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Forschungskolloquium des

Interdisziplinären Zentrums
für Dialekte und
Sprachvariation (IZD)
Sommersemester 2021
Gendering
Prof. Dr. Stefan Schaffner
Professur für Vergleichende
Indogermanische Sprachwissenschaft

Montag, 14. Juni 2021

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Zum Genussystem des
Urindogermanischen
Oder:
Wie ist das Genus femininum des Urindogermanischen entstanden?

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1. Das Verhältnis von Femininum und Kollektivum

1.1. Homonymie der Ausgänge Nom. Sg. f. ā-St. = Nom./Akk. Pl. n. o-St.
Nom. Sg. f. ā-St. Nom./Akk. Pl. n. o-St. Nom./Akk. Sg. n. o-St.
lat. fīlia ‚Tochter‘ dōna dōnum ‚Geschenk‘
ved. áśvā ‚Stute‘ dā́nā dā́nam ‚Geschenk‘
aav. aspā ‚Stute‘ uxδā uxδǝm ‚Wort‘
aksl. žena ‚Frau‘ polja polje ‚Feld‘
got. giba ‚Gabe‘ waúrda waúrd ‚Wort‘
 Annahme: Nom./Akk. Pl. n. < singularischer femininer Kollektivbildung
(1) Kollektivum: singularische Sammelbezeichnung, in der eine Mehrzahl von Einzelerscheinungen als Einheit
betrachtet wird (vgl. dt. Gebirge = ‚Komplex von Bergen‘, Gebüsch = ‚Komplex von Büschen‘).
(2) Priscian, GLK 2,61,21: Collectivum est, quod singulari numero multitudinem singificat, ut “populus”,
“plebs”.
(3) Sonderstellung des Kollektivums im Numerussystem zwischen Singular und Plural:
a) Kollektivum: synthetische, unzählbare Pluralität
b) (distributiver) Plural: analytische, zählbare Pluralität
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1. Das Verhältnis von Femininum und Kollektivum
1.2. Doppelplurale bei maskulinen o-Stämmen in mehreren Einzelsprachen
Nom. Sg. m. (distributiver) Nom. Pl. m. Nom. Pl. n.
1. Griechisch: κύκλος ‚Kreis, Reifen, Rad‘ κύκλοι κύκλα
κέλευϑος ‚Weg, Pfad‘ κέλευϑοι κέλευϑα
μηρός ‚Schenkel‘ μηροí μῆρα
2. Latein: locus ‚Ort, Örtlichkeit‘ locī loca
clīvus ‚Hügel‘ clīvī clīva
vir ‚Mann‘ virī numbr. uiro, ueiro /wįrå/
‚Mannschaft‘
3. Avestisch: daēuuō ‚Dämon‘ daēuuåŋhō daēuuà
4. Russisch: líst, -a ‚Blatt‘ listý ‚Blätter (Papier)‘ lístʼja ‚Blätter (Pflanze)‘
vólos ‚Haar‘ vólosy „Plurale tantum“ volósʼja
‚dichtes Haar“
5. Hethitisch: alpa- c. ‚Wolke‘ alpeš alpa ‚Gewölk‘

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1. Das Verhältnis Femininum und Kollektivum
1.3. Die Numeruskongruenz des kollektiven Nom. Pl. n. mit dem Singular des Verbums
1. griech. Xen. Ana. 4.3.19 καλὰ ἦν τὰ σφάγια
(σχῆμα Ἀττικόν) gut-N.Pl.n.Präd-N. sein-3.Sg.Impf. det.Art.N.Pl.n. Opfer-N.Pl.n.

„Gut (günstig) waren die Opfer“


2. heth. Kbo 3.34 ii 18-19 mĀškali=ma uddār arāiš
PN-D./L.Sg.=aber Wort-N.Pl.n. erheben-3.Sg.Prät.

„Gegen Aškaliya aber erhoben sich Worte“


3. aav. Yasna 28.2 āiiaptā rapǝṇtō daidī( xvāϑrē
Glücksgut-N.Pl.n. Unterstützer-A.Pl.m. setzen-3.Sg.Opt.Präs. Wohlbehagen-Lok.Sg.n.

„Glücksgüter können die Unterstützer in Wohlbehagen (ver)setzen“


4. aruss. moja bratьja prišьla
mein-N.Pl.koll. Bruder-N.Pl.koll. kommen-3.Sg.Prät.

„Meine Brüder sind gekommen“


In anderen Sprachen: constructio ad sensum (z.B. lat. dōna bona sunt ‚die Geschenke sind gut‘).

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1. Das Verhältnis von Femininum und Kollektivum

1.4. Nom. Akk. Pl. n. < singularischer Kollektivbildung


(1) Johannes Schmidt, Die Pluralbildung der indogermanischen Neutra.
Weimar 1889: 8-9: „Diese in mehreren zweigen unseres Sprachstammes
sich zeigende Erscheinung, dass zu masculinen singularen ein neutraler
p[l]ural auf -ā gebildet ist, lässt sich nicht als geschlechtswechsel der
betreffenden worte auffassen […] Sie muss vielmehr in der Natur dieser
pluralbildung selbst begründet sein. Diese Plurale auf -ā sind ursprünglich
singulare, da sie das prädicat im singular bei sich haben, sie sind aber an
sich nicht neutral, da sie auch zu masculinen gebildet werden. D. h. sie
sind ursprünglich collektive feminine singulare […].“

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1. Das Verhältnis von Femininum und Kollektivum

1.5. Metonymie: Kollektivum > weibliche Einzelperson


(1) DWB, vol. 4, col. 86. s.v. Frauenzimmer: „Kühner war, dasz zuletzt
aus dem collectivum wieder die Vorstellung des individuums hervor
trat, in der weise wie wir es bei den wörtern bursch und camerad
wahrgenommen. Das frauenzimmer erst ein ort, dann eine mehrheit
von hoffrauen, hernach von frauen überhaupt geltend, ist endlich
eine einzelne und zwar feine, gebildete frauensperson, etwas mehr
als dies letzte Wort besagt, worunter auch eine gemeine,
gewöhnliche frau gedacht werden kann.“
(2) Balles 2004: 43: „Weithin anerkannt ist mittlerweile die
Rückführung der Feminina und des Neutrum Plurals auf *-(a)h2 auf
ein idg. Kollektivsuffix (Eichner 1985, Tichy 1993).“
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1. Das Verhältnis von Femininum und Kollektivum
1.6. Neuere Monographien und Sammelbände zum Thema

1. Matasovič 2004 2. Neri & Schuhmann 2014

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Weitere Gliederung des Vortrages

1. Das Verhältnis von Femininum und Kollektivum✓


2. Die Kategorien des urindogermanischen Nomens
3. Das Genus femininum im Urindogermanischen
4. Hethitisch, Anatolisch und die „Indo-Hittite“-Hypothese
5. Zur Genese des Genus femininum im Urindogermanischen
6. Sprachtypologische Aspekte
7. Der Verlust des Genus femininum im Nachuranatolischen
8. Zusammenfassung und Ausblick
9. Literatur (in Auswahl)
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2. Die Dimensionen und Kategorien des urindogermanischen
Nomens
(1) Urindogermanisch (ca. 3500-3000 v. Chr.): fusionierende Nomina-
tivsprache mit einem sehr fein ausdifferenzierten Kategoriensystem
und großem Formenreichtum im Bereich des Nomens, Pronomens
und Verbums
(2) Frühurindogermanisch = Indo-Hethitisch: Frühe Phase des
Urindogermanischen vor dem Ausscheiden des Anatolischen
(3) Die Dimensionen und Kategorien des uridg. Nomens:
a) Kasus mit 8 Kategorien: Nominativ, Akkusativ, Instrumental, Dativ, Ablativ,
Genitiv, Lokativ, Vokativ
b) Numerus mit 3 Kategorien: Singular, Dual, Plural
c) Genus mit 3 Kategorien: Maskulinum, Femininum, Neutrum

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2. Die Dimensionen und Kategorien des urindogermanischen
Nomens
2.1. Exkurs zur Derivation: Strukturformel einer Nominalableitung in idg. Sprachen
Wurzel (W) ⎯ Suffix (S1-2) ⎯ (Kasus-)Endung (E)

Wortstamm
1. Primärbildung 2. Sekundärbildung
W-S1-E W-S1-S2-E
z.B. lat. can-tu-s m. ‚Singen, Gesang‘ z.B. lat. quaes-tōr-io-s ‚den Q. betreffend‘
Wortstamm: cantu- quaestōrio-
Wurzel: can- (in canere, cantor, carmen < quaes- (in quaerō < *quaesō)
*kanmen)
Primärsuffix (S1): -tu- (Nomina actionis, z.B. in flētus, -tōr- (Nomina agentis, z.B. auctor, cultor,
cultus etc.) dator etc.)
Sekundärsuffix (S2): -iyo- (Zugehörigkeit, z.B. patrius, rēgius)

Wurzelnomina (W-Sø-E): z.B. rēx < uridg. *h3rḗg-s, dux (Nomina agentis), vōx. nex (Nomina actionis)
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2. Die Dimensionen und Kategorien des urindogermanischen
Nomens
2.1. Exkurs zur Derivation: Strukturformel einer Nominalableitung in idg. Sprachen
Differenzierung:
a) thematische Stämme: alle mit dem Suffix Themavokal (*-e/o-) gebildeten Nominal-, Pronominal- und
Verbalstämme (z.B. modus < *mod-o-, procus < *prok-ó-, iugum < *yug-ó-; legit < *lege-ti, legunt < *lego-
nti);
b) athematische Stämme (z.B. rēg-, uictōr-, hosti-, lacu-; es-t < *h1és-ti).
Ausgänge der thematischen und athematischen Stämme im Nom./Akk. Sg. m./f./n.
Thematische Stämme Athematische Stämme
Fem. ah2-Stämme Kons.-stämme u-Stämme
Mask. Neutr. Mask./ Neutr. Mask./ Neutr.
Fem. Fem.
Sg. Nom. *-o-s *-o-(m)1 *-e-h2-ø > *-a-h2-ø2 *-K-s *-K-ø *-u-s *-u-ø
Sg. Akk. *-o-m *-o-(m)1 *-e-h2-m > *-a-h2-m > *-K-m *-K-ø *-u-m *-u-ø
*-ām
1Für älteres *-o-ø 2ø = Nullendung

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.1. Urindogermanisch: drei Genera Maskulinum, Femininum, Neutrum
beim Nomen und (geschlechtigen) Pronomen
• Drei-Genus-System in fast allen früh belegten idg. Sprachen noch
erhalten
• Vereinfachungen in der späteren Entwicklung mehrerer idg.
Einzelsprachen; z.B.
a) völliger Verlust der drei grammatischen Genera (z.B. Armenisch,
Englisch)
b) Verlust des Neutrums (z.B. Tocharisch1, Litauisch und Lettisch,
romanische Sprachen, Albanisch, britannisches Keltisch)
1Fortsetzer alter Neutra zeigen Genus alternans, d.h. im Singular Genus
maskulinum, im Plural Genus femininum (ähnliche Regelung im
Rumänischen).
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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen

3.2. Formale Markierung des natürlichen Femininums (Sexus)


(1) Heteronymie: Differenzierung durch den Einsatz von zwei
verschiedenen Lexemen (vgl. uridg. *ph2tér- m. ‚Vater‘ vs.
*máh2tor- f. ‚Mutter‘, uridg. *bhráh2tor- m. ‚Bruder‘ vs. *swésor- f.
‚Schwester‘)
(2) Communia vom Typ lupus fēmina, bōs fēmina etc.
(3) Erweiterung des Wortstammes (sog. lexikalische und grammatische
Motion) durch das Sekundärsuffix *-h2- bzw. die daraus
weitergebildeten komplexen Suffixe *-e-h2 (> *-a-h2) und *-i-h2

