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GESCHICHTE 4/2018
WUB
Nr. 90, 23. Jg., 4. Quartal 2018 / Geschichte der Bibel / EUR 11,30 / Österreich, Luxemburg: EUR 11,80 / SFR 19,- / E 14597 / ISSN 1431-2379 / ISBN 978-3-944766-61-4
DIE ABENTEUERLICHE
GESCHICHTE DER BIBEL
EURO 11,30
8 32 42
Die ältesten Handschriften – wie weit Papyrus – der Stoff, auf dem frühe Betlehem – wo Hieronymus die
können wir die Bibel zurückverfolgen? Überlieferungen erhalten sind Bibel ins Lateinische übersetzt
Im ganzen Mittelmeer-
raum wollten jüdische
und christliche Gemeinden
die heiligen Schriften lesen.
So entstehen in den ersten
Jahrhunderten derart viele
verschiedene Versionen, Textvarianten und
66 Übersetzungen der Bibel, dass einem der Kopf
schwirrt: die Septuaginta, griechische Vari-
Neue Entdeckungen bei den Ausgrabungen auf
dem Protestantischen Friedhof am Zionsberg anten, die altlateinischen Übersetzungen, die
Vulgata, der Samaritanische Pentateuch, der
hebräische masoretische Text ... Beim Kopieren
Aus der Welt der Bibel passieren Buchstabendreher, es werden Wörter
vertauscht. Der eine Schreiber lässt Sätze aus,
Das Neueste aus der Welt der Bibel 2 ein anderer fügt welche hinzu. Es gibt sehr sorg-
Jordanien: Grabkammer mit Wandmalereien entdeckt
fältige Übersetzungen und furchtbar ungenaue!
Megiddo: Archäologischer Park geplant
Ist unser Bibeltext heute dann der richtige?
Büchertipps Der wahre, göttliche, originale, unfehlbare
63
„Urtext“? Die heutigen Textgrundlagen, aus
Panorama denen Bibeln übersetzt werden, sind bestens
66
Jerusalem: Neue Entdeckungen am Zionsberg erforscht und man hat sich aus verschiedenen
Huqoq: Weitere faszinierende Mosaiken in Synagoge wissenschaftlichen Gründen für sie entschieden.
Jericho, wie Jesus es kannte
Aber einerseits geht die Textforschung laufend
weiter und andererseits treten die Texte – wenn
Themenreihe 2018:
Große Worte der Bibel neu übersetzt man die Überlieferung der biblischen Bücher
74
Folge 4: makarios betrachtet –, als lebendige Gebilde vor Augen.
„Selig seid ihr“ neu begreifen Unsere Bibeltexte und -übersetzungen sind ent-
standen aus sich über Jahrtausende erstrecken-
Die großen Entdeckungen 76 den Gesprächen von gelehrten und gläubigen
Das Königsversteck von Deir el-Bahari:
Menschen: Sie erhalten ihre Autorität genau
Der Pharao des Exodus?
daraus. Gerade in den antiken Handschriften
Die Bibel in berühmten Gemälden
begegnen wir der Freude der Schreiber am
80
Gustav Klimt: Judith II göttlichen Wort, ihrer Zuneigung zur Schrift –
aber auch ihrer Mühe damit! Es ist eine fes-
Ausstellungen und Veranstaltungen 84 selnde Aufgabe, die Geschichte der Bibel zu
erforschen.
Vorschau und Impressum 86
Eine anregende Lektüre wünscht
3
200219203704KE-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 1/2015
Das neueste aus der Welt der Bibel
Alltagsszenen aus dem Leben des Verstorbenen schmücken die Südmauerdes Grabes.
Jordanien/Bayt Ras Die Kleinstadt Es gibt auch andere gestaltete Gräber. Meisterwerks einem Konsortium an Insti-
Bayt Ras im nördlichen Jordanien ist in Das neu entdeckte Grab mit seinen tutionen aus Jordanien, den USA, Italien
heller Aufregung. Im November 2016 hat zwei Grabkammern hebt sich allerdings und Frankreich überantwortet. Zunächst
ein Bulldozer eine unterirdische Kammer deutlich von den bisher entdeckten ab, ergriff man Maßnahmen, um das Gestein
aufgebohrt, dessen Wände komplett mit sowohl durch seine Größe (62 m2) als und die Beschichtungen zu verstärken.
gemalten Szenen und vereinzelten In- auch durch die Qualität der Malerei- Zudem wurden der Hohlraum und sei-
schriften bedeckt sind. In dieser Gegend en und seinen Erhaltungszustand. Die ne Verzierungen bis ins kleinste Detail
sind solche Bestattungsorte nicht unbe- Hauptkammer enthielt einen Sarkophag erfasst. In seinem letzten Newsletter be-
kannt: Es sind in den Felsen gehauene aus Basalt, geschmückt mit einem Re- richtet ACOR, dass die Motive nach und
Grabmäler aus der römischen Zeit (1.–3. lief von zwei Löwenköpfen. Im Inneren nach entschlüsselt werden: Dargestellt
Jh.), als die Stadt Capitolias hieß. Capi- sind menschliche Figuren, Pferde und sind u. a. die Personifizierung des Glücks
tolias war eine römisch-hellenistische mythologische Szenen zu erkennen. der Stadt (Tyche) und Zeus auf seinem
Stadt der Dekapolis, gegründet ca. 100 Im Antikenministerium von Jordanien Thron. Die Decke trägt Darstellungen von
© S. Bechetoille/IFPO
vC als Militärstützpunkt Roms. Der Name begann sofort die wissenschaftliche Ar- Meeresmythen, die Wände sind mit Sze-
Beit Ras enthält noch den ursprünglich beit. Gesteuert vom American Center for nen aus dem alltäglichen Leben verziert.
aramaäischen Namen „Bet Reisha“, der Oriental Research (SCHEP/ACOR) wur- Ohne Zweifel war der Verstorbene kein
im Talmud aus dem 6. Jh. erwähnt wird. den die Untersuchung und Bergung des Irgendwer. W (Estelle Villeneuve)
Ein Rätsel
ist gelöst
Paris Louvre Woher stammt dieser 38 cm
lange goldfarbene Finger aus Bronze, der im
Louvre seit 1863 aufbewahrt wird? Antwort:
von einer Kolossalstatue Konstantins I., des
römischen Kaisers, der 313 den christlichen
Gottesdienst erlaubte. Bei der Analyse der
Zusammensetzung der Legierung und der
Technik der Herstellung im Rahmen eines
Forschungsprojekts über große Bronzesta-
tuen der Antike im Louvre erkannte eine
Forscherin den Zusammenhang zwischen
dem Louvre-Finger und Konstantins Hand,
die in den Kapitolinischen Museen in Rom
aufbewahrt wird. Bis die beiden Teile bei
der Veranstaltung „Italienischer Traum“
(08.11.2018 bis 11.02.2019) im Louvre zu-
sammengeführt werden, ist eine Kopie aus
Harz an der Hand der römischen Kolossal-
statue angebracht worden. W
(Estelle Villeneuve)
Fragmente der Kolossalstatue Kaiser Konstantins lagern seit
1471 in den Kapitolinischen Museen in Rom. Die Statue war einst
12 m hoch. Ein abgebrochener Finger wurde seit 150 Jahren im
Louvre als „Zeh Konstantins gezeigt. Nun ist klar, wohin er gehört.
bislang nicht erbracht werden. Doch die Auswertung der Kera- schluss darüber, ob sie aus einer Bibel oder einem Schriftstück
mik ist noch nicht abgeschlossen.W (KNA/WUB) mit Zitaten aus der Bibel stammen. W (Estelle Villeneuve)
frühen Kirche
„Das Versprechen von
Inklusion, die Kraft der
Liebe: weiter mit globaler
Megiddo Es ist brisantes Terrain, hier erschließen. Projektchef im Namen des
an der die Ebene Jezreel beherrschen- Regionalrates ist Eyal Rom. Und er ist Verständigung, Versöh-
den Festung: Verkehrs- und Militärkno- enthusiastisch. Sein Ziel ist es, in einem nung und Veränderung!“
tenpunkt, Ort ungezählter Kämpfe einer gigantischen Nationalpark 10.000 Jahre
Jahrtausende währenden Geschichte. Geschichte zu präsentieren: den Tel Me-
Und es ist nach Offb 16,16 der Ort des giddo, das Grabungsgelände, das in den Motto des Weltparlamentes der
apokalyptischen Endkampfes um diese vergangenen drei Jahren ein Lager der VI. Religionen im November 2018
Welt. Von diesem zweifelhaften Ruhm Römischen Armee ans Licht brachte, und in Toronto. Vor 125 Jahren trat
profitierte 1918 General Allenby, der hier nun auch die christlich bebauten Berei- in Chicago das erste Weltparla-
die osmanische Armee besiegte und sich che beim bisherigen Gefängnis. Letzteres ment der Religionen zusammen.
dann stolz „Viscount Allenby von Megid- soll zu einem Hotel umgebaut werden. Neben der Stiftung Weltethos ist
do und von Felixstowe“ nannte. Der Park soll Archäologie, Natur und Kul- es eine zweite globale Bewegung,
Dass an diesem „Ort des Gerichts“ dann tur als Gesamterlebnis darbieten. Dazu die sich religionsübergreifend
1940 von den Briten ein Gefängnis errich- will Eyal Rom den Fluss Keini regulieren für eine (über-)lebensfähige Welt
tet wurde, mag symbolische Bedeutung und sieben Mühlen an seinem Ufer bau- einsetzt.
haben, ausschlaggebender war sicher- en. Das Projekt soll die Besucherzahlen
lich die verkehrstechnische Lage. Beim verdreifachen und auch den arabisch-
Bau scheint wenig Augenmerk auf den israelischen Dörfern in der Nähe nutzen.
Untergrund gerichtet worden zu sein. Gastfreundschaft scheint schon die ge-
Mittlerweile verfallen die von Palisaden fundene antike Inschrift zu legitimieren.
und Stacheldraht umgebenen Mauern Sie spricht von einer Frau „Aketos, Gott
und Wachttürme und müssen renoviert liebend, die dem göttlichen Jesus Christus
werden. Dabei entdeckten 2005 bei Bau- den Tisch (im Heiligtum) anbot“. Laut
Mosaik aus der früh-
arbeiten zwei mitarbeitende Gefangene Eyal könnte es schon in vier Jahren so
christlichen Kirche
bei Megiddo. Es nennt eine
den Mosaikfußboden einer sehr alten weit sein. W (M.E. Beaulieu/WB)
Frau namens Aketos und
Kirche (s. WUB 2/2016). Damals sorg-
den göttlichen Jesus Christus.
te diese Meldung für großes Aufsehen,
zumal nach dem Archäologen Yotam
Tepper eine der in Griechisch verfassten
Inschriften die erste schriftliche Aussa-
ge zur Göttlichkeit Christi sei, noch vor
dem Konzil von Nicäa (325). Während die
Datierung noch diskutiert wurde, wurde
der Bau definitiv als antikes christliches
Heiligtum anerkannt. Die Form seiner
Kirche gibt neue Auskunft über die auf-
keimende Architektur der christlichen
Bauten in den ersten fünf Jahrhunderten.
Damals wurde das Gebäude mit dem Mo-
saik ausgegraben, dokumentiert und das
Gelände unter der Aufsicht von Archäo-
logen wieder verdeckt.
Im Juni 2017 wurde nun die Verlegung
des Gefängnisses von Megiddo offiziell
bestätigt. Das bietet die Möglichkeit, ne-
© Alamy
Bibel
W
ir befinden uns im 10. Jh. vC: eine Fes- zession mit Frauen, die einen immer schneller
tungsanlage, ca. 30 km südwestlich werdenden Rhythmus auf ihren tragbaren Trom-
von Jerusalem, auf der „Anhöhe, von meln skandieren. Der Oberpriester rezitiert mit
der man weit sehen kann“ (auf Arabisch Qeiyafa). erhobenen Armen:
Der Gouverneur der Stadt ruft den höchsten Hof- „Singen will ich dem Herrn, denn hoch erhaben
beamten der Vereinigung der Schreiber zu sich. ist er; Pferd und Wagen warf er ins Meer. Die Flu-
Dieser setzt sich auf den Boden, stellt ein klei- ten bedeckten sie, sie fuhren in die Tiefen wie ein
nes Gefäß mit schwarzer Tinte zu seiner Linken Stein. Deine Rechte, o Herr, ist herrlich in Kraft.
hin und greift nach einem hölzernen Stab. Dann Deine Rechte, o Herr, zerschmettert den Feind!“
nimmt er eine große, fast viereckige Tonscherbe, Und das ganze Volk singt mit einer Stimme:
zieht einige waagerechte Orientierungslinien da- „Singt dem Herrn, denn hoch erhaben ist er; Pferd
rauf und beginnt die Worte seines Vorgesetzten und Wagen warf er ins Meer!“
in großen Buchstaben niederzuschreiben: Die kleine Dina ist besonders eifrig und ver-
„Dies sind die Ordnungen und die Rechtsbe- sucht, sich alle Worte des Priesters ganz genau
stimmungen, die ihr halten sollt. Du sollst nichts zu merken. Sie weiß nämlich, dass ihr Großvater,
Böses tun, sondern dem Herrn dienen.“ der nur noch unten in dem Zelt vor ihrem Haus
Da muss der Schreiber die Buchstaben ein we- sitzen kann, später ganz genau danach fragen
nig breiter schreiben, denn die Scherbe ist unre- wird. Sie liebt es, am Abend bei der Feuerstelle,
gelmäßig gebrochen. Dann beginnt er eine neue nachdem alle gemeinsam gegessen haben, ihm
Zeile: zuzuhören, er macht das nämlich noch besser
„Trachte nach dem Recht für den Sklaven und als der Oberpriester. Er erzählt die Geschichte,
die Witwe, helfe zum Recht der Waise“ – wieder wie Gott den Mann und die Frau erschaffen hat
eine neue Zeile – „und dem Ausländer. Tritt für und wie sie aus dem schönen Garten vertrieben
das Kind, für den Armen und für die Witwe ein. wurden. Dann folgt die Geschichte von Abra-
Verteidige den Armen in den Händen des Königs.“ ham, der seine Familie verließ und in ihr Land
Der Schreiber beginnt eine neue Zeile und kam, und wie Gott auf dem Berg mit Mose sprach
hofft insgeheim, dass der Gouverneur bald auf- und wie das Volk durch die Wüste wanderte.
hört, denn es ist nicht mehr viel Platz auf der
Scherbe übrig, da sie im unteren Teil ein wenig Zugegeben, die beiden Schilderungen sind
enger geschnitten ist als im oberen. keine historischen Darstellungen. Das in der
„Schütze den Armen und den Sklaven, unter- ersten Erzählung geschriebene Ostrakon wurde
stütze den Fremdling.“ allerdings 2008 in der Tat ausgegraben und das
Dann erhebt sich der Gesetzgeber, lässt sich Lied von Ex 15 aus der zweiten Erzählung gilt –
den Text vorlesen, nickt zufrieden und verlässt für manche – als einer der ältesten Texte der He-
den Raum. bräischen Bibel. Wenn man die Anfänge der Bi-
Ungefähr zur gleichen Zeit: ein kleines Heilig- bel im Hinblick auf volksstiftende Erzählungen
tum in der Nähe der Stadt Hebron, wo die Väter erforschen will, kommt man nicht umhin, diese
und die Mütter des Volkes Israel – Abraham und in den mündlichen Überlieferungen innerhalb
Sara, Isaak und Rebekka, Jakob und Lea – in ei- von Familienclans und kultischen Handlungen
ner Höhle begraben sind. Die Priester tanzen im zu suchen. Möchte man hingegen die Anfänge
Kreis um einen aus einem einzigen Steinblock hinsichtlich der ersten schriftlichen Zeugnisse
gehauenen Altar. Hinter ihnen kommt eine Pro- von Gesetzgebungen untersuchen, muss man
Jahrhundertelang sind Annahmen wie diese der. Historische Unwahrheiten und Anachronis-
gelehrt worden und sie wurden erst verhältnis- men stehen gehäuft nebeneinander. Die Stadt
mäßig spät wissenschaftlich hinterfragt. Dabei Jericho etwa soll zu einer Zeit erobert worden
sind die Spannungen, die den aufmerksamen sein, als sie nach modernen archäologischen
Bibelleser*innen diesbezüglich auffallen, ekla- Kenntnissen längst nur noch eine Ruine gewe-
tant: Der Mensch wird gleich zweimal erschaf- sen ist. Der Riese Goliat trägt Waffen, die zur
fen, die Gründe für den Sintflutregen sowie die Zeit des – wohl unhistorischen – Kampfes gegen
Anzahl der Zeichen in Ägypten („Plagen“) sind David noch nicht erfunden waren, und im Buch
© picture-alliance/abaca
nicht wirklich bestimmbar, Gott wird mit min- Jesaja erkennt man mindestens 300 Jahre Histo-
destens vier unterschiedlichen Bezeichnungen rie, die wie Ereignisse im Laufe eines einzigen
angeredet, viele der Gesetze kommen mehrmals Menschenlebens nachgedichtet werden. Es stellt
vor und, obwohl alle dem Mose zugeschrieben sich unweigerlich die Frage, wie es sein kann,
werden, widersprechen sie sich zum Teil einan- dass einem einzelnen, allwissenden Erzäh-
kas- und Johannesev., gelien, Apos- (3./4. Jh., Frag- (Buch Daniel
mente in Griech.) 3./4. Jh.) und Deuteronomi-
beide Anf. 3. Jh.) telgeschichte,
um aus dem 2. Jh.)
Apokalypse
Codex Sinaiticus
400
Codex Cairensis
(895) Fund in der
Codex Aleppo Kairoer Geniza
1000 1100
(930), Hebräische
Bibel, unvollständig Codex Leningradensis
Samaritanischer Pentateuch (1008/1009), vollstän-
(Abischa-Rolle, Nablus 11. Jh.) dige Hebräische Bibel
Hebräische Bibel (jüdische Abschrift) Altes Testament (christliche Abschrift) Neues Testament
ler derart schwerwiegende Fehler unterlaufen erforderlich war. So entstand der Großteil der
konnten oder wie viele Hundert Jahre ein Jesaja Texte, die wir gegenwärtig unter dem Begriff
hätte leben müssen, um bei all dem, wovon „er“ „Bibel“ zusammenfassen, in Krisensituationen,
berichtet, dabei gewesen sein zu können. Hät- da es der jeweiligen (meist religiösen) Führungs-
ten sie dann nicht im selben Moment an ganz schicht ratsam erschien, Maßnahmen zu treffen,
unterschiedlichen Schauorten der Geschichte
zugegen gewesen sein müssen?
Die Summe dieser Unstimmigkeiten, von de-
nen hier nur die augenfälligsten aufgelistet sind, Steintafeln, Papyri oder Pergament-
hat etwas Peinliches an sich, und so entschied rollen wurden nur beschrieben, wenn
man sich 1943 unter Papst Pius XII. auch in-
nerhalb der katholischen Kirche, die biblische es unbedingt erforderlich war
Autorenschaft lieber nicht mehr als per Dogma
zu entscheidende Glaubensfrage behandeln
zu wollen. Allerdings sind seitdem zahlreiche um die Volksgemeinschaft vor religiöser, politi-
und zum Teil gegensätzliche Theorien über das scher und kultureller Entwurzelung zu schützen
Entstehen der Schriften der Hebräischen Bibel und deren Identität zu sichern.
formuliert worden, wobei selbst die prominen- Die erste Krise: Die erste dieser Krisensituati-
testen Forscher immer wieder zugeben mussten, onen war die Zerstörung des Nordreiches Israel
mit ihren Deutungsversuchen an Grenzen gesto- durch die Assyrer, die 722 vC die Hauptstadt Sa-
ßen zu sein. maria eroberten. Kreise von Gebildeten im Süd-
reich (Juda) begannen draufhin, ihre eigenen
Texte niederzuschreiben. Dabei verarbeiteten
Biblische Texte als Krisen- und Wider- sie sehr wahrscheinlich auch bereits schriftliche
standsliteratur Traditionen aus dem Nordreich. Assyrien als
Mit jeder weiteren fehlgeschlagenen These herrschende militärische und kulturelle Erobe-
schwand der Optimismus, doch noch zu einem rungskraft beeinflusste jedoch massiv die Arbeit
einzigen großen Rekonstruktionsmodell zu ge- dieser Gelehrten. Die vermutete Urfassung des
langen, und umso bescheidener und desillusio- Buches Deuteronomium ist zum Beispiel wie
nierter wurden im Laufe der Jahre die Vorstöße ein assyrischer Vasallenvertrag aufgebaut. Hier
der einzelnen Alttestamentler*innen. Vorläufi- zeigt sich die Art und Weise, wie alle Schriften
ges Fazit der biblischen Autorensuche ist, dass der Hebräischen Bibel entstanden sind. Sie sind
der Großteil der Wissenschaftler*innen heute das Resultat von Schriftgelehrtenarbeit.
davon ausgeht, dass kein einziges Buch des Al- Es waren Experten, die mit großem
ten Testamentes – höchstens mit Ausnahme von Bedacht die Texte, die wir heute
Jesus Sirach – von dem im Text angegebenen „Bibel“ nennen, formulierten,
oder von den Kirchen jahrhundertelang ange- um- und fortschrieben.
nommenen Autor verfasst worden ist. Ebenso Die zweite Krise: Die zweite
wenig hat Baruch, der literarische Sekretär des Krise hängt mit der sogenann-
Jeremia, das Buch seines Meisters wie Mose die ten Exilszeit zusammen,
ersten fünf Bücher der Tora geschrieben. Allge- als Jerusalem 587 vC vom
mein anerkannt ist des Weiteren, dass im Hin- Großreich der Babyloni-
tergrund aller biblischen Erzählungen mündlich er zerstört wurde, der für
überlieferte und später auch schriftlich fixierte den Kult zentrale Tempel
Mythen, Legenden, Traditionen, aber auch his- verwüstet, die Stadt ver-
torische Notizen (z. B. Königslisten) stehen, die brannt wurde und die jüdische
aus einem viel älteren kulturellen Umfeld stam- Oberschicht mit ihren Priestern und
men, das noch nicht einmal immer jüdisch ge- Gebildeten nach Babylon verschleppt
wesen sein muss. Die Frage nach dem Autor der
Bibel muss also neu gestellt werden.
Anders als in der heutigen Gesellschaft mit
Das Exodusbuch, wenn auch nur 16 Buchstaben – 2,52 cm hohes
© deadseascrolls.com
8. Jh. vC
© Deror_avi , CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia.org; Wilson44691, CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia.org; Giovanni Dall‘Orto, commons.wikimedia.org; rustamank/stock.adobe.com; akg-images/Thomas Bartilla
722 vC erobert. Schriftgelehrte
im Südreich schreiben wich-
tige Erzählungen, Weisungen
und Gesetze unter der so nahe
gerückten Bedrohung Assurs auf
– und nehmen die Geschichten
der Geflüchteten aus dem Norden
mit auf. Vor ca. 800 vC lässt sich
im Alten Israel keine nennens- Assyrische Steingeschosse Die Assyrer kommen 701 vC Jerusalem gefährlich
werte schriftstellerische Aktivität nah: Die Kugeln, die aus großen Schleudergestellen abgefeuert wurden, stammen aus
nachweisen. dem belagerten Ort Lachisch, nur 44 km von Jerusalem entfernt.
