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Geschichte 1/2020
WUB
Nr. 95, 25. Jg., 1. Quartal 2020 / ROM / EUR 11,30 / Österreich, Luxemburg: EUR 11,80 / SFR 19,- / E 14597 / ISSN 1431-2379 / ISBN 978-3-948219-42-0
ROM
Stadt der frühen Christen
EURO 11,30
16 38 55
Ein Kaiser als Gott Christliche und heidnische Motive Spuren von Petrus und Paulus
in den Katakomben
Carsten Claußen 30
Sabbat im Angesicht des Jupiter
Juden im antiken Rom
Titelbild:
Römisch-christlicher Sarkophag des Marcus Claudianus (330 –335 nC).
Dargestellt sind das Wunder in Kana (links) und die Brotvermehrung (rechts). Im Zen-
trum eine betende Gestalt oder vielleicht Maria in Kana. Jesus trägt in beiden Szenen
Locken.
Viel Geduld
war nötig, um in
diesem staubigen
Boden Mosaik-
steinchen zu fin-
den – und ein zu-
sammenhängendes
Stück dann ganz
vorsichtig freizule-
gen (unten).
Am rechten Bild-
rand sind Steine
der Synagogen-
mauer zu sehen.
Die Synagoge maß
23 x 13 m.
Ergebnis
einer
hartnäckigen
Suche
Madjaliyya In Khirbet Madjaliyya auf saik als sehr kunstvoll vorstellen. Und gürlichen Motiven. Wann und wie genau
dem Golan, nördlich der Ausgrabungs- genau darin liegt der Informationswert der Übergang stattfand, ist noch unklar.
stätte Hippos/Sussita, konnten For- für die Forschung, da die Mosaikgestal- Laut Osband zeigen das Mosaik und
schende der Universität Haifa Spuren tung Aufschluss über die Entwicklung das Gebäude von Madjaliyya einen Über-
eines Mosaikbodens in einer antiken Sy- der Synagogen im Heiligen Land nach gang: Eine schlichte Gebäudearchitek-
nagoge sicherstellen. Synagoge und Bo- der Zerstörung des Jerusalemer Tem- tur ist hier bereits mit einem schmuck-
den sollen aus dem 3. Jh. nC stammen. pels 70 nC gibt. Man weiß, dass Synago- vollen Mosaik kombiniert. Zusammen
Für Laien mögen die spärlichen zusam- gen im 1./2. Jh. eher als Räume genutzt mit weiteren Synagogenfunden der letz-
menhängenden Mosaikreste sehr un- wurden, in denen man die Tora lernen ten Jahre kann das Wissen über die frü-
spektakulär aussehen – der Forschung konnte. Die Gebäude und ihre Ausstat- hen Synagogen vervollständigt werden.
können sie jedoch weiterhelfen, wie Dr. tung mit Sitzbänken waren einfach ge- Eigentlich, so Osband, wollte das
Mechael Osband von der Universität halten. In byzantinischer Zeit dagegen, Team den Boden nicht weiter ausgra-
© Mechael Osband
Haifa in einer Pressemeldung erläutert. etwa ab dem 5. Jh., dienen Synagogen ben, da man annahm, das Mosaik sei
Auf dem Mosaikfragment erkennt dem gemeinschaftlichen Gebet und sind komplett zerstört. Nur ein Student habe
man Beine von Vögeln und anderen Tie- nun deutlich aufwändiger geschmückt, geduldig weitergesucht – und sei fündig
ren, d. h., man muss sich das ganze Mo- auch mit prächtigen Mosaikböden mit fi- geworden. W (University of Haifa/wub)
Hartes Gladiatorenleben
Neapel Bei Erhaltungsarbeiten in Pompeji ist ein bislang un-
bekanntes Fresko freigelegt worden. Laut Parco Archeologico di
© Parco Archeologico di Pompei; Machaerus Research Project
Abu Gosch In Kirjat Jearim, 11 km In einem Beitrag in der Publikations- „Dialog, Verständnis und eine
westlich von Jerusalem nahe dem Dorf reihe New Studies in the Archaeology
Abu Gosch, haben 2019 erneut Ausgra- of Jerusalem and its Region erläutern
breite Kultur der Toleranz,
bungen stattgefunden. Finkelstein und Römer, dass die Mauer der Akzeptanz anderer und
Kurz zur Erinnerung: 2017 hatten die an der Hügelkuppe im 2. Jh. vC zu ei-
Ausgrabungen hier unter der Leitung nem seleukidischen Fort gehört haben des friedlichen Zusammenle-
von Israel Finkelstein (Universität Tel könnte. Strategisch war und ist der Ort
Aviv) und Thomas Römer (Universität ideal gelegen, denn von hier kann man
bens würden wesentlich dazu
Lausanne und Collège de France) be- den engen Hauptzugang von der Küs- beitragen, viele wirtschaftli-
gonnen, am Ort, an dem laut 1 Sam 7 te nach Jerusalem kontrollieren. Das
die Bundeslade 20 Jahre stand, bevor Fort würde dann in die Zeit des Has- che, soziale, politische und
David sie nach Jerusalem holte. 2017 monäeraufstandes gehören, in dessen
konnte eine Erdplattform auf der Hü- Verlauf Judas Makkabäus im Jahr 164
Umweltprobleme zu lösen, an
gelspitze nachgewiesen werden (für vC Jerusalem von den Griechen zu- denen große Teile der Mensch-
einen evtl. mit dem Bundesladege- rückerobert hatte – der Grund für das
denken verbundenen Kultort, eine mi- jüdische Chanukka-Fest. Hypothetisch heit so schwer tragen.“
litärische Anlage, einen Palast?), die erwähnen die Archäologen im Zusam-
rundherum durch Mauern abgestützt menhang mit dem Fort den Namen des Auszug aus dem Document on Human
war. Diese Stützmauern wurden 2019 Seleukidengenerals Bakchides (vgl. Fraternity for World Peace and Living
weiter ausgegraben und bestätigend 1 Makk 9,50ff), der einen Festungsring Together, unterzeichnet am 4. Februar
auf die 1. Hälfte des 8. Jh. vC datiert. um Jerusalem errichten ließ. 2019 in Abu Dhabi von Papst Franzis-
Finkelstein und Römer ordnen das Römische Fliesen, Münzen und San- kus und dem Großimam der Al-Azhar-
Bauwerk dem in dieser Epoche über dalennägel wiesen dann auf die römi- Universität Kairo Ahmed Al Tayyeb.
Juda dominierenden Nordreich Israel sche Phase und Legionäre am Ort hin. Im Dezember 2019 haben beide dem
zu, auch wenn der Ort schon sehr nah Das führt Finkelstein und Römer zur UN-Generalsekretär auf Grundlage
am judäischen Jerusalem lag. Überlegung, dass hier beim römischen dieses Dokuments vorgeschlagen, den
Interessanter im Ausgrabungsjahr Fort und der benachbarten Siedlung 4. Februar jährlich als „Welttag der
2019 – die Arbeiten finden im Zwei- Abu Gosch vielleicht doch jenes Em- der menschlichen Geschwisterlichkeit“
jahresrhythmus statt – scheint aber maus gelegen habe, von dem in der zu begehen. Guterres habe positiv
eine hellenistische Mauer zu sein. Sie Bibel erzählt wird und um das schon reagiert, so Vatican News.
wurde Mitte des 2. Jh. vC erbaut und lange gerätselt wird ... W
von den Römern im 1. Jh. nC erneuert. (wub)
Areal B
© The Shmunis Family Foundation Excavations at Kiriath-Jearim
Areal A
Areal C
Ein näherer Blick auf das Areal A, in dem gelb
markiert der Verlauf der hellenistischen Mauer aus
dem 2. Jh. vC zu sehen ist. Sie könnte zu einem
seleukidischen Stützpunkt gehört haben. Im unteren
Die Lage der drei Ausgrabungsareale an den Bereich der Ausgrabungsfelder verläuft parallel dazu
Abhängen des Hügels. die eisenzeitliche Stützmauer des Plateaus.
5
200215220958WT-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 1/2020
200215220958WT-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
Rom
Das Rom der ersten Jahrhunderte
nach Christus brillierte als Metropole
aus vielen Kulturen und Religionen.
Juden gab es hier schon seit dem
2. Jh. vC und bald gehörten die
Christen auch dazu. Sie wurden
kers Marcus Agrippa. Volumnius hatte ta Capena (2), in der Ärmere siedelten, nehmlich auch außerhalb der Viertel, in
als Augustusʼ persönlicher Gesandter und den Nordosten der Stadt, in dem denen es brannte. Die Christ*innen in
8 vC in Syrien residiert und sich mit eine jüdische Gruppe im 1. Jh. nC eine Trastevere beobachteten vom sicheren
Herodes dem Großen (37–4 vC) ange- Synagoge nahe der Porta Viminalis (3) anderen Ufer das Spektakel. Sie boten
freundet. Er verschiffte wahrscheinlich gründete – in der Nachbarschaft eines sich als ideale Prügelknaben an und
jüdische Domestiken (Gesinde) aus dem Obstladens. Unklar bleibt, ob diese Syna wurden mit der traditionellen Strafe für
Osten nach Rom und wurde so Patron je- goge mit einer der drei oben genannten Brandstiftung belegt, am lebendigen
ner Freigelassenen und Sklav*innen, die identisch ist. Dieselbe Gruppe wird auch Leib zu verbrennen.
(oder deren Nachkommen) im 1. Jh. nC die erste jüdische Katakombe (Villa Tor- Nero, selbst des Brandlegens verdäch-
die römische Synagoge der Volumnen- lonia) an der Via Nomentana nordöstlich tigt, klagte die Christgläubigen an und
ses gründeten. Die Jüdinnen und Juden, Roms angelegt haben – bereits im 1. oder ließ viele von ihnen in den Vatikani-
Die antike Via Appia galt in der Antike als die „Königin der
Straßen“. Sie war eine wichtige Handelsverbindung und ein Tor
zum Orient. Man gelangte auf ihr in zwölf Tagen von Rom nach
Brindisi. Gebaut wurde sie zwischen 312 vC und 114 nC.
schen Gärten an Kreuzen verbrennen. Judäa, Valerius Gratus. Auch wenn diese durch die Gesindestuben großer Haus-
Wahrscheinlich zählte Petrus zu Neros selbst sich nicht als Patrone jüdischer halte führte. Noch deutlicheres Licht
Opfern (1 Clem 5,4; Versuche, 1 Clem ins Domestiken erweisen lassen, so gilt dies auf die Anfänge des Christentums in
2. Jh. zu datieren, überzeugten bisher doch für einige ihrer Verwandten. Die der Stadt werfen Autoren wie Sueton.
nicht). Spätestens in der Mitte des 2. Jh., römische Inschrift CIL VI 27948 nennt Jüdisch-christliche Immigrant*innen
maximal drei Generationen nach Petrusʼ eine freigelassene Jüdin oder Judenchris- aus dem Osten sickerten in den 40er-
Tod, hielten Christ*innen ein schlichtes tin Valeria Maria des 1. Jh. nC, und nach Jahren in eine oder mehrere römische
Grab in der Vatikanischen Nekropole für dem ersten Clemensbrief (1 Clem 63,3; Synagogen ein, wahrscheinlich gegen
jenes des Apostels. Um 160 nC schmück- 65,1) tat ein gewisser Valerius Biton, ein Ende der 40er-Jahre, als der Heiden-
ten sie es mit einer bescheidenen Ädi- valerianischer Freigelassener oder Frei- apostel Paulus noch in Antiochien leb-
kula, bevor es später zum Mittelpunkt gelassenen-Nachkomme, sich als Christ te und seine Gemeinden in Galatien,
üppigerer Architektur wurde. Heute in Rom hervor. In den 30er- oder 40er- Makedonien und Griechenland noch
wölbt sich die Kuppel des Petersdoms Jahren geboren, lebte er noch in den nicht gegründet hatte. Sie versetzten mit
über diesem Grab. 90er-Jahren des 1. Jh. nC. Kam er mit dem ihrer Christusverkündigung und damit
Nach 1 Clem 5 erlitt auch Paulus ein Christentum durch valerianische juden- einhergehendem liberaleren Umgang
römisches Martyrium. Spätestens am christliche Freigelassene wie Valeria Ma- mit der Tora die Synagogen Roms in
Ende des 2. Jh. zeigten die römischen ria in Kontakt? War sie eine Verwandte? Aufruhr, sodass die römischen Behör-
Christ*innen ein Grab an der Straße Zusammengenommen, lebten mindes- den aufmerksam wurden. Die claudi-
nach Ostia als Grab des Paulus (Euseb, tens zwei, wenn nicht drei, römische Aris- sche Administration verwies 49 nC die
KG 2,25). Die Apostelgeschichte jedoch tokraten zeitweilig im syrischen Osten, Schlüsselfiguren der innerjüdischen
verschweigt seinen Tod, um mit Paulus’ unterhielten freundschaftliche (Agrippa, Streitereien aus der Stadt, unter ihnen
ungehinderter Predigt in Rom mit einer Volumnius) – wenn nicht gar verwandt- Priska und Aquila (Apg 18,2), die zu den
positiven Note zu enden. schaftliche – Bande mit Herodes dem ersten christgläubigen Aktivist*innen
Großen und transferierten innerhalb ih- der Stadt zählten.
Nach dem Einschnitt des Jahres 49 nC
scheinen sich die Christgläubigen unter
Insgesamt belegen die Inschriften etwa 14 römische der jüdischen Bevölkerung außerhalb
der angestammten Synagogen getrof-
Synagogen in der Kaiserzeit fen zu haben. Spätestens in der zweiten
Hälfte der 50er-Jahre versammelten sie
sich in eigenen Hausgemeinden. Kaiser
Berühmte Haushalte und rer Haushalte jüdische Freigelassene und Claudius war 54 nC verstorben und jü-
Synagogen Sklav*innen in die Stadt, die dann dort dische aus der Stadt Ausgewiesene, wie
Für das 1. Jh. nC sind wenigstens noch ihre eigenen Synagogen gründeten und Priska und Aquila, hatten den Weg zu-
zwei weitere Synagogen bekannt: die der sich nicht scheuten, diese nach ihren rück in die Stadt gefunden (Röm 16). Die
Vernaculi und die der Hebräer. Darüber paganen Patronen zu benennen (Agrip- stadtrömischen Christ*innen stammten
hinaus ist die der (He)rodioi inschrift- pesioi, Volumnenses). Insgesamt belegen in der zweiten Hälfte der 50er-Jahre je-
lich bezeugt. Auch wenn für das 1. Jh. die Inschriften etwa 14 römische Synago- doch in der Mehrzahl nicht mehr von jü-
nC der Beleg fehlt, mag diese Synagoge gen in der Kaiserzeit. Diese Gemeinden dischen Eltern ab, wenngleich viele vor
auf jüdische Sklav*innen und Freigelas- existierten selbstständig und mit nur der Taufe als heidnische „Gottesfürch-
sene eines stadtrömischen Ablegers der losen Banden untereinander. In dieser tige“ am Rand der Synagogen mit dem
königlich-herodianischen Haushalte des Fraktionierung unterschied sich die Ju- jüdischen Monotheismus geliebäugelt
1. Jh. zurückgehen. Herodes Antipas und denschaft in Rom von der politischen haben mögen. Im Jahr 64 nC vermochte
Herodes Agrippa I. beispielsweise, Sohn Körperschaft, die die jüdischen Gemein- selbst Nero die Christgläubigen von den
und Enkel Herodes des Großen, verlebten den in Alexandria zusammenschloss. jüdischen Bürger*innen der Stadt zu un-
ihre Jugend in Rom. Im Römerbrief des Das stadtrömische Christentum organi- terscheiden.
Paulus (Röm 16, s. u.) ist möglicherweise sierte sich lange Zeit ähnlich fraktioniert Trotz der Trennung von den Synago-
eine christliche Verbindung zum hero wie das stadtrömische Judentum. gen pflegten die stadtrömischen Christ-
dianischen Haushalt zu finden. gläubigen in ihrem Denken und Lehren
Als vierter Haushalt mit jüdischen lange Zeit viele jüdische Traditionen
Freigelassenen verdient ein valeria- Konflikte zwischen jüdischen und weiter, wie z. B. der erste Clemensbrief
nischer erwähnt zu werden. Mehrere christlichen Zuwanderern und das Hermasbuch zeigen. Jüdische
aristokratische Valerii des 1. Jh. vC und Insgesamt gilt, dass ein wichtiger Weg und christliche Menschen pflegten noch
1. Jh. nC hatten im syrischen Osten resi- des Juden(christen)tums aus dem sy- gegen Ende des 2. Jh. soziale Kontakte,
diert; nicht zuletzt Pilatus’ Vorgänger in risch-palästinischen Osten nach Rom als der Sklave Callist eine Bank managte,
die christliche und jüdische Kundschaft Reich in Rom. Wohlhabendere wohn- chende stiegen, umso enger und dunk-
gleichermaßen bediente. Auch befolg- ten in Häusern mit Fußbodenheizung, ler nahmen sich die Wohneinheiten aus.
te noch im 2. Jh. eine jüdisch-christli- fließend Wasser und Abwasserleitun- Krach, Gestank und Gedränge belästig-
che Gruppe in Rom die Tora. Kulturell gen oder in luxuriösen Appartments. ten auch nachts.
tauschten sich stadtrömische Mitglie- Die Mehrheit aber lebte auf engem Da die unteren Gesellschaftsschich-
der jüdischer und christlicher Gruppen Raum in Mietskasernen (insulae), die ten in überwältigender Überzahl das
in Kunst, Katakombenarchitektur und die Besitzer*innen aus Ziegeln und Stadtbild prägten, verwundert es nicht,
Theologie bis ins 2. und 3. Jh. hinein aus. Holz zu ihrem Profit auf fünf oder sechs wenn das auch für die Christenge-
Stockwerke hochzogen und die beim meinden galt. Dennoch zogen in das
© commons.wikimedia.org
eine Insel verbannt. Je weiter die Zeit zu spenden. Der allmähliche Anstieg Christliche Hausgemeinden
voranschritt, umso zahlreicher fanden des durchschnittlichen Sozialstatus Wie jüdische Freigelassene und Unfreie
sich sozial Angesehenere in den Haus- in den römischen Christengemeinden paganer Haushalte ihre je eigenen Syna-
gemeinden ein. Im 1. Jh. jedoch war ihre entsprach der gesamtgesellschaftlichen gogen gründeten, so bildeten christliche
Zahl noch klein. Einige Christgläubige Entwicklung. Freigelassene und Sklav*innen nicht
verkauften sich im 1. Jh. sogar zeitweilig Die Nahrung der meisten frühen christlicher Besitzer*innen eigene Haus-
in die Sklaverei, um Geldmittel für die Christgläubigen Roms war einfach. Das gemeinden in den Haushalten, in denen
Armen in der Gemeinde zu erwirtschaf- ließ sich anhand von Isotopenanalysen sie lebten und arbeiteten. Die heidni-
ten (1 Clem 55,2). Erst in den 90er-Jahren christlicher Skelette ermitteln, die im schen Besitzer*innen tolerierten die
hören wir von „reichen“ Christ*innen, 4. Jh. in schlichten Gräbern beigesetzt andersartigen religiösen Vorlieben ihrer
ohne jedoch zu erfahren, was genau worden waren. Diese Christ*innen aßen Domestiken. Um 56 nC grüßt Paulus in
damit gemeint ist. Im 2. Jh. waren wohl- billige Süßwasserfische aus dem ver- Römer 16 verschiedene römische Chris-
habende Christ*innen in der Lage, res- schmutzten Tiber, um ihren Proteinbe- tenkreise, u. a. die Christ*innen „aus
pektable Summen für soziale Aufgaben darf zu decken. dem Gesinde des Narcissus“ und „die
Der Streit um die auch Nichtchrist*innen gehört hätten. Belege wie Kol 4,15
Hausgemeinden (vgl. Philemon 2; Röm 16,5; 1 Kor 16,19) bedeuteten nicht
christliche „Gemeinde in ihrem Haus“, sondern lediglich „ihre
Hausgemeinschaft“. Dagegen steht, dass Paulus eine „Haus-
gemeinschaft“ im unmittelbaren Kontext von 1 Kor 16,19
mit oikía („Haus, Haushalt“) bezeichnet (16,15) und nicht
mit ekklesía, während vier Verse weiter (16,19a) mit ekklesíai
deutlich christliche Gemeinden bezeichnet sind, sodass im
selben Vers (16,19b) mit „häusliche ekklesía“ eindeutig die
christliche Gemeinde im Zuhause von Priska und Aquila
gemeint ist.
