Goarshausen
Jahrgangsstufe 12
Lobbyismus in Deutschland
Facharbeit
im Leistungskurs Gemeinschaftskunde
mit Schwerpunkt Sozialkunde
1 Einleitung.................................................................................................................. 1
5 Demokratietheoretische Einordnung...................................................................10
5.1 Identitätstheorie................................................................................................10
5.2 Konkurrenztheorie.............................................................................................11
5.3 Pluralismustheorie............................................................................................12
6 Fazit......................................................................................................................... 13
7 Literaturverzeichnis...............................................................................................16
7.1 Quellen.............................................................................................................16
7.2 Sekundärliteratur..............................................................................................17
8 Erklärung................................................................................................................ 18
Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 1 Einleitung
1 Einleitung
Im Sozialkundeunterricht wie auch in den Medien stieß ich immer wieder auf das
Thema Lobbyismus. Doch obwohl die Meinung herrscht, Lobbyismus nehme extrem
viel Einfluss auf die Politik und werde immer wichtiger, ist der Stand der Informationen
doch relativ vage.
Dieses Phänomen wird von Thomas Leif und Rudolf Speth, den Herausgebern des
Buchs „Die fünfte Gewalt – Anatomie des Lobbyismus in Deutschland“ sowie von Peter
Lösche, in einem Beitrag in jenem Buch, als „Mystifikation“ des Lobbyisten
beschrieben.1,2
Um dieses Phänomen im für mich möglichen Rahmen aufzudecken, für mich sowie für
andere den Einfluss des Lobbyismus zu klären und undifferenziertes Halbwissen zu
beseitigen, begann ich die Recherche zu diesem Thema an den Grenzen von Politik
und Wirtschaft, Legalität und Illegalität und Legitimität und Illegitimität.
In der nachfolgenden Facharbeit versuche ich die Funktionsweise des Lobbyismus und
seine Auswirkungen auf die Politik der Bundesrepublik zu erklären.
Für diese und weitere Analysen ist es wichtig den rechtlichen Rahmen zu kennen in
dem sich Lobbyismus abspielt, daher erkläre ich die wichtigsten Regeln und Gesetze
die den Lobbyismus betreffen.
Bei der Untersuchung des Lobbyismus in Deutschland interessiert mich besonders die
Auswirkungen auf die Demokratie. Ist Lobbyismus mit einer repräsentativen
Demokratie zu vereinbaren? Zu welchen Spannungen führt er? Welche Chancen bietet
er?
Bei der Recherche fiel auf, dass sich die wissenschaftliche Diskussion rund um den
Lobbyismus im theoretischen Teil besonders im Bereich rund um Konkurrenz-,
Identitäts- und Pluralismustheorie abspielt. Aus diesem Grund versuche ich das
Phänomen Lobbyismus in diese drei Theorien einzuordnen und so einen Teil der
Argumente für und gegen ihn zu erklären.
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 2 Was ist Lobbyismus?
Zuerst stellt sich die Frage, was Lobbyismus eigentlich ist. So definieren Thomas Leif
und Rudolf Speth das Phänomen Lobbyismus, bzw. seine aus dem Englischen
übernommene Bezeichnung Lobbying, zu Beginn ihres Sammelwerks „Die fünfte
Gewalt“ folgendermaßen:
Schon in dieser Definition zeigt sich das wichtigste Merkmal des Lobbyisten. Er ist am
politischen Entscheidungsprozess nicht beteiligt und versucht deshalb das Interesse
seines Arbeitgebers durch das Lobbying durchzusetzen.
„Der Lobbyist hat das Ziel, die Rahmenbedingungen, die die Politik setzt,
für das eigene Unternehmen so zu verändern, dass die
Unternehmensaktivitäten durch diese politische Einflussnahme am
wenigsten berührt werden.“4
In diesem Kapitel möchte ich die Frage, was Lobbyismus ist klären, um in den
folgenden Kapiteln im Sinne der Fragestellung weiter in die Tiefe zu dringen.