6. Jh. vC
Die Stele des Nabonides während
einer Ausstellung in Berlin. Nabonid
2. Krise: Babylonier in Je war der letzte König des Babylonischen
rusalem! Tempel zerstört, Reiches. Auf dieser Stele, die heute
Hof- und Tempelbeamte ins im British Museum zu sehen ist und
Exil verschleppt ... In Babylon die ähnlich wie die Erzählung von
konstruieren aber gerade diese Genesis 1 in der Mitte des 6. Jh. vC zu
Schriftgelehrten eine Geschichts- datieren ist, hat er priesterliche Gewän-
darstellung vom Deuteronomium der an und betet die drei Hauptgötter
bis zu den Königsbüchern mit Babylons an: Schamasch, die Sonne,
Ischtar, den hellsten Stern und Sin, den
dem Muster: Gesetze nicht gehal-
Mond. Die biblischen Autoren nah-
ten, Strafe, aber Gott ist stärker
men darauf Bezug und erklärten in der
als alle Götter und neue Befreiung
Erzählung von der Erschaffung der Welt,
wird kommen. Nach der Rück- dass der Gott Israels der Schöpfer dieser
kehr aus dem Exil wird die Tora babylonischen Götter war.
veröffentlicht.
4. Jh. vC
14
200219203704KE-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 4/2018
Wenn aus Mythen schriften werden …
wurden. Genau dieser Gruppe der Gebildeten Buch des Jeremia, kann man sich sogar einen
aber, die ungefähr 5 bis 10 % der Bevölkerung „dialogischen Prozess“ vorstellen. Autoren re-
ausgemacht haben dürfte, ist nach dem aktuel- agierten auf Texte von anderen Autoren und
len Stand der Forschung die schriftliche Fixie- andersherum. Somit bleibt nicht nur die Endfas-
rung der in dieser Zeit entstandenen biblischen sung erhalten, sondern der gesamte Prozess ist
Werke zu verdanken. Um die Katastrophe vom in den Texten wiederzufinden. Am Werk waren
Verlust der politischen und kulturellen Souve- dabei natürlich nicht einzelne Propheten, die
ränität auf religiöser Ebene verarbeiten zu kön- ihre Lehre selbst niedergeschrieben haben, son-
nen, konstruierten diese ehemaligen Hof- und dern wiederum kleine Gemeinschaften von ge-
Tempelbeamten zunächst eine sich vom Deu- bildeten Schriftgelehrten, sogenannte Prophe-
teronomium bis zu den Königsbüchern erstre- tenschulen. Diese haben sich in der zunächst
ckende Geschichtsdarstellung. Sie gebrauchten
dabei ein sehr einfaches und in seiner Klarheit
überzeugendes Deutungsmuster: Die Gesetze,
die dem Volk Israel von Gott aufgegeben und im
Am Werk waren kleine Gemeinschaften
Buch Deuteronomium zusammengefasst wor- von gebildeten Schriftgelehrten,
den sind, wurden nicht eingehalten. Also hat
Gott zur Strafe die nationale Tragödie des Exils
sogenannte Prophetenschulen
herbeigeführt. Dennoch ließen sie unterschied-
liche Stimmen zur Sprache kommen, da sie
nicht vereinheitlichen, sondern verschiedene mündlich überlieferten Botschaft eines realen
Perspektiven aufzeigen wollten. Propheten wiedererkannt und im Laufe der Zeit
Neben dieser negativen Erklärung wollte man dessen Leben und Predigt in Texten festgehal-
aber auch Hoffnung für die Zukunft geben und ten, ergänzt, weiterentwickelt und somit inter-
so bemühte man sich, in der Konfrontation mit pretiert. Manche dieser Kollektive waren pries-
den Göttern und Mythen der Eroberer, den Be- terlich oder konservativ geprägt (Ezechiel, Joël,
weis zu führen, dass der eigene Gott, der Gott Is- Micha), andere hingegen vertraten eine toleran-
raels, stärker sei als die Götzen der siegreichen tere Einstellung gegenüber fremden Völkern und
Großmacht. Dafür verwendeten und aktualisier- Kulturen (Jesaja, Jeremia, Jona). Besonders deut-
ten sie alte Traditionen: Welt und Gestirne, so lich sind die Spuren dieser Redaktionsteams in
berichtet die Genesis, sind Gottes Werk; Sonne, den Büchern Micha und Jesaja vorzufinden, wo
Mond und Sterne, welche die Babylonier als immer wieder ein Wir als Subjekt von zentralen
Götter anbeteten, sind auch seine Geschöpfe. Aussagen steht. Die unterschiedlichen Meinun-
Er erschuf außerdem den Menschen in Würde gen und Blickwinkel blieben auch hier nebenei-
und Einzigartigkeit als das Abbild Gottes, als nander bestehen.
Gegenüber und nicht wie im Fall der Fremdkul- Die dritte Krise: Die dritte große Krise wurde
tur als Sklaven. Die mündlich überlieferten und gut zwei Jahrhunderte später ausgelöst, aller-
bereits bekannten Geschichten der Erzeltern dings nicht durch eine gewaltsame politische
und der Geburt des Volkes unter Mose zeigen Eroberung, sondern durch eine kulturelle. Nach
folglich, wie Gott den von ihm ins Leben geru- den siegreichen Kriegszügen von Alexander dem
fenen Menschen leitet und schützt. Er schenkt Großen musste sich die damalige Welt, darunter
schließlich seinem Volk das Land, was für die auch das Judentum, mit der griechischen Kul-
Exilierten gleichsam zu einem Hoffnungsbild tur, dem Hellenismus, auseinandersetzen. Die
werden sollte. Bibel wurde erstmals ins Griechische übersetzt.
Nach Ende des Exils, also am Beginn des 4. Von manchen in diesen Tagen verfassten bib-
Jh. vC dürfte es dann so weit gewesen sein, dass lischen Texten weiß man, dass sie in Alexand-
eine Gruppierung innerhalb des priesterlichen ria in Ägypten geschrieben wurden, einem der
Milieus den Erzählkomplex vom ersten bis zum kulturellen Zentren des Hellenismus. Zu jener
fünften Buch der Bibel veröffentlichte: die Tora. Zeit wurden die bereits bestehenden Texte noch
Ebenfalls in exilische Zeit – und noch bis ins 3. einmal überarbeitet, außerdem entstanden die
Jh. vC hinein – fällt auch die Redaktion vieler Weisheitsbücher und die späten Geschichtsbü-
Prophetenbücher, die unmittelbar die Tora aus cher (Makkabäer, Chronikbücher), wobei sich
unterschiedlichen Blickwinkeln kommentierten die einzelnen Werke auf sehr unterschiedliche
und nicht selten auch kritisierten. In manchen Art und Weise mit den Themen der jüdischen
Fällen, wie z. B. beim Deuteronomium und beim Tradition auseinandersetzen. Neben universa-
listischen Büchern, in denen versucht wird, eine Texte für die Identität und nicht für
Synthese zwischen Judentum und Hellenismus die Geschichtsdarstellung
zu schaffen – wie Ijob, Sprüche, Weisheit, Ho- Die Bibel, so muss man summa summarum fest-
helied oder Kohelet –, stehen Erzählungen, die stellen, ist nicht von Gott diktiert und sie ist
einen stark ausgeprägten Nationalismus ver- auch nicht von einzelnen begnadeten Sehern
treten – wie die Makkabäerbücher oder Dani- niedergeschrieben worden. Vielmehr ist sie eine
el. Wiederum ist hier der Autor kein Einzelner. Sammlung von Texten. In ihrer Vielfalt sind
Denn nach dem Modell der griechischen Philo- sie in kleineren und größeren professionellen
Gelehrtengruppen erarbeitet, diskutiert und
schließlich verschriftlicht worden. Sie waren in
Es ist anzunehmen, dass an diesen der Kultur ihrer Zeit beheimatet und auch inter-
national vernetzt. Die alten maßgebenden Tradi-
Gesprächsgruppen auch Frauen teil- tionen wollte man nicht vergessen, sondern um-
genommen haben formulieren und aktualisieren. Die Autor*innen
wollten auch nie nur historische Tatsachen fest-
halten. Sie wollten Identität stiften und Ausle-
gungsalternativen anbieten.
sophenschulen wurde es bald auch unter den Bedeutet diese Erkenntnis einen Verlust an
Juden üblich, sich im Freundes- und Schüler- Autorität? Zunächst mag es so scheinen. Auf den
kreis oder in losen Verbänden Gleichgesinnter zweiten Blick wird man aber feststellen, dass
zu treffen und den philosophischen/religiösen gerade in diesem Verlust ein Gewinn an Identi-
Diskurs über die Welt, Gott und den Menschen fikationspotenzial für die Leser*innen aller Jahr-
zu pflegen. Im dabei unternommenen Versuch, hunderte liegt: Über einen Umweg gewinnt die
die immer gültigen Gebote Gottes mit dem Zeit- Schrift ein Mehr an sinnvoller Autorität. Eine Au-
geist in Einklang zu bringen, kam der Austausch torität nämlich, die nicht direkt von Gott diktiert
zwischen den Lehren der großen griechischen ist, sondern die daher kommt, dass sie von vie-
Philosophen und der jüdischen Überlieferung in len konkreten und vermutlich sehr unterschied-
Gang, welcher die biblischen Werke dieser Peri- lichen Menschen nachvollzogen worden ist und
ode charakterisiert. die insofern als dialogisch angesehen werden
Rückblickend ist anzunehmen, dass an diesen kann. Somit bleiben die biblischen Texte, auch
Gesprächsgruppen auch Frauen teilgenommen wenn man nicht genau weiß, wer, wann, was
haben oder dass es reine Frauenkreise gegeben geschrieben hat, durch die Jahrhunderte aktuell
haben könnte, deren Interesse verstärkt dem Le- und immer neu aktualisierbar. W
ben und religiösen Vorbild großer Frauen in der
Geschichte Israels gegolten haben mag. In den Lesetipps
Büchern, von denen man vermutet, dass sie von • Konrad Schmid, Literaturgeschichte des Alten
weiblich geprägteren Kreisen redigiert worden Testaments. Eine Einführung. Wissenschaftliche
sein könnten (Rut, Judit, Tobit, Ester), rücken Buchgesellschaft 2008.
Frauen vermehrt in den Mittelpunkt. Auch hier • Dieter Vieweger, Archäologie der biblischen Welt,
ist als Verfasser ein Kollektiv am Werk, nicht Vandenhoeck & Ruprecht 2003.
aber eine historische Mirjam, Schwester des • Walter Dietrich (Hg.), Die Welt der Hebräischen
Mose, oder eine Richterin Debora, die Mutter Bibel. Umfeld – Inhalte – Grundthemen.
des Samuel, oder Judit, die Holofernes bezwang. Kohlhammer 2017.
Etwas versteckter findet sich das Wirken enga-
gierter Jüdinnen in jenen biblischen Texten, die
zwar Männern zugeschrieben werden, jedoch ei- Prof. Dr. Simone Paganini
nen klar femininen Einschlag erkennen lassen. lehrt Biblische Theologie an der
Zu nennen wären dazu einige Psalmen (zum RWTH Universität in Aachen. Sei-
Beispiel 6, 10, 12 und 45), die Klagelieder sowie ne Publikationen zum Verständnis
die beiden großen Prophetenbücher Jeremia der alttestamentlichen Welt und
ihrer Schriften decken ein breites
und Jesaja, wobei Letzteres mit seinem weibli-
Spektrum ab. Empfehlenswert:
chen Gottesbild – Gott als Mutter (z. B. Jes 49,15;
„Was glaubten die Menschen zur
66,13) – einen sehr schönen und bedeutungsvol- Zeit Jesu? Eine Einführung in das
len Gegensatz zur männlich dominierten Gottes- Alte Testament“, (Innsbruck 2012
vorstellung der Bibel bildet. zusammen mit Claudia Paganini).
Volltreffer in Kairo:
Agnes Lewis, Margaret Gibson,
Solomon Schechter und die Kairoer Geniza
Konstantin von
Tischendorf erkennt
die Bedeutung der
Pergamentblätter:
Sie sind der früheste
erhaltene Bibel-Codex
des Christentums.
Mit 29 Jahren machte der junge Leipziger Gelehrte Konstantin von Tischendorf den Fund seines Le-
bens. Er hält sich 1859 zum wiederholten Male im Katharinenkloster auf dem Sinai auf. Er ist – als
evangelischer Theologe und Experte für alte Schriften – auf der Suche nach möglichst alten Bibel-
handschriften, um dem Ursprung der Schriften näherzukommen. In diesem Jahr zeigt ihm der Klos-
terbibliothekar ein in rotes Tuch gewickeltes Pergamentbündel. Tischendorf erkennt, dass es sich um
eine einzigartig frühe Bibel handelt – das Neue Testament darin wird sich als das älteste erhaltene
herausstellen, entstanden um 350 nC.
407 Blätter dieses Codex Sinaiticus sind bekannt, 43 befinden sich in Leipzig, 347 in der British
Library (nachdem Stalin sie 1933 dorthin verkauft hatte), 5 Fragmente in St. Petersburg (hierher hatten
die Mönche den Codex 1859 als Leihgabe geschickt). 12 fragmentarische Blätter und 14 kleinere Frag-
mente entdeckten die Mönche erst 1975 in einer Kammer des Katharinenklosters. Der elegante Codex
ist für die neutestamentliche Textgeschichte ein Meilenstein: Um 350 sind die vier Evangelien so wie
heute gereiht, es fehlen aber Passagen wie die Perikope über die Ehebrecherin (Joh 8) oder der Schluss
des Markusevangeliums. Die Paulusbriefe stehen vor der Apostelgeschichte und zu den 27 Büchern,
die wir heute NT nennen, kommen noch der Barnabasbrief und der Hirt des Hermas hinzu ...
Das wunder
aus den Höhlen am Toten Meer
Das Rätsel
um den Codex Aleppo und
den israelischen Geheimdienst
In der Synagoge von Aleppo befand sich seit dem 14. Jh.
der wertvollste Codex des gesamten Judentums: Ein Codex
aus den 930er-Jahren, vom berühmten Masoreten Aaron
© D. R., public domain, vadiml/fotolia.com, alefbet26/fotolia.com
1952 war in der ägyptischen Stadt Pwow eine Papyrusgruppe Einige Papyri aus diesem Fund konnte aber auch ein anderer
gefunden worden – da, wo Pachomius um 330 nC eines der ers- großer Sammler dieser Zeit erwerben, Alfred Chester Beatty,
ten Klöster gegründet hatte. Ihr Wert war den lokalen Findern ein im Kupferbergbau erfolgreicher amerikanischer Ingeni-
offensichtlich bewusst: Über Dritte wurden die Schriftstücke eur, der ähnlich wie Bodmer alle erreichbaren Manuskripte
nach Europa geschmuggelt. Der wohlhabende Schweizer Mar- aus allen Jahrtausenden in allen Sprachen der Welt sammelte.
tin Bodmer, leidenschaftlicher Sammler, der die Literatur aus Chester Beatty verbrachte viel Zeit in Kairo und hatte schon in
3000 Jahren Menschheitsgeschichte abbilden wollte, erwarb den 1930er-Jahren Papyri aus alten ägyptischen Kirchen und
diese heute sogenannten „Bodmer-Papyri“, darunter das ältes- Klöstern erwerben können, darunter viele biblische Fragmen-
te fast vollständig erhaltene Manuskript des Johannes-Evange- te. Sein bedeutendster Kauf ist aber wohl der Papyrus 46, die
liums – es wurde um 200 nC geschrieben –, den Papyrus 66. früheste Sammlung der Paulusbriefe aus der Zeit um 200 nC.
stammen aus der Zeit vom 2.–6. Jh. Griechische und la-
teinische Fragmente bezeugen die Überlieferung des Al-
ten Testaments im Christentum und neben den neutesta-
mentlichen Fragmenten stieß man auch auf apokryphe
christliche Schriften, etwa auf das bis dahin unbekannte
„Thomasevangelium“, auf Spuren des Hirten des Hermas,
der Paulusakten mit der Theklalegende. Ebenso fand man
aber auch das Glaubensbekenntnis von Nicäa (325) oder
Kirchenväterliteratur wie Irenäus’ Adversus haereses.
1898 erschien der erste Band der Reihe „The Oxyrhyn-
chus Papyri“; 2018 erschien Band 83 – und es sind noch
nicht mal zwei Prozent der Papyri veröffentlicht.
links: © CC 3.0 Walters Art Museum, public Domain; rechts: © Marie-Lan Nguyen, CC BY 2.5, commons.wikimedia
Zwei Gesichter, ein König: Ptolemaios II.
Philadelphos, Auftraggeber der Septuaginta, ein-
mal in griechischem und einmal in ägyptischem
Stil dargestellt. In Alexandria fusionierten helle-
nistische und pharaonische Traditionen. In diesem
Mix des 3. Jh. vC aus Philosophie, Naturwissen-
schaft, Kult und Religion lebte die große und
weltoffene jüdische Diasporagemeinde.
Bronzebüste aus der Villa dei Papiri, Herculane-
um, römische Kopie 1. Jh. nC, Archäologisches
Nationalmuseum Neapel, und Kopf aus Granit, um
280 vC, Walters Art Museum, Baltimore/Maryland.
Ü
ber die Entstehung der grie- ihnen unsichtbar ein (göttlicher) Leh- eigentliche Wunder in der totalen
chischen Bibel – der Septua- rer diktiert habe“. Übereinstimmung der 72 Übersetzun-
ginta – und damit des Alten 3. Quelle: Josephus Der jüdische gen, die nun aber nicht nur die Tora,
Testamentes der Christen, erzählen Historiker Flavius Josephus (Antiquita- sondern „alle Bücher“ umfassten. So
gleich vier Quellen. Deren historischer tes XII, entstanden ca. 90 nC) erzählt konnten selbst die Heiden erkennen,
Informationswert ist jedoch aus zwei die Geschichte sehr ausführlich und dass „die Schriften unter göttlicher In-
Gründen erheblich eingeschränkt: Sie begründet das von Demetrios angereg- spiration übersetzt waren“. Dieses Ge-
gehen alle auf ein und dieselbe Quelle te Ersuchen des Königs damit, dass die schehen verglich er gar mit Esra, der
zurück und sie haben eine ausgespro- Gesetze der Juden für Ptolemaios inte- nach der Rückkehr aus dem Babylo-
chene Intention. ressant und für die Vervollständigung nischen Exil die verlorenen Texte des
1. Quelle: Aristeas Die wohl älteste der Bibliothek wichtig seien, weil sie Mose, der Propheten und der Schriften
Quelle ist der sogenannte Aristeasbrief – so der stolze Jude Josephus – „von mithilfe des Geistes Gottes rekonstru-
(um 120 vC), der gut 100 Jahre nach ieren konnte.
dem Geschehen geschrieben wurde.
Ein alexandrinischer Jude mit dem Warum gibt Aristeas vor, Fragen über Fragen
griechischen Pseudonym Aristeas be-
richtet: Er sei im Auftrag des Demetrios ein hellenistischer Es ist nicht zu übersehen, dass die
von Phaleron, des höchsten Beamten Beamter des Königs Legende zwar an der Entstehung der
des Königs Ptolemaios II. Philadel- Septuaginta interessiert ist, aber in
phos und Bibliothekar der berühmten zu sein, obwohl Wirklichkeit herausstellen will, dass
Bibliothek von Alexandria zum Ho- er ein Jude ist? diese Bibelübersetzung authentisch
hepriester Eleasar nach Jerusalem ge- und kanonisch ist – für die Juden
reist. Dieser möge den König Einsicht (Aristeas, Josephus, Philo) und für die
in die Heiligen Schriften der Juden höchster Weisheit und unbeflecktes- Christen (Irenäus). Offensichtlich be-
nehmen lassen – denn der König wolle ter Sittenreinheit Zeugnis ablegten, reitete die Akzeptanz der griechischen
sie dem in der Bibliothek versammel- als kämen sie von Gott selbst her“. 72 Übersetzung große Schwierigkeiten.
ten Wissen der Welt hinzuzufügen. Der greise Männer kamen auf Weisung des Wenn aber die Intention dieser Le-
Hohepriester sah dies als große Ehre Jerusalemer Hohepriesters nach Alex- gende klar erkannt ist, dann muss die
und entsandte 72 jüdische Schriftge- andria, wo sie in einem Haus auf der Frage erlaubt sein, wie sich die Sache
lehrte (6 pro Stamm), weise, untadeli- Insel Pharos arbeiteten und nach 72 wirklich abgespielt hat. Bürsten wir
ge Männer, nach Alexandria, wo diese Tagen die Übersetzung vorlegten, die die Legende doch einmal gegen den
in 72 Tagen die Tora aus dem Hebräi- zum Abschluss feierlich als richtig und Strich und stellen folgende Fragen:
schen ins Griechische übersetzten. Die unveränderbar deklariert wurde. • Lässt die so emphatisch betonte
Zahl (vermindert um 2) wird zur Be- 4. Quelle: Irenäus Schließlich ist es Initiative eines heidnischen Königs
zeichnung: Septuaginta (= „Siebzig“). Kirchenlehrer Irenäus von Lyon (Ad- nicht eher das Gegenteil erahnen: dass
2. Quelle: Philo Der jüdische Ge- versus haereses III 21.2), der um 180 nC die Übersetzung gar nicht auf könig-
lehrte Philo von Alexandrien (Vita Mo- im Zusammenhang seiner Gedanken liche, sondern auf jüdische Initiative
sis II 25ff, entstanden vor 50 nC) verlieh zu Jes 7,14 (Jungfräulichkeit der Got- entstand, die von anderen jüdischen
der Legende eine größere Wunderhaf- tesmutter) die Legende aufgreift. Weil Kreisen dann nicht akzeptiert wurde?
tigkeit und deutete das Verlangen des die griechische Übersetzung, die die • Ist die überdeutliche Referenz
Königs nach einer Übersetzung als Mutter des Messias als „Jungfrau“ be- gegenüber dem Jerusalemer Hohe-
Zeichen des göttlichen Willens. Philo zeichne, bereits weit in vorchristlicher priester vielleicht eine Verschleierung
betont, dass die Übersetzungen der 72 Zeit geschehen sei, sei jede Behaup- dessen, dass die Übersetzung durch
Gelehrten genauestens mit dem heb- tung eines christlich-dogmatischen alexandrinische Juden angefertigt
räischen Original und untereinander Einflusses auf die Jesaja-Übersetzung wurde – und möglicherweise weder
übereinstimmten, „als ob jedem von absurd. Irenäus sah – wie Philo – das an einer Approbation durch den Ho-
hepriester in Jerusalem noch durch den heidni- rao mit der ägyptischen Doppelkrone gekrönt
schen König interessiert war? und hatte sich im Isistempel in Philae zusam-
• Und warum gibt Aristeas vor, ein hellenisti- men mit seiner Schwesterfrau als Verehrerpaar
scher Beamter des Königs zu sein, obwohl er ein dieser Göttin darstellen lassen. Aber die poly-
alexandrinischer Jude ist? Warum betont er so theistische Religion der Ägypter war für seine
Targume sehr die Autorität des Demetrius von Phaleron, Staatsphilosophie offensichtlich wenig ergiebig.
sind Übersetzungen der zur Zeit des Ptolemaios’ II. sicher nicht mehr Deshalb scharte er die hellenistischen Philoso-
von biblischen Texten im Dienst, wahrscheinlich sogar aus Alexandria phen seiner Zeit um sich, um sich mit ihnen zu
ins Aramäische, die verbannt war? War Aristeas zu weit vom Gesche- beraten. Dabei trieben ihn offensichtlich zwei
Umgangssprache in hen entfernt oder hat er gar das Ganze erfunden Gedanken um, die er gerne in sein Regierungs-
der Levante mindes-
und die Späteren sind ihm auf den Leim gegan- programm einbinden wollte, um sich als Grieche
tens seit dem 1. Jh.
gen? dem ägyptischen Volk als wahrer Nachfolger des
vC. Targume bieten
Wie also könnte es gewesen sein? großen Alexander anzubieten: Er ließ dazu die
neben den übersetz-
ten Schriften auch Geschichte Ägyptens aufarbeiten (durch den
Auslegungen. Priesterschriftsteller Manetho), ließ neue Tem-
Ein philosophischer König und die pel bauen und förderte den Serapiskult. In den
Geburt einer Idee Schulen ließ er Homer und Hesiod, vor allem
Wie jeder König, hatte auch Ptolemaios II. Phil- aber Platon und Sokrates mit ihren Fragen nach
adelphos – er war mit seiner Schwester Arsinoe dem gerechten Staat auf den Lehrplan setzen.
verheiratet – in Alexandria eine „Enquete-Kom- Ptolemaios selbst war auf der Suche nach dem
mission“ um sich, die ihn in seinen Regierungs- gerechten Staat. Aus zahlreichen Papyri ist be-
geschäften unterstützen sollte. Er war als Pha- kannt, dass er eine umfangreiche Rechtssamm-
lung anfertigen und dazu (laut antikem Biblio-
thekskatalog „Pinakes“) in der Bibliothek eine
Pharos (Leuchtturm)
eigene juristische Abteilung schaffen ließ.
