurdy (wenigſtens dem Anſcheine nach ) an , daß dies
ſelbe für ſich behalten wolle. Denn er hat eine Stellung anges
nommen , wodurch er die Sache bedecket, beſchåbet, und Andre
von ihr abhalten kann , und welche andeutet , daß er ruhig und
fortwährend auf derfelben bleiben wolle.

Ich habe anderwärts (8. Beſigen. Haben ) geſagt:


,,Beſigen deutet bloß auf ein natürliches Verhältniß zu einer
Sache ; daß wir nämlich gleichſam auf ihr figen , fie inne haben ,
und Andre von ihr auszuſchließen im Stance ſind. F a ben
hingegen wird von einem Dinge geſagt in Beziehung auf jede
.

ihm zutommende Beſtimmung , mag ſie natürlich , oder rechtlich


1
ihm zutoinmen . " Es ſchien mir bei dieſer Vergleichung, wo
4 Befißen von Haben , aber nicht von inne haben zu unters
ſcheiden war, unndthig , auf das Merkmal zu ſehen , wodurch
17 Beſigen von Inne haben , und hinreichend , bloß diejenis
gen in Betrachtung zu ziehen , wodurch es von Haben vers
ſchieden iſt. Beſtimmter wurde es indeffen allerdings geweſen
ſeyn , zu ſagen : Berigen deute an , daß man die Sache ause
ſchließend zu gebrauchen vermoge und es auch wolle ; wos
durch übrigens der bloße Beriş nicht aufhórt, ein bloß nature
liches Verhältniß zu feyn. Denn eine Sade ausſdließend ges
inndermanste Borter. 3. Ibl. $ brauchen
82 Inh.
brauchen können und wollen , iſt an und für ſich ebenſo wenig
techt als unrecht. * )

Inhalt. Stoff.
fib. Das, woraus ein Ding beſtehet. – Der Gnhalt
oder Stoff eines Urtheiles iſt der Inbegriff der einzelnen Wors
ftellungen , aus welchen daſſelbe zuſammen geſegt iſt. Den Jn .
1
halt
) Mit den ſateiniſchen Ausdrúden Detinere und Pollidere bat
es , nach dem Sprachgebrauche der Rechtswiſſenſchaft , eben
diefelbe Bewandtniß , 'wie mit June baben und Beſipea.
Detinere int Flar. Es wurde für June baben , ob es gleich
urſprunglich einen anderu Sinu bat , bon der Alten ſchon ges
braucht.
Detinentibus terram nivibus.
Plin hift . ' . XVIII. 7.
Don Pollidere ( oder zuned it vielmebr vog Poſeſſio ) ſagt S as
vigny ( a. a. : 0 . S. 73 ) : es ſey ein alter Streit , ob Pau.
1us ( L. 1. pr. d . poſl.) das Wort a pedibus oder a ledi
bu : berleite. Er gibt der legtern Leſeart den Vorzug , führt
an , wie die erſtere die an Gloßfe " veranlaßt baber man beweglix
den Saden nur einen aneigentlichen Befit anjunehmen , weil
man zwar den Boden , aber nidt die beweglichen Saden mit
Fuseu zu treten, pflege " und fest binju : no Eir französiſcher
Juriſt ſchlägt vor , wenigflens bei Schuben eine Ausnahme zu
mucben . ' Db'dies leştere Ernſt oder Spott ſeya foll, weiß ich
nicht zu ſagen , da ich dieſen Frangoſen nicht kenne. Es ließe
ſich füglich als Spott betrachten .
Ju dem .. Berſuch einer allgemeinen lateinis
iden Synonomit, aus dem Franzöſiſchen des
Herrn Gardin Dumesnil, von J. C.G. Erneft i" beißt
es : „ Poffidere, quali in poffe fuo habere." Aber aub
dies dürfte wohl das Rechte nicht ſeyn. Denn eines Theiſs
kenne ich keiu Beiſpiel , wo die Lateiner einen ganzen Saß dies
i fer Art in Ein Reitmoort zuſammen gezogen hatten. Und ans
deru Theils wird dadurch nicht erflårlich , woher Poſſidere ſeint
d bekommen habe. Vielmehr liegt augenſcheinlich Sedere , fis
Ben , dabei zum Grunde. Aber der erſte Theil des Wortes ?
Er iſt aus Poſt , tad , hinter, entfianden , welches verkürzt auch
Po lautet , wie in Pomeridiánus g. B. Auf eben die Ürt alſo,
wie man aus Prae und Sedere das Wort Praefidere , vor Etwau
fißen , gebildet bat , ift auch aus. Po und' Sedere das zuſams
men gezogene Pollidere, hinter. Etwas fitea , entstanden , daſs
fen
i

Inh.1 83

halt oder Stoff eines Geſpräches machen die Gedanken aus,


welche die Spredjenden darin einander mittheilen.
Jeko erhuben fild neue , geheimniſvolle Gefprade,
Swiſchen ihm und dem Dater , pon bohem tiefſinnigen 30
1 bait ,
Selbft unfterblichen dunkel.
Slopmod.
1

Der Inhalt oder Øtoff eines Bündnifies iſt das Perſpres


chen , was darin gegeben und angenommen wird.
Was ſoll der Jabalt feyn des neuen Bundes ,
Den wir hier unterm Sternen bimmel Riftea ?
diller.

B. Stoff gehdet zu Einem Geſchlechte, nicht, wie


udelung will, mit Staub , ſondern mit dem niederdeuts
den Stav , Stab , und mit Steif , wofür die Nieder deutſchen
auch Stövig ( ſtabig ) ſagen ; und kommt mit dieſen Wortern
von Stehen her; welches , da Hauch- und Blaſelaute häufig
in einander übergegangen find ( Ⓡ. Béhuf ) , nicht anſtoßig
ſcheinen kann. Stoff bedeutet daher urſprünglich etwas Stes
hendes , davon : etwas Beſtehendes, und davon í ) das
in einer Sache Beſtehende , den Inbegriff ihrer Beſtandtheile,
und 2) das vor der Sache Beſtehende , das , woraus oder wps
durch ſie entſtehen kann. Die Wolle, die man den Schafen eben
erſt abgeſchnitten hat , iſt ein roher Stoff , worqud fich Tuch
bereiten läßt ; und das alberne Betragen eines Menſchen tann
1
uns Stoff zum Lachen geben .
Hierdurch unterſcheidet ſich denn zugleich Stoff von ne
halt. Denn der Inhalt einer Sache iſt nur das in thr Bes
ſtehende , nicht aber das , woraus oder wodurch ſie bewirtt wers
! den tann. Die Rolle, aus welcher noch tein Tuch gemacht
F 2 ift
fen urſprüngliche Bedeutung alſo die nämliche in , die das uns
verkürzte Poſt Sedere auch hat.
Poſt equitem ſedet atra cura.
Horat
1
Anfatt alſo , daß der Deutfdhe den undaber einer Saches
die er für ſich behalten will , auf derſelben sißen ( ſie befin
Ben ) lågt , låßt ihn der Lateiner binter derſelben figen ,
um ſie zu bewaden , und Jedermann von ihr abzubalten.
1

84 Inh. Ins.
iſt, iſt noch nicht der Inhalt eines Tuches, ſondern bloß
Stoff dazu , und das alberne Betragen eines Menſchen wird
nicht der Inhalt unſeres Lachens genannt.
Auf einer andern Seite aber hat Inhalt wieder einen
weitern Begriff als Stoff. Denn Juhalt bezeichnet
1 ) auch den bloßen Raum , den ein Ding enthält, oder
einnimmt. Der törperliche Inhalt einer Walze ift dret Mat
ſo groß , alb der törperliche Inhalt eines Kegelb auf gleicher
Grundfläche und in gleicher Höhe ; das heißt , die Walze nimmt
einen drei Mal To großen Raum ein , als der Kegel , und es iſt
dabei von ' dem Stoffe , von den Beſtandtheilen , woraus die
Körper beſtehen, ganz und gar nicht die Rede. Vielmehr wird
'in der Naturlehre von Bielen behauptet, daß ein Kdrper von
kleinerm Inhalte (Umfange ) eben ſo viel oder mehr Stoff
( Male ) haben tonne, als ein anderer von großern , törperlis
chen Inhalte ; wie . B. eine treinere Kugel von Gold mehr,
als eine größere von leichtem Holze.
2) Von dieſer Bedeutung tommt es dann ferner her , daß
Inhalt auch das bezeichnet, was in dem Raume, den ein Ding
einſchließt , enthalten iſt.
Was iſt der Inbait des Falles ? -
Bein .
Adelung .
Der Wein aber iſt nicht der Stoff des Fafies. Dieſer beſteht
vielmehr in dem Holze , aus welchen das Faß gemacht iſt.
Dieſen Bemerkungen zufolge ſind alſo die Begriffe vou
toff und Inhalt zwar einſtimmig. Es tann ein und eben
daſſelbe zugleich Stoff und Inhalt eines Dinges" ſeyn .
Uber keiner von beiden Begriffen ſchließt doch den andern ein .
Nicht jeder Inhalt eines Dinges iſt auch ſein Stoff, und
nicht jedet Stoff zu ihm auch ſein Inhalt.
I

Insgemein. Gemeiniglich.
Üb. Xas in den meiſten Fällen iſt oder geſchiehet , das ift
oder geſchiehet Jnsgemein und Gemeiniglich . Denn
Gemein , woraus beide Ausdrůde gebildet ſind, heißt übers
haupt
Ins. ': 85
haupt das , was mehren Dingen , und insbeſondre, was allen
Dingen , ( wovon die Rede ift ), oder wenigſtens doch den meie
ften zukommt. In unſern Gegenden bringt der April gnds
gemein und Gemeiniglich ſehr abwechſelndes Wetter.
W. Offenbar tønnen beide Austrůcke nur durch die bleie
tungsform verſchieden reyn. Hiernach aber bedeutet Gemeis
niglic : dem gleid ), was gemein ( was in den meiſten
Fållen ) ift , oder : auf die Art , wie in den meiſten Flulen. ( Wes
gen des lich S. Bedentlid. ) Insgemein hingegen
heißt : én , oder , unter das Gemeine , ( len oder den Weis
ften Zutoinmende ) gehörig. Insgemein wird daher eigents
lich mehr gebraucht, wo von mehren Dingen , und einer , allen
oder den meiſten von ihnen zukommenden Beſtimmung, Ge .

meiniglich hingegen mehr , wo von einem und eben demſelben


Dinge , und einer in den meiſten Fällen ihm zukommenden Ber .
ftimmung die Rede iſt. Die Südländer ſind Insgemein
Icbiyafter, als die Nordländer, Mein Nachbar, der viele Reis
Fen gemacht hat, ſtreuet dieſe Bemertung Gemeiniglich in
ſeine Erzählungen ein.
Deshalb wird insgemein zuweilen auch anſtatt: im
Allgemeinen , als Gegenſak von : insbeſondre, gebraucht.
Um aler - Woblthat willeu , To id allen insgemein
und in fouderbeit gegen eineu jealistea , erzeigt babe,
2 Macc. 9 , 26 .
Gemeiniglich tann hier anſtatt Insgemein nicht geſagt,
und dieſes Wört überhaupt nicht als Gegenſan von Infonders
heit gebraucht werden .
Adelung und Campe wollen zwar dieſen Gebrauch im
Hochdeutſchen auch von insgemein nidyt geſtatten . Indeffen iſt
er doch wenigſtens in einem Falle ſehr gewohnlich . Mámlidy in ors
dentlich angelegten Rechnungen über irgend einen bedeutenden
Haushalt pflegt bei den Ausgaben der Titel gnsgemein vors
zutominen . Dies iſt ein allgemeiner Titel , unter' welchen
man viele , nämlich alle die Arten von Uusgaben bringt , denen
man teinen beſondern Titel widmen will.

Inſtåndig.
86 Inſt. goch .
Inſtåndig. Dringend.
itb. Kommen darin überein , daß fie von einer Bitte , eis
nem Gefuche , und dergleichen , geſagt werden , wobei man als
les , was man vermag , anwendet , den Andern dahin zu brins
gen , daß er das Begehrte gewähre.
V. Inſtåndig , von Stehen , Deutet an , daß man
durch anhaltende $ , beharrliches Bitten 2c., Drins
gend , daß man durch ſtart e Bewegungsgründe, die den Ans
dern dergeſtalt dringen , oder in ihn dringen ſollen , daß er
nid)t widerſtehen könne , das Begehrte zu erlangen ſtrebe.
Dringend wird aber nicht bloß von Bitten , und ders
gleichen , ſondern auch von andern Dingen geſagt , die ſtart auf
uns wirken , und uns , in figürlicher Bedeutung , ins Gedrånge,
in Verlegenheit bringen , ſo daß wir eilen und uns anſtrengen
müſſen , ihnen entgegen zu wirken. Es gibt z. B. dringens
de Noth , dringende Geſchårte. Inſtåndig werden ſolche
Geſchäfte oder eine ſolcheNoth nicht genannt. Der Grund hiers
von iſt klar.

Anſtatt Dringend hat man in den neuern Zeiten auch


dringlich geſagt, und hiervon Dringlicht eit gebildet:
Die Dringlichkeit der Umfdade.
Ung. 6. E.

Es ſcheint aber dieſes Wort keinen Beifall zu finden , und Cams


pe jáhlt es unter die ſchlecht gebildeten Ausdrüde.

Joch . Laſt.
ill. Dieſe Wörter haben die uneigentliche Bedeutung mit
einander gemein , daß ſie eine Beſchwerde, ingleichen auch das,
was fie verurſacht, bezeichnen. - Er hat zu viele Geſchäfte ;
denn er muß den ganzen Tag im goche ſeyn , und unter der
faſt endlich erliegen . 1

Umanden eine Eaft von Sorgen zu erſparer ;


Verbirgt er ihr das ärgfte der Gefahren.
Wieland.
goch. 87
Dulde nicht,
Daß dieſer Septbe das verbaste joo
Auf deine Kinder lege.
Sdiller.
1
B. 1 ) Eine Laſt iſt alles, womit ein Ding beladen
iſt, wenn es ſich auch unthätig oder bloß leidend dabei verhält ,
wie z. B. Såulen , auf welchen eine laſt ruhet. Ein Joch
hingegen iſt, wenn auch nicht urſprünglich , doch mehr eigentlich
das bekannte Werkzeug, gewdhnlich ein etwas långliches Viereck
von Holz, welches man den Zugadſen um den Kals hängt, um
6
die Riemen oder Seile daran zu befeſtigen , an welchen ſie denn
Pflug oder Wagen ziehen múffen . Von dieſem Joche iſt der
Ausdruck in dem vorliegenden figürlichen Sinne fergenommen .
Da nun daſſelbe ein Wertzeug zu Arbeit , und zwar zu ſaurer -
Arbeit iſt , ſo wird auch figürlich Joch nur geſagt, wenn von
beſchwerlicher Anſtrengung und Thåtigkeit, nicht aber , wenn von
bloß leidentlichen , beſchwerlichen Zuſtanden die Rede iſt ; 'infeß
Laſt in beiden Fällen gebraucht wird. Såulen können belas
fiet, aber nicht im goche ſeyn , und große Hiße im Sommer
kann , beſonders wohlbeleibten Perſonen , gar ſehr zur & aft,
aber nicht zum Joche werden,
Benn es heißt :
Alles in der Welt läßt fic ertragen ,
Nur nicht eine Reihe von jönen Sagen .
Othe
ſo könnte hier auch die Caft von ſchonen Tagen, geſagt werben ,
: aber nicht: das joc. Denn es iſt nur von Genüſſen - , webs
che auch Ichter zu ertragen ſeyn torneu- und nicht von Urs
beit die Rede.

2 ) Einem Zugochſen wird immer nur Ein Joch aufger


legt, indeß einem Dinge nehre fchwere Sachen , oder lasten,
aufgelegt ſeyn können . Daher iſt, in der figürlichen Bedeutung,
wohl Láft aber nicht Joch in der Mehrheit üblich, außer in
ſofern von mehren Perſonen die Rede iſt. Gin Menſch tann
viele laſten zu tragen haben ; aber viele Joche werden ihm
nicht zugeſchrieben , ſondern immer nur Eins. Alle reine bes
fdwerlichen
88 Foch.
ſchwerlichen Arbeiten zuſammen machen das Joch aus, worin
er geſpannt iſt.
3) Bei den Römern bedeutete Iogum nicht allein , wie
unſer Jody, womit es völlig überein tommt , das Werkzeug zum
Ziehen , für Ochſen und Pferde , was wir jekt auch Kummet
nennen ; ſondern oft auch ein Geftell von zwei aufrecht ſtehenden
Pråhlen mit einem Querbalken , worunter man überwundene
Feinde, zum Zeichen der Unterwerfung, durchtriechen ließ , ( lub
jugum mittere ). Auf dieſe Bedeutung nun wird unſer goch
ſehr häufig auch bezogen.
3wing uri fou fie beizen ( die Fefte ) ,
Dena unter dieſes go do wird man eudo bringen.
S diller.
mit faltem Gleichmuth könnten wir ertragen
Des Auslands Jode , des fremdeu übermuth ?
Draķel.
Hier bedeutet alſo goch eine ſchwer zu ertragende Gewalt , wors
unter Jemand ſich beugen muß ; was faft, da es mit Jody in
dieſer rómiſchen Bedeutung Nichts gemein hat , für ſich allein
niemals ausdrückt. Wenn man ſagte: die Griechen ſeufzen uns
ter der turtiſchen faſt; ſo würde es unbeſtimmt bleiben , welche
Beſchwerde die Türken ihnen verurſadyen . Sagt man : unter
dem tůrtiſchen Joche; ſo weiſet dies auf die ſchwer zu ertragens
de Oberherrſchaft der Torten. Wenn indefſen ſchon anderweitig
beſtimmt iſt, daß eine folche Gewalt gemeint ſey ; lo tann dieſels
be auch eine Laſt genannt werden . Die Herrſchaft der Türken
iſt den Griechen (don lange zur Laſt geweſen .
4 ) Beide Yusdrůde, Laſt und joch, werden auch ges
braucht, wenn etwas , zu thun oder zu leiden , zwar ſchwer iſt,
übrigens aber Bergnügen gewahrt , oder wenigſtens nicht ungern
geſchiehet. Dem Liebenden ſind die Beſchwerden , die er für die
Geliebte übernimmt , eine rufe laft , und Chriftus fagt von
den Pflichten , die ſeine Lehre auflegt:
Nihmet taf end mein god und fernet pon mir ! deur
, mein Joc ißt fauft und meine Laft ift leidt.
Matb. ll , 29. 30.
le
Joch. Srd. 89
Sie leba ' id mida nad der erwundeten lag !
Sótbe.
Den folgen Mann als Siegerinn zu feſſeln , 1

Der bidt begreift , mit ihm geldieht, umſonst


4
Bid einem Joch entwindet, das er liebt ;
Das lodt mich an.
diller .

Irden . Srdiſch.
Nb. Aus Erde beſtehend. Dies iſt die Bedeutung , roelche
Beide Wdrter gemein haben. - In einer Hauswirthſchaft . 1

B. hat man irdene Töpfe, irdene Pfeifen u. f. f. und


In einem großen Hauſe find nicht allein goldene und
.
filberne Sefáße, fondern auch höljerne und irdene. )
2 Sim. 3,20 .
B. Irden hat bloß die angegebne Bedeutung , wird aber
zur Bezeichnung derſelben nur in gewiſſen , wie es ſcheint, nur
in den Fällen gebraucht, wo die Erde , woraus Etwas beftehet,
durch die Zubereitung , ivie bei den irdenen Topfen durch das
Brennen , eine bernertbare Veränderung erlitten hat. Denn ein
Wall von Erde 3. B. wird nicht ein irdener Wal genannt.
Das Wort iſt aus Erde und En zuſammen geſebi; wels
cher lektere Ableitungslaut aus Hauprodrtern Beis und Neben ,
wörter bildet , die anzeigen, daß Etwas aus dem, was die Haupts
wdrter bedeuten , beſtehe; wie Golden , Silber( e)n , Wolfert,
Flachſen 26. aus Gold , Silber , Wolle, Flachs xe. beſtehend.
Irdiſch iſt in obigem Sinne veraltet. Man gebraucht
es jest bloß in den Bedeutungen : der Erde angehörig , auf ihe
befindlich, ſo beſchaffen , wie es auf der Erde zu ſeyn pilegt, ilje
und dem Treiben auf ihr gemåß , auf ſie ſich beziehend.
So ift des Geiftes Nuf an mich ergangen ;
Mido treibt nicht eitles , irdiſc e $ Verlangen .
diller .
Indeffen ſind dieſe Bedeutungen nicht neu , ſondern nur , mit
Ausſchließung der vorgedachten frühern , dem Worte eigen ges
worden. Denn ſie finden ſich nicht allein bet Luther :
Und
) In den neuern Ausgaben hat man freilich groene daraus ges
madt. In der erften Ausgabe ſeiner Ueberſetung batte Lutber :
bulferne und topfern.
**

90 Iro.
und es find himmliſche Körper und irdilde Stórper
( am Bimmel und auf der Erde befindlide ). A
I Cor. 15 , 40.
Derer , die ir dildo gefinnt ſind.
Philip . 3 , 19 .
Pondern ſie kommen auch bei den liten ſchon ror ;
Giloubta .

Ther kuning irdisgo tho


Mit finemo githigine
Themo himilisgen kuninge.
Es glaubte --
Diefer irdirde tonig
Mit feinem Geſchlechte
Dem fimmlifcben tonige.
Dofr. III, 2 , 73 76.
Gedachte Bedeutungen gründen ſich auf die Ableitungsform
Srd , durch welche frdiſch aus Erde gebildet iſt. Denn
dieſe Forin wird für Ig und Scht ( S. Bißchen. Furs
wahr. ) gebraucht, wie udelung gezeigt hat. Sie iſt ſehr
alt. Denn ſie war nicht allein zu Otfrios Zeiten ſchon üblich,
ſondern auch ſehr viel früher , wie Adelung aus Wörtern, die
Tacitus hat, Cheruscus, Nariscus z. B., mit Recht folgert,
Denn Scus iſt, bis auf den lateiniſchen Endlaut, einerlei damit ;.
und zwar nicht bloß in Eigennamen , wie in den angeführten
oder in Franciscus , ſondern auch in andern örtern , z. B. in
Ccruscus, Dhne Zweifel iſt unſer Irch aus Isg , wie es eher
dein ļautete , ( S. die angezeigte Stelle bei Otfrid ) und dieſes
Quis Ig dadurch entſtanden , daß eine barte , ziſchende Mundart
dars S eingeſchoben hat.
Adelung bemerkt , daß viele aus Sich gebildete Beis
wörter , die Eigennamen ausgenommen , etwas Gemeines und
Berächtliches haben , wie z. B. Aberglåubiſch verächtlicher iſt als
Ubergläubig. Er leitet dies daher , weil die ziſchende Ausſpracie
Frch , für 99 oder Icht, beſonders gewiſſen gröbern Mund
arten eigen ſey. Indeſſen dürfte dieſe Bemerkung doc) wol nur
die Wörter aus der neuern Zeit treffen , wo man anfing, auf die
Feinheiten des Ausdruckes mehr zu achten . Denn bei den åttern
3. B. Himmliſch , Dichteriſch , Redneriſch - findet ſie feine
Anwendung von ſolchen , wo das Verådītliche ſchon in dem
Hauptworte
Iro. Srg. 91

Hauptworte liegt, Bubiſch , Låppiſch, Närriſch 26. - tann


nicht die Rede ſeyn.

Irgend. Se. Semals.


Üb. Kommen darin überein , daß ſie gebraucht werden , auf
eine unbeſtimmte Zeit hinzuweiſen.
Menn Star irgend den guten Einfall bekommen ſollte.
delung .
War je ein Wunſd , der mein Auge verrieth , den du
nicht erfallteft.
Gesner b . u .
Erlanbte ſie mir jemals ein Geldent,
Von bóherm Werth , als eine frühe Blume
Im Winter , oder feltne fruct ?
Sdiller,

B. Jrgend unterſcheidet ſich dadurch , daß ,es auch auf


den Ort und die Dinge darin bezogen wird. Die Stelle ſtes
het irgendwo in Livius. Wåhle dir irgend eins von dteſen
Büchern.
gde figu ' und borde
06 nicht zu irgend einer frohen Fludet
Die Götter Rath und Wege zubereiten .
Götbe .
ga , es iſt dies die eigentliche Bedeutung des Wortes, wie auch
aus ſeiner Abſtammung erhellet, wenn , wie Udelung vermus
ther, Jrgend aus Einer Gegend zuſammen gezogen ift.
Auf die Zeit iſt es , wie mehre vom Raume hergenommene Aus .
drůde , %. B. Lang und kurz , erft übergetragen , und dieſe
Bedeutung alſo ſchon eine abgeleitete oder uneigentliche.
Bei ge und Jemals iſt ſie die eigentliche Bedeutung.
Denn ge, ſonſt ie oder io , iſt das Gegenthetl von Nie , und
bedeutet urſprünglid ſo viel als : immer, in der ganzen Zeit (von
welcher die Rede iſt ). - Er iſt von je her ſchwachlich gewer
ſen , d. i. , während der ganzen Zeit ſeines Lebens.
Das if von je ber ſeine Lieblingsmeinung getoefen.
delu .
041
92 Irg. Ort.
Bei dem Uphitað lautet das Wort ( nicht Aio , wie im Ader
Tung ſtehet, wenigſtens habe ich dieſe Form nicht finden können,
ſondern ) Aiw :
Thatei a iw swa ni gasehwum ;
Das wir ge ſo uicht geſehen haben ;
Marc.2, 12 ;
welches mit dem lateiniſchen Aevum , Zeitalter , und dem gries
chiſchen Also, beſtåndig , völlig überein fommt. Bermöge dieſer
Bedeutung und der bekannten Figur , die das Ganze und den
Theil vertauſcht, wurde dann Je auch gebraucht , auf einen ins
beſiiminten Theil der ganzen , in Rede ſtehenden Zeit hin zu weis
ſen . Wenn ich je nach Rom tommen ſollte, d. i, in der
ganzea Zeit ineines Lebens , gleich viel , in welchem Punkte ders
ſelben .

genals hat bloß dieſe Bedeutung. Das erhellet aus


ſeiner Zuſammenſenzung. Denn es iſt ſo viel, als : Je ein
Mal , in der ganzen Zeit irgend ein Mal ; und kann dahernicht,
wie ge , für : immer , beſtåndig, gebraucht w.rden. Anſtatt:
von Je her, läßt ſich nicht von Jemals her ſagen , und , wenn
es heißt :
Von den allen ſoll je ( immer ) ein paar zu dir binein
geben ;
I Nof. 6 , 20 ;

po kann dies nicht durch : şema 1 6 ein Paar, ausgedrückt


werden .

Jermiſch . ( Tådebote. )
Ferlicht: Serwiſch
itt. Brennbare, oder , Wilferſtorf Luft enthaltende Din.
fte , welche des Nachts an ſumpfigen Orten aufſteigen , ſich ents
günden , und von der leichteſten Bewegung der Luft hin und her
getrieben werden.
V. Jrrlich tér heißen dieſe Erſcheinungen , ſofern ſie
leuchten , und , eines Theils ſelbſt hin und her irren , andern
Theils den unwiſſenden Wanderer , der ihnen folgt, irre fühs
ren.
Wir
Src 93
Wir gaukeln , wir ſcherzen ,
Hinab und empor ,
Oleido irrenden Serzen
Jm dunftigen Moor.
Wattbiffon.
Dieſes lektere Merkmal wird eben ſo audy durch Jrrwiſch bes
zeichnet; aber nicht das erſtere. Statt auf das Leucyten , fiehet
Jrrwiſch auf die leichte Beweglichkeit. Denn wiſchen
deutet urſprünglich auf eine gewiſſe, leichte , behende Bewegung,
mit welcher ein ſolcher Laut verbunden iſt, als in dieſem Worte
nachgeahmt wird ; und davon denn auf dergleichen Bewegung
überhaupt, ohne Rückſicht auf den Laut. - Er war in das
Haus gewiſdyt, Entwiſchen. Durchwiſden , u. f. f.
Im duufeln uferſchilfe
Webt leidter Irrwiſtang
PR att hiflon.

Auf dieſen Unterſchied gründet es ſich , daß. figürlich auch


ein flüchtiger, unftåter Menſd) ein grr wiſch genannt, fres
licht dafür aber niemals geſagt wird.
Túdebote, niederdeutſch : Tükke - Bode , iſt ein lande
ſchaftlicher Ausdruck, der in mehren Gegenden von Niederdeutſche
land, im Halberſtådtiſchen z.B. und im Hanndverſchen üblich iſt,
aber doch aus in der Bücherſprache gebraucht wird.
als hätteft du mit einem Cúdebotben im Schlamme
gebalgt.
2. & ter 6. C.
Tú debote , ſagt Campe , ift ,, ein Ding , welches aus Tus
de eine falſche Anzeige macht.“ Das Wort iſt ein Erzeugniß
des rohen Aberglaubens, der die grrlichter als Erſdeinune
gen bdſer , tüdiſcher Geiſter betrachtete, die ihr Vergnügen das
ran finden , den Banderer irre zu führen und in einen Sumpf
zu loden. Hierauf wird auch hingedeutet , wenn es heißt:
Wie er dort und da
Des Dúdebolds Irrlidtden fah.

Siegrimm . Gråmler. Gråmling. Griesgramm . * .


Gråmler,
Sucen.
94 1 Juck.
Sucken. Kraßen . Schaben.
Ü6. Die Haut des Korpers reiben , beſonders, wiederholt
und ſchnell, um eine gewiſſe Empfindung, die man daſelbſt hat,
und die das Suden genannt wird , ju vertreiben ,
B. Die nad te Wurzel von Kraßen , nåmlich Rat ober
Rad , iſt Nachahmung des Lautes , welcher gehdet wird , wenn
man , z. B. mit den Någeln der Finger auf einem Brette tras
het , und ſchnell abſeket. Es liegt diefelbe Wurzel auch dem las
teiniſchen Radere , und dem griechiſchen x * * TTI , welche
auch Straßen bedeuten , zum Grunde.
och a ben beruhet ebenfalls auf einem nachahmenden
Laute , der beſonders entſtehet, wenn gewiſſe Flächen an etnander
fort geſchoben werden , mit welchem Schieben auch Sdai
ben , ſo wie mit dem lateiniſchen Scabere , das eben die Bedeus
tung hat , unmittelbar verwandt iſt. Daher wird z. B. vors
züglich von Thieren geſagt, daß fie fid foaben , und im ges
meinen Leben auch mit einer Verſtårkungsform , ſich ſchubben
oder (duppen , wenn ſie an einer Wand , oder ſonſt an der
Oberfläche eines Korpers fich reiben. Da aber der Laut, den
O daben nachahmt, weicher und ſanfter ift, als der hårtere,
rauhere, mehr ins Ohr fallende, der in Kragen nachgeahmt
wird ; ſo iſt der leßtere Ausbruck ſtårter , als der erſtere.
Da' fuhr der Satan aus und ſchlug Hiob mit hos
-

fen Schwüren von der Fußſohle an bis auf feinen Scheis


tel. Hod er nahm ein Scerben und ich abte fiche.
Hiob 2 , 7. 8.
Kragen konnte er ſich nicht ; dies würde ihm , bei ſeinem 340
ftande, Schmerz gemacht haben,
Das Zeitwort Juden in der vorliegenden thåtigen Bes
deutung , in welcher allein es mit Schaben und Kranen
ſinnverwandt iſt, darf nicht verwechſelt werden mit Juden in
dem leidenden Sinne, in welchem man z. B. ſagt:
Nachdem ihnen die Obren iuden.
2 Tim . 4. 3 .
Denn hier bedeutet es : diejenige Empfindung haben, welche durch
Juden ,
Jud. 95.
guden , Straßen sc. vertrieben werden fou , nicht aber , wie
Adelung fagt, dieſelbe erregen ; ſo wie gleichergeſtalt das
gucken diere Empfindung ſelben , nicht die Erregung derſelben
1 bezeichnet ; weswegen denn auch dieſes Zeitwort nicht mit der
vierten , ſondern mit der dritten Endung der Perſon verbunden
werden muß. Luther ſagt ganz richtig : nachdem ihnen die
Ohren jucken. Sie würde unrichtig geweſen ſeyn. Dieſes
auf die Empfindung deutende Sucen nun gehört , nach Ades
1 un'g 8 Meinung, rzu dem Geſchlechte des Wortes Eck und
dein veralteten Ecken , frechen , brennen. " Zu E tann es
aber nid )t gehören. Denn dies iſt ein nachahmender Laut , mit
deſſen Sinne guden gar Nichts gemein hat, ( S. Efel.
Überdruß. ) 3u Eden , ſtechen , wovon auch Ecke übers
haupt eine Spike , eine Schårfe bedeutete ( S. Schilter ),
tonnte es , dem Begriffe nac ), allerdings wohl gerechnet werden ,
indem die Empfindung des gucken 8 eine gewiſſermaßen ſtechens
de Empfindung iſt. Allein die åußere Handlung iſt in der Nies
gel früher bezeichnet worden , als der innere Zuſtand, worauf fie
ſich beziehet; und ſo wie daher die Kråbe und die Schabe
ihren Nahmen erſt daher erhalten haben , weil ſie machen , daß
man ſich traßt und ſchabt; ſo iſt auch die Empfindung des
guckens erſt davon ro benannt worden , weil ſie verurſacht,
daß man ſich juckt oder reibt'; nicht aber hat umgekefyrt dieſe
Handlung von jener Empfindung ihren Namen erhalten. Auch
ſcheint eine andere Wurzel für Juden viel näher zu liegen ,
als das veraltete Eden. Nämlich sagen , in der allgemeinen
Bedeutung: eilen, ſchnell bewegen , ( ſich ſelbſt, oder etroas Ans
deres ), in welcher zu B. von einem, der zu ſchnell redet , oder
pon dem Fieberfranken , deffen 2themzüge id)nell auf einander
folgen , geſagt wird , daß er jagé. Bon dieſem Staanme iſt
auch das niederdeutſche lakken , und in der Anhäufungsform
lakkern , ( mit einem andern Porlaute aud) Schakken , ) ener
ftanden , welches mit Juden ganz nahe verwandt iſt, und von
i einem Menſchen , der den ganzen Tag 'von einem Orte zum ans
dern umher reitet , gebraucht wird , indem inan von einem ſolchen
ſagt, daß er den ganzen Tag umher jatte, oder jattere .
Juden zielet daher nicht, wie Kragen und Schaben ,
auf einen dadurch verurſachten Laut, ſondern auf Bewegung ;' cs
bezeichnet
96 Jud .
bezeicynet eigentlich die ſchnelle und wiederholte Bewegung, wo
mit man dabei vin und her fåhrt. Außerdem imterſcheidet
ſich Fuden auch noch dadurch, daß es nur in Beziehung auf
lebendige, Rraßen und Schaben hingegen auch in Bezug
auf andere Körper geſagt wird. Man ſchabet Rüben , man
traßet Wolle ; aber man judet pie nicht. Daher kommt es
auch, daß, nach einer bekannten Figur , die beiden erſten Wśr .
ter, aber nicht das lebte, von einem niedrigen Geizhalſe gebraucht
werden , der tein Mittel verſchmähet, ſeine Güter zu vermehren
oder zu ſparen . Man ſagt von einem ſolchen , daß er dabe
und traße ; weil er nåmlich von jedem núblidhen Dinge , inſons
derheit von jedem Stücke Geld , ehe er es weg gibt , wo möglich
erſt etwas abzufragen oder abzuſchaben ſucht.
Da fångt er ernftlid an za ich aben und zu tragen ,
Er gibt die Gráten nicht den Hunden oder Saben.
Radel.

Das Jucken. Der Sißel.


üb. Ein Gefühl aus einem eigenthümlichen Reize auf die
Nerven . -
Dies iſt freilich nicht der nächſte Gattungsbegriff,
den dieſe Wörter gemein haben , ſondern nur ein entfernter, der
außer dem Juden und dem Kibel noch mehr unter ſich bes
greift. Aber ich getraue mir nicht, denſelben näher zu beſtim ,
men , da die Wiſſenſchaft von dem thieriſchen Kdrper , ſo weit ſie
jegt iſt, teine hinlängliche Auskunft darüber gibt, worin das Eis
genthúmsliche derjenigen Zuſtande, die von der Empfindung des
Judens und des Sibelt begleitet ſind, eigentlich beſtehe ;
was ich , ohne mir ſelbſt ein entſcheidendes Urtheil darüber anzus
maßen , zu behaupten wagen darf, weil es den Äußerungen eines
meiner gelehrten Freunde, deſſen Name in dem Gebiete der Heils
tunde glänzet, gemåß iſt.
B. Der Rigel iſt an und für ſich eine angenehme Enra
pfindung und wird nur unangenehm durch übermaß. Dieſen
Begriff legt der allgemeine Sprachgebrauch durchgängig zum
Grunde , ſowohl bei dem eigentlichen als bei dem uneigentlichen
Gebrauche des Wortes. Unverſtandige Wärterinnen fißein
bie
Sud. 97
die Kinder , um ihnen Bergnügen zu machen und ſie zum Lachen
zu bringen ; ein Menſch, der ſich Ausſchweifungen überlåßt , um
ſeine Sinne zu fibeln , will angenehme Empfindungen ſich erres
gen ; und wenn der Schadenfrohe bei dem Unglücke reines Feins
1
1
des einen Kibel empfindet , ſo iſt das , was er fühlt , eine ger
heime Freude. Auch die Alten erklärten den Rigel für eine an
ſich ſelbſt angenehme Empfindung. Cicero Tagt: Titillatio
eſt levius voluptatum genus , quibus dii immortales frui
pon poſſunt. ( Nec. deor, 1 , 40. )
Das Juden hingegen iſt an ſich ſelbſt eine unangeneh
me Empfindung. Dies erheliet ſchon daraus , daß alle Mal ein
2
Beſtreben , daſſelbe ( durch Kraken 2c. ) weg zu fd ;affen , damit
verbunden iſt; worauf ſelbſt die gemeine Redensart zielı': der Bus
del ju cft ihm ! - gleichſam , als trachtete er darnach), fich den ,
ſelben ausklopfen zu laſſen , um das J uden daraus zu vertrete
þen ,
2) Hieraus folgt, daß diejenige körperliche Veränderung,
welche die Empfindung des Kibel6 erregt , von derjenigen,
welche die Empfindung des Judens verurſacyt, der Art nach
verfdieden ſeyn muß , und daß nur die lektere , nicht aber die ers
ſtere, als tranthaft betraditet werden tann.
1
3 ) Bei dem Kiel wirft ein Reiz auf die Nerven unmite
telbar, und zwar auf ſolche, die mit dem ganzen Nervengewebe
des drpers in engerer Verbindung ſtehen . Dies erhellet theils
daraus, daß er durch bloße , leiſe berührende Bewegungen erregt
werden tann, wie z. B. wenn man jemanden unter den Fußlohs
ten mit den Fingerſpißen tibelt, und daß er vergehet, ſobald
dieſe Berührungen aufhören ; theils daraus , daß er eine allges
meine Gegenwirkung des Nervengewebes erregt , wie unter ans
dern , durch die Erſcheinung des Lachens ſich offenbart; theils
endlich daraus , daß er niemals auf bloßer Miteidenheit beruhet,
was bei den Juden wohl der Fall ſeyn tann ; wie z. B. wenn
Kindern , die Würmer haben , die Naſe juckt. - Ein ſolcher
unmittelbarer Reiz auf die Nerven , wie bei dem Kibel , findet
bei dem Juden nicht tatt. Es regt dieſes alle Mal erſt eine
anderweitige Verånderung , in andern Theilen als den Merven
Binnderwandte Wörter. 3r T61. dgraus
2
98 Jud .
voraus, welche jenen Reiz erſt zur Folge hat; md dieſer Reiz
wirft zunachft nur auf die mehr befondern Nerven , welche dem
Theile des drpers , wo das Jugen ſeinen Sik hat, angehds
ren , und aus den ſogenannten Ganglien hervor gehen . Dies
lektere erheilet daraus , daß das Juden niemals eine ſolche alls
1
gemeine Siegenwirtung erregt, wie der ' Kibel ; und daß, wenne
das Auge oder das Ohr uns judt , ſich leicht bemerken lågt ,
daß der dabei leidende Nerve nicht der Sehe . oder Körnerve,
alſo nicht derjenige iſt, der eine allgemeine Beſtimmung und mit
dem Gangen des Nervengewebes eine nähere Verbindung hat,
Das erſtere ift in vielen Fällen deutlich wahrzunehmen ; # B.
wenn das Juden durch Hautausſchlåge , durch heilende Ges
ſchwüre , durch den Biß getviſſer, låſtiger Bettgefährten entſtes
het, oder , wenn die judende Stelle roth wird, oder anſchwilt,
Aff
4) Ich ſtelle, mir vor : die tørperliche Veränderung bei dem
Kibel'iſt eine leichte , zitternde und zugleid) zucfende ( convulfis
viſche ) Bewegung allgemeiner Merven ( wie ich ſie kurz nennen
will) , 'wvorin dieſelben durch eine unmittelbar auf ſie wirtende
Urſache dergeſtalt geſellt werden , daß das Lebensgefühl , ( das
Weſen aller angenehmen Empfindung ) erhdhet wird. Dies
folgt, wie ich glaube , theils aus dem vorher Geſagten, theils
aus der Beſchaffenheit derjenigen Bewegung , welche ſich auf das
Zwerg fell fort pflanzt, wenn der Kibel Lachen erregt. Die.
törperliche Veränderung beim Juden beſtehet darin , daß Blut
oder andere Flüſſigkeiten in Gefäße eindringen , oder aus ihnen
hinaus dringen , oder auch nur ein oder aus zu dringen ſtreben ,
dieſe Gefäße dadurch widernatürlich reizen , und hierdurch eben
einen ſolchen Reiz auf die beſonderen Nerven des leidenden Theis
les hervor bringen , dergeſtalt , daß das Lebensgefühl geſtort
wird . Bei juckenden Hautkrantheiten iſt dies ganz tlar ;
auch bei heilenden Geſchwüren , wo die Flüſſigkeiten in die zers
ſtórt oder verletzt geweſenen und ſich idieder herſtellenden Gefäße
eindringen. Aber es tönnte entgegen zu ſtehen ſcheinen , daß oft
ein bloßer Zuſtand von Erſdylaffung und Abſpannung der Nerven
von einem Juden begleitet ſeyn tann ; wie z. B. nach mans
chen Nervenfiebern , oder , wenn man des Abends ſehr müde und
ralafrig
Jud . gún. 99
ſchläfrig zu Bette, gehet. Adein eines Theils leiſten dann die
Nerven , eben ihrer 26ſpannung wegen , weniger Widerſtand ,
ſo daß auch die Urſache, welche die Empfintung des Sucens
erregen ſoll , geringer ſeyn tann , als ſonſt ; und andern Theils
hat die nämliche Abſpannung zur Folge , daß Fluffigteiten leich,
ter in Gefäße oder aus Gefäßen dringen , als es bei gehöriger
Spannung geſchehen würde.. Weiß man doch namentlich von
der Schlafrigteit , daß dabei das Blut aus den äußern Gefäßen .
mehr in innere zurück tritt , wie fich, unter andern, durch das
Fröſteln , wozu man dabei geneigt iſt, offenbart.
1

5) Wovon Jucken herkomme , iſt ſchon anderwårts be


merkt worden ( S. Jude!. Sragen . Schaben ). Kibel,
oder zunächſt vielmehr das Zeitwort Kibeln hat man von dem
Geben , welches in Ergeben vorkommt , abgeleitet; und ich
muß dieſer Ableitung beiſtimmen , weil der Rißel , wie bemerkt,
von Alters her , als eine ergeßende Empfindung iſt betrachtet
worden .

Sånger. Anfänger. Lehrling. . Schüler. 8. Ang


fånger.
Jungfrau. Fráulein. 8. Fråulein..
Jüngſt. Kürzlich. Neulich.
Ub. Bor nicht langer Zeit. - Doch muß zwiſchen dem ,
was gång it, Kürzlich und Neulich geſchehen iſt, und der
gegenwärtigen Zeit fchon eine gewiſſe Zwiſchenzeit per floſſen ſeyn,
Denn , wenn die Zeit , wo daſſelbe geſchehen iſt, als unmittelbar
an die gegenwärtige angrenzend gedacht wird ; ſo werden dieſe
Ausdrücke nicht gebraucht. Wer ſo eben einen wichtigen Brief
erhalten hat , aus dem er uns Nachrichten mittheilen will, der
ſagt nicht: ich habe Jüngſt, Kürzlich , Neulich einen
Brief erhalten.
V. Kürzlich hat den allgemeinſten Begriff. Denn es
gehet auch auf zukünftige Zeit und das , was darin geſehen
ſoll
100 1 Jún.
Toll. Man ſagt f. B.: ich will dir türzlich erzählen , d. i.
mit wenig Worten , ſo daß es nicht lange Zeit dauern roll;
was durch Jüngſt und Neulich niemals ausgedrückt wird.
Kürzlid, ſchlechtweg zu ſagen , anſtatt: nach kurzer Zeit ,
war zwar ſonſt üblich :
Ich will aber gar tárglich zu euch fommen .
1 Cor. 4 , 19 .

iſt indeſſen jeßt im Hochdeutſchen nicht mehr gebräuchlich.


Außerdem unterſcheidet ſich Kürzlich noch dadurch , daß es auf
die Zwiſchenzeit zwiſchen dem gegenwärtigen und dem Augenblis
de , wo das in Rede Stehende geſchehen , qusdrücklich hinweiſet
und dieſelbe für turz erklårt.
Denn Jüngſt und Neulich drücken dies nicht aus,
ſondern reden bloß von der Zeit ſelbſt, wo die Sache geſchehen ;
Neulich erklärt dieſelbe für neu, Jüngſt für die lette , die .
vergangen iſt; auf eben die Art , wie der jüngſte Tag der
lekte Tag iſt ; und daraus folgt dann erſt, daß die Zwiſchenzeit
von da bis zu dem gegenwärtigen Augenblicke nur kurz ſeyn
tonne.

Hieraus erhellet zugleich , wie Jüngſt und Neulich


fich unterſcheiden. Júngſt iſt nåmlich fårfer, als Meulich,
deutet auf eine noch türzere , ſeit dem verfioniene Zeit , als das
legtere. Was Neulid ( in einer neuen Zeit ) geſchehen iſt,
das tann doch ſchon långer her ſeyh, als das, was Jüngſt
( in der legten , in der neueſten Zeit ) fich begeben hat.
Bon Kürzlich iſt Súng ft durch eben dieſes Deetmal
auch noch verſchieden. Daher tommt es auch , daß Neulichy
und Kúrilich , wenn ſo viel als Jüngſt ausgedrückt werden
roll, noch einen verſtärkenden Zuſak erhalten , indem alsdann
Ganz neulid , Ganz türzlid geſagt wird.
Theils darum nun, weil Júng ft ſtårter iſt, theils auch
darum , weil es mit Jugend,zuſammen hångt und durch den
Begriff dieſes Wortes und die damit verbundenen lieblichen Nes
benbegriffe eine gewiſſe.Farbe betommt , welche Neulich und
Kúrilidi
Jún. IOL

Kürzlich nicht haben , iſt Jüngſt für die dichteriſche Spras


che, in der hdhern Schreibart wenigſtens, weit geeigneter ,
als die lektern Worter , und deshalb auch üblicher in ders
ſelben.
Júng , als Jefus die Jünger befragte: für wen ſie ihn
bielten ?
Sprade er i du biß Chriftas , der Boha des lebenden
Bottes.
flop tod ,

7
1

1 R.

Rakt. Glatt.
üb. Das , woran etwas Anderes nicht iſt, was daran reyn
fennte. An einem glatten ober tahlen Kinne ſind keine
Haare ; ſo wenig , wie auf dem Kopie defien , der einen kahl
topf oder eine Glaße hat.
V. Nad Udelung ftammet Glatt von dem alten Lo
oder La ab , welches , mit dem Fauche auégeſprochen , Glo ,
Gla oder Glu lautete , und Licht, Helligkeit anzeigte, ſo daß
alſo Glatt urſprünglich : glänzend , bedeuten würde. Der
Übergang von dieſem Begriffe zu dem jebigen würde allerdings
ganz leicht geweſen ſeyn , und man könnte für dieſe Meinung
nod, anführen, daß das Wort in dem -franzöſiſchen eclat , Glang,
noch jeßt in gedachter Bedeutung vorkommt. Jindeflen ſcheint
doch eine andere Wurzel näher zu liegen. Ich glaube nämlich,
daß Glatt mit Gleiten zuſammen gehört , folglich von dem
alten Litan , gehen , abſtammet, und alſo eigentlich die Beſchafs
fenheit einer Fläche bezeichnet, welche macht, daß Etwas leicht
darauf gleitet , wie es z. B. auf glattem Eiſe der Fall iſt.
Kahl iſt mit 20e1ung herzuleiten von dem alten Cal,
welches, nach der nicht ſeltenen Bertauſchung des { und R , ans
ftatt Car , ſchneiden , geſagt wurde , und in dieſer Form ſdyon
ſehr alt iſt , indem es z. B. in dem lateiniſchen Scalpere,
ſdyneiden , vortommt. Kahi bezeichnet daher eigentlich das, +

wovon Etwas abgeſchnitten , abgeſchoren , ift ; wie z. B. einen


Baum , wovon man die Zweige abgehauen , einen Kopf, wovon
man die Saare abgeſchoren hat.
Sofern alſo Glatt und fahi von der nåmlichen Bes
ſchaffenheit des nämlichen Gegenſtandes geſagt werden , unters
Icheiden
Kak. 103
kheiben ſie ſich dadurch , daß Sahl auf der Grund dieſer Bes $

ſchaffenheit , - das Abſchneiden 2c. wodurch ſie hervor gebracht


- und Glatt auf ihre Folge - daß nun auf dem Ses
iſt ,
genſtande Etwas leicht gleitet hin fiehet. Das Kiun iſt
tahl, will ſagen : die Haare ſind davon abgeſchoren ; es iſt
glatt , drůdt aus : man kann ohne Widerſtand zu fühlen mit
der Kand darüber hin fahren. - Wenn daher bloß von dem
leichten Gleiten auf Etwas , nicht aber davon , daß.Etwas das
von abgeſchnitten , oder überhaupt, weggenominen rey , die Res
de if ; fo wird bloß Glatt , und nicht Kahl gebraucht. Die
Aren eines Wagens werden mit Fette geſchmiert, um ſie glatt
zu machen , damit die Råder ſich leichter darauf umdrehen ; aber
| mart fagt nicht , daß man ſie dadurch tahi mache. Iſt umges
tehrt nur die Rede davon , daß von einer Sache Erwas abges
ſchnitten , getrennt xc. rey , aber von teinem leichten Gleiten
auf derſelben ; ſo wird nur Kahl und nicht Glatt gebraucht.
Der eintretende Froſt , der bewirft, daß die Blätter von den
Båumen abfallen , macht die Bäume fahl , aber nicht glatt. +1

Dieſe Berſchiedenheit zeigt ſich auch in dem figürlichen


Gebrauche dieſer Wörter. Man verſtehet unter tahlen
Entſchuldigungen , Einwendungen und dergleichen , ſolche, die
teinen gehörigen Grund haben.
Was er dagegen eingewendet hat , konnte nicht tables
( grundloſer ) feyn.
Seffing 6. a .

Slatte Entſchuldigungen wird dafür nicht geſagt. Ein


tahtes Abendeſſen , was bloß den Hunger ſtille, und von allen >

Zugaben für den Wohlgeſchmack entbloßt iſt, wird nicht ein


glattes genannt. Wenn man dagegen z. B. Schmeichetreden
glatte Worte nennt , weil fie gleichſam leicht und fanft in die
Seele gleiten ; ſo wird dies nichtdurch tahte Worte ausgedrůdt,
obgleich dergleichen glatte Worte in anderer Hinſicht zugleich
auch tahle ( ungegründete ) ſeyn tonnen. Oder, wenn das,
was einen ſanft angenehmen Eindruck macht, gleichſam wie eine
glatte Fläche, worüber man mit der Kand fåhrt, Glatt geo
Hannt wird ; ſo wird dafür nicht Sahl geſagt.
Der
104 Stah. Kan .
Der Wein gehet' glatt ein,
Sprúdom . 23 , 31 ;
aber nicht tahl ; und von einer Frau , die ſich gepubt hat , wird
im gemeinen Leben geſagt, daß ſie ſich glatt , aber nicht, daß
fie ſich ťahl gemacht habe.
Kante. Rand.
üb. Die Grenge einer Fläche ; zwar nicht, in dem ſtrens
gen Sinne des Meßtünſtlers , ohne alle Breite und Dicke, aber
doch nach Verhåltniß nur ſchmal und dann.
Ein Bret auf die Staate Rellen , auf die flade Seite.
udelung

Der Rand des Difdes.


