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geschichte 2/2016
WUB
Nr. 80, 21. Jg., 2. Quartal 2016 / Schöpfung / EUR 11,30 / Österreich, Luxemburg: EUR 11,80 / SFR 19,- / E 14597 / ISBN 978-3-944766-51-5
Bibel kontra
naturwissenschaft?
Die Schöpfung
// GOtt Und URknall – diE GREnzEn dER ERkEnntnis
EURO 11,30
christentum und islam: das unterschiedliche verständnis von Bibel und koran
2002191424420E-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
Inhalt 2/2016
10 30 52
Das biblische und das naturwissen- Die Verwurzelung der biblischen Kreationismus, Evolutionstheorie und
schaftliche Weltbild Schöpfungstexte im Alten Orient ihr Verhältnis zur Bibel
Rainer Oberthür 58
Helga Kaiser 8 wie können wir heute glaubwürdig vom
begeisterung für das staunen anfang erzählen?
Einführung ins Thema Zur Vereinbarkeit von Bibel und Naturwissenschaft
Wolfgang J. Duschl 18
die geburtsstunde des universums
Astrophysik: Eine Einführung
Hansjörg Hemminger 52
Zufall oder gottes schöpfung?
Evolutionstheorie: Der Strom des Lebens
Bettina Wellmann 26
die erzählungen vom anfang
Hintergründe zur biblischen
Schöpfungstheologie Interview 48
„der kreationismus galt als bollwerk
gegen westlichen darwinismus“
Gespräch mit Serdar Güneş über
Sabine Pemsel-Maier 36 Schöpfung und Naturwissenschaften im Islam
gott als poet der welt
Perspektiven aus der Prozesstheologie
Hansjörg Hemminger 40
in unseren adern fließt das urmeer
Kreationismus, „Intelligent Design“ und Wissenschaft
titelbild:
Spiralgalaxie Messier 106, Entfernung von
der Erde mehr als 20 Millionen Lichtjahre.
Editorial
Frühchristliche höhlenkirche
nyssa/nevsehir Türkische Archäologen haben in Kappado-
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welt und umwelt der bibel 2/2016
Das neueste aus Der Welt Der BiBel
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welt und umwelt der bibel 2/2016
Das neueste aus Der Welt Der BiBel
„Unsere Zukunft
liegt im Irak.“
göttin oder
reale Frau? Patriarch louis raphaël
Die kanaanäi- sako aus Bagdad, oberhaupt
sche tonfigur der chaldäisch-katholischen
einer Frau ist Kirche, hofft, dass nach
noch nicht einem ende der aggressio-
identifiziert. nen zwischen Muslimen und
christen wieder „chancen
auf Dialog“ bestehen.
tel rehov Während er mit seinen Jh. vC. Einige Forscher sind der An- gegen Krieg unD
unterDrücKung iM
Freunden unterwegs war, entdeckte ein sicht, die Figur stelle eine reale Frau aus
naMen Des islaM
siebenjähriger Junge am Tel Rehov im Fleisch und Blut dar. Andere sehen in
Jordantal die 3400 Jahre alte Tonfigur ihr die Fruchtbarkeitsgöttin Astarte, die
einer Frau. Sie zeigt eine aufrecht stehen- aus kanaanäischen Quellen und aus der
„Wir bekräftigen,
de, unbekleidete Frau mit schmaler Taille Bibel bekannt ist.“ Die Figur zeige keine
und kunstvoller Frisur. Anzeichen einer Göttinnendarstellung. dass es skrupellos ist,
Amihai Mazar, em. Professor der Uni- Mazar hält es auch für möglich, dass der Religion zu benutzen,
versität Haifa und Augrabungsleiter am biblische Begriff der „terafim“ (u. a. Gen um die Rechte religi-
Tel Rehov, ordnete die Figur nach ers- 31,19), der meist mit „Hausgott” übersetzt
wird, sich auf eine Figur wie die jetzt ge-
öser Minderheiten in
ten Untersuchungen ein: „Sie ist typisch
für die kanaanäische Kultur des 15.–13. fundene bezieht. W (IAA/WUB) muslimischen Ländern
anzugreifen.“
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welt und umwelt der bibel 2/2016
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Die Schöpfung
Bibel kontra
Naturwissenschaft?
Wie das alles zueinanderpasst ... das hat Menschen seit der Antike begeistert,
diedieWeltunddenHimmelastronomisch,mathematischundnaturkundlich
erforscht haben. Der mittelalterliche Buchmaler der Wiener Bible moralisée
hat den göttlichen Schöpfer mit dem Zirkel gemalt, dem Instrument der gro-
ßen Architekten und Mathematiker. In der Epoche der Scholastik blühten die
Wissenschaften und die Kunst der logischen Beweisführung auf. Jede neue
Erkenntnis wies umso mehr auf die faszinierende göttliche Schöpfung
hin. Der Zirkel des Weltarchitekten (dargestellt in Gestalt des Christus, des
logos) steht für die Ordnung der geometrischen Berechnungen, für die
Beherrschung des Chaos, für das rechte Maß ... Wie es schon in der bib-
lischen Weisheitsliteratur heißt: „Du aber hast alles nach Maß, Zahl und
Gewicht geordnet“ (Weish 11,20).
Gott als Schöpfer mit Zirkel (deus geometra) auf der inneren Umschlagseite der
Wiener Bible moralisée, 1208–1215. Österreichische Nationalbibliothek, Wien.
Begeisterung
für das Staunen
Naturwissenschaftliche Erkenntnisse erklären große
Teile unserer Existenz und des Universums. Stehen sie
zwangsläufig in Konkurrenz zum Schöpfungsglauben?
Oder ergänzen sich beide? Von Helga Kaiser
I
m Februar 2016 wurden erstmals der Universität Münster auf den Punkt. Sinnfragen und Vorstellungen, wie wir
Gravitationswellen nachgewiesen, Er fragt nach der Glaubwürdigkeit von in der Gemeinschaft von Menschen,
Anfang März 2016 wurde gemeldet, „Geistlichen und Religionslehrenden, Tieren und Natur leben sollen, wie die
die bisher fernste Galaxie sei gesichtet die behaupten, Gottes Schöpfung und Schöpfung ihrem Wesen nach ist. Ein
worden, 13,4 Millionen Lichtjahre ent- Wirken zu bewundern“, aber naturwis- anschauliches Beispiel dafür ist ein al-
fernt (ein kaum sichtbarer Punkt auf ei- senschaftlich nicht auf dem Laufenden ter römischer Mythos, überliefert beim
ner Weltraumaufnahme), täglich liefern seien. „Heute können solche Gelehr- Schriftsteller Hyginus, der sich damit
Weltraumteleskope wie Hubble und Spit- ten mit wissenschaftlich beschränktem beschäftigt, warum wir Menschen so oft
zer neue Bilder, die den Atem stocken Horizont gerade auch den jungen, bil- von Sorgen geplagt werden. Die Göttin
lassen ... Rekorde, Daten und Informa- dungsaufsteigenden Menschen keine „Sorge“ nämlich habe gedankenverlo-
tionen, denen Nichtfachleute oftmals Weggefährten sein. Wie können sie von ren am Flussufer aus Lehm eine Figur
hilflos gegenüberstehen. Es ist Leis- aufstrebenden Gemeindemitgliedern geformt. Der hinzukommende Jupiter
tungssport für das Gehirn, das Denken erwarten, dass sie Ärztinnen, Lehrer, haucht der Figur Geist ein. Kurz darauf
zu entgrenzen: Die Welt wird ganz leicht Forschende werden – und zugleich die streiten sich Sorge, Jupiter und auch die
gedehnt und gestaucht, wenn Gravitati- enormen Erfolge der Evolutionstheorie Erdgöttin Tellus darüber, wessen Namen
onswellen sie treffen. Es gibt nicht Raum leugnen? Wie können sie selbst Smart- das Wesen tragen solle. Saturn schlich-
oder Zeit, sondern nur vierdimensionale phones, Navigationsgeräte und Flugzeu- tet den Streit: Jupiter erhält nach dem
Raumzeit. Wenn eine Tasse zu Boden ge benutzen, ohne zu reflektieren, dass Tod des Wesens den Geist zurück, den
fällt, dann weil sie an einer Krümmung keine Satellitenkommunikation ohne Namen homo, von humus, „Erde“, erhält
in der Raumzeit entlanggleitet. die Erkenntnisse der modernen Physik es von Tellus – und die Göttin Sorge wird
Seit etwa 400 Jahren, seit der Erkennt- funktionieren würde?“ (Vortrag gehal- das Wesen besitzen, solange es lebt ...
nis, dass die Welt nicht im Mittelpunkt ten 2013 in der Ringvorlesung „Was sind Die Frage „Ist das wirklich alles so pas-
des Universums steht und nicht einmal Raum und Zeit? Was ist die Schöpfung?“ siert?“ erübrigt sich.
die Sonne, seit der Etablierung der Ur- beim Zentrum für islamische Theologie, Was in den alten Kulturen vom Anfang
knall- und Evolutionstheorie bemühen Skript auf www.wwu.de/ZIT/Veranstal- der Welt erzählt wird, ist gleichbedeu-
sich Religionen und Kirchen, Schritt zu tungen/raumzeit_blume.html) tend mit immer gültig. Das Schöpfungs-
halten. Naturwissenschaftliche Erkennt- lied in Genesis 1 ist wie ein poetisches
nisse verändern auch religiöse Vorstel- Tor, durch das Leserinnen und Leser die
lungen. In der Kunstgeschichte weicht Wie die Welt eigentlich ist Bibel betreten. Es hat einen feierlichen
der graubärtige alte Schöpfergott, wie Um das Verhältnis von rasant zuneh- Stil und viele rhythmische Wiederholun-
wir ihn noch in der Sixtinischen Kapelle menden naturwissenschaftlichen Er- gen – naheliegend, dass es zum Vortra-
sehen, abstrakten Schöpfungsdarstel- kenntnissen und biblischen Schöp- gen und Auswendiglernen bestimmt war
lungen, die mit Licht und Dunkel arbei- fungstexten zu klären, gilt es zuerst, (eine wörtliche Übersetzung von Erich
ten. Wir haben – theologisch gesprochen beide einzuordnen. Wissenschaftliches Zenger finden Sie auf S. 29). In sechs
– als Geschöpfe in der göttlichen Schöp- Arbeiten, Theorien aufstellen, bestäti- Tagen schafft Gott die Welt, am siebten
fung eine Holschuld den naturwissen- gen oder widerlegen, Reaktionen und segnet und heiligt er den Ruhetag. Die
schaftlichen Informationen gegenüber. Abläufe berechnen – das ist etwas an- zweite, direkt folgende Schöpfungser-
Der Religionswissenschaftler Michael deres als das, was religiöse Ursprungs- zählung erklärt die Brüche im Leben,
Blume bringt es in einem Vortrag an mythen wollen. Zum Mythos gehören erzählt vom Leben und vom Tod, von
Menschengestaltiger
Rechts:
Sarkophagdeckel aus einem Grab nahe
Amman. Bestattungskultur und die Sorge
um die Toten sind Stationen auf dem Weg
der menschlichen Evolution. 10./9. Jh. vC.
Archäologisches Museum Amman.
Schmerzen und Arbeit. Die historisch- mel zu erforschen – wenn wir nach Grie- Teilchen früher mit millionenfacher
kritische Exegese hat herausgearbeitet, chenland, Kleinasien, Mesopotamien, Geschwindigkeit stattgefunden habe.
dass der große Schöpfungshymnus von in die Levante und nach Ägypten bli- „Alte-Erde-Kreationisten“ nehmen zwar
Gen 1 im Babylonischen Exil entstan- cken, zeigen die Zeugnisse aus der Welt einen Zeitraum von mehreren Millionen
den ist, unter dem Eindruck der großen der Bibel, wie sich über einen Zeitraum Jahren an, aber Gott habe auch hier im-
Schöpfungsmythen der Babylonier ei- seit der Steinzeit Kultur bildet und Wis- mer wieder „fertige“ Arten eingesetzt.
nerseits und in der Lebenssituation von senschaften etablieren: Mathematik, As- Gott ist in kreationistischer Sicht natur-
Niederlage und Heimatverlust der Ju- tronomie, Philosophie; Mythen, Epen, wissenschaftlich beweisbar.
däer andererseits. Gen 1 will Sicherheit Hymnen und Geschichten ... Die Bibel Auf dem anderen Pol sehen Vertreter/
vermitteln, beschreibt die Schöpfung selbst ist ein Zeugnis dieses Prozesses. innen des New Atheism nichts als den
als grundsätzliche Ordnung, da Gott das Die Menschen, die hinter den biblischen Materieprozess selbst als Grund, Sinn
Tohuwabohu sortiert hat – schon die und Ziel des Seins an. Der Glaube an eine
rhythmische Sprache macht das sicht- göttliche Schöpfung sei geradezu lächer-
bar, die wiederholte Bestätigung, dass Die Auseinandersetzung lich. Nicht zuletzt das Leid in der Welt wi-
alles gut ist, sehr gut. Die gefährlichen derspreche einem gütigen Schöpfer und
Kräfte wie Sonne und Wasser werden
wird auch mit Wut und die Existenz eines Schöpfergottes ließe
dem Leben unterworfen, sie dienen dem Angst geführt sich naturwissenschaftlich vernünftig
Leben. Theologisch führt von hier eine und zweifelsfrei widerlegen.
Linie zu Auferstehungs-(und Messias-) Die Auseinandersetzung zwischen
hoffnungen in Christentum, Judentum Texten stehen, deuten die Welt und den Polen wird besonders in den USA ge-
und Islam: Die Brüche in der Schöpfung ihre Existenz im Lichte einer göttlichen führt, auch mit Wut und Angst. Wo liegt
werden heilen. Schöpfung. ein Weg jenseits des Entweder-oder?
Gerade dieser Gedanke macht aber Michael Blume sprach von „Weggefähr-
offensichtlich Mühe: dass der Glaube an tenschaft“ (siehe oben) – das geht nur,
Die Bibel ist Teil der Evolution einen Schöpfergott bei Wesen erwächst, wenn die Theologie intensiv am natur-
Naturwissenschaftlich gesehen stehen die sich erst nach einer unendlich schei- wissenschaftlichen Erkenntniszuwachs
die Schöpfungserzählungen ihrerseits nenden Abfolge von Selektionen und teilnimmt. Forschende und Glaubende
im Strom der Universumsgeschichte. Es Umweltanpassungen entwickeln. Für können gemeinsam mit Begeisterung
dauert Milliarden von Jahren, bis sich kreationistische Denkrichtungen ist staunen. Ziel ist die gegenseitige Berei-
der Gesteinsklumpen Erde bildet und deshalb die Evolutionstheorie eine Be- cherung: Ob ich in den Weltraum blicke
sich darauf Bedingungen entwickeln, drohung des Glaubens. Für den „Junge- oder in das Innere eines Atoms, bleiben
die komplexes Leben ermöglichen. Erde-Kreationismus“ ist die Erde max. Fragen nach dem Wieso und Wozu-
Physikalische, chemische, biologische, 10.000 Jahre alt und lebten die Dino- überhaupt. Wissenslücken schließen
psychologische und soziale Prozesse saurier gemeinsam mit den Menschen, sich, aber selbst wenn alle geschlossen
folgen aufeinander. Ab einem gewissen denn nach sechs Tagen waren alle Arten wären, bliebe es unredlich, zu behaup-
Punkt in der Geschichte sind Bestattun- und der Mensch so von Gott geschaffen. ten, alle Fragen der alten Mythen seien
gen greifbar und Hinweise auf das, was Auf die Altersbestimmung von Fossilien beantwortet. W
wir mit Religion bezeichnen. Menschen durch radiometrische Datierung wird Helga Kaiser ist Redakteurin von
beginnen, ihre Umgebung und den Him- erwidert, dass der Zerfall radioaktiver Welt und Umwelt der Bibel.
H
artnäckig hält sich die Meinung, stellungen, überprüfbare, heutige Wis- dem Sündenfall, dem Verlust des Para-
die Physik mit ihrer Urknall- sensbestände gegen unüberprüfbare dieses und dem Mord von Kain an Abel,
theorie beschreibe auf wissen- frühere Meinungen. also die sogenannte Jahwistische Schöp-
schaftliche Weise und auf dem heutigen fungserzählung mit ihren Wurzeln im 9.
Kenntnisniveau einen objektiven Tatbe- vorchristlichen Jh., die Geschichte von
stand – quasi unwiderleglich. Und die Die Schöpfungserzählungen der „gefallenen Schöpfung“.