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.3. Exkurs: Vorbemerkungen zur uridg. Phonologie
3.3.1. Urindogermanischer Ablaut; Ablautschema
Nullstufe = Vollstufe Dehnstufe =
Schwundstufe Langstufe
e ē
ø
o ō
a) qualitativer Ablaut: z.B. Wechsel zwischen e- und o-Vollstufe (lat. tegō : toga)
b) quantitativer Ablaut: z.B. Wechsel zwischen e-Vollstufe und ē-Langstufe (lat. tegō : tēxī)
c) Beispiel für alle Ablautstufen (Suffixablaut): gr. Nom. Sg. πατήρ ‚Vater‘ (ē-Dehstufe),
Akk. Sg. πατέρ-α (e-Vollstufe), Gen. Sg. πατρ-ός (Nullstufe), Nom. Sg. (Possessiv-
kompositum) ἀ-πάτωρ ‚vaterlos‘ (ō-Dehnstufe), Akk. ἀ-πάτορ-α (o-Vollstufe)
c) ursprünglich Kombination e-Vollstufe + Wortakzent (z.B. uridg. *h1és-ti ‚er (sie, es) ist‘,
Nom. Sg. *ph2tḗr m. ‚Vater‘ < *ph2tér-s); 1. Phase: Schwundablaut (unbetontes **e > *ø):
voruridg. **h1es-énti > uridg. *h1s-énti ‚sie sind‘, Sg. Gen. **ph2ter-és > *ph2tr-és; 2.
Phase: Abtönungsablaut (sekundäres unbetontes **e > *o)

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.3.2. Die Laryngaltrias uridg. *h1, *h2, *h3

*h1 (etwa [h]) *h2 (etwa [χ]) *h3 (etwa [ɣ], [ɣw])
Kolorationsregeln: a) *h1e- > *h1e- (z.B. *h1es- a) *h2e- > *h2a- (z.B. *h2eg- a) *h3e- > *h3o- (z.B.
‚sein‘) > *h2ag- ‚treiben‘) *h3ekw- > *h3okw-
‚sehen‘)
b) *-eh1- > *-eh1- (z.B. b) *-eh2- > *-ah2- (z.B. b) *-eh3- > *-oh3- (z.B.
*dheh1- ‚setzen, stellen, *steh2- > *stah2- ‚sich *deh3- > *doh3-
legen‘) hinstellen‘) ‚geben‘)
mnemotechnische „Kehlkopf“ „Kahlkopf“ „Kohlkopf“
Merkwörter:

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.4. Dreigeschlechtige thematische Adjektiva im Nom. Sg.
Maskulinum Femininum Neutrum
Latein: novus ‚neu‘ nova novum
Altgriechisch (attisch): νέ(ϝ)ος ‚neu‘ νέ(ϝ)ᾱ νέ(ϝ)ον
Altindisch (vedisch): návas ‚neu‘ návā návam
Altavestisch: spǝṇtō (< *-as) ‚heilvoll‘ spǝṇtā spǝṇtǝm (< *-am)
Altkirchenslavisch: novъ ‚neu‘ nova novo (< pron. *-od)
Altlitauisch: naũjas ‚neu‘ naujà naũją (nur prädikativ)
Gotisch: blinds ‚blind‘ blinda blind, blindata
Urindogermanisch: *néwo-s ‚neu‘ *néwa-h2 < *néwe-h2 *néwo-m

 Hethitisch: newaš (Genus commune) — newan


 Älterer Zustand im Hethitischen (bzw. Anatolischen) oder Aufgabe des Genus femininum?

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.4.1. Die Kongruenz der Adjektiva in Kasus, Numerus, Genus (Beispiele aus dem Lateinischen)
1. Dreiendige Adjekiva der 1. und 2. Deklination (thematische Adjektiva)
Maskulinum Femininum Neutrum
a) attributive Stellung: dominus novus fēmina nova iugum novum
b) prädikative Stellung: dominus novus est fēmina nova est iugum novum est
2. Zweiendige Adjektiva der 3. Deklination (Formenhomonymie Mask./Fem. vs. Neutrum)
Maskulinum Feminnum Neutrum
a) attributive Stellung: dominus gravis fēmina gravis iugum grave
a) prädikative Stellung: dominus gravis est fēmina gravis est iugum grave est
3. Einendige Adjektiva der 3. Deklination (Formenhomonymie Mask./Fem./Neutrum)
Maskulinum Femininum Neutrum
a) attributive Stellung: dominus vetus fēmina vetus iugum vetus
a) prädikative Stellung: dominus vetus est fēmina vetus est iugum vetus est
 Kongruenzmuster unter 1. und 2. für das Urindogermanische vorauszusetzen!

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.5. Die morphologische Markierung des Genus femininum
1. Mit dem abstufenden Suffix *-eh2-/*-h2-:
Maskulinum Femininum Neutrum
a) Feminina zu thematischen Adjektiven: Sg. N. *néwo-s ‚neu‘ *néwe-h2 > *néwa-h2 *néwo-m
b) Feminina zu substantvierten themati- *h1ékwo-s *h1ékwa-h2 ‚Stute‘2
schen Adjektiven(?): ‚Pferd‘1
c) Feminina zu Pronomina: Dem.-pron. *so ‚dieser‘ *sa-h2 *to-d
Rel.-pron. *yo-s ‚welcher‘ *ya-h2 *yo-d

1Fortgesetzt in ai. ved. áśva-, av. aspa-, apers. asa-, lat. equus, air. ech, ae. eoh, toch. A yuk, B yakwe
2Fortgesetzt in ai. ved. áśvā- f. ‚Stute‘, av. aspā- f. ‚ds.‘, lat. equa f. ‚ds.‘, lit. ašvà f. ‚Stute‘
Bemerkenswert: o-Stamm mit Gen. fem. uridg. *snusó-s ‚Schwiegertochter‘ in griech. νυóς f., lat. nurus f.,
arm. now (Gen. Sg. nowoy) ⎯ mit Überführung in die geläufige Feminina-Klasse auf *-ah2- in ai. ved. snuṣā́-
f., sogd. šwnšh, ae. snoru f. (vgl. nhd. [obsolet] die Schnur), serb-ksl. snъcha.

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.5. Die morphologische Markierung des Genus femininum
1. Mit dem abstufenden Suffix *-eh2-/*-h2-:
Bei Bezeichnungen lebender Wesen hat sich die Motion auf *-a-h2 < *-e-h2 zu thematischen maskulinen
Substantiven (vgl. lat. dea ‚Göttin‘ : deus ‚Gott‘, aksl. raba ‚Magd‘ : rabъ ‚Knecht‘) erst einzelsprachlich
ausgebildet (vgl. gr. hom. ὁ ϑεός m. ‚Gott‘, ἡ ϑεός f. ‚Göttin‘, später ϑεά f.; griech. ἵππος m. f. ‚Pferd‘
[Epicoenum]).
1.1. Mit dem Suffix *-eh2-/*-h2- werden ebenfalls gebildet:
a) Feminine Nomina actionis mit verschiedenen Ablautstufen der Wurzel, z.B.
(1) W(o)-áh2: z.B. gr. φορά ‚das Tragen‘, lat. (2) W(ø)-áh2: z.B. lat. fuga, gr. φυγή ‚Flucht‘ <
toga ‚Bedeckung‘, got. wraka, ae. wracu *bhugáh2-, ai. diśā- ‚Richtung‘, ahd. hulfa
‚Verfolgung‘ etc.1 ‚Hilfe‘ etc.
b) Feminine Adjektivabstrakta zu thematischen Adjektiven: z.B. griech. ξενία ‚Gastlichkeit‘ : ξένιος
̃
‚gastfreundlich‘, lit. geltà ‚Gelbheit‘ : geltas ‚gelb‘, got. halba ‚Hälfte‘ : halbs ‚halb‘, ahd. liuba
‚Liebe‘ : liub ‚lieb‘, uridg. *wērhxah2- ‚Wahrheit, Treue‘ (ahd. wāra ‚Treue‘, aksl. věra ‚Glaube‘) :
uridg. *wērhxo/e- ‚wahr, treu‘ (lat. vērus, ahd. wār, air. fír)
1Kollektive Verbalabstrakta zum Typ W(ó)-e/o- m.: vgl. gr. φόνος ‚Erschlagung, Tötung‘ : φονή
‚Blutvergießen‘, gr. τόμος ‚Schneiden‘ : τομή ‚Schneiden, Schnitt‘.

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.5. Die morphologische Markierung des Genus femininum
1. Mit dem abstufenden Suffix *-eh2-/*-h2-:
1.1. Mit dem Suffix *-eh2-/*-h2- werden ebenfalls gebildet:
c) Kollektiva (> Plural Nom./Akk. n.) zu thematischen und athematischen Stämmen:
Grundwort Kollektivum
(1) uridg. *wérdho-m n. ‚Wort‘ (lat. verbum) *wrdhá-h2 (urgerm. *wurđō Pl. ‚Worte‘, rückge-
bildet *wurđa- Sg. n. ‚Wort‘ [got. waúrd, as. ae.
word, ahd. wort, aisl. orð)
(2) uridg. *kwékwl[h1]o-s m. ‚Rad‘ (ved. *kwekwl[h1]á-h2 ‚Radsatz, Radgarnitur‘, Pl. n.
cakrá- m./n. ‚Rad, Wagenrad‘, gr. κύκλος ‚Räder‘ (gr. τὰ κύκλα, ai. cakrā́ ‚Räder‘)
‚Rad, Kreis‘, ae. hweohl, hwēol n. ‚Rad‘,
aisl. hvél, toch. A kukäl, B kokale
‚Wagen‘)
(3) griech. μηρός m. ‚Schenkel‘, (distr.) Pl. griech. μῆρα ‚(im Opferfeuer verbrannte) Masse der
μηροί ‚einzelne Schenkelstücke (zum Schenkelstücke‘ (Hom. Il. 1.464 = 2.427)
Opfer)‘ (Hom. Il. 1.460 = 2.423)

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.5. Die morphologische Markierung des Genus femininum
1. Mit dem abstufenden Suffix *-ah2-/*-h2-:
1.1. Mit dem Suffix *-ah2-/*-h2- werden ebenfalls gebildet:
c) Kollektiva (> Plural Nom./Akk. n.) zu thematischen und athematischen Stämmen:
Grundwort Kollektivum
(4) lat. locus m. ‚Ort, Örtlichkeit‘ (Pl. locī), lat. Doppelplurale loca, clīva, ioca etc.
clīvus m. ‚Hügel‘ (Pl. clīvī), iocus m.
‚Scherz‘ (Pl. iocī) etc.
(5) russ. pólje n. ‚Feld‘ Pl. poljá n. ‚Felder‘
(6) russ. líst, a ‚Blatt‘, Pl. listý, óv ‚Blätter Pl. lístʼja, ʼev ‚Blätter (Blattwerk) einer Pflanze‘
(Papier)‘
(7) russ. zúb, a ‚Zahn‘, Pl. zúby, óv ‚Zähne im Pl. zúbʼja, ʼev ‚Zähne (Gezähne) einer Säge, eines
Mund‘ Zahnrades‘
(8) russ. vólos ‚Haar‘, Pl. vólosy ‚Haare‘ „Pluraletantum“ volósʼja, ʼev ‚dichtes Haar‘

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.5. Die morphologische Markierung des Genus femininum
1. Mit dem abstufenden Suffix *-eh2-/*-h2-:
1.1. Mit dem Suffix *-eh2-/*-h2- werden ebenfalls gebildet:
c) Kollektiva (> Plural Nom./Akk. n.) zu thematischen und athematischen Stämmen:
Grundwort Kollektivum
(9) uridg. *h1nóh3mn n. ‚Name‘ (lat. nōmen, uridg. *h1nóh3mon-h2 > *h1nóh3mōn > Sg. Koll. got.
ved. nā́man- etc.) namo etc., Pl. n. aav. nāmąn etc.
(10) uridg. *wód-r, Gen. *wéd-n-s n. ‚Wasser‘ uridg. *wédor-h2 > *wédōr > Sg. Koll. griech. ὕδωρ,
(heth. wātar etc.) Pl. n. heth. widār
(11)uridg. *páh2-wr/-wén- n. ‚Feuer‘ (heth. uridg. *páh2wor-h2 > *páh2wōr > Sg. Koll. toch. B.
paḫḫur, paḫḫwen-) pūwar
(12) uridg. *h3óngw-n n. ‚Schmierfett‘ (lat. uridg. *h3óngwon-h2 > *h3óngwōn > Sg. Koll. ahd.
unguen n.) ancho ‚Butter‘
(13) ved. mánaḥ, av. manō n. ‚Sinn, Geist, Pl. n. ved. mánā(ṃ)s(i), av. manå < *ménōs
Verstand‘

