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Geschichte 4/2020
WUB
Nr. 98, 25. Jg., 4. Quartal 2020 / Leben nach dem Tod / EUR 11,30 / Österreich, Luxemburg: EUR 11,80 / SFR 19,- / E 14597 / ISSN 1431-2379 / ISBN 978-3-948219-45-1
8 18 28
Ägypten: In Ewigkeit bei den Altes Testament: Wie sich in Israel die Hoffnung auf Neues Testament: Mit Christus in ein
Göttern ein Leben nach dem Tod durchsetzt unzerstörbares Leben
Stefan Schreiber 28
Die Gemeinschaft mit Christus setzt Leben frei
Neues Testament: Vielfältige Modelle für ein Leben
nach dem Tod
Andreas Merkt 34
Wohin geht die letzte Reise?
Jenseitsvorstellungen der frühen Christen
Jutta Dresken-Weiland 42
Wie es einmal sein wird ...
Titel: © Araldo De Luca
Brand-neue Forschung
Jerusalem Das Erdmagnetfeld kann eine Orientierung für
archäologische Untersuchungen sein, da es nie konstant war,
sondern sich verändert, ja sogar innerhalb von großen Zeit
räumen seine Richtung wechselt. Schon seit Längerem wis
sen Archäologen, dass es einen Zusammenhang zwischen der
Magnetstruktur in Materialien und deren Geschichte gibt. Durch
das Erhitzen auf mehrere Hundert Grad Celsius richtet sich die
Magnetisierung der Mineralanteile von Gesteinen parallel zum
Erdmagnetfeld aus und wird als dauerhafte Thermoremanenz
bei jeder Abkühlung neu gespeichert. Die Mineralien speichern
sozusagen die Ausrichtung des Magnetfeldes. Wenn dieses
Material in einer archäologischen Grabung noch in seiner ex
akten Position angetroffen wird, kann somit die Richtung des
Erdmagnetfeldes zur Zeit der letzten Abkühlung der Objekte
bestimmt werden. Das hilft bei der Datierung: Zunächst machte
man sich die Kenntnis der Magnetstruktur bestimmter Gegen Magnetisierung von Material: Archäologische
den zunutze und erstellte eine sogenannte Säkularvariations Strukturen speichern beim Erhitzen die Richtung und
kurve. Diese stellt die Veränderung des Magnetfeldes im Laufe Stärke des aktuellen Erdmagnetfeldes.
von Jahrzehnten und Jahrhunderten dar. Mit ihrer Hilfe lässt sich
gefundenes Material auf ± 25 Jahre genau datieren. Nun ergab
sich in Jerusalem der glückliche Umstand, dass die exakte Da babylonischen Eroberung Jerusalems niedergebrannt wurde. So
tierung einer Erhitzung bekannt war und die zugehörigen Zer konnten die Magnetlinien zeitlich zugewiesen werden.
störungsschichten jetzt entdeckt wurden. Es wurde ein großes Nach einer Studie der IAA, die in der wissenschaftlichen Zeit
öffentliches Gebäude gefunden, das im Jahr 586 vC während der schrift PLOS One veröffentlicht wurde, sammelte der Hauptautor
und Archäologe Yoav Vaknin Daten von Bodenstücken eines
großen, zweistöckigen Gebäudes, das auf dem Ausgrabungs
gelände des ehemaligen Givati-Parkplatzes am nördlichen Teil
der sogenannten Davidstadt freigelegt wurde. Mineralien, die
in Dutzenden von herabgefallenen Steinen eingebettet waren,
wurden bei der Zerstörung des antiken Jerusalem 586 vC auf
eine Temperatur von über 500 Grad Celsius erhitzt und dabei
magnetisiert. Daraus lassen sich exakte geomagnetische Koor
dinaten des damaligen Erdmagnetfelds gewinnen.
Das von der Europäischen Union finanzierte Forschungspro
jekt brachte in mehrfacher Hinsicht interessante Informationen:
1. Es gelang, ein Gebäude von 586 vC genau zu rekonstruieren,
weil man die Ausrichtung der Steine erkennen konnte. Selbst
die durch den Einsturz quer liegenden Fußböden des 2. Stocks
konnten exakt bestimmt und untersucht werden.
2. Für eine sonst sehr datenarme Zeit (auch in Europa gibt es
für das 6. Jh. vC wenige Informationen) liegen nun Auskünfte
© Links: IAA rechts: © 2010 Archmag.de
Jerusalem Die Könige Hiskija und „Die Funde zeigen, dass hier Steuern „Kultur ist Ausdruck von
Manasse gehören wohl zu den be für landwirtschaftliche Produkte wie
rühmtesten der israelitischen Königs Wein und Olivenöl in geordneter Weise
Humanität. Darauf kommt es
geschichte. Unter ihrer Regierung erhoben und gesammelt wurden“, er an. Jetzt mehr denn je!“
entfaltete Jerusalem eine vorher nie klärten sie. Selbst die Nähe der assy
da gewesene Größe. Nun wurde bei rischen Truppen brachte das Jerusale Monika Grütters, Beauftragte der Bun-
archäologischen Ausgrabungen im mer Steuerwesen offensichtlich nicht desregierung für Kultur und Medien in
Stadtteil Arnona in der Nähe der US- zum Erliegen. einem Interview im April 2020.
Botschaft in Jerusalem ein Materialla Ein Rätsel bleibt, warum die große
ger und Verwaltungszentrum aus der Struktur im Lauf der Antike von einer
Zeit dieser Könige entdeckt, teilte die massiven Anhäufung von Feuersteinen
Israel Antiquities Authority (IAA) mit. bedeckt wurde. Die Steinansammlung
Die Funde werden in die Zeit der as bildet einen künstlichen Hügel von
syrischen Eroberungsfeldzüge unter 20 m Höhe und ca. 7000 m² Fläche. Ein
König Sanherib datiert. Das Lager aus weiterer Fund, der Licht auf den in den
dem 8./7. Jh. vC besteht aus konzentri Königsbüchern (z. B. 1 Kön 16) kritisier
schen Quaderwänden. In den Räumen ten Synkretismus der Epoche wirft, ist
wurden 120 Krughenkel mit Siegelab eine Sammlung von Tonstatuetten von
drücken gefunden. Viele der Griffe tra Frauen, Reitern oder Tieren. „Diese
gen die Inschrift LMLK (dem König ge Figuren werden gewöhnlich als Gegen
hörend) mit dem Namen einer antiken stände interpretiert, die in der Vereh
Stadt wie Hebron, Ziph oder Socho. rung verschiedener Götter verwendet
Andere tragen Namen von hohen Be werden – ein Phänomen, das nach bi
amten oder wohlhabenden Personen blischem Zeugnis im Königreich Juda
aus der vorexilischen Zeit. weit verbreitet war“, so Sapir und Ben-
Die Ausgrabungsleiter der IAA, Ne Ari. Das Steuerzentrum wurde offen Tonfigurinen von Frauen und Tieren,
ria Sapir und Nathan Ben-Ari, erklä bar in persischer Zeit wieder in Betrieb die jüngst bei Ausgrabungen in Jerusa-
ren die Bedeutung der Entdeckung: genommen. W (IAA/wub) lem entdeckt wurden.
gelabdrücke aus Ton. Das Siegel mit einem Marduk. Zunächst mutet es seltsam an, Das Siegel im ba-
Durchmesser von 8 cm besteht aus einer dass in Israelbabylonische Stilelemente bylonischen Stil aus
vor Ort hergestellten Keramikplatte. Auf Verwendung fanden. Die Ausgräber sehen der persischen Epoche
der Rückseite sind Ansätze eines früher darin aber eine ganz normale Übernahme deutet auf eine gewisse
vorhandenen Griffs erkennbar. Der kreis von Motiven, die aus der Zeit des Babyloni administrative Blüte der
förmige Rahmen enthält mehrere zeilenar schen Exils bekannt und verbreitet waren, Stadt in dieser Zeit hin.
tige Linien. Die Siegelabdrücke zeigen das „so ähnlich wie die Blue Jeans aus Amerika
Bild einer Person, die auf einem großen in Europa.“ W (IAA/wub)
Wohin geht die Reise nach dem Tod – oder ist alles vorbei?
Wie stellst du dir den Himmel vor oder die Unterwelt? Treffen wir
die anderen wieder? Wie sehen wir aus und was ist mit unserem Körper?
© I123rf.com/gor Stramyk
O
ihr auf Erden Lebenden, die das Leben lie- regenerieren: Er stieg zu den Sternen auf, wo die
ben und den Tod hassen“ – dieser Aufruf achu, die Geister der Könige, ewig leben. Diese
lädt an den Wänden vieler Grabkapellen Vorstellung entwickelt sich weiter, sodass an
im Alten Ägypten dazu ein, eine Opfergabe abzu- der Innenwand der Sarkophagdeckel des Neuen
legen oder eine Gedenkhandlung zugunsten des Reiches (ab etwa 1600 vC) Nut in voller Länge
Verstorbenen zu vollziehen. Ägypten erscheint ausgestreckt dargestellt wird. Sie bedeckt so den
vielleicht auf den ersten Blick als eine Kultur,
die vom Tod geradezu besessen ist. Doch das ist
falsch. Die große Leidenschaft der Ägypter war
das Leben. Das ägyptische Anch-Zeichen, mit
Die große Leidenschaft der Ägypter war das
der hieroglyphischen Bedeutung „Leben“ (ânch) Leben. Das Anch-Zeichen ist allgegenwärtig
und Attribut aller Gottheiten, ist in Bild und
Schrift allgegenwärtig. Die Ägypter hassten den
Tod. Er erschien ihnen als ein machtvoller Feind. Verstorbenen, sobald sich der Sarg geschlossen
Die Bewohner des Niltals waren schon sehr hat, damit sie ihn in ihren Schoß nehmen und in
früh davon überzeugt, dass der Tod nur die ein neues Leben hinein gebären kann – so wie
Schwelle zu einem neuen Leben ist. Natur die Sonne, Re, jeden Morgen neu aufgeht. Eine
phänomene, die ihr Leben prägten, sind mit die- Zuschrift bei der Göttin im Sarkophagdeckel er-
ser Überzeugung verbunden: der morgendliche klärt das so: „Ich lege dich in mich hinein, ich ge-
Sonnenaufgang im Osten des Nils nach dem im bäre dich ein zweites Mal, damit du herausgehst
Westen sichtbaren „Tod“ der Sonne, die Nilflut und unter die unzerstörbaren Sterne eintrittst und
nach langen Monaten des Niedrigwassers, die dass du jeden Tag, wie die Sonne, aufstehst, belebt
den Boden fruchtbar machte. Das versunkene und verjüngt wirst.“
Getreide starb, um erneut Früchte zu tragen. Dynastien
Die ägyptische Geschich-
Osiris: die Auferstehung als te wird in 31 Dynastien
Wiedergeboren werden wie die Sonne politischer Mythos gezählt. Die erste wird
In der prädynastischen Ära begruben die Ein- Dieser großartigen Wahrnehmung des Todes um 3000 vC angesetzt.
wohner Ägyptens ihre Verstorbenen in einer Em- als Nachahmung der Sonne stellten die Könige Die letzte Dynastie endet
mit dem Untergang des
bryonalhaltung – vermutlich bereits ein Zeichen einen kraftvollen Mythos zur Seite, den Mythos
Römischen Reichs. Um
für einen Glauben an den Tod als „Rückkehr in von Osiris, dem guten Gott, „Besitzer der Maat“
286 vC hat unter Ptolema-
den Mutterschoß“, also für die Idee einer Wie- und damit Wahrer der Gesellschaftsordnung.
ios II. der Priester Manetho
dergeburt. Nach Inschriften, den „Pyramiden- Osiris ist der Sohn der Nut. Er wurde als der nach seinen Recherchen
© Araldo De Luca
texten“, die am Ende der 5. Dynastie (um 2350 fruchtbare Nil betrachtet und mit dem Getreide in den Tempelarchiven die
vC) in den Pyramiden angebracht wurden, ist verbunden, das stirbt und wiederersteht; er wird Dynastien aufgelistet. Er
dem Herrscher die Bestimmung angekündigt, von seinem Bruder Set, dem Urbild der Unord- selbst lebte demnach in
sich im Schoß von Nut, der Himmelsgöttin, zu nung und der kargen Wüste, ermordet und zer- der 30. Dynastie.
stückelt, aber durch die Liebe seiner Schwester Gott erhebt sich, der Gott setzt seinen Körper neu
und Gemahlin Isis ersteht er wieder auf wird neu zusammen.“
zusammengesetzt. Dass Osiris so populär wur- Es gibt eine sicherlich gewollte und bewuss-
de, geht – wie es die Forschung heute versteht te Entsprechung zwischen Mythos und Politik:
– auf eine stark politisch motivierte Initiative Der wiedervereinigte Körper des Königs ist das
der Könige der 5. Dynastie zurück. Ihre Vorgän- Bild des sozialen Zusammenhalts, den die Mo-
ger waren als „Besitzer der Maat“ bezeichnet narchie gewährleisten muss – so wie der Weg
Maat worden, da sie für die staatlich notwendige ge- der Sonne die kosmische Harmonie aufrechter-
„Die Maat aber wird ewig sein. Sie steigt Unterteil (links) befindet sich Osiris, sein Körper ist ersetzt durch die Djed-
an der Hand dessen, der sie übte, ins Toten- Säule, ein Symbol für Stabilität und Dauer. Im Deckel (rechts) bedeckt die
reich hinab. Er wird begraben und vereint Himmelsgöttin Nut, die die Sonne in Händen hält, die Verstorbene. Lyon,
sich mit der Erde; sein Name aber wird nicht Musée des Beaux-Arts.
11
2010112004530F-01 am 23.10.2020 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 4/2020
Ägypten und das jenseits
ausgelöscht werden auf Erden, sondern man ge- Menschen Ägyptens glaubten an ein Gericht,
Ach, ach-Geist denkt seiner wegen der Tugend.“ das die Verstorbenen nach ihren Verdiensten
Achu-Geister sind Aber die Ägypter haben auch angenommen, für würdig oder unwürdig erklärte, Zugang zur
strahlende Wesen, die dass die ethisch-soziale Maat, die hier auf Erden Ewigkeit zu erhalten. Dieser Glaube zeigt sich
den Göttern gleichgestellt wirkt, nichts anderes ist als die kosmische Maat, zum ersten Mal deutlich in der Lehre für König
sind. Ach umfasst sowohl die universelle Harmonie. Als eigenständige Göt- Merikare (um 2050 vC): „Die Richter, die den Be-
die Idee des Leuchtens
tin ist sie eng mit der Schöpfersonne Re und al- drängten richten, du weißt, dass sie nicht milde
als auch der Wirkkraft.
len Göttern verbunden, die das kosmische Gleich- sind an jenem Tag, an dem sie die Bedrückten
gewicht bewahren. Re soll „von Maat leben, nur richten … Die Existenz dort aber währt ewig. Ein
Ba durch Maat existieren, mit Maat vereint sein“, wie Narr, wer tut, was sie [die Richter] tadeln. Aber
Begriff der ägyptischen
die Texte immer wiederholen. Maat, die richtige wer zu ihnen gelangt ohne Frevel, der wird dort
Anthropologie, oft annä-
Ordnung des Kosmos und der Gesellschaft, ist die sein als ein Gott, frei schreitend wie die Herren
herungsweise mit „Seele“
Substanz des Re und der Gottheiten. der Ewigkeit [neheh].“
wiedergegeben, aber viel-
mehr eine „Schnittstel- Ein Mensch, der die Maat sein ganzes Leben Erst im Neuen Reich gab das Totenbuch eine
lenkraft“, die Menschen lang praktizierte, war so sehr von ihr durchdrun- vollständige Beschreibung eines solchen Urteils
und Götter besitzen. Es gen, dass er sich bei seinem Tod maâ cheru fand, als „Wiegen des Herzens“: Der Verstorbene wird
ist die Fähigkeit, sowohl „gerecht an Stimme“, gerechtfertigt, sozusagen vor der Versammlung der Götter unter dem Vor-
im sichtbaren als auch im maatisiert. Nachdem jemand das gelebt hat, wo- sitz des Osiris vorgestellt. Nun wird sein Herz,
unsichtbaren Teil des Uni- von die Götter leben, erreicht er nach dem letz- die Erinnerung an sein Leben, gegen die Maat
versums präsent zu sein. ten Atemzug natürlich den göttlichen Zustand abgewogen, um seine Eignung zu überprüfen.
Aufgrund dieser freien – er wird ein Gott unter den Göttern. Durch sei- Wenn sich die beiden Waagschalen ausgleichen,
„Volatilität“ wird das Ba
ne Erfüllung der ethisch-sozialen Maat „hier un- wird der Verstorbene im Königreich des Osi-
eines Menschen als Vogel
ten“ überlebt er nicht nur im Gedenken der Men- ris willkommen geheißen, er erreicht das ewi-
mit menschlichem Kopf
schen, sondern nimmt vielmehr am Jenseits teil ge Mahl der Götter. Dieses Urteil soll in einem
dargestellt.
wie die Götter – an der Freude der kosmischen Raum der „zwei Maats“ stattgefunden haben.
Neheh Maat. Vom Leben führt die Maat in die Unsterb- Die Identifizierung dieser zwei Maats ist umstrit-
Dynamische Ewigkeit (im lichkeit, die göttliche Ewigkeit. ten. Eine plausible Hypothese von Bernadette
Gegensatz zu djet, unver- Menu legt nahe, dass die Ägypter in der einen
änderliche Ewigkeit), die die gesellschaftliche Maat (Solidarität) sahen,
dem Kreislauf der Zeit auf Nach der Maat beurteilt werden die den Verstorbenen auf seinem Weg zur Recht-
der Erde entspricht. Dieser qualitative Sprung erfordert einen Be- fertigung unterstützt, und in der anderen die
währungstest, das berühmte „Totengericht“. Die kosmische Maat (das dynamische Gleichgewicht
die Christen Ägyptens, das alte Lebenskreuz als lokale Variante des
Kreuzes Christi, ein Symbol für den Sieg des Lebens über den Tod.
Anch-Kreuze aus einer koptischen Kirche des
Das Anch-Zeichen hat aber heute auch für verschiedene esoterische
5. Jh. nC. Eine Person, gekleidet wie ein römischer Kaiser,
Gruppen oder in der Gothic-Bewegung symbolische Bedeutung –
hält zwei Kreuze in Form der pharaonischen Anch-Kreuze
oder ist einfach als Schmuckstück beliebt. hoch. München, Ägyptische Sammlung.
Es werde Licht
Nachdem ein Verstorbener siegreich aus dem
Wiegen des Herzens hervorgegangen war,
wurde er vollständig zu einem ach-Geist, je-
nem strahlenden Zustand dessen, mit dem
die Pyramidentexte bereits die zum Himmel
erhobenen Könige belohnten. Ein ach zu sein
bedeutete, die Fülle des Seins zu erreichen,
die leuchtende Pracht der Gottheiten selbst.
Deshalb wurden ab dem Neuen Reich Sarko-
phage und Bestattungsmasken zunehmend
mit Gold veredelt, sie waren so mit göttlicher
Haut bekleidet, „die aus Re kommt, für alle
Ewigkeit“, wie das Einbalsamierungsritual
sagt. Der Tod wird nur eine vorübergehende
Nacht gewesen sein, eine notwendige Bedin-
gung für das Aufgehen in das endlose Licht.
Das ist die Bedeutung des wahren Titels die-
ses Schriften-Korpus, dem wir fälschlicher-
weise den Titel Toten-Buch geben. Die Ägypter
nannten es „Buch, um am Tage herauszuge-
hen“ oder sogar nach einer alten Hypothese,
die es vielleicht verdient, beachtet zu werden,
„Buch, um als Tag, als Licht, auszugehen“
oder „Buch vom Heraustreten in das Tages-
Totenbuch des Nebqed, 18. Dynastie, Herrschaft des Amenhotep III.
licht“. Zeigt nicht die Vignette in Kapitel 64
(1391–1353 vC). Der Verstorbene erhebt sich auf dem Dach, unter dem
dieser Sammlung den Verstorbenen, der aus seine Mumie ruht, und steht auf Augenhöhe vor der strahlenden Sonne.
seinem Grab aufgestiegen ist und in der glei-
© Dagli Orti/Aurimage
Und der demotische Roman des Sat- wie die Sonne zu leuchten“ (Mt 13,43)?
Prof. Dr. Christian Cannuyer ni (1. Jh. nC) erzählt ein Gleichnis, das Wie konnten die Ägypter nach mehr
lehrt Vorderorientalische der Erzählung über den armen Laza- als drei Jahrtausenden, in denen die
Religionsgeschichte, christ-
rus (Joh 11) ähnelt: Ein unglücklicher Auferstehung in Osiris und die Auf-
liche Kirchengeschichte und
koptische Sprache an der
Mann, der in einer einfachen Matte nahme in die wiedergeborene Sonne
Katholischen Universität und ohne Beerdigungsprotokoll be- ihre Hoffnung gewesen war, den Glau-
Lille. Er ist Präsident der graben wurde, triumphiert an der Sei- ben an Christus, dessen Auferstehung
belgischen Gesellschaft für te von Osiris, nachdem er die Prüfung eine Garantie für das Leben war, nicht
Orientalistik. der Waage bestanden hat, während ein willkommen heißen? W
D
ie Menschen des antiken Me- diese wandernden Toten wie Schatten
sopotamien empfanden den oder als Atemzüge oder durchsichtige
Tod als ein unausweichliches und verschwommene Silhouetten wahr-
Schicksal. Ein Schicksal, das den Men- genommen worden zu sein. Aber Etem-
schen von den Göttern am Anfang der mu ist nicht immer von volatiler Natur,
Menschheit aufgezwungen worden war. da in literarischen Texten Totengeister
Nur Uta-Napischtim, ein berühmter auch berührt, geschlagen oder geküsst
Überlebender der Großen Flut, dessen wurden. Sie behielten auch das Ausse-
Name „Er fand das Leben“ bedeutet, hen der Lebenden und manchmal sogar
erhielt im Gilgamesch-Epos den Status die charakteristischen Eigenschaften
eines Unsterblichen. Aber der unver- ihres sozialen Status bei.
meidliche Tod beendete die Existenz Die verfügbaren Quellen aus vielen
nicht. Er wurde als ein Bruch gesehen, Jahrhunderten stimmen aber darin
der zu einer anderen Lebensform führ- überein, die Welt der Toten unter der
te. Etemmu, der Geist oder die Seele Erdoberfläche zu lokalisieren, wäh-
© The British Museum, London, Dist. RMN-Grand Palais/Das Kuratorium des British Museum
des Menschen, verließ zum Zeitpunkt rend der Haupteingang zur Totenwelt,
des Todes den Körper, um sich zu sei- das sogenannte „Tor des Sonnenun-
nem letzten Aufenthaltsort zu bewe- tergangs“, irgendwo weit im Westen
gen, einem unterirdischen Ort, zu des- liegt. Um dorthin zu gelangen, musste
sen Eingangstor sich ausnahmslos alle man einen langen und beschwerlichen
Der Mythos vom Abstieg der
Verstorbenen begeben mussten. Die Weg gehen, der manchmal als „Weg
Bestattung ermöglichte den Zugang zur ohne Rückkehr“ bezeichnet wurde.