Theologie mit ihrer Schöpfungserzäh- Aber wer die ersten drei Kapitel der Ge- Würde man – selbst ganz ohne Kennt-
lung beschreibe nur auf mythologische nesis liest, merkt gleich, dass es da zwei nis der Naturwissenschaften – diese
Weise eine früheren Jahrhunderten und Schöpfungserzählungen gibt: Erzählungen als Schöpfungsreport
Jahrtausenden zuzuordnende subjek- 1. Das Sieben-Tage-Werk mit der als missverstehen, müsste man zumindest
tive Wunschvorstellung – also wissen- gut, ja sogar sehr gut klassifizierten eine Erzählung, wahrscheinlich sogar
schaftlich höchst fragwürdig. Schöpfung, also die Priesterschrift aus beide Erzählungen, als irrig abtun; denn
Da stehen dann klare Wissenschaft dem 6. vorchristlichen Jh., die Geschich- jeweils als eine Naturkunde (miss)ver-
gegen trübe Mythologie, objektive Tat- te von der „großartigen Schöpfung“. standen, widersprechen sie einander auf
bestände gegen subjektive Wunschvor- 2. Die Adam-und-Eva-Erzählung mit unversöhnliche Weise. Und die mittelal-
terlichen Maler, die hier auf der Ebene angenom- eigentliche Begründer der Urknalltheorie, Geor-
mener Fakten eine Harmonisierung versuchten ge Lemaître (1894–1966), war Astrophysiker an
(Bibel des Matteo de Planisio von 1362, s. Abb. der katholischen Universität Löwen und katho-
rechts., oder die Ausmalung der Kirche in St. He- lischer Priester, später sogar Domherr im Erz-
lena Deutschnofen/Südtirol aus dem 14./15. Jh.), bistum Mechelen. Er studierte und promovierte
wären bei aller künstlerischen Großartigkeit nur in Löwen, dann in Cambridge, wurde 1923 zum
genial gescheitert. Und doch sind beide Schöp- Priester geweiht und studierte schließlich mit
fungsgeschichten wahre Geschichte; sie müssen einer weiteren Promotion am Massachusetts In-
nur komplementär gelesen und verstanden wer- stitute of Technology. Lemaître publiziert seine
den. Die Güte der Schöpfung einerseits und die Arbeiten zur Urknalltheorie bereits im Jahr 1927,
Gefährdung des Menschen, seine Hybris, sein also noch vor der Kenntnis von Edwin Hubbles
zu wollen und entscheiden zu können wie Gott, Rotverschiebung und lange vor der Entdeckung
und sein Versagen andererseits – beides ist in der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrah-
dieser Schöpfung zu finden. lung von Arno Penzias und Robert Wilson (1964),
Die Schöpfungserzählungen sind keine min-
derwertige Naturkunde darüber, wie die Welt
und auf ihr der Mensch entstand. Die Schöp-
Anfangssingularität fungserzählungen sind eine hochwertige Urkun- Übrigens war auch der Begriff
ist der physikalisch-astro-
nomische Begriff für den
de darüber, was es mit dem Menschen auf sich
hat: also nicht Naturkunde über das Werden,
Urknall ursprünglich ein von
Zustand vor dem Urknall,
als Raum und Zeit noch
sondern Urkunde über das Wesen des Men- Physikern gebrauchtes und
nicht vorhanden waren. schen. Dass das kirchlich-lehramtliche Zeugnis,
zumal die Aussage der päpstlichen Bibelkom-
zur Verunglimpfung gedachtes
Den Urknall berechnet die
Forschung auf den Zeit- mission zum Buch Genesis von 1909 (in diesem Schimpfwort
punkt, als das Universum Jahr derklarierte das päpstliche Schreiben „Zum
10 hoch minus 43 Se- geschichtlichen Charakter der ersten drei Kapi-
kunden alt ist: 0,000000 tel der Genesis“ die Erzählungen als historisch die die Urknalltheorie auf je ihre Weise stützen.
000000000000000000 stichhaltig), hier in der Vergangenheit mehr Ver- Er überzeugte auch Albert Einstein, der dieser
0000000000000000001. wirrung als Klarheit geschaffen hat, ist nicht zu Theorie zunächst kritisch gegenüberstand. 1940
Bis dahin bestand die leugnen. Ebenso wenig ist aber der Umstand zu in die päpstliche Akademie der Wissenschaften
Anfangssingularität.
leugnen, dass diesbezüglich heute Einhelligkeit berufen – deren Mitglied heute übrigens auch
und Klarheit herrscht. Stephen Hawking ist (s. S. 14) – und später mit
der Leitung dieser Akademie und der päpstli-
chen Sternwarte betraut, hat dieser bescheide-
Frontlinie Schöpfung versus Urknall ne Mann Großes geleistet für die Versöhnung
Die Schöpfungserzählungen, so darf man aus von Physik und Theologie, von Kosmologie und
dem oben Gesagten wohl festhalten, konkurrie- Schöpfungslehre. Im November 1951 griff sogar
ren nicht mit naturwissenschaftlichen Modellen Papst Pius XII. Lemaîtres Überlegungen begeis-
und Expertisen über den Anfang der Welt; sie sa- tert auf und bezeichnete den Urknall als das
gen nicht, wie der Anfang war, sondern wer am erste in der Zeit physikalisch greifbare Ereignis
Anfang war, den Anfang setzte. An dieser alten eines die Zeit erst begründenden und selbst zeit-
Frontlinie Schöpfung versus Urknall kämpfen losen göttlichen Schöpfungsvorgangs. Schöp-
heute nur biblizistische Kreationisten einerseits fung wird hier theologisch gewissermaßen als
und naturalistische Evolutionisten andererseits. Bedingung der Möglichkeit des Ereignisses
Und beide haben sie ihre hermeneutischen angesehen, das die Astrophysik dann Urknall
Hausaufgaben nicht gemacht. Intellektuell red- nennt.
liche Kosmologen und Evolutionstheoretiker ei- Ganz so einfach stellt sich die Sachlage heu-
nerseits und Schöpfungstheologen andererseits te nicht mehr dar, weil die Singularität des An-
streiten hier eher nicht. fangs, also umgangssprachlich der Urknall, erst
Übrigens war auch der Begriff „Urknall“ ur- die Grundkonstanten und Grundbedingungen
sprünglich ein von Physikern gebrauchtes und für jedwede Physik aus sich hervorgehen lässt
zur Verunglimpfung gedachtes Schimpfwort für – also die starke und die schwache Kernkraft,
diese physikalische Theorie der Weltentstehung. die elektromagnetische und die gravitative Kraft
Nur ist später das Schimpfwort zum Markenna- oder Wechselwirkung. Physiker sagen, dass man
men geworden und es bis heute geblieben. Der sich der Anfangssingularität nur bis zur soge-
Zwei Schöpfungs-
erzählungen in
einer Illumination:
Die mittelalterlichen
Buchmaler fanden
einen Ablauf für die
beiden eigenstän-
digen Erzählungen
vom Anfang – die
Bilder erzählen in
ihrer Abfolge über das
Wesen der Welt und
der Menschen:
großartig und gebro-
chen zugleich.
Bibel des Matteo
de Planisio, Neapel
1362. 39 × 26,3 cm,
Vatikanische Biblio-
thek.
schließt. Nicht wenige Menschen meinen und Seit 1905 ist Teilhard Physik-, Chemie- und
meinten seit dem Erscheinen von Darwins bahn- Biologielehrer in Kairo, 1911 empfängt er die
brechendem Werk Über die Entstehung der Arten Priesterweihe, den 1. Weltkrieg besteht er als Sa-
durch natürliche Zuchtwahl (1859), Darwin habe nitätssoldat an der Front. Hier formuliert er zum
mit seiner Evolutionstheorie jedweder Schöp- ersten Mal seine Naturmystik. 1920 schreibt er
fungstheologie den endgültigen Todesstoß ver- seine Doktorarbeit über die Säugetiere des un-
setzt. Damit sei die Welt angeblich gespalten in teren Eozäns und hält danach Vorlesungen über
eine gottlose wissenschaftlich aufgeklärte und die Vereinbarkeit von Evolution und Schöpfung
eine gottvolle wissenschaftlich unaufgeklärte am Institut Catholique in Paris. Die Resonanz ist
Welt. Glauben hie gegen Wissen da, eine schizo- erheblich, aber den Ruf auf einen Lehrstuhl an
Anthropisches Prinzip
phrene Welt. Teilhard de Chardin war jemand, der Sorbonne darf er auf Anweisung des Ordens
Es besagt, dass die
der als Naturwissenschaftler und Theologe die nicht annehmen. Man schickt ihn stattdessen
Naturgesetze im Kosmos
so beschaffen sind, in Wissen und Glauben, die in eine angeblich 1923 auf eine paläontologische Expedition nach
dass sie die Möglichkeit gottlose Biologie und eine gottvolle Theologie China, damit er mit seiner „abenteuerlichen The-
bieten, den Menschen, zutiefst gespaltene Welt auf geniale Weise wie- orie“ nicht die Theologie durcheinanderbringe.
intelligentes leben und der zusammenfügte: Er baute eine Brücke über Aber genau hier wirkt er von 1929 bis 1931 als
uns als Beobachter den reißenden Strom der Differenzen zwischen Wissenschaftler bei der Entdeckung des damals
hervorzubringen. dem Ufer der Schöpfung und dem Ufer der Evo- sogenannten Pekingmenschen mit, eines Homo
lution. Er ist einer der Ersten, der nicht nur von erectus, wie wir heute sagen. Von 1923 bis 1946
einer biologischen Evolution spricht, sondern forscht er in China, von wo aus er aber zahlrei-
auch von einer ihr vorausgehenden kosmologi- che Expeditionen nach Somalia, Nord- und Zen-
schen und chemischen wie auch von einer – der tralindien, Java, Burma etc. unternimmt.
biologischen Evolution folgenden – kulturellen Teilhard sieht in der Evolutionstheorie die
und psychosozialen Evolution. Und in alldem naturwissenschaftliche Beschreibung des ei-
sieht er Gott am Werke, den unvordenklichen nen und selben Vorgangs, den die theologische
Vordenker alles dessen, was wir nur mühsam Beschreibung „Schöpfung Gottes“ nennt. Aber
nachdenken können. dieser Gott schafft keine Fertigbau-Welt wie aus
16 welt und umwelt der bibel 2/2016 2002191424420E-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
Urknall, EvolUtion Und SchöpfUng
dem Lego- oder Fischer-Baukasten. Er schafft hungs- als Todestag und der Todes- als Aufer-
eine sich in relativer Autonomie weiterentwi- stehungstag.
ckelnde Werdewelt. Gott macht eine Welt, die
sich macht.
Zuerst bildet sich in den gewaltigen kosmo- Ergänzung oder Widerspruch?
logischen Prozessen die noch tote Erde heraus. Man könnte doch, wenn man diese kurzen wis-
Geogenese, „Erdentstehung“, nennt Teilhard senschaftsgeschichtlichen und biografischen
diesen Prozess. Aber die entstandenen chemi- Überlegungen ernst nimmt, zu der Überzeugung
schen Elemente werden im „Backofen der Gra- kommen, dass der den Glauben erforschende
vitation“ zu schweren Elementen umgebacken Naturwissenschaftler und der die Natur erfor-
und durchlaufen einen Prozess des Komplexi- schende Gläubige oder Theologe nur zwei Men-
tätswachstums, von Atomen über Moleküle hin schen auf dem Weg zum selben Ziel sind. Der
zu Markomolekülen mit den Grundbausteinen Leitstern dieses Sternmarsches ist die unstillba-
des Lebens, der DNA für die Information und re Sehnsucht nach Wahrheit, die, wie der Glau-
dem Protein für die Katalyse. Um die tote Erde bende meint, Gott in seine Geschöpfe hinein-
herum bildet sich sodann ein nach und nach gelegt hat, die unstillbare Sehnsucht nach der
immer komplexer und differenzierter werden- Wahrheit, die Gott selber ist.
des Geflecht von Leben. Biogenese, „Lebensent- Wo die Schöpfungstheologie sich lernend auf
stehung“, nennt Teilhard das. Und schließlich die fachlichen Erklärungen der Naturwissen-
bildet sich in dieser Sphäre des Lebens das im-
mer komplexer und differenzierter werdende
Geflecht von informationsverarbeitenden Zellen
(Neurone) und Organen (Gehirne). Diese Her-
Verstehen setzt sowohl das naturwissen-
ausbildung der Gehirne und des Denkens nennt schaftliche Erklären als auch das
er Noogenese. Und 1938, also lange bevor es die
ersten noch primitiven Computer gibt, denkt er
philosophisch-theologische Deuten voraus
diese Evolution technisch weiter und prognos-
tiziert eine weltweite Vernetzung des Denkens:
„Es entsteht ein Denken, das kunstreich das Or- schaft einlässt, sie in ihr theologisches Den-
gan vervollkommnet, auf dem es beruht.“ ken einlässt und philosophisch-theologisch
Eine in ihrer Geschichte manchmal bornierte weiterdenkt, und wo die Naturwissenschaft
Kirche hat zuerst ein Veröffentlichungsverbot bei all ihren faszinierenden Erklärungen ihre
für seine Werke verfügt und sie doch im Stillen philosophisch-theologische Deutungsbedürf-
mit heißem Herzen gelesen. Die Dokumente des tigkeit anerkennt, da müsste beiderseits die
2. Vatikanums und auch die frühen Schriften falsche Frontstellung überwunden sein – sie
eines jungen Professors Joseph Ratzinger, des gehört dem vergangenen und vorvergangenen
späteren Papstes Benedikt XVI., legen davon ein Jahrhundert an. Sie müsste überwunden sein Lesetipps
beredtes Zeugnis ab. durch eine Dialektik von Erklären und Deuten, • Ulrich Lüke,
Der Mensch endlich ist das Geschöpf, das die wirkliches Verstehen erst ermöglicht. Wirkli- Das Säugetier von Gottes
den Schöpfer erdenkt und bedenkt, sein Dasein ches, grundlegendes Verstehen setzt sowohl das Gnaden. Evolution –
vom Schöpfer her denkt und auf ihn hin denkt. naturwissenschaftliche Erklären als auch das Bewusstsein – Freiheit,
Der Mensch ist das Geschöpf, in dem die evo- philosophisch-theologische Deuten voraus. Üb- 3. überarbeitete und erwei-
lutiv konzipierte Schöpfung kommunikations- rig bleibt dann nicht der Widerspruch zwischen terte Auflage, herder 2016.
fähig wird auf ihren Schöpfer hin – hellhörig, Naturwissenschaft und Theologie, sondern ihre • ders., Gott suchen in der
weitsichtig, feinfühlig für die eigene zeitlich- wechselseitige Ergänzungsfähigkeit und Ergän- Natur, Bonifatius-Verlag
endliche Geschöpflichkeit – hellhörig, weitsich- zungsbedürftigkeit. W 2016.
tig, feinfühlig für seinen ewigen unendlichen
Schöpfer.
So hat Teilhard de Chardin eine jahrtau-
sendealte statisch anmutende Vorstellung
Prof. Dr. Ulrich Lüke lehrt Systematische Theologie
von Schöpfung evolutiv dynamisiert und eine
an der Universität Aachen. Zahlreiche Veröffentli-
scheinbar im Zufall driftende Evolutionsvorstel- chungen und herausgeberschaften im Grenzbereich
lung auf Gott hin zentriert. Der große Paläon- Theologie und Naturwissenschaft – beides verbindet
tologe, Theologe und Naturphilosoph starb in er durch seine Biografie: Der katholische Priester hat
New York am Ostersonntag 1955 – der Auferste- neben Theologie Biologie und Philosophie studiert.
Die Geburtsstunde
des Universums
Relativitätstheorie, Quantenphysik, kosmische Hintergrundstrahlung …
Ein Astrophysiker führt für Einsteiger/innen in die Geheimnisse des
Universums ein – in die Erkenntnisse und auch in die Wissenslücken.
Von Wolfgang J. Duschl
Leben vor der Hintergrundstrahlung: Die NASA bezeichnet dieses Bild als „Best Map Ever of the
Universe“, aufgenommen von der Sonde „Planck“ – oben rechts –, die seit 2009 mit der Erde um die
Sonne kreist. Die Aufnahme zeigt das älteste Licht in unserem Universum (genannt: Mikrowellen-Hinter-
grundstrahlung oder kosmische Hintergrundstrahlung). Diese ersten Lichtstrahlen drangen durch, als das
Universum 370.000 Jahre alt war. Temperatur- und Dichte-Unterschiede sind sichtbar, aus denen die
Sterne und Galaxien hervorgehen werden. Man muss sich das Bild als eine Rundumaufnahme vorstellen:
Wohin auch immer man im Universum blickt, stößt man auf die Hintergrundstrahlung.
Das UniversumHier
breitet sich aus
steHt vorerst ein blindtext
Der Raum dehnt sich überall aus. Im Gegensatz zur Erwartung zeigt
sich, dass diese Ausdehnung sogar immer schneller wird. Dafür
Mikrowellen-Hintergrundstrahlung wird eine „Dunkle Energie“, die wir noch nicht wirklich verstehen,
Das erste Licht, das durchdringen konnte, verantwortlich gemacht. Gravitationswellen, deren Entdeckung im
etwa 370.000 Jahre nach dem Urknall, Februar 2016 veröffentlicht wurde, werden bei der Erforschung der
„Nachleuchten des Urknalls“. Forscher Entwicklung des Weltalls von größter Hilfe sein.
weltweit versuchen, die Strahlung zu inter-
pretieren und Boten des Anfangs zu finden.