Heid verzerrt das Modell dezentraler Gottesdienste in meh-
reren Hausgemeinden einer Stadt, indem er sie zu angebli-
chen Geheimversammlungen macht, was schnell widerlegt ist
(z. B. 1 Kor 14,23f). Auch differenziert Heid nicht zwischen
Hausgemeinden des 1./2. Jh. und Hauskirchen (domus
ecclesiae) des 3. Jh. In Hausgemeinden feierten Christgläu-
Fresko einer Mahlgemeinschaft, Calixtus-
bige in Privatimmobilien Gottesdienst, ohne dass kultische
Katakombe, Rom, 4. Jh.
Requisiten fest installiert oder Räume zum Gottesdienst
abgesondert waren. Alltags wurden die Räume, in denen sich
eine dauerhafte Hausgemeinschaft, einen Haushalt, zu dem zurückgehend von Anfang an bestanden habe.
aus dem Gesinde des Aristobul“ (16,10- genseitig, selbst wenn sie theologisch
11). Narcissus und Aristobul selbst wer- anders dachten. Abgesehen von weni-
den nicht gegrüßt; sie und Teile ihres gen Ausnahmen, etikettierte vor dem
Gesindes bekennen sich nicht zum letzten Jahrzehnt des 2. Jh. keine christli-
Christentum. Aristobul, der einen für che Gruppe eine andere als „häretisch“.
Rom seltenen Namen trägt, scheint dar-
über hinaus aus dem Osten zu stammen.
Die Herodesfamilie favorisierte „Aristo- Ein räumliches Zentrum,
bul“ als Namen, sodass Nähe zum kö-
niglich-herodianischen Haushalt mög-
ein zentraler Versamm- Leser*innen-reise
lich ist, ohne dass sie zu beweisen wäre. lungsort, fehlte in der
Paulus grüßt fernerhin die Haus-
vorkonstantinischen Zeit
gemeinde bei Priska und Aquila, den Leser*innenreise:
Christenkreis um Asyncritus, Phlegon,
Hermes, Patrobas und Hermas und die Die Hausgemeinden, so verstreut sie Auf den Spuren der
Gruppe um Philologus, Julia, Olympas waren, koordinierten freilich oft die frühen Christen
und Nereus mit seiner Schwester. Kommunikation mit Personen und Ge-
Nehmen wir an, dass die 14 anderen meinden außerhalb Roms, sodass Au- Reisetermin: 14.09–19.09. 2020
im Römerbrief Gegrüßten nicht zu den ßenstehende sie als „die römische Kir- Reiseleitung: Diakon Daniel Pomm
fünf genannten Gruppen zählten und che“ wahrnahmen. Ein monarchischer
sie auch nicht nur eine einzige weitere Bischof, der wenigstens den „rechtgläu- Der Theologe und Romkenner Daniel
Gruppe bildeten, dann gab es um 56 nC bigen“ Gruppen in der Stadt vorstand, Pomm wird Sie durch die Vielfalt der
wenigstens sieben verschiedene christ- betrat jedoch nicht vor der zweiten christlichen Metropole begleiten. Sie
liche Inseln in der Stadt. Paulus schuf Hälfte des 2. Jh. die Bühne. Davor leite- erhalten Informationen aus Kunstge-
eine achte, als er ein halbes Jahrzehnt ten allein je eigene Presbyter die Haus- schichte und Archäologie, aber auch
später Hörer*innen in seiner angemiete- gemeinden. Die Rolle des Monepiskopos Impulse zum Nachdenken und zum
ten römischen Bleibe um sich sammelte entwickelte sich langsam in der zweiten Verweilen. Wichtige Stationen:
(Apg 28,16.30). Hälfte des 2. Jh., als es vorteilhafter er-
▸ Antikes Rom:
Die einzelnen über die Stadt verstreuten schien, die Koordination der außerrömi-
Forum Romanum, Konstantinsbogen,
Gruppen feierten eigene Gottesdienste ir- schen Kontakte in eine Hand zu legen.
Palatin, Kolosseum, Kapitol
gendwo in privaten Häusern, Wohnungen Die Ersten, die sich als monarchische
oder kombinierten Wohn-Werkstatt-Lä- Bischöfe zu geben versuchten, waren ▸ Frühes Christentum:
den von Handwerkerfamilienwie Aquila Presbyter, die als eine Art „Außenminis- Sebastians-Katakombe, S. Paolo fuori
und Priska. Ein räumliches Zentrum, ein ter“ der stadtrömischen Christgläubigen le Mura und Paulusgrab, Petrusgrab
zentraler Versammlungsort, fehlte in der fungierten. Auch die drängende Aufga- und Peterskirche, Santa Croce in
gesamten vorkonstantinischen Zeit. Die- be der Armenversorgung rief nach effek- Gerusalemme, Mamertinischer Kerker,
se Fraktionierung, die jener der stadtrö- tiveren zentralisierten Strukturen. Theo- S. Maria Maggiore
mischen Juden glich (s. o.), begünstigte logen wie Irenäus, Bischof von Lyon,
vor allem im 2. Jh. einen theologischen halfen, den römischen Monepiskopat ▸ Höhepunkte der Kirchengeschichte
Pluralismus in der Stadt. Die Welthaupt- zu befestigen, indem sie Ordnungskon- Petersdom mit Generalaudienz, S. Gio-
stadt Rom diente im 2. Jh. gleichsam zepte des römischen Staates in die Kir- vanni in Laterano, Heilige Stiege, Sixti-
als Laboratorium, in dem verschiedene che einführten. Irenäus propagierte mit nische Kapelle, Vatikanische Museen
Spielarten des Christusglaubens sich Nachdruck die Doktrin apostolischer
▸ Rom für Kunstliebhaber
ausprobierten und lange Zeit noch nicht Sukzession, um die Autorität monarchi-
Galleria Borghese
machtpolitisch ausgehandelt war, was scher Bischöfe in den Städten des Rei-
als „rechtgläubig“ und „ketzerisch“ gel- ches abzusichern. W Das vollständige Programm und
ten sollte. Informationen erhalten Sie von
Die locker miteinander verbundenen Biblische Reisen:
Hausgemeinden tauschten schriftliche Prof. Dr. Peter Lampe
jasmin.hogl@biblische-reisen.de
Materialien wie den Römerbrief aus. ist Professor für neutes-
tamentliche Theologie an Tel.: +49 (0)711-619 25 58
Über lange Zeit hinweg sandten sie
der Universität Heidelberg
sich Überbleibsel ihrer eucharistischen und Honorarprofessor an Oder auf unserer Homepage
Feiernzu, um sich wenigstens geistli- der University of the Free weltundumweltderbibel.de/leserreise,
cher Gemeinschaft zu versichern. Nur State in Bloemfontein in vgl. auch hintere Umschlagseite.
locker vernetzt, tolerierten sie sich ge- Südafrika.
Religionsfreiheit
auf Abruf
Wenn man die Situation der Christen in Rom verstehen will, sollte man sich
von modernen Prinzipien wie „Religionsfreiheit“, Toleranz oder Pluralismus
verabschieden. Manches sah so aus, hatte aber keinen programmatischen
Charakter und blieb ohne Garantie. Das Bild ist bunt und mitunter willkürlich.
Von Hartmut Leppin
E
rtragen kann ich, ihr wahren Römer, die Manche von ihnen verrichteten harte, demüti-
griechische Stadt nicht mehr. Und doch, gende, gefährliche Dienste, andere waren Teil
wie gering ist der Anteil der achäischen der Luxuswelt, wie Ammen, Köche, Künstler
Hefe! Schon längst hat sich der syrische Fluss oder Lehrer, und erlebten oft eine wohlwollen-
Orontes in den Tiber ergossen und hat mit sich die de Behandlung. Ab dem Alter von 30 Jahren
Sprache und die Sitten und mit dem Flötenspieler konnten viele auf eine Freilassung hoffen. Sie
schräge Saiten gebracht und die fremden Pauken! erhielten dann das römische Bürgerrecht, blie-
Xenophobie war den Römern nicht fremd, wie ben aber in juristischer und oft ökonomischer
dieser Auszug aus der dritten Satire (Vers 60–65) Abhängigkeit von ihren Herren. Ihren Kindern
des kaiserzeitlichen Dichters Juvenal zeigt. Mit standen beachtliche Aufstiegsmöglichkeiten of-
der „achäischen Hefe“ meint er die „echten“ fen. Die Überfremdung, die Juvenal an die Wand
Griechen, die durch Syrer ersetzt werden, die malt, trat nie ein. Die römische Gesellschaft war
er noch mehr hasst. Seine Erregung überrascht: integrationsfähig; die aus der Fremde kamen,
Rom hatte seit jeher mit Migration gelebt und wurden rasch zu kulturellen Römern.
viele Zuwanderer aufgenommen. Das kaiser-
zeitliche Rom war so durch eine hohe Diversität
gekennzeichnet, ohne dass es zu ethnischen Kulte aller Couleur
Konflikten kam. Viele Einwohner sprachen Grie- Wer durch die Straßen Roms ging, begegnete mit-
chisch, andere Syrisch, wieder andere Hebrä- hin Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, hörte
isch oder Ägyptisch, doch Latein dominierte. viele Sprachen und erlebte eine immense kultu-
Manche kamen freiwillig nach Rom, als Händ- relle Vielfalt. Nicht zu übersehen waren die man-
ler, Künstler, Intellektuelle oder als Touristen, nigfaltigen Tempel, beginnend mit dem Kapitol,
andere folgten ihrer Pflicht, wie Gesandte oder auf dem man Jupiter, Juno und Minerva verehrte.
die Soldaten der Prätorianergarde, einer Elite- Die vornehmsten Senatoren – keine speziell aus-
einheit, die in ihrer Kaserne am Rande der Stadt gebildeten Priester – bekleideten die Priesterstel-
lebte. Zwangsweise, aufgrund der Entscheidun- len in altrömischen Kulten wie diesen, der Kaiser
© Matthias Kabel, CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia
gen ihrer Besitzer, gerieten Sklaven nach Rom. war der oberste Priester, der pontifex maximus. Es
gab andere, ebenfalls öffentlich finanzierte Kulte,
sacra publica, die als fremdartig galten, wie jener
t Marc Aurel (161–180) beim Opfer der Magna Mater. Deren Kultbild war im Jahr 204
Der römische Kaiser galt als Gott und fungierte vC während eines Krieges auf Senatsbeschluss
zugleich als oberster Priester. Hier bringt auf nach Rom gekommen; doch die ekstatischen Ri-
einer zeitgenössischen Darstellung Kaiser tuale ihrer Priester erregten noch Jahrhunderte
Marc Aurel ein Opfer dar. Im Hintergrund steht später Aufsehen. Der Kult des Kaisers kam hinzu,
der Tempel des Jupiter auf dem Kapitol. keineswegs eine Zwangsveranstaltung. Viele Rö-
Flachrelief vom Bogen Marc Aurels, Kapito- mer sahen vielmehr in der Macht des Kaisers den
linische Museen Rom. Ausdruck göttlichen Wirkens.
Viele auf Römer fremdartig wirkende elle Entscheidung, die davon abhing, ob Rom mit der enormen Vielzahl von Tem-
Kulte waren sehr sichtbar; zu Festtagen man die helfende Macht einer Gottheit peln Zeugnis abzulegen.
zogen ihre Anhänger durch die Straßen erfahren hatte. Er wird für mich immer Leicht kann der Eindruck entstehen,
der Stadt und machten Musik mit Inst- ein Gott sein, lässt Vergil (Ekloge 1,7) dass trotz einer gewissen Xenophobie
rumenten, wie sie Juvenal mit Wider- einen Bauern sagen, der die Rückgabe vor allem Toleranz die römische Gesell-
willen beschreibt. Einige der religiösen seines Besitzes einem einflussreichen schaft gekennzeichnet habe. Doch das
Gemeinschaften verfügten über Tempel, Mann verdankt, den er daher wie ei- erscheint zu einfach. Gerade die Ge-
die den griechisch-römischen glichen, nen Gott verehrt. Das ist Dichtung, aber schichte des Isiskultes zeigt, wie kom-
doch andere Tempel erinnerten an den Dichtung, die spiegelt, was denkbar pliziert die Dinge lagen. Schon im 2. Jh.
fremden Hintergrund, so der Tempel war. Es ging nicht um Wahrheitsansprü- vC, also in der Zeit der Republik, ist die
der Isis auf dem Marsfeld, den Domitian che, sondern um religiöse Erfahrung. Verehrung der Isis in der Stadt Rom be-
zeugt – das überrascht nicht, denn Isis mochten Hinrichtungen als legitime
war in weiten Teilen der Mittelmeerwelt Strafen erscheinen – die die Christen als
populär. Doch immer wieder verboten Martyrien feierten, gerade weil sie nicht
der Senat und später mancher Kaiser oft vorkamen.
den Kult. Tiberius (14–37 nC) ließ gar Das Wechselspiel zwischen Akzep-
die Trümmer einer Statue in den Tiber tanz und Bedrängnis ergab sich aus der
werfen. Derartige Maßnahmen verfüg- Duldsamkeit der römischen Politik, die
ten Senat und Kaiser, also politische In- pragmatisch bedingt und nicht philoso-
stanzen. Keineswegs ging es ihnen um phisch begründet war. Grundlegendes
die Eliminierung religiöser Konkurrenz; änderte sich, als Kaiser Decius (249–
die Sicherung der öffentlichen Ordnung 251 nC) sämtliche freie Reichsbewohner
war vielmehr das Ziel. Isisanhänger opfern hieß. Das war durchaus legi-
galten als Unruhestifter; von sexuellen tim, weil diese alle seit Caracalla (211–
Übergriffen in den Heiligtümern war die 218 nC) das römische Bürgerrecht be-
Rede. Bezeichnenderweise beschränk- saßen und daher der Kultgemeinschaft
ten sich die Verbote auf Rom oder seine angehörten, somit das Römische Reich
nähere Umgebung. gewissermaßen als große Polis gefasst
Gleichwohl: Diese Religionen genos- wurde. Christen sahen in der Maßnah-
sen, wie sich zeigt, keinen Schutz vor me des Decius eine Verfolgung, denn
staatlichen Übergriffen. Weder galt ein sie lehnten Opfer ab, doch ist unklar,
Recht auf freie Religionsausübung noch ob Decius das bewusst war. Später be-
bekannten sich die politischen Institu- gannen römische Kaiser Verfolgungen,
tionen der Antike zu einem Prinzip der die tatsächlich auf die Eliminierung der
Toleranz. So bestand religiöse Vielfalt, Christen abzielten (z. B. Valerian, 253–
aber sie war prekär. Der provozierende 260 nC). Damit scheiterten sie. Die Vor-
Kerngedanke moderner Toleranz, dass stellung aber, dass im Römischen Reich
man selbst solche Vorstellungen hin- ein Glauben herrschen solle, bestand
nehmen müsse, die man missbilligt, war fort; die Christen selbst sollten sie dann
in der Antike unbekannt. Zwar betonten mit großer Radikalität durchsetzen. Da-
manche, etwa verfolgte Christen, dass mit endete die prekäre Vielfalt der so di-
Reste einer Statue des Got- im religiösen Bereich Freiheit herrschen versen Kulte, die aus Sicht der Christen
tes Toth, der oft paviangestaltig müsse, da Glaube nicht erzwungen wer- alle heidnisch waren. W
dargestellt wird (der Kopf fehlt). den könne, doch von einem Recht auf
Die Statue stammt wohl aus Rom Religionsfreiheit sprach man nicht.
vom Isistempel auf dem Marsfeld:
Vom Tempel selbst ist nur wenig
erhalten. Doch zeigen die Spolien, Die Situation der Christen
dass er zahlreiche ägyptisierende Vor diesem Hintergrund überrascht es
Elemente enthielt. nicht, dass Christen lange ungestört un-
ter Andersgläubigen lebten und dann
wieder unversehens Verfolgungen aus-
gesetzt waren. Christen (jedenfalls die
Lesetipps tonangebenden Gruppen) ließen sich ja
• Hartmut Leppin, Die frühen Christen. gerade nicht auf den religiösen Markt-
Prof. Dr. Hartmut Leppin ist
Von den Anfängen bis Konstantin, platz ein, sondern wollten nur ihren
Professor für Alte Geschichte in
2. Aufl. München, 2019. einen Gott verehrt sehen, den sie allen
© Sailko, CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia.org
Im Reich
der Flavier
Das älteste Evangelium – mehrheitlich um 70 nC datiert – entsteht in einer Zeit
schwerer Wirren im Römischen Reich; als strahlender Heilsbringer erscheint hier
der neue Kaiser Vespasian. Liest man die Texte des Markusevangeliums vor
diesem Hintergrund, gewinnen sie neue Konturen und Brisanz.
Von Heinz Blatz
© Alamy
Der große Brand Roms im Jahr 64 nC. Kolorierter Stich, 18. Jh.