Ischtar in die Unterwelt
(„Ischtars Höllenfahrt“). Die Him-
Unterwelt, wobei das Grab als direkter Neben dem Grab verband eine Lapis-
melsgöttin Ischtar will auch die
Zugang wahrgenommen wurde. lazuli-Treppe, die von göttlichen Bo-
Unterwelt beherrschen und durch-
ten benutzt wurde, die Wohnstatt der
schreitet sieben Tore ins Innere
Gottheiten oben mit der der Gottheiten der Unterwelt. Die Unterweltgöttin
Unangenehme Geister der Unterwelt – und aus Spalten in der Ereschkigal tötet sie, erweckt sie
Wessen Körper nicht begraben wurde, Erdkruste konnten Dämonen aus der jedoch wieder mit dem Wasser des
war dazu verdammt, ein umherirrender Unterwelt auftauchen. Lebens, weil sich auf der Erde kein
Geist zu werden. Zahlreiche Beschwö- Mensch und kein Tier mehr fort-
rungen sind überliefert, mit denen man pflanzen kann ... Keilschrifttafel aus
jene anhänglichen und unangenehmen Und hinter den Toren zur dem 7. Jh. vC aus der Bibliothek
Geister loswerden wollte. Die Mesopo- Unterwelt? des Assurbanipal in Ninive (Irak),
tamier dachten von ihnen, sie könnten Der Zugang zur Totenwelt wurde durch der ehemaligen assyrischen Haupt-
sehen und hören. Manchmal scheinen sieben Türen gesichert, die vom Petu, stadt. London, British Museum.
dem „Hauptpförtner der Unterwelt“, streng Die Erzählungen vom Tod berühmter Per-
chtonisch bewacht wurden. Was der unvorsichtige Be- sönlichkeiten wie Gilgamesch, dem legen-
… bezeichnet alles, was sucher hinter diesen Türen sehen konnte, ist dären König von Uruk, beleuchten, wie Ver-
sich auf die Unterwelt- in den Texten nicht eindeutig und nicht über- storbene in die Totenwelt eintreten. Zwar
Gottheiten bezieht. einstimmend erzählt. Einige erwähnen einen sollten die Verstorbenen offensichtlich den
Fluss, manchmal als „Fluss, der die Men- wichtigsten chtonischen Gottheiten Geschen-
schen verschlang“ bezeichnet, auf dem der ke darbringen, aber es gibt keinen Hinweis
Fährmann Siluli, eine Art mesopotamischer auf ein Gerichtsverfahren, in dem die mora-
Charon, segelte. Andere erwähnen Paläste als lischen Qualitäten oder früheren Taten des
Wohnstätten der Unterweltgottheiten und im Verstorbenen bewertet worden wären. Eine
Sumerischen erhielt die Welt der Toten die Be- Passage aus dem Gilgamesch-Epos erklärt,
zeichnung urugal, wörtlich „große Stadt“ – all dass ein Mann, der auf einem Schlachtfeld
das sind vielleicht entfernte Hinweise darauf, gefallen ist, nicht das Schicksal eines Men-
dass Mesopotamier sich diesen Ort bildlich schen teilt, der von einem Löwen oder einem
als urbanes Zentrum vorstellten. Hund verschlungen wurde – und dass ein
Aussätziger von allen verlassen wird, als ob
er weiterhin andere infizieren könnte. Soll
Der Fluss in der Unterwelt soll ausgetrocknet das wirklich bedeuten, dass das postmortale
Schicksal eines Menschen von seinen Todes-
gewesen sein, die Ähren der Felder kahl umständen abhängt?
Vielmehr heben die zitierten Einzelfälle
wohl zwei große Bedenken der Mesopotamier
Einige Quellen führen aus, dass das König- hervor: die Bedeutung der Bestattung als Vor-
reich der Ereschkigal, der Herrscherin über aussetzung für den Zugang zur Welt der Toten
die Totenwelt, kein guter Ort war. Eine Erzäh- und die Integrität des Körpers oder zumindest
lung berichtet vom Abstieg der Göttin Ischtar des Skeletts, das in anatomischer Verbindung
in die Unterwelt („Ischtars Höllenfahrt“): bleiben sollte. Wenn man zerstückelt oder ei-
„Es wandte die Tochter des Sin [Ischtar] ih- nes Teils seiner Anatomie beraubt wurde, lief
ren Sinn nach dem finsteren Haus, der Wohn- man Gefahr, nicht mehr erkannt zu werden,
statt von Erkalla, seine Identität zu verlieren, d. h. weder für die
zum Haus, das, wer es betritt, nicht mehr Lebenden noch für die Toten mehr zu existie-
verlässt, auf den Weg, dessen Beschreiten ohne ren.
Rückkehr ist,
zum Haus, worin, wer es betritt, des Lich-
tes entbehrt, wo Staub ihr Hunger, ihre Speise Die Lebenden tragen Verantwortung für
Lehm ist, das Licht sie nicht sehen, sie in der die Verstorbenen
Finsternis sitzen. Nachdem sie sich an ihrer letzten Ruhestätte
Und sie tragen wie ein Vogel ein Flügelkleid. niedergelassen hatten, lebten die Toten in der
Auf Tür und Riegel lagert sich Staub.“ Abhängigkeit von ihren Nachkommen. Die-
se waren dafür verantwortlich, sie mit dem
Nötigsten zu versorgen, um ihre Existenz zu
Das Skelett sollte vollständig sein sichern. Das Ende des sumerischen Epos „Gil-
Haben sich die Mesopotamier ihren letzten gamesch, Enkidu und die unheilvolle Welt“
Aufenthaltsort wirklich so vorgestellt? Alles fasst die Situation sehr gut zusammen: Je
deutet darauf hin, dass der Autor dieser Be- mehr Söhne ein Mann hat, desto wahrschein-
schreibung vor allem versucht hat, eines der licher ist es, dass er über das Grab hinaus
Hauptmerkmale der Unterwelt bildlich her- glücklich ist. Auf der anderen Seite isst ein
vorzuheben: die Abwesenheit jeglicher Form Mann, der niemanden hat, der sich um ihn
Véronique Van der Stede von Leben. Wasser und Nahrung, die Symbole kümmert, „die Reste aus den Töpfen und die
Archäologin und Assyriologin, des Lebens schlechthin, werden in der Welt auf die Straße geworfenen Brote“. Diese Für-
wissenschaftliche Mitarbeiterin der Toten als abwesend beschrieben – und sorge für den Verstorbenen führte zu einer re-
an den Musées Royaux d’Art et
wenn sie vorhanden sind, dann in unbrauch- gelmäßigen Praxis des kispum, einem Ritual
d’Histoire in Brüssel, Lehrbeauf-
tragte an der Freien Universität
barer Form. So wird die Welt der Toten auch der Totenpflege, bei dem der Erbe eine Speise
Brüssel. Direktorin der syrisch- als „Haus der Finsternis“ bezeichnet, ihr darbrachte, aber auch den Namen eines Vor-
europäischen Ausgrabungen von Fluss soll ausgetrocknet gewesen sein, die Äh- fahren rief, um sicherzustellen, dass er oder
Tell Beydar (Syrien). ren ihrer Felder kahl und ihre Schafe wolllos. sie ihre Identität nicht verlor. W
Für Mesopotamien kann man festhalten: Die Verstorbenen unterlagen keinem postmortalen Gericht oder Urteil. Der Körper
musste aber begraben werden. Die Erhaltung des Fleisches scheint kein Schlüsselfaktor für das Erreichen der Ewigkeit
gewesen zu sein, dennoch war es wichtig, die Gebeine der Vorfahren vor Zerstörung oder Zerstreuung zu bewahren.
2.
Staub, Stille,
Finsternis –
alles aus und vorbei?
In der Welt der Toten ist es dunkel, totenstill, staubig. Die Unterwelt ist
unersättlich … und Gott ist weit weg. Dennoch entsteht ein biblischer
Auferstehungsglaube. Von Angelika Berlejung
D
er Tod erscheint im Alten Testa- stehen, bis sie nach dem Zerfall ihrer ir- ner selbst. Der Tod bewirkte also, dass
ment als ein vertrauter Begleiter dischen Reste ihre Existenz in der Unter- der betroffene Mensch die Existenzform
und akzeptierter Bestandteil des welt fortsetzen konnten. Die Vorstellung, wechselte. Zugleich betrat er mit der Un-
© Todd Bolen/BiblePlaces.com; A.D. Riddle/BiblePlaces.com; Courtesy Israel Antiquities Authority
Lebens. War ein Mensch zu Tode gekom- dass die Leiche gefährdet war, da es sich terwelt einen neuen Existenzraum und
men, so blieben nach alttestamentlicher hierbei um einen Menschen in seiner einen neuen Existenzabschnitt, d. h., er
wie vorderorientalischer Vorstellung geschwächtesten Form handelte, der wechselte Raum und Zeit und gehörte
der leblose Körper und ein ungreifbarer nicht mehr in der Lage war, seinen Ver- von nun an der Totengemeinschaft, dem
Totengeist, der sich von der Leiche lö- wesungsprozess im Grab und seine un- „Volk der Unterwelt“ (Ez 26,20), an. Er
sen und unabhängig von ihr bewegen gestörte Reise in die Unterwelt selbst zu hatte sich also auch gesellschaftlich ver-
konnte (1 Sam 28). Die Leiche trug diesen verteidigen, führte dazu, dass man dach- ändert. Der Tod trennte von allem, was
„Geist“ noch in sich, bis er sich auf die te, die Leiche schützen zu müssen. Man lieb und vertraut war.
Reise ohne Wiederkehr, also in die To- gab ihr dazu Amulette mit und brachte Die Auflösung aller Zusammenhän-
tenwelt begab. Die Schlüsselrolle für die an den Gräbern Inschriften mit Flüchen ge, die das Leben ausmachen, war das
Trennung von Leiche und Totengeist kam gegen Grabschänder oder apotropäische Hauptkennzeichen des Todes, das ihn
dem korrekt durchgeführten Begräbnis Zeichen gegen böse Kräfte und Zauberei zum „König der Schrecken“ machte.
zu. Es handelte sich dabei um ein Über- an, um sie gegen Gefährdungen jeglicher
gangsritual, das den Geist des Verstorbe- Art zu verteidigen.
nen vom diesseitigen Lebensraum in den Nach der gelungenen und korrekten Hinab zu den Vorfahren
jenseitigen überführte. Archäologische Bestattung war es für den Verstorbenen Die Welt der Toten wurde unterhalb der
Funde zeigen, dass man den Toten Grab- keineswegs aus und vorbei. Er setzte sei- Erde lokalisiert, sodass der Verstorbene
beigaben wie Vorräte, Schuhwerk und ne Existenz in der Unterwelt fort, wo er zu ihr in die Tiefe hinabsteigen musste.
schützende Amulette mitgab, die ihnen sich zu seinen Vorfahren versammelte. Dort traf er in der Unterwelt auf alle sei-
helfen sollten, die Zeit der Verwesung im Dort war er nur noch ein Totengeist und ne Vorfahren, mit denen er für den Rest
Grab und ihre Reisezeit sicher zu über- in dieser Daseinsform ein Schatten sei- aller Zeiten verweilte. Das Alte Testa-
ment kennt eine Vielzahl von Begriffen, staubig. Manche Texte implizieren, dass gesprochen wird, der kein Maß kennt.
© A.D. Riddle/BiblePlaces.com; Plan: William G. Dever 1969–1970. Iron Age Epigraphic Material from the Area of Khirbet
die die Totenwelt (hebr. scheol, griech. man an eine Unterweltsstadt mit Toren Die Rede von ihrer Hand (Ps 89,49), ih-
hades) bezeichnen. Sie geben zum Teil (Jes 38,10; Ps 9,14; 107,18; Ijob 38,17; ren Stricken, Fesseln (Ps 18,6) und Fallen
auch schon einen Eindruck davon, wel- Weish 16,13) dachte, deren Türme zu- (2 Sam 22,6) zeigt, dass sie gierig nach
che Charakteristika man diesem Bereich gleich die Säulen oder Fundamente der Menschen greift, sie regelrecht jagt und
zuschrieb. So lassen die Bezeichnungen Oberwelt waren (Dtn 32,22; Ps 75,4; 18,8; festhält. Insofern war man im Leben da-
• „Land der Dunkelheit und Finsternis“ 82,5). Über die genaue Organisation der rum bemüht, sich nicht an Lokalitäten
(Ijob 10,21), Unterweltsstadt gibt es keine Belege. zu begeben, wo Zugänge zur Unterwelt
• „Schweigen“ (Ps 94,17; 115,17), Die Vorstellung, dass die Unterwelt vermutet wurden, wie z. B. bei Gräbern,
• „Land des Vergessens“ (Ps 88,13), von einer Gottheit oder einem Götterpaar Brunnen, Höhlen, in der Wüste, dem
• „Tiefen der Erde“ (Jes 44,23; Ps 63,10; beherrscht und bewohnt wird, ist altori- Ozean rings um den Erdkreis und an den
Ez 26,20; 32,18.24), entalisch, ägyptisch und griechisch gut Grenzen des Gebirges.
• „Finsternis“ (Ps 88,13), belegt und ist auch für das polytheisti-
• „Sammelstätte aller Lebenden“ sche vorexilische Israel und Juda wahr-
Das Dasein als Schattenwesen
El-Kôm. Hebrew Union College Annual 40–41 Dever Figure 5
(Hi 30,23), scheinlich: Einige biblische Belege per-
• Abaddon bzw. „Vernichtung(splatz)“ sonifizieren die Unterwelt (z. B. Jes 5,14 Der Totengeist war für den Rest seines
(Ijob 26,6; Ps 88,12; Spr 15,11; 27,20), „Darum hat die Unterwelt ihren Rachen Daseins davon abhängig, wie seine Lei-
• „Ewigkeit/[Haus der] Ewigkeit“ weit aufgerissen / und maßlos sperrt sie che von den Lebenden behandelt wur-
(Ez 26,20; Ps 49,12), ihr Maul auf“) bzw. Abaddon wie auch de. War diese nicht begraben oder später
• „Trümmerstätte“ (Ez 26,20), den Tod (= Mot), sodass diese als göttli- etwa durch Grabräuber aufgestört wor-
• „Grab“ (Ps 88,12), che Herrscher des Totenreiches infrage den, so hatte der Tote keine Ruhe und
• „Staub“ (Ijob 17,16), kommen. konnte den Lebenden nachstellen. Von
• „Loch, Zisterne“ (Ez 26,20; Jes 14,15; Die Unterwelt bekommt nie genug. einer ordnungsgemäß bestatteten Lei-
Ps 88,7) oder Ihre Unersättlichkeit (Spr 27,20; 30,16) che gingen hingegen keine besonderen
• „Grube“ (Jona 2,7) wird besonders darin deutlich, dass Gefahren aus, insbesondere dann nicht,
bereits erkennen, wie man sich die bildhaft-personifizierend von ihrem wenn man im Anschluss an die Bestat-
Unterwelt dachte: finster, totenstill und Schlund und Rachen (Jes 5,14; Ps 141,7) tung dauerhaft Totenpflege (Nahrungs-,
Libationsopfer und Namensanrufung) betrieb 88,11-13), sodass sie keine Beziehung zu Gott
und die Leiche ungestört blieb. Ihr Totengeist mehr haben oder pflegen. Erst in spätnach Nekromantie
hatte einen festen Wohnsitz in der Totenwelt exilischer Zeit, ab etwa dem 4. Jh. vC, kommt Form von Totenbeschwörung,
und konnte auch als hilfreich gelten. So konn- in weisheitlichen Texten eine neue Perspekti- mit der man die Begegnung
te man die Begegnung mit einem Totengeist ve hinzu, wonach es eine dauerhafte Gemein- mit einem Totengeist herbeizu-
bewusst provozieren, indem man die Geister schaft mit Gott gibt, die auch durch den Tod führen versuchte, um ihn über
die Zukunft oder ein konkretes
der Toten herbeirief, um sie über die Zukunft nicht zerbrochen werden kann (vgl. Ps 16,10f;
Problem zu befragen
oder ein konkretes Problem zu befragen (= Ne- 73,23-26).
kromantie). Diese zuvorkommenden Dienste
leisteten die Schattenwesen selbstverständ-
lich nur dann, wenn sie zuvor ordnungsgemäß JHWH ist zunächst ein Gott des
und regelmäßig mit Wasser und Nahrung ver- Diesseits
sorgt und regelmäßig namentlich angerufen JHWH wurde als Gott der Lebenden und des
worden waren, was ihnen ihr Dasein in der Diesseits gepriesen und war anfänglich nicht
staubigen Unterwelt spürbar erleichterte. für die Unterwelt zuständig. Daran ändert
Verschiedentlich ist die Überzeugung be- auch wenig, dass JHWH außerbiblisch im Kon-
legt, dass die Toten genau in der Gestalt in text von Grab und Tod zum ersten Mal in Chir-
der Unterwelt existierten, die sie im Moment bet el-Qom (Ende 8. Jh. vC, Juda) belegt ist, wo
ihres Todes gehabt hatten. Dies machte es er und seine Partnerin, die Göttin Aschera, in
möglich, einen Verstorbenen unter Umstän- einer Inschrift in einem Grabinnenraum ge-
den bei seinem Aufstieg aus der Unterwelt als nannt werden. Die Inschrift setzt keine Wir-
die Person wiederzuerkennen, die er im Leben kungsmöglichkeiten der beiden Gottheiten im
gewesen war (1 Sam 28). Im Allgemeinen stell- Totenreich voraus, sondern bezieht sich auf
te man sich die Toten aber eher unspezifisch, die sichere Grabruhe des Verstorbenen. Die
als kraftlose Wesen vor (Jes 14,10; Ps 88,5), die viel späteren Grabamulette aus Ketef Hinnom
ohne jegliche Vitalität nur noch als Schatten- (frühestens 5. Jh. vC, s. Abb. S. 18) bei Jerusa-
wesen dahinvegetierten. Da es in der Unter- lem, die JHWH mit klaren Anklängen an den
welt keine Aktivitäten, Planungen, Erkenntnis
oder Weisheit mehr gab (Koh 9,10), wurde den
Menschen dazu geraten, dies alles im Dies-
seits anzugehen, solange sie noch die Kraft
Man stellte sich die Toten als kraftlose Wesen
dazu hatten. In dieser Hinsicht ist insbesonde- vor, die als Schattenwesen dahinvegetierten
re das Buch Kohelet radikal diesseitig und rät
dazu, während der eigenen Lebenszeit jeweils
den rechten Moment zu erkennen, jeden Tag Sonnengott nennen, hatten im Leben zu dem
zu nutzen und zu genießen (carpe diem-Mo- persönlichen Besitz ihrer Träger gehört und
tiv). Da nach dem Tode alle Menschen gleich sollten ihre schützende Funktion im Tode nur
schwach und ohne Habseligkeiten waren, gab so lange weiterführen, bis der Totengeist des
es auch keine sozialen Unterschiede mehr (Ez wehrlosen Verstorbenen die Unterwelt sicher
31,14-18 u. ö.) erreicht hatte. Die Wirkkraft JHWHs in den
Dem Dasein in der Unterwelt wurden doch Amuletten schützte also die Leiche im Grab
auch ein paar wenige positive Eigenschaften gegen Grabräuber, wilde Tiere, Dämonen,
zugesprochen: die Ruhe, die Freiheit von Sor- nicht aber den Totengeist in der Unterwelt.
gen und von Knechtschaft (Ijob 3,17ff). Eher JHWHs Hand konnte den Toten nur bis in das
zweischneidig war hingegen die Situation oberirdische Grab und nicht in die Unterwelt
für das Gottesverhältnis: Wer sich in der Un- begleiten.
terwelt befand, war fern von JHWH, was an Mit der monotheistischen Tendenz des Al-
sich negativ bewertet wurde, sich aber dann ten Testaments ab dem 6./5. Jh. vC ergab sich
als Vorteil darstellte, wenn man Gottes Zorn aus der Diesseitigkeit JHWHs dann aber die
ausgesetzt war und von demselben verfolgt Konsequenz, dass die Unterwelt eine Sphäre
wurde (Ijob 14,13f). In der Unterwelt kam ohne Gott war, da die Existenz anderer Götter
JHWH nicht mehr an sein menschliches Opfer bestritten wurde, die das Gottesvakuum der
heran. Auch wird JHWH verschiedentlich von Scheol hätten füllen können. Das Problem,
Menschen in Not darauf hingewiesen, dass dass es einen Bereich geben sollte, der JHWHs
sie ihm tot nichts mehr nutzen: Die Bewohner Herrschaft entzogen war, wird alttestament-
der Scheol loben JHWH nicht (Ps 6,6; 30,10f; lich in verschiedenen Texten thematisiert, die
erkennen lassen, dass sein Kompetenz- mortal ewigen Lohn, den andern ewige erwartet werden. Maßstab der Beurtei-
bereich schrittweise in diese Richtung er- Strafe anzukündigen. lung des menschlichen Handelns war
weitert wurde. Das begann wahrschein- Die Auferstehungstexte greifen dabei dabei so oder so grundsätzlich immer
lich damit, dass JHWH zunehmend Züge größtenteils auf traditionelle Todesvor- die Tora. Die Urteilsfindung kannte im
des vorderorientalischen Sonnengottes stellungen zurück und entwerfen Ge- Wesentlichen nur Gerechte und Frevler
übernahm, der ganz ähnlich wie JHWH genbilder: So wird unter Aufnahme der und war damit streng dualistisch ausge-
keinen festen Wohnsitz in der Unterwelt Vorstellung vom Tod als Schlaf (vgl. Ijob richtet.
hatte, sich dort aber regelmäßig des 3,13f; 14,12) die Auferstehung als „Aufwa-
Nachts im Zuge des Sonnenlaufs aufhielt chen“ beschrieben (Dan 12,2); die Tren-
und so Diesseits mit Jenseits verknüpfte. nung von JHWH und den Toten wird ex- Hölle oder Paradies?