„Urknall“
vor 13,7 Milliarden
Jahren. Das Universum
war damals extrem dicht
und undurchsichtig; aus
diesem Zustand begann
es sich zum heutigen
Weltall auszudehnen.
ge Beobachter der Mittel- oder Ausgangspunkt tionen Anlass bietet, dass dieses Konzept aber
der Bewegung ist, vielmehr wird jeder Beobach- einen ganz entscheidenden Faktor außer Acht
ter die gleiche Beobachtung machen, also wird lässt, der mit der Relativitäts- und Quantenphy-
auch jeder bei einer Rückextrapolation davon sik zu tun hat:
ausgehen können, dass es zu früheren Zeiten an Die Schlussfolgerung, dass es einen Anfang
seinem Ort solch extreme Dichten gegeben ha- des Universums geben muss, haben wir allein
ben muss. Das heißt dann, dass es den Zustand aus der Tatsache abgeleitet, dass die Materie-
des Urknalls überall gegeben hat. dichte im Universum früher viel größer, ja zu
In den Naturwissenschaften ist man sich aller- einem bestimmten Zeitpunkt sogar unendlich
dings auch dessen bewusst, dass dieses Konzept groß gewesen sein muss.
des Urknalls zwar ein unmittelbar einleuchten- Das immer größer und damit leerer werdende
des und deshalb überaus populäres Konzept ist, Universum wird in seiner heutigen Entwicklung
das die Fantasie der Menschen anregt und zu durch die Anziehungskräfte dominiert, und die-
vielen – sinnvollen und unsinnigen – Spekula- se beschreiben wir mit Einsteins Gravitations-
4 5
7 8 9
knall nennen, nicht naturwissenschaftlich bis che kleine Änderungen in den Naturkonstanten,
ins Letzte beschreiben können. die wir heute noch nicht mit letzter Sicherheit
ausschließen können, stehen dem nicht entge-
gen.
Unsere Naturgesetze gelten im Mich – und viele meiner Kollegen – über-
gesamten Universum raschen dabei zwei Aspekte: Zum einen ist es
Implizit basieren die ganzen bisherigen Über- die Tatsache, dass wir Menschen mit unseren
legungen dieses Artikels auf einer grundlegen- höchst begrenzten Mitteln überhaupt ein trag-
den Erkenntnis der Naturwissenschaften, die fähiges System hinter dem entdecken können,
eigentlich einer genaueren eigenen Betrachtung was wir staunend beobachten. Zum anderen ist
werden können, ist es doch unglaublich, dass unsere Grenzen limitiert. Und ganz gleich, ob wir
wir trotzdem mit ziemlicher Sicherheit sagen tief religiös sind oder Agnostiker, wir müssen an-
können, dass es überall und zu jeder Zeit in glei- erkennen, dass das Universum großartiger, um-
cher Weise „funktioniert“. fassender ist als das, was wir erkennen.
Aber zurück zum Anfang des Universums, und Insofern wohnt dem Anfang und der Univer-
ich verwende den Ausdruck „Universum“ jetzt in salität aus religiöser wie aus naturwissenschaft-
seiner umfassenden Bedeutung, und nicht nur licher Sicht ein Zauber, wie es Hesse gesagt hat,
als Universum des Naturwissenschaftlers: Das ja ein Mysterium inne.
„Ganze“ apodiktisch als „Anfang“ zu bezeich- Aber vielleicht ist ein Zitat von Max Planck
nen ist riskant, wenn wir nur wissen, dass das noch treffender. Der gebürtige Kieler begann
Universum damals ganz anders war als heute. seine Professorenkarriere in der zweiten Hälfte Anmerkung
Wir wissen nicht, was uns die Entwicklung un- der 1880er-Jahre als Professor für Theoretische Verschiedene Aspekte
seres Wissens in der Zukunft bringen wird. Wie Physik an der Christian-Albrechts-Universität. dieses Themas wurden
oben bereits gesagt: Wir müssen uns vorerst da- Er wurde später zum Vater der Quantenmecha- in den Neuwührener
mit bescheiden und akzeptieren, dass wir heute nik und damit zu einem der Väter der modernen Professorenpredigten
das, was wir Schöpfung oder Urknall nennen, Physik. Und eben dieser Max Planck formulierte 2013 (Hg. K. Kürzdörfer;
nicht bis ins Letzte beschreiben können. Es wür- es so: ISSN 1864-2772) und
de mich nicht einmal wundern, wenn wir eines „Für den gläubigen Menschen steht Gott am 2015 (Hg. K. Kürzdörfer;
vielleicht gar nicht so fernen Tages lernen wür- Anfang, für den Wissenschaftler am Ende aller in Druck) des Autors be-
den, dass unsere heutige Urknall-Kosmologie Überlegungen.“ W handelt und publiziert.
als detaillierte Faktenbeschreibung auch nicht
viel mehr wissenschaftliche Qualität aufweist
als die Schöpfungsgeschichte in sieben Tagen
nach der Genesis.
Eines dürfen wir aber bei allem nicht vergessen:
Ganz gleich, aus welcher Blick- und Geistesrich-
tung wir kommen, all unsere Vorstellungen sind
durch unsere Fähigkeiten limitiert. Und damit Prof. Dr. Wolfgang J. Duschl
meine ich nicht nur die individuellen Fähigkeiten forscht und lehrt an der Christian-
jedes einzelnen Menschen, sondern die kollekti- Albrechts-Universität zu Kiel
und an der University of Arizona
ven Fähigkeiten der Menschheit insgesamt. Kurz:
(USA). Seine Spezialgebiete sind
Wir haben allen Grund, stolz zu sein auf unsere die Entwicklung Schwarzer Löcher
Erkenntnisse, wir dürfen uns aber auch nicht in den Zentren von Galaxien,
überschätzen. All’ unsere Bilder, all’ unsere Be- sowie die Suche nach Spuren von
schreibungen, all’ unser Verständnis sind durch Leben im Universum.
F ür die biblischen Schriftsteller war es selbstverständlich, dass die Welt von Gott gewollt und getragen ist. Sie ist nicht Zu-
fall, sondern Schöpfung. Sie ist sein Werk. Sie versuchten zu beschreiben, auf welche Weise die Welt, wie wir sie erleben,
von Gott gestaltet und durchwirkt ist. Ihre Antworten lesen wir in zwei aufeinanderfolgenden Erzählungen: Genesis 1,1-2,3 ent-
hält ein wunderbares Gedicht über den Anfang aller Dinge. Genesis 2,4-25 erzählt ganz anders die Erschaffung des Menschen
als Mann und Frau. Die beiden Schöpfungserzählungen stammen aus unterschiedlichen Quellenschriften der Bibel, die in
der jüngeren Forschung als priesterlich (Gen 1,1ff; ca. 6./5.Jh. vC) und nicht-priesterlich (Gen 2,4ff; älter als der priesterliche)
bezeichnet werden. Deren Verhältnis wird unterschiedlich diskutiert.
Jenseits der Geschichte weltlichem und Weltlichem, von Göttli- lischen Schöpfungsmythen und analog
Ob der Ur-Feuerball, aus dem sich der chem und Menschlichem. Dem Mythos die biblischen Schöpfungsgeschichten
Ur-Knall ereignete, ob Wasserstoff-Atome geht es nicht um rationale Erklärung der reden eigentlich nicht darüber, wie es
oder was immer naturwissenschaftlich Weltphänomene und ihrer Ursachen, zu dieser Welt gekommen ist, sondern
gesehen „am Anfang“ war – kein natur- sondern er erzählt von den guten Anfän- wie diese Welt „eigentlich“ ist, wie der
wissenschaftliches Welt-Modell will und gen der Welt im Sinne des Gründens, des Mensch sie und sich in ihr sehen soll und
kann die philosophischen und theologi- Grundgebens, des Grundfesthaltens. vor allem: wie die Götter bzw. der Gott
schen Fragen beantworten: Warum gibt Israels zu dieser Welt stehen, sie halten
es überhaupt etwas und nicht nichts? Der Schöpfungsmythos ist nicht die und schützen sollen. Der Mythos ist ge-
Was ist der Grund des Anfangs? War es „Ausfabulierung eines vorgeschichtli- radezu das Einklagen einer Weltordnung
ein guter oder böser Anfang? Ein Unfall chen, de facto allem Wissen entzogenen im Angesicht der als Schöpfergottheiten
oder ein Zufall? Was soll das Ganze? War- Zeitraumes, in dem erste Ursachen be- verehrten Götter. Im Mythos kehren die
um und Wozu das Ganze? Und ich in ihm? stimmt oder die Prototypen gegebener Menschen an den als ideal vorgestellten
Wie kann ich selbst einen Sinn haben, Weltphänomene auf Gott (oder die Göt- „Anfang“ zurück – in eine „paradiesi-
wenn dieses Ganze keinen Sinn hat? Und ter) zurückgeführt werden“. Seine Aufga- sche“ Gegen-Welt zu der als vielfach ge-
wie soll dieses Ganze jetzt einen Sinn ha- be ist vielmehr, „die Tiefendimension der stört und bedroht erfahrenen „realen“
ben, wenn es ihn nicht schon von Anfang gegenwärtigen Erfahrungswelt auszusa- Welt. Die biblische Schöpfungstheologie
an hat? Und wie soll der Gott, dem ich für gen und diejenigen Grundgegebenheiten ist deshalb eine Antwort auf Angst und
mich, hier und heute, vertraue, der Ho- und Grundbestimmungen freizulegen, Resignation angesichts katastrophischer
rizont und der Halt meines Lebens sein, die für Welt und Mensch im Ganzen und Welt- und Lebenserfahrungen.
wenn er nicht zugleich, ja zuallererst der immer schon gelten“ (O. H. Steck). Wäh-
Gott dieser Welt von Anfang an ist? rend wir in unserer philosophisch-theo- In archaischer Zeit entfaltete der My-
logischen Tradition und Sprechweise thos seine gründende Kraft, indem er im
Die biblische Rede von Gott als dem solche normativen Grundstrukturen und Kult rezitiert und im Ritus nachgespielt
Schöpfer der Welt und dem Schöpfer des Bedingungen der Möglichkeit von Welt- wurde. Vorzüglicher Sitz im Leben von
Menschen ist ein Nachdenken über die- und Menschsein in abstrakten Definiti- Schöpfungsmythen waren der Beginn ei-
se Fragen. Was die altorientalischen und onen formulieren, wählt der Mythos die nes neuen (agrarisch bestimmten) Jahres
israelitischen Schöpfungsüberlieferun- Form der Göttergeschichte, die er als „am und die Geburt eines Menschen. Beide
gen zutiefst umtreibt, lässt ihre älteste Anfang“ spielend erzählt, wobei dieser Situationen sind kritische Momente in
literarische Gestalt und deren erschließ- Anfang nicht ein zeitlicher Anfang ist, der kollektiven und individuellen Le-
bare archaische Verwendung („Sitz im sondern Anfang im Sinne von exempla- bensgeschichte. Wenn in ihnen der My-
Leben“) erkennen. Auch die uns über- rischem und normativem Ur-Geschehen. thos von der Weltschöpfung (Neujahr)
kommenen biblischen Schöpfungstexte Die Zeit des Mythos ist deshalb, streng und der Menschenschöpfung (Geburt)
sind noch von der Herkunft der Schöp- genommen, eine Zeit jenseits der Zeit der rezitiert wird, geschieht es mit dem Ziel,
fungstheologie aus dem Mythos geprägt. Geschichte: Ur-Zeit, die Zeit überhaupt den „neuen“ Menschen und das „neue“
Viele ihrer Motive und Bilder sind my- ermöglicht und normiert, Urgeschichte, Jahr heilvoll in die am guten Anfang göt-
thisch. Der Mythos als Göttergeschichte die Ursprung und Modell von Geschich- ter- bzw. gottgestiftete Welt- und Lebens-
ist nicht, wie bisweilen gesagt wird, eine te ist. Der Mythos gibt Kunde von einem ordnung zu integrieren: ihnen Grund
vor-naturwissenschaftliche und deshalb Urgeschehen, das in illo tempore („in und Sinn zu geben, ihnen zu vermitteln,
heute längst überholte Erklärung der jener Zeit“) geschehen ist, und durch was immer schon und überall gültig ist
Weltwirklichkeit, sozusagen primitive das alle weiteren Geschehnisse begrün- und sein soll, seit und solange es Welt
Naturwissenschaft, die Naturprozesse det, normiert und als sinn- und heilvoll und Menschen gibt.
mit Göttergestalten statt mit Formeln qualifiziert werden. Für den Mythos ist
beschreibt. Er ist auch nicht, wie Bei- das gegenwärtige Leben die notwendi-
spielsweise Rudolf Bultmann meinte, ge Wiederholung seines Ursprungs, die (Erich Zenger, Jenseits der Geschichte. In: Bibel
die unstatthafte Vermischung von Über- Anamnese seines Urbilds. Die altorienta- und Kirche 1/2003 „Urgeschichten“, 2–3)
Die lebensfeindliche „Vor-Welt“ (1,1-2) 5. Tag: Erschaffung der Wassertiere und Vögel (1,20-23)
Als Anfang hat Gott Himmel und Erde geschaffen. Und Gott sprach: „Es sollen die Wasser wimmeln, ein Gewim-
Und die Erde war (noch) Wüste und Leere, und mel lebender Wesen, und Fluggetier soll fliegen über die Erde
Finsternis war über der Urflut, und der Atem Gottes hin an der Vorderseite der Ausdehnung Himmels!“
war in Bewegung über den Wassern. Und Gott schuf die großen Meeresungeheuer und alle leben-
digen Wesen, die sich regen, von denen die Wasser wimmeln,
1. Tag: Erschaffung des Lichts (1,3-5)
nach seinen Arten, und alles geflügelte Fluggetier nach ihren
Und Gott sprach: „Es werde Licht!“ Und es wurde Licht.
Arten. Und Gott sah, wie gut es war (ist).
Und Gott sah das Licht, wie gut es war (ist).
Und Gott segnete sie mit den Worten: „Seid fruchtbar und
Und Gott schied das Licht von der Finsternis.
werdet zahlreich und füllt die Wasser in den Meeren, und das
Und Gott berief das Licht als Tag, und die Finsternis
Fluggetier soll zahlreich werden auf der Erde!“
berief er als Nacht.
Und (danach) wurde es Abend, und es wurde Morgen, fünfter
Und (danach) wurde es Abend, und es wurde Morgen,
Tag.
ein Tag.
6. Tag: Erschaffung der Landtiere und Menschen (1,24-31)
2. Tag: Scheidung der Wasser (1,6-8)
Und Gott sprach: „Es bringe die Erde hervor lebendige Wesen
Und Gott sprach: „Es sei eine Ausdehnung inmitten der
nach ihren Arten: Vieh und Kriechgetier und Wildgetier der
Wasser, so dass sie zwischen Wassern und Wassern
Erde nach seinen Arten!“ Und dementsprechend geschah es:
(andauernd) scheidet!“ Gott machte die Ausdehnung, so
Und Gott machte das Wildgetier der Erde nach seinen Arten
dass sie schied zwischen den Wassern, die unterhalb der
und das Vieh nach seinen Arten und alles Kriechgetier des Erd-
Ausdehnung sind, und den Wassern, die oberhalb der
bodens nach seinen Arten. Und Gott sah, wie gut es war (ist).
Ausdehnung sind. Und dementsprechend geschah es:
Und Gott sprach: „Lasst uns Menschen machen als unser Bild,
Und Gott berief die Ausdehnung als Himmel. Und (danach)
wie unsere Ähnlichkeit, damit sie herrschen über die Fische im
wurde es Abend, und es wurde Morgen, zweiter Tag.
Meer und über das Fluggetier am Himmel und über das Vieh
3. Tag: Scheidung von Land und Meer (1,9-13) und über alles Wildgetier auf der Erde und über alles Kriechge-
Und Gott sprach: „Es seien gesammelt die Wasser von tier, das über die Erde hin kriecht!“
unter dem Himmel weg an einem Ort, so dass das Trockene Und Gott schuf den Menschen als sein Bild, als Gottesbild schuf
sichtbar werde.“ Und die Wasser sammelten sich von er ihn, männlich und weiblich schuf er sie.
unter dem Himmel weg an ihre Ansammlung. Und dem- Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: „Seid fruchtbar
entsprechend geschah es: Und Gott berief das Trockene und werdet zahlreich und füllt die Erde, und nehmt sie in Besitz.
als Erde, und die Ansammlung der Wasser berief er als Und herrscht über die Fische im Meer und über das Fluggetier
Meere. Und Gott sah, wie gut es war (ist). am Himmel und über jedes Tier, das sich auf der Erde regt!“
Und Gott sprach: „Es lasse die Erde Grünes grünen: Pflan- Und Gott sprach: „Siehe, hiermit gebe ich euch alle Pflanzen,
zen, die Samen bilden, Fruchtbäume, die Früchte bringen, die Samen samen, die über die ganze Erde hin sind, und alle
in denen ihr Same ist, auf der Erde!“ Und dementsprechend Bäume, an denen Baumfrüchte sind, die Samen samen: Euch
geschah es: Die Erde brachte Grünes hervor: Pflanzen, die sollen sie sein zur Nahrung. Und allem Wildgetier auf der Erde
Samen bilden, nach ihren Arten, und Bäume, die Früchte und allem Flüggetier am Himmel und allem Kriechgetier auf der
bringen, in denen ihr Same ist, nach ihren Arten. Erde, das Lebendigkeit in sich hat, gebe ich alles Blattwerk der
Und Gott sah, wie gut es war (ist). Und (danach) wurde es Pflanzen zur Nahrung!“
Abend, und es wurde Morgen, dritter Tag. Und dementsprechend geschah es. Und Gott sah alles, was er
4. Tag: Erschaffung der Himmelskörper (1,14-19) gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.
Und Gott sprach: „Es seien Leuchtkörper an der Ausdeh- Und (danach) wurde es Abend, und es wurde Morgen, der
nung des Himmels, um zu scheiden zwischen dem Tag und sechste Tag.
der Nacht, und sie seien zu Zeichen, und zwar für Festzeiten 7. Tag: Gott vollendet sein Werk, indem er ruht (2,1-3)
und für Tage und Jahre, und sie sollen dienen als Leuchtkör- Und Gott vollendete am siebten Tage seine Arbeit, die er ge-
per an der Ausdehnung des Himmels, um zu leuchten über macht hatte, indem er aufhörte am siebten Tage mit all seiner
die Erde hin!“ Und dementsprechend geschah es: Und Gott Arbeit, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebten
machte die zwei Leuchtkörper, den größeren Leuchtkörper Tag und er heiligte ihn: denn an ihm hörte er auf mit all seiner
zur Herrschaft über den Tag und den kleineren Leuchtkör- Arbeit, die Gott geschaffen hat durch sein Machen.
per zur Herrschaft über die Nacht, und Gott setzte sie an
(Aus: Erich Zenger, Gottes Bogen in den Wolken, SBS 112 © Verlag
die Ausdehnung des Himmels, um zu leuchten über die Erde
Katholisches Bibelwerk GmbH, Stuttgart 1983, 185–188)
hin, und um zu herrschen über den Tag und über die Nacht
und um zu scheiden zwischen dem Licht und der Finsternis.
