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VO Architektur und Kunstgeschichte 19./20.Jhd.

– 2012

II. Vorlesung

Empire ( 1800 - 1850 )


Rationalisierung des Entwurfsprozesses bei Jean-Nicolas Durand
Das klassizistische Werk Karl Friedrich Schinkels und Leo von Klenzes

I. Politische und künstlerische Situation in Frankreich nach 1789


Frankreich blieb auch in den Jahren nach der Revolution von 1789 politisch, wirtschafrlich und
kulturell-künstlerisch führend in Europa.

1. Politische Situation
 Nach der Abschaffung der Monarchie und der Konstituierung der Republik im Jahr 1792 begann
eine Zeit der Parteikämpfe zwischen den Revolutionären mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen.
[Bild 01] Die französische Revolution und deren Führer begannen sich zu radikalisieren –
Schreckensherrschaft der Jakobiner unter Robespierre – Hinrichtung des Königs, aber auch
Verfolgungen, Hinrichtungen usw. von allen Gegnern. Zu dieser Zeit kam es auch zur Schließung
von Kirchen und Klöstern („Stätten des Aberglaubens“) – Ende: Hinrichtung Robespierre.

 1792 erklärte Frankreich Österreich den Krieg; die Folge war ein fast 15-jähriger Kriegszustand in
Europa. Diese Kriege sind verbunden mit Napoleon Bonaparte, der in kürzester Zeit vom Leutnant
der Artillerie zum Oberbefehlshaber der französischen Truppen aufstieg (1799 Konsul der
Republik; 1804 nach Abschaffung der Republik krönte sich Napoleon selbst in Paris zum Kaiser
unter Anwesenheit von Papst Pius VII.; seit 1805 zudem König von Italien). Seit Karl dem Großen
wurden Krönungen immer mit Papst abgehalten, bei Napoleon gab es eine neue Idee des
Kaisertums.
- Jean-Auguste-Dominique Ingres, Napoleon auf dem Kaiserthron, 1806 [Bild 02]
- Jacques-Louis David, Die Alpenüberquerung Napoleons, 1801 [Bild 03]

 Beginnende Auflösung des Heiligen Römischen Reiches, vor allem durch Napoleons Hegemonie –
Annexion der linksrheinischen Gebiete des HRR durch Frankreich – Proklamation Kaiserreich
Österreich 1804. 1806 – Austritt 16 deutsche Staaten aus dem HRR – Gründung des Rheinbundes
durch Napoleon – 1816 Kaiser Franz I. legt die Reichskrone nieder - Auflösung in verschiedene
Territorien.
Napoleon schuf durch seine aggressive Territorialpolitik in nur wenigen Jahren ein französisches
Kaiserreich, das von Lübeck bis Rom und in das südliche Dalmatien reichte, umgeben von einem
Kranz abhängiger Staaten. Schlacht bei Aspern 1809 – erster Verlust, Sieg für Österreich. Es kam
zu den Befreiungskriegen (Koalitionskriegen) gegen Napoleon. Mit dem Russlandfeldzug im Jahr
1812 begann sein Niedergang, 1813 Völkerschlacht bei Leipzig, der 1815 mit der Niederlage bei
Waterloo besiegelt wurde.

 Als Folge wurde 1815 die Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress geregelt. Es begann die
Phase der Restauration, d.h. der Versuch, die politischen Verhältnisse der Zeit vor der
französischen Revolution wieder herzustellen. In Frankreich kehren nach über 20 Jahren
republikanischer Verfassung 1815 wieder die Bourbonen auf den Königsthron (Louis XVIII.). 5
Mächte: Österreich, Preußen, Russland, Deutschland, Frankreich). Gründung des Deutschen
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Bundes. Es kam hauptsächlich zur Restaurierung der alten Verhältnisse (va. unter Führung des
österreichischen Kanzlers Metternich): Stärkung des Adels, Hochadels und der Monarchie.
Die Ideale der Aufklärung lebten aber weiter und der Klassizismus kam nun zur Blüte, vor allem in
Deutschland – Gründungsbau: Brandenburger Tor, Langhans, 1788 unter preußischem König.