Insgesamt blieb JHWH ein Gott der plizit aufgehoben, sodass den Toten nun Das Buch Daniel (12,1-3, 2. Jh. vC) formu-
Lebenden und nicht der Toten. Auch Gotteslob möglich ist (Jes 26,19; Ps 22,30 liert innerhalb des hebräischen Kanons
nachdem die Theologie der nachexili- im Kontrast zu Ps 6,6; 30,10; Jes 38,18f). erstmals und explizit die apokalyptische
schen Zeit seine Kompetenzen (1 Sam Bei den keimenden Auferstehungs- Erwartung, dass beim Gericht am Ende
2,6; Ps 139,8; Am 9,2f; Ijob 26,6; Spr hoffnungen dieser Zeit scheint u. a. eine der Zeiten die toten Gerechten zum ewi-
15,11) so weit ausgeweitet hatte, dass er Rolle gespielt zu haben, dass ihnen die gen Leben, die toten Frevler „zur ewigen
in der Unterwelt Einfluss nehmen konn- sogenannte Krise der Weisheit und des Abscheu“ auferstehen würden. Diese
te/wollte, griff er jeweils von außen auf weisheitlichen Tun-Ergehen-Zusammen Vorstellung findet sich auch ausge-
diesen Bereich zu und nahm dort nicht hangs vorausgegangen waren: Die prägt in der jüdischen Märtyrerlegende
etwa – anders als im Himmel oder auf menschliche Erfahrung, dass die Rech- 2 Makk 7. Sieben Brüder befolgen bis
der Erde – seinen Wohnsitz. nungen der Gerechtigkeit im Diesseits zu ihrem bitteren Ende die Tora Gottes
nicht immer wirklich aufgingen, hat zu und können dafür auf die Auferstehung
einer Jenseitshoffnung geführt, die den der (getöteten) Gerechten hoffen. Dem
Erste Auferstehungshoffnungen Ausgleich der Gerechtigkeit nach dem verbrecherischen Seleukiden-König,
keimen auf Tod erwartete, die Möglichkeit, dass Antiochos IV. Epiphanes, wird eine
Während man sich in Ägypten seit frü- Lohn oder Strafe, die im Diesseits nicht Auferstehung zum Leben hingegen ab-
hester Zeit mit Spekulationen darüber eingetreten waren, eben nach dem Tod gesprochen. Die Märtyrer ertragen ihr
beschäftigte, ob und was nach dem Tod fällig wurden. So konnte man als Lohn Schicksal gelassen, da sie davon über-
im Hinblick auf ein weiteres oder neues auf die Erlösung aus der Scheol hoffen. zeugt sind, dass Gott auch über den Tod
Leben zu erwarten war, werden im Alten Ganz ähnlich wie schon im Alten Ägyp- hinaus für seine Diener eintreten wird
Testament erst ab der hellenistischen ten verbanden sich mit der Hoffnung auf (Dtn 32,36). Sie erwarten den Lohn für
Zeit (ab dem 4. Jh. vC) Stimmen laut, die das Weiterleben nach dem Tod Erwar- ihre Toratreue nach dem Tod, wenn sie
die Rettung aus der Scheol thematisie- tungen und Befürchtungen, dass sich zu einem neuen, ewigen Leben (2 Makk
ren. JHWH kann den Beter nun gar aus die Qualität des Folgenden am irdischen 7,9) auferweckt werden. Die Mutter der
der Hand der Scheol befreien, indem er Leben bemessen würde. Wer ein gottge- sieben Brüder betont, dass Gott die
ihn „nimmt“ (Ps 49,16), was die Entrü-
ckungsvorstellung (Henochbuch, Gen
5,24, Elija, 2 Kön 2,3.5.9-10) aufnehmen JHWH nahm keinen Wohnsitz in der Unterwelt –
könnte: Dabei sterben einzelne Gerechte
nicht, sondern umgehen durch JHWHs anders als im Himmel oder auf der Erde
Eingreifen den Tod. So wird vom „Ver-
schlingen des Todes“ gesprochen (Jes
25,8), und es entsteht die Vorstellung, fälliges Leben gelebt hatte, sollte auch in Macht habe, tote Menschen zum Leben
dass Gott den Gerechten ins Leben auf- Form eines ewigen Lebens und der idea- zu erwecken: So kann der gewaltsa-
erwecken wird (Jes 26,19) und sich auch len Gottesgemeinschaft an der Wirklich- me und vorzeitige Tod ihrer gerechten
die Toten vor Gott beugen (Ps 22,28-32), keit Gottes teilhaben dürfen. Die enge Söhne im Diesseits nur vordergründig
sodass mit dem Tod nicht das Ende aller Verknüpfung der Auferstehungshoff- das letzte Wort zur Sache sein! Auch
Gottesgemeinschaft erreicht ist. nung mit den guten Taten im Diesseits der Selbstmord des Ältesten, Rasis, in 2
Erst in sehr späten Texten (2. Jh. vC) implizierte logisch, dass es ein Gericht Makk 14,37-46 (um Folter und Hinrich-
findet sich explizit die Möglichkeit, dass geben müsse, das den Menschen nach tung zu entgehen) wie die Sorge des Ju-
viele (aber nicht alle) Tote aus ihrem seinem Leben abschließend beurteilen das Makkabäus für die Gefallenen in 2
Todesschlaf aufwachen: Die Gerechten würde. Dies konnte (wie schon in Ägyp- Makk 12,42-45 zeugen von der Hoffnung,
finden dann ewiges Leben vor, die Frev- ten) direkt nach dem Tod eines Men- dass die Gerechten zum Leben auferste-
ler ewige Abscheu (Dan 12,2f), sodass schen stattfinden oder aber auch erst am hen werden.
der Weg dafür geebnet war, den einen Ende der Zeiten im Rahmen eschatolo- Die Hoffnung auf Auferstehung und
für ihre diesseitige Lebensführung post- gisch-apokalyptischer Endzeitszenarien Unsterblichkeit ist auch ein zentrales
Die traditionellen Todes- und Unter- sen: Gehenna-Hölle oder Paradies. Für ten wie für die Frevler eine Verwand-
weltsvorstellungen leben jedoch pa- Hen[äth] 51; 104 ist die eschatologische lung erwartet, die aus den Frevlern da-
rallel weiter, sodass nicht von einer Erwartung des kommenden Gerichts hinschwindende Scheusale, aus den
Ablösung der alten hoffnungslosen Tra- und der allgemeinen Auferweckung Gerechten verherrlichte Lichtgestalten
ditionen durch junge hoffnungsfrohe der Toten aus der Scheol ein durch- machen wird. (A. B.)
Innovationen gesprochen werden kann. thie abgewinnen kann – biblisch kris- Qualität und ihre Möglichkeiten. Dass
Beide Vorstellungen behielten ihre Plau- tallisiert sich als gemeinsamer Nenner man dabei im diesseitigen Leben auf
sibilität und hatten ihre Anhänger. Ins- heraus, dass kein einziger Mensch im Gottes Mitsein hoffen kann, ist ein Er-
besondere das Buch Kohelet zeigt, dass Tod aus der Gemeinschaft mit seinen fahrungswert, der das ganze Alte Testa-
in der hellenistischen Zeit die Erwartung Mitmenschen (und Mitgeschöpfen) he- ment vertrauensvoll durchzieht. W
einer Auferstehung nicht allgemein ge- rausfällt. Das eigene Schicksal steuert
teilt wurde (Koh 3,19-22; 6,6; 9,1-6), unzweifelhaft darauf zu, dass jeder sel-
Menschen wie auch ihre tierischen Mit- ber einmal Teil der Gemeinschaft der Lesetipps
geschöpfe einfach zum Staub zurück- Toten werden wird, in der er zeitlich un- • Angelika Berlejung, Bilder von Toten –
kehren und man über den Verbleib ihres begrenzt und deutlich länger verweilen Bilder für die Lebenden. Sterben und Tod in
Geistes (ruach) nichts Genaues sagen wird als im Diesseits. Aus und vorbei ist der Ikonographie des Alten Orients, Ägyptens
kann. also sicher viel, aber nicht alles. und Palästinas, in: A. Berlejung/B. Janowski
Für die frühjüdische Zeit wird erkenn- Aus dem Alten Testament kann man (Hg.), Tod und Jenseits im alten Israel und in
bar, dass hier viel in Bewegung war. In lernen, dass man mit der Lebenszeit, die seiner Umwelt, Tübingen 2009 (s. Buchtipps
neutestamentlicher Zeit ging die Debat- man in begrenztem Ausmaß geschenkt S.59), 199–253.
• Gönke Eberhardt, JHWH und die Unterwelt.
Spuren einer Kompetenzausweitung JHWHs
Die alten hoffnungslosen Traditionen werden nicht im Alten Testament, Tübingen 2007.
• Bernd Janowski, Der Gott Israels und
einfach durch junge hoffnungsfrohe abgelöst. Beide die Toten. Eine religions- und theologie-
hatten weiterhin Anhänger geschichtliche Skizze; in: ders., Die Welt
als Schöpfung, Neukirchen-Vluyn 2008,
266–304.
te in der Auseinandersetzung zwischen bekam, verantwortungsvoll umgehen
den Pharisäern als Vertretern einer Auf- und sie so konstruktiv, sozial und ta-
erstehungshoffnung und den Sadduzä- dellos gestalten soll, wie man es eben © Zev Radovan/unten: Universtität Leipzig/Christian Hüller
Prof. Dr. Angelika
ern, die diese Option zurückweisen, wei- jeweils vermag. Dann ist man auf alle
Berlejung ist Professo-
ter. Da die einzige von ihnen anerkannte Eventualitäten (Unterweltsexistenz oder rin für Altes Testament
Schriftautorität, die Tora, keine Hinwei- Auferstehung), von denen man nichts mit Schwerpunkt Ge-
se auf eine mögliche Totenauferstehung mit Sicherheit weiß, optimal vorberei- schichte und Religions-
enthält, wurde das Thema auch von den tet. Da man die Zeitspanne nicht kennt, geschichte Israels und
Samaritanern abschlägig entschieden. die das eigene Leben umfasst, sollte je- seiner Umwelt an der
Universität Leipzig und
Ob man nun der Vorstellung der Ver- der Tag so gelebt werden, als wäre er der
Gastprofessorin u. a. an
sammlung zu den Vätern in der gottes- letzte. Es ist also weniger die Quantität
der Bar Ilan University/
fernen Unterwelt oder der wie auch im- der zur Verfügung stehenden Lebens- Israel. Seit Jahren ist sie an der Leitung ar-
mer gearteten Auferstehung nach dem zeit, über die sich der Mensch den Kopf chäologischer Ausgrabungen in Israel beteiligt,
Tod in Gottgemeinschaft mehr Sympa- zerbrechen sollte, als vielmehr über ihre zuletzt in Ashdod-Yam.
• Mysterienkulte und „orientalische Kulte“ Eingravierte Lamelle aus Gold, wie sie in vielen Variationen in Gräbern der
um die Gottheiten Kybele, Mithras, Sabazi- griechisch-römischen Welt des 4. bis 2. Jh. vC gefunden wurde. Sprüche und
os, Demeter, Dionysos, Isis und Osiris sind Gebete wurden dem Verstorbenen auf die Brust gelegt und sollten die Seele
schwer zu systematisieren und über die während der Reise in die Unterwelt leiten – fast wie Passwörter, z. B. „Ich bin ein
Jahrhunderte im Fluss. Eine Einweihung Kind der Erde und des Sternenhimmels“ oder „Ich komme vom Reinen als Reine“.
(Initiation) in „Mysterien“, geheime Leh- 4. Jh. vC, Archäologisches Nationalmuseum, Neapel.
Welt und Umwelt der Bibel: Zur Zeit Jesu und wie der Auferstehungsglaube aus einer Nach-
des Neuen Testaments hatte sich in vielen barkultur, etwa aus Persien, übernommen wur-
Strömungen und Gruppen des Judentums eine den. Aber so etwas geht nicht einfach per copy
Auferstehungshoffnung durchgesetzt. Aber and paste. Wie im ganzen Mittelmeerraum, mi-
viele Texte der alttestamentlichen Schriften schen sich permanent religiöse Vorstellungen.
sprechen ja gar nicht von Gott als Totenerwe Mir geht es aber darum: Bestimmte theologische
cker. Der Gott Israels hatte in den Vorstellun Elemente und Weisen, wie man über Gott redet,
gen vieler Jahrhunderte keinen Zugriff auf die ziehen sich kontinuierlich durch eine große Brei-
Unterwelt. Ist das noch derselbe Gott? te von alttestamentlichen Texten und werden
Johannes Schnocks: Es gibt theologische Aussa- auch wichtig, wenn es um Auferstehung geht.
gen über Gott, die zur Rede von Gott im Zusam-
menhang von Totenauferweckung gehören, auch Sie haben eben „Gott meiner Rettung“ aus
in Texten, die nicht explizit von Auferstehung Psalm 88 zitiert, dem Psalm im Angesicht des
sprechen. So wird Gott zum Beispiel in Psalm Todes. Ist „Retter“ so ein kontinuierliches Ele
88,2 „Gott meiner Rettung“ genannt, und zwar ment?
in einem Text, der ein paar Verse später fragt, Man kann sich fragen, warum seit Jahrhunderten
ob Gott „an den Toten ein Wunder tun“ wird. Gott Psalm 23 bei Beerdigungen gebetet wird und das
bleibt derselbe, wobei wir in den biblischen Tex- tröstlich ist: „Auch wenn ich gehe im finsteren Tal,
ten sehr unterschiedliche Stimmen über diesen ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein
Gott hören. In der religionsgeschichtlichen For- Stock und dein Stab, sie trösten mich.“ Dieser Gott
schung fragt man, ob bestimmte Vorstellungen verfügt also über Instrumente, über Fähigkeiten
und Kompetenzen, die angesichts des Todes trös-
ten können. Er wird in diesem Psalm als jemand
bekannt, der auch angesichts des Todes rettet.
Das ist aber gerade kein eschatologisches Kon-
zept, das mir erklärt, dass wir erst mal alle 1000
Prof. Dr. Johannes Schnocks lehrt Zeit- und Jahre im Grab liegen, bevor dann ein Endgericht
Religionsgeschichte des Alten Testaments an
der Universität Münster. Neben der Psalmen-
kommt, sondern es ist einfach nur die Aussage:
und Ijobforschung sowie Themen zur göttlichen Dieser Gott ist ein Retter. Seine Rettungskraft ist
und menschlichen Gewalt hat er sich beson- auch angesichts des Todes wirksam. Das finde ich
ders mit Auferstehungsvorstellungen im Alten auch in anderen Psalmen, etwa Ps 49 oder 73.
Testament beschäftigt. Vgl. dazu: Rettung und
Neuschöpfung. Studien zur alttestamentlichen „Land des Vergessens“ nennt die Bibel die
Grundlegung einer gesamtbiblischen Theologie
Unterwelt. Das Gegenteil wäre ein „Land des
der Auferstehung. V & R Unipress 2009.
Erinnerns“. Was bedeutet es, dass Gott uns im
Gedächtnis halten, unserer gedenken, sich an
uns erinnern soll?
© Kyrylo Glivin/123rf.com
Gebet am „Salbungsstein“
in der Grabeskirche in Jerusalem, auf
den der Leichnam des gekreuzigten Jesus gelegt
worden sein soll. Der Ort des Todes wird im christlichen
Auferstehungsglauben zum Ort, an dem man auf ewiges Leben hofft.
D
ie Schriften des Neuen Testaments beschreiben die Zukunft so: Was
Gott in der Gegenwart bereits begonnen hat, wird vollendet werden. Sie 2. Modell
stehen damit in der Tradition apokalyptischer Vorstellungen des Früh- Die Basis: ewige Gemeinschaft mit
judentums, die über Zeit und Raum der Geschichte auf ein Jenseits hinausgrei- Christus
fen. Durch Jesu Botschaft von der Königsherrschaft Gottes, die schon in der Jesus ist der erste aus den Toten Erweckte
Gegenwart anbricht, erhalten diese Vorstellungen jedoch eine neue Prägung. und seine Anhänger/innen werden folgen.
Nun durchdringen sich die Heilsdimensionen von Zukunft und Gegenwart: Heil
beginnt schon jetzt und setzt sich über den Tod hinaus fort. Das Osterereignis, Indem Gott Jesus von den Toten erweckt
also die Überzeugung von der Erweckung Jesu aus dem Tod durch Gott, wurde hat – so die Grundüberzeugung der ersten
zum entscheidenden Anstoß für die christliche Hoffnung auf ein Leben nach Christen (1 Thess 4,14; 1 Kor 15,3-5; Röm
dem Tod. Wenn – laut Paulus – durch den Tod Jesu am Kreuz die Rettung und 4,24) –, hat die endzeitliche Totenerwe-
Versöhnung mit Gott bereits geschehen ist, dürfen diejenigen, die zu Christus ckung begonnen. Wer zu Jesus gehört, hat
gehören, berechtigt auf die unzerstörbare Gemeinschaft mit Gott nach dem Er- die Hoffnung, Anteil an der Totenerwe-
denleben hoffen. ckung und der neuen Heilszeit Gottes zu
Von ihrer Herkunft aus dem Frühjudentum her erklären sich die vielfältigen erhalten. Die Metapher von Jesus als dem
Modelle und Bilder vom Leben nach dem Tod, die im Neuen Testament auf- „Erstling der Entschlafenen“ (1 Kor 15,20)
einander bezogen sind oder einfach nebeneinanderstehen. Weil es um Aussa- und „Erstgeborenen unter vielen Brüdern
gen über die für Menschen unzugängliche „himmlische“ Sphäre geht, treten und Schwestern“ (Röm 8,29) drückt diese
die Vorstellungen überwiegend in Bildern und metaphorischer Sprache auf. Die Hoffnung aus. „Erstgeborener“ meint keine
Grundaussage – die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod – wird mithilfe unter- biologische Geburt, sondern die Erhöhung
schiedlicher Modelle und aus verschiedenen Blickwinkeln entfaltet. und Einsetzung Jesu in die endzeitliche
Sohnschaft Gottes (vgl. Ps 89,28). Daran
Ein Interesse, die Vielfalt in ein theologisches System zu bringen, lassen die haben die Seinen Anteil. Das Bekenntnis zu
Schriften nicht erkennen. Sieben wesentliche Modelle für ein Leben nach dem Jesus als „Herrn“, kyrios, und die Überzeu-
Tod im Neuen Testament werden hier vorgestellt. gung von seiner Erweckung aus den Toten
verbürgen nach Röm 10,9, gerettet zu wer-
den und an Gottes Heilszeit umfassend teil-
1. Modell
Der Anfang: Parusie, die Vollendung beginnt bald „Dann werden wir immer beim
Christus kommt in Kürze wieder, die Toten werden auferstehen und Herrn sein“ (1 Thess 4,17)
Lebende und Verstorbene gehen gemeinsam zu Gott.
Der Begriff Parusie bedeutet eigentlich „Gegenwart“, „Ankunft“. An Stel- zuhaben. Daher können die ersten Christen
len wie 1 Thess 2,19; 3,13; 4,15; 5,23; 1 Kor 15,23; Mt 24,3.27.37.39 ist damit das überzeugt sein, dass die Gemeinschaft,
Wiederkommen des in den Himmel erhöhten Christus am Ende der Zeiten die Beziehung mit Christus im Erdenleben
gemeint: Damit beginnt die Vollendung der Heilszeit Gottes. Diese vollen- über die Todesgrenze hinaus Bestand hat:
dete Gottesherrschaft wurde als Neuwerdung des ganzen Kosmos erwartet „Dann werden wir immer beim Herrn sein“
(1 Kor 7,31; 15,23-28; Mt 28,20). Die nahe Parusie Christi sollte für die (1 Thess 4,17). Die unverlierbare Gemein-
Christen die entscheidende Heilserfahrung bringen: die öffentliche schaft mit Christus ist auch hier das Heils-
bild.