Großer es Für die Diskussion seiner staatsmännischen
isch Sonnentor
Hafen Jüd tel Fragen war Alexandria mit seinem Museion
Isistempel Vier und der größten Bibliothek seiner Zeit gut ge-
rüstet. Ptolemaios griff die Thesen der griechi-
s
aro schen Philosophen auf und es wäre durchaus
l Ph Heptastadion
Inse (sieben Stadien verständlich, dass er bei der Theoriebildung
Alter langer Übergang) auch die literarischen Traditionen der 70.000
Gymnasion
Eunostos-Hafen
Juden Alexandrias berücksichtigen wollte. Die-
Mondtor
Alexandria im 3./2 Jh. vC al se Bevölkerungsgruppe war ihm wichtig, denn
an
lk
1. Königspalast Ni die Berichte stimmen darin überein, dass er an
2. Palasthafen
3. Timonium-Palast n die 100.000 Juden aus der Sklaverei entließ. So
atio
4. Poseidon-Tempel alis spricht ernsthaft nichts dagegen, dass Ptolema-
Kan )
5. Theater
e see
6. Lagerhäuser (?)
u t -Seinnen ios zur Komplettierung seiner Rechtssammlung
7. Alexandergrab (?) ri B
8. Werften Serapieion Ma iger auch die Tora der Juden zu besitzen wünschte.
a lt
9. Museion und Bibliothek
l zh Es könnte sich also so abgespielt haben, wie
10. Insel Antirhodos (Sa
Aristeas in seinem Brief berichtet hat.
Blick in den Hafen von Alexandria heute. in einem am Strand erbauten, prächtigen und still gelegenen © Karte nach: Kaidor, CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia
Auf der Insel Pharos, die den Hafen begrenzt, haben die jüdi- Haus und forderte die Männer zur Ausführung der Übersetzung
schen Gelehrten laut Legende an der Übersetzung gearbeitet: auf. ... Die Sitzung dauerte jedes Mal bis zur neunten Stunde.
Dann „ging Demetrius mit ihnen über den sieben Stadien Dann verwandten sie die freie Zeit auf die Körperpflege; es
langen Wellenbrecher zur Insel, überschritt die Brücke und wurde ihnen alles Gewünschte reichlich zur Verfügung gestellt.“
begab sich in den nördlichen Bezirk. Dann hielt er eine Sitzung (Aristeasbrief 301–303).
„So sollte sich das Schriftwort bald darauf, ab dem 2. Jh., festgelegt Was bedeutet das für Bibelleser/innen
erfüllen ...“ und gesichert wird. heute?
3. Aber es gibt eine dritte Gruppe von Es kann passieren, dass die Evangelis-
„Denn die Schrift sagt ...“
Zitaten, die weder der einen noch der ten oder Paulus ein alttestamentliches
Viele Male finden sich diese Wendun- anderen Gruppe zugeordnet werden Zitat – nach der Septuaginta – anfüh-
gen im Neuen Testament, über 300 können. Sie bezeugen, dass weitere ren, das sich in einer heutigen Bibel-
Zitate lassen sich feststellen. Aber wel- griechische und hebräische Lesarten übersetzung an der entsprechenden
che „Schrift“ zitieren die neutestament- zirkulierten. Der Apostel Paulus z. B. alttestamentlichen Stelle wörtlich so
lichen Verfasser? Welche Schriftrollen zitiert in seinen Briefen vermutlich min- nicht findet (Beispiele: Jes 7,14 / Mt
hatten die frühchristlichen Missionare destens drei unterschiedliche Jesaja- 1,23 oder Gen 1,27 / Gal 3,28; Mt 19,4
und Missionarinnen eigentlich zur Hand? Versionen. par Mk 10,6). Denn unser Altes Testa-
Fakt ist, dass es im 1. Jh. nC noch ment wird aus dem (masoretischen) he-
nicht die eine autoritative hebräische Für die dritte Gruppe passen einfache bräischen Text übersetzt!
Textfassung der Bibel gab und ebenso- Erklärungen heute nicht mehr – wie Allerdings auch nicht immer ganz kon-
wenig die eine griechische Septuaginta- etwa „die Verfasser zitierten aus der sequent: An für die christliche Theolo-
fassung. Beide Überlieferungen wuch- Erinnerung und machten dabei Fehler“ gie und Glaubenstradition bedeutenden
sen noch – und so gab es griechische oder „die Verfasser übersetzten selbst Stellen haben beispielsweise die Revi-
wie auch hebräische Varianten. Daher und manchmal recht frei“ oder „die soren/innen der neuen Einheitsüber-
ist es nicht immer möglich, jedes alttes- Verfasser verfälschten die Schriftzitate setzung die Septuagintawendungen be-
tamentliche Zitat unseren heutigen Ver- gemäß ihrem Anliegen“. Besonders für lassen, wie gerade in Jes 7,14: „Darum
sionen zuzuordnen – bei manchen ist es Paulus und das Matthäusevangelium wird der Herr selbst euch ein Zeichen
einfach schwierig! Vielleicht ist für einen kann man nun recht genau nachwei- geben: Siehe, die Jungfrau hat emp-
Wortlaut die Quelle heute unbekannt, sen, dass sie hin und wieder die Kaige- fangen, sie gebiert einen Sohn und wird
damals aber war es ein Zitat? Rezension nutzen, eine Überarbeitung ihm den Namen Immanuel geben.“ Im
der Septuagintaschriften, die sich vom Hebräischen steht alma, „junge Frau“,
Dennoch kann man Aussagen treffen: 1. Jh. vC bis möglicherweise ins 2. Jh. nicht „Jungfrau“, griech. parthenos, wie
1. Die große Mehrheit der Schriftzitate nC erstreckte. Diese jüdische Überar- in der Septuaginta.
stammt aus dem ältesten Text der Sep- beitung muss in manchen Gemeinden Das muss man als aufgeklärte/r Bibelle-
tuaginta. Vielleicht waren diese Schrift- geschätzt worden sein. ser/in wissen – und aushalten. (hk/wub)
rollen praktischerweise in den meisten
Diaspora-Gemeinden der römischen Wichtig ist: In neutestamentlicher Zeit (Vgl. dazu: Elisabeth Birnbaum, The LXX and
Welt vorhanden? Möglicherweise kann- werden unterschiedliche Quellen ver- the Hebrew Scripture in Early Christianity:
ten manche neutestamentlichen Ver- wendet, die teils der Septuaginta, teils A Question of Either-Or?, in: A. Collela und
fasser nur diese Version. unserem hebräischen Text nahestan- A. Lange (Hg.), The Reception of the Bible
2. Andere Zitate stimmen mit dem den und teils auch eine Mischung bei- in (Late) Ancient Judaism and Christianity,
hebräischen Schrifttext überein, der der darstellten. Vandenhoeck & Ruprecht, vorauss. 2019)
Grobdaten
© Wing, CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia.org
Von vielen griechischen Über- Jetzt aber beginnen die wirklichen Anerkennung finden möge. Dazu aber
setzungen zu einer autorisierten Probleme: Es war nicht schwierig, jü- bedurfte es noch einer gewissen Anlauf-
Übersetzung dische Gelehrte zu finden, die eine er- zeit.
Nun sprachen die Juden in Alexandria forderliche hebräische und griechische
selbstverständlich Griechisch und man Kompetenz hatten – aber wer hatte die
darf getrost annehmen, dass sie schon Autorität, eine solche Übersetzung end- Ein Judentum mit zwei Bibeln –
längst eine Übersetzung der Tora oder gültig zu autorisieren? Das Judentum die sich unterscheiden ...
Teile davon und von Propheten und kannte keinen „Vatikan“ als zentrale Damit besaß das Judentum zwei Bibeln.
Psalmen oder Teile davon besaßen. Autorität, allenfalls mag der Jerusale- Das wäre an sich unproblematisch,
Analoges wird man auch für Jerusalem mer Hohepriester einen aus der Tradi- wenn sich diese beiden Bibeln nicht un-
annehmen müssen, wo das Hebräische tion gewachsenen Primat innegehabt terschieden hätten. Genau das taten sie
schon längst durch das Aramäische haben. Das wissen wir aber nicht. Die jedoch.
ersetzt worden war und frühe Formen Inszenierung des Aristeas ist deshalb (1) Die Übersetzer in Alexandria ha-
der Targume im Umlauf waren. Aus den eine geniale Konstruktion, die einer- ben eine hebräische Vorlage benutzt, die
Fragmenten eines literarischen Dialogs seits die Tradition durch Rückbindung sicher älter war, als es der Text der glei-
des alexandrinisch-jüdischen Philoso- an Jerusalem bewahrt und andererseits chen Bibel in Jerusalem war. Das erklärt
phen Aristobulos (um 160 vC) mit König im König Ptolemaios die notwendige sich leicht damit, dass die ägyptischen
Ptolemaios ist zu erfahren, dass bereits Autorität bereitstellt. Gewiss, er war ein Juden bei ihrer Abwanderung aus Paläs-
Pythagoras, Platon, Sokrates und Ho- tina die Heiligen Schriften mitgenommen
mer ihre Weisheit aus der Tora des Mose und treulich bewahrt hatten, während in
bezogen hätten, es also schon vor der Jerusalem die Schriftgelehrten weiter am
Septuaginta eine griechische Überset- Bibeltext arbeiteten. Dies wird von Qum-
zung gegeben habe. Auch wenn man ran bestätigt, in dessen Bibliothek wir
Aristobulos ein bestimmtes Interesse ein knappes Jahrhundert später mehr
unterstellen muss, so lassen sein Werk, als 200 Bibelhandschriften antreffen,
aber auch weitere sprachliche Indizien die die Existenz von gut und gern fünf
erahnen, dass in frühptolemäischer unterschiedlichen hebräischen Bibel-
Zeit diverse griechische Übersetzun- ausgaben dokumentieren.
gen vorlagen, um für Synagoge, (2) Dialektale, geografische, zoo-
Schule und familiäre Unterwei- logische und botanische Differenzen
sung auf die heiligen Traditionen zeigen, dass die Übersetzungen der
zurückgreifen zu können. Natürlich Die alexandrinischen einzelnen Bücher auf verschiedene
war man in traditionellen jüdischen
Kreisen überzeugt, dass die wirklich
Juden waren bestrebt, Übersetzer an verschiedenen Orten
und zu verschiedenen Zeiten zurückge-
heilige Sprache das Hebräische ist (Jubi- ihre Traditionen in die hen.
läenbuch 12; jShab 1,3.3c), dass aber an-
dererseits die Völker nur dann über die
gesellschaftliche Debatte (3) Die Reihenfolge der Bücher war
unterschiedlich: die hebräische Bibel
guten Gesetze Israels staunen können einzubringen war tora-zentriert und sah am Anfang
(Deuteronomium 4,2-8), wenn sie die die Tora, ihr folgten die Propheten, die
Möglichkeit haben, diese Gesetze auch die Tora lehren und durchsetzen, und
in ihrer Sprache lesen zu können. Des- Heide, aber durch die Freilassung von schließlich die Schriften, die zeigen, wie
halb waren die alexandrinischen Juden 100.000 Juden und durch die überaus sich die Tora in der Lebenswirklichkeit
auch von sich aus bestrebt, ihre Traditio- reichen Geschenke an den Hohepriester Israels auswirkte. Die Septuaginta griff
nen in die gesellschaftliche Debatte ein- in Jerusalem, durch seine Suche nach dagegen das Ordnungsprinzip der hel-
zubringen und ihre Schriften in die be- Wahrheit und Gerechtigkeit war er doch lenistischen Historiker auf, sah in der
rühmte Bibliothek aufnehmen zu lassen. im Grunde seines Herzens längst ein Tora die Vergangenheit, in den Schriften
Nun sind Übersetzungen – aus wel- „wahrer Jude“. Aus dieser Kombinati- die Gegenwart und in den Propheten die
chen Anlässen sie auch immer angefer- on lässt sich die Absicht des Aristeas Zukunft beschrieben.
tigt sein mögen – niemals über jeden erschließen: Die Wunderhaftigkeit der (4) Der größte Unterschied zwischen
Zweifel erhaben. Auch um der Einheit Übersetzung beweist ihre Inspiration beiden Bibeln bestand jedoch in der un-
in der jüdischen Gemeinde und der Ge- durch den Geist Gottes, damit und so- terschiedlichen Anzahl der Bücher. Die
meinden untereinander willen entstand dass diese Tora als inspirierte Identifi- Septuaginta enthielt nämlich über die
deshalb das Bedürfnis nach einer als au- kationsurkunde des Judentums nicht Bücher der hebräischen Bibel hinaus
thentisch anerkannten und für alle ver- nur in der hellenistischen Welt, sondern noch die Bücher Tobit, Judit, 1/2 Mak-
bindlichen griechischen Übersetzung. auch im traditionsbewussten Jerusalem kabäer, Weisheit Salomos, Jesus Sirach
und Baruch, die als deuterokanonisch gelten, erste Reaktion erfolgte durch den zum Judentum
weil sie offensichtlich nicht zur ersten, sondern konvertierten Aquila aus Sinope ca. 125 nC, der
zu zweiten Bibel, der Septuaginta, gehören. In noch intensiver als die Kaige-Rezension auf die
der Reformation wurden diese Bücher später als Wortwörtlichkeit achtete, zugleich aber erste
apokryph aus dem biblischen Kanon entfernt, Reaktionen auf die christliche Vereinnahmung
weil sie nicht in Hebräisch verfasst waren. Diese der Septuaginta einbrachte. So ersetzte er kon-
Ansicht muss jedoch zum Teil revidiert werden, sequent das griechische Wort christós, „Gesalb-
weil Qumran und die Synagoge der Zeloten von ter“, durch andere Begriffe, ebenso das Wort
Masada von einigen dieser Bücher hebräische parthénos, „Jungfrau“, in Jes 7,14 durch neā nis,
Textteile bewahrt hat. Damit wird en passant „junges Mädchen“, damit sich die Christen nicht
deutlich, dass die Septuaginta das Alte Testa- weiter darauf berufen können sollten.
ment des Christentums, dann besonders der 3. Nach 150 nC ging der Jude (?) Symmachus
katholischen Kirche geworden ist. Aber wieder daran, eine neue Übersetzung in gepflegter grie-
zurück zur Geschichte! chischer Sprache herzustellen. Seine Überset-
zung wurde auch von den Christen geschätzt.
M
arcion brachte manche Men- Was hat Marcion verkündet? Sein nons“ bereinigt er nun um Stellen, die
schen seiner Zeit in Rage – Zeitgenosse Justin (gest. 165 nC) berichtet den Gesetzesgott positiv zeichnen. Wie
einer von ihnen ist der Kirchen- als Erster über Marcion: Zu den Irrlehrern diese Stellen überhaupt in die kursieren-
vater Tertullian: „gehört ein gewisser Marcion aus dem den Evangelien gelangt sind, dazu hat
„... [Marcion ist] dunkler als der Nebel, Pontus, der noch gegenwärtig seine Gläu- er eine Theorie: „Fake News“ von juden-
kälter als der Winter, spröder als das Eis, bigen anleitet, einen andern für größer zu christlichen Pseudoaposteln – diese Bo-
trügerischer als die Donau, gefahrvoller halten als Gott den Weltschöpfer; dieser ten des bösen Gottes hätten die Falschin-
als der Kaukasus. ... Die pontischen Rat- [Marcion] hat mit Hilfe der Dämonen bei formation verursacht, der Gottvater Jesu
ten sind nicht so gefräßig, wie er, der die allen Volksstämmen viele dazu gebracht, und der Schöpfergott seien derselbe und
Evangelien angenagt hat! ... Marcion hat Lästerungen auszusprechen, Gott den das alttestamentliche Gesetz sei notwen-
seinen Gott, den er gefunden hatte, verlo- Schöpfer dieses Weltalls zu leugnen und dige Hinführung zum Evangelium. Seinen
ren und sein Glaubenslicht ausgelöscht.“ sich zu einem anderen zu bekennen, der, Bereinigungen fällt im Lukasevangelium
(Tertullian, Adversus Marcionem, I,1) weil er höher stehe, Größeres als jener ge- beispielsweise die Kindheitsgeschichte
Wer war dieser Marcion und was hat wirkt habe.“ (Justin, Erste Apologie, 26,5f) zum Opfer oder im Römerbrief Kapitel 9-11
er getan? Gelebt hat er von etwa 85/95– Marcion sprach also von zwei Göttern: mit der bleibenden Erwählung Israels.
160 nC und stammte aus dem Pontusge- dem niederen, bösen Schöpfergott des
biet an der Schwarzmeerküste. Marcion Alten Testaments – ein Gott des Geset- Marcion als Motor für den Kanon
muss im Seehandelsgeschäft erfolgreich zes, ein Demiurg –, und dem guten Gott Marcions Bewegung treibt vermutlich
und wohlhabend gewesen sein. Vor der Liebe, der verborgen war, bis er sich die großkirchliche Kanonbildung an. Im
allem aber muss ihn eine innere Über- in Jesus Christus zeigte und für die Men- 2. Jh. waren manchen Gemeinden noch
zeugung getrieben haben. Er ging nach schen ein Leben in Erlösung vom Gott die Petrusakten, der Hirt des Hermas, die
Rom und schloss sich – mit einer großen des Gesetzes ermöglicht. Paulusakten oder der Barnbasbrief heilig.
Geldspende im Gepäck – der dortigen Mit diesen der Gnosis nahestehen- Dagegen war im Osten die Johannesoffen-
Christengemeinde an. 144 nC exkommu- den Auffassungen sichtet Marcion Mitte barung kein unbedingter Kanonanwärter
niziert ihn diese Gemeinde wegen häre- des 2. Jh. die im Christentum kursieren- und der Hebräerbrief mancherorts um-
tischer Lehren und gibt ihm sein Geld den Schriften. Es gab noch keinen ver- stritten. Den ersten Beleg unserer heuti-
zurück. Doch das hat Marcion nicht zum bindlichen neutestamentlichen Kanon! gen 27 Schriften findet man im Osterfest-
Schweigen gebracht – er gründet eine ei- Deshalb erstellt Marcion einen eigenen brief des Athanasius 367 nC.
gene Glaubensgemeinschaft. Und diese Kanon jener Schriften, die aus seiner Marcion sorgt bis heute für emotio-
Gegenkirche war erfolgreich! Der Marci- Sicht heilsnotwendig sind. Das Alte Tes- nale Debatten, gelegentlich wird wieder
onismus fand zahlreiche Anhänger im tament, das vom Schöpfergott erzählt, ist die Ansicht vertreten, Marcion habe das
ganzen Römischen Reich. Ab dem 6. Jh. komplett zu verwerfen; von diesem Gott Lukasevangelium nicht gekürzt, sondern
existierte die marcionitische Kirche nicht kommt keine Rettung. Und nur ein Evan- dieses Evangelium so vorgefunden. Es sei
mehr, ihre Ansichten wurden allmählich gelium zählt für ihn: eine von jüdischen erst von seinen Gegnern zum heutigen
von den Manichäern übernommen. Bis Spuren und „Verfälschungen“ (s. u.) ge- Lukasevangelium durchredigiert worden.
ins 10./11. Jh. finden sich Spuren im Ost- reinigte Version des später kanonisch Auch seine Verbannung des Alten Testa-
Iran. gewordenen Lukasevangeliums. Inter- ments aus der Sammlung heiliger Schrif-
Marcions Lehren kennen wir nicht essant ist: Aus diesem marcionitischen ten findet heute noch Zuspruch bei eini-
aus eigenen Schriften, sondern können Evangelium, wie es aus den Schriften gen Theologen, die das Alte Testament
sie nur aus der apologetischen Literatur, kirchlicher Schriftsteller rekonstruiert abqualifizieren. Dem aber setzt die Kirche
die sich gegen ihn richtet, rekonstruieren. werden kann (Tertullian, Epiphanius bis ins 2. Vatikanische Konzil hinein ihre
Der bloße Umfang, in dem sich Kirchen- und Adamantius), lässt sich schließen, entschiedene Ablehnung entgegen. Aber
väter mit dem verhassten Häretiker ausei- dass er um 144 nC eine Vier-Evangelien- Marcion hat auch etwas Gutes: Ohne ihn
nandersetzen, belegt seine Strahlkraft in Sammlung gekannt hat. Von 14 Briefen gäbe es wahrscheinlich keinen Kanon
einer Zeit, in der viele christliche Splitter- des Corpus Paulinum akzeptiert er 10, Heiliger Schriften der Kirche, der die Be-
und Randgruppen mit unterschiedlichen vier fallen heraus (1 und 2 Tim, Tit, Hebr). deutung der Hebräischen Bibel auch für
Heilsvorstellungen existierten. Diese Schriften des „marcionitischen Ka- die Christen würdigt. W (hk/wub)
E
s lässt sich nicht leugnen, daß die hei- schen Landeskirchen unter Führung der Thürin-
ligen Schriften der christlichen Kirchen, ger Kirchenbewegung Deutsche Christen, hatte
die Bibel, Altes und Neues Testament, in sich zum Ziel gesetzt, das Christentum zu „ent-
weiten Partien jüdischen Geist atmen, ebenso juden“. Nicht weniger als die vermeintlich rich-
wie sie leidenschaftlichen Kampf gegen ihn tige Urbotschaft Jesu wollten die beteiligten Wis-
erkennen lassen. Damit ist die Frage gestellt: senschaftler und Pfarrer wieder zum Vorschein
Gehört dieses unleugbare Moment zu Wesen und bringen, und dies beinhaltete aus ihrer Sicht die
Wahrheit christlichen Glaubens oder ist es mit Beseitigung angeblich jüdischer Verfälschungen
ihm zusammen auf uns gekommen, uns zu einer in Schrift, Lehre und Liturgie.
Selbstverständlichkeit geworden, an der die Kir- Neben wissenschaftlichen Abhandlungen, ei-
chen bisher keinen Anstoß nahmen, weil ihnen nem „entjudeten“ Gesangbuch und einem neu-
jener unserem Geschlecht schicksalhaft ge- en Katechismus erschien 1940 „Die Botschaft
wordene Gegensatz gegen das Judentum noch Gottes“, eine „entjudete“ Bibel auf Grundlage
verborgen war? Damit ist für unsere Kirchen eine deutsch-christlicher Glaubensvorstellungen.