Lobbying wird traditionell von Vereinen und Verbänden betrieben. Diese haben einen
„guten Zugang“ zur Politik5 und „quasi hoheitliche Rechte übertragen bekommen“6.
Zu den Verbänden zählen Wirtschaftsverbände, wie etwa der Bundesverband der
Deutschen Industrie (BDI) und auch deren traditionelle Gegenspieler, die
Gewerkschaften, wie etwa die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di).
Aber auch Verbände mit sozialen Zielen, wie zum Beispiel das Deutsche Rote Kreuz.
Die oben genannten hoheitlichen Rechte zeigen sich besonders bei den Kammern, die
ebenfalls zu den Verbänden gehören. So repräsentieren die Handwerkskammern nicht
nur das Interesse der Handwerker, sondern üben eine starke Selbstkontrolle des
Handwerks aus, indem sie etwa die Berufsausbildung regeln.
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 2 Was ist Lobbyismus?
2.2.1 Kommunikation
Eine Tätigkeit des Lobbyisten ist das Monitoring. Dabei versucht der Lobbyist so früh
wie möglich, „politische Vorhaben in Erfahrung“ zu bringen, um auf sie im Sinne seines
Arbeitgebers zu reagieren und sie beeinflussen zu können.9
7 Alle hier genannten Organisationen werden in der Lobbyliste (siehe 3.3 Lobbyliste) geführt
8 Leif, a.a.O., S.125.
9 Vgl. Leif/Speth, a.a.O., S. 25.
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 2 Was ist Lobbyismus?
Dafür braucht der Lobbyist ein möglichst großes Netzwerk und persönliche Kontakte in
die für ihn relevanten Bereiche der Politik 10, sowie eine „intime Kenntnis“ des
politischen Prozesses.11
Der Lobbyist versucht über eine „Vielzahl von Kontakten“ und ein „großes Netzwerk“12
schon in der Phase auf die Gesetzgebung Einfluss zu nehmen, in der Gesetze
formuliert werden.13 Die Lobbyarbeit findet aus diesem Grunde auf der „Arbeitsebene“,
also weniger im Parlament, sondern überwiegend in den Referaten, Ministerien und
Ausschüssen statt.
Der Lobbyist arbeitet außerdem als „politisches Frühwarnsystem“. Er „meldet“, sobald
er eine Veränderung bei seinen Arbeitgeber betreffenden Themen „registiert (…) in die
Zentrale“ und „schlägt“ eine „Strategie“ vor, wie mit dieser Veränderung umzugehen
ist.14
2.2.2 Information
Hier beginnt das eigentliche Lobbying. Der Lobbyist versucht nun ein Thema im Sinne
seines Arbeitgebers zu „setzen, zu verhindern oder zu verzögern“.15 Da er ein am
eigentlichen Prozess Unbeteiligter ist, tritt er gegenüber der Ministerialbürokratie und
den Referaten als Dienstleister auf. Er bietet Informationen, die er eigenständig
aufbereitet. Das reicht über „Grundsatzpapiere, Argumentationshilfen, statistisches
Zahlenmaterial (…), technische Expertise zu möglichen Auswirkungen von
gesetzlichen Regulierungen“16 bis hin zu kompletten Entwürfen für ein bestimmtes
Gesetz.17
Dabei kann er sich auf seinen Fachverstand sowie das gesamte Wissen des Verbands
oder der Firma, die er vertritt, stützen.
Diesem gesammelten Fachverstand haben die Ministerien oftmals nichts entgegen zu
setzen. Sie sind von den Informationen der Lobbyisten abhängig.18
Diese Methoden sind hier zur Vollständigkeit aufgezählt. Ihre Auswirkungen auf die
Politik und ihre Bedeutung für die Demokratie werde ich in Kapitel 4 weiter ausführen.
10 Ebd.
11 A.a.O., S. 26.
12 Leif, a.a.O., S. 119.
13 Vgl. Leif/Speth,a.a.O., S. 21.
14 Ebd.
15 Leif/Speth, a.a.O., S. 20.
16 A.a.O., S. 24.
17 Vgl. ebd.
18 Vgl. ebd.
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 2 Was ist Lobbyismus?