Und Gott sah, wie gut es war (ist). Und (danach) wurde es Initial von Gen 1,1 („In principio ...“)
Abend, und es wurde Morgen, vierter Tag. aus der Gutenbergbibel, um 1455.
MESOPOTAMIEN
Aus dem mesopotamischen Bereich ist das berühmte Enuma-Elisch-Epos bekannt, dessen
erste fixe Formulierung um 1200 vC wahrscheinlich ist. Auf sieben Steintafeln, die mit Keil-
schrift beschrieben sind, wird berichtet, wie der babylonische Gott Marduk das Seeungeheu-
er Tiamat tötete (vgl. die Urflut in Gen 1,2!) und aus dessen Körper die ganze Welt erschuf.
GRIECHENLAND
In Griechenland kannte man Kronos, Rhea und Zeus. Die Theogonie des
Hesiod ist heute die wichtigste Quelle dazu, wie sich die Griechen die
Entstehung der Götter, der Welt und der Menschen vorstellten.
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2002191424420E-01 am 10.04.2021 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 2/2016
hintergründe ZUr BiBLiSChen SChÖPFUngStheoLogie
G ottes Ja zu seiner Schöpfung, der Kampf gegen die Todesmächte und die Verantwortung des Menschen
sind Motive, die am Anfang der Bibel grundgelegt werden und die als Leitmotive die Sinfonie der Bibel
in immer neuen Variationen durchklingen. Am Anfang der Bibel steht mit Genesis 1,1-2,3 ein Text, der die
elementare Beziehung zwischen Gott, seiner Schöpfung und den Menschen beschreibt. Gott hat Lebendiges
geschaffen, er hat uns eine gute, sinnvolle Schöpfung gegeben. Er trägt sie gegen das Chaos. Dieses Grund-
thema – Schöpfung als Bewahren des Lebens gegenüber dem Tod – findet sich quer durch die Bibel. Im
Schöpfungslied Genesis 1,1-2,3 klingt auch schon die neutestamentliche Osterbotschaft an von einem Gott,
der das Leben will und sich den Todesmächten entgegenstellt.
EXODUS 14 IJOBBUCH
Die Rettung Israels als Schöpfungsgeschehen Schöpfungstheologie als Theodizee
Von Gen 1 her gelesen ist Ex 14 eine Schöpfungsge- Das Ijobbuch erzählt von einem Menschen, den schweres
schichte. Als Israel auf der Flucht vor den Ägyptern Leid trifft und der die Sinnlosigkeit seines Leids vor Gott
gerettet wird, wird die Finsternis durch eine Wolken- beklagt. Nach den Tröstungsversuchen seiner Freunde re-
säule „licht“ (Vers 20). Gott drängt die Chaoswasser det Gott selbst zu Ijob (Ijob 38-41). In zwei großen Reden
zurück und lässt das „Trockene“ (Gen 1,9f und Ex stellt er ihm die Schöpfung vor Augen. Ijobs Blick wird
14,16.22.29) hervortreten. Gott vernichtet die geweitet. In detailreicher Naturbeobachtung wird darauf
Todesmacht, damit sein Volk leben kann. verwiesen, dass das Chaotische in der Schöpfung einen
Raum, aber einen von Gott begrenzten Raum, innehat.
GENESIS 5,1-9,29 Damit wird Ijobs Verlangen gestillt: Er hat Gott geschaut.
Noah – der Zusammenhang von Schöpfung
und Flut
Wer die Flutgeschichte verstehen will, muss die
Schöpfungsgeschichte kennen. Beide sind durch
Stichwortverbindungen eng verbunden. Die Darstel-
lung der verheerenden Flut, in der das chaotische
Urmeer wieder Raum greift, bildet ein Gegen-
stück zur Schilderung der Schöpfung und greift
die gewalttätige Entwicklung der Welt seit ihrer
Entstehung auf. Doch die Katastrophe bildet nicht
den Schlusspunkt. Die Schöpfung überlebt in einer
Arche. Am Ende steht die Zusage Gottes, nie wieder
eine Flut kommen zu lassen und für den Fortbe-
stand der Schöpfung Sorge zu tragen.
Gen 1,1-2,3: Die Welt, wie sie von Gott her sein sollte.
Gen 2,4-4,26: So sind die Menschen (Adam und Eva,
Kain und Abel) in der Schöpfung Gottes.
Gen 5,1-9,29: Die Welt, wie sie wirklich (bis heute) ist
– bedroht durch Schwäche und Gewalt, aber unter
dem beständigen Segen Gottes.
JESAJA 11
Eine Utopie schöpfungsgemäßen Lebens
Jesaja 11 enthält zwei Utopien: 1. vom Friedensherrscher, auf dem der Geist Gottes ruht,
2. von einer idealen Schöpfung, in der die Gewalt zwischen den Geschöpfen ein Ende hat.
Subtil wird auf die biblische Urgeschichte angespielt:
Jes 11,9: „Erfüllt ist das ganze Land von der Erkenntnis Gottes.“ Gen 6,13: „Die Erde ist erfüllt von Gewalt.“
Jes 11,8: Säuglinge und Entwöhnte spielen friedlich mit Gen 3,15: Ewige Feindschaft zwischen Schlange und Mensch.
Schlangen.
Jes 11,6: Löwe frisst Gras und Stroh wie das Rind. Gen 1,29-30: Menschen und Tieren werden nur
Pflanzen zur Nahrung gegeben.
Jes 11,6-7: Raubtiere und Haustiere, Starke und Schwache Gen 1,28: Auftrag „Herrscht über die Tiere ...“
leben friedlich mit-/nebeneinander.
Jes 11,6: Ein kleiner Knabe leitet sie. Gen 1,28: Verantwortung des Menschen für die Schöpfung
RÖMERBRIEF 8,18-27
Das Harren der Schöpfung
Der Römerbrief beschreibt, wie die Schöpfung unter der Macht
der Sünde und des Todes leidet und auf ihre Erlösung war-
tet. Gott beginnt seine Vollendung der Schöpfung, indem er
seinen Geist in das Innere des Menschen legt. Der Geist Gottes
beginnt die Schöpfung neu zu erschaffen, indem er in den
Glaubenden seine Wohnung nimmt (Röm 8,9). So macht er die
Schöpfung endlich zum Raum der Offenbarung Gottes und der
erkennenden Antwort des Menschen, was sie von Anfang an
sein sollte.
HEILUNGEN JESU
Schöpfung und Kommen der Gottesherrschaft Die Schöpfung aus der Bible historiale des Jean de
Im Neuen Testament wird erhofft, dass Gott zur Rettung seiner Berry, entstanden um 1390. Der Schöpfer trägt die Züge
Schöpfung kommt. Der Weg zu einer schöpfungsgerechten Jesu und strahlt Gelassenheit in seinem Tun aus.
Lebenswirklichkeit führt über das „Reich Gottes“, das mit
Jesus von Nazaret angebrochen ist. In den Evangelien sind es
auch die Heilungen Jesu, die das Eingreifen Gottes gegen die OFFENBARUNG 21-22
lebensfeindlichen Chaosmächte (vgl. die Chaoswasser in Vollendung der Schöpfung: „Ein neuer Himmel und
Gen 1) offenbaren. In der Jesustradition gilt Krankheit als eine neue Erde“
Zeichen dämonischer Kräfte in der Menschenwelt, Heilung Die letzten Kapitel der Bibel, Offb 21-22, nehmen viele
umgekehrt als deren definitive Entmachtung. Motive aus Gen 1-3 auf: Himmel, Erde, Wasser, Gestirne,
Baum des Lebens, Mühsal, Tod usw. Anfang und Ende der
Bibel zeichnen klare Gegenbilder. Die ersten Seiten der Bi-
JOHANNESPROLOG (JOH 1,1-18) bel formulieren: 1. Gottes Schöpfung ist gut. 2. In der Welt
„Im Anfang war das Wort“ gibt es Feindschaft und Gewalt, Mühsal und Tod. Die letz-
Auffallend ist, dass das Johannesevangelium und Genesis 1 in ten Seiten der Bibel nehmen den Faden auf und machen
der griechischen Septuagintafassung beide mit dem griechi- deutlich: Gott bleibt seiner Schöpfung und den Menschen
schen Ausdruck en archae („Im Anfang/Ursprung“) beginnen: treu. Er schafft einen neuen Himmel und eine neue Erde,
ein deutliches Lesesignal, dass Joh 1 auf Gen 1 Bezug nimmt. in denen nichts Lebensfeindliches mehr Platz hat.
Beide Texte beschreiben die schöpferische Macht des Wortes
(Gen: „Und Gott sprach ...“; Joh: „Alles ist durch das Wort
geworden“). Das Drama des ersten Schöpfungstages, der
Kampf des Lichtes gegen die Finsternis, wird in Joh wieder
aufgenommen. Jesus, das menschgewordene Wort Gottes, war
vor aller Schöpfung bei Gott, als logos, „Wort“. Deshalb kann
Dr. Bettina Wellmann
er auch zuverlässige Offenbarung von Gott bringen. Damit eng ist Alttestamentlerin, wissen-
verwandt sind die alttestamentlichen Vorstellungen über die schaftliche Referentin und
göttliche Weisheit, die vor allen Werken bei Gott war (vgl. Jes Redakteurin im Katholischen
Sir 24; Spr 8,22-31). Bibelwerk e.V.
S
chöpfung ist kein statisches Geschehen, gibt es nicht. Gott überschreitet die Welt und
sondern impliziert Dynamik. Eine Denk- ist zugleich doch in jedem Ereignis immanent.
richtung innerhalb der neueren Theologie, Demnach durchdringen Gott und Welt einander
die diese Einsicht zuspitzt, ist die sogenannte und sind durch vielfältige Wechselbeziehungen
Prozesstheologie. Ihre Vertreter – u. a. die Theo- miteinander verbunden. Dieses Modell der Gott-
logen David Ray Griffin, Roland Faber (beide Welt-Beziehung wird auch von anderen Schöp-
katholisch), Michael Welker (evangelisch) und fungstheolog/innen favorisiert, weil es Gott und
John Cobb (methodistisch) – unternehmen den Welt unterscheidet und zugleich aufs Innigste
Versuch, die nordamerikanische Prozessphilo- miteinander verbindet. Gott panentheistisch
sophie, die von Alfred North Whitehead (1861– gedacht ist darum ein Gott-in-Relation, ein Gott,
1947) begründet wurde, fruchtbar zu machen für
christliches Denken und christliche Schöpfungs-
theologie. Ihr Hintergrund ist das Bemühen, die Damit stellt die Welt das kreative
Evolutionstheorie in den Schöpfungsglauben zu
integrieren, ihr Ziel eine systematische Synthe- Abenteuer Gottes dar
se, die naturwissenschaftliche und theologische
Perspektiven miteinander vereinbart. Auf dieser
Folie entwerfen sie ein spekulatives theologi- der in unauflösbarer Beziehung steht zur Welt.
sches Konzept. Einerseits wirkt dieses Konzept Für die Prozesstheologie sind vor diesem Hinter-
vor dem Hintergrund der christlichen Traditi- grund Relationalität (In-Beziehung-Sein), Kon-
on anstößig, weil es sich von der überlieferten kreszenz (Zusammenwachsen) und Kreativität
theologischen Gottes- und Schöpfungslehre (Neues schaffen) die drei wesentlichen Katego-
verabschiedet, andererseits erscheint es aber rien, die das Gott-Welt-Verhältnis kennzeichnen.
zugleich innovativ, weil es zentrale christliche
Links: Ein fantasie-
Glaubenswahrheiten neu interpretiert und da-
bei den vielfältigen Wirklichkeitserfahrungen Ein Gott, der wird im Werden der Welt? voller, tänzerischer
der modernen Welt Rechnung trägt. Nicht die panentheistische Bestimmung des Schöpfer, der die
Gott-Welt-Verhältnisses ist das Neue – zu diesem Vielfalt der Pflanzen
erschafft und mit
Schluss kamen schon die Neuplatoniker um den
Das Verhältnis von Gott und Welt – Philosophen Plotin im 3. Jahrhundert oder Meis-
Schwung die Himmels-
panentheistisch gedacht körper ans Firmament
ter Eckhart im 13. Jahrhundert –, sondern die
streut. Die Darstellun-
Die Prozesstheologie fasst das Verhältnis von Konsequenzen, die die Prozesstheologie daraus
gen erinnern an einen
Gott und Welt beziehungsweise Gott und Schöp- ableitet. Da Gott ein veränderliches Universum
Künstler im workflow,
fung weder als völlig getrenntes Gegenüber in sich berge, muss er nach ihrer Überzeugung präsent in seinem Tun.
noch als pantheistische Verschmelzung von so gedacht werden: Außergewöhnliche
beiden auf. Sie versteht es im Sinne des Panen- • als selbst in der Zeit veränderlich und Buchmalereien aus
theismus, der die Transzendenz Gottes mit sei- • von den Geschehnissen in der Welt beein- dem Hexateuch des
ner Immanenz in der Welt verbindet (von griech. flusst. Ælfric der Benedikti-
„alles in Gott“). Wo die klassische Gottes- und Schöpfungsleh- nerabtei St. Augustine,
Gott ist demnach nicht mit der Welt identisch, re von Gottes Sein spricht, spricht die Prozess- Canterbury, entstanden
sondern klar von ihr unterschieden, aber er theologie von seinem Werden; an die Stelle des 1050–1150 nC. The
birgt die Welt in sich; ein „Außerhalb Gottes“ metaphysischen Substanzdenkens, das davon British Library, London.
Der Wiener Religionspädagoge Martin Rothgangel mahnt, je genau hinzuschauen, ob die Diskutanten/innen nicht
mit ganz unterschiedlichen wissenschaftstheoretischen, theologischen oder philosophischen Prämissen antreten
(M. Rothgangel, urknall oder Bibel, s. angabe unten). und er warnt davor, sich einfach auf ein Modell zu versteifen:
„abgesehen vom Konfliktmodell, das die grundlegenden Differenzen zwischen Glaube und naturwissenschaft ver-
kennt, sollte deshalb keine exklusive Entscheidung für eines der anderen Verhältnismodelle gefällt werden. Vielmehr
sind die einzelnen Modelle differenziert wahrzunehmen. Je nach „adressaten“ kann das besondere potenzial des
jeweiligen Verhältnismodells fruchtbar gemacht werden: Menschen, die einen Konflikt zwischen beiden Bereichen
sehen, können sehr vom unabhängigkeitsmodell profitieren; Menschen, die pointiert die unabhängigkeit hervor-
heben, können durch das Dialogmodell oder – sehr anspruchsvoll – durch das integrationsmodell zum weiteren
nachdenken angeregt werden.“
Lesetipp
ausführlicher nachzulesen: Martin Rothgangel, urknall oder Bibel? Der Glaube an den Schöpfergott und die natur-
wissenschaften. in: Bibel heute 188 (2011), S. 20f.
Ein Blick in die Erdgeschichte: In den Wüsten Israels sind beeindruckende geologische Formationen zu sehen, die das Alter
der Erde erahnen lassen – hier in einer Salzhöhle (Sodom Cave) an der Südwestküste des Toten Meers.