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.5. Die morphologische Markierung des Genus femininum
2. Mit dem nichtabstufenden Zugehörigkeitssuffix *-íh2- (sog. Vrkī́-Typ) plus Nominativ-s
Femininum Maskulinum
a) Motionsfeminina zu mask. o-Substantiven: Sg. N. *wlkwíh2-s ‚Wölfin‘1 *w5kwo-s ‚Wolf‘2
b) Aber auch: mask. Zugehörigkeitsbildungen: a) ved. rathī́- m. ‚Wagenlenker‘ : ved. rátha- m.
‚Wagen‘
b) aksl. sǫdi m. ‚Richter‘ < *som-dhh1-íh2- : aksl.
sǫdъ m. ‚Gericht‘ < *som-dhh1-ó-

1Fortgesetzt in ved. vrkī́- f. ‚Wölfin‘, aisl. ylgr (Gen. ylgiar), ae. wylf, ahd, wulp(i)a, lit. vìlkė, urslav.
*vьlčī° (russ. volčíca, sloven. vołčíca)
in ved. v4ka- m. ‚Wolf‘, av. vǝhrka-, got. wulfs, lit. vilk̃ as, lett. vìlks, aruss. vьlkъ, toch. B
2Fortgesetzt

walkwe; auch (mit *lu° ~ *wl°) griech. λύκος, lat. lupus

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.5. Die morphologische Markierung des Genus femininum
2. Mit dem nichtabstufenden Zugehörigkeitssuffix *-íh2- (sog. Vrkī́-Typ) plus Nominativ-s

c) Die Bildungen auf *-íh2- des Vrkī́-Typs haben auch die Funktion, etwas zu bezeichnen, was in
seiner Beschaffenheit an den durch das Grundwort zum Ausdruck gebrachten Begriff erinnert (als
Erweiterung der Bezeichnung der Zugehörigkeit); vgl. z.B.
(1) ved. āṇḍī́- Dual ‚Hoden‘ : āṇḍá- n. ‚Ei‘
(2) lat. saniēs ‚verdorbenes Blut, Wundjauche‘ < *h1sh2an-ih2- ‚Blutähnliches‘ : heth. ešḫar, gr.
ἔαρ n. ‚Blut‘ < *h1ésh2r, Gen. *h1sh2án-s
(3) urslav. *oldí, Gen. *ō̍ldьję ‚Schiff‘ (aksl. aldi(i), skr. štok. lâđa, čak. lãđa, slov. ládja, aruss.
lodьjá), lit. aldijà ‚Einbaum, Kahn‘ (Akk. ald̃ iją) < *aldī́-s, Gen. *aldíy-as < *(hx)a/oldh-íh2-
‚Trogähliches‘ : urgerm. *alđōn- f. ‚Trog‘ (nnorw. dial. olda f. ‚großer Trog‘, nschwed. dial.
ålla f. ‚Bottich‘) < *(hx)a/oldhah2-n-
(4) aisl. mýrr f. ‚Sumpf‘ (norw. dän. schwed. myr) < urgerm. *mewzī́- ‚Moorähnliches‘ : ae.
meos, ahd. mios m. ‚Moor‘ < urgerm. *méwsa- m. ‚Moor, Moos‘

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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.5. Die morphologische Markierung des Genus femininum
3. Mit dem abstufenden Suffix *-ih2-/*-yah2- (sog. Devī́-Typ) ohne Nominativ-s
3.1. Motionsfeminina zu maskulinen athematischen Substantiven:
Femininum Maskulinum
a) uridg. *h3rḗg-n-ih2 ‚Herrscherin, Königin‘ uridg. *h3rḗg-on- ‚Herrscher, König‘ (ved. rā́jan-,
(ved. rā́jñī-, urkelt. *rīganī [gall. chot. rrāysan-, abrit. rīγon) bzw. *h3rḗg-
rīganī, air. rígain, mkymr. rhiein ‚edle ‚ds.‘ (ved. rā́j-, lat. rēx, urkelt. *rīg- [gall.
Dame‘], lat. [umgebildet] rēgīna) (Namen) -rīx, air. rí, Gen. ríg, mkymr. rhi)
b) uridg. *pót-n-ih2 ‚Herrin, Gattin‘ (ved. pátnī- uridg. *póti- ‚Herr, Gatte‘ (ved. páti-, aav. paiti-,
, av. nmānō.paϑnī- ‚Hausherrin‘, griech. πόσις ‚Gatte, Ehemann‘, lat. potis
griech. πότνια, alit. viešpatni) sum [possum] ‚bin Herr, vermag‘, alit. patìs
‚Gatte‘, toch. A pats ‚Gatte“, got. brūþ-faþs
‚Bräutigam‘)
c) uridg. *génh1-tr-ih2 ‚Erzeugerin, Gebärerin‘ uridg. *génh1-tor- ‚Erzeuger‘ (ved. jánitar-,
(ved. jánitrī-, griech. γενέτειρα, lat. griech. γενέτωρ, lat. genitor)
genetrīx)

26
3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.5. Die morphologische Markierung des Genus femininum
3. Mit dem abstufenden Suffix *-ih2-/*-yah2- (sog. Devī́-Typ) ohne Nominativ-s
3.2. Motionsfeminina zu athematischen Adjektiven:
Femininum Maskulinum
a) uridg. *píhxwer-ih2 f. ‚fett‘ (ved. pī́varī, uridg. *píhxwon- m. ‚fett‘ (ved. pῑ́van-, griech.
griech. πῑ́ειρα) πῑ́ων)
b) uridg. *plth2éw-ih2 f. ‚die Breite (sc. Erde)‘, uridg. *plth2ú- m. ‚breit, weit‘ (ved. prthú-, av.
Gen. *plth2w-yáh2-s (ved. prth(i)vī́- f. pǝrǝϑu-, gr. πλατύς, lit. platùs)
‚Erde, Mutter Erde‘, av. pǝrǝϑβī-
‚ds.‘, gr. ON Πλάταια)
c) uridg. *bhéront-ih2 f. ‚tragend‘ (ved. uridg. *bhéront- m. ‚tragend‘ (ved. bhárant-,
bhárantī-, griech. att. φέρουσα) griech. φέροντ-, got. baírand-)
d) uridg. *bhrG-nt-íh2 f. ‚hoch, erhaben‘ (ved. uridg. *bhrG-ént-/-nt-ʹ m. (ved. brhánt-, av.
brhatī́- av, bǝrǝzaitī-, air. FN Brigit, bǝrǝzaṇt-, gall. VN Brigantes)
ahd. FN Purgunt)
e) uridg. *wid-ús-ih2 f. ‚wissend‘ (ved. vidúṣī-, uridg. *wéyd-wos-/*wid-us-ʹ m. (ved. vidvā́ṁs-,
griech. hom. ἰδυῖα) griech. εἰδώς, got. weitwod- ‚Zeuge‘)
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3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.5. Die morphologische Markierung des Genus femininum
3. Mit dem abstufenden Suffix *-ih2-/*-yah2- (sog. Devī́-Typ) ohne Nominativ-s
3.3. Mit dem abstufenden Suffix *-ih2-/*-yah2- werden ebenfalls gebildet:
a) primäre feminine (z.T. konkretisierte) Abstraktbildungen von der Wurzel: z.B. ai. ved. śácī- ‚Kraft‘ <
*kák-ih2, vépī- ‚Dichtung‘, śámī- ‚Werk‘, vréśī- ‚Wasserwirbel‘, griech. φύζα ‚Flucht‘ < *bhugyǝ2,
σχίζα ‚Trennung‘, πεῖρα ‚Versuch‘ < *péryǝ2 < *périh2 (vgl. lat. perītus ‚erfahren‘ < *perih2-tó-), lat.
aciēs ‚Schärfe, Schneide‘ < *h2ak-ih2 (: urgerm. *aǥyo- ‚Schneide, Ecke‘ < *h2akyáh2-), seriēs
‚Reihenfolge, Reihe‘ < *ser-ih2, maciēs ‚Magerkeit‘ < *mak-ih2, lat. speciēs ‚Aussehen‘
b) feminine Adjektivabstabstrakta zu thematischen Adjektiven: ved. táviṣī-, aav. tǝuuišī- ‚Kraft, Stärke‘ :
ved. taviṣá- ‚stark‘; gr. ἄγκῡρα ‚Anker‘ < *h2ankuryǝ2 ‚Krümmung‘ : *h2anku-ro- ‚gekrümmt‘; lat.
luxuriēs ‚Üppigkeit‘ : *luksu-ro- (: luxu- ‚üppige Fruchtbarkeit‘); germ. *χawχī(+n)- ‚Höhe‘ (got.
hauhei, ahd. hōhī(n)) : germ. *χawχa- ‚hoch‘ (got. hauhs, ahd. hōh);
c) feminine Adjektivabstrakta zu athematischen Adjektiven: ved. tápuṣī- ‚Zornglut‘ : tápuṣ- ‚glühend‘;
lat. pauperiēs ‚Armut‘ : pauper ‚arm‘; lat. caesariēs ‚Haupthaar‘ : Adj. *caesar (im Cognomen
Caesar); mkymr. breint ‚Vorrecht, Privileg‘ < *brigantī- ‚Höhe, Hoheit‘ : urkelt. *brigant- ‚hoch,
erhaben‘
d) Zugehörigkeitsbildungen: gr. μέλισσα ‚Biene‘ < *mélit-ya < *mélit-ih2 (: gr. μέλι, Gen. μέλιτος n.
‚Honig‘)

28
3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.5. Die morphologische Markierung des Genus femninum
3.5.2. Unterschiedliche Flexion des Vrkī́- und Devī́-Typs im Urindogermanischen

1. Vrkī́-Typ (mesostatische Flexion) 2. Devī́-Typ (proterokinetische Flexion)


Nom. Sg. sigmatisch Nom. Sg. asigmatisch
urindogermanisch vedisch urindogermanisch vedisch
Sg. Nom. *wlkwíh2-s ‚Wölfin‘ > vrkī́ḥ *déywih2 ‚Göttin‘1 → devī́2
Akk. *wlkwíh2-m > vrk(i)yàm *déywīm (< *-ih2-m) → devī́m
Dat. *wlkwíh2-ay > vrk(i)yè *diwyáh2-ay → devyái
Gen. *wlkwíh2-as > vrk(i)yàs *diwyáh2-s → devyā́ḥ
1Uridg. *déywih2 ‚die zum Himmel Gehörige‘ ist feminine Vrddhi-Ableitung zu uridg. *(dyew-)/*diw-
‚Himmel‘; dazu uridg. *deyw-ó- m. ‚der zum Himmel Gehörige; Gott‘ (ved. devá-, lat. deus/dīvus, gall.
dēvos, lit. diẽvas, urgerm. *tīwa-z etc.) als mask. Vrddhi-Ableitung zu uridg. *(dyew-)/*diw- ‚Himmel‘.
2Im Vedischen paradigmatischer Ausgleich zugunsten der Vollstufe der Wurzel der starken Kasus und des
Akzentsitzes der schwachen Kasus (in griech. δῖα ‚Göttin‘ < *díwyǝ2 Ausgleich zugunsten der Nullstufe der
schwachen und des Akzentsitzes der starken Kasus).