W
arum ein Evangelium? Noch eine hal- Aus den Kriegswirren geht Vespasian v. a. auf-
be Generation zuvor schreibt Paulus grund seiner militärischen Macht (dynameis) als
Briefe an christliche Gemeinden, v. a. strahlender Sieger hervor. Mit seiner Herrschaft
um auf konkrete Situationen zu reagieren. Um scheint eine Zeit des Friedens und des wirt-
70 nC wird jedoch eine neue literarische Form schaftlichen Aufschwungs anzubrechen. Orakel,
gewählt – nun wird ein Evangelium von Jesus Prophezeiungen, Zeichen sowie Wundererzäh-
Christus erzählt. Für unsere Ohren ist „Evangeli- lungen werden seitens der flavischen Propagan-
um“ zumeist ein stehender Ausdruck für die vier damaschinerie für eine göttliche Erwählung her-
Sesterzmünze des neutestamentlichen Evangelien, für römische angezogen und zur Bestätigung sowie Sicherung
Kaisers Vespasian. Ohren ist dieser Begriff jedoch anderweitig be- des Machtanspruchs verbreitet. Ausdifferenzier-
Der Sesterz war zur Zeit setzt. Mitten in einer Zeit des Übergangs entsteht te Münzbilder, die seitens der Flavier bewusst
Vespasians das Haupt- das Markusevangelium: Der letzte Kaiser der gewählt und kontrolliert werden, propagieren
zahlungsmittel. Nach julisch-claudischen Dynastie Nero kommt 68 nC Vespasian in vielfältiger Weise: So zeigt z. B.
einer Preisaufschrift aus zu Tode; aus dem Krieg um dessen Nachfolge er- fortuna Flaviana das göttliche Geschick, salus-
Pompeji 79 nC kostete hebt sich zuletzt als neuer Herrscher der Flavier Motive betonen das neue Heil oder iudaea capta-
ein Kilogramm Brot Vespasian. Nehmen wir also zunächst den sozio- Prägungen stellen Vespasian als Friedensbringer
0,5 Sesterzen. kulturellen Kontext näher in den Blick. dar. Man spricht Kaiser Vespasian umfangreiche
politisch-militärische Macht zu (exousia), und
ein Triumphzug führt seine siegreiche militäri-
Nero und der Brand Roms sche Macht vor Augen. U. a. mit der umfangrei-
Eine systematische Verfolgung ist zwar unter chen Beute aus dem jüdisch-römischen Krieg,
Nero nicht auszumachen, sicherlich aber sind die im templum pacis gezeigt wird, schafft man
Christen gewissen Repressalien ausge- eine „Siegeslandschaft“ in Stein (Kolosseum in
setzt; das Verfolgungsszenario aus Rom!). Zwar fehlt Vespasian aufgrund seiner
Mk 13,9-12 war naheliegend auf der nicht kaiserlichen Abstammung der Titel divi fili-
Gemeindeebene bereits Realität: us/hyios theou (ein Sohn eines Gottes), aber auf
Unter Nero werden Christen ver- unterschiedliche Weise wird die kultische Kai-
haftet, aufgrund ihres Bekennt- serverehrung reichsweit gefördert. So zählt Pli-
nisses (Mk 13,13) von römischen nius 265 öffentliche Altäre 73 nC in Rom (NatHist
Behörden verurteilt und z. T. 3,66), die v. a. an frequentierten Wegkreuzungen
in inszenierten Vorführungen stehen und an denen neben den lares (Haus-/
hingerichtet. Dies deckt sich Weggeister) auch der genius Augusti verehrt wird.
mit den späteren Ausführungen Zudem propagiert man Kaiser Vespasian als ak-
des römischen Senators Tacitus, tiven Wundertäter – ein Novum! Diese Wunder-
der im Kontext des Großbrandes heilungen (miracula/semeia) werden selbst über
in Rom (64 nC) über Verhaftungen eine Generation später noch erzählt und als Ab-
von Christen und deren Hinrichtungen schluss von Vespasians Aufstieg zum Kaiserthron
schreibt (Tierhetzen bei Spielen, Kreuzi- dargestellt (Tac., Hist 4,81; Suet., Vesp 7,2f, Dio C.
gung, Feuertod; Ann 15,44,4). Manche bringen 65,8,1f). Wohl im Kontext jener Heilungen spricht
nicht die Kraft für ein Bekenntnis auf und leug- ein Papyrus (PFouad 8/70–100 nC) von Vespasian
nen ihre Zugehörigkeit (Mk 14,66-72). Ein Riss als Gott (theos), Herr (kyrios) und Retter (soter).
geht so mitten durch die Gemeinde – es sind har- Die flavische Herrschaftspropaganda schafft re-
te Schläge, die es zu verkraften gilt. gelrecht ein public transcript, das einen göttlich
legitimierten Heilstäter und eine neue Heilszeit
verkündet. Laut Flavius Josephus (Bell 4,618.656)
Der Aufstieg Vespasians wird Vespasians Herrschaftsantritt in den Städ-
Kurz darauf brechen schließlich der jüdisch- ten (auch in Rom) als euangelia (Evangelien/gute
römische Krieg in Syrien (66–70 nC)sowie der Nachrichten) gefeiert.
römische Bürgerkrieg (68/69 nC) aus; selbst die
Stadt Rom wird erfasst und das Kapitol steht in
Flammen. Die Bevölkerung bekommt die zerstö- Herausforderung für die markinische
rerische römische Macht zu spüren; dies setzt Gemeinde
© Forum Traiani
sich 70 nC mit Mucian (dem Vertreter Vespasi- In diesem zeitgeschichtlichen Kontext beginnt
ans in Rom) fort, der unter den Gegnern reihen- Markus sein Werk mit „Anfang des Evangeliums
weise Liquidationen vornimmt. (euangelion) von Jesus Christus, einem Sohn
eines Gottes (hyios theou)“. Schon seit Augus- (basileia) Gottes“ (Mk 1,15); diese ermöglicht ge-
tus liest man auf Münzen den kaiserlichen Titel lingendes Leben und ist eben keine pax romana,
divi filius (hyios theou) und hört euangelia (kai- die militärisch „befriedet“ und die Bevölkerung
serliche Geburtstage, Herrschaftsantritte etc.). ausbeutet. Jesus befreit von dem, was unter-
Im römischen Umfeld verweisen jene Termini drückt; ersichtlich wird Jesu Hilfe schon sofort zu
demnach deutlich in den Kontext der Macht und Beginn in einer Reihe wirkmächtiger Wunder-Ta-
dürften gerade um 70 nC Erwartungen an einen ten (Mk 1,21-34). Durch das Eintragen politisch be-
machtvollen Herrscher hervorrufen. setzter Termini (z. B. exousia, dynamis) eröffnen
Auch im weiteren Erzählverlauf lassen sich sich Assoziationen zum Erfahrungshorizont der
Anspielungen auf dieses public transcript aus- Rezipienten. Als Herr über Krankheiten, Dämo-
machen. Dabei steht ebenfalls ein Herrschafts- nen, Naturgewalten und sogar über den Tod wird
wechsel an: „Nahe gekommen ist die Herrschaft Jesus in den Wundererzählungen gezeigt – und
Markus
– ein römisches Evangelium?
ein römisch-militärisches, städtisch geprägtes Setting auf eine römische Stadt in der westlichen Reichshälfte.
(Mk 2,4), wobei dies unter Hinzunahme markinischer Um 70 nC ist hierbei Rom selbst die naheliegende Option.
römisches Herrschaftsmodell
Dr. Heinz Blatz arbeitet als
die zu regieren scheinen g herrschen herunter g Sklave wissenschaftlicher Mitarbei-
(Ihre) Großen g üben nach unten Macht aus g Diener ter am Lehrstuhl für Neues
Testament der Theologi-
schen Fakultät Paderborn.
markinisches Modell Zu seinen Forschungs-
schwerpunkten zählen u. a.
„Großer“ werden g soll „Diener“ sein das Markusevangelium
„Erster“ sein g soll „Sklave aller“ sein und die Umwelt des Neuen
Testaments.
bens deutet Paulus seine Pläne an (15,24), über- in der Sache voraussetzt
zeugt davon, dass eine Zusammenarbeit mit ihm
größtenteils unbekannten Christen Übereinstim-
mung in der Sache voraussetzt. Deshalb legt er und ganz Italien und weit darüber hinaus – der
ihnen zunächst in Kapitel 1 bis 11 des Briefes sein Philosoph Seneca, Zeitgenosse des Paulus, etwa
Verständnis des Evangeliums Jesu Christi dar. stammte aus Córdoba in Spanien – erlaubt es
Zwar haben sie schon viel von ihm vernommen – nicht, den paganen Hintergrund der von Paulus
von zugewanderten Christen aus dem Osten, die angesprochenen Römer einzugrenzen.
teils eng mit Paulus befreundet waren, wie Pris- Weil die Grußliste in Kap. 16 neben den Ehepaa-
ka und Aquila (16,3f) oder Maria (16,6). Aber nun ren Priska und Aquila (V. 3), Andronikus und Ju-
sollen sie aus seinem eigenen Mund hören, was nia (V. 7) noch weitere jüdischstämmige Christen
er mit der Botschaft vom Messias Jesus verbindet, auflistet, dürften die Adressaten nicht ausschließ-
damit sie sich entschließen können, Partner im lich aus paganen Messiasgläubigen bestanden
zukünftigen Missionswerk zu werden. Das ist der haben. Die Jesus-Bewegung in Rom war nicht
Grund dieses gewichtigen Briefes, einer Art be- mehr die jüdisch-messianische Gruppe innerhalb
sonderer Visitenkarte, die ihn als Boten des Evan- der Synagogen, als welche sie noch unter Clau-
geliums empfehlen soll. dius (41–54 nC) wahrgenommen wurde. Unru-
Ausweislich der persönlichen Grußliste 16,3-16 hen wegen eines „Chre[i]stus“ hatten den Kaiser
kennt Paulus außer Priska und Aquila auch ande- 49 nC dazu bewogen, Juden aus Rom auszuweisen,
re in Rom Zugereiste, sodass er einigermaßen über unter ihnen Aquila und Priska, aber nicht alle Ju-
die Situation in der Hauptstadt informiert gewesen den, die sich zum Messias Jesus bekannten (Apg
sein dürfte. Die Mobilität bessergestellter Gemein- 18,1-3; Sueton, Vita Claudii 25,4). Wenige Jahre
demitglieder ermöglichte Kommunikation über danach – zur Zeit des Römerbriefes – bestimmen
weite Entfernungen. Dafür ist ein gutes Beispiel die jüdischstämmigen Christen nicht mehr das
die Briefbotin Phöbe, die wohl in eigener Angele- Erscheinungsbild dieser den Römern fremd anmu-
genheit in die Metropole reiste (16,1f). Das berech- tenden, inzwischen getrennt von den Synagogen
tigt uns, den Brief auf Hinweise auf die Adressaten lebenden Gruppierung (Tacitus, Annalen 15,44,2-4),
abzuhorchen: Wenn Paulus ihnen in Kenntnis aber es gibt noch wenige Juden in ihr.
ihrer Lage schreibt, sind wir als nicht intendierte
Leser gezwungen, dieses Wissen zuweilen aus sei-
nen Zwischentönen herauszufiltern bzw. müssen Leute mit Bildung?
wir die wenigen zutage liegenden Informationen Widerspricht diesem insgesamt paganen Erschei-
zu einem stimmigen Bild zusammenfügen. So er- nungsbild der Adressaten nicht 7,1, wo Paulus sie
als „Leute“ anspricht, „die das Gesetz (nomos) Priska, die ihn kommentieren konnten und dafür
kennen“? Er selbst versteht darunter gewiss die sorgten, dass er in Rom von „Hausgemeinde“ zu
Tora, kann in seiner Argumentation aber auch wie „Hausgemeinde“ weitergereicht wurde.
in 4,15b Grundsätze heranziehen, die im Kontext
sowohl jüdischer wie römischer Rechtsauffassung
nachvollziehbar sind. Dass „ich nicht um die Be- Herrschaftsfreie Hausgemeinden
gierde wüsste, wenn das Gesetz nicht gesagt hätte: Mitglieder von mindestens drei „Hausgemein-
Du sollst nicht begehren“ (7,7), weiß ähnlich auch den“ lässt Paulus in Kap. 16 namentlich grüßen
Ovid: „Wir streben immer nach dem Verbotenen (V. 5: „die Gemeinde [ekklēsia] in ihrem Haus“;
V. 14.15). Daraus dürfen wir schließen, dass dies
die Versammlungs- und Existenzform der christ-
Wie durch ein Fenster erlaubt der Römerbrief lichen Gemeinschaften in Rom war – entspre-
eine Momentaufnahme der christlichen chend der Bedeutung des „Hauses“ (Oikos) als
kleinster sozialer Einheit der antiken Polis. Nach
Gemeinschaften in den ersten Jahren unter Auskunft inschriftlicher Zeugnisse waren auch
Kaiser Nero in Rom die Juden Roms in (Haus-)Synagogen mit jeweils
eigener Leitung organisiert. Einige befanden sich
in Trastevere, andere waren über die ganze Stadt
und begehren das, was uns versagt ist“ (Amores verteilt. Dass Paulus in Kap. 16 keine Gemein-
3,4.17). Die Adressaten werden durchaus Grund- deleiter grüßen lässt, bestätigt die Annahme:
kenntnisse in den „heiligen Schriften“ der Juden Leitungsstrukturen, welche die kleinen Zellen
(1,2) besessen haben, war die Jesusbewegung ihrem zur Ortsgemeinde verbanden, waren noch nicht
Ursprung und ihrem Wesen nach jüdisch und ge- ausgebildet. Vielleicht spricht Paulus deswegen
hörten Kenntnisse der Schrift zum katechetischen seine Adressaten im Proömium nicht als die in
Rüstzeug auch „heidenchristlicher“ Gemeinden. Rom befindliche Ekklēsia/Kirche (Gottes) an, wie
Wenn Paulus im Römerbrief so ausgiebig wie sonst er das sonst zu tun pflegt (vgl. 1 Kor 1,2; 2 Kor 1,1;
Gottesdienstszene?
Rechts steht eine Frau
kaum in seinen Briefen die Schrift zitiert und mit Gal 1,2; 1 Thess 1,1; Phlm 1,2), sondern als „die Hei-
in Orantenhaltung, auf ihr argumentiert, hat dieser Umstand im Blick auf ligen Gottes“ (1,7). Im Übrigen ist Röm 16 mit sei-
dem Tisch liegen links seine Adressaten auch einen Bildungswert. Nicht nen vielen Namen und biografischen Hinweisen
ein Fisch und rechts ein grundlos legte er sein Schreiben, das hohe literari- wie ein Bilderbuch gelebten Jesusglaubens: „Es
Brot. Daher wurde das sche Kunstfertigkeit verrät, als eine Art „Lehrbrief“ gibt nicht mehr Jude noch Grieche, Sklave noch
Bild oft auf die Eu- an, der des Öfteren gelesen werden will. Ob die Freier, Mann und Frau, ihr alle seid einer in Chris-
charistie bezogen, was Adressaten den anspruchsvollen Argumentations- tus Jesus“ (Gal 3,28). Ausweislich der Grußliste, die
aber unsicher ist, da es gängen immer folgen konnten, ist fraglich. Einen keine Hierarchien kennt, scheint diese Maxime
aus dieser frühen Zeit gewissen Bildungsstand bei wenigstens einigen im herrschaftsfreien Miteinander aller Gläubigen
nur wenige Bilder gibt. seiner Leserinnen und Leser konnte Paulus zwei- Wirklichkeit geworden zu sein.
Malerei aus der Calixtus- felsohne voraussetzen. Und es gab ja auch Phöbe
katakombe, 3. Jh. oder seine ehemaligen Mitarbeiter wie Aquila und
Liberale und konservative Strömungen
Dass die einzelnen Ekklesien erst noch zu einer
Ekklesia in Rom zusammenwachsen mussten,
spiegelt auch der Abschnitt 14,1-15,13 wider. Er
belegt, dass es unterschiedliche Lebensstile und
Konventionen gab, die nur deshalb koexistierten,
weil sie in unterschiedlichen „Hausgemeinden“
gepflegt werden konnten: Die einen aßen Fleisch,
© Wikimedia, Door David Macchi - Romapedia
unrein, festhielt (vgl. 14,14; außerdem Apg 15,19f. nen? In 13,1 mahnt Paulus: „Jeder ordne sich den
28f; 21,25) und daraus Konsequenzen zog: Sie ver- Trägern der staatlichen Gewalt unter!“ Zwar be-
zichtete auf Fleisch und Wein, die als unrein gal- wegt er sich in 13,1-7 auf Geleisen jüdischer Pa-
ten, weil sie aus dem Opferbetrieb der Tempel auf ränese zum rechten Verhalten gegenüber staatli-
die Märkte gelangten. Die Majorität der Gläubigen chen Behörden in der Diaspora, bindet aber die
sah sich daran nicht mehr gebunden. Bei gegen- Weisung, die im Kontext etwas überraschend Die Romreise
seitigen Besuchen wird es zu Problemen gekom- kommt, am Ende in die briefliche Situation ein: des Paulus
men sein: Die liberale Majorität „verachtet“ die „Gebt allen, was ihr ihnen schuldig seid, Steuer, nach Apg 27-28.
konservative Minorität, die konservative Minori- wem ihr Steuer schuldet, Zoll, wem ihr Zoll schul-
tät „verurteilt“ die liberale Majorität (14,3). Paulus det, Furcht, wem ihr Furcht schuldet, Ehre, wem
mahnt beide, „sich einander anzunehmen, wie ihr Ehre schuldet!“ (V. 7). Wie erklärt sich nach
auch der Messias euch angenommen hat“ (15,7; allem Grundsätzlichen zur Frage staatlicher Au-
vgl. 14,1). In 14,13-23 formuliert er Regeln, wie das torität (13,1-5) diese Zuspitzung aufs Konkrete
bei Begegnungen konkret gelingen könne. (vgl. bereits V. 6)? Warum fordert Paulus seine
Adressaten gerade jetzt dazu auf, Steuern und
Zölle, also direkte und indirekte Abgaben, den
Dem Judentum verbunden Behörden zu entrichten? Aus Tacitus (Annalen
Was sich binnengemeindlich an Spannungen an- 13,50f) wissen wir, dass zu Beginn der Herrschaft
deutet, scheint in gewisser Weise auch für das Au- des Nero (54 nC) die Bevölkerung Roms über zu
ßenverhältnis zu den Juden in Rom zu gelten. In hohe Steuern stöhnte und Beschwerde bei den
11,18 warnt Paulus seine Adressaten ausdrücklich Behörden einlegte. Steuerpächter, Zwischenins-
davor, nicht „gegen“ diese sich „rühmend“ zu er- tanzen also, wussten sich durch Willkürakte an
heben. Seine Prophetie, dass „ganz Israel“ beim den Leuten erpresserisch zu bereichern. Der Kai-
Kommen des Parusie-Christus „gerettet wird“ ser reagierte im Jahr 56, als er mit seiner Gesetz-
(11,26f), soll seine Adressaten dazu motivieren, gebung wenigstens Missständen entgegentrat.
„sich nicht selbst für klug zu halten“ (11,25). Wie Es ist die Zeit des Römerbriefs, und wir können
es antijudaistische Tendenzen in christlichen uns gut vorstellen, wie Kleinunternehmer wie
Kreisen Roms gab, so sah sich umgekehrt Paulus Aquila und Priska unter den Umständen litten.
dem Verdacht ausgesetzt, als „Apostel der Völ- Ohne schon zu wissen, wie prekär die Situation
ker“ (11,13) könnte er Israel abgeschrieben haben. der römischen Gemeinde wenige Jahre später
Dagegen argumentiert er kraftvoll (vgl. 3,1-4; 9-11; noch unter Nero werden sollte, mahnt Paulus
außerdem 1,3.16; 4,11f; 15,8). So wenig es für die zur Klugheit im Umgang mit den Behörden, um
Majorität der Christen in Rom einen Grund gibt, ja nichts zu riskieren.
sich über die Minorität zu erheben, so wenig soll- Wie durch ein Fenster erlaubt uns der Rö-
ten sich die Christen überhaupt über die Juden merbrief des Paulus eine Momentaufnahme der
erheben, die Nein zum Evangelium sagen. Gott christlichen Gemeinschaften in den ersten Jah- Prof. em. Dr. Michael
bleibt auch ihnen treu (3,3f). ren unter Kaiser Nero in Rom. Die Befunde zu Theobald war Professor für
Neues Testament an der
sammeln lohnt sich: Sie ermöglichen es, diese
© Wolfgang Zwickel
Sabbat im Angesicht
des Jupiter
Seit dem 2. Jh. vC waren Juden fester Bestandteil der römischen Bevölkerung. Die
Ausübung ihrer religiösen Pflichten war ihnen gesetzlich garantiert. Trotzdem ge-
rieten sie als Sonderlinge (wegen des Sabbats und der Speisegebote) immer wieder
ins Visier von Gegnern. Von Carsten Claußen
E
Alexandrien Bezug, wenn er die jenseits des Ti- s war ihm [Augustus] wohlbekannt, dass der große Stadtteil Roms
ber ansässigen Juden als ursprüngliche Sklaven jenseits des Tiber von Juden besetzt und besiedelt war, die Mehrzahl
bezeichnet, die von ihren Herren freigelassen von ihnen Freigelassene und römische Bürger. Denn als Kriegsgefange-
worden seien. Weitere 30.000 Juden wurden ne waren sie nach Italien gebracht und von ihren Besitzern freigelassen
nach der Eroberung von Tarichea am See Gene-
worden, ohne sie zu zwingen, ihre überlieferten Gewohnheiten aufzu-
zaret (53 vC) durch C. Cassius Longinus versklavt
geben. So war es Augustus bekannt, dass sie Synagogen besaßen und
und nach Rom verschleppt. Mitte des 1. Jh. vC
sich in ihnen versammelten, besonders am heiligen Sabbat, wenn sie
waren die Juden in Rom so zahlreich, dass selbst
öffentlich in der Philosophie ihrer Väter unterwiesen wurden. Er wusste
Cicero sie in seiner Verteidigungsrede Pro Flac-
aber auch, dass sie fromme Gaben sammelten von ihren Erstlingsop-
co (59 nC ) erwähnte. Moderne Schätzungen der
jüdischen Bewohner Roms liegen für diese Zeit fern und sie durch Leute, die die Opfer überbrachten, nach Jerusalem
zwischen 20.000 und 60.000. sandten. Trotzdem vertrieb er sie nicht aus Rom und entzog ihnen nicht
das römische Staatsbürgerrecht, weil sie auch ihre jüdische Nationalität
hochhielten. Er traf auch keine Anordnungen gegen ihre Synagogen, hin-
Die Rechtssituation der Juden in Rom derte sie nicht, sich in ihnen zu versammeln, um ihre Gesetze auszule-
© Progetto Katatexilux
Die rechtliche Stellung von Juden im Römischen gen, und legte dem Einziehen ihrer Opfergaben nichts in den Weg.