Derlo

B. Kante , welches aber doch mehr im Niederdeutſchen,


wo es eben ſo lautet , üblich iſt, pflegt man zu dem Geſchlechte
des griechiſchen Kutu , ſtechen , zu rechnen . Ich glaube aber,
daß es von Con herkommt , welches ehedem einen Stab anzeigte,
beſonders einen ſolchen , der zum Meffen gebraucht wurde, auf
ähnliche Art , wie wir jebt z. B. Ruthe fagen. Wenn die ers 1

ſtere Ableitung richtig ift ; To bezeichnet Kante die Grenze eis


ner Fläche davon , daß fie , als ſchmal und dünn , leidyt in Ers
was eindringen tann , alſo ſcharf und ſtechend ift. Wenn dages
gen , wie ich überzeugt bin , die andere Ableitung die wahre iſt ;
ro betrachtet Rante die Grenze einer Fläche nad ihrer Uuds
dehnung in die Länge. - In beiden Fällen unterſcheidet es ſich von
Rand dadurd), daß diefes lettere auf ein ganz anderes Mert
mal derſelben fiehet. Denn Rand gehört zu der Verwandts
fdaft von Rund und Rinde.
Der Tod mag auf den Bligen eilen ,
Er mag cac boblen Fluten beulen ,
Er mag der Erde Rand ( Rinde ) zerſplittera ;
Der Weiſe Fiebt ibn beiter ab . 1

Ramler.
Daher bezeichnet Rand die Grenze einer Fläche von dem Urte
ftande, daß dieſelbe die Fläche einſchließt, rings um ſie herung
gehet.
UuBerdem
Stan . Rap . 105
Außerdem wird
1) Rand von der Grenze einer Fläche geſagt, fie mag
geradlinig oder frummlinig reyn ; denn in beiden Fällen ſdsließet fie
die Fläche ein. Kanté hingegen , welches auf die Ausdehnung
in die lange ſiehet, wird mehr von geradlinigen gebraucht. Der '
Rand eines, in gerader Linie ausgeſtochenen Mühlgrabens , ift
auch eine Kante; aber, genau genommen , nicht der Rand
eines gebogenen Meerbuſene.
2) Gine Kante wird mehr als etwas für ſich Beſtehens
des , ein Rano mehr als bloße Grenze von Etras gedacht.
Aus dieſem Grunde werden die Brabanter Kanten nid)t Bras
banter Rånder genannt, ob ſie gleich oft gebraucht werden ,
den Nand eines Kleides, eines Halstuches , einer Haube ,. X.
f. f. zu bilden , oder zu ſchmúden .
3) Da Rand von allgemeinerm Gebrauche iſt, ato kane
te , theils weil es , dem Vorigen zufolge, einen allgemeinern Bes
griff hat , theils , weil Kante , wie auch ſchon bemerkt, haupte
ſächlich nur in Niederdeutſchland üblich iſt ; ſo iſt daraus ertlárs
lich , warum von Rand mancher figürliche Gebrauch aufgetom ,
men iſt, der von Kante nicht Statt findet. Man ſagt . B.
das verſteht ſich am Rande ! und es iſt dieſe Figur von den Ans
merkungen hergenommen , die man an den Rand der Bücher
zu regen pflegte. Die Rebensart : mit einer Sache zu Rande
tommen , oder , ſie zu Kande bringen , tommt ohne Zweifel
von den Seefahrern her, und will eigentlich fagen : das Ufer er .
reichen .

Kappen . Hauen .
1

06. Ein ſchneidendes Wertzeug fo heftig gegen eine Sache


bewegen , daß es durch dieſelbe hindurch dringet. Man tap .
pet das Untertau , indem man daſſelbe durch oder entzwei
bauet,. Zwar hat Bauen audy nod, andere Bedeutuns
gen ; aber nur in dieſer tommt es mit Sappen überein . Auch
Kappen bezeichnet oft andere Begriffe. Es bedeutet z. B.auch
mit einer Kappe verſehen , wie in Pertappen unter andern
fichbar
106 Stap.
ſichtbar iſt. Allein dies iſt ein ganz anderes' Wort , und kommt
mit dem vorliegenden bloß im Klange überein .
V. Unſer Kappen iſt eigentlich ſo viel als Koppement ,
niederd. Koppen , den Kopf, das iſt überhaupt , den oberſten
Theil eines Dinges , abſchneiden oder ab hauen ; und iſt mit
dem franzöſiſchen couper ganz nahe verwandt. Man tappet
einen Baum , indem man einen Wipfel ab hauet ; aud ), wenn
man das Untertau tappet, haust man den obern am Schiffe
befindlichen Theil davon ab. Indeiten hat man den Gebrauch
des Wortes auch weiter auegedehnt. Man fiehet nicht immer
darauf, daß es gerade der oberſte Theil fey , wenn nur überhaupt
en Theil von dem Dinge ab gehauen oder geſchnitten tvird.
Wo dieſes alſo nicht geſchiehet, da wird wol Hauen , aber nicht
Kappen , geſagt. Wenn man alſo
1) durch ein Ding , z. B. durch ein Brett mit der Art
zwar durch, aber kein Stück davon ab hauet ; ſo wird nicht
geſagt, daß man daſſelbe getappt habe. Ebenſo wenig wird
dies
2 ) geſagt, wenn man nicht einen Theil von dem Dini
ge , ſondern - das ganze Ding ſelbſt ; 3. B. einen Baum dicht
an der Erde , abgehauen hat.
Sie bauen im Walde einen Baum ,
ger. 107 33
indem ſie ihn fållen. Aber das nennt man nicht: ſie tappen
einen Baum .
Da es, empfindliche Schmerzen verurſacht, wenn ein lebens
der Körper, beſonders mit einem ſchneidenden Wertzeuge , ges
hauen wird ; ſo gebraucht man figürlich Hauen , und im ges
meinen Leben auch Kappen , anſtatt: Jemanden ſehr empfinds
lide Reden , beſonders dergleidhen Tadel oder Zurechtweiſungen
geben. Schlechte Schriftſteller werden von ihren Beurtheilern
in den gelehrten Zeitſchriften oft Derb gehauen oder gekap pt.
Inſonderheit fagt man kappen von demjenigen , der auf eine
Frage , oder Zumathung, die er ungehdrig , unfchidlich , unziems
fich , oder auch nur unangenehm findet , eine ſehr empfindlide Ers
wiederung
6

Kap. Kar. Kau. 107


wiederung gibt , ſo daß er dadurch das Geſpräch , die Unterhale
tung ac. mit einem Male abſchneidet. So tappet ein måde
chen den Zudringlichen , der ſich voreilige oder gar unziemliche
Antrage , oder auch nur unſchickliche Reden erlaubt, wenn ſie ihn
mit ernſten und empfindlichen Worten ab und zurecht weiſet.

Kartoffel. Erdapfel.
Üb. Das bekannte Gewachs, welchesMenſchen und Thies
ren fo häufig zur Nahrung dient , und um das Jahr 1623 aus
dem mittäglichen America nach Europa gebracht wurde. ( Solan.
tuberof. L. )
V. Zwiſchen Erd'appel und Kartoffel iſt an ſich ,
ſelbſt weiter kein Unterſchied, als daß das lektere die verderbte,
; das erſtere die richtige Ausſprache iſt. Erdapfel wurde zuerſt
in Ertuffel oder . Ertoffel , und dann , mit dem Gurgels
laute ausgeſprochen , in Kartoffel verändert. Dies geſchahe,
als ſich dieſes Gewächs in Deutſchland verbreitete und daher im
gemeinen Leben häufig genannt wurde. Deshalb bezeichnet & a rs
toffel auch nur dieſes Gewächs. Erdapfel wird auch noch
von andern , von welchen es zum Theil ſchon früher üblich war,
geſagt. Die Trüffeln z. B. und die Enolligen Wurzeln von He
lianthus tuberoſ, L. welche auch eßbar , aber doch mehr nur für
das Vieh geeignet ſind, werden ebenfalls Erbåpfel, in mans
den Gegenden aber Erdbirnen genannt.

Kaufen. Erſtehen. 8. Erſtehen.


Staum . Knapp.
üb. Nebenwörter, welche gebraucht werden, wenn einem
Dinge eine gewiſſe Beſtimmung nur ſo eben zutommt, derges
ſtalt, daß nicht das Mindeſte fehlen oder mehr ſeyn dürfte.
Kaum Snapp haben ſie das tägliche Brod . - Das
Waſſer iſt ſo angewachſen , daß es ſich kaum Knapp noch
in den Ufern hålt.
W. Knapp tommt entweder her von einer alten Wurzef
Nap oder Nab, welche enge, genau, und dergleichen, bedeutet hat,
und
108. Sau.
und vielleicht in dem ſchwediſchen Nap , enge , noch übrig ift ,
oder , vermittelft des durch eine nieſeinde Mundart eingeſchobnen
N ( %. Denten ) , von Ka p p en , abhauen , abſchneiden
( S. Kappen. Hauen ) , und veiſet alſo dann eigentlich auf
Etwas hin , wovon ſo viel , ale möglich, abgeſchnitten , oder
überhaupt, weg genommen iſt , dergeſtalt, daß es nur ſo eben
zureicht. Dies legtere, iſt mir theils darum wahrſcheinlicher,
weil ſich von einer Wurzel, Nap , in vorgedachter Bedeutung,
weiter feine Spur findet, mir wenigſtens nicht befannt iſt,
theils darum , weil es mit dem Gebrauche des Beiwortes
Knapp am beſten überein zu ſtimmen fcheint. Ein tnappes
Kleid iſt ein ſolches , wovon ſo viel abgeſchnitten iſt, daß es nut
eben noch weit genug iſt..
Wie scha !fhaft verråth
Das to appe Corſet ,
Das febliegende Wieder
Die idylanfeiten Glieder !
Weife ..

Kaum gehrt, auf ähnliche Art , wie das lateiniſche


Aegre , taum , zu Aeger , trant , - in die Berwandtſchaft
von Kummer und dem alten Kumig , trant , welches ehedem
häufig gebraucht wurde.
Lazaras ther guato
Ward kumig filo drato ,
Krefftigera ſuhti
Jo grozera ummahti .
" Pagarus der gute ,
Ward frank gar Febr,
an einer beftigen Sucht
und großen Soomade.
Otft. III. , 23 , tom 13.
Truog unfa cumida.
Er trug unſre Krankheiten.
Lat. L.
robe
Die Wurzel ift kum oder küm , welches: frant , ſchwach, bes
ſonders : ſchwach vor Alter bedeutet , und in der niederdeutſchen
Sprache noch übrig ift.
Oold
Kau. 2 109
Oold ün küm ,
Allt und dwad .
Br. NOT. M.
Daß das griechiſche xajatin , ſchwach , frant ſeyn , ebenfalls damit
überein komme , fålt in die Augen.
Dem gemåß unterſcheidet ſich aum von Knapp auf
folgende Urt. Knapp fiehet bloß auf das Segenſtåndliche,
daß einer Sache eine gewiſſe Beſtimmung nur ſo eben zutomme ;
- Kaum hingegen auf das Peridnliche, auf den Kums
mer , die ſaure Mühe , die unangenehme Empfindung , die es
der handelnden oder leidenden Perſon verurſacht, daß Etwas
tnapp ift. Er verdient knapp ſo viel , daß er feinen Kins
dein tann ſatt zu eſſen geben , drúdt bloß aus : daß ſein Verdienſt
nur ſo eben dazu hinreiche, und nicht das Geringſte übrig revy,
ohne irgend Erwas davon anzudenten , daß es ihm Anſtrengung,
oder Sorgen , oder ſonſt unangenehme Empfindungen verurſaché.
Er verdient kaum ſo viel, will ſagen , daß er mit Kummer
und Noth nur ſo viel verdiene.
Wie ungebener fteht dein Bild vor mir !.
Saum ( nur mit Múbe ) reicht mein Blid dir an die Hände !
Ootbe.
Jungling , welch ein 800 $ ift dir gefallen !
Deine trunkue Seele glaubt es fau an .
un atthillon.

Dieſer eigentliche Begriff von Kaum tritt nun freilich zuweis


len in den Schatten , ſo daß dabei bloß das Gegenſtåndliche her,
vor ſticht; beſonders, wenn von der Zeit die Rede iſt:
In erſter Jugend , da fic - Faum (nur eben erft ) die Seele
la Bater , Matter und Geſc mifter band.
Ostbe;
Als Jacob Taum binaus gegangen war von ſeinem Dar
ter 3faac, da tam Elau.
I MOL. 27 , 30.
Inzwiſchen verſchwindet er;/doch auch in folchen Fällen nicht gang,
und enthält überdem , wie es ſcheint, den Grund von noch einen
andern Unterſchiede. Knapp ift nåmlich mehr nur in der
Sprache
IIO : Kau. Keb .
Sprache deß geineinen Lebens, in der edlern @chreibart mehr
Raum üblich.

Sebsweit. Beiſchlaferin.
itb. Eine Perſon weiblichen Geſchlechts , die mit einem
Manne, ohne rechtmäßige Ehe , Geſchlechtsgemeinſchaft hat.
B. Die Abſtammung des Wortes Sebs iſt nicht entſchies
den. Wenn Friſch daſſelbe von Kaue , Kåfich , eine ſchlechs
te Hütte , ableitet ; ſo tonnte man noch eher zu Kabuſe ( S.
Hütte. Kabure) ſeine Zuflucht nehmen. Schilter låſſet
es von dem , im Schwed. und Jølånd. noch vorhandenen Kaps,
ein Knecht, abſtammen, und delung hålt dies für daswahrs
cheinlichſte, weil man ehedem beſonders Leibeigene zu Beiſchlås
ferinnen genommen habe ; indeſſen glaubt er doch , daß das
Wort urſprünglich überhaupt etwas schlechtes oder Geringes bes
zeichnet habe. Vielleicht gehört es aber zu dem niederdeute
ſden Köpen , kaufen , und hat alſo zuerſt etwas Käufliches
wie die Leibeignen waren - bedeutet; und das iſt meine
-

Meinung - von eben dieſem Köpen tommt aud unſer Keb $


vielleicht her , ohne erſt von dem gedachten , Kaeps , ein Knecht,
hergeleitet zu ſeyn ; dergeſtalt, daß es alſo urſprünglich eine tåufs
liche Weibsperſon, die ſich für Bezahlung einem Seden übers
läßt , bedeutet hat. Das iſt mir aus einem doppelten Grunde
wahrſcheinlich. Zuvörderſt nåmlich kommen von Kaufen , oder
vielmehr von der alten Form Kaupon , die das Wort ſchon im
Gothiſchen hatte , wo es noch: Handlung treiben , Geſchäfte mas
chen überhaupt bedeutete:
Kaupoth unde ik quimau ,
Handelt bis id fomme ;
upbil . Luc. 19 , 13 ;
andere åhnliche Wörter mit ähnlichen Begriffen her , z. B.
Kuppler und Raupeln (S. freiwerber. Kuppler ).

Sodann wurde Rebs in den mittlern Jahrhunderten geradezu
für hureriſch gebraucht; wie aus einer Stelle im Sachfenſpiegel
ganz deutlich erhellet, und überdein noch ausdrücklich dabei geſagt
wird. Es heißt daſelbſt :
Ein
Keb. III 1

Ein weib mag gewinnen eheliche kinder , eigene


kinder, kebfs kinder : dann iſt ſie eigen , man mag fie
frey laſſen : iſt fie ein ke biſchin , fie mag einen ehe
mann nemen2 . und auch eheliche kinder bey jm gewin
nen.

Sadrenſp. I. SI.
Dabei wird in einer Anmerkung geſagt:
Das wortlein kebfs heiſt hüriſch- und ein
kebiſchen heiſt auf alt ſechſiſch eine offentli.
che hure , die einen jeden zulerret.
Wenn nun gleich der zuſammen geſetzte Ausdruck Rens
weib , durch den letzten Theil der Zuſammenſebung, von Weibo
perſonen , die jeden zulaffen ," auf ſolche eingeſchränkt wird ,
die nur mit Einem zu thun haben :
Und er ( Salomo ) batte - dreihundere stebsweiber,
i Son . Il , 3.
die nämlich gewiß eben ſo wenig , als die Dirnen in dem Zwino ,
ger des türtiſchen Großherrn wagen durften , außer ihm noch Bea
fannt chaft zu haben ; ſo bleibt doch immer der Begriff einer feia
len Weibsperſon , dié bloß der Wolluſt fröhnt und in deiner or's
dentlichen Ehe lebt. Das iſt ſelbſt in der oben angeführten
Stelle nicht zu verkennen . Denn ſie heißt vollſtåndig :
Uud er · ( Salomo) batte ſieben huudert Weiberf1
Frauen und drei hundert eb 8 weiber.
Dieſe Kebsweiber hatte er alſo nicht zu frauen , ſondern
34

Keb & we i b iſt daher ein viel hårterer Ausdruck, als


Beiſchiaferinn. Denn dieſes Wort ſagt von dem Verådtlis
chen , was in jenem liegt , gar Nichts ausdrücklich ; ſondern ift
bloß eine figürliche, namentlich metonymiſche Bezeichnung einer
Perſon , die ſich mit jemanden fleiſchlich vermiſchet, ohne irgend
etwas davon anzudeuten , ob dies für Bezahlung oder aus Liebe,
auf eine keuſche oder unteuſche, und überhaupt , auf eine fittlidhe
oder unſittliche Art geſchehe ; dergeſtalt, daß auch die rechtmäßige
Ehegatrinn eine Beildlåferin genannt werden tann . In
den neuern Zeiten , wo eine gewiſſe überfeine Weichlichkeit die
Sitten verdarb , und, wo man das Beråchtliche, beſonders in
Betreff
I 12 Keb.
Betreff der Wolluſt, anſtatt es alles Ernftes zu fliehen , durch
mildernde Ausdrade zu verſchleiern ſtrebte, iſt daher auch der
barte Ausdruck Kebsweit ſo ziemlich außer Gebrauch getoms
men , und dafür Beiſchlå fer inn , und noch häufiger das als
Fremdling noch mehr beinåntelnde Concubine geſagt worden .
Die Franzoſen , bei welchen jene Überverfeinerung nody writer
ging, haben den eigentlichen Begriff durch ihr maitreſle ( Gebies
teriun ) nod tiefer in den Schatten geſtellt.

Kehren. Fegen..Fegen.
Reimen. Sprießen. Sproſſen.
üb. Im engern Sinne : aus einen Gewachſe hervor wachs
fen ; im weitern : aus einem Dinge entſtehen , überhaupt. .

Davon die Keime , die Sproffen und Sproblingelauf


eben die Art in weiterer und engerer Bedeutung. Sin
Madytfroſt verdirbt zuweilen die Reime der Saat, daß teine
Salme daraus hervor ( prorren. Alle Sprößlinge dies
res Hauſes tragen den Beim zu den Laſtern des Vaters in ihrer
Bruft.
B. Da die erſten Wurzeln betanntlich vorn und hinten nur
Einen ſogenannten Mitlauter haben ; ſo tönnen S und Pvorn in
@ prießen zu der erſten Wurzel dieſes Wortes nicht gehören.
Es iſt daher nicht zu zweifeln , daß daſſelbe mit Reis verwandt
iſt, und alfo ( S. Reis. Gerte ) von dem alten Rifan , ems
por tommen , ſich erheben , abſtammet. Sprieben fiehet dege
halb auf den Begriff, daß das Entſtehende, von dem es geſagt
wird, ſich erhebt , und überhaupt , der Långe' nach ſich ausdehnt.
Verſdwiftert (prieß aus nachbarlichem Grund
Die Trauerweide mit der Siegeseiche !
Prael .
Sproffen iſt mit Sprießen einerlei Wort ; das lektere
die oberdeutſche Form.
Von Ket men behauptet zwar adelung , daß es zu
dem Geſchlechte der Wörter Rahm und Kimme zu rechnen
rey. Ich glaube aber, daß es unmittelbar zu kommen gehört,
oder
Kei. 113
oder vielmehr zu der alten Form Quiman, welche dieſes Wort
ſchon im Gothiſchen hatte :
Thatei helias ſkuli quiman faurthis,
Daß Elias folle tommen vorber.
ulpbil. mars.
Das beſtätigt ſich durch die Form , welche auch das Hauptvort
Keim bei den Alten hatte :
Kemanigfalto fine chimen !
Wermebre feine Reime !
. ,"
Nott. p . 64, 11 ;
und noch früher : A

Ih arwechu davide rehtwisigan chiman ,'


Ju rerde erwecken dem Dadio rechten Samen ( Heim ).
Ilidor IX, 1.
(@ditter iſt zwar zweifelhaft, ob nicht Chinun geleſen werden
inůfie ? in welchem Falle das Wort von Keinan herkommen wür.
de , dus allerdings Ichon im Gothiſchen Keimen bedeutete, bei
dem ulphilas vortommt :
di tah uskeinand laubos ,
Uud keime a dię Blátter ;
Marc , 13 , 28 ;
und offenbar mit dem griechiſchen ywar überein ſtimmt. Aber
Schilters Zweifel beruhet auf etner bloßen Berniuthung und
1
auf gar keinem geſchichtlichen Šrunde ).
Reimen bedeutete daher urſprünglich bloß : tommen,
hervor tommen , und wurde dann erſt in der Folge in engerer
Bedeutung von dem geſagt, was aus einem Körper des, Pilans
Genreiches durch Wachſen hervor tomint.
Hidraus erhellet, wie Sprießen oder Sproffen und
Reimen von einander verſchieden ſind. Denn Keimen hat
Nichts von dem vorher " erwähnten Begriffe, den prießen
mit ſich führt. Es ſagt Nichts davon , daß das Entſteheide fich
erhebe, oder in die Långe ſich ausdehne , ſondern bloß , daß es
hervor tomme , ohne weitern Beiſab. Wenn daher Etwas aus
einem Dinge Hervor tommt , aber noch im erſten Entfeben ifto
ohne Fich schon zu erheben , oder, ohne daß dies wenigſtens in
Siandermantte Wörter. 31 Tbl. 6 Betracht
114 Krei. Ker.
Betracht tommt ; ſo wird bloß Keimen und nicht Sprießen
oder Sprorren geſagt. Wenn 3. B. die Trageknospea an
Obſtbåumen eben erſt anfangent, ſich zu zeigen ; ſo teimen fie,
aber fie ſprießen oder prorren nicht, und werden nicht
Sprofren oder e.proßlinge des Baumes genannt. Ein
junger Zweig hingegen ſprosſet , wenn er aus dem Baume
hervor wächſt, und iſt ein Sprospe oder Sprsßling deſſels
ben. Ebenſo figürlich. Die Liebe teimet ſchon in der Bruſt
eines jungen Mädchens, wenn ſie ihren erſten, vielleicht ganz uns
bemerkten Anfang nimmt ; ſie ſproffet erſt , wenn ſie ſich hos
her erhebt und bemerkbar wird. - Keim wird daher auch oft
von demjenigen geſagt, aus welchem etwas anderes entſtehet,
in welchem gleidſam der Urſprung dieſes Andern noch verborgen
liegt. S prorre wird dafür nicht gebraucht. Viele Kinder
bringen Keime, aber nicht proffen, eines frühen Todes
mit ' auf die Welt.
Ef famen Stunden , die zur Reife brachten
Was in dem Sdooß der Jahre teimead lag.
Práker.
Umgekehrt wird bei dem , was man Sprofie nennt, zus
weilen bloß oder vorzugsweiſe darauf geſehen , daß daſſelbe fich
erhebt , oder der Långe nach ſich ausdehnt , und dann wird nie.
mal! Keim dafür geſagt. Die Sprorren einer Leiter , (nach
Verhältniß lang und dúnn – wie Neiſer oder Gerten ), heis
!
Ben nicht seime ; ſo wie die Sommerſproſſen , Flecke, wels
che auf der Haut mancher Menſchen im Sommer fich erheben
und auffallend heroor ſtechen , ebenfalls nicht Keime genannt .
werden .

Kelch. Becher. Pokal. S. Becher.


Kennen . Erkennen . anerkennen . S. Erkennen .
1
Kerbe. Einſchnitt.
üb. Eine vermittelſt eines ſcharfen Wertzeuges gemachte
Vertiefung in einem Körper ; wie fo B , die Einsanitte in
den
Ker. 115
den Kerbholzern , die man mit Arbeitsleuten 26. an manchen
Orten anſtatt geſchriebener Rechnungen hålt , und ehedem noch
häufiger dafür gebrauchte. Das iſt die eigentliche Bedeus
tung , welche die angeführten Wörter gemein haben. In uneis
gentlichem Sinne werden dieſelben von Vertiefungen gedachter
Art auch geſagt, wenn dieſe nicht durch ſcharfe Werkzeuge erſt ges
macht ſind, ſondern von Natur ſchon Statt finden. So ſagt
man z. B. geterbte Blätter , ( folia crenata ), wovon der
Kerbel ohne Zweifel ſeinen Namen hat , und diejenigen Thiere,
welche mit einem fremden Worte Inſecten heißen , hat man
Kerbthiere und Einſchnittler genannt.

B. Kerbe ſtammet, nach adelung, ab von dem vers


alteten Karen , ſchneiden , mit welchem das griechiſche Kruger,
das ebenfalls ſchneiden bedeutet , überein kommt. Ohne Zweifel
aber iſt dieſes Karen nicht für Schneiden überhaupt , ſondern
nur dann geſagt worden , wenn man in harte Körper ſchnitt, bei
denen das Schneiden mit einem ſolchen Laute verbunden war, !

als durch Karen nachgeahmt , und auch , mit dem nieſelnden


Einſchiebſel, durch Knarren ausgedrückt wird. Denn der
Grundlaut Kr! iſt gewiß nachahmend. Darauf gründet ſich der
Unterſchied zwiſchen Einſchnitt und Kerbe. Denn Kers
be bezeichnet eigentlich nur einen Einſchnitt in einen harten
Srper. Wenn ſich jemand aus Unvorſichtigkeit mit dem Scher:
meſſer in die Wange fchneidet . To ſagt man nicht , daß er dies
relbe gekerbt habe. Dieſer Einſchnitt in das weiche Fleiſch
iſt keine Serbe. - Kiermit ſtehet ein zweiter Unterſchied in
Verbindung. Wenn ein ſcharfes Bertzeug in einen harten Kdr.
per eingedrungen iſt, und etre Öffnung oder Vertiefung in dem ,
ſelben gemacht hat; ſo pflegen die obern Rånder dieſer Vertiefung
zu tlaffen , und ſich nicht, wenigſtens nicht gleich, wieder ſo an,
einander zu legen , wie nad) einein Schnitte in einen weichen
Körper , al8.7. B. in das Fleiſch des lebenden Kidrpers, geſchiehet.
Daher kommt es , daß Kerbe nur von ſolchen Einſchnitten
geſagt wird , die oben weiter ſind und in der Tiefe enge oder ſpiß
zugehen . Daher werden z. B. diejenigen Einſchnitte nicht
Kerben genannt, die der Zimmermann in dem zu bearbeiten ,
den Holze mit der Såge macht. Die Säge ſchneidet ein in
das
>
116 ster.
das Holz, aber ſie terbet es nid )t. Endlid find von Eins
rohnitt figürliche Anwendungen üblich , die Kerbe nicht zus
laßt. Dies gründet ſich theils darauf, daß der Begriff des
Schneidens bei Einſchnitt deutlich , bei Kerbe hingegen
verdunkelt ift, theils auch darauf, daß der Begriff einer flaffens
den Öffnung, worauf Kerbe hinweifet, dabei teine Anwens
dung finder. So wird z. B. das, was in dem Bersbaue mit ets
nem fremden Worte Cdſur heißt , Einich nitt genannt , aber
niemals Kerbe dafür geſagt.

Kernhaft. Derb.
Üb. Dieſe Wörter haben die uneigentliche Bedeutung ges
meit , daß ſie von Dingen , inſonderheit von thieriſchen Körpern,
geſagt werden , ſofern dieſelben feſt und träftig find. - Wohl
genährtes, feſtes, kräftiges Rindfleiſch iſt derbes und terns
haftes Fleiſch.
B. Das Derbe ſtehet eigentlich dem Lockern entgeger
( S. Adelung. ) ; das Bernhafte dem Weichen ; wie z. B.
das innere , hårtere Holz eines Baumes , im Gegenſaße geger
den weichern Splint , Kern holz genannt wird. Der Ausdrud
ift hergenommen von den harten , Reinartigen , mit dem weiden
Fleiſche umgebenen Kernen der Kirſchen , Pflaumen , und an ,
derer Früchte. Derb bezeid net daher das Fefie und Kräftige
von der Seite, daß es nicht zu locker , Kernhaft von der Seis
te , daß es nicht zu weich oder weichlid ift.
Außerdem aber führt Bernhaft, beſonders im uneigents
lichen Gebranche , noch einen andern Begriff mit fich ; nåmlich
den Begriff des Veſten und Borzüglichften ; welches ſich ebenfalls
auf die Kerne von Früchten beziehet, die oft, wie z. B. bei
Nufſen , Mandeln a . , das Beſte davon find.
iind folché Plane muß , wie Flatterrofen ,
Ein eiunger Windſtoß in das Nitts permeha !
Das Bern gewas großBerziger Franzoſen
Muß ich am Abgrund des Berderbens ſteba !
Prael.
Aud
ster. 117
Aud Bler , beu Srevler nur ju ftrafen ,
Schieb er dom tauben Stoff den stern.
9 at thiffon .
Derb ſchließet den lektern Begriff nicht ein. Daher wird
Kernhaft nur im guten , Derb aber auch im nachtheiligen
Sinne gebraucht. Ein ternhaftes mädchen , oder , ein
ser n mådchen ift von friſther , feſter Geſundheit, und nicht
weichlich), ſondern tann Etwas ertragen ; trenn ſie * ) auch noch
ro zárt und fein gebauet und geſtaltet iſt. Ein derbe$ Måds
chen kann auch ein plumpes reyn. C
Oder , bei der Leinwand
f. B. , tann es ein Fehler ſeyn , wenn ſie in einein gewiſſen Gras
De Derb , wenn ihre Fåden in einem gewiſſen Grade dicht zu.
ſammen gepreßt ſind ; weil ſie dann leicht bricht. Aber Kerns
leinwand iſt alle mal vorzüglich gute , dauerhafte, auserleſene
Leinwand. Inſonderheit zeigt ſich dieſer Unterſchied beider
Ausdrúce, wenn fie auf das Untörperliche übergetragen werden .
Ein
deru pred if ein auserieleder , träftiger Eprud .
Adelung.
Ein berber @pruch tann auch ein ungarter oder gar grober
Oprud ſeyn , auf eben die Urt , wie ein derber Bermeis dieſe
Eigenſchaft haben tann . - Ein Auszug aus einer Schrift, der
den weſentlichten Inhalt und das Beſte aus ihr in gedrångter
Kürze darſtellt, wird ein ternhafter Uuszug , aber nicht ein
derber genannt. Der Kern einer Wiſſenſchaft iſt der
Inbegriff der weſentlichten und vorzüglichſten Wahrheiten der's
ſetben ; wie man z. B. die ganze Left hetit in einer
Nuß " hat. Aber man fugt hier nicht das Derbe , anſtatt
Sern.

Lut dieſem Unterſchiede wird auch erklärlich , warum vor


einer Sache, die demjenigen , den ſie betrifft, beſonders unanges
nehm ift, wol Derb , aber nicht Kernhaft geſagt wird. Wer
detbe Ohrfeigen oder der be Prügel betommen hat , der wird
dieſelben nicht fernhafte nennen .
Sterze.

) 6. fráulein. Jangfrau .
118 Ster. Stet.

Kerje. Fackel. S. Fadel.


Keßer. Freglaubiger.
116. Wer von den Lehrmeinungen der Kirche abweicht.
Nur in dieſer Bedeutung kommer eigentlich beide ausdrücke
überein. Denn wer in Betreff anderer Lehren abideichende Meis
nungen hat, wird nur im Scherze ein Seßer genannt ; obgleich
das abgezogene steßerei in dieſer allgemeinern Bedeutung
mehr üblich iſt.
Starl.
Ihr Rent in borem Xuf und Leumund , Better ,
Daß ihr der Frauen chóuſte Eugenb idmaft.
Burgund.
Die steberei ftraft fich am dawerften felbft.
diller.
1
B. Über die Abſtammung des Wortes Keper gibt es vers
ſchiedene Meinungen , wovon fich noch keine allgemein geltend
gemacht hat. Es mag aber daſſelbe , wie einige glauben , eigents
lich einen Menſchen bedeuten , der ſich einen Anhang, eine Pars
tei macht , - von dem veralteten Kagen , verbinden , anhåns
gen , – oder , wie Andere wollen , einen ſolchen , der Spaltuns
gen macht, von dem alten Ratten , ſchneiden , oder es
mag , wie udelung nicht unwahrſcheinlich findet, und ich
glaube , von Catharus (dem griechiſchen Kofagos , rein) herkoms
men , einem Namen , den anfänglich die Novatianer ſich ſelber
gaben , weil ſie, ihrer Meinung nach , die kirchliche Lehre von
Grrthümern reinigten , und der nachher auch andern , ſogenann,
ten Kellern beigelegt wurde ; To findet ſich auf jeden Fall zwis
ſchen Keber und Irrglaubiger ein doppelter Unterſchied.
Denn

1) hat Keter einen veråd tlichen Nebenbegriff, den


greglaubiger nicht einſchließt. Denn der kirchliche Sprachs
gebrauch, der den Ausdruck Keßer in Umlauf gebracht hat,
deutete damit auf einen Menſchen , der nicht allein irrt , ſondern
auch auf eine gottloſe Art irrt; was con der Berfolgung und
der
Set. Stin .. r19
der harten , oft To grauſamen Behandlung der Seger vor dem
eignen ( irrenden ) Gewiffen zur Rechtfertigung, oder zum
Porwande vor der Welt diente. Selbſt Luther verband mit
dem Worte Seger den Nebenbegriff des Gottloſen : 1

Einea Fetzeriſchen Meuſden meibe , wenn er einmal


* und abermal ermahnt iſt ; und wiffe , daß ein folcher ver's
tebrt in und fündigeto
Tit. - 3 , 10. II...

2 ) Irrgtå ubiger bezeichnet den Begriff eines Gerents ,


den , der falſche Meinungen für wahr hålt, auédrücklich und als
Grundbegriff. Keber hat einen andern Grundbegriff, der jes
1

nen Begriff nur einſchließt. Und auch dies an ſich ſelbſt eigents
lich nicht ; ſondern nur in dem kirchlichen Sprachgebrauche. Denn
mancher von denen , die dieſer Sprachgebraud Keper nannte,
hatte die Wahrheit beſſer getroffen , als diejenigen , die ihn durch
dieſen Namen zu brandınarken gedachten.

Kindiſch. Kindlichy.
üb. Einem Kinde gemaß , ihm zugehörig , in ſeiner Nas
tur , feinem Zuſtande , ſeinen Verhältniſſen gegründet.
W. Ehedem hat Kindisg , woraus kindiſch entſtanden
ift ( S. grden. Iroiſch ) den angegebnen Begriff allgemein,
ohne weitern Nebenbegriff, bezeichnet , und iſt ſogar, in noch
weiterm Berſtande, auch für jugendfid) gebraucht worden .
So heißt es von der Jungfrau Maria :
Tho bot fi mit giluſti
Thio kindisgun bruſti.
Da bot ſie mit Luft
Die jugendliche Brut.
Difr. I. 11 , 74. 75.
Als aber mit der Ableitung durch sich der verachtliche Nebents
begriff, worauf ſie jekt håufig hinweiſet ( S. grden. gr .
difch ) , ſich zu verbinden anfing, bildete Fids auch zwiſchen siin :
diſch und Kindlich der Unterſchied , daß das legtere nur in
guten oder gleidgältigen , und das erſtere nuc im nadytheiligen
Sinne gebraucht wurde, und noch jest gebraucht wird .' Kids
3
oich
3
120 Ain.
diſch wird das genannt, was in der Unvoltommenheit eines
„ Kindes, beſonders in dem Mangel an Entwickelnng des Berſtans
des , Kinolid), was ſonſt in den Beſtimmungen eines Kindes
gegründet, ihnen gemäß , oder jugehörig iſt. Ein tindiſches
Betragen zeigt ſo wenig Überlegung, Nachdenken , Beurtheis
lungskraft, u. r. f. wie bei einem Kinte fich findet; wogegen in
einem tindlichen Betragen die Unſchuld , die Offenheit, die
1
heitere, gutmüthige , argloſe Unbefangenheit x , eines Kindes
fid offenbaren .

Adelung ſagt: „Sindiſch beziehet rich allein auf das


Alter , und den mit Demſelben verbundenen Mangel des Ernſtes
und des Verſtandes ; tinolid auf das Berhältniß ." Nämlich
auf das Berhältniß eines Kindes gegen Andere , inſonderheit ge,
gen ſeine Ältern ; wie z. B. wenn yon findlich ein Gehorſam ,
von tindlicher Zärtlichheit, u. ſ.- f. die Rede iſt. Aus dem
Geſagten aber erhellet, daß Rindlich keinesweges allein auf
die Verhältniffe eines Kindes, ſondern auch auf deren innere Bes
ſtimmungen gehet. Denn das iſt offenbar Der Fall , wenn von
findlicher Unſchuld, Argloſigkeit, Unbefangenheit , und dere
gleichen , die Rede iſt.

Kinn . Bart.
06. Der unterſte, unter der Unterlippe befindliche Theil
des menſchlichen Angeſichts, der durch die Zuſammenfügung der
untern Kinnladen gebildet wiro.

2. xinn drückt dieſen Begriff eigentlich aus , und wird


in der edlern Schreibart gebraucht. Bart tft in dieſer Bedeus
tung nur im gemeinen Leben üblich , und bezeichnet eigentlich die
Saare an den Rinne , wie auch an den Lippen , wenn ſie ſo
ſtart und ſichtbar ſind , wie es in der Regel nur bei Männern der
Fall iſt ; eine Bedeutung, welche Kinn mit Bart nicht ges
mein hat, Benn daher von dieſen Saaren die Rede ift; ſo wird
niemals Kinn anſtatt Bart geſagt. Bei einem unbårti ,
gen Knaben iſt das Sinn noch glatt. Frauen und Jungfraws
en haben ein Kinn , aber wenigſtens mit ſeltenen Ausnaha
men
Stin . Sit. 121

,men — feinen Bart. Manche Männer tragen einen Knebele


bart , aber nicht ein Knebeltinn; andere laffen fidy'den Bart,
aber nid )t das Kinn abfheren.

; 9!
Sittel, Sutte,
ů6. Ein langes, weites , übrigens aber ſchlechtes Sleid.
Ein Fuhrmanns tittel. Eine Mönchstutte.

B. Beide arter ftaminen ab , vermittelſt der häufigen


Bertauſchung des Gurgel , und Bauchlautes ( S. G10 & lich )
von dem alten Huthan , bedecken ; wovon ehedem z. B. die Szül
Se der Getreidefdrner Hut genannt wurbe :
Gerſten Kornes hat ,
Otfr, III. 7 , 5o ;
und wovon unſer ut, die Kopfbedeckung, ingleidhen minut,
niederdeutſch Hut , wie auch das lateiniſche Cutis , die saut,
und andere Wdrter, herformen. In dieſer Abſtammung ſcheint
auch der Grund von dem Nebenbegriffe des Sdylechten zu liegen ,
den beide Bdrter mit ſich führen. Denn ſie deuten auf eire Bes 1

tleidung , die lediglich und allein zu einer Decke und nicht zum
dmuce dient.

Urſprünglich unterſcheiden ſich beide Wörter dadurch , daß


Kutte eine Bedeckung ſchlechtweg, Kittel hingegen , wesen
des El ( S. Bannen . Ferreln ) ein Werkzeug zur Vis
deckung bezeichnet. Nach und nach aber hat der Sprachgebrauchy
noch dieſen Unterſchied eingeführt , daß Kutte auf die Monch so
tteidung eingeſchrántt iſt, und Kittel von andern ſchlechten,
groben Obertletfern gemeiner Leute geſagt wird. Die stutte
anlegen, heißt daher : ein Mönd werden , und Weiberfittef,
auch ohne weitern Beiſaß , bezeichnet ein ſchlechtes, grobes weibr
liches Gewand,
Bei Gott ! der Oral trag boben Sinn ,
Dode bóber und himmliſder , wahrlide ! Klug
Das Herz, das der Bauer im Sittel frug.
Bürger,
30
122 Kit. Slå .
zu luther & Zeiten hatte das Wort Kittel einen
faſt gleichgültigen Sinn. Denn er gebraucht es sowohl von
ſdhledyten Kleidern , als auch von Gewandern zum Sdimude.
Da ift immer Sorge, Furdt , Hoffnung , und julekt
der Tod ; ſowohl bei dem , der Seiden vnd Krone tragt ,
als bei dem , der einen grobea stittel an hat.
Sir. 40 , 2 . 4
Mitten unter den fieben Leuchtera ( fabe. Ich ) einen , der
war eines Menſchen Sohn gleich , der war angetban mit eis
nem sittel , und begúrtet um die Bruf mit einem guldes
nen Gürtel
Offenb. 1 , 13

Selaffen. Bellen .
üb. Beide Wdrter werden jeßt eigentlich nur von den
Szunden und Füchſen , von den erſtern beſonders , geſagt, wenn
ſie ihre Stimme auf die ihnen eigenthümliche Art hdren laſſen.
V. Bellen iſt urſprünglich, wie Adelung ſehr gut ges
acigt hat , nicht Nachahmung des eigenthümlichen Lautes bellens
der Hunde , ſondern bezeichnet das Hervorbringen eines Schales
überhaupt. Es wird daher ohne Unterſchied von allen Kunden,
die ihre Stimme hören laſſen , gebraucht, ſie mögen groß oder
kiein , und ihre Stimme mag ſtart oder ſchwach , dumpf oder hell
ſeyn. Kläffen ſagt man hauptfadzlich nur von kleinen Huns
den , die eine hellere Stimme haben. Dieſes Wort fommt von
Slappen her, welches urſprünglid,denjenigen Schall nachahmt,
ten zuſammen ſchlagende, nicht klingende Kdrper, von welchen
wenigſtens der eine feſt und hart iſt, hervor bringen ; wie etwa,
wenn man mit einem Brette auf ein anderes , oder auf das Waſs
fer ruhlágt. 218 Slappen in Klaffen , alſo das hårtere pp
in das weichere ff überging, wurde dadurch auch ein weicherer
und ſanfterer Schall angedeutet , und deshalb klaffen , obs
girich in der Regel mit einem verächtlichen Nebenbegriffe, ( wie
Sietſchen und dergleichen ) auch von der menſchlichen Stima
Slaucht.
1 Weiberlippen
kla. Kla. 123
Weiberlippen ſind geſchaffen
Mehr zum füffen , als zum fiaffet.
Logau be u.
Klaffen hat einen noch důnnern und weniger vollen Ton , als
Klaffen , und darauf gründet fid, der angegebne Gebraud ,
daß es nur von dem hellern Bellen kleiner Hande geſagt wird.
Figürlich werden Bellen und Klåffen auch von Mens
ſchen geſagt, wenn ſie, beſonders beim Schelten , Banten , Tas
deln , Berlåumden und dergleichen , mit ſchreiender Stimme reden
und die Tone , gleichſam wie bellende oder klaffende Kuns
de , mit Heftigkeit heraus ftoßen .
Er hört den Baut nicht vor Gerichten bellen.
Hagedoru b. u .
( Haft mida errettet ) von den falſchen klaffern und Lúg
Bern .
gir s1,74

Wenn die Verdienſte eines großen Mannes anfangen in der Welt


ju glången ; ſo pflegen Menſchen aufzuſtehen , die aus Meid oder
andern tleinlichen Leidenſchaften feinen Ruhm zu verkümmern ,
und über jeden tleinen Fehler , den ſie ihm aufmugen zu tomen
vermeinen , ein Geſchrei zu erheben ſuchen . Dieſe werden dann
tleine Kieffer genannt.

Rlåglich . Erbårmlich. 8. Erbårmlich.

Klappe. Decfel.
ütb. Ein Körper, womit eine Öffnung eines andern zuger
macht wird. Der Deckel auf einem Bierfruge. Die
Klappe an einem Blaſebalge.
V. - 1 ) Beide 238rter unterſcheiden ſich zuvörderſt dadurch,
daß das legtere den angegebnen Begriff eigentlich , das erſtere
ihn uneigentlich ausdrůdt. Denn Dedei iſt von Deden,
verinittelft der Ableitungsform el, in der Bedeutung eines
Werkzeuges (S. Bannen. Ferrein ), abgeleitet. slappe
hingegen iſt vor dem Schulle hergenommen , den eine Klappe
menn
124 Kla.

wenn ſie zufält oder zugeſchlagen wird, verurſacht, und der durch
Klapp nachgeahmt wird.
2) Dedel bezeichnet zwar , genau genommen , jedes
Wertzeug, Etwas zu decken , wie man es z. B. auch nimmt,
wenn man yon den Pappendedeln der Bücher redct. 2ber
es wird doch insbeſondre von Wertzeugen , zum Zudecken einer
öffnung gebraucht, und ganz vorzüglich von ſolchen , womit man
die Öfnung eines Gefäßes oder eines ähnlichen Körpers zudect.
Der Dedel eines Fafies , eines Topfes , einer Sdachtet
u . f f. - übrigens tann es eben fo wohi ſeyn , daß ein Des
del an dem Gefäße 2, woju er gehört, j. B. vermittelft eines
Sewindes, wie an vielen Labadsdoſen , befeſtigt, als auch , daß
dies nicht der Fall iſt, wie z. B. gewohnlich bei den Edpfen. -
Eine Klappe iſt an demjenigen Dinge , an weldem ſie anges
bracht ift , befeſtigt, fen es durch ein Gewinde , durch Riemer,
oder ſonſt auf eine ſolche Art , daß ſie auf und zu gemacht werden
tann . Dieſer Nebenbegriff tommt daher , weil die meiſten
Stlappen durch ihre eigne Schwere, wie z. B. die Klappen
vor einem Taubenhauſe, oder durch den Druck der Luft, wie die
Slappen an einer Pumpe, auf oder zu ſchlagen müſſen , ohne
ab ju fallen.
3) Benn man von Klappen an Kleidungsſtüden rabet;
Horentlappe - ein blauer Rock mit rothen Klappen -
klapp handſchuhe - ro pichet man bloß auf den Umſtand,
daß dieſelben auf ähnliche Art , wie eigentliche Klappen , anges
bracht ſind , und auf ähnliche Art ( wenn auch zuweilen , wo ſie
gånzlich feji genåhet ſind , nur dem Scheine nach ) auf und zu ges
fchlagen werden können. Der urſprüngliche Begriff eines dadurch
perurſachten Schalles tritt hierbei gånzlich in den Schatten.
Dedel wird in dieſen Fällen anſtatt Klappe nicht ga
ragt: weil Dedel den Begriff, worauf bei dieſem Gebraude
von Klappe geſehen wird , nid)t einſchließt.

Klappen . Klappern. Klapſen.


üb. Einen ſolchen dhall, als durch Klappnadigeahmt
wird ( . Slappe. Dedel ) hervor bringen.
V.
Klap. Solat. 125
B. Klappern iſt die Zuhaufungs- oder Wiederholung 1

form von Klappen ( 8. fladern ). Es wird geſagt, wenn


viele Dinge zugleich, oder die nåmlichen Dinge oft und ſchnell
hinter einander fi appen. Wer an die Taſche Schlagt, um
fund zu geben , daß er ſie vol Geld habe , der flappert mit
dem Gelde ; zuweilen tiappern uns die Zähne vor Froſt, und
die Mühle-tlappert immer , wenn ſie gehet. Zugleid
ſcheint silap.per n etwas Berkleinerndes an ſich zu haben .
Denn , wenn mehre Dinge zugleich oder ſchnell nach einander
außerordentlich ſtart und heftig tlapfen ; ſo wird das nicht
Klappern genannt. Wenn ein hohes Gewod[be einſtürzt, und
jeder auf den Fußboden hinab fallende Stein einen gewaltigen
Klapp verurſacht ; ſo ſagt man nicht: es tlappert. - Der
verkleinernde Nebenbegriff von Klappern gründet ſich ohne
Zweifel tauptſächlich darauf, daß drper , die durch ſchnell wies
derholtes Zuſammenſtoßen tlappern , in der Regel teine ſo gros
Be Maſſe und Bewegung haben tönnen , um mit ſehr großer Ses
walt zuſammen zu treffen , und einen außerordentlich ſtarten
chall zu erregen .
Klappfen hat durch den eingeſchobnen Ziſcher einen weis
chern Laut, als Stappen , und dient Daher aud), weichere lau ,
te zu bezeichnen ; wenn dieſelben abrtgens aude ſtart und ſchallend
find. Es wird daher hauptſächlich nur geſagt, wenn weide Rd
per , oder ſolche , von denen wenigſtens der eine weido ift, fo zus
ſammen treffen , daß es flappta : c19
Xca , id böre es flapp fet , das Südenmádoen bat
ridhtig eine Ohrfeige von ihr weg .
Bermes b. a.

Klar. Deutlich . Begreiflich. Derftåndlich


Deutlich

Klarſchen. Klitſchen.
Die Ausbrücke Klato uno Klitid , wovon die anges
führten Worter hertommen , find Nachahmungen desjenigen
dalles, der entſtehet, wenn ein weicher, Sörper gegen einen
andern
126, Silat.
andern weichen , oder auch gegen einen harten , oder dieſer gyen
jenen , ſchlågt oder geworfen wird ; wie z. B. wenn der Maurer
eine Kelle volt Kalt oder Lehm gegen die Mauet wirft, die er das
mit beſtreichen will.
Ein ſolcher Schal aber lantet entweder mehr oder weniger
fein , hell, und klar. Im legtern Falle wird er durch Klatſ,
im erſtern durch Silitſch ausgedrückt ; und hieraus ſind denn
auch die daraus gebildeten Zeitwörter Klatſchen und Klits
chen , einen Klatſch oder Klitſch hören laſſen , oder hervor
bringen, verſchieden. Es flatſchet, wenn man mit der Plachen
Hand gegen die Wand ſchlågt; es tlitſdet , wenn man damit
einem Kinde auf den vollen Arm einen leiſen Schlag gibt.
Eben ſo , wenn dieſe Wörter von dem Schlage ſelbſt, oder überı
haupt, von der Bewegung , welche den Schall hervor bringt, ges
ſagt werden . Man tiatiet oder tlitichet ein Kind auf
die entbldßten Schenkel, je nachdem man heftiger oder gelinder
mit der flachen Hand darauf ſchlägt.
Das griechiſche Klacto tommt mit Klatſchen ganz nas
he überein .
Einen Klatſch kann man , unter andern auch , durch eis
ne getiſie Bewegung mit derBunge hervor bringen. Darauf
gründet fid, der figürliche Gebrauch, daß man es mit einem vers
åchtlichen Nebenbegriffe Klatſchen, einen Klatſch machen
nennt , wenn Perſonen , beſonders weiblichen Geſchlechts, viel
Unnukes ſchwaben , dabei audy wol ausplaudern, was ſie vers
ſchweigen ſollten , oder Andre verläumden und anſchwarzen.
Da flatfoot, da fúmmert fide das alte Tródelweib
Ja jener Rodenzunft um alle Spindelgrillen .
Gunther b. a .
Ohne Zweifel kommt dieſer Gebraud, daher , weil bei der Lebhafs
tigkeit des Geſpräches beim Klatſchen die Zunge in ſo ſtarter
Bewegung iſt, als wenn man damit im eigentlichen Sinne tlat
ſchen wollte. Auch fann dabei wol auf den Umſtand geſehen
ſeyn , daß Klatſchende in ihrem unnúßen Geſchwig oft Bier
les hören laffen , was eben ſo leer und gedankenlos iſt , als ein
Klatrd in eigentlicher Bedeutung.
Die
Klat. Kile. 127

Die Bei's und Nebenwörter Klatſchig und, Klitſchig


unterſcheiden ſich außerdem noch dadurch , daß das lektere nur in
eigentlicher , das erſtere nur in uneigentlicher Bedeutung üblich
ift. Klatſchig heißt, wer geneigt iſt, zu flatſchen , in dem
vorgedachten figürlichen Sinne. Slitrdig wird genannt ,
was geeignet iſt, einen Klitſch im eigentlichen Verſtande håren
zu laſſen. So nennt man z. B. im gemeinen Leben das Brod
tlitſchig , wenn es ſo wenig ausgebacken , und noch ſo weich,
feucht und teigig iſt, daß es einen Klitſch gibt, wenn man
mit der Hand darauf ſchlågt, oder eine Hand voll gegen eine
fläche wirft. Klatſchig heißt ſolches Brod ebenſo wenig,
als ein Menſch , der zu unnúßen Geſchwißen geneigt iſt, tliti
rohig genannt wird.
Ehedem wurden freilich Klatſchen und Klitſden ſo
genau nicht unterſchieden. Wenn es heißt :
Darum , daß da mit deinen Händen geklitiet , und
mit deinen Füßen geſcharret baft ; darum fiehe , ich will
meine Hand über did ausftreden .
Heret. 25 , 6. 7 ;
ſo würde das allerdings richtiger gellatidhet lauten.