Röm 6,3-9 verbindet die Zukunftshoff-
„Der Gott des Friedens heilige euch ..., damit ihr ohne nung mit der Taufe. Wer in der Taufe Anteil
Tadel seid bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus“ an Jesu Tod und Begräbnis erhalten hat,
(1 Thess 5,23) darf auch die feste Hoffnung auf Teilhabe
am unverlierbaren Leben mit Christus ha-
ben. Er/sie erfährt jetzt schon die Befreiung
Bestätigung ihres Christseins und die heilvolle und unverlierbare Ge- von der Sündenmacht und die Gemein-
meinschaft mit Christus. 1 Thess 4,15-17 schildert die Parusie mithilfe schaft mit Christus. Die Überzeugung, dass
apokalyptischer Motive: Christus wird vom Himmel herabkommen, ein Gott Jesus von den Toten erweckt hat, be-
Befehlsruf, die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes werden er- gründet die Hoffnung auf Teilhabe an der
schallen, dann werden „die Toten in Christus“ auferstehen und zusam- Erweckung. Die schon geschehene Rettung
men mit den dann noch Lebenden auf Wolken in die Luft entrückt, zur ist daher zugleich Hoffnungsgut („Denn auf
öffentlichen Begegnung mit dem Herrn. Das Ergebnis ist tröstlich: „So Hoffnung hin sind wir gerettet“, Röm 8,24).
werden wir allezeit mit dem Herrn sein.“ Der Heilszustand wird schlicht Paulus denkt Erweckung als Teilhabe
als immerwährende Gemeinschaft mit Christus beschrieben. der Christen an Christus.
3. Modell
Leiblichkeit: Der Leib wird im Tod verwandelt
Mit dem verwandelten Leib können wir im Himmel leben,
wir werden neu bekleidet sein: ein engelsgleicher Zustand ...
4. Modell 5. Modell
Eine Auszeichnung: Heilsbilder: Paradies, himmlisches Festmahl, himmlische Stadt
Individuelles Heil unmit- Wo sich die Erlösten nach ihrem Tod aufhalten.
telbar nach dem Tod
Manche müssen nicht bis Den Heilszustand, in den der Mitge- der endzeitlichen Toten erweckung
zum Ende der Zeiten auf kreuzigte unmittelbar nach dem Tod (beispielsweise in äthHen 25,4f; 60,7f;
die Belohnung warten. eintritt, beschreibt Lk 23,43 mit der 61,12; 70,4; 89,52; 4 Esra 4,7f; 7,36; 8,52;
Vorstellung vom Paradies: Zusammen Testament Levis 18,10f; Apokalypse des
Während man sich die Exis- mit Jesus (!) wird er „heute“ noch im Mose 37,5).
tenz eines Verstorbenen zwi- Paradies sein. Das Wort Jesu bewirkt, Andere Bilder der Vollendung bezie-
schen Tod und allgemeiner was es sagt – und verändert damit hen sich auf das Ende der Zeiten: das
Totenerweckung am Ende für den Mitgekreuzigten die Wirklich- himmlische Mahl (Mk 14,25; Lk 22,29f),
der Zeit meist als eine Art keit. Jetzt, noch in der Gegenwart des die himmlische Stadt, der die Christen
Todesschlaf dachte (1 Thess jetzt schon zugehören (Gal 4,26; Phil
4,13-15), kennen einige Texte 3,20; Hebr 12,22f), die bleibende Ge-
die Vorstellung eines Heils- „Ihr sollt in meinem Reich meinschaft mit Gott (Offb 21,7). Offb
zustands als individuelles an meinem Tisch essen und 21,9-22,5 zeichnet die Vollendung im
Geschick unmittelbar nach trinken“ (Lk 22,30) Bild der idealen Stadt – des himm-
dem Tod. In Phil 1,23 drückt lischen Jerusalem –, in deren Mitte
Paulus seine Sehnsucht aus, Gott selbst ist und die deswegen kei-
zu sterben und sogleich eine tödlich bedrohten Lebens, hat für ihn nes Tempels mehr bedarf. Die Absicht
besondere Form der Gemein- die Heilszeit begonnen. Das Paradies, dieser Bilder besteht darin, überhaupt
schaft mit Christus zu erfah- bekannt als idealer Heilsort des Men- eine Vorstellung eines unverlierba-
ren (vgl. 2 Kor 5,8). Der am schen (Adams und Evas) zu Beginn ren Heilszustands zu gewinnen, der
Kreuz sterbende Jesus macht der Schöpfung, wird im Frühjuden- menschliche Einsicht übersteigt.
in Lk 23,42f dem Mitgekreu- tum zum himmlischen Aufenthaltsort Dazu überhöht man aus dem kulturel-
zigten, der ihn anerkennt, der Erlösten zwischen ihrem Tod und len Leben bekannte Heilsbilder.
die Zusage: „Amen, ich sage
dir: Heute noch wirst du mit
mir im Paradies sein.“
Das Gleichnis vom armen
Lazarus erzählt in Lk 16,22f, 6. Modell
wie Engel Lazarus nach sei- Endgültige Gerechtigkeit: göttliches Gericht
nem Tod in Abrahams Schoß In einem Gericht wird das menschliche Verhalten bewertet. Doch wer sich
tragen, während sich der rei- im Leben für Gott entscheidet, braucht das Gericht nicht zu fürchten.
che Mann, der ihn auf Erden
nie beachtet hatte, in der Die Vorstellung eines Endgerichts war die Erweckung der Gerechten (vgl. Lk
Hölle wiederfindet. In Offb im frühen Judentum, besonders in 14,14), die Gottlosen dagegen bleiben
6,9f sieht der Seher unter apokalyptischen Schriften, geläufig. im Tod.
dem himmlischen Brand Sie steht im Zusammenhang mit der Auch bei den Christus-Gruppen bil-
opferaltar die „Seelen“ (eine Aufrichtung von Gottes guter Königs- dete die Gerichtsvorstellung die Basis
gewandelte Lebensform) herrschaft. Die Vernichtung alles Gott- der Endzeiterwartung. Das gilt sowohl
der Märtyrer, die von Gott losen bildet die Vorraussetzung dafür,
angesichts ihres Geschicks wobei Gott gerechte Menschen und
Gerechtigkeit einfordern. Strukturen von ungerechten trennt. Im „Ihre Namen stehen im Buch
In diesen Texten wird ein Auftrag Gottes kann auch der Messias des Lebens“ (Phil 4,3)
Zwischenzustand für beson- bzw. der Menschensohn die Gerichts-
ders bewährte Christen vor funktion übernehmen (Dan 7,13f;
der allgemeinen Totener- äthHen 45f; 48,8-10; 53f; 69,26–29; für die Jesus-Tradition in den Evangeli-
weckung beschrieben. Man 4 Esra 13). Manche Schriften buchsta- en (z. B. Mk 9,43.45.47f; Lk 16,19-26; Mt
könnte von einer Beloh- bieren das Gericht als Urteil gemäß 13,36-43) als auch für Paulus (z. B. Röm
nung sprechen. Für ihre den Taten der Menschen aus, wozu 1,18-3,20). Doch weil Gott im Christus-
Standhaftigkeit erfahren alle Toten zuerst erweckt werden Ereignis sein Heil den Menschen zuge-
sie sogleich eine besonde- müssen (Dan 12,2f; vgl. Lk 16,22-26; wandt hat, steht für die ersten Christen
re Nähe zu Gott. Apg 24,15). Andere Texte kennen nur fest, dass sie bereits aus dem Gericht
Das Jüngste Gericht von Giotto di Bondone (1306) über dem Eingangsportal der Scrovegni-Kapelle in Padua.
Die Vorstellung eines Gerichts nach guten und bösen Taten war im frühen Judentum und in den frühen christlichen
Gemeinden weit verbreitet. Im Christentum hat das Gericht eine bildreiche Wirkungsgeschichte entfaltet.
gerettet sind. So ist 1 Thess 1,10 über- irdischen Lebens, der grundlegenden verlierbare Leben in der Gemeinschaft
zeugt, dass Jesus „uns aus dem kom- Lebensorientierung, wie Gal 6,8 im mit Gott. Die Lebensentscheidung des
menden Zorngericht rettet“ (vgl. Röm Bild vom Säen und Ernten einschärft: Menschen wird damit theologisch sehr
5,9). Andere Schriften drücken diese „Denn wer auf sein eigenes Fleisch sät, ernst genommen. Ebenso hält Paulus
Zuversicht mit dem Bild aus, dass die wird vom Fleisch Vergänglichkeit ern- in 2 Kor 5,10 fest: „Wir müssen alle
Namen der zu Christus Gehörenden ten; wer aber auf den Geist sät, wird offenbar werden vor dem Richterstuhl
bereits im „Buch des Lebens“ ver- vom Geist ewiges Leben ernten.“ Christi“ (in Röm 14,10 ist es der Rich-
zeichnet sind (Phil 4,3; Lk 10,20; Offb Das Fleisch steht für die rein irdi- terstuhl Gottes). Das Leben auch der
3,5; 20,12.15; 21,27). Paulus deutet das schen Maßstäbe und eigenen Vorteile. Christen wird vor Gott Anerkennung
Heilsgeschehen in Christus als „Ver- oder Verurteilung finden. Allein Gott –
söhnung“ mit Gott, was bedeutet, dass und keinem Menschen – kommt dabei
Feindschaft und Trennung, die bislang „Wir werden doch alle vor die Funktion des Richters zu.
die Beziehung zu Gott bestimmten, dem Richterstuhl Gottes Nach 1 Kor 3,12-15 deckt das Ge-
von Gott bereits überwunden wurden richt die Qualität der Arbeit Einzelner
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ner Läuterung. Bei einer Abwendung Auch Mt 25,31-46 formuliert die Vor- die Opfer von Unrecht und Gottes Sieg
von Christus und einem Rückfall in die stellung des endzeitlichen Gerichts, über das Böse. Die Hoffnung auf Got-
„alte Welt“ droht weiterhin das Gericht allerdings nach dem neuen Kriterium, tes Gericht stärkt einerseits das Selbst-
(1 Kor 10,5-12; 11,28-32; Hebr 6,4-8; ob sich jemand den Geringsten zuge- bewusstsein der Christen, die sich
10,26-31). wendet hat, in denen Christus selbst in ihrer Lebenswelt als ohnmächtige
In der Offenbarung steht das Gericht erkannt wird. Ein ethisches Leistungs- Randgruppen erfahren. Andererseits
über die gottlose Welt am Ende der denken lässt sich daraus nicht ablei- verweist sie auf die Verantwortung der
Zeit (Offb 14,14-20; 19,11-21; 20,7-10). Es ten, denn wer zu Christus gehört und Christen für ihr Leben.
findet Ausdruck im Gericht über die dies konsequent lebt, braucht kein Ge- Der Gerichtsgedanke will das Be-
erweckten Toten gemäß ihren Taten, richt zu fürchten (Mt 20,1-16). wusstsein wecken, sich im Sinne
die in Büchern verzeichnet sind (Offb Zusammenfassend kann man sagen: Gottes zu verhalten und sich im All-
20,11-15), wobei die grundsätzliche Ori- Im Gericht verwirklicht Gott seine Ge- tag des Lebens immer wieder neu
entierung an Gott, weniger einzelnes rechtigkeit gegenüber gottlosen Men- an der Gemeinschaft mit Christus
ethisches Tun, im Blick ist. schen. Es bedeutet Gerechtigkeit für zu orientieren.
„erste Auferstehung“ der Johannes-Apokalypse benen wirkt noch nach, die Angehörigen und
(20,5), oder aber an die kosmische Verwandlung andere Kontaktpersonen leben noch, die Ge-
am Ende der Zeiten, durch die ein neuer Himmel schichte, deren Teil sie waren, geht noch weiter.
und eine neue Erde entstehen. In beiden Fällen Der Leib, den sie zurückgelassen haben, dient
gilt: Sie betrifft die Toten jetzt schlicht noch nicht. deshalb als Unterpfand – so heißt es im Epi-
Bis dahin haben sie noch eine lange Wartezeit zu taph der 363 verstorbenen Römerin Eleutheria.
überbrücken. So heißt es in einer Inschrift, die Erst wenn die ganze Welt und damit auch die kör-
perlichen Überreste verwandelt werden, gelangt
auch die Geschichte der Toten zur Vollendung.
Die Verstorbenen weilen im Frieden, in der Dieses Ende ist jedoch so fern, dass es für die
Trauernden praktisch keine Rolle spielt.
Ruhe, im Himmel, Paradies, Elysium, in Auferstehung und Jüngstes Gericht sind also
Abrahams Schoß, in der himmlischen Stadt weit weg. Doch wo befinden sich die Verstorbe-
nen jetzt? Den Grabinschriften zufolge weilen sie
im Frieden, in der Ruhe, im Himmel, Paradies,
man in der heutigen Türkei gefunden hat: Elysium, in Abrahams Schoß, in der himmli-
Den weisen Bischof Pientios bergen in schen Stadt. Antike Theologen waren sich un-
Form seiner Seele die himmlischen Höfe eins, ob es sich dabei um wirkliche Orte handelt.
innerhalb ihrer Tore. Die Überreste sei- Tertullian bejaht die Frage, er nennt Abrahams
nes Fleisches aber bewahrt dieses kleine Schoß ausdrücklich ein „lokales Ziel“ oder ei-
Grab, bis sie bei der Auferstehung die Am- nen „Bestimmungsort“ (localis determinatio)
brosia kosten werden. und eine „Region“, die „zwar nicht im Himmel,
Die Unterscheidung des Körpers, der noch hier aber doch oberhalb der Unterwelt“ liegt. Orige-
auf Erden ist, von der Seele der Verstorbenen, nes zufolge ist das Wort allerdings „symbolisch“
die im Himmel weilt, kommt auf den christlichen zu verstehen. Und die Theologin Makrina pflich-
Gräbern recht häufig vor. Dahinter steckt kein tet ihm in einem Gespräch mit ihrem Bruder
„unchristlicher“ Leib-Seele-Dualismus, der den Gregor von Nyssa bei: Es sei „naheliegend, auch
Leib endgültig von der Seele abtrennen würde. die hier [in der Lazaruserzählung] erwähnte Un-
Die Trennung von Seele und Leib im Tod wird terwelt nicht für einen Ort zu halten, sondern für
nicht absolut gedacht. Vielmehr wird mit dieser einen unsichtbaren und körperlosen Zustand, in
Differenzierung ein zwiespältiges Empfinden dem nach der Lehre der Schrift die Seele fortlebt“.
angesichts des Todes zum Ausdruck gebracht:
Einerseits hofft man, dass die Toten schon jetzt
irgendwie am Ziel sind, sie nicht ewig warten Das Jenseits ist ein Gemeinschaftserlebnis
müssen, bis es ihnen richtig gut geht. Anderer- Viele der frühchristlichen Grabinschriften,
seits weiß man aber, dass ihnen doch noch etwas aber auch andere Texte dieser Zeit, stellen das
fehlt, solange noch etwas von ihnen auf Erden Jenseits als ein Gemeinschaftserlebnis vor. In
zurückbleibt. Dieses „Etwas“ symbolisieren die erster Linie geht es um Gemeinschaft mit Gott.
körperlichen Überreste: Das Leben des Verstor- Das bringt schon eine der knappsten und häu-
figsten Formeln zum Ausdruck: In Gott oder
In Christus. Es ist also mehr als ein bloßes Bei-
Gott-Sein, es ist ein Innewohnen in ihm, eine
intime Verbindung, in der Gott nicht einfach
dem Menschen gegenübersteht, sondern ihn so
umfasst, dass er selbst zum Ort des Menschen
wird. „Gott selbst“, sagt Augustinus, „soll nach
diesem Leben unser Ort sein.“
Theologisch gebildete Leser und Leserinnen
der Grab-Formel konnten dabei an die (auf dem
Konzil von Chalkedon 451 dogmatisierte) Lehre
von der Vereinigung von Gott und Mensch in der
Person des göttlichen und menschgewordenen
Logos denken, die letztlich besagt, dass Chris-
„Der gläubige Gentianus ruhe in Frieden. Er lebte 21 Jahre, tus der Ort des Menschen in Gott ist, er dort sein
8 Monate und 16 Tage, und in deinen Gebeten mögest du für uns bitten, Ziel und seine Bestimmung findet. Auf andere
weil wir dich bei Christus wissen.“ Grabinschrift aus dem 4./5.Jh., Rom. Weise drückt dies die paulinische Lehre von der
Lesetipp
Das Jenseits ist auf jeden Fall ganz anders und • Jutta Dresken-Weiland/Andreas Angerstorfer/
Andreas Merkt, Himmel – Paradies – Schalom.
fremdartig; gleichzeitig sagt es etwas über unser Tod und Jenseits in christlichen und jüdischen
Leben hier und jetzt aus Grabinschriften (Handbuch zur Geschichte des
Todes im frühen Christentum und seiner Umwelt Bd.1,
s. Buchtipps).
schen Welt. Das Wort konnte aber auch schlicht • Martina Hartl, Leiche, Asche und Gebeine. Der
die Grabesruhe oder die Zugehörigkeit zur Kirche frühchristliche Umgang mit dem toten Körper und die
bezeichnen. Nicht zuletzt identifizierte man den Anfänge des Reliquienkults, 2018 (Handbuch zur Ge-
Frieden mit Christus (Eph 2,14). Dem kam entge- schichte des Todes im frühen Christentum und seiner
gen, dass man das Christuszeichen, das aus den Umwelt Bd.3).
griechischen Anfangsbuchstaben des Namens
Christus X (chi) und P (rho) gebildet wurde, auf
Prof. Dr. Andreas Merkt ist
Latein als Abkürzung für PAX lesen konnte. Professor für Historische Theo-
logie, Alte Kirchengeschichte
und Patrologie an der Universität
Leben nach dem Tod an „anderen Orten“ Regensburg. An seinem Lehr-
– das Jenseits als Heterotopie stuhl ist das Forschungsprojekt
Der französische Philosoph Michel Foucault hat „Metamorphosen des Todes“
angesiedelt, in dem u. a. erschie-
den Begriff Heterotopie geprägt. Damit bezeich-
nen ist: A. Merkt (Hg.), Metamor-
net er „andere Orte“ oder „Räume“, Gegenorte phosen des Todes. Bestattungs-
innerhalb der Gesellschaft, die besonders sind, kulturen und Jenseitsvorstellungen im Wandel der Zeit
die das Gewohnte unterbrechen, das „Normale“ – Vom alten Ägypten bis zum Friedwald der Gegenwart.
spiegeln, verzerren und verkehren, aber gerade Schnell & Steiner 2016.
D
ie Bibel verrät wenig über das Leben für die Gerechten werden nur kurz erwähnt. Das
nach dem Tod. Jesus erzählt vom armen besondere Interesse gilt den Sündern: Auf sie
Lazarus und dem reichen Prasser, die im warten eine Schlucht und mehrere dunkle Räu-
Jenseits durch eine große Kluft getrennt sind: me, in denen sie je nach Art und Schwere ihrer
Dem einen geht es gut, er wird getröstet und Schuld gruppiert werden. Von dort hört man ge-
ruht an einer Wasserquelle, der andere leidet in legentlich ein Klagen, aber was mit den Sündern
der „Unterwelt“ „im Feuer“. Ist der gute Ort des geschieht, bleibt unklar. Sie verweilen dort bis
Lazarus das Paradies, das Jesus dem Schächer zum Gericht, das ihnen unterschiedliche Strafen
am Kreuz verspricht? Und wie verhält sich der bringt, vom Verweigern der Auferstehung bis hin
Ort des Reichen zu der äußersten Finsternis, in zu „ewiger Pein“.
der es Jesus zufolge Heulen und Zähneknirschen Orte im Jenseits tauchen auch in frühchristli-
gibt? Das Bild bleibt unklar. Doch so viel steht chen Visionsberichten auf. Gleich mehrere sol-
fest: Das Jenseits, das Jesus andeutet, ist diffe- cher Berichte enthält das Martyrium der Perpe-
renziert. Es wird getrennt zwischen Guten und tua.
Schlechten. Diese Vorstellung war zur Zeit Jesu
nicht unüblich und sie prägte auch das Jenseits-
bild der frühen Christen. Finstere Orte und paradiesische
Lustgärten
Im Jahre 203 saß die einundzwanzigjährige Vibia
Henoch sieht die Räume für die Toten Perpetua, Mutter eines Säuglings, im Kerker von
In Qumran kann man die Vorstellung von ge- Karthago ein. Gemeinsam mit sechs Mitgefan-
trennten Räumen für die Toten im Buch der genen erwartete sie ihr Martyrium in der Arena.
Wächter entdecken. Die Jenseitsbilder dieser In einem Text, den sie dem Herausgeber zufol-
Schrift fanden weite Verbreitung, als sie um die ge mit eigener Hand am Tag vor dem Martyrium
Zeitenwende in das erste Buch Henoch aufge- geschrieben hat, berichtet sie über die Zustände
nommen und mit weiteren Jenseitsbildern an- und Vorgänge im Kerker und auch über vier Vi-
gereichert wurden. Für einige frühe Christen, sionen, die ihr zuteilwurden. Die Mehrheit der
wie den Autor des Judas-Briefes oder Tertullian, Gelehrten hält diesen Text für authentisch. Dann
zählte das erste Henoch-Buch zu den heiligen
Schriften, und noch heute gehört es zum Kanon
der äthiopisch-orthodoxen Kirche.
Henoch, jene vorsintflutliche Gestalt, die nach
Gen 5,24 von Gott „hinweggenommen“ wurde,
also mysteriöserweise offenbar nicht gestorben
ist, wird hier von Engeln durch die andere Welt Martyrium der
geführt. Der Gottesbote Rafael zeigt ihm einen Perpetua und
hellen Raum mit einer Wasserquelle und er- ihrer Gefährten.