2. Empire
 Unter der Herrschaft Napoleons entstand zwischen 1799 (Beginn von Napoleons Konsulats-Zeit)
und 1815 (Ende des napoleonischen Kaiserreichs) das sog. Empire: eine letzte Phase des
Klassizismus, die in ganz Europa in Mode kam (bis etwa 1830).

 Der Empire-Stil (Kaiser-Stil) umfasste alle künstlerischen Gattungen:


- Malerei und Bildhauerkunst, die in Thematik, Darstellungsweise und Format auf eine
Verherrlichung Napoleons zielten (Pathosformel). Alles Propaganda für den Kaiser.
- Antoine-Jean Gros, Bonaparte bei den Pestkranken von Jaffa, 1804. Seit der Antike muss ein
Kaiser Wahlfahrten machen – Napoleon in Jaffa. [Bild 04]
- Antonio Canova, Napoleon als Mars, 1802–1806 [Bild 05]
Napoleon versucht das Reich ,wie damals Rom, nach überall hin auszudehnen.
- Innenarchitektur und Möbelbau, wo Elemente und Motive der ägyptischen, griechischen und
römischen Kunst kombiniert werden.
- Charles Percier und Pierre François Léonard Fontaine, Krönungs-Tribüne für Napoleon, 1804
- Charles Percier und Pierre François Léonard Fontaine, Bettentwurf, 1812 [Bild 06,07]
Gründe: 1. Bezug auf die Antike, 2. Abbild der politischen Ambitionen.
- Architektur, die von programmatischen Rückbezügen auf die Architektur des kaiserzeitlichen Rom
geprägt war, als deren Nachfolger sich Napoeleon sieht.
- Rom, Trajans-Säule, 107–113 n.Chr. [Bild 08]
- Paris, Siegessäule auf der Place Vendôme, Charles Percier und Pierre François Léonard
Fontaine, 1806 [Bild 09]
- Rom, Septimius Severus Bogen, 203 n.Chr. [Bild 10]
- Paris, Arc du Carousel, Charles Percier und Pierre François Léonard Fontaine, 1806 [Bild 11]
- Rom, Titus-Bogen, 81 n.Chr. [Bild 12]
- Paris, Arc du Triomphe, Jean François Thérèse Chalgrin u.a., 1806–1836 [Bild 13]
In Paris größerer Triumphbogen als Rom (15 auf 30m). In der Antike gab es Triumphbögen für den
Kaiser vom Senat nach einer erfolgreichen Schlacht oder dem Tod. Zu Napoleons Zeit: Vom Kaiser
für die Armee als Siegesmal.
Der Kaiser gibt die Zielaufgabe vor: Kopie römischer Bauten; Ausdruck seines politischen
Programms – sieht sich im Trend der römischen Kaiser. Die Bauten werden:
- meist einfach kopiert
- oder kopiert und etwas wird verändert oder es werden zusätzlich neue Inhalte hinzugefügt (vom
Kaiser -> die Armee soll geehrt werden - der Kaiser ebenfalls)

 Unter Napoleon wurde 1795 in Paris die École Polytechnique gegründet (Technische Universität);
diese Gründung sollte Frankreich neben der politischen und künstlerischen die technisch-
wissenschaftliche Vorrangstellung sichern. Ein Grund war auch die beginnende Ausbreitung der
Industrialisierung. Vor allem aber bestand ein Mangel an Ingenieuren, da nach der Diktatur von
Robespierre viele Fachleute emigriert oder hingerichtet worden sind. Am Pariser Polytechnikum
wurde erstmals Architektur als technisch-wissenschaftliche Disziplin gelehrt.

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 Rückblick:
Im Mittelalter wurden Architekten in Bauhütten/Werkstätten ausgebildet; sie galten als
Handwerker und waren wie diese in Zünften organisiert. In der Renaissance wurde Architektur
durch die Gründungen von Kunstakademien sukzessive zum akademischen Fach. Damals waren
nur die Malerei und Bildhauerei bildende Künste. 1671 wurde in Paris unter König Ludwig XIV.
die erste Architekturakademie gegründet; d.h. die Architektur emanzipierte sich vom Handwerk zur
„Bau-Kunst“ und war Teil der bildenden Kunst. Die Aufgabe der akademischen Baukünstler im 17.
und 18. Jahrhundert war in erster Linie, mit ihren Bauten und Projekten der Repräsentanz des
Herrschers bzw. Auftraggebers Ausdruck zu verleihen.
- Wien, Schloss Schönbrunn I (für Leopold I.), 1688; Johann Bernhard Fischer von Erlach
„Entwurff einer Historischen Architectur“, 1721; Bauausführung ab etwa 1698 [Bild 14,15]
- Wien, Karlskirche, Johann Bernhard und Joseph Emanuel Fischer von Erlach, 1716–1739 (im
Auftrag Kaiser Karls VI.) [Bild 16]
Die Architekten brauchten potente Auftraggeber:
- Hofarchitekten wie z.B. Fischer von Erlach
- Architekten al Propagandaelement in der Politik -> Repräsentation des Kaisers international