Kleben. Baden .
üb. Bermittelſt einer Feuchtigkeit an Etwas feft fißen oder
hangen.
W. 1 ) Baden , wenn dies erſt dadurch geſchiehet, daft
die Feuchtigkeit trocken wird ; Kleben auch , wenn dies nicht
der Fall iſt. - Es macht oft Schmerzen , wenn man den Bers
band von einerWunde abnehmen wil, weil er an derſelben badt
oder trebt ; indem die ausgetretenen Feuchtigkeiten trocken ges
worden ſind. Konig hingegen klebt , aber bađt nicht, an
den Händen, wenn man es angreift.
Dieſe Berſchiedenheit gründet ſich ſchon auf die Abſtams
mung. Denn Baden gehört ( wenigſtens in dieſer Bedeus
tung ) mit Båhen , wovon es bloß durch den ſtårtern Gurgels
laut in der Mitte verſchieden ift, zuſammen , und daher auch mit
dom
128 Kale.
dern lateiniſchen Bajae , warmeBåder, und dem griechträhen sw ,
warm wa ( S. Baben. Erwarmen ). Daher führet es
den Beriff der Erwärmung und des Austrocknend mit ſich. Kies
ber virgesen , niederdeutlu) Kliven und Kleven , deſſen Guro
gellaut im Anfange offenbar nicht zu dem Stamme zu rechnen iſt,
get rt in die Verwandiſd ;aft von Lebern oder Liefern , ges
rinnen , vad , gerinnen machen , wofür im Hochdeutſdien ges
wdhrlich Seliefern geſagt wird. Der Stamm iſt das alte
lab , velit es geronnene Milch, und Geronnenss , so wie gerin .
nen machendes , überhaupt bedeutete , und wovon , im Mieder,
fåchiſäycia, såſe aus zu ftart geronnener Mild) Lebbig oder La
vig genannt wirb ( S. Br. Noſ. W.) Kleben wird daher eis
gatlich geſagt, wenn Ftwas durch die dickliche , ( gleichſam wie
durch erinnen entſtandene ), gåhe Beſchaffenheit einer Feuchtigs
feito xinem Dinge liten oder hangen bleibt. Da nun dieſe
Bercofonteit eben ſo wohl durch Wärme und Austrocnung erft
entiar:cen feyn , als von ſelbſt ſchon Statt finden tann ; ſo wird
auch Kleben in beiden Fällen gebraucht, inden Baden , wie
ſchon geagt, nur in dem erſtern üblich iſt.

2) Baden , in der vorliegenden , ihm mit sieben ges


meinen Bedeutung , iſt jetzo meiſt nur im Niederdeutſchen üblich.
Im Hochdeutſchen wird dieſes Wort gewöhnlid, in dem Sinne
genommen , in welchem Brod , Kuchen ac. gebacken werden ;
weldier Sinn übrigens auf dem nämlichen Grundbegriffe von Ers
warmen und Austrocknen beruhet.

3) Hieraus erklärt ſich zugleich , warum im Kochdeutſchen


auch die figürlichen Anwendungen , die von Kleben gemacht
werden , von Baden nicht üblich ſind. Man gebraucht nåms
lich Kleber auch in der allgemeinern Bedeutung : an , in ,
oder bei uivad beharrlich bleiben , feſt daran hangen ; wenn
auch die urſprüngliche Hinſicht auf eine diclide , jåhe Feuchtige
teit wegfáilt, und ſelbſt gar nicht von etwas Körperlichem die Res
de ift. Jedoch wird das Wort auf dieſe Art , nach udelung8
richtiger Bentertung, meiſt nur in verächtlichern, oder wenigſtens
nad theiligen Sinne genominen. CON
Er trebe an ſeinen alten
Gewohnheiten . Wir waren eben recht vergnågt unter uns , als
wir
Sple. 129
wir durch einen ungebetren Gaſt geſtört wurden , der bei uns
tleben blieb.
Daraus ſebe ich , daß er fromm ift und nidt bloß am Zeite
lichen flebt.
Gellert 6. X.
Auch ſchon die Atten gebrauchten das Wort, in dieſem all
gemeinen Sinne genommen , oft in nachtheiligem Berſtande:
Thaz lohane ouh , hiar leid kleib...
Daß dem Jobanues aude bier Leid auflebte.
Dtfr. V, 25 , 1966
Sjedoch nicht immer ; ſondern auch in gleichgültiger und guter
Bedeutung :
Hugi biar nu harto
Thero minero worto !
In herzen kleibi fiu na ſar ! .

Gedenke bier ernftlich


Meiner Worte !
Jas Herz flebe fie feft.
Dtfr. , 15. 73 - 75.

Klempern. Klimpern ..
Beide ſind im Grunde ein und eben daſſelbe Wort , und
eine Wiederholungsform von dem einfachern , im Oberdeutſchen
noch üblichen Klempen oder Klampen ; welches urſprünglich eis
nen gewiſſen Schall nachahmt, dergleichen ž. V. Blech hervors
bringt, wenn man darauf håmmert, aber es hin und her biegt,
und von welcher auch der Klempner ſeinen Namen hat.
Klimpern unterſdeidet ſich bloß äußerlich dadurch, daß es,
wegen des I, einen höhern und dünnern Laut hat , als Klem ,
/
pern. Dies hat denn auch einige Verſchiedenheit in dem Ses
brauche beider wörter zur Folge. Klempern bezeichnet inehr
dasjenige Klempen , welches einen vollern und gröbern ,
Klimper'n mehr dasjenige, welches einen dúnuern und garteren
Schali hören tåßt ; beſonders wenn dieſer Schall dem wirtlichen
Klingen fich nähert.
Deshalb wird audy figürlich von demjenigen , der auf eis
nem Tonwertzeuge ſchlecht ſpielt, nur geſagt, daß er darauf
tiimpere , und nicht, daß er darauf tiem pece.
einndetwandte Wörter. 3r Thl, g . Kuf
130 Sile. Klo.
Xuf dem Claviere fli'mpero..
Udelu ngo
Swar führt udelung audy an : ,,den ganzen Tag auf
dem Claviere tremper n. " Inzwiſchen habe ich dieſen Auss
druck weder im gemeinen Leben gehört , noch bei einem Schrifts
ſteller gefunden. Wenn er irgend wo úblich iſt ; ro bezeichnet er
die Schlechtheit des Spielens, inſonderheit in Hinſicht auf den
Mangel an feinem und garten Vortrage, noch ſtårter , als
Ali mpern .

Kloß . Blodt.
üb. Ein bickes und verhältniſmäßig Eurzes Stück eines
feſten und harten Körpers. Ein Marmor vio cf , ein Sils
ber klog ( im Oberdeutſchen . ) - Beſonders ein folches Stád
Holz.
B. Wenn man in Block, das B weg låßt, welches der
erſten Wurzel nicht angehören kann ; ſo bleibt Lod. Dies iſt
1 eine verſtärkte Ausſpradie von Loch oder fad). Man tommt
alſo darauf, Block zu demjenigen Lachen zu rechnen , wel
ches , in Forſtweſen beſonders , hauen bedeutet, und von wels
chem , unter andern , die Lach 6 å ume , die , zur Bezeichnung
einer Grenze , angehauen werden , ihren Namen haben. Brod
bedeutet alſo urſprünglich ein abgehauenes Stück.
RIO3 hingegen gehört zu dem Geſchlechte der drter
R10B , Klette , Kleiſter. Es bezeichnet daher eigentlich eis
nen feſt zuſammen trebenden Klumpen , eine unförmliche Maſſe,
von der es weiter Nichts ſagt, als daß ihre Theile feſt zuſammen
hången.
Block ſiehet alſo mehr auf das Äußere, daß es ein abges
hauenes Stück iſt, Klob mehr auf das Innere, daß es eine
didyte, feſte, wenn auch unförmliche Maffe ift.
Hierin ſcheint es auch ſeinen Grund zu haben , daß eint
Schwerfälliger, ungeſchickter und grober Menſch , beſonders ein
ſolcher, in den Nichts eindringt, der keine Empfänglichkeit hat,
tveder
Klo. Klu. 131
weder für Begriffe noch für Gefühle, figürlich ein Klotz ( S.
Holzern ) und nicht ein Blod genannt wird ; und diefer fra
gürliche Gebrauch beſtåtigt wieder die angegebnen eigentlichen
Bedeutungen. So muß der uneigentliche Sinn , in welcher
drter üblich ſind , oft zu Hülfe'genommen werden , den eigents
lichen zu erkennen oder zu beſtårigen.

Kluft. Rif. Riße. Spalte.


Die drei lekten Warter hat e herhard verglichen.
Kluft , welches mit ihnen auch ſinnverioandt iſt , und am fügs
lid)ften von Klaffen , in der Bedeutung : weit auf , oder , yon
einander ab feher , hergeleitet wird , unterſcheidet ſich dadurch, ,
daß es eine beträchtlich große Spalte bezeichnet. Denn, außers
dem , daß die angegebne Abſtammung auf dieſen Begriff führt,
wird das Wort auch hauptſächlich von denjenigen großen Spal ,
ten geſagt, welche in Felſen oder Bergen durch Erderſchüttes
rungen , oder andere gewaltſame Veränderungen entſtanden fino.
Da wird man in der Felien Fóbien gibea , und in der
Erde flúſte , vor der Furdt des Herrn - wenn er ſich
aufasachen wird , die Erde zu ſchreden .
gel. 2 , 19.
Ein kleiner , unbedeutender Riß in einem Dinge wird daher
niemals eine Kluft genannt. Eine hölzerne Tabatsdoſe tann,
3. B. durd , zu große Hibe , einen Rib bekommen , und dieſer
tann eine Riße und eine Spalte , aber feine Kluft reyn.

Das Nåmliche beſtåtigt auch der uneigentliche Gebrauch.


Denn Kluft wird auch geſagt, um einen großen Zwiſchenraum
überhaupt zu bezeichnen.
Und über ca$ alles iſt zwiſchen uns und euch eine große
luft befeſtiget.
30h. 16 , 26,

Klug. Geſcheidt. S. Geſcheidt.


Knaden .
132 Kna.
Knacken . Sniden . Knallen . Krachen.
üb. Dieſe drter tommen darin überein , daß ſie einen
Schall nachahmen , der nicht allmählich anwachſt, ſondern mit
einer gewiſſen Stårke pldklich entſtehet, und daß ſie nicht allein :
einen ſolchen Schall von ſich geben , ſondern aud): ihn hervor
bringen , ausdrücken .
B. Sie unterſcheiden ſich zuvdrderſt in Anſehung des Gras
des der tárte. Denn ſie folgen , von dem ſtårtſten bis zu dem
ſchwächſten , in dieſer Ordnung auf einander: Krachen , Anals
Ten , knacken , Snicken. Der Donner , grobes Geſchüs ,
einſtürzende Gebäude , oder gar Belten , die zertrümmert werden ,
trachen.
Es wird des Herrn Tag kommen - in welchem die
Himmel gergeben werden mit großem traden,
2 Petr . 3 , 10.
Kleine Feuergewehre , Peitſchen , und dergleichen , trallen.
Der wilden Peitſche Swall betaubt die Straße gatz.
Zad . b. N.
Trocne Ståbe, die man zerbricht, knaden , ſo wie harziges
Holz, das im Ofen brennt , u. f. f. Trintglåſer, die durch zu
heißes Waffer, das man hinein gießt , plötzlich einen Riß bekoms
men , ganz dünne Reiſer , Blumenſtångel, ui f. ro. die man bricht,
tniden ,

Außerdem unterſcheidet ſich nallen von Kradhen das


durch ,daß es auf einen Hellen , turz abgeſetzten , aus Einem
Schlage auf das Gehdr beſtehenden , Krachen dagegen auf eis
wenigſtens Etwa , fort dauernden Schall hin weiſet. Das
liegt in der Beſchaffenheit des nachahmenden Lautes dieſer Wdr.
ter ; nämlich theils in dem R bei Krachen, welches, unter anderm ,
auf Wiederholung, Fortſekung deuter ( S. fladern ), theils
in dem Zungenlaute am Ende vom Knall , der türzer abbricht,
als der Gurgelaut am Ende vom Krach .
Bei Knicken iſt freilich nod; die Frage, ob es nicht,
vermittelſt deß vorgefekten Gurgellautes , aus Niden , alſo aus
Neigen, entſtanden ſey , und alſo arſprånglich , nicht auf der
Schall
Ana. 133
chall, ſondern auf den Umſtand hin weiſe, daß ein Reis , und
dergleichen , was man nicet, fich neigt oder umbiegt ; zumal,
da auch , wo bloß von dieſem Begriffe, und nicht von dem Schals
te die Rede iſt , nur kniden , aber feins von den andern 3drs
tern gebraucht ivird.
Der Zweig des ölbaums lag derfaidt im Staube.
Prátel.
Inderſen bleibt auf jeden Fall zwiſchen Sniden und nacken
der vorher angegebne Unterſchied. Das liegt ſchon in dem dúns
nern und höhern Laute, den Kniden hat , und erhellet auch
aus der figürlichen Anwendung , die man davon macht. Ein
Geizhals, der von Allem , was er zu geben hat, wenn es auch
eine Kleinigkeit iſt, immer noch Etwas abzubrechen ſucht, wird
ein Knicker genannt, und von ihm geſagt, daß er tnicere.
Aber naden oder Knadern gebraucht man nicht, um
dieſes tleinliche, niedrige 26brechen von dem zu bezeichnen .

Knarren . nirrer. Snurren .


Üb.Eine gewiſſe Art von Schall, dergleigjen nåmlich durch
den Lout dieſer Worter nachgeahnt wird , vor ſich geben , oder
hervor bringen .
B. Der Hauptſache nach ſind dieſeWerter einerlei. Sie
unterſcheiden ſich bloß durch den hohern oder tiefern Selbſtlauter,
den ſie enthalten , und man gebraucht daher (S. Ha. He rc.),
das eine oder das andere, je nachdem der Laut des Dinges , von
welchem geredet wird , tiefer und dumpfer , oder hdher and heller
ift. Ein großer Kund , dem man einen Knochen wegnehmen
wil , tnurret ; der Schnee thirret , wenn man nach hartem
Froſte darauf tritt , und ein ungeſchmiertes Wagenrad pflegt zu
t narren .

Figürlich wird , im gemeinen Leben , Knurren , aber


bloß dieſes, auf áhnliche Art wie Brummen geſagt, anſtatt:
märriſch ſeinen Unwillen &ußern, tadeln , janten , Ideſten.
Den ganzen Eag fuurren .
adelang..
Im
134 Kina. Sine.
Im Niederſachſiſchen , wo man auch Knurrén , obwohl gewohnte
licher Gnurren ſagt, wird ein mürriſcher Menſch zuweilen ein
Knorrhaan genannt , ein Ausdruck, der eigentlich einen gewiſſen
eeftich bedeutet , welcher knurret , wenn er gefangen wird.
( Br, Nor. W.).

Sinaſtern. Knattern. Kiniſtern. Snittern.


$
Mit diesen nachahmenden Wortern hat es eine ganz ähns
liche Bewandtniß , wie mit Knarren und Knirren ( S.
bieſe). . Trocknes, harziges Tannenholz Fnaftert im Ofen ;
Salz kniftert, wenn es ins Feuer geworfen wird.
Im Oberdeutſchen , wie udelung anführt, wird Knas
ſtern figürlich eben ſo , wie unſer Knurren , (S. Knarren.
Snurren ) anſtatt : mürriſch reyn , gebraucht. Darauf grún,
det es ſich , daß auch im Hochdeutſchen ein mürriſcher Menſch,
der beſtåndig brummt, ein Knaſterbart genannt wird.
Knittern iſt bloß eine andre Form von nifter n , und
Knattern von Knaftern ; wie denn S und Toft ſind vers
tauſcht worden , ( S. Braten. Roften ). Daher wird auch
knittern in eben dem Sinne, wie Kniftern gebraudt ;
und eben ſo Knattern , wie Knaftern.
Was Frittert plóßlich , wie die Strufle
Des Sees beim erſten Solitticuhlauf ?
Nattbiffon.
Dem Herd' entlodré
Saatterud die Slamme !
Derſelbe.

Kneifen . Kneipen. Zwiden. Zwaden.


Üb. Mit den Fingerſpiken, mit einer Zange , oder auf
dhnliche Art, klemmen.
W. Offenbar ſind die beiden erſten Ausdrůcke ein und eben
daſſelbe Wort, und nur in der Ausſprache verſchieden ; und eben
ſo auch ( ie beiden legten . Von Zwick en ſagt udelung : ,,es
iſt der Form nach ein Intenſivum von einem veralrten 3 weis
gen
Atne. 135
gen oder ‫ ܬܕ‬Zwiget, und es tann reynt, daß hier auf
die Zahl zwei geſehen worden ; indem das Zwiden eigentlich
mit zwei Spiſzen , oder ſcharfen Flächen geſchiehet ." Ich will
der nicht gerade widerſprechert , halte indeß eine andere Ableis
'tung fürwahrſcheinlicher. Freilich kann ich nichtentſcheiden, ob
Zwicken oder Zwacken åtter rey ; glaube aber das lektere,
Weil 3wachen einen vollern Ton hat als Zwiden , und dieſer
dem oberdeutſchen Munde , zumat dem etern , mehr eigen iſt.
Mennt demnach 3 w a cen die ältere Form iſt ; ſo iſt das Wort,
meiner Meinung nady, 'vermittelft des vorgeregten Zifdlautes
aus Pađen , feſt anfaſſen , derh zugteifen , entſtanden . Denn
der Übergang des P.in iſt ſehr gewöhnlich (S. Banen ).
Vielleicht iſt es auch aus Zupaden zuſammen gezogen worden ..
Solte indeſſen Zwischen die ältere Form reyn ; ſo iſt das Wort,
toie es mir ſcheint, auf ähnliche Art aus Picken oder Biden
entſprungen , welches von den Bögeln geſagt wird, wenn ſie mit
dem Schnabel hacken. In beiden Fällen weiſen 3 w a cen und
3 w i den eigentlich auf das heftige Berühren , das derbe, (chars
fe, dem lebendigen Körper Schmerz erregende Fafſen,
Kneifen und Kneipen hingegen gehören mit Snapp,
Inge , feft anliegend oder angedrůdt, zuſammen . Sie deuten als
ſo eigentlich darauf hin , daß dadurch Etwas zuſammen gepreßt
wird ; welches , wenn es einen lebenden Körper trifft, natürlicher
Weiſe ebenfalls Schmelz erregt , aud ; wol blaue Flecke zurück
låßt.
Wenn ich dem Onomen act
1
Die Habſucht chaufelnd tabt ,

Dann 18ſeben wir des Bergmanns lidt'


Sprúba Sdwefeldampf ihm ins Gefickt
Und faeipen braun und blau den Witt.
Natthiffon

Zwicken und zwaden bezeichnen demnach bloß den


Unfang derjenigen Handlung, wovon Kneifen und ineis
pen auch die Fortſetzung ausbrucen. Denn , wenn man Etwas
auch ſcharf angreift, oder fanet ; To liegt doch idarin nod nicht,
daß man es eng zuſammen preſie. ' Man tam es auch ſchnell
wicder
136 Kne. no .

wieder fos laffen . Keifen und Kneipen ſind daher -auch


ſtårter, als Zwicken und 3 waden.
Das wird auch durch den uneigentlichen Gebrauch beſtås
tigt. Man gebraucht nåmlich dieſe Worter uneigentlich von dem
Hervorbringen ähnlicher Schmerzen , als durch Kneipen u . im
eigentlichen Sinne, hervor gebracht werden ; und davon , on noch
weiterer Bedeutung , von dem Erregen auch untdrperlicher ,
ſchmerzlicher Empfindungen. Er hat Bauch in eipen. Es
w ickt mich im Leibe . Leichte Truppen tonnen den Feind oft
empfindlich zwaden ; und diejenigen , die mit feindſeligen Ges
finnungen ſich ſchrauben , gehen darauf aus, einander tůchtig zu
Ineipen. 3w iden und zwaden wird hier nåmlid
nur geſagt, ſofern von den er ten Angriffen des Schmerzen, von
mäßigern , ſdnell vorübergehenden Anfällen ; Kneipen hinges
gen auch , wenn von ſehr heftigen und anhaltenden Sdmerzen
die Rede iſt.

Unter ſich find Kneifen und Kneipen urſprünglich


gleichbedeutend. Auch hat der Gebrauch weiter keinen Unters
fochied eingeführt , als daß in dem erwähnten figürlichen Sinne
Kneipen üblicher iſt als Kneifen. In eigentlicher Bedeus
tung werden beide ohne Unterſchied gebraucht.
Had faeipt fie in die vollen Baden .
Qell. 6. A.

Unter 3 waden und widen findet der Unterſchied


Statt, der auf den vollern und dünnern Laut ( 2 und 3 , vergl.
Ha. He x . ) fich gründet. Es ſollte daher eigentlich 3 waden
oder 3 widen geſagt werden , je nachdem die bezeichnete Hands
lung gröber und derber, oder feiner und ſchwacher geſchiehet.
Aber es wird , wie ſchon udelung bemerkt, auf dieſe Verſchies
denheit nicht viel geachtet.

Sinopf. Knauf.
ütb. Ein verhältniſmäßig kleiner , gewöhnlich eunder oder
rundlicher Körper , der ſich auf der Spige oder an dem Ende eis
nes
Sino. nů. 137
nes Dinges befindet; wie . B. der Knopf auf dem Thurme,
der Nabelt nopf, und beſonders die Knopfe an den Kleidern .
W. Von welcher Wurzel Knopf und Knauf herſtams
men , und ob inſonderheit das weſtphatiſche snapp , ein Hügel,
und das istándiſdze Gnipa , hervor ragen , welche Adelung
anführt, auf dieſe Wurzel hinweiſen , würde noch die Frage ſeyn.
Nur gehört dieſe Unterſuchung nicht hierher; weil ſie zur Bes
ftimmung des Unterſchiedes beider Berter Nidts beitragen kann .
Denn beide haben augenſcheinlich einerley Burgel, und ſind im
Grunde nur verſchiedene Formen des nåmlichen Wortes. Knauf
iſt die oberdeutſche Ausſprache, und im Hochdeutſchen nur in ues
nigen einzelnen Fäden üblich. So wird der oberſte Theil einer
Saule , der mit einem freinden Ausdrude Capitál heißt, der
Knauf genannt.

Eben darum nämlich , weil Knauf im Hochdeutſchen ein


wenig fremd ift , eignet es ſich dazu , beſondre und ſeltner vorkoms
mende Dinge auszuzeichnen. Von ganz gemeinen und gewdhns
fichen wird es nicht gefagt. Einen Knopf am Kleide wirdman
nicht einen Knauf nennen hören. Uus eben dem Grunde
wird in der didsteriſchen Schreibart Afters Knauf gebraucht,
wo man im gemeinen Leben Knopf fagen würde.
Horoot ! fern ertonts pon Roffestritten ,
Es wirft der Fábulein goldner nauf!
Praet.

Snuppel. Knúttel.
Üb. Ein ungeſpaltenes Stück Holz, was zum Schlagen
dienen tann , und alſo weder zu lang und did noch zu turz und
dúnn hierzu ift.
Das Joch und die Seile beagen den Bals , einca obfen
Saedot Otod und Stadttel.
Sir. 33 , 27
So welk Borger den andern knuppelt ( 1dtagte
prügelt ).
Br. Nof. M.
Ein

1
#

138 Snú.
Ein ganz dånnes Reis wird eben ſo wenig ein Sint åppet oder
Knúttel genannt, als ein dicker Baumſtamm . Dieſer tann
zum Schlagen nicht dienen , weil ihn tein Menſch heben kann ,
und jenes nicht , weil es zu Tchwach dazu iſt. Das Merkmal des
Ungeſpaltenen liegt ebenfalls darin , daß man einen sinutter
oder knúppel zum Schlagen gebraucht; indem hierzu in der
Regel ungeſpaltene Stécke Holz genommen werden . Auch pflegt
man im geineinen Leben bei dem Holze , was man zum Berfrens
nen tauft, Scheitholz und Knúppelholz dadurch zu unterſcheis
den , daß das Legtere aus ungeſpaltenen Stúden , das erſtere
aber aus folchen beſtehet, die durch das Spalten ſtarfer Stamine
entſtanden ſind.
B. Knúttel , mit Knoten verwandt, gehdrt zu dem
niederdeutſchen Knütten oder Knutten , welches : Knoten mag
chen , inſonderheit, ftriden bedeutet. Das El am Ende iſt die
Abteitungsform, in der Bedeutung eines Werkzeuges ( S. Bane
nen. Feſſeln ). Knúttel iſt alſo urſprünglid, ein Bertzeug
zum Snåtten ; der Name der holzernen Klöppel, die man ehes
dem zum Stricken gebrauchte, und bei grdbern Arbeiten noch
jest gebraucht.

Eine ganz ähnliche Bewandtniß hat es mit én åppel


Es ftammet, vermittelſt der nåmlichen Ableitungsform El , von
dem niederdeutſchen knüppen , welches unſer Sinapfen iſt,
und eben ſo, wie dieſes , auch figürlid ), gebraucht wird :
Den Borgern -
ingebunden unde geknuppet.
Br. pics, W .;

Daher iſt knúppel urſprünglich ein Werkzeug zum Knúp ,


fen , und beſonders wurden die Kidppel zum Wirten der Spigen
ſo genannt ; in welcher Bedeutung das Wort auch nocí jekt ges
braucht wird ( S. Gr. No. 23.).
Sonach iſt aus der Abſtammung keine merkliche Verſchies
denheit zwiſchen Kinúppel und Sinúttel zu entnehmen. Der
Gebrauch aber hat eingeführt , daß in der anſtåndigen Sprechart
Krůttel , und Knüppel dagegen nur in der gemeinen und
niedrigen geſagt wird. Daher iſt auc, in ſolchen Fälen , von
welden nur unter Gebildetern die Rede zu ſeyn přiegt, blok
Knútter
Sinů. Stor. 139
fnåttel und nicht an uppel üblid). Man hat z. B. nuts
tel gedichte Welche von ihrer ungefeilten und holprigen Bes
fchaffenheit, worin fie mit Knåtteln , beſonders mit einer
Zuſammenfügung von mehren , mit einem Sinútteldainme g.
B. , eine gewiſſe Ähnlichkeit haben , ſo benannt worden ſind ; -
aber Knüppelgedichte tennet die Sprache nicht.

Såfren. 8. Gahren.
Kochen . . Gåfren. 1

Stollern. Rullern . Rollen . U


Üb. Dieſe Werter find urſprünglich Nachahmungen des
Schallles , den ein Körper hervor bringt, wenn er auf gewiffen ,
beſonders hohlen Flächen , um ſich ſelbſt ſich drehend , mit einer
gewiſſen Geſchwindigkeit fich fortbewegt ( Bergl. Gro11). Sos
dann werden ſie 1 ) von dieſer Bewegung ſelbſt geſagt, drücken
bloß aus , daß ein Körper auf gedadyte Art ſich bewege , wenn
auch der erwähnte Schall nicht damit verbunden iſt ; - die
Thränen rollen ( tortern ) die Wangen hinab ; - und 2) 基

gebraudyt man ſie umgekehrt von Dingen , die bloß einen Schall
von gedachter Urt hören laſſen , wenn fie auch nicht auf die ers 1
wähnte Weiſe fich bewegen . Der Donner rollt. Die
welſchen Hähne tollern. Bei gewiſſen Zuſtanden tollert es
int Leibe. Endlich haben ſie auch den thàtigen Sinn : rolle 11,
tollern machen. Man rollet die Wäſche; man tols
lert Steine von einem Berge hinab.
V. Kollern und Kullern find einerley Wort , das
lettere die niederdeutſche Ausſprache. Rollen unterſcheidet ſids
dadurch , daß es wegen des R im Anfange auf einen mehr praſ,
ſelnden Schali hinweiſet , als Kollern , welches wegen ſeines
Gurgellautes im Anfange mehr einen dumpfex Schall andeutet.
Sofern daher, bei dem Gebrauche dieſer Wörter, allein oder
vorzugsweiſe auf die Bewegung geſehen wird ; ſo iſt in ihren
Begriffen tein Unterſchied. Nur iſt Soltern bloß in der
Sprache des gemeinen Lebens und in der geringern , ihr nahe
bleibenden Schreibart, in der höhern dagegen bloß Rollen übs
kida. Sofern aber allein oder vorzugsweiſe der Schall in Bes
tracytung
140 Kor. Stor.
trachtung tommt , unterſcheiden ſich beide Wörter durch das ers
wähnte Merkmal. Daher wird von dem Donner bloß Ros
ter , von dem welſchen Hahne bloß Koltern oder Kullern
geſagt.
Außerdem iſt von Rollern eine Figar üblich, die von
Rollen nicht gebräuchlich iſt. Man ſagt nämlich von Thieren,
und beſonders von Pferden , wenn ſie wütend oder ruſend ſind,
daß ſie tollern , oder , den stoller haben. Man fönnte ,
freilich verſucht werden , dies für ein ganz anderes , vem vorigen
nur zufällig im Klange gleiches Wort zu halten, da ſchon im Sor
thiſchen Gall unſinnig , und im griechiſchen xodique Zorn , Wut
bedeutete. Inzwiſchen zweifle ich nicht, daß Kollern in dies
fer Bedeutung mit dem vorigen einerlei Wort, und von der mit
der Wut verbundenen Toben, Poltern undLärmen hergenommen
iſt, und daß das gothiſche und griechiſche Wort aus der Klinlis
dhen Quelle entſprungen , allerdings alſo mit ihm verwandt ſind.
Von Menſchen wird Kollern und Koller in der edo
dern Schreibart nicht geſagt; ſondern bloß zuweilen im gemeinen
Leben . Doch ift es, wie Adel ung anführt, von Luther ges
braucht worden.
Und ( David ) verftellete seine Geberde vor ihnen und
tollerte unter ihren Handea .
1 Sam. 31 , 13.

Pfropfen. Støpſel.
Stork . Pfropfen
üb. Das , womit man eine Öffnung, beſonders einer
Flaſche, oder eines ähnlichen Gefäßee, verſtopfet.
B. Stopper bezeichnet dieſen Begriff am allgemeinſten .
Denn es iſt aus Stopfen , oder vielmehr , aus dem niedere
deutſchen Stoppen , mittelft der Ableitungsform Sel oder
Sal, gebildet. Ein sikprel tann daher aus Holz, aus
Glas, und überhaupt aus jedem beliebigen Stoffe beſtehen , der
fich zum Verſtopfen: einer Öffnung gebrauchen láßt. Ein Pfros
pfen hingegen beſtehet aus einem weichern und nachgiebigern
etopie. Denn dieſes Wort bezeichnet einen Std prel von der
Seite,
Kor. Kos. 141
Seite, daß er in eine Öffnung hinein gedrückt, gedrehet, ge
los zwångt wird , ( S. Impfen. Pfropfen ) ; welches , wenn
Sulla die Öffnung feſte und harte Nånder hat, ' nur geſchehen kann, +

wenn er in einem gewiſſen Grade weich und nachgiebig iſt. Die


glåſernen Stoppel , womit man mandje flaſchen verſchließt ,
werden daher nicht Pfropfen genannt. Kort ift noch eins
7 The
geſchränkter. Denn dieſes Wort , vermuthlich aus dem lateinis
Tohen Cortex , Rinde, entſtanden , bezeichnet nur einen ſolchen
Pfropfen, der aus Rinde von dem Kortbaume oder Pantof:
felholzbaume ( Quercus fuber ) beftehet.

i
Koſtbarkeit. Kleinod .
üb. Kleine Sachen von großem Werth , als : Edelſteine,
goldne Ringe, Armbånder, und dergleichen.
B. Koſtbarteit iſ allgemeiner , als Kleinod. Denn
3

jenes bezeichnet, ſeiner Zuſammenſeßung nach, jede , wenn auch


nicht gerade kleine Sache, die viel toftet, alſo großen Werth
hat. Ein großes, aus vielen ſtarten Bånden beſtehendes Wert
EX ! tann zu den Koftbarkeiten einer Bücherſammlung gehdren ,
wenn daſſelbe nur außerſt ſelten und nur um einen ſehr hohen
Preis zu haben iſt. Kleinod hingegen ſchließt den Begriff
des Kleinen ausdrücklich ein ; wie aus dem erſten Theile dies
res Wortes offenbar iſt. Der zweite Theil deſſelben , Od , bes
zeichnet urſprünglich eine Sache von Werth , ein Eigenthum ,
ein Gut , ( S. Udelung ) ; wie , unter andern , auch in alls
od, welches ein echt deutſches Wort, und nur durch die angehång,
te , lateiniſche Endung in allodium verwandelt iſt ; ſo wie auch
Mandhe das Wort Edelmann von dieſem od hergeleitet has
ben , wonach alſo ein Edelmann eigentlich ein ödelmann ,
THE
d . i., ein Gutsbefiber feyn würde. * ) Der eigentliche Sinn von
Kleinod iſt alſo : eine tleine Sache , die ein Gut , die
brauchbar , müblich iſt , die Werth hat. Daß fie gerade einer
ſehr großen Werth habe, liegt nicht in dem urſprünglichen Bei
IM
griffe
$ . aud Xúdigers Beiträge zur Ausbildung der deutfcbet
prade I. 3 St. . ISS ; und Campe's Sdrift áber
Reinigung der deutſchen Oprade.
142 Kos.
griffe dieſes Wortes. Auch wurde daſſelbe ehedem wirklich von
allen kleinen Sachen , die nütlich und brauchbar, wenn auch nur
von geringem Werthe waren , geſagt. !

Noch ſind mancherhand kleinode, ſo ihn ( ihnen


der Frauen ) gebürt, (wiewol ichs ſonderlich alles hie nicht
nenne) als bürſten , kemme , ſcheren.
Sadienipiegel . I. 24.
Jebt freilich werden unſere Frauen ihre Sderen und Bürſten
nicht unter ihre Kleinode , ( oder, wie man im gemeinen Leben
Tagt, Kleinodien ) rechnen. Denn jett wird dieſes Wort
nur in einer engern Bedeutung gebraucht, die den eingeſchránts
tern , niedrigern Begriff mit dem hchern und weitern vertauſcht ;
eine ſynetdochiſche Figur , die botanntlich in der Sprache so hau:
fig vorkommt. - Erſt war kleinod jede kleine Sache von
Werth überhaupt , und dann , insbeſondre , eine kleine Sadie
von ſehr großem Werth ; und ' nur in dieſer beſondern Bedeutung
iſt das Wort jeßt noch üblich.
Sie iſt ihm ſo eigen geworden , daß ſogar , bei der fernern,
figürlichen Anwendung dieſes Wortes, der Begriff einer tleinen
Sache zuweilen gånzlich in den Schatten tritt, und nur an den
Begriff des großen , oft unſdagbaren Werthes gedacht wird.
Jo vergeſſe was dahinten iſt , und Atrede mich zu dem ,
was da dorne ift und jage nada dem Seleinod , wels
des porhålt die himmliſche Berufung Gottes in Chrifto Jeſu.
Pbilip. 3 , 13. 14.
Das größte Seleinod ift ein gutes reines Gewiffen .
Campe.

1
Wer hat das bobe pleinod ( Freiheit ) dir errungen ,
Das zu der Lander Fúrſtion did gemacht ?
Sdiller.

Koſtbarteit wird auf dieſe Art nicht gebraucht; am wes


nigſten in der Dichterſprache. Der Grund hiervon liegt theils
darin , daß dieſes Wort , Teiner Zuſammenſeßung nach, etwas
Abgezogenes ausdrückt, alſo nicht füglich zur Bezeichnung eines
Einzelweſens dienen tann ; theils darin , daß es , wegen der Bes
tonung ſeiner Theile, für den Gebrauch des Dichters meiſt ſehr
unbequem ift.

Eberhard
1
Sros . Kra. 143
Eberhard hat Kleinod, mit Juwel und Ger
Ich meide vergliden, Aber Juwel iſt ein fremdes Wort,
und Gefd)meide gehårt , nach meiner Anſicht wenigſtens,
nicht mit Kleinod unter einen und eben denſelben nádyſten
sauptbegriff.

Knechtſchaft. Leibeigenſchaft. Sklaverci.


bir Eberhard hat die Sorter knecht, Leibeigner
und Stiave ſchon verglichen , und nach dem heutigen Sprad )
gebrauche unterſchieden. Eigentlich aber und urſprünglich ſind
Sklaver e y und Leibeigenſchaft Usedyfelwörter ( S.
Antlits ). Noch in dem Sadſenſpiegel, wo das leştere Wort
die einfachere Geſtalt. Eigenſchaft hat, wird dieſes ſchlechte
weg für Stlaverei gebraucht; z. B. B. 1. Gloffe zu Art.
3 ; B. III. 42 ; B. III. GI. ZL! X0 ; wo übrigens ſchon auf das
beſtimmteſte ausgeſprochen wird , was noch heutiges Tages , bei
der Berblendung des Eigennubes, ſo Manche nicht begreifen
tonnen oder wollen : daß alle Leibeigenſchaft widerrechtlid ), und
daß fie , dem Tode gleid) " rey .

Stranz. Krone.
üb. Ein Freisförmiges Ding , inſonderheit in ſofern és
zur Zierde dient.

3. Der Grundlaut beider W8rter , Rn , iſt der nåinliche,


der bei Ru 10 zum Grunde liegt , mit welchem lektern Worte
dieſelben daher auch zuſammen geb &ren. ( 6. Fulda's Wurs
gelir drier.) Beide gehen alſo eigentlich auf die runde , freibe
förmige Gefiali, uns haben folglich von ihrem Urſprunge her
S
Feine erfariebenheit . Der Gebrauch aber hat eingeführt , das
Krår ; vornehmlich aus Laubwerf , Blumen , und dergleichen ,
zuſaminen gerent, Kronen hingegen aus edelm Metalle , bes
ſonders aus Gold , gemacht werden. Deshalb ſagt man auch :
Krånze Fledigen oder minden ; von Kronen aber gebraudt
man olde Ausdrucke nicht. Außerdem kann eine Krone auch
nod) Biegel haben , welche ſenkrecht auf dem breiten Ringe fee
hen ,
144 Rra .
hen , der die Krone eigentlich ausmacht. Das unſer Pro
ne aus dem lateiniſchen , wo das Wort Corona lautet , zu uns
gekommen ſey , ſcheint allerdings , auf den erſten Blick , ein reht
nahe liegender Gedante zu ſeyn. Inzwiſchen glaube ich dody,
daß beide , das deutſche und lateiniſdie Wort , ihre genaue ither:
einſtimmung bloß daher haben , weil ſie aus einer gemeinſchafts
lichen - weit verbreiteten – Wurzel entfproffen ſind. Sagt
dody die ruſſiſche Sprache auch koróna , und ihr korol' , der Kids
nig , ( der Gefronte ) , tommt, dem Klange nad), mit der las
teindſchen Corolla überein. - Übrigens erhellet auch aus dem
Gebrauche des lateiniſchen Corona , daß urſprünglich Krone
von Kranz nicht verſchieden geweſen iſt. Denn man ſagte Co
sona , wo wir jeßt, der vorhin angegebnen Verſchiedenheit zufols
ge , nidt Krone , ſondern Kranz ( fertum ) fagen würden.
Die Corona civica z. B. war Nichts als ein Kranj , aut Ets
chenlaub geflochten.
Cofern Kronen und Krånze , die 238rter in ihrer ,
jenigen , von einander ſich unterſcheidenden Bedeutung genom,
men , als Zeichen von Etwas betrachtet werden ; ſo iſt nicht zu
verkennen, daß Kronen etwas Äußeres, Krå nze etwas Innes
res bezeichnen. Kronen nämlich ſind Zeichen von dußerer Ho.
heit und Große , und zwar wegen des Glanzes und wegen der
Kofibarteit des Stoffes , woraus fie gewohnlich beſtehen ; indem
dergleichen , in der Regel, nur den Hohen und Großen der Erde
als Schmuck zu Gebote ſtehet und angemeſſen iſt. Inſonderheit
find daher fironen Zeichen der königlichen und kaiſerlichen
Bürde,
Sie iſt das Einzige , was von mir nachbleibt
Oluf Erden , eine serone will ich ſeha
Auf ihrem Haupte, oder will nicht leben .
Was ? Alles des fek' ic dran , um ſie
Recht groß zu machen
.

( Ste ift) die Texte , hódofte Múnje meines Schaßen ,


Nicht niedriger fürwahr gedent' id fie
als um ein Sonigsfcepter los zu ſchlagen .
Stiller.

Daher bebrutet Krone aud die tonigliche oder taiſerliche Würo


de felbft.
zur
Ara. 145
Sur rone gelangen . Die Strone verlieren ,
Adelung.
Nidht, minder wird aud) ein Königreich oder Kaiſerthum eine
Krone genannt .
1
Die Strone Spanien , die trone Poblen.
Derſelbe.
Rrånze hingegen ſind Zeichen von innern Zuſtanden , namente
lich von foldhen , in welchen ein hoheres Leben ſich offer:bart, die
alſo entweder wahre Borzüge, Giter , Voltommenheiten , oder
wenigſtens ſcheinbare find , und ein erhöhetes Lebensgefühl, alſo
Vergnügen , Freude gewähren . Das liegt in der Natur der Sau
che. Denn Krånze beſtehen gewöhnlich aus Laubwert und
Blumen.
Salome.
Nimm diefen Stranz , mein könig und mein Vater,
Und laß der Blúte Pillen Duft Dir ſagent,
Was ohne Wort' ein findlich Herz empfindet.

antipas.
Ein strany ti idoner not , als eine Strone.
Struin mader.
an dem friſchen Grün aber und in dem Blühen offenbart
fich , in der Pflanzenwelt, das innere , höhere Leben . Dest
halb mogen frdhliche Trinker , wie Fröhliche überhaupt, ſich gern
mit Kränzen ſchmücken ,
Pie ( die Grieden ) lieben frånze , Tanz, Geſang und
Freude.
Strummader ;
und die Aiten legten ihrem Weingotte årånze bei ;
ausgezeichnete Dichtergaben , Szeldentugenden , werden durch
einen Lorbeerkranz, die friſche, unverlette , jungfråuliche Tus
gend durch einen friſchen Mirrentran ; u, §. f. angedeutet;
von welchem leßten Gebrauche es auch herkommt, daß auch die
jungfräuliche Ehre ſelber Kranz genannt wird.
Einer Jungfrau den & ranj raaben , ſie ihrer Jangfraue
faaft berauben .
CARP B.
einnostwandte Wortet. 36 01. Hudy
146 Kra.
Auch der Jugend wird ein Kranz zugeſchrieben. Denn fieiſt
die Blütenzeit, die Zeit des hohern und- regern Lebens, ' wo die
Kräfte friſch find und der heitere Sinn für jede Freude ems
pfänglich.
Du tödtetet Tie
Berreißend threr Jugend tiedlichen Seran.
Herber b. Campe,

Da eine Sprone auf äußere Hoheit und Große hinweis


set; ſo wird Krone aud, gebraucht, um das Höchſte, dat Widys
tigſte, das Vorzüglichſte überhaupt anzudeuten .
Strone des Lebens ,
Glud ohue Rube ,
Liebe biſt du .
Ostbe b . c .
Kranz wird in dieſem Sinne zwar zuweilen auch geſagt:
Und jett fod ide das , jest eben , da ide
Auf mein 'vollendet Wet den Srauj will, fékea.
Boiller.

Jedoch iſt dieſer Gebrauch nicht häufig , und auch da , wo er


Statt findet, Kranz mit Krome nicht volkig gleichbedeutend.
Die Kroné, die einem Werte aufgeregt wird , iſt das, was
ihm die meiſte außere Hoheit, den großeſten Glanz gibt, der
Krans dasjenige, was ihm den vorzüglichſten innern Werth
gibt.
Außerdem ſiehet der figürliche Gebrauch bei dem Worte
Kranz zuweilen bloß auf das Kreisförmige eines Kranjes,
und benennet daher durch dieſes Wort zuweilen Dinge , die reis
ter Nichts, als das Kreisförmige, mit einem Kranze gemein
haben ; wie z. B. Berge oder Hügel , die um Etwas tund Beram
ſtehen :
Dholder Sranj bon fernen blanen Hügeln !
Slei # 6. E.
Bei Šrone hingegen wird ofters bloß auf den Umſtand gerea
hen , daß eine Krone auf dem Kopfe getragen wird. Daher
wird Krone auch gebraucht, um den Kopf, das Haupt , oder
überhaupt das Oberſte von Etwas anzuzeigen. 80 %. B. wird
manchen
Sre. 147
manchen Bäumen eine ſchöne Krone zugeſchrieben, und im ges
meinen Leben wird geſagt : es iſt ihm in die Krone gefahren,
anſtatt : es hat ihn veidroſſen , und dergl., oder : er hat Etwas
in der Krone, anſtatt : er hat einen Rauſch.

Kreißen. Sebåren.
üb. Borziglich von weiblichen Perſonen , wenn ſie Kinder,
aber auch von allen Thieren weiblichen Geſchlechts überhaupt,
wenn ſie Junç zur Welt bringen.
B. 1) Kreißen weiſet auf das , was das weibliche Wes
ſen dabei leitt , Gebåren auf das , was es dabei thut. Denn
Kreißen leißt eigentlicy: Geburtsſchmerzen empfinden , oder
vielmehr : hftige Sdnierzenstone hdren laſſen. Denn das Wort
gehårt mit Kreiſden zuſammen. Sebåren hingegen
tommt her son Bären , heben , ( S. Bahre ) , und weiſet alſo
darauf hin , daß ein Junges hervor gehoben , an das Tageslicht
gebracht wird.
2) Sibåren iſt ein ſogenanntes tranſitivum , Kreis
$
Ben hingeger nicht. Man ſagt: eine Tochter , einen Sohn ,
gebåren , aber nicht: fréißeli. Dies grundet ſich offenbar
auf das Vaige. Denn Kreißen beziehet fich gar nicht auf
das Gegentåndliche, ſondern bloß auf das Perſönliche, auf die
Empfindung von Schmerzen .
2 ) Auf eben dieſem Grunde beruhet es , daß in dem figúrs
lichen Gebrzuche Gjeb å ren , aber nicht Kreißen anſtatt:
hervorbringen überhaupt, geſagt wird .
Darnad , meon die Luft empfangen bat , gebieret fle
die Súade , die Siinde aber , reun fier voller:det ift , gabies
ret ſie den Cod.
gac . I , 15.
Kreißen tann hier für Gefåren nicht geſagt werden ; theils,
weil jenes Wort tein ſogenanntes tranſitivum iſt, theils weil es
auch nur von empfindenden Weſen, oder die wenigſtens durch Pers
ſonendichtung als ſolche vorgeſtellt werden , ſchicklich gebraucht
werden tann .
K 2 Freilich
148 Sre. Kru .
Freilich gibt es Fåde, wo auch gute Schriftfteller dieſe Bes
ſtimmungen nicht beachtet zu haben , oder davon abgewichen zu
ſeyn ſdhethen. Aber , ob ſie Nachahmung verdienen ? tft eine ans
dere Frage. Adelung führt zwei Steven an , wovon die lekte
von gedachter Art iſt:
Ibr 6tter rettet ! Menicon Niebt !
Ein schwangrer Berg beginnt zu freißen.
hagedora.
Wie , wenn die Erde freibt , gerberſtet, Dampf
Und Flammonin Wirbela fich gen Himmel reba .'
dueige
In der erſtern Stelle wird der treißende Berg, wie auch
das Beiwort ſchwanger darauf hindeutet , als ein lebendes Wes
fen , das ein Junges zur Welt bringen will, dichte iſch vorgeſtellt.
Nicht ſo die Erde , in der andern telle : indem ier Dichter fie
berſten , und bloß Dampf und Feuer auswerfen låß. Die Stels
le tlingt , als wenn Kreißen ſo viel als : Reiß:n , Xufreißen ,
Aufſpringen wåre ; beſonders wegen der Zuſamnenſtellung mit
Zerberſten.

Krume. Brocken. Broſame


üb. Ein tleines Stüc von Etwas; inpnderheit von
Brote.

B. Broden tommt von Breden her ( S. Biß


den. Broken. Wenig. ) und bezeichnet daher ein ſolches
kleines Stück , welches von einem Dinge abgebrochen iſt.
Und ( Jeſus ) nahm die ficbea Brote und die Fiſche,
dankte , braca fie und gab fie feiuen Jungera ; und die Jun.
ger gaben fie dem Volke. Uad fie aßen alle , und wurden
fatt; und Hoben auf , was übrig blieb von Broden , fies
beri stórbe voll.
an atth. 15, 36. 37.
Krume , welches ſchon im Augelfächfiſchen Cruma hieß, und
im Engliſchen noch jest Crum , und im Niederdeutſchen Krome,
Kröme lautet, ſchließt den Begriff des Abgebrochenen nicht ein ;
es tönnen Krumen auch auf andre Art , 3. 6. durd) Reiben,
entſtehen. Wielmehr weiſet dieſes Wort vorzugsteiſe auf den
Begriff
Stru . 149
Begrif der Kleinheit. Das fieht man insbeſondre aus dem Ges
brauche, den die Niederdeutſchen von dem Zeitworte Kröinen
oder Krimken machen . Idt kromket , fagen ſie , 3. B. wenn
bei ſtarem Froſt nur ſehr wenig recht feiner Schnee fåüt.
Außerden wird Strume auch alß ein Sammelwort gebraucht,
um den nnern , weichen Theil des Grotes , im Gegenſaße gegen
die Rinde, zu bezeichnen . Er iſt nur Krume , die Rinde
tann er ndyt beißen , Das griindet ſich ohne Zweifel darauf
weil die Krunie, beſonders in Vergleich mit der Kinde , vors
ziglic .) leidt , ſelbſt mit den bloßen Fingern fich zer trúmern.
läßt. Brcdien hat dieſe Bedeutung gar nicht
Broame, nach belung von einem alten Borte
Broſen , brechen , reiben ; wovon auch, das franzöſiſche Briſer,
und das holländiſche Bryſer, zerbrechen , zerreiben , abſtammen ,
deutet vorzug groeiſe auf den Begriff des Weichen , Mehligen oder
Martigen , was einen guten Geſchmack hat, und angenehm zu
genießen iſt. Wenigſtens hatte es bei den Alten dieſen Sinn.
Tho findu ih melo tharinne
C

loh bro's mun' fua za..


Da finde icto medl. darinn
Und ſúße Broſain r.
Difr . HI. 7653 a
55 .

Dieswird auch noch dadurch beſtätigt, daß Brojame - übris


gens hauptſächlich nur im Oberbeuiſden , ſettner im Hochdeuts
ſchen ,und im Niederdeutſchen gar nidt üblich, — am meiſten
in derBedeutung gebraucht wird , die Krume als Sammele
wort ht, wo es alſo den innern , weichen Theil des Grotek, im
Gegenlige von Kinde , bezeichnet. Doch tommt es auch in der
Bedeutung vor , die Krume und Brocken gemei : haben , in
welcher es eben mit dem legten Worte finnverwandt iſt, und in
welcher es dann , was in jener erſtern Bedeutung nicht ſtatt fins
det, auch in der Mehrzahl gebraucht wird .
Cie (prade : ja Derr ! aber dode effent die Händlela vou
den Bioſamen , die von ihres Serra Ciſche fallen ,
uratth. 15,276
Sibel
150 Rub.
Kábel. Kufe. Küpe.
Küpc. Bottich. Butte. Zober.
itb. Hölzerne Gefäße , 'die oben offen ſind, treigdrmige
oder doch getrümmte Seitenwände habet, und bei dnen der
Durchmeſſer. Des Querſchnittes gewdhnlich großer iſt, als die
Adhe.

. Die Verſchiedenheit dieſer Gefäße im Einzelnen iſt aus


dem gerneinen Leben , durch unmittelbare Bahrnehnungen der
Sinne betannt, und bedarf daher in der Lehre von der Sinnvers
wandtſchaft der Warter feiner Erörterung ( S. Th. 1. Vorr .).
Im Allgemeinen aber findet unter den angeführten Ausdrucken
folgende Berſchiedenheit Statt.