Die Bewegung für ein intelligentes Design wird nen Abhang aus loser Erde, obwohl niemand da
in den USA vor allem vom 1990 gegründeten Dis- ist, der ihn plant? Weil jede zufällige Eintiefung „Kreationistische“
covery Institute in Seattle unterstützt, das mit durch das abfließende Wasser mehr Wasser zu Archäologie in Israel
der Republikanischen Partei eng verbunden ist. diesem Punkt lenkt, sodass die Eintiefung sich Bei manchen archäolo-
gischen Ausgrabungen
Sein „Center for Science and Culture“, betont die verstärkt. Dauert der Regenguss lange genug,
leiten kreationistische,
zerstörerische Wirkung der Evolutionstheorie fließt schließlich alles Wasser durch den einen
fundamentalistische
auf die Werte der Familie und der Moral. Für eine Kanal ab – so, als hätte ein spielendes Kind ihn interessen die initiato-
scheinbar wissenschaftliche Begründung steht absichtlich gegraben. Auf ähnliche Weise bildet ren. Sie sind überzeugt,
vor allem Michael Behe mit dem Buch Darwins sich ein kompliziertes Merkmal in der Evolution dass die Bibel historische
heraus. Ereignisse schildert. Aus
dieser Perspektive sind
Wie die lange Zeit, so er- besonders die Erzählungen
Schöpfung und Evolution –
schüttert auch der unfassbar ein Kontrapunkt?
aus der Frühzeit israels
interessant, Erzählungen
weite Raum des Kosmos die Christen, die das Bibelverständnis der US-Fun- über die mächtigen Könige
David und Salomo, über
christliche Vorstellungswelt damentalisten teilen, müssen die Evolution ab-
die Bundeslade etc. Jedes
lehnen. Aber dieses Verständnis ist alles andere
beweisbare Detail stützt
als traditionell christlich. Die meisten Protes- den historischen Wahr-
Black Box (1996), das auch ins Deutsche über- tanten und fast alle Katholiken und Orthodoxen heitsgehalt aller Bibeltexte.
setzt wurde. Behe behauptet, dass die Wahr- verstehen die Bibel anders. Sie liefert keine na- in Jerusalem, aber auch
scheinlichkeit für die Entstehung der sinnvoll turwissenschaftlichen Daten, sondern sie spricht andernorts in israel wird
konstruierten Organe der Lebewesen durch Evo- davon, dass die Welt Gottes Schöpfung ist und mit solchem Erkenntnis-
lution zu gering sei. Die Evolution sei nicht „de- dass sie von Anfang an, heute und immer von interesse ausgegraben.
signfähig“. Deshalb müsse man in der Biologie ihm erhalten wird. Gott schuf diese Welt aus dem
von einem „intelligenten Designer“ ausgehen. Er Nichts und formte aus dem Urchaos einen Raum
verschweigt allerdings, dass es für dieses Prob- des Lebens. Auf Gottes Wort hin brachten Wasser
lem längst biologische Lösungen gibt. Die Evo- und Erde die Lebewesen hervor, zusammen mit
lutionsschritte zu einem komplizierten Merkmal ihnen trat der Mensch auf den Plan. Die Bibel er-
sind nicht voneinander unabhängig, deshalb ist zählt davon, wie Adam, der Mensch, aus Lehm
der Gesamtprozess auch nicht unwahrschein- hervorging, wie Gott ihn ansprach und sprach-
lich. Jeder Schritt hängt von dem Ergebnis des fähig machte, und wie der Mensch dennoch aus
vorauslaufenden Schrittes ab und wird durch dem Gottesfrieden schuldhaft herausfiel.
ihn wahrscheinlicher. Warum gräbt ein heftiger Wie geht diese große biblische Erzählung mit
Regenguss einen sauberen Abflusskanal in ei- der Evolution zusammen? Sprechen nicht schon
Die Ablehnung der Evolutionstheorie ist in den uSA weit stär- • Nur in der türkei gibt es mit gut 50 % Ablehnung und vielen
ker als in jedem anderen technisch entwickelten land. Eine unschlüssigen mehr Ablehnung der Evolutionstheorie.
umfassende Studie der National Geographic Society von 2006 • in Europa und Japan akzeptieren 60 % bis über 80 % der
zeigt: Menschen die Evolutionstheorie.
• Knapp 40 % der uS-Bürger betrachten die Evolutionstheorie • Entschiedene Ablehnung äußerten in Europa 7 % (Großbri-
als „wahr“, ebenso viele als „falsch“ (32 % von diesen bezeich- tannien) bis maximal 15 % (Niederlande). Deutschland liegt
nen sie sogar als entschieden abzulehnen); 21 % sind unent- ungefähr dazwischen mit 10 bis 12 %.
schieden.
die Zahlen gegen die Bibel? Da ist die ungeheu- Welt, wie sie die Naturwissenschaft beschreibt,
erliche Dauer der Erdgeschichte, da sind die Heimat für den Menschen sein kann. Kann man
zahllosen Jahrmillionen der Evolution. Die Ge- dennoch darauf vertrauen, dass es für uns in
schichte der Gattung Homo, die zwei oder drei Zeit und Ewigkeit ein Vaterhaus bei Gott gibt?
Millionen Jahre dauern mag, ist dagegen eine Der Kreationismus versucht diese Frage zu um-
gehen, indem er die Ungeheuerlichkeit der Welt
mit scheinwissenschaftlichen Mitteln verhüllt,
Unser Gehirn enthält 100 indem er die Endlosigkeit der Zeit auf einige Tau-
Milliarden Nervenzellen und send Jahre und den Abgrund des Raums auf eine
Illusion reduziert. Aber es geht auch anders.
mehr Synapsen, als es Sterne
in einer Galaxie gibt Schöpfungsglaube und Evolution –
eine harmonie?
Episode, aber immer noch unvorstellbar lang In der Evolution entfaltet sich die Mensch-
gegenüber den 5000 Jahren bekannter Mensch- heitsgeschichte mit der Schnelligkeit und Kraft
heitsgeschichte. Selbst die Art Homo sapiens eines Vulkans. Urplötzlich bricht sie aus dem
ist seit mindestens 100 000 Jahren auf dieser langen Zwielicht der Stammesgeschichte und
Welt unterwegs, malte Bilder, schnitzte Statu- aus der Dämmerung der Vorgeschichte hervor.
en und stattete ihre Toten für ein Jenseits aus. Christlich-theologisch betrachtet erscheint das
Wie die lange Zeit, so erschüttert auch der un- Kommen des Mensch gewordenen Gottes, die In-
fassbar weite Raum des Kosmos die christliche karnation Christi, ebenfalls wie ein Blitzstrahl,
Vorstellungswelt. Warum soll der Mensch, der der in das Dunkel der Erd- und Weltgeschichte
nach geometrischen Maßen nur ein Staubkorn fährt. Die 2000 Jahre, die seither vergingen, sind
im Weltall ist, wichtiger sein als ein Staubkorn? nicht nur für den Schöpfer, sondern auch für die
Hat die Menschwerdung Gottes da noch Sinn? Schöpfung wie ein einzelner Tag. Gott wurde
Die Zweifel zielen letztlich auf die Frage, ob die Mensch, und der Mensch ist zwar vergänglich,
aber nicht belanglos. Der Jesuit Teilhard de kommen her von den ersten sich fortpflanzen-
Chardin legte an ihn den Maßstab der Komple- den Molekülen der Ur-Erde, von den Einzellern
xität an: Ein Menschenkörper nimmt einen sehr in den alten Ozeanen, von den ersten Linsen-
geringen Raum ein, gemessen am Kosmos, auch augen der Fische und den fünf Fingern an den
seine Dauer ist gering. Aber gemessen an der Gliedmaßen der Amphibien, bis hin zur Fürsor-
Komplexität seines Organismus nimmt sich das ge einer Säugetiermutter für ihr Junges und der
materielle All simpel aus. Unser Gehirn enthält Rangordnung in einer Horde von urtümlichen
100 Milliarden Nervenzellen, zehnmal mehr, als Menschenaffen. Alles dies und noch viel mehr
Menschen auf der Erde leben. Die Zahl der Syn- lebt weiter in unserem Körper und unserem Ge-
apsen, mit denen diese Zellen verbunden sind, hirn. In unsern Adern fließt noch immer der Oze-
wird durch eine 1 mit 13 Nullen dargestellt. Das an, aus dem die ersten Landtiere stiegen, in un-
sind mehr Synapsen, als es Sterne in einer Gala- seren Gefühlen leben die Begierden und Ängste
unzähliger Generationen warmblütiger Tiere,
und unser Verhalten wurde gestaltet von der
Weisheit vieler Generationen von Überlebenden
Der Weg, unseren Glauben gegen die (vgl. Beitrag von Christian Wetz). Im Menschen
Wissenschaft zu sichern, ist ein Irrweg ist die ganze Schöpfung gegenwärtig. Wenn
Gott den Menschen als Gegenüber anspricht,
wandelt sich die Natur zum Gesprächspartner
xie gibt. Berücksichtigt man, dass diese Schalt- Gottes. Wenn man die Menschen als „Krone der
stellen komplexe chemische Aktivitäten aufwei- Schöpfung“ bezeichnet, dann sind wir das nicht
sen, während ein Stern physikalisch einfach zu in dem Sinn, dass wir wichtiger wären als alle
beschreiben ist, kommt man zu einem erstaun- anderen Geschöpfe. Umgekehrt, im Menschen
lichen Schluss: Gemessen an der ungeheuerli- wird die ganze Natur unfassbar wichtig, denn
chen Vielfalt der Elemente, Verbindungen, Pro- sie redet mit Gott, sie hört Gottes Wort, und sie
zesse und Entwicklungen, ist der menschliche füllt sich mit Gottes Gegenwart. Als Gott Mensch
Körper ein eigener Sternenhimmel. Die Erde ist wurde, so der christliche Zugang, wurde er nicht
zwar – geometrisch betrachtet – ein Staubkorn nur Teil der Menschheit, sondern Teil der ge-
im Weltall. Aber sie trägt eine unfassbar komple- samten Natur und kam allen Geschöpfen nahe.
xe Ökologie aus Abermilliarden von Lebewesen. Man könnte es wagen, an das Wort des Paulus
Die Erde ist nicht zu unwichtig, um ein Werk aus anzuknüpfen, nach der mit uns alle Kreatur in
Gottes Händen zu sein, wenn wir uns von der der Gefangenschaft der Gottesferne klagt, mit
Öde der großen Zahlen nicht blenden lassen. Sie uns auf die Erlösung wartet, und mit uns aus der
ist – theologisch gedacht – nicht zu unwichtig, Gefangenschaft befreit werden wird.
um der Ort zu sein, an dem Gott in seine Schöp- Diese tiefen Bilder von Gott und Welt verblas-
fung eingehen könnte. sen, wenn wir uns als Christen von der Wissen-
schaft abzuschirmen suchen. Der Weg, unseren
Glauben gegen die Wissenschaft zu sichern, ist
Die fortdauernde Schöpfung und das ein Irrweg. Wenn Christen in der modernen Welt
harren der Kreatur von Gott als Schöpfer reden, und dies mit anstatt
Die Evolution passt in mancher Hinsicht besser gegen die Wissenschaft, wird der Kreationismus
Dr. habil. Hansjörg zum biblischen Schöpfungsglauben als der Kre- überflüssig und unsere suchenden Mitmen-
Hemminger, verhaltens- ationismus. Zum Beispiel macht sie die alte Idee schen haben echte Gesprächspartner. W
wissenschaftler, Experte einer fortdauernden Schöpfung, einer creatio
auf dem Gebiet religiöse
continua, leichter zugänglich. Dass Gottes Geist
Sondergruppen und bis
2013 Beauftragter für
nicht nur am Anfang der Zeit wirkte, sondern in
Weltanschauungsfragen der dieser Welt schaffend präsent ist, lässt sich an
Evangelischen landeskirche einer Natur verdeutlichen, die sich entwickelt.
in Württemberg. in vielen Die nach sechs Tagen fertiggestellte Welt macht
Studien hat er sich mit die Rede vom fortwirkenden Schöpfungshan- Im Internet dazu:
Kreationismus und „Neuem deln Gottes dagegen schwer fassbar. Konsequen- www.forum-grenzfragen.de/
Atheismus“ auseinanderge-
terweise lehnen viele Kreationisten die creatio (Katholische Akademie Stuttgart-Hohenheim)
setzt, mit den wissenschaft-
lichen Bedingungen von
continua theologisch ab. Auch dass wir Men-
theologie und Naturwissen- schen als Geschöpfe Gottes bedeutsam sind, www.theologie-naturwissenschaften.de/
schaften. kann durch die Evolution illustriert werden. Wir (Evangelische Akademie Rheinland)
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und umwelt 1 welt und umwelt der bibel 2/2016 51
09.02.16 16:16
Evolutionstheorie: Der Strom des Lebens
Begegnung über Millionen von Jahren hinweg – ein Riesenvogel, der vor
45 Millionen Jahren im Geiseltal bei Halle lebte, Auge in Auge mit einem Besucher der
Ausstellung „Aus der Morgendämmerung: Pferdejagende Krokodile und Riesenvögel“ des
Zentralmagazins Naturwissenschaftlicher Sammlungen der Universität Halle im Jahr 2015.
1933 waren hier urzeitliche Skelette in Braunkohleflözen gefunden worden.
D
as Jahr 2009 war für die Evolutionstheo- Geologie und Evolutionsbiologie passen seither
rie ein Jubiläumsjahr. Denn 1809 wurde immer besser zusammen. Ein Beispiel: Darwin Konstanz der Arten
Charles Darwin geboren. Im gleichen kannte keinen physikalischen Prozess, der die Theorie, die bis ins 19. Jh.
Jahr veröffentlichte der Chevalier de Lamarck Sonne so lange hätte leuchten lassen, wie es die viele Vertreter hatte: Alle
seine Theorie über die Vererbung erworbener vielen Millionen Jahre der Evolution erforderten. Arten wurden genau so von
einem Schöpfer geschaf-
Eigenschaften (Lamarckismus). Er hatte damit Heute wissen wir, dass Kernfusion die Energie
fen, wie sie gegenwärtig
wenig Erfolg, die meisten Naturwissenschaftler für die lange Lebensdauer der Sonne liefert.
existieren. Einige Arten
hielten an der Konstanz der Arten fest. Das än- seien allerdings im Laufe
derte sich, als Charles Darwin 50 Jahre später der Geschichte bereits
sein Hauptwerk Vom Ursprung der Arten (1859) Die Fülle der Fossilien
durch Naturereignisse
publizierte. Dank seiner Argumente setzte sich Die Grundideen Darwins gelten in der Evolu- ausgelöscht worden.
die Evolutionstheorie durch. Seine Leistung be- tionstheorie weiter. Aber sowohl der Daten-
stand in bestand, als auch ihr Arsenal an Theorien hat
• der schlüssigen Zusammenfassung aller sich stark erweitert. Charles Darwin kannte nur
Gründe für die Abstammungslehre, also für ein wenige tierische und pflanzliche Fossilien und
langes Erdalter, für die Verwandtschaft aller Le- überhaupt keine fossilen Belege für die Stam-
bewesen und ihren gemeinsamen Ursprung
• einer ursächlichen Erklärung der Evolution
durch die Theorie der natürlichen Zuchtwahl
(Selektionstheorie): Aus einem Überschuss an
Darwin wollte nicht, dass seine Wissenschaft
Nachkommen, Variation der Nachkommen und zur Kirchen- und Religionskritik benutzt wurde
Selektion ergibt sich die stetige Änderung der
Lebewesen.
Charles Darwin studierte in Cambridge Theo- mesgeschichte des Menschen – wenn man vom
logie und sollte eigentlich Geistlicher werden. damals falsch verstandenen Neanderthaler ab-
Er stammte aus einer Familie von Unitariern, die sieht. Deshalb sprach er von einem fehlenden
das Dogma der Trinität ablehnen. Theologisch Bindeglied, einem „missing link“ zwischen
stand er dem Deismus nahe, also dem Glauben Menschenaffen und Menschen. Heute kennen
an Gott aus Vernunftgründen, ohne eine über-
natürliche Offenbarung. Er verstand die Welt als
vernünftige Schöpfung Gottes, lehnte jedoch ein
Eingreifen Gottes in Naturgesetze ab. Im Alter
wandelte sich Darwin allerdings zum Agnostiker.
Er hielt die Frage nach Gott für unentscheidbar
und religiöse Skepsis für die ehrlichste Position.
Er wollte jedoch nicht, dass seine Wissenschaft
zur Kirchen- und Religionskritik benutzt wurde.