Die Öffentlichkeit wird vom Prozess des Lobbyismus und dem Grad der Einflussnahme
durch ihn auf die Politik nicht informiert, da weder der Empfänger des Lobbying, noch
die Lobbyisten selbst, daran interessiert sind.
Der Einbezug der Öffentlichkeit ist nicht nötig, da weder der Lobbyist, noch der
Empfänger, falls das Lobbying auf der Arbeitsebene abläuft, die Öffentlichkeit
brauchen.
Politiker, die Empfänger des Lobbying werden, sind zwar auf die Öffentlichkeit
angewiesen, informieren jedoch nicht zum Thema Lobbying, da diese Kontakte sie in
ein schlechtes Licht stellen könnten und sie sich durch exklusive Kontakte und den
daraus resultierenden Informationen aufgewertet fühlen. Ihr Gewicht im politischen
Prozess wächst durch die Information und sie würden diese Stellung eventuell
gefährden, wenn sie ihre Kontakte offen legen würden.19
Als Basis für die vorhergegangenen und weiteren Analysen möchte ich die Rechtslage
in der BRD bezüglich des Lobbying aufzeigen und erklären.
Die Lobbyisten der Verbände werden offiziell auf folgende Weise in den Arbeitsprozess
der Ministerialbürokratie einbezogen20:
Aus der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien § 24 Abs. 1:
„Bei der Vorbereitung von Gesetzen können die Vertretungen der beteiligten
Fachkreise oder Verbände unterrichtet und um Überlassung von Unterlagen
gebeten werden sowie Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Zeitpunkt,
Umfang und Auswahl bleiben, wenn nicht Sondervorschriften bestehen, dem
Ermessen überlassen. Soll der Entwurf vertraulich behandelt werden, ist es zu
vermerken.“21
19 Vgl. a.a.O.S. 63
20 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, 1996, S. 38.
21 Bundeszentrale für politische Bildung, a.a.O., S. 41. zit.n.: Gemeinsame Geschäftsordnung
der Bundesministerien § 24 Abs. 1
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 3 Rechtslage in der BRD
Dies zeigt, dass der Einbezug von Lobbyisten durchaus als „normal“ verstanden wird
und auch vollkommen legal, vielleicht sogar erwünscht ist.
3.2 Parteispenden
[...]
Eine Kontrolle dieses Verbots ist natürlich nicht möglich und so bleibt die Parteispende
ein legales Mittel des Lobbyismus, um sich bei Parteien Gehör zu verschaffen.
3.3 Lobbyliste
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 3 Rechtslage in der BRD
Die Liste führt zwar die meisten Interessenvertreter in Berlin, kann allerdings aufgrund
der Freiwilligkeit der Registrierung nicht als vollständig angesehen werden.
Der Lobbyismus, so wie er in der BRD auftritt, hat weitreichende Folgen für die
repräsentative Demokratie. Man kann von einem „Spannungsverhältnis“29 sprechen, da
er die Demokratie einerseits unterstützt, andererseits aber auch untergräbt und auf
jeden Fall eine Herausforderung für die moderne Demokratie darstellt. Dieses
Spannungsverhältnis möchte ich in den folgenden Kapiteln, wie bereits angekündigt ,
weiter beleuchten.
Über die Legitimation der Interessenvertretung sagte der damalige Präsident des
Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier in einer Rede anlässlich des
Erscheinens des Buchs „Die fünfte Gewalt“:
Damit deutet er den schmalen Grad an, auf dem sich das Lobbying aus
legitimationstechnischer Sicht bewegt. Interessenvertretung, und damit Lobbyismus, ist
keiner der drei Gewalten zuzuordnen, wird nicht durch das System der „Checks and
Balances“ kontrolliert und ist, da sie nicht auf das Volk zurückführbar ist, auch aus
dieser Sicht nicht demokratisch.
Doch Interessenvertretung, und somit Lobbyismus, sind dennoch legitimierbar, da sie
Ausdruck des für die Demokratie notwendigen Rechts ist, sich einzusetzen.
