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Dynamisches Verhalten eines Synchronmotors

in Rollenförderern unter Berücksichtigung der


elektromechanischen Kopplung

Diplomarbeit
von

Alexander Conradi

Matrikelnummer 100137

Studiengang: Wirtschaftsingenieurwesen

Betreuer: Dipl.-Ing. Burkhard Benthaus

Lehrstuhl für elektrische Antriebe und Mechatronik

Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. Stefan Kulig


INHALTSVERZEICHNIS

KAPITEL 1 EINLEITUNG ............................................................................................................................ 1


KAPITEL 2 DIE SYNCHRONMASCHINE ................................................................................................. 3
2.1. AUFBAU UND WIRKUNGSWEISE ................................................................................................ 3
2.2. BESCHREIBUNG IM STATIONÄREN BETRIEB ............................................................................... 6
2.3. BESCHREIBUNG IM NICHTSTATIONÄREN BETRIEB ..................................................................... 8

KAPITEL 3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE ........................................................................ 11


3.1. AUFBAU DER FÖRDERSTRECKE ............................................................................................... 11
3.2. MECHANISCHE WECHSELWIRKUNG DER KOMPONENTEN ........................................................ 11

KAPITEL 4 SYNTHESE DES MATHEMATISCHEN MODELLS ........................................................ 13


4.1. DAS EULER-LAGRANGE-VERFAHREN ..................................................................................... 14
4.2. DIE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN DER SYNCHRONMASCHINE ................................................. 15
4.2.1. Differentialgleichungen der allgemeinen elektrischen Maschine ........................................... 15
4.2.2. Die Synchronmaschine im Drehstromsystem.......................................................................... 16
4.2.3. Die Synchronmaschine im Zweiachsensystem ........................................................................ 19
4.2.4. Bestimmung der Momentengleichung der Maschine .............................................................. 24
4.3. DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE ...................................................................................... 25
4.3.1. Allgemeines System................................................................................................................. 25
4.3.2. System ohne Schlupf ............................................................................................................... 29
4.3.3. Erweiterung des Systems um Schlupfeigenschaften ................................................................ 30

KAPITEL 5 ERMITTLUNG DER ELEKTRISCHEN SYSTEMPARAMETER ................................... 35


KAPITEL 6 IMPLEMENTIERUNG DES MODELLS ............................................................................. 43
KAPITEL 7 SIMULATIONSERGEBNISSE .............................................................................................. 49
7.1. SIMULATION DER SYNCHRONMASCHINE ................................................................................. 49
7.1.1. Darstellungskonvention .......................................................................................................... 49
7.1.2. Stationärer Betrieb ................................................................................................................. 50
7.1.3. Transienter Betrieb ................................................................................................................. 53
7.1.4. Einbindung der Förderstrecke ................................................................................................ 63

KAPITEL 8 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK .......................................................................... 67


LITERATURVERZEICHNIS ........................................................................................................................... 69
KAPITEL 1 EINLEITUNG

Kapitel 1 Einleitung
Im Bereich der intralogistischen Anlagen existiert eine Vielzahl an Ausführungskonzep-
ten für Fördersysteme. Allgemein lässt sich aufgrund der Forderung nach hoher Verfügbarkeit
und einem störungsfreien Betrieb bei der Dimensionierung von logistischen Förderanlagen eine
Tendenz zu einer konservativen Auslegung der Systemparameter beobachten. Allerdings kommt
im Zuge hoher Energiepreise und der aktuellen Diskussion um Energieeffizienz speziell im Hin-
blick auf die elektrische Dimensionierung des Antriebs einer Förderanlage einer anforderungsge-
rechten Auslegung eine steigende Priorität zu.

Zur Aufrechterhaltung eines sicheren Betriebs der Systeme entsteht mit der Forderung
nach einer effizienteren Auslegung gleichzeitig der Bedarf nach Methoden zur genauen Voraus-
berechnung der möglichen Belastungsfälle. Bei elektrisch angetriebenen Förderanlagen handelt
es sich modelltheoretisch um mechatronische Systeme, deren mechanisches und elektrisches
Verhalten untrennbar über Wechselwirkungen in gegenseitiger Abhängigkeit voneinander steht.
Die analytisch-modellhafte Nachbildung mechatronischer Systeme erfordert somit die Anwen-
dung eines Verfahrens, das neben der gemeinsamen Herleitung der mechanischen und elektri-
schen Teilsysteme in der Lage ist, die elektromechanische Kopplung korrekt zu erfassen.

Die vorliegende Diplomarbeit baut auf bisher im Rahmen des Sonderforschungsbereichs


696 - „Forderungsgerechte Auslegung von intralogistischen Systemen – Logistics on Demand“
an der technischen Universität Dortmund entstandenen Arbeiten zur exemplarischen Auslegung
einer logistischen Förderanlage anhand eines Rollenförderersystems auf. Aufgrund des überwie-
genden Einsatzes von Rollenförderersystemen als Stetigförderer, also Fördersystemen die eine
stetige konstante Bewegung ausführen, erfolgt der Antrieb zumeist durch kostengünstige Asyn-
chronmotoren in Standardbauformen, so dass der Untersuchungsschwerpunkt der bisher veröf-
fentlichten Arbeiten auf der Beschreibung der Förderstrecke unter Einbindung eines Asyn-
chronmotors lag.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht daher in der Modellierung des Rollenförderers
mit dem alternativen Antriebskonzept des Synchronmotors. Hierzu werden einleitend das allge-
meine Wirkprinzip und die sich daraus ergebenden Vor- und Nachteile eines Synchronantriebs
1
KAPITEL 1 EINLEITUNG

besprochen. Anschließend erfolgt nach dem Verfahren von Euler-Lagrange die Herleitung der
Systemgleichungen der Synchronmaschine und der Förderstrecke. Zudem wird eine Erweiterung
des mechanischen Teilsystems gegenüber den bisher erfolgten Veröffentlichungen beschrieben.

Aufbauend auf der theoretischen Herleitung des Modells wird anhand der geometrischen
Daten und Materialgrößen einer Beispielsynchronmaschine exemplarisch die Ermittlung der be-
nötigten Modellparameter unter Anwendung der numerischen Feldberechnung beschrieben.

Zur praktischen Anwendung des in Form eines Differentialgleichungssystems hergeleite-


ten analytischen Rollenförderermodells wurde im Rahmen der Diplomarbeit ein Computerpro-
gramm geschrieben, das zu gewünschten Betriebsarten die benötigten Anfangswerte und Zeitver-
läufe der von außen auf das System einwirkenden Einflüsse generiert und anschließend über die
Einbindung eines numerischen ODE-Solvers löst.

Den Abschluss der Arbeit bildet eine Verifikation des erstellten Modells über die Diskus-
sion der Simulationsergebnisse zu unterschiedlichen Betriebsmodi.

2
KAPITEL 2 DIE SYNCHRONMASCHINE

Kapitel 2 Die Synchronmaschine


Die Synchronmaschine wurde im Bereich der Energieerzeugung gegen Mitte des 19.
Jahrhunderts erstmals in Form von Einphasengeneratoren zur Versorgung von Beleuchtungsan-
lagen eingesetzt [4]. Mit der Einführung der Drehstromtechnik in der elektrischen Energiever-
sorgung begann der flächendeckende Einsatz der Dreiphasen-Synchronmaschine im Generator-
betrieb zur Umwandlung von mechanischer in elektrische Energie in Kraftwerken [13]. Beinahe
die gesamte heutzutage installierte elektrische Leistung wird unter dem Einsatz von Drehstrom-
synchronmaschinen erzeugt [13], die neben einem hohen Wirkungsgrad durch ihre gleichstrom-
gespeiste Erregerwicklung zusätzlich die Möglichkeit der Blindleistungssteuerung bieten.

Die ersten Einsätze als Motor hatte die Synchronmaschine im Bereich großer Leistungen,
z. B. als Antrieb von Pumpen und Verdichtern [13]. Synchronmotoren besitzen im stationären
Betrieb eine feste Kopplung ihrer mechanischen Drehzahl an die Frequenz der Klemmenspan-
nung, so dass erst mit der Einführung von Frequenzumrichtern eine effiziente Drehzahlsteuerung
möglich wurde. Seitdem hat die Synchronmaschine als Industrieantrieb stark an Bedeutung ge-
wonnen und wird heutzutage vom Bereich der Servomotoren bis hin zu größeren Leistungen als
Ersatz für Gleichstrommotoren, z.B. als Antrieb für Walzen und Turboverdichter eingesetzt [4]
[13]. Die Synchronmaschine findet allgemein hauptsächlich dort Anwendung, wo besonderer
Wert auf eine lastunabhängige Drehzahl gelegt wird oder der hohe Blindleistungsbedarf der
Asynchronmotoren als störend empfunden wird [7].

2.1. Aufbau und Wirkungsweise


Entsprechend ihres Einsatzgebietes werden Drehstrom-Synchronmaschinen in unter-
schiedlichen Leistungsbereichen und Bauformen angeboten. Sämtlichen Bauformen ist aller-
dings gemeinsam, dass sie aus einem beweglichen Teil, dem Rotor, und einem feststehenden
Teil, dem Stator bestehen, die durch einen Luftspalt voneinander getrennt sind. An einem dieser
Maschinenteile wird eine Drehstromwicklung, also eine Wicklung deren drei Phasen symmet-
risch mit über den Umfang verteilt- und deren Spannungen um 120° elektrisch gegeneinander

3
KAPITEL 2 DIE SYNCHRONMASCHINE

verschoben sind, angebracht. Der komplementäre Maschinenteil prägt in seinen Bezugskoordina-


ten feststehende magnetische Pole aus. Hierbei wird zwischen der fremderregten und der perma-
nenterregten Bauform unterschieden. Bei der fremderregten Bauform wird das magnetische Feld
durch einen über eine Gleichstromwicklung gespeisten Elektromagneten aufgebaut, während bei
der permanenterregten Bauform das Feld über einen Permanentmagneten bereitgestellt wird. Da
bis auf die Verlustleistung der Erregerwicklung einer fremderregten Maschine der gesamte elekt-
rische Leistungsfluss über den Teil stattfindet, der die Drehstromwicklung trägt, werden nur dort
im stationären Zustand Spannungen induziert, so dass dieser Teil als Anker bezeichnet wird [13].

Drehstromsynchronmotoren werden größtenteils in der Innenpolausführung gebaut, bei


der die Drehstromwicklung vom Ständer getragen wird. Motoren hoher Leistungsklassen verfü-
gen grundsätzlich über eine Fremderregung am Rotor, wohingegen im Bereich kleinerer Leis-
tungen hauptsächlich eine Erregung durch Permanentmagnete erfolgt. Hierdurch geht die Mög-
lichkeit zur Beeinflussung des Erregerfeldes verloren, allerdings besteht wie im Falle der Asyn-
chronmaschine keine elektrische Verbindung zum Läufer, so dass permanenterregte Maschinen
wesentlich wartungsärmer sind. Aufgrund dieser Eigenschaft werden permanenterregte Syn-
chronmaschinen beispielsweise in Fahrzeugantrieben und einer Vielzahl von Hilfsantrieben ein-
gesetzt.

Grundsätzlich wird bei Drehstrom-Synchronmaschinen in Innenpolausführung zwischen


Bauarten mit Schenkelpol- und Vollpolrotor unterschieden. Bei Maschinen in Vollpolbauweise
wird der Rotor in der Regel als glatter Zylinder aus massivem Eisen ohne geometrisch ausge-
prägte Pole gefertigt. Die Erregerwicklung aus Kupfer sitzt in Nuten, die am äußeren Umfang
des Zylinders eingefräst werden. Zum Luftspalt hin werden die Nuten durch Verschlusskeile
abgeschlossen, die in der Lage sind, die auf die Leiter wirkenden Fliehkräfte aufzunehmen. Die
Verschlusskeile werden aus einem unmagnetischen, aber elektrisch leitenden Material gefertigt.
An den Läuferenden sind sie über unmagnetische Stahlkappen, die der Aufnahme der am Rotor-
wickelkopf auftretenden Fliehkräfte dienen, kurzgeschlossen und bilden dadurch einen leitenden
Käfig aus, der als Dämpferkäfig bezeichnet wird. In dem Dämpferkäfig werden bei Laststößen
auf den Läufer asynchrone Momente induziert, die den entstehenden mechanischen Pendelungen
entgegenwirken [4].

Bei Maschinen in Schenkelpolbauform besitzt der Rotor hingegen geometrisch ausge-


prägte Pole, die zum Luftspalt hin über Polschuhen abgeschlossen werden, die einen möglichst

4
2.1 AUFBAU UND WIRKUNGSWEISE

konstanten Luftspalt zum Stator annähern sollen. Die Erregerwicklungen sind um die Polachsen
gewickelt. Der Dämpferkäfig besitzt bis auf die fehlenden Stäbe in der Pollücke einen identi-
schen Aufbau wie bei einem Rotor in Vollpolbauweise [13].

Der Name der Synchronmaschine basiert auf dem synchronen Lauf des Rotors und des
Drehfeldes im Luftspalt. Die mechanische Frequenz fmech des Rotors besitzt eine feste Kopplung
mit der elektrischen Frequenz der Spannungen und Ströme fel der Drehstromwicklungen am An-
ker, so dass allgemein gilt:

f el
f mech = (2.1)
p
p bezeichnet hierbei die Polpaarzahl der Maschine. Bei der Maschine in Innenpolbauform
entsteht das resultierende Feld im Luftspalt durch eine Überlagerung des rotierenden Läufer-
gleichfelds (Polradfeld) und der durch den Belastungsstrom in den Statorwicklungen der Ma-
schine entstehenden Drehdurchflutung. Die beiden erzeugenden Felder bewegen sich aufgrund
der starren Verknüpfung der mechanischen und elektrischen Frequenz nach (2.1) mit derselben
Umlaufgeschwindigkeit, allerdings mit einem Phasenversatz, dem Polradwinkel ϑ . Die Anker-
wicklung registriert an einer festen Stelle bei einer vollständigen Umdrehung des Rotors 2p Pol-
umkehrungen des Feldes, so dass im Generatorbetrieb bei unterschiedlichen mechanischen Win-
kelgeschwindigkeiten über die entsprechende Anzahl der Pole die gewünschte Frequenz der
durch das resultierende Drehfeld induzierten Klemmenspannung bereitgestellt werden kann bzw.
sich im Motorbetrieb eine mechanische Drehzahl des Rotors nach (2.1) einstellt.

Aufgrund der quadratisch zur Umlaufgeschwindigkeit und linear zum Abstand von der
Rotationsachse ansteigenden Fliehkräfte erfordert ein Betrieb bei hoher Drehzahl und geringer
Polpaarzahl, wie Beispielsweise bei der Energieerzeugung mit Gas- oder Dampfturbinen oder
dem hochtourigen Motorbetrieb für Verdichter oder Gebläse, eine Ausführung des Rotors in der
stabileren Vollpolbauweise. Maschinen geringerer Drehzahl und hoher Polpaarzahl werden hin-
gegen vornehmlich in Schenkelpolbauform ausgeführt. Als Beispiele hierfür lassen sich auf der
Erzeugerseite Wasserkraftgeneratoren und auf der Verbraucherseite Förderantriebe oder Walz-
werksmotoren nennen.

