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494 Görres’ Briefe

Appendix: Widmungen und Grußworte

1. Stammbucheintrag für eine Cousine


Datum: Koblenz, 21.7.1797.
Original: Stadt- und Landesbibl. Dortmund, Hs-Abt. Atg. Nr. 276 (3 Seiten).
Unveröffentlicht.
Zur Adressatin: Die Cousine stammt aus der Familie Görres oder Mazza, da Görres und
sie eine gemeinsame Großmutter haben. Eine nähere Einkreisung ist nicht möglich.

1. Thermidor Jahr V
Ein liebes Bäschen! was ins Stammbuch schreiben?
Und in Versen zwar, weh mir armen Unglücksmann!
Ich trinke ja nur Thäler Born
Und nicht Castaljens Dichterwasser.1
Doch Bäschen winkt, gehorchen muß ich wohl,
Ich reibe mir die Stirn daß meine Lorbeeren knistern,
sinne in die kreuz und queer
Und – Glück zu, jetzt hab ich endlich was.-
Aber meine Muse ist kein Flitterding
Das Mädchen merke dir, sie ähnelt unsrer Großmama,
trägt eine Schwarze Sammetkappe
Eine Jacke dreißig Fäuste hoch.
Eine Brille ziert das Nasenwerk,
Triefaugen blitzen im Gesicht, die begeistern mich,
dreymal räuspr’ich gravitätisch,
und beginne mit Homer nun wie folgt:
Ὣσ φάτο· µείδησεν δὲ βοῶϖισ ϖότνια Ἥρη,
µε δήσασα δ’εϖείτα ἑῷ ἐγκάτθετο κόλϖῳ.2

τη – heilger Zeus was muß ich sehn!


Bäschen runzelt sehr die Nase, fragt spöttisch mich,
ob der Herr Magister griechisch lehren wolle,
lacht meines Dichterfeuers, des göttlichen Homers,
Und des Greuls, der Blasphemie
Schilt Pedant, mich armen Dichterling,
Wohlan! Wenn ich dann ein finstrer Schulfuchs bin!
So sey’s, aber meine Perlen will ich weiter nicht, dem Pöbel vor die Füße streun
Ich gieße meine Dichterflamme aus
Packe meine sieben Sachen wieder ein
Schließe meinen Kasten zu, greif nach Huth und Stock,
Mache meinen tiefen Knix,
und packe mich wie folgt.
Meiner hochgeehrtesten und vielgeliebtesten Jungfer Base.
Unterthänigst gehorsamster
Appendix 495

Knecht und Vetter


J. Görres sacr. Caes. Mag. Poet. privileg.

Coblenz am 1sten Thermidor Jahr V

Quandoque bonus dormitat Homerus.3


1 Kastalia: die Nymphe der gleichnamigen heiligen Quelle im Tempelbezirk von Delphi, deren Was-
ser die Dichtergabe verlieh.
2 Das Zitat: Homer, Ilias,14. Gesang, Zeile 222f. Übersetzung: „So sprach sie. Da lächelte die Kuh-
äugige, die Herrin Hera, Und lächelnd steckte sie ihn darauf in ihren Bausch.“ (Homer, Ilias. Neue
Übertragung von Wolfgang Schadewaldt, Frankfurt a. Main 1975, S. 235f). Hera versteckt in ihrem
Gewand einen aphrodisierenden Gürtel, den ihr Aphrodite gegeben hatte, um Zeus zu verführen.
Für Identifikation und Transkription der Stelle, bei der Görres offenbar mehrere Akzentfehler
unterlaufen sind, habe ich Dr. Ludwig Meier vom Seminar für Alte Geschichte und Epigaphik der
Univ. Heidelberg zu danken.
3 Das Zitat („Zuweilen schläft selbst der gute Homer“), das Görres in Zierschrift in größeren Lettern
mit anderer Tinte dem Blatt am Ende zugesetzt hat, stammt aus Horaz, Ars poetica, 359.

2. Stammbucheintrag für Achim von Arnim


Datum: Heidelberg, 3.10.1808.
Original: Verschollen.
Druckausgabe: Steig, Görres‘ Briefe an Achim v. Arnim, in: Neue Heidelberger Jahrbücher
10 (1900), S. 117; Schellberg (Hrsg.), Ausgewählte Briefe, Anhang Nr. 1, S. 562.
Bemerkung: Da das Original verschollen ist, wird der Eintrag nach Steig wiedergegeben.
Einordnung: Der Stammbucheintrag ist Görres‘ Abschiedsgruß am Ende der gemeinsamen
Heidelberger Zeit. Arnim verließ nach dem Weggang von Brentano und Görres als letz-
ter am 16. November 1808 Heidelberg.

Lieber Einsiedler, lass Dir die Flügel an Kopf und Füssen nicht stutzen, werde
kein Herrnhuther und behalte mich lieb.
Gevatter Görres.
Heidelberg am 3. October 1808.

3. Stammbucheintrag für Henriette Hendel-Schütz


Datum: Koblenz, o.D.: ca. 7.9.1813.
Original: Verschollen.
Druckausgabe: Friedrich Karl Julius Schütz, Blumenlese aus dem Stammbuche der deut-
schen mimischen Künstlerin Henriette Hendel-Schütz, gebornen Schüler, Leipzig und
Altenburg 1815, S. 134; Schellberg (Hrsg.), Ausgewählte Briefe, Anhang Nr. 2, S. 562f.
Zur Datierung: Der Eintrag datiert wohl im Anschluss an den Auftritt der Künstlerin in
Koblenz. Der Korrespondent von und für Deutschland, Bd. 9, Nummer 259 vom Don-
nerstag, 16. September 1813 enthält unter der Rubrik „Kunstnachrichten“: „Am 7 Sep-

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