29 Papier, 24.2.2006
30 Papier, a.a.O.
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 4 Lobbyismus und Demokratie
Dass es der Vorteil des „Sachverstands“ ist, weshalb Lobbying die politische
Landschaft so stark für sich gewinnen konnte, präzisiert der TUI-Lobbyist Zumpfort
in einem Interview mit Thomas Leif:
Wichtig hierbei ist das professionelle Vorgehen des Lobbyisten. Das zeichnet sich
durch „Zuverlässigkeit und Werthaltigkeit der Information […] und Seriosität im
Umgang mit Partnern aus“33, aber auch dadurch, dass der Lobbyist garnicht erst so tut,
als „vertrete er das Gemeinwohl, als bestimmten ihn keine partikularen Interessen.“ 34
Denn dadurch steigt ihr Wert für die Ministerialbürokraten und Parlamentarier, da der
Lobbyist nun gezwungen ist, seine „tatsächlich vertretenen Interessen zu begründen,
sie als legitim darzustellen.“35 Diese Begründungen und Legitimationen sind es auch,
die den Wert des Lobbyismus ausmachen, da sie von den Bürokraten und Politikern
direkt verwendet oder zumindest verarbeitet werden können.
Außerdem ist es schwierig, rationale Argumente auf wissenschaftlichen Fakten als
Gefahr für die Demokratie zu bezeichnen, auch wenn es ein Anliegen der
Informationsquelle ist, diese Argumente gut zu positionieren.
Doch Verbände liefern nicht nur Sachverstand für die Demokratie. Sie stellen als
Konstrukte zur Interessenaggregation eine Möglichkeit zur politischen Partizipation
dar36 und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur demokratischen Praxis.
Sind die Verbände in das politische Geschehen eingebunden, kann Lobbyismus auch
in die andere Richtung funktionieren. So begründen Verbände ebenfalls die
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 4 Lobbyismus und Demokratie
Auch die Entlastung des Staates durch die schon genannten übernommenen
hoheitlichen Rechte muss an dieser Stelle erwähnt werden.39
37 Vgl. a.a.O., S. 56 f.
38 Leif/ Speth, a.a.O., S. 25.
39 Vgl. Lösche, a.a.O., S. 57 f.
40 Papier, a.a.O.
41 Vgl. Lösche, a.a.O., S. 64.
42 A.a.O., S. 65.
43 A.a.O., S. 63.
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 4 Lobbyismus und Demokratie
5 Demokratietheoretische Einordnung
Es fällt auf, dass sich die Argumente für und gegen den Lobbyismus größtenteils der
Begrifflichkeiten bestimmter Demokratietheorien bedienen. Dabei wird der Lobbyismus
häufig mit identitätstheoretischem Vokabular verteufelt und mit
konkurrenztheoretischem Vokabular legitimiert. Daher versuche ich nun den
Lobbyismus in diese beiden Theorien, sowie in die Pluralismustheorie, die eine
Sonderform als Erweiterung der Identitätstheorie darstellt und als Theorie der
Interessenvertretungen schlechthin gilt.
5.1 Identitätstheorie
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 5 Demokratietheoretische Einordnung
Anspruchsdenken auf der anderen Seite.“48 Diesem Kommentar liegt die Annahme zu
Grunde, dass es der Politik überhaupt möglich ist, diese Unterscheidung zum Wohle
aller zu treffen. Dafür wäre eine möglichst große Unbefangenheit des Politikers
zwingend.
Basiert das Demokratieverständnis auf dieser Theorie, so erscheint Lobbying als
besonders unkontrollierbarer und hinterlistiger Versuch, Partikularinteressen gegen das
Gemeinwohl durchzusetzen.
5.2 Konkurrenztheorie
48 Papier, a.a.O.
49 Vgl. Pesch, 2003, S. 162
50 A.a.O., S. 163
Seite 11
Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 5 Demokratietheoretische Einordnung
gleiche Prozess statt. Ähnliche Meinungen finden sich zusammen, doch da auch hier
unterschiedliche Abstufungen zu finden sind, spielt sich der oben genannte Prozess
außerdem hier ab, sodass eine Interessengruppe bereits einen Kompromiss zwischen
ähnlichen Meinungen darstellt und diesen so gut wie möglich vertritt.