29
3. Das Genus femininum im Uridogermanischen
3.6. Zwischenresümee
Die Bildung der uridg. Motionsfeminina erfolgt mit:
1. Suffix *-ah2/-h2-: a) zu thematischen Adjektiven
(grammatische Motion): *néwa-h2 < *néwe-h2 (: *néwo-s m. ‚neu‘)
b) zu subst. them. Adjektiven: *h1ékwa-h2 ‚Stute‘ (: *h1ékwo-s m. ‚Pferd‘)
2. Suffix *-íh2-: a) zu thematischen Substantiven
(lexikalische Motion): *wlkwíh2-s ‚Wölfin‘ (: *w5kwo-s m. ‚Wolf‘)
3. Suffix *-ih2-/-yáh2-: a) zu athematischen Substantiven
(lexikalische Motion): *h3rḗg-n-ih2 ‚Herrscherin, Königin‘ (: *h3rḗg-
on- m. ‚Herrscher, König‘)
b) zu athematischen Adjektiven
(grammatische Motion): *bhrG-nt-íh2 f. ‚hoch, erhaben‘ (: *bhrG-ént-/-
nt-ʹ m. ‚ds.‘)

30
4. Hethitisch, Anatolisch und die „Indo-Hittite“-Hypothese
• 1887/88 Fund der Arzawabriefe aus der Amarnakorrespondenz in
Mittelägypten
• 1902 Vermutung von Jørgen Alexander Knudtzon: indogermanische
Sprache
• 1906 Entdeckung eines Tontafelarchivs mit Keilschrifttafeln in Hattuša /
Boğazköy (150 km östlich von Ankara)
• Ableger der damals schon lesbaren assyrisch-babylonischen Keilschrift in
den Tontafeln aus Hattuša / Boğazköy
• 1915 Nachweis der Zugehörigkeit des Hethitischen zur indogermanischen
Sprachfamilie durch den tschechischen Altorientalisten Bedřich Hrozný (*
6. Mai 1879 in Lippa an der Elbe; † 12. Dezember 1952 in Prag): Die
Lösung des hethitischen Problems. In: Mitteilungen der Deutschen Orient
Gesellschaft 56, 1915, 17-50
• 1917: B. Hrozný, Die Sprache der Hethiter, ihr Bau und ihre Zugehörigkeit
zum indogermanischen Sprachstamm. Leipzig (erste Grammatik)
31
4. Hethitisch, Anatolisch und die „Indo-Hittite“-Hypothese

Karte: Die antiken Sprachen Anatoliens (aus: Woodard 2008: 30)


32
4. Hethitisch, Anatolisch und die „Indo-Hittite“-Hypothese
4.1. Die anatolische Untergruppe der indogermanischen Sprachen
1) Hethitisch: Althethitisch (1570-1450), Mittelhethitisch (1450-1380),
Junghethitisch (1380-1220); Textdenkmäler: Tontäfelchen in
Keilschrift (v.a. aus Zentralanatolien), eine Bronzetafel;
2) Luwisch (südliches und südwestliches Anatolien) in zwei Dialekten:
a) Keilschriftluwisch (14./13. Jh. v. Chr.)
b) Hieroglyphenluwisch (15.-8. Jh. v. Chr.), v.a. Steininschriften
3) Palaisch (16.-13. Jh. v. Chr.), Landschaft Pala (nordwestlich des
heth. Kernlandes, bruchstückhafte Überlieferung;
4) Lykisch (5./4. Jh. v. Chr.), Sprache der Landschaft Lykien; Lykisch
A (Normallykisch), Lykisch B (oder „Milyisch“); Inschriften in
hellenoidem lykischen Alphabet
33
4. Hethitisch, Anatolisch und die „Indo-Hittite“-Hypothese
4.1. Die anatolische Untergruppe der indogermanischen Sprachen
5) Lydisch (8.-4. Jh. v. Chr.), Sprache des Köngreichs Lydien;
Münzaufschriften (8. Jh. v. Chr.) und Steininschriften (5./4. Jh. v.
Chr.) in hellenoiden lydischen Alphabet
6) Karisch (7.-4. Jh. c. Chr.); Sprachdenkmäler aus Ägypten (6. Jh. v.
Chr.), dem karischen Kernland (5.-4. Jh. v. Chr.), Graffiti aus Iasos
(7. Jh. v. Chr.), karisch-griechische Bilingue aus Athen (Ende 6. Jh.
v. Chr.); hellenoides karisches Alphabet (richtige Zuordnung der
Lautwerte durch karisch-griechische Bilingue aus Kaunos bestätigt)
7) Pisidisch (südanatolische Landschaft Pisidien), Sidetisch (Stadt
Side); luwische Nachfolgesprachen; Namen, einige Inschriften aus
Side

34
4. Hethitisch, Anatolisch und die „Indo-Hittite“-Hypothese

4.2. Die Gliederung der anatolischen Sprachen nach Oettinger 2002: 52


Uranatolisch
Hethitisch
Urwestanatolisch
Urluwisch
Milyisch
Lydisch Karisch
Lykisch
Palaisch Sidetisch
Keilschriftluwisch

Pisidisch Hieroglyphenluwisch

35
4. Hethitisch, Anatolisch und die „Indo-Hittite“-Hypothese
4.3. Die „Indo-Hittite“-Hypothese (Forrer, Sturtevant)
• Anatolische Sprachen: trotz ihrer teilweisen frühen Bezeugung sehr einfaches
morphologisches System mit einer geringen Zahl von Kategorien gegenüber dem
vor allem aus dem Vergleich des Griechischen und Indo-Iranischen rekonstruierten
Urindogermanischen mit einem sehr fein ausdifferenzierten Kategoriensystem und
großem Formenreichtum
• Zwei Erklärungsalternativen:
1) Verlust der gegenüber dem alten Rekonstrukt fehlenden Kategorien im
Anatolischen
2) Vorzeitiges Ausscheiden des Anatolischen aus dem vorurindogermanischen
Sprachverband bzw. Frühurindogermanischen („Indo-Hittite“-Hypothese)
Urindogermanisch und (Ur)anatolisch Schwestersprachen

36
4. Hethitisch, Anatolisch und die „Indo-Hittite“-Hypothese

4.3.1. Die beiden Erklärungshypothesen in Stammbaummodellen:


1) Urindogermanisch

Indoiranisch Griechisch Slavisch etc. Anatolisch

oder

2) „Indo-Hittite“ = Frühurindogermanisch

Urindogermanisch Anatolisch

Indoiranisch Griechisch Slavisch etc. Hethitisch Luwisch Palaisch etc.

37
4. Hethitisch, Anatolisch und die „Indo-Hittite“-Hypothese
4.4. Die Kategorien des anatolischen und urindogermanischen Nomens und Verbums im Vergleich

Anatolisch Urindogermanisch
1. Nomen
a) Kasus: 8 Kasus: Nominativ, Akkusativ, 8 Kasus: Nominativ, Akkusativ, Vokativ, Genitiv,
Vokativ, Genitiv, Dativ-Lokativ, Dativ, Lokativ, Ablativ, Instrumental
Allativ, Ablativ, Instrumental
b) Numerus: Singular, Plural, (Kollektivum) vs. Singular, Plural, DUAL
c) Genus: Genus commune, Genus neutrum vs. Maskulinum, FEMININUM, Neutrum
2. Verbum:
a) Person: 1., 2., 3. 1., 2., 3.
b) Numerus: Singular, Plural vs. Singular, Plural, DUAL
c) Tempus: Präsens, Präteritum Präsens, Imperfekt, AORIST, PERFEKT (PRÄSENS-
AORISTOPPOSITION)
d) Modus: Indikativ, Imperativ Injunktiv, Indikativ, Imperativ, KONJUNKTIV,
OPTATIV
e) Diathese: Aktiv, Mediopassiv vs. Aktiv, Medium, Stativ
38
4. Hethitisch, Anatolisch und die „Indo-Hittite“-Hypothese
4.5. Neuerungen im lexikalischen Bereich außerhalb des Anatolischen
Anatolisch Urindogermanisch
1. Bewahrung eines ablautenden Paradigmas: vs. Neuerung (paradigmatischer Ausgleich):
Sg. Nom. *dhéGōm ‚Erde‘ > heth. tēkan n., Sg. Nom. *dhGṓm > *Gðṓm (griech. χϑών), Akk.
Akk. *dhéGom-m > *dhéGōm > heth. tēkan, *dhGóm-m > *Gðṓm (ai. kṣā́m, av. ząm, air. don
Gen. *dheGm-és → heth. taknāš mit zum Akk. neugebildetem Nom. ai. kṣā́ḥ, av. zå,
air. dú < *Gðṓs), Gen. *Gm-és (ai. gmás,
dissimiliert aus *j́hm-ás)1
2. Bewahrung der Vollstufe der starken Kasus: vs. Neuerung: Sg. Nom. Akk. n. *pū́r (griech. πῡ̃ρ, arm.
heth. Sg. Nom. Akk. n. pāḫḫur ‚Feuer‘ < howr, umbr. pir, an. fúrr), Gen. *pun-és (griech.
*páh2wr, Gen. pāḫḫuenaš (für *ph2(u)wén-s) πυρός, arm. hn-occ, umbr. pure Abl., got. funins
Gen.)2
1Toch. A tkaṃ (B keṃ) ‚Erde‘ < *tkan- < *ktan < Gðom- (vgl. zur Lautentwicklung toch. AB kätk-
‚überschreiten, hinübergehen; verpassen, übertreten‘, toch. B Präs. 3. Pl. kätkanaṃ < *kä-tkänā- < *gwhðnhx- [:
gr. att. φϑανε/ο-]).
2Toch. B puwar ‚Feuer‘ < urtoch. *päwār < *puwōr < *puōr (Neubildung zum Gen. Sg. *pun-és nach einem
Vorbild wie Kollektiv *údōr, Gen. *udn-és [gr. ὕδωρ, ὕδατος]), dazu nicht-kollektives *pu(w)or > urtoch.
*päwar > toch. A por ‚Feuer‘.
39
4. Hethitisch, Anatolisch und die „Indo-Hittite“-Hypothese
4.6. Beispiele hethitischer Substantiva und Adjektiva dreier Stammklassen im Genus commune und
Genus neutrum
Genus commune Genus neutrum
Substantiv Adjektiv Substantiv Adjektiv
1. a-Stämme: attaš ‚Vater‘ newaš ‚neu‘ yugan ‚Joch‘ newan
annaš ‚Mutter‘ kunnaš ‚rechts‘ pēdan ‚Platz‘ kunnan
2. i-Stämme: tuzziš ‚Heer‘ ḫarkiš ‚weiß‘ tuppi ‚Tontafel‘ ḫarki
ḫalkiš ‚Getreide‘ palḫiš ‚breit‘ ḫuwāši ‚Stele‘ palḫi
3. u-Stämme: ḫaššuš ‚König‘ āššuš ‚gut‘ genu ‚Knie‘ āššu
wēlluš ‚Wiese‘ parkuš ‚hoch‘ tāru ‚Baum, Holz‘ parku
 Älterer Zustand im Hethitischen (bzw. Anatolischen) oder Aufgabe des Genus femininum?
Zusammenfassend zur „Indo-Hittite“-Hypothese z.B. Melchert-Oettinger 2009: 53-73, Oettinger
2013/2014: 177-196, Eichner 2015: 13-26.

40
5. Zur Genese des Genus femininum
5.1. Voraussetzungen für die Genese des Genus femininum
5.1.1. Entstehung des Drei-Genus-Systems aus einem Zweiersystem

1. Phase: (aktive, agensfähige) Animata (inaktive, nicht agensfähige) Inanimata


(Genus distinctum) (Genus indistinctum)
(Personenklasse) (Sachklasse)
Agens-Kasus: Morphem */-s/ Keine Funktion als Agens
Casus indefinitus Subjektstelle unmarkiert (*/-ø/)

2. Phase: Communia (natürliche Mask./Fem.) Neutra


Agens-Kasus > Nominativ */-s/ Nominativ */-ø/
neuer Akkusativ */-m/, */-m/ (< Allativ) Akkusativ */-ø/

41
5. Zur Genese des Genus femininum
5.1.2. Uridg. Paare derselben Entität im Genus animatum und inanimatum
GENUS ANIMATUM GENUS INANIMATUM
Uridg. ‚Feuer‘ *h1ó/ég(w)nis *péh2w8
Kontinuanten: ved. agní-, lat. ignis, aksl. ognь heth. paḫḫur, Griech. πῦρ, umbr. pir, ae. fȳr

Uridg. ‚Wasser‘ *h2á/óp- (Nom. Sg. *h2ṓ p-s) *wód8


Kontinuanten: ved. ā́p-, av. ap. āp-, heth. Dir. ḫāppa heth. wātar, griech. ὕδωρ, umbr. utur, dt.
Wasser
RV 5.45.10 udnā́ ná nā́vam anayanta dhī́rā āśr̥ṇvatī́r ā́po arvā́g atiṣṭhan “The sages have led him (Surya) like a
ship through the water, and the listening waters stood still nearby.” (Übersetzung: Weiss 2020: 213 Fn. 17). Vgl.
Weiss 2020: 213 Fn, 17: “The neuter udan- is used to discribe the material, but the feminine āp- is used when
the personified waters are the subject of the sentence.“

42
5. Zur Genese des Genus femininum
5.1.3. Gründe für die Annahme einer ursprünglichen Dichotomie
Animata vs. Inanimata:
1. Fehlen einer morphematischen Kennzeichnung der Opposition
Maskulinum : Femininum in den meisten Stammklassen der
Substantiva
2. Fehlen einer speziellen Markierung des Femininums bei zahlreichen
Flexionstypen der Adjektiva
 Maskulina und Feminina weder morphologisch noch syntaktisch
unterschieden.