 Unter Napoleon grundlegende Veränderung der Architektenausbildung: Neben der Akademie


wurde die Polytechnische Hochschule zum Ausbildungsort des Architekten; dies führte zu einer
Aufspaltung/Zweigleisigkeit zwischen Baukünstler und Bauingenieur, zwischen Architektur (im
Sinne der künstlerisch gestalteten Hülle) und Konstruktion.
- 1815 Polytechnisches Institut (Technische Universität Wien)
- Wer macht zu dieser jetzt Bauprojekte? Zu dieser Zeit war die Wirtschaft sehr wichtig – die
Architektur drohte aus der Kunst herauszufallen.
Napoleon verband die Kunst mit der Politik (Geschichte) – das Polytechnische Institut war schnell
und kostengünstig.

II. Rationalisierung des Entwurfsprozesses bei Jean-Nicolas Durand


 Jean-Nicolas Durand (1760–1834), ein Schüler von Etienne Boullée, wurde 1795 als erster Lehrer
für Architektur und Ingenieurs-Wesen ans Pariser Polytechnikum berufen; in seiner über 30 Jahre
andauernden Lehrtätigkeit gab er dem Architekturstudium eine neue Richtung: Er gilt zum einen
als Begründer der rationalistischen Architekturtheorie, zum andern systematisierte er die
Entwurfslehre mit Hilfe modularer Entwurfsreihen.

 1800 veröffentlichte Durand den „Recueil et parallèle des Edifices de tout Genre anciens et
modernes“, ein nach Bautypen geordneter Bilder-Atlas der Architektur mit den wichtigsten
Monumenten aller Zeiten und Völker.
- Tafeln zu „Theater“ und „Villa“ [Bild 17,18]
- Erstes Mal Sammlung von Grundrissen, Zeichnungen usw.-> damit wurde das Architektur-
Studium verändert (wichtig später für den Historismus); die wichtigsten Monumente aller Zeiten
und Völker

 1802–1805 erschienen seine am Polytechnikum gehaltenen Vorlesungen unter dem Titel „Précis
des leçons d’architecture“, die als einflussreichstes Architekturtraktat der 1. Hälfte des 19.
Jahrhunderts gelten – er gilt als Begründer der rationalistischen Architektur-Theorie. Durands
Architekturlehre zielt nicht – wie bisher – auf den architektonischen Raum, sondern ausschließlich

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auf die Organisation von Grundriss und Aufriss. Er propagierte die beliebige Kombinierbarkeit von
Einzelelementen mit Hilfe eines Rastersystems. Damit wurde Durand zum Wegbereiter einer
Standardisierung von Architektur (Fertigbauweise mit vorgefertigten Einzelteilen), wie sie erstmals
von Joseph Paxton 50 Jahre später mit dem Kristallpalast umgesetzt wurde.
- Einführung der Systematik modularer Entwurfsreihen.
- Ökominisierung: Zweckbauten – schnell und günstig (Napoleon)
- Parallelentwicklung zwischen Ingenieuren und Architekten
- Beispiele aus Durands „Lektionen“ [Bild 19-24]
Frühere Architekten wie z.B. Michelangelo bildeten Knetmassen, Tonklumpen und formten so
Modelle – das neue bei Durand sind einfache Raumeinheiten z.B. Quadrate und die Anordnung
dieser. Jahrhunderte lang galt als Proportion der Mensch (vor allem und seit der griechischen
Antike) -> jetzt Module: es geht nicht mehr um die Gesamt-Struktur sondern ums Rationale – die
Kombination von Grundriss und Aufriss. Diese Theorien haben noch heute Einfluss z.B.
Industriehallen die auf Grundlage von Rastern aufgebaut sind.
- London, Kristallpalast, Joseph Paxton, Weltausstellung 1851 [Bild 25,26]
- 615/120m; 3 Monate Bauzeit; vorgefertigte Elemente, Rasterbauweise; Stahl-Glas-Skelett;später
abgebaut und woanders aufgestellt
Durands Architektur war eine komplett neue Architektur:
1. wichtige Aspekte für das Verständnis moderner Architektur (z.B. Bauhaus, Gropius – mit
Modulen rational zu Arbeiten)
2. Architekt als Ingenieur (Semper? belächelt Durand -> mehr Kunst-Diskurs)
3. Rationalisierung des Entwurfsprozesses