Reich erfuhr mit der Erteilung von Privilegien seit
Mitte des 1. Jh. vC durch Julius Caesar und später Philo, Legatio ad Gaium 155–57 (Übers. F. W. Kohnke)
durch Augustus eine deutliche Verbesserung. Der
31
200215220958WT-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 1/2020
Juden im antiken Rom
gegen die stadtrömischen Juden im Jahr 41 nC. Immerhin gibt es epigrafische Zeugnisse aus
Später im Jahr 49 nC habe Claudius Juden aus dem 3.–4. Jh. nC für insgesamt elf antike Synago-
Rom ausgewiesen, weil diese „durch Anstiftung gengemeinden. Eine nannte sich die „Synagoge
[eines gewissen] Chrestos permanent Unruhe stif- der Augustenser“. Ihre Mitglieder gedachten mit
ten“ (vgl. Apg. 18,3). Was lässt sich konkret über dieser Namensgebung wohl an die ebenfalls von
die jüdischen Gemeinden in Rom sagen? Philo beschriebene durchaus judenfreundliche
Haltung des Augustus. Eine andere Gemeinde
trug den Namen „Synagoge der Agrippenser“
Die Synagogengemeinden in Rom und legt vielleicht Zeugnis von dem ebenfalls
Wenn Philo darauf hinweist, dass Augustus über guten Verhältnis des Marcus Vipsianus Agrippa
die Existenz von Synagogengemeinden wusste, (62–12 vC), dem Schwiegersohn des Augustus,
so stellt sich die Frage, welche konkreten Ge- zur jüdischen Bevölkerung ab. Eine „Synagoge
meinden er dabei im Blick gehabt haben mag. der Hebräer“ mag eine der ältesten und traditi-
onell stärker mit Israel verbundenen jüdischen
Gemeinden Roms gewesen sein. Die „Synago-
ge der Calcarenser“ zählte vielleicht besonders
viele „Kalkarbeiter“ zu ihren Mitgliedern oder
sie leitete ihren Namen von einer nach diesen
benannten Gegend oder Straße ab. Mit dem
Campus Martius scheint die „Synagoge der Cam-
pesianer“ verbunden gewesen zu sein. Die Her-
leitung des Namens der „Synagoge von Elaia“
vom Propheten Elia, von der Olive oder wiede-
rum mit Bezug auf eine Ortslage, ist unsicher.
Die nur mit einer einzigen Inschrift bezeugte
„Synagoge der Sekenier“ bezieht sich vielleicht
auf einen Ortsnamen. Die „Synagoge der Sibu-
resianer“ erhielt ihren Namen vom römischen
Stadtteil Subura, einem in der Antike berüch-
tigten Armenviertel, in dem jedoch auch Gaius
Iulius Caesar bis zu seiner Wahl zum Pontifex
Maximus lebte. Nach welcher der zahlreichen
Städte mit dem Namen Tripolis die „Synagoge
der Tripolitaner“ benannt wurde, ist unbekannt.
Der Name der in Trastevere gelegenen „Synago-
ge der Vernaclesianer“ erinnert daran, dass die-
Die Grabinschrift der Primitiva auf einer Marmorplatte se von in Rom geborenen, also einheimischen
wurde im 18. Jh. in Trastevere gefunden und in der Kirche (= vernaculi) Juden gegründet worden sein mag.
„Santi Quaranta Martiri“ wieder verwendet. Aufgrund ihrer Form Die „Synagoge der Volumnesianer“ schließlich
und Größe scheint es plausibel, dass sie zum Verschließen eines ehrte einen Patron namens Volumnius. Beson-
„Backofengrabes“ (kokh) – eine tief in die Mauer eingelassene ders für die Synagogen der Augustenser, Agrip-
Wandnische – diente, das man in jüdischen Katakomben häufig penser und Hebräer scheint eine Datierung ins
fand. Die Tatsache, dass die Platte in Trastevere gefunden wur- 1. Jh. nC durchaus plausibel, für einige andere,
de, legte die Vermutung nahe, dass sie aus der Katakombe von wie die der Vernaculi und Volumnesianer sehr
Monteverde stammt. Die Inschrift, die mit der typischen Formu- gut möglich. Welche Rückschlüsse lassen sich
lierung „Hier ruht …” beginnt, trägt den Namen einer gewissen
aus diesen Inschriften für diese stadtrömischen
Primitiva, die gemeinsam mit ihrem Neffen Euphrenon bestattet
Synagogengemeinden ziehen?
wurde, und endet mit dem üblichen Wunsch „(Mögen) sie ruhen
Die meisten dieser epigrafischen Zeugnisse
in Frieden”. An den Seiten der Inschrift befinden sich zwei
stammen aus den bislang ältesten entdeckten Ka-
spiegelbildliche Gravuren, die liturgische Objekte darstellen:
takomben des Monte Verde an der Via Portuensis.
neben dem siebenarmigen Leuchter (Menora) und den Öllampen
© Vatikanische Museen
erkennt man den Etrog (Zitrusfrucht) und den Lulav (Feststrauß Vom 1./2.–4. Jh. nC diente diese Gegend den Juden
aus Palmwedeln, Myrtenzweigen und Bachweidenruten), wie er von Trastevere als Begräbnisstätte. Die einheitlich
für das jüdische Laubhüttenfest Sukkot verwendet wurde. jüdische Belegung dieser Grabstätte unterstreicht
das Identitätsbewusstsein der stadtrömischen Ju-
den jenseits ihrer individuellen Synagogenzuge-
hörigkeiten. Auch die Verehrung römischer Herr- Menora auf einem Giebel
scher und die Zuordnung zu bestimmten Orten, der antiken Synagoge von
eventuell durch landsmannschaftlich oder beruf- Ostia.
lich verbundene Synagogenmitglieder (vgl. Apg
6,9), mag identitätsstiftend gewirkt haben. Wie
die Inschriften zeigen, sprachen die römischen
Juden vorwiegend Griechisch, gelegentlich La-
tein. Eine ganze Reihe jener Personen, derer auf
diesen Grabinschriften gedacht wird, trägt antik-
jüdische Amtstitel wie etwa grammateus (Schrei-
ber bzw. Schriftgelehrter), archisynagogos (Syn-
agogenvorsteher), gerousiarches (Mitglied eines
Ältestenrates), hiereus (Priester), mater und pater
der Synagogengemeinde, prostates (Vorsteher)
archon (Leiter), phrontistes (Verwalter) oder psal-
modos (Psalmsänger). Die Inschriften bieten nur
wenig Aufschluss über die konkreten Aufgaben entlang. Ein triclinium schloss sich unmittelbar
und Funktionen, die hinter diesen Bezeichnun- an. Außerhalb der Synagoge befand sich in un-
gen stecken. Dies gilt besonders für archon und mittelbarer Nähe des Eingangs ein recht flaches
phrontistes. Einige Titel wurden auf Lebenszeit Wasserbassin. Bis ins 4. Jh. nC lassen sich eine
verliehen. Manche mögen Ehrenämter bezeich- ganze Reihe baulicher Veränderungen archäo-
nen, andere konkrete Dienste. logisch nachweisen.
Zusammenfassung
Frauen im Amt Die Anfänge der jüdischen Synagogen in Rom
liegen ebenso im Dunkeln wie die Entstehung
I n einer Inschrift wird eine hierisa (Pries- der dortigen frühchristlichen Gemeinden. Das
terin oder Frau aus priesterlicher Familie) Fehlen archäologischer Funde lässt für das 1.
bezeugt, in einer anderen eine presbytes Jh. nC vermuten, dass die entsprechenden Ver-
(Älteste oder alte Frau). Etwa zwanzig vor- sammlungen für gewöhnlich in Privathäusern
wiegend nichtrömische Inschriften bezeugen stattfanden. Die Grußliste des Römerbriefs (Röm
16,5.14f.) nennt mindestens drei solcher Hausge-
weibliche Formen von Amtstiteln. Dabei soll-
meinden. Eine einheitliche und zentrale Organi-
te man durchaus von Amtsträgerinnen und
sation gab es weder auf antik-jüdischer noch auf
nicht nur von Ehrenamtstiteln ausgehen.
frühchristlicher Seite. Überhaupt wird man sich
die Vielfalt in den einzelnen Gemeinden recht
groß vorstellen dürfen, wie schon die Namen der
Ostia Synagogen und der von Paulus gegrüßten Ge-
Archäologische Zeugnisse für Synagogenge- meindeglieder nahelegen. In der zweiten Hälfte
bäude sind für das antike Rom nicht erhalten. des 4. Jh nC beschreibt der Pauluskommentator
Überhaupt scheint es wahrscheinlicher, dass die Ambrosiaster den starken Einfluss von Juden-
jüdischen Gemeinden der Frühzeit sich ähnlich christen in der Anfangszeit der stadtrömischen
wie die frühchristlichen Hausgemeinden des 1. Gemeinde. Auch wenn der judenchristliche
© Setreset, CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia.com
Jh. nC in privaten Räumlichkeiten trafen. Das Anteil, etwa durch die Vertreibung infolge des
griechische Wort synagoge- steht in seiner ur- Claudiusedikts, geschrumpft sein mag, so ergibt
sprünglichen Bedeutung für Versammlung und doch die Argumentation des Paulus im Römer-
lässt sich damit treffend als „Synagogengemein- brief (und hier vor allem in Röm 9-11) am meis-
de“ wiedergeben, erst später als Synagogenge- ten Sinn, wenn judenchristliche und heiden-
bäude. Das früheste nachweisbare Synagogen- christliche Gemeindeglieder hier gleichermaßen
gebäude aus der Gegend von Rom findet sich in als Adressaten im Blick sind. Die Geschichte der
der römischen Hafenstadt Ostia. Das ursprüng- stadtrömischen Juden setzte sich damit nicht
Prof. Dr. Carsten Claußen
liche Gebäude wurde in der zweiten Hälfte des nur in den oben genannten Synagogengemein-
ist Professor für Neues
1. Jh. nC errichtet. Der Versammlungsraum war den, sondern auch in den Hausgemeinden der Testament an der Theologi-
15 x 12 m groß. An drei Wänden liefen Sitzbänke frühchristlichen Bewegung fort. W schen Hochschule Elstal.
D
ie Existenz solcher Friedhöfe wird für Hohlräume, die zum Beispiel für Bewässerungs-
die Zeit um 200 in christlichen Quellen anlagen oder durch den Abbau des Baumaterials
für Rom, Karthago und Alexandria er- Pozzolanerde entstanden waren. Die zu tätigen-
wähnt. In Rom ist aus dieser frühen Zeit u. a. den Ausgaben dürften sich so meist in einem
die Calixtus-Katakombe erhalten, deren Leitung überschaubaren Rahmen bewegt haben.
Bischof Zephyrinus dem damaligen Diakon und
späteren Bischof von Rom, Calixtus, überträgt.
Um 200 sind die Christen in Rom also in Bezug Das Engagement von Laien
auf Geldmittel und Personen in der Lage, solche Das karitative Engagement trug wesentlich zum
Friedhöfe einzurichten. Erfolg des Christentums bei, wie noch der chris-
tenfeindliche Kaiser Julian Apostata (361–363)
in einem Brief hervorhebt. Nicht nur Angehö-
Gründe für die Errichtung christlicher rige des Klerus, sondern auch Laien, die über
Friedhöfe die entsprechenden Mittel verfügten, setzten
Motiviert ist ihre Anlage dadurch – so geht aus diese, wie es von ihnen erwartet wurde, für die
christlichen Quellen hervor –, dass man sich Anlage von unterirdischen Friedhöfen ein: Auf
wünscht, auch nach dem Tod eine geschlossene private Stifter weisen die Namen von frühen,
und solidarische Gemeinschaft zu bilden. Ein
besonderes Anliegen war es, gerade auch den
ärmeren Verstorbenen ein würdiges Begräbnis QUELLENTEXT: der friedhof
zukommen zu lassen. Da sich im Lauf des 2. Jh.
die Körperbestattung allmählich durchsetzt,
wird mehr Platz für eine Bestattung gebraucht.
Dadurch steigen die Preise für Grabplätze an
D ie Traditio Apostolica (Apostolische Überlieferung) ist
in Rom im frühen 3. Jh. entstanden und eine wichtige
Quelle zu Kirchenrecht und Liturgie dieser Zeit:
den großen Ausfallstraßen. Unterirdische Be-
gräbnisstätten gab es schon früher, doch un- „Man verlange von niemandem hohe Preise, wenn er
terscheiden sich die christlichen Friedhöfe von einen Toten auf dem Gemeindefriedhof beerdigen will,
diesen älteren Anlagen dadurch, dass sie häufig denn das trifft alle Armen. Statt dessen bezahle man
regelmäßig angelegt sind, und zwar so, dass sie demjenigen, der die Gräber anlegt, seinen Lohn und den
eine spätere Erweiterung zulassen.
Preis der Ziegel. Die an diesem Ort wohnen und sich um
Ferner sind sie meist von einem oberirdischen
ihn kümmern, ernähre der Bischof, damit die Besucher
© DeAgostini/Leemage
35
200215220958WT-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 1/2020
„Katakombe“
Die Calixtuskatakombe
gehört zu den ältesten
© Bert Sommer, Die dekorierten Wandgrabanlagen im Arenar der Priscilla-Katakombe zu Rom, 2003, Abb. 35; Bild oben © ultramontes
im 3. Jh. entstandenen Katakomben hin – Domi-
tilla, Priscilla, Praetextat, Bassilla, Thrason. Ein
Mitglied der Gemeinschaft schenkte offenbar
der Gemeinde ein in seinem Besitz befindliches
Grundstück zur Nutzung als Friedhof oder stellte
die notwendigen Mittel zum Kauf zur Verfügung.
So erwähnt eine Inschrift des frühen 4. Jh. aus
Velletri (Latium), dass die adelige Dame Faltonia
Hilaritas „diesen Friedhof von ihrem eigenen Geld
anlegen ließ“ und ihn der lokalen christlichen
Gemeinschaft schenkte.
Die großen Katakomben des 4. Jhs. entwickeln
sich nicht homogen von einem Anfangspunkt
aus, sondern bestehen aus mehreren kleineren,
älteren Kernen, die im Laufe der Zeit miteinan-
der verbunden werden. Sie können auf unter-
schiedliche Personengruppen zurückgehen: Bei
der (späteren) Domitilla-Katakombe sind es drei
private unterirdische Gräber des ausgehenden 2.
bzw. des 3. Jh. und zwei kleine Gemeindefried-
höfe, die, im Lauf der Zeit vereint, den riesigen
Friedhof bilden. In der Priscilla-Katakombe sind
es ebenfalls fünf ursprünglich voneinander un-
abhängige Kerne. Einer davon ist der sogenann-
te Zentrale Arenar, ein Bereich, in dem Pozzo-
lanerde abgebaut wurde.
Ein Katakombengang, der intensiv für Er wurde vermutlich von den Menschen zur
Bestattungen genutzt wurde. Bestattung benutzt, die hier gearbeitet hatten
und sich mit dem Abbau von Pozzolanerde, die lich anerkannt und akzeptiert, dass man sich in
zur Herstellung von Zement und für die Keramik- diesem Bereich auf die Erweiterung der eigenen
produktion wichtig war, ihr Brot verdient hatten; Grabanlage und wohl auch die Verminderung des
hier begann also wohl eine beruflich verbundene eigenen Einflusses einließ. Auch dies illustriert
Gemeinschaft mit der Nutzung dieses Raumes als die Relevanz und den Erfolg des Christentums in
Friedhof, der der größte seiner Zeit ist. breiteren Schichten der Gesellschaft.
Die Verbindungen von ursprünglich vonei- Auch wenn es am archäologischen Befund
nander unabhängigen Kernen lassen darauf bisher nicht nachgewiesen werden konnte,
schließen, dass man sich gegenseitig mit weit- kann man davon ausgehen, dass auch Nicht-
gehender Toleranz und Wohlwollen begegnete. christen in den Katakomben beigesetzt wurden.
Es ist für das spätere 3. und das frühe 4. Jh. be- Man wollte wohl im Leben Zusammengehörende
nach dem Tod nicht trennen, wenn ein Partner
oder ein Familienmitglied nicht oder noch nicht
Die Verbindung ursprünglich Christ gewesen ist. Da die Grabstellen nicht mit
Namen versehen wurden und Grabräume ohne-
unabhängiger Grabanlagen zeugt hin mehreren Personen Platz boten, leistete man
von Toleranz und Wohlwollen sich eine gewisse Großzügigkeit.
merkenswert, dass man sich offensichtlich mehr Auswahl eines Friedhofs für die Bestattung
oder weniger unproblematisch einigen konnte: Aller Wahrscheinlichkeit nach war auch die
Es setzt einiges an menschlicher Interaktion vor- Auswahl eines Bestattungsplatzes im 3. Jh. nicht
aus, das gegenseitige Betreten der durch eine Tür reglementiert. Die Einteilung in Kirchenregio-
verschlossenen Grabanlagen zu gestatten und nen, die eine Regelung bedeutet hätte, gab es im
getrennte Hypogäen miteinander zu vereinen. 3. Jh. noch nicht, und Wahlfreiheit besteht auch
Wahrscheinlich wirkte das christliche Engage- im 4. Jh. weiter.
ment für die würdige Bestattung von Mitchristen Sehr wahrscheinlich waren die Gründe für die
© D.R.
in die Breite, und es war sozial und gesellschaft- Auswahl eines Bestattungsplatzes oft persön-
weit die Wahl dieses Ortes als Ausdruck von die in der Regel Angaben zum Verstorbenen,
Demut oder klerikalem Selbstbewusstsein zu seiner Familie, seinen Verdiensten und den Auf-
deuten ist, entzieht sich unserer Kenntnis. traggebern des Grabdenkmals machen: Diese
H ieronymus, einer der vier lateinischen Kirchenväter, Asket und Wissenschaftler, kam als Wort und Grab. Untersu-
Junge um 360 zur Ausbildung nach Rom. Beim Lesen dieses Textes sieht man einen halb- chungen zu Jenseitsvor-
wüchsigen Knaben vor sich, der sonntags einen weiten Marsch unternimmt, seinen Bewegungs- stellungen von Christen
drang auslebt und mit seinen Altersgenossen wohl Verstecken und Erschrecken spielt: des 3.–4. Jahrhunderts
(Regensburg 2010);
„Während ich als Knabe in Rom weilte und im Studium der freien Künste erzogen wurde, pflegte • J. Dresken-Weiland, A.
ich mit meinen gleichaltrigen Mitschülern an den Sonntagen die Gräber der Apostel und Märty- Merkt, A. Angerstorfer,
rer zu besuchen und häufig in die Krypten hineinzugehen, die in die Tiefe der Erde gegraben zu Himmel, Paradies, Scha-
beiden Seiten an den Wänden die Körper der Bestatteten enthalten. Sie sind so finster, dass hier lom. Tod und Jenseits in
beinahe jenes prophetische Wort in Erfüllung geht: „Sie müssen lebendig in die Hölle fahren.“ antiken christlichen und
(Ps 55,16) Nur spärlich mildert ein von oben, nicht durch Fenster, sondern Löcher herabfallen- jüdischen Grabinschriften
des Licht die Grauen der Finsternis, nur langsam schreitet man vorwärts, und von dichter Nacht (Regensburg 2012), S.
umgeben, tritt uns das Wort Vergils vor die Seele: „Grauen befällt mich rings, und selbst die Stille 71–275.
erschreckt mich.“ (Aen. II, 755) (Hieron. In Hes. Comm. 12,40, 5-13, CCL 75, 556f.).