5
KAPITEL 2 DIE SYNCHRONMASCHINE

2.2. Beschreibung im stationären Betrieb


Für den stationären Betrieb lässt sich die Drehstrom-Synchronmaschine aufgrund ihrer
symmetrischen elektrischen Eigenschaften auf eine einphasige Darstellung reduzieren, die bei
fester elektrischer Frequenz bzw. mechanischer Umlaufgeschwindigkeit des Rotors eine Zeiger-
darstellung der auftretenden Ströme und Spannungen ermöglicht. Hierbei muss allerdings zwi-
schen der Vollpol – und Schenkelpolausführung unterschieden werden.

Aufgrund des konstant angenommenen Luftspaltes bei zylindrischer Vollpolbauweise


lassen sich die Ständerdrehdurchflutung Θ1 und die Erregerdurchflutung ΘE zu einer resultieren-

den Durchflutung Θµ zusammenfassen, so dass gilt:

Θµ = Θ E + Θ1 (2.2)

Aufgrund der linearen Abhängigkeit der Durchflutungen von den erzeugenden Strömen
lässt sich nach Umrechnung des Statorstromes auf die Erregerseite ein zu (2.2) geometrisch ähn-
liches Stromdreieck konstruieren:

Iµ = IE + I1′ (2.3)

Wird zusätzlich die Leerlaufkennlinie der Maschine im Betriebspunkt linearisiert, so


ergibt sich ein zu (2.3) proportionales Spannungsdreieck.

jXh·I1
jXσ·I1
R1I1
R1 X 1σ Xh

Uq Up
U1 I1
U1 Uq Up
IE
ϑ
I1

I‘1
IE
Abbildung 2-1: Zeigerdiagramm und Ersatzschaltbild der Synchronmaschine im Motorbetrieb

6
2.2 BESCHREIBUNG IM STATIONÄREN BETRIEB

Abbildung 2-1 zeigt das Zeigerdiagramm der Vollpolmaschine im Motorbetrieb und das
zugehörige Ersatzschaltbild. Beim Betrieb der Synchronmaschine am Verbundnetz sind die Fre-
quenz und die Klemmenspannung fest vorgegeben. Aus diesem Umstand heraus wird bei der
Synchronmaschine in vier Betriebsarten unterschieden, die über die Art der mechanischen Belas-
tung und die Höhe der Erregerspannung bestimmt werden. Vereinfacht man das Ersatzschaltbild
aus Abbildung 2-1, indem der Statorwiderstand R1 vernachlässigt wird und die Haupt- und Streu-
reaktanz zur synchronen Reaktanz

X d = X h + X1σ (2.4)

zusammengefasst werden, so lassen sich die möglichen Betriebszustände exemplarisch an


der Darstellung in Abbildung 2-2 ablesen.

jXd·I1
jXd·I1

Uq Up U1 Uq Up
U1

Motorbetrieb
ϑ I
I1 ϑ 1


I‘1 IE I‘1
IE
Übererregung Untererregung

jXd·I1 jXd·I1

Generatorbetrieb Uq U1
U p Uq U1 Up

ϑ
ϑ IE
IE I‘1
I‘1 Iµ
Iµ I1
I1

Abbildung 2-2: Betriebsarten der Synchronmaschine bei Betrieb am Netz

7
KAPITEL 2 DIE SYNCHRONMASCHINE

Bei starr angenommener Netzspannung rotiert der Zeiger der Klemmenspannung U1 un-
beeinflusst vom Verhalten der Maschine mit der durch die Netzfrequenz vorgegebenen elektri-
schen Winkelgeschwindigkeit ω. Befindet sich die Maschine im Leerlauf, so liegt U1 mit der
ideellen Polradspannung Up in Phase. Wird nun an der Rotorwelle ein Drehmoment eingeleitet,
so wird der Läufer beschleunigt, was dazu führt, dass die Erregerfeldachse um den Polradwinkel
ϑ gegenüber der Leerlaufstellung verschoben wird. Die sich hierdurch ausbildende Differenz-
spannung verursacht einen um 90° nacheilenden Strom I1 im Ständer. Der Polradwinkel nimmt
nach dem Abklingen der Einschwingvorgänge einen konstanten Wert an, der dazu führt, dass die
Wirkkomponente des Ständerstromes I1 an den Klemmen die identische Leistung an das Netz
abgibt, die über die Welle auf die Maschine übertragen wurde. Die Maschine befindet sich somit
im Generatorbetrieb. Im Motorbetrieb hingegen wird der Rotor durch eine mechanische Last
gebremst, was wiederum zur Ausbildung eines negativen Polradwinkels und einer daraus resul-
tierenden Wirkleistungsaufnahme aus dem Netz führt.

Aufgrund der Abhängigkeit der Polradspannung vom Erregerstrom lässt sich bei fremder-
regten Maschinen der Blindleistungsfluss der Synchronmaschine steuern. Liegt an der Welle
keine mechanische Last an, so dass der Polradwinkel ϑ den Wert 0 besitzt, kann sich trotzdem
eine Spannungsdifferenz ∆U einstellen. Aufgrund der Phasengleichheit von Up und U1 besteht
der auftretende Ständerstrom I1 in diesem Fall also aus einer reinen Blindleistungskomponente.
Übersteigt Up im Betrag U1, so wirkt I1 kapazitiv, die Maschine gibt also Blindleistung an das
Netz ab. Dieser Betriebszustand wird als übererregt bezeichnet. Im umgekehrten Fall der Unter-
erregung stellt sich ein induktiver Strom I1 ein und die Maschine benötigt Blindleistung aus dem
Netz. Die am Fall des lastfreien Betriebs exemplarisch beschriebenen Zustände der Über- und
Untererregung lassen sich am Beispiel von Abbildung 2-2 leicht auf den Motor- oder Generator-
betrieb übertragen.

2.3. Beschreibung im nichtstationären Betrieb


Die in Abschnitt 2.2 zur Beschreibung der Betriebszustände gewählte Form nutzt neben
der Annahme eines stationären Verhaltens der auftretenden physikalischen Wechselgrößen auch
die symmetrischen Eigenschaften des elektrischen Drehstromsystems bzw. des mechanischen
Aufbaus der Drehstrommaschinen aus. Ist nun eine dieser Annahmen nicht mehr zutreffend, so

8
2.3 BESCHREIBUNG IM NICHTSTATIONÄREN BETRIEB

erfordert die analytische Beschreibung des Maschinenverhaltens eine ungleich komplexere Dar-
stellung zur Berechnung der beteiligten Größen.

Transiente Vorgänge, die zu keiner Verletzung der getroffenen Symmetrieannahmen füh-


ren, entstehen bei einer Änderung des an der Welle anliegenden Moments oder der Erregerspan-
nung. Auch die beim Einsatz von Frequenzumrichtern mögliche Veränderung der Klemmen-
spannung führt zu Ausgleichsvorgängen, deren Beschreibung die Modellierung über ein Diffe-
rentialgleichungssystem erfordert, das sowohl die mechanischen, also auch die elektrischen Ei-
genschaften der Maschine in Abhängigkeit voneinander berücksichtigt.

Im Falle eines Maschinenschadens, wie beispielsweise eine fehlerhafte Schaltung in Fol-


ge von Kurzschlüssen, muss die Symmetrieannahme aufgegeben werden, was noch einmal zu
einem zusätzlichen Aufwand in der Beschreibung führt.

In Kapitel 4 wird die Herleitung eines allgemeinen dynamischen Modells einer elektri-
schen Maschine auf Grundlage des Euler-Lagrange-Verfahrens beschrieben. Auf Basis dieses
Modells lassen sich sowohl für den stationären als auch den symmetrischen- und den unsymmet-
rischen dynamischen Betrieb Ersatzdarstellungsformen ableiten.

Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der Beschreibung des dynamischen Maschinen-
verhaltens im fehlerfreien symmetrischen Betrieb. Die Modellierung der Maschine erfolgt hierzu
in der Zweiachsendarstellung nach Park [14], die in Abschnitt 4.2.3 ausführlich beschrieben
wird. In Kapitel 7 werden anschließend unterschiedliche Fälle wie der Stoßkurzschluss, der Ma-
schinenhochlauf, sprunghafte Laständerungen als auch die Ankopplung einer dynamischen Last
an die Maschine untersucht.

Die analytische Modellierung von Maschinen in fehlerhaften, unsymmetrischen Betriebs-


zuständen ist Gegenstand mehrerer Veröffentlichung, beispielsweise von Galbraith [5],
Hannakam [6], Kulig [9] und Rosendahl [16].

9
KAPITEL 3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE

Kapitel 3 Die mechanische Förderstrecke


Im Rahmen dieses Kapitels erfolgt zunächst eine Beschreibung des Aufbaus sowie der
einzelnen Komponenten der zu simulierenden mechanischen Förderstrecke des mechatronischen
Gesamtsystems des Rollenförderers. Anschließend soll über eine einführende Analyse der Funk-
tionsweise sowie der daraus in dem mechanischen System wirkenden Momente und Kräfte die
Grundlage für die Herleitung der Bewegungsdifferentialgleichungen unter Verwendung des Eu-
ler-Lagrange-Verfahrens in Kapitel 4 gelegt werden.

3.1. Aufbau der Förderstrecke


Die zu simulierende Förderstrecke beschreibt einen Teilabschnitt eines Versuchsstands,
der im Rahmen des Teilprojekts B2 des Sonderforschungsbereichs 696 aufgebaut worden ist. Es
handelt sich hierbei um eine gerade Förderstrecke, die aus 40, in einem Abstand von 75 mm hin-
tereinander angeordneten Tragrollen besteht. Der Antrieb der Tragrollen erfolgt über einen tan-
gentialen Flachgurt, der seitlich unterhalb der Tragrollen verläuft. Der Flachgurt wird über
Andrückröllchen zwischen jedem zweiten Tragrollenpaar gegen die Tragrollen gepresst. Am
Ende der der Förderstrecke wird der Gurt umgelenkt und zur Antriebsriemenscheibe zurückge-
führt. Die Riemenscheibe ist über ein Getriebe mit einem Übersetzungsfaktor von 1:17 mit der
Antriebswelle des Synchronmotors verbunden. Als Fördergut werden Kunststoffbehälter mit
einer Aufstellfläche von 600 x 400 mm2 verwendet, die unabhängig von ihrer Position auf der
Förderstrecke genau acht Tragrollen belasten.

3.2. Mechanische Wechselwirkung der Komponenten


Die Beschreibung der mechanischen Wechselwirkungen innerhalb des Teilsystems der
Förderstrecke erfordert zunächst eine Festlegung auf eine bestimmte Anzahl von Freiheitsgra-
den. In [11] werden unterschiedliche Detaillierungsstufen diskutiert, die sich daran orientieren,
wie viele Tragrollen betrachtet werden sollen bzw. an welchen Stellen eine starre Kopplung zwi-
schen den beweglichen Komponenten des Systems angenommen werden kann. Im Rahmen die-

11
KAPITEL 3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE

ser Arbeit wird einleitend das Modell der höchsten Detaillierungsstufe aus [11] verwendet und
anschließend im Rahmen der analytischen Beschreibung in Abschnitt 4.3 einer Modifikation
unterzogen.

Die Bewegung der n Tragrollen sowie der Antriebsriemenscheibe lassen sich über ihren
jeweiligen Verdrehwinkel φi beschreiben. Aufgrund der Annahme, dass der Riemen über elasti-
sche Eigenschaften verfügt, soll im Rahmen dieser Arbeit keine feste Kopplung einzelner
Verdrehwinkel vorgenommen werden, so dass das die unbelastete Förderstrecke über genau n +
1 Freiheitsgrade verfügt. Darüber hinaus wird zur Bestimmung der Position des Förderguts ein
zusätzlicher linearer Freiheitsgrad y eingeführt.

Abbildung 3-1: Schematische Darstellung der Förderstrecke

Abbildung 3-1 zeigt eine schematische Darstellung der mechanischen Kopplung der ein-
zelnen Rollen und des Förderguts über den Antriebsriemen. Es wird vereinfachend davon ausge-
gangen, dass zwischen Gurt und Rollen kein Schlupf auftritt. Somit lässt sich das elastische Ver-
halten des Gurtes abschnittsweise über die Differenz der Winkel- bzw. Winkelgeschwindigkeiten
der nebeneinanderliegenden Rollen bestimmen. Die einzelnen Gurtabschnitte sind über ein Fe-
der- und ein Dämpferelement definiert. Die daraus resultierenden Kräfte greifen tangential an
den anliegenden Rollen an.

Darüber hinaus greift an jeder Rolle mit einem geschwindigkeitsunabhängigen Reibmo-


ment eine weitere dämpfende Komponente an. Der auf das Fördergut wirkende Luftwiderstand
wird als eine Bremskraft modelliert, die sowohl von der Stirnfläche des Fördergutes als auch von
dessen Transportgeschwindigkeit abhängt, womit es sich hierbei physikalisch ebenfalls um eine
Dämpfung handelt.

12
KAPITEL 4 SYNTHESE DES MATHEMATISCHEN MODELLS

Kapitel 4 Synthese des mathematischen


Modells
Die bereits in ihrer Funktionsweise vorgestellten Teilsysteme des Synchronmotors und
der mechanischen Förderstrecke werden im Rahmen dieses Kapitels zu einem mechatronischen
System gekoppelt. Das Ziel dieser Kopplung besteht hierbei neben der Beschreibung der inneren
physikalischen Vorgänge der Teilsysteme vor allem in der vollständigen Erfassung der Wech-
selwirkungen aufgrund der energetischen Flüsse zwischen den Teilsystemen. Die angestrebte
Beschreibungsform soll es ermöglichen, neben dem stationären Betriebsverhalten des Systems
auch sämtliche dynamischen Ausgleichsvorgänge, hervorgerufen durch eine beliebige Änderung
der Systemeingangsgrößen, über dem Zeitverlauf abzubilden.

Das Spektrum der in dem System des Rollenförderers auftretenden Energieformen um-
fasst sowohl konservative und nicht-konservative Anteile. Zudem handelt es sich schon beim
Teilsystem der Synchronmaschine um ein elektromechanisches System, so dass der zu beschrei-
bende Energieaustausch auf der Wechselwirkung zwischen elektrischen und mechanischen Grö-
ßen basiert, die nicht problemlos ineinander umrechenbar sind.

Die beschriebene physikalische Komplexität des Gesamtsystems erfordert daher zur kor-
rekten mathematischen Herleitung eine formelle Beschreibungsform, die in der Lage ist, die aus
den beteiligten physikalischen Größen entstehenden Wechselwirkungen auf einer einheitlichen
Grundlage darzustellen.

Im Folgenden wird daher einleitend das verwendete Verfahren von Euler-Lagrange vor-
gestellt. Anschließend werden die Teilsysteme der elektrischen Maschine und der mechanischen
Förderstrecke über das Euler-Lagrange-Verfahren in einer allgemeinen Form hergeleitet und
miteinander verbunden. Basierend auf der allgemeinen Beschreibungsform für elektrische Ma-
schinen wird die verwendete Synchronmaschine unter Anwendung des Park’schen Transforma-
tionsmodells [14] konkretisiert und die in Kapitel 3 qualitativ eingeführte allgemeine Form des
Teilsystems der mechanischen Förderstrecke um mehrere Fallunterscheidungen erweitert.