Stunde von reformatorischer Entscheidung ange- Dabei handelte es sich nicht um eine Anbiede-
brochen, die nur bestanden werden kann, wenn rung an die Nationalsozialisten zur Demonst-
wir das ausgezeigte Grundgesetz einer reformato- ration der Regimetreue von Teilen protestanti-
rischen Epoche erfüllen: Wiedergewinnung der scher Glaubensvertreter. Die 1927 entstandenen
grundlegenden Wahrheit, Ablösung bisheriger Thüringer Deutschen Christen vertraten viel-
Selbstverständlichkeiten.“ (Hervorheb. D. S.) mehr mit Überzeugung und wissenschaftlichem
Diese unzweideutigen Worte sprach Walter Anspruch ein theologisches Weltbild, in wel-
Grundmann, Professor für Völkische Theologie chem sie Adolf Hitler als den Gesandten Gottes
und Neues Testament, zur Eröffnungsfeier des erblickten. Unter dem „göttlichen“ Nationalsozi-
alismus sollte der letzte Schritt zur Wiederher-
stellung der christlichen Urbotschaft vollzogen
Unter dem „göttlichen“ National- werden. So wie durch Luther das Papsttum und
sozialismus sollte der letzte Schritt die katholische Glaubensvorstellung aus der
christlichen Lehre verschwanden, erhofften sich
zur Wiederherstellung der christ- die Thüringer Deutschen Christen, unter der poli-
lichen Urbotschaft vollzogen werden tischen Herrschaft Hitlers alle jüdischen Einflüs-
se aus dem Christentum beseitigen zu können.
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W
ie ist das Neue Testament entstanden? aber hinter echter Kalligrafie zurück. Das deutet
Keine der 27 Schriften, die es umfasst, darauf hin, dass christliche Texte in jener Zeit
wurde eigens für diese Sammlung ge- noch nicht von professionellen Kopisten, son-
schrieben; vielmehr entstanden sie einzeln als dern „hausintern“ von den christlichen Schreib-
Reaktion auf jeweils andere Bedürfnisse und Si- kundigen selbst abgeschrieben wurden.
tuationen des frühen Christentums. Erst später Auf diese Weise bildete sich mit der Zeit eine
wurden sie zu der uns vertrauten Sammlung zu- eigene christliche Kopistentradition heraus, als
sammengestellt, die den zweiten Teil der christ- deren Merkmal die nomina sacra gelten kön-
lichen Bibel bildet. Wie diese Zusammenstellung nen. Damit werden mehrere Begriffe bezeichnet,
genau ablief, ist eine der faszinierendsten und die gewöhnlich in einer typischen abgekürzten
folgenreichsten geschichtlichen Entwicklungen Form geschrieben und mit einem horizontalen
der Antike. Oberstrich gekennzeichnet sind. Die vier grie-
chischen Wörter, die am häufigsten so abgekürzt
werden, sind Bezeichnungen Gottes und Jesu:
Abschreiben und verbreiten theós (Gott), kýrios (Herr), christós (Christus) und
Allen neutestamentlichen Schriften war – un- Iēsoûs (Jesus). Diese Kopistenpraxis geht mögli-
geachtet ihrer unterschiedlichen Herkunft und cherweise bis auf das späte 1. Jh. nC zurück und
Zielsetzung (s. Kasten S. 34) – gemeinsam, dass findet sich nur in christlichen Manuskripten.
sie sich rasch verbreiteten. Dazu mussten sie ab- In den ersten drei Jahrhunderten nC war das
geschrieben und verteilt werden. häufigste Beschreibmaterial noch Papyrus (her-
Nun musste man in der Antike, um einen gestellt aus den Halmen der gleichnamigen
Text zu vervielfältigen, jedes einzelne Exemplar Schilfpflanze). Kurze Texte passten auf ein ein-
Buchstabe für Buchstabe mit der Hand abschrei- zelnes Blatt Papyrus, für längere wurden mehre-
ben. Um ein konkretes Beispiel für den Aufwand re Blätter zu einer Bahn aneinandergeklebt und
zu geben, den das bedeutete: Eine Abschrift zu einer Buchrolle aufgewickelt. Der Text wurde
des Römerbriefs erforderte etwa 11,5 Stunden in schmalen Kolumnen geschrieben, die fortlau-
Schreibarbeit. Natürlich unterschied sich diese fend nebeneinanderstanden. Wegen der Abnut-
Zeitspanne je nach Fähigkeit des Abschreibers zung des Papyrus an den Rändern wurde oben
und aufgewandter Sorgfalt. Ein kalligrafisches und unten ein großzügiger Kopf- und Fußsteg
Manuskript, gar für liturgische Zwecke, brauch- freigelassen, während die Innenstege zwischen
te länger als eine einfache Kopie für die persön- den Kolumnen schmaler ausfielen. Da Buchrol-
liche Lektüre. len seinerzeit das verbreitetste Textmedium wa-
Die frühesten überlieferten Exemplare christ- ren, wurde vermutlich auch das Neue Testament
licher Texte datieren aus dem späten 2. und be- anfänglich so aufgezeichnet.
ginnenden 3. Jh. und zeigen größtenteils sorgfäl- Bemerkenswert früh allerdings (wahrschein-
tige und deutliche Buchstabenformen, bleiben lich bereits Anfang des 2. Jh.) übernahmen die
Christen den neuartigen Codex als bevorzugte
Buchform, insbesondere für Schriften, die ihnen
als heilig galten. Der Codex ist die Frühform des
„Buch des Ursprungs Jesu Christi, des Sohnes Davids, modernen Buchs und wird beim Lesen nicht ge-
des Sohnes Abrahams: Abraham zeugte den Isaak, Isaak rollt, sondern umgeblättert. Er besteht aus ein-
zeugte den Jakob ...“ (Mt 1,1-2) zelnen Bögen, die zusammengefaltet, an einer
Ein Evangelium in all seiner Brüchigkeit: Papyrus 1 (in der Seite geheftet und an den drei anderen Rändern
Nummerierung nach Gregory-Aland) ist eine frühe Kopie des aufgeschnitten werden. In den ersten drei Jahr-
Matthäusevangeliums, datiert auf Anfang 3. Jh. Das Blatt hunderten sind fast alle erhaltenen Abschriften
(14,7 cm × 15 cm) war unter den Funden aus Oxyrhynchus biblischer Texte (AT wie NT) als Codices überlie-
und ist heute im Museum der University of Pennsylvania. fert, während weltliche literarische Texte dessel-
ben Zeitraums fast ausschließlich als Buchrollen che Vorliebe für den Codex eine bewusste Ent-
vorliegen. scheidung war – vielleicht, um ihre heiligen Texte
Mit der christlichen Vorliebe für den Codex aus der Masse profaner Papyri herauszuheben.
entwickelten sich eigene Schreibtechniken für Ebenfalls typisch für das frühe Christentum
das Abschreiben und Anordnen des Texts. Die war die intensive Zirkulation der Texte, die uner-
Blätter der Codices konnten auf beiden Seiten müdlich ausgetauscht und verbreitet wurden. In
beschrieben werden, Papyri stets nur auf der In-
nenseite. Allerdings mussten die Kopisten jetzt
darauf achten, wie sie die Seiten gestalteten und Für die frühen Christen war es also offensichtlich
den Codex einrichteten, um insbesondere län-
gere Texte darin unterzubringen – da er nicht
ein wesentlicher Bestandteil ihres Glaubens-
beliebig erweiterbar war. Die bemerkenswerte lebens, einander Texte zugänglich zu machen
Sammlung frühchristlicher Papyri in der Dubli-
ner Chester Beatty Library (s. S. 20) enthält Bei-
spiele mehrerer unterschiedlicher Aufbauten für Kol 4,15f findet sich ein frühes Zeugnis dafür; der
Codices. Christliche Kopisten scheinen bei der Autor gibt am Schluss seines Briefs die Anwei-
Entwicklung des Codex zum literarischen Medi- sung, ihn auch in Laodicea verlesen zu lassen
um also an der Spitze gestanden zu haben. Der und im Gegenzug in der Gemeinde der Kolosser
zusätzliche Aufwand an Mühe und Überlegung, „auch den aus Laodicea“ vorzulesen (letzterer
den der Codex im Vergleich zur Buchrolle erfor- ist nicht erhalten). Dass die Offenbarung des
derte, deutet dabei darauf hin, dass die christli- Johannes an Gemeinden in sieben Städten ad-
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ressiert ist, bedeutete wohl, dass für jede davon Antiochia, Smyrna, Caesarea und Alexandria
eine Abschrift anzufertigen war. Bischof Poly- christliche Schriften vervielfältigt, um sie an an-
karp von Smyrna schrieb Anfang des 2. Jh. nC dere Gemeinden zu verteilen.
an die Gemeinde im makedonischen Philippi, Das ist umso beeindruckender, wenn man
er werde ihr Abschriften der Briefe des Bischofs bedenkt, dass es damals keine öffentliche Brief-
Ignatius von Antiochia zukommen lassen, ei- post gab, so dass die Beförderung jedes Texts
nes der Kirchenväter (Anfang 2. Jh.). Im um 150 – Briefe wie Bücher – eigens arrangiert werden
entstandenen Hirten des Hermas schildert der musste. Ging er an weit entfernte Orte, konnte
Autor, ein Christ aus Rom, wie er eine Abschrift man ihn einem Fernhändler oder Schiffskapitän
des „kleinen Buches“, das er in einer Vision ge- anvertrauen; oft aber wurde er von einem eigens
sehen hatte, angefertigt habe, damit es weiter dazu beauftragten Boten persönlich dem Emp-
abgeschrieben und „an die auswärtigen Städte“ fänger überbracht.
(Vision 2.1-4) gesandt werden könne. Die lebhafte Diskussion und Zirkulation
Dazu haben wir archäologische Belege für die christlicher Schriften in den frühen Gemeinden
ausgiebige und rasche Zirkulation frühchrist- erforderte also einen beträchtlichen Aufwand an
licher Texte in den Gemeinden. So sind zum Zeit, Mühe und Geld. Wenn jemand zum Beispiel
Beispiel frühe Abschriften in Rom entstandener als Bote eine Schrift in eine andere Gemeinde
Texte seinerzeit innerhalb etwa eines Jahrzehnts brachte, musste er entweder zu Fuß gehen oder
bis in den oberägyptischen Ort Oxyrhynchos sich um ein Transportmittel bemühen, und er
etwa 200 Kilometer südlich Alexandrias ge- brauchte natürlich Kost und Logis. Für die frü-
langt, eine berühmte Fundstätte antiker Papyri hen Christen war es also offensichtlich ein we-
(s. S. ##). In christlichen Kreisen wurden von sentlicher Bestandteil ihres Glaubenslebens,
Anfang an lebhaft Schriften ausgetauscht, und einander Texte zugänglich zu machen, insbe-
bereits Anfang oder Mitte des 2. Jh. wurden an- sondere die heiligen Schriften, aus denen bald
scheinend in mehreren Großstädten wie Rom, das Neue Testament entstand.
Texte zu Schriftsammlungen
zusammenbinden
Die christlichen NOMINA SACRA – Bereits sehr früh wurden bestimmte christliche
Schriften auch zu Sammelwerken zusammenge-
eigene Traditionen der Kopisten stellt. Der früheste Beleg dafür findet sich wohl
im zwischen 70 und 120 abgefassten 2. Petrus-
E in Merkmal der christlichen Abschriften sind ihre nomina sacra: Ab- brief: In 2 Petr 3,15f ist von „allen seinen Briefen“
kürzungen für wiederkehrende heilige Namen oder Begriffe mit einem – den Briefen des Paulus – die Rede. Der Autor
horizontalen Oberstrich. Die folgenden nomina sacra nutzten die christli- verfügte also über eine Sammlung der Episteln
des Paulus, die er für vollständig hielt. Wir wis-
chen griechischen Schreiber häufig:
sen zwar nicht, wie viele Briefe diese Sammlung
tatsächlich umfasste, aber die Textstelle zeigt,
dass damals bereits eine Paulusbriefsammlung
Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Vokativ im Umlauf war und dass sie als heilige Schrift
gehandelt wurden. Interessant ist weiter, dass
nicht nur der Autor des Petrusbriefs sie als heili-
Gott (theos) qs qu{ qw qn{ qe{ ge Schriften akzeptiert, sondern ebenso die „Un-
wissenden, die noch nicht gefestigt sind“, denen
Herr (kyrios) ko ku kw kn ke{ er vorwirft, die Bedeutung der Paulusbriefe zu
„verdrehen“ (2 Petr 3,16).
Jesus (iesus) ij{ iu{ iu{ in iu{ Das früheste erhaltene Manuskript mit einer
Sammlung von Paulusbriefen ist der Codex Ches-
Christus (christos) cj{ cu cw cn ce{ ter Beatty P46, der gewöhnlich auf das frühe 3.
Jh. datiert wird. Die überlieferten Blätter enthal-
Sohn (hyios) ten Teile des Römer- und des Hebräerbriefs (das
uj u;u u:i*w un u:i*e spiegelt die frühe Ansicht wieder, dass Paulus
der Autor dieses Briefs ist), des 1. und 2. Korin-
therbriefs, des Galater-, Epheser-, Kolosser- und
Philipperbriefs sowie des 1. Thessalonicher-
36 welt und umwelt der bibel 4/2018 200219203704KE-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
Die Kopie einer Kopie einer Kopie ...
briefs. Am Ende sind offensichtlich mehrere hin als früheste Erwähnung eines abgeschlosse-
Blätter verloren gegangen, die vermutlich den nen Kanons für das Neue Testament. Das Ver-
2. Thessalonicherbrief und vielleicht noch den ständnis der Paulusbriefe als „heilige Schriften“
Brief an Philemon beinhalteten. in 2 Petr zeigt allerdings, dass schon lange vor
Einige Forscher sind der Ansicht, bereits Mitte der Herausbildung eines anerkannten und ab-
des 2. Jh. nC seien auch die vier bekannten ka- geschlossenen Kanons für das NT bestimmte
nonischen Evangelien als geschlossene Samm- christliche Texte als heilig und verbindlich gal-
lung, als ein „vierfaches“ Evangelium, behan- ten. Sie waren schon früh „heilig“ in dem Sinne,
delt worden. Dennoch wurden sie im 2. und 3.
Jh. wohl noch vorwiegend als einzelne Codices
abgeschrieben. Der früheste erhaltene Manu-
skriptcodex aller vier Evangelien ist Codex Ches- Bereits Anfang oder Mitte des 2. Jh. wurden
ter Beatty P45, der paläographisch auf die Mitte
des 3. Jh. datiert wird. Interessanterweise finden
anscheinend in mehreren Großstädten wie
sich hier die Evangelien in der Reihenfolge Mt, Rom, Antiochia, Smyrna, Caesarea und Alex-
Joh, Lk und Mk, gefolgt von der Apg.
Irenäus von Lyon sprach sich Ende des 2. Jh.
andria christliche Schriften vervielfältigt
dafür aus, alle vier Evangelien, aber nur diese,
als heilige Schriften zu betrachten. Damit bestä-
tigte er wohl eine als geschlossen betrachtete dass sie als Teil des gemeinsamen Gottesdienst
Sammlung, die sich damals in verschiedenen verlesen wurden, auch wenn sich ein komplettes
Gemeinden durchsetzte. Neues Testament erst allmählich herausbildete
und ein Kanon noch später festgelegt wurde.
Der erste Versuch eines neutestamentlichen
Die Herausbildung des neutestament Kanons aber wurde schon im 2. Jh. von Marcion
lichen „Kanons“
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welt und umwelt der bibel 4/2018
geliums) und zehn Paulusbriefe. Alle anderen
christlichen Schriften wie auch das gesamte Alte
Testament verwarf er (s. S. 29).
Im Gegensatz zu einem verbreiteten Missver-
ständnis ist der NT-Kanon also keine eng gefass-
Kodex oder Rolle?
te Auswahl an Schriften, sondern vielmehr das
Die Vorliebe der frühen Christen Ergebnis einer relativ inklusiven Haltung, die
zum Beispiel auch die unterschiedlichen und ei-
Anteil der Manuskripte der nander widersprechenden Aussagen über Jesus
Manuskript-Formen
unterschiedlichen Religionen in den vier Evangelien wie die ebenfalls unter-
schiedlichen und einander widersprechenden
2. Jh. nC
apostolischen Lehren in den Paulus, Jakobus,
Johannes, Petrus und Judas zugeschriebenen
christlich Blatt* nicht zuordbar
1,9 % jüdisch 6,9 % Schriften akzeptierte. Marcion dagegen hatte
Kodex 14,5 %
0,4 % sich an diesen Widersprüchen sowie auch am
4,9 %
vermeintlichen Spannungsverhältnis zwischen
alttestamentlichen und christlichen Schriften
derart gestoßen, dass er einen sehr viel kleine-
ren Kanon zusammenstellte.
Insgesamt stellt sich das Neue Testament in
seiner Endfassung als Ergebnis von Anordnun-
gen, der Verbreitung und des liturgischen Ge-
brauchs christlicher Schriften in den frühen Ge-
meinden während der ersten drei Jahrhunderte
klassisch griechisch-römisch Schriftrolle
97,7 % 73,8 % dar. Voraussetzung für diesen Prozess ist aber,
dass die heilige Texte mit ihren unterschiedli-
3. Jh. nC chen Gattungen von Anfang an im christlichen
Gottesdienst und im weiter gefassten religiösen
jüdisch Blatt Leben enorm wichtig waren. W
christlich Kodex 9,4 % nicht zuordbar
0,7 %
10,4 % 21,0 % 13,5 %
Lesetipps
• Harry Y. Gamble, Books and Readers in the Early
Church. A History of Early Christian Texts, Yale
University Press, New Haven 1995.
• Larry W. Hurtado, The Earliest Christian Artifacts.
Manuscripts and Christian Origins, Eerdmans,
Grand Rapids 2006
• Michael J. Kruger, Canon Revisited. Establishing the
Origins and Authority of the New Testament Books,
klassisch griechisch-römisch Schriftrolle Crossway, Wheaton, Illinois 2012.
88,9 % 56,0 %
4. Jh. nC
christlich
38,6 % Kodex
jüdisch
62,78 %
1,8 % Prof. em. Dr. Larry W. Hurtado
war bis 2011 Professor für Neu-
testamentliche Sprache, Literatur
und Theologie an der University of
Edinburgh und Direktor des dortigen
Center for the Study of Christian
Origins. Zahlreiche Publikationen
zu frühchristlichen Themen, zuletzt
Blatt erschienen: Honoring the Son:
19,3 % Jesus in Earliest Christian
klassisch griechisch-römisch Schriftrolle
nicht zuordbar Devotional Practice (Lexham Press,
57,7 % 14,0 % Bellingham, WA 2018).
3,83 %
Quelle: * (alles, was nicht Teil einer Rolle
Leuven Database of Ancient Books oder eines Kodex ist, auch Ostraca etc.)
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Unser Neues Testament
Stammbaum einer
Bibelstelle Diagramm aller
Textzeugen zur Stelle Apg
3,13 und wie sie zusam-
menhängen müssten. a (=
Ausgangstext, ganz oben) ist die
Formulierung, die als Startpunkt der
Überlieferung rekonstruiert wird. Die Ziffern bezeichnen
Handschriften. Hinter „03“ verbirgt sich die Lesart im Codex Vaticanus aus
dem 4. Jh. Er zählt zu den wichtigsten Handschriften des Neuen Testaments.
V
on keinem der Bücher und Brie- als Ausgangstext. Er ist eine Hypothe- re These entstanden, dass jemand – ver-
fe im Neuen Testament ist eine se. Ausgangstext bedeutet, anzuneh- mutlich einer der bedeutenden Bischöfe
Handschrift aus dem 1. Jh. erhal- men, dass es diesen Text gegeben hat, – um 150 nC eine Urausgabe des Neuen
ten. Das bislang früheste Handschriften- er aber in keiner Handschrift erhalten Testaments von den Büchern „Evange-
fragment wird auf das Jahr 125 datiert. ist. Das CBGM will zum Startpunkt der lium nach Matthäus“ bis „Offenbarung
Die Schriften, die wir heute lesen, sind schriftlichen Überlieferung gelangen des Johannes“ erstellt haben muss, die
Übersetzungen von rekonstruierten grie- und diesen Startpunkt rekonstruieren. uns zwar nicht erhalten ist, aber nach-
chischen Texten. Was steckt dahinter? Der Startpunkt kann der Text eines Au- folgenden Handschriften als Vorlage
Das Institut für Neutestamentliche tors gewesen sein, es kann aber auch die diente.
Textforschung in Münster hat im Jahr Herausgabe eines Autorentexts durch Über die Jahrhunderte wurden die
2012 die 28. Auflage des griechischen einen Editor sein oder ein Archetyp für neutestamentlichen Texte in verschie-
Neuen Testaments herausgegeben, den eine Manuskripttradition. Das CBGM bil- denen Texttypen überliefert: alexandri-
sogenannten „Nestle-Aland“. Das ist die det die wissenschaftliche Grundlage, auf nischer, byzantinischer und sogenann-
aktuelle griechische Textgrundlage, mit der Entscheidungen für oder gegen eine ter „westlicher“ Texttyp. Erasmus von
der alle Forschenden arbeiten. Akribisch Textvariante begründet werden können: Rotterdam erstellte aus Vorlagen des
werten die Forscher des Instituts alle Welche ist verlässlicher, älter oder ver- byzantinischen Typs – auch als „Mehr-
verfügbaren Handschriften und Über- weist auf eine ältere Variante? heitstext“ bezeichnet – ein griechisches
setzungen des Neuen Testaments aus, Dabei dürfen die Forschenden nicht Neues Testament, das zur Grundlage
die seit dem 2. Jh. nC auf Papyrus und einfach auf die Häufigkeit einer Vari- für Martin Luthers Übersetzung wurde.
Pergament erstellt wurden – davon gibt ante hereinfallen, die dann immer häu- Diesen griechischen Text verbesserte
es mehr als 5000. Sie versuchen heraus- figer kopiert wurde, aber vielleicht einer und korrigierte man, und vom 17. Jh. bis
zufinden, wer von welcher Vorlage abge- „kontaminierten“ Vorlage folgt. Knifflig zum Ende des 19. Jh. wurde er als Textus
© Institut für neutestamentliche Textforschung
schrieben hat, wo sich Abschreibefehler wird es, wenn ein Textzeuge im Vergleich receptus, „der übernommene [und all-
eingeschlichen haben, wo Kopisten beim mit einem anderen Textzeugen ältere gemein akzeptierte] Text“, gedruckt; bis
Abschreiben eigene Interpretationen und zugleich jüngere Varianten enthält. dann um 1898 neue wissenschaftliche
– und seien sie auch minimal – einge- Oft fehlen die Links zwischen zwei er- Ergebnisse zum Vorgänger unseres heu-
tragen haben. Dabei entstehen ganze haltenen Kopien. Ziel ist, Überlieferungs- tigen „Nestle-Aland“ führten.