„neuen“ Inschriften beschränken sich auf den Bildern wider, bei de-
Namen des Verstorbenen. Hinweise auf die Zu- nen es sich meist um
gehörigkeit zum Christentum sind selten: Von neue Schöpfungen
303 Inschriften aus den ältesten Bereichen der han delt. Die meisten
Priscilla-Katakombe weisen nur 52 mit Formu- der häufig vertretenen
lierungen mit pax oder ε͗ιρήνη auf die Hoffnung Themen können als
auf einen angenehmen und friedvollen Zustand Hinweis auf Hoffnung
nach dem Tod hin. Das beliebte „in pace“ ist auf ein Leben nach
diffus genug, um auch von Nichtchristen ver- dem Tod und Auferste-
wendet zu werden. Es wird bis in die Spätzeit der hung interpretiert wer-
christlichen Grabinschriften verwendet, seit dem den. Bilder sind das
4. Jh. wird – wie auch heute noch – das Ruhen in beste Medium ihres
Frieden gewünscht. Seit dem ausgehenden 3. Jh. Ausdrucks. Allerdings
wird, eingeleitet mit „depositus“ oder „deposita“, sind christliche Bilder, die im 3. Jh. allmählich Inszenierung der
der Todestag des oder der Verstorbenen genannt. entstehen, nur eine Option: In dem der „Papst- Auferstehung: In
Im 4. Jh. kommen – mit der wachsenden Zahl von gruft“ in der Calixtus-Katakombe gegenüberge- dieser „Installation“ in
Gebildeten, die sich dem Christentum zuwenden legenen „Cubiculum des Orpheus“ (2. Drittel 3. der Prätextat-Katakombe
– metrische Grabinschriften hinzu. Es setzen sich Jh.), das aufgrund der dort gemachten Funde von ist neben der im zweiten
das Althergebrachte, die Konventionen der Gat- Mitgliedern der kirchlichen Oberschicht genutzt Drittel des 4. Jh. ent-
tung, die Verwendung bekannter Bilder, Metren wurde, wurden keine christlichen Bildthemen, standenen Darstellung
© J. Wilpert, Die Malereien der Katakomben Roms (Freiburg 1903) Taf. 87,2
und Anspielungen auf die römische Dichtung der sondern der thrakische Sänger dargestellt. Ganz der Auferweckung des
Kaiserzeit durch. Diese wurden mit einigen christ- offensichtlich hielten die Träger kirchlicher Ver- Lazarus ein 10 x 15 cm
lichen Formeln garniert, oder man verzichtete antwortung an traditionellen Bildthemen fest. großes, rot umrandetes
ganz auf sie. Den persönlichen Glauben am Grab Das „kulturelle Gepäck“ der Antike wurde auch Fenster zu sehen, durch
zum Ausdruck zu bringen, war weniger wichtig: von ihnen geschätzt. W das man in das hinter
Nur 3 % der Inschriften machen Aussagen zu In- der Mauer liegende Grab
blicken konnte: Der Tod
halten des christlichen Glaubens: Auferstehung
soll für den hier Bestat-
und Gericht werden, wenn überhaupt, meist in
teten nicht das letzte
Inschriften von Klerikern thematisiert. Es ist mög- Prof. Dr. Jutta Dresken-Weiland
Wort haben, sondern der
lich, dass eine theologische Terminologie, die Be- ist außerplanmäßige Professorin
für Christliche Archäologie an der Leib wartet im Dunkel
griffe wie Auferstehung oder Gericht verwendet, des Grabes wie Lazarus
Georg-August-Universität Göttin-
im Alltagsleben der Christen noch nicht ausrei- auf die Auferweckung
gen. Arbeiten zu den Anfängen
chend vorhanden war, um in den Inschriften er- christlicher Kunst, zur Bedeutung durch Christus. 4. Jh.
wähnt zu werden. von Bildern im Grab, Ikonografie,
Vorstellungen vom Leben nach dem Tod spie- Epigrafik und zu spätantiker und
geln sich jedoch am intensivsten in christlichen frühchristlicher Plastik.
D
azu zählten auch christliche freie Lehrer sönlichkeit des Schulgründers bestimmt. Dieser
und Philosophen, die ohne Anstellung Hochschulunterricht war noch einmal in drei
oder Approbation durch die Kommune verschiedene Bildungsniveaus unterschieden:
oder eine christliche Gemeinde Privatunter- Hausphilosophen unterrichteten die Mitglieder
richt erteilten. Ihre Dienste waren besonders im einer stadtrömischen familia, Fachphilo-
2. Jh. nC besonders nachgefragt, als das Chris- sophen wie Plotin (244–270 in Rom tätig)
tentum expandierte und sich in der Konkurrenz lehrten auf höchstem wissenschaftlichem
zu zahlreichen anderen philosophischen und Niveau, und dazwischen bedienten Po-
religiösen Angeboten behaupten wollte. Später pularphilosophen einen breiteren Hö-
wurde das Unterrichten mehr und mehr dem rerkreis. Gerade die Popularphilosophie
Bischofsamt übertragen und somit zu einem konnte in Rom auf eine lange Tradition
Aufgabenbereich der Kirchen- bzw. Gemeinde- seit dem 1. Jh. nC zurückblicken; bekann-
leitung. te Namen wie die Stoiker Seneca d. J., Mu-
sonios und seine Schüler Epiktet und Dion
von Prusa (1. Jh.) sowie der Kyniker Crescens
Das römische Schulsystem und der Mittelplatoniker Maximus von Tyrus
Die christlichen freien Lehrer und Philosophen (2. Jh.) sind hier zu nennen. Die freien Leh-
fügten sich in die bestehenden Strukturen des rer waren auf der Straße an ihrer Berufsklei-
antiken Bildungssystems auf höchstem Niveau dung zu erkennen, dem Philosophenmantel
Bild links © MM, CC BY-SA 4.0, commons.wikimedia; rechts: © Fost / Alamy Stock Foto
minarstil Referate oder Thesenreihen bildeten sie wie pagane Philosophen- zenbringende Philosophie“ (dial. 8,1)
der Schüler. Man sprach Latein und schulen eine Lebensgemeinschaft. Viele gefunden habe. Deshalb legte er Zeit
Griechisch, die Sprache der Philosophie. christliche freie Lehrer sind im Dunkel seines Lebens den Philosophenmantel
Zwar gab es einige kommunal bezahlte der Vergangenheit versunken, über ei- nicht ab und gab sich so als freier philo-
Grammatik- und Rhetoriklehrer, doch in nige, wie jene Frau namens Grapte, der sophischer Lehrer zu erkennen. Um das
der Regel mussten die Schüler die Kos- um 150 nC die christliche Unterweisung Jahr 135 nC siedelte er nach Rom um und
ten für den Hochschul-Unterricht privat der stadtrömischen christlichen Witwen sammelte dort Schüler um sich, die er in
tragen. Es ist daher davon auszugehen, und Waisen oblag (Hermas, visiones seinem Privathaus unterrichtete. Doch
dass es junge Männer aus wohlhaben- 2,4,3), ist nur eine kurze Notiz erhalten, im Unterschied zu den paganen freien
den Kreisen waren, die es sich leisten doch über fünf herausragende christli- Lehrern war die Teilnahme an seinen
konnten, für eine gewisse Zeit Teil der che Lehrer liegt aussagekräftiges Quel- Vorlesungen einkommensunabhängig
Studien- und Lebensgemeinschaft einer lenmaterial vor. möglich, denn Justin unterrichtete un-
solchen Philosophenschule zu sein. entgeltlich. Im Jahr 165 nC erlitten Jus-
Die christlichen freien Lehrer und tin, fünf seiner Schüler und eine Schü-
Philosophen im Rom des 2. Jh. gehör- Justin und seine Schüler lerin unter dem römischen Präfekten
ten meist zu der Berufssparte der grie- Justin (ca. 100–165 nC), in der christli- Q. Iunius Rusticus wegen ihres christli-
chischsprachigen Popularphilosophen, chen Tradition mit dem Beinamen „Phi- chen Bekenntnisses das Martyrium. Ein
von denen sich zu dieser Zeit rund 50 losoph und Märtyrer“ geehrt, hatte nach weiterer Schüler, der Syrer Tatian, trat
Vertreter nachweisen lassen, oder sie seinem autobiografischen, sicherlich in die Fußstapfen seines Lehrers und un-
lehrten auf dem Niveau von Fachphi- stilisierten Bericht zunächst noch in sei- terrichtete bis ca. 172 nC in Rom, bevor
losophen. Möglicherweise standen die ner Heimat Samarien eine philosophi- er nach Syrien zurückkehrte. Die beiden
christlichen Hochschulen, die vom vor- sche Ausbildung in mehreren philoso- Werke, die von ihm erhalten sind, zeigen
angehenden Unterricht für Katechume- phischen Richtungen – Stoa, Peripatos, exemplarisch die beiden Säulen, auf de-
nen bzw. Taufbewerber zu unterschei- Pythagoreismus und Platonismus – nen der Unterricht der freien christli-
den sind, in der Trägerschaft einer oder durchlaufen, bis er schließlich im Chris- chen Lehrer ruhte: die Werbung oder
© Akg
mehrerer Gemeinden, möglicherweise tentum „die allein zuverlässige und nut- Verteidigung des christlichen Glaubens
gegenüber Nichtchristen (seine Rede an nennt Figuren des Alten Testaments wie römischen Autor (Pseudo-)Hippolyt
die Hellenen) und die intensive Beschäf- Abraham, die drei Jünglinge im Feuerofen der sogenannten Gnosis zugeordnet, in
tigung mit den biblischen Schriften (das und Elia, sowie vorchristliche griechische umfangreichen tendenziösen Referaten
Diatessaron, eine Evangelienharmonie, Philosophen wie die Stoiker, Dichter und dargestellt und aufs Schärfste verurteilt.
in der er die Inhalte der vier Evangelien Geschichtsschreiber, namentlich Sokrates Im „O-Ton“ Valentins sind lediglich
zu einer Schrift zusammenfügte). Ta- und Heraklit (1apol. 46,3f; 2apol. 13.3). Sie neun kurze Fragmente von Briefen,
tians Schüler Rhodon (um 180/90 nC) hatten also teil an dem göttlichen Wort, Predigten und Hymnen erhalten, die ei-
schließlich, der aus Kleinasien kam und das in seiner Fülle Christus innewohne, nen wahrheitsgetreuen, gleichwohl nur
später ebenfalls in Rom als christlicher und konnten daher durchaus Wahres leh- bruchstückhaften Einblick in die Inhalte
Lehrer tätig war, kann als „Enkelschü- ren. Gleichwohl enthielten ihre Lehren seiner Lehre gewähren. Auch Valentins
ler“ Justins gelten. auch Unklarheiten und Widersprüche, die Schüler Ptolemaios und Herakleon wa-
Justins Anliegen war, seine christliche sich daher erklärten, so Justin, dass die ren als freie Lehrer tätig und kommen-
Überzeugung in allgemein bekannten Patriarchen des Alten Testaments und die tierten im Unterricht biblische Schriften,
Denkkategorien auch pagan Gebildeten vorchristlichen Philosophen das göttliche wie es Ptolemaios’ Lehrbrief an seine
(in seinen beiden Apologien, die an die Wort eben nur samenhaft – nicht in Fülle vornehme Schülerin Flora und die er-
Kaiser Antoninus Pius und seinen Adop- – in sich getragen hätten. haltenen Fragmente von Herakleions
tivsohn Mark Aurel gerichtet waren) und Kommentar zum Johannesevangelium
jüdischen Gesprächspartnern (in seinem vermuten lassen.
Dialog mit dem Juden Tryphon) verständ- Valentin und seine Schüler
lich zu machen. Dabei zeigte er sich als Etwa zur gleichen Zeit wie Justin kam
ein kreativer Kopf, dessen Originalität für der alexandrinische Theologe Valentin Marcion und seine Schüler
die weitere Theologiegeschichte prägend nach Rom. Zwischen 135 und 154/165 nC Wenig später kam Marcion (ca. 85–160),
wurde. Anknüpfend an Lehren der Stoa, unterrichtete er als freier Lehrer und ein wohlhabender Reeder aus der Hafen-
des mittleren Platonismus und des helle- begründete eine Schule, aus der weite- stadt Sinope am Schwarzen Meer, nach
nistisch-jüdischen Philosophen Philo von re hervorragende theologische Lehrer Rom, wo er die 140er- und 150er-Jahre
Alexandrien entwickelte er die Lehre des wie Ptolemaios und Herakleon her- verbrachte. Erhalten sind Fragmente ei-
„samenhaften Wortes“ (logos spermati- vorgingen. Die Valentinianische Lehre nes Doppelwerks: eine Sammlung von
kos): Das Wort Gottes, das in Jesus Chris- wurde seit dem Ende des 2. Jh. von an- Schriften über Jesus Christus, für die er
tus Fleisch wurde (Joh 1,14), sei schon deren christlichen Autoren wie Irenäus als Erster in der Geschichte der Kirche ka-
vorher samenhaft in jenen Menschen aus- von Lyon, der auf einer Romreise Va- nonischen Rang beanspruchte, und ein
gesät gewesen, die vernünftig lebten – er lentianer kennenlernte, und von dem Begleitband mit dem Titel Antithesen, in
dem er die Grundlagen seines Bibelver-
ständnisses und seiner Lehre darlegte.
Marcion sah keine Verbindung zwischen
dem Gott des Alten Testaments und dem
guten Vater Jesu Christi. Vielmehr nahm
er den alttestamentlichen Schöpfergott
und den neutestamentlichen Erlösergott
dualistisch als zwei antithetische Götter
wahr. Das gesamte Alte Testament – in
einer griechischen Übersetzung (Septua-
„Marcion, der ginta) die Bibel der frühen Christen – hat-
Häretiker“ betitelt te für ihn keinen normativen Charakter.
Michel Wolgemut in Marcions Bibel enthielt nach dem Be-
seinem Liber Chro- richt des Kirchenschriftstellers Tertul-
nicarum dieses Bild. lian (ca. 160–220 nC) nur ein einziges
Nürnberg 1434,
©Rijksmuseum CC0, commons.wikimedia.org
Gnosis
© www.coptic-cairo.com/museum, commons.wikimedia.com
es zu „erkennen“, dass die menschliche Seele teilhat am
Typisch für diese religiöse Erlösungsbewegung der Spät ewigen Licht, das „die Welt im Innersten zusammenhält“.
antike ist ihre negative Welt- und Daseinsdeutung. Der Um dies aber „erkennen“ zu können, muss der Mensch „aus
Gnostiker glaubt sich „in der Fremde“, gefangen in und von seinem Schlaf erwachen“ und „auf(er)stehen“. Nur so kann
dieser Welt, die er als Gefängnis der Seele bzw. des „wahren die Welt der Finsternis überwunden werden.
Menschen“ ansieht. Für ihn ist diese Welt das Reich der
Finsternis, eigentlich aber gehört er zur Welt des Lichts. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, braucht der Mensch
einen Anstoß von außen, den göttlichen Offenbarer, der in
Der Gnostiker weiß von einem Ursprung, als es nur dieses diese Welt herabsteigt, um die Welt zu erlösen.
Reich des Lichtes gab. Durch einen „Betriebsunfall der (Dieter Bauer)
Von den
Kaisern zu
den Apostel-
fürsten
Bis ins 4. Jh. nC war Rom die unumstrittene Metropole
der westlichen Welt. Die Reichsteilung im Jahr 395 nC
und die Eroberung Roms durch die Goten im Jahr 410 nC
begründeten den politischen Niedergang. Gleichzeitig aber
entwickelte sich die Stadt der Apostel Petrus und Paulus
zum Mittelpunkt der Kirche. Von Andreas Müller
A
ls Hauptstadt des Römischen noch aufgrund ihrer führenden politischen
Reichs und als Keimzelle der Rolle auch eine entsprechend bedeutsame
römischen Kultur besaß Rom kirchliche Position inne. Der Anspruch Roms
in der Antike die führende Rolle wurde zum Beispiel beim ersten ökumeni-
im Mittelmeerbereich. Die ersten schen Konzil in Nizäa 325 nC deutlich. Die
römischen Kaiser haben bereits mit Position der Hauptstadt im Westen wurde
Augustus diese Position noch einmal hier noch gestärkt, auch wenn sich bereits
ausgebaut. Auch die Tatsache, dass Rom die Gründung des „Neuen Rom“ (Konstanti-
nicht auf Dauer Sitz der Augusten und nopel) abzeichnete, welches Kaiser Konstan-
Caesaren war, hat der politischen Bedeu- tin 330 nC feierlich einweihte. Erst mit dem
tung zunächst keinen Abbruch getan. ausgehenden 4. bzw. beginnenden 5. Jh.
Selbst im 4. Jh. hatte die Stadt immer erlitt Rom einen politischen Bedeutungsver-
lust. 410 fiel die Stadt erstmals sogar in die
Hände der Barbaren. Aus der Metropole der
© Daniel Pomm
Petrus mit dem Schlüssel des Kaiser wurde nun die Stadt der Apostelfürs-
Himmelreiches – Statue vor dem ten Petrus und Paulus. Grundgelegt wurde
Petersdom in Rom (1847) die Verehrung derselben durch eine Traditi-
on, die bereits ab dem 2. Jh. ihre archäo- gesichert. Das Grab des Petrus wurde Verehrung setzte an diesem Ort nach-
logisch nachweisbaren Spuren hinter- jedenfalls wohl ab der Mitte des 2. Jh. weislich allerdings erst gut 100 Jahre spä-
lassen hat: die Verehrung der Gräber der außerhalb der antiken Stadtmauern auf ter ein. Über seinem potenziellen Grab
bedeutenden frühen Christen. einem Friedhofsgelände lokalisiert. In wurde um 160 nC eine Ädikula gebaut.
der unmittelbaren Nachbarschaft befand Im folgenden Jahrhundert wurde
sich der Circus des Caligula. Der Obelisk diese Grabstätte durch Marmor und
Der Ausbau der Verehrung der aus der Mitte der Spina dieses Zirkus steht ein Mosaik auf dem vorgelagerten
Apostelgräber im 2. und 3. Jh. noch heute in der Mitte des Petersplatzes, Platz weiter ausgeschmückt. Ein-
Die Anfänge der Verehrung von Pet- allerdings seit 1586 leicht versetzt nicht deutig schriftlich belegt ist dieses
© Falkensteinfoto / Alamy Stock Foto
rus und Paulus liegen im Dunkel der mehr an seinem ursprünglichen Ort. In „Siegeszeichen der Apostel“ erst im
Geschichte. Erste Zeugnisse von ihrem diesem Zirkus waren von Kaiser Nero 4. Jh. bei Eusebius von Cäsarea (Eus. h.e.