Bottich und Butte bezeichnen die gedachten Gefäße


von der Seite , daß fie .Etwas (wenn auch nur einen ; leeren
Raum faſſen , einſchließen , begrenzen ; Kübel, Kufe , Rů :
pe von der Seite, daß ſie hohl find, und zober endlich von
der Seite , daß fie aus Solz , namentlich aus hölzernen Ståben ,
beſtehen.. Denn Bottich und Butte, mit welchen auch
Böttcher und das niederdeutſche Pott, ein Topf , zuſammen
gehdren , ſtammen ab son dein alten But, welches ſchon im Sets
tiſchen üblich war , daſelbſt eine Grenze , cin Ziel bedeutete ( S.
Schilter ) , und in dem franzöſiſchen But , der Zweck , tas
Ziel, in dem engliſchen Butt , welches ſowohl ein Ziel , enen
Zweck , als auch eine Butte bedeutet ( S. das Wörterbuchbors
Eber 8,) und -in dem niederdeutſchen Buten oder Büten , raus
Ben ( extra limites ) noch übrig iſt.
Kubel, Kufe , Kúpe gehören zu dem Stamm , aus
welchem auch das lateiniſche Cavus , hohl , entſproſſen iſt.
30 ber ſoll zwar , nach Adelunge Meinung , von
Tief abſtammen. Idy glaube aber , daß es mit Sta6 zuſam ,
men gehdrt. Denn Zober lautet im Niederdeutſche Tubbe,
( wie in vielen Wörtern ,**. B. in Zeit und dem nieerdeutſchen
Tid , 3. und , T verwechſelt find ) ; dieſes Tubbe ábér gehört zu
Daube , welches lektere die Seitenbretter eines runden hölzer's
nen Gefäßes, die hölzernen Ståbe, woraus die Seitenwände eis
nes
Sub . Küb. 151
nes folchen Gefäßes beſtehen , bezeichnet, und wovon Stab . ein
igentlich bloß durch den porgeſekten Biſcher verſchieden iſt. —

C
66. gibt , beiläufig zu bemerken , ein Getrånt , wels
dhes man im gemeinen Leben Kofent ' nennt, und was ſonſt
auch Dünnbier , Nachbier , Afterbier, an manchen Ors
ten auch ſchlechtweg Trinten heißt, wie s. B. hier in Hallen
wo der Ausrufer bekannt zu machen pflegt; es folle Bier , Trins,
ten und Trabern verkauft werden. Ich habe irgendwo geleſen ,
dieſes Getrånt habe den Namen Rofent von Kufe; weil es
nemlich dadurch bereitet werde , daß man , nachdem das Bier
abgezapft iſt, auf die Tråbern in der Kufe nochmals friſches
Waſſer gießt. Allein das Gezwungene hierbei fågt in die Augen.
Denn es wird dadurch zuvorderſt nicht erklärt , wohet das Wort
Kof.ent fein T am Ende bekonimen habe , und ſodann ebenſo
wenig , warum bloß der zweite Aufguß auf die Tråbern in der
Kufe , und nicht eben ſo gut auch der erſte, der das eigentliche
Bier gibt, von der Kufe benannt ſeyn ſollte. Man muß vieta
mehr mit Adelung annehmen , daß, Soofent aus dem lateis
niſchen Conventus entſtanden ſevy, alſo eigentlich Convents ,
getrånt bedeute , und daß demnach dieſer Ausdruck ſich darauf
beziehe, daß die Mönche im ſogenannten Convente bei ihren
Mahlzeiten häufig ſolches Getränt ueben dem Weine gebraucht
haben..

Kühl. Friſch
itb. Etwas Kalt, das Mittel zwiſchen Kalt und Warm .
Nach einem Gewitter pflegt die Luft tuhl und friſch zu
werden ,

B. Kühl gehet mehr auf die, dem alten ſich nähernde


Beſchaffenheit felbft; friſch mehr auf die Wirkung derſelben,
1
daß ſie nämlich anſpannt, murter , tebhaft, raſch macht, turp,
daß fie das Gegentheil von dem , was abſpannende, erſchlaffende
Kiße wirtt, hervor bringt. Dies erhellet aus den mancherlei
figürlichen Anwendungen von Friſch , welche allein oder vorzug.
1
152 Kük.
lich auf dieſen Begriff hinweiſen, und von Kühl nicht üblich
find.
Dies Beet mit dunkelm Moore ,
Dies frijde Rebeugrún.
Mattbiffon.
Das Beet , wo , friſch wie Hebe,
Sa weißen Lenggelpand
Sie an bemalte tåbe
Leofoj' aud Nelke band.
Derli 1

Und als wir fie frid rubernd bald erreidt.


Guiller.
Abfalon aber gebot feluea ' Inaben und fprad :
Sdlaget Amnon und tódtet iba , tag ihr euch nidt fúrca,
tet , denn 30 babe es euch gebeißen ; fed getroft und frio
daran !
à Sam. 13 , 28.
Dieſer Unterſcheidung ſagt auch die Xbſtammung zu. Denne
wenn aud) friſch zunächſt von einem alten Worte Frieren,
frieren , (wegen der Vertauſchung von R und S. l. Süren.
as åhlen ) , hertommen ſollte; lo ftammet es doch mit dieſem
ferner von riſch ab , welches zwar jeſt , nach Adelung , nur
noch in einigen Gegenden im gemeinen Leben anſtatt Raro ges
ſagt wird , chedem aber mehr üblid) war,
Und ( Jonathan ) rief aberm.bls ihn nach : eile cild
uud ftebe niot fille !
1 Sam, 20 , 38.
Kühl iſt von einerlei Stamme mit Kalt , deutet aber
auf einen ſchwächern Grad dieſer Beſchaffenheit, und zwar wegen
des fchwachern und weichern Klanges , der ihm eigen iſt, und
der theils darauf fich gründet, daß es einen dumpfern , weniger
hellen und vollen Selbſtlauter hat , als Kalt , theils auch dars
auf, daß es den harten Zungenlaut nicht hat , der in Kalt am
Ende gehört wird.
Das lateiniſche Gelidus, falt , tuhl , gehårt mit dieſen
deutſchen Rörtern ebenfalls zuſammen. Auffallend auf den er ,
ften Blick ift es dabei allerdings , daß das lateiniſche Calidus,
Welches warm , heiß , alſo gerade das Gegentheil von Geli
dus
KUR. Kun. 153
dus bedeutet, doch offenbar mit dieſem im Grunde einerlei Wort
ift. Doch ſcheint dies, nadh adelung $ treffender Bemerkung,
anzuzeigen , daß die ernie Burgel , 10orous alle dieſe Wörter ents
ſproſſen ſind , Schmerz, beſonders törperlichen Schmerz angedeur
tet habe ; Bergleichen die Bibe ſowohl als die Kålte erregt. Darı
nach würden denn freilich Stuhl und friſch beide auf eine
Wirkung der der Salten fich nähernde Beſchaffenheit gehen ;
Friſch auf die Wirkung derſelben , daß fie anſpannt 20.; Kúhl
auf die , daß fie Schmerz, Unluft erregt. Allein dieſe urſprünga
liche Bedeutung von Kihi ift fångf-und dergeſtalt veraltet ,
daß in dem gegenwärtigen Sprachgebrauche feine Spur mehr das
von vorhanden iſt.
Übrigens waren Kühl, Kühlen , 96tahlen , eben lo
wie die entgegen ſtehei.den Ausdråde : heiß , brennen und ders
gleiden , ſchon bei den Aiten in den figürlichen Sinne üblid , in
welchem ſie von Gefühlen und Leidenſchaften jegt gebraucht wei!
den. So fagt Pilatus , nadidem Chriſtus gegeißelt
und mit Dornen gefront war , ju den aufgebrachten Haufen :
Nu man imo ſulih duat ,
Nu lazet Kuelen iu thaz muata
Nun mga ibin foldes getban ,
Nun laßt tú i warden euren Zorn !..
Difr. IV. 23 , 27. 28.
Allein es half Nichts ; ſondern
Ingegin imo inbran thaz muat ,
So ofto fianton duat ;
Giger ihn entbrannte der Zorn ,
Wie oft gegen Feinde geldiebt.
Eben dar. W. 31. 32..

Runde. Kenntniß. Wiſſenſchaft.


06. Deutliche Vorſtellung von Etwas.
Þ . Eberhard , welcher nur die beiden erſten Ausdrücke
vergleicht, ſagt: , Kunde iſt das , was man von Thatſachen,
von Begebenheiten weiß , Kenntniß , was man überhaupt
weiß , leyen es Lehren , oder Thatſachyen . Ich fann aber dieſer
Unterīdyeidung nicht beiſtimmen. Dena Zusorderſ dürfte fie nel :
$ 0:11
154 Kun.
der Sprachgebrauche entgegen ſeyn. Dieſer fcheint und Kuns
de nicht bloß von Begebenheiter , ſondern auch von Lehren ,
oder , aügemeinen Wahrheiten beizulegen. .
Dret Worte nena ' id eud , inhaltfdwer ,
Sie geben vou Munde ju Mande ,
Dodo Aammen ſie nicht von außen ber ,
Das Berg aur gibt danga sunde.
Gdiller .
Hier ſagt der Dichter ſelbſt ganz ausdrücklich , daß ſeine drei
Rorte nicht durch Begebenheiten , wenigſtens nicht durch dußera,
gegeben ſeyen ; und es zeigen auch dieſe drei Worte ſelbſt , daß
überhaupt nicht von Begebenheiten , ſondern, der Hauptſache
nach wenigſtens, von allgemeinen Wahrheiten die Rede ſey.
Denn , was dieſelben ausſprechen , iſt der Glaube an Gott , freis
heit und Tugend. In der Abſtammung liegt eben ſo wenig ein
Grund, die angegebne Unterſcheidung zu rechtfertigen. Denn
Siunde tommteben ſo wohl von Kennen her , ipie Kennts
111.B. Es iſt vermittelft desjenigen de daraus abgeleitet, wel
ches an Zeitwörter im ſogenannten Infinitiv, nach Wegwerfung
des en , angehängt wird , um das Abgezogene von dem , was
dieſe Wörter ausdrücken , zu bezeichnen ; eben ſo, wie Gelübde
aus Geloben , Beſchwerde aus Beſchweren , Bürde aus Båren,
tragen , . D. m . - Ich bin dagegen der Meinung, daß Kung
de von Kenntniß dadurch verſchieden rey , daß. es den Ins
begriff der Kentniſſe , die Jemand wovon hat , bezeichnet;
und gründe dieſe Meinung theils darauf, daß Kunde , vermde
ge reiner , eben erwähnten Ableitungsform , etwas abgezogenes
andeutet, theiló darauf, daß dieſes Wort niemals in der Mehrs
heit gebraucht wird, indeß man Kenntniſſe ſehr häufig ſagt.
Von Bisfendhaft unterſcheidet ſich unde , wie auch
Kenntniß dadurch , daß wirrendhaft nur eine ſolche
fenntniß bezeichnet, die vollſtändig deutlich , aus ihren erſten
Gründen abgeleitet, gehörig geordnet und inſonderheit gewiß iſt ;
wie dies Tchon aus der Verwandtſchaft der Ausdrücke Wiſſens
Ichaft, wissen , und Gewiß erhellet.
Campe will zwar nodh einen andern Unterſchied geltend
machen. Denn er behauptet: Kunde ſollte nur von der in
wohnendent
Stun. K'ún . 155
wohnenden Kenntniß und nicht gegenſtändlich gebraucht werden ."
Für die lehtore Bedeutung habe man , Lehre und Wiffenfd, aft ;
und man ſollte auf dieſe Art z. B. ,,Natur tunde und Tilatut's
lehre , oder , Natur'wiſſenſchaft unterſcheiden . " Aber der
Sprachgebrauch har auf dieſen Vorſchlag nicht geachtet. Er
nimmt Kunde nach wie vor auch in gegenſtändlicher B adeus
tung. Stern tund e z. B. heißt nicht aliein die Kenntniß,
die Jemand von den Sternen hat, ſondern auch der Jabe griff
aller, die Sterne betreffenden Wahrheiten , an und får fich ges
nommen. Wir ſind z. B. mit Recht ſtolz darauf, daß ſeit liem
unſterblichen Kepler mehre große Deutſche die Stern tunde
mit vielen und wichtigen neuen Wahrheiten bereichert haben,

Sundig. Bewandert. Erfahren. 8. Bewanbert:

Künſtlich. Kunſtreich. Kunſtvoll. Gekånſtelt..


( Sünſtig ).
lib. Kunſt beſigend, ingleichen : darin gegründet, davon
jeugend.
B. Künftlich bezeichnet diefen Begriff ſchlechtweg.
Ein fünftiid er Mann ,
ud elutge
iſt ein richer, der Kunft beſikt, ohne weitern Nebenbegriff,
und
Eine kúsflide Rete ,
Campe ,
eine ſolche, die von Kunſt zeugt, eber:fals ohne weitern Zufall,
In den Fällen , wo Kunſt und Natur einander. entgegen geſegt
werden , iſt unftlich das, was nicht natürlich ift; - túnſts
liche Blumen und, wo es alſo dann ein Fehler iſt , nicht
natürlich zu ſeyn , oder wenigſtens als ein Fehler betrachtet wird,
da ſchließt auch künftlich einen Tadel ein. Ich liebe den
Umgang dieſes Mannes nicht ; er hat beſtåndig ein tunftliches
Betragen ; man weiß nicht, wie man mit ihm daran iſt.
Kunſtreich
156 Kun.
Surftreich und Kunftsott find dem Grade nach von
Rů nftito verſchieden. Denn ſie bedeuten : viele und große
Kunit habend oder offenbarend. Unter einander ſelbſt unterſcheis
den fie fich dadurch , daß Kunſtreid edler iſt, als siuni :
voll , weil Reich in der Regel nur von dem geſagt wird , der
an Dingen Überfluß hat, die als Gúter betrachtet werden (S.
20 Lung )
Du gleich , o Salome, der holben Göttinn
Bon Amatbant , die die Welt bezaubert.
Dant , zida dir , Dauf dir , furtreider #anttol.
Krummader. per.
2 Aßerdem iſt Kunſt poll, vielleicht eben darum , weil es ireni.
ger edel iſt, auch weniger gebräuchlich , als Kunftreich. Ades
I ung und Cain pe haben es gar nicht aufgeführt. Jernejen
tit es doch , im gemeinen Leben beſonders, nicht ganz ungewöhns
fich , und der Sprachåhntidtzit keinesweges entgegen. Denn es
iſt völlig auf eben die Art gebildet , wie Summervoll, soft,
nu ngøvoll, Gdthe's freudvoll und leidvoll, und viele
andi 'e .

Getünftelt deutet und dadurch unterſcheidet es ſich


von den vorigen drtern - auf unft , die in das Kleinliche,
alſo zu weit gehet , alſo in ſofern übertrieben iſt. Das liegt in
der Elidung Ein in künftein , die eine Verkleinerungsform
ift ( 65. Gewimmel). Dason aber tommt es , daß dieſes
Wort Denn auch auf übertriebene und am unrechten Ort angebrady,
te kunnſt überhaupt hinweiſet, wenn ſie auch gerade nicht in
Das Kleinliche gehet.
Meiſt gebraust man es ( Stå eftern und folglich auch
Gefán felt ) im nochtbeiligen Verſtande , für : mit übertries
bener Stunft bearbeiten oder macben , wodurch es von dein Nas '
türlichen ganz abwridt , und , Matt zu gefallen , durch das tree
fadte und Gezwungene den Sönheitsſiau beleidigt. Eu gos
túnfeites Bild , Bemahlde,
Campe.

Uußer den vorſtehenden Ausdrůden findet fid) bei Camre


and noch das Wort fünftig, welches 20.c ! ung nicht hat,
Campc will , daß es vorzüglich in der Bedeutung: zu einer
kunft
Stån. Kúr. 157
Kunft gehdrig, gebraucht werden ſolle, beſonders in Zufummens
regungen , wie : ton fünftig , bautinftig , ſcheidetins
ftig : jur Sonkunft, zur Bautunft , zur @ cheidefunſt ehdrig.
Dios ſtimmt auch mit der Ableitungsform dee Wortes Kunſtig
recht wohl überein , indem die Endung 9g To viel als eigen , 34
Etwas gehårig , bedeutet ( S. Bißchen . Wenig ) ; und alſo, j.
B. ein ſcheidetünſtiger Verſuch , anſtatt: ein zur & veides
kunſt gehöriger , füglich geſagt werden kann. Uạch, ift div form
Künftig von den Alten ſchon gebraucht worden , wenn auch
nicht gerade in der angegebnen beſlim niten Bedeututig. Cam ,
pe nennt diefelbe ein altes Eigenthum , ohne jedod ihr Alter
nachzuweiſen ; und Adelung ſagt; Sú n ſilidy lante bei dem
Willeram Kunftig , ebenfalls aber , ohne ein Beiſpiet davon
anzuführen. Shilter hat eine Stelle aus den Monſeeiſchen
Gloſſen angegeben , wo Chunſtig vortommt , jedoch in der Ves
deutung : Kunſt habend, Etwas könnend. Endlich iſt auch
Tehr zu wünſchen , daß zur Bezeichnung des Begriffrs : zu einer
Kunft gehörig , ein eignes, einzelnes Wort ubiich werde. Ins
deffen hat bei dem Allen der Sprachgebrauch auf Campe's
Vorſchlag noch nicht geachtet; kunſtig ift zur Bezeichnung dies
fes Sinnes noch nid )t in Umlauf gekommen.

Kuppler. Freiwerber. Braucwerber. 8. Freiwerber.

Kúren .' Wahlen .


Eberhard hat dieſe Werter nicht allein unter fich , ſons
dern auch mit Ausleſen und andern , vergliden. Er behaups
tet aber : Kåren , jekt größten Theils veraltet , rey mit wahs
len vollig gleichbedeutend geweſen . Damit tann idi indeſſen
nicht übereinſtimmen , und das ſchon darum nicht, weil Avkomms
linge von beiden drtern , wie gleich erheden wird, in Wille
tür , einem ſehr alten Ausdruce , mit einander verbunden ſind ;
welches dann eine ganz leere und ſinnloſe Zuſainmenſegung reyn
würde.

Wahlen iſt nämlich Eines Stammes mit Wille und


Wollen , wie unter andern daraus tlar if , daß Wellan bei
dem
158 Kúr.
-dem Rero ſowohl Wåhlen als Wollen bedeutet. Zu eben
dem Stamme gendut audy offenbar das lateiniſche Velle , wollen .
Die tiefere Wurzel aber zeigt ſich in dein lateiniſchen Vel, oder .
Dem ubåhlenden liegt Mehres vor , aus welchem er das eine
oder das andre heraus nimmt.
stů r é n oder Kåren, oder auch Kieſen , wird von
adelang zuſammen geſtellt mit Koften in der Bedeutung :
durch den Geſchmack prüfen , dann überhaupt: durch die Sinne
prüfen , und dann : prüfen , ganz allgemein. Zud) iſt nicht zu
låugnen ,' daß bei den Aften Stellen vorkommen , die dieſer 26
leitung zuſagen ; z. B.
Corot atume !
Prüfet 'die Geifter !
Xero.
Dennoch wage ich Siren oder foren zu berjenigen Wurzel
zu rechnen , zu welcher auch Geren , oder Gieren , welches ſonſt
ftatt des jebigen. Begehren geſagt wurde , wie z. B.
Niebelungenl. B. 176 ,
Reinide fu $ 6. 195
zumal da es ehedem , ganz nahe übereinſtimmend mit Kůrén,
Keren lautete :
Hyver iſt man der - kerot '
1
Sehan taga guate ?
er ift der Menſo , der .
begebret
zu ſeben gate Lage ?
Xero , Vorr.
so wie Gern und die lateiniſchen Carus, lieb , werth , und
Cor , das Herz , ohne Zweifel gehören. Ich halte deshalb Kier
fen , obgleich Kiuſan ſchon im Gothiſchen ( 3. B. Rom. 12 , 2 )
bei dem Uphilas vortomit, nicht für die älteſte, ſondern für eine
abgeleitete Form . Denn daß Kúren und Kieſen übrigens
einerlei Wort find, iſt nicht zu bezweifeln , da , wie udelung
bemertt , Rund 8 in allen europäiſchen Sprachen ſehr häufig
ſind vertauſcht worden , und dies namentlich auch in der Ogutſchen
Sprache Statt findet; indem z. B. im Schwabenſpiegel faſt ims
meţ Verliefen anſtatt Berlieren , Verleuſst anſtatt Bers
liert geſagt wird. ( S ... 8. Schwabenſp. I. 52 , II. 31 ).
Darnad
Kür. 159
Darnach würde dann üren urſprünglich : ſeinem Herzen ges
nügen oder folgen , bedeuten , und davon dann : einen Gegens
ſtand darum nehmen , weil er dem Herzen , d. 1. Dem Begehrungs.
vergnágen genügt , weil man Wohlgefallen an ihm , Berlangen
nach ihm hat. Dies ſcheint mir richtiger zu ſeyn , theils weil die
hierbei angenommene Verwandtſchaft, in Hinſicht auf die außeri
Geſtalt der Wörter, näher iſt, als zwiſchen Kúren und . Ro .
ften , theils weil es auch gerade mit demjenigen Begriffe, den
Süren noch jeket hat , am befren überein ſtimmt. Der Lteben .
de hat ſich die Geliebte zur Braut ertoren , weil ſie feinem
Kerzen am metſten genügt, weil er an ihr das meiſte Wohlgefal.
len , nach ihr das grdßte Berlangen hat.
Hieraus würde fich folgender Unterſchied ergeben. W & hs
te'n und Kúren bezeichnen zwar die nämliche Handlung ; aber
von verſchiedenen Seiten ; das lektere von der perſönlichen , das
erſtere von der gegenſtåndlichen Seite. Wåhlen gehet darauf,
daß mehre Dinge vorliegen , von weichen das tine oder das ans
dere heraus genommen wird. · Kúren deutet an , daß dieſes
Ding darum genommen wird , weil man an ihm das meiſte
Bohlgefallen findet.
Wenn alſo in den åttern Schriften Kúren anſtatt W & h
len ſchlechtweg zu ſtehen ſcheint, wie etwa in ſolchen tellen :
Wird ein Mönich zum biſchoff gekorn ;
Sadien (p. I. ¥ 263
To liegt doch , wenigſtens buntel, der Begriff dabei zum Grunde,
daß man durch die Wahl ein Wohlgefallen an dem Gewählten,
oder , daß man ihm dadurch ſeine Gunſt zu erkennen gebe; wie
dies bei der eben angeführten Stelle leicht zu erkennen iſt.
Hieraus ergibt ſich zugleich beiläufig , wie wille und
illtür von einander verſchieden ſind. Wille, mit wah
ten zuſammen gehdrig , bezeichnet eigentlich bloß ein Vermogen
zu to åhlen , ohne auf irgend einen , die Wahl beſtimmenden
Grund hinzuweiſen . Willkür heißt: ein fürendes Wahls
vermogen , D. i. ein Vermogen , nach eigenem Gefallen, oder
Belieben , zu wählen,

Rurzweile
1бо ur. Kur.
Kurzweile. Scherz. Spaß.
Üb. Bas angenehmen Zeitvertreib gewährt.
Die Ausdrúde Scherz und Spaß hat Eberhard
richtig unterſchieden. Kurzweile iſt freilich noch näher mit
unterhaltung und Zeitvertreib , mit welchert Ebers
hard es verglichen hat , aber doch , von einer andern Seite ,
auch mit Scherz und Spaß verwandt. Denn Eberhard
fagt felbſt : es Sabe ſich an das Wort Sur , weile nach und
nach der Nebenbegriff des Spaßhaften und Lächerlichen “ gehefs
tet, und : „ Kurzweile treiben ren einerlei mit : luftige Strei.
che, Poffen und Spaß machen . " Das unterſcheidende Merkmal 1
von Kurzweile aber iſt, im Allgemeinen dieſes: O derz und
Spaß deuten auf das Gegenſtåndliche des Zeitvertretbes, indem
ſie angeben , woraus derſelbe beſtehe, nämlich aus @ Herz oder
SpaB ; - Kurzweile meiſet auf die Wirkung davon , daß
wir keine lange Weile dabei empfinden , ſondern die Zeit und
tur , gu verfließen ſcheint. Daher wurde ſonſt auc ): Jemans
den die Weile tú rzen geſagt.
Ich mein fie kürtzten ihm die weil.
Xeinde fuo $ IV . 4.

Dies hindert indeffen nicht, Kurzweile anſtatt des Schers


es ober Spaßes Telbſt zu gebrauchen ; ' nur immer mit Hins
ſicht auf die gebacite Wirkung davon.
Sderst nicht , o Herr , mit dieſen armen Lenten ;
Jør lebt ſie bleich und zitterad flebn , po wenig
Sind file Surgweils gewobat aus Eurem Munde.
diller.

Küflen. Pfågl. Polſter.


ütb. Ein Beutel oder Sack , der mit Federn oder andern
Dingen ausgeſtopft iſt, durch welche er dazu geeignet iſt, daß
man darauf liegen , oder ſich damit zudecken kann .
C

Sie ( die W :hrbeit ) dweiget in Palaten


Und flummert ein auf goldgeſid tem pofter.
Krumm a doer.
Im
Kuf. 161

1
Im weitern Sinne wird auch das ſo genannt, was einem ſolchen
ähnlich ift; follte es auch nur in der Hinſicht ſeyn , daß man dare
auf liegen tann.
Das triegertide Roß laß uns beteigen,
Dea garten Leib dem glúbaden Pfeil der Sonne ,
Preis geben , die Gewolte über uns
Bor Dede nehmen und den Oteln zum Pfábl.
diller.

B. Bas zuvorberſt die urſprünglichen Begriffe dieſer Wers


ter anlangt; ſo liegt bei Kurien , nach Adelung , entweder
der Begriff des Deckens, Bedeckens ," oder der Begriff oder
innern Höhle," die ein Rasſen hat und in welcher die Federn 26.
Rich befinden , zum Grunde. In beiden Fällen hat Pfühl einen
andern Stammbegriff. Denn es ſiehet urſprünglich auf die,
durch das Ausſtopfen bewirtte, aufgetriebene, erhabne, gleichfam
aufgeblåbete Geſtalt. Denn es iſt ohne Zwetfel aus Bühel ents
ftanden , welches noch jest in Oberdeutſchen einen Bügel bedeus
tet , ehedem aber, wo es Buhil , Buhel , Buel , Buol , Puhol
lautete , nicht bloß einen Kügel , ſondern auch etwas Aufgehäufo
tes überhaupt bezeichnete,
Unde gruozten in ze zorne ufen iro buolen ;
Und reisten iba jam Sora auf ihren Hügeln.
Not to Pf. 77, $ 8 .
Puol urchundis ;
bei eben demſelben Pf. 59; 93
föll eine Überſebung reyn von den lateiniſchen Worten : acervus
teſtimonii ; wo alſo Puol offenbar einen Haufen bedeutet.
Polſter lautete- ſonſt Bolſter :
Darnach ſo foll fiu geben den erben ain Bette , ainen
bolſter , ain Külfin und zway lilachen.
Gooi a benip. 26, 12,
Auch ſchon in den Monſeetſchen Sloffen und im Angelſachfiſchen
hatte das Wort dieſe Form . : 68. iſt daher gar nicht unwahrs
ſcheinlid), was adelung will, daß es, da der legte Theil deſſels
ben bloße Ableitungsform ift, und eß alſo bloß auf den erſten
Theil, pol , antommt, von dem alten Boll, rund, aufgeblaſen,
herſtamme, von welchem auch Bolle , die Zwiebel einer Blume
oder eines andern Gewächſes, und das niederdeutſche Zipolle, die
Bingoermondte Börter, ut Tole 2 Zwiebele
1 162 KUL.
Zwiebel, hertommen . Der erſte Begriff von Polftet würde
alſo dann mit dem Grundbegriffe von Pfåhl einerley ſeyn .
Adélung glaubt ſogar, daß Pfühl aud) von dem erwähnten
Boll abſtamme; welches indeffen , dem Vorigen zufolge , wohl
nicht Statt finden dürfte. Auf jeden Fall bleibt noch die Frage:
ob auch bei Boll felbft der Begriff des Runden und Aufgeblåhes
ten , und nicht vielmehr der Begriff des Vollen , oder Angefütten
der erſte rey ? Das letztere glaube ich , und halte dafür, da B
und » ro oft ſind vertauſcht worden , (S. Båten , ingl. an .
farſen) , daß Boll und voll urſprånglich einerlei Wort find..
Alsdann würde unter den Grundbegriffen von Karien , Polo
fter und Pfåhl folgende Berſchiedenheit Stätt'finden. Ein
folcher Beutel oder Sack nämlich , als durch dieſe Ausdrucke bes
zeichnet wird , iſt inwendig hohl , voll geſtopft, und hierdurch
aufgeblähet. Auf das erſte fiehet kaffen , auf das zweite
Polſter und auf das dritte Pfühl.
Außerdem hat der Gebraud, noch einige Verſchiedenheiten
eingeführt, do B. daß Kuffen hauptſächlich von den fleinern
Stücken eines Gebettes , wie dem Kopft üſſen , Pfahl das
gegen von den mittlern, welche nur die Breite eines Kopftüfi
Tens , aber mehr Långe haben , gefagt wird ; welche Berſchiedens
heiten indeffen aus dem gemeinen Leben durch Anſchauung bes
tannt ſind, und deshalb hier nicht in Betrachtung gezogen werden
(S. Vorr. Zum I. Th .) ; abrigens aber ſchon früher vortommen .
So nimbt fie ( die Frau ) auch alles das ſo zu der gerad
gehöret , das find betr, pfühl , Kürfen .
adreap. I. 24 .
• 24
In dem uneigentlichen Gebraudse, wird auf dieſe legtern
Berſchiedenheiten überdem nicht geſehen .
Sie ( Aurora) , die nur ibrem Sithon lachte;

Die ibre Icone Brut ſo oft zum Průbi ihm machte.


Wisland.
L.
Laben . Erquicten . 8. Erquiden.
1

Labfal. Labung.
06. Mas das Leben erhdhet, die Kräfte erfriſcht, erquidet.
Denn beide Worter ſtammen ab von Laben , welches unmittels
bar mit Leben zuſammen gehört , und eigentlich : leben machen ,
ausdrüdt , wenn es auch zu allererſt: zu effen geben , bedeutet
haben ſollte ( Vergl. Furter. Beide ).
ropfen des Geiftes
Bießet binein !,
Leben dem Leber
Bibt er allein .
Eb' es perduftet
Odópfet es donen !
Nar , wenn er gluhet,
fabet der Duel.
dilter.
B. Labral heißet bloß das, was labet , tabung hinges
gen außerdem auch noch die Handlung des Labens. - Denn die
Ableitungsform ung wird auch gebraucht, um das Thun deffen
zu bezeichnen , was dasjenige Wort, dem ſie angehängt ift,
ausbrückt (S. Bezug. Beziehung). Die Ableitung durch
@al hingegen hat dieſen Sinn niemale , ſondern deutet bloß auf
reichliches Vorhandenſeyn deſſen , was durch das Hai:ptiort auss
gedrückt wird ( S. Glüdlich. Selig ) ; dergeſtalt, daß alſo
ein Labral bloß der Gegenſtänd genannt wird, der etwas
Labendes reichlid enthält.
Ein frijdet Eruak ift ein Labral in der Hiße.
belang
Du warſt mir ztoar cia Beder
Don Peilungs » Labial dod.
Bürger b . E.
Lächeln.
164 Lådh.
Låcheln. Låchern.
Dieſe Sorter tonnten darum von Manden verwechſelt
werden , weil das lektere weniger gebräuchlich , ſein Sinn alſo
weniger bekannt iſt. Das iſt auch bloß der Grund , warum ſie
hier angeführt werden . Denn für Sinnverwandre tönnen ſie
eigentlich nicht gelten. Denn Låshein bezeichnet ein wirkliches
Lachen , obgleich nur einen geringern Grab davon ,...
Ubram begann don nenen : da baft bas danteade fådelo ,
Sohn , gereben , mit dem ido did borte.
Slopſtod.
lådern hingegen Heißt bloß : Neigung zum Lachen empfinden .
Es tådert mida nicht, ide babe feinen frieb , teine neis
gang , jum Eaden ,
Adelung.
Außerdem wird.La dern audy als ein ſogenanntes tranſitirum
gebraucht
Dir Sache 1ådert mid
Campe;
d . i. fie reizt mich zum Lachen , macht mich dazu geneigt.
Lådhern iſt aus Lachen auf eben die Art gebildet, wie
3. B. auch schlåfern aus Schlafen. Der, den es folds
fert , iſt zum Schlafen geneigt, und, wer ein Kind eins
ſolåfern will, der muß daſſelbe durd Singen, Wiegen he
Bergl. zum Einſchlafen geneigt machen .
Pon Låchern , alfo teineswegs unmittelbar von Lachen
ftaminet auch då cherlich ab . Dies erhellet daraus, daß dieſes
Bort in eben der doppelten Bedeutung wie Lådern gebrauche
wird . Denn få cherlich bedeutet ſo wohl: zum Lachen geneigt -
Es iſt mir nicht iåderlid ,
udelu83
als auch : zuin Lachen reizend geeignet, laden zu erweden -
gådertideSeberden , Bewegungen , Sprünge maden .
Campe .
Es iſt daher falſch , was Einige gepolt haben , daß lå derlid
eigentlich Lachlich heißen ſollte, und das er bloß eingeſdoben
Rey , auf eben die Art, wie unter andern in Lererlid für Less
lidh , vermuthlich des Wohitlanges wegen , geſchehen iſt.
Paste
Pach. 165
Papter 38aftet
üb. Ein Maß für feſte Körper , welches aber night durchs
gångig einerlei ift, ſondern 6 , 7 oder 8 Fuß enthält.
B. Urſprünglich ſind beide Worter ohne Zweifel eins. Die
älteſte, mir bekannte Form ift Lafter. In dem Gedichte auf
den heiligen Anno , deſſen Verfaffee zwar nicht betannt iſt, das
aber doch ſpåtftens in das xate Jahrhundert gehört, heißt es van
dem babyloniſchen Thurme:
Des turnis biſtunt dannoch
Vieri duſent lafterin boch .
Rhythm . de S. Annon'e B.170. 171.
Luo Lafter hat die oberdeutſche Sprache, durch Berlegung des
harten Gurgellạutes Kiafter , und die niederdeutſche, durch
die nicht ungewshnliche Vertauſchung des f mit ch (S. Behud
Lacter gemacht. Die hochdeutſche Sprache hat beide Formen
aufgenommen , und dann , wie es nicht anders erfolgen tonnte,
einen Unterſchied zwiſchen beiden eingeführt. Lachter wird
nämlich hauptſächlich nur bei dem Bergbaue, Klafter auch in
andern Fåden gebraucht. - Das Meer ift hier zwanzig Klafa
ter tief. Den veranlaſſenden Grund zu dieſer Unterſcheia
dung kann ich geſchichtlich sicht nachweiſen.
Außerdem gebraucht man Riafter , nach einer ſehr ges
wohnlichen metonymiſchen Figur , beſonders, um einen Kaufen
Holz, der eine Klafter hoch, und eine Klafter breit iſt, zu
bezeichnen. - Ich habe dieſen Winter zehn Kiafter Holz vero
brannt. Eine Sigur, welde von each ter nicht üblich iſt.
Wahrſcheinlich tommt das afte Lafter von Laf oder Lof
her , welches zwar im Deutſchen gånzlich veraltet iſt, im Gothis
Ichen aber vortommt, und die Band, beſonders die flache sand
bedeutet.
Jah and bahtos gabaurtjaba lofam flohun ina.
und die Anechte musiwillig mit den anden folugen ihu.
ulpbil. mare. 14, 65.
/

Wermuthlich hat daher Lafter zuerſt ſo viel , als man mit


der flachen Hand, und erſt ſpäter ſo viel, als man mit beiden
Armen ſpannen tann , bedeutet.
• Die
(166 Lab .
Die Lade. Der Laden. Das Lieb .
üb. Eine Decke, oder ein bedeckter Raum . - Die Bun .
deblade. Der Buchladen. Das Augenlied. Biels
leicht gehdet das Jateiniſche Latere, verdeckt, verborgen ſeyn, mit
dieren 3drtern zuſammen,
V. In der légten Form , Lied, iſt das Wort bei den
Hochdeutfchen meines Wiſſens nur noch in Zugen lied åblich ;
hat hier aber nicht die Bedeutung Glied , wie Åbelung will,
ſondern bezeichnet ohne Zweifel eine Dede. Denn der Begriff
Augendedepaſſet offenbar beſſer auf die Sache, als der Bes
griff Uugenglied ; worunter vielmehr das Auge ſelbſt verſtans
den werden könnte. Durch diefen ſehr eingeſchräntten Gebrauch
iſt Lied von Labe und laden hinlänglich verſchieden. Unter
einander ſelbſt unterfcheiden ſich die beiden lebten Wörter ebens
falls durch die beſondern Anwendungen , die der Sprachgebrauch
daron gemacht hat. Denn lade ſagt man hauptſächlidy, uin
einen vieredigen , holzernen Kaſten mit eigem , geodhnlich ebes
nen Deckel zu bezeichnen , dergleichen z. B. das Geſinde zur Aufs
bewahrung ſeiner Wäſche und Kleidungsſtücke zu gebrauchen
pflegt ; Laden hingegen iſt am üblidiſten zur Bezeichnung der
Behåltniſſe, worin Krämer von aller Art ihre Waren feil hås
ben, - Gewiryladen, Tuchladen , Schuſterladen u . f. -
To wie es außerdem aud noch in Fenſter laden påufig vors
toinmt,

Laden . Einladen . Vorladen .


Üb. Jemanden zu erkennen geben , daß er wohin tommen
folle. Ich hatte geſtern meine Betannten zum Mittagseſſen
eingeladen. Wir waren recht vergnügt; nur war es mir uns
angenehm , daß einige von den geladenen Gaften nicht koms
men tonnten, weil ſie als Zeugen zu einer gerichtlichen Berhandt
lung vorgeladen waren .
B. laden drůdt den angegebnen Begriff ganz allgemein
aus. Es hat daher einen gleichgültigen Sinn , und laßt unbes
ſtimmt, ob es 34 erwg Angenehmen oder Unangenehmen, in gua
ter ober 6dſer Abſicht, freundlich oder unfreundlich, bittweiſe oder
befehlsweiſe geſchehe. Man, ladet gute Freunde zu einem frdhs
lichen
Lab, 167
Iidsen Mate ; aber auch entflohene Werbreder , oder Berodichtige,
werden von dem peinlichen Gerichte geladen , ſich zu ſtellen
und zu verantworten . Um häufigſten inderfen wird das Wort
allerdings in ſolchen Fäden angewandt, wodie erſtere Bedeutung
Statt findet. Auch ſchon bei den Alten.
Hvvaz fuazzira uns fona deſeru (timmu trụhtines ke
ladenter unlih !
Was iſt ſú er uns , als dieſe Stimme des Herrn ,
die uus geladen hat !
tero. Borr.
Der Paladin , den Nidots fo febr erhißt ,
2118 choner Ebaten Relj , fået Rid niot zwemabi rádes.
Wieland
Abraham eitte bivaus , mit Eliefern , die Fremden
Freundlich zu grüßen , und zu fico in ſeine Hütte zu laber .
Derselbe
Aber dennoch iſt die Ableitung dem gleichgültigen Sinne von las
ben wenigſtens nicht entgegen . Denn es fcheint laden mit
Lauten , einen Laut hdren laſſen , urſprünglich. Eines Ger
ſchlechtes zu ſeyn , zumal, wenn es ebedem Laten , oder Lathen
iſt ausgeſprochen worden , wie daraus , daß unter andern Ge
la thinge vorkommt ( @ . Sdilter ) nicht anwahrſcheinlich iſt.
Es wurde alſo Laden urſprünglich bloß ſo viel als Rufen , bes
deutet haben.
Einladen und Borladen machen beide zu dem allges
meinen Begriffe pon Laden noch einen Zurak, und unterſchei:
den ſich hauptſächlich dadurch, daß das Einladen bittweiſe,
das Borfaden befehlsweiſe geſchiehet, dieſes alſo nur in Bes
ziehung auf Untergebene, jenes auch in Beziehung auf andre,
felbft höhere Perſonen geſagt wird. Ein Gericht tåffet die Zeus
gen , worauf ein Klåger ſich berufen hat, vorlagen , wenn ſie

dero's Worte beißen freifid : von dieſer Stimme. Aber


e pou die fateiniſche Redeform mit dem ſogenannten ablativus
hierdurde ausgedruidt werden . Dulcius bac yoce wird durdo :
ſüßer von dieſer Stimme gegeben ; wie die Anfanger im Lateia
alſchen zu lernen pflegen : menſa , der diſch 26. , ablat. menſa,
vor dem Tiſde. Man ftebet, wie weit Spero mit übertras
gung des Lateinijden ins Deutide gekommen war.
168 Lab. Lam .

Bu ſeinen Gerichtseingeſeſſenen gehören ; einlader , wenn fle


fremde, beſonders vornehme Fremde find. Ein Unterthan tann
ſeinen Fürſten nicht vorladen , wohl aber einladen
einem Gaſtmahle , zu einer Fagd , u. 1. f.
Dieſe Verſchiedenheit muß auf das Vor und Ein fich
gründen, womit dieſe Wörter zuſammen gefekt ſind. Derjenige,
den wir vorladen , ſoll vor uns ſich ſtellen , vor uns ſtehen
bleiben. Dazu können wir aber pernünftiger Weiſe nur einen
ſolchen rufen ( laden) , der uns untergeben iſt, zu dem wir als
ſo befehlsweiſe reden . Dazu hingegen , zu uns herein zu koms
men , in unſere Wohnung, um uns ihre Geſellſchaft zu ſchenken,
• an einem Vergnügen Theil zu nehmen u . , tonnen wir auch ans
dere rufen , die uns nicht untergeben ſind, und die wir alſo bitts
weiſe dazu Taden müſſen .
Auf dieſe Berſchiebenheit gründet ſich auch der figürliche
Gebrauch , daß Einladen , und niemals Borſaden , åber,
haupt anſtatt : freundlich , fanft wozu reizen oder locken , geſagt
wird .
eie toarf ihm einladende Blide ju .
Campe.
Die einladendes datteo.
Stop Rod 6. M.

Lahm . Hinkenb. Krüppelig. 8. Hinkenb.


Lampe. Ampel. Leuchte. Laterne.
Um. Gefäße, oder überhaupt , Behältniffe, die man ges
braucht, uin Licht darin brennen zu laſſen.
B. Zuvörderſt unterſcheiden ſich Leuchte und laterne
von Lampe und Anpel dadurch , daß fie verſchloſſene, die beis
den leßtern dagegen Offene Lichtbehåtter bezeichnen. Mit einer
Leuchte oder Laterne gehet man bei Nacht über die Straße,
oder auf den Boden , oder in Scheuren und Stade, wo ſich
Stroh oder andere leicht Feuer fangende Sachen befinden. Mit
einer ampel aber oder Lampe pflegt man dahin nicht zu ges
hen. Denn in dieſen brenget das Licht offen und frei, und tann
alſo
Lam . 169
alſo leicht Schaden thun ; auch von Wind und Regen 'leicht auss
geldſcht werden . In einer Leuchte oder Laterne tann es
beides nicht; denn in dieſen iſt es ringsum eingeſchloſſen und vers
wahrt.
Kiernachft find Leute und Laterne , welche im ges
meinen Leben als gleichgeltend gebraucht werden , unter einander
felbft dadurch verſchieden , daß fie zwar einerley Sache, aber von
verſchiedenen Seiten bezeichnen. Leuchte von der Seite, daß
ſie zum Leuchten dient; laterne von der Seite , daß fie das
Licht bewahrt, ein Bebetter für Daffelbe iſt. Dieſe Bers
ſchiedenheit bleibt,, man mag nun Laterne, wie gewdhnlich
von dem lateiniſchen Laterna , und dieſes von Latere , verborgen
ſeyn, ableiten , oder mit Adelung von Laht : ern , Licht: Ort,
Lichtbehålter.
Außerdem unterſcheiden leudte und Paterne von den
beiben anbern Bertern ſich dadurch, daß nian in einer Ampel
oder Lampe bloß Flüſſigkeiten , z. B. Öt, vermittelft etne! Doch
tes, in einer Leuchte oder Laterne hingegen auch feſte Kors
per ,
ald Machslichter , Talglichter, 11. if. f. zu brennen pflegt.
tam pe und amper ſelbſt bedeuten ebenfalls einerlei
Sache, ein Werkzeug, Öl und dergleichen vermittelft eines Doch.
tes darin zu brennen . Ihr Unterſchied beſtehet bloß darin , das
ampel mehr im Oberdeutſchen , Lampe mehr im Niederdeuts
ſchen üblich iſt.
Die Abkunft dieſer Wörter iſt ungewiß. Um leichteſter
tommt man über dieſe Frage freilich hinweg , wenn man fam .
pe aus dem griechiſchen und lateiniſchen Lampas, und Ampet
aus dem lateiniſchen ampulla, welches eigentlich einen Topf mit
zwei Hentein , und davon ein ſolches Gefäß überhaupt bedeutete,
und hiervon auch auf einen dergleichen Bibehalter übergetragen
feyn tonnte, entſtanden ſeyn läßt. Indeſſen Icheint es mit dieſer
Ableitung von zwei verſchiedenenStammwurzeln nicht recht Åbers
ein zu ftimmen , daß Lampe und ampel an ſich ſelbſt völlig
gleid bedeutend ſind. Sie wärden ſich dann vielmehr wie feud .
te und laterne von einander unterſcheiden ; ampel würde
mehr darauf hinweiſen , daß die bezeichnete Sache ein Gefäß, ein
Behälter
176 Lam .
Behälter für das licht) Ten, Lampe meht darauf, daß ſie zum
Leuchten , einen Schein zu geben , diene.
Mrit Pampen ohne Sabl war jeder Baum behangen ,
Bei deren buntem Sdein , derfárkt rom Widerſchlag,
Wie ein Elofium den Augen offen lag.
: :1 Wieland
Denn das lateiniſche Lampas bedeutet einen leuchtendent drper,
oder das Licht deſſelben überhaupt, und wird ſelbſt von dem Glanze
der Sonne geſagt.
phoebeae lampadis inftar.
Virg . Aen. I11. 657.
Ich glaube daher daß Lampe und Ampel im Grunde
ein und eben daſſelbe Wort ſind , und nur durch eine Buchſtabens
berlegung Lampe aus Ampel entſtanden iſt. Unter den Beis
ſpielen von dergleichen Berregungen , deren es bekanntlich mehre
gibt, tft mit fo eben das Wort Dornen aufgefallen , welches
ünter andern im Sachſenſpiegel, . B.III. 68 , vorkommt, und
jeßt Brennen lautet, Co. daß alſo die Stammwurzel von
Brennen eigentlich Bör ift, deren genaue itbereinſtimmung
mit dem griechiſchen mug das Feuer, nicht vertannt werden tann ).
Daß aber ampel die dicere Form rey , iſt mir theils darum
wahrſcheinlich , weil ſich von ihr åltere Beiſpiele finden , ģ. B. in
den Monſ. Glofſen (S. $ dilter); theils darum weil alsdann
die Ableitung mit dem jebigen Begriffe beider Wörter genauer jus
ſammentrifft. Denn , iſt ambet die erſte Form , ro liegt , és
mag nun Ampel aus dem lateiniſdien ampulla entſtanden, oder
ein Seitenverwandter davon feyn, der Begriff eines Behåtters
für Flüſſigteiten, für Öl & B. zum Grunde, und dies deutet
näher und beſtimmter auf das Eigenthämliche und Unterſcheidende
einer Umpel oder Lampe, als der allgeineine Begriff des Leuch.
tens, welcher zum Grunde liegen würde, wenn Lampe die åttere
Form wåre; Rie mochtë nun aus der lateiniſchen Lampas entſtans
den , oder nur mit ihr zu einem Stamme gehörig feyn.
Wenn es nun aber richtig iſt, daß amper und Lampe
im Grunde einerlei Bort, und alſo von einer und eben derſelben
Stammwurzel entſproffen find ; fo kann es hier auf die Ausmito
telung dieſer Wurzel nidht ankommen , indern von ihr teine wers
richiedenheit zwiſchen beiden Wortformen hergeleitet werden kann .
Das
Lam . Lan . 172
Das lateiniſche Ampulla fann für die erſte Wurzel nicht gelten .
Denn es iſt ſelbſt erſt ein abgeleiteter Husdruck, der aus Amb,
dem griechiſchen upepo , von beiden Seiten , und Olla , der Topf,
zuſammen geſegt ift, und daherſeine oben angegebne Bedeutung
hat.
Dat gedachte Amb oder ampe iſt ábrigend aus der alten
celtiſchen Sprache ( . Schilter ), und aus dieſer auch in die deuts
ſche über gegangen , wo es in Umb und dann in Um verwan.
delt wurde. 216 ein bloßes Gedankenſpiel, das weiter "Nichts
ſeyn will ,i tonnte man ſich daher die Vorſtellung machen , daß
ampel aus Am 6 und Ör entſtanden rey, und urſprünglich ein
Ding um das õl, einen öfbehälter, Bedeutet habe; auf ähnliche
Art, wie die Alien" (S. Udelung, auch Olfaz, ein Öl faffendes
Ding, anſtatt Ampel oder Lampe fagten.

Land. hånderei. Landſchaft.


üb. Ein nicht mit Waffer bedeđter Theilvon der Oberflås
che der Erde.
P. Lano mag zwar, wię udelung anführt, urſprünge
ilch eineEbene , alſo einen Gegenſatz von Gebirge, bezeichnet
haben , und es würde hieraus, weil doch die Ebenen fich am beo
ften zu Äckern eignen , zugleich erttårlich ſeyn , warum Land
ſchon ſehr früh , und ſchon im Gothiſchen , für Ader , tragbares
fruchtbares Land , geſagt wurde.
Sa fruiniſta quath : Land 'baucha ,jah tharf galeithan, jab
Saiwhan thata .
ulpbil . fuc. 141 18.
Der Erfte fprach : ich babe einen U der gekauft und muß blaaus
gehn und ihn beſehen ,
Lutber , ebendal,
Adein, wenn das auch die erſte Bedeutung von Land geweſen
ift ; ſo ift fie doch nach und nach erweitert worden. Denn jest
begreift Sand nicht bloß ebene, ſondern auch gebirgige Theile
von der Oberfläche der Erde. Land ! ruft der erfreute Seefah.
ser , wenn es auch Gebirge ſind , die feinen ſpåhenden Blicken fick
darſtellen.
Das
172 Can .

DAB erfte ( Gewäffer) betßt pifou , bas fließet um das ganze


fand Hevila ; ( alſo ſowohl um die Berge als um die Ehaler
darin .)
I woke 2 , 11 .
Oder, wenn ein Schweizer ſeine Gebirge verlaffen hat, und auf
einer Reiſe in Frantreich begriffen iſt; ſo wird man ſagen , daß er
fid außer Landes befinde.
ga, es wird land auch gebraucht, um die ganze , nicht
mit Waſſer bedeckte Oberfläche der Erde, und nicht bloß einen
Theil davon , zu bezeichnen . Kaum ein Drittheit der Erds
oberfläche tft Land , das übrige iſt mit Waſſer bedeđt. -
Go wie man das Land nach den großern und Fleinern Stúden
in Stontinent und Jaſela theilt, ſo theilt man das Meer in Deer
an und Seen ,
Sant.

Rierauf beruhet es auch , daß land als Gegenſaf von Waſſer


überhaupt geſagt wird. Er hat viele große Reiſen gemacht, zu
Kaſſer und zu. Lande. Baſferthiere , Land thiere.
Der Elephant ift unter allen fandthieren das größte.
Campei

Hierdurch non , daß Land ayd die ganze trodne Oberflås


che der Erde, und einen Gegenſat von Waſſer úherhaupt bezeichs
net , unterfcheidet es ſich hauptſächlich von Lånderei und
Eanordaft. Denn dieſe beiden #drter werden in dieſen Bes
deutungen niemals gebraucht. 1

Unter einander ſelbft unterſcheiden ſide anderei und


Landſchaft, welches lektere in anderer Hinſicht auch mit Gau
finnverwandt iſt, S. Gau. Landſchaft.) dadurch, daß Låns
berei einen Inbegriff von Stucen Bandes , folchen beſonders,
die zum Aderbau dienen , fanorhaft hingegen ein folches
Stück bezeichnet, das ſelber nur ein Theil eines großern Ganzen
ift. Denn was zuvorderſt den erſtern Ausdruck betrifft ; ſo erhel
ſet theils aus ſeiner Abkunft von der Mehrheitsform Lånder ,
theils aus der Endung Ei , welche, wenn aud nicht in den meis
ſten, doch in vielen Fåden Sammelwörter bildet, daß derſelbe ets
nen Inbegriff von mehren Stücken Landes bezeichnet, inſonderheit
Wenn dieſe, - weil ſie alsdann am tiårften als mehre túde
richa
Lan . - 173
fich darſtellen - verſchiedenartig find, als : Äder, Wieſen , und
dergleichen. Und , weil von ſolchen hauptſächlich nur bey der
Landwirthſchaft die Erde ift, bey der man auf tragbares Land
Riehet; ſo hat fånderei hiervon auch den Nebenbegriff des
Tragbaren oder Fruchtbaren betommen. Und zwar ſchon långſt.
Denn ſchon Notter gebraucht Gelende welches mit fåndes
rei einerlei Wort , und nur durch eine andere Ableitungsform ,
Ge, die aber auch Sammelwörter gibt, (S. Gebirge) gebils
det ift - mitdem Nebenbegriffe des Fruchtbaren.
Berent iro wuochar unſeriu gelende ;
Es tragen ibre Srudt unſere Låndereien .
Nott . Pl. 84 , 13 :

Bas ſodann das Wort landſchaft anlangt; ſo darf man


nur auf die Art , wie es gebraucht wird , acht haben , um zu bes
merten , daß es in Verbindung oder im Gegenſaße mit land
geſagt wird, um ein Stück Land , alø Theil eines großern
Landes, das man als ein Ganzes betrachtet, zu bezeichnen,
Und der Stónig erhobete , Daniel - und machte ihn zum
Fúrften über das ganze Land zu Babel ; und Daniel
bat vom Stónige , daß er über die Lanordaften zu Babel
jeßen möchte Sadrada, Meface und Abednego.
Dan. 2 , 48. 49.