13
KAPITEL 4 SYNTHESE DES MATHEMATISCHEN MODELLS

4.1. Das Euler-Lagrange-Verfahren


Der einleitend beschriebene Umstand des Auftretens von sowohl elektrischen- als auch
mechanischen Größen im Rahmen der Energieumwandlung innerhalb mechatronischer Systeme
erfordert für eine gemeinsame Darstellung eine normierte Betrachtungsebene. Das Verfahren
von Euler-Lagrange verwendet hierzu eine Beschreibung anhand der Energieflüsse eines Sys-
tems, dessen Freiheitsgrade in einer einheitlichen, allgemeinen Form als verallgemeinerte Koor-
dinaten dargestellt werden.

Diese Darstellungsform basiert auf dem Hamilton’schen Prinzip, das für abgeschlossene,
konservative physikalische Systeme die Beschreibung einer auftretenden Zustandsänderung über
eine energetische Betrachtung ermöglicht, indem es besagt:

Alle Veränderungen in einem System erfolgen in der Weise, dass seine Energie
einen extremen Wert annimmt.

Analog hierzu ergibt sich über die Variation der so genannten Wirkung J mathematisch
folgende Aussage:
t2
δ J = δ ∫ (T − V )dt = 0 (4.1)
t1

Die Größen T und V bezeichnen hierbei die kinetische- bzw. die potentielle Energie des
Systems. Die integrale Form aus (4.1) lässt sich gleichwertig über die Anwendung der aus der
Lagrange’schen Bewegungsgleichung abgeleiteten Euler-Lagrange-Gleichung darstellen. Hierzu
soll die Differenz der Energiearten durch eine neue Variable L = T − V ausgedrückt werden. Die
Euler-Lagrange-Gleichung vereinheitlicht alle Freiheitsgrade qα des Systems über das Konzept
der verallgemeinerten Koordinaten und formuliert über die aus ihnen resultierenden potentiellen
und kinetischen Energien ein Differentialgleichungssystem, dessen Aussage dem Hamil-
ton’schen Prinzip entspricht:

d  ∂L  ∂L
 − =0 (4.2)
dt  ∂qɺα  ∂qα

Gleichung (4.2) lässt sich allerdings nur für konservative Systeme anwenden. Um das
physikalische System eines Energiewandlers vollständig zu beschreiben ist daher noch eine Er-
weiterung der Gleichung um die Energiezufuhr und –verluste notwendig. Hierzu wird eine Funk-

14
4.2 DIE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN DER SYNCHRONMASCHINE

tion L* gesucht, die, eingesetzt in die Euler-Lagrange-Gleichung, genau die Kräfte mit umge-
kehrtem Vorzeichen ergibt, aus denen der Energiezu- bzw. Energieabfluss resultiert.

Die endgültige Euler Lagrange-Gleichung ergibt sich damit zu folgender Form:

d  ∂L + L *  ∂L + L *
 − =0 (4.3)
dt  ∂qɺα  ∂qα

4.2. Die Differentialgleichungen der Synchronmaschine


Über das vorangehend beschriebene Verfahren von Euler-Lagrange lässt sich zunächst
eine allgemeine Differentialgleichungsform für elektrische Maschinen aufstellen. Auf Basis die-
ser allgemeinen Beschreibungsform soll anschließend die im Rahmen dieser Arbeit betrachtete
Synchronmaschine zunächst im Drehstromsystem beschrieben werden und anschließend in die
endgültige Form des Zweiachsensystems überführt werden.

4.2.1. Differentialgleichungen der allgemeinen elektrischen Ma-


schine
Bei den verallgemeinerten Koordinaten einer elektrischen Maschine handelt es sich um
die n Ströme in den elektrischen Kreisen des Stators Qɺ1...Qɺn , die m Rotorströme Qɺ n+1...Qɺn+m , wo-

bei gilt Qɺα = iα = qɺα , und den mechanischen Verdrehwinkel ϕ = qn + m +1 des Rotors. Die Aufstel-
lung der einzelnen, an der Energieumwandlung in der Maschine beteiligten, Energiearten wird in
[9] ausführlich erläutert und führt zu folgender Gleichung für das kinetische Potential L + L * :

n+m n+m
1 1 1 n+ m t
L + L* = ∑ ∑ ⋅ M v ,k (ϕ ) ⋅ Qv ⋅ Qk + ⋅ Θ ⋅ ϕɺ + ⋅ ∑ ∫ Rv ⋅ Qɺ v 2 dt
ɺ ɺ 2

v =1 k =1 2 2 2 v =1 0
      
magnetische Energiekin. Energie elektrische Verluste
t n+ m t t
(4.4)
1
+ ⋅ ∫ DR ⋅ ϕɺ 2 dt − ∑ ∫ U v ⋅ Qɺ v dt − ∫ M mech ⋅ ϕɺ dt
2 0 v =1 0
       0
 
mech. Verluste elektrische Energie mech. Energie

Die einzelnen Größen bedeuten hierbei:

• Mv,k - Koppelinduktivität zwischen den Windungen v und k


• Uv - Quellenspannung des v-ten elektrischen Kreises
• Rv - Ohmscher Widerstand des v-ten elektrischen Kreises

15
KAPITEL 4 SYNTHESE DES MATHEMATISCHEN MODELLS

• Θ – Massenträgheitsmoment des gesamten Wellenstrangs


• Mmech – Antriebs- bzw. Lastmoment
• DR - Resultierende Torsionsdämpfung der Welle
Einsetzen des kinetischen Potentials (4.4) in die Euler-Lagrange-Gleichung (4.3) ergibt
nach der Durchführung aller Differentialoperationen für die verallgemeinerten Koordinaten ein
Differentialgleichungssystem zweiter Ordnung. Das System besteht aus n + m Spannungsglei-
chungen für die Stator- bzw. Rotorwicklung und einer Momentengleichung für die rotierende
Welle. Das elektrische System der Spannungsgleichungen besitzt die Form:

 u1   R1 0 ⋯ 0 0 ⋯ ⋯ 0   i1 
 ⋮  0 ⋱ ⋱ ⋮ ⋮ ⋱ ⋱ ⋮  ⋮ 
    
 ⋮  ⋮ ⋱ ⋱ 0 ⋮ ⋱ ⋱ ⋮  ⋮ 
    
 un  =  0 ⋯ 0 Rn 0 ⋯ ⋯ 0   in 
+
 un +1   0 ⋯ ⋯ 0 Rn+1 0 ⋯ 0   in+1 
    
 ⋮  ⋮ ⋱ ⋱ ⋮ 0 ⋱ ⋱ ⋮  ⋮ 
 ⋮  ⋮ ⋱ ⋱ ⋮ ⋮ ⋱ ⋱ 0  ⋮ 
    
un + m   0 ⋯ ⋯ 0 0 ⋯ 0 Rn+ m  in + m 
 M 1,1 ⋯ ⋯ M 1,n M 1,n +1 ⋯ ⋯ M 1,n + m   i1 
 ⋮ ⋱ ⋱ ⋮ ⋮ ⋱ ⋱ ⋮  
  ⋮ 
 ⋮ ⋱ ⋱ ⋮ ⋮ ⋱ ⋱ ⋮  ⋮ 
  
d  M n ,1 ⋯ ⋯ M n ,n M n ,n +1 ⋯ ⋯ M n ,n + m   in 
+
dt  M n +1,1 ⋯ ⋯ M n +1,n M n +1,n +1 ⋯ ⋯ M n +1, n+ m   in+1 
  
 ⋮ ⋱ ⋱ ⋮ ⋮ ⋱ ⋱ ⋮  ⋮ 
 ⋮ ⋱ ⋱ ⋮ ⋮ ⋱ ⋱ ⋮  ⋮  (4.5)
  
 M n + m ,1 ⋯ ⋯ M n + m ,n M n + m ,n +1 ⋯ ⋯ M n + m ,n+ m  in + m 

Die Bewegungsgleichung des Rotors ergibt sich zu:

d dϕ 1 n + m n + m ∂M v ,k
Θ ⋅ ϕ + DR ⋅
ɺ = ⋅ ∑ ∑ iv ⋅ ik ⋅ + M mech (4.6)
dt dt 2 v =1 k =1 ∂ϕ

4.2.2. Die Synchronmaschine im Drehstromsystem


Die fremderregte Drehstromsynchronmaschine lässt sich in grundlegender Form über die
vorangehend hergeleitete allgemeine Maschine beschreiben. Hierfür wird angenommen, dass die

16
4.2 DIE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN DER SYNCHRONMASCHINE

Maschine über n = 3 , elektrisch um 120° gegeneinander versetzte Statorstränge R, S und T ver-


fügt. Im Rotor besitzt die Maschine insgesamt drei Windungen. Die Gleichstromerregerwicklung
mit dem Index fd in der Polachse, sowie jeweils eine kurzgeschlossene Dämpferwicklung in der
der Polachse (kd) und um 90° zur Polachse versetzt (kq). Die elektrischen Glieder der Maschine
lassen sich nach (4.5) in Hypermatrizenform darstellen als:

[U RST ]  [ RS ] 0  d  [ LS ] [ LSR ]  [ I RST ]


  = +  
[ RR ] dt [ LSR ]T  (4.7)
 [U F ]    0 [ LR ]    [ I F ] 
mit

[ I RST ] = [iR , iS , iT ] [ I F ] = ikq , i fd , ikd 


T T
, (4.8)

Betrachtet man die Matrix der Induktivitäten, so können auf Basis der elementaren An-
nahme, dass sich die Luftspaltbreite über den Umfangswinkel φr nach [8] analytisch durch

1
g (φr ) = (4.9)
α1 − α 2 cos 2φr

( α1 − α 2 )
−1
mit der maximalen Luftspaltlänge und der minimalen Luftspaltlänge

( α1 + α 2 )
−1
bestimmen lässt, die einzelnen Elemente der Hypermatrix (4.7) gemäß der Darstel-

lung in (4.10) beschrieben werden. Für die Induktivitätsmatrix der Statorwicklungen gilt hiermit
in Abhängigkeit von der Rotorstellung φ:

 1  π 1  π
 Lσ + LA − LB cos 2ϕ − LA − LB cos 2  ϕ −  − LA − LB cos 2  ϕ +  
 2  3 2  3 
 1 π π 
[ LS ] =  − LA − LB cos 2  ϕ −  Lσ + LA − LB cos 2  ϕ −  − LA − LB cos 2 (ϕ + π ) 
1
 2  3  3 2 
 1  π 1  π 
 − LA − LB cos 2  ϕ +  − LA − LB cos 2 (ϕ + π ) Lσ + LA − LB cos 2  ϕ +  
 2  3 2  3 
(4.10)
Die Winkelabhängigkeit in (4.10) resultiert somit aus dem variablen Luftspalt über dem

Umfang. Für Maschinen in Vollpolbauweise gilt daher bei Vernachlässigung der Nutung LB = 0

und [ LS ] weist in diesem Fall zu jeder Rotorstellung einen identischen magnetischen Wider-

stand auf. Die zur Berücksichtigung der Maschinenreluktanz eingeführten Parameter LA und LB

17
KAPITEL 4 SYNTHESE DES MATHEMATISCHEN MODELLS

lassen sich zu den Magnetisierungsinduktivitäten in der Achse mit dem kleinsten- und dem größ-
ten Luftspalt, der sogenannten Längs- und Querachse zusammenfassen:

3 3
Lhq = ( LA − LB ) , Lhd = ( LA + LB ) (4.11)
2 2
Die Eigeninduktivität jeder Wicklung der Maschine lässt sich über die Summe einer
Haupt- und einer Streuinduktivität beschreiben. Auf Grundlage der Annahme, dass alle Wick-
lungen einer Achse den gleichen magnetischen Hauptleitwert besitzen, lassen sich durch An-
wendung von (4.11) die Koppelinduktivitäten zwischen einer Statorphase S, der Erregerwicklung
fd und den Dämpferwicklungen in der Längs- und Querachse kd bzw. kq unter Einbezug der
Windungszahlen N schreiben als:

2  N fd  2  N kd  2  N kq 
LS , fd =   Lhd , LS ,kd =   Lhd , LS ,kq =   Lhq (4.12)
3  NS  3  NS  3  NS 
Die Vereinfachung gemeinsamer Hauptinduktivitäten ist für normal dimensionierte Syn-
chronmaschinen zulässig, da der Streufluss des Dämpferkäfigs praktisch unabhängig vom Streu-
fluss der Erregerwicklung ist und somit die Wicklungen der d-Achse über den gleichen Haupt-
fluss mit den Statorwicklungen verkettet sind [1].

Für die Rotorgrößen erweist es sich im Hinblick auf die durchzuführende Koordinaten-
transformation als sinnvoll, einen Bezug auf die Statorebene nach folgender Vorschrift vorzu-
nehmen:

2 N  N   NS 
i′j =  j  i j , u′j =  S  u j , ψ ′j =  ψ j (4.13)
3  NS  N N
 j   j 
Hierbei steht j stellvertretend für alle elektrischen Kreise des Rotors, also fd, kd und kq.
Für die Koppelmatrix zwischen Stator und Rotor ergibt sich dann:

 
 Lhq cos ϕ Lhd sin ϕ Lhd sin ϕ 
 
 2π 2π 2π 
[ LSR′ ] =  Lhq cos  ϕ −  
 Lhd sin  ϕ −
 
 Lhd sin  ϕ −  (4.14)
  3   3   3 
  2π   2π   2π 
 Lhq cos  ϕ +  Lhd sin  ϕ +  Lhd sin  ϕ + 
  3   3   3 

18
4.2 DIE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN DER SYNCHRONMASCHINE

Die Abhängigkeit der Induktivitäten von dem Verdrehwinkel des Rotors ϕ resultiert
hierbei im Gegensatz zu der Statormatrix aus dem sich ändernden Kopplungswinkel zwischen
den Stromkreisen des Stators und des Rotors, so dass dieser Effekt unabhängig von der Rotor-
bauweise zu beobachten ist.

Die Matrix der Rotorinduktivitäten besitzt hingegen nur konstante Komponenten:

 Lσ′ ,kq + Lhq 0 0 


 
[ LR′ ] =  0 Lσ′ , fd + Lhd Lhd  (4.15)
 0 Lhd Lσ′ ,kd + Lhd 

Hierbei gilt:
2 2
3 N  3 N 
Lσ′ , j =  S  Lσ , j sowie R ′j =  S  R j (4.16)
2  N j  2 Nj 
Die Maschinengleichung lässt sich anschließend schreiben als:

[U RST ]  [ RS ] 0  d  [ LS ] [ LSR′ ]  [ I RST ]


 ′  =   +  
[ RR′ ] dt [ LSR′ ]T  (4.17)
 [U F ]    0 [ LR′ ]    [ I F′ ] 

4.2.3. Die Synchronmaschine im Zweiachsensystem


Die Teilmatrizen aus (4.17) weisen in der Darstellung im Drehstromsystem eine starke
Kopplung zwischen den Stromkreisen der Maschine auf. Darüber hinaus würde die Lösung des
Differentialgleichungssystems der Maschine durch die stark nichtlinearen Einflüsse der Winkel-
abhängigkeit der Matrizen überaus aufwendig.