43
5. Zur Genese des Genus femininum
5.2. Ansätze der Grammatikalisierung eines Wortes für ‚Frau‘ als feminines Motionssuffix (Harðarson
2014)
1. Wurzelnomen *sor-/ser- ‚Frau‘ (verbaut in der Weiterbildung jav. hāirišī- f. ‚Frau‘)
2. Kompositionshinterglied *-sor- ‚Frau‘ in einer Reihe von Determinativkomposita:
a) uridg. *swé-sor- *‚Frau von der eigenen Sippe‘1 (in einer exogamen Gesellschaft) > ‚Schwester‘ (ved.
svásar-, lat. soror, air. siur, got. swistar etc.)
b) lat. uxor f. ‚Gattin‘ < *h1uk-s-sor- ‚Hausfrau‘ (Vorderglied zu ved. ókas- n. ‚Haus, Heimstätte,
Wohnsitz‘ < *h1éwk-e/os-)
c) heth. ḫaššu-ššara-, h.-luv. ḫasusara/i- c. ‚Königin‘ (: heth. ḫaššu- c. ‚König‘), heth. išḫa-ššara- c.
‚Herrin‘ (: išḫā- c. ‚Herr‘), šuppi-(š)šara- (eine Priestern, eig. ‚Jungfrau‘ : šuppi- ‚rein, heilig‘)
3. Hinterglied *-sor-/*-sr- grammatikalisiert zum Ausdruck des Genus femininum bei den Kardinalia 3 und 4
im Indoiranischen und Keltischen:
a) ved. Nom./Akk. f. tisráḥ, cátasraḥ, jav. Akk. tišrō, cataŋrō < Nom. *t[r]i-sr-és, *kwéte-sr-es (: Nom. m.
ved. catvā́raḥ, jav. caϑβārō < uridg. *kwetwór-es)
b) air. Nom. f. téoir, cethéoir, mkymr. teir, pedeir < *te-sor/sr-es, *kwete-sor/sr-es (: air. Nom. m. cethir,
mkymr. pedwar < uridg. *kwetwór-es)
1Vgl. zur Bedeutung altalb. tosk. vëllā́, m. ‚Bruder‘ (Pl. Nom. vëllézer) < *swe-lowdah2 ‚Eigengewächs,
Sippengenosse‘.
44
5. Zur Genese des Genus femininum
5.3. Das „Normalwort“ für ‚Frau‘ im Urindogermanischen
1. Wurzelnomen *gwón-/*gwén- 2. Kollektivum *gwén-h2- 3. Zugehörigkeitsbildung
f. ‚Frau‘ /*gwn-áh2- f. ‚Frau‘ (< *gwḗn-i-/*gwén-i- f. ‚Frau‘
*‚Frauenschaft o.ä.‘?) (< Dem. ‚Frauchen‘?)
Sg. Nom. *gwṓn (< *gwón-s) *gwén-h2 *gwḗn-i-s
Akk. *gwón-m *gwén-h2-m *gwḗn-i-m
Gen. *gwén-s *gwn-áh2-s *gwén-i-s
Dat. *gwén-ey *gwn-áh2-ay *gwén-y-ey
Kontinuanten in den Einzelsprachen
heth. MUNUS-an-za c. (< keil.-luv. wāna- c., lyd. kãna-, ved. -jāni- ‚Frau‘, jav. jąni-
*gwōn+s), air. bé n. ‚Frau‘ toch. A śäṃ, B. śana (Obl. ‚Weib‘ (peiorativ), urgerm.
śano), ved. jáni-, gnā́-, av. *kwēni- (got. qens, aisl. kván,
jaini-, aav. gǝnā-, jav. γǝnā-, ae. cwēn, as. quān)
arm. kin, gr. γυνή (boiot.
βανᾱ́), air. ben, Gen. mná,
got. qino, ahd. quena, aisl.
kona, aksl. žena
45
5. Zur Genese des Genus femininum
5.4. Argumente für die Herkunft des Femininums aus einer neutralen
singularischen (Kollektiv)Bildung auf *-(a)h2-:
1. Fehlen des Agens-Markers *-s im Nominativ Singular (*-h2-ø)
2. Bei den Feminina Dualendung *-ih1 im Nom. Akk. Vok. Dual wie
bei den Neutra (vgl. uridg. Nom. Akk. Vok. Dual n. *h3ókw-ih1 ‚die
beiden Augen‘ > gr. hom. ὄσσε, aksl. oči, lit. akì, arm. ačc-kc <
*ǝ3kw-yǝ1):
a) *-ah2-ih1 in ved. śípre ‚beide Wangen‘, air. mnaí, aksl. ženě ‚beide Frauen‘
und *-ih2-ih1 in ved. devī́ ‚beide Göttinnen‘, lit. martì ‚beide Bräute‘
b) *-e-yh1 oder *-o-yh1 in lit. Dual. rankì ‚beide Hände‘ < *rankʹẹ̄́ (: Nom. Sg.
rankà), dvì f. ‚zwei‘, mkymr. dwy, akorn. dui f. ‚zwei‘ < urbrit. *duy <
urkelt. *dwē < *dwe-ih1 (Dualausgang *-e-yh1 oder *-o-yh1 bei Kollektiva auf
*-a-h2 < *-e-h2 von nicht-kollektiven Grundwörtern bezogen)
46
5. Zur Genese des Genus femininum
5.5. Zur Herkunft des Kollektivums auf *-h2- bzw. *-e-h2 > *-a-h2
5.5.1. Argumente für die Zuordnung des Kollektivums zur Genuskate-
gorie Neutrum:
1. Fehlen des Agens-Markers *-s im Nominativ Singular (*-h2-ø)
2. syntaktische Verwendung eines neutralen singularischen
Prädikatsnomens mit einem Neutr. Pl. im Hethitischen, z.B. (Kbo IV
10 I 38) kururiḪI.A meggaya nininkan ešta „viele Feindestruppen
waren aufgeboten“
3. Eingliederung von Kollektiva in Einzelsprachen als Nom./Akk. Sg.
n. (vgl. uridg. *h1nóh3mōn [urspr. *‚Namenkomplex‘] > got. namo
Nom./Akk. Sg. n. ‚Name‘, gr. ὕδωρ n. ‚Wasser‘)

47
5. Zur Genese des Genus femininum
5.5.2. Die Derivation der Kollektiva auf *-h2- und *-e-h2 > *-a-h2 (Nussbaum 2014: 292ff.)
Derivationskette der Kollektiva in folgenden zwei Schritten:
nicht koll. → intern deriviertes → Possessivum plus *-h2- =
Grundwort Possessivum Kollektivum
1. athematische Stämme: a) *h1nóh3mn n. (*h1nóh3mon- ‚mit *h1nóh3mon-h2 >
‚Name‘ Namen versehen‘) *h1nóh3mōn ‚mit Namen
versehener Komplex;
Namenkomplex‘1
b) *h3óngwn n. *h3óngwon-h2 > *h3óngwōn
‚Schmierfett‘ ‚Masse an Schmierfett‘
vgl. *pihxwr/-n- n. ‚Fett‘ *pihxwon- Adj. ‚fett‘
vgl. *séh1mn n. ‚Same, *séh1mon- ‚mit Saat
Saat‘ (lat. sēmen) versehen‘ (lat. Sēmō m.
‚Gott der Saat‘)
1Namenkomplex = Individualname + Patronymikon (patronymisches Adjektiv auf *-iyo-) oder umgekehrt; vgl.
griech. äol. Τελαμώνιος Αἴας ‚Aias, Sohn des Telamon‘, lat. Iuppiter Saturnius ‚Iuppiter, Sohn des Saturnus‘,
gall. Segomaros Villoneos ‚Segomaros, Sohn des Villū‘.

48
5. Zur Genese des Genus femininum
5.5.2. Die Derivation der Kollektiva auf *-h2- und *-e-h2 > *-a-h2 (Nussbaum 2014: 292ff.)
Derivationskette der Kollektiva in folgenden zwei Schritten:
nicht koll. → intern deriviertes → Possessivum plus *-h2- =
Grundwort Possessivum Kollektivum
2. thematische Stämme: a) *wérdho-m n. ‚Wort‘ (*w8dé/ó- ‚mit Worten *w8dé-h2 > *w8dá-h2 ‚mit
versehen‘) Worten versehener
Komplex, Wortkomplex‘
b) *kwékwlo-s m. ‚Rad‘ (*kwekwlé/ó- ‚mit *kweklé-h2 > *kwekwlá-h2
Rädern versehen‘) ‚Radsatz, Radgarnitur‘
vgl. *pó/élh1u n. *plh1ú- ‚mit Vielheit
‚Vielheit, große versehen, viel‘ (ved.
Menge‘ purú- etc.)
vgl. gr. ὗβος m. ‚Buckel, Adj. ὑβός ‚bucklig,
Höcker‘ höckerig‘
vgl. ved. srā́ma- m. Adj. srāmá- ‚lahm‘
‚Lähmung‘

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5. Zur Genese des Genus femininum
5.6. Die Genese von *-ih2 des Devī́-Typs als Femininmarker (Hypothese)
1. Differenzierung: a) *-i-h2 Kollektiva zu i-Abstrakta (vgl. *-ti-h2 : *-ti-1, W(o)-é-h2 : W(ó)-e/o-2)
b) *-i-h2 Kollektiva zu Zugehörigkeitsbildungen auf *-i-
2. Metonymie: Kollektivum *-ih2 → feminines Individuum
*déywih2 ‚das zum Himmel gehörige Kollektiv, Götterschaft‘ → *déywih2 f. ‚Göttin‘ (:
*deywó- m. ‚Gott‘, urspr. Epicoenum [vgl. gr. hom. ὁ ϑεός m. ‚Gott‘, ἡ ϑεός f. ‚Göttin‘])
3. Konversion Abstraktum *-ih2- → Adjektiv in prädikativer Position3
*sa-h2 déywih2 *bhrGntíh2 (h1ést) ‚diese Göttin ist Erhabenheit‘ → ‚Diese Göttin ist
erhaben‘
 (1) femininer Kongruenzmarker *-ih2 (athematische Stämme)
 (2) Transfer auf attributive Position: *déywih2 *bhrGntíh2 f. ‚(die) erhabene Göttin‘
1Vgl. gr. αἶσα f. ‚Anteil, Gebühr‘ < *h(1/3)áyti-h2 : osk. (Gen. Sg.) aeteis ‚Teil‘ < *h(1/3)áyti-.
2Vgl. gr. φονή f. ‚Blutvergießen‘ < *gwhoné-h2 : gr. φόνος m. ‚Tötung, Erschlagung‘ < *gwhóno/e-.
3Vgl. air. máith Adj. ‚gut‘ ← ti-Abstraktum *māti- < *mah2-ti- ‚Güte‘, lat. omnis Adj. ‚ganz, jeder, all‘ ←
Abstraktum *op-ni- ‚Fülle‘, ved. bhū́ri- ‚viel, zahlreich‘, av. būiri- ‚reichlich‘ ← *bhuhx-ri- ‚Menge‘.