 Durands rationalistische Architekturauffassung und modulare Kompositionslehre, die z.T. den


Funktionalismus der 1920er Jahre vorwegnahm, führte zu schematischen Entwürfen, die von den
zeitgenössischen Architekten kritisiert wurden.
Dennoch war sein Einfluss für die Baukunst der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts von zentraler
Bedeutung; er manifestiert sich z.B. im Werk der zwei Hauptmeister des Klassizismus – Schinkel
und Klenze.

Allgemein werden jetzt aber kaum Kirchen oder Schlösser gebaut. Dem Bildungsideal des
aufgeklärten Bürgertums folgend, werden statt dessen nicht nur in Deutschland überall Museen,
Bibliotheken, Theater usw. gebaut – oft mit Portikus versehen (ursprünglich Sakralbauelement) –
dies ist bezeichnend – die Bildungsstätte war an die Stelle des Gotteshauses getreten. So ebenfalls
auch Banken und Börsen. Errichtung von Universitäten, Schulen, Regierungs- und
Verwaltungsgebäuden – Funktionen die früher im Schloss oder Kloster zusammengefasst waren ->
Die Moderne Gesellschaft verlangte nach stärker Spezialisierung und Weltlichkeit. Nebenbei
kommt es auch, anders als im Feudalismus, zu mehr Beachtung der Kostenfrage der Bauten, da
jetzt keine Ausbeutung der Bevölkerung mehr möglich ist. Darauf baut auch Durands Philospohie
auf: Der Zweck des Bauens begründet in der Nützlichkeit für den Menschen, und in derer
Wohlfahrt – Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit als zentrale Quellen und Prinzipien.

III. Das klassizistische Werk von Karl Friedrich Schinkel und Leo von Klenze
1. Karl Friedrich Schinkel (1781–1841)
 Schinkel studierte an der 1799 gegründeten preußischen Bauakademie in Berlin bei Friedrich Gilly,
durch den er früh mit der Lehre des Klassizismus und der Revolutionsarchitektur in Kontakt kam.

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Ist befreundet mit Humboldt (Kunstminister) und übernahm die Leitung an der Bauakademie. In
Ermangelung größerer Bauaufgaben beschäftigte er sich mit Malerei und Bühnenentwürfen.
- Karl Friedrich Schinkel, Gotischer Dom, vor 1814 [Bild 27]
- Karl Friedrich Schinkel, Projekt für einen Dom, nach 1814 [Bild 28]

Sein Durchbruch als Architekt erfolgte 1816, als er eine Stelle an der Bauakademie erhielt, deren
Leitung er 1830 übernahm. In dieser Zeit ging es auch in Preußen nach Jahren der Unruhe darum,
der sich wieder neu formierenden Monarchie architektonische Symbole von nationaler Größe zu
geben. Architektur in Preußen nach Außen sichtbar (nach Napoleon) – im Auftrag des preußischen
Königs z.B. Die Neue Wache = Repräsentationsgebäude + Denkmal.

▪ Berlin, „Neue Wache“, 1816–1818


1816 entwarf Schinkel – als ersten Staatsbau Preußens nach den Befreiungskriegen – die „Neue
Wache“ (Sitz der königlichen Garde) an der barocken Prachtstraße Berlins „Unter den Linden“.
- Berlin, „Neue Wache“, Entwurfsskizze [Bild 29]
- Berlin, „Neue Wache“, 1816–1818 [Bild 30,31]
- quadratischer Grundriss, seitliche Türme; in der Mitte vorspringende Monumentale Tempelfront ->
Vorbild ist ein römisches Castrum (Bezug auf römische Antike); kompakt, scharfkantig.
Der Bau weist ein Spannungsverhältnis zwischen der Nutzform des Kubus und dem Würdemotiv der
griechischen Tempelfront auf (kein konkretes antikes Vorbild, sondern freier Umgang mit Antike).