Xußerdem unterſcheiden ſich die Landereien , als traga


bare Stücke Landes , noch dadurdy, daß ſie die Städte und Ddr .
fer, überhaupt die Wohnplåße får Menſoben und die Stallungen
für das Wich ausſchließen , eine Landſchaft hingegen und eix
fand dieſe mit in fich begreifen . Selbſt wenn land in der ber
ſondern Bedeutung gebraucht wird, in welcher es den Stådten
entgegen gefeßt wird , eine Bedeutung , durch welche es zu ,
gleich auch noch von landfc haft verſchieden iſt, inden lettes
res in dieſem Sinne nicht gebraucht wird ; ſo begreift es doch die .
Dörfer' mit ihren Wohnhäuſern und Stallungen in ſich.
Manche Stådter leben im Sommer auf dem Lande ; - wenn

fie gleich daſelbſt zuweilen eben ſo wenig aus dem Hauſe fornmen ,
als in der Stadt.

Lande.
174 Lan .
Lanbe. Lånber.
Es gibt allerdings Ausdråde, die eine doppelte Mehrheits
form mit verſchiedner Bedeutung haben . Von Wort z. B. fagt
man warter in jedem Falle, Dorte nur, wenn ſie einen zu .
ſammenhangenden Sinn ausdrüden . ( S. Eberhard .) John
glaube aber nicht, daß fånder und Lande , wovon das lektere
die oberdeutſche Mehrheitsform ift , durch ihre Begriffe auch nur
durch irgend einen Nebenbegriff fich von einander unterſcheiden .
Wenigſtens habe ich bei guten Schriftſtellern nirgends eine Stelle
gefunden , woraus man auf eine ſolche Verſchiedenheit dieſer Wdr.
ter ſchließen tönnte , und von ihrer Abkunft tönnen ſie dergleichen
auch nicht an ſich haben. Zwar hat der Sprachgebrauch einger
führt , daß in einigen Fåden bloß die eine oder die andere Form
üblich iſt. Aber es hat dies alle Mat zufáuige, nicht in den Bes
griffen liegende Veranlaſſungen , welche zuweilen auch tiar find.
Man ſagt f. 5. nur : die Niederlande ; ohne Zweifel aber dars
um , damit man die Niederlander , d. i. die Einwohner der
Niederlande, nicht damit verwechſele. Und wenn , wie Einige
wollen , Lande für die erhabne Schreibart mehr geeignet iſt,
als Lånder ; ſo hat dies ſeinen Grund bloß darin, daß die erſtere
form im Hochdeutſchen ungewöhnlicher iſt, und darum feierlicher
klingt.

Lanbläufer. Landſtreicher. Landſtrömer.


Landſtrömer. Stromer.
Die beiden erſten Ausdrucke hat Eberhard unter ſich und
mit Herumftreifer , Kerumſtreicher und Herums
ſo wårmer verglichen . Der Begriff, in weldjem dieſelben
überein tommen , haben auch landſtrömer und Stromer.
mit ihnen gemein , ſcheinen ſich aber von ihnen dadurch zu unters :
dheiben, daß ſie noch ſtårter ſind. Denn Otromen führt den
Begriff einer ſtarten und ſchnellen Bewegung einer großen Maſſe
ober Menge mit ſichy; ſowohl in der eigentlichen Bedeutung;
Die Donan ftromet von Abend gegen Morgen ;
Campe ;
als auch in der uneigentlichen :
Eine najdblbare Menge Aromate aus der Stadt , das geliebte
Sönigspaar ju empfangen,
Derreibe.
Soon
Lan . 173
hon Aromte des lanten Erftaunens Donnerruf.
Slopfod b. E.
Lanoftr &mer bezeichnet daher einen ſolchen , der ſehr häufig
oder immer , und mit beſonderer Schnelligkeit, weit und breit im
Lande umher ſtreift. Daſſelbe ſagt auch Stromer ; nur daß
dieſes den Begriff des Landes, der Landſtromer ausdrücklich
bezeichnet, 'bloß ſtillſchweigend voraus rekt. Beide Wörter ſcheis
nen alſ die entſchiedenſte und verächtlichſte Art der Landſtreia
die aus
cher zugem
bedeuten. , ſchder
achteſten In ådlich ſten und
hieſigen Gegend
niwenigſtens
cht nowerden
Land ,
ftreicher ſchlechtweg Stromer genannt. Sie bilden , 34
Beiten wenigſtens, eine förmliche, zuſammen hangende Bande, und
überſtromen alſo das Land bandenweiſe; dergefialt, daß alſo
Stromer auch in dieſer Hinſicht den Begriff von der Menge
mit ſich führt.
Landmann. Landsmann.
Üb. Belde Xusdrüde ſagen von einem Manne, daß er eis
nem Lande angehöre; ohne zu beſtimmen , wodurd . Nur fo
weit tommen ſie mit einander überein. Die Beſtimmung , wos
durch jemand einem Lande angehöre , ift in beiden Ausdrúden
verſchieden .
B. In fandmann aber hat land die beſondre Bedeus
tung, in welcher es den Stådten entgegegen geregt wird. (S.
fand. landſd aft) , in landsmann hingegen den weitern
Sinn , in welchem es auch die Stådte mit begreift, ( Ebendaſ.).
Denn ein Landmann wird derjenige genannt, der nicht in
der Stadt, ſondern auf einem Dorfe sc. lebt, beſonders wenn
er Geſchäfte betreibt, die den Feld , und derbau betreffen ; und
der alſo durch Aufenthalt und Beſchäftigung dem Lande in dies
ſem Sinne angehört. Ein Landsmann hingegen heißt, in
Beziehung auf ein gewiſſes land, derjenige, der aus dieſem
Lande gebürtig iſt, demſelben alſo durch die Geburt angehört ;
Jolte er übrigens auch in einer Stadt geboren ſeyn,
Badtmeifer.
was für ein Landsmana bif du , Jáger ?,
gåger
176 Lan .
Jáger .
Hinter Wismar 18 meiner Itera Cik .
Sdiller.
adelung , Campe, Boigtel u . a.ſagen, ein landss
mann rev eine Perſon , „welche mit einer andern aus eis
nem und eben demſelben Lande gebürtig iſt." Allein aus dem Wos
rigen , beſonders auch aus dem angeführten Beiſpiele er hellet, daß
Landsmann die Beziehung auf eine andre , aus demſelben
Lande gebürtige Person nicht einſchließt, ſondern bloß die ges
genſtändliche Beziehung auf ein Land : in demſelben geboren zu
ſeyn , ausdrückt. Denn zwiſchen dem Wachtmeiſter und Jäger
iſt von einer andern Perſon, mit welcher der Fåger aus einerfet
Lande gebürtig ſeyn ſolle, durchaus gar nicht die Rede. Wenn
die gedachte perſönliche Beziehung in Betracht kommt; ſo wirð
fie durch ein beſonderes Wort ausdrücklich angedeutet.
ift mein landsmann , u . f. f. -
Es gibt eine gewiſſe Zuneigung, welche Menschen , die eis
nem gemeinſchaftlichen Vaterlande angehoren , eben darum zu ein :
ander haben , und welche beſonders mertlich hervor tritt, wenn
fie ſich zuſammen in einem fremden Lande befinden. Der Nebens
begriff dieſer Zuneigung wird daher mit angedeutet , wenn wir
Gemanden unſern landsmann nennen , und iſt dieſes Wort
auch hierdurch von Landmann verſchieden , welches lestere dier
ſen Nebenbegriff gar nicht mit ſich führt. Daher kommt es , daß
Candemann in manchen Fåden auch als eine freundliche, höf.
liche Anrede, auf ähnliche Art, wie guter Freund , und, ders
gleichen , gebraucht wird. Ke! Landsmann , wes Weges ?
rufen wir einem unbetannten Wanderer zu , den wir unterwegs
antreffen, und ſprechen oder nach Erwas fragen wollen.
Dagegen tann Landmann andreNebenbegriffe anregen .
Xuf dem Lande herrſcht, in Vergleich mit den Städten , größere
Einfadiheit und Unverdorbenheit der Sitten ; aber auf der andernt
Seite auch weniger feine Bildung. Daher tann landmann ,
nach Berſchiedenheit des Zuſammenhanges , bald auf den lebtern,
bald auf den erſtern Umſtand hinweiſen. Die feinen Sofleute
merten ihm gleich an , daß er ein landmann iſt. Die
vielen Áppigen Belage find nicht nach ſeinem Sinne , noch wenis
ger
Lan . 177
ger die zweideutigen und ſchlüpfrigen Scherze dabet; denn er ift
ein ehrlicher Landmann . Auch andere, von Land abgeleitete
Ausdrücke führen oft dieſen Nebenbegriff von großerer Unverdors
benheit und Unſchuld der Sitten , als in den Städten herrſcht, mit
fich .
Das Lob der blühenden Budafes
Machte mich landlide roth.
Bog .

Sau. Š. Sau.
Landſchaft. Gau.
Landſtrich. Gegend. S. Gegend.
Lang. Lange.
Ub. Beides ſagen wir von dem , dem wir eine große Dauet
zuſchreiben ; mag dies übrigens eine wahre oder ſcheinbare ſeyn .
Die Rede währte ſehr lange, mir iſt die Zeit dabei lang
geworden. -

Beitvort.
,
V. 1) Lángė iſt bloß ein Nebenivort, Lang auch ein
Es entſpann ſich unter ihnen ein langes Ges
ſpråcy. Die Juden feiern eine lange Nacht.
Jo bab' in laajen Jahren
Bas toabr ift, felbft geprüft , was falid ift, felbst erfahret .
o lege 1 6. C.
2) Lang wird nicht bloß von der Zeit, ſondern auch von der
Kusdehnung geſagt; und beſonders von derjenigen Ausdehnung,
die ein Kidrper außer der Breiterund Hydhe (oder Ditte) noch hatt
Das Haus it so Fuß lang und 35 Fuß breit.
Campo
Uud uneigentlich
.
Wir ift'voa taoger Hand
Das Wie und Wann der Sadewohl bekannt:
Wie land 6.C.
Dieſe befordre, beftiminte Bedeutung hat das Wort freilich erft
nad und ngch , bei fortſchreitender Ausbildung der Sprache uno
ſchärferer Beſtimmung der Begriffe betommen. Ehedem ging es
auf jede große Ausdehnung, gleid viel , in welcher Richtung.
Cinnbermundte Wörter. 38 the M tä
* 178 Lan .
- Ip lengi
Himilo.
In ben boven Himmel.
Dtfr. l, 30 , 19, 20 .
Lange bagegert wird bloß von der Zeit gebraucht. Ste
lange wird's ? bedeutet bloß : wie lange Zeit ? ntemals : wie
lang der Ausdehnung nach ? So aud fchon bei den Alten , wo
das Wort Langhe und Lango lautete.
The ih er ſie hal in lango
Ni ruach ouh iro thingo.
Weil ich vorher von ihnen verfanat bia lauge ,
60 betümmere id mida nuu and nidt am ihre Saden .
Otfr. 11. 23 , 55. 56.
Worauf aber dieſe Beſtimmung des Sinnes von lange
beruhen mag? Sch weiß es nicht. Dielleichtfann folgendes dars
auf führen. Lange tommt, wegen ſeines E am Ende, der Form
nach mit denjenigen Hauptwrtern überein , die aus Beis und
Nebenwörtern durch Anhängung eines E gebildet werden, um das
Abgezogne von der Bedeutung der lettern zu bezeichnen ; wie
Milde aus Mild, Strenge aus Streng, Dürre aus Dürr , Lie
be aus lieb , u. l. f . Es tönnte alſo ſeyn , daß lange diejenis
ge Eigenſchaft, welche Lang andeutet , ganz abgeſondert von als
lem Ändern an und für ſich betrachten ſollte, und aus dieſem ,
wenn auch nicht deutlich gedachten Grunde, bloß von der Zeit
geſagt wurde, indem dieſe bloß lang (und nicht aud breit und
dic ) ift.

fangen. Hinlangen . Zulangen.


üb. Abgeſehen von der Bedeutung, welche dieſe Werter
als fogenannte transitiva haben, in welcher z. B. ein Kanolano
ger dem Ziegelbecker Ziegel und Kalf zulanget, welche aber
hier nicht in Betracht gezogen werden foll, bedeuten fie gemein ,
ſchaftlich : lang genug feyn ; davon aberhaupt: groß genug ſeyn,
und dávon ganz allgeinein : genug reyn. Wer ein Brett, das er..
über einen Bach tegen will , um Rich einen Steg zu maden , zu
turz findet, der tann ſagen , daß daſſelbe nicht lange, oder, nicht
hinlange, obec , nicht zufange. Und von einem Menſchen,
der großen Aufwand macht, ſagt man zuweilen : R6 fer unbegreift
lid
Lan . 179
lich , wovon er denſelben beſtreite; retne Eintünfte tønnen dazu
micht langen, oder, nicht hinlangen , oder , nicht fus
langen.
B. Hintangen und Zufängen fagen durch ihr Hill
und zu ausdrüdlich, was langen bloß ftidifchweigend andeus
tet: daß Erwas ſo lang, oder überhaupt, fo groß rey , daß es
an eine gewiffe Sache hin , biß zu derſelben , reiche; mag dies
übrigens im eigentlichen oder figürlicjen Sinne genomnien
werden .
Wenn unter Bintangen und Zulangen ſelbſt ein
Unterſchied itt, - den ich übrigens in dem Sprachgebrauche nicht
beobachtet finde ; - lo tann er bloß darin beſtehen , daß Hin.
langen etwas mehr ſagt, als Zulangen. Das würde auch
allerdings der Fall" rennt, wenn dabei auf folgende Bedeutungen ,
welche Hin und 3 u allerdings oft haben , geſehen wäre. Hin
wird namtid oft von dem geſagt, was einen gewiſſen Ort-ſchon
vállig erreicht hat, zu von dem , was demſelben , oder einem ger
wiſſen Gegenſtande überhaupt, mabet. - N. ift nach Franti
furth gereiſet, wo er Waren $ u Martte bringt. Ohne Zweifet
ift er ſchon hin ; denn er iſt gewiß Tag und Nacht gefahren , und
nicht ju Bette gegangen .

Langmuth. Langmachigkeit.
Üb. Beides , Langmuth und lang mithigteit , dus
Bert ſich dadurch, daß Jemand nicht jåhjornig , und , nach einem
Ausdrucke des gemeinen Lebens , nicht turz töpfig iſt, daß er alſo
nicht Børes mit Borem émmer gleich auf friſcher Chat vergilt,
fondern dies, wenn es geſchehen muß , ſo lange als möglich auf
ſchiebt. In dtefem Begriffe tommen beide Ausdrůde überein. -
Langmuth und langmůthigkeit haben daher auch zur
Folge , daß man mit Ändern Geduld hat , und daher tommt es,
daß der lebte Ausdruck oft mit jenen verbunden wird.
ga , Herr , ich bitt' erzeige
ir deine Onabenbold ,
Daß ſich dein Heije neige
Sur Langmuth und eduto .
306. Paffentar:
ma
180 Lan .
! 3. Die Berſchiedenheit beider Ausdråde liegt blok darin ,
Daß langmithigteit, wegen des Sett am Ende , und wes
gen des Ig in der Mitte (S. Gerechtſame und Bilden )
den Begriff eines einer Perſon eigenen, ihr alſo gewdhnlichen und
fortwahrenden Zuſtandes nicht ausdrückt, und langmuth die:
ſen Begriff nicht mit einſchließt. Langmuth kann daher auch
eir einzelner, vorüber gehender Zuſtand bei Jemanden ſeyn ,
Lang můthigteit iſt dieſer Zuſtand erſt alsdann , wenn er
zur Gewohnheit, zur Fertigteit geworden iſt. Auch der gåhzora
nige und Rachſüchtige tann einmal in einem einzelnen Falle, duro
beſondre Umſtånde beſtimit, langmuth zeigen. Aber der
fangmüthigteit darf er ſich nicht rühmen.

Langweilig. Langwierig. ·
4
Ub Deffen Dauer lang und unangenehm iſt. Beide
Mårter werden nur von unangenehmen Dingen geſagt. Wenn
eine frohliche Geſellſchaft lange beiſammen geblieben iſt ; ſo wird
fie von denen, die dabei, und mit fröhlich geweſen ſind , weder
eine langweilige noch eine langwierige Sefell{ chaft geo
nannt werden.
B. Die Abſtammung beider orter ift flat , und daraus
auch ihre Verſchiedenheit. Langweilig heißt nur das, deffen
Dauer und daruin unangenehm iſt und lang vortommt, weil es
uns lange Weile macht; uns alſo weder durch Gedanten noch
durch Empfindungen gehörig beſchäfftigt.
Erzábit ſo schön ihr wollt,
Jbr macht die Weil ihr lang , und ſprådt ihr lauter Bott ;
Giç gåbnt.
Biela n 8.
Ein blaffes Scattenſpiel einfarmiger Ideen
Bleib ' unverandert Mets por feiner Seele Atehen ;
Und schlafert ihn, ſo wieg' am matten Lampenfoein
Der Schlummer iba zu nod langweiligern Crdumen eitt.
Derſelbe.
fangwierig wird auch das genannt, deſſen fanges Wåh ,
ren aus irgend einem andern Grunde unangenehm tft ; menn es
auch nichts weniger als lange Weile macht. Bei einem lang .
wierigen Rechtshandel Z. B. oder bat einem langwierigen
Kriege
fan . 181

Krtege tann es gar wohl reyn , daß wir durch Furcht und Koffs
nung, durch feurige Wünſche und Beſtrebungen , durch Gefahren
und Sorgen , durch den ſtåten Wechſel großer und verwickelter
Begebenheiten u. l. f. unſer Dent , Empfindungs- und Begehs
rungsvermogen im höchſten Grade beſchafftigt, alſo nicht die ges
rinigfte lange Weile fühlen .
Das Langwierige iſt alſo nicht alle Wal auch lang !
meilig ; tann es aber doch feyn. Wenn ein geiftlicher Rebner
oder ein Jugendlehrer trodne Erklärungen von Glaubenslehren
gibt, und es lange wáhrt , ehe 'er damit fertig wird ; ſo iſt
das langweilig. Denn es macht den Buhdrern lange Weile
Wie oft ermedt man uns in den erften Jabren durde trodne
und langweilige Erklärungen der Glaubenslehren einen Efel
an der Religion .
ellert 6. a.
Eigentlid bedeuten beide Wusdrüde freilid weiter Nichts,
als : lange dauernd ; ohne alle Rückficht darauf, ob es etwas Ans
genehmes oder unangenehmes ſey. Uber , wenn auf die Dauer
einer Sache geachtet, inſonderhsit ſo geachtet wird, daß man ſie
beſonders hervor hebt, ſie als lang ſich denkt, und die Sache dars
nach benennt ; ſo muß die Sache, der Regel nach , unangenehm
ſeyn. Denn, je angenehmer Etwas iſt, deſto weniger wird uns
Seine Dauer als lang erſcheinen , wovon die Seelenlehre leicht die
Gründe angeben kann.
D , der ig aus dem Himmel ſchon gefallen ,
Der an der Stunden Wechſel deater muß !
Die Uhr folgt keinem Olüdlichen.
60mler
Hierauf beruhet eß , daß Langweilig und fang wierig beibe
nur von unangenehmen Dingen gebraucht werden. Adelung
ift freilich, in Anſehung des festern Wortes, hierüber zweifelhaft.
Denn er ſagt bloß : „von angenehmen Dingen wird lang wies
rig im Hochdeutſchen wohl nicht leicht gebraucht werden .“
Campe hat ſich auch nicht getrauet, dies entſcheidend zu behaups
ten. Nur Boigtel fagt beſtimmt: „ angwierig , lange
während ; doch nur von unangenehmen Dingen .“ Dem ſtimme
ich bei. Denn es tann aus dem angeführten Grunde - für die
gute Schreibart verſteht ſich nicht zweifelhaft ſeyn .
Moda
182 Lan . Lap .
Bleibe diesen
Noch bleibt die Frage : warum gerade"langweilig und
nicht vielmehr langwierig bloß von ſolchen Dingen geſagt
werde, die durch Nichtbeſchafftigung unſerer Kräfte unangenehm
find. Es beruhet dies eines Theils auf der betannten Bedeutung
des Ausdructes fange Weile, worauf lengteilig jurúd
fiehet, eines Ausdruces, dergleichen von Währen fchon darum
nicht iſt gemadit worbert, weil Kauptwórter hiervon , als das
dhren oder die Währung überhaupt wenig gebräuchlid
fino; andern Theits aber darauf, daß Meilen , nach Adelunge
ehedem auch ruhen, alſo beſchäfftigungslos rein, bedeutet hat;
ein Begriff, der bei wahren gar nicht zum Grunde liegt , im
dem diefes bloß : fortfahren zu Teyn , ausdrückt

Lapperei. Lumperei. ( Lappalie.)


Mb. Etwas Geringes und Berthloſes , in verachtlichem
Perftande.
W. Lumperei drůdt den Nebenbegriff des Berådtlichen
noch ſtårter dus, als lapperet. Denn lumpen heißen blog
alte, abgetragene, jerriſſene, unbrauchbar gewordene Stücke Tud,
und dergleichen . Man wirſt daher die Lu mpen weg , oder
( chickt ſie in die Papiermühlé , und nur die gemeinſten Bettler
hüllen ſich in Eumpen . Nun werden zwar ſolche unnage Stü.
de auch alte lappen genannt. Aber es tonnen lappen aud
gute, noch brauchbare, ja ganz neue Stúde Tuch, Leinwand, ul.
d. ſeyn .
Niemand fldt einen lappen von fud an ein altes Stleid ;
ben der neue Lappe reißt doch von alten,
Marc. 3 , 21 .
Schon in der erſten Ausgabe ſeiner Überſegung ſagte Luther :
Niemant fligt eya lappen son neipen tub an eya adt keyb ;
und er ſcheint das Wort Lappen aus dem Niederdeutſchen in
das Hochdeutſche aufgenommen zu haben. Denn inn Oberdeut
fchen war es , nach Adelung & Bemerkung, damals node
fremd. In der Ausgabe von Butlers Überſebung, welche zu Bas
fel, 523 heraus tam , wird es als ein unbetanntes Wort durch
Otůd , Play , fump ertlárt.
2u8
Lap . Laf. 183
Aus dieſem Grunde nun , weft fumpen bloß auf gang
11 chlechte Dinge deutet, fappen hingegen nicht, oft Lapperes
eg weniger verächtlich , als lumperei ; zumal, oq auch { appen'
Zuweilen ganz ohne verächtlichen Nebenbegriff gebraucht wird;
wie in Ohrlappen , oder wenn die Fåger von dem Wilde ſagen :
ts ſey durch die fappen gegangen , ( durch diejenigen nämlich,
die ſie an Leinen flattern laſſen , um das Bild zurück zu ſcheuchen ).
Nur wenn von einem Menſchen (der entwiſcht iſt) geſagtwird,
daß er durch die lappen gegangen ſey , iſt dies ein gemeiner
und geringſchåßiger Ausbruck ; aber nicht, wegen des Wortes
Lappen , ſondern weil das ganze Bild von wilden Thiaren hers
genommen iſt,
(Eappalie ift ein verwerfliches Zwitterwort des gerneinen
Lebens, mit einer nach dem Lateinſchen geformten Endung
Dem Sinne nach iſt daſſelbe mit Lapperei gleichbedeutend.)
Lappicht. Lappig. - Lumpicht. Lumpig .
Wie die beider erſten Wdrter von den beiden andern vers
Ichieden fenen , iſtaus der Vorigen flar (S. papperet. Lumi's
peret ). Wie aber die beiden erſten unter fich , und die beis
den andern unter ſich unterſchieden werden müſſen, ergibt ſich
aus dem betannten Sinne der Ableitungsformen dt und 39
( S. fittid und Bifchen . Benig). Sin lappites
Stud Fleiſch iſt einem Lappen ähnlicy, (dafür zu achten ) ; ein
Kleid, das mit vielen Lappen geflict ift, oder an dem die Lap
pen herunter hangen, ift ( appig. Ein lumpiger Betties
trågt lumpen ; ein ( umpic ter Sert iſt ſo werthlos, Toge
ring,zu achten , als ein lumpen .
Laft. Joch . S. Joch.
Låſtig. Beſchwerlich.
Sh üb. Beide ausdrücke gebrauchen wir von dem , was uns
mertlich unangenehm ift , inſonderheit, wenn es dies dadurch iſt,
daß es uns eine ſaure Mühe , eine Anſtrengung , die uns zuwider
ift, verurſacht. - Bei großer Hiße iſt es dem Fußgänger bei
ſchwerlich und laſtig , fein Gepád zu tragen. Der Beſuch
eines Menſchen , der en langweiliger Schwager ift, jumat wens
184 Låf.
er uns vor bringenden Geſchafften abhält, iſt uns beſchwerlich
und läſtig.
Es tommen zwar dieſe Werter her von Beſchweren uno
faften , welche eigentlich : durch körperliches Gesicht einen Drud ,
beſonders einen ſtarten Druck auf Etwas ausüben , bedeuten,
und auch da ublich ſind, wo der Druck auf einpfindungeloſe Dints
ge geſchiehet. Ich habe auf meinem Boden ſehr piel Korn
aufgefchättet; eß laftet aber gewaltig , und ich muß beſorgen ,
daß die Balten brechen ; ich will es daher größtentheils verkaufen ,
pb ich gleich das Geld gerade nicht brauche, da ich erſt geſtern eie
nen Brief , mit hunbert Piſtoien befchwert, befommen habe.
Aber dennoch werden Beſchwerlich und fåſtig nur von dem
geſagt, was einem empfindenden Weſen ſchwer oder eine Laſt (im
eigentlichen oder figürlichen Sinne) ift. Dies gründet ſich ver's
muthlich darauf, daß man wenn dieſer Gedanke auch nur
dunkel in der Seele lag geglaubt hat, dasjenige vorzugsweiſe
roh wer und laſtend nennen zu müſſen, was aló folches zugleich
auch empfunden wird. Man fagt daher niet, daß das Korn,
welches auf dem Boden aufgeſchüttet iſt, den Balten , die es tras
gen inúffen , 18 ftig rey, wenn es auch noch ſo lafteno iſt ; und
ebenſo wenig , daß dem Briefe das Geld, womit er beſchwert
ift, befdwerlid 1perde.
B. låſtig tdrinte zwar der Form nach recht wohl von
Laſt hertommen ; indem Jg auch aus Nennwörtern abgeleitete
Börter bildet , wie in Berſtandig , yon Perftano , adea
lig , von 20el u . ſ. w. Allein dann würde få ſtig nicht das
reyri, wat als Laſt empfunden wird , ſondern vielmehr das, was
felber Laſt hat oder empfindet ; ſo wie Verſtåndig, Xdelig
und dergleichen : Berſtand, Adel habend, bedeuten (S. bißden .
Wenty), Es muß alſo låſtig vielmehr von dem Zeitworte
Laften abgeleitet werden, wie beißig von Beißen , Sin
tig von Sinten , 4. l. f,
Auf dhnliche Art kommt beſchwerlich von dem Zeitvor,
te Beld weren her , und die Endung Lich, wenn ſie Zeitwoors
gern angehängt wird, bezeichnet genshnlich das Seyn deffen, was
pieſe Porter ausdrücken (S. Udelung) , ſo daß alſo Bes
ſo wertido dasjenige iſt, was wirtlich jemanden beſchweret,
Dies
2f.. :: Lau. 185
Dies führt auf die Berſdiedenheit zwiſchen g&ftig und
Beſchwerlich. Man betrachtet geishnlich das erſtere als den
hdhern Grad des andern. Adelung erklärt Idftig durch :
ſehr beſchwerlich. Das iſt auch ganz richtig. Nur glaube
ich nicht, daß dieſe Verſchiedenheit ſdon in ļaſt- und Beſch wers
De anzutreffen ſey. In ſolchen Redensarten , wie unter der
Laſt der Arbeit erliegen, bedeutet zwar faſt eine ſehr große Bes
fch werde, Allein eß hat dieſen Sinn nicht an fich felbſt ſchon ,
ſondern befommt ihn erft durch den Zuſammenhang. Dies aber
aber tann eines Theils auch mit Beſchwerde geſchehen ,
Qauptbeſchwerden , Gliederberch werden, und dergleia
chen , (Se udelung) tonnen zuweilen ganz unerträglich ſeyn ;
und andern Theils tann auch eaſt in andern Verbindungen eine
geringe Beſchwerde bedeuten.
Wein Jod if igaft und meipe fat ir leidt.
att 6. II 30 ,

Die gedachte Verſchiedenheit zwiſchen Laftig und Be ,


fchwerlich muß alſo auf ihre Ableitungsformen fich gründen,
gaftig iſt das, dein es eigen iſt (S. Bischen, Wenig ),
bei dem es alſo zu ſeiner Natur gehdit, faſt zu machen ; Bes
dwerlid heißt nur , was wirklich beſchwert; welches alſo audy
bloß zufällig und vorüber gehend ſeyn tann. Uus dieſem Grunde
ift bas fåftige unangenehmer , als das bloß Beſchwerliche,
Es tann mir zufällig , wenn ich gerade unwohl bin und teine
Luft zu reden habe, beſchwerlich ſeyn , wenn ein vertrauter
Freund mich beſucht. Aber laftig werde ich dieſen Beſuch nicht
nennen . Denn er iſt nicht an ſich ſelbst ſchon mir ungngenehm .

Lau. Berſdylagen .
üb. Was einen ſolchen Grund von Wärme hat , daß e$
nicht heiß und nicht talt ift. - · Lau hat , Luther ſchon in der
alteften Ausgabe ſeiner Überlegung des neuen Teſtamentes ro
gebraucht, daß der angegebene Begriff unmittelbar daraus herpop i
gehet,
34 wens deine werd , das du wider fald noch warm bift.
ad daftu fald obber warm werif ; wepl du aber tam bift u. f. f,
Offenb. 2 , 1 : 16,
Dag
786 Lau .

Daß Berrotagen eben dieſe Bedeutung auch habe , iſt aus


dein gemeinen Sprachgebrauche bekannt. Suppe, die man nicht
heiß effen , und Bier , das man nicht talo tinten wil, låßt man
erſt ein wenig verfchlagen .
B. Das Zeitwort Berichlagen iſt hier auf eben die
Art zu erklären , wie ubrohlagen , vermindert werden . (S.
Abſchlagen. Kallen ). Nur daß, wenn von Hiße oder Kålte
die Rede ift, 26fdlagen von der Riße oder Kålte felbft -
die von ihrer Höhe her ab fått , Berſchlagen hingegen
von den heißen oder talten Dingen geſagt wird , von welchen
die Hiße oder Råſte fich mehr oder weniger entfernt. Denn
Ber hat hier ſeine urſprüngliche Bedeutung : fern , weg. ( .
uffchieben. Berſchieben .). Die Rålte im Binter
ſchlågt ab , wenn ein Chauwind tommt , aber ſie' verſchlågt
nicht. Eistaited Baſſer, das man in ein warmes Zimmer bringt,
verſch lagt , aber id lågt nicht ab.
Die Berſchiedenheit zwiſchen Berſolágen und lau ik
gedoppelt. Denn
i ) regt Berſchlagen voraus , daß die Sache, die ro ger
1
nannt wird , vorher heiß oder kalt geweſen, und die Hine oder
Kåtte von ihr erſt entfernt worden ſei. Lau enthält dieſen
Begriff nicht, und wird daher auch von ſolchen Dingen geſagt, die
vorher nicht heiß oder talt geweſen ſind. Das Waſſer einer Heil,
quelle, was von Natur einen ſo måßigen Grad von Wärme hat,
daß es weder heiß noch talt genannt werden tann , iſt laues,
aber nicht verfdlagenes Waſſer.
2) Berſolagen tann Etwas ſchon heißen , toenn es von
feiner Kålte nur Etwas verloren hat, übrigens aber den gang
Kalten noch ſehr nahe iſt. Lau wiro 'dies noch nid )t genannt,
ſondern erſt dann , wenn es dem Warmen näher gekommen iſt.
Dies gründet ſich auf die Abſtammung. Eau lautet im Nieders
deutiden Lou , welches von dem noch üblichen Zeitworte Läen
aber Lühen , her fommt, das mit dem griechiſchen auw , auflds
ſen, genau überein tommend , der erſten Wurzel wol ganz nahe
ſeyn mag, und jeßt: aufthauen, ſchmelzen bedeutet ;
De Snee lüet weg ; der Sdnee femilzt.
br. Noj. Wörterb.
früher
gau. 187
früher aber audi son bem Hohern Grabe von Wärme, wobei nicht
bloß Schnee , ſondern auch feſtere Körper ſchmelzen , gebraucht
reyn muß. Das Rehet man aus ſeiner Berwandtſchaft. Unſer
slå ben tommt di B , davon her ; fo wie auch lohe, die Flams
mine, welches ehedem Laug a lautete ,
Lauga prenne,
Die Flamme brende !
Sero , 6s ( ganz am Ende) ;
und roovon auch Lichter loh , anſtatt: mit lichter Lohe ( mit Hels
Jer Flamme) geſagt wird,
Es findet ſich überbem noch ein anderer Umſtand , aus web
chem ſich ſchließen läßt , daß das tau dem Warmen náher fema
muffe , als dem Kalten: Der Sprachgebraud reket. Lau mit
Warm , aber nicht mit Kalt zuſammen . Lauwarm wird
ſehr oft, Rautalt aber niemals geſagt. Ein Zeichen , daß man
das Laue zu der Gattung des Warmen , aber nicht des Kalten,
mit redyne.
Bon Berschlagen ſind dergleichen Zuſammenregungen
gar nicht üblich, Man ſagt eben ſo wenig Werídlagene
warm , als Verfdlagentalt. Eines Theils wol darum
fchon nicht, weil dieſe Zuſammenſeßungen zu ſchleppend tlingen.
Andern Cheile aber auch darum nicht, weil diefetben etwas Wis
perſprechendes Tagen, oder zu ſagen (deinen. Denn ein Ding,
von welchem die Kälte weg gefchlagen , und das deffen ungeachtet
noch talt ift, widerſpricht, auf den erſten Blick wenigſtens, rich
ferber
3 ) So wie man dem Gefühl und dem Begehren Wärme
und Kålte zuſchreibt, ſo wird auch Lau von ihnen geſagt.
Gein Eifer lágt nach und wird fcbon ganz lau. Jemans
den febr Tau empfangen .
delung .

Bon Bersolagen iſt dieſer Figürliche Gebrauch nicht dblich.


/

Eberhard hat zwar die Ausdråde: lau und Ber .


folagen ſowohl unter ſich als auch mit Laulid und Warm
verglichen. Aber er hat die erſte und dritte, hier angeführte
Verſchiedenheit zwiſchen Lay ' und Werfchlagen überſehen,
und von der zweiten den Grund nicht entwickelt.
Laufen .
188 Låy.
1 Laufen . Gegen .' S. Geben .
Låugnen. Verneinen .
U6. Ertsåren , daß Etwas nicht ſey. - Er verneinte
gwar, daß er Geſpenſterfurcht habe, behauptete aber doch : Ge
ſpenſter ließen ſich nicht ( & ugnen .
P. Berneinen hat teinen Nebenbegriff, fåugnen
hingegen führt urſprünglich dieſen Nebenbegriff mit ſich, daß
man Etwae verberge, verheimliche; wider beſſer wiſſen , auch
mol mir Unrecht, Etwas verneine. Schon im Gothiſchen , wo
das Wort Laugnjan lautete, lag dieſe Bedeutung zum Grunde.
Do wird von Petrus , als er ſeine Verbindung mit Chriftus
zum zweiten Male verneinte , gefngt:
Ith is aftra langnida.
uphil. Marc, 84 , 70.
Und er láugnete abermal.
Eutber , ebenbal
Ohne Zweifel hat gåugnen dieſen Sinn von ſeiner erſten Burs
zel ; wofür aber die gothiſche Form Laugnjan nicht angenommen
werden kann , Denn ſo alt dieſelbe auch ſeyn mag ; To iſt ſie doch
offenbar ſchon eine ziemlich entfernte Ableitung. Vielmehr mag
die erſte Wurzel Lug oder Log gelautet, und eine hohle, oder
dergleichen , bedeutet haben. Log tommt in alten Schriften vor,
um einen verſteckten Ort, wo im Kriege ein Hinterhalt gelegt
wird , zu bezeichnen ( s. Soilter ), und lug ift noch jest
im Oberdeutſchen gebråuchlich , eine Höhle , beſonders eine ſolcher
wo ein Bår ſein Lager hat , anzuzeigen ( S. Udelung ).
Die urſprüngliche Bedeutung von Låugnen iſt aßer in
per Folge erweitert worden ; dergeſtalt, daß es jeßt auch oft ans
ftatt Werneinen ſchlechtweg gebraucht wird , und der Begriff
des Verbergens und Berheimlichens ganz in den Schatten tritt.
Kant fåugnet die Möglichkeit, überſinnliche Dinge zu ers
tennen. Das heißt weiter Nichts , als : er verneint dieſels
be, er behauptet, daß fie nicht Statt finde. Aber er verbirgt,
perheimlicht dabei Nichts ; es iſt dies eine offene und ehrliche Ers
Flårung.
So faffen fich vielleicht Hr. told und Hr. Udelung
pereinigen, wovon der Erftere taugaet , baß map pon Strums
pfen
*
Lau : Lat . 189
pfer and Couben das Wort Anlegen gebrauche, der festere hins
gegen es behauptet .
Eberhard ( u. Argieben. Avlegen ).
Hier wird dåugnen ganz ausprúdlich dem Behaupten richlechte
weg entgegen geſebt, und tann alſo Nichts als Werneinent,
ohne weitern Nebenbegriff, ausdrúden .
Eben fo in folgender Stelle, wo der Eine lå ugnet, ing
dem er das verneint, was der Andere bejahet:
Art.
wir aber ftebu in des Raiſers Pflicht,
And , wer uns begabit , das ift der Staifer .
Sr.
Das laugas ich ihma , Rieht er , ins Angeſicht ,
er ans aldt jahit, das in der Saifer .
diller.
A

Faune. Gritle.
lib. Rommen in ſofern überein , als ſie einen Gemüthszur
ftand bezeichnen , der keinen gehdrigen , oft gar teinen gegenſtände
lichen Grund hat , wenigſtens teinen ſolchen , deſſen ſich derjenige,
der die la une oder Grill'e hat, berdußt ware ; mag übrigens
jener Gemüthszuſtand ein Denten , ein Anſchauen , ein Fühlen
oder ein Begehren ſeyn. - Wenn der Krante , der an der ſos
genannten Snpochondrie léidet, von Grillen und üblen lau .
nen gequålt wird ; ſo heißt das : er iſt verdrießlich , mürriſch, u .
ſ. f. ohne felber fu wiſſen , warum. Xach hat feine
I Berdrießlichteit, ſeine Ängſtlichteit” u. ſ. fi in der That oftmals
teiner gegenſtändlichen Grund, ſondern beruhet auf leeren Vors
ſpiegelungen ſeiner Einbildungsfraft ; tečiegen ſeine Krantheit
auch wol Grillentrantheit genannt wird. Oder wenn
wir von Jemanden ſagen , daß er nach bloßer Laune, oder ,
taunenhaft , oder grillenhaft handle ; ſo heißt das: er
handele aus bloßer Widtår, aus bloßem Eigenſinne , ohne einen
vernánftigen , in den Gegenſtanden liegendan Grand ;
Bod Eigenfina , von Launed felten frey
Nad finareid , fich aus einer Siaderen
Bald Stoff zur Luft und bald zur Halaß zu bereiten.
Biclado.
weshals
ago Laut.
weshalb dieſe Uusdrüde auch von dem fogenanntentBufafle ger
braucht werden , indem man hierüber eben folche Begebenheiten
verſteht, die teinen Grund haben , ober uns , weil wir ihn nicht
wiſſen , teinen zu haben ſcheinen .
Eigenin

.
Wie fomm id aber bieber
Des launenhaften Zufall8 war es nur,
Was mir mein Bild in dieſen Spiegelą jeigt ?

Go toante ,
Was erft fo grilled baft mir dien , febr weddol
Und febr beſonden fega . diller.

® . Die Verſchiedenheiten zwiſchen Laune and Grille


zeigen ſich in folgenden Merkmalen :
Grille rod, nach belunge Meinung , von einem
Otamme hertommen , von welchem noch der ſchwediſche Sprogs
ling Graela , graben , übrig iſt. Darnach würde es mit unſerm
Grdbein verwandt, und ungefdhe fo viel als Grübelei,
wenigſtens würde dies fein Grunds und Haupt- Begriff reye
Das iſt aber, dem Sprachgebrauche zufolge, in der That nicht
der Fall. Bielmehr iſt der Begriff des Seltſernen und Unnggen
bei Grille hervor ſtechend. Das ſagt auch Adelung felbft.
Denn ſetner eignen Ertlärung zufolge heißt eine Grille übers
haupt jeder , ſeltſame Einfal , " und ſofern derſelbe zugleich jobs
mate. Nuken " iſt , eine Grille in engerer Bedeutung. Hiers
mit ſtimmt auch Campe voltommen überein . Ich glaube das
her , daß Grille vielmehr mit Grell zuſammen gehört, was
von demjenigengeſagt wird, das einen ſcharfen, ichneidenden Eine
druck macht, alſo auffallend ift; mag dieſes Wort übrigens, wie
Udelung will, juerft von dem Sichtbaren , ſo B. von grell
gegen einander abſtechenden Farben , oder zuerſt von dem Hörbas
ren , von einer grellen Stimme & B., geſagt, und alſo mit
Ordlen verwandt ſeyn ; wie ich für wahrſcheinlich halte , weil
dieſer Zuſammenhang der Begriffe eben ſo leicht und natürlich iſt
als jener, und unter gleichen Bedingungen die von dem Adrbas
ren hergenominene Bezeichnung alle Mal die Vermuthung des
großern Alfers für ſich hat. Aus dieſer Abſtammung von Grell
wird begreiflich warum Grille den Begriff des Seltjamen
als
1
Lau . 191
als Hauptbegrif init fich führe. Denn das Šeltfame iſ grell,
tnbem es einen auffallenden , ſcharfen Eindruck macht.
Dabet fiehet man leicht , wie dieſes Merkmal einer Grils
le mit dem oben angegebenen , allgemeinen Begriffe zuſammen
pångt , in welchem Grille mit faune übereintomint. Deiin .
ein Gedanke , bei dem wir klar , mit Bewußtſeyn , erkennen ,
daß er in den Gegenſtänden vollkommen gegründet ſey, tann uns
nicht als feltfam erſcheinen. Alſo tann ein Einfall nur dann
ſeltſam , alſo nur dann eine Grille heißen , wenn er teinen ger
genſtåndlichen Grund hat , oder das Bewußtſeyn davon wenige
ftens fehlt.
Mas find ann das für Grillen
ÖBlenfolåger.
ylveſter ſagt dies zu Marien , die ſeiner Meinung nad ohne
Grund fürchtet, ihren Mann nicht lange zu behalten.
Zugleich erheller, woher Grille den andern, sørgedachten
Begriff, den Begriff des Unnußen habe. Denn Einfáte ohne ges
genſtåndlichen Grund find gewohnlicher Weiſe unnub. Bir fona
nen Nichts, die Gegenſtände Betreffendes, auf ſie bauen, eben
darum , weil ſie ſelbſt nicht auf die Gegenſtande fich gründen.
Beibe Begriffe, der Begriff des Seltſamen und des Uns
nügen , werden durch Laune 'junáchſt gar nicht angedeutet.
Denn dieſes Wort iſt aus einer ganz andern Quelle geftoffen. Es
bedeutet, nach Adelung , urſprünglich die Geſichtsbildung, das
von insbeſondre den zufälligen , veränderlichen ( in Mienen und
Geberden beſtehenden ) Zuſtand des Geſichts , und hiervon erft
einen , durch dieſen Ausdruck im Geſichte ſich darſtellenden Ges
müthszuſtand. Bornehmlich aber nur einen folchen , der feine,
wenigſtens teine mit Bewußtſeyn gedachten, gegenſtändlichen
Gründe hat; ohne Zweifel, weit hauptſächlich nur ein folcher
feicht wechſelnd und veränderlich iſt; (wie jene Mienen und Ges
berben , von welchen der Name Laune darauf übergetragen
worden ), indeß diejenigen , die flare gegenſtändliche Gründe has
ben , feſter und beharrlicher find. Die Traurigkeit desjenigen,
der den Berluſt eines geliebten Kindes beweint , wird nicht law
ne genannt. Sie hat einen gegenſtändlichen Grund , deſſen ſich
der Trauernde voltommen bewußt ift.
Man
192 Lau .
Man hat freilich, wie f. B, Friſch , das Wort launè
duch von dem lateiniſchen Luna , der Mond, herleiten wollen,
weil der Mond nach der Borſtellungsart Bieler auf die Gees
müthsſtimmung des Menſchen großen Einfluß habe. Adelung
nënnt das ziðar eine gezwungene und ſeltſame Ableitung !
( eine Grille). Aber Eberhard iſt iht dennod) wieder beis
getreten ; und es wäre gar wohl meglich, daß die Wahrheit in
der Mitte iåge. Wenn nåmlich auch das Wort Launè, wie
ich nicht bezweifle, zuerſt die Geſichtsbildung bezeichnet hat ; p
tann es doch ſeyn , daß ein ſpåterer Überglaube, der die Läunen
(in der jékigen Bedeutung des Worted) der Einfluire des Mort
des zuſchrieb , auch das Wort Laune auf das lateiniſche Luna
bezog. Auf jeden Fall bleibt indeſſen gewiß , daß Laune die
Begriffe des Seltſamen und Unnüben , die Grille mit ſich
führt, nidyt einſchließt.
2) Laune deutet meht auf Gefühl, Grille auf Sedans
ten. Denn nur Gefühle, nicht aber bloße Gedanken , pflegen in
den Mienen und Geberden bemerkbar fich auszudrücken .
1
Die Otoifer geriethen auf die Grille , daß der Menſo fid
von allen Leidenſchaften los maden fónne.
adelung:
Dies toar ein aügemeiner Gedanke, den die Stoffer Hatten: Kino's
gegen , wer bei übler laune iſt, der hat ein unbehagliches Ger
füht, iſt wenigſtens dazu geſtimmt; und ſo in andern Fållen.
3) Grille iſt mehr ein unangenehmer , Laune mehr eis
angenehmer Zufiand, oder kann dies wentgſtens ſeyn. Daher
wird Laune ſchlechtweg anſtatt gute Laune geſagt, Grille
hingegen auf dieſe Art niemals gebraucht. Er iſt nicht bei laus
ne , wid ſagen : nicht bei guter Laune. Er hat Grillen
bedeutet: er hat unangenehme Gedanten , mit denen er fich plaga
Wer wollte fid mit Grillen plagen ,
So lange Lenz und Jugend blúbn !
Hoito .
Daher wird ferner, wenn eine Laune ein unangenehmer Zuſtand
iſt, dies durch einen eigenen Zuſat beſonders ausgedrückt. Man
ſagt übellaunig , mißlaunig , und dergleichen: übels
grillig , mißgrillig , und dhnliche Verbindungen, find gar
nicht üblich. Denn ſie würden eine ſogenannte Tautologie bil
ben,
Lau . Leb. 193
den , weil Grillig die dadurch hinzu gefesten Merkmale von
Selbſt ſchon einſchließt.
Auch das Zeitwort Grillen , welches auch figürlich: ſeis
ne Grillen außern , ausdrückt, führt den Begriff des Unanges
nehmen mit ſich.
o moltt der wann unb grillt die Frau.
Botte.
Wer zu Eaunen im hohen Grøde geneigt iſt, beſonders
wenn er ſich auch von ihnen beherrſchen låßt, heißt Launiſch und
Wer zu Grillen im hohen Grabe geneigt iſt, wird ein Grils
tenfånger, genannt. Von dem legtern Ausdrucke bemertt ſchon
Adelung fehr richtig , daß dazu die Zweideutigkeit des Wortes
Grille Anlaß gegeben habe, weil das unter dieſem Namen bes
tannte Thier (das ſonſt auch Heimdhen beißt) [ wwer za fangen
und zu Nichts zu gebrauchen ſep."

Leben. Leiben ,
Üb. Beide Xusdrücke bezeichnen das Gegentheit von : toße
Teyn.
V. Urſprünglich ſind beide ohne Zweifel ein und eben daffels
be Wort, und nur der Wusſprache nach verſchieden. Denn åber:
haupt find Leben, Laben , Leiben , Leib , das gothiſche Li
ben, leben , das angelfachſiſche Lup , das Leben , und alle hierinit
zuſammen gehdrigen Wörter von der nämlichen Stammwurzel ents
ſprungen. Ehedem wurde einerlei form , Lib , in beyden Bedeue 7

tungeu , für Leib und für Leben, gebraucht, und oft von dis
nem und eben demſelben Schriftſteller.
Thar iſt lib ana tod ,
Da in Eeb to obne ob .
Difa 1. 18., 42.
Kriſtes lib
Ebrifi Leib .
Derfelbe . IV . 29,80
Erft ſpåter, bei fortſchreitender Wusbildung der Spradje, machte
man für beide Begriffe zwei verſchiedene Formen des sortes : 4

LeiB (corpas) und leben ( vica ), Dieſe Formen gingen dann,


zwar auf das Zeitwort Liban auch über. Man ſagte leben
Sionverwandte Bester , 31 Ioh
Leb.
194
und Leiben oder Laiben, aber beides in einerlei Bedeutung,
bloß , weil der vollere Laut ei oder ai dem oberdeutſchen Munde
mehr zuſagte, als das bloße i oder e , das für andere wieder ans
gemeſſener war.
Noch ſpåter, als beide Formen in das Sjochdeutſche aufges.
nommen wurden , bildete ſich auch ein Unterſchied zwiſchen beiden,
da die Sprache ganz gleich bedeutende Wörter nicht leicht duldet.
In die Bedeutung von Leiben miſdste fich nämlidy, wegen des
mit Leib überein ſtimmenden Klanges, auch der Begriff des leíss
tern Wortes mit ein . Jeiben bekam die Bedeutung : leiblich,
dem Leibe nady, lebendig ſeyn , und hat dieſen Nebenbegriff nod)
jest
Der Beift, der hier fein Weſen treibete
SA euc don ganz beſonderm Odlag,
Hått offneu Hof, ißt , trinkt, und lebt und Teibet
Wie unſer eins, und geht bei bellem Cag.
telanb.
Das heißt: er hat einen ordentlichen Leib , und lebt auch dem lei:
be nach wie ein Menſch.

Lebend. Lebendig. Bebħaft.


Die beiden erſten Wörter hat Eberhard verglichen.
Aber auch das dritte iſt ganz nahe mit ihnen verwandt. Demn
febhaft bedeutet wörtlich : Leben habend (S. Farwahr.
Wahrhaftig.) und das iſt gerade der Begriff, worin Lebend
und Lebendig überein tommen .
Nach Eberhard's Beſtimmung iſt Lebendig ſtårfer
als lebend. Es bedeutet darnach nicht bloß, wie das Teştere
Wort : Leben habend, ſondern : einen hdhern Grad von Leben has
# bend und außernd. Allerdings wird daſſelbe ſehr oft in dieſem
Sinne gebraucht. Wenn man z. B. ſagt: das iſt ein lebendio
ger. Knabe: ro roll das nicht blog heißen , daß dieſer Knabe nicht
todt rey , ſondern , daß er durch ein munteres, raſches Weſen, durch
leichte Betdeglidykeit, durch beſtändige, wechſelnde Thåtigteit bet
ſeinen Spielen , # .fi fr einen hohern Grad von Leben of
fenbare
Wenn
Leb. 195
Dean, Nich die lang vertriebeneu Beroobner
Heimfebrend naben mit der Freude Scal ,
Den neuen Bau lebendig zu beginnen.
Spiller :
D. t. mit einem hohin Grade von Thårigkeit.
Indeſſen iſt dieſes doch die engere Bedeutung von Lebens
dig. Es wird aber dieſes Wort auch in einem weitern Sinne
genommen , wo es überhaupt bloß : Leben habend anzeigt, und
alſo mit Lebend gleichbedeutend ift.
Du fourt in den sagen thun allerley Thiere von allem Fleiſch,
je ein Paar, Männlein und fráalein , daß ſie £ ebendig bleio
ben bei dir.
I mor. 6 , 19.
Das heißt hier bloß : daß ſie nicht ſterben , daß ſie am Leben
bleisen .