Martyrium tauchten in dem 1. Brief des einige Christen hingerichtet worden, die II, 25,5ff). Er greift allerdings auf die Tra-
Clemens an die Korinther um die Wende in den späten 60er-Jahren des 1. Jh. wohl dition eines Presbyters Gaius zurück, die
zum 2. Jh. auf. Es ist wahrscheinlich, dass auf dem benachbarten Friedhof bestattet aus der Zeit um 200 nC stammen soll. Im
beide Apostel in Rom zur Zeit der Verfol- worden sind. 3. Jh. wurde in der nahe gelegenen Gruft
gung des Kaisers Nero umkamen, aber Der Tradition nach gehörte zu diesen der Kaiser eine Inschrift angebracht, die
keineswegs historisch hundertprozentig Märtyrern auch der Apostel Petrus. Seine Petrus als Fürbitter explizit erwähnt und
1 Kor 16,2; Mk 16,2). Erst im 2. Jh. ist da- tertermin fest, ohne auf Konflikte zu Ostern demnach zu unterschiedlichen
neben auch die Feier des Osterfestes an stoßen. Die römische Gemeinde dulde- Terminen. Erst das Konzil von Nizäa leg-
einem Tag im Jahr belegt. Der Streit um te anscheinend die andere Praxis. Das te den Ostertermin definitiv fest. Seitdem
den Festtermin macht deutlich, wie sich unbescholtene Nebeneinander ließ sich wird Ostern – dann doch zumindest im
einzelne lokale christliche Traditionen gut vier Jahrzehnte später nicht mehr so Blick auf den Herrentag der römischen
im Gesamtkonzert kirchlicher Praxis einfach realisieren. Um 195 nC versuchte Praxis entsprechend – am ersten Sonn-
reichsweit durchzusetzen versuchten. Rom bzw. der römische Bischof Viktor tag nach dem ersten Vollmond nach der
Viele Gemeinden in Kleinasien pflegten dann nämlich die dominikale gegen die Frühlings-Tagundnachtgleiche gefeiert.
im 2. Jh. die Praxis, das Osterfest ent- quartadezimanische Praxis auch über Die Berechnung dieses Termins sollte
sprechend der alten jüdischen Praxis die Grenzen Roms hinaus durchzuset- allerdings nicht Rom, sondern der Pa-
am 14. Tag des jüdischen Monats Nissan zen. Zum Konflikt war es in der Praxis triarch von Alexandrien durchführen
zu feiern. Für sie galt Ostern als christ- gekommen: Ein Presbyter aus der Asia lassen und in seinem Osterfestbrief mit-
liches Pessach. Sie werden daher auch hatte in Rom versucht, am 14. Nissan teilen. Dort wirkten die besseren Astro-
Quartadezimaner genannt, also die Vier- Ostern zu feiern (vgl. Euseb, h.e. V 23,1- nomen. Durch diese Einschätzung wurde
zehntentagler. Sie feierten somit in ers- 24,17). jedenfalls Rom auch am Anfang des 4. Jh.
ter Linie das Gedächtnis der Erlösung. Daraufhin wurde diese Praxis durch noch nicht zu sehr in den Mittelpunkt der
Ein Zeugnis davon bietet die Pessach- eine römische Synode, eine Kirchenver- christlichen Welt gerückt, sondern diese
predigt des Melito von Sardes (l um sammlung, verurteilt. Auch in anderen vielmehr an mehreren Metropolen ausge-
180 nC). In Rom hingegen wurde Ostern Gegenden wie Palästina und dem Pontos richtet.
nicht an dem jüdischen Pessachtermin, entschied man sich für den Sonntag. In
sondern etwa seit 160 nC am Sonntag der Asia blieb man aber unter Polykra-
nach Pessach gefeiert. Da der Sonntag tes von Ephesus dem alten Termin treu. Der Streit zwischen Rom und Kar-
als Herrentag, lateinisch dies dominica Viktor versuchte nun, die Kirchenge- thago um die Taufe von Ketzern
bezeichnet wurde, wird diese Praxis die meinschaft mit den „Quartadezimanern“ Auch im Blick auf eine andere Ausein-
dominikale genannt. Stärker als in der aufzukündigen. Damit sollte auch die andersetzung hat sich Rom in der christ-
quartadezimanischen Praxis, die Kreuz römische Praxis als reichsweit richtige lichen Ökumene besonders zu profilie-
und Auferstehung bei ihrem Osterfest proklamiert werden. Dabei stieß Viktor ren versucht, nämlich im sogenannten
verband, stand hier ausschließlich die aber auf nachweislichen Widerstand „Ketzer-Taufstreit“. Bei diesem ging es
Auferstehung im Vordergrund. Als der u. a. des Bischofs Irenäus in Lyon. Die darum, wie mit Getauften von Sonder-
Bischof Polykarp von Smyrna um 155 römische Kirche vermochte sich an die- gemeinschaften umzugehen sei, die den
nC zu Ostern nach Rom reiste, hielt er sem Punkt also noch nicht universal Ruf hatten, nicht rechtgläubig zu sein.
dort an dem quartadezimanischen Os- durchzusetzen. Bis ins 4. Jh. feierte man Dabei war die Frage wichtig, wer über-
haupt eine gültige Taufe spenden durfte
und welche Rolle die Rechtgläubigkeit
Der Osterfeststreit der Taufenden spielt. Besonders in den
Zeiten der Verfolgung wurde das Thema
Erste Christen: Osterfeier an jedem Sonntag virulent: Wie war z. B. mit Christen um-
2. Jh. Rom: 2. Jh. Kleinasien: zugehen, die durch sogenannte lapsi,
Christen feiern Ostern am Sonntag Christen feiern Ostern am jüdischen also „Verräter“ des Christentums getauft
nach Passa: dominikale Praxis Pessach-Fest (14. Nissan): Quartadezimaner worden waren. Mussten sie noch einmal
neu getauft werden? Oder reichte es, sie
155 nC: Besuch mit Feier ohne Konflikt durch Handauflegung in die Mehrheits-
kirche aufzunehmen?
Der Afrikaner Tertullian hatte noch
Bischof Viktor I. Presbyter aus Asia will
verbietet diese Feier 195 nC in Rom an Passa Ostern feiern vor den eigentlichen Auseinanderset-
zungen die Position vertreten, dass Hä-
retiker ohnehin gar nicht getauft worden
Sonntag nach
250 Jahre lang verschiedene Termine 14. Nissan seien. Der eigentliche „Ketzertaufstreit“
Passa
brach nach der Christenverfolgung un-
ter Kaiser Decius in den Jahren 255 und
Konzil von Nizäa (325 nC) 256 aus. Dabei standen sich Vertreter
Gemeinsamer Kompromiss-Termin: aus verschiedenen Regionen des westli-
erster Vollmond nach Frühlings-Tagundnachtgleiche chen Christentums gegenüber, nämlich
(astronomisch berechnet in Alexandria) Cyprian von Karthago und Stephan von
Rom. Bei der Auseinandersetzung ging
© WuB
Der Taufstreit: Im 3. Jh. streiten sich Christen darüber, wer gültig taufen kann
Nordafrika Rom
Tertullian (Kirchenschriftsteller) Stephan (Bischof von Rom)
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Petrusgrab wurde – wie bereits erwähnt lateinischen Bibeltextes durch Hierony- delt es sich keineswegs nur um einfache
– von ihm nun monumental überbaut, mus gelten als auch als ein keineswegs Zitate, sondern meist um eine Verchristli-
weitere Kirchen folgten. Santa Croce in unerheblich in kirchenpolitischen Ange- chung paganer Texte.
Gerusalemme etwa stellte eine enge Ver- legenheiten des Ostens (antiochenisches Die Märtyrer und die christlichen Bau-
bindung Roms mit dem Heiligen Land dar. Schisma) involvierter Bischof. Letztlich ten wurden durch solche Epigramme zu
Auf dem Gelände soll sogar Erde aus Pa- geht die im späteren 4. Jh. erfolgte Erwei- einem festen Bestandteil der römischen
lästina ausgebreitet worden sein, um für terung des römischen Heiligenkalenders Tradition gemacht. Christentum und rö-
die bedeutenden Reliquien aus Jerusalem wohl auf Damasus zurück. Von Inter- mische Geschichte und Kultur erschienen
einen angemessenen Grund zu legen. Da- esse ist in unserem Rahmen besonders als ein unauflösbares Amalgam. Dama-
mit entstand nun definitiv auch „Heiliges sein Einsatz für den Ausbau von Rom sus verstärkte diesen Eindruck noch da-
Land“ in Rom. Bemerkenswert ist, dass als christlicher Hauptstadt. Von seinen durch, dass er in mehreren Epigrammen
unter Konstantin keineswegs die Kirche Maßnahmen in Rom zeugen noch heute behauptete, die Märtyrer seien durch ihr
selbst für eine sichtbare Christianisierung mindestens 59 echte, ausschließlich la- Martyrium zu Bürgern der Stadt Rom ge-
des römischen Stadtbildes zumindest an teinisch gefasste Epigramme, zu einem worden, denn hier ist nun die Stätte ih-
seinen Rändern sorgte. Vielmehr betätig- großen Teil Grabinschriften. Diese doku- rer neuen Geburt. Mit den Epigrammen
te sich hier der Kaiser in seiner Funktion mentieren, wie Papst Damasus einerseits des Damasus wurde zunehmend aus der
als pontifex maximus, also gleichsam als Rom christianisieren, andererseits das Stadt der römischen Kaiser die Stadt der
höchster Priester im Römischen Reich Christentum romanisieren wollte. Da- Apostelfürsten. Während die politische
sowie als großzügiger Stifter. Erst gegen masus ließ nicht nur zwei neue Kirchen Bedeutung Roms im 5. Jh. immer mehr
Ende des Jahrhunderts übernahm seine errichten, sondern veränderte auch die abnahm, erreichte ihr religiöser Stellen-
Rolle bei der Veränderung des Stadtbildes Gestaltung des Vatikanischen Hügels. wert eine immer höhere Bedeutung. Nach
langsam der römische Bischof. Vor allem baute und erneuerte er am dem Tod des letzten weströmischen Kai-
Rand der Metropole erstmals in großem sers Romulus Augustulus († 476 nC) über-
Umfang und möglichst prunkvoll Märty- nahmen dementsprechend die Päpste als
Damasus und der Ausbau Roms als rer-Gedenkstätten. Viele Märtyrergräber Nachfolger der Apostel immer mehr die
Stadt der Apostelfürsten wurden erst durch ihn bzw. durch seine Führungsrolle in der Stadt und auch dem
Der römische Bischof Damasus I., bei Mitarbeiter aufgedeckt. Seine Bauwerke sie umgebenden patrimonium Petri. W
dem durchaus bereits von einem Papst schmückte Damasus mit großen Mar-
gesprochen werden kann, hatte sein Amt mortafeln aus, die mit charakteristischen
Prof. Dr. Andreas Müller
in den Jahren 366 bis 384 nC inne. Er hat Buchstaben beschriftet waren. Mit die-
ist Professor für Kirchen-
die römische Kirchengeschichte stark sem Inschriftenprogramm hat Damasus und Religionsgeschichte
geprägt. Damasus hatte sich nicht nur eine neue Praxis in der römischen Kirche des ersten Jahrtausends
nach blutigen Auseinandersetzungen mit eingeführt. an der Universität Kiel.
kaiserlicher Hilfe gegen einen zweiten Ein Motiv des Papstes für dieses Pro- Forschungsschwerpunkte
Kandidaten für das Bischofsamt (Ursi- gramm lag wohl in der Stärkung seiner liegen auf den östlichen
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nus) durchgesetzt, sondern u. a. auch im eigenen Position als Stifter bzw. Bauherr Kirchen und der frühen
Kirchengeschichte. Neben
Jahr 378 nC die Gerichtshoheit über die und außerdem als vorbildlicher Verehrer
anderen Ämtern ist er
Metropoliten des Westens erhalten. Da- der Märtyrer. Auffällig ist der starke, vor Vorsitzender der Sektion
durch hat er das Institut des Papsttums allem formale Rückgriff der Epigramme Kirchengeschichte der
entscheidend stärken können. Er kann auf literarische Vorbilder, insbesondere Wissenschaftlichen Gesell-
sowohl als Unterstützer der Revision des auf Vergil und dessen Aeneis. Dabei han- schaft für Theologie.
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in Verkehrsschild mit 10 km/h steht an natürliche Beschaffenheit des Hügels nutzen.
einem der historisch bedeutsamsten Orte Dass sich in der lieblichen Campagna Romana
in Rom. Fast vis-à-vis wo Petrus ruht. einst das Zentrum der katholischen Christenheit
Zwar wird hier nur die verkehrsberuhigte Zone entwickeln sollte, hätten selbst die Schächer des
im Vatikan angezeigt, aber unmittelbar vor dem Apostels Petrus nicht gedacht.
in den römischen Pflasterstein gerammten Ver-
kehrszeichen ist eine Marmorplatte eingelassen.
Sie markiert den ursprünglichen Standort des Petrus in Rom – historisch und
Obelisken im Circus des Caligula (s. Abb. S. 46), legendarisch
der heute auf dem Petersplatz steht. An dieser Die Bibel sagt wenig über Petrus, der nach seiner
Stelle begreift man, welche eindrucksvollen Befreiung in Jerusalem weiter „an einen anderen
Ausmaße der Circus des Caligula und Nero einst Ort“ (Apg 17,17) geht und fortan auf Missionsrei-
hatte, denn Richtung Südarena liegen heute der se ist. Umso reicher schmücken frühchristliche
Campo Santo Teutonico und das Kanonikerstift Schriftsteller das Leben des Apostels aus. Die so-
von St. Peter, in Richtung Nordarena erhebt sich genannten Petrusakten entstanden um 180 und
die mächtige Peterskirche. Und unter ihr liegt berichten vom römischen Aufenthalt und inten-
das Grab des Apostelfürsten Petrus. siven Gebet. Noch heute wird in der Kirche San-
Seit Jahrzehnten gilt die Pflicht der nationalen ta Maria Nova am Forum Romanum jene Platte
Bischofskonferenzen, im Abstand von fünf bis gezeigt, in der sich die Knieabdrücke des Apo-
sieben Jahren zum Rapport nach Rom zu kom- stels eingegraben haben sollen. Clemens von
men, ad limina Apostolorum („an die Schwelle Alexandria weiß nach Eusebius zu berichten,
der Apostelgräber“), um ihre Einheit mit dem dass Petrus das Martyrium seiner Frau mit an- Die Marmorplatte
Nachfolger Petri zu bezeugen. Der Glaube und sehen musste, bevor er selbst den gewaltsamen im Vatikan markiert den
die Tradition an die Gräber der Apostelfürsten Tod erlitt. Das älteste schriftliche Zeugnis darü- Platz, an dem früher der
sind seit dem 2. Jh. ungebrochen. ber finden wir im 1. Clemensbrief (ca. 95 nC). Die Obelisk aus der Mitte
Bleiben wir zunächst am Verkehrsschild apokryphen Schriften erzählen erstmals von der des Cirkus von Caligula
im Vatikan. Hier, auf der anderen Seite des Ti- Kreuzigung Petri mit dem Kopf nach unten – ein stand.
bers, setzte Caligula den Spaten an, am Rande Bild, das sich bald durch die gesamte christliche
der antiken Via Cornelia. Nach dem römischen Kunst ziehen sollte.
Zwölftafelgesetz mussten Verstorbene vor den
Toren der Stadt beigesetzt werden. Grabmäler
zierten die Via Cornelia, vom Grabmausoleum Nach dem Schiffbruch: Paulus in Rom
Kaiser Hadrians, der heutigen Engelsburg, bis Von Paulus berichtet die Heilige Schrift mehr.
hin zu jener Gräberstraße, die an der Nordseite Mit dem römischen Bürgerrecht ausgestattet,
des Circus entstand. Denn Caligulas Baumeister landete sein Schiff auf dem Weg von Malta in
nutzten die geologische Beschaffenheit der an- Pozzuoli bei Neapel an. Der Weg führte dann
deren Tiberseite. Der Circus wurde quasi vom Ti- über die Via Appia (von Appius Claudius Caecus
© Matthias Kopp
berufer kommend in den Hang hineingetrieben. Ende des 4. Jh. vC angelegt) bis zur Porta Capena
So brauchte man keine aufwendigen Sitzreihen in Rom. Ihre Reste in der Nähe des CaeliusMons
an der Westseite zu bauen, sondern konnte die sind in den Fragmenten der Severianischen
wurden die Gefangenen herabgelassen in die Kirche, um den eindrucksvollen tiert fragt: „Domine quo vadis?“ Jesus
und die Leichen später durch einen di- Mose des Michelangelo anzuschauen, antwortet ihm: „Ich gehe nach Rom, um
rekten Zugang zur Entwässerungsanla- der diesen für das Grabmonument Papst gekreuzigt zu werden.“ Petrus wunderte
ge, der Cloaca Maxima, entsorgt. Numi- Julius‘ II. schuf. Vergessen wird dabei das sich: „Du wirst noch einmal gekreuzigt?“
derkönige, Gallierführer und rebellische Grab des großen Gelehrten und Kirchen- Der Herr bestätigte: „Ja, ich werde noch
1 © Welleschik, CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia,; 2 © Ivan Vdovin/Alamy Stock Foto;
3 © Lalupa, public domain, wikimedia; 4 © public domain, The National Gallery, London
Sikarier wurden an diesem Ort gefangen diplomaten Nikolaus Kardinal Cusanus einmal gekreuzigt.“ Da sagte Petrus:
gehalten. Bemerkenswert ist eine kleine (gest. 1465). Vorne im Altarraum befindet „Herr, dann will ich umkehren und mit
Quelle in der Anlage, die der Grund für sich in der Confessio jener gläserne Sarg, dir zurückgehen“ (Petrusakte Kap. 6). Der
den Bau des Kerkers gewesen sein dürf- in dem die „Ketten des Petrus“ aufbe- Ort für das Geschehen wird erstmals im
te. Die Legende besagt, dass Petrus hier wahrt werden. 431 wurde der Bau begon- 9. Jh. erwähnt. Der heutige Kirchenbau
an den Stein schlug und Wasser hervor- nen, sieben Jahre später brachte Kaiserin aus dem 17. Jh. erinnert nur im Namen an
sprudelte, wie einst bei Mose in der Wüs- Eudoxia die Ketten, mit denen Petrus die Tradition. Übrig geblieben sind zwei
te. Seine Bewacher wurden mit diesem in Jerusalem gefangen gehalten wur- Fußabdrücke von Jesus, als er an diesem
Wasser getauft. Die in den vergangenen de, nach Rom und übergab sie an Papst Ort stand und Petrus nach Rom zurück-
Jahren archäologisch neu erschlossene Leo I. Nach der Legenda aurea habe der kehrte, um das Martyrium zu erleiden
Anlage lohnt einen Besuch, wenngleich Papst die Jerusalemer mit den römischen (Kopie, Original in San Sebastiano).
das Dach der darüber gebauten Kirche Ketten zusammengeführt, woraus dann Während die einen Quellen das Mar-
San Giuseppe dei Falegnami aus dem beide in eine verschmolzen. tyrium im Circus am Mons Vaticanus
16. Jh. im Sommer 2018 aus ungeklärten Als Petrus dem Martyrium entkommen lokalisieren, nimmt ein weiterer Bericht
Umständen zusammenbrach. wollte, versuchte er, nachts Rom zu ver- Bezug auf den Hügel Gianicolo (Janus-
Wurde Petrus hier gefangen gehalten lassen. Die Petrusakten berichten Ende hügel), von dem man einen Panorama-
und gefesselt, ist der Ort San Pietro in des 2. Jh., dass hinter der Porta San Se- blick über Rom genießen kann. Hier soll
Vincoli (Petrus in den Ketten) umso be- bastiano am Beginn der Via Appia Jesus Petrus mit dem Kopf nach unten gekreu-
merkenswerter. Die Besucher strömen dem Apostel begegnete und Petrus irri- zigt worden sein.
An jenem Ort wurde aber erst im 9. hier vermutlich begraben, fast am Ende te. Ihre Forschungen gelten bis heute als
Jh. eine Petruskirche errichtet, die heu- dieser Straße, denn nach seinem gab es epochal, denn sie fand, in der exakten
te San Pietro in Montorio heißt: Nach nur noch wenige neue Mausoleen, zu Ausrichtung der Ost-West-Achse von St.