▪ Berlin, Schauspielhaus, 1818–1821 [Bild 33-36]


Beim Wiederaufbau des abgebrannten Berliner Schauspielhauses sollten als Vorbedingungen die
Grundmauern des Vorgängerbaus übernommen (Altbau sollte so viel wie möglich erhalten bleiben)
und das Raumprogramm um einen Konzertsaal sowie Proben- und Magazinräume erweitert werden;
dies führte zur Abweichung von der für Theaterbauten damals üblichen Kastenform. Schinkels
Schauspielhaus zeigt sich als komplexer, hierarchisch gegliederter Organismus.
- Berlin, Schauspielhaus, Grundriss und Ansicht [Bild 35]
- Tempelfront mit Giebel; Eingezogene Gesimse -> Geschoßgliederung -> Raster. Kritik:
1. Rundbogen vermieden (Römisch) – Schauspiel ist griechisch
2. Kritik zu kleinteilig + zu reiche Linienverzierung->vertikales und horizontales System -> Raster
(später Lochfassade)
- Vgl.: Friedrich Gilly, Entwurf für ein Schauspielhaus, 1798 [Bild 37]
Gilly hatte großen Einfluss auf Schinkel. dessen Ansatz – Verschmelzung von antiker Formensprache
und neuer Funktionalität.
Das Theater gehörte zu den Bauaufgaben, die im späten 18. Jahrhundert mit dem Entstehen der
bürgerlichen Öffentlichkeit in den Mittelpunkt rückt. Es galt dem Bürgertum als moralische Anstalt
und Bildungsinstitution, hier vollzog sich auch die Emanzipation vom Adel. Es gab immer viel
öffentliche Diskussionen. Im Gegensatz zu höfischen Logentheatern konzipierten Architekten hier an
den Antiken Zuschauerräumen orientierte Theater (gleicher Rang aller Zuschauer bzw. Plätze).

▪ Berlin, Altes Museum, 1822–1829 [Bild 39-42,46]


Die Bauaufgabe „Museum“ wurde erst im Zuge der französischen Revolution relevant – neue
Bauaufgabe – die Sammlung der Könige soll in die Öffentlichkeit. Ausschlaggebend für den Bau eines
Berliner Museums war eine Ausstellung von 1815, auf der die von Napoleon geraubten Schätze
präsentiert wurden sowie die Erwerbung von zwei renommierten Privatsammlungen durch den
Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. (1.Mal Museumsbau durch König), 1830 eröffnet. Das
Besondere: prominente Lage – vis a vis ein Sctadtschloss; hochrangiges architektonisches Vokabular:

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Baublock mit durchgezogener Säulenreihe + Gebälk zum Stadtschloss – Repräsentation. Immer


Ausrichtung nach Süden -> Eingangswand, viel Lichtspiele; offene Treppenhalle. GR: in der Mitte
runder Saal als Verteiler – rechts und links davon Atrium-Höfe – der Rundkörper als dominanter
Baukörper (wie Pantheon).
Schinkel nahm mit dem Bau nicht nur dezidiert auf die Antike Bezug (Rhythmus der Säulenordnung
der Vorhalle, Pantheon-Zitat, Adler und Dioskuren auf dem Dach etc.), er übertrug auch das
Durandsche Rastersystem auf eine neue Bauafgabe, für die sich noch keine Typologie etabliert hatte.
- Rom, Pantheon, erbaut unter Hadrian, 118–125 n.Chr. [Bild 33-45]

Museumsbau: Für Hitler war später das Museum von großer Bedeutung. Postmoderne: Stuttgart,
Stirling: „Idealform Schinkel“, „wozu neue Ideen, ist nicht möglich“.Vergleich Schinkel – Durand:
Wie angelegt.