Interessengruppen bilden somit im optimalen Fall eine vorgeschaltete Ebene vor dem
politischen Prozess, die jedoch ähnliche Prozesse durchläuft. (Darauf, dass dies in der
Realität aufgrund struktureller Asymmetrie innerhalb der Interessengruppe nicht immer
der Fall ist, habe ich bereits in Kapitel 4.2 hingewiesen.)
Lobbyismus kann aus dieser Sicht keine Gefahr darstellen, da er einzig die
Partizipation für die Demokratie nötiger Einzelinteressen sicher stellt.
Als demokratie-unterstützend kann der Lobbyismus angesehen werden, wenn er nur
wie im Kapitel 2.2 erläutert mit Information und Kommunikation arbeitet und sein
Interesse durch Argumentation auf verschiedenen Ebenen des politischen Prozesses
vertritt. Dazu ist ein strenges Regelwerk seitens des Staats nötig, um zu verhindern,
dass sich etwa Verbände mit einer reicheren Klientel durch hohe Parteispenden (siehe
3.2 Parteispenden) einen besseren Standpunkt in der Diskussion verschafft und somit
kleinere Interessen verdrängt.
5.3 Pluralismustheorie
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 5 Demokratietheoretische Einordnung
6 Fazit
Ob durch Politik Gemeinwohl entstehen kann, und wenn ja, wie, ist wohl eine
Glaubensfrage fast schon religiösen Ausmaßes. Ich jedoch lehne eine grundsätzliche
Verteuflung des Lobbyismus ab.
Lässt man die Idee des Gemeinwohls, die wohl schon mehr Menschen den Kopf
gekostet, als ihnen geholfen hat, außen vor, bleibt die Hoffnung auf möglichst rationale
Entscheidungen. In diesem Sinne kann ein Lobbyismus, der rational argumentiert und
informiert, um sein Interesse durchzusetzen, nicht einmal vorwerfen, dass er sich an
der bestmöglichen Stelle, der Arbeitsebene (siehe Kapitel 2), positioniert. Denn hier, in
einer möglichst frühen Phase der Gesetzgebung, kommt der Sachverstand des
54 Vgl. a.a.O., S. 42 f.
Seite 13
Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 6 Fazit
Lobbyisten am stärksten zur Geltung. Und das nicht nur im Sinne des Lobbyisten, der
sein Interesse möglichst schnell und umfassend vertreten möchte, sondern auch im
Sinne des Systems, das nun schon früh im Gesetzgebungsprozess vom Know-How
des Lobbyisten profitiert. Selbst wenn sich der Lobbyist erst später einschaltet und
Parlamentarier beeinflusst, ist der Sachverstand dennoch unersetzlich, um eine
hochwertige Parlamentsdiskussion zu führen.
Von diesem Standpunkt aus bekommt auch die schon angesprochene Entmachtung
des Parlaments eine andere Bedeutung. Ein frühes Eingreifen des Lobbyisten entlastet
auch die folgenden Elemente der Entscheidungskette. Die Frage ist also, ob es einem
Parlament zuzumuten ist, die Diskussion, die schon zu Beginn der Gesetzgebung
geführt wird, mitzuführen, wo doch von ihm eine Vielzahl von Entscheidungen zu einer
Vielzahl von Themen abverlangt wird. Hier erscheint es mir unter Umständen
rationaler, dass diese Diskussion von konkurrierenden, Interessenvertretern auf einer
fachlich hochwertigen Ebene geführt wird und das freie Mandat der Parlamentarier auf
die Grundsätzlichen und die Gewissensfragen reduziert wird und sie von fachlichen,
mitunter wissenschaftlichen Fragen befreit werden.