53
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welt und umwelt der bibel 2/2016
DER STROM DES LEBENS
EVoLuTioNSkriTik
iN DEuTSChLAND
• … von traditionalistischen
Katholiken, die meist „intelli-
gent design“ vertreten (Gustav
Siewerth Akademie, Alma von
Stockhausen, Wolfgang B. Lin-
demann, Josef Seifert u. a.)
wir einen „Busch“ von fossilen Formen, die seit 2001 gelang dies auch für das menschliche Erb-
dem letzten gemeinsamen Vorfahren von Men- gut. Seither spielt die Untersuchung von geneti-
schenaffen und Mensch eine rund 7 Millionen schen Sequenzen (Genomik) eine entscheidende
Jahre dauernde Evolution belegen. Die genauen Rolle in der Evolutionstheorie. Die Stammbäu-
Abstammungsverhältnisse in diesem Stamm- me der Tier- und Pflanzenwelt werden durch den
baum sind teilweise noch unklar, ständig kom- Vergleich von Ähnlichkeiten und Unterschie-
men neue Funde hinzu. Es fehlt jedoch nicht den des Erbguts überprüft und meist bestätigt,
mehr an „connecting links“ zum Menschen. manchmal aber auch revidiert. Evolutionszeiten
Ardipithecus, Australopithecus, Homo habilis, lassen sich anhand von Mutationsraten bestim-
Homo erectus usw. sind weit über die Fachwelt men usw. Es kamen zahlreiche Fakten ans Licht,
hinaus bekannt geworden. Aber die meisten Lai- die nur im Rahmen der Evolutionstheorie Sinn
en machen sich nicht klar, welche riesige Zahl ergeben. Ein Beispiel: Im menschlichen Erbgut
an Fossilien aus aufeinanderfolgenden geologi- findet sich DNA eines Retrovirus, den es auch
schen Schichten heute insgesamt bekannt ist. Es im Erbgut von Menschenaffen gibt, aber nir-
Missing Link
gibt keine vernünftige Erklärung für diese geolo- gends sonst im Tierreich. Die virale DNA scheint Darwin sprach noch von ei-
gisch geordnete Fülle außer einer gemeinsamen vor rund 10 Millionen Jahren in die Keimbahn nem fehlenden Bindeglied,
Abstammung und Evolution. der Vorfahren von Menschenaffen und Mensch einem „missing link“, zwi-
eingebaut worden zu sein, bevor sich deren schen Menschenaffen und
Entwicklungslinien trennten. Ein wichtiges Menschen. Zu seiner Zeit
Die genetische revolution Forschungsfeld ist zur Zeit die genetische Steu- waren keine menschlichen
Charles Darwin hatte noch keine Vorstellung erung der Entwicklung eines Lebewesens von Fossilien bekannt, die die-
davon, wie die Merkmale von Lebewesen von der Keimzelle zum fertigen Organismus. Man se Lücke hätten schließen
einer Generation zur nächsten vererbt werden. spricht von „EvoDevo“ (evolution, development). können. Die kreationisti-
schen Ansichten führen
Heute ist dieser Vorgang sehr gut bekannt: Ma- Da diese Entwicklung genetisch gesteuert wird,
gerade im Missing Link ein
terieller Träger der Erbinformation sind Nuklein- genügen manchmal kleine Mutationen von Steu-
wichtiges Argument für die
säuren (DNA und RNA). Sie steuern die Ausbil- ergenen, um neue Merkmale hervorzubringen. Erschaffung des Menschen
dung der Merkmale eines Lebewesens, und sie Dadurch wurde die Entstehung von Innovatio- direkt durch die hand
können sich verändern (Mutation). Allerdings nen in der Evolution besser verständlich. Gottes an.
ist dieser Vorgang komplizierter, als man noch Die Evolutionstheorie ist nicht fertig – natur-
vor einigen Jahrzehnten glaubte. Ein großer Teil wissenschaftliche Großtheorien sind nie fertig.
der DNA höherer Lebewesen wirkt nicht direkt Wie man ihre Ergebnisse weltanschaulich deu-
auf ihre Merkmale ein, sondern hat eine andere tet, ist offen. Man kann im gewaltigen Strom
oder eventuell gar keine Funktion. Es gibt vie- der Evolution nichts als einen blinden Ablauf
le neutrale Mutationen, die nicht unmittelbar von Naturprozessen sehen, oder man sieht den
das Erscheinungsbild des Organismus ändern. Strom des Lebens aus dem Willen Gottes ent-
Die Codierung von Merkmalen durch DNA folgt springen. Je nachdem sind wir Menschen Zufälle
komplizierten, zum Teil überraschenden Re- der Natur, vielleicht sogar unglückliche Zufälle.
geln. Und die Beziehung von fertigem Organis- Oder wir sind Geschöpfe Gottes. W
mus und Erbgut ist keine Einbahnstraße. Der
Organismus steuert bis zu einem gewissen Grad
Veränderungen der DNA (Epigenetik).
Seit rund 20 Jahren ist es möglich, das kom- Dr. habil. Hansjörg Hemminger
plette Erbgut von Lebewesen zu entschlüsseln. Angaben zum Autor vgl. S. 46.
W
er schon einmal in einer Wolkenfor- und psychischen Fähigkeiten sind es. Dabei geht
mation oder auf einem Toastbrot ein die EP davon aus, dass Menschen nicht mit ei-
Gesicht gesehen hat, hat die Wirk- nem gleichsam leeren Gehirn zur Welt kommen,
mächtigkeit evolutionspsychologischer Mecha- das sich durch Lernen und Erziehen beliebig
nismen am eigenen Leibe erfahren. „Pareidolie“ füllen ließe, sondern dass sein Gehirn eher ei-
nennt man dieses spezielle Phänomen, dass das nem Schweizer Taschenmesser gleicht: Einzel-
Gehirn (genauer: der Gyrus occipitotemporalis ne Module mit ihren adaptiven Mechanismen
lateralis) in zufällige, chaotische Anhäufungen sind für die Wahrnehmung und Verarbeitung
Strukturen hineinkonstruiert. Die Evolutionä- bestimmter Informationsklassen zuständig. Je-
re Psychologie (EP) begnügt sich nicht damit, des einzelne Werkzeug des Taschenmessers ent-
solche Phänomene bloß als Gehirnaktivitäten spricht einer kognitiven Grundeinstellung, mit
zu beschreiben, sondern sie fragt danach, un- deren Hilfe der Mensch sich in seiner Umwelt
ter welchen lang anhaltenden Umweltbedin- orientieren und bewegen kann. Diese Module
gungen sich Gehirnstrukturen mit bestimmten freilich können durch Lernprozesse verschieden
Funktionen entwickelt haben. Diese Umweltbe- stark ausgebildet werden. Also: Die Anlage ist
dingungen konstituieren die „Environment of genetisch bedingt, die Ausprägung aber wird in-
Evolutionary Adaptedness“ (EEA), die die EP zu dividuell durch die (v. a. soziale) Umwelt beein-
rekonstruieren versucht und deren prägends- flusst. Es ist ähnlich wie mit einem Löwenzahn:
te Periode für den modernen Menschen die af- Wächst er auf einer nährstoffreichen Wiese, wird
rikanische Savanne des Pleistozäns (2,5 Mio. die Pflanze groß und fett, wächst er aber auf ei-
Jahre bis 9700 vC) war. Bei unserem Pareidolie- nem kargen Magerrasen, so werden Blätter und
Beispiel ist die Logik Evolutionärer Psychologen Blüten nur sehr schmal ausgebildet. Das geneti-
folgende: Es war (und ist) ein Selektionsvorteil, sche Programm des Löwenzahns beinhaltet bei-
in der Dämmerung einen Busch versehentlich de Ausprägungen; welche aber realisiert wird,
als Raubtier wahrzunehmen und davonzulau- hängt von den Umweltbedingungen der konkre-
fen, anstatt ein Raubtier nicht schnell genug als ten Pflanze ab.
solches zu erkennen und gefressen zu werden.
Dabei sollte die Reaktionszeit möglichst kurz
sein. Der Selektionsdruck geht also dahin, einen Ein neuer Blick auf Kultur
Bereich (ein sogenanntes „Modul“) im Gehirn Der evolutionspsychologische Blick auf mensch-
mit einem adaptiven Mechanismus auszubilden, liche Verhaltensweisen hat große Auswirkungen
der bei verdächtigen Mustern sofort „anspringt“ auf Kulturverstehen, lässt sich doch so die kul-
– deswegen können wir gar nicht anders, als im turelle Entwicklung nicht mehr nur als eigen-
Chaos Strukturen zu erkennen. ständige Weiterentwicklung einer vor Urzeiten
vermeintlich abgeschlossenen biologischen Evo-
lution betrachten, sondern als Wechselspiel mit
Das Gehirn als Schweizer Taschenmesser dieser – man spricht von der „biologisch-kultu-
EP als Teilgebiet der Soziobiologie denkt die rellen Interdependenz der Humanevolution“. So
Evolutionstheorie konsequent weiter: Nicht vertritt der amerikanische Anthropologe Stewart
nur die Anatomie des Menschen ist Produkt der Guthrie die These, Pareidolie sei der evolutions-
Stammesgesichte, sondern auch seine geistigen psychologische Aufhänger von Religiosität, da
K
inder können mit ihren Fragen unser Fra- aus und führt zu Fundamentalismus und Kre-
gen schärfen, denn sie stellen bereits die ationismus – ein ausschließliches Anerkennen
großen Fragen der Menschheit. „Warum des naturwissenschaftlich Beweisbaren führt in
lebe ich?“, fragt ein Kind seine Eltern, „Warum eine materialistische Weltsicht, die nicht mehr
gibt es überhaupt etwas?“ und „Wie konnte es
erst nichts und dann alles geben?“, fragen Kin-
der im Religionsunterricht. Mit den Fragen „Hat „Wer hat den Urknall erschaffen?“
Gott die Welt wirklich in sieben Tagen erschaf-
fen?“ und „Wer hat denn den Urknall erschaf- nach einem Warum hinter dem Wann und Wie
fen?“ bringen sie messerscharf die Einseitigkei- fragt. Fundamentalismus und Materialismus
ten in der Beantwortung der Fragen rund um sind in dem Irrtum vereint, ernsthaft zu meinen,
Evolution und Schöpfung auf den Punkt. Und die Welt vollständig erklären zu können, also
die Beantwortung dieser Fragen ist im Detail die Spannung und jeweils begrenzte Wahrheit
dann oft gar nicht so einfach und kann Erwach- verschiedener Sichtweisen nicht aushalten zu
sene durchaus ins Stottern bringen. So stellt sich können. Beide unterliegen somit einem gera-
für Menschen heute schon früh im Leben die dezu „metaphysischen Einheitsstreben“ (H. D.
Frage nach einer glaubwürdigen Rede von der Mutschler).
Schöpfung. Und hoffentlich ein Leben lang wird Glaubwürdig sind meines Erachtens nur
diese Frage eine Frage bleiben, denn nur frag- Wege, die die eine und die andere Welterklä-
würdige Antworten können auf Dauer glaub- rung nicht gegeneinander ausspielen und das
würdig sein! Geheimnis jenseits allen Erklärens und Deutens
Links: Mosaik der
bewahren. Meine persönlichen Leitgedanken
Schöpfung in einer
für solche Wege lauten: Alle Dinge, die wir se-
Evolution oder Schöpfung? – Kuppel im Narthex
hen, können wir doppelt anschauen: als Tatsache
Schöpfung und Evolution? des Markusdoms in
und als Geheimnis. Aus dem Wirklichen erwächst Venedig, 13. Jh. In den
Auf die Frage nach dem Anfang haben Men- das Erstaunliche. Naturwissenschaft und Glaube beiden Kreisen kann
schen mit verschiedenen Welterklärungsmodel- kommen im Staunen zusammen. man das Siebentage-
len Antworten gegeben. Ein gläubiger Christ ist werk gegen den Uhrzei-
davon überzeugt, dass Gott die Welt erschaffen gersinn verfolgen. Mit
hat und Tag für Tag die Welt weiter werden und Doppelt vom einen Anfang erzählen
jedem Schöpfungstag
leben lässt – ein Naturwissenschaftler spricht Nun ist die grundsätzliche Einschätzung und kommt ein Engel hinzu.
vom sogenannten Urknall am Anfang und der Überzeugung, dass Naturwissenschaft und Am siebten Tag, rechts
weiteren evolutiven Entwicklung durch Werden Glaube je auf ihre Weise wahr sind, das Eine unten, ruht Gott und
und Vergehen, durch fortwährendes Überleben (Leichtere) – davon aber in sachlich und sprach- er segnet den siebten
und Verbessern des Erfolgreichen. lich angemessener Weise zu erzählen, das Ande- Engel.
Eine solche Trennung der Frage nach und der re (Schwerere). Denn es erfordert anspruchsvol-
Antworten auf Evolution oder Schöpfung ist zu- le Sprachangebote oder „Sprachspiele“, die das
nächst einmal richtig und notwendig, aber nur Erklärende und das Erzählende, das Faktische
im Sinne des Unterscheidens und nicht im Sinne und das Poetische, die Tatsachen und das Ge-
des Entscheidens. heimnis immer neu gewichten, neu differenzie-
Wer sich die Frage nach der Wahrheit alter- ren und aufeinander beziehen, damit das Eine
nativ stellt, gerät in Einseitigkeiten: Ein nur nicht am Anderen stirbt: das Eindeutige nicht
wörtliches Verstehen der Bibeltexte blendet am Mehrdeutigen, das Wissen nicht am Nicht-
heutige Erkenntnisse der Naturwissenschaften wissen und umgekehrt.
Der Geist Gottes über der Urflut. Erschaffung der Wassertiere und Vögel.
Aus dem Reiz dieser Herausforderung entstand meine Idee, Tatsachen, die geheimnisvoll sind –
der Frage nach dem Anfang in einem „Buch vom Anfang von das Geheimnis hinter den Tatsachen:
allem“ (s. Lesetipps am Ende des Beitrags) auf zweifache, un- Schon bevor etwas beginnt, vor allem Anfang, gilt es, die ver-
terscheidend trennende und dennoch aufeinander beziehbare schiedenen „Brillen“ der beiden Erzählungen zu kennen:
Weise nachzugehen. Es erzählt die naturwissenschaftliche und
die biblische Geschichte getrennt voneinander – also auf jeder Und nun kommt die Geschichte
Seite oben und unten im Buch –, jedoch so, dass beim paral- vom Anfang der Welt,
lelen Lesen Bezüge zwischen den Erzählungen zu entdecken wie sie uns heute von den
sind. Die naturwissenschaftliche Geschichte ist – wie auch in Naturwissenschaftlern berichtet wird.
diesem Beitrag – blau gedruckt und die biblische rot. Mit bei- Es geht um den Beginn in Raum und Zeit.
den zusammen können wir die Welt besser verstehen, doch nie- Es geht um Tatsachen,
mals ganz. Den Lesern eröffnen sich somit viele Möglichkeiten die oft geheimnisvoll sind.
der Wahrnehmung: Der parallele Blick und das aktive Lesen im Es geht um das, was einmal war
blauen und roten Text eröffnen Bezüge, Gemeinsamkeiten und und nacheinander passiert,
Unterschiede, die die jeweiligen Perspektiven und Erkenntnis- was Menschen
interessen „anschaulich“ machen. An einigen Stationen der nach und nach herausgefunden haben und
Erzählungen soll das nun gezeigt werden. nach dem heutigen Stand wissen.
Vor diesem Hintergrund liest sich die Würdigung der bib- Das war sie: Die Geschichte der Bibel
lischen Modernität und das sich anschließende persönliche vom Anfang von allem. Unsere Erzählung ist
Glaubenszeugnis sicher glaubwürdiger als das reine Bekennt- bei uns selbst als den Erzählern angekommen.
nis in Form des Aussagesatzes: Gott hat die Welt erschaffen. Aus Wüste und Leere sind Lebewesen mit Herz,
Hand und Hirn erschaffen, die alles erfahren und erfassen,
Damals war das Gedicht aufregend neu, denn die bestaunen und bedenken können. Und wir fragen uns:
meisten Menschen glaubten, die Sterne am Himmel Gäbe es die Welt, wenn keiner
seien die Götter, die von oben die Erde beherrschen. von ihr erzählen würde?
Hier nun wird erzählt: Gott erschafft alle Sterne und
den ganzen Himmel. Gott ist größer als der Himmel Ab jetzt müssen die Geschichten nicht mehr getrennt sein
und nicht einfach oben im All zu finden. und auch keine getrennten Farben mehr haben, sondern die
Das klang damals fast unverschämt und ist doch wahr Worte erzählen von ihrem Zusammenkommen:
bis zum heutigen Tag, für jeden Menschen, der glaubt,
dass nicht alles nur aus Zufall entstanden ist. Zwei Anfänge begegnen sich und du merkst:
Ich bin überzeugt davon: Es geht um denselben einen Anfang, ohne den es nichts gibt.
Wir Menschen sind keine Laune der Natur. Zwei Geschichten haben wir gehört.
Wir sind von Gott vorgesehen Beide erzählen davon, dass das Licht zur Welt kommt
und werden von Gott angesehen. und All, Erde und Menschen das Licht der Welt erblicken.
Doch sie stellen aus verschiedenen Richtungen
Die Erzählungen behutsam zusammenführen: unterschiedliche Scheinwerfer auf:
Am Ende meiner doppelten Erzählung vom Anfang gilt es, die Fä- die naturwissenschaftliche Geschichte
den vorsichtig zusammenzuführen und die Wahrheit beider zu die Wie-und-wann-Lampen,
betonen, die größere Wahrheit beider zusammen hervorzuheben die biblische Geschichte
und zugleich die Grenzen der Wahrheitsfindung nicht auszublen- die Warum-und-wozu-Lampen.
den. Zunächst geschieht das in zwei sehr parallelen Texten: Nun beleuchten sie den Anfang und sich selbst gegenseitig
und können etwas Licht in eine Geschichte bringen,
Das war sie: Die Geschichte der Naturwissenschaft die wir niemals ganz sehen und verstehen können.
vom Anfang von allem. Unsere Erzählung ist
bei uns selbst als den Erzählern angekommen. Alle Dinge, die wir sehen,
Aus dem winzigen Punkt sind Lebewesen mit Herz, können wir doppelt anschauen:
Hand und Hirn geworden, die alles erfahren und erfassen, als Tatsache und als Geheimnis.
bestaunen und bedenken können. Und wir fragen uns: Nun kommen Tatsache und Geheimnis
Gäbe es die Welt, wenn keiner im Staunen zusammen: Vordergrund und Hintergrund,
sie zu verstehen versucht? Außen und Innen, Oberfläche und Tiefe.
