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Polizisten mit Migrationshintergrund

Diversität bei der Polizei: "Verschiedenheit der Ähnlichen"

20. Juni 2020

Nach dem Tod von George Floyd wird auch in Deutschland über strukturellen
Rassismus bei der Polizei diskutiert. Dabei geht es nicht darum zu sagen, die Polizei
als Ganzes sei rassistisch. Es geht darum, genauer hinzuschauen: Wie divers ist die
Polizei eigentlich? Und wie sehr bildet sie unsere Gesellschaft ab? Rafael Behr
forscht dazu.

Bei der Polizei in Deutschland gelte der Grundsatz, alle gleich zu behandeln, sagt
Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften an der Akademie der Polizei in
Hamburg.
"Es ist eine Verschiedenheit der Ähnlichen. Weil wir richtige Diversität
gar nicht praktizieren in der Polizei, sondern es besteht der allgemeine
Grundsatz: Alle werden gleich behandelt."
Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften

Gemäß dieses Grundsatzes würden auch Migrantinnen und Migranten bzw.


Bewerberinnen und Bewerber mit Migrationshintergrund eingestellt, sagt Rafael
Behr. Seiner Erfahrung nach würde die Kategorie "Fremdheit" immer mehr
verblassen – und dementsprechend auch die Unterschiede zu den "biodeutschen
Kollegen", wie er sie nennt.
"Fremdheit verblasst immer mehr"

Verschiedenheit lasse sich zum einen als Unterschiedlichkeit äußerer Merkmale


abbilden, zum anderen auch als Unterschiedlichkeit bestimmter Lebensweisen und -
entwürfe. So sei beispielsweise eine Behinderung eine völlig andere Kategorie als
etwa eine sexuelle Präferenz, so Rafael Behr. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte
hätten viele Gemeinsamkeiten: Sie seien zum Beispiel alle gesund, hätten
Bildungszertifikate und Deutschkenntnisse.

[…]
Jede fünfte erfolgreiche Polizeibewerbung von Person mit
Migrationshintergrund

Doch wie viele Polizistinnen und Polizisten mit Migrationshintergrund gibt es denn
nun tatsächlich bei der Polizei? Zahlen gebe es hier nur für die Einstellungsphase,
sagt Rafael Behr – also für diejenigen, die sich bei der Polizei bewerben und dann
auch für die Ausbildung angenommen werden. In den alten Bundesländern komme
etwa jede fünfte erfolgreiche Polizei-Bewerbung von einer Person mit
Migrationshintergrund.
"Bei den Polizei-Bewerbungen von Personen mit Migrationshintergrund
sind wir in den alten Bundesländern - zumindest nahezu - über 20
Prozent angekommen. In den großen Metropolregionen sind 25 Prozent
keine Seltenheit."
Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften

Wie viele dieser Personen dann später auch tatsächlich bei der Polizei arbeiten, sei
allerdings nicht bekannt – das werde nämlich nicht mehr gezählt. "Das müsste man
anders berechnen", findet Rafael Behr. Auf jeden Fall sei der Anteil von Migrantinnen
und Migranten nicht so hoch wie einst der Anteil von Frauen in der Polizei, der
signifikant Jahr um Jahr gestiegen sei.
"Wunsch, dass sich das Personal der Polizei stärker divers
zeigt"

Bei der Suche nach Bewerberinnen und Bewerbern geht die Polizei zunehmend aktiv
auf Menschen mit Migrationshintergrund zu, sagt Rafael Behr. In den
Ausschreibungen werde das zum Beispiel "durchaus offensiv" gemacht.
Auf Affirmative Action, also "positive Diskriminierung", werde allerdings verzichtet:
Bestimmte Gruppen würden nicht bevorzugt behandelt.
"Bewerberinnen und Bewerber mit Migrationshintergrund werden nicht
bevorzugt eingestellt. In den Ausschreibungen wird aber durchaus
offensiv darauf hingewiesen, dass man sich wünscht, dass sich das
Personal der Polizei stärker divers zeigt."
Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften

Die Maßnahmen zeigten auch tatsächlich einen Effekt, sagt Rafael Behr. Es sei
festzustellen, dass sich zunehmend mehr Menschen mit Migrationshintergrund bei
der Polizei bewerben. Bei der Frage der Bildungszertifikate und der
Sprachkompetenz gebe es allerdings nach wie vor noch Grenzen bzw. Hürden.
"Subtile Formen von Ausgrenzung"

Die Ausbildung und den Dienst bei der Polizei nähmen die Menschen mit
Migrationshintergrund überwiegend positiv wahr, sagt Rafael Behr.
"Generell sagen uns alle Interviewpartner in unseren Forschungen, dass
sie sich gut integriert fühlen. Wenn wir dann näher nachfragen, kommen
wir dahinter, dass es subtile Formen von Ausgrenzung gibt."
Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften
[…]

Quelle: https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/diversitaet-bei-der-polizei-ueber-die-
verschiedenheit-der-aehnlichen

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