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at › Wirtschaft
SCHLECHTE AUSSICHTEN
Autobauer fahren von Chip- und Lieferkettenkrise in Sanktionskrise
Die Autoindustrie rollt mit dem russischen Angriffskrieg ins nächste Dilemma. Russlands Automarkt werde mangels
Technologie ein Zwerg, sagen Experten
Luise Ungerboeck
3. März 2022, 06:00, 257 Postings
Die Autoindustrie fährt von der Chip- und Lieferkettenkrise nahtlos in die Sanktionskrise. Nach der Verschärfung der
Sanktionen gegen Russland geht es Schlag auf Schlag: BMW ist im Motorenwerk in Steyr und in Dingolfing mit
Produktionsausfällen konfrontiert, weil Vormaterial und Zulieferteile aus der Ukraine fehlten, teilte der bayerische
Autobauer mit. Man sei mit Lieferanten in intensiven Gesprächen. In Steyr wurde Kurzarbeit angemeldet, die je nach
Lage bis zu 3200 Beschäftigte betreffen kann.
Steyr Automotive stellt am Donnerstag vorübergehend seine gesamte Produktion bis Mitte nächster Woche ein. Grund
sind Lieferprobleme bei Kabelbäumen aus der Ukraine.
Bei Porsche in Leipzig stehen die Bänder bereits. Die Produktion stehe von Mittwoch bis Ende nächster Woche, teilte ein
Sprecher mit. In Zuffenhausen werde die Produktion noch aufrechterhalten. "In den kommenden Tagen und Wochen
werden wir auf Sicht fahren und die Lage kontinuierlich bewerten."
Kabel aus der Ukraine
Die Ukraine ist ein wichtiges Herkunftsland von Kabelbäumen. Der deutsche Zulieferer Leoni produziert in zwei Werken
im Westen des Landes, auch zahlreiche andere Unternehmen stellen dort her. Kabelbäume gehören zu Bauteilen in
Autos, die nicht nachgerüstet werden können – anders als etwa Halbleiter, die notfalls später eingebaut werden
können.
Verfällt der russische Rubel, werden in Russland weniger Mercedes gebaut und abgesetzt.
Foto: APA/AFP/POOL/PAVEL GOLOVKIN
Auch VW-Werke in Sachsen pausieren für mehrere Tage, weil aus der Westukraine zugelieferte Kabelsätze fehlten.
Zudem kündigte der Weltautokonzern weitere Ausfälle in Wolfsburg an, ebenso in Hannover sowie in einigen internen
Komponentenfabriken. In Emden in Niedersachsen ist die Lage unklar. Wie stark sich Schockwellen und Verwerfungen
nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine auswirken werden, ist kaum abschätzbar. Die Kosten dafür – Frieden und
Rechtsstaatlichkeit sind auch für die Industrie nicht zum Nulltarif – werden Kunden und Beschäftigte mehr und mehr
spüren. Laut dem Branchenverband VDA gibt es 49 Fertigungsorte deutscher Zulieferer und Hersteller in Russland und
der Ukraine. Die Problemlagen sind vielschichtig.
https://www.derstandard.at/story/2000133787787/autobauer-fahren-von-der-chip-und-lieferkettenkrise 1/3
2022/3/4 Autobauer fahren von Chip- und Lieferkettenkrise in Sanktionskrise - Wirtschaftspolitik - derStandard.at › Wirtschaft
Steyr Automotive stellt am Donnerstag vorübergehend seine gesamte Produktion bis Mitte nächster
Woche ein. Grund sind Lieferprobleme bei Kabelbäumen aus der Ukraine.
Foto: APA/BARBARA GINDL
Fallen Fabriken längere Zeit aus, werden Abschreibungen unumgänglich. Noch wollen die Autobauer nicht öffentlich
abschätzen, ob ihre Sach- und Finanzanlagen im Fall einer längeren Konfrontation eine Zukunft haben.
Branchenexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management sagt: "Die Hersteller müssen Investitionen in
Russland komplett neu bewerten." Reindl ist überzeugt: "Russland und die Ukraine werden für lange Zeit als
Absatzmärkte ausfallen." Allzu bedeutend ist Russland als Markt ohnehin nicht mehr.
Russlands Automarkt fällt aus
https://www.derstandard.at/story/2000133787787/autobauer-fahren-von-der-chip-und-lieferkettenkrise 2/3
2022/3/4 Autobauer fahren von Chip- und Lieferkettenkrise in Sanktionskrise - Wirtschaftspolitik - derStandard.at › Wirtschaft
Denn mit den Sanktionen nach der Krim-Okkupation im Jahr 2014 brach der russische Automarkt 2015 um 36 Prozent
auf 1,6 Millionen Pkws und leichte Nutzfahrzeuge ein, um sich bis 2021 wieder auf 1,67 Millionen Verkäufe zu erholen,
rechnet Ferdinand Dudenhöffer vom Car-Center der Uni Duisburg-Essen vor.
Der bedeutendste Autobauer mit 563.300 verkauften Neuwagen oder 34 Prozent war zuletzt die großteils auf Renault-
Dacia-Technologie (Lada, Niva) aufbauende Renault-Nissan-Gruppe, die in Joint Ventures mit Awtowas produziert.
Stoppt Frankreich diesen Transfer, werden Erinnerungen an Zeiten der UdSSR wach. Der Export von Fahrzeugen nach
Russland dürfte zunächst ganz zum Erliegen kommen. (Luise Ungerboeck, 3.3.2022)
Siehe dazu auch:
Erneut Kurzarbeit im BMW-Werk in Steyr [http://www.derstandard.at/story/2000133757995/erneut-kurzarbeit-im-bmw-werk-in-steyr]
Ukraine-Krise heizt den Preisauftrieb zusätzlich an [http://www.derstandard.at/story/2000133576127/ukraine-krise-heizt-den-preisauftrieb-
zusaetzlich-an]
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https://www.derstandard.at/story/2000133787787/autobauer-fahren-von-der-chip-und-lieferkettenkrise 3/3