Die Lösung dieses Problems sieht Hans-Jürgen Papier darin, mehr Elemente der
Persönlichkeitswahl in das System einzuarbeiten, um den Status des Abgeordneten
und seines freien Mandats gegenüber Partei und Interessenvertretern zu festigen und
für mehr Transparenz zu sorgen.55 Eine Maßnahme, die jedoch nur unter dem
Umstand zum Ziel führen würde, dass der deutsche Bürger grundsätzlich gut über die
zu wählenden Personen informiert ist. In der Zeit der Politikverdrossenheit fürchte ich
jedoch chaotische Umstände, die aus einer solchen Regelung entstehen könnten.
Außerdem erwarte ich einen noch verstärkten Populismus, der hierauf folgen könnte,
da man sich nicht einmal mehr grundsätzlicher ideologischer Unterschiede, wie sie bei
Parteien immer noch vorkommen, sicher sein kann. Die Parteienideologien sind zwar
nicht mehr so stark, wie dies einmal der Fall war, doch ist die grundsätzliche
Parteiposition gegenüber bestimmten Interessen über Jahre hinweg gleich geblieben.
Keine Volkspartei kann sich hier Einseitigkeit leisten, doch bestehen uralte Positionen
weiterhin und so ist die SPD beispielsweise nach wie vor näher an den
Gewerkschaften, die Union vertritt eher die Arbeitgeber.
Diese Position gibt dem Wähler Sicherheit. Wenn die Fronten klar sind, kann er sich
über die Wahl positionieren und somit auch partizipieren, da sein Interesse von der
gewählten Partei vertreten wird.
55 Papier, a.a.O.
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 6 Fazit
An dieser Stelle möchte ich den Bogen zum Beginn dieser Arbeit spannen. Die Frage,
wieso der „Mythos Lobbyismus“ entstehen konnte.
Es fehlt an Öffentlichkeit. Demokratie lebt von mündigen Bürgern und lebendiger
Diskussion. Das Interesse des Bürgers muss mit allen Mitteln zurück zur Politik
gebracht werden. Im Bezug auf Lobbyismus bedeutet das auch Aufklärung über die
Praxis des Lobbyisten und darüber, wie er in die Politik eingebunden ist. Hier stellt sich
auch die Frage, wieso die Verbände nicht sehr viel mehr daran interessiert sind, ihre
Erfolge in der Öffentlichkeit aufzuzeigen um die Mitglieder zu befriedigen und neue
anzuziehen.
Darüber gehen die Regelungen, die Transparenz ins Lobbying bringen sollen, nicht
weit genug. Außerdem mangelt es an Sensibilität für das Thema. Hier hoffe ich zur
Kontrolle der „fünften Gewalt“ auf die „vierte Gewalt“, die Presse. Wenn dem
Journalismus leichtere Arbeitsbedingungen im Lobbysektor geboten werden, wenn
nötig mit Gesetzen, ist auch die Möglichkeit einer Kontrolle durch die Öffentlichkeit
größer.
Durch eine bessere Kontrolle kann auch Vertrauen in die Interessenvertretung und
Ministerialbürokratie zurückkehren.
Seite 15
Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 7 Literaturverzeichnis
7 Literaturverzeichnis
7.1 Quellen
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Facharbeit: Lobbyismus in Deutschland 7 Literaturverzeichnis
Pesch, Volker: John Stuart Mill. Ausgewählt und Interpretiert von Volker Pesch. In:
Massing, Peter/Breit, Gotthard (Hrsg.): Demokratie-Theorien. Von der Antike bis zur
Gegenwart. 2. Auflage. Bonn: Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische
Bildung 2003. S. 158-164
7.2 Sekundärliteratur
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8 Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe
verfasst und keine anderen als die im Literatur- und Quellverzeichnis angegebenen
Hilfsmittel verwendet habe.
Insbesondere versichere ich, dass ich alle wörtlichen und sinngemäßen Übernahmen
aus anderen Werken als solche Kenntlich gemacht habe.
Darüber hinaus, erkläre ich, dass ich damit einverstanden bin, die von mir verfasste
Facharbeit der schulinternen Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
….......................................................................................................................................
Ort, Datum, Unterschrift