Die ältesten Schülerinnen auf dem Weg in die Grundschule des Dorfes Bugil
Foto:
Jun Michael Park / DER SPIEGEL
Von
Katharina Graça Peters, Seoul
01.03.2022, 00.41 Uhr
•
aus
DER SPIEGEL 9/2022
Der Epochenbruch
Russlands Diktator Wladimir Putin
entfesselt mit seinem Angriff den
größten Krieg auf europäischem
Boden seit 1945. Russische Truppen
rücken aus mehreren Richtungen auf
Kiew vor. Die Invasion folgt einem
von langer Hand geplanten
Drehbuch. Und sie wird die Welt
verändern.
Lesen Sie unsere Titelgeschichte,
weitere Hintergründe und
Analysen im digitalen SPIEGEL.
Zur Ausgabe
Pjöngjang
Pjöngjang
N
NOO RR DD KKO
O RR EE AA
Seoul
Seoul
SS ÜÜ DD KKO
O RR EE AA
Bugil
Bugil
200 km
© OpenStreetMap contributors
Der Schulbus holt auf der Tour an diesem Morgen nur drei
Schüler ab, zwei von ihnen sind Rentnerinnen. Er hätte Platz
für 18.
»Früher war hier verdammt viel los, die Kinder rauften sich
auf den Straßen. Aus jedem Schulfest wurde ein Dorffest«,
sagt eine der Frauen. Bevor der Unterricht beginnt, sitzen die
Seniorinnen auf dem beheizten Boden ihres Klassenzimmers
und essen Reiskuchen. Die Frau, die erzählt, ist 88 Jahre alt.
Ihre eigenen sechs Kinder sind hier zur Schule gegangen.
Damals habe es so viele Schüler gegeben, dass in zwei
Schichten unterrichtet wurde, morgens und abends.
1960 bekamen Südkoreanerinnen durchschnittlich sechs
Kinder. Die Regierung versuchte gegenzusteuern: In den
Siebzigerjahren riet das Gesundheitsministerium Männern
und Frauen zur Sterilisation. Einige Anzeigen mahnten später:
»Zwei Kinder sind zu viel.« Die Geburtenrate fiel, je mehr sich
der arme Agrarstaat Südkorea zur fortschrittlichen
Volkswirtschaft wandelte. Diese Entwicklung erlebten viele
Industrieländer – je wohlhabender ein Land, desto weniger
Babys wurden geboren. Wohl nirgends vollzog sich dieser
Wandel so schnell und radikal wie in Südkorea. 2018 fiel die
Geburtenrate erstmals auf unter ein Kind pro Frau.
In Bugil sahen die alten Frauen, wie ihr Dorf immer weiter
schrumpfte. Ihre eigenen Kinder sind längst weggezogen.
Auch Chois Tochter lebt in der Hauptstadt Seoul, und sie
schickt ihr manchmal Pakete mit dem nationalen
Lieblingsgemüse Kimchi. Wenn die Rentnerinnen sich
morgens in der Schule treffen, hilft ihnen das auch gegen die
Einsamkeit. »Es ist leer hier, überall leer«, sagt eine 87-jährige
Mitschülerin. »Ich vermisse den Trubel so sehr, dass es
wehtut.«
Barkeeperin Lee Chan-kyung: »Wir können uns ein Kind einfach nicht leisten.«
Foto: Jun Michael Park / DER SPIEGEL
Aktuell in diesem
Ressort
Reaktionen auf
deutsche
Waffenlieferungen:
»Weiter so,
Bundeskanzler Olaf
Scholz« –…
Die Bundesregierung
hat ihre Meinung
geändert und will den
ukrainischen
Streitkräften nun unter
anderem 1000…
Gutscheine
ANZEIGE
10€ Rabatt
20% Rabatt
Günstig verreisen
Top Deals
Top Gutscheine
Alle Shops
Auto
Job
Finanzen
Freizeit
Alle Magazine des SPIEGEL
SPIEGEL Gruppe
Abo
Shop
manager magazin
Harvard Business manager
buchreport
Werbung
Jobs
MANUFAKTUR
SPIEGEL Akademie
SPIEGEL Ed
Impressum
Datenschutz
Nutzungsbedingungen
Cookies & Tracking
Newsletter
Kontakt
Hilfe
Text- & Nutzungsrechte