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wäre er der älteste bekannte christli- ausgedehnten Garten und in seiner Mit- tern. In fast allen Kulturen finden sich
che Text, den eine Frau geschrieben te einen altersgrauen Mann sitzen im Paradiesvorstellungen mit Flüssen,
hat. Gewande eines Hirten. Er war groß und Bäumen, Blüten, Weiden, Früchten,
Zwei davon betreffen ihren verstor- molk die Schafe, und viele Tausende in Speisen und Wohlgerüchen. Typisch
benen Bruder Dinokrates. Zunächst weißen Kleidern standen umher, und er christlich und jüdisch ist aber das Bild
sieht sie, wie er aus einem finsteren erhob sein Haupt, sah mich an und sag- einer himmlischen Liturgie, in der En-
Ort hervorgeht, an dem sich noch vie- te zu mir: Willkommen, Kind. Er gab mir gel und Menschen eine majestätische
le andere befinden. Erhitzt, durstig, von dem Käse der Milch, die er molk, Gestalt umgeben.
schmutzig und bleich streckt er sich einen Bissen; ich empfing ihn mit zu-
vergeblich nach dem hohen Rand ei- sammengelegten Händen und aß ihn,
nes Wasserbeckens. Nachdem sie Tag wobei die Umstehenden sagten: Amen.“ Folterfantasien: die Apokalypsen
und Nacht für ihn gebetet hat, erhält Der Herausgeber des Martyriums des Petrus und des Paulus
sie eine weitere Vision: Dinokrates, berichts hat dem „Tagebuch“ der Per- Ähnlich wortkarg wie Jesus zeigt sich
nun sauber und erfrischt, trinkt aus petua noch eine Vision des Kateche- auch Paulus, wenn es um das Leben
einer Schale an dem nun abgesenkten ten Saturus angefügt: „Da öffnete sich nach dem Tod geht. Obwohl er nach
Rand des Beckens und beginnt dann, uns“, so erzählt er, „ein weiter Raum, eigenen Angaben (2 Kor 12,2-4) in
„nach Art der Kinder zu spielen“. Per- wie ein Lustgarten; darin waren Rosen- einer Ekstase einmal bis in den „drit-
petua erkennt, dass er aus der poena stöcke und Blumen aller Art. Die Bäume ten Himmel“ und ins „Paradies“ ge-
(„Strafe“ oder „Pein“) entlassen ist. waren so hoch wie Zypressen und ihre langte, verrät er nicht, was er dort
Das Jenseits, das Perpetua gesehen Blätter fielen ohne Unterlass herab.“ Zu gesehen hat. Immerhin hielt man ihn
hat, entspricht nicht nur der Scheol Fuß gingen sie dann „zu einem Orte, aufgrund dieser Erfahrung für einen
der Juden, sondern auch dem Hades, dessen Wände aus Licht gebaut zu sein besonders kompetenten Reiseführer
wie ihn sich Griechen und Römer vor- schienen“: „Wir traten ein und hörten durch das Jenseits. Im Jahre 388 fand
stellten. In diesem düsteren Schatten- eine vereinte Stimme, die unaufhörlich man „in seinem Haus in Tarsus“ in
reich fristen die Toten eine triste sche- ‚Heilig, heilig, heilig!‘ rief. Und wir sa- einem Marmorkasten eine geheime
menhafte Existenz, die eigentlich kein hen an diesem Orte einen alten Mann Schrift – jedenfalls wird das in einem
wirkliches Leben mehr ist. Auch Nicht- sitzen … Die vier Engel hoben uns in die Vorwort zu diesem Buch behauptet:
christen hofften, ihren Verstorbenen Höhe, wir küssten ihn und er warf uns die Apokalypse des Paulus oder Vision
im Hades irgendwie helfen zu können. einen Handkuss zurück. … Und die Äl- des Paulus. Sie findet sich in über 300
Deshalb feierten sie Totenmähler an testen sagten zu uns: Geht und spielt!“ Handschriften in zahlreichen Variatio-
den Gräbern und gaben auch dem To- Dieser Text zeigt gegenüber der Vi- nen und in allen Sprachen des christ-
ten etwas ab mit den Worten: „Iss und sion Perpetuas eine stärkere Orientie- lichen Kulturkreises, und dies, obwohl
trink und lass es dir gut gehen!“ Diese rung an der noch jungen christlichen – oder vielleicht gerade weil – Kir-
chenobere sie verurteilten. In Byzanz
wurde sie in einer Variante populär, in
Wollte man ein Verhalten als sündig oder eine Lehre der Maria die Rolle des Paulus als Visi-
onärin übernimmt.
als häretisch kennzeichnen, musste man nur den ent- Wie schon im ersten Henoch-Buch
sprechenden Häretiker in der Hölle platzieren liegt der Akzent auf den Strafen für die
Bösen. Dabei bedient sich die Vision
des Paulus der Bildwelt einer älteren
vage Hoffnung hat sich bei Perpetua Tradition – mit Anklängen an die Schrift: der Petrus-Apokalypse. Diese
in Gewissheit verwandelt: Eine glau- kirchliche Liturgie und die Apokalyp- im 2. Jh. entstandene Schrift galt wie
bensstarke Frau wie sie, das beweisen se des Johannes. Aber auch er spie- das Henoch-Buch in der Antike man-
ihre Visionen, kann den Verstorbenen gelt Elemente der nichtchristlichen cherorts als heilige Schrift und zählt
helfen. Umwelt: Die Rosen zum Beispiel erin- heute noch zum äthiopisch-orthodo-
In einer anderen Vision sieht sie ihr nern an die Blumen, mit denen Römer xen Kanon. Sie ist ganz auf die Situa-
eigenes Geschick voraus: Sie steigt am Totenfest der Rosalia ihre Gräber tion nach dem Weltgericht fokussiert.
einem Drachen auf den Kopf, klettert schmückten. Überhaupt ist das christ- Jesus zeigt dem Petrus, der als Erzähler
eine mit scharfen Waffen bewehrte liche Paradies den elysischen Gefilden fungiert, in einer Art Tele-Vision „auf
Leiter hinauf – offenbar ein Hinweis der Griechen und Römer sehr ähnlich. seiner rechten Handfläche das Bild von
auf ihr Martyrium – und gelangt ge- Allerdings war das Elysium in der Re- dem, was sich am Jüngsten Tag erfüllen
meinsam mit dem Katecheten Saturus gel nur wenigen Auserwählten vorbe- wird … Die Hölle gibt ihre Toten heraus
ins Paradies: „Und ich sah einen weit halten, den Heroen und großen Geis- … Jedem wird nach seinem Tun vergol-
ten werden … Die Übeltäter, die Sünder meint er, „geradezu zwangsläufig mo-
und die Heuchlerischen werden in den ralisch besser“.
Abgründen der Finsternis sein, die nicht Durch Visualisierung, räumliche
vergeht. Und ihre Strafe ist das Feuer.“ Ordnung in Sündergruppen und die
Die Straforte und Folterarten werden Verbindung mit einer analogen Strafe
differenziert und entsprechen in der wird die Moral im Bewusstsein veran-
Regel dem Vergehen: Lästerer werden kert. Abstrakte moralische Lehren wer-
an ihren Zungen über einem Feuer auf- den in ein episches Theater übersetzt.
gehängt. Frauen, die mit ihren präch- Dafür eignete sich die parabiblische
tigen Frisuren Männer verführt haben, Literatur in besonderer Weise. Da sie
an ihren Haaren aufgehängt und hu- nach Belieben umgeschrieben und
rende Männer an ihren Schenkeln. Ab- angepasst werden konnte, entwickel-
getriebene Kinder schleudern stechen- te sie sich zur moralpädagogischen
de Blitze in die Augen ihrer Mütter, die und religionsdidaktischen Spielwiese.
bis zum Hals in Exkrementen stecken. Wollte man ein Verhalten als sündig
Die Paulus-Apokalypse ändert nun oder eine Lehre als häretisch kenn-
zweierlei: Zum einen erweitert sie das zeichnen, musste man nur den ent-
Sünderspektrum um Kleriker. Paulus sprechenden Sünder oder Häretiker in
sieht einen Menschen, der im Feu- der Hölle platzieren.
erfluss „ertränkt wurde von Tartaru- Allerdings ist nicht nur von Strafe
sengeln, die in ihren Händen ein drei- die Rede. Auch Gnade und Vergebung
zinkiges Eisen hatten, mit dem sie die sind ein Thema. Manchmal taucht so-
Eingeweide jenes Greises durchbohr- gar die Vorstellung einer Rettung für
ten.“ Der Engel erklärt: „Dieser da, den alle Menschen auf, obwohl diese Idee
du siehst, war ein Priester, der seinen in moralpädagogischer Hinsicht eher
Dienst nicht gut versehen hat. Obwohl kontraproduktiv wirken könnte. So
er aß und trank und hurte, brachte er verrät Jesus dem Petrus in einer Ver-
dem Herrn das Opfer an seinem heili- sion der Petrus-Apokalypse, dass alle
gen Altar dar.“ gerettet werden. Allerdings mahnt er:
Ein Priester, gefoltert im Jenseits für „Das darfst du nicht den Sündern er-
seine Sünden im Diesseits – dieses zählen, damit sie sich nicht noch mehr
Bild fügt sich ein in die zahlreichen verfehlen und sündigen.“
Klagen über unwürdige Kleriker in der Dennoch gilt: Im Vordergrund der
Spätantike. Jenseitsliteratur steht die Gerechtig-
Zum anderen verlegt die Apokalypse keit im Sinne einer angemessenen
des Paulus die Strafen schon in die Zeit Vergeltung. Dabei erscheint ein As-
vor dem endzeitlichen Weltgericht. Die pekt von besonderer Bedeutung: Op-
Toten erhalten bereits jetzt einen „Vor- Unterschiedliche Vergehen – fer schauen bei der Bestrafung ihrer
geschmack“ auf ihr endgültiges Ge- unterschiedliche Strafen Peiniger zu und Märtyrer gehören
schick – so hat es der erste Theologe Detail aus dem „Jüngsten Gericht“ des zum himmlischen Thron-Rat. Sie sit-
Giotto di Bondone (vgl. S. 32), 1306,
der lateinischen Welt Tertullian schon zen offenbar mit zu Gericht. Manch-
Scrovegni-Kapelle, Padua. Laut der
um 200 formuliert: Die verstorbenen mal treten sie auch als Fürsprecher
Petrus-Apokalypse wird so etwa an
Bösen leiden jetzt schon, Strafengel auf. Offenbar gibt es keine Vergebung
Haaren und Schenkeln aufgehängt,
traktieren sie mit Folterwerkzeugen. an den Opfern vorbei.
wer verführt oder gehurt hat.
Die Guten aber befinden sich bereits Kein Zweifel: Solche Texte haben
an Wohlfühl-Orten. die Vorstellungswelt der Christen in
der Antike und noch lange Zeit da-
sozialen und religiösen Ressentiments nach geprägt. Doch hat man wirklich
Das Jenseits für die moralische gegenüber Reichen, Machthabern und daran geglaubt? Die Grabinschriften
Erziehung Klerikern, aber auch der moralischen geben wohl authentischer wieder,
Solche Visionstexte hatten weniger die Erziehung. Schon Tertullian hatte was Christen in der Antike tatsächlich
Funktion, Auskunft über das Jenseits zu freimütig erklärt: Die Christen fürch- für sich und die geliebten Menschen
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erteilen. Sie dienten anderen Zwecken: ten Gott, weil er alles sieht und die erhofften.
der Unterhaltung, der Ventilierung von Sünden straft. Deshalb werden sie, so (Angaben zum Autor s. S. 38.)
42 welt und umwelt der bibel 4/2020 2010112004530F-01 am 23.10.2020 über http://www.united-kiosk.de
W ie es einmal sein wird, können weder wir uns vorstellen noch konnten es die Christen der frühchristlichen
Zeit. Während in und an Gräbern gerne Bildthemen ausgewählt werden, die als Hoffnung auf ein Leben
nach dem Tod gedeutet werden können, wie die Auferweckung des Lazarus oder Daniel in der Löwen
grube, sind direktere Aussagen sehr selten. Das früheste Bild, das Aussagen zum „wie“ und „wo“ des
Jenseits macht, ist das sogenannte Fresko der „Cinque Santi“ in der Calixtus-Katakombe. Es ist im letzten
Drittel des 3. Jh. entstanden. Von Jutta Dresken-Weiland
Lesetipps
• Jutta Dresken-
Weiland, Das Paradies
in frühchristlichen
Texten und Bildern, in:
Infinitum. Konzepte und
Konfigurationen des
Unendlichen, hg. von
M. Neumann, Würzburg
2019, 79–100.
• J. Dresken-Weiland,
A. Merkt, A. Angerstor
fer, Himmel, Paradies,
Schalom. Tod und
© Abbildung in: Giovanni Battista de Rossi, La Roma sotteranea cristiana, Bd. III, Taf. I-III, Rom 1877.
Jenseits in antiken
christlichen und jüdi-
schen Grabinschriften,
Regensburg 2012 (s.
Buchtipps).
43
2010112004530F-01 am 23.10.2020 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 4/2020
Interview: Umwelt des Neuen Testaments
Nahtoderfahrungen
und Seelenwanderung
– Themen im
Christentum?
Ein Gespräch über antike Nahtoderfahrungen und
platonische Vorstellungen der Seelenwanderung mit
dem Kieler Religionshistoriker Enno Edzard Popkes.
Dreh- und Angelpunkt ist dabei, wie man sich das
Verhältnis von Leib und Seele vorstellt – und das
wird seit Jahrhunderten kontrovers diskutiert ...
Welt und Umwelt der Bibel: Viele Leserinnen und Leser wünsch-
ten sich, in dieser Ausgabe etwas zu den Stichwörtern Nah-
toderfahrung und Reinkarnation im Christentum zu erfahren.
Eine mehrmals gestellte Frage betraf Paulus. Könnte seine Le-
benswende, das „Damaskuserlebnis“, auf einer Nahtoderfah-
rung gründen?
Enno Edzard Popkes: Für mich ist eine Nahtoderfahrung der
plausibelste Erklärungsansatz für die Lebenswende des Paulus.
Die Apostelgeschichte stellt seine Lebenswende in drei Varianten
dar – in den Kapiteln 9, 22 und 26. Ein jeweils gemeinsames Ele-
ment ist, dass Paulus eine Lichtvision gehabt haben soll. Allerdings
muss man berücksichtigen, dass es sich bei diesen Texten um späte
Entwicklungen handelt – die Apostelgeschichte wurde erst ca. 30
bis 40 Jahre nach dem Tod des Paulus verfasst. Faszinierend ist,
dass Paulus selbst auf die Ursachen dieser Lebenswende fast nie zu
sprechen kommt. Und wenn er dies tut, so wird er von Kontrahen-
ten dazu genötigt. Heute vergisst man oft, dass Paulus, für uns die
große und zentrale Gestalt des Christentums, im frühesten Chris-
tentum sehr umstritten war. Er hörte immer wieder den Vorwurf,
er könne für sich nicht in Anspruch nehmen, ein angemessener
Deuter der Worte und Taten Jesu zu sein. Kern der Angriffe war der
Anspruch seiner Lebenswende, darin Christus begegnet zu sein.
Paulus war Jesus zu dessen Lebzeiten ja nicht begegnet und war
zunächst ein Verfolger der ersten Christinnen und Christen. Wo er
aber Andeutungen zu seiner Lebenswende macht, haben wir starke
Analogien zu Nahtoderfahrungen.
… wo Paulus von einem Mann erzählt, Aristoteles berufen. Oder um es kurz zu richt und die leibliche Auferstehung.
der eine Himmelsreise erlebt hat und sagen: Heutige Diskussionen zu Nahto- Sie betonen nun, dass im frühen
wo im Zusammenhang klar wird, dass derfahrungen bieten neue Zugänge zu Christentum in manchen Gemeinden
er selbst dieser Mann ist. Diskussionen, die bereits vor fast 2500 auch platonisches Gedankengut le-
Ja, Paulus muss hier rechtfertigen, war- Jahren in der Akademie Platons geführt bendig gewesen sei, das ganz andere
um er für sich in Anspruch nimmt, ein wurden. Prämissen setzt.
Apostel Jesu zu sein. Er wird von ande- Der älteste neutestamentliche Text, Genau. Zwei philosophische Traditio-
ren Aposteln infrage gestellt, die Paulus der die zeitgenössische Diskussion spie- nen haben die Entstehung unterschied-
selbst als „Überapostel“ bezeichnet. Die gelt und in dem darüber gestritten wird, licher Formen christlicher Religiosität
größte Analogie zu Schilderungen von was Auferstehung sein soll, ist 1 Kor 15. besonders stark beeinflusst: zum einen
Nahtoderfahrungen ist dabei, dass Pau- Es gab in Korinth offensichtlich Chris- die Stoa, die eine Alltagsphilosophie an-
lus hervorhebt, dass er die Inhalte und tinnen und Christen, die ein anderes bieten konnte – in der Haltung der Ge-
die Botschaft jener Himmelsreise nicht Verständnis von Tod und Auferstehung lassenheit und des Akzeptierens seines
in Worte fassen kann. Analog sind auch
die umwälzenden Folgen jener Erfah-
rung. Paulus wird von einem Verfolger Prof. Dr. Enno Edzard Popkes lehrt Geschichte und
der ersten Christinnen und Christen zu Archäologie des frühen Christentums und seiner Umwelt an
der evanglisch-theologischen Fakultät der Christian-Albrechts-
dem wirkungsmächtigsten Missionar
Universität zu Kiel. Er ist Mitbegründer und Vorsitzender der
des frühen Christentums. Und eine zent- „Kieler Akademie für Thanatologie e.V.“ (kiath.de). Anliegen der
rale Bedeutung hat dabei jenes Element, Akademie ist es, Informationen zur Verfügung zu stellen, was
welches auch Nahtoderfahrene heute in man wissenschaftlich zur Frage „Was ist der Tod?“ sagen kann
das Zentrum ihrer Religiosität stellen, und welche Denk- und Deutungskonzepte es in Geschichte und
nämlich die Bedeutung einer erfahrenen Gegenwart gibt.
umfassenden Liebe. Die bringt Paulus in Oft werde ihm die Frage gestellt, ob er selbst ein Nahtoderfah-
rener sei – nein, das ist er nicht, sondern seit Jugendzeiten vom
seinem „Hohelied der Liebe“ zum Aus-
Thema fasziniert und durch die akademische Arbeit am Johan-
druck (1 Kor 13), einem der am meisten nes- und Thomasevangelium wie an der philosophischen Umwelt
zitierten Texte des Neuen Testaments. des frühen Christentums damit beschäftigt.
das ich als platonisches Christentum dass der Platonismus die Formierung des göttlichen Lichtes und kehren dort-
bezeichne, in dem die Hoffnung auf eine des frühen Christentums massiv be- hin zurück (EvThom 49/50). Jesus selbst
platonisch verstandene All-Versöhnung einflusst hat, sei es in kritischer Ableh- ist dieses Licht, das überall zugänglich
von zentraler Bedeutung ist. nung, sei es in positiver Aufnahme. Wie ist (EvThom 77). Demgegenüber werden
in einem Brennglas treten diese Kontras- traditionelle frühjüdisch-apokalyptische
Damit sind wir beim zweiten Stich- te im Johannesevangelium und im Tho- Erwartungen einer zukünftigen Aufer-
wort, das in Fragen der Leserinnen masevangelium zutage. stehung und einer kommenden neuen
und Leser vorkam: Reinkarnation
oder Seelenwanderung. Platonische
Vorstellungen findet man also nicht „Der Platonismus hat die Formierung des frühen
in den neutestamentlichen Schriften Christentums massiv beeinflusst“
– aber in welchen außerbiblischen
christlichen Zeugnissen?
Hier müssen wir tatsächlich grundle- Welche unterschiedlichen Vorstel- Welt explizit abgelehnt (EvThom 51).
gend zwischen kanonischen und au- lungen zum Leben nach dem Tod ver- Entsprechend macht im Kontext des
ßerkanonischen Texten unterscheiden. treten das Johannesevangelium und Thomasevangeliums auch die Vorstel-
Die Wiedergeburt, von der im Neuen das Thomasevangelium? lung einer körperlichen Auferstehung
Testament die Rede ist (etwa Tit 3,5; Das Johannesevangelium hat ein be- Jesu keinen Sinn. Ein leeres Grab Jesu
Joh 3,5), bezeichnet eine veränderte rühmtes Ende: Thomas, der vermeintli- wird in keiner Weise erwähnt.
