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2.2. Ansatz von Oppolzer

Ähnlich wie Geissler stellt auch Oppolzer (1986) bei der Erklärung von gesundheitlicher
Ungleichheit die Bedeutung der Arbeitsbedingungen in den Vordergrund. Nach Ansicht
dieses Autors läßt sich das Datenmaterial im Rahmen der "Stress- and Strain-Hypothese"
(höhere Belastungen und gesundheitsschädliche Beanspruchungen in der unteren sozialen
Schicht) vs. der "Drift-Hypothese" diskutieren. Der "Drift-Hypothese", nach der die erhöhte
Morbidität und Mortalität in niedrigen sozioökonomischen Positionen durch soziale Selektion
(sozialer Abstieg der kranken Personen bzw. geringere Aufwärts-Mobilität gesundheitlich
eingeschränkter Personen) zu erklären ist, hält Oppolzer vor, "bei eingehender sozialätiolo­
gischer Betrachtung in der Regel auf chronische und psychiatrische Erkrankungen beschränkt
(zu sein, d.V.), sofern diese Gesundheitsstörungen zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung der
Arbeits- und Leistungsfähigkeit führen" (ebd., S. 136). Das dichotome Raster der beiden
Hypothesen ist für Oppolzer ein Problem des Gegenüberstehens zweier wissenschaftlicher
"Grundauffassungen": Die "Stress- und Strain-Hypothese" postuliere die
"Gesellschaftsbedingtheit", die "Drift-Hypothese" die "Naturbestimmtheit" der sozialen
Unterschiede in Morbidität und Mortalität (ebd., S 134 f.).

Oppolzer bezieht sich auf die Klassifikation von Tjaden-Steinhauer u. Tjaden (1973), nach
der die Grundstruktur sozialer Ungleichheit durch die zwei Hauptklassen Bourgeoisie und
Proletariat bzw. Kapitalverwerter und Lohnarbeiter sowie die zwischen und neben diesen
beiden Hauptklassen "als sozial-ökonomische Sondergruppen (stehenden, d.V.) nichtkapita­
listischen Nebenklassen" (ebd., S.12) gekennzeichnet sei. Zusätzlich werden Schichtmerk­
male zur internen Gliederung der Arbeiterklasse eingeführt. Die ungleichen Lebenslagen
werden durch "unterschiedliche Chancen zur Reproduktion" (ebd., S.14) erklärt. Um diese
konkretisieren zu können, ist Oppolzer darauf angewiesen, nach Schichtungskriterien erho­
benes Material in die Datendarstellung einzubeziehen, da "empirische Daten über Morbidität
und Mortalität...nicht...klassenspezifisch aufgeschlüsselt" (ebd., S.14) seien. Im
70er-Jahre-Stil der Unterscheidung von Klassen- und Schichtkonzepten relativiert Oppolzer
dieses Vorgehen dann sogleich: "Freilich hat diese näherungsweise Bestimmung sozialer
Ungleichheit stets in dem Bewußtsein zu geschehen, daß die grundlegenden Ursachen gesell­
schaftlicher Unterschiede sich erst vor dem Hintergrund der Klassenverhältnisse, welche die
Sozialstruktur wesentlich bestimmen, erschließen lassen" (ebd., S. 14).

Konkret schlägt Oppolzer vor, bei der "Untersuchung der unmittelbaren Auswirkungen anzu­
setzen, die sich aus der ungleichen Stellung der Individuen im gesellschaftlichen Produktions­
und Reproduktionsprozeß in Gestalt spezifischer Arbeitsbedingungen ergeben" (ebd., S.76).
Eher mittelbare Wirkung scheint der "Unterversorgung im Reproduktionsprozeß" (ebd.,
S.109) zugeschrieben zu sein, denn geringeren Ressourcenzuweisungen für die Bereiche

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