Stammbäume von Manuskript-Familien. strukturen zu finden, denn jedes Manu- Heute werden weltweit laufend neue
Diese Methode nennen die Münsteraner skript hat einen Vorgänger – oder speist Fragmente untersucht – und die Ergeb-
„Kohärenzbasierte, genealogische Me- sich aus zwei oder mehreren Quellen. nisse werden unser griechisches Neues
thode“ (CBGM). Damit rekonstruieren Dank der Textforschung ist unter Testament, zumindest in Details, immer
sie einen „Urtext“, richtiger benannt den Wissenschaftler/innen die belastba- wieder verändern! W (Helga Kaiser)
H
at Jesus geträumt? Wenn, dann Aramäischen sind nicht ganz verwischt. sondern in der Volkssprache verkündet
auf Aramäisch. Hat er gebetet? Am bekanntesten ist der Gebetsruf Jesu: – so wie das Griechische der Evangelien
Sicher – und zwar auf Aramä- „Abba“. Markus verbindet ihn mit der auch nicht das der Klassik, sondern die
isch. Die Muttersprache ist die Lieblings- Erinnerung an das Getsemani-Gebet Koine der einfachen Leute ist.
sprache der Träume und der Gebete. Die (Mk 14,36). Paulus greift das Wort zwei-
Muttersprache Jesu ist Aramäisch. mal auf, um in einem griechischen Brief
einer griechischsprachigen Gemeinde Übersetzungskunst
die Muttersprache Jesu beizubringen, Alle aramäischen Sätze Jesu, die das
Sprachkenntnisse in der sie als Kinder Gottes, vom Heili- Neue Testament überliefert, werden
Aramäisch ist die erste Weltsprache der gen Geist inspiriert, so beten können, ins Griechische übersetzt: „Vater“ (Mk
Menschheitsgeschichte. Im Grenzbezirk wie Jesus seine Jünger zu beten gelehrt 14,36), „Mein Gott, mein Gott, warum
von Syrien und dem Irak aufgekommen, hat: „Abba, Vater“ (Gal 4,6; Röm 8,15). hast du mich verlassen?“ (Mk 15,34 und
ist sie seit ca. 1000 vC bezeugt. Hebräisch Am Kreuz schreit Jesus nach Markus auf Mt 27,46), „Mädchen, ich sage dir, steh
und Aramäisch sind eng miteinander Aramäisch: „Eloï, Eloï, lema sabachta- auf!“ (Mk 5,41), „Öffne dich“ (Mk 7,34).
verwandt. Im Neuen Testament werden ni?“ (Mk 15,34; vgl. Mt 27,46). Die Getse- Ebenso steht es bei hebräischen Worten:
beide Sprachen kaum unterschieden. mani-Bitte und der Kreuzesruf sind die „Immanuel; das heißt übersetzt: Gott
Aber sie haben eine andere Geschichte; einzigen Gebete Jesu, deren Inhalt Mar- mit uns“ (Mt 1,23). Das Johannesevan-
sie lösen unterschiedliche Bilder aus, kus und Matthäus überliefern – beide gelium (1,38-42) beginnt wie ein elemen-
und sie werden verschieden gebraucht. Male auf Aramäisch: Der Hinweis auf tarer Einführungskurs in die biblischen
Hebräisch ist zur Zeit Jesu die Sprache die Sprache des Herzens Jesu ist klar. Sprachen: „Rabbi (das heißt übersetzt:
der Bibel, der Tora und der Propheten, Jesus hat gewöhnlich Aramäisch ge- Lehrer) … Wir haben den Messias gefun-
die Sprache der Psalmen und des Gottes- sprochen. „Talita kum!“, sagt er nach den (das heißt übersetzt: Christus) … Du
dienstes, auch die Sprache der Gelehrten, Markus der Tochter des Jaïrus, um sie wirst Kephas genannt werden (das heißt
die sich über die Auslegung der Schrift von den Toten aufzuwecken (Mk 5,41). übersetzt: Petrus)“.
und das mündliche Gesetz gestritten ha- Eine Reihe weiterer aramäischer Ein- Die Übersetzungen, die das Neue Tes-
ben, um dem Volk einen Weg zu weisen. zelwörter ist überliefert: vom Mammon tament bietet, haben einen doppelten
Das Volk spricht Aramäisch, auf dem (mamona) bis zur Hölle (géena), von Sinn: Sie lassen den biblischen Wort-
Land wie in der Stadt. Ein paar Brocken Kepha(s) bis zu sataná, dem Teufel, vom klang hören, mitten in der griechischen
Griechisch müssen alle können. Aber Pascha (transkribiert von pasḥa) bis Sprachwelt; und sie öffnen die aramäi-
in der Familie und bei der Arbeit wird zum raka, dem Blödmann, und mehr. schen Worte Jesu und seiner Jünger für
Aramäisch geredet. Teile des Alten Tes- Ob „Effata“ (Mk 7,34) hebräisch oder die weite Welt, in der das Evangelium
taments sind in dieser Sprache verfasst; aramäisch ist, ist strittig. verbreitet werden soll.
in Qumran haben sich aramäische Texte Die überlieferten Sätze und Worte sind Ausnahmslos alle Übersetzungen der
gefunden. Zur Zeit Jesu ist Griechisch die sprachlich mit dem palästinischen Tal- aramäischen und hebräischen Wendun-
lingua franca in weiten Teilen des römi- mud und den jüdischen Midraschim am gen im griechischen Neuen Testament
schen Imperiums geworden, aber Ara- engsten verwandt. Wiewohl diese Quel- sind philologisch korrekt. Das spricht
mäisch ist eine Weltsprache geblieben. len deutlich jünger als die Evangelien für gute Sprachkenntnisse an der jü-
sind, ist die Schlussfolgerung erlaubt, disch-christlichen Kulturgrenze, die oh-
dass Jesus das Westaramäische gespro- nedies durchlässig ist – sprachlich wie
Spurensuche chen hat, das seine Landsleute auch religiös.
Das Neue Testament ist auf Griechisch benutzt haben. Das Reich Gottes wird Freilich ist jede Übersetzung Inter-
verfasst worden. Aber die Spuren des nicht in einer heiligen Sondersprache, pretation. Keine Sprache entspricht ge-
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Caravaggios berühmter Hieronymus: Der Künst- sein Werk zurück und unter dem roten Mantel der Kirchen-
ler malt ihn 1608 als konzentrierten, fast besessenen würden kommt der asketische Mönch zum Vorschein, der
Schreibarbeiter – unablässig mit der Schrift beschäftigt, für Gott arbeitet. Bereits zwei Jahre zuvor hatte Caravaggio
inspiriert. Arm und Feder weisen auf den Totenschä- ein Hieronymusgemälde, heute in der Galleria Borghese in
del – jederzeit gedenkt er der eigenen Vergänglichkeit. Rom, geschaffen. Dieses Werk befindet sich in der Kon-
Hieronymus tritt trotz der strahlenden Erscheinung hinter kathedrale St. Johannes, Valletta, Malta.
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Im 4. Jahrhundert hatten lateinisch sprechende Bibellesende keine Ahnung, ob ihr
Text den griechischen oder hebräischen Text richtig wiedergab – die lateinischen
Übersetzungen wichen immer wieder voneinander ab und waren sprachlich nicht
besonders elegant. Doch dann kommt Hieronymus … und schafft jene Bibel, die
das Abendland für ein Jahrtausend prägen sollte. Von Dominik Markl
E
in ausgemergelter Greis, umwogt von Mit einigen GefährtInnen, darunter Paula (347–
dunklem Purpurtuch, mit angestrengter 404) und ihre Tochter Eustochium (ca. 368–419),
Stirn Schriften übergrübelnd, dunkel an- pilgerte er nach Palästina und zu den Mönchen
geglotzt von einem Totenschädel. Zu Füßen des der ägyptischen Wüste. Im Jahre 386 gründete er
Alten liegt ein Löwe – die Gestalt gewordene in Betlehem ein Frauen- und ein Männerkloster
Unbändigkeit seines Geistes. So oder so ähnlich – sein künftiges Lebenszentrum, wo auch die
bleiben uns die barocken Darstellungen des Hie- Übersetzungen der alttestamentlichen Schriften
ronymus vor Augen. Künstler wie Caravaggio ha- entstanden. Hieronymus starb vermutlich im
ben diesen Charakter in der Reife seines Lebens Herbst 419.
wohl treffend erfasst. Doch wie konnte Hiero- Betlehem, ein unbedeutendes Nest am äußers-
nymus, ein „kleines Menschlein“ aus der römi- ten Rand des Römischen Reichs, wählte Hiero-
schen Provinz, zu einem der größten Gelehrten nymus bewusst, um sich – ungestört vom Trubel
in der Geschichte des Christentums werden? der Großstädte und zugleich inmitten des Lan-
Welches Leben führte ihn in die wissenschaft- des der Bibel – der wissenschaftlichen Arbeit an
liche Askese in Betlehem? Was bewog ihn, die der Heiligen Schrift widmen zu können. Die von
lateinische Bibel nach den griechischen und he- ihm gegründeten klösterlichen Gemeinschaften
bräischen Quellen neu zu übersetzen, womit er
ein Grundlagenwerk für das Abendland schuf?
„Was das Lateinische angeht,
Ein asketischer Wissenschaftler so habe ich mein Leben
Um 347 nC in Stridon in Dalmatien geboren – nahezu von der Wiege an unter
vermutlich lag diese Kleinstadt unweit des heu-
tigen Rijeka in Kroatien –, verbrachte Hierony-
Grammatikern, Rhetoren und
mus seine Kindheit mit seinen wohlhabenden Philosophen zugebracht“
christlichen Eltern. Als Teenager jedoch genoss
(Hieronymus)
er eine gediegene Ausbildung in Rom. Besonders
das Studium bei Aelius Donatus, dem bedeu-
tendsten Experten für Grammatik seiner Zeit, boten dafür sowohl den asketischen Lebensrah-
muss prägend auf Hieronymus gewirkt haben; men als auch die akademische Infrastruktur.
linguistische Herausforderungen wurden zent- Der Gallier Postumianus, der ein halbes Jahr mit
ral in seinem intellektuellen Lebenswerk. „Was Hieronymus in Betlehem verbrachte, berichtet
das Lateinische angeht“, schreibt er, „so habe beeindruckt:
ich mein Leben nahezu von der Wiege an unter „Ständig ist er nur beim Lesen. Ausschließlich
Grammatikern, Rhetoren und Philosophen zuge- mit seinen Büchern beschäftigt, gönnt er sich
bracht“ (Vorwort zu Ijob). keine Pause, weder am Tag noch in der Nacht.
Bei einer Reise nach Trier, in die Residenzstadt Ständig liest oder schreibt er etwas.“
des Kaisers, lernte Hieronymus die asketische Hieronymus erwarb kontinuierlich neue Bü-
Lebensweise kennen, für die er sich in radika- cher und baute so eine der bedeutendsten Pri-
ler Weise entschied. Als junger Mönch lebte er vatbibliotheken seiner Zeit auf. Die finanziellen
sechs Jahre in Aquileja an der Adria. Dann aber Mittel, die er für seine akademische Arbeit be-
reiste er über Athen nach Osten, blieb mehrere nötigte, stellten ihm wohlhabende Gefährtinnen
Jahre in der Region des syrischen Antiochia und und Mäzene zur Verfügung. Sowohl mit ihnen
setzte seine exegetischen Studien für zwei Jahre als auch mit bedeutenden Gelehrten seiner
in Konstantinopel fort. Weitere drei Jahre (382– Zeit, wie Augustinus, unterhielt er briefliche
385) lebte er wiederum in Rom, wo er die Evan- Korrespondenz im gesamten Mittelmeerraum.
gelien neu übersetzte und adelige Christinnen Er leitete sein Kloster und hatte zusätzlich un-
am Aventin zum asketischen Leben motivierte. ter Krankheiten und den politischen Wirren der
Zeit zu leiden. Dass Rom am 24. August 410 von wurden die Unterschiede zwischen den lateini-
Die Vulgata. den Westgoten erobert und zerstört wurde, hat- schen Versionen brisant. Als Arbeitsmittel zur
Ein Steckbrief: te Hieronymus „dermaßen aus der Fassung ge- Klärung von Textfragen ließ Origenes (185–254
• Vulagate bedeutet „die bracht, dass ich, wie ein bekanntes Sprichwort nC) in den 230er-Jahren in Cäsarea eine Monu-
allgemein Verbreitete“ (von sagt, nicht einmal mehr meinen eigenen Namen mentalausgabe des Alten Testaments herstellen,
vulgus, „Volk“): eine einheit- wusste; und so habe ich lange geschwiegen, die sogenannte Hexapla: In sechs Spalten stan-
liche lateinische Bibel für denn mir war bewusst: Das ist ‚eine Zeit für Trä- den nebeneinander der hebräische Konsonan-
alle. Den Namen erhält sie
nen‘ (Koh 3,4).“ Strenge Askese und absoluter tentext und mehrere Versionen des griechischen
erst im 16. Jh.
Einsatz für die intellektuelle Arbeit gingen bei Textes.
• 382 nC beauftragt Papst Hieronymus Hand in Hand. Als Hieronymus zum zweiten Mal in Rom lebte
Damasus I. Hieronymus mit
(382–385), beauftragte ihn Papst Damasus mit
der lateinischen Übersetzung
der Neuübersetzung der Evangelien und der
• Bei den Evangelien korri- Warum brauchte es eine neue Fassung Psalmen, vermutlich um einen einheitlichen
giert Hieronymus lateinische der lateinischen Bibel? Text für die Liturgie zu schaffen. Augustinus
Vorlagen am griechischen
Schon in den letzten drei vorchristlichen Jahr- (354–430), einer der bedeutendsten Theologen
Text entlang; bei den Briefen
und der Offenbarung ist
hunderten war die Hebräische Bibel von jüdi- seiner Zeit, klagte: „Die verschiedenen lateini-
seine Verfasserschaft nicht schen Gelehrten in Alexandria ins Griechische schen Bibelausgaben weichen in einem schier
sicher übersetzt worden – die sogenannte Septuaginta unerträglichen Ausmaß voneinander ab und
• Die hebräischen Bücher
(s. Beitrag von H.-J. Fabry). Diese Übersetzung lassen dermaßen den Verdacht aufkommen, im
des AT übersetzt Hierony- wurde von christlichen Schreibern teils bewusst Griechischen könnte etwas anderes dastehen,
mus aus dem Hebräischen. im Sinn christlicher Interpretation modifiziert dass wir regelrecht zögern, etwas daraus zu zi-
Weisheit, Sirach, Baruch und zunehmend als die autoritative Fassung tieren oder zu beweisen.“
und Makkabäer bearbeitet der alttestamentlichen biblischen Schriften ver- Hieronymus schreibt im Vorwort zur Überset-
er nicht wendet. Im 2. Jh. nC waren einige gelehrte Leser zung von Josua: „Bei den Lateinern gibt es so
• Ab dem 7./8. Jh. setzt sich unzufrieden mit den Unterschieden zwischen viele Ausgaben, wie es Handschriften gibt, und
die Bibel-Übersetzung des dem – inzwischen standardisierten – hebräi- jeder Übersetzer hat nach Belieben darüber ent-
Hieronymus im lateinischen schen Text und der griechischen Version. Theo- schieden, was seiner Meinung nach hinzuzufü-
Westen durch dotion und Aquila erarbeiteten Revisionen, die gen oder wegzulassen sei.“
• Sie bleibt die wichtigste den griechischen Text dem hebräischen näher Im Prolog zu Ijob stellt er fest, dass in den la-
Übersetzung bis zur Refor- anglichen. Symmachus bemühte sich in seiner teinischen Versionen viele Verse fehlten, sodass
mation Version um gutes Griechisch. „das verstümmelte, zerstückelte und erodierte
• Das Konzil von Trient Die ältesten lateinischen Übersetzungen wur- Buch den Lesern offen seinen schrecklichen
erklärt 1546 die Vulgata für den spätestens seit dem 2. Jh. nC auf der Basis Zustand präsentierte“. Eine Klärung des bibli-
die katholische Kirche als der kursierenden griechischen Versionen ange- schen Textes für lateinische Leser war also ein
verbindlich fertigt. Diese Übersetzungsarbeit war anonym dringendes Desiderat, dem jedoch Widerstände
und geschah unsystematisch, sodass – auf dem entgegenschlugen.
Hintergrund verschiedener griechischer Versi-
Betlehem ist zwar der Pilgerort der Geburt Jesu, nachdenklich mit Stift und Buch auf einer Säule. Die Grotte
aber wenn die Vulgata eine Art Gedenkort hat, dann ist es ist Teil eines antiken Höhlensystems. In der Grotte erinnert
die Grotte des Hieronymus unter der Kirche St. Katharina in eine moderne Inschrift auch an die Frauen in Hieronymus’
Betlehem, die sich unmittelbar an die Umfassungsmauer der Umfeld. Ohne Paula und die anderen, ihre finanzielle und
justinianischen Geburtsbasilika anschließt. Im Innenhof der inhaltliche Unterstützung, wären die Übersetzungen wohl
franziskanischen Katharinenkirche steht der große Heilige nicht entstanden.
© Xxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Konstantinopel
Zwei Jahre exegeti-
sche Studien (380–
Trier Aquileja
382), er übersetzt
Sechs Jahre
Bei einer Reise nach zahlreiche Homilien Antiochia
Trier lernt Hierony- als junger Stridon des Origenes ins Mehrjähriger
mus die asketische Mönch Geburtsort,
Lateinische Aufenthalt
Lebensweise kennen um 348 ab 372
Rom
Ausbildung in den 360er-Jah-
ren und dreijähriger Aufent- Palästina und Betlehem
halt (382–385): Hieronymus ägyptische Wüste 386 gründet er ein Frauen- und
übersetzt die Evangelien wie Mit einigen Gefährt*innen, ein Männerkloster. Er übersetzt die
auch die Psalmen und motiviert darunter Paula (347–404) alttestamentlichen Schriften und
adelige Christinnen zum asketi- und ihre Tochter Eustochium andere griechische Kirchenwerke
schen Leben (ca. 368–419), pilgert Hiero- (Epiphanius, Dionysus, Theophilus,
nymus nach Palästina und zu Pachomius), schreibt biblische
den Mönchen der ägyptischen Kommentare, Traktate, Predigten,
Wüste Romane, etliche Briefe an Bekannte
im gesamten Mittelmeerraum ...
Hier stirbt er im Herbst 419
© fotolia.com
(Vgl. Übersicht in: Alfons Fürst, Hieronymus. Askese und Wissenschaft in der Spätantike, Herder ²2016)
Frevler, da ich es wage, in den alten Büchern et- ständlich sind, bereiten manche, vor allem po-
was hinzuzufügen, zu ändern, zu verbessern!“ etische Texte, Übersetzern bis heute große Pro-
Bei der Übersetzung des Alten Testaments bleme. Eines der schwierigsten Bücher ist Ijob:
musste er für seine Orientierung am Hebräi- „Das ist gerade so, wie wenn man einen Aal oder
schen argumentieren, da die Septuaginta für eine kleine Muräne mit bloßen Händen packen
viele als göttlich inspiriert galt (vgl. S. 27). Eines und festhalten will: Je stärker man drückt, desto
der schlagenden Argumente für Hieronymus war schneller flutschen sie heraus“, schreibt Hiero-
dabei, dass sich einige alttestamentliche Zitate nymus. Und: „Ich weiß noch gut, wie ich, um
im Neuen Testament nicht in der Septuaginta dieses Buch zu verstehen, einen aus Lydda stam-
finden, wohl aber im Hebräischen. Wenn also menden Lehrer, der bei den Juden zu den erst-
schon die Apostel auf den hebräischen Text Be- klassigen zählte, teuer bezahlt habe.“ „Wenn du
zug nahmen, sollte dieser dann nicht der maß- meinst, in meiner Übersetzung sei mir irgendwo
gebliche sein? Im Prolog zur Übersetzung der ein Fehler unterlaufen, dann frage einen Hebrä-
Königsbücher spricht Hieronymus ausdrücklich er, wende dich an die Rabbinen in den einzelnen
von der „Wahrheit des Hebräischen“ (Hebraica Städten!“ (Prolog zum Pentateuch). Beim Buch
veritas), die er nicht verändert habe. Daniel musste sich Hieronymus sogar mit dem
Um Hebräisch zu lernen, war Hieronymus Aramäischen auseinandersetzen, aber dies-
auf Hilfe angewiesen. In frühen Mönchsjahren, bezüglich blieben seine Kenntnisse wohl eher
schreibt er, habe er das Hebräische von einem oberflächlich.
Juden erlernt, der Christ geworden war. Später Wenn es darum geht, seine Arbeit zu vertei-
konsultierte er unter anderen einen Juden na- digen, lernt man den streitbaren Charakter des
mens Baraninas, der nur nachts zu ihm zu kom- Hieronymus kennen. „Ich wundere mich also
men wagte. Während manche Erzählungen des nicht, wenn gegen mich kleines Menschlein dre-
Alten Testaments im Hebräischen nach ein bis ckige Schweine grunzen und Perlen mit Füßen
zwei Jahren Sprachstudium relativ leicht ver- zertreten, wo doch gegen die größten Gelehr-
Verschiedene Vetus-Latina-Versionen
Septuaginta
Revisionen
(Überarbeitungen) der Septuaginta Hebräischer vormasoretischer
Standardtext
Hexapla („Sechsfache“)
des Origenes: eine Zusammenstel-
lung von 1. hebräischem Text, 2. griechi- Hebräische Varianten (?)
sche Umschrift des Hebräischen, 3. Revi-
sion des Aquila, 4. des Symmachus, 5. des
Theodotion, 6. von ihm selbst bearbeitete
Septuaginta (Origenes strich alles, was
über den hebräischen Text hinausging) Griechische Evangelien und Briefe
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200219203704KE-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 4/2018
Ein exzentrisches Genie
vulgata. Lateinisch und in Vokabular und Syntax, wo die hebräischen ethische und politische Wirkung
deutsch (Sammlung Tuscu- Texte zu Wiederholung und Gleichförmigkeit und Relevanz der Bibel. Für das Projekt „Biblia sacra vul-
lum), 5 Bände, Berlin 2018. neigen. An manchen Stellen ließ er sich auch gata. Lateinisch und deutsch“ (s. Lesetipps) übersetzte
(s. Buchtipps) von der griechischen Übersetzungstraditi- er das Buch Deuteronomium.
Wulfilas Übersetzung
für die Goten
Der „kleine Wolf“ schafft in beeindruckendem Tempo
eine Bibelübersetzung – und erfindet nebenbei dafür
noch eine eigene Schrift.
E
ine der ganz frühen Bibel-Übersetzun- Sie zeigt den Stand eines
gen ist die des Wulfila („kleiner Wolf“ Stranges der Textüberlie-
oder „nach Wolfenart“, gest. 383 nC). ferung im Byzantinischen
In erstaunlichem Tempo hat er die Mission Reich um 350 nC. Das ist die
der Goten vorangetrieben und eine gesamte Zeit, in der der Codex Sinai-
Bibelübersetzung in einer Schrift geschaffen, ticus wie auch der Codex
die noch gar nicht existierte. Es gab nur die Vaticanus entstehen.
gotische (gesprochene) Sprache und die go-
tische Runenschrift, die sich aber nur dazu Welche Vorlage hatte
eignete, in Holz eingeritzt oder in Stein gemei- Wulfila? Nach Stand der
ßelt zu werden – und keinesfalls für ein litera- Forschung war es eine grie-
risches Monumentalwerk wie die Bibel. chische Fassung der Bibel. Dennoch könnten Der Codex Argenteus,
einige Lesarten auf die Vetus Latina zurück- eine Abschrift der Wulfila-
Im Alter von 30 Jahren wird Wulfila offiziell gehen. Interessant ist: Bei Wulfila fehlt die Bibel in gotischer Schrift,
in Antiochia zum Bischof für die bereits christ- Perikope von Jesus und der Ehebrecherin (Joh wurde wahrscheinlich im
lichen Westgotinnen und -goten geweiht, die 7,53-8,11) – wie auch in anderen sehr alten 6. Jh. in Ravenna, dem
südlich und nördlich der Donau siedelten, Handschriften, das heißt, seine Vorlage(n) damaligen Zentrum des Ost-
und zur Mission der noch nicht Getauften hatten die Geschichte nicht überliefert. „Wul- gotischen Reichs hergestellt.
ausgesandt. Für diese Aufgabe brauchte er – fila hat teilweise Varianten bewahrt, die nur Der Pracht-Codex wurde
so seine feste Überzeugung – eine Bibel. Er von marginalen Teilen der griechischen Über- vermutlich in einer Kathe-
wollte die Erzählungen der Schrift unbedingt lieferung bezeugt sind“, so die Literaturwis- drale ausgelegt, um staunen-
zugänglich machen. Wie die Vandalen, waren senschaftlerin Carla Falluomini (Perugia), de Menschen im Glauben zu
auch die Goten arianischen Bekenntisses, die „die gotische Version bezeugt an mehreren stärken, vielleicht in König
biblischen Bücher kannten sie nur teilweise Stellen alte Lesarten, die im Laufe der Über- Theoderichs Palastkirche
und konnten sie sich nur weitererzählen. So lieferung verloren gegangen sind.“ Und: „Bei oder in der Kathedrale von
beginnt Wulfila um 340/350 nC im Gebiet des der Untersuchung der Geschichte des Mehr- Ravenna. Der Codex heißt
heutigen Bulgarien zu arbeiten und zu über- heitstextes spielt daher die gotische Version „Silberbibel“, weil die Tinte
silbern schimmert; das Per-
setzen. Um eine Schrift für die gotische Bibel eine wichtige Rolle, da sie der älteste Bibel-
gament ist mit pflanzlichen
zu erschaffen, modifiziert er die griechischen zeuge aus einem unter byzantinischem Ein-
Pigmenten purpurfarben
Buchstaben und gibt ihnen eine Runenanmu- fluss stehenden Gebiet ist.“
eingefärbt. 1669 wird der
tung. Dass er ein Sprachgenie mit perfekten
Codex der Universität von
Griechisch- und Lateinkenntnissen gewesen Gestorben und begraben ist Wulfila in Kon-
Uppsala geschenkt und dort
sein muss, erklärt sich von selbst. Überliefert stantinopel. Er war 383 zu einer Besprechung befindet er sich bis heute.
ist eine Prachtausgabe, der Codex Argenteus dorthin gereist, um vor Kaiser Theodosius I. Er zählt seit 2011 zum
(„Silbercodex“). Es gab weitere Bibelausga- den Arianismus zu verteidigen. Heute würde UNESCO-Weltkulturerbe.
ben in gotischer Schrift, die aber allesamt im man sagen, Wulfila hat einen bedeutenden bi-
Laufe der Geschichte überschrieben wurden, belpastoralen Dienst geleistet. Seine Überset-
also zu Palimpsesten geworden sind. zung des Vaterunser erkennt man noch heute
© public domain
Verschlungene Wege
Judentum und Christentum – beide tragen die jüdischen heiligen Schriften weiter.
