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Eine Frauenquote für Vorstände ist notwendig

Der Anteil von Frauen in den Vorständen der großen Unternehmen


steigt – aber zu langsam. Gut, dass die Familienministerin jetzt eine
gesetzliche Quote vorschlägt.
13. März 2020, 13:35 Uhr

Immer rund um den Weltfrauentag am 8. März überschlagen sich Medien, Politik


und Wirtschaft mit Betrachtungen über die Gleichstellung von Frauen. Tatsächlich
lässt sich konstatieren: Wir machen Fortschritte in der Gleichstellung von Frauen in
Führungspositionen. Das jährlich erscheinende Managerinnen-Barometer des DIW
Berlin zeigt, dass im vergangenen Jahr der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten und in
Vorständen der umsatzstärksten deutschen Unternehmen leicht gestiegen ist. Doch
ein Grund zum selbstzufriedenen Zurücklehnen ist das noch lange nicht: Es geht
immer noch zu langsam und zu ungleichmäßig voran. Dass Bundesfrauenministerin
Franziska Giffey nun eine Frauenquote für Vorstände auf den Weg gebracht hat, könnte
einen wichtigen Impuls setzen, um die Chancengleichheit zwischen Frauen und
Männern und die Gleichstellung zu beschleunigen.
Die Zahlen für 2019 sind ermutigend: Im Durchschnitt sind mehr als 30 Prozent der
Posten in Aufsichtsräten bei den größten deutschen Unternehmen von Frauen
besetzt. Auch dass der Frauenanteil in Aufsichtsräten und Vorständen gestiegen ist, ist
eine gute Nachricht.

Nur jeder zehnte Vorstandsposten


Kommen wir zu den weniger guten Nachrichten. Einer der kritischen Aspekte ist der
nach wie vor riesige Unterschied in der Gleichstellung zwischen Aufsichtsräten und
Vorständen. Mit einem Anteil von knapp einem Drittel haben Frauen in
Aufsichtsräten mittlerweile einen gewichtigen Einfluss. Aber in den Vorständen der
200 umsatzstärksten deutschen Unternehmen – ohne Berücksichtigung des
Finanzsektors – ist nicht einmal jeder zehnte Posten mit einer Frau besetzt. Auch
zwischen Unternehmenstypen und Sektoren zeigen sich starke Unterschiede.
Unternehmen in öffentlicher Hand erzielen deutlich schnellere Fortschritte als
Privatunternehmen.
Insbesondere Unternehmen der Finanzbranche sind in den vergangenen Jahren in
der Gleichstellung kaum vorangekommen; vor allem in den Vorständen schwächt
sich die Dynamik ab. Lange Zeit lag der Frauenanteil in den Vorständen und
Aufsichtsräten der 100 umsatzstärksten Banken im Schnitt höher als in Firmen
anderer Branchen – bis ungefähr 2015. Seitdem aber der Druck zur Konsolidierung
und zu Strukturreformen nach der Finanz- und Schuldenkrise bei den Banken
nachgelassen hat, so scheint es, hat die Branche ihre Bemühung auch in Bezug auf die
Gleichstellung von Frauen eingeschränkt. Gleichzeitig haben die anderen
Unternehmen das Thema viel entschiedener vorangetrieben und den Finanzsektor
inzwischen sowohl bei den Vorständen als auch bei den Aufsichtsräten überholt.
Fortschritt ja, aber nicht freiwillig
Bei all dem sollte aber nicht übersehen werden, dass die Unternehmen in
Deutschland die Fortschritte in Aufsichtsräten nicht freiwillig gemacht haben. Für die
Aufsichtsräte vieler börsennotierter Unternehmen gilt seit dem Jahr 2016 eine
bindende Quote von 30 Prozent, die offensichtlich wirkt. Viele wissenschaftliche
Studien belegen außerdem, dass sich diese Quote nicht negativ auf die Unternehmen
ausgewirkt hat, sondern dass viele Firmen davon profitieren, indem sie Diversität
und andere Perspektiven gefördert haben.
Dass die Quote für Aufsichtsräte sehr effektiv gewesen ist, belegt leider auch die
Tatsache, dass der Frauenanteil in Vorständen, wo es noch keine gesetzlichen
Vorgaben gibt, nicht gleichermaßen gestiegen ist. Die Studie des DIW zeigt
immerhin, dass der steigende Frauenanteil in Aufsichtsräten auch etwas auf die
Vorstände ausstrahlt. So ist vor allem im vergangenen Jahr der Frauenanteil in
Vorständen derjenigen Unternehmen besonders stark gestiegen, die auch einen
höheren Frauenanteil in Aufsichtsräten hatten. Aufsichtsgremien, die das Thema
Gleichstellung ernst nehmen, können also sehr wohl Einfluss auf die Personalpolitik
ihrer Unternehmen ausüben und tun dies immer häufiger.
Aber wie lange wird es dauern, bis wir das Ziel Gleichstellung in
Führungspositionen erreichen, wenn wir das bestehende Tempo beibehalten? Viele
Jahrzehnte definitiv. Die von Ministerin Giffey ins Spiel gebrachte verbindliche
Vorstandsquote könnte den Druck auf die Unternehmen deutlich erhöhen. Die gute
Erfahrung mit der Frauenquote für Aufsichtsräte sollte dabei helfen, Widerstände
dagegen zu überwinden.

Quelle: https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-03/gleichstellung-frauenquote-vorstand-aufsichtsrat-finanzunternehmen

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