2. Leo von Klenze (1784–1864)


 Klenze studierte ebenfalls an der Berliner Bauakademie bei David Gilly. 1803 ging er nach Paris,
wo er mit Percier und Fontaine zusammentrifft und am Polytechnikum bei Durand lernt ->
Bayrischer Hofarchitekt.
- Leo von Klenze, Grundrissstudie im Stil Durands, um 1803–1805 [Bild 49]
Auf einer Reise nach Italien (Paestum, Agrigent, Rom, Florenz) 1806 lernt Klenze Bauten der
Antike und der Renaissance kennen. 1816 folgte er einem Ruf des königlichen Hofs nach
München, wo er unter Kronprinz Ludwig I. Hofbaumeister und Leiter des staatlichen Bauwesens in
Bayern wurde.
- München, Königsbau der Residenz, 1823–1835 [Bild 50]
- München, Ruhmeshalle, 1833–53 [Bild 51]
- München, Ludwigsstraße, 1816–1848 [Bild 53]
Klenz plante hier die 1. Straßenachse: Von der Residenz -> Prachtsraße.
- München, Glyptothek, 1816–1834 [Bild 54,55]
-Klenze hatte die 1. Bauafgabe eines Museums.
- München, Alte Pinakothek, 1826–1836 [Bild 56]
- St. Petersburg, Neue Eremitage (unter Zar Nikolaus I.), 1839–1851 [Bild 57,58]
- gleicht die Innenarchitektur an das an was ausgestellt wird.
1832 wurde Otto von Wittelsbach, der Sohn König Ludwigs I., zum ersten König Griechenlands
gewählt.
- Städtebauliche Konzeption für Athen, 1839–1851 [Bild 59,60]
- 1832 Türken in Athen. Versuch die Akropolis mit neuem Athen zu verknüpfen.
- Peter von Hess, Empfang König Ottos in Athen, 1839 [Bild 61]

▪ Königsplatz mit Glyptothek, Propyläen und Antikensammlung


- Glyptothek, Leo von Klenze, 1816–1834 [Bild 68,69]
Museumsgebäude für Ludwigs Privatsammlung antiker Skulpturen. Der Bau – Ergebnis eines 1814
ausgeschriebenen Wettbewerbs – weist die Kombination zweier antiker Bautypen auf: antikes
Atriumhaus und Tempel. Der Innenraum ist nach einem an Durand erinnernden Schema organisiert.
Radialsystem – Radialplatz.; Atrium mit Zentralhof; Tempelfront als Hauptform – dominiert,
ionischer Stil; flankiert von Seitenflügel; stereometrischer Kubus enthält nur Fensternischen für
Statuen – wirkt geschlossen, unnahbar, kalt; optische Verbindung großes Gesimse und kleine
Fenstergesimse. Innere Ausgestaltung unabhängig vom äußeren Erscheinungsbild.
- Ausstellungsgebäude zur Förderung der Künste und Gewerbe in Bayern, Georg Friedrich Ziebland,
1838–1845 [Bild 71]

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Das ursprüngliche Plankonzept Klenzes sah gegenüber der ionischen Glyptothek eine Kirche im
korinthischen Stil vor. Realisiert wurde ab 1838 ein Kunstausstellungsgebäude nach Plänen von
Ziebland.. Kunst neben Kirche – Platzanlage (Aufregung Kirche) – jeder der die Stadt betritt soll
zuerst hier her kommen.
- Propyläen, Leo von Klenze 1846–1862 [Bild 72-75]
Kombination von dorischer Tempelfront und zwei pylonenartigen Flankenbauten. Der Bau fungierte
als neues Stadttor nach Westen und zugleich als Denkmal für die jüngste griechische Geschichte.
Vergleich mit Neuer Wache: Idee war Standard zu dieser Zeit. Propyläen – Eingang in griechische
Tempel; Dorisch, Ionisch, Korinthisch; -> Eingangsforum in die Stadt.

Kombination Atriumhaus + Tempel = 2.te Bauaufgabe der Antike -> Prototyp Museum -> bis ins
20.Jhd.

Zusammenfassung: 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts: Parallele Facettem von Kunst nebeneinander
gelaufen:
- Kopie der Antike
- Polytechnikum
- Durand: Entwurfsshema Module (bis ins 20. Jhd.)
- Schenkel/Klenze: Neue Bauaufgaben (Museum)

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