Eben hierin nur , daß Lebendig auch in dieſem , eben


erwähnten , weitern Sinne gebräuchlich iſt, beſtehet ſein weſentlis
cher Unterſchied von lebhaft. Denn lebhaft wird in dies
ſer weitern Bedeutung, daß es bloß : Leben habend , anzeigte,
niemals genommen , ſondern bedeutet immer : Leben in vorzüglis,
chem Sinne , oder, einen hohern Grad von Leben habend und
außernd. In der vorher angeführten Stelle tann es von den
Thieren in Noah's Kaſten nicht heißen :
Daß fie lcbhaft bleiben bei dir.
Denn die Abſicht war bloß, daß ſie lebend erhalten werden und
ihr Geſchlecht nicht untergehen ſollte auf der Erde. Auch mochten
wol'manche der wilden Thière , durch die Beſchränkung ihrer
Freiheit, in dem Kaften, viel von ihrer natürlichen Lebhaftig,
teit verlieren , Gefängniß machet zähm , und Noah ſelbſt
mochte wol gendthigt ſeyn , dieſe lebhaftigkeit auch noch
durch andre Drittel 'nach Kråften zu bezahmen , um nicht ſelber,
mit den einigen , aus dem Kaſten hinaus getrieben zu
werden .

Ades Leben offenbart ſich durch Thätigkeit, durch Wirtfamı


teit, durch Kraftåußerung. Daher wird figürlich auch das lebo
haft genannt, was ſich in hdherm Grade kraftig und wirtſam
N 2 zeigt
196 Leb. Led .

zeigt, wenn ihm auch tein Leben , in eigentlicjem Sinne, beis


wohnt. lebhafte Farben 3. B. find ſolche, die auf das Geficht
einen wirkſamen , träftigen , ſtarten Éindruck machen.

Sedent. Rinnent. Baufen.


its. Dieſe Worter tommen darin überein, daß fie von Go .
fåßen geſagt werden , welche Spalten , Rißen oder dergleichen,
haben , wodurch die in ihnen befindliche Flüßigteit mehr oder wes
niger ausfließt; ſo wie auch von dieſer Flüſſigkeit ſelbſt. - Menn
ein Weinfaß nicht gehörig feit gebunden iſt; po ledet, rinnet
und iduft es , ingleichen auch der Bein.
B. Deden und fe & find mit Loch verwandt. Das erhellet
theils auf dem Oberdeutſchen , wo ſie bedien und Lech lauten,
alſo mit Loch ganz nahe übereint tommen ; theils aus dem Nieders
deutſchen , wo ebenfalls fed , für unſer Loch aber Lod geſagt
wird ; die unmittelbare Berwandtſchaft beider Börter alſo wieder
augenſcheinlich iſt. Hieraus folgt.
1) deden wird zunächſt von dem Gefäße geſagt, welches
ein Loch , eine Öffnung, namentlich eine Spalte oder Riße hat,
wodurch es die in ihm enthaltene Flüfrigteit ausfließen läßt; und
hiervondann erſt, durch eine metonymniſche Bertauſdung des Ents
haltenen mit dem Enthaltendent, von dieſer Fluffigteit felbft.
Das iſt das erſte Merkmal , wodurch ſich leden von Kinnen
und laufen unterſcheidet. Denn Rinnen , (verwandt mit
Rennen, ) und laufen gehen umgekehrt zunächſt aufdie ause
fließende Flüſſigkeit,
Hinab , binab in der Erde Rißen
Xinact , rtanet, rinnet bein Blut.
diller,
und hiervon erſt, durch die nämliche eben gedachte Metonimie,
auf das Gefäß, welches fie ausfließen läßt. Denn das Gefäß
felbſt läuft und rennt eigentlich nicht.
2) Leden wird von einem Gefäße, oder Behältniſſe übers
haupt auch geſagt, fofern es durch Spalten oder Rißen Fluffigteit
in fich eindringen läßt, wofür Laufen und Rinnen nicht
gebraucht werden . Wenn ein Schiff durch einen toßgegenet:
nem
fed . 197
1

nen Felfen eine paſte betommen hat, wodurch das affer in


daſſelbe eindringt; ſo iſt es led geworden , oder, es ledet ; mar
ſugt aber alsdann nicht , daß das Schiff rinne oder (aufe.
Der Grund von dieſer Berſchiedenheit liegt in folgendem . Dit
Spalte, die Öffnung, dat loch iſt in dem Schiffe felbft, tann
ihm alſo zugeſchrieben , das Schiff mithin fed genannt werden,
es mag dieſes Loch durch das Ausfließen oder Einfließen des Baſe
ſers ſich offenbaren . Hingegen das Rinnen und Laufen
1
tommt zunächſt nicht dem Schiffe, ſondern dem Bafer zu (Nr. 1)
und läßt ſich auf das Schiff nicht übertragen , wenn pas Waffer
in dalfalbe erſt eindringt, alſo nicht ſchon in ihm enthalten iſt;
weil alsdann die obgedachte Vertauſchung des Enthaltenen mit
dem Enthaltenden nicht Statt findet.
3) Selbſt alsdann , wenn bloß von Gefäßen , welche die,
in thnen befindliche Flüſſigteit aus sich hinaus dringen laſſen,
die Rede iſt, unterſcheidet ſich leden von den übrigen Bdrtern .
Denn es wird in allen Fåden geſagt, das Ausfließen mag ſo ſtart
oder ſo ſchwach geſchehen , wie man will. Denn eine offnung,
ein Loch , ein Led iſt doch in dem Gefäße alle Mal vorhanden.
Die beiden andern Borter haben teine so allgemeine Bedeutung,
wie aus der Vergleichung derſelben erhellet.
Denn laufen ſowohl als Kennen , womit Rinnen
unmittelbar zuſammen gehdet, deuten auf eine ſchnelle Bewegung;
werden alſo von einem Gefäße nur geſagt, ſofern die darin bei
findliche Flüſſigkeit ſehr mertlich aus ihm hervor dringt.
Unter einander ſelbſt ſind ſie dadurch verſchieden , daß Laua
fen ſtårter iſt, als Rinnen . Denn obgleich Rennen mehr
fagt, als Laufen ,
JA er jericamettert? Kennet, rettet, helft!
diller .
S. auch Adel.); ſo iſt doch Ninner, wegen des dünnern
Sélbſtlauters, viel ſchwächer , als Rennen, und drüdr, in der
vorliegenden Bedeutung , weniger aus , als Laufen. Es bes
zeichnet das Mittel zwiſchen Tropfeln und fließen, und gehet als
ſo auf eine ſolche Bewegung einer Flanigteit, wobei zwar nicht
einzelne Tropfen abgeſondert auf einander folgen , aber doch auch
teine
198 , Led .
teine große Maffe mit großer Geſchwindigkeit ſich fortwälzt; roms
bern nur eine kleine Menge , gleichſam nur ein Inbegriff von
Tropfen , jedod von zuſammen hangenden und in einander flies
Benden , fich måßig fort bewegt. Ein kleiner Bach rinnet die
Biere vorbei.
dus bohlen Weiden an den Baden
Rinnt Honig in die flut.
Ramler b. E.
aber die Donau rinnet nicht in das ſchwarze Meer .
Sed iſt ein Faß altdann ſchon , wenn es auch nur die fein ,
ſte Rige hat , wodurch die in ihm enthaltene Flüſſigkeit kaum bes
merkbar hervor tommt, und nur ganz allmählich die Außenſeite
anfeuchtet. Es rinnet erſt dann , wenn die Flüſſigkeit in gans
zen , zuſammen hangenden Tropfen, wenn auch nur langſam , hers
aus dringt; es läuft endlich erſt dann, wenn dieſelbe im hdhern
2 Grade ſchnell und ſtart aus ihm heraus fließt.

Leder. Leckerhaft. Schmachaft.


Üb. Wohlgeſchmack gewährend.
B. Somachaft unterſcheidet ſich von den beiden ans
Bern Wortern zuvdrderſt dadurch , daß es nur von den Dingen, die
man genießt, die beiden andern dagegen auch von den genießens
Den Perſoven geſagt werden . Wer eine beſondere Begierde nach
Iedern oder leckerhaften Speiſen hat, der heißet felbft
leder oder lederhaft , im gemeinen Leben ein Leckermaul.
Wer hingegen gern eine ſchmadhafte Schüſſel haben mag,
der wird darum nicht auch ſelber ſcymachaft genannt.
Ein anderes Merkmal, wodurch Schmachaft, und
zwar auch alsdann , wenn bloß von Gegenſtånden des Genuſſes
die Rede iſt, ſich unterſcheidet, beſteht darin , daß leder und
geckerhaft nur : einen angenehmen Geſchmack habend , Bes
deuten ; Och machaft hingegen auch , und zwar eigentlich und
zunächſt: Geſchmack habend, überhaupt ausdrůdt, ohne náhere
Beſtimmung , ob derſelbe angenehm ſey oder nicht; weswegen
auch dem Schmachaften das Schmad1ore, was gar teis
nen Geſchmad hat , entgegen fiehet.
Denn
Led . 199
Denn obue Pie (die Abwechslung) wie demadlos were
Vei ftetem Streislauf mir die Ehre
Einförmiger Uajterblichkeit !
bummet.
Gewdhnlich wird indeffen dy machaft in der engern Bedeus
tung : einen angenehmen Geſchmack habend, gebraucht: wie ar ,
sig anſtatt Gutartig , Kopf anſtatt guter Kopf, und
bergleichen. Deswegen iſt es aud), von dieſer Seite, mit wohl .
fomedend finnverwandt, wornit Eberhard es verglichen
hat. In dieſer engern Bedeutung nun unterſcheidet es ſich von
Leefer und bederhaft dadurch , daß dieſe leßtern Worter
weit ſtårker find. Denn die erſte Stammwurzel derſelben Lek
oder Lik (welche auch in dem lateiniſchen Deli catus, und in dem
griechiſchen räumus, fuß , enthalten iſt) , mag bedeutet haben,
was fie will ; ifo hangen ſie doch zunächſt mit derjenigen Bedeits
tung zuſaminen , die leden , lambere , jeßt hat. Sie deuten
auf Speiſen oder Getränke, die einen ſo angenehmen Geſchmack
haben , daß die Zunge darnach ledt , daß man , wie ein ries
driger Ausdruck des gemeinen Lebens ſagt, alle zehn Finger dars
nach ledt. Deshalb wird auch eine gewiſſe Art von Trüffeln,
welche für ganz vorzüglich wohlſchmeckend gilt , ( Tuber gulo
Sorum ) die leder trüffel genannt, und von Ledermdulern
mit ( djwerem Gelde bezahlt.
Unter ſich ſelbſt find Leder und Lederhaft wieder das
durch verſchieden , daß das lekteré mehr ſagt, als das erſtere,
wenn es gleich eigentlich nicht einen Ashern Grad der angedeus
teten Eigenſchaft ſelbſt ausdrückt. Denn leder ſagt von einer
Perſon oder Sache bloß , daß ihr die Beſchaffenheit, die es aus.
drůdt, wenn auch nur vorüber gehend und zufällig , jest zus
tomme ; Lederhaft hingegen , daß dieſe Beſchaffenheit an ihre
hafte , ihr feſt und beharrlich eigen ſey ( S. Fürwahr). Wer
wider alle reine (Shewohnheit, etwa weil ihm ein franter Zuſtand
viele Speiſen zuwider macht, bei einer Mahlzeit einmal leder
ift, der ift darum noch nicht lecker haft. So heißet nur ders
jenige erſt , dem es zur Gewohnheit geworden iſt , leder zu
feyn
?

Ledig.
200 Leo.
Bebig. frei. Los.
06. Ein Ding, welchem ein gewiſſes über nicht zutomarmt,
ift davon frei , 1a $ und ledig. Dies iſt der Begriff, in wels
chem alle drei Worter mit einander åberein kommen . Wenn
der Richter einen Berhafteten , der ihm verbåchtig war , unſchuls
dig befunden hat ; ſo muß er ihn wieder frel, 108 und ledig
taſſen.
.
Als wär' er des Stontgo
Eigener Sohn und frei und ledig von allen Gebreden.
Ootbe b . E. 4. 666.
Uud ( preche von allen
Günden und trafen mich 10 $ und ledig.
Derf. eb endal.

B. 1 ) Ledig unterſcheidet ſich von frei und 20 $ zus


vörderſt dadurch, daß man die beiden leßtern nur von Dingen,
denen ein Übel, das erſtere hingegen auch von Dingen , denen ein
Gut nicht zufommt, gebraucht, Denn Frei begeichnet das
Gegentheil von Gendthigt, gezwungen feyn ; los, verwandt mit
eden (S. 26. Lob. ) das Gegenthetl von Gebunden fegu.
Wer aber nicht gezwungen und nicht gebunden ift , dem fommt
ein Abel (eine Einſchrántung) nicht zu. Frei und lod deuten
daher auf das Nichtſeyn eines Übels ; indeß ledig auch geſagt
wird, um auf das Nichtſeyn eines Gutes hin zu welſen.
Des Leibes bift du ledig;
Gott fey der Seele guadig !
Bürger.
Campe , der dieſes Beiſpiel auch gebraucht, führt daſſelbe ztoar
an , um zu zeigen : „ des Leibes ledig ſeyn " bedeute ; „ vom Leibe
gleichſam wie vor fefjeln befreit ſeyn ." Aber dies ift dem Sinne
des Dichters ganzlich entgegen . Die Stelle iſt betanntlich aus
ſeiner berühmten Leonore ; wo der nächtliche Geift es leonoren
als Strafe ihres vermeffenen Kaderns mit Gott anfündigt, daß
fte des Leibes ledig reyn rolle. Von Ferien aber befreiet zu
werden , iſt teine Strafe. Der Sinn Feiner Drohung ift viele
mehr , daß fie des Lebens , alſo eines Gutes , verluſtig ſeyn ſolle.
Ober , wenn man von Frguenzimmern ſagt : File Feyen noch
Tedig ; ſo ſoll das nicht gerade heißen , daß re son einem ütbel
noch
Leb. 201
Rod frel ſeyn , ſondern oft: Daß fte eines Gutes des Gludes
der Ehe noch entbehren. Auch Re Felbſt, oder doch viele von
ihnen , denten bei dieſem Ausdrude an dieſen testern Sinn .
Wenn dagegen von einer geſchiedenen Frau geſagt wird :
file ren von ihrem Manne wieder 10 $ oder fret ; ſo deutet dies
an, daß ihre Verbindung mit demſelben ein ilbel für ſie war, daß
jie 'von ihin gemißhandelt wurde , daß fie unglücklich mit ihm
lebte,

Zwar wird von einer gedigen auch geſagt; die ift noch
frél. Aber das heißt dann nicht allein : fit iſt noch nicht verehs
Hoht, ſondern auch : fie hat noch kein Eheverſprechen gegeben, wos
burd ihr ein zwang aufgelegt und ſie verhindert wurde, ihre
Band nach Gefallen zu verſchenten. Alſo auch in dieſer Verbins
dung deutet fedtg bloß auf das Nichtſeyn der Ehe, ohne zu bes
ftimmen , ob diefelbe als ein ut oder als ein Übelbetrachtet wers
de ; fret auf das Nichtſeyn eines zwanges , alſo eines Albels.
2) Diefe Verſchiedenheit wird durch die Abftammung beo
ſtåtigt. Eberhard nimmtan , die Stammwurzel von Ledig
rey Led , Laet , oder Let , ohne ſich aber über dte Bedeutung ders
ſelben zu äußern . Dabei' glaubt er , daß beer, womit er fes
dig vergleicht, von derfelben Wurzef, und urſprünglich mit fes
dig einerlei Wort ſey. Dies lektere hat udelung , der für
Ledig dieſelbe Wurzel annimmt, mit Recht nicht behauptet, und 1

i gedis zunachſt zu lade, ſofern dieſes überhaupt einen hohlen


Raum bedeutet habe, gerechnet. Ich glaube indeſſen Wachs
ter's Meinung vorziehen zu müſſen , wonach ledig zunädiſt
mit dem im Niederdeutſchen noch üblichen Laten laſſen, finere,
das ſchon imGothiſchen Letan und im Angelfach fiſchen Laetan
fautete, zuſammen gehört. Denn dieſer Begriff paffet am beſten
zu allen Bedeutungen , worin ' ledig vortornmt. Einem fedii
gen Dinge kommt irgend etwas nicht zu . Dieſes Erwas ità fs
fet alſo das Ding (ohne fich feyn ) , oder hat daffelbe verlaſ.
fen. Ein rediger Frauenzimmer iſt übrig gelaffen ; ein
ledigér eis iſt auf gelaffen , får den , der' thn einnehmen
will; u . ff. elbſt zu der beſondern Bedeutung fimmt dieſer
Begriff, die bei den Jagern vorfommt, der urſprünglichen aber
am
202 ; Beb . Lek.
am nächſten zu ſeyn ſcheint, wonach nämlich ein ſchlaff geroord:
nes Hångeſeil ledig genannt wird. Die ſpannende Kraft låßt
das Seil Changen , ohne es ſtraff anzuziehen ).
Es tann aber auch ſeyn , und iſt bei der erſten Bildung der
Merter in manchen Fålen gewiß geſchehen , daß man ſich hierbei
das Verhältniß , zwiſchen dem Gegenſtande und ſeiner Beſtimmung
umgetehrt vorgeſtellt, alſo unter Ledig nicht das, was gelats
ren wird , ſondern das, was låsſet , gedacht hat; wornach alſo
Z. B. ein Tediger Siß ein ſolcher geweſen ſeyn würde, der,
(weil Niemand ihn eingenommen hat) guldßt, daß fid Jemand
darauf reke.
3 ) Wie frei und los von einander verſchieden ſeven,
erhelet ſchon aus Nr. 1. Dazu tommt aber nod), daß los ,
wegen ſeiner Verwandtſchaft mit loren eine vorauf gegangne
Gebundenheit , fret hingegen nicht eben ſo auch einen vorauf
gegangenen Zwang vorausſekt, ſondern die Abweſenheit des
Zwanges ſchlechtweg ausdrückt, er mag vorher Statt gefunden
haben , oder nicht. Die Chineſen ſind frei von der Herrſchaft
der Franzofen ; denn ſie ſind durch teine Gewalt unter dieſelbe
gebeugt ; aber ſie ſind nicht 10 $ davon , weil ſie ihr nie unters
worfen geweſen ſind. Die Deutſchen hingegen habenvon dieſer
Herrſchaft fide fret und 10 $ gemacht.

Lehnen . Sid Meigen.


Nib. Eine nicht ſentrechte Stellung haben oder bekommen .
Gine Leiter, welche an der Wand lehnet und ſich gegen
dieſelbe neigt, ſtehet nicht ſenkrecht.
neige
B. 1). Die erſte Verſchiedenheit zwiſchen Lehnen und
Sid Meigen beſtehet in Folgendem. Bei Netgen liegt urs
ſprünglich der Begriff gum Grunde, daß die Sache , von welcher
28 geſagt wird , einer andern ſich nähert. Denn Neigen iſt
eine Verſtärkungsform von Nahen . Wenn gerade Linien in
einer Ebene ſich gegen einander neigen , To náhern Sie ſich einans
der und laufen endlich zuſammen. Sind ſie gleichlaufend, fo daß ſie
nirgends einander näher tommen , ſo neigen ſie ſich auch nicht
gegen einander. Der Grundbegriff von Lehnen hingegen iſt der
Begriff
Leb. 203
Begriff des Allmåhlichen. Die ſentrechte Richtung ſteigt
auf dem Fürzeſten Begê , ſteil und ſchroff, in die Hdhe oder in
die Tiefe. Die nicht ſentrechte nur allmåhlich , und um ſo mehe
allmählich, je weniger ſie ſentrecht ift. Zwar wil Udelung
das Wort tehnen , vermittelft der Ableitungsform Nen , von
tegen oder liegen ableiten , ſo daß es urſprünglich leges
ben oder liegenen gelautet , und : anfangen zu legen , oder,
fu liegen , bedeutet håtte. Allein er muß, unter Nen , ſelbſt ges
ſtehen , daß fich tein einziges Beiſpiel weiter finde , wo Nen ges
braucht wäre , ein ſogenanntes Inchoativum zu bilden .' Biele
mehr erfrårt er den Ausdruck lehne ſelbſt ſo, daß er auf den +

Begriff des Almåhlichen zurück fommt. Denn er ſagt: Eine


Lehne bedeute, unter andern , die ,,abhängige Seite eines Bers
ges , beſonders, wenn fie fich fanft, nicht ſteil erhebt."
Noch beſtimmter drůdt fich Campe darüber aus. Denn
bei ihm heißt behne geradezu die allmählig und fanft
fich erhebende Seite eines Berges." Es ſcheint daher, daß das
mittlere N in Lehnen teinesweges der Ableitungsform , ſondern
dem Stamme angehdre ; und daß dieſer Stamm , fehn , ben,
oder lin , der nåmliche Fer , der in unſerm Linde oder Gelin ,
de, und in dem lateiniſchen Lenis fich zeigt.
2 ) Sich neigen , ohne weitern Belſak, führt den Bes
griff einer Richtung nach unten mit ſich. Denn es bedeutet vors
zugsweiſe und iin engern Sinne , wie Adelung es ausdrückt:
ſich aus Höflichkeit oder Ehrfurcht mit dem Leibe beugen , oder
zur Erde. ſenten . Schon in den älteſten Urkunden hat das Wort
dieſen Nebenbegriff.
Dhaz ih fora finemu anthlutta hneigi imu dheodun ;
Das ich vor feinem Antl:ß unterwerfe die Wólker.
Ilid. III. 5 .
Das Wort war ſchon im Celtiſchen vorhanden , und iſt auch in
das verderbte Latein über gegangen , wo es in der Form Negare
Necare, untertauchen bedeutete.
Si quis aliquam clauſuram in aqua fecerit , quidquid
ibi negaverit , fimile reſtituat.
Lex Aleman. bei dilter .
Lehnen hat dieſen Begriff nicht ; Tondern vielmehr den
Begriff einer Richtung gegen ein anderes Ding, welches Kaltung
gewährt
204 Ben.
gemdhet und am fallen hindert, unbeſtimmt, ob nach unten oder
nach der Seite hin. Ber ſeinen Stoc an die Wand lefnt,
gibt ihm eine Richtung gegen die Wand, die ihn halt und am
Kalten hindert. Dadurch aber betommt das obere Ende des
todes eine Richtung nach der Seite hin. Wer hingegen lid
auf ein Geländer lehnt, der seigt ſich nach unten (gegen das
Geiander ).
No , it dean fein Bufen , as welchem ber meinige letne !
& oregarten b. E. 4

Cid anf Jemand leone # pon itmunterfügt werden,


Campe .
Daher werden denn ſowohl diejenigen Dinge, an welche , als
diejenigen , auf welche man ſich tehnet, beſonders wenn ſie zu
dieſem Zwecke beſtimmt ſind, Gehnen genannt. Manche Stühle
haben Rüdlehnen und Urmlehnen . Die erſtern dienen ,
Rich mit dem Rider an Fie zu lehnen , und demſelben einen
Kalt zu geben ; die andern aber, um ſich mit den Armen auf fie
zu lehnen , und gewähren den Armen eine Unterſtügung und
einen Ruheplas.
3 ) Der Begriff, daß derjenige Gegenſtand, an oder auf
welchen man ſich lehnet, einen Salt , einen Ruhepunct ," eine
Unterſtügung gewähre, gehet vorzüglich nur in den figürlichen
Gebrauch über, Ein Kriegsheer lehnt ſich an einen Wald,
oder Fluß , wenn es von dieſer Seite durch denſelben geſchäft ift.
Neigen , welches den gedachten Begriff gar nicht hat, wird debe
halb auch in dieſem figürlichen Sinne nicht gebraucht. Man
tann in dem erwähnten Beiſpiele nicht Neigen anſtatt behi
nen fagen.

febrling. Unfånger. Schüler. Jünger. 8. Anfänger.


Leibeigenſchaft. Knechtſchaft. Sklaverei.
8.Knechtſchaft.
Leiblich. Leibhaft. Leibig. 1

üb. Dieſe Ausbrüde tommen darin überein , daß fie einem


Dinge einen Leib , einen Körper , inſonderheit einen thieriſchen
Körper
žos
Körper fürchreiben Benn ein did Teibiger Drenfch teibo
Daft, in leiblicher Geſtalt, vor uns Rehet, ſo iſt es kein lees
res Bild der Einbildungstraft, was uns vorſchwebt, ſondern es
ſteht ein wirklicher , wahrer Körper vor ans.
B. Beibig , was jest gedßtentheils nur in Zuſammenfes
Bungen , C
wiè did Teibig; vorkommt, iſt mit Leibhaft
urſprünglich ſo gut wie gleichbedeutend. Denn felbig heißt
eigentlich derjenige, dem ein Leib eigen iſt (S. Bibchen.
Xenig.), und leibhaft derjenige, der einen Leib hat, an dem
ein Leib haftet. ( S. Furwahr. ) Die fort gehende Ausbils
dung der Sprache aber hat den Unterſchied eingeführt, daß leis
big den gedachten urſprünglichen Begriff ohne weitern Zuſas
ausdrückt, alſo von einem Weſen weiter Nichts ſagt, als daß ihm
ein Leib zutomme, leibhaft hingegen dies mit dem Zuſaße
ſagt, daß dieſer Leib tein leereť, voråber gehender Schein , ſono
dern etwas wahrhaft Wirtliches und an dem Dinge Haftendes
fey. Ber den leibhaften Teufel gefehen zu haben verſichert,
der behauptet dadurch , daß es teine leere Borſpiegelung ſeiner
Einbildungstraft, ſondern eine wirtliche, wahrhaft außer ihm
vorhandene, törperliche Geſtalt geweſen ſey.
Die Südferia , die , Aatt auf Samut und Flann ,
Jm duntein Buſb auf welches mods geftredet,
Jor jonger Hirt leibbaftis , nidt im Traum,
Writ onderbofften Núffen wedet.
ABieland.
Leibig tann hier anſtatt Leibhaft nicht gebraucht werden .
Leiblich unterſcheidet ſich von beiden Ausdrüden dadurch,
daß es auch: in dem Leibe gegründet, von ihm herftammend, ins
gleichen : dem Leibe angehörig, ihm zukommend, thn betreffend
bedeutet. Die Teiblichen Kinder eines Menſchen ſind von
ſeinem Leibe entſproffene, und nicht etwa bloß angenommene Kins
der. Seine leibliden Ältern find diejenigen , von deren Leibe
er entſproſſen iſt; und ſeine leiblichen Geſchwiſter diejenigert,
die mit ihm einerlei ältern haben , von deren Leibe ſie her famo
- men . Die leibliche Sciónheit hingegen iſt diejenige, die
dem Leibe zukommt; im Gegenſake gegen die geiſtige , die in der
Seele wohnt. - In allen dieſen Fällen wird nicht leibhaft
und noch weniger beibig anftatt feiblich geſagt,
Ja
296 Lei.
gn einzelnen fåűen hat es das Unrehen , als wenn bei
Leibhaft von dem urſprünglichen Begriffe gånzlich abgeſehen ;
und bloß der hinzugekommene, wonach es nåmlich das Gegentheil
des bloßen , leeren Scheines ausdrůdt , allein dabei in Betrach
tung gezogen würde. Denn es wird auch geſagt, wo gar nicht
von dem Leibe, ſondern bloß von etwas Geiſtigem die Rede ift.
Er ſpielt den leibbaftigen Pedanter.
delung .
D. i. den wirklichen , wahren , volfоmmenen Pedanten.

Leicht. Saßlich. S. Faßlich.


Leidig. Boſe.
Üb. Was für Jemanden ſchädlich , nachtheilig , überhaupt
nicht gut iſt. - Der bore leidige Getz verleitet to
Mianchen zu ſchlechten Handlungen , wodurch er ſich gulegt uns
glücklich und verächtlich macht.
B. Boſe weifet mehr auf die innere Beſchaffenheit deffen,
von dem es geſagt wird ;. Leidig mehr auf die Wirkung deſſels
ben. Denn boſe heißt ein Ding , ſofern es eine ſolche innere
Beſchaffenheit hat, daß es feiner Natur nach dårlich iſt. ( S.
Arg. B8re. b. Eberhard.) Leidig hingegen deutet von
einem Dinge an , daß es leid zufüge , und ſiehet alſo auf dieſes
von demſelben ausgehende Wirkung.
Denn Leidig fommt nicht her von dem Hauptworte
Leid in der jeßigen Bedeutung: Unluft, Betrübniß. Denn ſonſt
müßte es : Unluſt empfindend, ausdrůden ; welche Bedeutung im
Hochdeutſchen nicht üblich iſt. Sondern von dem Beiworte
Leid , in der alten und ohne Zweifel erſten Bedeutung : mißfals
lend, Unluſt erregend ; womit unter andern das franzöſiſche Laid ,
håblich , und das Zeitwoort Leiden in der veralteten Bedeutung :
Leid zufügen , das ehedem Leidon lautete , zuſammen gehört,
Duac imo widarmuaçi
Thia jugundlichun guati.
Leident' imo in bruſti
Thio ererun giluſti.
Es machen ihm Seidwerben
Die jugendliden Oenúfie.
Lef. 2017
Es qualen ihn in der Ben
Die frübern Belüfte.
tfrid V. 23 , 283 - 286 .
In dieſer Stelle iſt es ganz augenſcheinlich , daß leiden die ans
gegebene thårige Bedeutung : Leid verurſachen , habe. Denn die
beiden leßten Zeilen ſagen das Nämliche, was die beiden erſten
ausdråden , nur mit andern Worten , oder ſind wenigſtens eine
weitere Ausführung davon.
: Auch das Beirort leidig tommt bei den alten in Vers
bindungen vor , wo die thåtige Bedeutung : Leid zufügend , nicht
zweifelhaft ſeyn tann .
Mich hat der leidege Hagene mines gutes ane getan .
Niebelungenl. 5056 .
Sride hat der leidige Dagen beraubet meiner Habe.
überf. von Búrding.

Leiblich . Ertraglich.
Ub. Leidlich und Ertraglich nennen wir dasjenige,
was nicht außerordentlich unangenehm iſt, dergeſtalt , daß unſere
Kråfte nicht darunter erliegen. Leidliche, Erträgliche
Zahnſchmerzen laſſen ſich aushalten ; unſere Kräfte erliegen daro
unter nidit.
B. Ertragen hat den Nebenbegriff des Freiwilligen ;
Leiden hingegen nicht. (S. Ausſtehen b. Eberhard .)
Es gründet ſich dies auf folgenden Umſtand. Daß ein Dingleis
de , (pati) , will ſagen , daß eine Veränderung mit ihm vorgehe,
die durch ein anderes Ding gewirkt werde ; es mag fich übrigens
dieſer Werånderung freiwillig überlaſſen , oder nicht. Auch von
einem Balten z. B., auf dem eine große Laſt ruhet , wird geſagt,
daß er einen ſtarten Druc leide; wobei von etwas Freiwilligen
gar nicht die Rede ſeyn kann . Wer hingegen Etwas trågt, der
thut dies felbſtthätig , durch ſeine eigne Kraft.
$

Da nun Erträglich und leidlich offenbar von Tras


gen und Leiden her tommen ; ſo ſchließt auch Ertråglidh
den Nebenbegriff des Freiwiligen ein, den Leidlich nicht mit ſich
führt. Ertråglich alſo iſt das, was man auch freiwillig noch
Leiden kann, leidlich , was man überhaupt leiden kann , ſollte
206

In einzeli NY
Leibhaft von Do nom ber Denid , tenn
und bloß der his e freiwilig nicht aushåle;
des bloßen , lee Ente mehr Ertraglidift.
tung gezogen mas s e r trigli do; und leids
von dem Lei figis Deus Euroglid ift nur CH
Er dias , shers and freiwilig ſidh leis dere
hat
D. i. den wi
Dalanga altdes leştere Merkmal night
s figlie Bedeutung werden leide 91
De
Ergo mio se des Lagenehmen geſagt, ang
sebe - Befindeſt Dudidy ge
MC

itb . Sars Ss Entrigris Das if : nicht got thi


nicht gut
Manchen
ule
glücklich Sims Remment.
Leinwand be

Samen sen fiat , neilen auch von Ban he


von dem mat mat Emie aus feinei oder
ben . 2
Beſchaff
Arg. 2 name Sind Siegt der Ausſprache vers
einem gerit demieleide, das erſtere die ober:
von dem Sendunelt is feinen dadurch,
Det seg , der er ausdrädlich bezeichs
Leid it
cen , erdet det.
De tudi sest , und das leis
esSagirzagt, incutet alſo eigent
are Fiat Seichende Leinwand
an Synteet gengis ordlich an. Denn ,
Sisus, Sard, Asante andern auch,
Band somi, Sedeutet: Befícidung dienendes
Shung, das Sewend feber. So
*** Mom * hos Sari,dez dos Rer ſpáter, vers
eger, ingefoder it, Wsilautett.
une a Bowen laten in das gold,
en wareha afir wat
Biebeh. £. 123-130 .
Did
Lei, 209
Diel. der edlex Steine die Frauen legten in der Gold,
Die ſie mit Borten wollteu márfen auf ihr Gewsad
Den Rolgen jungen reden ,
ஜ eins.
thon Rero hat Wat in der Bedeutung eines Kleides , und in
im åſteten niederdeutſchen Bruchſtúde, wo es eben den Sinn
Jat, lautet es Wer..
Eckhart Comm . 1. p . 864
In dieſer leßtern Geſtalt beſonders ift retne übereinſtimmung mit
dem lateiniſdien Veſtis, ein Kleid , tem bloß der Zijcher noch eins
geſchoben iſt, nicht zu verkennen, und mit dem unſer Werte noci
näher zuſammen trifft. Ayd die Watte, die man zu Unterfuts
ter gebraucht, hat von dem alten Wat ihren Namen.
Da übrigens Bekleidung auch zum Sdmucke dienen tann,
und in den åtteſten Zeiten jede mit einiger Kunft und Zierliditeit
verfertigte Kleidung als Schmuck betrachtet werden mußte ; ro
hatte Watlich davon aud die Bedeutung, daß es für geſchmüct,
ja für ſchon überhaupt geſagt wurde. In der Stelle :
Ih bin wathlich.
Willera mi bob. 2. 1 , P.
bedeutet Wathlich offenbar ſo viel als ſchon. Denn es wird dem
Salo entgegen gereßt, welches zwar zuerſt ſchwarz, aber davon
håßlich, ſchmugig bedeutet, und von welchem das franzöſiſche Souil
Jer und das engliſdye to Soil, beſudeln , abſammen.

Leiten . Führen . Lenken . 8. Führen .


Leitfaden. Faden.
itb. Dieſe Ausbrüde werden hier bloß in ihrer uneigentlis
Bedeutung betrachtet, in welcher fie darin überein tommen ,
ſie den Zuſammenhang in einer Reihe von Borſtellungen ans
sen. Seine Rede war ſo verworren , daß man teiner Fas
n - teinen Leitfaden darin entdecken , das iſt , den Zus
immenhang der Gedanken nicht fafien tonnte.
Ein Gedigt, welches mehr einem Werke der Natur als der
Sunft åbnlich liebt , und keinen anderu. Plau hat, als die oft
unfidrbaren Saden , wodurdo freywillige Gedanken in einem
Didterfopfe zajammen hangen ,
Wieland
interwandte Wörter . 3r. .
208 Bel.
es auch nur Teyn , weil man muß. Da nun ber end , wenn
er muß, Bieles aushalten tann , was er freiwillig nicht aushått ;
ſo ift Wieles noch leidlich, was nicht mehr Erträglich iſt.
ůnleidlich ſagt alſo mehr, als Unerträglich ; und Leids
ridh weniger, als' Ertråglich. Denn Ettråg It'ch iſt nur
das, was nicht allein Aberhaupt, ſondern auch fretwilig ſich leis 1

Den tåßt , Leidlich hingegen ſchließt das legtere Wertmal nidt


ein.
In einer weitern und figürlichen Bedeutung werden leide
lich und Erträglich auch von dem Angenehmen geſagt, ans
ſtatt : mittelmäßig, nicht außerordentlich. Befindeſt Du dich
wohl ? - So leidlid). So erträglich. Das iſt: nicht ges
rade ſehr wohl.

Leinen. Linnen . Leintoanb.


Ub. Zeug aus Fåden von Flache, zuweilen auch von Hans
Unter andern macht man Semden aus feinen oder
Leinwand.

W. Peinen und linnen find bloß in der Ausſprache ver's


Schieben. Das lektere iſt die niederbeutſche, das erſtere die ober:
deutſche. Don Leinwand unterſcheidet ſich leinen dadurch,
daß es den Begriff eines Zeuges, den jenes ausdrücklich bezeichs
niet, nur ſtillſchweigend andeutet, oder hinzu denken låßt:
Denn Leinen iſt eigentlich ein Beiwort, und das leis
nen , nach Art eines Hauptwortes gebraucht, bedeutet alſo eigent
lich bloß : das , aus dein ( Flacho) Beſtehende. leinwand
hingegen gibt den Begriff eines Zeuges ausdrücklich an , Denn
der zweite Theil dieſes Wortes, Wand , das unter andern auch,
in Gewand vortommt, bedeutet : zu Bekleidung dienendes
Zeug ; und davon die Bekleidung, das Gewand felber. So
ſchon bei den Alten , wo das Wort , dem das N erſt ſpårer, vers
meinten Wohttlanges wegen , eingeſchoben iſt, Wat lautete.
Vil der edeln ſteine di frowen laten in das gold,
Di 6 mit borten wolten wurchen uf ir wat
Den jungen ftolzen rechen:
Bieber. £. 128-130,
Wiel
Lei. 209
Biel, der edlen Steine die Frauen legten la daß Gold,
Die ſie mit Borten wollteu wärker auf ihr Gewsad
Den Rolgen jungen Reden , -
- Buldbing.
chon Kero hat Wat in der Bedeutung eines Kleides ,' und in
dem åtteten niederdeutſchen Bruchſtúde, wo es eben den Sinn
hat, lautet es Wet.
Eckhart Comm. 1. p . 864
In dieſer lektern Geſtalt beſonders fft ſeine Übereinſtimmung mit
dem lateiniſdien Veſtis , ein Kleið , sem bloß der Zijcher noch eins
geſchoben iſt, nicht zu verkennen, und mit dem unſer Weite nodis
näher zuſammen trifft. Auch die Watte, die man zu Unterfuts
ter gebraucht, hat von dem alten Wat ihren Namen .
Da übrigens Bekleidung auch zum Schmucké dtenen tann,
und in den åtteſten Zeiten jede mit einiger Kunſt und Zierlichkeit
verfertigte Kleidung als Schmuck betrachtet werden mußte ; ro
hatte Watlich davon auch die Bedeutung, daß es für geſchmüct,
ja für ſchon überhaupt geſagt wurde. In der Stelle:
Ih bin wathlich .
Willera'ni bob. t. 1 , .
bedeutet Wathlich offenbar ſo viel als ſchön.
Denn es wird dem
Salo entgegen gereßt, welches zwar zuerſt ſchwarz , aber davon
håßlich, ſchmußig bedeutet, und von welchem das franzöſiſche Souil
ler und das engliſche to Soil , beſudeln , abftammen .
Leiten. Führen. Lenken . Führen .
Leitfaden. Faben.
# 6. Dieſe Ausdrücke werden hier bloß in ihrer uneigentlis
dhen Bedeutung betrachtet, in welcher fie darin überein tommen,
daß fie den Zuſammenhang in einer Reihe von Vorſtellungen an :
zeigen. Seine Rede war ſo verworren , daß man teinen Fas
ben - teinen feitfaden darin entdecken , das iſt, den 3w
ſammenhang der Gedanten nicht faſſen tonnte.
Elu Gedidt , welches mehr einem Werke der Natur alt der
Suoß åbnlich liebt, und keinen anderu, Plau hat, als die oft
unſidorbaren Faden , woduro freywilige Gedanken in einem
Didterfopfe zusammen hangen .
Wielaab.
einberwandte Worter. 36. 16.
210 Lei.
B. 1) Faden bezeichnet dieſen Zuſammenhang ſchlechtweg ;
Conft fount' ic wobl , in deiterer Befinnung,
Berworrener Empfindung leiſe gaden
it idarfem aug' perfolgen und entwirren .
Orillparger .
Leitfaden mit dem Zuſaße, daß er dazu diene, ſich darnach zu
richten , ſich dadurch leiten zu laſſen ,
Er ( Agatboa ) fab die Schwierigkeiten , einen Plan ja mas
den, der ihm durch den Labyrinth des Hofes und des öffentliden
Lebens zum Leitfaden dienen könnte.
s , Mieland.
Ein kurzes Lehrbuch enthält den Faden dieſer Wiffenſchaft, los
fern es die Hauptwahrheiten derſelben im Zuſammenhange vore
trågt ; und es enthält einen Leitfaden,zu derfelben , in ſofernt
B $ uns seigt, oder, Anleitung gibt, in welcher Ordnang, und
überhaupt, wie wir dieſe Wahrheiten uns denten und deutlich mas
chen ſollen , um ſie im Zuſammenhange zu erkennen , und ſo zu ber
Biffenſchaft zu gelangen.
2) Eine Schrift, oder ein Buch, worin ein Inbegriff zus.
ſammenhangender Borſtellungen vorgetragen iſt, dann ein Leit:
fabeh heißen , wird aber niemals Faden genannt. Denn ein
ſolches Buch tann wohl als ein Mittel , ung durch jenen Zuſam
menhang zu leiten , nicht aber als dieſer Zuſammenhang ſelbſt be
trachtet werden.
3) Man ſagt : den Faden verlieren , wenn jemand aus
dem Zuſammenhange tommt , den Faden zerreißen , wieder ans
Enúpfen u. dergl.
Jo meiß nicht , wie io da las fantafieren Fam ;
Uab Prodbe 3R der Chat , der Sadea ift verloren.
Wieland.
Mit Leitfaden find ſolche Ausbrücke nicht üblich, theils weil
fie zu dem Begriffe des leitens nicht füglich paſſen , theils weil
es bei ihnen lediglich und allein auf den Begriff des Zuſammens
hanges antommt, welcher ohne Zuſaß nur durch faden ausges
drůdt wird.
4 ) Leitfaden ſpielt auf die griechiſche Fabelwelt an, auf
den feitfaden nämlich , wodurch ſich Theſeus aus dem Labys
rinthe
Lei. Len . 211
Finthe half. C
-Faden , in der vorliegenden Bedeutung, iſt
durch jenen Sachwalter veranlaßt worden, der, nach der Erzählung
des engliſden Zuſchauers, die Gewohnheit hatte, bet ſeinen ges
richtlichen Reden fortwährend einen Faden um den finger und
wieder ab zu wideln , und einft, als ihm fein Gegner dieſen Fas
den heimlich weg genommen hatte , gånzlich aus dem Buſammen ,
hange tam , und verſtummend abtreten mußte .
Pende. Schenkel. Didbein. Keule.
üb. Der Theil eings thieriſchen Körpers , der zwifchen dem
Knie und der Hüfte, ſich befindet.. .
B. Keute iſt von der Geſtalt , Didbein von der Maffe
bergenommen. Denn Keule bezeichnet den gedachten Theil des
Karpers nach einer gewiſſen Ähnlichkeit ſeiner Geſtalt mit der Gee
ftalt einer Reule im eigentlichen Sinne; Didbein benennet
ihn davon, daß er der dicere Theil des Beinet iſt. Denn der unter
dem Knie fich befindende Theil iſt dünner ; jener hat eine ſtårfere
Fleiſchmaffe und ſtårtere Knochen. Beide Xusdrücke werden übrt,
gens, ſofern von einem menſchlichen Körper die Rede iſt, nur in
der Sprache des gemeinen Lebens gebraucht; und Krule beſona
ders nur in der niedrigſten Sprechart. Der hat ein Paar
Keulen ! - Sonſt ſagt man es nur bon Thieren ; beſonders
auch vpn geſchlachteten , deren Fleiſch verzehrt werden ſoll.
Gebratene Kalbsteulen. Och dpsteulen.
Bon beiden ausdrüden unterſcheiden ſich Schentet und
fende dadurdy, daß dieſe leßtern weder von der Geſtalt noch
von der Maffe des bezeichneten Körpertheilet her genommen ſind.
Es bleibt nur die Frage : ' worauf ſie eigentlich ſich beziehen , und
wie ſie von einander ſelbſt verſchieden ſind ?
Zuvdrdeeft fällt in die Augen , daß auch Lende für die
Sprache des gemeinen Lebens gehdet, und die gewähltere und eds
lere O center ſagt. Aber , man wünfdst zu wiſſen , warum ?
Es muß eine innere Berſchiedenheit in thren Bedeutungen ſeynt.
#
Denn ohne Grund verwirft die edlere Sprache feinen Ausbrud .
Ich glaube dieſen Grund in folgendem zu finden.
Nach ineiner Anfidat gehdet Lende nicht, wie Delung
wil , zu dem Stamme, von welchem das lateiniſche Lacus, die
Seite,
232 Len . Lef.
Seite , entſprungen iſt. Stellen , wo lende für Seite genoms
men zu werden ſcheint, f. B.
Um care fende a follt ihr gegúrtet feon !
2 Mol. 12, 18.
laſſen ſich leicht anders erklären. Sondern ich glaube, daß Lens
de mit Lendern , tråge oder wenigſtens ohne Anſtrengung ge.
hen , welches auch in Schlendern enthalten iſt, zuſammen ges
hört , und daher die Theile des Kdrpers, die man darunter vers
ſteht, als Werkzeuge zum Gehen bezeichnet, und zwar mit dem
Nebenbegriffe des Langſamen , Trågen , oder Unträftigen .
Schentel, verwandt mit Schinten , lautet im Nieders
deutſchen Schake (S. br. Niederſ. W.) und iſt daher ohne Zweis
fel mit dem niederſächlichen Schakken , ſich raſch und munter bes
wegen ,
Hei ſhakket den ganzen Tag herum,
zuſammen gehdrig ( S. Juden , Kragen). Schentel bezeichs
net alſo den angedeuteten Theil des Korpers, ebenſo wie Lende,
als Wertzeug zum Gehen , zur Bewegung ; aber mit dem Bebens
begriffe des Muntern , Kaſchen und Kräftigen ; und dieſer Nes
benbegriff enthält den Grund, warum Schenkel edler iſt, als
Lende.
Das niederdeutſche Schake tommt aufs genaueſte åberein
mit dem hebräiſchen Schok und dem chalodiſchen Schak , weldje
ebenfalls einen Schenkel bedeuten ; und auf eben die Art, wie das
deutſche Wort mit Schakken Eines Stammes iſt, mit Schakak,
wodurch die Hebraer hin und her laufen ausdrückten , zuſammen
gehört.

Leſen. Sammeln .
üb. von mehren Dingen , beſonders ſolchen , die von eis
nerlei Art ſind , eins nach dem andern nehmen , und ſie ſo zuſams
men bringen. - Wenn das Getreide vom Felde eingefahren iſt,
und dann noch arme Leute auf den Ädern , oder auf den Wegen,
woo die beladenen Wagen gefahren ſind, ähren leren oder ſams
meln , ſo nehmen ſie eine nach der andern auf, und bringen ſo
nach und nach einen Haufen zuſammen .
90
Lef. 213
Wo einſt der Gott, der Hode
Der blonden Ceres Sind , das Blumen las , geraubt.
Wieland.

B. Leſen bezeichnet mehr die gedachte Handlung felbft,


Šammein mehr ihren Erfolg, daß nämlich die Dinge zuſam :
men kommen. Leren ſiehet alfo mehr auf den Handelnden,
Sammeln mehr auf die Gegenſtande, auf welche er ſeine
Handlung anwendet. Dies iſt aus der Abftaramung des leßtern
Wortes von ſelbft tlar.

Außerdem aber hat leren noch andre Bedeutungen , in


weldhen: Sammeln gar nicht gebråuchlich iſt; vornehmlich dier
jenige, in welcher von Büchern oder Schriften geſagt wird , daß
man ſie leſe. Man muß nämlich hierbei die gegebnen Buchſtas
ben einen nach dem andern , hierdurch die Sylben eine nach der
andern , und dadurch endlich die Worte eind nach dem andern,
auffaſſen und ausſprechen , ſie alſo zuſammen leren , ( colligere)
und ſo iſt aus dieſer jene Bedeutung des Wortes hervor gegans
gen . Eben ſo bei dem lateiniſchen Legere. Denn dieſes
1
Boet bedeutet ebenfalls zuerſt Sammeln.
Qui legitis flores et humi nascenția fraga,
Frigidus, o pueri , fugite binc , latet anguis in herba.
Virg. Ech III, 92 93x
und dann : Schriften leren ,
Łagi ' apud Clitomachum ,
· Cic .