Existenz und den Wandel eines Men- che Zweifler, spricht Jesus in Joh 20,28 Der wohl größte Konfliktpunkt zwi-
schen im jetzigen Leben und Körper, der als seinen Herrn und seinen Gott an schen einer solchen platonisch-christ-
im Glauben erneuert nach einer Zäsur – und die Anrede Jesu als Gott ist das lichen Religiosität und einem Werk wie
weiterlebt. Besonders die Taufe als Rite höchste Bekenntnis im gesamten Neu- dem Johannesevangelium begegnet
de Passage bezeichnet als „Wiederge- en Testament. Das ist der Nukleus des jedoch im Bereich der Deutung des To-
burt“ die erlebte Veränderung. Viele Gegensatzes. Denn wenn man sich die des Jesu als Sühne: Nach dem Johan-
Zeugnisse des frühen Christentums, die gleiche Szene der Begegnung der bei- nesevangelium – ebenso wie zuvor
nicht in den Kanon des Neuen Testa- den im Thomasevangelium vorstellen u. a. Paulus – wird nur jenen, die Jesus
ments aufgenommen wurden, vertreten würde, würde umgekehrt Jesus zu Tho- als Christus anerkennen, durch diesen
jedoch ein Verständnis von Wiederge- mas sagen: Ihr alle sollt göttlich werden. stellvertretenden Sühnetod Jesu die
burt, welches der platonischen Vorstel- Bemerkenswert ist dabei, dass im Tho- Möglichkeit eröffnet, ein Kind Gottes
lung von Seelenwanderung nahesteht. masevangelium das platonische Motiv zu werden. Für das Thomasevangeli-
Viele dieser Zeugnisse wurden verdrängt der Gleichwerdung mit Gott als Gleich- um hingegen sind bereits ihrem Wesen
und verurteilt und wurden zuweilen erst werdung mit Jesus interpretiert wird nach alle Menschen Kinder Gottes – sie
durch archäologische Funde wieder (EvThom 108). Jesus ist eine Menschwer- müssen es nicht erst werden. Daher
zugänglich, etwa die sogenannten Nag- dung Gottes – und alle Menschen sollen verwundert es auch nicht, dass im Tho-
Hammadi-Schriften. Als Professor für ebenso wie Jesus zu Menschwerdungen masvangelium nicht einmal in Ansätzen
Geschichte und Archäologie des frühen Gottes werden. Auch weitere Motive des eine sühnetheologische Deutung des
Christentums und seiner Umwelt – also Thomasevangeliums sind stark vom Pla- Todes Jesu begegnet. Dies würde auch
nicht nur für neutestamentliche Texte – tonismus geprägt. Dies gilt u. a. für die keinen Sinn machen. Eine Vorstellung
ist es meine Aufgabe, mich gerade um Unterscheidung von unsterblichen Ur- von Seelenwanderung als Seelenwachs-
diese Zeugnisse zu kümmern. Und in Be- bildern und sterblichen Abbildern der tum ist mit der Vorstellung eines stell-
zug auf die Umwelt des frühen Christen- Menschen (EvThom 83/84). Alle Men- verstretenden Sühnetodes kaum vermit-
tums können wir wiederum festhalten, schen kommen aus dem Ursprungsort telbar.
in Leib und Seele zusammen ganz Eine Frage, die oft in verschiedenen
Hintergründe
Mensch ist. Ist Seelenwanderung Varianten wiederholt wird, lautet
nicht eine Abwertung meines in etwa folgendermaßen: Was wür-
einen, einzigartigen Lebens mit
seinen Höhen und Tiefen, Ma-
de es bedeuten, wenn jene Formen
christlicher Religiosität, die im frü- F ür Platon ist – im Gegensatz zu Aristo-
teles – die Seele unsterblich. Während
für Aristoteles die Seele mit dem Körper zu
cken und Unvollkommenheiten, hen Christentum verdrängt und ver-
die nach dem Tod bei Gott erfüllt urteilt wurden, heute neu bedacht existieren beginnt und mit dem Tod des Körpers
oder vollendet werden und bei werden? Eine solche Frage birgt na- aufhört, existiert sie für Platon vor der Geburt
dem all das aufgehoben ist? In türlich eine Vielzahl weiterer Fragen und nach dem Tod. Die Trennung der Seele vom
meinem Freundeskreis rechnen in sich: Welche Konsequenzen für Körper ist ein befreiendes Ereignis, die See-
manche mit einer Reinkarnation das Verständnis von Seelsorge hat lenwanderung dient einem Seelenwachstum.
– für mich eine grausame, sogar es, wenn wir die Vorstellung einer Jede Seele ist eine „himmlische Pflanze“, die
gruselige Vorstellung. unsterblichen Seele und Seelen- im Prozess vieler Inkarnationen wächst und ihre
Dann haben Sie das Anliegen der wanderung als Denkansatz ernst göttlichen Wesensanteile entfalten soll. Für ein
platonischen Vorstellung noch nicht nehmen? Was bedeutet es, wenn wir platonisches Christentum dient das Wachs-
erfasst, in der Seelenwanderung als den Gedanken ernst nehmen, dass tum nicht nur einer einzelnen Seele, sondern
Seelenwachstum verstanden wird. die Seele im Verlauf verschiedener der gesamten Welt, einer Allversöhnung und
Platons Metaphorik, jede Seele als Inkarnationen wächst und dass jede Wiederherstellung jenes Urzustandes, aus dem
eine „himmlische Pflanze“ zu ver- Inkarnation Aufgaben und Heraus- alle Seelen hervorgegangen sind (Apokatastasis
stehen, bezieht er dann auch auf forderungen gewidmet ist? Können panton). Diese Vorstellungen wurden in einigen
den Wechsel der Jahreszeiten. Je- Nahtoderfahrungen in der Trauer- frühen christlichen Traditionen aufgenommen,
der heute noch so große Baum war begleitung eine Rolle spielen? Dies aber später kirchenrechtlich bindend verurteilt
einmal ein kleiner Steckling. Dass sind Fragen, denen ich mich in mei- (543/553 nC).
ein Baum über Jahrhunderte zu sei- nen weiteren Studien widmen wer- Die katholische und evangelische Kirche
ner Größe wachsen konnte, ist auch de. Ich selbst habe für mich hierzu betonen, dass die Vorstellung einer Wiederge-
die Folge vieler Jahreszeiten, die er bereits Antworten gefunden, die ich burt in einem neuen Leib mit der christlichen
durchlebt hat. Ebenso können Sie auch gerne im Rahmen meiner Bü- Auferstehungshoffnung nicht zu vereinbaren
sich ein Kind vorstellen, das abends cher und Video-Aufzeichnungen zur ist. So formuliert der Katechismus der Katholi-
nicht schlafen will. Tröstlich ist, dem Diskussion stelle. Aber ich ermutige schen Kirche Nr. 1013: „Der Tod ist das Ende
Kind zu sagen: Es kommen noch vie- meine Studierenden stets dazu, für der irdischen Pilgerschaft des Menschen, der
le Tage, alles wird aufeinander auf- sich selbst Antworten auf diese Fra- Zeit der Gnade und des Erbarmens, die Gott
bauen, du wächst weiter und kannst ge zu finden. W ihm bietet, um sein Erdenleben nach dem Plane
beruhigt einschlafen. Das kann man Die Fragen stellte Helga Kaiser. Gottes zu leben und über sein letztes Schicksal
mit diesem Verständnis von Seelen- zu entscheiden. Wenn unser einmaliger irdischer
wanderung vergleichen. Die Zwi- Lebenslauf erfüllt ist (LG 48), kehren wir nicht
schenstufen sind wichtig, um immer
mehr zurück, um noch weitere Male auf Erden
weiter in sein Leben hineinwachsen
zu leben. Es ist dem Menschen bestimmt, ein
zu können. Zum Schauen: Interaktiver Youtube-
einziges Mal zu sterben (Hebr 9,27). Nach dem
Diese platonische Vorstellung Kanal der „Kieler Akademie für Thanato-
© Tel Beydar, Euro-syrische archäologische Mission/Foto Véronique Van der Stede
N
irgends sind sich Judentum, der allgemein-menschlichen Erfahrung Die Divina Comedia
Christentum und Islam näher Ijobs, dass es dem Gerechten schlecht („Göttliche Kömödie“)
und ähnlicher als im Blick auf (s.addiq we-ra‘ lo) und dem Bösewicht ist ein kulturgeschichtlich bedeutendes
ihre Vorstellungen von Paradies und gut geht (raša‘ we-t.ov lo), weil „die Welt Werk des italienischen Dichters Dante
Aligheri (1265–1321). Als Ich-Erzähler
Hölle. Ein beredtes Beispiel dafür ist in die Hand von Frevlern gegeben ist“
wandert Dante durch die drei Jenseits
Dantes Divina Comedia, die geradezu (Ijob 9,24), an der Idee einer ausglei-
reiche Hölle (Inferno), Fegefeuer (Purga-
als Kompendium jüdisch-christlich-is- chenden göttlichen Gerechtigkeit fest- torio) und Paradies (Paradiso) mit ihren
lamischer Eschatologie gelesen werden zuhalten! Da es diese göttliche Gerech- jeweiligen Abteilungen, in denen sich
kann. Ähnliches lässt sich von Hierony- tigkeit im Hier und Heute nicht gibt, wie Menschen je nach ihren Verfehlungen
mus Boschs (um 1450–1516) berühmtem die Erfahrung lehrt, bleibt nur die Hoff- oder Verdiensten einfinden. Durch Hölle
Triptychon Hortus Deliciarum („Garten nung, dass sie in der zukünftigen Welt und Fegefeuer führt Dante der römische
der Lüste“) sagen, das in seiner Dar- zum Zuge kommt. Damit verbunden ist Dichter Vergil (70–19 vC), im Paradies
stellung von Hölle und Paradies nicht die Idee des Jüngsten Gerichts, dessen begleitet ihn seine Geliebte Beatrice.
minder als ein solches Kompendium be- Urteilsspruch den Gerechten eine ihren Anschaulich beschreibt der durchs
trachtet werden kann. Taten entsprechende Belohnung im Pa- Jenseits Wandernde, was er an Grauen in
der Hölle und Lust im Paradies erlebt. Die
Überraschen kann diese Nähe, diese radies zumisst und die Bösewichte zu
Idee, dass irdisches Verhalten, wenn nicht
Ähnlichkeit nicht, wenn man bedenkt, einer entsprechenden Bestrafung in der
hier, so im Jenseits göttlich gerecht be-
dass sie – durch biblische und nachbi- Hölle verurteilt. Als Orte der Belohnung straft oder belohnt wird, entnimmt Dante
blische Schriften vermittelt – wesentlich oder Bestrafung sind Paradies und Hölle einem Strom der Tradition, die er in seiner
aus derselben Quelle stammen: der alt- als temporäre Aufenthaltsorte gedacht. Comedia weiterführt.
persischen Religion des Zoroastrismus. Wenn die Bewohner des Paradieses ih-
Ihm sind nicht nur die grundlegenden ren Lohn empfangen und die Bewohner
Ideen von Paradies und Hölle, die Vor- der Hölle ihre Strafe abgebüßt haben,
stellungen von einem Weltenende und werden sie eines „zweiten Todes“ ster-
seinen Vorzeichen, von einem Leben ben (Babylonischer Talmud, bShabbat
danach (Auferstehung der Toten), von 156b; Philon, de spec. leg. I § 105; Offb
einem Jüngsten Gericht zu verdanken, 2,11; 20,6.14), danach aber endgültig von
sondern weithin auch die dafür verwen- den Toten auferstehen, zu ewigem Le-
deten Begriffe. Wie das Wort Paradies ben im Himmel.
(hebr. pardes; griech. parádeisos; arab.
firdaus) auf das altpersisch-avestische
pairi-daeza („umwalltes Gehege; umfrie- Ein Geheimnis, das die Fantasie
deter Garten“) zurückgeht, so auch die beflügelt
Vorstellung vom Paradies der Urzeit wie Über allen jüdisch-christlich-muslimi-
der Endzeit als eines Gartens, genauer schen literarischen und bildnerischen
eines Lustgartens bzw. Gartens der Lüste Ausgestaltungen von Paradies und Höl-
(gan ‘eden; ke-pos tryphe-s; ğannat ‘adn; le steht indessen der Satz aus Jesaja 64,3
hortus deliciarum), für dessen Ausma- und sein neutestamentliches und kora-
lung (angefangen von Genesis 2–3) der nisches Echo. Er zieht sich wie ein roter Grausame Strafen zeigt Vergil
Dante in der Hölle. Gustave Doré, 1861.
achämenidische Königsgarten im eins- Faden durch alle Schilderungen von Pa-
tigen Pasargadae Vorbild gewesen ist. radies und Hölle: „Seit Urzeiten hat man
Zoroastrischen Ursprungs ist auch das nicht vernommen, kein Ohr hat gehört,
als „Loderndes Feuer“ gedachte Höl- kein Auge gesehen, Gott außer Dir, was Ohr gehört und in keines Menschen Herz
lental (gehinnom oder ge-bne-hinnom: dem bereitet ist, der auf Ihn hofft“ (Jesa- gekommen sind,‘ wie es im Koran [Sure
Josua 15,8; 18,16; Jeremia 19,6; 7,30-8,3; ja 64,3; vgl. bBerakhot 34b); ebenso in 32,17] heißt: Keine Seele weiß, was an
gehenna: Matthäus 10,28; Lukas 12,5; 1 Korinther 2,9: Freude für sie verborgen ist als Lohn für
© Sailko - CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia.org
ğahannam: Sure 4,93.169; 9,73.95 u. ö.). „Nein, wir verkünden, wie es in der das, was sie getan hat“ (Ṣaḥīḥ al-Buḫārī
Schrift steht, was kein Auge gesehen 4,54,467, Ṣaḥīḥ Muslim, 1,363 u. ö.).
und kein Ohr gehört hat, was in keines Doch gerade weil kein Ohr gehört, kein
Eine Frage der Gerechtigkeit Menschen Herz gedrungen ist, was Gott Auge gesehen hat, so scheint es zumin-
Zum persischen Erbe gehört auch eine denen bereitet hat, die Ihn lieben“, und dest, waren der menschlichen Fantasie
Antwort auf die Frage nach dem Wozu im prophetischen Ḥadith: keine Grenzen gesetzt, wie die im Laufe
eines Paradieses und einer Hölle: Sie „Von Abū Huraira ist überliefert: Der der Jahrhunderte entstandenen, ganze
werden aus theologischen Gründen als Gesandte Gottes sagte: ,Gott sprach: Ich Bibliotheken füllenden, immer wieder
Gegenwelten zu dieser Welt gebraucht. habe für Meine frommen Diener Dinge neuen Ausmalungen von Paradies und
Wie anders wäre es möglich, angesichts bereitet, die kein Auge gesehen, kein Hölle in Wort und Bild belegen.
Über dem der Heilige, gepriesen sei Er, thront HQB“H [ha-Qadoš barukh Hu‘] šokhen ‘alaw
Thron seiner Herrlichkeit kisse’ kevodo
7 Höhe ‘aravot 7 Länder der Lebenden araṣot ha-ḥayyim • Hier befinden sich Recht, Gerechtigkeit, Gnade, die Schatzkammern
des Lebens, Friedens und Segens; die Seelen der Gerechten und derer,
die noch geboren, und der Tau, mit dem die Toten wiederbelebt werden.
6 Wohnstätte makhon 6 Wohnungen des Ewigen miškenot YHWH • Hier befinden sich die Vorräte von Schnee und Hagel, die Höhle des
Taus, die Kammer von Wind und Sturm und die Höhle des Nebels.
5 Zuflucht, Himmel 5 Stadt Gottes ‘ir YHWH • Hier befinden sich die Dienstengel, die Gott nachts loben, am Tag aber
ma‘on/šamayim (wegen des Lobs der Menschen) schweigen.
4 Wohnung zevul 4 Heiligtümer Gottes miqdeše El • Hier befinden sich das obere Jerusalem, der obere Tempel und der
obere Altar, auf dem der Engel Michael Opfer darbringt.
3 Wolken šeḥaqim 3 Land der Lebenden ereṣ ha-ḥayyim • Hier befinden sich die Mühlsteine fürs Mehl und das Manna der Gerechten.
2 Firmament raqia‘ 2 Tempel des Ewigen hekhal YHWH • Hier befinden sich Sonne, Mond und Sterne sowie die Tierkreiszeichen.
1 Vorhang wilon/pargod 1 Garten Eden gan ‘eden • Enthält nichts, lässt aber den Tag und die Nacht eintreten und
erneuert das Schöpfungswerk.
Die Erde ha-areṣ
Strafen und Belohnungen müssen der Pforten des Paradieses derjenigen Paradieses wie der Hölle mitunter nach
eine Rangfolge haben der Hölle: Stehen sich am Anfang eine Text/Autor variieren. Dessen ungeachtet
Paradies und Hölle, wie gesagt, sind Ge- Paradiespforte (Gen 3,24) und eine Höl- ist die Pluralisierung der Pforten, Abtei-
genwelten, gebraucht, um am Glauben lenpforte gegenüber (bMenaḥot 99b; lungen/Hallen oder Stufen immer auch
an eine ausgleichende göttliche Gerech- bSukka 32b), wird aus der Einzahl bald als Abbild ihrer Hierarchisierung ver-
tigkeit festhalten zu können. Gott wäre eine Mehrzahl, zunächst zwei (Pesiq- standen worden: So stehen den „sieben
kein gerechter Richter, wenn er unter- ta Rabbati 124b), dann drei (bEruvin Stufen (Graden) der Pein“ bzw. der Hölle
schiedslos allen Gerechten dieselbe Be- 19a), dann vier (äthHenoch 22,1ff) und (Esra-Apokalypse 7,75-87) die „sieben
lohnung und allen Bösewichten diesel- schließlich sieben (bSota 10b; Koran, Stufen der Freude“ bzw. des Paradieses
be Bestrafung zumessen würde. Wenn Sure 15,44), wobei sieben als Symbol- gegenüber (EsraApok 7,88-99).
Paradies und Hölle Belohnungs- und zahl für Vollständigkeit steht. Auf diese Weise entsteht in biblisch-
Straforte sind, dann muss sich in ihnen Zugute kam dieser Art Ausgestal- nachbiblischer und koranisch-nachko-
auch eine differenzierende göttliche Ge- tung, dass sowohl in der Bibel als auch ranischer Überlieferung ein dreiteiliges
rechtigkeit abbilden, darf Lohn nicht im Koran für die positive Gegenwelt Weltbild, bestehend aus der Erde in der
gleich Lohn und Strafe nicht gleich Stra- (Paradies) ebenso wie für die negative Mitte, über ihr die siebenstufige Ober-
fe sein. Daher entsteht seit frühen Zei- Gegenwelt (Hölle) nicht nur ein Wort welt, unter ihr die siebenstufige Unter-
ten der literarischen Ausgestaltung von („Name“), sondern verschiedene be- welt, wobei der Eingang zur Oberwelt
Paradies und Hölle ein immer differen- gegnen; und weil es in Bibel und Koran (Paradies) ebenso wie der Eingang zur
zierteres Bild von ihnen, ausgedrückt keine Synonyme gibt, sondern jedes Unterwelt (Hölle) als realgeschichtliche
in der Vorstellung von ihren verschie- Wort seine spezifische Bedeutung hat, Orte auf der Landkarte der Erde zu fin-
denen Pforten (še‘arim, abwa-b), Abtei- bot die verbale Verschiedenheit eine den sind: der Eingang zum Paradies in
lungen (medorot, maka-na-t) bzw. Hallen entsprechende Differenzierung an. Al- der Nähe von Damaskus, der Eingang
(hekhalot) oder Stufen (madregot, lerdings können die „Namen“ der Pfor- zur Hölle südlich von Jerusalem (bE-
darağa-t). Dabei entspricht die Anzahl ten, Abteilungen/Hallen oder Stufen des ruvin 17a). Im Laufe der Zeit indessen
Sieben steht als Symbol für 3 Die sieben (acht-)stufige Oberwelt („die Himmel“ as-samawāt)
die Vollständigkeit • al-Kisā’ī (11. Jh.) / Kitāb ahwāl al-qiyāma • Kitāb ahwāl al-qiyāma
5 Brand saqar • für die, die die Fünf Haupt- 5 Brand saqar
die koranisch-nachkoranische Überliefe- pflichten nicht erfüllt haben 6 ḫuṭama „Nimmersatt“
rung, wie die Beispiele aus den populären 6 Feuer ğaḥīm • für Juden, Christen und Magier 7 Vernichtung hāwija
Prophetenerzählungen (Qis.as. al-anbiya-’) 7 Vernichtung hāwiya für die Heuchler
rechts: Aus Lynda Harris, Hieronymus Bosch und die geheime Welt der Katharer, Stuttgart 1996, S. 127
Seine astronomisch-kosmologische
Die Sphären der Planeten Das christliche Weltbild Ausge staltung und zugleich „natur-
nach al-Bīrūnī. des Mittelalters. wissenschaftliche“ Begründung und
damit Plausibilisierung erfährt dieses
Weltbild im Mittelalter dadurch, dass
6 Islamisches Modell die „sieben Stufen der Oberwelt“ mit
den „sieben Sphären der Planeten“
• nach Ibn ‘Arabī • nach al-Bīrūnī und Ibn Ṭufail gleichgesetzt worden sind, jüdischer-
Pforten/Abteilungen Sphären der Farben der seits (5) seit Isaak ben Shelomo Israeli/
Abū Ya‘qūb Isḥāq ibn Sulaimān al-
des Paradieses Planeten Sphären
[oberer] Thron Gottes Isrā’īlī (Isaac Judaeus der Scholastiker,
(9) [unterer] Thron Gottes (9) Umgebungssphäre: al-falak al-muḥīṭ/
840/850–932) und muslimischerseits
al-falak at-tāsi‘
(8) Haus der Beständigkeit (8) Fixsternsphäre: kurrat al-kawākib weißes Perlmutt (6) seit Abū r-Raiḥān Muḥammad ibn
7 Garten der Lust 7 Saturnsphäre: kurrat az-zuḥail schwarz/weißes Silber Aḥmad al-Bīrūnī (973–1048). Von späte-
6 Garten des Paradieses 6 Jupitersphäre: kurrat al-muštarī purpurn/rotes Gold ren, darunter auch den Christen, wurde
5 Garten der Glückseligkeit 5 Marssphäre: kurrat al-mirrīḫ rot/weißes Silber dies übernommen und in zahlreichen
4 Garten der Zuflucht 4 Sonnensphäre: kurrat aš-šams gelb/rote Koralle
Variationen überliefert. Und was für
3 Garten der Ewigkeit 3 Venussphäre: kurrat az-zuhara weiß/grünes Chrysolith
2 Haus des Friedens 2 Merkursphäre: kurrat al-‘uṭārid blau/rotes Rubin die Oberwelt gilt, gilt analog für die
1 Haus des Bleibens 1 Mondsphäre: kurrat al-qamar silbern Unterwelt. Dabei unterscheiden sich
Sublunare Sphäre: Sublunare Sphäre: DIE ERDE satḥ al-falak lil-kaukab das jüdische und das muslimische Mo-
DIE ERDE al-dunyā „Füllung der Sphäre“: ḥašw al-falak dell des auf diese Weise entstehenden
52 welt und umwelt der bibel 4/2020 2010112004530F-01 am 23.10.2020 über http://www.united-kiosk.de
identische Vorstellungen – islamisch und christlich
• Ibn ‘Arabīs Paradies ... • und Dantes Paradiso
sublunare Sphäre
šağara ṭūbā (Baum der Seligkeit); dār al-qarār Arbol de la felicidad; Esfera del Primer Movil
ğannat ‘adn, [ğannat] al-firdaus, ğannat an-na‘īm, ğannat al-ma’wā, Jardín del Eden, Jardín del Paradiso, Jardín de la delicia, Jardín del refugio,
ğannat al-ḫuld, dār as-salām, dār al-muqāma, Jardín de la eternidad, Morada de la paz, Mansión de la perseverancia
satḥ al-falak lil-kaukab Esfera estrellada
Weltbildes allein dadurch, dass in dem sen Autor Abū l-Qāsim ‘Abd al-Karīm (gest. 1263), dem Autor u. a. der „Pforten
einen hebräische und in dem anderen ibn Hawa-zin al-Qušairī aus Nishapur der Buße/Umkehr“ (ša‘are tešuva) stu-
arabische Termini verwendet werden. (989–1072) gilt. Darin schließt die Rei- diert und dort zugleich umfangreiches
In der Sache sind beide wiederum de- se des Propheten durchs Jenseits an die arabisches Wissen erworben und war
ckungsgleich mit dem christlichen Mo- „Nachtreise des Propheten“ (al-isra-’) auch mit dem Werk von Muḥyī d-Dīn-
dell des Weltbildes, nur dass darin die von Mekka nach Jerusalem an (vgl. Ko- Ibn ‘Arabī (1165–1240) vertraut. So er-
entsprechenden Begriffe in den von ran, Sure 53,1-25, Sure 17,1). klärt sich am Ende auch die Parallelität
Christen gesprochenen Sprachen ver- Der sefardische Arzt Abraham Alfaqí von Ibn ‘Arabīs und Dantes Aufbau des
wendet werden. de Toledo (?–1294), einer der Übersetzer siebenstufigen Paradieses …
der Escuela de Traductores de Toledo,
übersetzte dieses „Buch der Himmels-
Und Dante? reise“ ins Altspanische, und Bonaventu- Wie Perlen an einer langen Schnur
Wie kommt nun Dante zu seinen Vorstel- ra da Siena übertrug es 1264 unter dem Dantes Divina Comedia wiederum in-
lungen von Paradies und Hölle? Titel „Buch von Muhammads Leiter“ spirierte seinen Freund, den Dichter
Zu den Charakteristika der Ausma- aus dem Altspanischen ins Lateinische ‘Immanu’el ben Shelomo ha-Romi, be-
lungen von Paradies und Hölle gehört, (Liber Scalae Machometi) und Altfran- kannt auch unter dem Namen Manuello
dass sie in der Regel als „Wanderberich- zösische (Livre de l’Eschiele Mahomet). Romano (um 1261–1335), die Reihe sei-
te“ gestaltet sind, in denen die Schilde- Dass der gebildete Dante diese Überset- ner Maqamen um ein „Buch von Hölle
rungen von Paradies und Hölle in Form zung seines Landsmanns Bonaventura und Paradies“ (Maḥberet XXVIII: ha-
einer nékyia (Wanderung durch das To- kannte, darf als wahrscheinlich ange- Tofet weha-‘Eden) zu ergänzen.