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Der Genter Altar
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Neue reiHe: Voneinander wissen
Zum Verhältnis von Christentum und islam
2. Zum Umgang mit dem Koran und der Bibel
81 bis 83
die großen entdeckungen
Die Kirche von Megiddo:
Einer der frühesten christlichen Gebetsräume
84 bis 85
ausstellungen und Veranstaltungen
E igentlich sollte es nur eine Ausstellungshalle für das berühmte Mosaik von
Lod (Israel) werden, doch bei den Bauarbeiten kamen weitere Funde ans
Licht, darunter ein etwas kleineres Bodenmosaik (11 x 13 m) im Innenhof einer
römischen Villa. Seit Januar 2016 ist auch dieses farbenprächtige Mosaik nach
Mitteilung der Israelischen Antikenbehörde (IAA) öffentlich zugänglich. Es zeigt
– wie das bekannte Mosaik – Jagdszenen, Fische, Vögel und Blumenvasen. Nach
Ausgrabungsleiter Dr. Amir Gorzalczany zeugen die Motive „von hoher Kunstfer-
tigkeit“. Das Gebäude sei über lange Zeit in der römischen und byzantinischen
Epoche bewohnt worden – in einer Zeit, als die heutige Kleinstadt Lod Diospolis
hieß und Zentrum der Region war. Das neu entdeckte Mosaik wird in die Ausstel-
lungsräume des ersten Mosaiks integriert. W
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welt und umwelt der bibel 2/2016
PaNOrama
dieser ungewöhnlichen Zentrierung auf Petra ra und unter den Nabatäern viel größer gewesen
auch an Dushara, den Hauptgott der Nabatäer, sein muss, als bisher angenommen wurde.
gedacht. Eshmun war ein Fruchtbarkeits- und „Obodas, der Gott“ war neben Dushara der ein-
Heilgott. Vielleicht sind es diese Wesenszüge zige nabatäische lokale männliche Gott in Petra.
gewesen, die eine Übernahme des phönizischen Bei Tertullian (197 nC) werden Dusares (Dushara)
Statuentypus für den nabatäischen „Obodas, und Obodas als die Götter der Araber (Nabatäer)
den Gott“ im frühen 1. Jh. nC erlaubten. Die stark bezeichnet. Während die Obodas-Kapelle wie
bewegte Figur wird in ihrer Gestaltung am besten viele andere Clanheiligtümer in Petra mit Beginn
und nicht abwertend gemeint mit „orientalisch“ der Provincia Arabia 106 nC aufgegeben wurde,
beschrieben, was manche Nachahmungen noch setzten sich die Verehrung des Dushara und des
eklektisch überzogen. „Obodas, des Gottes“ weit über diese Zäsur hin-
Ein nach Ma‘in bei Madaba verschlepptes Büs- aus fort.
tenrelief, eine rundplastische Büste vom soge- Geht man von diesem statuarischen Typus
nannten Großen Tempel in Petra und die Büste eines orientalischen Fruchtbarkeitsgottes für
im Medaillon, die mit einem Betyl kombiniert ist „Obodas, den Gott“ aus, fällt es schwer, Ura-
und die Felswand eines offenen Bankettsaals am nius folgend darin einen vergöttlichten König
Weg zum Hohen Opferplatz in Petra zierte – bis- zu sehen. Man sollte der Frage nach der Vergött-
lang als doppelte Darstellung des Dushara gel- lichung eines oder mehrerer nabatäischer Kö-
tend –, sowie sieben Terrakotten aus Petra, die nige (und Königinnen) zunächst losgelöst von
den Gott mit einer Spendeschale in der Rechten der Aussage des Uranius und vielleicht auch
wiedergeben, zeigen, dass die Verehrung und losgelöst von diesem Statuentypus nachgehen. W
die Bedeutung des „Obodas, des Gottes“ in Pet- (Prof. Dr. Robert Wenning, Münster)
ÄtHioPiscHe Und koPtiscHe textzeUGen zUM aPokryPHen text „Jannes Und JaMBres“
on von Jannes und Jambres identifiziert werden. ren Version der Geschichte erzählt wird: Auf der
Während die ursprüngliche Übersetzung des Vorderseite ist zu lesen, wie Zehntausende oder
griechischen Originaltextes vermutlich im 5. oder mehr (wahrscheinlich die Hebräer) gezählt wer-
6. Jh. erstellt wurde, sind diese Fragmente jünge- den, dann wird Pharao prophezeit, dass ein klei-
ren Datums und möglicherweise zwischen dem ner Junge (Mose?), etwas „gegen uns“ (also die
10. und dem 13. Jh. zu datieren. Das erste Blatt Ägypter) tun werde. Hier könnte es Verbindungen
berichtet, wie Jannes seinen Bruder von dem be- geben zu einer Version der Exodus-Erzählung (im
vorstehenden Untergang Ägyptens und seinem aramäischen Targum Pseudo-Jonathan), wonach
eigenen Tod in Kenntnis setzt. Des Weiteren er- Pharao einen Traum hat, der ihm von Jannes und
fährt man von der Vermählung des Jambres mit Jambres als Geburt eines Kindes (Moses) gedeu-
seiner Nichte und der Nachahmung der Wunder tet wird, das einst Ägypten zu Fall bringen wer-
von Mose und Aaron durch Jannes und dessen de. Denkbar wäre auch, dass mit „kleiner Junge“
als Konsequenz auftretender Erkrankung. Große das griechische pais oder paidion wieder gegeben
Teile dieser Version überschneiden sich mit dem wird, das auch „Sklave“ heißen kann. In unserer
umfangreichen griechischen Text. Entsprechend Geschichte ist Pharao nun ebenfalls alarmiert,
lassen sich Rückschlüsse ziehen auf die korrekte bestellt aber jetzt erst Jannes und Jambres, die
Erzählreihenfolge in diesem Abschnitt. Ebenso Priester von Heliopolis, zu sich nach Memphis.
lassen sich mithilfe des altäthiopischen Textes Auf der anderen Seite des Blattes, nachdem etwa
Teile des griechischen Vorlagetextes rekonst- eine halbe Seite Text fehlt, wird ein großes ägyp-
ruieren. Das zweite Blatt ist noch interessanter, tisches Militäraufgebot beschrieben (analog zu
da sich zu dessen Inhalten keine griechischen Ex 14,7); schließlich treten Jannes und Jambres
Parallelen ausmachen lassen: Der Inhalt bezieht wieder auf und geben den Befehl, „diesen He“ zu
sich auf die Klage des Jannes am Ende des Bu- verfolgen. An dieser Stelle bricht das Fragment
ches über den Fall der ehemals mächtigen Erd- ab; vermutlich ist „diesen Hebräer“ zu ergänzen,
bewohner nach seiner nekromantischen Herbei- womit nur Mose gemeint sein kann.
rufung durch Jambres. Besonders überraschend Die neu gefundenen Textzeugen erlauben
in diesem Teil ist die Darstellung von Taten der weitreichende Rückschlüsse auf die Inhalte und
vorsintflutlichen Riesen, die besser aus der He- z. T. auf die Anordnung des Erzählstoffes von
nochliteratur bekannt sind. Einigen dieser Rie- „Jannes und Jambres“. Besonders auffällig wird
sen werden Namen griechischer mythologischer durch die nun gefundenen Fragmente eine drei-
Heroen gegeben, unter anderem „Akamas“ und teilige Erzählstruktur von „Jannes und Jambres“
„Ajax“, was eine höchst interessante Zusammen- (wobei die Beziehung zwischen der koptischen
legung hellenistischer und frühjüdischer Traditi- Version und den anderen Textzeugen unklar ist).
onen darstellt. Im ersten Teil der Erzählung wird neben genea-
Nur zwei Tage nach der Verkündung des äthi- logischen Informationen zu Jannes und Jambres
opischen Fundes wurde am 25. Februar 2015 in hauptsächlich auf die Vision des Jannes einge-
der Papyrus- und Ostrakasammlung der Univer- gangen: Jannes erfährt von einer über drei Zeit-
sitätsbibliothek Leipzig das Papyrusfragment spannen gehenden Zerstörung Ägyptens, weigert
P.Lips.Inv. 2299, verfasst in koptischer Sprache, sich allerdings, diese Vision zu teilen, und wird
aber zweifellos in Ägypten aus dem Griechischen daher von göttlichen Boten über sein eigenes
übersetzt, als Teil derselben Tradition identifi- Verderben informiert. Die Bedeutung der Vision
ziert. Eine Reihe von sprachlichen und paläogra- wird der Mutter von Jannes und Jambres erklärt,
fischen Hinweisen spricht dafür, dass der Leipzi- und auch an Jannes und Jambres, die sich auf
ger Papyrus, über dessen Herkunft leider nichts den Weg zum Pharao nach Memphis machen,
bekannt ist, ca. im 4./5. Jh. entstanden ist, womit werden in Anspielungen Teile der Vision erfüllt.
er den griechischen Textzeugen räumlich wie Der zweite Teil der Erzählung berichtet – nach ei-
zeitlich nahe steht. Der Inhalt lässt sich jedoch nem Zeitsprung ins verhängnisvolle dritte Regie-
schwerlich in den bekannten Handlungsablauf rungsjahr des Pharao – davon, dass Jannes die
einfügen, sodass hier vielleicht aus einer ande- Dienste des Pharao verlässt und an einem Hoch-
zeitsmahl teilnimmt. Danach wird er zu- wird danach der Verrat von Jannes und ertrinken der Pharao und seine Armee.
sammen mit seinem Bruder Jambres an Jambres am Pharao bereits angedeutet. Nachdem anschließend auch Jannes
den Hof des Pharaos zurückgerufen, um Nachdem die Hebräer Ägypten verlas- verstirbt, warnt er seinen Bruder Jam-
sich mit Mose und Aaron auseinander- sen haben, wird der Pharao von seinen bres eindringlich aus der Unterwelt,
zusetzen. Während Jambres sich einer Hofbeamten gedrängt, den Hebräern sich Gott nicht entgegenzustellen und
Beteiligung an der Aktion gegen Mose nachzusetzen. Jannes und Jambres sich der Magie zu enthalten, wobei er
und Aaron verweigert, nimmt Jannes am werden nach Memphis zurückberufen ausführlich die Qualen, die er nun als
Kampf gegen die Hebräer teil und wird und überreden schließlich den Pharao, Bestrafung erleiden muss, beschreibt.
mit einer tödlichen Krankheit geschla- die Hebräer zu verfolgen, obwohl sie W (Ted Erho, Frederic Krueger und Matthias
gen. In einer astrologischen Botschaft um die Konsequenzen dieser Handlung Hoffmann)
über die „verdorbenen Generationen“ wissen. Ähnlich wie im Exodusbereicht
KölN Die Ruinenstadt Palmyra im heutigen Sy- nungen festzuhalten. Seine Arbeiten spiegeln bis
rien mit ihrer durch Römer, Griechen und Perser heute die einstige Schönheit und Faszination der
geprägten Kultur faszinierte seit Jahrhunderten antiken Stätte wider.
– bis im Mai 2015 die Milizen der Terrororganisa- Neben den Zeichnungen veranschaulicht ein
tion „Islamischer Staat“ die Stätte eroberten, be- 4 m² großes topografisches Modell mit wechseln-
deutende Tempel zerstörten und vor der Kulisse de Projektionen von Karten und Luftaufnahmen
des Weltkulturerbes Hinrichtungen durchführ- den drastischen Wandel Palmyras im Lauf der die kölner ausstel-
ten. So wurde der frühere Chefarchäologe von Zeit. Cassas’ detailgenauer Stadtplan kontras-
lung zeigt Palmyra in
Palmyra, Khaled Asaad, ermordert. Ein Ende der tiert mit aktuellen Satellitenaufnahmen, die die verschiedenen Zeitepo-
Vernichtung von Palmyra ist nicht abzusehen. dramatischen Zerstörungen durch den IS vor Au- chen: Zeichnungen aus
Das Wallraff-Richartz-Museum in Köln stellt jetzt gen führen, etwa die Zerschlagung der Tempel dem 18. Jh. stehen Fotos
in einer kurzfristig organisierten Ausstellung die des Baal und des Baalschamin. Die mehr als 230 aus dem 20. Jh. vor und
Frage „Palmyra – Was bleibt?“. Das Museum Jahre alten Zeichnungen Cassas‘ erhalten daher nach der Zerstörung
zeigt mehr als 30 Zeichnungen des französischen einen hohen dokumentarischen Wert. durch den is gegenüber.
Künstlers, Archäologen und Architekten Louis- Zum Begleitprogramm der Ausstellung gehö- links: bogentor
François Cassas (1756–1827). In nur zwei Monaten ren auch Führungen in Arabisch, geleitet vom sy- rechts: turmgrab des
war es ihm 1785 gelungen, fast alle palmyrischen rischen Archäologen Jabbar Abdullah. W (Wallraff- iamblik, Zeichnung von
Monumente direkt vor Ort in detailreichen Zeich- Richartz-Museum/WUB) Cassas.
Gotha,
ser bereits 1535 einen 400 Folioseiten umfas- nimmt er auch die gesellschaftlichen Um-
hier: Bl.
senden handschriftlichen Bericht über die brüche in den Blick. Ganz offensichtlich hat
Staatsarchiv
Ereignisse seiner Zeit aus katholischer Sicht. er viele Informationen zusammengetragen,
„Dieses Dokument“, sagt Dr. Daniel wie die Beschreibung etwa des Täuferreichs
Thüringisches
der Handschrift, „ist historisch betrachtet den Druck oder ein breiteres Publikum ge-
von großer Bedeutung.“ Es ist um einige dacht. Der Kontext weiterer Schriften des
Jahre älter als die beiden bisher bekannten Sammelbandes lässt eine Entstehung der
XX
Beschreibungen der Reformationsgeschich- Handschrift im fränkischen Raum südlich
te, die nach 1541 von den beiden lutheri- des Thüringer Waldes möglich erscheinen. 400 Folioseiten umfasst die
schen Superintendenten Friedrich Myconius Der Fund soll innerhalb der Ausstellung Handschrift, in der ein katholi-
(1490–1546) in Gotha bzw. Georg Spalatin ‘Ich habe einen Traum‘ – Myconius, Melanch- scher Verfasser um 1535 die Ver-
(1484–1545) in Altenburg verfasst worden thon und die Reformation in Thüringen vom änderungen beschreibt, die sich
sind. Zugleich sind die Reflexionen des 3. April bis zum 5. Juni 2016 in Gotha erst- aus der reformation ergaben.
Verfassers im Vergleich mit Flugschriften mals öffentlich gezeigt werden. W
aus der Reformationszeit, die häufig einen (Universität Erfurt/WUB)
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welt und umwelt der bibel 2/2016
Die bibel in berühmten gemälDen
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welt und umwelt der bibel 2/2016
Voneinander wissen
Zwei Buchreligionen?
Christentum wie Islam berufen sich auf ein Buch als ihre geoffenbarte
Gründungsurkunde. Dennoch gehen beide Religionen recht unterschiedlich mit
der je heiligen Schrift um. Von Mohammad Gharaibeh und Tobias specker
In den vier Ausgaben 2016 schreibt an dieser Stelle ein christlich- 1/16 Umma und Kirche
muslimisches Autorenduo. Die Reihe entsteht in Kooperation mit dem 2/16 Koran und Bibel
Theologischen Forum Christentum – Islam. Das 2005 gegründete Fo-
3/16 JHWH und Allah
rum steht für dialog-orientierte islamische und christliche Theologien
4/16 Scharia und christliche Gebote
und ist an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart angesiedelt.
richtlinien. Gesammelt in Aussprüchen Koran und Bibel: Gemeinsamkei- Bezug und können sich auch gegensei-
und Berichten über Handlungen und ten, Differenzen und Perspektiven tig nicht ignorieren: Der Koran kann als
Entscheidungen des Propheten galt die Dieser Überblick zeigt, dass der unter- nachbiblische Auslegung gewürdigt, die
Prophetische Tradition als erster Ausle- schiedliche Umgang mit Bibel und Ko- Bibel als vorkoranische Referenzgröße
ger des Koran, aber auch als Ergänzung ran inhaltlich tiefer verankert ist, als gelesen werden. Schließlich haben die
zu diesem. Dementsprechend wurde der dass es sich nur um alltägliche oder ri- unterschiedlichen Auslegungstraditio-
Prophet nicht nur als Überbringer der Of- tuelle Differenzen handelte. Die Unter- nen gemeinsam stets den liturgischen
fenbarung gesehen. Sein Handeln, seine schiede sind aber auch anspruchsvoller Gebrauch, die Würdigung des Literal-
Aussprüche und Erläuterungen galten und differenzierter als es eine schnelle, sinnes, die zu einer intensiven gramma-
als göttlich inspiriert und damit als Teil formelhaft-dogmatische Gegenüber- tisch-philologischen Betrachtung führt,
der Offenbarung. stellung „unmittelbares Gotteswort – sowie die Pluralität inhaltlicher Deutung
Während die praktische Theologie die menschliches Zeugnis“ wiedergibt. Die zu berücksichtigen.