Entwürfen des Architekten Bramantes dicht war man bereits am Mons Vatica- Peter, jene oben erwähnte Nekropole am
wurde um 1500 ein kleiner Tempel in nus angekommen. In der Mitte des 2. Jh. Nordabhang des antiken Circus. Waren
Form eines Zentralbaus im Innenhof des wird eine Person erwähnt, die das Grab es zunächst heidnische Grabanlagen,
Klosters hinzugefügt. Er war Quelle der ziemlich genau kennt. Eusebius zitiert legte das Team von Guarducci nach und
Inspiration für den späteren zunächst sie in seiner Kirchengeschichte des 4. nach christlich konnotierte Mausoleen
als Zentralbau angedachten neuen Pe- Jh., wodurch das Martyrium bestätigt frei. In einem Mosaik wird Christus als
tersdom unter Michelangelo. wird „durch einen Mann der Kirche na- unbesiegbarer Sonnengott (sol invictus)
Weit weniger Orte gibt es in der Pau- mens Gaius, der lebte, als Zephrynius dargestellt, an anderer Stelle wird Petrus
lusverehrung. Hier ist als wichtigste Bischof von Rom war.“ Er sagt in einem angerufen, bei Christus für die Verstorbe-
Stätte San Paolo alle Tre Fontane zu Dialog das Folgende über die Stätten, nen zu beten. Der eigentliche Durchbruch
nennen, die im 6. Jh. erstmals mit dem wo die heiligen sterblichen Überreste bei den Grabungen war die Freilegung
Martyrium des Apostels in Verbindung der erwähnten Apostel ruhen: „Wenn eines kleinen Hofes mit einer roten Mau-
gebracht wird. Dreimal schlug der Kopf du zum Vatikan oder auf die Straße nach er, die Ziegel lassen sich auf nach 161 nC
des Paulus auf dem Boden auf, so ent- Ostia gehen willst, wirst du die Siegeszei- datieren. Dieser roten Mauer waren zwei
standen die drei Quellen (tre fontane). chen finden, die diese Kirche gegründet Säulen mit einem Architrav und einer
Der heutige Bau von 1599 beherbergt haben“ (Eus., Kirchengesch. II 25). Nische darüber vorgelagert. Im Boden
drei nischenähnliche, leider versiegelte Über dem tropaion am Vatikan wurde fand man die Reste von Knochen eines
Brunnen und die Säule, an der Paulus bald eine Grabstätte ausgebaut, Kaiser älteren Mannes semitischen Ursprungs
gefesselt wurde. Die Abtei untersteht Konstantin errichtete eine Basilika dar- aus dem 1. Jh. und die Inschrift auf Grie-
den Trappisten, ein Ort abgeschiedener über und Michelangelo überwölbte mit chisch: „PET EN“ (petros enecti – Petrus
Schönheit und Ruhe im lauten Rom. seiner gewaltigen Kuppel jenen Ort, der ist hier). Sollten das wirklich die Gebeine
Aber wo wurden Petrus und Paulus von Gaius erwähnt wird. Die Schriften des Apostelfürsten sein? Sicherheit wird
nun beerdigt? Wir hatten den Circus des kannte man, nur nicht das Grab. Das än- man nie erlangen, wohl aber scheint die
Caligula und Nero erwähnt am Mons derte sich zunächst mit dem deutschen Anlage von zwei Säulen mit Türsturz und
Vaticanus. An der Nordseite konnten Ludwig Kaas, der von Pius‘ XII. im Som- Nische der Hinweis auf jenes tropaion zu
die Toten praktisch heruntergekippt mer 1940 beauftragt wurde, unter St. Pe- sein, von dem Gaius spricht, und somit
© Christian Klenk
werden, so entstand schon früh eine ter zu graben. Letztlich war es aber erst die älteste nachweisbare Begräbnis-, zu-
Gräberstraße an der Via Cornelia, die die Archäologin Margherita Guarducci, mindest aber Verehrungsstätte des Pet-
links und rechts mit Grabhäusern (Mau- die auf Geheiß des Papstes in den 50-er rus, wenngleich die Knochen selbst kein
soleen) flankiert war. Auch Petrus wurde Jahren unter dem Hochaltar graben durf- absoluter Beweis sind.
heute am ursprünglichen Ort geblieben, tyrium unter Kaiser Nero erlitten haben.
die Inschrift PAULO APOSTOLO MART Es ist durchaus möglich, dass in der
gibt Zeugnis davon. Durch Umbauten Valerianischen Christenverfolgung (253–
bedingt, befindet sich der Sarkophag 260 nC) die Überreste der Apostel von
unterhalb des Fußbodens der Basilika, den beiden unabhängigen Orten hin zu
in der Confessio. Umfangreiche Grabun- dem einen Ort in catacumbas geschah,
gen zum von Papst Benedikt XVI. 2009 bevor – nach der Verfolgung – die Rück-
ausgerufenen Paulusjahr haben für den führung stattfand. In catacumbas meint Fragment aus San Sebastiano.
Besucher heute wieder eine Seite des die heutige Katakombe San Sebastiano, In dem Putzstück sind die Namen
ziemlich zugebauten Sarko-phags sicht- „in der Vertiefung“, denn hier verlief die Petrus und Paulus zu erkennen.
oben © Dnalor 01, CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia.org, ; unten © Peter1936F. CC BY-SA 4.0, commons.wikimedia
verstand, dass das Ende der alten Götterkulte auf-
dämmerte. So gewährte er mit dem Toleranzresk-
ript von Mailand im Mai 313 die Religionsfreiheit
der Christen, was zu einer explosionsartigen Aus-
breitung der Religion im Römischen Reich führte.
Die neue Freiheit sorgte für einen unterirdischen
Bauboom, eindrucksvolle Gemälde zieren die Ka-
takomben mit Wundern Jesu und Elementen der
Passion, vor allem aber mit dem Bild des Guten
Hirten. Auch alttestamentliche Fresken sind zu
finden, die als Vorboten der Auferstehung inter-
pretiert wurden: Insbesondere die Geschichte von
Die älteste Darstellung einer Jona im Bauch des Walfisches und Mose der auf
Kreuzigung Jesu auf dem Portal von den Felsen schlägt, aus dem Wasser des Lebens
Santa Sabina. hervorsprudelt, sind gängige Motive.
Papst Damasus, der erste Spanier auf dem
Papstthron, war es, der ab 366 begann, die Ka-
takomben zu monumentalisieren: Er baute Gän-
ge und Kapellen aus, schrieb Gedichte über die
frühchristlichen Märtyrer und richtete beispiels-
weise in der öffentlich zugänglichen Domitilla-
katakombe eine eindrucksvolle Basilika ein.
Neben diesen Orten der Versammlung im
frühen Christentum waren es im ausgehenden
3. Jh. wohl gemeinschaftlich genutzte Räume
Kemune in Kurdistan-Irak
I n der Nähe von Mossul im kurdischen Norden des Irak ist der Ti-
gris zum Mossul-Stausee gestaut. Als im Herbst 2018 durch aus-
bleibende Regenfälle der Wasserspiegel sinkt, erscheinen Ruinen
auf einer Landzunge, die die Forscherwelt aufmerken lassen. Ein
kurdisch-deutsches Team (Kurdistan Archaeology Organization und
Universität Tübingen) macht sich unverzüglich an die Untersuchung.
2019 können sie ihre Ergebnisse vermelden: Es ist ein Palast aus dem
15./14. Jh. vC, die Lehmziegelwände sind bis zu zwei Meter dick, teil-
weise bis zu sieben Meter hoch erhalten!
In dieser Epoche war die Region Teil des Mitanni-Reichs und der
Palast muss prächtig über dem Tigris-Tal gethront haben, während
sich eine Stadt ins Landesinnere ausbreitete. Unglaublicherweise
finden die Forschenden sogar noch zehn Keilschrifttafeln und Spu-
ren von leuchtend türkisblauen und roten Wandbemalungen auf
Verputzfragmenten. Der Text einer Tafel legt nahe, dass hier höchst-
wahrscheinlich die alte Stadt Zachiku war, die bereits in einer altori-
entalischen Quelle der Mittleren Bronzezeit (ca. 1800 vC) genannt ist.
Das Mitanni-Reich ist noch wenig erforscht. Die ägyptischen Amar-
na-Briefe belegen allerdings, dass die Mitanni-Könige auf Augenhöhe
mit dem Pharao und anderen Großherrschern der Zeit kommunizier-
ten. Die Tochter des Königs Tuschratta war mit Pharao Amenophis III.
verheiratet. Nun hoffen alle darauf, dass die anderen Keilschriften
noch mehr von ihrer Zeit erzählen. W
68 bis 71
Die großen Städte der Bibel
Ninive – Die Stadt des Jona
72 bis 75
Die Bibel in berühmten Gemälden
Gustave Moreau: Salome tanzt vor Herodes
76 bis 77
Ausstellungen und Veranstaltungen
© Universität Tübingen
Ausgrabungen in Schilo
Die Hörner
eines Altars –
und wie man
sie deutet
Einer von drei Steinblöcken eines Hörneraltars, die 2019 in Schilo gefunden wurden,
ca. 38 x 20 cm. Solche Hörneraltäre aus der israelitischen Königszeit sind im Heiligen Land nicht
unbekannt. Auch in der Gegend um Schilo wurden bereits Hörneraltäre entdeckt.
Im antiken Schilo arbeitet ein Team, dessen Leitung sich dazu bekennt, durch die
Ausgrabungen die Bibel „beweisen“ zu wollen. Was bedeutet das für die Funde?
im Areal eines großen eisenzeitlichen Gebäu- Israel langjähriger Pastor, macht keinen Hehl da-
des (1177–980 vC) gefunden worden, so die Ver- raus, dass er religiös motiviert forscht und dass
lautbarung der Associates of Biblical Research seine archäologische Mission auch eine religiöse
(ABR), einer amerikanischen Organisation, für Mission ist: „Ein Gefühl der Ehrfurcht überkam
Scott Stripling die Stripling ausgräbt. Eine Veröffentichung der mich, als ich nachdachte, wie Gott uns eine Tür
auf dem Ausgrabungs- Ausgräber selbst steht noch aus, doch sind in in Schilo geöffnet hat, die einen direkten Einfluss
gelände. der Presse bereits zahlreiche Berichte über die darauf haben wird, wie die Menschen in Zukunft
Altarhörner zu finden. Grund genug, die wissen- ihre Bibel lesen.“ Im gleichen Sinne äußert sich
schaftlichen, religiösen und politischen Hinter- die ABR-Website: „Diese Funde beweisen, dass
gründe dieser Meldung zu beleuchten. die Israeliten dem Herrn in Schilo opferten, wie
In Schilo sucht ein Team unter Striplings es in den Schriften geschrieben steht.“ Die ge-
Leitung mit vielen Volontären und neuester hörnten Steine stammen in dieser Interpretation
Technik nach Beweisen für das biblische Offen- zweifelsfrei von jenem Altar, der vor dem Offen-
barungszelt und die Bundeslade. Denn laut bib- barungszelt mit der Bundeslade stand.
lischer Erzählung wurde Schilo unter Josua beim Die heutige israelische akademisch-archäolo-
Einzug ins Gelobte Land erobert und ein Heilig- gische und historische Forschung hat sich schon
© Associates for Biblical Research
Tel Aviv tum für Gott und die Lade installiert. 369 Jahre lange von der „Bibel-und-Spaten-Archäologie“
Schilo soll sie hier gestanden haben. Sollte all das nicht abgewendet. Dennoch werden zahlreiche Kam-
Jerusalem Spuren bis heute hinterlassen haben? pagnen unter religiös-amerikanischer Ägide
Um so zu denken, braucht es ein Verständnis genehmigt – wenn auch jeweils unter israeli-
der Wahrheit der Schriften, die sich an ihrem ar- scher Oberaufsicht. Spender und Stifter aus dem
chäologischen Beweis misst. Die archäologische evangelikalen Milieu ermöglichen den mitunter
Arbeit mit der Bibel in der einen und dem Spaten enormen finanziellen Aufwand für Ausgrabun-
wurde, so wie es die Bibel bei der Erobe- archaisch-kultischer Platz der Frühzeit Zum Blick auf das archäologische
rung unter Josua beschreibt. Stripling Israels. Kein Wunder, dass die Stätte Schilo gehört auch, dass die Stätte in
wird in der Times of Israel zitiert, dass eine besondere Faszination ausübt, der Westbank liegt. 1978 entstand neben
„einige sagen, die Bibel sei unzuver- wenn man die biblischen Erzählungen dem bedeutungsreichen Tell eine illega-
lässig. Wir haben festgestellt, dass sie als history versteht und nach dem Boden le jüdische Siedlung, in der heute 4000
sehr zuverlässig ist!“ 2018 war auch ein sucht, auf dem die Füße des Priesters Eli Menschen leben. Zig Tausend Menschen
kleiner Keramik-Granatapfel mit einem und des großen Samuel standen; den besuchen Schilo jedes Jahr. Die israeli-
Aufhängungsloch gefunden worden – in Boden, auf dem die Bundeslade stand sche Politik unter Benjamin Netanjahu
der Jerusalem Post erklärt Stripling, das – Gottes Wohnung in Schilo, „das Zelt, hat zuletzt deutliche Weichen gestellt,
kleine Objekt habe am Saum des Pries- das er aufgerichtet hatte unter den Men- um die Siedlungsexpansionen zu unter-
tergewands eines Priesters in Schilo schen“ (Ps 78,60) oder in der Gottesrede stützen, jedenfalls nicht zu behindern,
gehangen, gemäß Ex 28,33ff „An seinem und einen legalen und beständigen Sta-
Saum mach Granatäpfel aus violettem tus für die Siedlungen herbeizuführen –
und rotem Purpur und aus Karmesin, an was international weitgehend abgelehnt
seinem Saum ringsum, und dazwischen wird. Die Ausgrabungen in Schilo zeigen
goldene Glöckchen ringsum“: „Wir müs- also die vielen Ebenen von Archäologie
sen die historische Validität der Bibel im politischen Raum Israel/Palästinen-
anerkennen ... und jetzt haben wir wirk- sische Gebiete. Mit einem Fund wie den
lich Beweise für diese Geschichte.“ Altarhörnern die Bibel zu „beweisen“,
Vor 35 Jahren hat in Schilo Israel Fin- hat neben einer religiösen auch oft eine
kelstein ausgegraben, der in den ver- politische Dimension, die mit Anspruch
Replik eines Hörneraltars auf Land und Eigentumsverhältnisse
gangenen Jahrzehnten für die rationale,
aus Beerscheba.
evidenzbasierte wissenschaftliche Ar- verknüpft ist. W (Helga Kaiser)
63
200215220958WT-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 1/2020
panorama
Tel Dan
auszufinden, was nach der assyrischen zeigen sicherlich ein allgemeines Gefühl, zwischen 630 und 610 vC finden. So ist
Eroberung der Region unter Tiglat-Pileser das auch zu Dan passt. das große Gebäude, das das Gelände
III. in der Mitte des 8. Jh. vC in der Ort- Kann die Archäologie denn überhaupt dominiert und das wir als Residenz der
schaft passierte. das Verhältnis zwischen Bewohnern assyrischen Gouverneure identifiziert
und Besatzern beleuchten? haben, das einzige in der Stadt, das Ende
Ich glaube ja, vorausgesetzt, ich prakti- des 7. Jh. vC Opfer eines sehr heftigen
Welche archäologischen Spuren gibt ziere eine Archäologie, die Anthropolo Brandes wurde, so stark, dass sogar die
es für die Ankunft der assyrischen gie der Vergangenheit und nicht nur Ziegel verglast sind. Einige Leute wollten
Truppen auf Tel Dan? Hilfsmittel der Geschichtswissenschaften dies dem Pharao Necho II. ankreiden, der
Yifat Thareani: An vielen Stellen haben ist. Die Archäologie ist allzu oft eine Ge 605 vC in Megiddo König Joschija von Ju-
wir Spuren eines Brandes gefunden, der fangene der Geschichte. Damit meine däa besiegte. Nichts deutet jedoch darauf
Mitte des 8. Jh. vC die Stadt Dan verwüs- ich, dass die Ergebnisse der Ausgrabun- hin, dass die Ägypter bis nach Tel Dan
tete. Daraufhin folgte bald die Gründung gen mit der Quellenlektüre interpretiert gelangten. Das Feuer scheint auch zu
einer neuen Stadt, die einem völlig ande- werden, in diesem Fall die assyrischen systematisch für den Durchmarsch einer
ren Stadtplan folgte. Sie war viel bevölke- Inschriften und die Geschichte der Köni- Armee auf dem Feldzug zu sein. Und wir
rungsreicher, bedeckte bis zu 20 Hektar
und war nicht durch Mauern geschützt.
Am höchsten Punkt, in der Nähe der
wichtigsten Wasserstelle und mit Blick
auf die Stadt und das Heiligtum, wurde
in dieser Zeit ein imposantes Gebäude er-
richtet. Es gibt allen Grund, diese starke
Veränderung mit der Eroberung durch
den assyrischen König Tiglat-Pileser III.
733 vC zu verbinden. Nicht nur, weil sie
durch assyrische und biblische Quellen
bestätigt wird, sondern auch, weil der
Herrschaftswechsel von denselben tech-
nischen und kulturellen Innovationen
begleitet wird, die anderswo im Assyri-
schen Reich gut dokumentiert sind. Dies
gilt unter anderem für bestimmte vor Ort
hergestellte Töpferwaren, die ein Know-
how erfordern, das die lokalen Töpfer
nicht haben konnten.
Die assyrische Zeit ist also eine Zeit
kultureller Blüte für Tel Dan? Aufbewahrungskrüge, die in einem Raum der assyrischen Residenz
In der Tat sprechen wir oft von der pax gefunden wurden.
assyriaca, und das ist zweifellos auf wirt-
schaftlicher und demografischer Ebe-
ne gerechtfertigt – dank der imperialen ge, wie sie in der Bibel festgehalten sind. stellen fest, dass die Produktion und Ver-
Verwaltung und einer gut erprobten Ko- Die Archäologie spiegelt damit damalige wendung von Keramik im assyrischen Stil
lonisationspraxis; aber auf Kosten von offizielle Diskurse wider, die einen sind zum Stillstand kommt, stattdessen aber
Deportationen, Neuansiedlungen und kolonial betont, die anderen arbeiten eine Rückkehr zu traditionellen kanaa-
kultureller Vereinheitlichung vor allem an der theologischen Neuauslegung von näischen und israelitischen Formen statt-
zum Wohle der Assyrer! Andererseits Geschehenem. Archäologische Überreste findet. Meiner Meinung nach sind dies
© Nelson Glueck School of Biblical Archaeology
fragen wir uns, wie die Einheimischen können aber auch auf jene hinweisen, die Anzeichen dafür, dass Symbole der assy-
in Dan diese neuen Herren erlebt haben. die assyrische Herrschaft im Alltag erlebt rischen Macht und eine auferlegte Akkul-
Einige wurden deportiert, andere teilten haben. In Tel Dan haben wir gewisserma- turation abgelehnt wurden. Man kann in
nun ihr Territorium mit Menschen, die ßen eine „Archäologie des Widerstands“ der Keramik einen Widerstand lesen, der
ihre Sprache nicht sprachen und nicht betrieben. verdeckt war, solange das Imperium stark
die gleichen Götter verehrten, sie muss- Haben Sie denn konkrete Beweise für war, aber schlagartig befreit wird, als die
ten Steuern entrichten, es gab Zwangsar- den Widerstand gegen die Besatzer? Angst der Besatzung endete. W
beit. Die Proteste der biblischen Prophe- Man kann sie am Ende der Epoche mit
ten des 8. Jh. vC gegen die Globalisierung dem Untergang des Assyrischen Reichs Die Fragen stellte Estelle Villeneuve.
Colmar: Restaurierung
Farbe für
Antonius
D as Juwel des Unterlin-
denmuseums in Colmar,
der Isenheimer Altar von
Matthias Grünewald (1512–
1516), erhält seine ursprüng-
liche Farbigkeit zurück. Das
monumentale Polyptychon
wurde für den Hauptaltar
der Kommandeurskirche des
Antonius von Isenheim ge-
fertigt. Je nach liturgischem
Anlass konnte man drei Vari-
© Musée Unterlinden, Colmar
Ninive
Die Stadt des Jona
Ninive am Tigris war die prächtige Hauptstadt des Assyrischen Reiches.
In der Bibel ist Assur ein Symbol der Unterdrückung. Doch gerade die
assyrischen Könige haben dazu beigetragen, dass die Geschichte des
kleinen Israel Teil der großen Geschichte des Alten Orients wurde – denn
im 19. Jh. hat man die Hinterlassenschaften dieser Könige gefunden.
