Sie sind auf Seite 1von 3

Gewalt, Gegengewalt und ein Toter bei Protesten in den USA

Der Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz hat zu Ausschreitungen
geführt. In zwei Dutzend Städten wurden Ausgangssperren verhängt. In der Nähe eines
brennenden Autos wurde eine Leiche entdeckt.
31.05.2020 um 17:37

I can't breathe", skandieren Demonstranten in Dutzenden amerikanischen Städten derzeit, "Ich


bekomme keine Luft." Selbst in London und Berlin wird vor den amerikanischen Botschaften
demonstriert. „I can't breathe“, waren die letzten Worte von George Floyd, einem
unbewaffneten Mann, den am Montag in Minneapolis ein weißer Polizist minutenlang mit
dem Knie auf dem Hals zu Boden gedrückt hatte. Der 46-Jährige starb wenig später im
Krankenhaus. Seither weiten sich in den USA die Demonstrationen gegen Rassismus und
Polizeigewalt aus. Doch immer wieder kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit
der Polizei.

US-Präsident Donald Trump behauptet, die Gewalt werde "von anarchistischen und
linksextremistischen Gruppen geplant, organisiert und angetrieben“. Gouverneur von
Minnesota, in dem Minneapolis liegt, Tim Walz, erklärte im Gegensatz dazu unter Hinweis
auf Ermittlungen, die Situation werde von rivalisierenden Drogengangs, weißen Rassisten und
Anarchisten angeheizt.

Proteste fordern ein Todesopfer

In der Nähe eines brennenden Wagens ist ein Toter entdeckt worden. Die Leiche weise
deutliche Anzeichen von Verletzungen auf, sagte Polizeisprecher John Elder. Sie sei am
Sonntagmorgen gegen 04.00 Uhr (Ortszeit) entdeckt worden, nachdem die Feuerwehr wegen
des brennenden Fahrzeugs verständigt worden sei. Die Mordkommission habe die
Ermittlungen übernommen. […]

Soziale Medien zeichnen Bilder von Polizeigewalt

In sozialen Medien werden allerdings Videos verbreitet, die kein gutes Licht auf die Polizei
werfen: Im Stadtteil Brooklyn in New York City fuhr ein Polizeieinsatzwagen in eine Gruppe
von Demonstranten. Das ist auf einem Video eines Augenzeugen zu sehen.

"Sie hätten sie umbringen können, und wir wissen nicht, wie viele sie verletzt haben", schrieb
die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez auf Twitter. […]
Polizist zielte auf Reuters-Mitarbeiter

Zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters wurden am Samstagabend in Minneapolis


durch Gummigeschoße der Polizei verletzt. Der Vorfall ereignete sich, als die Polizei kurz
nach Inkrafttreten der Ausgangssperre um 20.00 Uhr gegen rund 500 Demonstranten mit
Gummigeschoßen und Tränengas vorrückte. Aufnahmen eines Reuters-Kameramannes
zeigen, wie ein Polizist direkt auf ihn zielt. Die Reuters-Mitarbeiter waren klar als
Pressevertreter zu erkennen.

Nun soll es auch einen ersten Todesfall geben, berichtet der Fernsehsender NBC News.
Demnach sei in der Stadt Indianapolis mindestens ein Mensch getötet worden. Der
Fernsehsender stützte sich dabei am Sonntag auf Angaben der Polizei. Dem Vize-Polizeichef
der Stadt, Josh Barker, zufolge gab es mindestens zwei Verletzte. Auf Twitter schrieb die
Polizei, ihre Beamten seien nicht involviert gewesen und hätten nicht geschossen. Man
untersuche nun zahlreiche Vorfälle.

"Das ist ein Land im Chaos"

In der Hauptstadt Washington demonstrierten Hunderte Menschen in der Nähe des


Justizministeriums. Viele zogen später vor das Weiße Haus. Den Amtssitz von US-Präsident
Donald Trump riegelten zahlreiche Polizisten ab - ausgerüstet mit Schutzschilden und zum
Teil auf Pferden. Trump sagte am Samstag, wenn die Demonstranten, die sich in der Nacht
zuvor auf dem Lafayette Square gegenüber dem Weißen Haus versammelt hatten, den Zaun
zum Amtssitz überwunden hätten, "wären sie von den bösartigsten Hunden und den
bedrohlichsten Waffen begrüßt worden, die ich je gesehen habe". […]

Ausgangssperren in immer mehr Städten

Immer mehr Städte in den USA haben angesichts der mittlerweile nahezu landesweiten
Proteste Ausgangssperren verhängt. Für Minnesota verkündete Walz die Mobilisierung der
gesamten 13.000 Mitglieder starken Nationalgarde seines Staates, um gegen Randalierer
vorzugehen. Auch Einheiten der Militärpolizei wurden in Alarmbereitschaft versetzt, um
gegebenenfalls in Minneapolis eingreifen zu können. Alle großen Einfallsstraßen nach
Minneapolis waren am Samstagabend geschlossen, Militärhubschrauber flogen über der Stadt.
[…]

Auch in Los Angeles wurde die Nationalgarde angefordert. Bürgermeister Eric Garcetti sagte
im US-Sender Fox News: "Das ist nicht länger ein Protest, das ist Zerstörung." In der
zweitgrößten Stadt der USA galt zudem ebenfalls eine Ausgangssperre. Aus Chicago
meldeten Medien, das Polizeipräsidium habe für die Beamten Zwölf-Stunden-Schichten
angeordnet, um die Proteste unter Kontrolle zu bekommen. […]

US-Präsident Donald Trump machte linksradikale Gruppen für die Ausschreitungen


verantwortlich. "Die Gewalt und der Vandalismus werden von der Antifa und anderen
gewaltsamen Gruppen des linken Flügels angeführt", sagte Trump. "Linksradikalen
Kriminellen, Verbrechern und anderen in unserem Land und auf der Welt wird nicht erlaubt
werden, unsere Gemeinden in Brand zu stecken."

Nach Trump gab auch US-Justizminister William Barr linken Gruppierungen die Schuld. Die
Gewalt gehe auf das Konto von "anarchistischen Linksextremisten". Beweise legte auch er
nicht vor. Barr kündigte an, die Justiz werde die Verantwortlichen für Ausschreitungen zur
Rechenschaft ziehen.

Der designierte Herausforderer Trumps der Demokraten bei der Präsidentschaftswahl im


November, Ex-Vizepräsident Joe Biden, erklärte, die vergangenen Tage hätten gezeigt, dass
die Nation "wütend" sei über Ungerechtigkeit. Es sei eine typisch amerikanische Reaktion,
gegen Polizeigewalt zu demonstrieren. Sinnlose Zerstörung und Gewalt sei aber keine
akzeptable Reaktion.

(APA/dpa/AFP/Reuters)
Quelle: https://www.diepresse.com/5820923/gewalt-gegengewalt-und-ein-toter-bei-protesten-in-den-usa

Das könnte Ihnen auch gefallen