Spannung zwischen Historizität und Unterschiede betreffen erstens die jewei- Die Koran- wie die biblische For-
Transzendenz über ein hermeneuti- lige sprachliche Eigenart: Während für schung stehen in Zukunft vor interes-
sches System löste, versuchten die mus- die Bibel die erzählerischen Formen eine santen Fragen, in denen sie sich wech-
limischen Theologen Ähnliches für die wesentliche Rolle in der Struktur und selseitig befruchten können. Die Fragen
Glaubenslehre. Denn dass der Koran als theologischen Eigenart spielen, kann betreffen das Verhältnis von Mündlich-
Buch existierte, gelesen und gehört wer- man den Koran nicht einfach über die keit und Schriftlichkeit genauso wie die
den konnte, war nicht ohne Weiteres mit Leiste der Narration scheren. Zweitens Erforschung literarischer Formen, die
dem Anspruch vereinbar, Gottes unge- ist die innere Struktur des Textes unter- den Text strukturieren, die systematisch-
schaffenes Wort zu sein. Dennoch heißt schiedlich: Die christliche Bibel besteht theologische Ausdeutung des jeweils
es im Koran, dass Gott spreche und dass konstitutiv aus der Zuordnung von Altem grundlegenden Offenbarungsverständ-
folglich der Koran Gottes Wort bzw. Rede und Neuem Testament, wohingegen der nisses und schließlich auch die theolo-
sei. Die muslimische Gelehrsamkeit dis- Koran einerseits geschlossener in einer gische Reflexion über die Bedeutung der
kutierte kontrovers, wie diese Aussage Gesamtkomposition auftritt, zugleich jeweils anderen Schrift für den eigenen
recht verstanden werden soll. Vor dem aber in den literarischen Formen klein- Glauben. Die lebendige Diskussion in
Hintergrund von Versen wie „So prägt teiliger strukturiert ist. Drittens ist, wie Deutschland lässt hierbei auf neue Ein-
für Gott keine Vergleiche!“ (Sure 16,74) gesehen, die theologische Verortung in- sichten hoffen. W
und „Nichts ist ihm gleich“ (Sure 112,4) nerhalb des Glaubenssystems anders ak-
kamen einige zu dem Schluss, den Koran zentuiert, und viertens ist der Bezug zwi- Unsere Leseempfehlung:
nur im übertragenen Sinne als Rede Got- schen Glaubensgemeinschaft und Text • Hansjörg Schmid, Andreas Renz,
tes zu verstehen. unterschiedlich gewichtet: Während im Bülent Ucar (Hrsg.): „nahe ist dir
Andere wiederum bestanden auf der Christentum der Kanon der Traditions- das wort …“ Schriftauslegung in
Wörtlichkeit der Bezeichnung „Gottes und Kirchenbildung entwächst, folgt in Christentum und Islam. Pustet,
Wort“, da sie befürchteten, der Koran der islamischen Geschichte die konkrete Regensburg 2010.
büße zu viel von seiner besonderen Stel- inhaltliche Ausgestaltung dessen, was
lung im Islam, aber auch in Relation zu „Islam“ ist, stärker der abgeschlossenen
den vorangegangenen Offenbarungen Kanonizität des Koran nach.
Dr. Mohammad Gharaibeh, Islamwissen-
(wie z. B. zu Judentum und Christentum) Auf der anderen Seite sind deutliche schaftler, ist wissenschaftlicher Koordinator am
ein. Wie man sich dies genau vorstel- Verbindungslinien und Vergleichbarkei- Annemarie Schimmel
len sollte, konnten und wollten sie da- ten herauszustellen: Erstens müssen die Kolleg der Universität
bei nicht offenlegen. In einem Versuch, Auslegungen von Bibel und Koran beide Bonn. Derzeit Schwer-
beide Positionen zu einen, entstand der über einen für heute fremden Entste- punkte auf Erforschung
theologische Glaubenssatz, der Koran hungskontext Rechenschaft ablegen und der Historiografie und
Hadith-Wissenschaft in
sei das ungeschaffene Wort Gottes. Er zugleich dem Anspruch auf heutige Le-
der Mamelukenzeit unter
sollte offen genug sein, um beide Positi- bensrelevanz und universale Geltung ge- wissenssoziologischen
onen zu repräsentieren und gleichzeitig recht werden. Beide Texte sind zweitens Aspekten.
einen Anthropomorphismus zu vermei- in ihrer kanonischen Gestalt abgeschlos-
den. Dabei ging man von einer „Inneren sen und weisen dennoch eine Offenheit Prof. Dr. Tobias Specker
Rede“ als Eigenschaft Gottes aus, welche auf – die Offenheit des biblischen Textes ist seit Oktober 2014 Juni-
orprofessor der Stiftungs-
ungeschaffen sei und neben den Bedeu- zeigt sich von Anfang an im Hinblick
professur „Katholische
tungen des Koran auch alle anderen auf seine Übersetzbarkeit, diejenige des Theologie im Angesicht
Offenbarungen umfasse. Der Koran in Koran ebenso ursprünglich in Bezug auf des Islam“ an der
seiner offenbarten Form war demnach seine inneren Lesarten. Drittens nehmen Philosophisch-Theologi-
der geschaffene Ausdruck (eines Teils) beide Texte in intertextueller Hinsicht schen Hochschule
dieser Inneren Rede. auf vorangegangene Offenbarungstexte Sankt Georgen.
Gebetsräume
Galiläa im Oktober 2005: Auf dem Gelände des Staatsgefängnisses von
Megiddo unterstützen Häftlinge unter der Leitung des Archäologen
Jotham Tepper eine Ausgrabung. In einem Gebäude aus dem 3. Jh. nC
stoßen sie völlig unverhofft auf einen Raum, der die Verehrung Jesu Christi
als Gott belegt. Von estelle Villeneuve
Entgegengesetzt zueinander
liegende Fische. Dieses Motiv
ist auf dem zentralen Medaillon
eines der Mosaikteppiche auf dem
Boden der kirche von Megiddo
zu sehen. Der Fisch gehört zur
symbolik des urchristentums.
Fisch
Im Griechischen ist ichtys das
Akronym für „Jesus Christus
Sohn des heilbringenden Got-
tes“. Das Fischmotiv wurde von
den ersten Christen als Symbol
ihres Kultes verwendet.
Vier Mosaikteppiche mit griechischen inschriften, in der Mitte der sockel eines Altars.
BAD KREUZNACH
Naturwissenschaftliche Erkenntnis und biblischer Glaube
ZEIT und ORT: Samstag 11. Juni 2016, 9.30–17.00 Uhr
Bad Kreuznach, Bildungszentrum St. Hildegard, Bahnstraße 26
REFERENT:
Dr. Kuno Füssel, Theologe und Naturwissenschaftler, Andernach
LEITUNG: Georg Falke, Kath. Erwachsenenbildung Koblenz,
Diözesanleiter des Kath. Bibelwerks
INFORMATION und ANMELDUNG: KEB Koblenz,
Florinspfaffengasse 14, 56068 Koblenz Tel. 0261/9635590
STUTTGART AACHEN
Glaube kontra Naturwissenschaft. Das Kreuz unterm Halbmond.
Gott im evolutiven Weltbild neu denken Zu Situation und Geschichte der orientalischen Christen
ZEIT und ORT: Donnerstag 16. Juni 2016 18.00–21.30 Uhr ZEIT und ORT: 9. Juli, 14 Uhr –10. Juli 2016, 14.00 Uhr,
Haus der Katholischen Kirche, Königstr. 7, Stuttgart Bischöfliche Akademie des Bistums Aachen
REFERENT/IN: REFERENT/INNEN: Bischof Anba Damian,
Barbara Janz-Spaeth, Theologin; Dr. Wolfgang Wieland, Theologe Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland /
INFORMATION und ANMELDUNG: Katholisches Bildungswerk Prof. Dr. Andreas Müller u. a.
Stuttgart, Königstraße 7, 70173 Stuttgart, Tel. 07 11/7050600 INFORMATION und ANMELDUNG: Bischöfliche Akademie
info@kbw-stuttgart.de. Kooperation mit Fachbereich Biblische des Bistums Aachen, Leonhardstr. 18-20, 52064 Aachen,
Bildung, Diözese Rottenburg-Stuttgart
Tel. 0241/4799625, anne.schoepgens@bistum-aachen.de,
www.bischoefliche-akademie-ac.de
ZU WUB 1/16 „DIE CHRISTEN DES ORIENTS“ ZU WUB 4/15 „WER WAREN DIE ERSTEN CHRISTINNEN“:
HAMBURG NÜRNBERG
Die Christen des Orients – Die ersten Christinnen. Frauen in der Nachfolge Jesu und
Kopten, Syrer, Chaldäer, Melkiten ... in der frühen Kirche
ZEIT und ORT: 2. Juli 2016, 9.30–17.00 Uhr, ZEIT und ORT: 9. Juli 2016, 10–17 Uhr
St. Ansgar-Haus, Schmilinskystr. 78, 20099 Hamburg Caritas-Pirckheimer-Haus, Königstraße 64, 90402 Nürnberg
REFERENT: Wolfgang Baur (Katholisches Bibelwerk, REFERENTIN: Prof. Dr. Uta Poplutz, Professorin für Biblische
Redakteur von Welt und Umwelt der Bibel) Theologie, Universität Wuppertal
ANMELDUNG bis 10. Juni bei Erzbistum Hamburg, Abt. Bildung, LEITUNG: Claudio Ettl
Am Mariendom 4, 20099 Hamburg, ANMELDUNG bis 01.07.2016 über www.cph-nuernberg.de oder
Tel. 040/24877-267; bergmann@erzbistum-hamburg.de akademie@cph-nuernberg.de
Teilnehmerbeitrag: 20,- EUR (einschl. Mittagessen und Kaffee) Teilnehmerbeitrag: (inkl. Mittagessen und Nachmittagskaffee/-tee
mit Kuchen) 32,- EUR (ermäßigt: 27,-)
FRANKFURT TRIER
4. Mai Bis 4. septeMBer 2016 14. Mai Bis 16. OKtOBer 2016
IMPRESSUM
heft 2/2016
Die nächste AusgAbe im Juli 2016:
„Welt und umwelt der bibel“ ist die deutsche
Mystik
Ausgabe der französischen Zeitschrift
„le monde de la bible“, bayard Presse, Paris.
„Welt und umwelt der bibel“ ist interdisziplinär
und ökumenisch ausgerichtet und entsteht in
enger Zusammenarbeit mit international
W Mystische Strömungen in Judentum und Islam dRUck: Druckerei Raisch gmbh + co. Kg,
Reutlingen
PREISE: „Welt und umwelt der bibel“
erscheint vierteljährlich.
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Jahresabonnement: E 40,-
Kulturerbe PsAlmen – sprachgewaltig, einzigartig (Oktober 2016) ermäßigtes Abonnement für
schüler/studierende E 32,-
(jeweils inkl. Versandkosten)
bestiMMen sie Mit, was sie lesen! aUSlIEFERUng:
schweiz: bibelpastorale Arbeitsstelle des sKb,
bederstr. 76, ch-8002 Zürich,
liebe leserinnen und leser, tel. 044/2059960, Fax: 044/2014307
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o Christus in der Kunst (1): o Die Kreuzzüge, 3/03
Von den Anfängen bis ins 15. Jh., 4/99 o Abraham, 4/03
o Der Koran und die Bibel, 1/00 o Der Nil, 1/04
o Faszination Jerusalem, 2/00 o Flavius Josephus, 2/04
o Christus in der Kunst (2): Von der o Der Jakobsweg, 3/04
Renaissance bis in die Gegenwart, 4/00 o Prophetie und Visionen, 4/04
o Auf dem Weg zur Kathedrale, Sonderheft 2000 o Von Jesus zu Muhammad, 1/05
o Petra. Stadt der Nabatäer, 1/01 o Religionen im antiken Syrien, 2/05
o Paulus, 2/01 o Babylon, 3/05
o Echnaton und Nofretete, 4/01 o Juden und Christen, 4/05
o Ugarit – Stadt des Mythos, 1/02
o Petrus, Paulus und die Päpste, Sonderheft/06 o Türkei. Land der frühen Christen, 3/10
o Athen. Von Sokrates zu Paulus, 1/06 o Kindgötter und Gotteskind, 4/10
o Ostern und Pessach, 2/06 o Die Apostel Jesu, 1/11
o Mose, 3/06 o Der Weg in die Wüste, 2/11
o Auf den Spuren Jesu 1: Von Galiläa nach Judäa, 4/06 o Unter der Herrschaft der Perser, 3/11
o Heiliger Krieg in der Bibel? Die Makkabäer, 1/07 o Bedeutende Orte der Bibel, 4/11
Einzelheft € 9,80
o Auf den Spuren Jesu 2: Jerusalem, 2/07 o Der Koran. Mehr als ein Buch, 1/12
Einzelheft € 11,30
e [A] 11,80 / sFr 19,–
o 150 Jahre Biblische Archäologie, 1/15 o Die Schöpfung: Bibel kontra Naturwissenschaft, 2/16 (ab April 2016)
o Jesus der Heiler, 2/15 o Mystik im Judentum, Christentum Islam, 3/16 (ab Juli 2016)
o Christen in Äthiopien – Hüter der Bundeslade, 3/15 o Psalmen 4/16 (ab Oktober 2016)
o Wer waren die ersten Christinnen?, 4/15
o Die Christen des Orients, 1/16
o „Orte am See Gennesaret“ Satellitenaufn. + Erläuterungen A2, o „Der nil und seine heiligtümer“ 21,5 x 110 cm,
2 2,– (ab 5 Ex. 2 1,50), 2 [A] 2,10, sFr 4,– 2 2,– (ab 5 Ex. 2 1,50), 2 [A] 2,10, sFr 4,–
Pläne & Karten
o „Der Tempel von Jerusalem“, Rekonstruktion + Luftaufnahme A2, o „Die Überlieferung der Bibel“ Wichtige Inschriftenfunde A2,
2 2,– (ab 5 Ex. 2 1,50), 2 [A] 2,10, sFr 4,– 2 2,– (ab 5 Ex. 2 1,50), 2 [A] 2,10, sFr 3,–
o „Das heilige Land“ – Landkarte 28 x 60 cm, o „Paulus und das antike Korinth“ Stadtplan + Begleitheft A0,
2 1,– (ab 5 Ex. 2 -,50), 2 [A] 1,10, sFr 2,– 2 5,90 (ab 5 Ex. 2 5,–), 2 [A] 6,10, sFr 10,–
o „Die altstadt von Jerusalem“, Reliefkarte A1, o Palästinakarte 98 x 68 cm, drucklackiert, 2 6,90
2 3,– (ab 2 Ex. 2 2,50), 2 [A] 3,20, sFr 6,– o Mittelmeerkarte 98 x 68 cm, drucklackiert, 2 6,90
o Kartenset heiliges Land: alle 4 Karten (oben) o Kartenset Palästinakarte und Mittelmeerkarte nur 2 9,90
nur 2 5,–, 2 [a] 5,20, sFr 10,–
o Judäa und Jerusalem, 256 S., 2 12,80, 2 [A] 13,20, sFr 25,– o Musik in biblischer zeit, 104 S., 2 11,90, 2 [A] 12,30, sFr 19,50
Bücher
o 1001 amulett, 224 S., 2 14,80, 2 [A] 15,30, sFr 18,50 o Kleider in biblischer zeit,112 S., 2 14,80, 2 [A] 15,30, sFr 19,50
o Von den Schriften zur (heiligen) Schrift, 175 S., o Das Land der Bibel. Ein biblischer reiseführer, 144 S., 2 16,80
!
Papst Franziskus
10,4 x 18,6 cm; plädiert in seiner
104 Seiten; Enzyklika mit konkre-
mit Leseband; ten Vorschlägen für
gebunden einen achtsamen
€ [D] 9,95 / € [A] 10,30 und respektvollen
ISBN 978-3-460-23205-1 Umgang miteinander
und mit den Ressour-
Anselm Grün gibt cen, damit diese
zusammen mit Erde für alle ein
seinem in Korea bewohnbares Haus
lebenden Mitbruder bleibt und auch die
Alois Seuferling Armen zu ihrem
Impulse für einen Recht kommen.
achtsamen Umgang,
aus und mit der
Schöpfung zu leben.
Iran
im Persischen zu einem Sprichwort:
„Esfahan nesf-e dschahan“ –
Isfahan, die Hälfte der Welt.
Höhepunkte der Reise:
Persien •
Perserreiches mit dem traditionellen Grab
des Propheten Daniel
Achämenidenstadt Persepolis
• Schiras, Stadt der Dichter und Gärten
• Oasenstadt Yazd mit ihren Windtürmen
• Prunkvolle Safawidenhauptstadt Isfahan
• Teheran und seine Museen
• Begegnung mit einem Bischof der
chaldäischen Kirche
12-tägige Studienreise
20.09. - 01.10.2016
Reiseleitung: Heidrun Gerstner, Freiburg
25.10. - 05.11.2016
Reiseleitung: Mag. Andrea Gschwindl, Wien
Reisepreis p.P. im Doppelzimmer € 2.895,–
Einzelzimmerzuschlag € 490,–
Kashan
Kermanshah Information, Beratung und
Isfahan Nain
Borudscherd Anmeldung: Jessica Bareither,
Susa Yazd
Eup Ahwas Tel.: 0711/61925-65,
hra
t Pasargadae E-Mail: jessica.bareither@
Persepolis
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Erleben Sie den Zauber des Orient und die herzliche Gastfreundlichkeit Veranstalter:
Biblische Reisen GmbH
und Offenheit der Menschen im modernen Iran.
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Tel. 07 11/ 6 19 25-0, Fax -811
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