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METZLER
II
Sammlung Metzler
Band 290
III
Dagmar Lorenz
Wiener Moderne
2., aktualisierte und überarbeitete Auflage
Der Autor
ISBN 978-3-476-12290-2
ISBN 978-3-476-05082-3 (eBook)
DOI 10.1007/978-3-476-05082-3
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Inhaltsverzeichnis
5. Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
5.1 Werkausgaben und Primärtexte/Dokumente . . . . 195
Briefe, Tagebücher, Erinnerungen . . . . . . . . . . . 198
Dokumente/Primärtexte in Sammelwerken . . . . . . . 198
5.2 Nachschlagewerke, Bibliographien, Periodika
und Buchreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
Nachschlagewerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
Bibliographien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
Periodika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Buchreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
5.3 Sekundärliteratur
(Sammelbände, Monographien, Aufsätze) . . . . . 202
Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
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den kann (vgl. Zelle 1999, 497ff.). Folgt man etwa Hans Robert
Jauß, so wäre allenfalls von historischen Befunden einer sich ständig
überbietenden Epochenstruktur zu sprechen, deren Eigenart darin
besteht, dass jede »modernité« zur »antiquité« werden muss (Jauß
1989). Dem entsprechend ist für Lothar L. Schneider die Moderne
eine »zirkuläre Figur«, denn:
»Modernität ist kein Sachverhalt, sondern eine Relation, die im Urteil über
das Objekt ein Urteil über das Subjekt impliziert und dabei den Modus ih-
rer Relationierung beschreibt« (Schneider 1999, 235).
»Denn Wien ist nicht das, was man im gewöhnlichen Wortsinne eine »mo-
derne Stadt« nennt. [...] Die Seele der Stadt liegt anderswo. Im Uralten und
Abseits-Verborgenen« (Servaes o.J., 5).
Dies schrieb der Schriftsteller Franz Servaes um 1908 in seinem
Wien-Buch, das sich als eine Art von Kultur- und Mentalitäts-
Baedecker präsentiert und in der Form fiktionaler Briefe an eine
Freundin in Berlin verfasst ist. Servaes, der zeitweise u.a. als The-
aterkritiker der Vossischen Zeitung in Berlin gelebt hatte und 1904
– als Nachfolger von Theodor Herzl – die Feuilleton-Redaktion
der Neuen Freien Presse übernahm, zählte zu jenen einflussreichen
Kulturpublizisten, die ihrer Mit- und Nachwelt ein Städtebild von
Wien um 1900 vermittelten, das maßgeblich als Gegenbild zu Berlin
konzipiert war. In dieser polarisierenden Sicht erscheint Berlin als
die eigentlich moderne, das heißt: durch Industrialisierung, Massen-
tendenzen und kämpferische Debatten charakterisierte Großstadt.
Wien hingegen wird als ein über Jahrhunderte gewachsenes Kunst-
werk geschildert, als Stadt kleinmeisterlicher Tradition, des schönen
sinnlichen Scheins, »angefüllt« mit einer »Atmosphäre von Weiblich-
keit« (ebd., 97) und seelenvollem Interieur. In einem solch musealen
Idyll darf ein Hugo von Hofmannsthal allenfalls als überkultivierter
Ästhet gelten, dessen Werke lediglich »abgeleitet«, doch keineswegs
»kulturschöpferisch« seien (ebd., 76).
Dass derartige Stereotype nicht zuletzt auf einer auch politisch
motivierten publizistischen Strategie beruhen, zeigen die Autoren
Peter Sprengel und Gregor Streim in ihrer verdienstvollen Studie
zur Berliner und Wiener Moderne (1998): Die Genese des polari-
sierenden Wahrnehmungsschemas ›Berlin contra Wien‹ führen sie
auf Hermann Bahr und dessen strategisches Interesse zurück, eine
originär Wiener Moderne (die Bahr allerdings im Gegensatz zu Ser-
vaes als künstlerische Avantgarde verstanden wissen will) als ästhe-
tisch-programmatische Einheit in direkter Abgrenzung von Berlin
und zugleich im Hinblick auf die Rezeption durch die intellektuelle
Öffentlichkeit Berlins zu definieren (ebd., 86; vgl. auch Kap. 2.1).
Und noch in den Deutungen der jüngeren Forschung wirken, nach
Sprengel und Streim, die von Hermann Bahr geprägten Paradig-
men fort. Während man die Berliner Moderne vorwiegend unter
dem Aspekt der technischen und sozialen Modernisierung und deren
Auswirkungen auf das geistige Leben analysiert, so wird – seit den
Arbeiten von Carl E. Schorske – die Wiener Moderne unter dem
»Paradigma der Irrationalität gedeutet« (ebd., 15). Wien gilt gleich-
Anmerkungen zu einer Geographie der Moderne 11