Dieſe Bedeutung hat man dann noch erweitert und den


Ausbruck auch auf ſolche Fälle übergetragen, wo Etwas aus ſeinen
natürlichen Ausdrůden erkannt wird.
Stennat du das menſolide Loos , 0 Eliefer , fo wenig,
Daß du dide wunderf , Betrübniß auf meiner Stirne zu lefén!
Biela a 8.
? Wo weilen meine Sóbae , daß ide Xatbeil
Ju
Ja Einem Auge fefe ! dilter , Tuni

Adelung wid fretlich dieſe Erttárung, die dbrigens die


gerodhnliche iſt, nicht gelten taffert. Er hält ſiemehr für einert
mwigigen
214 Zei.
„wigigen Einfall, als eine der Analogie der Sprache gemaße 261
leitung." Warum fie aber der Sprachähnlichkeit nicht gemäß rey,
ſagt er nicht , und ich geſtehe, es nicht finden zu fönnen. Mir
ſcheint der dabei angenommene Übergang von dem einen Begriffe
zu dem andern ſehr leicht und natürlich , und dem Grade der Seis
ftesbildung in den Zeiten, wo jene Wörter auftamen, völlig anger
meſſen. Haben doch bei dem Ausdrucke für das Geſchafft des
Dentens , mit welchem das Leſen der Gedankenzeichen in fo na :
her Verbindung ſtehet, die Begriffe einen ganz ahnlichen Gang
genommen. Dennt, wenn auch das deutſdie Denten nicht von
Dagen , in der Bedeutung: verſammeln her tommen ſollte, wie
indeffen Wiele glauben ; ſo liegt doch wenigſtens bei dem lateinis
idhen cogitare gewiß coagere ; alſo der Begriff des Zuſammentreis
bens zum Grunde (@ , Denfen, Borſetten .) So wie nun
der rohe Menſch das Denten als ein Zuſammentreiben , als ein
Sammeln einzelner Vorſtellungen ſich dachte , ſo dachte er ſich
auch das Leren der Gedankenzeichen als ein Sammeln, ein nach
und nach erfolgendes Zuſammennehmen derſelben,
Adelung ſagt ſelbſt: „Merkwürdig tift es allerdings, daß
dieſes Zeitwort (Ceren in der Bedeutung von Sammeln ) mit
dem folgenden ( eren , Gedankenzeichen ausſprechen ) nicht nur
in der Konjugation überein tommt, ſondern auch in allen euro,
fchen Sprachen mit demſelben gleichlautend ift." . Nur regt er hins
ju : Indeſſen iſt doch bei dem ſehr einfachen Gange der menſchlis
chen Begriffe, beſonders in denjenigen Zeiten , in welche der Urs
ſprung derWörter fållt, tein ſcheinbarer Grund vorhander , fie
beide von Einem Stamme herzuleiten ." Man darf ſich aber
wol erlauben , dieſe Stelle zu den wenigen zu rechnen, wo der
große Sprachforſcher Rich übereilt hat. Denn iſt nicht die, von
ihm ſelbſt als mertwärdig angeführte Übereinſtimmung ſchon
Grund genug, Leren in beiden Bedeutungen für das nämliche
Wort zu halten ? Und iſt nicht der vorher angegebene Gang der
Begriffe einfach genug , um jenen Zeiten , in welche der Urſprung
der Wörter fåüt, angemeſſen zu ſeyn ? Dieſe Gründe würden
Rich nur enttråften laſſen , wenn man får Leren in beiden Bes .
deutungen gwet verſchiednie Stämme nachweiſen tönnte,
aber iſt teineswegs der Fall. Xdetung felbft muß ſich mit eis .
nem
Ler. gi. 215

nem bloßen Vielleicht behelfen. Bielleicht ſagt er , ſtammt


dieſes Zeitwort (keſen, ſammeln) von 108, Idſen ab.“
Licht. Leuchte.
Üb. Ein Ding, von welchen dasjenige Etwas ausgehet,
welches macht, daß man ſehen tann , daß es hell nicht fins
fter ift.
3hr bellen Leuten in der Nacht,
Ihr Sterne , preiſet Gott !
Cramet 6. 4. ú. E.
und Gott fprade: Et werden lidter an der Wefe des
Himmels.
1 MOL. 1, 14 ;
worunter, wie der Zuſammenhang lehrt , Sonne , Mond und
Sterne verſtanden werden, Die Sterne werden alſo ſowohl
Leuchten , als Lichter genannt.
B. Licht iſt eigentlich , wie das alte celtiſche Lug ( 6 .
Lichten. Bel machen ), der allgemeine Stoff, oder , wenn
man will , die allgemeine Kraft , furz, dasjenige Etwas felbfta
welches die finſterniß aufhebt und die Gegenſtände jichtbar macht;
in welcher Bedeutung feud te niemals gebraucht wird.
Es war finfer auf der Liefe ; und Gott fprad : El
werde lidt. Und es ward lidot Da died Gott das
lidt von der Finfierniß,
I MOPi 1 , .
In dieſer Stelle fann anſtate licht ſchlechterdings nicht leuchs
te geregt werden ,
Leuchte bezeichnet vielmehr einen einzelnen Gegenſtand,
von welchem Lidt ausgehet; weswegen es auch , von einer ans
dern Seite , mit Lampe, faterne u . f f. verwantt iſt (S.
Lampe). Und wenn ein ſolcher Gegenſtand ein Licht genannt
pird ; ſo iſt das ein figürlicher Ausdruck, und namentlich die be:
tannte Art von Metonymie, welche die Wirtung ſtatt der Urſache
lebt; nämlich licht, anſtatt licht verbreiten des Dinge
Es iſt aber dieſe Figur, auch im gemeinen Leben, ſehr üblich.
Man ſagt: ein Wachslidht, ein Talglicht, ein gezogenes Licht,
U. f. w . In dieſem figürlichen Sinne nun iſt eigentlich Lichtzus
nächſt
216 vip.
nächſt nur finnvertvandt mit Leuchte, und iſt dann dadurdy
von demſelben verſchieden , daß Leuchte mehr ein Werkzeug,
worin man ein Licht brennen läßt , wie z. B. eine Laterne, ans
zeigt (S. Lampe) ; indeß ein ſolches Werkzeug nur ſehr ſelten,
und nur, im gemeinen Leben , ein Licht genannt wird. Der
Grund hiervon iſt, weil das Wertzeug nicht aus ſich ſelbſt das
licht verbreitet; wol aber zum Leuchten dient, indem man
tn ihm das Licht von einem Orte zum andern tragen tann .
Beiläufig tann man hierbei zwei Redensarten des gemeinen
Lebens vergleichen : Jemanden hinter das licht führen ,
und : Jemanden beim leuten .
Die lektere Redensart will ſagen : Jemanden dert abfuhs
ren , auf eine nachdrückliche Art bewirken , daß er von uns ablaſ,
fen , ſich von uns zurück ziehen , gleid)ſam wieder zu Hauſe gehen
muß , und daß ihm dies recht klar und einleuchtend wird.
Den haben wir heim geleuchtet ſagen wir von Einem , der
ein unbeſcheidenes Unſinnen an uns machte, wenn wir ihn ſo nadis
drůdlich ab und zurecht gewieſen haben , daß er 'verſtummen und
ſogleich von ſeinem Anfinnen 'abſtehen mußte. Auf åhnliche Art
gebrauchen wir den Ausdruck auch, wenn wir gemanden, der und
Einwürfe gegen unſere Behauptungen machte, ſo träftig widers
legt haben , daß er gånzlich ſchweigen und ſeine Einwürfe aufges
ben mußte.
Die erſtere Rebensart : hinter das Licht führen , fins
det ſich bei adetung zwar erwähnt ; aber ohne Ertlårung.
Campe ſagt: „ Einen hinter nichtdas Licht führen , gleichſam
an einen Ort, wodas ricfit hinfalt, wo man nicht ſiehet ;
ihn tåuidjen , anfahren , betrügen .", Allein es iſt noch die Frage,
ob sieſe Erklärung richtig rey ? Denn wenn man , wie dieſe Ers
Flårung, die ausdrücke in eigentlicher Bedeutung nimmt ; ſo ift
der Wortv.erſtand dem Sinne, den man mit dieſer Redensart vers
Bindet, eigentlich gerade entgegen. Denn, wer hinter dem Lichte ift,
das Licht alſo vor ſich hat , der tann ſehen. Man darf daher fras
gen : ob nicht die ganze Redensart eine Meronymie fer , welche,
durch ein wahres usagar agorsgos : Femanden hinter das
Eicht führen , anſtatt: da $ Licht Ginter ihn führen
ſagt ?
gia . 217
fagt ? Da die Rebensart nur im gemeinen Leben vortommt; ro
wird es auch erlaubt ſeyn , die gegebene Erklärung durch Auss
drůde aus der ganz niedrigen Sprache zu beſtätigen. In dieſer
fagt man in Niederſachſen :
Enem de. Luchten agter (biater ) dem Eers hangen
Einen hinter das Licht führen.
Br. Nof. . unter Luchte
Man hanget dem Roland de Luchre vor dem Eers. 1

man fübrt auch große und kluge Leute piater das Licht.
@bend.

Lichten. Leicht machen.


üb. Das Gewicht vermindern.
Eine bonne lidten , ſie aastrinken , ausleeren .
Adelung
Sie leicht machen tönnte das auch heißen. Shr Gewicht ift
Dadurch , daß man ſie ausgeleert hat, vermindert , fie iſt alſo , in
Bergleich gegen ihr voriges Gewicht, leicht geworden.
B. Dem Begriffe nad ſind lidhten und leicht ma :
chen vdülig rinerlei. ' In Hinſicht auf den Gebrauch aber unters
ſcheidet ſich dennody der legtere Ausdruck von dem erſtern eben ſo ,
wie jedes deutlichere und ausführlichere Zeichen von dem weniger
deutlichen und ausführlichen für die nämliche Sache. : Dieſer
Unterſchied zeigt ſich unter andern darin , daß das deutlichere und
ausführlichere Zeichen weniger Figuren zuläßt, indem die beſtimms
tere Bergegenwärtigung der einzelnen Mertmale des Bezeichne:
ten manche figürliche Anwendung des Ausdruces verhindert , die
keinen Anſtoß findet, wenn jene Mertmale weniger ausführlich
deutlich gedacht werden. So iſt es wenigſtens in der Folge, bei
fortſchreitender Bildung des Verſtandes ; wenn auch vorher die
rohen dhne der Natur jenen Anſtoß nicht genommen haben würs
den. Die deutlichern und ausführlichen Ausdrúde aber ſind in
der Regel ſpåtern Urſprunges, und deshalb zu weniger Figuren
angewandt worden.
So ſagt man z. B. die Unter lichten , anſtatt : fie in die
Bshe winden , aber in diefer Bedeutung nicht: die Anter leicht
machen . Man hat ſich bei jenem Ausdrude urſprünglich entwe:
der
218 Rich.
der gedacht, daß man, wenn man den Unter aufwärts ziehet, ihn
ſelbſt gleichſam leicht mache, oder , daß dadurch das Schiff
wieder leicht und flott gemacht werde , welches man denn mes
tonymiſch auf den Anfer übergetragen hat.
Denn daß dichten in dieſem Sinne aut lüften , an
die Luft bringen, entſtanden ſey , wie Hoefung für möglich hålt,
ſcheint zu gezwungen , und darum nicht wahrſcheinlich zu ſeyn.
Nach dem bloßen Klange der Wörter tonnte es ſonſt allerdings
wol Statt finden. Denn Ch und werden dfters verwechſelt
(S. Behuf.), und namentlich wird im Niederſächſiſchen , wie
auch im Holländiſchen , Lucht oder Lugt für Luft geſagt.
Het was , as wenn he uut der Lucht fult.
Es war, als wenn er aus der Suft fiele. ( Bon Jemanden,
der ganz unerwartet gekommen ).
Br. NOR 20 .
Auch iſt das fateiniſche Levis mit unſerin lidt gewiß verwandt.
Es iſt aber gedachte Ableitung um ſo weniger wahrſcheins
lich , da man alsdann unſerm Lichten eine doppelte Abkunft ans
peiſen mußte. Denn in andern Berbindungen , wie in dem obis
gen Beiſpiele : eine Tonne lichten, oder :
Ein Schiff lidten , durch Ausladens
Campe ;
ift es offenbar nicht aus Lüften entſtanden , ſondern mit
· Leicht , im Niederb. Licht, Bufammen gehörig,

Lichten. Hell machen. Leuchten.


Üb. Machen , daß ein Ding Licht hat.
Sag bell if die Nadet gelid tet.
6 diller b. € .

. In Hinſicht auf ihre Berſchiedenheit verhalten ſich die


beiden erſten Ausbrücke eben ſo gegen einander wie lidten und
Leidyt maden ; und es iſt darüber Nichts hinzu zu ſeben . ?
Die Stammwurzel von Lidten , hell machen , ift das alte
celtiſche Lug , das Licht ; welches bei den alten Galliern eben fo
lautete, und wovon unter andern unſer :Lugen, ſcharf ſehen, das
walifiſche Luched , der Blik , und Luchad , das Auge, das las
t teiniſche
gia . Lie. 219
teiniſcheLux (Lugs) u. f. abſtantmen, und womit auch das alte
griechiſche dyan , das frühe Morgenlicht, genau überein tommt.
Die nämliche Stammwurjet liegt natürlicher Beiſe aud
bei Leuchten zum Grunde. Es ſchließt aber dieſes Wort den
Begriff ein , daß das Leuchtende von ſich ſelbſt Licht verbreite und
dadurch andern Dingen mittheile,
Deine Bliße Teuoteter auf dem Erdboden .
º 1. 77, 19.
Dieſen Begriff ſchließen Lichten und sell machen nicht ein .
Denn ein Ding tann auch , ohne von ſich ſelbſt Licht ausgehen zu
laſſen , andre Dinge dadurch lichten und hell machen , daß
es bloß die Hinderniſſe weg råumt, die dem Lichte den Zugang zu
dieſen andern vermehrten . Wer aus einem Balde , worin die
Baume zo dicht ſehen , daß tein Lichtſtral hinein dringen' tann,
viele Väume ſchylågt, der lichtet den Wald , und macht thrt
Hell , aber et leuchtet nicht.
Dann mögen dieſe Felfen um uns ber
Die undorodringlice fefte Mauer breiten ,
Und dieß verſchlofne felge Thal allein
Bum Himmel offen und gelid tet fepa !
diller ,

Lieb . Liebchen. Liebling. Liebfte. Geliebte


116. Namen für eine Perſon weiblichen Geſchlechts, wodurch
man ausdrückt, daß man Liebe zu ihr empfinde,
B. 1) Die drei erſten Wdrter unterſcheiden ſich zuvörderſt
von den beiden legtern dadurch, daß ſie in jeder Berbindung auch
von Perſonen des männlichen Geſchlechtes geſagt werden ; welches
bei den beiden festen , ihrer Endung wegen , nicht der Fall ift ;
die vielmehr, von männlichen Perſonen gebraucht, liebſter und
Geliebter lauten , wenn nicht Der davor ſtehet. . Bon
Liebling wird für weibliche Perſonen auch Lieblinginn.ges .
ſagt:
Einſiedleriſche Sängerinn,
Der Muj' uno @chwermuth Lieblingiau !
Doß b. E.
Wenn alſo oben (fremd, fremdling. ) behauptet iſt, daß
die Wörter auf ling die weibliche Endung inn nicht annehs
men ;
220 Lie.
men ; ſo iſt das auf den gewöhnlichen Sprachgebrauch einzuſchráni
ten . Denn gewöhnlich iſt dieſe Endung nicht; auch bei liebs
ling nicht; welches åberdem vielleicht das einzige Wort auf
ling ift, welches ſie zuweilen annimmt. Nach dem gew :hnlichen
prachigebrauche wird die Tochter, die von ihren Ältern den übris
gen Kindern vorgezogen wird , eben ſo gut der liebling der
Ältern genannt , als ein Sohn ſo heißen würde , wenn ſie dieſen
Feinen Geſchwiſtern vorzogen. Lieblinginn ſcheint feinen
Beifall zu finden .
Stann Pinde noch mit ihrem Schatten ſpielen ,
Sie , die der icónfte Gotr zum Liebling ſida erkiest ?
Wieland.

2) Unter den drei erſten Wörtern unterſcheldet ſich liesi


( ing dadurch , daß es wegen ſeiner Zuſammenſeķung mit Ling
ein Einzelweſen , das man vorzüglich liebt, anzeigt (S. fremd.
fremdling.) ;
Der , als der Herr es befohlea ,
_

Bater ju lepu vergaß und auf Roria den fiebling


Seines Herzens, den einzigen Soba , jum Opfer ihm bradte.
Wieland,
Indeß lieb und liebchen jedes Ding , das man beſonders
liebt, wenn es auch etwas Allgemeines und abgezogenes ift, auss
drücken . Darauf ſcheint fidi noch eine andere Verſchiebenheit zu
gründen. In der großern Beſtimmtheit,womit Liebling , indein
(8 ein Einzelweſen andeutet , auf Perſönlichkeit hinweiſet, ſcheint
nämlich der Grund zu liegen , weswegen Liebling edler iſt als
Lieb und liebchen , beſonders cls das lekte. Denn liebchen ,
die Vertleinerungsform von lieb , wird auch von verächtlichen
Geſchöpfen geſagt, die ſich preis geben zu verbotener Luft. - Er
führt ein füderliches Leben ; denn, ob er gleich eine wackere Gata
tirin hat ; ſo hält er ſich doch nebenbei alle Jahr ein neues Liebe
chen . C
Doch iſt das Wort auf dieſe veráchtliche Bedeutung
$ nicht eingeſchräntt; ſondern wird auch in gutem Sinne gebraucht;
dod), wegen ſeiner Berkleinerungsform , die ihm etwas Tåndelns
des gibt , nicht in der hohen ,, ernſten, und feierlichen, ſondern
nur in der geringern, ldjerzhaften und leichten Sprechart.
Rein
Lie , 221

Wein idges lieb dep ! Hier in Sbachtelwander


Gar mannigfalt geformte Süßigkeiten !
Götbe.

Das lieb war faſt ganz veraltet, und iſt erſt in den neues
ften Zeiten wieder hervor gezogen .
Er nabm fein Lieb mit einem Schwung,
Had Ichwang's auf den Poladen .
Bürger b . €.
Leb wobl, Leb wohl, mein lieb!"
Ich muß von dir ſcheiden .
ubrand.
Ein Abſchied , den eine der herrlichſten Sängerinnen unſerer Zeit
durch ihrer fråftigen , reelenvollen Portrag im höchſten Grade
rührend zu machen weiß. - Ehedem war das Wort mehr üblich.
Min lib mag mich gerne zu der linden bringen,
5. v. Beldig b . X.
Wer hatte lieb in arme.
Niebel . £. V. 6071 6. E.

Notter , bei dem das Wort nod Liub lautet, überfest futura
bona durch
Daz chunftige liub.
Notf. Pf. 30, 20.
Rus welcher Stelle zugleich erhellet, welchen weiten Sinn dieſer
Ausdruck ſonſt hatte. Denn er bedeutere jedes (auch allgemeine)
Ding , das man liebt , und zwar liebt , in der weiteſten Bedeus
tung, d . t. deſſen Beſig man begehrt.
Von liebchen iſt lieb dadurch verſchieden, daß es durch
teine Berkleinerungsform etwas Tåndelndes an ſich hat, und alſo
dadurch nicht, wie jenes, bloß für die ſcherzhafte , leichte und ges
ringe Sprechart, ſondern auch für die ernftere und höhere fich eig ,
net ; wie dies auch durch die angeführten Beiſpiele beſtåtigt wird.
3 ) Liebſte und Geliebte haben eine doppelte Verſchies
denheit. Zuvorderft iſt das lektere Wort mehr in der höhern und
edlern, das erſtere mehr in der niedrigern und gemeinern Sprechs
und Schreibart üblich.
Meine Liebfe wollt' id bent berdoleichen ,
Aber ihre Chüre war verfoloffen.
Hab?
222 Lie.
hab' ide dode den Schlaffel in der Safde,
offo ' id leiſe die geliebte Chår.
2
Ootbe .
Und file ( die Lippe) ift nicht etwa wund geiporben ,
Weil die Liebſte mide zu mild ergriffen ,
Hold mich angebiffen .
Derſelbe.
Begegnet ihr lieblich ,
Wie einer Beliebten !
Laßt ihr die Würde
Der Frauen im Hauſe.
Derſelbe.
Ein ſo ſcharfſinniger und ſprachkundiger Dichter , wie Gotht,
tonnte dieſen Unterſchied nicht verfehlen.
Auf eben dieſem Unterſchiede beruhet es auch, daß nur G és
liebte und nicht liebſte , in der Sprache glühender Leidens
fchaft gehört wird. Das lektere iſt ihr zu gemein und niedrig.
Man ſchleife mich nad Coburn , Olied für Glied
gerreiße man mit glúbender Eiſengange! 1
Wenn ich did , heiß Geliebte , limfange
diller .
Die andere Verſchiedenheit zwiſchen Beliebte und liebs
te beftehet darin , daß im gemeinen Leben durch Liebite vors
zugsweiſe die Ehegattinn bezeichnet wird . - Grüßen Sie Ihre
Frau Liebſte. – Das beruhet ohne Zweifel auf der wohl ges
meinten Vorausſegung, daß einem geben ſeine Ehegattinn unter
allen die liebſte rey , oder - feyn ſollte. Denn dies iſt freilich
der eigentliche Begriff diefes Wortes.
Dit hat der Herr die Liebfen durdo biefe Dornen geführet.
Wieland .

Liebespflicht. Gewiffenspflicht. Sittliche Priche.


Innere PAicht. ( Unvollkommne Pflicht.)
16. Die beiden erſten Wörter ſind zwar ſchon oben ( S. Ses
wtffenspflicht) vergleichen worden. Allein auch die übrigen
Husbrücke tommen mit ihnen darin übereint, daß ſie eine Pflicht
bezeichnen , zu deren Erfüllung Niemand uns zu zwingen berechs
tigt iſt. Eine ſolche iſt z. B. die Pflicht, einem Freunde, auch
mit
Lie. 223
mit eigener Siefahr, in der Noth beizuſtehen. Wir erfüllen dieſe
Pricht aus Liebe zu unſerm Freunde ; unſer Gewiſſen , unſere ſitts
liche Geſinnung treibt uns dazu an ; wir werden bloß durch eto
was Inneres, nicht durch dybere Gewalt, dazu beſtimmt.
V. Alle angefährten Uusdrücke find Wechſelwörtec ( s .
Untlig ) ; ſie begreifen insgeſammt die nämlichen Pflichten
unter fich , und bezeichnen ſie nur nach verſchiedenen Mertmalen.
Es gibt någrlich , wie bekannt, ( Bergl, Befugnis
Recht.), ein inneres und ein außeres Freiheitsgeſer. Das less
tere, welches das Rechtsgeſek ausmacht, iſt die Vorſchrift für die
Nußern freien Handlungen ; es gebietet, daß wir die Freiheit une
derer nicht widtürlich ſtören ſollen. Das erſtere, in welchem das
eigentliche Sittengeres beſtehet, iſt die Vorſchrift für die innern
( in der Seele vorgehenden ) freten Handlungen , für unſere Ents
ſchluſle, Vorfåte, Abſichten ; es fordert, daß es unſer Entſchluß,
unſer Borſak, unſre Abſicht ſeyn ſoll, thårig befdrdern zu helfen,
was die Freiheit Anderer zu erreichen ſtrebt.
Eine Pflicht heißt nun eine voltommene , ſofern fle
uns durch beide Freiheitsgeſeke zugleid , eine unvolltommer
ne, ſofern ſie uns nur durch eines von beiden auferlegt wird.
Es ſind aber dieſe Ausdrücke bloß als Kunſtausdrüce, und nicht
in dem allgemeinen Sprachgebrauche üblich. Sie tommen daher
in unſern Unterſuchungen über innverwandtſchaft, von welchen
die Kunſtausdrücke ausgeſchloſſen ſind, nidt weiter in Betracht
Jedoch iſt leicht zu erkennen , daß es teine andern unvoltomms
nen Pflichten geben tann , als ſolche, die bloß von dem Sittens
geſeke geboten werden. Denn ſolche, die durch das Rechtsgeſels
allein vorgeſchrieben würden, ſind nicht dentbar. Denn alle fora
derungen des Rechtsgeſekes gehen dahin, die Freiheit Anderer
nicht zu ſtören ; und daß das Sittengeres eben dies auch fordert
müfte, erhellet von ſelbſt, da es verlangt, der Freiheit Anderer
du ihren Zwecken behalflich zu ſeyn.
Wenn wir aber eine Pflicht eine innere nennen ; ſo wolo
Ten wir damit ſagen , daß ſie auf einem innern , in und ſelbft feys
enden , Grunde beruhe; und dieſer Grund iſt eben das innere
Freiheitigeſek, welches dieſelbe vorſchreibt.
Bird
224 Lie.
Wird eine Pflicht eine ſittliche ( ethiſche) genannt ; ro
heißt das : ſie beruhe aufdem Sittengeſeke; die Sittlichkeit for.
dere die Ausübung derſelben. Da nun aber das Sittengeſen und
das innere Freiheitsgeſet eins und eben daſſelbe find ; ſo erhellet,
daß jede innere Pflicht eine fittlice, und umgekehrt, jede
fittliche eine innere ift.
Sagen wir Gewiffenspflicht; ſo wollen wir dadurdy
ausdrücken , daß uns bloß unſer Gewiſſen, nicht dußerer Zwang,
zur Erfüllung derſelben beſtimme. Eine ſolche tann aber teine
andere , als eine bloß ſtttliche oder innere Pflicht reyn.
Denn zur Erfüllung einer äußern oder Rechtspflicht können wir
重1
gezwungen werden. Denn durch jebe Verlegung einer ſolchen
wird, dem Vorigen zufolge , die Freiheit eines Andern wiltúra
lich geſtort. Einem ſolchen Eingriffe in ſeine Freiheit aber tann
der Andere Gewalt entgegen leben , und uns alſo zur Beobache
tung unſerer Pflicht zwingen. Huch ungetehrt muß jede
bloß innere. oder ſitt liche Pflicht eine Gewiſſenspflicht
feyn. Denn ſie gehet , dem Obigen gemäß, alle Mal auf thåtige
Mitwirkung zu den Zwecken Anderer. Hierzu aber fann uns
Niemand zwingen. Denn alle Gewalt, dies hat die Rechtslehre
zur Genüge bewieſen , iſt rechtlich nur geſtattet, ſofern ſie nothig
ift, Eingriffe in die Freiheit zurück zu treiben. Es muß alſo bei
einer bloß innern oder ſittlichen Pflicht alle Mal unſerm
eignen Gewiſſen überlaſſen bleiben , und zur Erfüllung derſelben
zu beſtimmen. Das heißt, ſie iſt alle Mal Gewiſſenspflicht.
Wenn endlich eine Pflicht eine Liebespflicht heißt ; fo
deutet dies an , daß – wiederum nicht außerer Zwang , ſondern
bloß Liebe uns zur Erfüllung derſelben beſtimme und antreis
be ; dtejenige vernünftige und thårige ( practiſche ) Liebe nämlich,
weldie Chriſtus meint , wenn er ſagt :
Du ſouf deinen Nádoften liebert, als didh felbft !
Matth . 22, 19 .
und es iſt dabei auf áhnliche Art, wie das Vorige, leicht klar, daß
jebe liebespflicht eine Gewiſſenspflicht, und folglich
auch eine bloß innere und ſittliche Pflicht ſey , ſo wie auch ,
daß umgetehrt dieſe lestern Begriffe insgeſammt den Begriff eis
ner liebespflicht einſchließen.
Lint.
Lin . 225
Linf. links. Lintifich. Verkehrt.
üb. Dieſe Wörter haben die uneigentliche Bedeutung : auf
eine unrechte Art, mit einander gemein. Er konnte ſeinen
Zweck nicht erreichen ; denn er kam ganz lints mit den Mitteln
die er dazu gewählt hatte , und zeigte noch dazu bet der Ausfüha
tung derſelben ein lintes lintiſdes vertebrtes
Benehmen.
B. Die Astunft des Wortes Bertehrt iſt klar, dhe Abs
ſtammung der übrigen deſto zweifelhafter. Das einfache lint
erſcheint in ſehr verſchiedenen Geſtalten , wie Adelung nadyweia
ſet ; unter andern , bei den Niederdeutſchen, in der Form Lugt
oder Lucht ( S. Br. Nof. B. ingl. Wiarda’s altfrieſ. W.);
wofür Andere, wie die Engländer, nady der nicht ungewöhnlichen
Bertauſchung von Bauch und Blaſelauten , Lett ſagen. Hier;
durch ſind Manche veranlaßt worden , das Wort mit dem lateini.
ſchen Laevus , lint , ju vergleichen , und beide als zuſammen gehds
tig zu betrachten. Aber die Form Left iſt zu neu, um dieſe Abi
leitung wahrſcheinlich zu finden . Udelung hat fie daher mit
Recht nicht gebiligt. Er glaubt dagegen , daß Lint zu dem Ges 1

ſchlechte des veralteten lau , falſch , bdſe, unedit ju rechnen ſey.


Allein eines Theils ſcheint die Verwandtſchaft zwiſchen Lau und
fint , ſchon in Hinſicht auf den bloßen Klang der Wörter zu ents
fernt ſu feyn , und andern Theils würde dann die Bedeutung i
falſch, boſe; die eigentliche Bedeutung von lint ſeyn müſſen,
und diejenige, welche wir jeßt für die eigentliche halten , in wels
ther wir z. B. die tinte Sand der rechten entgegen ſeben , würs
de zu einer uneigentlichen werden , und , was die Hauptſache iſt,
nur gestoungen aus jener eigentlichen abgeleitet werden tdrinen .
Adelung hat daher auch zur Beſtátigung ſeiner Meinung Nichts
anzuführen gewußt.
Beiläufig mertt er noch an , daß in den alten Dentmalen
der deutſchen Sprache auch Winiſtra und Winftre für lint vots
tomme. Das iſt auch ganj ridstig.
So ih in bette geligon mit mine wine , ſo iſt fin with a
ftra unter minemo hoibete ( feine fin fe unter meiner
Daupte.)
Willer. 6. £. , 6.
Sinnverwandte Wocter, 36 Il betung
226 Lin .
Adelung bemerkt dabei, daß Winſtra nicht etwa zu dem lateia
ſchen Sinifter, lint, ſondern vielmehr zu dem alten Wan ; Mans
gel gehöre. Died tönnte auf den Gedanken führen , daß auf eben
die Art Lint zu Leck oder Lak zu rechnen ſey , welches Mangel
Fehler, Tadel bedeutet (S. Br. No. W. und Wiarda's altfr,
23.) Doch würde dieſer Ableitung die nämliche Schwierigkeit,
wie der vorigen , entgegen ſtehen , daß dadurch die jellige eigentlis
che Bedeutung von Lint zu einer uneigentlichen gemacht wurde.
Nur daß die Ableitung derſelben viel weniger gezwungen wäre.
Denn die linte Hand , in Bergleich mit der rechten , die man .
gelhafte (unvolltommnere) zu nennen , liegt viel näher, als ſie
die falſche, boſe, unechte Hand zu ſchelten.
Ich meines Theils bin überzeugt , daß Lint mit demjenis
gen Lent , welches in lenten enthalten iſt, und mit welchem
és am áülernächſten übereinkommt, auch aın nächſten verwandt
ren. Den Zuſammenhang der Begriffe denke ich mir ſo. Lens
ten wird in der ganz allgemeinen Bedeutung gebraucht, daß es
auf ein Verändern der Richtung überhaupt, aud) bei unbeweglis
chen Dingen , hin weiſet.
Daſelbit tentet fie ( die Grenze der Stinder Ephraim ) fide
berum gegen den Aufgang.
Jol. 16,6.
In dieſem Sinne nun iſt lint - urſprünglich , und noch bei
dem Stryter (S. Adelung ) Lent - von derjenigen Hand
und überhaupt von derjenigen Seite , welche der rechten entgegen
ſtehet, eben darum geſagt worden , weil ſie der rechten entgegen
ſteht, von ihr ab , nach einer andern Richtung Tentt.
Gerade pieſelbe Bewandtniß hat es mit dem franzdfiſchen
Gauche , lint. Denn dieſes Wort tommt her von Guechir, wels
ches ebenfalls Weichen , Ausbiegen , Ablenken bedeutet; und noch
dazu aus Weichen entſtanden iſt; auf ähnliche Art, wie Guer. ;
te, Krieg, aus Wehe, und viele andere. (S.Garde. Wache).
Die Cateiner haben ihr Sinifter, lint , von einem andern
Umſtande, nåmlich davon hergenommen , daß der ſogenannte Si
nus ihrer Toga auf der linten Seite ſich befand.
Mit Hilfe dieſer Betrachtungen laſſen ſich folgende Vers
ſchiedenheiten erklären .
... mine a) In
1

Lin. 227
1) In dem eigentlichen Gebrauche wird lint nur in Bes
zug auf die der rechten entgegen ſtehende Seite geſagt; denn
dies iſt reine urſprüngliche Bedeutung. Berkehrt hingegen ift
hierauf nicht eingeſchräntt, ſondern wird auch in Bezug auf die
Richtung von oben nach unten , und von hinten nach vorn oder
von vorn nach hinten , gebraucht. Wer ein Buch To geſtellt hat,
daß, was oben ſeyn ſollte, unten iſt, der hat es Bertehrt , aber
nicht lints , geſtellt; und wer rückwärts in eine Thår gehet,
der gehet vertehrt, aber nicht links , hinein. Man hat eis
nen Vogel, den man Berkehrtſchnabel nennt, weil ſein
Sdnabel aufwärts gebogen ift. Manche nennen ihn auch übers
Idnabel ; aber lintſchnabel tönnte er auf teinen Fall
heißen.
2 ) In dem uneigentlichen Gebrauche hat lint alle Mal
den Nebenbegriff des Ungeſchickten , Unvoltommnen , Unrechten ;
weil die linte Hand gelodhnlich ungeſchichter ift, als die rechte,
und alles unvoltommner, oft ganz unrecht macht.
Aftarte glaubt fie teſe
Ganz klar in ſeinem Geſicht , daß nichts als falſche Schade
Die Urſady war , warum er flot ſolint.benahm .
Bieland.
Bertehrt ſchließt dieſen Begriff nicht nothwendig ein. Denn;
was auf eine entgegen geregte Are gefehet tft; als ein anderes
Ding , oder als es felbft vorher war , das iſt darum nicht nothi
wendig unvoltommner. Es tann noch eben ſo voltommen , ja ,
es tann auch ins Beſſere getehrt ſeyn.
Eure Traurigfeit fol to freude verfert werden.
30h. 16, 20 .
- Dod , wie ihr denken fonnt
Bertebrte nos por Untergang der Sonne
Die Ausſicht unfres Ølúdt die Sraurigteit in Monne.
Wieland.
Und , wenn die Anziehungstraft der Welttörper mit dem Quadras
te der Entfernung des Angezogenen im verfehrten Berhålts
niffe wächſt ; ſo ift das auf teine Weiſe Tchlechter , als wenn ſie in
geradem Verhältniſſe mit demſelben zunahme. Jenes verkehrte
Perhåltniß fann daher durchaus nicht ein Tintes 'oder gar lints
tirdes Berhältnis genanntwerden .
pa Gewshu
228 Lin .
Gewöhnlich wird indeffen Bertebrtin der engern Bedeus
tung gebraucht, daß es dem Rechten entgegen gelebt wird ; und
darum eben iſt dieſes Wort mit lint finnverwandt.
Cren in Gott und fein Bafes an tbm - die verterte
unb bofe Art fågt von ihm ab .
POR 32, 4. S.
D. t. die Art, welche nicht iſt, wie es recht ſeyn würde, nåmlidy,
nicht treu und gut, wie Gott, ſondern das Gegentheil, boje.
- Erfahre denn , Berkehrte ,
Daß dieſe Seidenfeaft, die mide fo lang betborte,
Bon dieſem Plagenblid ihr End' in abfchen alamt.
Bieland.
Darum gehts gar anders dean redat , und kann feine rechte
Sache gewinnen ; denn der Gottloſe úbervortheilet den Gerechyr
ten ; darunt geben vertebrté Urtheilt.
habat. 1, 4.
Biele Gewebe von Seibe, Wolle, oder Flachs , die wir zu
Betreidungen gebrauchen , haben eine ſolche Einrichtung, daß re
auf der einen Seite weniger und unvollkommner ausgearbeitet
find , als auf der andern. Sene wird daher die linte oder vers
tehrte Seite genannt. Wenn eine Frau ein Umſchlagetuch ſo
umgethan hat , daß dieſe unvoltommnere Seite auswendig iſt; ro
hat ſie daſſelbe lints oper vertehrt umgethan. Ein Gewer
be , was eine ſolche unvoltommnere Seite nicht hat, wie z. B.
gewdhnliche Leinwand, das hat auch teine linte oder verteht
te eite ; es tft vielmehr auf beiden Seiten rechti - Im ges.
meinen Leben pflegt man einen lintsmacher denjenigen zu
nennen , der nicht, das redit ift, ſondern vielmehr das Gegentheit
davon thut, indem er Unrecht in Recht, und Recht in Unrecht
vertehrt. Einen Bertehrtmacher würde man ihn aud
nennen tonnen , auf ähnliche Art, wie man Bertehrtſona .
bel ſagt.
3) Durdy dieſelben Merkmale, wie lint, find natürlicher
Beife aud, lints und Lintird von Bertthrt verſchieden .
unter einander ſelbſt unterſchetden ſide lint und lints, dem
Begriffe nach , gar nicht; ſondern nur in ihrer dußern Geſtalty
wonado finto bloß als Nebenwort, lint hingegen auch als :.
Detmort
Lin . Lis . 229

Belmort gebraucht werden tann, und wirklich gebraucht wird.


lintirdh unterſcheldet ſich von Lint dadurch , daß darin die abs
geleitete Bedeutung von Lint beſonders hervorſticht, indem ſie
noch durch einenNebenbegriff von etwas Gemeinem und Unedlemn
verſtårtt wird , den dieſes Wort, da es neuerer Bildung iſt, wes
gen ſeines Ifch mit ſich führt. (S. grden . grdiſch.) Daher
tommt es a) daß Bintiſch für Lint im eigentlichen Sinne nicht
gebraucht wird. Das linte Dhr iſt nicht das lintiſche ; und
wenn der linte Flügel eines Beeres einen ſchweren Sieg et's
tåmpft; fo zeigt er , daß er nicht der linkifoe Flügel ift.
Eben daraus iſt b ) erklärlid , warum lintiſch vorzugsweiſe
auf den Begtiff des Ungeſchichten , Steifen und Unbehälflicher
hinweiſet ; indem dieſes es gerade ift, wodurch das Gemeine und
hierdurch Berådhtliche fich offenbart; und warum demnach audy to
dem uneigentlichen Gebrauche anſtatt eint nicht lintiſch ges
ſagt wird, wo der Begriff von Unvoltommenheit überhaupt, nicht
aber gerade der Begriff des Ungeſchickten in Betracht foramt,
Der Menſch tann zuweilen bei der Beurtheilung einer Sache das
Rechte verfehlen , alſo link urtheilen , wenn ſeine Urtheilskraft
auch noch ſo ſcharfſichtig und geübt iſt ; aber lintiſch urtheilt
er dann nicht; er zeigt nicht Ungeſchicklichkeit, Unbehulflichteit
im Urtheilen. Die linke Seite eines Tuches heißt nicht die
linfirche ; denn es iſt hier nicht von Ungeſchidlichkeit, ſondern
nur davon die Rebe : daß dieſe Seite ( abſichtlich) unvollkommner
ausgearbeitet ſey, als die rechte; und wenn eine Frau ein großes
Such Iints umgethan hat ( die linte Seite auswärts ); for
nennt man das nicht: ſie habe es fintifd umgethan. Dies
würde heißen : ſie habe es auf eine ungeſchickte Art umgethan ;
und das könnte man ſagen , wenn ſie audy die rechte Seite derſele
Ben auswärts gebracht hätte.

Lispeln. Fluftern. Raunen. Wispern . Bifcheln.


Mit Ausnahme des erſten ſind dieſe Bdeter ſchon vor
Eberhard verglichen worden. Es hat aber liepeln ebens
fals die Bedeutung : ſehr leiſe ſpredjen , mit den übrigen gemein ,
und iſt, wie dieſe übrigen , eine Nachahmung des Lantebe Urs
ſprünglich bezeichnet es ohne Zweifel die fehlerhafte Ausſprache
aud,
230 Lis.
auch im -lauten Reden , wobei die Zunge zu oft an die Zähne ants
ftobt, und dadurch den Laut des S zu oft, alſo unrichtig hören
låßt. Die Ausſprache bekommt dadurch etwas Dūnnes und
Spißes, und verliert das Bolle und Runde des Klanges, was fie
haben ſollte. Daher wurde dieſe fehlerhafte Ausſprache fohon bei
den Griechen ganoo x distu genannt, und Zustos war eigentlich ſo
viel, als Aftros, dúnn, mager, ſpårlich. Sofern daher lid pein
in der Bedeutung, die es mit flüſtern und den übrigen, oben ges
nannten Wörtern gemein hat , alſo für: leiſe ſprechen , gebraucht
wird ; gehet es hauptſächlich auf die Eigenſchaft des leiſen Spres
dhens, daß die vorgebrachten Laute ſpiß und dünn , und dem Laute
des S áhnlich ſind, oder dieſen auch wirklich oft hdren laſſen .
Dadurch unterſcheidet ſidy Lispeln von den übrigen Wörtern ;
wenn auch dieſe Eigenthümlichkeit bei dem wirklichen Gebrauché
des Wortes nicht immer mit deutlichem Bewußtſeyn gedacht wird.
Auch wenn Lispeln, nicht von der Sprache, ſondern von andern
Lauten geſagt wird, weifet'es auf die gedachten Merkmale hin.
Nabe Både lispelten burde das Oras , oder rauſdter
in kleinen Gefällen fanft in das Getöſe.
Oeßner 6. C.
enn Grashalme von dein niedrigen Ufer in den Bach ſich neis
gen , ſeine kleinen Wellen aufhalten , und , indem ſie ſich fort beo
gen , durchſchneiden ; ſo entſtehet ein dünner ſpiger, dem Laute
des S áhnlicher Laut; und To lispelt der Bach. Wenn er
aber von einer kleinen Ashe hinab fáut; ſo gibt er einen Laut von
ganz anderer Art. Dieſér mag daher auch ſo ſanft und leiſe, und
jene Hdhe ſo gering ſeyn , wie man will; ſo iſt derfelbe doch tein
lispeln , ſondern ein Rauſchen ; wie der Dichter beides ſehr
treffend unterſcheidet. --
Sollte der ftarke Zungenlaut vorn in Lispeln vielleicht
auch darauf hindeuten, daß das Lispeln in der erſten Bedeus
tung von einem Fehler der Zunge herkomme?
Dennoch aber weifet Lispern nicht, wie nach Ebers .
hard's richtiger Bemerkung 3 iſ dyern , auf einen böſen gni,
halt deſſen hin , was gelispelt wird ; ſondern es iſt wie 18,
pern , in dieſer Hinſicht gleichgültig. Der Inhalt tann auch
etwas Gutes und Angenehmes reyn.
Wenn
gif 231
Wenn ich in einem Hain , ein Hörer' der Nachtigal , irrte ,
Fúblt' ich ein leiſes Lispeln im Herzen , ein wunderbar Dringen
Da .oder dort bin zu geben . Dann fand ich Ribfă dort weidea .
wie floſſen bei ihr die fúßen Stunden porúber !
Wieland

Liſt. Hinterlift. ' Arglift. S. Hinterliſt.

Liſte. Regiſter. Verzeichniß.


Üb. Ein ſchriftlicher Auffag, in welchem die zu einem ges
wiſſen Inbegriffe gehdrigen Dinge einzeln angegeben , nahmhaft
gemacht, aufgezeichnet ſind. In einem Bücher verzeicniffe
Ž. B. alle zu einer gewiffen Sammlung gehörigen Bücher ; in eis
ner Sterbeliſte alle Perſonen , dje an einem gewiſſen Orte in
in einer gewiſſen Zeit geſtorben ſind ; in einem Sach regiſter,
das einem Buche angehängt iſt, alle in dieſem Buche abgehandel.
ten Sachen ,
B. Berzeichniß drůdt den angegebenen Begriff ohne
weitern Nebenbegriff aus, wie aus ſeiner Zuſammenfeßung klar
ift, und tann daher in jedein Falle geſagt werden. Eine Liſte iſt
ein beträchtlich langes Verzeichniß ; uno ein Regiſter ein
geordnetes, welches dazu dient , etwas anderes bequemer zu ges
brauchen , oder leichter zu handhaben : Beſonders ein einem Buche
beigefügtes Sach . oder Namenverzeichniß mit Nachweiſung der
Seitenzahlen , wo dieſe Sachen oder Namen vorkommen , welches
alſo dazu dient , daß man alles , was man in dem Buche ſucht,
leichter finden , dieſes Buch alſo beſſer handhaben und zu ſeinem
jedesmaligen Zwecke leichter gebrauchen tann .
Dieſe Verſchiedenheiten ergeben ſich theils aus dem Ges
brauche, theils aus der Abſtammung dieſer Werter,
Denn lifte tommt her, nicht von Lifta im mittlern las
tein , wie man anzunehmen pflegt, ſondern , wovon diefes ſelbſt
erſt abſtammt, von dem altdeutſchen Liſte , im hochdeutſchen jest
Seifte. Dieſes Wort bedeutete ehedem jeden langen Streifen ;
auch wenn er als Rand , Kante u . f. f. an etwas Anderın ſich bes
fand.
Thiu
237 LIR
Thiu life was rọt guldin.
Der Rand (des Helms) war golden
Fragm. d . bell. contr. Saraa ¥ . 1599.
an der Folge wurde daffelbe insbeſondre von langen Pergamente
ſtreifen gebraucht, worauf man Berzeichniſſe von beträchtlis
cher Långe zu ſchreiben pflegte ; und hierauf gründet ſich die jekige,
vorher angegebene Bedeutung des Wortes; die auch durch den
Gebrauch beſtätigt wird. Denn ein ganz turzes Verzeichnis
pflegt man nicht eine Liſte zu nennen. In der Stelle :
Noab war ein frommer magn and Jeugetę drep edhne :
Gem , ham und Sapbet. "

1 Rok. 6 , 9. 10.
find die Schne Noah's verzeichnet, aber eine fifte feines
dhne wird dies nicht genannt werden.
Das Wort regiſter hat ein ausländiſches Anſehen ;
weil es die Betonung in der Mitte hat, die es, nach deutſcher Art
und Weiſe, auf dem Stammlaute , alſo vorn haben ſollte. Ins
deffen iſt es doch nicht allein von Adelung, ſondern auch von
Campe als ein deutſches Wort anerkannt worden . Und mit
Recht, wie ich glaube ; in der Hinſicht wenigſtens , daß es deuto
ſcher Abfunft ift. Denn , wenn es auch , wie die Sprachforſcher
pollen , zunächſt aus dem Regiftrum des mittlern Latein entſtans ?
pen ift , welches man ſeiner ſchon erwähnten Betonung wegen
nicht bezweifeln tann ; lo ſtammet es doch mit dieſem zuletzt vor
Regen her , und zunächſt von dem , aus dieſem entſtandenen
Regieren ; (das übrigens auch ſchon eine fremde Endung und
Betonung hat, und eigentlich Regereu heißen ſollte). 66 bes.
deutet daher zunächſt etwas , was dazu dient , etwas Anderes zu
regieren , zu vorgelegten Zwecken zu lenten , und leicht und gehds
rig zu handhaben. Dieſen Sinn hat es noch jeßt, wenn von den
Regiſter u einer Orgel in der Bedeutung die Rede iſt, in welcher
dieſelben auch Regierwert genannt werden ; und ehedem routs
de das Wort noch häufiger in dieſem Berſtande gebraucht. Ates
Tung führt eine itberſegung des Valerius Maximus von 1535
an , in welcher Regimen maris et terrae durch Regiſter
der Erd und des Mörs ausgedrückt wirb. Auf dieſen urſprünglis
chen Begriff nun gründet ſich die oben angegebene Bedeutung, in
welcher das Wort Regiſter jegt gewohnlich gebraudt tirs.
foch.
Loch: 233
Loch. öffnung.
Ab. Ein leerer Raum zwiſchen Theilen eines Dinges durch
welchen Etwas in das Ding hinein , aus demſelben heraus, oder
durch Daſſelbe hinduro tormen tann. Eine Flaſche muß oben
ein fod , eine öffnung haben , wodurch man den Wein, oder
Was es ſonſt iſt, in die Flaſche fült , und wieder ausgießt; aber
ſie darf tein 80 d und keine öffnung in dem Boden haben,
wodurd der Wein auslaufen würde. In den Wänden eines
Mohaztmmers dürfen keine Öffnungen und Eicher ſeyn,
durch welche die Luft hindurch ſtreichen könnte ; wohl aber müſſen
die Wade einer Seffung, oder die Wände eines Schiffes, Spießs
18 cher haben , durch welche dasGeſchüß hindurch ſtreichen tann ;
ſo wie auch das Geſchüt felbſt ein loch haben muß, in wele
chef die Ladung gebracht wird, und aus welchem fie bey derr
Ubfeuern hinaus fährt. Die „ ſchwimmenden Batterien “ vor
Gibraltar, die einmal berühmt oder berüchtigt waren, hatten, wie
der Dichter ſagt:
Şu jedem Schießlo da noch ein bodo
Das war fürwahr fapt großer nodo,
2016 erfgedachtes Schießtod .
fichtenberg.
B. 1) Offnung, vor Offen , betrachtet den leeren
Raum zwiſchen den Theilen eines Dinges bloß in Hinſicht auf reio
ne außerſte, auswendige Seite oder Grenze; als welche namlids
das eigentliche Offen feyn des Dinges ausmacht. fod hinges
gen , welches im Diederdeutſchen Lock lautet, und mit led,
lade , und ähnlichen Wörtern verwandt iſt ( * . led ) , betrach
tet denſelben feiner ganzen Zusdehnung nach , alſo auch in feferite
ald er inwendig in dem Dinge ift. Denn eine lude macht der's
ſelbe allerwärts aus. So e $ demnach auf dieſe legtere Hinſicht
antommt, da wird nur foch, und nicht öffnung geſagt,
Kohlen in der Erde , in welchen Thiere 'wohnen , heißen los
Ther , aber nicht öffnungen. Den Fudjs aus dem Pode
treiben . Ein elendes Bohuzimmer für Menſchen wird vers
& chtlich ein loch, aber nicht eine öffnung genannt. Er
hat eine tågtide Wohnung ; reine Arbeitsſtube iſt ein wahree
fodh. Ein Gefängniß heißt ein fach
int
234 Lochy. Loc.

tind lieben ifn (den Joſepb) eilend aus dem lod.


MOL. 41. 14 .
Dieſes Loch war nåmlich ein Gefängniß ; denn in ein Gefänge
niß war Joſeph geworfen. ( Ebenoſ. 39 , 20 ). In mans
chen Gegenden - auf Dörfern wenigſtens, wo ich es freilich, nur
gehdrt habe , wird das Gefängniß ſchlechtweg das Bundes
C

lodh genannt. Öffnung tonnte es in allen ſolchen anſtatt


Doch auf keine Weiſe heißen. - Eben ſo wenig, wenn jemand
ſich beklagt , daß eine unvermuthete Aufgabe ein großes Loth in
ſeinem Geldbeutel gemacht habe ; wird er dafår : eine große öff :
nung in dem Geldbeutel ſagen. Denn er meint den ganzen lees
fen Raum , der in demſelben entſtanden iſt.
Da eine lúde , ein leerer Haum zwiſchen den Theilen
$

eines Kdrpers, der in den Körper hinein gehet , eine außere


Grenze har; ſo tann man einem Loche eine Öffnung zuſchreis
ben . Ein Mäuſeloch pflegt eine ſehr enge öffnung zu
haben , und die Hamſter verbergen gern die Öffnungen ihrer
L8dyer. Umgekehrt aber låßt fich gar nicht ſagen : die Offs
nung hat ein Loch. Denn die bloße dußere Grenze eines lees
ren Raumes tann nicht dieſen Raum ſelbſt enthalten. !

2) Öffnung wird auch gebroucht, um die şandiang des 事1


Kufmachens auszudrücken. Bei der Öffnung des Koffers vers
legte ich mir die Hand , weil ich einen vorſtehenden Nagel nicht
bemerkte. foch iſt in dieſem Sinne gar nicht gebräuchlich,
In dieſer Bedeutung des Öffnens wird das Wort auch ge
nommen , wenn eine Ausleerung des Leibes metonymiſd eine
öffnung genannt wird. Das aber, was dabei ſich offnet, heißt
in der niedrigen Sprechart oft ſchlechtweg das Rod. - Eis
nem Kinde die Ruthe vor das Loch geben. - Manche Rei
pensarten mit dieſem Worte ſind vódig pobelhaft.

Lodig. Kraus. Gefråuſet. Gefråuſelt.


Ab. Saben die Bedeutung gemein , daß ſie von Karen get
fagt werden , welche nicht ſtraff und ſteif, ſondern locker, baſchen
lig , und von gebogener Form ſind.
3.
god. 235
W fodig ſiehet mehr auf das MerEmal des Lockern und
Büſcheligen , Kraus hingegen mehr auf die gebogene, geframme
te form . Das erhellet ſchon aus der Abſtammung dieſer Wdrs
ter. Denn Kraus gehöret mit Kreis , und Podig mit
Poder zu einem (Sjeſchlechte. Spraus iſt daher das Har erft
dann , wenn es im hdhern Grade, gleichſam treisfdrinig , ges
krümmt iſt. Lodig iſt es ſchon , wenn es nur nicht firaff und
fteif it , ſondern in foderer , leicht gebogener Geſtalt, gleichſam
wellenforrnig von dem Haupte herab wallt. Die ehemaligen
Har er á usler mußten daher nicht allein Loden bilden, ſondern
auch das Har dazu durch das Brennen und durch dasjenige Ber:
mirren , welches man mit den Franzoſen Toupiren nannte , erft
im hdhern Grade biegen und trúmmen , o. i. fraus machen .
Das lockige ift ſonach nicht nothwendig alle Mal auch
traus.
Str goldnes Hauptbar fliegt in anfgeloften Lode :
Ums hangende Geſicht,
Wieland,
In dieſer Stelle ſoll augenſcheinlich nicht angedeutet werden , daß
das Har fraus war , ſondern bloß, daß es leicht und loder ir
chon gebogener Form , Kaupt und Schultern umwalite. Ja,
Lode wird zuweilen auch, ohne alle Kinſicht auf gebogene Form ,
anſtatt Harbüſchel, oder Har ſchlechtweg, gebraucht.
Shue mir auf, tebe Freundin , meine Schwefter , meine
Saube, meine fremme ; denn mein Haupt iſt voll Ebanes , un
meine foden voll Nadstropfen ,
sob. . , 2.
Raf ! Hinweg !
Jó rathe dir , berühre uidt die koden !
Ostbe.
Hnd , wenn es auf das Mertmal des Arauren eigentlich ans
tommt; ſo wird dies zu Lode ausdrücklich hinzu gefegt ; woraus
tlar iſt, daß ter legtere Begriff nicht von ſelbſt ſchon den erſtern
einfließt.
Mein Freund if 'weiß zeng roth, CSeine foden fina
traus , fchwarz wie ein Rabe.
Hob. &. S , 10, 11 .