Eine erhebliche Vereinfachung der elektrischen Maschinengleichungen ergibt sich durch


Anwendung der Zweiachsen-Transformation nach Park [14]. Unter Anwendung dieser Trans-
formation lassen sich sowohl der stationäre Betriebszustand als auch transiente Ausgleichsvor-
gänge für eine idealisierte Maschine beschreiben. Die für die Transformation getroffenen An-
nahmen lauten:

1. Sättingungseffekte innerhalb des Eisens der Maschine werden vernachlässigt.

2. Der magnetische Kreis und sämtliche Rotorwicklungen werden als symmetrisch


zur Längsachse (der Polachse) bzw. zur Querachse, also der um 90° gegenüber
der Längsachse verschobenen Achse, angenommen.
19
KAPITEL 4 SYNTHESE DES MATHEMATISCHEN MODELLS

3. Die Ströme aller Wicklungen erzeugen am Luftspalt rein sinusförmige Durchflu-


tungen, d.h. es werden nur die Grundwellen betrachtet.

Die Idee der Transformation basiert auf der Einführung eines synchron zum Luftspaltfeld
rotierenden Bezugssystems, mit den Phasen q, d und 0, das sich mit der mechanischen Winkel-
geschwindigkeit der Maschine in Drehrichtung des Rotors bewegt. Für den Fall einer zweipoli-
gen Maschine bedeutet dies, dass aufgrund von ωel = ωmech das qd0-Bezugssystem im Rotor ver-
ankert ist, wodurch sich die Winkelabhängigkeit sämtlicher Induktivtitäten eliminieren lässt.
Maschinen höherer Polpaarzahl lassen sich nach [1] in eine zweipolige Darstellung überführen,
so dass auch hier bei Rotation des Bezugssystems mit ω el die Winkelabhängigkeit der
Induktivitäten verschwindet.

Anschaulich wird durch die Projektion des Drehstromsystems des Ankers auf zwei
rechtwinklig zueinanderstehende, rotierende Ersatzwicklungen, die in den feststehenden Achsen
d und q einen konstanten Fluss erzeugen, die Synchronmaschine in eine Gleichstrommaschine
überführt, bei der die Erreger- und Dämpferwicklungen als feststehend angenommen werden [1].
Die Ströme der d- und q-Achse erzeugen hierbei per Definition zu jedem Zeitpunkt die gleiche
Drehdurchflutung wie die ursprüngliche dreiphasige Ankerwicklung. Für die Rücktransformati-
on der zwei Achsengrößen auf die drei Drehstromgrößen wird als mathematisches Hilfsmittel
mit der 0-Phase ein dritter Strom eingeführt, der genau so definiert ist, dass er keinen Beitrag
zum Luftspaltfeld leisten darf.

Anhand der Transformationsmatrix T und ihrer Inversen T −1

  2π   2π    
 cos ϕ cos  ϕ − 3  cos  ϕ + 3    cos ϕ sin ϕ 1
      
2  2π   2π     2π   2π  
T =  sin ϕ sin  ϕ −  sin  ϕ +   T =  cos  ϕ −
−1
 sin  ϕ −  1 (4.18)
3  3   3    3   3  
 1 1 1    2π   2π  
   cos  ϕ +  sin  ϕ +  1
 2 2 2    3   3  
lassen sich somit gemäß den obigen Überlegungen die Spannungen und Ströme des
Drehstromsystems aus (4.17) zu den qd0-Größen des Zweiachsensystems umformen.

20
4.2 DIE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN DER SYNCHRONMASCHINE

Es gilt somit:

iq  iR   uq  uR 


i  = T i  u  = T  u 
 d  [ ] S  bzw.  d  [ ] S  (4.19)
i0  iT   u0  uT 

Hiermit ergibt sich für den Wert der elektrischen Augenblicksleistung des Ständers:

Pqd 0 = PRST
(4.20)
=
3
2
( uqiq + uqiq + 2u0i0 )
Die Maschinengleichung (4.17) lässt sich demnach über folgende Vorschrift aus dem
Drehstromsystem in die Zweiachsendarstellung transformieren:

  
[T ] [ LSR′ ]    I qd 0  
d d
[ ] [ LS ][T ]
−1
 U qd 0    [T ][ R ][T ]−1 T
0  
  =       (4.21)
dt dt
 S
+
 [U F ]    0 [ RR′ ]  2 d [ L′ ]T [T ]−1 d
[ LR′ ]    [ I F ] 
  3 dt SR  
 dt

Aufgrund von Symmetrieeigenschaften und des synchronen Laufs des rotierenden Be-
zugssystems mit dem Läufer der Maschine lassen sich für die einzelnen Elemente aus (4.21) zum
Teil stark vereinfachte Ausdrücke finden. Wegen Gleichheit der Widerstandsmatrix des Stators
ergibt sich nach der beidseitigen Transformation:

[T ][ RS ][T ] = [ RS ]
−1
(4.22)

Bei der Herleitung der endgültigen Form der Zweiachsendarstellung ist es sinnvoll, die
Flussverknüpfungen innerhalb der Maschine gesondert zu betrachten. Hierfür gilt:

 ψ qd 0   ψ qdS 0 +ψ qdSR0   [T ][ LS ][T ] [T ][ LSR ]   I qd 0  


−1

  = = 2   
 RS R 
 [ψ F ]  ψ qd 0 +ψ qd 0   [ LSR ] [T ]
T −1
[ LR ]   [ I ]  (4.23)
  
F
3
Der induktive Teil der transformierten Statorspannungen aus (4.21) lässt sich in eine
rotatorische und eine transformatorische Komponente zerlegen. Hierzu ist es sinnvoll, einleitend
den magnetischen Fluss im Stator zu betrachten. Es gilt:

d
U RST
ind
 = [ψ RST ] (4.24)
dt

21
KAPITEL 4 SYNTHESE DES MATHEMATISCHEN MODELLS

Die Transformation ins qd0-System ergibt unter Einbeziehung von (4.23) für (4.24):

d  −1   d −1  −1 d
U qd 0  = [T ] dt [T ] ψ qd 0   = [T ] dt [T ]  ψ qd 0  + [T ][T ] dt ψ qd 0 
ind
(4.25)
 
Es lässt sich zeigen, dass gilt:

 0 1 0
dϕ 
[T ] [T ] = −1 0 0
d −1
(4.26)
dt dt
 0 0 0 

Somit folgt für (4.25):

dϕ d
U qd
ind
0 =
 ψ dq  + ψ qd 0  (4.27)
dt dt
wobei
T
ψ dq  = ψ d −ψ q 0  (4.28)

Aufgrund von trigonometrischen Überlegungen lassen sich die einzelnen Elemente der
Koppelmatrix aus (4.23) vereinfachen zu:

 Lσ + Lhq 0 0
[T ][ LS ][T ] =  0 0 
−1
Lσ + Lhd (4.29)
 0 0 Lσ 

 Lhq 0 0 
[T ][ LSR′ ] =  0 Lhd Lhd  (4.30)
 0 0 0 

 Lhq 0 0
[ LSR′ ] [T ] =  0 0 
2 T −1
Lhd (4.31)
3
 0 Lhd 0 

Hiermit ergibt sich für die in (4.17) aus der allgemeinen Maschinengleichung abgeleitete
und in (4.21) in die Zweiachsendarstellung transformierte Synchronmaschine folgende konkrete
Form für die Spannungsgleichungen:

22
4.2 DIE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN DER SYNCHRONMASCHINE

d
uq = RS ⋅ iq + ω ⋅ψ d + ψq
dt
d
ud = RS ⋅ id − ω ⋅ψ q + ψ d
dt
d
u0 = RS ⋅ id + ψ 0
dt
(4.32)
d
′ = Rkq′ ⋅ ikq′ + ψ kq′ = 0
ukq
dt
d
u′fd = R′fd ⋅ i′fd + ψ ′fd
dt
d
′ = Rkd′ ⋅ ikd′ + ψ kd′ = 0
ukd
dt
Für die Flusskopplungen innerhalb der Maschine gilt:

 Lσ iq + Lhq ( iq + ikq′ ) 
ψ q   
ψ   Lσ id + Lhd ( id + i′fd + ikd ′ ) 
 d  
 ψ qd 0    ψ 0   Lσ i0 
 = =  (4.33)
 [ψ F′ ]  ψ kq ′   Lσ′ ,kq ikq ′ + Lhq ( iq + ikq′ ) 
ψ ′fd   
   Lσ′ , fd i′fd + Lhd ( id + i′fd + ikd
′ )
′  
ψ kd 
 Lσ ,kd ikd + Lhd ( id + i fd + ikd ) 
′ ′ ′ ′

Aus den Spannungsgleichungen lässt sich anschließend folgende Ersatzschaltbilddarstel-


lung für die Synchronmaschine im Zweiachsensystem finden:

RS Lσ id i ′fd

ikd U fd
ud + ω ⋅ψ q Lhd Lσ′ ,kd Lσ′ , fd
RS i0
Rkd′ R′fd

RS Lσ ′
ikq u0 Lσ
iq

Lσ′ , kq
uq − ω ⋅ψ d Lhq
Rkq′

Abbildung 4-1: Ersatzschaltbilddarstellung der Synchronmaschine nach der Park-Transformation

23
KAPITEL 4 SYNTHESE DES MATHEMATISCHEN MODELLS

4.2.4. Bestimmung der Momentengleichung der Maschine


Die Herleitung der allgemeinen elektrischen Maschine in Abschnitt 4.2.1 hat gezeigt,
dass das elektrische Gleichungssystem und die Momentengleichung der elektrischen Maschine
untrennbar miteinander verknüpft sind. Lässt sich im stationären, ungestörten Betrieb noch eine
konstante Winkelgeschwindigkeit der Rotordrehung annehmen, so hängen Ströme und mechani-
sche Eigenschaften der Maschine beim Auftreten von Momentenänderungen in einer Form ur-
sächlich voneinander ab, dass eine isolierte Teilbetrachtung der Systeme nicht mehr möglich ist.

Der als elektrisches Moment Mel gekennzeichnete Teilausdruck der mechanischen Sys-
temgleichung (4.6),

d 2ϕ dϕ 1 n + m n + m ∂M v , k
Θ + D = ∑ ∑ iv ik ⋅ + M mech
dt 2 R
dt 
2 v =1 k =1 ∂
ϕ
M el

lässt sich in einer Hypermatrizenform aufgrund von

[ LSR ][ IF ] = [ LSR′ ][ IF′ ] (4.34)

unter Verwendung der bezogenen Rotorgrößen folgendermaßen aufschreiben:

 [L ] [ LSR′ ] [ I RST ]
M el =
1
[ I RST ]
T
[ I F′ ]
T
 ∂  ST   (4.35)
2   ∂ϕ [ L′ ]
 SR [ LR′ ]   [ I F′ ] 
Die Winkelunabhängigkeit der Rotorinduktivitäten [ LR′ ] und der Streuanteile in [ LS ]

sowie die Richtungsunabhängigkeit der magnetischen Kopplung lassen folgende vereinfachende


Darstellung zu:

1 T ∂ T ∂
M el = [ I RST ] [ LS ][ I RST ] + [ I RST ] [ LSR′ ][ I F′ ] (4.36)
2 ∂ϕ ∂ϕ

Die bisherige Form des elektrischen Moments ist nur für zweipolige Maschinen gültig.
Mehrpolige Maschinen lassen sich auf eine einpolige Darstellung zurückführen, indem nur ein
elektrischer Pol beschrieben wird, dessen erzeugtes elektrisches Moment allerdings mit der An-
zahl der tatsächlichen Pole der Maschine multipliziert wird, so dass die erzeugte Leistung in der
Ersatzdarstellung identisch ist.

24
4.3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE

Somit gilt für p-polige Maschinen:

1 T ∂ T ∂ 
M el = p ⋅  [ I RST ] [ LS ][ I RST ] + [ I RST ] [ LSR′ ][ I F′ ]  (4.37)
2 ∂ϕ ∂ϕ 
Die Darstellung des elektrischen Moments lässt sich analog zu den Spannungsgleichun-

gen über die Anwendung der Transformationsmatrizen [T ] aus (4.18) in das Zweiachsensystem

überführen:

T 1 ∂ ∂ 
M el = p ⋅ [T ]  I qd 0    [ LS ] [T ]  I qd 0   + [ LSR
′ ][ I F′ ] 
−1 −1 T
(4.38)
   2 ∂ϕ   ∂ϕ 
Gleichung (4.38) lässt sich anschließend über mehrere Schritte in die folgende übersicht-
liche Form überführen:

p ⋅ (ψ d iq − ψ q id )
3
M el = (4.39)
2

4.3. Die mechanische Förderstrecke


Aufbauend auf der Beschreibung der mechanischen Abhängigkeiten über die definierten
Freiheitsgrade und die wirkenden Kräfte und Momente im Teilsystem der Förderstrecke aus Ka-
pitel 3 werden an dieser Stelle zunächst die für die Anwendung des Euler-Lagrange-Verfahrens
erforderlichen Energiegleichungen aufgestellt und anschließend abgeleitet. Die Aufstellung er-
folgt hierbei zunächst für ein System in der höchsten Detaillierungsstufe nach [11]. Anschlie-
ßend werden auf Grundlage dieser allgemeinen Darstellung durch Einführung von mechanischen
Zwangsbedingungen die Systemgleichungen für das Modell einer Förderstrecke ohne Schlupf
zwischen den Tragrollen und dem Fördergut sowie einem Modell mit einer dynamischen Fallun-
terscheidung zwischen Haft- und Gleitreibung zwischen den Tragrollen und dem Fördergut ab-
geleitet.

4.3.1. Allgemeines System


Das Teilsystem der Förderstrecke lässt sich mit dem Verdrehwinkel φA der Antriebsrie-
menscheibe und φi der n Tragrollen sowie der linearen Positionskoordinate y des Förderguts ins-
gesamt über n + 2 Freiheitsgrade beschreiben, die im Rahmen des Euler-Lagrange-Verfahrens als
generalisierte Koordinaten behandelt werden.

25
KAPITEL 4 SYNTHESE DES MATHEMATISCHEN MODELLS

FB

φ1 y φn
sK1 sK8
… φT1 … φT8 …
c1 cm cm+7 cm+8 cn+1
MR … MR … MR … MR
D1 Dm+7 Dm+8 Dn+1
Dm n

JA MA
ΘA,red rA
φA

Abbildung 4-2: Freiheitsgrade, Kräfte und Momente an der Förderstrecke

Gemäß dem in Abbildung 4-2 gezeigten Schema lässt sich das System über die im Fol-
genden aufgeführten Energieformen beschreiben:

kinetische Energie:
ΘA,red Massenträgheitsmoment der Motor-
1 n


2
Θ A, red ⋅ ϕ
ɺ 2
A + ∑
i =1
Θi ⋅ϕɺi2 + mk ⋅ yɺ 2 

welle, reduziert auf die Ausgangswelle
Θi Massenträgheitsmoment der Tragrollen
mk Masse des Förderguts

potentielle Energie:
1 n

−  C1∆s12 + ∑ Ci ∆si2 + Cn+1∆sn2+1  ∆si Dehnung eines Gurtabschnitts
2 i =2  Ci Federkonstante des Gurtabschnitts

 t  Dämpfung durch ein Reibmoment:


−  − ∫ M R ,i ⋅ ϕɺi dt 
 0  M R ,i Reibmoment

t  Dämpfung durch Luftreibung:


−  ∫ − FB ⋅ ydt
ɺ 
0  FB Bremskraft der Luftreibung

26
4.3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE

t
1
+ ∫ D1 ( rAϕɺ A − rT ϕɺ1 ) dt
2

20 Dämpfung des Antriebsriemens:


n t Di Dämpfungskonstante des Gurtabschnitts zwi-
1
+ ∑ ∫ Di ( rT ϕɺi −1 − rT ϕɺi ) dt
2
schen zwei Rollen
i =1 2 0
rA Radius der Antriebsriemenscheibe
t
1
+ ∫ Dn +1 ( rT ϕɺn − rAϕɺ A ) dt rT Radius der Tragrollen
2

20

Reibung zwischen Fördergut und Tragrollen:


t 8
FR,i Reibkraft zwischen der belasteten Rolle
+ ∫ ∑ FR ,i ( rT ϕɺm+l − yɺ ) dt
0 l =1
m+l = i und dem Fördergut
m Index der ersten belasteten Tragrolle

t  Zugeführte Energie des Antriebs:


−  ∫ M el , Antrieb ⋅ ϕɺ A dt 
Mel,Antrieb Antriebsmoment des Motors
0 

Das elektrische und mechanische System des Rollenförderers sind untrennbar miteinan-
der verknüpft, so dass zur Erhaltung der vollständigen Kopplung das kinetische Potential des
Gesamtsystems abgeleitet werden muss. Zur einfacheren Herleitung der Differentialgleichungen
der Förderstrecke soll an dieser Stelle die Einbindung der Synchronmaschine vorübergehend
alleine über die Einführung des mit dem Getriebeübsersetzungsfaktor auf die Antriebsriemen-
scheibe umgerechneten elektrischen Motormoments Mel,Antrieb geschehen.