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5. Zur Genese des Genus femininum
5.6. Die Genese von *-ih2 des Devī́-Typs als Femininmarker (Hypothese)
4. Konversion: Abstraktum *-ah2 → Adjektiv in prädikativer Position
*sa-h2 déywih2 léwbeh2 (h1ést) ‚diese Göttin ist Liebheit‘ → ‚Diese Göttin ist lieb‘
 (1) femininer Kongruenzmarker *-h2 (thematische Stämme)
 (2) Transfer auf attributive Position: *déywih2 léwbeh2 ‚(die) liebe Göttin‘
5. Kollokation: *déywih2 h2áwsōs (*diw-és dhugh2tḗr) ‚Göttin Morgenröte, (Tochter des Himmelsgottes)‘
ved. (Nom. Sg.) devy ùṣā́s (divó duhitā́), (Akk. Sg) devī́m uṣā́sam
griech. (Nom. Sg.) ἠὼς δῖα, (Akk. Sg) ἠῶ δῖαν
lat. (geneuert) dea Aurōra
 uridg. h2áwsōs f. ‚Morgenröte; Göttin der Morgenröte‘
6. fem. Adjektiv uridg. *stér-i-h2 f. ‚unfruchtbar‘ (Gen. *st8-yáh2-s) > griech. στεῖρα ‚ds.‘ (z.B. στεῖραν
auf. *-i-h2: βοῦν Od. 10.522), arm. sterǰ ‚ds,‘, ved. starī́- f. ‚unfruchtbare Kuh‘ (: *ster-i- in griech.
στέριφος, lat. sterilus, sterilis ‚unfruchtbar‘) (Eichner 1974: 26-39)
Exkurs: nhd. Motionssuffix -in (Lehrerin : Lehrer) aus ih2-Feminina zu mask. n-Stämmen; ahd. birin f. ‚Bärin‘
(: bero m. n-St. ‚Bär‘), ahd. grāvin f. ‚Gräfin‘ (: grāvo m. ‚Graf‘) mit -in < urgerm. *-en-ī < *-en-ih2 neben
urgerm. *-unyō(n)- (aisl. ásynja ‚Asin‘) < *-n-yáh2-.
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5. Zur Genese des Genus femininum
5.7. Die Genese von *-h2 als Femininmarker der thematischen Adjektive
1. *-h2- als endozentrisches individualisierendes, substantivierendes Suffix im Anatolischen (Hajnal 1994: 152
[zum Lykischen]: „-(a)za(-) bildet … exklusiv substantivische Personenbezeichnungen. Die Erweiterung */-
ā-/ dient also zur Substantivierung wie zur Personalisierung (Individualisierung)“):
Adjektiv auf *-tyo- (> lyk. -ze/-) → Substantiv auf *-tyah2- c. (> lyk. -(a)za- c.)
*wosh2o-tyo- ‚heilig‘ > lyk. *weseze- → *wosh2o-tyah2 c. > lyk. wasaza- ‚ein Priester‘1
*kun-mo-tyo- > lyk. *kumeze- ‚heilig‘ lyk. kumaza- c. ‚Priester‘
lyk. maraza- c. ‚Richter‘ etc. (Berufsbezeichnungen)
2. *-h2- als viertes endozentrisches, individualisierendes und substantivierendes Suffix neben *-i-, *-(e/o)n-
und *-(e/o)t- (Melchert 2014, Nussbaum 2014)
3. Die Genese der Adjektivabstrakta auf *-e-h2 > *-a-h2 nach Nussbaum 2014: 306
uridg. *werhxo- ‚wahr‘ (lat. vērus, ahd. → *werhxe-h2 > *werhxa-h2 ‚Wahrheit‘ (ahd. wāra, aksl.
wār, air. fír) věra ‚Glaube‘)
wie uridg. *h2ákro- ‚hoch‘ (gr. ἄκρος ) → *h2ákri- ‚Höhe‘ (gr. ἄκρις)
1Mit Weiterentwicklung zum Adjektiv in kluw. wašḫazza- ‚heilig, geweiht‘.

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5. Zur Genese des Genus femininum
5.7. Die Genese von *-h2 als Femininmarker der thematischen Adjektive
4. Die Genese von *-e-h2 > *-a-h2 als feminine Form der thematischen Adjektiva
uridg. *werhxo- ‚wahr‘ m./n. (lat. vērus, → *werhxe-h2 > *werhxa-h2 *‚die Wahre‘ > ‚wahr‘ f. (lat.
ahd. wār, air. fír) vēra) („Readjektivisierung“ mit spezifisch femininer
Referenz)
wie uridg. *(h1)rowdho- m./n. ‚rot‘ (lat. rūfus, → *(h1)rowdho-n- ‚der Rote‘ (lat. Rūfōn- Cogn.) > germ.
got. rauþs, air. rúad, lit. raũdas, aksl. schwaches Adj. *rawđan- ‚rot‘ (got. þana raudan fugl
rudъ) ‚den roten Vogel‘) („Readjektivisierung“ zum
schwachen, bestimmten Adjektiv)

5. Mögliches Zusammenspiel der von Nussbaum vorgeschlagenen Erklärung mit


a) der Konversion von Adjektivabstrakta zu Adjektiven im Prädikatsnomen des Typs *sa-h2 déywih2
léwbeh2 (h1ést) ‚diese Göttin ist Liebheit‘ → ‚Diese Göttin ist lieb‘ (vgl. 5.6.4.)

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5. Zur Genese des Genus femininum
5.7. Die Genese von *-ah2 als Femininmarker der thematischen Adjektive
b) der Metonymie von Adjektivabstrakta zu Communia (m./f.): z.B. baltoslavischer Typ der mit
V8ddhierung gebildeten, durch Metonymie aus Eigenschaftsabstrakta gebildeten Communia auf *-ā:
z.B. lit. kváila m./f. ‚dumme Person‘ : lit. kvaĩlas ‚dumm‘; skr. lȕda m. ‚Narr‘, čech. louda m.
‚langsamer Mensch‘ < *l'úda : *l'ũdъ ‚dumm‘, bulg. vь́xva m. ‚Zauberer‘, skr. vuhva m. ‚ds.‘, slov.
vȏłhva f. ‚Hexe‘ < *v'ь́lxva m./f. (urspr. Abstraktum *‚Zauberkraft, übernatürliche Fähigkeit‘)
[vgl. auch die Metonymie Abstrakta → mask. Nomina agentis: *agro-kwolā f. ‚Feldbau‘ → lat. agricola m.
‚Bauer‘, *skrīfā- ‚das Schreiben‘ → lat. scrība m. ‚Schreiber‘, slav. *vojevoda f. ‚Heerführung‘ → aksl.
vojevoda m. ‚Heerführer‘, griech. böot. Ὀλυμπιο-νῑ́κᾱ f. ‚Olympiasieg‘, m. ‚Olympiasieger‘]

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5. Zur Genese des Genus femininum
5.8. Adaption der Kongruenz nach Etablierung des Genus femininum
Zwei-Genus-System Drei-Genus-System
Comm. (m./n.) *ph2tḗr sénos (h1ést) = Mask. *ph2tḗr sénos (h1ést) ‚der Vater ist alt‘
‚der Vater ist alt‘
*swésōr léwbos (h1ést) → Fem. *swésōr léwbah2 (h1ést) ‚die
‚die Schwester ist lieb‘ Schwester ist lieb‘
Neutrum *(hx)yugóm néwom (h1ést) = Neutr. *(hx)yugóm néwom (h1ést)
‚das Joch ist neu‘ ‚das Joch ist neu‘
Kollektivum *(hx)yugáh2 néwom (h1ést) = Koll. *(hx)yugáh2 néwom (h1ést) (anatolisch)
(neutrum) ‚das Jochwerk ist neu‘ ‚das Jochwerk ist neu‘
Kollektivum + *(hx)yugáh2 néwah2 (h1ést) → koll. (außeranatolisch)
Adj.-abstr. ‚das Jochwerk ist eine Neues/eine Pl. *(hx)yugáh2 néwah2 (h1ést)
Neuheit‘ ‚die Joche sind neu‘
Ausbildung der Kongruenz Pronomen + Substantiv
Maskulinum Femininum Neutrum Kollektivum > Nom./Akk. Pl. n.
Sg. Nom. *só deywό-s *sá-h2 déywih2 *tό-d (hx)yugó-m *tá-h2 (hx)yugá-h2
Sg. Akk. *tό-m deywό-m *tā́m déywīm *tό-d (hx)yugó-m *tá-h2 (hx)yugá-h2
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5. Zur Genese des Genus femininum
5.9. Neue Erklärung der Genese des Vrkī́-Typs
Prämissen1: (1) *-h2- Laryngal des Vrkī́-Suffixes *-íh2- (wegen gr. ἀνδριάς, -άντος ‚Standbild, Statue‘ <
*h2nrih2-ánt- < *h2nrih2-ént-, Erweiterung eines *h2nr-íh2- ‚was einem Mann
vergleichbar ist, Bild eines Mannes‘ [ : uridg. *h2nér- m. ‚Mann‘])2
(2) individualisierende Funktion von *-h2- (Hajnal 1994, Melchert 2014, Nussbaum 2014)
(3) Domäne der Vrkī́-Bildungen: o-stämmige Derivationsbasen
(4) Tilgung des Stammauslauts *-o- bei Antritt des Vrkī́-Suffixes
(5) (häufig) Akzentverschiebung zwischen Derivationsbasis W(V́)-o/e- und Derivat W(V)-
íh2- (vgl. ved. v4ka- : vrkī́-, rátha- : rathī́-, germ. *wúlfa- : *wulƀī́-)
(6) morphologische Parallelität folgender Zugehörigkeitsbildungen:
a) uridg. *w5kwo- m. ‚Wolf‘ → uridg. *wlkwíh2- f. ‚Wölfin‘
b) ved. áśva- m. ‚Pferd‘ → ved. aśvín- m. ‚Rosselenker‘
b) gr. Λέσβος ‚Insel Lesbos‘ → gr. Λεσβίς, -ίδος f. ‚Lesbierin‘
 Derivationsbasis: W(V́)-e/o- → Derivat: W(V)-í+h2/n/d-3
1Feminina auf *-ih2 (Devī́-Typ) und *-ah2 bereits etabliert!
2Anders Widmer 2005 (*h1).
3D.h. Kombination aus dem Zugehörigkeitssuffix *-í- und den individ. Suffixen *-(e)h2-, *-(e)n-, *-(e)d-.
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5. Zur Genese des Genus femininum
5.9. Neue Erklärung der Genese des V8kī́-Typs
Derivationssequenz:
Derivationsbasis: W(V́)-e/o- → Zugehörigkeitsadjektiv: W(V́)-i- → Derivat: W(V)-í+h2/n/d-1
a) uridg. *w5kwo- m. ‚Wolf‘ → (virtuell) *w5kwi- m. ‚zum Wolf → *wlkwí-h2- f. ‚Wölfin‘
‚gehörig‘2
b) ved. rátha- m. ‚Wagen‘ → — → rathī́-v m. ‚Wagenlenker‘
c) ved. áśva- m. ‚Pferd‘ → (virtuell) *áśvi- ‚zum Pferd → ved. aśví-n- m. ‚Rosselenker‘
gehörig‘ (vgl. ved. áśv(i)ya-
‚ds.)
d) uridg. *népot- m. ‚Enkel, → *népti- ‚zum Enkel, Neffen → *neptí-h2- f. ‚Enkelin‘ (> ved.
Neffe‘ gehörig‘3 naptī́-v f. ‚ds.‘)
1Substantivierung aus der Kombination von oppositivem Substantivierungsakzent (vgl. gr. λευκός ‚weiß‘ : gr.
λεῦκος m. ‚Weißfisch‘, λεύκη f. ‚Weißpappel‘) und der Nullstufe der indiv. Suffixe *-(e)h2-, *-(e)n-, *-(e)d-
(vgl. gr. στράβων m. ‚Schieler‘ : στραβός ‚schielend‘).
2Vgl. av. zaraϑuštri- ‚zu Z. gehörig‘ : PN Zaraϑuštra-.
3Ohne morphologische Markierung substantiviert in lat. neptis f. ‚Enkelin, Nichte‘, ahd. nift f. ‚Nichte‘, ved.
naptí- f. ‚Enkelin‘ (Akzent nach naptī́-).