Die
236 god.
Die angegebeät Berſchiedenheit zwiſchen fodig und
Kraus findet man noch mehr beſtåtigt, wenn man die Bers
wandtſchaft von Lodig noch weiter verfolgt. Denn aus fode
iſt auch flocke gebildet, welches ein leichtes , loderes Weſen
bezeichnet, dergleichen die Schneefloden ſind, oder die floden der
Wolle, die bei dem Rauchen der Tücher in den Karden hangen
bletben . Woraus erhellet, daß in lode nicht ſowohl der Ber
griff des Getrůmmten und Kreisförmigen , wie in Kraus , als
vielmehr der Begriff des leichten und Lodern , was nicht ftarr
und ſteif, ſondern ſanft und gefällig gebogen iſt, hervor ſticht.
So auch ſchon in * 4pxos, was bei den Griechen für Lode ge
fagt wurde, und mpomit unſer $ 10deganz genau überein ſtimmt,
Denn das Wort ftainmt von Axtat ab, welches biegen , in Fale
ten regen , anzeigte, und womit wieder bas lateiniſche Plicare
überein kommt.
Der Stamm aber, worauf dieſe Wörter, und das ganze -
Gerhlecht, wozu ſie gehdren , entſproffen ſind , hat fich in dem
ſchwediſchen Lo , ein Büſchel Hare oder Wolle, noch erhalten :
und fchon aus dieſem Stamme läßt fich erkennen , daß der
Grund , und Hauptbegriff von Lodig , nicht ſowohl auf das
Getrümmte und Kreisförmige, ale vielmehr auf das nicht teife
und Straffe, ſondern Lockere, leicht und ſanft Gebogene, Bů .
dhelförmige gehe.
Kieraus erhellet zugleich ferner, warum Kraus eben ſo
wenig den Begriff des Lodigen , als , dem Porigen zufolge,
Lodig den Begriff pes Krauſen einſchließt. Denn eines
Theils tann es ſeyn , daß das Krauſe nichts Buſchelartiges an
fich hat, und darum nicht fodig genannt perden tann ; ung
andern Theiſs fährt Lodig , wegen der Form , die es andeutet,
den Nebenbegriff des Schönen , Reizenden , Gefallenden mit ſich,
welcher auf vieles Krauſe teine Anwendung findet. Die Obero
fläche des Waſſers, die der Wind trà uſeit , heißt aus dem ers
ftern Grunde nicht fodig , und eine trauſe Stirn aus. Beiden
Sründen nicht.
Statt ihrer wimmelten wohl zwanzig junge Fannen
Brit goldaem Horn auf traujer Etire berein .
Wieland.
Endlid
Lod . 237
Endlid ift aus der angegebenen Verſchiedenheit beider
#drter ihre Verſchiedenheit in dem upeigentlichen Gebrauche era
tlårlich. Weil nåmlich
1) traure Kare durch einander gerviret ſind , oder leicht
in Berwirrung gerathen ; fo wird auch ein verworrener Inbegriff
von Gedanken , oder auch von åußern Dingen, fraus ges
nannt: Seine Rede war ein ſeltſames Gemiſch von Gedans
ten , ohne alle Ordnung ; was er damit eigentlich ſagen wollte,
weiß ich nid )t ; es war mit zu trauss
Bars doch nicht árger und trouſer bier,
Wis der Sachs noch im Lande thår poder !
tiller.
Sodig tann in dieſem Sinne gar nicht geſagt werden .
2 ) Bare, die von Natur ſehr fraus find, laſſen ſich nicht
leicht glatt und eben machen , ſondern widerſtreben dagegen .
Daher tommt es, daß man einen Menichen einien Sraustopf
tennt, der ſich nicht leidt nach dein willen eines andern ſchmiegt
und biegt, ſondern widerſpenſtig auf ſeinen eignen Kopf beſteht,
und leicht gereizt und aufgebracht wird , wenn man ihn zu etwas
Anderm beſtimmen will . Aud) in dieſer Bedeutung tann anftatt
Kraus niemals lodig geſagt werden . Ein Lodentopf
iſt etwas ganz anderes , als ein Kraustopf in dieſer Bes
deutung.
Wie Betrå u ſét von Kraus verſchieden revy, faut in
die Augen . Es iſt , wie ſeine Form zeigt, ein Mittelwort, und
Bezeichnet alſo das, was nicht von felbft ſchon traus geweſen,
fondern erſt traus gemacht worden iſt. Mande Kinder wers
den mit frauren Karen , aber nichtmit getråuſeten , ger
boren ; eben ſo wenig mit getrauſelten ; welches legtere bloß
das Bertleinerungswort des erftern ift. Bei Ertoad ſenen , die
von Natur tein traures Har haben , wird daſſelbe oft auf ans
trieb der Eltelteit durch Runft getråuſet , oder getrauſelt.
Die glatte Oberfläche des Waſſers wird ' getrauſet oder ger
träufelt durch etnen Wind , der darüber hinfahrt; zumas
wenn er der Bewegung deſſelben entgegen iſt.
gn füfer Sraumerei
langt er am Ufer any
Had
238 Loc . 86
Und fühlt ſich , wie ſein Blid auf den gefrusten Bogen
Dahin fowimmt, wunderfam gerührt und angezogen . w
Wielanda ALE

Eben ſo in dem uneigentlichen Gebrauche: fer


Etwas fürchten und hoffen und forget de
Nuß der Menſch ſúr den fommenden Morgen , lid
Daß er die Schwere des Daſepus ertrage,
Und das ermúdende Gleicmaaß der Lager
Und mit erfriſchendem Windesweben na
Srá uſelad bewege das fodende leben . les
Spiller.
ge
DE
Los. 26. S. 26.
TE
Losbinden. Abbinden. 8. 26binden .

Pdſchen. Auslöſchen. Erlöſchen. Verloſchen. ve


üb. Dieſe Ausdråde tommen überein ſowohl in der m

leidentlichen Bedeutung : aufhdren zu brennen , als auch in der QIE


thätigen: machen daß Etwas aufhört zu brennen, Uuch in ge
Betreff der außern Geſtaltung haben ſie mit einander gemein , ei
daß fie in der leidentlichen Bedeutung das Hálfdwort Seyn und
eine unregelmäßige Abwandlung haben , in der thătigen Bedeus d
tung dagegen regelmäßig abgewandelt werden , und das Hülfs
wort Haben zu ſich nehmen. - Kaum hatte ich mein Licht
TE
ausgeldicht, um zu Bette zu gehen , als die Sturmglocke
ging. Der Lärm wäre aber nicht nöthig geweſen. Denn ehe de
noch Hülfe herbet tam , war das Feuer von ſelbſt wieder ausges
ft
torchen. Eben ſo bei den übrigen Ausdrücken.
9
Da die gedachte doppelte Bedeutung dem einfachen ld. li
rohen ſchon zutommt; ſo iſt ſie von dieſem natürlicher Weiſe auf 1
die übrigen , zuſammen geſegten Worter über gegangen . Welche
von beyden aber die erſte geweſen ſey, das dürfte ſich wol ſchwers
| lich beſtimmen laſſen. Denn einen geſchichtlichen Grund, wos,
durd, es entſchieden werden könnte, gibt es, meines Wiſſens, nicht
und die Begriffe relbt , enthalten wenigſtens keinen zureichenden .
Urſprünglich iſt lolchen Nachahmung des Lautes, der entſteht,
wenn man auf einen brennenden Körper Waſſer gießt, um zu mas
chen,
2of. 239 i

chen , daß er aufhöre zu brennen. Es kann daher zuðſt eben ro


wohl von dem brennenden drper , der jenen Laut von ſich gibt,
als von denjenigen geſagt fenn , der ihn durch Aufgießen des Waſi
fers hervor bringt. Doch läßt fich dieſes legtere als wahrſcheinlte
cher annehmen, weil die thårige Bedeutung bei weiten die gelohns
lichſte ift, in welcher Porden gebraucht wird.
B. 1 ) Lochen und Aus1dfchen unterſcheiden ſich
nämlich von Erioden und Verloſchen dadurch, daß dieſe
legtern gewöhnlich in der leidentlichen , jene erſtern hingegen ges
gewöhnlich in der thatigen Bedeutung genommen werden. Die
Menſchen idchen eine ausgebrochene Feuersbrunft, und 18 ,
den ſie aus ; das Feuer ſelbit aber , wenn es teine Nahrung
mehr findet, oder gedåmpft wird , erliſcht und verliſcht.
2) Loichen und Ausdrchen ſelbſt ſind alsdann daburdy
verſchieden, daß Lorch en bloß und allein die Handlung , wodurch
man ein Feuer zu tilgen ſtrebt, Aus1dden hingegen zugleidy
auch ihren Erfolg andeutet , daß nåmlich das Feuer dadurch aus
geniacht wird , d. i. gånzlich aufhdrt ( S. Uusrichten .) Wenn
eine Feuersbrunſt weit um ſich gegriffen hat , und von einem hefs
tigen Winde angeblaſen wird , ro muß man viel und lange 18 .
fden , ehe man ſie au sidden tann.
Nicht ſo augenſcheinlich iſt die Verſchiedenheit zwiſchen Er ,
18fchen und veridichen, und im gemeinen Sprachgebrauche
dürfte wol ſehr häufigauf dieſelbe teine Rückſicht genommen wers
den. délung ertlårt Eridfchen für edler als Ber18 .
fchen. Das kann man zwar nicht läugnen , darf aber noch fra .
gen : worauf es beruhe ? - Zuleft ohne Zweifel auf den eigents
lichen Bedeutungen dieſer Wörter. Es hat nåmlich Ber in Bero
18ſchen den Begriff des Entfernens (S. 2 ufichieben. Bere
ſchieben ); Er in Erldſchen den Begriff des Gånzlichen, des
Bollendeten (S. Erorů den ). Werloſchen deutet daher von
einein brennenden Körper an , daß das Brennen von ihm ents
fernt werde ; Erlöſchen , daß es pollendet fey , und zwar
insbeſondere alsdann , wenn alle Nahrung für das Feuer verzehrt
ift. Eine Lampe erliſcht, wenn ſie tein Öt mehr hat; ſie vers
lift, wenn ein Windſtoß die Flamme von ihr weg blåst. Da
nun
240 Lofd
nun der Wegriff von Vollendung des Brennens mehr fagenb ift,
als der bloße Begriff von Entfernung deſſelben ; ſo liegt ſchon hiera
in ein Srund , warum Erladen edler iſt, als Verloſchen,
Einen andern führt der uneigentliche Gebrauch dieſer Wirter Hero
bei , wie nachher bemerkt werden ſoll.
3) Aus dieſen Betrachtungen låßt ſich zugleich erkennen,
wie die angeführten Wörter fich unterſcheiden , ſofern ſie fåmmte
lich auf einerlei Art, nåmlich entweder alle in der thattgen , oder
alle in der teigentlichen Bedeutung gebraucht werden. lord en
bezeichnet dann das thätige oder leidentliche Löſchen an fich felbft,
ohne Anſicht auf den endlichen Erfolg. Dieſen deuten die übris
gen Wörter mit an. Xusisſchen ſagt bloß, daß das Brennen
aus, ſev, daß es aufhöre; Berloschen , daß es von dem Körper
entfernt , und erloſchen, daß es vollendet ſey. Die lampe,
melche erliſcht, wenn ſie tein Öl mehr hat, und verlifdst,
wenn der Bind die Flamme von ihr weg blåst, iſt in beiden Fate
ten ausgeld dyt ; denn ſie hat aufgehört zu brennen.
4 ) Der uneigentliche Gebrauch trågt Lorohen und die
Abrigen Ausbrücke über : a) auf Dinge, von welchen bloß figürs
lich geſagt wird , daß ſie brennen . - Er hatte bei dem Fieber
einen brennenden Durſt, den er mit Nichts 1dfchen tonnte ;
1
b ) weil das Brennende leuchtet, ſchimmert, auf Dinge, die, auch
ohne zu brennen, bloß leuchten , ſchimmern , oder überhaupt, in
die Augen fallen ; Felbſt, wenn auch dies nur uneigentlich von ihs
nen geſagt werden tann. Leibniz hat ſich durdy Teine un ,
fterblichen Erfindungen einen Ruhm erworben , der nie eriss
fden wird. Dagegen gibt es auch Menſchen, die ſich durch uns
ausiddliche Schandflede brandmarken. c) Wenn das Das
fern eines Dinges aufhört , oder aufgehoben wird ; ſo wird daffels
be unſcheinbar, fält nicht mehr in die Augen. Daher gebraucht
man loſchen , Auslofden , u. ſ. f. aud in der ganz allgemeld
nen Bedeutung: Daß das Daſeyn von Etwas aufhöre oder aufges
hoben werde. Der Mannesſtatnm dieſes fürſtlichen Hauſes
tft erlorden. Das Loch papier 18fchet Dintenplece
aus , indem es durdy Einſaugung der Dinte ihr Daſeyn aufhebt.
Benn nun ein edles Geſchlecht austirbt , oder ſonft etwas
Edles und Wichtiges aus dem Daſeyn verſchwindet, und in einem
ernſten
Lof 241
enften oder gar feierlichen Tone davon die Rede ift; fo wird EES
18fchen geſagt; weil dieſer Ausdrud alóbann am beſten paßt,
indem er etwas Edles an ſich hat, was die übrigen nicht haben
(Nr. 2). Dieſer Gebrauch aber wirtt wieder zurück auf das Eole
bes Austrudes und vermehrt daſſelbe. Denn die den Gegenſtån,
den zutommenden Begriffe des Ernſten und wichtigen , vertnús
pfen fich mit ihm als Nebenbegriffe, welche bei dem Gebraude
derſelben wenigſtens buntel in der Seele fich reger. - Aus dies
Fen Gründen wird auch von einer unedlen und ſtråflichen Leidens
ſchaft lieber Perischen alø Eridſchen geſagt.
Berlord die Rade wie das Licht der Soune !
Osthe.

Lofustg. Zeichen.
üb. Was dazu dient, etwas anderes daraus zu erkennen .
Wenn ein Feldherr den 26theilungen ſeines Heeres, die er an
verſchiednen Örtern aufgeſtellt hat, Befehl ertheilt, daß ſie bei
dem erſten Schuffe, den er aus dem groben Geſchütze werde thun
laflen , gemeinſchaftlich angreifen ſollen ; ſo ift ihnen alsbann die
ſer Schuß die fofung und das Zeichen zum Angriffe. Sie
ertennen aus demſelben , daß fie angreifen ſollen .
B. Zeichen , mit Zeigen und Beiben unmittelbar
gerwandt, drückt den angegebenen Begriff ganz allgemein aus,
und hat alſo weiter feinen beſondern Nebenbegriff: Loſung ift
ein Zeichen , wonach freie Beſen in ihren Handlungen ſich richs
ten ſollen , oder nur wirklich ſich richten . Dieſen Sinn hat das
1
Wort offenbar, wenn es in dem engera Berſtande genommen
wird, in welchema es jekt am gebräuchlichſten iſt. Denn da bedati
tet es , wie Feldgeſchrei, ein den Mitgliedern eines Kriegs
heered gegebenes, den Feinden unbetanntes Wort, worán ſie ſich
ertennen ſollen , um nicht aus Irrthum feindlich gegen einander
ſelbſt, ober gegen Feinde freundſchaftlich zu handeln ; ingleichen
auch , wie das fremde Signal, ein jedes andre Zeichen , wonach
fie bei einem Angriffe, oder überhaupt bei einer Unternehmung
fich richten ſollen.

Einaverwandte Worter. 3 : T6.


242 Lof.
Ble hatten aber eine forang mit einander, die Waager
DOD Jsrael und der Hinterhalt , mit dem Schwerdt úber Rie za
fallen , wenn der Kaud von der Stadt id er húbe.
Xido to 20 , 38 .
Aber auch , wenn Lorung im weitern Verſtande gebraucht wird ,
ift jener Begriff dabei nicht zu vertennen . Denn eine Martfon
Tung . B.; oder Grenz ( oſung , iſt ein Zeichen , wonach
Menſchen fich richten ſollen ; ſie ſollen die dadurch bezeichneten
Grenzen beobachten. Ober, wenn Dreft, in den Drtus fich vers
Tegend, zu ſeinen Ahnen ſagt:
Seht euren Soba ! Beift fba willkommen !
suf Erden war in unſerm Hauſe
Der Oruß des Mords gewiſſe lofung.
Obthe.
fo iſt auch hier lofung ein Zeichen , welches eine freie Hands
lung ( einen Mord ) verkündet. Und eine ähnliche Beroandts
niß hat es mit dieſem Ausdrude in folgender Äußerung gías
bedens ;
-
Die Bruderfehbe
tot alle beilgen Bande der Natur
Dem allgemeinen Streit die kofung gebend.
diller .

enn dagegen von andern Zeichen die Rede iſt , durch


Welche entweder gar teine freien Handlungen , oder ſolche, die
fchon geſchehen find, angedeutet werden ; fo wird niemals lps
ſung dafür geſagt. Die Morgenrdthe iſt ein Zeichen von dem
Herannahen der Sonne ; aber feine Lorung, und , wenn die
buntle Rdthe des Geſichts ein Zeichen iſt , daß Semând zu viel
getrunten habe; fo tann fie doch nicht eine Loſung genannt
werden .
Der angegebnen Begriffsbeſtimmung ſagt auch die Ableis
tung zu. Denn, meiner Überjeugung nach, tommt loſung
von dem alten Lofan her, welches hören , horchen bedeutete:
Er lolota iro worte ;
Er bordte anf ibre Worte 3
Otfr. l. 221 69.
und , nach #delung , nod jeßt in dieſer Bedeutung im Obers
deutſchen vortommt. Davon ift forung zunächſt zwar der
Zuſtano
Lof. Lot. 243
Zuftand des Hörens oder Borchens felbft (S. Bezug. Bezier
bung.) , davon aber, nach der ſo gewöhnlichen Bertauſchung des
Perſönlichen init dem Gegenſtändlichen , auch das , worauf
gehorcht, oder überhaupt, geachtet wird , um ſich darnach za
richten.
Udelung will zwar Lofung lieber zu fos ( Sors) rechs
nen. Allein er hat teinen erheblichen Grund für dieſe Meinung
anführen tonnen . Denn , daß Opik Cofung anſtatt Los fagt,
tann als ein ſolcher Grund nicht gelten , obgleich dies auch jest
noch gebräuchlich iſt.
Daß deni Soldaten fann alles werden ;
Denn Krieg i jegt die kofang auf Erden .
Soilter.
Denn die gedachte Form tam ehedem in mehren Bedeutungen
por , und drůdte unter anderm auch ſo viel als Erldſung aus.
Teta lofuaga finemo folke ;
Bewirkte (that). Erlöſung feinear Dolfe.
& at. s , 14
Auf teinen Fall fönnte dadurd, der Anſtoß gehoben werden,
daß der Begriff des Zufalls, des Ungefährs, toeicher, nach ades
lung ſelbſt, bei lo $ zum Grunde liegt, nach der Bedeutung,
worin wir loſung gebrauchen, gar nicht zuſammen ſtimmt.

Lotterbube. Lump. Schuft.


lib. Xusdrüde des gemeinen Lebens, einen nichtswürbigen,
serådhtlichen Menſchen anzuzeigen.
B. Die beiden erſten Börter deuten zunächſt auf die Bes
ſchaffenheit eines ſolchen Menſchen ; das lekte auf die Berachtung,
die ihm widerfahrt. Denn schuft ift aus dem niederdeutſchen
Schufuut, Schiebaus , entſtanden , welches ein Ding, das
man allerwärts aus oder weg liebt, bedeutet, und nicht al. 1

lein von der Eule, die von andern Bögeln, wenn fie ſich am Tage
ſehen laßt , weggebiffen wird, ſondern auch von einem Menſchen ,
den Jedermann verachtet und von ſich ichiebt, gebräuchlich iſt.
fump hingegen, wofür in der zwar niedrigen , aber tråfs
tigen Sprache des gemeinen Lebens nicht ſelten auch Lumpen ,
hund
244 Lot.
hund geſagt wird , bezeichnet eigentlich einen Menſchen , der to
Lumpen einher geht; geſchehe es nun, weil Moth und Elend
thr dazu zwingen , oder weti filziger Geiz ihn dazu verleitet. Dai
von aber auch einen Menſchen , der das Niedrige und Nieders
trachtige an fid hat, was Noth und Elend, und Fahmußiger Geiz
mit ſich zu führen pflegen. Dieſe Bedeutung iſt auch aus dem
Zeitworte lumpen , das übrigens nur im gemeinen Leben ges
braucht wird , zu erkennen . Denn , wenn Semand fich nicht
lumpen låßt ; ſo heißt das ; er läßt ſich nicht unter die Lunipe
ſtellen , und das will ſagen : er ſcheuet einen zum Wohlſtande ges
hdrigen Aufwand nidt, den ein Lump , ſeiner arinſeligen Uins
fånde wegen , oder aus ſchmußigem Geige, vertneiden würde.
Lotterbube hat wieder andere Nebenbegriffe. Denn es
bezeichnet einen Menſchen , der niedrig , fchlecht, nichtswürdig,
mit einem Worte ein Bube ift, weil es ihm an aller Kraft zum
Guten , oder an dem feſten Willen , ſie zu gebrauchen , gånzlich
fehlt, Schwache und Schlaffheit find alſo unterſcheidende Merts
male befretben , -Uuf dieſen Begriff führt die Übſtammung ;
mag man nun die Stammſylbe Lot von demjenigen Lüd, wovon
auch füderlid her tommt (S. Ausſchweifend, ludert
lid ) , auf welche Berwandtſchaft die niederdeutſche form Code
der , für Lotter noch nåher hinzuweiſen ſcheint; oder auch von
fos , fore herleiten ; 1996 ebenfalls recht wohl zuläſſig fepu
würde. Denn die Bertauſchung von S und T ift überhaupt nicht
felten, und in dieſem Beſondern Falle um fo poeniger auffallend,
da eines Theils auf ganz ähnliche Art z . B. aus £ 0 $ ( fors)
fotterie geworden iſt, und andern Cheils noch Ausdrůde åbs
rig find, welche faft unvertennbar darauf hinweiſen , daß lotter
von £ 0 $ , loſe herſtamme; indem k. B. im Oberdeutſchen , in
einigen Gegenden wenigſtens, ein loſer Zahn ein lotterer
Bahn genannt wird.
Ehedem wurde auch ein Menſch , der den Leuten ein windis
ges Gewäſch ins Blaue hinein vorſchwagt, ein lotterbube ges
nannt. 216 Paulus zu Athen ſeine Lehre verfündigte,
Sprachen Etliche: mas wir diefer Lotterbube fagen
Ellide aber : es fiebet als wollte er dette Ootter perfúndigen .
poh . 6. 17, 18 .
delung,
Lor. Låg. 245
adelung , welcher anfährt, daß Loodern für albernes
Zeug fchwagen , nod jegt im Mecklenburgiſden gebrauchlich ren,
beziehet das Wort in dieſem Sinne auf denjenigen Stamm ,
von welchem plaudern hertommt. Ringegen in der vorges
dachten , gerodhnlichen Bedeutung fol daſſelbe feiner Meinung
nach , zu dem Geſchlechte von Lodern, Schlottern u. P. F.
gehören , und folglich eigentlich ein ganz anderes Wort ſeyn.
Wenn aber , wie ich angefiihrt habe, der Stamm von ļotter in
Los zu ſuchen eft ; fo tann hieraus auch die Bedeutung leicht abs
geleitet werden , in welcher lotterbube einen albernen , wins *

digen Sdwager anzeigt. Denn , was ein ſolcher ſchwart, ift


loſes Zeug ; es hat teinen vernünftigen Zuſammenhang, und teie
nen feſten Grund , worauf esberuhet.

Edderlich. Ausſchweifend. Zügellos. 6. Ausſchwei,


fend.
Låge. Unwahrheit.
üb, ofern Zemand eine unwahrheit oder eine Bage .
fagt, behauptet er Etwas, was nid)t auch in der That Statt fins
det ;: fer es ' nun , daß er die Gedanten nicht hat , die durch
Feine Worte bezeichnet werden , oder daß die Dinge, die er wirt.
lido fich denkt uno durde ſeine Worte andeutet, nicht tatt finden .
2. Unwahrheit bezeichnet, wie aus ſeiner Zuſammens
ſegung erhelfet, den angegebnen Begriff ganz allgemein ; alſo auch
für den Fall, wenn derjenige, der die Unwahrheit ſagt , fels
ber im Irrthume iſt, und ſie für Wahrheit hålt. Wer uns von
etner wichtigen Begebenheit, in dem guten Glauben, daß fie wirt,
lich geſchehen ſev , Nachricht gibt, der hat uns dennoch eine uns
* Wahrheit geſagt, wenn ſich nachher findet, daß pieſelbe nicht
geſchehen ift.
Mit låge verbindet man den Begriff des Unfittlichen,
Prichtwidrigen, Strafbaren. Das erhellet aus den Berbindun .
gen , in welchen dieſes Wort gebraucht wird.
Hatergang der fágen brut!
diller .
>
246 Lig ..
im
web ber tåge ! Sie befreiet midt,
Bie tedes andre wahr geſprochne Wort,
Die Brot; lie macht und night getroff , fie ångftet
Den , der ſie beimlich ſchmiedet, und fic kehrt,
Ein los gebrúdter Pfeil, von einem Gotte
Dewendet und verlagend , fich zurúd
Und trifft den Sdukea .
ötbe.
Berdammte Sunft , die eigen britet !
Krummader.
Auch weiß man, wer der Vater der Lügen , genannt wird,
und was von dieſem Water zu erivarten iſt.
Rur bleibt noch die Frage: worin das Unfittliche und
Strafbare einer lige beſtehe, und was eigentlich der Grundbe
griff dicfes Wortes rey ?
Ich glaube: der Begriff des Berheimlichens, des abfiants
lichen Berbergens. Das ſcheint aus ſeiner Abftammung zu fole
gen. Denn ohne Zweifel hat udelung Recht, wenn er edge
Ju dem Geſchlechte des Wortes Loch rechnet, in ſofern dieſes
einen hohlen Raum überhaupt bedeutet hat. Das fáut noch flås
ter in die Augen , wenn man bedentt, daß Loch ehedem in der
Form Luog , Luag und Luage gebräuchlich war, und einen hohe
len Raum , eine Höhle ins befondre, anzeigte. (S. chiller.)
Daher, da ein Loch, eine Sohle, zum Verbergen dient, ift Låge
urſprünglich eine Berhehlung , Berheimlichung, abſichtliche Ver.
Bergung der Wahrheit ; fotglich eine mit Wiffen und Widen ges
ſagte Unwahrheit,
Bierin nun eben beſteht das Unfittliche, Pflichtwidrige und
Strafbare der Lüge. Denn es iſt nach den trengen Site
tenlehrern , zu welden 3. B. Kant gehört, unyedingt und in ale
len fåtlen , nach Andern wenigſtens doch in der Regel - Lus
gends und Pflichtverlegung, Jemanden mit Wiſſen und Wider
die Unwahrheit zu ſagen. Denn , abgeſehen von den fållen , wo
dies eigentlicher Betrug und rechtswidrig ſeyn tann ; ſo wider:
ſtreitet es unbedingt oder der Regel nach der Achtung
für die Menſchheit in uns ſetoft und in Andern , die uns heilig
ſeyn roll
Adelung
Lúg. 247
Adelung fagt: in der Sittenlehre beſchreibt man die
L'âge gemdhnlic, als eine Unwahrheit, welche zum Schaden des
9

Undern gereicht. Allein man darf nur ein wenig, auf den Ges
Graud Acht geben , so wird man finden , daß dieſe Einſdyråntung
ungegründet iſt." Sehr richtig. Wenigſtens mußte es heißen!
etne Lüge Tey eine Unwahrheit, in der 26ſion t, Andern zu
ſchaden ; weil der ſittliche Berth oder. Unwerth einer Handlung
überhaupt nicht in ihrein toirtlichen Erfolge flegen tann . Aber
auch ſo wäre dies eine ungegründete Einſchrántung des Bes
griffet. Denn wenn jemand mit Wiffen und Millen eine Uno
wahrheit ſagt, ro lågt er, er mag die Abſicht, Andern daduro
zu ſchaden , haben oder nicht,
Ja , in der weiteſten Bedeutung, wird Lüge audh anſtatt
Huwahrheit ſchlechtweg gebraucht; wo es alſo nicht einmal
den Begriff mit ausdrückt, daß der Kedende der Unwahrheit
als ſolcher ſich bewußt fey . Alsbann unterſcheiden ſich beide Auss
drůde bloß dadạrch , daß Lüge Hårter und verächtlicher iſt.
Dieſes aber fcheint darin zu liegen , daß Lüge wenigſtens ans
deutet, der Hedende habe die Unw å hrheit, die er ſagt, als
ſolche erkennen tönnen und ſollen , er ſey alſo durch ſeine Schuld
ſelber getäuſcht, es fehle ihm alſo an Urtheilstraft oder an ſchuts
biger Aufmertſamteit.
So widerſprachen die Drate fide,
Den Flat zugleich und Gegen auf das Haupte
Der Todter legends
Ein Mund bat wie der andere gelogen !
Die Kunft ber Seber ift ein eitles Nichts
Betruger ftad fle, oder find betrogen.
diller ..

Bor dem Zeitworte lügen bemertt Adelung noch : „ Este


nem låger , ihm eine Lüge vorſagen " fey im Hochdeutſchen
ungewdhnlich, tomme aber doch bei Luther vor.
Warum hat der Satan dein Herz erfädet, daß du dem Bela
figen Geifte fåget
Av. Serd . s , 3 .
Es ift indeffen dieſer Sebrauch nachher gewohnticher geworden,
Aralitig
248 Lág . Luft.
Analitig her , du lágf bem emgen lidt!
Did trieb des eritteids fromme Stimme nidt. le
6 dillet.
Aus dieſem Beiſpiele, und vielen ähnlichen dat luge
C

!ågt nicht, u . dergl. - erhellet zugleich, daß lúgen auch uns


eigentlich von Unwahrheit gebräuchlich iſt, die nicht durch Worte
ausgedrückt wird, ſondern auf andre art fich fund gibt.
Die Zauberin ! Wie ungezwungen fåget
Ihr fobambaft Zug'! und wie behutſam wird
Dafár geſorgt, daß Paris Richts verliert!
Wieland.
*

Luftbirne. Meße. Sure. ( Freudenmádchen .)


Üb. Eine Weibsperſon, welche thren Leib zur Befriedigung
des Geſchlechtstriebes feil hat,
B. Die beiden lebten Wirter hat Eberhard verglichen.
Es werden aber die verworfenen Geſchöpfe, welche durd dieſe
Wdrter bezeichnet werden , betanntlich auch Luftdirnen ge
pannt; und es iſt die Frage, wie dieſer Ausdruck von jenen vers
ſchieden ſey ? Dieß erhellet aus ſeiner Zuſammenfeßung.
Dirne Bedeutete zwar ſonſt, wie das niederdeutſche Deren
noch jest, ein Mädchen überhaupt, ohne irgend einen niedrigen
oder gar veráchtlichen Nebenbegriff.
Ju jenen goldnen Tagen dann ,
Bo ? gilt uns gleide , lebt eine junge Diras ,
Das angenehmie Ding , dat man
Ørit einem Oddferſtab* und Mofen um die Stirne
Cid Denken mag.
Mieland.
Wie mande frifde Dirne
Sumintt fide ans jenem Bade !
Bagedora 6. a .
Allein es wurde dieſes Wort, wie #delung,anführt, audy chon
ehedem in der Bedeutung einer ure gebraucht. Das mag
mit ſeinem urſprünglichen Sinne zuſammen hangen. Denn zuerſt
hat es ohne Zweifel eine flavinn angezeigt, ſo wie noch jest
Taerna im Schwediſchen , Therng im Folándiſchen eine Magd
ausbrudt.
Luft. 249
ausdrådt. Die Stlavinnen aber waren es eben , die zu unteus
ſchein Umgange gemißbraucht wurden ; und es hat daher mit dem
Ausdrucke Dirne eine ähnliche Bewandtniß, wie mit dem Wors
te sebsweib. (8.Kebsweib. Beiſchiaferinn.). Uus der
gedachten urſprünglichen Bedeutung wird dann der Begriff der
Niedrigkeit ertiårlich, den das Wort Dirne jest im Hochdeuts
ſchen einſchließt; und zwar entweder der außern Miedrigteit
weon e$ von ledigen Eschtern gemeiner Leute geſagt wird,
oder der fittlichen Niedrigteit, wenn man es von unzüchtigen
Weibsbildern gebraucht.
Dirsen die ließ er gar nidt paffiren
Muften ſie gleto pur Sirde fábren.
dilter . .
Es wurde der Gerichtegebraude der Reſiden , erzábit , daß ein
sú o tiget maddin jeben , noen eine folde Dirne das
za 'ráble, in den Bater ibres Wurms vertebren fonne , blog
durd ihr Eidwort,
Sr. Xidter.
Das Xort luft ferner bedeutet zwar angenehmes Gefühl
dberhaupt, im engſten Sinne aber, vorzüglich in Botluft ,
nach einer gewohnlichen Synetdoche, diejenige Luft insbeſondere,
die für die ſtårtſte von allen gilt, o. t, die mit der Befriedigung
des Geſchlechtstriebes verbunden iſt , und die, nach einem befanns
ten Sprachgebrauche, auch Fleiſdesluft genannt wird.
Dierem zufolge bezeidsnet Luftdirne eine gemeine, der ,
achtliche, ledige Weibeperſon , die fide preis gibt, der Geſchlechtes
luft Anderer zu frdhnen ; beſonders , wenn ſie ſich für Bezahlung
einem Jeden ubertáßt, indem dies der tieffte Grab der Berwors
fenheit ift
Hieraus erheliet, wie kaftdirne von Meße und Bure
verſchieden ſey. Denn
1) iſt eine fuftdirne ein lebiges Weibsbild; Meßen
und Huren tännen verheirathete ſeyn.
2 ) Luftdirne bezeichnet die verworfenen Geſchöpfen von
welchen die Rede-ift , von der Seite, daß es angtbt, wozu fie dies
nen ; nämlich zur Luft, in der vorgedachten Bedeutung. mese
und pure enthalten von dieſem Begriffe Nichts ; man mag nun
sure
!
250 Zuft.
Hure von şeuren , miethen , oder von Hor, Schmuk, Soth
ableiten ( Ø . Hurerei : Unzucht), und Wete zu dem Ger
ſchlechte des Wortes Mädchen oder des Uusdruckés .Miethen
rechnen . (S. Adelů n'g.) ,
Ånſtatt Luftdirne hat man auch Freudenmådchen ,
wie die Franzoſen Fille de joye , geſagt. Allein , obgleich der
Sprachforſcher ſich nicht ermächtigen tann , dem @prachgebrauche
Vorſchriften machen zu wollen ; ſo darf er doch bedauern , daß To
ſchöne Worte zur Bezeichnung des Schåndlichen gemißbraucht wer:
den ; und den Sittenrichter muß es empdren , wenn er ſiehet, daß
man den widrigen Eindruck, den der Gedante an das Schåndliche
machen ſoll, durch beſchönigende Ausdrücke zu mildern , oder ganz
auszulöſchen ſtrebt. Man laffe den Franzoſen ihre filles de joye,
und ſcheue ſich nicht, ſie Kuren fu nennen . Der ſtarte Zuse
drud hilft den Hoſcheu vor dem Prabſcheuungswürdigen stårten,

Luſtig." Ausgelaſſen. 6. Ausgelaſſen.


Luſtigmacher. Spaßvogel. Poffenreißer. Hansmurft.
Harlekin.
üb. Wer die Fertigteit und die Meigung hat, Sachen zu
erregen.
V. Luftigmacher Heißt ein ſolcher, ſofern er die Leute
luftig macht (S. ausgelaſſen. Euftig.); Spaßvogel ,
fofern er lachen erregende Scherze vorbringt. (S. Sders.
Spaß , 6. Eberhard .) Dieſe Ausbrücke unter cheiden ſich ale
fo dadurch, das der erſtere auf das Perſonlidie, der andre auf das
Gegenſtåndliche gehet. Denn der erſtere weiſet auf das , was in
den Perſonen bewirtt wiro (luft), der andre auf das, wodurch
es bewirkt wird (Spa ). Überdem enthalt Spaßvogel eine
figur, welche in Luſtigmacher nicht enthalten iſt. Denn
Vogel gebraucht man , um einen leichtfertigen , verſchmigten
Menſchen zu bezeichnen , indem man einen ſolchen einen loren
wogel nennt ; ein Bild , das nach Udelung & Bemertung,
pon der Beweglichteit und Flüchtigkeit eines Bogels hergenoms
men iſt.
Ein
Luft. 25 !
Ein Poffenreißer iſt derjenige, der porfen (s.
fra ke. Porfe) treibt, und dadurch Lachen erregt, oder zu erres
gen (trebt. Der zweite Theil dieſes Wortes iſt von Reisen in
der Bedeutung: laut und ſtart reden ; in welcher Bedeutung 3. B.
in der niedrigen Sprechart: das Maul aufreißen , geſagt wird.
Bon luftigmader ift poffenreißer auf eben die Art zu
unterſcheiden , wie Spaßmacher ; von dem lestern aber dadurch
daß es mehr einen gemeinen , niedrigen paßmacher anzeigt.
Denn , wenn gleich Spaß von Porfe ohne Zweifel abgeleitet
ift ; ſo iſt doch in dieſer Ableitung bloß der Begriff des lachen Ers
weckenden von dem lektern Worte auf das erſtere åbergetragert.
Nun tonnen aber auch feine, geiſtreiche Scherze Lachen erwecken
oder zum Lachen ſtimmen , und alſo 1
på be feyn , und uns bes
Inftigen.
Was nas betrifft , die gern fokratijd lachen,
Has dient or ( Lucian ) oft zum wabrea desfulap
Er treibt die Biabungen der Seele ſanft uns ab,
Und weiß die Sunft, mit Ladeln oder Laden
Uns flúger oft , vergnügter fets zu maden .
ielaad.
Solche feine und geiſtreiche, und flåger und vergnügter machende
påße aber, wie die Lucianiſchen Scherze, find teine Porren,
fondern nur @ påße von geringerer und plumperer Art können
unter die poffen gerechnet werden ( S. frane. Porre );
daher man dieſe legtern auch in dem Ausbruce Porſenſpiel
von dem ſogenannten hohern Komiſchen unterſcheidet. A170 folgt:
nicht jeder Spaß mader ift auch ein porrenreißer ; of
gleich umgekehrt jeder Porrenreißer ein Spaßmacher iſt:
Hansw urft fügt zu dem Begriffe eines niedrigen lu .
Higmachers noch den Begriff des Veråchtlichen hinzu. Denn
ein hanswurft iſt ein Menſd), der ſich zur Beluftigung Under
rer von ihnen alt hans gebrauchen läßt, um bei ihnen zu ſchmas
rogen, (eine Wurft zu verzehren ). Freilich ſollte das Wort, bei
dieſem Sinne , der Sprachåhnlichteit gemäß, eigentlich Burto
hans heißen . Aber die Abweichung in ſeiner Bildung kommt
ohne Zweifel daher, weil es nach dem Franzöſiſchen Jean potage
ift gebildet worden . Der Borňame Johann , Hans wird in
vielen Sprachen ſo gebraucht, daß man einen einfältigent, fich las
cherlich
Luft.
cherlich madenden Menſchen damit bezeichnet ; und man seket
noch einen Ausdruck , der eine Speiſe oder ein Getrånt bezeichnet,
Hinzu , wenn man einen Menſchen andeuten will, der ſich als
Sans gebrauchen (åßt, um zu ſchmaroken. Die Franzoſen ras
gen Jean patage , die Engländer Jack Pudding, und ſo
die Deutſcher : Hansw urſt." Es hat daher auch gar nicht das
Auffallende, was Einige darin Haben finden wollen , daß dieſe
Xuddrade, für einen luftigmacher , vom Effen und Trinten
her genommen find. Denn ſie ſollen urſprünglich nicht einen lus
ftigma der åberhaupt, ſondern einen ſolchen bezeichnen , der
#tift , um zu ſchmarogen .

Barletin , son dein ital. Arlequino, nannte man die


Iuſtige Perſon , die in den Luft- und Poffenſpielen vorzufommen
pflegt, und unter andern Namen und in verfeinerter Geſtalt
- noc vortommt. Ein ſolcher Karlefin war nun zwar im .
mer ein luftigmacher , oder ſollte es wenigſtens ſeyn ; denn
gerade hierin beſtand der weſentliche Zweck ſeines Daſeyno auf der
Bühne. Aber er war nicht immer ein gemeiner Poſſen reis
Ber , indem er oft auch (in dem ſogenannten Hdhern Komiſchen )
durch wißige Einfälle, edlerer Art und durch feinere, geiſtreiche
cherze, Spaß zu machen und die Zuhdrer zu beluſtigen
fuchte. Mod viel weniger war er , in ſeiner Rolle auf der Büh:
ne, ale mal ein answurft, in der angegebenen eigentlichen,
verächtlichen Bedeutung dieſes Wortes, ob er gleich im gemeinen
Leben , nach der ſo häufigen ſynetbochiſchen Erweiterung des Bes
griffes pieres Wortes, gewöhnlich ſo genannt wurde. Denn er
ſtellte nicht immer einen Menſchen vor , der ſich als Luftigma .
cher preis gibt, fic alo sa n $ gebrauchen läßt, um ju
omaro gen.
Dagegen tann man ſagen , daß der Barletin alle Mal
ein pavogel oder Spaßmacher war. Denn lachen durdy
feine Scherze und Schwånte zu erregen , oder dazu wenigſtens zu
ftimmen , war alle Mal fein Zwed .

In der Folge wurde denn die Benennung Harletin von


der luſtigen Perſon auf der Bühne auch auf andre , ihr ähnliche
Perſonen außer der Bühne übergetragen ; und zwar nicht allein
in
f

Luft. 253
in der eigentlichen , ſondern auch in der eben erwähnten weitern
Bedeutung.
Was den Urſprung der Benennung anlangt , ſo iſt dieſer
mir wenigſtens, unbekannt. Denn, wenn man anführt, daß ein
gewiffer Arlotto , ein luſtiger Dorfpfarrer in Tofcana, dazu
Veranlaſſung gegeben haben ſoll; ſo iſt das keinesweges erwieſen.

Luſtwandeln . Sich ergehen. 8. Sic ergeben .

N a ch trag
zu der Bergleidung der Wörter : Bahnrei und Adrners
tråger , S. 11.
Ich finde angeführt, daß ſchon im 15ten Jahrhundert im
Franzdfiſchen Faire Johan : zum Hahnrei machen , bedeutet
· habe. Das gründet ſich darauf, daß der Taufname Johann und
ſeine Verkürzungen und Berſtümmelungen ſchon långſt in mehren
Sprachen häufig gebraucht wurden , einen einfältigen , ſich låchets
lich machenden Menſchen zu bezeichnen. (S. Luſtigma cher).
Es iſt daher nicht unmöglich , daß unſer Hahnrei nady dieſem
franzöfiſchen Ausdruce, oder auch , ohne Hinſicht auf denſelben,
nach einer ähnlichen Verbindung der Begriffe iſt gebildet worden .
Nämlich es tann reyn, daß das Wort ehedem Hanrih gelautet, und
einen , der fich von ſeiner Gattinn betriegen låßt , als einen for
hann , einen Hans, ( einen lächerlichen , einfältigen Menſchen )
bezeichnet hat, ( wegen des Rih ſ. Hahnrei. Hornerträger);
und daß dann erſt nachher , als der wahre Urſprung des Wortes
verdunkelt war ; der Begriff des Hahnes, wegen der Ähnlichs
teit des Klanges zwiſchen Hahn , und sän , ſich eingeſchlichen
hat.
Alsdann würden freilich beide ausdrücke , Hahnrei und
ødenertråger, darin überein tommen, daß ihnen urſprünge
lich der Begriff von Dummheit zum Grunde låge , und ſich nur
dadurch unterſcheiden , daß Hahnrei überdem noch den Begriff
daß ein ſolcher fich lå cherlich mache, einſchloſſe.
Sinnverwandte Wörter . 3r, 26. x Beide
3
.

254 Nachtrag.
Beibe Ausbrüde geradezu zu gebrauchen , iſt zwar in der
feinern und gebildetern Sprache nicht mehr üblicy ; aber das Bilds
liche, was ſie enthalten , wird doch , wenn auch durch Umſchrets
bung, durch bloße Anſpielung u . f. f. verſteckt, ſehr häufig ges
braucht, einen betrogenen Ehemann zu bezeichnen .
Sie flammte node , von Eris angeldúrt,
Die Febbe , ohne die Fürft Priam uabezwungen , .
Adilens Zoro und Sektor nabeſungen ,
Herr Renelas am Borbaupt ungeziert ,
Und ſeine idóne Srau , ju ibrer größern Ebre
Uns unbekannt gebiteben wäre.
Wieland.

Verzeich ,
Verzeichniß
der in dieſem Bande verglichenen Worter.

21.
Seite Seite
Afsleiter 35 Urglift 43
Ampel 168 Ausgehobit 48
Anbeim ftellen 31 Auslöſchen 238

B.
Baden 127 Beluden 32
Sai 6 Biene 73
Bárme 25 Bloc 130
Bart 120 Bole 205
BeinFleiber 57 Bottic 150
Beildláfering 110 Brode 148
Belén 122 Brojams 148
Bemad tiger 4 Budet 6
Beſchwerlich 183 Huder 45.-57
Befiger 79 Butte 150
D.

Dedel, 123 Didbein 210


Derb 116 Drillen 59
Desgleichen 79 Dringend 86

eingezogen 23 Erlóiden 238


Emſonitt 114 Erldſer 28
Erdapfel 107 Erträglide 207
R 2 F.
254
Beibe au Britt 165
feinern und gebil
liche, was ſie ei 臺
bung , durch blo Sultan

braucht, einen 6
Sind
Sie filo 防 fulm
bin 历 gure
Die Fe
Achiller sittel 5 போரில்
Herr 2 ம் Sutrait
Uad rei 在 Tutool
Uns un 应 Súpe
$ girl
Hírglice
utady
360
Firzaele

=

卡特 sp
语音


望 品现
目这图,。足見, 望 a

போ hiar
Langt
2ange
வரலாம
Aஉiவ is்i
rit y te
Berzeichniß der verglichenen WBdrter. 259
bt machen Seite 217 Lint Ceite 225
big 206 Lintiſo 225
Slide 207 Lints 225
nen 208 Linnen 208
iwand 208 Lispel 229
faden 209 Lift 43
pe 211. Lifte 231
212 Loo 233
bte 168, 215 Lodig 256
btex 218 fos +

200
215 Lordben 238
len 217. 218 Ljung 241
219 Lotterbube

ben
219 fúgei 245
pflidt 22 Lump
ing 219 Luftdirne 248
219 Luftigmader 20
166

M.
mete 248
rburen ) 6 QRuge 20

N.
blag 41 Neulido
claffenschaft 41 Printer 56
igen 202

ffnung 233

P.
Pfropfen 76 , 140 Poflenreifa 250
Pſúbl 360 #radt 36
Polfter 160

R.
Xand 104 Rif 131
Xaunen 229 Xiße à 131 .
Xegifter 251 Rollen
Ringen
139
196 Ráden ' 57
256 Verzeichniß der verglichenen Wörter.
F.
Saber Seite 209 Frei Geite 200
feld 27 Friſo 151
Stúftern .229

6.
Galdt 25 Gemeiniglich
Gebaren 147 Geſamtbeit
Getrauſelt 234 Gewiſſenspflicht 1
222
Getráujet 234 Olatt 102
Getúnftelt 155 Orille 189
Geliebte 219 Grotte 49

H.
Da Heim fellen 31
Habbaft werden 4 Heim ſuden
Or

Haferling
en

5 Held 34
e

Hadfel Hell machen 218


Hafen 6 Helm 19
Hageftolg 8 Herleiten 55
Habarei 11. 253. Herrlichkeit 36
Hafen 61 hi
Halb 13 Hinfällig 38
Halben 13 Hingang 39
Hafber 13 Hinten 65
Sand 15 Hinfend 40
Handlid 17 Higlangen 178
Handſdrift 15 Hinterlaſſen daft 41
Hanswurft 250 hinterlin 45
Harlekin 250 Hiątritt 39
Harmfos 18 Ho
Haube 19. 20 Hod 45
Bauen 105 Höchlid 45
Dauſen 21 Hóder
Hausden 66 Dofmeiſtern 46
Haustid 23 Hobt 48
He 1 Hölle 49
Dede 24 Holpern
Hefe 25 Hölzern 52
Heide 27 Holgtos 53
Deiland 54
28 Honig
Deimath 30 Honigreim 54
Heime. Heimbe 50 Hóruerträger IT
Horften
Verzeichniß der verglichenen Wörter. 257
Dorften Seite 56 Hufe Seite 61
Boſe 57 Humpela 65
Hu 1 hure 248
Hude 57 Hureret 64
Hubelin 59 Hütte 66

J.
Jawort 69 Inbalt 82
ge 91 Junere Pflicht 222

Jeder 71 Insgemein 84
Jedermann 71 Saftandig
Jedweder 71 Inzwiſchen 75
Jeglider 71 Job 86
gemalt 91 grosa 89
Ihre. Ihrige 73 Irdifo 89
Immer Irgend 91
Inmittelt 75 Jrrgläubiger 118
Impfen 76 Irrlicht 92
Inbegriff 78 Jrrmilde 92
Indeſien 75 Jučen 94.96
Ingleichen 79 Júngit 99
Jababer

se .
Raufe 66 Strafter 165
kabl 102 Slappe 125
Staute 104 flatſchen 125
Stappen 105 Kleben 127
Startoffet 107 Seleinod 141
tauen 107 Stlempera 129
stebomeib 110 Klimpern 129
Keimen 112 Splitſchen 125
Stcannig 153 Stlos 130
Sterbe 114 Stluft 131
Sternbaft 116 Stnaden 132,,
Sefer 118 Stnallen 152,
Steule 211 Knapp 107
Stindiſo 119 Snarren 133
Kindliche 119 Knaſtern 154
Stinn 120 Strattera 134
Kittel 121 Staauf 136
Stigel 96 Atneotſdaft 143
Släffen 122 Streifen, Sneipen 134
Stalden
258 Verzeichniß der verglichenen Wdeter
Seniden Seite 132 Strone Seite 145
Strirren 133. Strume 148
Sniftern 134 Strüppelig 40
Sautern 134 Stábel 150
136 Stufe 150
Stropf
Snúppel 137 Stúbl. 151
Aurrek 133 Kullern 139
Stouttel 137 Stunde 153
Stolera 159 Stúnflid 155
Storb 140 Stauftreide 155
Sortbarteit 141 Sunftvoll * 155
Straden 132 Stúpe 150
Stranz 143 Stáren 157
Sragen 94 Stúrglide 99
Traus 254 Kurzweile 160
Sreißen 147 Stuffen 160
Striegsbelt 34

L.
Labral 163 Langwierig 180
Labung 163 Lapperei 182
Lådela 164 Lappidet 183
fadern 164 Lappig 183
Ladater 165 Zat 86
Lade 166 Laftig 183
Laden 166 Laterne 168
Labm 40 Lai 185
Lampe 168 kaufen 196
Land 171 Laugnen 188
Lande 174 Laune 189
Lárder 174 Leben 193
Landere 171 Lebent 194
Landlaufer 174 Lebendig 194
Landmann 175 Lebbaft 194
Landſchaft 171 Leden 196
Landsmann 175 Leder 198
Laudftreider 174 Lederhaft 198
Landſtrömer 174 Ledig 200
Lang 177 Lebnen 202

Lange 177 Leiben 195


Langen 178 Leibeigenſchaft 143
Laugmuth 179 Leibhaft 204
Langmüthigkeit 179 Leibig 204
Langweilig 180 Leiblio 204
Leidet
Berzeichniß der verglichenen Worter. 239
Leidot maden Seite 217 lirt Ceite 225
Leidig 200 Lintiſo 225
Leidlid 207 Lints
Leinen 208 Linnen 208
Leinwand 208 Lispela
229
Leitfaden 209 Lift 43
Leade 211 Lifte
Lefea 212 Loo
Leuchte 168 , 215 fodig 234
Leudtex 218 fos 200
Lidt 1
215 Lolden 238
Lichten 217. 218 Ljung 241
Xieb 219 Lotterbube
Liebchen 219 Lúgei
Liebespflidt 222 Lump 245
Liebling 219 Luftdirne
Liebfte 219 Luftigmader
Lied 166

M.
måfis 17 Mest 248
Meerbuſen ! 6 MRÚBC 20

N. 1

Nadblag 41 Realid 99
Nachlaſſenſchaft 41 Ariften 56
Reigen 202

D.
offung 233

Pfropfen
P.
76. 140 Poffenreifa 250
Pfubt 160 Pradet 36
Potter 160

R.
Xand 104 RIB
Kaunen 131
229 Rige 131 .
Regifter Rollen
251 139
Rinne a 196 xuat 57
S.
або, Verzeichniß der verglichenen Worter.
S.
Sammeln Seite 213 Gittlide Pflidt Seite 222
Sdaben 94 Spalte 131
Gdeiterbaufen 53 Spaß 160
Scentel 211 Spafvogel 250
59 Spriegen 112
Sderen
Odery 160 Sproßen 212

Gdymadhaft 198 Stoff 82


Sdrift 15 Otolperu 50
Stuft 243 Stopfel 140
தக was 38 Stromer 174
claperei 143

I.
Sadelu 46 Sroduen 52

U.
überlaſſen 31 ' Uawahrbeit 245
Unſádlid 18 Uozucht 64
Unterfleider 57

P.
Bertebrt 225 Verídlagen 186
Pelaſſenſchaft 41 Berſpreden 69
Berlóiden 238 Berjeidai 231
Berneinen 188

W.
Q &bien 157 Willen 13
Regen 13 Wispern 229
Weiberfeind 8 Bifjendaft 153
* 24 Woonex 21
Berg
>

3.
241 Zuſage 69
Zeichen
Bildbeln 229 Riaden 134
150 Siider 154
Zober
gulangen 178

15
9
186

!
UNIVERSITY OF CHICAGO

097 227 017

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