Die voranstehend dargestellten Systemenergien ergeben nach Ableitung mit der Euler-
Lagrange-Gleichung (4.2) die folgenden mechanischen Differentialgleichungen:

Antriebswelle:

Θ A,red ⋅ ϕɺɺA − M el , Antrieb = rA rT Dn +1 ⋅ ϕɺn − rA2 ( D1 + Dn+1 ) ⋅ ϕɺ A + rA rT D1 ⋅ ϕɺ1


(4.40)
+ rA rT Cn +1 ⋅ ϕn − rA2 ( C1 + Cn+1 ) ⋅ ϕ A + rA rT C1 ⋅ ϕ1

erste Tragrolle:

Θ1 ⋅ ϕɺɺ1 + M R ,1 = rA rT D1 ⋅ ϕɺ A − rA2 ( D1 + D2 ) ⋅ ϕɺ1 + rA rT D1 ⋅ ϕɺ2


(4.41)
+ rA rT C1 ⋅ ϕ A − rA2 ( C1 + C2 ) ⋅ ϕ1 + rA rT C1 ⋅ ϕ2

27
KAPITEL 4 SYNTHESE DES MATHEMATISCHEN MODELLS

unbelastete Tragrollen:

Θi ⋅ ϕɺɺi + M R ,i = rT2 Di ⋅ ϕɺi −1 − rT2 ( Di + Di +1 ) ⋅ ϕɺi + rT2 Di +1 ⋅ ϕɺi +1


(4.42)
+ rT2Ci ⋅ ϕi −1 − rT2 ( Ci + Ci +1 ) ⋅ ϕi + rT2Ci +1 ⋅ ϕi +1

belastete Tragrollen:

Θi ⋅ ϕɺɺi + M R ,i + FR ,i rT = rT2 Di ⋅ ϕɺi −1 − rT2 ( Di + Di +1 ) ⋅ ϕɺi + rT2 Di +1 ⋅ ϕɺi +1


(4.43)
+ rT2Ci ⋅ ϕi −1 − rT2 ( Ci + Ci +1 ) ⋅ ϕi + rT2Ci +1 ⋅ ϕi +1

letzte Tragrolle:

Θn ⋅ ϕɺɺn + M R ,n = rT2 Dn ⋅ ϕɺn −1 − rT2 ( Dn + Dn+1 ) ⋅ ϕɺn + rA rT Dn+1 ⋅ ϕɺ A


(4.44)
+ rT2Cn ⋅ ϕn−1 − rT2 ( Cn + Cn+1 ) ⋅ ϕn + rA rT Cn+1 ⋅ ϕ A

Fördergut:
8
y − ∑ FR ,i + FB = 0
mk ɺɺ (4.45)
l =1

Die in der allgemeinen Form für n + 2 Freiheitsgrade hergeleiteten mechanischen Diffe-


rentialgleichungen erfordern allerdings noch eine nähere Analyse der dem System als von außen
aufgeprägt angenommenen Kräfte.

Gemäß der Einführung aus Abschnitt 3.2 beschreibt die auf das Fördergut wirkende
Bremskraft FB die Luftreibung. Der Betrag der Luftreibung hängt sowohl von der Stirnfläche des
Förderguts als auch von dessen Geschwindigkeit, dem Strömungswiderstandskoeffizienten cw
des Förderguts und der Dichte der Luft ρLuft ab:

ρ Luft
FB = ⋅ cw ⋅ AStirnfläche ⋅ yɺ 2 (4.46),
2
Im Fall der zwischen dem Fördergut und den Tragrollen definierten Reibkraft FR,i aus
(4.45) und (4.43) entsteht das Problem, dass eine konstant eingeprägte Kraft die Energieübertra-
gung zwischen dem Fördergut und dem restlichen System nur unzureichend beschreiben würde.
Das System soll daher um eine Unterscheidung zwischen Gleit- und Haftreibung zwischen dem
Fördergut und den Tragrollen erweitert werden. Durch eine Reduktion der Freiheitsgrade unter
der Annahme von mechanischen Zwangsbedingungen wird es anschließend möglich, FR,i teil-
weise als systeminterne Kraft zu behandeln.

28
4.3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE

4.3.2. System ohne Schlupf


In der ersten Reduktionsstufe wird angenommen, dass kein Schlupf zwischen den Trag-
rollen und dem als starr angenommenen Fördergut auftritt, so dass sämtliche Verdrehwinkel der
belasteten Rollen eine lineare Abhängigkeit zur Position y des Förderguts aufweisen.

y
FB

y MR
ϕi ( y )

FGurt- ϕi FGurt+
Fi ,C + Fi , D +

Abbildung 4-3: Reduktion der Freiheitsgrade zu einem System ohne Schlupf

Die Anwendung dieser in Abbildung 4-3 skizzierten holonomen Zwangsbedingung re-


duziert die Anzahl der Freiheitsgrade somit auf ( n + 2 − 8 ) . Im Folgenden gilt daher für die

Menge Λ der belasteten Tragrollen:

1 1
ϕɺi = yɺ , ϕɺɺi = ɺɺ
y ∀i ∈ Λ
rT rT (4.47)
Λ := {i | Tragrolle i wird vom Fördergut belastet}

Aufgrund der über (4.47) definierten Kopplung lassen sich die von außen über den Gurt
an dem gekoppelten Teilsystem der belasteten Tragrollen und des Förderguts angreifenden Kräf-
te auf die in Abbildung 4-3 dargestellten Größen FGurt + und FGurt − reduzieren. Dies zeigt sich
mathematisch bei der Addition der Bewegungsgleichungen aus (4.43):

0 = ∑ Θi ⋅ ϕɺɺi + M R ,i + FR ,i rT − rT2 Di ⋅ ϕɺi −1 + rT2 ( Di + Di +1 ) ⋅ ϕɺi − rT2 Di +1 ⋅ ϕɺi +1


i∈Λ

+∑ −rT2Ci ⋅ ϕi −1 + rT2 ( Ci + Ci +1 ) ⋅ ϕi − rT2Ci +1 ⋅ ϕi +1 (4.48)


i∈Λ

1 
∑F R ,i =−  ∑ Θi ⋅ ϕɺɺi + M R ,i  + rT ( Dκ ⋅ ϕɺκ −1 + Cκ ⋅ ϕκ −1 ) + rT ( Dκ +8 ⋅ ϕɺκ +8 + Cκ +8 ⋅ ϕκ +8 )
i∈Λ rT  i∈Λ   
F
 
−F
Gurt − Gurt +

wobei gilt: κ = min Λ .

29
KAPITEL 4 SYNTHESE DES MATHEMATISCHEN MODELLS

Einsetzen von (4.48) in (4.45) ergibt anschließend unter Anwendung von (4.47) die Bewe-
gungsgleichung der generalisierten Koordinate y, über die die gemeinsame Bewegung des För-
dergutes und der belasteten Rollen beschrieben wird:

1 
y + FB +
mk ɺɺ  ∑ Θi ⋅ ϕɺɺ + M R ,i  − rT ( Dκ ⋅ ϕɺκ −1 + Dκ +8 ⋅ ϕɺκ +8 + Cκ ⋅ ϕκ −1 + Cκ +8 ⋅ ϕκ +8 ) = 0
rT  i∈Λ 
⇔ (4.49)
 1  M 
y  mk + ∑ Θi ⋅ 2  = −  ∑ R ,i
ɺɺ  + yɺ ( Dκ + Dκ +8 ) + rT ( Cκ ⋅ ϕκ −1 + Cκ +8 ⋅ ϕκ +8 ) − FB
 i∈Λ rT   i∈Λ rT 
Die in (4.48) auftretende Gleitreibung lässt sich im angenommenen Fall vollständiger
Haftung somit als Hilfsenergie zur Verknüpfung der zusammengefassten Freiheitsgrade interpre-
tieren, da der auftretende Energiefluss im Haftungsfall zwischen Tragrollen und Fördergut per
Definition 0 ist. In der endgültigen Bewegungsgleichung (4.49) tritt FR,i somit nicht mehr auf.

Die Untermenge der Indizes der belasteten Tragrollen ändert sich sprungartig bei Auf-
nahme einer neuen vordersten Rolle und dem gleichzeitigen Ausschluss der hintersten belasteten
Rolle. Die Annahme einer identischen Geschwindigkeit bzw. Beschleunigung aller belasteter
Rollen und des Förderguts führt daher zu den Zeitpunkten der Änderung der Teilmenge Λ aus
(4.47) zu Sprüngen im Zeitverlauf der Ableitungen der generalisierten Koordinate y, so dass y
nur noch stückweise stetig differenzierbar ist.

4.3.3. Erweiterung des Systems um Schlupfeigenschaften


Die in Abschnitt 4.3.2 getroffene Annahme, dass zwischen den belasteten Tragrollen und
dem Fördergut kein Schlupft auftritt, blendet für den Zeitraum der Belastung zweier nebeneinan-
der liegender Rollen das elastische Verhalten des verbindenden Gurtabschnitts aus. Speziell in
Fällen hoher Spannungen auf einem Gurtabschnitt im Moment des Übertritts beider begrenzen-
der Rollen in den Belastungsfall kann die Annahme einer automatischen Haftung am Fördergut
trotz des großen, vom Gurt angreifenden Moments zu einer unrealistischen Beschreibung des
Systemverhaltens führen.

Im Folgenden wird das System daher durch die Einführung einer Fallunterscheidung auf
Grundlage der zwischen Tragrolle und Fördergut wirkenden Kräfte erweitert. Die Fallunter-
scheidung teilt die Menge der belasteten Rollen Λ in die Untermenge der haftenden Rollen Λhaft
und der gleitenden Rollen Λgleit auf.
30
4.3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE

FB FB

y y

FR ,κ +1 FR ,κ + 2 FR ,κ + 4
FGurt- ϕi FGurt+ FGurt- FGurt+

Abbildung 4-4 Aufteilung der belasteten Tragrollen in Λhaft und Λgleit

Grundsätzlich entsteht mit der dynamischen Definition von Indexmengen wiederum das
in Abschnitt 4.3.2 beschriebene Problem, dass die Geschwindigkeiten und Beschleunigungen der
Rollen Sprungstellen aufweisen. Die im Folgenden für die Definition der Untermengen entwi-
ckelte Bildungsvorschrift orientiert sich an der späteren programmtechnischen Umsetzung zur
Lösung des Differentialgleichungssystems über ein diskretes Verfahren mit einem numerischen
Solver (siehe Kapitel 6):

Es existiert zu jedem Zeitpunkt t die Information über die aktuell bestehende Aufteilung
von Λ in Λhaft und Λgleit. Der Aktualisierungsprozess besteht aus mehreren Auswertungsschritten,
die nachfolgend für einen Zeitpunkt t skizziert werden:

Neuordnung über Geschwindigkeitsvergleich:

Vergleich der Geschwindigkeiten der aktuell in Λgleit befindlichen Rollen mit der Ge-
schwindigkeit des Fördergutes. Anschließend werden diejenigen Rollen als haftend angenom-
men, deren Geschwindigkeitsdifferenz mit dem Fördergut eine vorgegebene Toleranz vtol unter-
schreitet.

Λ haft ,1 := Λ haft ∪ {i | i ∈ Λ gleit ∧ ωi rT − yɺ < vtol }


(4.50)
Λ gleit ,1 := Λ gleit \ ( Λ gleit ∩ Λ haft ,1 )

Bestimmung der Gleitreibung am Fördergut:

Im Gegensatz zum Fall vollständiger Haftung aller Tragrollen am Fördergut werden nach
der Aufteilung in Λhaft und Λgleit nur noch die Winkel der als haftend angenommenen Tragrollen
aus Λhaft mit der Linearkoordinate des Fördergutes zu einer gemeinsamen generalisierten Koor-
dinate zusammengefasst. Gemäß Abbildung 4-4 wirkt eine eingeprägte Kraft FR,i auf Fördergut

31
KAPITEL 4 SYNTHESE DES MATHEMATISCHEN MODELLS

und die gleitenden Tragrollen, deren Wirkrichtung sich an der Differenzgeschwindigkeit der
betrachteten Rolle und des Fördergutes orientiert.

FR ,i = sgn (ωi rT − yɺ ) ⋅ FN ⋅ µ gleit ∀i ∈ Λ gleit (4.51),

wobei FN die Gewichtskraft des Förderguts und µgleit den Gleitreibungskoeffizienten zwi-
schen Tragrolle und Fördergut beschreibt

Aufstellung der Bewegungsgleichung des zusammengefassten Teilsystems:

Anschließend werden analog zu (4.48) die Bewegungsgleichungen der haftenden Rollen


und des Förderguts addiert, um die gemeinsame Beschleunigung ɺyɺ zu erhalten:

 M R ,i    
 ∑ − Γ i  −  ∑ FR ,i  + FB 
  i∈Λ haft ,1 rT   i∈Λ  
     
y=−
gleit ,1
ɺɺ (4.52)
 1 
 mkiste + 2 ∑ Θi 
 rT i∈Λ haft ,1 

Wobei gilt:

Γi = rT Di ⋅ ϕɺi −1 − rT ( Di + Di +1 ) ⋅ ϕɺi + rT Di +1 ⋅ ϕɺi +1


(4.53)
rT Ci ⋅ ϕi −1 − rT ( Ci + Ci +1 ) ⋅ ϕi + rT Ci +1 ⋅ ϕi +1

Neuordnung über Kraftvergleich:

Anhand der in (4.52) berechneten gemeinsamen Beschleunigung des Fördergutes und der
haftenden Rollen lassen sich die zwischen der haftenden Rolle i und dem Fördergut wirkenden
Kräfte bestimmen. Aufgrund der angenommenen Kopplung zwischen dem Fördergut lässt sich
FR,i wie in Abschnitt 4.3.2 im Haftfall als Hilfskraft interpretieren:

Θ M 
FR ,i = −  2i ɺɺ
y + R ,i − Γ i  ∀i ∈ Λ haft ,1 (4.54)
 rT rT 
Wird diese Kraft zu groß, so kann die Annahme einer fortwährenden Haftung zu einem
unrealistischen Systemverhalten führen, so dass eine erneute Aktualisierung der Teilmengen
Λhaft,1 und Λgleit,1 durchgeführt wird. Hierbei bezeichnet Fµ ,haft die maximale Haftkraft zwischen

Tragrolle und Fördergut.