Von Estelle Villeneuve
Mossul
I m Juni 2017 zittert die Welt um Mossul. Die
Terrororganisation „Islamischer Staat“ steht
kurz davor, aus der irakischen Stadt vertrieben
und verließ damit die alte assyrische Kapitale
Chorsabad. Als er 704 vC mit groß angelegten
Bauarbeiten begann, hatte die Ortslage aber be-
(Ninive) zu werden. Da sprengt sie die Nebi Junus-Mo- reits eine lange Geschichte – seit dem 6. Jahrtau-
schee in die Luft, die „Prophet-Jona-Moschee“, send vC war sie bewohnt. Die früheste mensch-
und beschädigt die archäologischen Ruinen der liche Besiedlung lässt sich auf einem Hügel, der
einst stolzen assyrischen Stadt Ninive mit militä- heute Tell Kujundschik genannt wird, nachwei-
rischem Gerät. Die Zeugnisse der Vergangenheit sen. Der Tell liegt am Ostufer des Tigris, wäh-
Bagdad
im Herzen Mossuls gehören zum Menschheits- rend sich das heutige Stadtzentrum von Mossul
erbe – und sind ein Symbol für die lange Wir- am Westufer ausbreitet. Die moderne Stadt hat
IR
kungsgeschichte der biblischen Erzählungen. das antike Ninive allerdings bereits eingeschlos-
A
K
In der Bibel treten die Assyrer als Welt-Unter- sen. Aus Quellen ist zu schließen, dass die assy-
drücker auf, die als machtvolle Eroberer vom Os- rischen Könige seit Ende des 12. Jh. vC einen Teil
ten bis zum Mittelmeer ziehen. Israeliten und Ju- des Jahres in ihrer Sommerresidenz verbrachten.
däer erinnern sich in ihren Erzählungen lebhaft Sanherib wollte das Königreich von hier aus re-
daran: Sargon II. hatte Samaria 722 vC zerstört gieren. Er macht Ninive zu einer Hauptstadt, die
und die Eliten des Staats Israel deportiert; sein seinen machtpolitischen Ambitionen gerecht
Sohn Sanherib hatte Judäa 701 vC verwüstet und wird: Eine 12 km lange und 45 m breite trapez-
Jerusalem, die Hauptstadt König Hiskijas, wäre förmige Stadtmauer umfasst nun zwei benach-
wie Samaria gefallen, hätten die Assyrer die Be- barte Hügel, den Tell Kujundschik und den Tell
lagerung nicht in letzter Minute beendet. Dieser Nebi Junus, dazu ein großes landwirtschaftliches
Sanherib gründete Ninive als seine Hauptstadt Gebiet.
Ein ganzer Raum ist der Darstellung der Bela- der judäischen
gerung von Lachisch im Jahr 701 vC gewidmet, Stadt Lachisch
einer Stadt im kleinen Königreich Juda. Für Ar- im Jahr 701 vC
auf anschauliche
chäologen der Entdeckerzeit Mitte des 19. Jh.
Weise vor Augen.
waren diese Reliefs eine Offenbarung: Die in
Tiefrelief aus dem
2 Kön 18 beschriebene Eroberung Lachischs un-
Palast des Sanhe-
ter der Herrschaft des König Hiskija ist also tat-
rib, Ninive.
sächlich außerbiblisch und historisch belegbar!
Anfang des
Die Bautätigkeit des Sanherib geht aber weiter. 7. Jh. vC, London,
Er baut den Ischtartempel aus und richtet auf British Museum.
dem südlichen Hügel große Lagerstätten ein –
ein „Zeughaus“ –, um die Beute seiner Erobe- fer auf Antikenfunde für den Schwarzmarkt hoff-
rungen zu lagern. Dann lässt er das Gelände von ten. Assurbanipal lässt den Nord-Palast, dessen
einem System bewässerter Terrassen durchzie- Wandskulpturen eines der größten Meisterwer-
hen und verwandelt die Landschaft in fruchtba- ke der neuassyrischen Kunst sind, komplett neu
re Gärten. Nach seinem Tod 681 vC prägen auch dekorieren. Doch bald darauf, 612 vC, versetzt
seine Nachfolger Asarhaddon (680–669 vC) und eine Koalition von Medern und Babyloniern dem
insbesondere Assurbanipal (668–630/627 vC) Ni- instabil gewordenen Riesenreich den Todesstoß.
nive. Asarhaddon vergrößert die Lagerstätten im Das Reich von Assur geht unter.
Bereich des Tell Nebi Junus, wo er sich auch ei-
nen Wohnpalast bauen lässt. Die Überreste die-
ses „Zeughaus-Palastes“ liegen unter der vom IS Die Wiege der biblischen Archäologie
2017 zerstörten Moschee – sie wurden von einem Unter den Vermächtnissen von Ninive steht das
Tunnelsystem durchzogen, in dem die IS-Kämp- königliche Keilschriftarchiv an erster Stelle.
Eine moderne Rekonstruktion der farblichen Gestaltung eines Portals des Sanherib-Palasts
oben: © Danita Delimont Stock/AGE fotostock; unten: ©Balage Balogh/Dist. RMN-Grand Palais
durch den archäologischen Illustrator Balage Balogh. Sanherib ließ Ninive ab 704 vC erneuern,
unter anderem mit seinem monumentalen und prächtig ausgeschmückten Palast.
DER BAU DES „UNVERGLEICHLICHEN PALASTS“ Etwa 30.000 Tontafeln wurden in den Palästen
von Sanherib und Assurbanipal sowie im Tem-
Für Könige im alten Mesopotami- wurden mehrere Gründungstafeln pel des Gottes Nabu auf dem Tell Kujundschik
en waren der Bau eines Tempels, zum Gedenken an den Bau seines gefunden. Diese Bibliotheken sind beispiellos
einer Stadtmauer und eines Pa- „unvergleichlichen Palastes“ ge- als Anschauungsmaterial und Informations-
lasts Pflicht und Zeichen göttli- funden. Sanherib beschreibt die quelle für Politik, Alltag und Wirtschaft des As-
chen Wohlwollens ihnen gegen- Leistungen und technischen In- syrischen Reichs und beherbergen außerdem
über. Sanherib rühmte sich also novationen, die er umgesetzt hat, literarische, religiöse und mythische Werke. Es
der Bauten, die er in Ninive reali- wie beispielsweise die Umlenkung ist, als ob die assyrischen Großkönige zum Leben
siert hatte. Eine Stele im Archäolo- des Flusses Choser – ein Zufluss erwachen. Vor allem eine Tafel schlug ein wie
gischen Museum Istanbul erzählt zum Tigris durch das Stadtgebiet eine Bombe, als der britische Assyriologe Geor-
von seinen Arbeiten in Ninive. In – oder die Herstellung von kunst- ge Smith 1862 darauf eine Geschichte erkennt,
den Fundamenten und Mauern vollen Kupfergegenständen. die der von Noach und der Sintflut im biblischen
Buch Genesis ähnelt. Das widerlegte damals im
diente Milde auflehnt! Doch Gott erklärt unter Jerobeam II. erwähnt wird (2 Kön die 2017 vom mörderischen Wahnsinn
Jona, der sich über das göttliche Mitleid 14,25). Vielmehr spiegelt sie die Erinne- gesprengt wurde. W
für Ninive beklagt, dass Gott ein Recht rung an Ninive als prächtige Stadt und
auf Mitleid für die ganze Menschheit Machtsymbol – und zugleich erzählt
hat. das Jonabuch von einem Gott, der
Laut exegetischer Forschung ist die Bosheit und Machtmissbrauch in
Geschichte nach der Rückkehr aus dem seiner Barmherzigkeit „aufzulö-
Babylonischen Exil im 6. Jh. vC aufge- sen“ vermag.
schrieben worden. Die Erzählung ist na- Die Erinnerung an den Pro-
türlich kein historischer Bericht, auch pheten Jona wurde durch die
wenn ein „Prophet Jona, Sohn Amittais muslimische Tradition gerade
Régis Burnet
ist Professor für
Neues Testament
an der Universität
Louvain-
la-Neuve (Belgien).
Illustrationen des Hortus deliciarum von königlichen Hofes mit seiner ganzen macht daraus eine Meditation über den
Herrad von Landsberg (12. Jh.) sieht, Pracht und seinen Intrigen, wie etwa Tod, wobei Salome sich nachdenklich
© Armand Hammer Museum/Aurimages
herrscht das ganze Mittelalter hindurch bei Lukas Cranach (1531, Städelsches und melancholisch ihr Haar kämmt
vor. Aber zuweilen können auch Tanz- Museum Frankfurt). Auf einem Stich (1607, National Gallery London), ähn-
szenen im Vordergrund stehen, wie von Dürer (1511, Rijksmuseum Amster- lich zeigt Guido Reni diese nachdenk-
am Portal der Kathedrale von Rouen dam) wird der Kopf des Täufers dann liche Salome (1639, Palazzo Corsini,
(13. Jh.), wo Salome während des Tanzes zu Tisch getragen, als handle es sich Rom). Das Thema verschwand dann im
auf den Händen steht. um eine Essensplatte. Caravaggio wählt 17. und 18. Jh. und taucht mit der Gestalt
Ab der Renaissance liefert die Szene erstaunlicherweise für dieses Motiv kei- der Salome am Ende des 19. Jh. für eine
den Vorwand für die Darstellung eines ne erschreckende Darstellung, sondern kurze Zeit umso stärker wieder auf.
1
5
1 Das Bild der Macht 2 Ein gelehrtes Bilderrätsel stellt sexuelle Kraft dar. Eingerahmt ist
sie von zwei Schlangengöttern – Sym-
Herodes sitzt wie eine Statue reglos und Im Aufbau seines Dekors spielt Gustave bole des Ahriman, Gott des Bösen der
mit einer Tiara gekrönt in einem Schrein Moreau vielfältig auf den Orient an. Für Perser. Die kleinen Gottheiten auf den
(mit welcher Leiter ist er auf diesen Thron die Architektur übernimmt er Anleihen Säulenköpfen könnten babylonisch
hinaufgestiegen?). Die Gestalt ist gelb- der Alhambra in Granada, der Großen sein, während die Mauern an die Verzie-
lich, vom Alter verblichen. Auf einem der Moschee von Córdoba und der Hagia rungen eines hinduistischen Tempels
vorbereitenden Entwürfe hatte Moreau Sophia in Konstantinopel. Über dem erinnern. Die Weihrauchschwaden sind
vermerkt: „Entkräftete und schläfrige Herodes erkennt man eine Skulptur der ein chinesisches Motiv (Moreau hätte
orientalische Mumie, hieratisches und Artemis von Ephesus, einer Fruchtbar- ein solches in der Sammlung Cernuschi
priesterliches Aussehen, Götzenbild. Der keitsgöttin mit einer Vielzahl von Brüs- gesehen haben können), während die
Tetrarch, politischer und religiöser Chef.“ ten, wie sie auch an einer Statue in den Lampen indische und indochinesische
Moreau hatte verstanden, dass der bib- Vatikanischen Museen zu sehen ist. Sie Einflüsse miteinander vermischen.
lische Text einen radikalen Angriff auf
eine politische Macht darstellt, die sich
für nichts anderes interessiert als für sich
selbst, also in der Selbstanbetung versun- 3 Heiliger Tanz
ken ist. Vielleicht eine versteckte Kritik:
Der ultramontane Katholik Moreau warf In extremer Blässe und mit gesenktem
dem alternden Napoleon III. vor, sein Land Blick tanzt Salome einen Spitzentanz.
in die Katastrophe gestürzt zu haben, weil Dazu trägt sie eine Art Tiara wie eine
er sich geweigert hatte, den Papst gegen Priesterin. Im Gegensatz sowohl zum
den König von Italien zu unterstützen. Impressionismus als auch zum Akade-
mismus geht der Maler über alles His-
torische und Zeitgenössische hinaus,
um eine ewige Gestalt vorzustellen,
die – fern jedes Naturalismus – reglos
und ewig dasteht. Sie ist – wie Moreau
mit machismo auf einer Zeichnung
vermerkt hat – „das ewige Weib“. An-
derswo schrieb er: „Mit meiner Salome
wollte ich die Gestalt einer Sibylle und
religiösen Zauberin mit geheimnis-
vollem Charakter darstellen. Deshalb
habe ich ihr ein Kostüm wie eine Scha-
tulle entworfen.“ An diesem märchen-
haften Kostüm ist alles symbolisch.
Man hat daran orientalische Einflüs-
74
200215220958WT-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 1/2020
se erkannt, aber auch griechische und
etruskische, wie im Gorgonenhaupt, das
auf einer der Gürtelschließen abgebildet
ist. Die Lotusblüte, die die Tanzende in
der Hand hält, ist die heilige Blume der
Ägypter und Hindus, aber zugleich auch
eine opiumhaltige Pflanze, die Verges-
sen oder Ekstase bewirkt. Ihr Armband
ist ein ägyptisches Horus-Auge, das an
die Magie der Isis erinnert.
Salome tanzt nicht eigentlich. Moreau
selbst erklärt, sie sei in „einem undurch-
sichtigen Gang“ begriffen, denn „der
antike Tanz war ein einfaches Gehen“,
ganz im Gegensatz zum „modernen Can- 4 Eine faszinierende stellen. Er zögert nicht, die Farbpaste
can“. Sie vollziehe nur eine Geste und Technik mittels Kratzen zu „tätowieren“ – wie
strecke den Arm so nach vorn, als wolle er das selbst nennt –, um das eine
sie auf etwas hinweisen. Dabei denken Die von Gustave Moreau angewand- oder andere Schmuckelement gerade
Betrachtende unvermittelt an ihre For- te Technik ist faszinierend. Er trägt noch wahrnehmbar zu machen. Diese
derung nach dem Kopf des Täufers, den zahlreiche Farbschichten auf, um Mischung aus Präzision und Unprä-
Moreau dann in einer späteren Fassung dem Gemälde eine stoffähnliche Wir- zisem, aus deutlich Sichtbarem und
dieses Gemäldes mit dem Titel „Die Er- kung zu geben. An manchen Stellen kaum noch Erkennbarem verwirrt
scheinung“ malte. Aber was sich hier ist sein Pinselstrich hyperrealistisch, das Wahrnehmungsvermögen des Be-
darbietet, ist eine sphingenhafte Ge- an anderen betupft er Stellen mit trachters und versetzt ihn in den Be-
stalt, Inbild von Lust und Grausamkeit. Stofflappen, um Fließeffekte herzu- reich eines heiligen Mysteriums.
Der Bibeltext
Markus 6,17-29 und seinen Gästen so sehr, dass der König zu dem Mädchen
„Herodes hatte nämlich Johannes festnehmen und ins Gefäng- sagte: Verlange von mir, was du willst; ich werde es dir geben.
nis werfen lassen. Schuld daran war Herodias, die Frau seines Er schwor ihr sogar: Was du auch von mir verlangst, ich will es
Bruders Philippus, die er geheiratet hatte. Denn Johannes hat- dir geben, und wenn es die Hälfte meines Reiches wäre. Sie
te zu Herodes gesagt: Es ist dir nicht erlaubt, die Frau deines ging hinaus und fragte ihre Mutter: Was soll ich verlangen?
Bruders zur Frau zu haben. Herodias verzieh ihm das nicht und Herodias antwortete: Den Kopf Johannes’ des Täufers. Da lief
wollte ihn töten lassen. Sie konnte es aber nicht durchsetzen, das Mädchen zum König hinein und verlangte: Ich will, dass
denn Herodes fürchtete sich vor Johannes, weil er wusste, dass du mir sofort auf einer Schale den Kopf Johannes’ des Täufers
dieser ein gerechter und heiliger Mann war. Darum schützte er bringen lässt. Da wurde der König sehr traurig, aber wegen der
ihn. Wenn er ihm zuhörte, geriet er in große Verlegenheit und Eide und der Gäste wollte er ihren Wunsch nicht ablehnen.
doch hörte er ihm gern zu. Eines Tages ergab sich für Herodias Deshalb befahl er einem Scharfrichter, sofort ins Gefängnis zu
eine günstige Gelegenheit. An seinem Geburtstag lud Herodes gehen und den Kopf des Täufers herzubringen. Der Scharfrich-
seine Hofbeamten und Offiziere zusammen mit den vornehms- ter ging und enthauptete Johannes. Dann brachte er den Kopf
ten Bürgern von Galiläa zu einem Festmahl ein. Da kam die auf einer Schale, gab ihn dem Mädchen und das Mädchen gab
Tochter der Herodias und tanzte und sie gefiel dem Herodes ihn seiner Mutter.“
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heftige Auseinandersetzung zwischen den in Rom gestorben – nun ist dem bedeutenden
Vertretern der noch jungen Altorientalistik Künstler der italienischen Renaissance diese
und der protestantischen Theologie bzw. Sonderausstellung gewidmet mit u. a. fünf be
kirchlicher Kreise. Der Assyriologe Friedrich rühmten Madonnenbildern des „jungen Raffa
Delitzsch hatte die unerhörte These verbrei el“ im Dialog mit einer hochkarätigen Leihgabe
tet, die Schilderungen des Alten Testamentes der National Gallery in London: Die „Madonna
seien auf babylonische Vorlagen zurückzu mit den Nelken“ (1506–08) darf zum ersten Mal
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Zum Weiterlesen:
monumenta sanctorum
• Fabrizio Bisconti, Vincenzo Fiocchi Nicolai, Danilo Mazzo-
Die Bischöfe Damasus (366–384) und Ambrosius
leni: Roms christliche Katakomben. Geschichte – Bilderwelt
(374–397) haben die christliche Kulttopografie
– Inschriften. Schnell & Steiner 2000, 208 S., EUR 25,-
von Rom und Mailand durch ihre Bauprojekte
ISBN 978-3-7954-1191-6
maßgeblich geprägt und damit die jeweilige Posi-
tion des Bischofs definiert. Das Werk untersucht • Karl-Wilhelm Weeber: Das antike Rom. Eine Kulturgeschichte
auch die Rolle von Inschriften. Während Märtyrer in zeitgenössischen Quellen. WBG 2017, 384 S., EUR 39,95
bei Damasus als historische Vorbilder dienen und ISBN 978-3-534-26919-8.
den Führungsanspruch der römischen Diözese
untermauern sollen, heben sie bei Ambrosius dessen Leistung hervor.
Er präsentierte die Märtyrer seiner Gemeinde als besondere Christen.
Der Vergleich der Wirksamkeit der beiden Bischöfe erlaubt einen
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frühen Christentums: Märtyrerkult und Kirchenbau unter den Bischöfen impuls@bibelwerk.de
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Damasus und Ambrosius, Reichert Verlag 2013, 279 S.,
ISBN 978-3-89500-955-6, EUR 69,-
Leserreise
Reisedatum: 14.09.2020 - 19.09.2020
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Rom
der Päpste und Hauptstadt des modernen Italien
– „Auf den Spuren der frühen Christen“
Als einstige Metropole der römischen Kaiser, Stadt und Mamertinischen Kerker, in dem Petrus gefan-
gen gewesen sein soll, und zum Forum Romanum.
6. Tag: Der Völkerapostel in Rom
Grabeskirche des Völkerapostels, S. Paolo fuori le
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„città eterna“, zu einem Gesamtkunstwerk mit rund 3. Tag: Das päpstliche Rom n Linienflug mit Lufthansa ab Frankfurt/M. nach
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scher Glanzpunkte und einiger der Hauptkirchen dem 5. und 13. Jh. n Audioguide-System
Roms auch besondere „Schmankerl“: die General- n Transfers mit Reisebussen bzw. mit Metro
audienz von Papst Franziskus sowie die Skulpturen 4. Tag: Höhepunkte des Vatikans n Trinkgelder
Gian Lorenzo Berninis in der Galleria Borghese im Hauptanziehungspunkt des Vatikans ist die atem- n Eintritte lt. Programm
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1. Tag: Aufbruch und Ankommen Vatikanischen Museen; ein weiterer Höhepunkt ist Einreisebestimmungen:
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saike Roms birgt. Besuch des Konstantinbogens und ravaggio. Nachmittag zur freien Verfügung. Information und Anmeldung:
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