Die Wege verlaufen sehr unterschiedlich, aber sie treffen sich nach Jahrhunderten
in den mittelalterlichen hebräischen Codices wieder ...
K
ein Jota wurde verändert, seit Mose die Tora am der Reformation. Denn Martin Luther vertritt im Geiste
Sinai empfangen und aufgeschrieben hat – das der Renaissance die veritas hebraica und übersetzt aus
zumindest sagt die jüdische Tradition. Aber seit dem Hebräischen ins Deutsche. 1906 erscheint dann die
wann wurde wirklich „kein Jota mehr“ verändert? Im erste Hebräische Bibel in einem christlichen Verlag, in
2. Jh. nC fixierten jüdische Gelehrte ihre hebräischen Leipzig, die Biblia Hebraica Kittel (BHK). Sie gab in den
Traditionen und den Buchstabenbestand aller Buch- ersten Auflagen den im Judentum tradierten Bibeltext
rollen als Grundlage ihrer Identität und Theologie (s. wieder – einen von Jakob ben Chajim 1524 eingeführten
folgenden Beitrag von A. M. Boeckler). Bis dahin waren Mischtext, der aus Vergleichen verschiedener masoreti-
für manche biblische Bücher noch verschiedene hebrä- scher Handschriften die bestmögliche Textvariante er-
ische Versionen im Umlauf. stellt hatte; denn über die Jahrhunderte waren kleinere
Im 8. Jh. dann wurde es drängend wichtig, auch zu Abweichungen im Konsonantentext, in der Punktierung
sichern, wie man die Buchstabenreihen, im Hebrä- und in den Randbemerkungen entstanden.
ischen ausschließlich Konsonanten, aussprach, da Die christliche Ausgabe der Hebräischen Bibel wur-
sonst verschiedene Lesarten und Bedeutungen möglich de weiterentwickelt. Ab 1937 entscheidet man sich für
waren. Hier begann die geniale und akribische Arbeit den Codex Leningradensis als Textgrundlage der BHK.
der „Masoreten“, die uns heute in vielen Strichlein und Dies war der in Europa älteste erreichbare Text; vom
Pünktchen unter und über den hebräischen Buchsta- Codex Aleppo wusste man zwar, hatte aber keine Mög-
ben begegnet, ein ausgefeiltes System an Vokalzeichen lichkeit, ihn in Syrien zu studieren. Seit 1977 liegt die
und Betonungshilfen – das inspiriert war durch die ara- Biblia Hebraica Stuttgartensia (BHS) vor. Die BHS bietet
bischen Grammatiker im Kalifat Bagdad, die den Kon- den masoretischen Text, möglichst genau so wie er im
sonantentext des Qur‘an ebenfalls mit Vokalzeichen Codex Leningradensis von 1009 zu finden ist, mit allen
versahen. Anmerkungen der Masoreten und Erläuterungen zu
Der älteste erhaltene „masoretische Text“ ist im Co- Textvarianten. Da die Textforschung seitdem aber große
dex Aleppo (um 930) erhalten. Er war jedoch lange Schritte gemacht hat, erscheinen seit 2004 laufend Fas-
nicht zugänglich und wurde im 20. Jh. beschädigt. Der zikel der BHQ, der Biblia Hebraica Quinta: Hier sind im
zweitälteste Text ist im Codex Leningradensis aus dem umfangreichen Apparat zusätzlich alle biblischen Frag-
Jahr 1009 nC erhalten. mente aus Qumran, der Codex Aleppo, wo er erhalten
Auf verschlungenen Wegen wird das Christentum zu ist, und Varianten in anderen Handschriften aufgeführt.
diesen beiden hebräischen Codices gelangen. Aber wie? In der Katholischen Kirche bleibt bis zum Zweiten
Vatikanum (1962–65) die Vulgata die offizielle Text-
grundlage für Übersetzungen und wissenschaftliche
Der lange Weg zum hebräischen Forschungen. Erst danach wird der masoretische Text
Text im Christentum auch in der katholischen Exegese maßgeblich.
Im Christentum ist von Anfang an die Septuaginta das Und welche ist die Textgrundlage im Judentum? Der
„Alte Testament“. Der Name „Altes Testament“ taucht heute übliche Text ist weiterhin der oben genannte Text
allerdings erst gegen Ende des 2. Jh. auf. Bis dahin wa- von Jakob ben Chajim, der im 16. Jh. entstand. Aber: In
ren die jüdischen Überlieferungen auch im christlichen den letzten Jahren benutzen jüdische Wissenschaftler
© Todd Bolen/BiblePlaces.com
Sprachgebrauch „die Schrift“ oder „Gesetz und Prophe- den Text des Codex Aleppo für ihre Forschungen.
ten“. Über Jahrhunderte wird das Alte Testament in den So verlaufen die Überlieferungslinien der heiligen
christlichen Kirchen in griechischer Septuaginta- und Schriften auf je eigenen Spuren. Die Arbeit der jüdi-
in entsprechender lateinischer Vulgata-Fassung weiter- schen Schriftgelehrten und Masoreten hat dabei für die
gegeben. Mit der Reformation allerdings zieht die Heb- christlichen Bibeln heute eine zentrale Bedeutung – als
räische Bibel ins Christentum ein – d. h. in die Kirchen ein Schatz, an dem sie teilhaben. W (hk/wub)
Im Text der Tora fallen Lücken und Abschnitte auf. Durch Spalte muss beispielsweise mit dem Satz „und die Kinder
1 Israels gingen auf dem Trockenen hindurch“ enden.
sie wird der Text gestaltet – und wo sie gesetzt werden,
ist ganz genau festgelegt. Ebenso ist festgelegt, welche Zudem kann man beobachten, dass jede Kolumne der Tora
Buchstaben man in die Länge ziehen darf, um eine Zeile ו
oben rechts mit einem waw beginnt – bis auf genau fünf
auskommen zu lassen. Ausnahmen. Das Shirat haJam ist eine davon.
In der mittleren Kolumne steht das Shirat haJam, das Lied
der Israeliten nach dem Durchzug durchs Schilfmeer in Torarolle in aschkenasischer Quadratschrift, um 1270
Exodus 15: ein buchstäbliches Schrift-Bild! Wie das Lied entstanden, 48 m lang, 58 cm hoch. 86 Häute mit Sehnen
geschrieben wird, dafür gelten genaue Regeln. Die mittlere zusammengenäht, 257 Kolumnen. Privatbesitz.
D
ie Hebräische Bibel ist nicht Z., den hebräischen Bibeltext und legten hätte, diese Rolle für den liturgischen
bloß ein Text; sie ist ein wunder- einheitliche Schreibweisen fest. Damit Gebrauch unbrauchbar wäre. Außer-
schönes Kunstwerk. In einer To- grenzten sie sich von der griechischen dem helfen die normierten Lücken, eine
rarolle gibt es viel zu betrachten: große Septuaginta ab, von den griechischen Stelle in einer Rolle zu finden. Die offe-
und kleine Lücken im Text, große, klei- Rezensionen (vgl. Beitrag H.-J. Fabry), nen und geschlossenen Abschnitte der
ne, verzierte, ja sogar umgedrehte und von verschiedenen hebräischen Versio- Hebräischen Bibel sind übrigens nicht
zerbrochene Buchstaben. Jede Kolumne nen und schufen für alle Juden überall, identisch mit der im 13. Jh. d. Z. vom
beginnt mit demselben Buchstaben, ei- auch in den Diasporagemeinden rund Erzbischof von Canterbury eingeführten
nem Waw ()ו. Und alles, was man sieht, um das Mittelmeer, einen einzigen Text. christlichen Kapiteleinteilung.
sind uralte Traditionen: die Überlie- Einige Texte haben sogar sehr unge-
ferungen der Soferim – deutsch oft wöhnliche Regeln für die Platzierung der
„Schriftgelehrte“ – aus dem 2.–8. Schon die alten Ägypter Lücken. Schirat haJam (Exodus 15,1-19),
Jh. der Zeitrechnung. Das hebrä- das Lied der Israeliten nach dem Durch-
ische Wort Soferim ( )סופריםbe-
und Babylonier hatten zug durch das Schilfmeer – also der erste
deutet ursprünglich „Zähler“, ähnliche, fast religiöse öffentliche jüdische Gottesdienst – muss
wie der Talmud erklärt: „Die so geschrieben werden, dass „Text über
Alten heißen deshalb ‚So-
Beziehungen zu Buch- Abstand und Abstand über Text“ steht
ferim‘, weil sie alle Buch- staben oder Texten (Meg 16b). Optisch entstehen so drei in-
staben der Tora zählten“ einander verzahnte Spalten (Abb. 1). Die
(Qid 30a). beiden äußeren Spalten enden mit dem
Die Liebe zu Buchstaben und Texten war hebräischen Wort für „Wasser“, die mitt-
nichts Ungewöhnliches in der Antike. lere Spalte mit dem Satz „und die Kinder
Der Text der Schon die alten Ägypter und Babylonier Israels gingen auf dem Trockenen hin-
Bibel: hatten ähnliche, fast religiöse Beziehun- durch“. Das letzte Lied, das Moses am
Die Traditionen gen zu Buchstaben oder Texten. Heute Ende der Tora singt, Schirat Ha‘asinu,
der Soferim alltäglich, aber dass man jeden Gedan- (Deuteronomium 32,1-44) hingegen soll
Im Althebräischen wur- ken fixieren kann, galt lange als eine „Text über Text und Abstand über Ab-
den – wie auch in den kanaa- wunderbare, geniale Erfindung. stand“ geschrieben werden. So entste-
näischen Sprachen der Umwelt der Bi- hen zwei Spalten und dieses Schriftbild
bel, z. B. Ugaritisch – nur Konsonanten erinnert an die beiden Tafeln, die Mose
geschrieben. Schrift war Erinnerungs- Lücken und Zeilenumbrüche am Sinai erhielt. Auch Richter 5,1-31 –
hilfe, nicht Informationsquelle. Wer wlt Als Bestandteil der Heiligen Schrift gel- Deborahs Lied – wird geschrieben wie
nd mwlt dr bbl sieht und weiß, dass es ten auch die Lücken im Text: Zeilenum- Ex 15 (Schirat haJam), denn der Text ist
eine Zeitschrift „Welt und Umwelt der Bi- brüche (Petuchot, „offene Abschnitte“) die Prophetenlesung zu Ex 15 und 2 Sam
bel“ gibt, erinnert sich, was gemeint ist. und Lücken in einer Zeile (Setumot, 22,1-51, Prophetenlesung zu Dtn 32, wird
Als die Tora kanonisiert wurde, um 400 „geschlossene Abschnitte“). Die Frage, geschrieben wie Schirat Ha‘asinu.
v. d. Z., war die Umgangssprache jedoch wozu sie dienen, ist alt: „Warum wur- Bei Koh 3,2-8 („Alles hat seine Zeit“)
bereits Aramäisch. Erste Lesehilfen für den die Pisqot (Abschnittseinteilungen) und Esth 9,7-10 (Hamans Söhne am Gal-
das Hebräische entstanden. Die Konso- einführt? – Um Mose Zeit zu geben, zwi- gen) besteht jede Kolumne aus nur je ei-
nanten waw und jod wurden manchmal schen jedem Abschnitt und jedem The- nem Wort, durch einen großen Abstand
auch für die Vokale u, i oder e benutzt. ma nachzudenken zu können“ (Sifra zu getrennt. In Klagelieder 3 wird der Text
Einige Schreiber benutzten diese Le- Lev 1,1). Die Lücken untergliedern den immer wieder durch Setumot unterbro-
© courtesy Sotheby‘s
sehilfe, andere nicht. Sogar innerhalb Bibeltext in kleinere und größere Sinn chen. Da dieses Kapitel liturgisch mit
der Bibel selbst gibt es unterschiedliche abschnitte. Sie gelten als so wichtig, einer eigenen Melodie vorgetragen wird,
Schreibtraditionen. Die Soferim fixier- dass wenn eine Torarolle anstelle eines hilft dies dem Vortragenden bei der
ten in talmudischer Zeit, ab dem 2. Jh. d. offenen Abschnitts einen geschlossenen Textverteilung.
בדק חיהSechs Buchstaben tragen nur einen Strich Gen 16,5 „ ובנ ׄיךund deine Söhne“: Punkt über dem jod.
und ein kleines Häkchen: bet, dalet, qof, chet, jod und Ohne dieses jod hieße es: „und dein Sohn“
he. Auch sie merkt man sich mit einem Kunstwort: badaq Gen 18,9 „ ׄאל ׄי ׄוzu ihm“: Punkte über alef, jod, waw
chaja. Übersetzt hieße dies „er prüfte das Tier“. Gen 19,33 „ המ ׄוקבוund bei ihrem Aufstehen“: Punkt
über waw
מלאכת סופרDie übrigen neun Buchstaben ohne Ver- Gen 33,4 „ ׄו ׄיׄשׄקׄה ׄוund er küsste ihn“: ganzes Wort punk-
zierung ergeben die beiden hebräischen Wörter malachat tiert
sofer: Arbeit eines Schreibers. Gen 37,12 „ ׄאׄתdie“: ganzes Wort punktiert
Im aschkenasischen Judentum endet das לlamed oben Num 3,39 „ ׄוׄאׄהׄר ׄןund Aaron“: ganzes Wort punktiert
mit zwei kleinen Hörnchen. Num 9,10 „ רחקׄהlang“: Punkt über he
Num 21,30 „ אשׄרwelches“: Punkt über resch
Fünf Buchstaben, ד ה ל ר תkönnen dazu benutzt wer- Num 29,15 „ ועשר ׄוןein Zehntel“: Punkt über waw
den, Platz auszufüllen, damit auch der rechte Rand einen Deut 29,28 „ ׄל ׄנ ׄו ׄוׄל ׄבׄנׄיׄנ ׄוuns und unsere Kinder“: beide
geraden Abschluss hat: Bei dalet, he, lamed, resch und Wörter punktiert
taw kann zu diesem Zweck der obere Balken beliebig lang
gezogen werden. In den Propheten ist an vier Stellen jeweils ein gesamtes
Wort punktiert: 2 Sam 19,20, Jes 44,9, Ez 41,20,
Ez 46,22.
In den Schriften gibt es ein Wort, das sowohl oben als auch
unten punktiert ist: Ps 27,13 „vielleicht“: Punkte über
Umgekehrte Nuns – rätselhaft!
allen Buchstaben und Punkte unter allen außer waw.
Neunmal enthält der Bibeltext ein Zeichen, das
wie ein umgedreht geschriebener Buchstabe nun
aussieht. Das Zeichen findet sich vor und nach Num
10,35-36 und siebenmal in Psalm 107: nach Vers 20, 21, Ungewöhnliche Buchstaben
22, 23, 24, 25 und 39. Der Talmud (Shab 115b-116a)
meint, Num 10,35-36 sei markiert, um zu zeigen, dass In Num 25,12 ist das waw in dem Wort
diese Verse nicht an der richtigen Stelle in der Tora stün- „shalom“ zerbrochen.
den. Doch der Kommentator Raschi meint, sie zeigten an, In Ex 32,25 and Num 7,2 findet sich ein „ver-
dass Num 10,35-36 ein eignes Buch ist, sodass dadurch bundenes qof“ ()ק, dessen senkrechter Strich in unge-
die Tora insgesamt sieben Bücher hätte. (vgl. Prov 9,1: wöhnlicher Weise mit dem oberen waagerechten Strich
„die Weisheit baute ihr Haus auf sieben Säulen“). Andere verbunden ist und das keine taggim (Verzierungen) hat.
vermuten, das Nun ahme ein Zeichen nach, das vielleicht In einigen Handschriften hat der Buchstabe pe
ursprünglich ein Schofar symbolisierte. manchmal in der Mitte eine Spirale.
Wie immer es sei, wir kennen den Grund nicht. Fakt ist, In Richter 18,30 hängt ein nun, in
dass in jeder Torarolle diese umgedrehten Nuns stehen und Psalm 80,14 hängt ein ajin, in Job 38,13 und 15 hängt
seit der Antike zu immer neuen Deutungen anregen. ebenfalls ein ajin. Niemand weiß, warum.
2 heute prägen – eine davon und bedeutet ebenfalls „Zähler“. Es gab viele
ist die Sprachwissenschaft. Masoreten und die Anfänge ihrer Arbeit im 8. Jh.
Sie entstand, weil durch die liegen im Dunkeln. Die meisten von ihnen arbei-
Verbreitung des Islams die teten anonym, wie die Soferim der talmudischen
Reinheit und Klarheit des Zeit. Nur aus der letzten Generation kennen wir
Arabischen in Gefahr war. einige Namen. Die berühmtesten sind die Fami-
Der Qur‘an war im Dialekt lien Ben Ascher und Ben Naftali, Raw Pinchas
des Stammes Quraisch ge- und Mosche Moche.
schrieben, und um die Le- Eine Liste der Masoreten von Tiberias nennt
sung des Textes vor den Ein- sieben Generationen der Familie Ben Ascher.
flüssen anderer Dialekte zu Der erste Name dieser Familie ist Rabbi Ascher
schützen, wurde es wichtig, ha-saken ha-gadol, der im 8. Jh. wirkte, also zeit-
Aussprache und Vortrag ge- gleich mit Al-Khalīl, der den Qur‘an punktierte.
nau zu fixieren. Der Text des Der letzte Vertreter der Masoreten von Tiberias
Qur‘an – ursprünglich nur und zugleich der letzte der Familie war Aaron
mit Konsonanten geschrie- ben Moses ben Ascher. Er ist auch der berühm-
ben – war ohne diakritische teste. Die älteste erhaltene Bibelhandschrift, der
Zeichen oder Vokale, Aus- Aleppo-Codex (10. Jh. d. Z.), enthält eine Notiz,
sprache und Vortragsweise der Text sei von „Aaron ben Ascher aus Tiberias“
Der erste Satz ... waren nicht notiert. Diese „Erfindung“ schreibt persönlich punktiert worden. Ob dies tatsächlich
der ersten Torarolle in man dem Sprachgelehrten al-Khalil ibn Ahmad so war, ist heute umstritten, aber der Text folgt
Lateinamerika, die von al-Farahidi aus Basra (gest. ca. 786/787) zu. Al- der sehr akkuraten Tradition ben Aschers. Und
einer Frau geschrieben Khalīl tat also im 8. Jh. für den Qur‘an das, was die zweitälteste Bibelhandschrift, die zur Basis
wird. Toraschreiberin die Masoreten zeitgleich für die Hebräische Bi- der Biblia Hebraica Stuttgartensia wurde, der Co-
Rachel Reichardt, São bel taten (Abb. 3). Der Islam führte außerdem dex Firkowitsch B 19a aus dem Jahr 1009 – auch
Paulo, im Januar 2018. die von den Römern erfundene Form des Codex „Leningradensis“ oder „Petropolitanus“ genannt
auch für heiligen Schriften ein: die Pergament- –, wurde nach dem tiberischen System korrigiert.
seiten werden hier nicht zu einer langen, un- Während die Soferim sich also um die Schreib-
handlichen Rolle aneinandergenäht, sondern traditionen des Textes kümmerten, entwickelten
in Bögen aufeinander gefaltet; der Vorläufer des die Masoreten Regeln für die Aussprache und die
Buches entsteht. Seit dem 8./9. Jh. nimmt der Co- Syntax. Sie legen damit die ersten, noch simplen
dex über den Islam auch Einzug in die jüdische Grundlagen für die Grammatik der hebräischen
Kultur. Für einen Codex aber gelten die strengen Sprache, die sich dann zwischen dem 10. und 15.
Jh. im islamischen Kulturraum – beispielsweise
in Sura in Babylonien, Toledo, Córdoba, Sevilla
Ein heutiger Toraschreiber – es gibt übrigens auf der Iberischen Halbinsel – ausbildet.
Erhalten sind heute drei verschiedene masore-
auch Toraschreiberinnen – kennt alle Regeln tische Zeichensysteme.
und Bräuche über Buchstaben, Text- 1. Das babylonische System (erhalten in ara-
mäischen Targumhandschriften) benutzt For-
abschnitte, Kolumnen und Seltsamkeiten men von Buchstaben über den Konsonanten, um
Vokale anzudeuten.