32
4.3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE

Für die Neuordnung gilt somit:

Λ gleit ,2 := Λ gleit ,1 ∪ {i | i ∈ Λ haft ,1 ∧ FR ,i > Fµ ,haft }


(4.55)
Λ haft ,2 := Λ haft ,1 \ ( Λ gleit ,1 ∩ Λ gleit ,2 )

Analog zu (4.48) und (4.49) lassen sich die haftenden Tragrollen aus Λ haft ,2 und das För-

dergut zu einem Teilsystem zusammenfassen, das eine gemeinsame Beschleunigung ɺyɺ und eine
gemeinsame Geschwindigkeit yɺ besitzt.

 1  M R ,i 
y  mk + ∑ Θi ⋅ 2  = −  ∑
ɺɺ  − FB
 rT   i∈Λ
 i∈Λ haft ,2  haft ,2 rT 

+ ∑ rT Di ⋅ ϕɺi −1 − ( Di + Di +1 ) ⋅ yɺ + rT Di +1 ⋅ ϕɺi +1 (4.56)


i∈Λ haft ,2

+ ∑ rT Ci ⋅ ϕi −1 − rT ( Ci + Ci +1 ) ⋅ ϕi + rT Ci +1 ⋅ ϕi +1
i∈Λ haft ,2

33
KAPITEL 5 ERMITTLUNG DER ELEKTRISCHEN
ELEKTR SYSTEMPARAMETER

Kapitel 5 Ermittlung der elektrischen


System
Systemparameter
Im Rahmen dieses Kapitels sollen die elektrischen Parameter des analytischen Modells
aus Kapitel 4 für eine Beispielmaschine
Beispielmaschine bestimmt werden. Die Parameter des hierzu ausgewähl-
ten Synchronmotors wurden anhand von durchgeführten elektrischen Messungen und unter An-
A
wendung der numerischen Feldberechnung
Feldbe mit der Software FEMAG [15] für eine Maschine des
Lehrstuhls für elektrische Antriebe und Mechatronik der technischen Universität Dortmund er-
mittelt.

Die Daten der Maschine bilden im weiteren Verlauf der Arbeit gemeinsam mit den im
Rahmen einer Veröffentlichung des SFB 696 [3] ermittelten mechanischen Parametern einer
Förderstrecke die Grundlage für einen Beispielaufbau,
bau, dessen Systemverhalten unter Anwen-
dung des in Kapitel 6 beschriebenen
beschriebe Computerprogramms simuliert und in Kapitel 7 beschrieben
wird.

Bei dem verwendeten Synchronmotor handelt es sich um eine vierpolige, fremderregte


Maschine mit einer Nennscheinleistung von 1000 VA.
VA In Sternpunktschaltung wird der Motor
mit einer verketteten Spannung von 400 V betrieben. Die Maschine besitzt auf der Statorseite
eine Einschichtwicklung, die auf 36 Nuten verteilt ist. Der Rotor der Maschine ist magnetisch
vollsymmetrisch aufgebaut und enthält eine zweischichtige Erregerwicklung, die sich über 18
Nuten erstreckt. Die Wicklung entspricht hierbei vom schematischen Aufbau
Aufbau einer Drehstrom-
Drehstro
wicklung,
cklung, deren Phasen gemäß Abbildung 5-1 geschaltet sind und durch Anlegung einer Gleich-
Gleic
spannung aus Sicht des Rotors ein sinusförmiges,, vierpoliges Magnetfeld ausprägen.

Abbildung 5-1 Verschaltung der Erregerwicklung

35
KAPITEL 5 ERMITTLUNG DER ELEKTRISCHEN SYSTEMPARAMETER

Die Beispielmaschine besitzt keine ausgeprägte Dämpferwicklung. Im Folgenden wird


allerdings zur Erfassung der dämpfenden asynchronen Momente aufgrund von Wirbelströmen
im Eisen jeweils ein Dämpferkreis in Quer- und Längsrichtung angenommen, um eine Darstel-
lung über Stromkreise im Park-Modell zu ermöglichen.

Nach der Herleitung in Abschnitt 4.2.3 lässt sich die Synchronmaschine durch folgende
Parameter vollständig modellieren:

Maschinenwiderstände:
RS RF′ Rkd′ Rkq′
Maschineninduktivitäten:
Lhd Lhq Lσ Lσ′ , F Lσ′ ,kd Lσ′ ,kq

Die auf den Stator bezogenen Größen erfordern nach der mess- bzw. simulationstechni-
schen Ermittlung eine Umrechnung auf den Stator anhand der Umrechnungsfaktoren auf Basis
der Windungszahlenverhältnisse der beteiligten Stränge aus (4.16), wonach für eine
dreisträngige Maschine galt:
2 2
3 N  3 N 
Lσ′ , j =  S  Lσ , j , R′j =  S  R j
2  N j  2  N j 
Die Ermittlung der Maschineninduktivitäten unter Anwendung der numerischen Feldbe-
rechnung basiert auf dem für den Umgang mit der magnetischen Induktion in der klassischen
Elektrodynamik wesentlichen mathematischen Konzept des Vektorpotentials. Hiermit kann unter
bestimmten Voraussetzungen eine Reduktion des ursprünglich dreidimensionalen Betrachtungs-
raums auf ein zweidimensionales Problem erreicht werden, indem die gesuchte vektorielle Feld-
größe der magnetischen Flussdichte B aus einem auf dem Maschinenquerschnitt definierten
Skalarfeld abgeleitet wird.

Die in der Synchronmaschine zulässigen Annahmen, dass alle auf dem Maschinenquer-
schnitt auftretenden Stromdichten nur eine Komponente in z-Richtung, also entlang der Rotati-
onsachse der Maschine aufweisen und sich der Maschinenquerschnitt über der Länge z nicht
verändert, ermöglichen die Berechnung des Vektorpotentials A über die Lösung eines zweidi-
mensionalen Randwertproblems, der Poissongleichung.

36
4.3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE

Es gilt unter Einbezug der Stromdichte j und der magnetischen Permeabilität µ:

∇ 2 ⋅ AZ = −µ ⋅ jz (5.1)

Die zur Berechnung der Induktivitäten benötigte magnetische Induktion B lässt sich an-
schließend als Rotation des Vektorpotentials bestimmen, so dass gilt:

B = ∇× A (5.2)
Zur Lösung des Randwertproblems aus (5.1) zur Bestimmung des magnetischen Feldes
über einem zweidimensionalen Querschnitt werden aufgrund der komplexen Maschinengeomet-
rie numerische Lösungsverfahren verwendet. Es gibt eine Vielzahl an numerischen Verfahren,
denen grundsätzlich gemeinsam ist, dass die Darstellung des Raumes nicht mehr kontinuierlich
erfolgt, sondern in diskreten Abschnitten. Das betrachtete Gebiet wird hierbei über die Verbin-
dung einzelner Knoten definiert. Die einzelnen Verfahren unterscheiden sich z.B. in geometri-
schen Bedingungen für das Netz der Verbindungskanten oder darin, ob auf dem Gesamtgebiet
Untergebiete definiert werden [2].

Bei der zu lösenden Poissongleichung (5.1) des Vektorpotenzials handelt es sich um eine
elliptische partielle Differentialgleichung zweiter Ordnung. Das verwendete Berechnungspro-
gramm FEMAG löst die Poissongleichung unter Anwendung des Variationsverfahrens der Fini-
ten Elemente. Bei diesem Verfahren wird das betrachtete Gebiet in eine endliche Anzahl von
Untergebieten, die Elemente, aufgeteilt. Hierbei kann die Anzahl der Kanten pro Element variie-
ren und unterliegt im Prinzip keinen Einschränkungen, wobei zumeist aufgrund des geringeren
Rechenaufwands einfache Polygone wie Drei- oder Vierecke verwendet werden. Innerhalb der
Elemente werden lokale Ansatzfunktionen definiert. Einsetzen dieser Ansatzfunktionen in die
ursprüngliche Differenzialgleichung ergibt ein algebraisches Gleichungssystem, dessen Lösung
wiederum numerisch erfolgt.

Die Vorgehensweise bei der Ermittlung der Maschineninduktivitäten orientiert sich an


der theoretischen Kopplung der Grundwellen der Maschine in der dreiphasigen Darstellung aus
Kapitel 4.2.2. Hierbei galt nach (4.10) für die Eigeninduktivität LS einer Statorphase in Abhän-
gigkeit vom mechanischen Rotorwinkel φ und der Polpaarzahl p:

LS = Lσ + LA − LB cos ( 2 ⋅ p ⋅ϕ ) (5.3)

37
KAPITEL 5 ERMITTLUNG DER ELEKTRISCHEN SYSTEMPARAMETER

Die Koppelinduktivitäten zweier Statorphasen konnten über den Term

1
M SS = − LA (5.4)
2
beschrieben werden.

Werden nun die Induktivitäten LS und MSS im Moment maximaler ( Lmax


S ) und minima-

ler ( Lmin π
S ) Flusskopplung, also bei einem resultierenden mechanischen Winkelversatz von 2p

numerisch bestimmt, so lassen sich daraus die benötigten Größen LA , LB und Lσ ermitteln:

π
Lmax
S ⇔ϕ = ⇒ Lmax
S = Lσ + LA + LB
2p (5.5)
Lmin
S ⇔ϕ = 0⇒ L min
S = Lσ + LA − LB

Daraus folgt:

LB = ( LS − Lmin
1 max
2
S )
(5.6)
Lσ + LA = ( Lmax S )
1
S + Lmin
2
Unter Anwendung von (5.4) gilt dann:

Lσ =
2
(
1 max
S ) + 2 M SS
LS + Lmin (5.7)

Aus den ermittelten Parametern lassen sich anschließend nach (4.11) die aus dem Ersatz-
schaltbild der Synchronmaschine bekannten Hauptinduktivitäten Lhq und Lhd bestimmen:

3
Lhq = ( LA − LB )
2
3
Lhd = ( LA + LB )
2

Aus den Eigeninduktivitäten Lfd , Lkd und Lkq der Erregerwicklung und der Dämpfer-

wicklungen ergeben sich die bezogenen Rotorinduktivitäten Lσ′ ,kq , Lσ′ , fd , Lσ′ ,kd mit der Umrech-

nung nach (4.16) aufgrund der vereinfachenden Annahme, dass die Hauptinduktivitäten aller
Wicklungen einer Achse identisch sind.

38
4.3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE

Es gilt somit:
2 2 2
3 N  3 N  3 N 
Lσ′ , fd =  S  L fd − Lhd , Lσ′ ,kd =  S  Lkd − Lhd , Lσ′ ,kq =  S  Lkq − Lhq (5.8)
2  N fd  2  N kd  2  N kq 
Abbildung 5-2 zeigt den Querschnitt der simulierten Maschine bei Stromspeisung einer
Statorphase bzw. der Erregerwicklung. Der Rotor wurde hierbei so gedreht, dass die magneti-
schen Achsen des gespeisten Statorstrangs und der Erregerwicklung in Phase liegen.

Abbildung 5-2: Feldlinienverlauf bei Stromspeisung der Erreger- bzw. einer Statorphase

Aufgrund der Vollpolbauweise des Rotors der untersuchten Beispielmaschine ergab sich

für LB der Wert 0. Es lässt sich zudem anhand der geometrischen Querschnitte aus Abbildung
5-2 erkennen, dass die Maschine nicht über einen ausgeprägten Dämpferkäfig verfügt. Aller-
dings entstehen durch Wirbelströme im Rotoreisen asynchrone Ausgleichsmomente, deren Be-
rücksichtigung über die Modellierung eines Ersatzkäfigs erfolgen soll.

Bei Modellierung zweier identischer, um 90° verschobener Wicklungen auf dem Rotor
stellt sich bei Vollpolbauweise die gleiche Welle im Luftspalt wie bei einem vollsymmetrischen
Käfig ein. Dieser Umstand wird im Zweichsenmodell für die Darstellung eines Dämpferkäfigs
über die konzentrierten Dämpferwicklungen in der d- bzw. q-Achse genutzt. Beim Auftreten

39
KAPITEL 5 ERMITTLUNG DER ELEKTRISCHEN SYSTEMPARAMETER

einer Schlupffrequenz ωS induziert die Grundwelle des Luftspaltfeldes unter Berücksichtigung


des mechanischen Umfangswinkels ϕ in den konzentrierten Dämpferwicklungen jeweils ein
betragsgleiches, räumlich und zeitlich um 90° zueinander verschobenes Wechselfeld der Form:

Bq = B ⋅ sin (ω S ⋅ t ) sin (φ ) , Bd = B ⋅ cos (ω S ⋅ t ) cos (φ ) (5.9)

Die Wechselfelder lassen sich über die Anwendung der Additionstheoreme für Winkel-
funktionen in die Funktion einer umlaufenden Welle mit Schlupfgeschwindigkeit ωS wie beim
Käfigläufer umformen:

⋅ ( cos (ωS ⋅ t − φ ) − cos ( ωS ⋅ t + φ ) ) + ⋅ ( cos (ωS ⋅ t − φ ) + cos (ωS ⋅ t + φ ) )


B B
Bd + Bq =
2 2 (5.10)
= B cos (ωS ⋅ t − φ )

Bei den nachstehend aufgeführten Werten für die Streuinduktivitäten der Ersatzdämpfer-
wicklungen Lσ′ ,kd und Lσ′ ,kq handelt es sich um Annahmen, deren Größenordnung sich an den

simulierten Parametern orientiert. Die restlichen Größen ergaben sich nach der im Verlaufe des
Kapitels beschriebenen Berechnung auf Grundlage der Annahme identischer Hauptinduktivitäten
für alle gemeinsamen Wicklungen einer Achse.

[Henry] [p.u.]

Lhd 0,741 X hd 1,45

Lhq 0,741 X hq 1,45

Lσ 0,172 Xσ 0,33

Lσ′ , fd 0,204 Xσ′ , fd 0,4

Lσ′ ,kd 0,051 X σ′ ,kd 0,1

Lσ′ ,kq 0,051 X σ′ ,kq 0,1

Tabelle 1: Induktivitäten der Beispielmaschine

Für die Bestimmung der p.u.-Größen wurde die Bezugsimpedanz ZB der Maschine aus
den Nenngrößen bestimmt:

40
4.3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE

3 ⋅ U N , Strang 2
2
3  400V 
ZB = = ⋅ = 160Ω (5.11)
S 1000VA  3 

Die Ermittlung der elektrischen Widerstände der Statorphasen und der Erregerwicklung
erfolgte auf messtechnischem Wege über die Anlegung einer Gleichspannung an den Stator-
bzw. Rotorklemmen. Die Werte der Ersatzdämpferwicklungen wurden wiederum über charakte-
ristische Größenverhältnisse zu den gemessenen Werten bestimmt.