tenreich) daherkommen. Zu den frühen nommen werden. Die Reihe dieser wechselweisen Be-
Beispielen solcher Wanderungen gehört Das entsprechende jüdische Wissen, einflussungen von jüdischen, christli-
das persische „Buch von Ardā Wīrāz“ darunter Ibn ‘Esras Ḥayy ben Meqiṣ, der chen und islamischen Jenseitsvorstel-
das die Wanderung des frommen Wīrāz zu Dantes Vorbildern zählt, hat ihm sein lungen ließe sich bis weit in die frühe
(arda-, „fromm, gerecht, aufrichtig“) Freund, der Arzt, Philosoph und Tal- Neuzeit hinein mühelos fortsetzen, und
durch Himmel und Hölle beschreibt. mudist Hillel ben Shemuel ben El‘azar alle Beispiele würden ein ums andere
Walther Hinz (1906–1992) hat es einst von Verona (1220/30–um 1295) vermit- Mal den ersten Satz dieses Artikels be-
einen „persischen Vorläufer“ Dantes telt. Dessen Großvater, der Talmudist stätigen ... W
genannt. Das gleiche Wanderungsmotiv El‘azar ben Shemuel von Verona, war
liegt auch der Beschreibung von Hölle ein Schüler von Yiṣḥaq ben Shemuel Prof. Dr. Stefan Schreiner
und Paradies in der Petrus-Apokalypse von Dampierre (gest. 1195), der schon zu ist Seniorprofessor für
zugrunde. Lebzeiten in dem Ruf stand, „Visionen Religionswissenschaft und
Judaistik an der Universität
Weite Verbreitung in Wort und Bild von Himmelsreisen“ gehabt und wei-
Tübingen. U. a. Mitinitator
(illuminierte Handschriften) fand das tergegeben zu haben. Hillel von Verona des Tübinger Zentrums für
sieben Kapitel umfassende „Buch der hatte u. a. Medizin in Montpellier und Islamische Theologie sowie
Himmelsreise [Muhammads]“ (Kita-b talmudische Wissenschaften in Barce- des European Abrahamic
al-mi‘ra-ğ bzw. Mi’ra-ğ-nameh), als des- lona bei Yonah ben Avraham Gerondi Forum (EAF), Zürich.
Und heute?
Nach einer Umfrage für das Magazin Chrismon 2016 geben knapp die Hälfte der über 60jährigen an, dass
sie nach dem Tod nichts mehr erwarten (bei den 14–29-Jährigen 33 %). Eine Seele lässt sich schwer nach-
weisen. Wie und wann sollte sie den Körper verlassen und wo sich aufhalten? Wie sollte sie in ihren alten oder
einen neuen Körper gelangen? So kommt der Schweizer Journalist Hugo Stamm zum Schluss: „Bei all diesen
Fragen gibt es keine plausiblen und schon gar keine gesicherte Antworten. Deshalb ist es sehr unwahr-
scheinlich, dass es ein Leben nach dem Tod gibt“ (Humanistischer Pressedienst, hpd.de). Gleichzeitig sind
aber die uralten Motive und überlieferten Modelle für ein Leben nach dem Tod in den Religionen weiterhin
lebendig – und das ebenso vielfältig wie in der Alten Welt.
Christentum:
Gibt es die Hölle eigentlich
noch?
Himmel und Hölle – ja, es gibt sie noch. Im Katechis-
mus der Katholischen Kirche (Art. 12) und ebenso
für die Evangelische Kirche in Deutschland. Aber die
moderne Theologie versteht die alten kultur- und
religionsgeschichtlichen „Räume“ neu und versucht,
sie in die Gegenwart zu vermitteln.
auseinandersetzt, ist herausgefordert, eine schreitet. Dort in der Transzendenz hofft er auf die Erfüllung, die ihm sein
Vielzahl an Plausibilitäten zu respektieren. privates Glaubensbekenntnis zu dem Gott seines Herzens verspricht.
(Helga Kaiser)
Islam:
Eine Zeit der Prüfung – und dann?
Die Hoffnung auf ein Leben nach Gottes bezeichnet. Sure 36 drückt die Nach einer Auffassung warten die Ge-
dem Tod, der Jüngste Tag und die Gewissheit der Auferstehung aus „Wir, rechten, die für das Paradies bestimmt
Auferstehung sind feste Bestand- ja, Wir, machen die Toten wieder leben- sind, bis zum Tag des Jüngsten Gerichts
teile des Glaubens im Islam. Ebenso dig … Wer macht diese Gebeine wieder in ihren Gräbern. An diesem Tag werden
wichtig ist es, die eigene Sterblichkeit lebendig, wenn sie auseinandergefallen sie auferweckt und vor das göttliche Ge-
bewusst vor Augen zu haben, um die sind? Wieder lebendig macht sie der, der richt gebracht, in dem Gerechte und Ver-
Ernsthaftigkeit des Handelns auf Erden sie das erste Mal hat entstehen lassen.“ dammte endgültig getrennt werden.
Das vergängliche Leben ist eine Zeit In der Tradition wurden Paradiesgar-
zu begreifen.
der Prüfung und Bewährung für den ten und Feuerhölle fantasievoll ausge-
Paradiesgarten, das Ziel des Lebens. Ein staltet – wie die Islamwissenschaftlerin
Judentum:
Ewig für Gott leben
Die meisten gläubigen Jüdinnen und Juden
würden übereinstimmen, dass das Leben
und das Diesseits höchsten Wert haben und
man nicht zu viel Zeit mit Nachdenken über
das Jenseits verbringen sollte. Gott hat die
Menschen zum Leben geschaffen und dazu,
alles Leben zu unterstützen – etwa Bedürfti-
ge und Kranke in aufrichtiger Nächstenliebe
und wahrhaftiger Güte.
Besonders im strengreligiös-chassidischen
Judentum gibt es aber auch noch sehr
konkrete Jenseitsvorstellungen.
Von Josef Herbasch
freiung vom „Joch der Tora“. So entstanden Baal Shem Tov im 18. Jh. Er predigte mehr das
erste Formen eines säkularen Judentums, das Studium der Tora um ihres spirituellen Anteils
sich stark auf die Kultur des Judentums berief willen und nicht um ihrer selbst willen. Daraus
und weniger auf die Religion des Judentums. entwickelten sich vielerlei Strömungen, von de-
Als Gegenbewegung zu diversen liberalen Strö- nen manche im Holocaust ihr absolutes Ende
mungen entstand das strengreligiöse Judentum. fanden. Heute existieren ungefähr 200 chassi-
Auch hier gab es verschiedene Ursprünge und dische Strömungen, die zumeist ihren Ursprung
Entwicklungen, die sich immer auf die religi- im östlichen Europa haben.
Die Frage, wie es nach dem Tod wei- dagegen bestraft und müssen für zwölf wie es geschrieben steht (Jesaja 60,21):
tergeht und ob es vielleicht schon vor Monate im Feuer der Hölle leiden. Nach ‚Dein Volk besteht nur aus Gerechten;
dem Leben etwas gab, beantworten dieser Läuterung dürfen aber auch sie sie werden für immer das Land besitzen,
die Chassidim so: Die Seele eines Men- in den gan eden. Nur Seelen, die sich in Spross meiner Pflanzung, Werk meiner
schen ist, während er auf Erden lebt, in ihrem physischen Leben mit schweren Hände zum herrlichen Glanz‘.“
ihrer zweiten Phase. Zuvor existierte sie Sünden belastet haben, müssen für im- In der Zeit der Erlösung ist somit auch
schon als spirituelle Existenz. Nach dem mer in der Hölle bleiben. der jüdische Messias bereits erschienen.
physischen Tod des Menschen kommt Mit der dritten Stufe, dem olam ha-ba, Nach manchen Auffassungen beginnt
diese Seele in einer dritten Phase ins wird die „Auferstehung der Toten“ (te- die Auferstehung vierzig Jahre nach
chiat ha-metim) beginnen und die Kör- dem Kommen des Messias. Nur die chas-
per der Rechtschaffenen werden im gan sidischen Rebbes, die Führungsrabbiner
„Der olam ha-ba wird eden „verjüngt“. der verschiedensten und zahlreichen
Bei Nahmanides gibt es also zwei Zu- strengreligiösen Gruppierungen, und
überall sein“ (Nahmanides) stände, das „klassische“ Leben nach alle Juden, die aufgrund ihrer Werke zu
dem Tod im Paradies und den olam ha- Ehren Gottes als „Heilige“ verehrt wer-
ba nach der Auferstehung als höchst- den, werden schon früher von den Toten
Paradies (hebr. gan eden). Und die vierte mögliche Stufe: „Der olam ha-ba wird auferstehen, da sie zu ihren Lebzeiten
Phase, die noch nicht angebrochen ist, überall sein. Er wird aber keine Welt der schon eine besonders nahe und spiritu-
betrifft den olam ha-ba, „die Welt, die Seelen sein […], sondern er wird die Welt elle Verbindung mit Gott hatten.
kommt“. Diese „Welt, die kommt“ wird sein, die Gott gestalten wird, um die Tage Nun erscheint die Frage berechtigt,
von der „Auferstehung der Toten“ (techi- des Messias mit der Auferstehung der To- wieso die Menschen wieder auferstehen
at ha-metim) begleitet werden. ten beginnen zu lassen.“ Das heißt, dass müssen, wenn ihre Seelen schon nach
Nach den religiösen Erklärungen des der olam ha-ba mit der Erlösungszeit zu- dem Tod mit Gott im Paradies verbun-
mittelalterlichen Religionsphilosophen sammenfällt. den wurden. Nun, während seines Le-
Nahmanides (1194–1270) – in seinem bens musste ein rechtschaffener Jude
letzten Kapitel sha’ar ha-g’mul („Tor die Tora studieren und die 613 Gebote
der Belohnung“) seines Buchs torat ha- Wie sieht das Leben im bewusst einhalten, um Gott zu dienen.
adam („Weisungen für den Menschen“) olam ha-ba aus? Dafür wurde er mit dem Paradies be-
– können die Menschen nach ihrem phy- Auf dieser Grundlage bleibt aber die lohnt. Aus genau diesem Grund wird der
sischen Tod unterschiedliche Belohnun- Frage für viele strenggläubige Juden, Mensch auch in seinen Körper zurück-
gen (g’mul) erhalten. Einen ersten g’mul wie das Leben im olam ha-ba aussieht. kehren: um wieder die Tora zu studieren
gibt es bereits im olam ha-sae, auf der Laut Nahmanides wird dort nicht nur und bewusst die 613 Gebote zu beach-
Erde, d. h. im physischen Leben eines der Wolf beim Lamm Schutz finden (Jes ten, um dann damit von Gott belohnt zu
Menschen. Die „schlechten Menschen“ 11,8), sondern es wird auch eine Welt werden. Das Ziel des Lebens eines Chas-
(ha-rashaim) werden in dieser Welt für ohne schlechte Menschen sein (die in siden ist, Gott zu verehren und Ihm zu
ihre guten Taten, die ja nicht viele sind, der Hölle bleiben müssen). In einem he- dienen: Es war ein Leben für Gott und es
belohnt werden. Als schlechter Mensch bräischsprachigen Buch einer chassidi- wird ein Leben für Gott sein.
gilt aus der Sicht eines strengreligiösen schen Gruppierung wird erläutert, dass Ein Bild für jüdische Jenseitsvorstel-
Juden ein Mensch, der Gott und die 613 das Schlechte und der Krieg, die in un- lungen ist die Bezeichnung Bet ha-olam
Gebote (die Anzahl der Gebote ist eine ser Leben so sehr verwoben sind, durch für Friedhöfe, „Haus der Ewigkeit“. Klei-
Idee aus dem Babylonischen Talmud) Gott aus dem olam ha-ba verbannt wer- ne Steine, die man auf die Gräber legt,
missachtet. Die „rechtschaffenen Men- den: „Dies ist eine Welt ohne Türschlös- können ein Symbol für die Hoffnung auf
schen“ (ha-zadikim) werden für ihre (we- ser und ohne Polizisten, ohne Waffen und Ewigkeit sein – ein Symbol, das über
nigen) Sünden, die sie begangen haben, ohne Strafen, ohne Beleidigungen und die Grenzen des Judentums hinaus ver-
bestraft werden. ohne Hass, ohne Neid und ohne Gier. […] ständlich ist.
Die zweite Belohnung beginnt direkt Es wird nichts mehr geben, auf das man
nach dem Tod. Die Seelen der Recht- wütend sein kann. Und nichts mehr, wo-
schaffenen werden in den gan eden kom- für man wütend sein kann. Alles wird ein-
men, die Seelen der schlechten Men- fach nur gut sein. Und so wird es auf der Josef Herbasch M.A.
schen müssen in die Hölle (gehinnom). ganzen Welt sein.“ hat Politikwissenschaften
Nach zwölf Monaten werden die Seelen Aber muss der schlechte Mensch wirk- und Modern Jewish Studies
in München, Jerusalem und
der Rechtschaffenen mit dem gan eden lich für immer in die Hölle? Der jüdische
Heidelberg studiert, ist der-
verbunden, körperlich, wie in der olam Gesetzeskodex Mischna im Buch Sanhe- zeit Doktorand in der Jüdi-
ha-sae, und können zum spirituellen drin 10:1 (aus dem 3. Jh. nC) gibt einen schen Religionsphilosophie
Paradies (ruchani) aufsteigen. Die See- Hinweis darauf, der bis heute gültig ist: und Mitarbeiter im Verlag
len der schlechten Menschen werden „Alle [!] Juden haben Anteil an der Welt, Katholisches Bibelwerk.
Tell arad
68 bis 71
Die großen Städte der Bibel
Ephesus: Stadt der Gottesmütter
72 bis 75
Die Bibel in berühmten Gemälden
Claude Lorrain, Landschaft mit der Erscheinung
Christi vor Maria Magdalena (Noli me tangere)
76 bis 77
Ausstellungen und Veranstaltungen
s Forum
1 actus = 35,52 m
cardo maximus
nördliche
neter Winkel) des Sonnenaufgangs am
Gründungstag des Jupitertempels auf
dem Kapitol ausgerichtet, dem 6. Sep-
Tempel tember 509 vC (julianischer Kalender).
Straße des chris
64
2010112004530F-01 am 23.10.2020 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 4/2020
Panorama
auch erklären, warum Kaiser Konstantin den Stätten überbrückt, verbreitern, wie der Grabeskirche eine Monumen-
die Basilika vom Heiligen Grab, die er am israelische Grabungen kürzlich ergeben talinschrift mit der Kaisertitula-
Platz des Jupitertempels errichtete, an ei- haben. Damit verwirklichte der Kaiser tur Hadrians gefunden wurde.
nem 13. September weihen ließ. den Namen der neuen Stadt als Baupro- Am Kalvarienberg entdeckten
gramm: Sie war Aelia (Hadrians Familien- Archäologen eine heidnische
name lautete Aelius) und Capitolina (also Opfergrube. Auch in Rom hatte
den kapitolinischen Gottheiten geweiht). Hadrian am Eingang zum alten
Auch dafür gibt es ein astronomisches Forum ein gemeinsames Jupiter-
Argument: Diese Stelle liegt auf der Achse und Venusheiligtum gestiftet.
des Sonnenaufgangsazimuts für den 11.
Juli (wieder nach dem julianischen Ka-
lender), dem Datum der Thronbesteigung
Hadrians. W
(Kevin Trehuedic, Professor für alte Geschichte
an der Universität Créteil, Paris)
Münzprägung Hadrians aus Anlass der Gründung Aelia Capitolinas. Auf der
Rückseite der Ritus des Umpflügens des Pomeriums, der rituellen Stadtgrenze.
Jerusalem, Israel Museum.
Das Ausgrabungsareal mit den Spuren eines byzantinischen oktogonalen Kirchengebäudes unter den
mittealterlichen Bebauungsschichten.
Welt und Umwelt der Bibel: Wie kam es, dass Sie banesischen Altertümerbehörde zwischen 1946 und
dieses Gebäude entdeckt haben? 1975 ergraben worden waren, deren Archive aber im
Pierre-Louis Gatier: In unserem seit 2008 angelau- Bürgerkrieg verloren gingen. Der untersuchte Be-
fenen Grabungsprogramm zur Stadtgeschichte von reich befindet sich im Archäologiepark im Zentrum
Tyrus haben wir uns bemüht, die Funde der Kampa- der modernen libanesischen Stadt Sour auf der Halb-
gnen neu aufzunehmen, die unter der Leitung der li- insel Tyrus. Bei den Arbeiten an einem Komplex von
Gebäuden, den unsere Vorgänger als Handelsvier- mehrere achteckige christliche Gotteshäuser die-
tel interpretiert hatten, stießen wir mit Erstaunen ser Bedeutung gab.
unter der mittelalterlichen Bebauungsschicht auf
Mauerwerk, das in Form eines doppelten Achtecks Haben Sie Belege für die These, sie sei der Mut-
einem großen Viereck eingeschrieben war. Des tergottes geweiht gewesen?
Weiteren umfassen die archäologischen Fundstü- Nein, keine direkten. Einige Forscher gehen davon
cke aus diesem Bereich Reste von Bodenmosaiken aus, dass es in Tyrus damals mehrere Muttergottes-
und – leider stark beschädigte – Baudekorationen, kirchen gegeben habe. Die Akten der 518 in Tyrus
wie sie für Kirchenbauten typisch sind, unter an- abgehaltenen Synode erwähnen eine davon als
derem Bruchstücke einer Chorschranke, von Ka- Gegenstand eines Streits zwischen den Anhängern
pitellen und Säulenreihen. Wir kamen daher zur des Severus von Antiochien, die sie besetzt hielten,
Überzeugung, dass dieser Häuserblock, der von und den Chalcedoniern, die sie ihnen wieder ab-
vier Säulenalleen umgeben war, ein bedeutendes nahmen. Diese Kirche, von der aber nicht ausdrück-
frühchristliches Gotteshaus beherbergt hatte. Ein lich gesagt wird, sie sei achteckig gewesen, befand
wenig bekannter antiker Text bezeugt übrigens, sich im Viertel Jamsupha; die Ortsbezeichnung ist
dass es in Tyrus ein der Muttergottes geweihtes Ok- semitisch und bedeutet „Schilfmeer“. Weiter haben
togon gegeben hat. wir drei Grabinschriften aus der Nekropole vor den
Stadtmauern, die eine Marienkirche erwähnen.