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5. Zur Genese des Genus femininum
5.9. Neue Erklärung der Genese des V8kī́-Typs
5.9.1. „Appertinentiv“ auf *-ih2 (= unflektierte Form des V8kī́-Suffixes) zur Bezeichnung der verwandtschaft-
lichen Zugehörigkeit bei o-Stämmen (Klingenschmitt 1992: 99-104)
Ererbte Fälle in:
1. lat. Quintī fīlius ‚Sohn des Quintus‘, Ōlī-por ‚Sklave des *Ōlus = Aulus‘ < *awelī powero-s, falisk.
Marci Acarcelini mate ‚Mutter des Marcus Acarcelinus‘ (Ve 121), gall. Martalis Dannotali ‚Martialis,
der Sohn des Dannotalos‘ (Verdrängung von *-o-syo als Normalform des Genitivs der o-Stämme im
Lateinischen und Teilen des Keltischen)
2. Tocharisch: a) Genitiv auf -i bei o-stämmigen Personennamen (z.B. toch. A kāśyapi), ansonsten Gen.
Sg. *-ansa (A -es, B -entse) bei o-Stämmen; b) Gen. -i bei Verwandtschaftsnamen; A pācri, B pātri
‚des Vaters‘, A mācri, B mātri ‚der Mutter‘, A pracri, B protri ‚des Bruders‘, B seyi ‚des Sohnes‘
3. Albanisch: Gen. auf *-ī bei den Verwandtschaftsnamen atë ‚Vater‘, kunat ‚Schwager‘, bir ‚Sohn‘ und
vëlla ‚Bruder‘ mit vorangehenden Possessivum der 1. und 2. Person (z.B. ageg. tim et ‚meines Vaters <
*attī)
„Appertinentiv“ auf *-ih2 = unflektierte Form des V8kī́-Suffixes zur Bezeichnung der verwandtschaftlichen
Zugehörigkeit: vgl. uridg. *téwe Gen. Sg. Pers.-pron. 2. Sg. : *tewó- ‚zu dir gehörig, dein‘, ved. asmā́ka±m
Gen. Pers.-Pron. 1. Pl. : asmā́ka- ‚unser‘.

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6. Sprachtypologische Aspekte
Schmidt 1889: Vergleich der idg. neutralen Plurale auf *-ā mit den plurales fracti des Arabischen
(1) Arab. plurales fracti: a) grammatisch als feminine Singulare behandelt
a) Prädikat und zugehörige attributive Adjektive - außer bei den nur durch
constructio ad sensum auftretenden Maskulina - in der femininen
Singularform
(2) Vergleich: idg. Suffix *-h2- und arab. Suffix -at- für Feminina, Kollektiva und Abstrakta
(3) Das Suffix -at- im Arabischen (nach Luraghi 2014: 221)
1. kalb-un ‚Hund‘ kalb-at-un f. ‚Hündin‘
2. sāḥir-un ‚Zauberer‘ saḥar-at-un f. ‚Zauberin‘
3. damʼ-un ‚Tränen‘ (Kollektiv, „gebrochener Pl.“) damʼ-at-un ‚Träne‘ (Singulativ)
4. hayawān-un ‚Tier‘ hayawān-āt-un ‚Tiere‘ (Kollektiv)
5. ʼarafa ‚wissen‘ maʼerif-at-un ‚Weisheit‘ (Abstraktum)

 Mehr dazu in den folgenden Vorträgen des Kollegen Lutz Edzard und der Kollegin Melanie Hanitsch!

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7. Der Verlust des Genus femininum im Nachuranatolischen
7.1. Wortgleichungen zwischen anatolischen Communia und außerana-
tolischen ā-Feminina (in Auswahl)
(1) heth. ḫašša- c. ‚Herd‘ = lat. āra f. ‚Altar‘, osk. (Lok. Sg.) aasaí ‚in
ara‘ (Nom. Pl. aasas), umbr. (Abl. Sg.) asa ‚ab ara‘ (Akk. Sg. asam-
e)
(2) heth. ḫišša- c. ‚Deichsel‘ = ai. īṣā́- f. ‚ds.‘
(3) heth. ḫulana- c. ‚Wolle‘ = ai. ū́rṇā́- f.. lit. vílna f., lat. lāna f. ‚ds.‘
etc.
(4) keil.-luw. wāna- c. ‚Frau‘ = uridg. *gwen-ah2-

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7. Der Verlust des Genus femininum im Nachuranatolischen
7.2. Flexivisch distinkte Reflexe von mask. o-Stämmen und fem. ah2-Stämmen bei Communia im
Lykischen
Im Lykischen (wie in anderen anatolischen Sprachen) Genus commune (oder animatum) und Genus neutrum
(oder inanimatum). Bei den Communia flexivisch getrennte Reflexe von uridg. mask. o- und fem. ah2-
Stämmen:
urindogermanisch lykisch
1. mask. o-Stämme: Sg. Nom. *-os > -e
Akk. *-om > -ẽ
1. fem. ah2-Stämme: Sg. Nom. *-ah2 > -a
Akk. *-ah2m > *-ām > -ã

 Im Uranatolischen war das Drei-Genus-System des Urindogermanischen mit Maskulinum, Femininum und
Neutrum noch erhalten (Watkins 2008: 14, Melchert 2008: 51)

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7. Der Verlust des Genus femininum im Nachuranatolischen
7.3. Zusammenfall der mask. o-Stämme und fem. ah2-Stämme im Hethitischen durch Lautwandel
urindogermanisch hethitisch
A. mask. o-Stämme: Sg. Nom. *-os > -aš Homonymie:
Akk. *-om > -an Sg. Nom. -aš
B. fem. ah2-Stämme: Sg. Nom. *-ah2 > -a  -a+s (vgl. 1.) Sg. Akk. -an
Akk. *-ah2-m > *-ām (vgl. 2.) > -an
 hethitische a-Stämme im Genus commune Fortsetzer uridg. mask. o-Stämme und fem. ah2-Stämme
1. Nach Schwund des auslautenden Laryngals *-ah2 > uranatol. *-a Anfügung des Nominativ -s wie beim
unbetonten Nom. Sg. der n-Stämme uridg. *-ō̃ > heth. -a + s; vgl. heth. Nom. Sg. c. ḫāššaš ‚Herd‘ (vgl.
fühlat. āsa, lat. āra f. ‚Altar‘, osk. Dat. Sg. aasaí f. ‚ds.‘) < uridg. *h2áh1sah2 f. wie Nom. Sg. c. ḫāraš
‚Adler‘ (vgl. ahd. aro m. n-St.) < uridg. *h3órō̃ m.
2. Mit Schwund des Laryngals nach dem Stangschen Gesetz; vgl. Akk. Sg. fem. ih2-Stämme (Devī-Typ) uridg.
*-īm < *-ih2-m, Akk. Sg. fem. uh2-Stämme uridg. *-ūm < *-uh2-m etc.

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7. Der Verlust des Genus femininum im Nachuranatolischen
7.4. Das Zahlwort ‚1‘ im Hethitischen
• Schreibung: Zahlzeichen ‚1‘ plus phonetische Komplemente
(pronominale Flexion wie Dem.-pron. apā- ‚jener‘); Eichner 1992: 32:
Kasus Schreibung Endung apa-
Nom. com. 1-aš, 1-iš -š apāš
Akk. com. 1-an, 1-in -n apūn
Nom.-Akk. n. 1-an -n
Gen. 1-el, 1-e-el -el apēl
Dat.-Lok. 1-e-da-ni -edani apedani
Allativ 1-e-da, 1-e-et-ta(?) -eda apeda
Abl. 1-e-da-az/-za, 1-e-ez -edaz, -ez apedaz, apez
Instr. 1-e-ta-an-da -et apet, apedanda
Neutr. Koll. 1.-e -e apē

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7. Der Verlust des Genus femininum im Nachuranatolischen
7.4. Das Zahlwort ‚1‘ im Hethitischen
• Pronominale Flexion wie ai. ved. éka- ‚1‘, z.B. Lok. Sg. ékasmin,
Nom. Pl. éke etc., arm. mi ‚1‘, Dat.-Lok. miown, Instr. miov
• Goedegebuure 2006: Identifizierung der Lautung šiia- ‚1‘ (bezeugt
Gen. ši-i-e-el, Dat.-Lok. ši-e-da-ni, ši-e-ta-ni, All. ši-e-et-ta(?), Abl.
ši(-i)-e-ez, še-e-za, Instr. ši-e-et, še-e-et(?))
• Zusammenhang von heth. šiia- mit griech. (hom. äol.) fem. ἴα ‚1‘ (: m.
ἰός) neben Normalform gr. μία fem. (: mask. εἷς), toch. A ṣi ‚erstmals‘
(elliptisch aus *ṣi lkwär ‚zum einen Mal‘ [mit Substantiv lkwär
‚Mal‘]) : toch. B fem. sana, A fem. säṃ (: mask. B ṣe, A sas), armen.
mi, Gen. mioy ‚1‘

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7. Der Verlust des Genus femininum im Nachuranatolischen
7.4. Das Zahlwort ‚1‘ im Hethitischen
• Eichner 2015: 20: „Damit liegt die Gleichsetzung des hethitischen
Zahlwortes ‚1‘ mit dem Armenischen mi und dem griechischen ἰός ἴα
auf der Hand. Es muss mit dem ieu. Femininum zusammenhängen.“
• Die Zahlwörter für ‚1‘ im Urindogermanischen:
Trennung, Einzigartigkeit Einheit
1. *(hx)oy-no- ‚ein einzelner‘ (lat. ūnus, *sem- ‚ein (ganzer)‘: Nom. Sg. m.
germ. *ayna-, kelt. *oyno- etc.) *sḗm-s (> griech. εἷς, toch. sas, B. ṣe
2. *(hx)oy-ko- ‚ein einzelner‘ (mitanni-ar. [Obliquus A ṣom, B ṣeme]), Nom. Sg.
aika-, ai. éka-) n. *sém (> gr. ἕν), Nom. Sg. f. *sém-
ih2 ( folgende Folie)
3. *(hx)oy-wo- ‚ein einzelner‘ (iran.
*aywa-, griech. οἶος ‚allein‘)

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7. Der Verlust des Genus femininum im Nachuranatolischen
7.4. Das Zahlwort ‚1‘ im Hethitischen
7.4.1. Das uridg. Femininum des Zahlwortes ‚1‘ und seine Umbildungen in den Einzelsprachen
Kasusformen Umbildungen
Sg. Nom. *sém-ih2  *smih2 in lat. mīlle ‚1000‘ < *smih2-Gsl-ih2 ‚ein Tau-
send‘ (: *sm-Géslo-m > ai. sahásram ‚ds.‘)
Gen. alt: *sm-yáh2-s > *syáh2-s1  a) *s(i)yah2 > *siya- > heth. šiia- ‚1‘
b) *s(i)yah2- > toch. A ṣi ‚erstmals‘
c) *s(i)yǝ2 > griech. äol. f. ἴα (rückgebildet mask. ἰός)
neu: *sm-(i)yáh2-s2  a) *sm(i)yǝ2 > griech. μία f. ‚1‘
b) *sm(i)yah2- mit rückgebildetem mask. *sm(i)yo- >
arm. mi ‚1‘, alb. një
1Mit lautgesetzlichem (uridg.) Schwund von m nach dem asnō-Gesetz in der Konsonantengruppe *smy- (vgl.
Dat. Sg. m. uridg. *té-sm-ō̃y ‚diesem‘ [ai. tásmai] vs. Dat. Sg. f. *té-s-yah2-ay ‚dieser‘ [ai. tásyai] < *té-sm-yah2-
ay) vor Eintritt des SIE V E R S -LIN D E M A N N S C H E N Gesetzes
2Mit Restitution von konsonantischem m nach dem Nom. *sém-ih2 für zu erwartendes *sm-yáh2-s nach dem
SIEVERS-LINDEMANNSCHEN Gesetz
66
7. Der Verlust des Genus femininum im Nachuranatolischen
7.4. Das Zahlwort ‚1‘ im Hethitischen
• Eichner 2015: 20/21: „Man kann nicht annehmen, dass die Form
*sémih2, Gen. *syáh2s, *siyáh2s eine andere ratio existendi gehabt
hätte als die eines grammatischen genus femininum, also zum Beispiel
als Kollektivum, Abstraktum oder Zugehörigkeitsbildung. Sondern sie
ist prima facie das grammatische Femininum zum Maskulinum *sēm-s
> *sēn-s ‚einer, ein ganzer‘. … Damit ergibt sich, dass das Anatolische
das voll entwickelte grammatische Femininum einst besessen hat so
wie alle anderen ieu. Sprachzweige auch, und dass es dieses
Femininum dann genauso nachträglich verloren hat wie das
Armenische, oder auch das Neupersische oder Englische, letzteres
allerdings unter Beibehaltung der „geschlechtigen“ Pronomina he und
she.“