2. Das palästinische System (erhalten vor
Regeln der Soferim für rituell genutzte Schrift- allem in Fragment-Funden poetischer Texte
rollen nicht. Der Text der Hebräischen Bibel in [Pijjutim]) benutzt Punkte und Striche über den
einem Codex ist daher kein sakrales Werk, des- Konsonanten.
halb kann man hier Zusätzliches hineinschrei- 3. Das tiberische System. Das System, das die
ben, wie Aussprache- und Betonungszeichen. Aussprache am detailliertesten festlegte und bis
In der Regel gab es einen Schreiber (sofer) für heute als einziges gilt, ist das tiberische. Es mar-
die Konsonanten, und einen „Punktierer“ (naq- kiert 12 unterschiedliche lange und kurze Vokal-
dan), der Vokale und Akzente für die Ausspra- laute mit Punkten und Strichen über und unter
© Annette M. Boeckler
che einfügte. Das Zeichensystem, das benutzt den Buchstaben. Mit Punkten und Strichen als
wurde und das bis heute gilt (aber eben nur in diakritischen Zeichen weist es – ähnlich wie
Büchern!), ist die Erfindung der sogenannten das Arabische – auf die harte Aussprache oder
Masoreten. Das Wort wird oft mit „Tradenten“ Nichthörbarkeit eines Konsonanten hin. Im Lau-
übersetzt, doch wahrscheinlich ist es aramäisch fe der Zeit entwickeln sich dann verschiedene
ָ
Aussprachetraditionen und so kommt es, dass
aschkenasische Juden das Zeichen als „o“ la-
3
4
Die 12 Vokalzeichen der Masoreten von Tiberias
Vokal
mit
Buch-
stabe
ַא ֶא ֵא ִא ָא ֹא ֻא אּו ְִא ֲא ֱא ֳא
א
chataf / chataf / chataf /
chiriq / cholam / qubutz / schuruq /
Name patach segol tzere qamatz schva chatef chatef chatef
© public domain
5
Rafe: eine Linie über dem Konsonan-
Daggesch: ein Punkt zeigt in
ten zeigt seine Nichthörbarkeit an
sechs Konsonanten eine harte
Aussprache an
Ein Kringel über einem Wort weist
Meteq/Ga‘ja: Ein kleiner Strich auf eine masoretische Randglosse
unter der Silbe vor der Hauptbe- zu diesem Wort hin. Das bet ב
tonung mit Punkt darüber bedeutet: 2
– diese Form, genauso geschrie-
ben, kommt in der gesamten
Maqef: Ein Bindestrich, der zwei
Heiligen Schrift nur zweimal vor
Wörter zu einer einzigen Toneinheit
verbindet. Er verhindert nach einem Masora qetanna, kleine Masora:
kurzen Wort das Aufeinandertreffen abgekürzte Informationen über
von zwei betonten Silben Besonderheiten am Rand
Etnachta/Atnach: entspricht
Ein Punkt rechts auf dem Buch- Semikolon, die Stimme geht nach
staben markiert das schin, ein unten
Punkt links das sin
Masora gedola im Mittelalter meist dazu benutzt -vorleserinnen. W und jüdische Liturgie am Leo
wurde, den Text zu verzieren – und wenn man Baeck College in London.
Autorin zahlreicher Werke
keinen weiteren Text mehr für das Ornament Lesetipps
zum Judentum, zuletzt von ihr
brauchte, dann bricht der Text abrupt ab. • Matti Friedman, Der Aleppo-Codex. Eine Bibel, der
erschienen: (Not) Last Words,
Das Ziel der Tora ist natürlich, dass sie gelebt Mossad und das Staatsgeheimnis Israels, Herder, 2012. in: Lawrence A. Hoffman, The
wird. Dazu braucht man zusätzlich zum Kunst- • Israel Yeivin, Introduction to the Tiberian Masorah, Closing of the Gates: N‘ilah,
werk der sorgfältig hergestellten schriftlichen Scholars Press, 1980. Turner 2018, S. 177–181.
S
chon beim Lesen der Bibel wird diskriminierend ist, als dies davor ange- die Bibel gelesen, selbst wenn ihnen das
man den Eindruck nicht los: Die nommen wurde und die längste Zeit als verboten wurde. Sie haben dazu sehr ei-
Bibel handelt vorrangig von Män- „die Tradition“ vermittelt wurde. genständige Gedanken entwickelt und
nern, gibt vor allem deren Sichtweise Aber ist dieses Bild einer geschlossen frauenfeindliche Auslegungen nicht wi-
wieder, wurde nach Auskunft der Texte frauenlosen und frauenfeindlichen Tra- derspruchslos hingenommen.
nur von Männern verfasst und überlie- dition historisch korrekt? Im Dezember
fert. 2006 traf sich in Neapel eine Gruppe von
Liest man genauer, so finden sich al- über dreißig Frauen zur Startkonferenz Frauen haben immer die
lerdings zahlreiche Erzählungen, in de- von „Die Bibel und die Frauen“ (www.bi- Bibel gelesen
ren Zentrum Frauen stehen oder sogar bleandwomen.org). Dieses internationa- Auch wenn jener Traditionsstrom, der
die tragenden Figuren der Handlung le Großforschungsprojekt erarbeitet in bis in die Fünfzigerjahre des vorigen
sind. Ja, es gibt sogar Texte wie das Rut- 22 Bänden erstmals in der Forschungs- Jahrhunderts als der einzig existente
buch, das offenkundig aus der Perspek- geschichte eine biblische Rezeptionsge- hingestellt wurde, glauben machen will,
tive von Frauen geschrieben wurde und schichte von der Entstehung der Texte dass Frauen durch die Geschichte hin-
sogar Gesetze, die Männer als rechtsbe- bis heute mit Fokus auf Frauen- und durch nur in wenigen Ausnahmefällen
günstigt festlegen (wie das Leviratsge- die Bibel selber gelesen und ausgelegt
setz in Dtn 25,5-10), in einer Weise um- hätten, muss dazu betont werden, dass
deutet, dass sie Frauen dienen (vgl. z. B. Es gibt noch viele dies im Prinzip auch für Männer ge-
Rut 1,11-13; siehe dazu Irmtraud Fischer, unbearbeitete Archive golten hat: Des Lesens und Schreibens
Rut, HThK, Freiburg 22005). mächtig waren nur Mitglieder gebilde-
An dieser Thematik wurde in den von Frauenklöstern, die ter Bevölkerungskreise, die längste Zeit
letzten Jahren intensiv geforscht und so gewiss noch Interessan- vor allem Männer und (in manchen Zei-
mancher Text, der als Beschreibung ei- ten wie dem Mittelalter mehrheitlich)
nes patriarchalen Schlaraffenlandes be- tes zutage bringen Frauen der Oberschicht, aber auch im
kannt war, wie das sogenannte „Lob der Handel und in Rechtsgeschäften Tätige,
tugendsamen Hausfrau“ (Spr 31,10-31), Geschlechterforschung. Ziel dieses in die oft in Familienbetrieben organisiert
hat sich bei genauerer Lektüre als Kom- vier Sprachen publizierten Unterneh- waren und damit auch Ehefrauen und
pendium einer fähigen Leiterin eines mens, an dem am Ende über 300 Wis- Töchter zur Mitarbeit anhielten. Drei
international tätigen Handels-, Gewer- senschaftler/innen beteiligt sind, ist die Beispiele aus ganz unterschiedlichen
be- und Agrarbetriebes entpuppt (vgl. Klärung der Frage, ob es sich mit der Er- Epochen sollen dies im Folgenden ver-
Christine Roy Yoder, Wisdom as a Wo- forschung der Tradition ähnlich verhält anschaulichen.
man of Substance: A Socioeconomic Rea- wie mit der Lektüre der Bibel. Bei genau-
ding of Proverbs 1-9 and 31:10-31, BZAW erer Analyse einschlägiger Texte, bei der 1. Korrespondenz von Kirchenvätern
304, Berlin 2001). Nach einem halben Hebung von bislang ungesichtetem Ar- belegt Bibelauslegung von Frauen
Jahrhundert Frauen- und Geschlechter- chivmaterial und näherer Untersuchung
forschung an der Bibel kann man sogar von dem, was als offizielle Tradition Von Hieronymus, dessen Vulgata nicht
sagen, dass die Heilige Schrift weniger hingestellt wird, zeigt sich tatsächlich einfach eine neue lateinische Überset-
männerzentriert und weniger frauen- ein ähnliches Bild: Frauen haben immer zung aus den ihm vorliegenden Text
schenschöpfung zu Papier brachte, die Frauen sollten – als Reaktion auf die dig interessierte Leserinnen und Leser
erst in der feministischen Exegese der leichte Verfügbarkeit der Bibel in refor- fand. Die Textgrundlage, auf die sie sich
letzten Jahrzehnte wiederkehrten. Ihre mierten Kreisen – nur unter Anleitung stützte, war die zweisprachige Bible de
Port-Royal, die den Text in Latein mit Es ist also durchaus nicht so, dass
einer französischen Übersetzung bot. erst seit Kurzem Frauen die Bibel Hieronymus – Askese und
Aufgrund des Lehrverbots für Frauen lesen und auslegen. Sie waren am Wissenschaft in der Spätantike
benutzte sie die mittelalterliche Form Prozess der Rezeption von deren Ab- Wer immer gedacht
der Mystikerinnen und deklarierte fassung an beteiligt, aber ihr Anteil haben sollte, dass
ihren vollständigen Bibelkommentar daran wurde entweder unter dem „der heilige Hierony-
als fortlaufende Eingebung Jesu. Namen von Männern, die ihre Ide- mus“ langweilig
Die um die Mitte der Neunziger- en (aus)nutzten, überliefert, in ihrer oder unsympathisch
jahre desselben Jahrhunderts publi- Epoche viel gelesen, aber auch heiß klingt, wird durch
zierte Woman’s Bible von Elizabeth bekämpft, oder häufig auch zum dieses Buch vom
Cady Stanton war also beileibe nicht Schweigen und Vergessen gebracht. Gegenteil überzeugt.
die erste Bibelkommentierung durch Viel Forschung steht noch an, um den Der Münsteraner
eine Frau. Sie war insofern aber neu, weiblichen Anteil an der Geschich- Professor für Alte
als sie mit 26 weiteren Frauen die te sichtbar zu machen, damit diese Kirchengeschichte spiegelt in Hieronymus’
Heilige Schrift unter dem Aspekt der nicht nur die Hälfte des Ganzen, den Leben spannende Jahrzehnte der Formie-
frauenbefreienden bzw. frauenunter- männlichen Teil, sondern die gesam- rung der jungen Kirche, ihrer Theologie
drückenden Wirkung der Texte las. te Auslegungstradition wiedergibt. W und des Mönchtums. In rund 100 Seiten
Prosopografie führt er vor Augen, wie stark
Hieronymus (347–419) in einem Bezie-
hungsgeflecht stand, das sich über den
Lesetipps ganzen Mittelmerraum erstreckte. Damit
Das auf 22 Bände angelegte internationale und interdisziplinäre Projekt kommt man nicht nur Hieronymus nahe,
„Die Bibel und die Frauen. Eine exegetisch-kulturgeschichtliche sondern allen, mit denen er in Kontakt
Enzyklopädie“ geht der Auslegungsgeschichte der Bibel nach mit stand! In ausgewählten Originaltexten
dem Ziel, eine Rezeptionsgeschichte der Bibel, konzentriert auf bib- (lateinisch-deutsch) – Briefe, Homilien u.
lische Frauenfiguren und auf Frauen, die durch die Geschichte hin- a. – wird Hieronymus mit seinen vielfältigen
durch bis heute die Bibel auslegten, zu präsentieren. Im Zentrum des Begabungen als Literat, Wissenschaftler
Interesses stehen unter anderem literarische Frauenfiguren der Bibel, und Sprachgenie greifbar. Dem Autor ist es
Frauen, die in bestimmten Epochen und Auslegungstraditionen die Bibel interpre- gelungen, dass Geschichte am konkreten
tierten, oder Frauen, denen biblische Texte oder deren Auslegung zugeschrieben Menschen Hieronymus nachhaltig lebendig
werden. wird.
Herausgeberinnen der Reihe (Bezeichnung: BuF) sind die Exegetinnen und Histori- Alfons Fürst, Hieronymus. Askese und Wis-
kerinnen Irmtraud Fischer (Graz), Mercedes Navarro (Madrid), Adriana Valerio (Nea- senschaft in der Spätantike, Herder, 2. Aufl.
pel) und Christiana de Groot (Gran Rapids, Michigan, USA). 2016, ISBN 978-3-451-31144-4, 448 S.,
39,99 EUR.
Folgende Bände des Projekts empfehlen sich zur Vertiefung dieses Beitrags:
• Kari Elisabeth Børresen/Emanuela Prinzivalli (Hg.), Christliche Autoren der Antike, Torarolle –
BuF 5.1, Stuttgart 2015. Arbeitshilfe für Schriftlehrlinge
• Kari Elisabeth Børresen/Adriana Valerio (Hg.), Frauen und Bibel im Mittelalter. Die Broschüre ist eine kreative Grundlage,
Rezeption und Interpretation, BuF 6.2, Stuttgart 2013. um eine Torarolle zu entdecken, in Schu-
• Elisabeth Schüssler-Fiorenza/Renate Jost (Hg.), Feministische Bibelwissenschaft le oder Bildungsarbeit. Kurz und knapp
im 20. Jahrhundert, BuF 9.1, Stuttgart 2015. werden Entstehung, Besonderheiten und
• Valerio, Adriana, Biblische Inspirationen im Transformationsprozess der religiösen Schreibregeln erläutert.
Frauengemeinschaften Italiens im 19. Jahrhundert, in: Michaela Sohn-Kronthaler Franz Kogler (Hg.), Torarolle – Arbeitshilfe
und Ruth Albrecht (Hg.), Fromme Lektüre und kritische Exegese im langen 19. für Schriftlehrlinge, Bibelwerk Linz, 2. Aufl.
Jahrhundert, BuF 8.2, Stuttgart 2014, 145–161. 2016, 20 S., 3,– EUR (www.bibelwerk-linz.at)
Biblische Textforschung
Prof.in Dr. Dr. h.c. Irmtraud Fischer lehrt alttesta- Die Broschüre zum kostenlosen Download
mentliche Bibelwissenschaft an der Universität Graz. ist ein guter Einstieg in die Geschichte, die
Vielfältiges Engagement in der genderspezifischen Ziele und die Arbeitsweise biblischer Text-
biblischen Forschung. Vor Kurzem von ihr herausge- forschung des AT und NT.
geben (zusammen mit Volker Leppin): Streit um die
Biblische Textforschung – Einführung in die
Schrift, Jahrbuch für Biblische Theologie 31 (2016),
wissenschaftlichen Ausgaben der Deutschen
Neukirchen-Vluyn 2018.
Bibelgesellschaft, DBG 2008, www.die-bibel.
de/media/articles/pdf/6038_dokument.pdf
Neubau des größten archäologischen Museums der Welt bei Kairo in Sichtweite der Pyramiden
74 bis 75
THEMENREIHE 2018:
Große Worte der Bibel neu übersetzt
4. makarios: „Selig seid ihr“ neu begreifen
76 bis 79
Die großen Entdeckungen
Der Pharao des Exodus?
Das Königsversteck von Deir el-Bahari
80 bis 83
Die Bibel in berühmten Gemälden
Gustav Klimt: Judith II
84 bis 85
Ausstellungen und Veranstaltungen
Kair0
Jerusalem
N 1
50 m 2
3
4
5
6
7
1 Dormitio-Abtei
2 Davidsgrab
3 Griechischer
Garten
4
5
Stadtmauer
Protestantischer I m Sommer 2017 stieß das Grabungsteam auf
byzantinische Bebauungsreste. Es handelte
sich um zwei verputzte Räume und Reste von
weiten Bogen aus Steinquadern gestützt. Das
Dach war mit gebrannten Ziegeln gedeckt.
Mitten im byzantinischen Wohnbereich befand
Friedhof
Luftbild: DEI Jerusalem
Mosaikfußböden. In einem der Räume fanden sich überraschenderweise ein großer Kalkbrenn-
6 Herodianisch-
sich Rohre, die das Regenwasser in eine sorgsam ofen. Neben diesem konnten zwei weitere Wohn-
hasmonäische
angelegte und verputzte Zisterne leiteten. einheiten freigelegt werden, die sich wiederum
Straße
In diesem Jahr wurde ein großer Teil der by- stufenförmig zu Hauskomplexen ergänzen. Als
7 Essenertor zantinischen Bebauung freigelegt. Dabei fügen Fundament diente hier die hasmonäisch-hero-
sich verschiedene Räume zu einzelnen Wohn- dianische Straße. Diese war mit großen Stein-
komplexen zusammen, die sich in Stufen über platten ausgelegt, überspannte den Hauptab-
den steil abfallenden Zionsberg erstrecken. In wasserkanal unter dem Fahrweg und wurde von
Skizze © WUB
manchen Bereichen gründen die Fundamente Trockenmauerwerk gestützt (Abb. S. 68). Der
auf dem natürlichen Fels. Die aus Holz gebaute Abwasserkanal führte bis unterhalb des Stadtto-
Decke wurde in einem der Räume durch einen res und brachte so die Abwässer aus der Stadt
funden wider. Die Keramik besteht zum Teil aus Auch Türschwellen sind noch vorhanden und
Importware oder feiner Ware, die lokal herge- lassen so eine Rekonstruktion des Gebäudes
stellt wurde. Außerdem fanden sich Metallge- zu. Insgesamt drei Räume und Teile eines Hofes
Die hasmonäisch-
herodianische
Gußform für ein Kreuz Straße mit dem
– gefunden 2017. darunterliegenden
Abwasserkanal.
wurden freigelegt. Deren letzte Nutzung konnte durch die Speicherung von Regenwasser. Auf-
anhand der nahe des Fußbodens gefundenen grund von Entwicklungsplänen der Stadtverwal-
Keramik und der Münzen in die byzantinische tung in diesem Bereich wurde die Ausgrabung
Zeit datiert werden. Mit wiederverwendeten he- wieder verfüllt. Die Grabungen im anglikanisch-
rodianischen Blöcken wurden die Terrassierun- preußischen Friedhof sollen hingegen nach Ab-
gen gestützt, um den in Richtung der Felskante schluss der Arbeiten als archäologischer Park der
stärker abfallenden Fels oder auch ältere Instal- Öffentlichkeit präsentiert werden.
lationen, wie aufgelassene Wasserbecken, aus- Die diesjährige Kampagne vermittelt einen Ein-
zugleichen und so einen ebenen Baugrund zu blick in das Alltagsleben und eine Übersicht über
schaffen. Der wohl überraschendste Fund war die Stratigrafie. In den nächsten Jahren richtet sich
angesichts dieser Lage ein relativ gut erhaltener der Blick auf die frühen römischen und vielleicht
Mosaikboden mit Blütenrapportmuster. Zahlrei- sogar auf eisenzeitliche Siedlungsschichten. W
© DEI Jerusalem
che, noch während der byzantinischen Epochen Die Grabung und deren Publikation stehen unter der
benutzte Zisternen und Wasserbecken stehen Verantwortung von Friederike Schöpf, Prof. Dieter Vie-
für die in Jerusalem typische Wasserversorgung weger, Dr. Michael Würz und Jennifer Zimni.
lichen, der ein Tier an einem Seil führt. Die Kundschafter aus Numeri 13,23 mit den Trauben.
Diese Darstellung bezieht sich auf Jesa- Die hebräische Inschrift lautet: „Zwischen ihnen eine Stange“.
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200219203704KE-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 4/2018
panorama
Zufallsfund in Reutlingen
Römischer Viergötterstein
Bei Bauarbeiten im württembergischen Reutlingen stießen Arbeiter auf einen
mächtigen Steinquader mit bildlichen Darstellungen. Dabei stellte sich heraus,
dass es sich um einen ganz besonderen Fund handelt. Der Bagger hatte einen
etwa 1800 Jahre alten „Viergötterstein“ aus
dem Kies des Flusses Echaz ans
Tageslicht befördert.
71
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welt und umwelt der bibel 4/2018
panorama
Blick in den herodianischen Königspalast auf der Nordseite des Wadi Qelt. Herodes ließ die Mauern mit
dem sog. opus reticulatum (pyramidenartigen Steinen, die mit der Spitze in feuchten Putz der Palastanlagen
auf beiden Seiten des Wadi Qelt gedrückt wurden) verblenden, sodass die Wände ein netzartiges Muster hatten.
Unten: Rekonstruktion von Ehud Netzer.
© Wolfgang Zwickel
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welt und umwelt der bibel 4/2018
panorama
aus Sinn. Nach dem Tod des Herodes dukt, das durch das Wadi Qelt verlief, Festungen: Dok, Nuseb Uweshira und
wurde sein Reich aufgeteilt. Während Ju- lieferte das nötige Wasser für die Plan- Kypros.
däa dem Archelaus (4 vC-6 nC) und dann tage. Gleichzeitig wurde in Tulul Abu el- 2. Die Friedhöfe: Am unteren Rand des
den römischen Prokuratoren unterstellt Alayiqauf der Nordseite des Wadis ein nahezu senkrechten Abhangs vom Berg-
war, gehörte Peräa zum Gebiet des Hero- erster Palast errichtet. Das ertragreiche land zur Oase gab es zwei Friedhofsan-
des Antipas (4 vC-39 nC). Der Jordan bil- Landgut musste aber auch geschützt lagen. Eine wurde ausgegraben und vor-
dete damit eine Grenze, an der entspre- werden. So baute Alexander Jannäus auf bildlich veröffentlicht, die andere wurde
chend Zölle für die mitgebrachten Waren Kypros/Tell el-Aqaba, auf der Südseite wohl von Raubgräbern geplündert.
zu entrichten waren. des Wadis, eine hochgelegene Festung, 3. Die Plantagen: Ein etwa 600 m brei-
Das Johannesevangelium erwähnt die dann später von Herodes ausgebaut ter Plantagenstreifen nördlich des Kö-
Jericho nicht, wohl aber das auf der an- und dank eines eigenen Aquädukts mit nigspalastes wurde seit Herodes nicht
deren Jordanseite gelegene Betanien, wo Wasser versorgt wurde. Eine weitere nur durch Wasser aus dem Wadi Qelt be-
Johannes der Täufer taufte (Joh 1,28). An Festung existierte bereits etwas weiter wässert, sondern auch durch Quellwas-
der traditionellen Taufstelle, die noch nördlich auf Dok/Jebel Quruntul. Die ser von der Ain Duq im Norden der Oase.
heute gezeigt wird, überquerte in römi- beiden Festungen schützten somit das 4. Die Gartenstadt: Ein Streifen von
scher Zeit die Straße von Jericho nach königliche Landgut, auf dem höchst ge- Villen inmitten sich allmählich ausdün-
Heschbon den Jordan. Neben den Bewoh- winnbringend Palmen angepflanzt wur- nender Plantagen und ein Hippodrom,
nern des Jordangrabens bildeten Händler den. das auch als Theater genutzt wurde,
und Jerusalem-Pilger sein Publikum, das Unter Herodes dem Großen entwickel- schlossen sich nach Osten hin an
sich nach einer langen Tagesreise gerne te sich Jericho von einem königlichen 5. Die Wüste im Osten der Oase: Bei
auch religiös unterhalten lassen wollte. Domänenbetrieb zu einer locker bebau- der Kreuzung der Straße Jerusalem–Je-
ten Gartenstadt mit luxuriösen Villen. richo–Heschbon mit derjenigen im Jor-
Er errichtete im Bereich von Tulul Abu dangraben gab es eine Festung, die den
Das neutestamentliche Jericho aus el-Alayiq auf beiden Seiten des Wadis Straßenverlauf schützen sollte.
dem Blickwinkel der Archäologie mehrere Paläste als luxuriöse Bade- und 6. Jordanauen: An der damals genutz-
Die heute bekannten Fakten über Je- Erholungszentren für die Wintermonate. ten Furt über den Jordan taufte wohl Jo-
richo können das Bild noch klarer ma- Dank der königlichen Präsenz siedelten hannes der Täufer.
chen. In frühhellenistischer Zeit war sich weitere Mitglieder der Jerusalemer Eine Zusammenstellung der Ortslagen
Jericho kaum bewohnt. Der Hasmonäer Elite hier an und bauten Villen. Deutlich in der Oase Jericho bieten im Internet
Alexander Jannäus (103-76 vC) errichtete lassen sich mehrere Schichten erken- Marta D’Andrea / Maura Sala (http://
ein rund 600 m x 600 m großes Landgut nen, die das Stadtbild prägten: www.lasapienzatojericho.it/padis/com-
auf der Nordseite des Wadi Qelt für den 1. Die Sicherung der Oase: Auf den ponent/content/article/34-maps/174-
Anbau von Dattelbäumen. Ein Aquä- Höhen der Berge im Westen gab es drei jericho-oasis-map). W (Wolfgang Zwickel)
jerusalem
dungen der Stadt. Unter der Leitung bei Schwester Marie Madeleine in
von Dr. Christine Abart waren die Abu Gosh.
Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich... Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden...
Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden... Selig, die Frieden stiften;
denn sie werden Kinder Gottes genannt werden... Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet
um meinetwillen. Freut euch und jubelt (aus Mt 5, EÜ 2016).