Was ist das für ein Text? Eine davon spricht von einer „Alten Marienkirche“,
Es handelt sich um eine Notiz (Scholion) in der To- es muss also auch eine Neue Marienkirche gege-
tenpredigt des kappadokischen Bischofs Gregor ben haben. Die Frage ist nun, ob unser Oktogon
von Nazianz für seinen Vater – seinem Vorgänger eine dieser Kirchen war, und wenn ja, welche. Vor
als Bischof. In dieser Predigt gelobt Gregor, eine einigen Jahren ist außerhalb der Stadtmauern in
Zentralbaukirche zu stiften. Das Scholion wird ge- der Nähe der Nekropole eine schöne Basilika ge-
wöhnlich auf das Ende des 6. Jh. datiert und ent- funden worden, die als ernsthafter Kandidat für die
hält auch das Detail, dass die Kirche ein Achteck Jamsupha-Kirche gilt. Unser neues Oktogon stellt
wie die Johanneskirche in Alexandria und die der diese These jetzt infrage. Der Streit von 518 drehte
Muttergottes in Tyrus sein solle. Letztere war also sich um ein Gotteshaus mit großer symbolischer
im Altertum offenbar genauso berühmt wie ihr Ge- Bedeutung, und das Oktogon passt dazu meiner
genstück in Alexandria. Meinung nach besser als die Friedhofsbasilika. Un-
sere geoarchäologischen Forschungen zeigen des
Glauben Sie also, dass Ihr Oktogon die in die- Weiteren, dass der Bereich des Oktogons ursprüng-
sem Text erwähnte Kirche ist? lich in einem Marschengebiet am Meer lag. Säule der
Die Größe der Kirche und die hochwertige Aus- Chorschranke,
stattung halten dem Vergleich mit den seinerzeit Unterstützt die Datierung des Oktogons diese die den Bereich
berühmtesten Bauten der Christenheit stand. Au- Hypothese? des Priesters vom
ßerdem möchte ich bezweifeln, dass es in Tyrus Wir haben kaum Datierungsgrundlagen. Wir wis- Gemeinderaum
sen, dass das Gebäude eine erste Nutzungsphase abtrennte.
erlebte, bevor das äußere Achteck von einer einzel-
nen Seitenkapelle durchbrochen wurde, und neh-
men an, dass diese Veränderung auf einen Einsturz
der Zentralkuppel folgte, möglicherweise beim
Erdbeben von 502 oder dem Tsunami von 551. Wir
wissen weiter, dass diese Kirche im 8. Jahrhundert
bereits aufgegeben war und rasch ausgeschlachtet
und abgetragen wurde. Für die Datierung ihrer Er-
bauung bedürfte es weiterer Ausgrabungen, die in
diesem Bereich leider heute unmöglich sind. Au-
ßerdem können wir sagen, dass die ergrabene Ar-
chitektur relativ frühe Elemente aufweist, die eine
Datierung zwischen 430, dem Jahr der offiziellen
Erhebung Marias zur Muttergottes auf dem Konzil
von Ephesus, und 518, dem Jahr der Synode von
Tyrus, rechtfertigen. W
Stationen
Die heilige „Paulusgrotte“
1. Jt. vC Kult der „Großen Mutter“ Auch wenn der Aufenthalt des Paulus selbst
Kybele keine archäologischen Spuren hinterlassen hat,
wurde die Stadt doch durch die Erinnerung an
6. /4. Jh. vC Bau des Artemistempels seine Predigten und sein Charisma geprägt. In
(Weltwunder) einer Grotte nahe der antiken Nekropole, an den
Hängen des Bergs Bülbül, wurde 1996 ein Fres-
53–57 nC Aufenthalt des Paulus in ko aus dem 6. Jh. entdeckt, das eine Episode aus
den apokryphen Paulusakten des 2. Jh. illustriert
Ephesus
(Bild rechts): die Bekehrung der jungen Thekla
durch den Apostel, als er in Iconium (heute Ko-
133 nC Hauptstadt der Provinz Asien
nya) Station machte. Paulus wird hier konventi-
onell dargestellt, mit kahler Stirn und geteiltem
431 nC Drittes Ökumenisches Konzil
Vollbart. Er ist mit dem Pallium bekleidet, hält
einen Codex in der linken Hand und hebt die
Die Bekehrung der Thekla beim Besuch des Paulus. Fresko des 4. Jh.
in einer Grotte bei der antiken Nekropole am Berg Bülbül bei Ephesus.
Rekonstruktion der
Stadt Ephesus im
1. Jh. nC. Gemälde
des Malers und Illustra-
tors Balage Balogh.
rechte mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfin- sus ging bis in das 2. vorchristliche Jahrtausend
Apologeten ger. Auf derselben Putzschicht bewahren mit zurück, erlebte aber seinen Aufstieg erst ab dem
Frühchristliche Schrift- dem Finger eingekratzte Inschriften bewegende 7. Jh. vC mit dem Bau eines Tempels mit einer
steller, die den christlichen Bitten von Pilgern: „Paulus, gib deinem Diener umlaufenden Säulenhalle, der das Kultbild der
Glauben gegen andere Sophronios die richtige Entscheidung ein“ oder Göttin beherbergte. Das Heiligtum wurde in der
Religionen und Philoso-
auch „Herr, leihe dem Eusebios deine Hilfe!“ Folge laufend ausgebaut und erneuert. Im 6. Jh.
phien verteidigen.
vC wurde ein für damalige Verhältnisse außerge-
wöhnlich reich geschmückter Tempel im archa-
Im Schatten der Artemis ischen Stil erbaut, der später dem sagenhaften
Ephesus war während des gesamten Altertums lydischen König Krösus zugeschrieben wurde.
das große Kultzentrum der Artemis, die hier in Als dieses Bauwerk 356 vC einer Brandstiftung
ihrem Tempel, dem Artemision, verehrt wurde. zum Opfer fiel, wurde es durch einen Tempel
Bei dieser Göttin, von den Griechen mit der Toch- im klassischen Stil ersetzt, der im Altertum als
ter des Zeus und der Leto identifiziert, handelte eines der „sieben Weltwunder“ gefeiert wurde.
es sich ursprünglich um die kleinasiatische Mut- Hier verrichteten die Priester der Artemis, als
tergöttin Kybele. Deren Kult im späteren Ephe- Megabyzes bezeichnete Eunuchen, ihren Dienst.
Paulus wandte sich gegen dieses Wahrzeichen
des Heidentums und zog sich die Feindschaft
der Goldschmiede zu, die für ihren Lebensunter-
Eine Inschrift weist den weg halt auf den Artemiskult angewiesen waren (Apg
19,23-40). Die Drohungen zwangen Paulus, die
John Turtle Wood brachte 1867 eine Inschrift aus 568 Zeilen an Stadt zu verlassen. Die Große Göttin widerstand
der Mauer des Theaters von Ephesus ans Tageslicht, in der es um der christlichen Mission dennoch nicht mehr
eine große Schenkung geht, die Caius Vibius Salutaris, ein reicher lange. Christliche Apologeten formulierten ihre
römischer Ritter (eques) und Ehrenbürger von Ephesus, der Stadt Kritik an allen nicht christlichen Elementen, die
© Balage Balogh / Dist. RMN-Grand Palais
gemacht hat. Diese Schenkung umfasst etwa dreißig Statuen, die im eine scheinbare Nähe zum Christentum aufwie-
Tempel der Artemis aufgestellt und regelmäßig in einer Prozession sen. Insbesondere prangerten sie die Nachah-
zum Theater getragen werden sollten, und dazu eine Geldspende, mung der Sakramente im Kultus der Muttergöt-
um die Kosten zu decken. Die ausführliche Beschreibung des Wegs, tin an. Und in der selbst gewählten Kastrierung
den solche Prozessionen in der Stadt nahmen – durch das Magnesi- der Megabyzes sahen sie eine Verhöhnung der
ator und über die Agora – führte Wood schließlich zum Artemision, im Christentum gepflegten sexuellen Enthalt-
das er zuvor vergeblich gesucht hatte. samkeit.
Die Tage der Artemis waren gezählt.
Um das Jahr 350 beendete das Verbot al-
Kyrill von Alexandria, einer der Konzilsväter, berich- und ihr Ausgräber
tet, die Versammlung habe in der „Marienkirche“ ge-
tagt. Österreichische Archäologen haben nahe dem
Der britische Architekt John Turt-
Hafen, nördlich der römischen Thermen, die Reste
le Wood interessiert sich kaum
einer Basilika ans Licht gebracht, die inschriftlich
für Archäologie, bevor er 1858
der „allerheiligsten und ruhmvollsten Muttergottes,
auf die Stätte des antiken Ephe-
der Jungfrau Maria“ gewidmet war. Es ist nicht sicher,
sus stößt. Er hat sich in Smyrna
ob die Kirche in dieser Form bis auf den Anfang des
niedergelassen und baut Bahn-
4. Jh. zurückgeht, aber sie bezeichnet auf jeden Fall
höfe für die neue Eisenbahnstre-
den Versammlungsort des Konzils.
cke Smyrna–Aydin. Doch nun
Ein Ziel für heutige Pilger ist das „Haus der Maria“,
setzt er sich in den Kopf, den berühmten Tempel der Artemis
eine kleine Kapelle, die Ende des 19. Jh. auf einer by-
wiederzufinden, eines der „sieben Weltwunder“ der Antike. Ab
zantinischen Ruine wiederaufgebaut wurde. Diese
1863 unternimmt er mit einigen Arbeitern, die er sich von der
lokale Marienverehrung, die nicht auf frühchristli-
Eisenbahnbaustelle ausgeliehen hatte, Grabungskampagnen in
cher Tradition gründet, geht auf die mystischen Vi-
Ephesus. Zunächst gräbt er auf eigene Kosten, später wird er
sionen der Anna Katharina Emmerich (1774–1824)
unterstützt durch das Britische Museum. Die Bedingungen sind
zurück. Sie erkannte hier den Ort, an dem die Mutter
hart: Malaria, unzufriedene Bauern, Gewalttaten, Unterschla-
Jesu gemäß dem Evangelisten Johannes ihr Leben
gungen, ganz zu schweigen von den 80 Kilometern, die das
beschlossen habe. Dessen Grab wiederum befindet
Ausgrabungsgelände von seinem Architektenbüro in Smyrna
sich nach einer Überlieferung, die tatsächlich bis auf
trennen. Der Ingenieur gibt nicht auf. Nachdem er das Odeon
das 2. oder 3. Jh. zurückgeht, auf einem Hügel nörd-
und den Bereich des Theaters gefunden hat, stößt er auf eine
lich der Stadt. Mindestens seit der ersten Hälfte des
Inschrift mit einem Prozessionsitinerar bis zum Artemision.
4. Jh. gab es hier über dem Grab ein Martyrion, eine
Dann gräbt er sich die Hauptstraße entlang und entdeckt im
Zentralbaukirche in Kreuzesform. Unter Kaiser Justi-
November 1869 in sechs Metern Tiefe unter einer Schicht Vul-
nian I. (482–565) wurde dieses Heiligtum imposant
kanasche das Ziel seiner Wünsche: die Mauern des Tempels der
vergrößert und ausgestattet und löste schließlich die
Großen Göttin von Ephesus.
Kirche der Heiligen Jungfrau als Bischofskirche ab. W
Elfenbeintafel (11. Jh.) ist sein Körper in einer leuchtend gelb, geradezu brennend, unfassbar
Gegenbewegung nahezu verdreht, auf einem Ka- für Maria Magdalena, deren Konturen zart in
pitell aus Autun (12. Jh.) scheint er nach oben zu den grauen Grund gezeichnet sind. W
2 Die sprechende Landschaft dem Horizont verlierend, gegen den Him- wie die Ansicht Jerusalems und der Gar-
mel, darinn er ein Meister ware“. In der ten im Vordergrund. Die Landschafts-
Unterhalb des Gartens ist in der dunsti- Tat wirkt die Landschaft im Hintergrund schilderung galt damals als Teil der Bild
gen Atmosphäre des frühen Morgens die durch die souveräne Beherrschung erfindung, der Idee, in der die eigentliche
Stadt Jerusalem zu erkennen. Sie liegt der Farb- und Luftperspektive realis- künstlerische Leistung gesehen wurde.
hinter einer zinnenbewehrten Mauer, tisch, doch ist sie ebenso ein Konstrukt Topografische Genauigkeit spielte kei-
durch die, genau in der Bildmitte, ein
großes Tor führt. Eine Fahne und eine
Reihe von Lanzen ragen vor dem Tor auf,
offenbar kehrt ein Trupp von Soldaten
von Golgota in die Stadt zurück. Doch
geht der Blick des Betrachters über die
Stadt hinweg, angezogen von dem lich-
ten Himmel über dem Horizont, vor dem
sich blassblau Berge abzeichnen. Joa-
chim von Sandrart (1606–1688) lobt die
besondere Begabung Claudes, in der Fer-
ne liegende Landschaften darzustellen,
das, „was … am weitesten gelegen, nach
Die Quelle war. Jesus sagte zu ihr: Frau, warum weinst du? Wen suchst du?
An dem Ort, wo man ihn gekreuzigt hatte, war ein Garten Sie meinte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: Herr, wenn du
und in dem Garten war ein neues Grab, in dem noch nie- ihn weggebracht hast, sag mir, wohin du ihn gelegt hast! Dann
mand bestattet worden war. Wegen des Rüsttags der Juden will ich ihn holen. Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich
und weil das Grab in der Nähe lag, setzten sie Jesus dort bei. um und sagte auf Hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt: Meis-
(Joh 19,41) [...] Als sie das gesagt hatte, wandte sie sich um
© akg-images
ter. Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch
und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus nicht zum Vater hinaufgegangen. (Joh 20,14-17 )
digital Nürnberg
Leben nach dem Tod. Von Osiris bis Jesus Maria – wie sie wurde, was sie ist
Donnerstag, 26. November 2020, 19 bis 20.30 Uhr Samstag, 5. Dezember 2020, 9.00 bis 16.30 Uhr
Ggf. Zusatztermin: Caritas-Pirckheimer-Haus Nürnberg
Freitag, 27. November 2020, 19 bis 20.30 Uhr
Historisch ist über die jüdische Frau aus Nazaret nur wenig bekannt. Und
Wir sammeln im Vorfeld Ihre Fragen zu Beiträgen und doch entwickelt sie sich zur vermutlich schillerndsten Gestalt des
Inhalten dieser Ausgabe „Leben nach dem Tod“ und Christentums. Bald entstehen Legenden um ihr Leben, ihr Sterben und
geben in der Antwortmail den genauen Verlaufsmodus ihre Aufnahme in den Himmel. Weltweit wird sie zur Trösterin in Not. Und
bekannt. Am Tag des Gesprächs erhalten Sie den Link im Koran erhält Maria einen herausragenden Platz. Wie kam es dazu?
zu einer ZOOM-Konferenz.
REFERENTIN: Helga Kaiser, Redakteurin Welt und Umwelt der Bibel
REFERENT/REFERENTIN: Helga Kaiser, Redakteurin LEITUNG: Claudio Ettl, Akademie CPH Nürnberg
Welt und Umwelt der Bibel und Dr. Reinold Then, TEILNAHMEGEBÜHR: € 32,– / erm. € 27,– (inkl. Verpflegung und ein
Bibelpastorale Arbeitsstelle Regensburg Exemplar der Ausgabe WUB „Maria – jüdisch, christlich, muslimisch“)
Wels
Diakone, Witwen, Presbyter – Ämter in der frühen Kirche
Samstag, 27. Feb./9.00 Uhr − Sonntag, 28. Feb. 2021/12.30 Uhr | Bildungshaus Schloss Puchberg
Ein genauer Blick auf die Anfänge macht deutlich, dass die Entwicklung hin zu den uns heute bekannten Ämtern alles andere als
geradlinig verlaufen ist. Den Wegen des Anfangs nachzuspüren ist nicht nur spannend, sondern kann sehr wohl eine Hilfe sein, um den
heutigen Herausforderungen besser zu begegnen.
ANMELDUNG und INFORMATION: Bildungshaus Schloss Puchberg, Puchberg 1, A-4600 Wels, Tel. +43 (0) 7242 47537,
E-Mail: puchberg@dioezese-linz.at, www.schlosspuchberg.at
Virtuelle
Museumsrundgänge
Zwei Beispiele sind hier: 2./3. Jh. nC. Ca. 1279–1213 vC.
76 welt und umwelt der bibel 4/2020 2010112004530F-01 am 23.10.2020 über http://www.united-kiosk.de
Ausstellungen und veranstaltungen
Frankfurt
Sechs kupferne
Szepter bis 21. Januar 2021
aus der Bunte Götter – Die Farben der Antike
cave
Die Farbigkeit antiker Skulpturen ist ein faszinieren-
of the
des Phänomen, das trotz intensiver Erforschung in
treasure.
den letzten Jahrzehnten weiterhin überrascht. Die
Liebieghaus Skulpturensammlung präsentiert nun
eine große, erweiterte Ausstellung, die einen neuen
Blick auf das Phänomen der Statuenpolychromie
ermöglicht. „Die Farben der Antike“ zeigt über 100
Objekte aus internationalen Museumssammlungen wie
etwa dem British Museum in London. Zu den Objekten
werden Ergebnisse der Forschung ausgestellt. Das Wissen
um farbige antike Skulpturen wurde in der italienischen
Paderborn Renaissance verdrängt und erst im 19. Jh. wieder auf-
bis 15. November 2020 gegriffen. Im 20. Jh. ist die bunte Skulptur zugunsten
einer „auf Klarheit ausgerichteten Ästhetik“ in den
Leben am Toten Meer Hintergrund getreten. Bei vielen antiken Skulpturen
lassen sich noch Spuren der ursprünglichen Farben
Archäologie und Geschichte rund um das erkennen.
Tote Meer stehen im Mittelpunkt der Ausstel-
© oben links: Israel Museum; oben rechts: Foto: Liebieghaus Skulpturensammlung – Norbert Miguletz, unten rechts: Jüdisches Museum Berlin, Foto: Yves Sucksdorff
Neue Forschungen zur Heimat Jesu „Welt und Umwelt der Bibel“ ist interdisziplinär
und ökumenisch ausgerichtet und entsteht in
enger Zusammenarbeit mit international
anerkannten Wissenschaftler/innen.
Verlag: Katholisches Bibelwerk e.V.,
edition „Welt und Umwelt der Bibel“,
Postfach 15 03 65, 70076 Stuttgart,
Tel. 0711/61920-50, Fax 0711/61920-77
E-Mail: bibelinfo@bibelwerk.de
www.weltundumweltderbibel.de
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Gesamtübersicht der lieferbaren Hefte und weitere Infos zur Zeitschrift unter www.bibelheute.de
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■ Anspruchsvoll illustriert
■ Informiert über Religionen,
Kulturen und Geschichte
der biblischen Welt
■ Reportagen, Ausgrabungen
und Ausstellungshinweise
Die Themen 2020
■ 1/20, Rom
■ 2/20, Die Könige von Israel
und Juda
■ 3/20, Diakone, Witwen,
Presbyter
■ 4/20, Leben nach dem Tod.
Von Osiris zu Jesus
„Bibel heute“ als Mitglied beziehen: 9 40,– • „Bibel und Kirche“ als Mitglied beziehen: 9 40,–
„Bibel heute“ und „Bibel und Kirche“ zusammen 9 60,–
(Schüler, Studenten, Rentner und Geringverdiener nur 9 25,– bzw. 9 35,–)
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e [A] 5,50 / sFr 9,50
o Der Tempel von Jerusalem, 3/99 o Entlang der Seidenstraße, Sonderheft 2002
o Christus in der Kunst (1): o Die Kreuzzüge, 3/03
Von den Anfängen bis ins 15. Jh., 4/99 o Der Nil, 1/04
o Der Koran und die Bibel, 1/00 o Flavius Josephus, 2/04
o Faszination Jerusalem, 2/00 o Der Jakobsweg, 3/04
o Christus in der Kunst (2): Von der o Prophetie und Visionen, 4/04
Renaissance bis in die Gegenwart, 4/00 o Von Jesus zu Muhammad, 1/05
o Auf dem Weg zur Kathedrale, Sonderheft 2000 o Religionen im antiken Syrien, 2/05
o Petra. Stadt der Nabatäer, 1/01 o Babylon, 3/05
o Paulus, 2/01 o Juden und Christen, 4/05
o Petrus, Paulus und die Päpste, Sonderheft 2006 o Türkei. Land der frühen Christen, 3/10
o Athen. Von Sokrates zu Paulus, 1/06 o Kindgötter und Gotteskind, 4/10
o Ostern und Pessach, 2/06 o Die Apostel Jesu, 1/11
o Mose, 3/06 o Der Weg in die Wüste, 2/11
o Auf den Spuren Jesu 1: Von Galiläa nach Judäa, 4/06 o Unter der Herrschaft der Perser, 3/11
o Heiliger Krieg in der Bibel? Die Makkabäer, 1/07 o Bedeutende Orte der Bibel, 4/11
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o Wer waren die ersten Christinnen?, 4/15 o Das Grab Jesu, 1/19
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o 1001 Amulett, 224 S., 2 14,80, 2 [A] 15,30, sFr 19,– 2 [A] 17,30, sFr 21,–
o Musik in biblischer Zeit, 104 S., 2 11,90, 2 [A] 12,30, sFr 15,– o Engelwelten, 196 S., 2 35,–, 2 [A] 36,–, sFr 45,–
o Kleider in biblischer Zeit,112 S., 2 14,80, 2 [A] 15,30, sFr 19,–
Erstmals werden die sieben Briefe des Paulus (Röm, 1/2 Kor, Gal, Phil, 1 Thess, Phlm), die nach heutiger Wissenschaft vom Apo-
stel und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern selbst verfasst sind, gemeinsam kommentiert. Diese Paulusbriefe sind die
ältesten Zeugnisse des Neuen Testaments. Sie sind bis heute Grundlage für eine individuelle Christusbeziehung und ebenso für
das Zusammenleben und die Strukturen einer Gemeinde. Sie zeigen uns Männer und Frauen, die die Anfänge der Kirche ent-
scheidend geprägt haben. Die oft in der Predigt vernachlässigten Paulusbriefe werden hier durch eine wörtliche Übersetzung
aus dem griechischen Urtext und durch knappe, gut verständliche Kommentare auf neuestem wissenschaftlichem Stand gut
lesbar erschlossen. Die Anordnung von Auslegung und Bibeltext auf je einer Doppelseite macht das Lesen zum Vergnügen.
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