[Ohm] [p.u]

RS 10,1 0,063

R′fd 16,45 0,103

Rkd′ 8 0,05

Rkq′ 8 0,05

Tabelle 2: Elektrische Widerstände der Beispielmaschine

41
KAPITEL 6 IMPLEMENTIERUNG DES MODELLS

Kapitel 6 Implementierung des Modells


Im Verlauf der vorangegangenen Kapitel wurde mit der mathematischen Modellierung
des mechatronischen Systems des Rollenförderers als nichtlineares Differentialgleichungssystem
zweiter Ordnung und der exemplarischen Beschreibung der numerischen und messtechnischen
Parameterbestimmung der Synchronmaschine bzw. der Förderstrecke die Grundlage für eine
computergestützte Systemsimulation gelegt.

Die Anforderungen an die zu programmierende Simulationsumgebung umfassten neben


der Einbindung eines numerischen Verfahrens zur Lösung der Systemgleichungen die Imple-
mentierung einer Eingabeschnittstelle für die Parameterdaten, die Startbedingungen und die wei-
teren Einstellungen der durchzuführenden Simulation. Ausgangsseitig lassen sich sämtliche
Zeitverläufe der als verallgemeinerte Koordinaten nach dem Euler-Lagrange-Verfahren definier-
ten Größen, sowie die Zeitverläufe der indirekt aus den generalisierten Koordinaten bestimmba-
ren Größen wie z.B. des elektrischen Moments, oder des Polradwinkels grafisch generieren,
bzw. tabellarisch abrufen.

Das Schema aus Abbildung 6-1 zeigt den groben Aufbau der Simulationsumgebung, des-
sen einzelne Module im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen.

Dateneingabe Eingabedaten
Anwender Benutzerschnittstelle Aufbereitung der Daten
Datenausgabe Rollenförderer.m Ausgabedaten Simulation.m

Mmech(t)
u(t) x0, t0 x(t)
Systemparameter
Vorgabe eines
Momentenverlaufs
an der Welle xk+1, tk+1
Ableitungen_berechnen.m ODE-Solver
Einbindung der dxk/ dt
mechanischen
Förderstrecke

Abbildung 6-1: Schematischer Aufbau des erstellten Simulationsprogramms

43
KAPITEL 6 IMPLEMENTIERUNG DES MODELLS

Rollenförderer.m:
Bei diesem Modul handelt es sich um die Eingabeschnittstelle für den Anwender. Neben
der Übergabe der Systemparameter werden hier sämtliche Einstellungen für die durchzuführende
Simulation vorgegeben. Hierbei handelt es sich um:

• Einstellungen zur Berechnung


o Simulationszeitraum
o Fehlertoleranz des numerischen ODE-Solvers
o Externe Zeitschrittweite
• Zu simulierender Betriebszustand der Synchronmaschine
o Motor/Statorbetrieb
o über/untererregt
o Scheinleistung im stationären Betrieb
o geforderter Leistungsfaktor im stationären Betrieb
• Hochlauf- bzw. allgemeine Geschwindigkeitsvariation durch lineare zeitliche Än-
derung der Speisefrequenz
o asynchroner Hochlauf
o synchroner Hochlauf
 Start- und Endfrequenz
 Zeitraum der Frequenzänderung
 abzufahrende u/f-Kennlinie
• Belastung der Maschine
o Vorgabe einer zeitlich bestimmten Lastkennlinie
o Zuschaltung der mechanischen Förderstrecke
• Parametervariation
o Vorgabe des zu variierenden Parameters
o Variationsintervall und Schrittweite
• Fortsetzungsrechnung

44
4.3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE

Simulation.m
In diesem Modul findet eine Aufbereitung der Parameterdaten statt. Neben der Aufstel-
lung der zeitunabhängigen Systemmatrizen erfolgt eine Festlegung bzw. Berechnung der Start-
werte gemäß den in Rollenförderer.m vorgenommenen Einstellungen.

Die Simulationsprogramm berechnet für einen stationären Belastungsfall auf Basis einer
vorgegebenen sinusförmigen Klemmenspannung und einer geforderten Scheinleistung S mit zu-
gehörigem Leistungsfaktor die Anfangswerte zu dem gewählten Startzeitpunkt t. Die Effektiv-
werte der Ankerströme, der sich einstellenden Polradwinkel und die erforderliche Erregerspan-
nung werden hierzu vom Programm anhand des komplexen Zeigerdiagramms aus Kapitel 2 für
die Stranggrößen berechnet und anschließend in das Zweiachsensystem transformiert. Beim
Hochlauf der Maschine aus dem Stillstand werden sämtliche Startgrößen bis auf den Erreger-
strom im synchronen Fall zu null angenommen.

Für die Berechnung der dynamischen Zeitverläufe der generalisierten Koordinaten des
Systems werden die Anfangswerte an den ODE-Solver übergeben, der das Differentialglei-
chungssystem durch schrittweise Auswertung des Moduls Ableitungen_berechnen.m löst.

ODE-Solver:
Bei der Wahl des eingebundenen ODE-Solvers kann der Anwender auf mehrere in
MATLAB implementierte Lösungsverfahren zurückgreifen. An dieser Stelle soll daher die prin-
zipielle Vorgehensweise und eine Klassifikation der numerischen Lösungsverfahren zur Berech-
nung von Anfangswertproblemen auf gewöhnlichen Differentialgleichungen gegeben werden.

Grundsätzlich wird bei den numerischen Verfahren zwischen Ein- und Mehrschrittverfah-
ren unterschieden. Einschrittverfahren verwenden im Gegensatz zu Mehrschrittverfahren aus-
schließlich Daten des aktuellen Zeitpunkts zur Berechnung der Näherungslösung des folgenden
Zeitpunkts. Der Großteil der numerischen Lösungsverfahren für Differentialgleichungen basiert
auf dem Ansatz, den kontinuierlichen Steigungsverlauf einer Funktion durch die Steigungen an
einzelnen diskreten Punkten zu ersetzen hierüber den Funktionsverlauf sukzessive zu entwickeln.
Der Abstand der diskreten Auswertungspunkte wird über die Vorgabe einer Zeitschrittweite h
bestimmt.

45
KAPITEL 6 IMPLEMENTIERUNG DES MODELLS

In einem Einschrittverfahren wird zumeist die Veränderung eines Zeitschrittes in mehre-


ren Stufen berechnet. Für ein Anfangswertproblem der Form

x′ = f ( t , x ( t ) ) , x ( t0 ) = x0 (6.1)

wird auf Grundlage einer Rekursionsformel

xk +1 := xk + h ⋅ Φ ( tk , xk , h, f ) (6.2)

die Funktion x schrittweise berechnet. Die bei nichtlinearen Funktionen notwendigerwei-


se auftretenden Fehler werden durch eine Kombination mehrerer Differenzenquotienten redu-
ziert. Diese stufenweise Ermittlung wird über die Inkrementfunktion Φ beschrieben. Hängt die
Form von Φ von der Zeitschrittweite h ab, so spricht man von einem impliziten-, ansonsten von
einem expliziten Verfahren. Allgemein ist der Aufwand eines Integrationsschritts in expliziten
Verfahren deutlich geringer als bei impliziten Verfahren. Implizite Verfahren finden dann An-
wendung, wenn sie den Nachteil der Wahl einer höheren Schrittweite durch eine gesteigerte Ge-
nauigkeit gegenüber expliziten Verfahren ausgleichen können. Dieser Fall trifft hauptsächlich
bei der Klasse der sogenannten steifen Differentialgleichungen auf. Eine Differentialgleichung
wird genau dann als steif bezeichnet, wenn das zugehörige charakteristische Polynom gleichzei-
tig sehr kleine und sehr große Nullstellen besitzt.

Ableitungen_berechnen.m:
Bei dem Modul Ableitungen_berechnen.m handelt es sich um die in (6.1) mit f bezeichne-
te Funktionsvorschrift zur Bestimmung der Ableitungen der generalisierten Koordinaten zum
Zeitpunkt t. Nach der Herleitung über das Euler-Lagrange-Verfahren und Transformation in das
Zweiachsensystem wird das Teilsystem der Synchronmaschine über die generalisierten Koordi-
naten der Maschinenströme

  I qd 0  [ I F ]  = ( iq , id , i0 , ikq , i fd , ikd )
 
T T
 ′ ′ ′

und des mechanischen Rotorwinkels φ als ein System zweiter Ordnung beschrieben.

Durch Einführung der Hilfsvariablen


ω= (6.3)
dt

46
4.3 DIE MECHANISCHE FÖRDERSTRECKE

lässt sich das Teilsystem der Maschine auf ein Differentialgleichungssystem erster Ord-
nung reduzieren. Umformung der Spannungs- und Momentengleichungen aus (4.33) bzw. (4.6)
nach dem Vektor der Ableitungen für die Übergabe an den ODE-Solver ergibt:

d   I qd 0     U qd 0    
  − R + M   I qd 0   

dt  [ I F ] 
 = [M 2 ]  
−1

  [U F ] 
( [ ] [ ] )
 [ I F ]  
1
 

ω= (6.4)
dt
d ω ( M mech + M el − DR )
=
dt Θ
mit

 Rs ω ⋅ ( Lhd + Lσ ) 0 0 −ω ⋅ Lhd −ω ⋅ Lhd 


 
 −ω ⋅ ( Lhq + Lσ ) Rs 0 ω ⋅ Lhq 0 0 
 
[ R] + [ M1 ] =  0 0 Rs 0 0 0 
 0 0 0 Rkq′ 0 0 
 
 0 0 0 0 R′fd 0 
 0 0 0 0 0 Rkd′ 

 Lhq + Lσ 0 0 Lhq 0 0 
 
 0 Lhd + Lσ 0 0 Lhd Lhd 
 0 0 Lσ 0 0 0 
[M 2 ] =  L 0 0 Lhq + Lσ′ ,kq 0 0

 hq 
 0 Lhd 0 0 Lhd + Lσ′ , fd Lhd 
 
 0 Lhd 0 0 Lhd Lhd + Lσ′ ,kd 

M el =
3 p
2 2
((
⋅ ⋅ Ld ⋅ ( id + i′fd + ikd ) (
′ ) ⋅ iq − Lq ⋅ ( iq + ikq
′ ) ⋅ id ) )
Erfolgt keine Einbindung einer dynamischen Last bzw. eines dynamischen
Antriebsmomments, so sind die Zeitverläufe der Spannungen und das mechanische Moment der
Welle über die zu Simulationsbeginn gewählten Einstellungen eindeutig bestimmt und lassen
sich zu jedem Zeitpunkt t als Systemeingangsgrößen über die Module Spannungsverlauf.m und
Momentenverlauf.m einlesen.

Bei Ankopplung der Förderstrecke an die Antriebswelle der Maschine anstelle eines vor-
gegebenen Momentenverlaufs wird das mechanische Moment zu einer systeminternen Größe,
die nach (4.40) sowohl von der Höhe des elektrischen Moments und somit den Strömen als auch

47
KAPITEL 6 IMPLEMENTIERUNG DES MODELLS

von den generalisierten Koordinaten der Förderstrecke abhängt. Die Berechnung der Stromablei-
tungen und des elektrischen Moments zu einem Zeitpunkt t erfolgt bei Einbindung der Förder-
strecke analog zur Berechnung bei fest vorgegebenem mechanischem Momentenverlauf.

Die Anzahl der mechanischen Freiheitsgrade und Bewegungsgleichungen erhöht sich


hierbei wie in Abschnitt 4.3 beschrieben auf maximal n + 2 , wobei n die Anzahl der Tragrollen
des Systems bezeichnete.

Spannungsverlauf.m

Nach Vorgabe der in dem Modul Simulation.m gewählten Einstellungen wird für jeden
Zeitpunkt t die an den Ankerklemmen abfallende Spannung ausgegeben. Neben der Einstellung
eines stationären, sinusförmigen Spannungsverlaufs besteht die Möglichkeit der Simulation eines
synchronen Hochlaufs der Maschine über die Vorgabe einer linearen Frequenzvariation der
Klemmenspannung und einer daran gekoppelten u/f-Kennlinie zur frequenzabhängigen Einstel-
lung der Spannungsamplitude.

48
KAPITEL 7 SIMULATIONSERGEBNISSE

Kapitel 7 Simulationsergebnisse
Unter Verwendung der in Kapitel 6 vorgestellten Simulationsumgebung wurde anhand
von systematischen Untersuchungen das Betriebsverhalten der Beispielmaschine aus Kapitel 5
analysiert. Über den Vergleich mit den Ergebnissen analytischer Berechnungsmethoden und all-
gemeinen Plausibilitätsüberlegungen wurde anschließend die korrekte Funktion des erstellten
Programms untersucht. Den Abschluss der Simulationen bildete die Untersuchung der Funkti-
onsfähigkeit der Kopplung der Teilsysteme der Synchronmaschine und der Förderstrecke.

7.1. Simulation der Synchronmaschine


Die nachfolgend simulierten Betriebsfälle wurden anhand der ermittelten Parameter der
verwendeten Beispielmaschine exemplarisch durchgeführt. Die Maschine ist für eine Nennleis-
tung von 1000 VA bei einem Leistungsfaktor von 0,8 und einer verketteten Nennspannung von
400 Volt ausgelegt. Nachfolgend werden zunächst ausgewählte Größen bzw. Zeitverläufe für
den stationären Betrieb dargestellt. Anschließend folgt die Beschreibung und Auswertung tran-
sienter Vorgänge.

7.1.1. Darstellungskonvention
Die im Rahmen des Kapitels vorgestellten Simulationsergebnisse sollen zur besseren
Vergleichbarkeit zum Großteil im per-unit-System dargestellt werden. Hierbei erfolgt im Dreh-
stromsystem mit den Effektivwerten der Stranggrößen ein Bezug auf die Nennscheinleistung der
Maschine:

UN
SN = 3 ⋅ ⋅ IN (7.1)
3
Der Bezugsstrom bzw. die Bezugsimpedanz ergeben sich für die Beispielmaschine zu:

U N2 ( 400V )
2
S 1000VA
IN = = = 1, 45A, ZN = = = 160Ω (7.2)
3 ⋅U N 3 ⋅ 400V S 1000VA

49
KAPITEL 7 SIMULATIONSERGEBNISSE

Die Normierung für das Zweiachsen-System erfolgt ebenfalls über den Bezug auf die
Nennscheinleistung der Maschine. Hierfür ergibt sich der Ausdruck:

3
S N = U N ,qd 0 I N ,qd 0 (7.3)
2

Bei der Bezugsspannung U N ,qd 0 handelt es sich um den Scheitelwert der dreiphasigen

UN
Strangspannung 2⋅ . Für die Beispielmaschine ergibt sich der Bezugsstrom somit zu:
3

2 ⋅ SN 2 ⋅ SN 2 ⋅1000VA
I N ,qd 0 = = = = 2, 05A (7.4)
3 ⋅ U N ,qd 0 3 ⋅U N 3 ⋅ 400V

Das Bezugsmoment wird über die Nennscheinleistung der Maschine berechnet:

S N = M N ⋅ ωmech , N
SN p ⋅ SN 2 ⋅1000VA (7.5)
⇒ MN = = = = 6,366Nm
ωmech, N ωel , N 2 ⋅ π ⋅ 50Hz

7.1.2. Stationärer Betrieb


Aufgrund der einfachen rechnerischen Überprüfbarkeit wurde zu Beginn der stationäre
Nennbetrieb der Beispielmaschine simuliert und anschließend anhand der Werte aus Tabelle 1
und Tabelle 2 aus Kapitel 5 analytisch berechnet.

i [p.u.]
1,5
1,25
1
0,75
0,5
0,25
0 Ir
-0,25
Is
-0,5
-0,75 It
-1
-1,25
-1,5
0 0,005 0,01 0,015 0,02 0,025 0,03 0,035 0,04 0,045 0,05

Zeit [s]

Abbildung 7-1: Verlauf der dreiphasigen Klemmenströme bei Nennbetrieb

50
7.1 SIMULATION DER SYNCHRONMASCHINE

Abbildung 7-1 zeigt den simulierten stationären Verlauf der Lastströme an den Klemmen.
Die Amplituden der Klemmenströme ergeben sich wie erwartet zu 2 p.u.