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8. Zusammenfassung und Ausblick

1. Suffix *-ih2 als Femininmarker beim Devī́-Typ entstanden


a) Metonymie: *déywih2 ‚das zum Himmel gehörige Kollektiv, Götterschaft‘ → feminines Individuum
*déywih2 f. ‚Göttin‘ (in Opposition zu *deywó- m. ‚Gott‘)
b) Konversion Abstraktum *-ih2- → Adjektiv in prädikativer Position: *sa-h2 déywih2 *bhrGntíh2 (h1ést)
‚diese Göttin ist Erhabenheit‘ → ‚Diese Göttin ist erhaben‘  femininer Kongruenzmarker *-ih2
(athematische Stämme)
2. Suffix *-h2- als Femininmarker thematischer Adjektive aus dem endozentrischen substantivierenden Suffix
*-h2- (Melchert, Nussbaum)
a) Adjektivabstrakta: uridg. *werhxo- ‚wahr‘ (lat. vērus, ahd. wār, air. fír) → *werhxe-h2 > *werhxa-h2
‚Wahrheit‘ (ahd. wāra, aksl. věra ‚Glaube‘)
b) uridg. *werhxo- ‚wahr‘ m./n. (lat. vērus, ahd. wār, air. fír) → *werhxe-h2 > *werhxa-h2 *‚die Wahre‘ >
‚wahr‘ f. (lat. vēra) („Readjektivisierung“ mit spezifisch femininer Referenz)
3. Genese der Vrkī́-Typs: W(V́)-e/o- → W(V́)-i- → W(V)-í-h2- m./f.
vgl. W(V́)-e/o- → W(V́)-i- → W(V)-í-n- m. (Typ ved. aśvín- m.)
vgl. W(V́)-e/o- → W(V́)-i- → W(V)-í-d- f. (Typ gr. Λεσβίδ-)
4. Heth. šiia- ‚1‘ ← uridg. *sém-ih2 f. ‚1‘ (Genus femininum ursprünglich im Anatolischen vorhanden!)
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8. Zusammenfassung und Ausblick
• Annahme der Interaktion komplexer morphologischer, syntaktischer
und semantischer Entwicklungen zur Erklärung der Genese des
grammatischen Genus femininum notwendig
• Vielzahl von Erklärungshypothesen, aber keine auch nur annähernd
konsensfähige opinio communis in Sicht
• Neue Deutung des Vrkī́-Typs kleiner Baustein in dem großen Puzzle
• Melchert 2014: 269: “I have no illusions that I have come close to
“solving” the problem of the rise ot the Indo-European feminine
grammatical gender. The preceding discussion at best leaves many
open questions.”

Vielen Dank für Ihr Interesse!

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9. Literatur (in Auswahl)
1. Balles, Irene, 2004: Zur Rekonstruktion des früh-urindogermanischen Nominalklassensystems.
In: Per Aspera ad Asteriscos. Studia Indogermanica in honorem Jens E. Rasmussen. Edd. Adam
Hyllestadt et al. Innsbruck 2004, 43-57.
2. Eichner, Heiner, 1974: Zur Etymologie und Flexion von vedisch strī́ und púmān. In: Die Sprache
20, 1974, 26-42.
3. Eichner, Heiner, 1985: Das Problem des Ansatzes eines urindogermanischen Numerus ‚Kollektiv‘
(‚Komprehensiv‘). In: Grammatische Kategorien. Funktion und Geschichte. Akten der VII.
Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft. Berlin, 20.-25. Februar 1983. Hrsg. von
Bernfried Schlerath unter Mitarbeit von Veronika Ritter. Wiesbaden 1985, 134-169.
4. Eichner, Heiner, 1992: Anatolian. In: Jadranka Gvozdanović (Hrsg.), Indo-European Numerals.
Berlin/New York 1992, 29-96.
5. Eichner, Heiner, 2015: Das Anatolische in seinem Verhältnis zu den anderen Gliedern der
indoeuropäischen Sprachfamilie aus aktueller Sicht. In: Diachronie und Sprachvergleich. Beiträge
aus der Arbeitsgruppe „historisch-vergleichende Sprachwissenschaft“ bei der 40.
Österreichischen Linguistentagung 2013 in Salzburg. Hrsg. von Thomas Krisch und Stefan
Niederreiter unter redaktioneller Mitwirkung von Michael Crombach. Innsbruck 2014, 13-26.

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9. Literatur (in Auswahl)
6. Goedegebuure, Petra, 2006: A New Proposal for the Reading of the Hittite Numeral ‚1‘: šiia-. In:
Theo P.J. van den Hout, C. H. van Zoest (Hrsg.), The Life & Times of Hattušili III and Tudhaliya
IV. In Honor of J. de Roos. Leiden 2006, 165-188.
7. Hackstein, Olav, 2005: Archaismus oder historischer Sprachkontakt. Zur Frage
westindogermanisch-tocharischer Isoglossen. In: Sprachkontakt und Sprachwandel. Akten der XI.
Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft. 17.-23. September 2000, Halle an der Saale.
Hrsg. von Gerhard Meiser und Olav Hackstein. Wiesbaden 2005, 169-184.
8. Hackstein, Olav, 2011/2012: Collective and Feminine in Tocharian. In: Multilingualism and
History of Knowledge. Vol. II: Linguistic Developments along the Silk Road. Archaism and
Innovation in Tocharian. Ed. by Olav Hackstein and Ronald I. Kim. Wien 2011/2012, 143-177.
9. Harðarson, Jón Axel, 1987a: Das uridg. Wort für „Frau“. In: MSS 48, 1987, 115-137.
10.Harðarson, Jón Axel, 1987b: Zum urindogermanischen Kollektivum. In: MSS 48, 1987, 71-113.
11.Harðarson, Jón Axel, 1994: Der Verlust zweier wichtiger Flexionskategorien im Uranatolischen.
In: HS 107/1, 1994, 30-41.
12.Hoffner, Harry A. – Melchert, H. Craig, 2008: A Grammar of the Hittite Language. Part 1;
Reference Grammar. Winona Lake, Indiana 2008.
13.Klingenschmitt, Gert, 1975: Tocharisch und Urindogermanisch. In: Flexion und Wortbildung.
Akten der V. Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft. Regensburg 9.-14. September 1973.
Hrsg. von Helmut Rix. Wiesbaden 1975, 148-163.

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9. Literatur (in Auswahl)
14. Klingenschmitt, Gert, 1994: Die Verwandtschaftsverhältnisse der indogermanischen Sprachen.
In: In honorem Holger Pedersen. Kolloquium der Indogermanischen Gesellschaft vom 26. bis
28. März 1993 in Kopenhagen. Unter Mitwirkung von Benedikte Nielsen hrsg. von Jens E.
Rasmussen. Wiesbaden 1994, 235-251.
15.Matasović, Ranko, 2004: Gender in Indo-European. Heidelberg 2004.
16.Matzinger, Joachim, 2006: Der altalbanische Text Mbsuame e Krështerë (Dottrina cristiana) des
Lekë Matrënga von 1592. Eine Einführung in die albanische Sprachwissenschaft. Dettelbach
2006.
17.Melchert, H. Craig – Oettinger, Norbert, 2009: Ablativ und Instrumental im Hethitischen und
Indogermanischen. Ein Beitrag zur relativen Chronologie. In: Incontri Linguistici 32, 2009, 53-
73.
18.Neri, Sergio – Schuhmann, Roland, 2014 (Ed.): Studies on the Collective and Feminine in Indo-
European from a Diachronic an Typological Perspective. Leiden/Bostin 2014. Darin:
− Fellner, Hannes A., 2014: PIE feminine *-eh2- in Tocharian. 7-21.
− Harðarson, Jón Axel, 2014: Das andere Wort für ‚Frau‘ im Indogermanischen. 23-55.
− Irslinger, Britta, 2014: The Gender of Abstract Noun Suffixes in the Brittonic Languages. 57-113.
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9. Literatur (in Auswahl)
− Kim, Ronald I., 2014: A Tale of Two Suffixes: *-h2-, *-ih2-, and the Evolution of Feminine
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− Litscher, Roland, 2014: Voraussetzungen für ein feminines Genus und Implikationen für das
Kategoriensystem des frühurindogermanischen Nomens. 137-165.
− Lühr, Rosemarie, 2014: Zur Emergenz von ā-Motion und Kongruenz im Indogermanischen. 167-
198.
− Luraghi, Silvia, 2014: Gender and Word Formation: The PIE Gender System in Cross-Linguistic
Perspective. 199-231.
− Matasović, Ranko, 2014: Nominal Agreement in PIE from the Areal and Typological Point of
View. 233-255.
− Melchert, H. Craig, 2014: PIE *-eh2 as an “individualizing” Suffix and the Feminine Gender. 257-
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− Nussbaum, Alan J., 2014: Feminine; Abstract, Collective, Neuter Plural: Some Remarks on each
(Expanded Handout). 273-306.
− Oettinger, Norbert, 2014: Zum anatolischen und indogermanischen Kollektivum. 307-315.

73
9. Literatur (in Auswahl)
− Passer, Matthias, 2014: Genus – Form und Funktion neu betrachtet. 317-331.
− Steer, Thomas, 2014: Zum Kontrastakzent und Wurzelablaut thematischer Kollektiva des
Urindogermanischen. 333-361.
19. Oettinger, Norbert, 1986: „Indo-Hittite“-Hypothese und Wortbildung. Innsbruck 1986.
20.Oettinger, Norbert, 2013/14: Die Indo-Hittite Hypothese aus heutiger Sicht. In: MSS 67/2,
2013/14, 177-196.
21.Oettinger, Norbert, 2002: Indogermanische Sprachträger lebten schon im 3. Jahrtausend v. Chr. in
Kleinasien. In: Die Hethiter und ihr Reich. Das Volk der 1000 Götter. Stuttgart 2002, 50-55.
22. Peters, Martin, 1980: Untersuchungen zur Vertretung der indogermanischen Laryngale im
Griechischen. Wien 1980.
23.Schmidt, Johannes, 1889: Die Pluralbildungen der indogermanischen Neutra. Weimar 1889.
24.Stüber, Karin, 2007: Zur Entstehung des Motionssuffixes idg. *-ih2-. In: International Journal of
Diachronic Linguistics and Linguistic Reconstruction 4, 2007, 1-24.
25.Tichy, Eva, 1993: Kollektiva, Genus femininum und relative Chronologie im Indogermanischen.
In: HS 106, 1993, 1-19.

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9. Literatur (in Auswahl)
26. Weiss, Michael, 2020: Outline of the Historical and Comparative Grammar of Latin. Second
Edition. Ann Arbor/New York 2020.
27. Widmer, Paul, 2005: Der altindische Vr̥kī́-Typus und hethitisch nakkī-: Der indogermanische
Instrumental zwischen Syntax und Morphologie. In: Die Sprache 45, 2005, 190-208.
28.Woodard, Roger D., 2008: The Ancient Languages of Asia Minor. Cambridge 2008. Darin:
− Watkins, Calvert, 2008: Hittite. 6-30.
− Melchert, H. Craig, 2008a: Luvian. 31-39.
− Melchert, H. Craig, 2008b: Palaic.40-45.
− Melchert, H. Craig, 2008c: Lycian. 46-55.
− Melchert, H. Craig, 2008d: Lydian. 56-63.
− Melchert, H. Craig, 2008e: Carian. 64-68.
29. Zeilfelder, Susanne, 2001: Archaismus und Ausgliederung. Studien zur sprachlichen Stellung
des Hethitischen. Heidelberg 2001.

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