Selig-Preisungen
Die Seligpreisungen sind im Matthäus
evangelium und im Lukasevangelium
zu finden – bei Matthäus in der Berg-
predigt (Mt 5,3-12) und bei Lukas in der
Feldrede (Lk 6,20-23). In der Forschung
geht man davon aus, dass auf jeden Fall
drei Seligpreisungen, die in Mt 5 und
Lk 6 fast identisch überliefert werden,
auf den historischen Jesus zurückgehen:
die Seligpreisung der (vor Gott) Armen,
der Trauernden und derer, die nach Ge-
© Wolfgang Baur
Die beiden großen Kirchen haben neue Bibelübersetzun- 1/18 Jahwe oder Herr? – Der Gottesname
gen erarbeitet – und Katholiken im deutschsprachigen 2/18 häsäd: Huld oder Liebe oder ...?
Raum werden sie im November 2018 erstmals im Gottes-
3/18 se-meía, térata, thaumásia, dynámeis:
dienst hören. Deshalb wirft „Welt und Umwelt der Bibel“
Zeichen, Wunder oder Machttaten?
Schlaglichter auf vier zentrale biblische Begriffe und auf die
Fragen, die bei ihrer Übersetzung auftauchen. 4/18 makarios: „Selig seid ihr“ neu begreifen
leiten sich vom griechischen Wort Psalmen – die Gebetsschule Jesu wurden diese Psalmworte noch mit
makarios ab, das die Texte verwenden. Seligpreisungen sind also keine lite- „wohl dem Mann/ wohl allen“ übersetzt
Es bedeutet in der altgriechischen Lite- rarischen Neuschöpfungen des Neuen – und so war nicht sichtbar, dass es sich
ratur „gesegnet“ oder „glücklich, froh“. Testaments, sondern prägen schon die jeweils um einen Makarismus handelt.
Die Seligpreisungen sind somit Glück- Weisheitstexte der Hebräischen Bibel. Psalm 1 und Psalm 2 als Eingangstor
oder Segenswünsche: Menschen wird in Schon im ersten Buch der Bibel finden zum Psalmenbuch beglückwünschen
einer festen literarischen Form feierlich wir eine Seligpreisung: Jakobs Frau Lea in Ps 1,1 und 2,12 alle Menschen und la-
gratuliert, ihnen wird Segen und Glück wird von anderen Frauen „selig geprie- den sie ein, sich in das Psalmenbuch hi-
gegönnt und zugesprochen. sen“ (Gen 30,13). Besonders die Psalmen neinzubewegen, diese Texte zu lesen, zu
als die großen Gebets- und Texte des meditieren und zu beten – und sich von
Volkes Israel sind auch für Jesu Denken ihnen formen zu lassen. Sie werden zu
Die Wurzel: Weisheitstexte Israels und Beten prägend geworden. Schon Menschen, die an der Tora Gottes Gefal-
Bekannt sind meist nur die Seligpreisun- der allererste Vers von Psalm 1 beginnt len finden, die auf den Wegen des Gottes
gen aus dem Neuen Testament. Dabei ist mit einer Seligpreisung: Israels zu gehen lernen.
der Makarismus eine sowohl in der grie- 26 Mal tritt das Wort „selig“ im Psal-
chischen als auch in der alttestament- Selig der Mann, der nicht nach dem menbuch auf. Es durchzieht die Texte wie
lich-jüdischen Literatur häufig auftreten- Rat der Frevler geht, nicht auf dem Weg ein roter Faden. Menschen werden selig
de Stilform. Die neue Einheitsüberset- der Sünder steht, nicht im Kreis der Spöt- gepriesen, die nicht unbedingt auf der
zung 2016 macht das sichtbar, indem in ter sitzt, sondern sein Gefallen hat an Gewinnerseite des Lebens stehen. Aber
den alttestamentlichen Stellen das Wort der Weisung des Herrn, bei Tag und bei sie lernen mit den Psalmen beten, ge-
makarios oder der entsprechende heb- Nacht über seine Weisung nachsinnt. hen und leben. Die Gesänge der Psalmen
räische Begriff aschrei mit „selig“ über- (Ps 1,1f., EÜ 2016) helfen ihnen, die Welt mit Gottes Augen
setzt werden, die zuvor mit „wohl dem, zu sehen und sich für mehr Gerechtgkeit
der“ übertragen wurden. So wird eine Psalm 1 bildet zusammen mit Psalm 2 einzusetzen. Auch Jesus konnte aus die-
Verbindung zwischen dem alt- und neu- ein Doppel-Eingangstor in das Psalm- sem Blickwinkel der Psalmen schöpfen,
testamentlichen Sprachgebrauch sicht- buch. Und auch Psalm 2 besitzt an pro- als er Menschen „selig“ nannte. W
bar: Die Seligpreisungen Jesu setzen die minenter Stelle eine Seligpreisung, die-
alttestamentlichen Seligpreisungen fort! ses Mal am Ende: Nach einem Gesang
Besonders in der Weisheitsliteratur tre- auf die Macht des Gottes Israels und sei-
Dr. Bettina Eltrop ist wis-
ten die Seligpreisungen auf: Das Volk nen Messiaskönig endet dieses Lied mit
senschaftliche Referentin
Israelwird für seine Erwählung durch einem Glückwünsch an alle Menschen, im Katholischen Bibel-
Gott gepriesen (Ps 33,12; 144,15). Selig ge- die bei ihm ihre Zuflucht nehmen: werk e. V. Sie redigiert
priesen werden alle Gerechten und Got- die Zeitschrift Bibel und
tesfürchtigen (Ps 1; Spr 28,14; Sir 34,17), Selig alle, die bei ihm sich bergen! Kirche und gibt regelmäßig
alle, die die Weisheit erfassen (Spr 3,13; (Ps 2,12, EÜ 2016) Materialien für die Reihe
Lectio Divina heraus.
8,34). In der Einheitsübersetzung von 1980
Im Jahr 1881 klärte der Direktor des ägyptischen Antikendienstes, Gaston Maspero,
die Herkunft etlicher Fundstücke auf, die auf dem Schwarzmarkt in Umlauf
waren. Eine Gruppe von Plünderern hatte sie aus Pharaonengräbern in der Nähe
von Luxor geraubt. Dabei gab es eine Überraschung: In dieser Grabanlage befand
sich auch die Mumie von Ramses II., dem mutmaßlichen Pharao des Exodus. Aller-
dings widerlegt der Fund nun endgültig die „Exodus-Pharao-Legende“.
Von Estelle Villeneuve
ÄGYPTEN
Deir el-Bahari
ellari, 2013
Öffnung der Mumie von Ramses II. und wickelt unglückliche Verfolger der Hebräer wäre dann
den pergamentartigen, in einer Ansammlung sein Sohn und Nachfolger Merenptah. Leider
von pechigen Leinentüchern, Totenhemden und richtet zehn Jahre später die Entdeckung einer
Leinenbinden eingehüllten Körper eines Greises Stele auch diese Theorie endgültig zugrunde:
aus, gezeichnet von Alter und Degeneration. Der Auf der Stele wird Merenptah der Sieg über eine
© DeAgostini/Leemage
biblische Pharao hätte jünger sein müssen. Da- Einheit in Kanaan, die Israel heißt, zugeschrie-
mit war die Hypothese vom beim Zug durch das ben (s. WUB Nr. 71, 1/2014). Der Pharao des Exo-
Meer ertrunkenen Pharao (Ex 14,28) erledigt. Für dus ist also eine Symbolfigur Ägyptens und kein
Ramses II. bliebe also nur die Rolle des Unter- Wesen aus Fleisch und Blut, das durch eine Mu-
drückers der Hebräer in Ägypten in Ex 1,11. Der mifizierung verewigt wurde. W
Judith II
Gustav Klimt Von Ines Baumgarth-Dohmen
1 Judith oder Salome? Ihre Dramen trafen den Nerv der Zeit und
inspirierten Maler und Bildhauer. Klimt
Beide Judith-Bilder Klimts sind auch unter stellt Judith mit dem Haupt des Holofer-
1 dem Titel „Salome“ bekannt. Schon 1901, nes dar, jedoch ohne ihr traditionelles
als „Judith I“ erstmals der Öffentlichkeit Attribut, das Schwert, und beschwört
präsentiert wurde, kam die Diskussion damit Verwechslungen mit Salome ge-
auf, ob nicht eher Salome gemeint sei, ob- radezu herauf. Durch diesen Kunstgriff
wohl Klimt auf dem Rahmen die Inschrift konnte seine Judith Assoziationen zu Sa-
„Judith und Holofernes“ angebracht hat-
te. Und auch der Titel des Gemäldes „Ju-
dith II“ wird bis heute meistens mit dem
Zusatz „Salome“ versehen.
Zwei Theaterstücke sind für das Verständ-
3 nis der beiden Frauengestalten zur Zeit
Klimts wichtig: Friedrich Hebbels „Judith“
2 und Oscar Wildes „Salome“. Hebbel hatte
die Tragödie „Judith“ schon 1840 geschrie-
ben, doch wurde sie erst zu einem popu-
lären Bühnenstück, nachdem sie 1896 in
Originalfassung aufgeführt werden konn-
te. Hebbel geht frei mit der biblischen
Vorlage um, indem er eine in der Ehe mit
Manasse jungfräulich gebliebene Judith
erfindet. Diese plant, Holofernes zu töten,
gerät jedoch in einen Widerstreit der Ge-
fühle, da er ihre Begierde entfacht. Erst
nachdem er sie mit Gewalt genommen
hat, enthauptet sie ihn, ihre Erniedrigung
rächend, und triumphiert: „Ha, Holofer-
nes, achtest du mich jetzt?“ Wie Hebbel
nahm sich auch Oscar Wilde die Freiheit,
eine biblische Frauenfigur gänzlich um-
zuwerten. Die Protagonistin seines Einak- lome wecken, da deren Gestalt damals in
ters (1893) ist eine frivole Salome, die den Literatur, Kunst und Musik (Oper von R.
Propheten Jochanan zu verführen ver- Strauss, 1905) nahezu allgegenwärtig war.
sucht. Als er sie zurückweist, verlangt sie Es kommt zu einer Überlagerung beider
seinen Kopf „zu eigener Lust“ und nimmt Gestalten, die eine Figur entstehen lässt,
sich, die Lippen des Toten küssend, was die gerade in ihrer Ambivalenz eindrucks-
ihr der Lebende verweigerte. Hebbel und voll die grausame Femme fatale verkör-
Wilde verbinden beide auf je eigene Weise pert, die die Menschen der Zeit faszinierte
weibliches Begehren und Mord, beide er- und zu deren künstlerischer Inszenierung
zählen von einem Kampf der Geschlech- immer wieder auf Frauenfiguren der Bibel
ter, in dem die Frau den Sieg davonträgt. zurückgegriffen wurde.
Die Quelle
„Und sie schlug zweimal mit ihrer ganzen Kraft gewöhnlich auf den Weg, als wollten sie zum Beten ge-
auf seinen Nacken und hieb ihm den Kopf ab. […] hen. Sie gingen jedoch, nachdem sie das Lager durch-
Kurz danach ging sie hinaus und übergab den Kopf quert hatten, um die Schlucht herum, stiegen den Berg
des Holofernes ihrer Dienerin, die ihn in ihren Verpfle- nach Betulia hinauf und gelangten vor das Stadttor.“
gungssack steckte. Sie machten sich dann beide wie (Judit 13,8-10)
Erst bei genauerem Hin- Der größte Teil des Bildes besteht aus far-
sehen entdeckt man den bigen Ornamenten. Ein hellroter Grund
Beutel mit dem Haupt mit goldenen Spiralen und Rechtecken
des Holofernes. Zu sehen kontrastiert mit einer schwarz gemuster-
sind nur die hohe Stirn ten Fläche, in der große schwarze Drei-
und die geschlossenen ecke neben Voluten in Rot und Schwarz
Augen, während es der stehen, blütenartige Kreise neben blatt
Fantasie überlassen ähnlichen grünen Ovalen. Erst durch
bleibt, sich den Hals mit Kopf, Brust und Hände, die in ihrer Kör-
der tödlichen Verletzung perhaftigkeit fast wie Fremdkörper in die
vorzustellen. Klimt er- Ornamentfläche gefügt sind, wandelt die-
zeugt Grauen auf subtile se sich zum Kleid Judiths.
Art. Der schmale Kopf Die Gestaltung von Gewändern als orna-
will nicht recht zu einem mentierte Flächen übernahm Klimt von
gewalttätigen Feldherrn der japanischen Malerei. Auf der Suche
passen und erinnert eher nach einer Formensprache, in der den
an Bilder vom Haupt Jo- Ornamenten eine wesentliche Rolle zu-
hannes des Täufers, des kommt, ließ er sich zudem von den by-
Opfers Salomes. Judith zantinischen Mosaiken, die er 1903 in
fasst den Beutel mit der Ravenna gesehen hatte, sowie der Kunst
linken Hand und greift des Alten Orients, ja sogar von modernen
dabei in die langen rot- Mikroskop-Bildern menschlicher Zellen
braunen Haarsträhnen inspirieren. Mit der Freude am Ornament
des Toten. Ihre Hände sind grazil, doch wirken die gekrümm- in der Kunst des Fin de Siècle korrespon-
ten Finger wie Krallen und verleihen ihr, wie auch die geduckte dierte ein wissenschaftliches Interesse an
Haltung und der wachsame Blick, etwas Raubtierhaftes. seiner Entwicklung und Bedeutung, wie
Mit der Betonung der Haare des Holofernes folgt Klimt einer die 1893 veröffentlichte „Geschichte der
langen ikonografischen Tradition. Zahlreiche Bilder zeigen, Ornamentik“ von Alois Riegl zeigt. Ausge-
wie Judith Holofernes am Schopf packt, um ihn zu enthaupten, hend von der Erkenntnis, dass Ornamente
den abgeschlagenen Kopf an den Haaren hochhält oder ihre mehr als Zierrat sein können, setzte Klimt
Hand auf seinem Haar ruhen lässt. Dabei konnte dem bibel- sie ein, um Stimmungen auszudrücken
kundigen Betrachter leicht eine andere Erzählung in den Sinn und Bedeutungen zu suggerieren. So ver-
kommen, in der eine Frau einen starken Mann vernichtet, und stärken die dynamischen schwarzen Drei-
zwar die von Simson und Delila (Ri 16,4-31). Delila, die Simson ecke und die weißgrauen, an Messerklin-
Liebe vortäuscht, ihm das Geheimnis seiner Stärke entlockt gen erinnernden Formen auf Judiths Kleid
und dann dem Schlafenden das Haupthaar schert, um ihn sei- das Bedrohliche, das von ihr ausgeht. Zu
ner Kraft zu berauben, galt als Inbegriff weiblicher Heimtücke. den Ornamentformen Klimts gehören
Es könnte in der Absicht Klimts gelegen haben, mit den langen auch solche, deren sexuelle Konnotatio-
Haaren des Holofernes das Schicksal Simsons zu evozieren und nen subtil-assoziativ bleiben. Schon 1903
© public domain CC3, flickr.com/photos/freeparking/1000807342
dadurch hinter der Gestalt Judiths diejenige Delilas aufschei- sprach Ludwig Hevesi vom „System einer
nen zu lassen. Und so fließen nicht nur Züge Salomes, sondern dekorativ-ornamentalen Sinnlichkeit“, das Klimt entwi-
auch Delilas in Klimts Judith ein, um sie als Frau zu charakteri- ckelt habe. „Das verruchte Ornament, wo nicht das per-
sieren, die frei von moralischen Bedenken ihre erotische Anzie- verse.“
hungskraft einsetzt, um einen Mann zu besiegen. Eine solche
Judith entsprach einem zeitgenössischen Frauenbild, wie es
u. a. der Wiener Philosoph Otto Weininger vertrat, der in sei- Ines Baumgarth-
nem einflussreichen Buch „Geschlecht und Charakter“ (1903) Dohmen M. A.
von der „organischen Verlogenheit des Weibes“ sprach. ist Kunsthistorikerin
und freiberuflich
tätig.
„Mit so vehementer Gier hat noch keine Judith
den Traum von Rache und Blut geträumt“
Berta Zuckerkandl, Journalistin und Salonnière, 1909
paderborn Mistelbach
bis 13. Januar 2019 bis 25. November 2018
GOTIK – Der Paderborner Dom und die Faszination Pyramiden
Baukultur des 13. Jahrhunderts in Europa
Entstanden vor tausenden von Jahren, faszinieren die Pyramiden
Das Diözesanmuseum Paderborn hat eine neue Ägyptens noch heute. Sie veranschaulichen auf beeindruckende Weise
Ausstellung konzipiert: Sie beschäftigt sich um- die baulichen Kenntnisse der antiken Hochkultur. Für viele Dynastien
fassend mit dem länderübergreifenden Phänomen dienten die Pyramiden als Grabstätte und waren jahrzehntelang Teil
und den revolutionären Veränderungen der Gotik, des Alltags der Alten Ägypter, die sie errichteten. Doch bis heute werfen
die – von Frankreich ausgehend – Europa erfas- die Pyramiden Ägyptens viele Fragen auf: Welche Bedeutung hatten
sen. Ein Einblick in die Abläufe des Baubetriebs sie? Wie wurden sie gebaut? Und was verbindet Pyramiden und Obelis-
zur Zeit der Gotik zeigt die technischen Innovatio- ken? Die Ausstellung öffnet den Blick in die Welt des Alten Ägypten. Die
nen dieser Epoche: Neue Werkzeuge, neue Arbeits- damit verbundenen Kulte, Rituale und Jenseitsvorstellungen werden
materialien und -methoden, die so auch beim Bau anhand von Originalfunden greifbar.
des Paderborner Doms zum Einsatz gekommen
sein müssen; kurz vorher war die detailgetreue MAMUZ Museum Mistelbach, Waldstraße 44-46
Bauzeichnung erfunden worden. Die gotische 2130 Mistelbach an der Zaya, Tel. +43 (0) 2572/20719
Sakralarchitektur ist als „gebautes Gebet“ zu Di–So 10-17 Uhr (an Feiertagen auch Mo)
begreifen. Neu ist auch die berührende Darstellung Eintritt 10/8 EUR
der Emotionalität in den Skulpturen der Gotik – mamuz.at/de/ausstellungen
Zeichen einer sich neu etablierenden Frömmigkeit.
Leihgaben u. a. aus namhaften Museen, darunter
der Louvre und das Musée Cluny, werden in der
Ausstellung zu sehen sein.
© Benaki Museum Athen ; Mamuz Museum
Erzbischöfliches Diözesanmuseum
und Domschatzkammer, Markt 17
33098 Paderborn
Tel. +49 (0) 5251/125-1400
Di–So 10–18 Uhr Sa/So 9–18 Uhr
Eintritt 4/2 EUR
dioezesanmuseum-paderborn.de/gotik
mannheim Konstanz
bis 31. März 2019 26. November 2018 bis 24. Februar 2019
Mumien – Geheimnisse Römisch way of life
des Lebens
Die bunte Playmobilschau stürzt sich diesmal in den Alltag
Reiss-Engelhorn-Museen, D5, der zivilen Römer und Römerinnen in der Provinz, zu den
68159 Mannheim, echten und den unechten Bürgern, Landarbeitern, Sklaven,
Tel.: +49 (0) 621/293 31 50, Gutsherren, Priestern, Kindern und was da sonst so kreucht
Di–So 11–18 Uhr, und fleucht. Detaillierte, nach wissenschaftlichen Erkennt-
Eintritt 13,50/7,50 EUR nissen gestaltete Modelle wie eine Raststätte, Kneipen, Tem-
rem-mannheim.de pel, Wohn- und Badehäuser, Schiffe und Wagen erschaffen
Playmobil und Archäo-
eine überaus bunte und amüsante Miniaturwelt.
logie, Blick in die Ausstel-
Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg lung „Römisch way of life“.
Berlin Benediktinerplatz 5, 78467 Konstanz
bis 31. Januar 2019 Tel.: +49 (0)7531 9804-0
© W.A. Meijer © Galerie Henze und Wetterer, Bern
IMPRESSUM
Heft 4/2018
Die nächste Ausgabe im JANUAR 2019:
„Welt und Umwelt der Bibel“ ist die deutsche
W Die biblischen Zeugnisse von Tod und Auferstehung Anzeigenverwaltung: Ralf Heermeyer,
heermeyer@bibelwerk.de
W Pilgern zum „Nabel der Welt“
Erscheinungsort: Stuttgart
W Nachbauten der Grabeskirche in Europa
© S. 2-5 (teilw.), Bayard Presse Int.,
W Jüdische Grabverehrung „Le Monde de la Bible“ 2017/2018, all rights reserved;
© sonst edition „Welt und Umwelt der Bibel“
Übersetzungen:
Ralf Heermeyer
und so geht es weiter:
• Exodus – Transit in ein neues Leben Gestaltung: Olschewski Medien GmbH,
Stuttgart, Dipl.-Des. (FH) Barbara Janasik
• Traum – Gottes Rede in der Nacht Druck: C. Maurer GmbH & Co. KG, Geislingen/
• Maria: jüdisch – christlich – muslimisch Steige
PREISE: „Welt und Umwelt der Bibel“
erscheint vierteljährlich.
bestimmen sie mit, was sie lesen! • Einzelheft: E 11,30 zzgl. Versandkosten für Nicht-
Abonnenten / für Abonnenten E 9,50 inkl. Versandk.
• Jahresabonnement: E 40,- inkl. Versandkosten
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Einzelheft E 11,80 (für Abonnenten E 9,50)
Ihre Redaktion Helga Kaiser, Wolfgang Baur und Barbara Leicht Jahresabonnement E 40,-; Studierende E 32,-
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o Christus in der Kunst (1): o Die Kreuzzüge, 3/03
Von den Anfängen bis ins 15. Jh., 4/99 o Der Nil, 1/04
o Der Koran und die Bibel, 1/00 o Flavius Josephus, 2/04
o Faszination Jerusalem, 2/00 o Der Jakobsweg, 3/04
o Christus in der Kunst (2): Von der o Prophetie und Visionen, 4/04
Renaissance bis in die Gegenwart, 4/00 o Von Jesus zu Muhammad, 1/05
o Auf dem Weg zur Kathedrale, Sonderheft 2000 o Religionen im antiken Syrien, 2/05
o Petra. Stadt der Nabatäer, 1/01 o Babylon, 3/05
o Paulus, 2/01 o Juden und Christen, 4/05
o Petrus, Paulus und die Päpste, Sonderheft 2006 o Türkei. Land der frühen Christen, 3/10
o Athen. Von Sokrates zu Paulus, 1/06 o Kindgötter und Gotteskind, 4/10
o Ostern und Pessach, 2/06 o Die Apostel Jesu, 1/11
o Mose, 3/06 o Der Weg in die Wüste, 2/11
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o Heiliger Krieg in der Bibel? Die Makkabäer, 1/07 o Bedeutende Orte der Bibel, 4/11
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beiderseits des Jordan“
Auf dieser Reise wird deutlich, dass der Jordan nicht
nur eine Grenz-, sondern auch eine Brückenfunktion
hatte und auch heute noch hat. Auf der Suche nach
Land und Heimat durchstreiften die Patriarchen die-
sen Raum. Zu beiden Seiten des Jordan und an die-
sem selbst wirkte der Prophet Elija. In dieser Um-
gebung trat auch Johannes der Täufer auf. Zeugnisse
des frühen Christentums finden sich auf beiden
Seiten. Das „Heilige Land“ erscheint unter diesen
Aspekten in einer neuen und erweiterten Perspektive.
Ihre Ansprechpartnerin:
Svantje Bockstette
Tel. 0711/61925-42
E-Mail: svantje.bockstette@biblische-reisen.de
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