Dr. Raoul Heller, Institut für Humangenetik, Klinikum der Universität zu Köln, Kerpener
Str. 34, D – 50931 Köln; Tel: 0221- 478x86832, Email: raoul.heller@uk-koeln.de
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Fall 1
Das klinische Bild ist variabel und wird verursacht durch einen Verlust des termina-
len Abschnittes des kurzen Arms von Chromosom 5 (Bande 5p15.2, daher auch „5p
minus-Syndrom“). Diese Deletion ist in vielen Fällen mikroskopisch sichtbar. Bei ca.
10% der Kinder mit einem cri-du-chat Syndrom ist die Deletion Folge einer elterli-
chen, balancierten reziproken Translokation zwischen einem der beiden Chromo-
somen 5 und einem anderen Chromosom.
Fälle 2+3
Miller-Dieker-Syndrom
Angeborenes Krankheitsbild mit folgenden Befunden:
• Lissencephalie (s. u.)
• charakteristische Auffälligkeiten des Gesichtes (gewölbte Stirn, bitemporale Ein-
dellung, flache Nasenwurzel, antevertierte Nasenlöcher, Mittelgesichtshypoplasie,
dünne Oberlippe)
• schwere allgemeine Wachstumsstörung
• zusätzliche fakultative Anomalien.
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Lissencephalie
Begriff aus der Pathologie. Bezeichnet einen Zustand, bei welchem die Hirnwindun-
gen (Gyri) ganz oder weitgehend fehlen. Es handelt sich um eine schwere Entwick-
lungsstörung des Gehirns infolge einer neuronalen Migrationsstörung. Isolierte Lis-
sencephalie kann durch Mutationen in verschiedenen Genen verursacht werden
(z.B. LIS1 auf Chromosom 17p oder DCX auf Chromosom Xq22.3, im letzten Fall XLIS
genannt.)
http://www.phweek.it/new/relazioni/ws2_Guerrini8.pdf
Das CT-Bild des Gehirns (s.o.) kann andeuten, ob es sich eher um eine Mikrodeleti-
on des LIS1-Gens auf Chromosom 17 (posterior-anterior Gradient) oder um eine Mu-
tation in dem sog. Doublecortin Gen (DCX) auf dem X-Chromosom handelt (anteri-
or-posterior Gradient).
LIS1-Protein
Das PAFAH1B1-Gen, welches für das LIS1-Protein kodiert, liegt im Bereich der Ban-
de 17p13.3 am Ende des kurzen Arms des Chromosoms 17. Mutationen in diesem
Gen können eine Lissencephalie verursachen. Die Funktion von LIS1 ist noch unbe-
kannt. Es ist offenbar von großer Bedeutung für die normale Gehirnentwicklung.
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Neue Technologie
Indikationen:
Rot= Duplikationen
Grün= Deletionen
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Fall 4
DiGeorge-Sequenz (DGS)
Dieses Sequenz ist durch eine Thymusaplasie, unterschiedliche angeborene Herz-
fehler (z.B. unterbrochener Aortenbogen, VSD, Truncus arteriosus communis; sog.
konotrunkale Anomalien) und Hypoparathyreoidismus gekennzeichnet, und stellt
einen Entwicklungsfelddefekt des 3. und 4. Kiemenbogens infolge nicht-
genetischer (Alkohol) oder genetischer Ursachen (s. u.) dar.
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In ca. 1/3 der genetisch verursachten Fälle liegt eine cytogenetisch sichtbare Dele-
tion des Chromosomenabschnittes 22q11.2 vor, in > 90% der Fälle läßt sich mittels
FISH eine Deletion nachweisen. Der Phänotyp kann sehr milde ausgeprägt sein
(Gaumenspalte, Lernschwierigkeit), so dass in einigen Familien ein Elternteil unwis-
sentlich betroffen ist.
Die Mikrodeletion 22q11.2 ist die häufigste bekannte Mikrodeletion (Inzidenz ca.
1:4.000 Geburten; Größe 1,5 oder 3 Mb) und gehört zusammen mit Down- und Tur-
ner-Syndrom zu den häufigsten genetischen Ursachen eines angeborenen Herzfeh-
lers (www.kids-22q11.de /www.kompetenznetz-ahf.de).
Die Mikrodeletion 22q11 entsteht durch nicht-allelische homologe Rekombination
(gestrichelte Pfeile) zwischen sequenz-verwandten low copy repeats (LCR). (durch-
gezogene Pfeile: normales Rekombinationsmuster.) Die beiden am häufigsten vor-
kommenden Mikrodeletionen (3 Mb bzw. 1,5 Mb groß) werden durch eine käufliche
FISH-Sonde erfasst.
DGS
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