Im Nennbetrieb ergibt sich bei einem Leistungsfaktor von 0,8 folglich eine bezogene
elektrische Eingangsleistung von Pel = 0,8 p.u. Die mechanische Ausgangsleistung an der Ro-
torwelle beträgt bei Vernachlässigung mechanischer Reibungsverluste gemäß dem in Abbildung
7-2 dargestellten elektrischen Moment 0,75 p.u. Die Maschine arbeitet also mit einem Wir-
kungsgrad von 93,7%, wobei nur elektrische Verluste berücksichtigt werden. Der sich im Nenn-
betrieb einstellende Polradwinkel beträgt -35,7 Grad.

Polradwinkel [Grad] Mel [p.u.]


-35,5 0,9

-35,6 0,85
0,8
-35,7
0,75
-35,8
0,7
-35,9 0,65

-36 0,6
0 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05
Polradwinkel Zeit [s] elektrisches Moment Zeit [s]

Abbildung 7-2: Elektrisches Moment und Polradwinkel bei Nennbetrieb

Die analytische Überprüfung anhand des Zeigerdiagramms analog zu Abbildung 2-1


ergab über die Berechnung mit

U 1 = U p + I 1 ( R1 + j ⋅ X d ) (7.6)

den simulierten Polradwinkel.

Die dem im erstellten Simulationsprogramm verwendeten Differentialgleichungssystem


zugrundeliegende Zweiachsentransformation besitzt über ihre Funktion als mathematisches
Hilfsmittel hinaus durchaus physikalische Interpretationsmöglichkeiten.

In Abbildung 7-3 wird der Verlauf der Achsenströme im stationären Nennbetrieb darge-
stellt. Die erkennbaren Gleichströme lassen sich durch eine Interpretation der Spannungsglei-
chungen des Zweiachsensystems aus (4.32) anschaulich erklären.

51
KAPITEL 7 SIMULATIONSERGEBNISSE

i [p.u.]
1,25
1
0,75
0,5
0,25
0
iq
-0,25
-0,5 id
-0,75
-1
-1,25
0 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05
Zeit [s]

Abbildung 7-3: Verlauf der d- und q-Ströme bei Nennbetrieb

Hierfür soll die Synchronmaschine entgegen der bisherigen Betrachtung als Innenpolaus-
führung in der Außenpolbauform angenommen werden. Dies entspricht anschaulich der Umkeh-
rung der Innenpolausführung, indem die Drehstromwicklung des Ankers auf dem Rotor ange-
bracht wird und die vormals rotierenden Erreger- und Dämpferwicklungen stationär auf dem
Stator liegen. Mathematisch sind die beiden Ausführungen äquivalent, allerdings steht die
Grundwelle des Luftspaltfeldes nun fest im Raum, und die rotatorische Induktion erfolgt durch
die Drehbewegung der Ankerwicklungen.

Die Zweiachsentransformation überführt die rotierenden Drehstromwicklungen nun an-


schaulich in eine in der d- bzw. q-Achse stationär gedachte zweisträngige Wicklung. Diese
Wicklungen sind dementsprechend mit den ebenfalls feststehenden Polradgrößen derselben Ach-
se transformatorisch gekoppelt. Betrachtet man allerdings die Spannungsgleichungen der Ach-
senwicklungen d und q aus (4.32),

d
uq = RS ⋅ iq + ω ⋅ψ d + ψq
dt
,
d
ud = RS ⋅ id − ω ⋅ψ q + ψ d
dt
so erscheint neben dem transformatorischen- noch ein rotatorischer Anteil, der daher
kommt, dass zwar die Ströme, bzw. der Fluss der Achsenwicklungen d und q als stationär im
Raum angenommen werden, die Leiter aber mit der Winkelgeschwindigkeit des Läufers rotieren
und somit zusätzliche Spannungen induzieren.

52
7.1 SIMULATION DER SYNCHRONMASCHINE

Im stationären Zustand ist ω konstant, so dass der rotatorische Spannungsanteil hierdurch


einen konstanten Faktor besitzt. Fließt nun in den Achsenwicklungen d und q ein Gleichstrom,
so entfallen die transformatorischen Anteile, da die Dämpferwicklungen demnach keinen Strom
führen und die Erregerwicklug einen Gleichstrom gemäß der angelegten Spannung. ψ d und ψ q

haben somit ebenfalls konstante Werte.

7.1.3. Transienter Betrieb


Wie einleitend in Kapitel 2 erwähnt wurde, treten bei einer Änderung der mechanischen
Last oder dem Betrag bzw. der Frequenz der Klemmenspannung Ausgleichsvorgänge auf, deren
analytische Untersuchung die Lösung des Differentialgleichungssystems der Maschine nach Ab-
schnitt 4.2.3 erfordert. Während der Ausgleichsvorgänge kommt es häufig zu mechanischen,
bzw. elektrischen Belastungen der Maschine, bei denen die Größen des Nennbetriebs um ein
Vielfaches überschritten werden. Die Dimensionierung eines Antriebs für einen bestimmten Be-
triebszweck erfordert somit unbedingt die Berücksichtigung der zu erwartenden transienten Be-
lastungsgrenzfälle.

Im Hinblick auf den Einsatz eines Synchronmotors als Antrieb einer logistischen Förder-
strecke kommt der transienten Antwort der Maschine auf zwei Belastungsänderungen eine be-
sondere Bedeutung zu, der sprunghaften Laständerung und dem Anlauf aus dem Stillstand. Ein-
leitend soll allerdings mit dem dreipoligen Klemmenkurzschluss ein Grenzbelastungsfall behan-
delt werden, bei dem Klemmenströme und das auftretende mechanische Moment für einen kur-
zen Zeitraum ein Vielfaches ihres Nennwertes annehmen.

Stoßkurzschluss

Zum besseren Verständnis des Kurzschlussvorgangs soll der auftretende Wirkmechanis-


mus einleitend am vereinfachten Beispiel einer Ankerphase einer im Leerlauf befindlichen Ma-
schine erklärt werden. Im Leerlauf erfolgt die Spannungsinduktion in der Spule ausschließlich
durch die Flussänderung aufgrund der Rotation des Hauptfeldes.

Erfolgt nun an der Klemme ein plötzlicher Kurzschluss, so fällt die Spannung auf null ab:

di dψ
u = −L =− =0 (7.7)
dt dt

53
KAPITEL 7 SIMULATIONSERGEBNISSE

Vom Augenblick des Kurzschlusses an bleibt der die Spule durchsetzende Fluss also
konstant. Die sich nach dem Kurzschluss weiterhin verändernde Kopplung mit dem Hauptfeld
muss demnach durch den Aufbau eines Gegenfelds kompensiert werden. Der für die Ausbildung
dieses Kompensationsmagnetfeldes benötigte Strom ist nun genau der Kurzschlussstrom.

Es lässt sich einfach folgern, dass die höchsten Kurzschlussströme somit genau dann auf-
treten, wenn der Kurzschluss zum Zeitpunkt der maximalen Flusskopplung der Spule mit dem
Hauptfeld, also im Spannungsnulldurchgang eingeleitet wird, da der Kurzschlussstrom somit
nach Durchlaufen einer Polteilung ein Feld der doppelten Stärke des Hauptfeldes erzeugen muss.

ir [p.u.]
6

0 KS bei t = 0,105 s
KS bei t = 0,11 s
-2
KS bei t = 0,115 s
-4

-6
0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4
Zeit [s]

Abbildung 7-4: Verlauf des Klemmenstromes der Phase R bei unterschiedlichen KS-Zeitpunkten

Abbildung 7-4 zeigt, dass sich der Kurzschlussstrom, aus einem Gleich- und einem
Wechselanteil zusammensetzt. Der Gleichanteil hängt gemäß der einleitenden Überlegung von
der Polradstellung beim Kurzschlusseintritt ab und klingt mit der Zeit aus.

Anhand des analytischen Ausdrucks

 1 − Tt  1 t
1  − Td′′  1 1  − Td′′ 1 
t

iR = 2 ⋅U N  e ⋅ cos (α ) −  
a
−  e + −  e +  ⋅ cos ( ωt − α ) 
 X d′′  X d 
  X d′′ X d′   X d′ X d  
(7.8)
lässt sich der Verlauf des Klemmenstromes der Phase R beim Stoßkurzschluss aus dem
Leerlauf genauer untersuchen. Hierzu sei angenommen, dass für α = 0 zum Zeitpunkt t = 0 s

54
7.1 SIMULATION DER SYNCHRONMASCHINE

die volle Flussverkettung zwischen Hauptfeld und Wicklung besteht. Der erste Summand be-
schreibt somit den erwähnten, mit Ta abklingenden Gleichanteil.

Der Wechselanteil lässt sich zerlegen in

• einen Daueranteil

• einen transienten Anteil

• einen subtransienten Anteil

Der subtransiente Anteil entsteht durch die Ausgleichsvorgänge zwischen Dämpfer- und

Erregerkreis. Die zugehörige Abklingkonstante Td ′′ ist kleiner als die Abklingkonstante Td ′ des
transienten Anteils. Bei dem transienten Anteil handelt es sich um einen Wechselstrom, der

durch eine Erhöhung des Erregerstromes um einen ebenfalls mit Td ′ abklingenden Gleichanteil
hervorgerufen wird. Nach dem Abklingen des subtransienten-, des transienten- und des Gleich-
stromanteils stellt sich gemäß (7.8) der Dauerkurzschlussstrom I K ein. Er hat den Effektivwert

UN
IK = (7.9)
3 ⋅ Xd

Die Bestimmung der Zeitkonstanten sowie der subtransienten- und transienten Reaktanz
X d′′ bzw. X d′ wird im Anhang von [1] ausführlich besprochen und soll an dieser Stelle entfallen.

ir [p.u.]
6

2
Simulation
1
analytisch
0

-1

-2
0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4

Zeit [s]

Abbildung 7-5: Verlauf des Stromes iR bei Kurzschlusseintritt im Nulldurchgang der Klemmenspannung

55
KAPITEL 7 SIMULATIONSERGEBNISSE

Abbildung 7-5 zeigt den Verlauf des simulierten und des nach (7.8) berechneten Klemmenstro-
mes nach dem Kurzschlusseintritt im Nulldurchgang der Klemmenspannung. Die geringen Ab-
weichungen lassen sich darauf zurückführen, dass die Zeitkonstanten der analytischen Formel
näherungsweise bestimmt wurden.

Die Betrachtung des Momentenverlaufs aus Abbildung 7-6 zeigt nahe dem Kurzschluss-
zeitpunkt eine stoßartige Belastung, deren Kenntnis bei der Auslegung der Wickelkopfsteifigkeit
von besonderer Bedeutung ist[1]. Im dreipoligen Klemmenkurzschluss arbeitet der Synchronmo-
tor generatorisch, bis er durch Gegenmomente und elektrische Verluste zum Stillstand kommt.

Mel [p.u.]
1

0,5

-0,5

-1
elektrisches Moment
-1,5

-2

-2,5
0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3 0,35 0,4
Zeit [s]

Abbildung 7-6: Verlauf des elektrischen Moments beim Stoßkurzschluss aus dem Leerlauf

Sprunghafte Änderung der mechanischen Last

Wird ein Fördergut auf die Förderstrecke gestellt, bzw. von ihm entfernt, so lässt sich
dies in einer ersten Näherung als Lastsprung interpretieren. Nach den stationären Betrachtungen
aus Abschnitt 2.2 werden sich der Polradwinkel und die Klemmenströme der neuen Belastungs-
situation anpassen. Hierbei zeigt sich aus den Ergebnissen der Simulation in Abbildung 7-7, bei
denen zum Zeitpunkt t = 1 s die Nennlast um 50% reduziert bzw. erhöht wurde, dass sich die
Abhängigkeit des Polradwinkels von der anliegenden Last als elastische Federverbindung inter-
pretieren lässt. Im stationären Zustand erhöht sich mit steigender Last der Federweg in Form des
Polradwinkels. Die Bewegung in den neuen Ruhepunkt erfolgt anhand eines Einschwingvor-
gangs.

56
7.1 SIMULATION DER SYNCHRONMASCHINE

Polradwinkel [Grad] Mel [p.u.]


0 1,5

-20
1
-40
0,5
-60

-80 0
0 0,5 1 1,5 2 2,5 0 0,5 1 1,5 2 2,5
Δlast = +50 % Δlast = -50 % Zeit [s] Δlast = +50 % Δlast = -50 % Zeit [s]

Abbildung 7-7: Polradwinkel und elektrisches Moment bei sprunghafter Laständerung in t=1

Die Stromverläufe weisen erwartungsgemäß ebenfalls eine Einschwingcharakteristik auf.


Anhand des Laststroms der Phase R aus Abbildung 7-8 lässt sich die Abhängigkeit des Betrags
der Klemmenströme von dem geforderten Moment erkennen. Die Reduktion des Lastmoments
um 50% gegenüber der Nennlast führt beispielsweise zu einer Reduktion des Betrags der Klem-
menströme auf einen Effektivwert von 0,87 p.u. Bei gleichbleibenden Klemmenspannungen ver-
ringert sich die Scheinleistung der Maschine also um 13%. Dementsprechend erfolgt eine Ver-
änderung der Blindleistungscharakteristik der Maschine, indem sich der elektrische Lastwinkel
zwischen Strom und Spannung ϕLast in dem Maße vergrößert, dass prozentuale Änderungen gilt:

∆ cos (ϕ Last ) ⋅ ∆I RST = ∆M el (7.10)

Klemmenstrom der Phase R [p.u.] Ströme im Zweiachsensystem [p.u.]


2,5 2
2
1,5
1,5
1 1
0,5
0,5
0
-0,5 0
-1
-0,5
-1,5
-2 -1
-2,5 0 0,5 1 1,5 2 2,5
0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8 2 iq (+50% Last) id (+50% Last) Zeit [s]
Δlast = +50 % Δlast = -50 % Zeit [s] iq (-50% Last) id (-50% Last)

Abbildung 7-8: Verlauf der Ankerströme bei sprunghafter Laständerung in t=1 s

57
KAPITEL 7 SIMULATIONSERGEBNISSE

Die in den Strömen des Zweiachsensystems aus Abbildung 7-8 beobachtbaren Ein-
schwingvorgänge lassen sich wiederum anhand der Überlegungen zu einer äquivalenten Außen-
polmaschine aus Abschnitt 7.1.2 interpretieren. Die in Abbildung 7-7 sichtbaren Pendelungen

des Polradwinkels sind das Ergebnis von d ω ≠ 0 und führen somit zu einer veränderlichen
dt
rotatorischen Spannungsinduktion in den Achsenwicklungen d und q. Als Folge davon entstehen
in der d- und q-Wicklung veränderliche Ströme, die wiederum das Einsetzen einer transformator-
ischen Spannungsinduktion in den feststehenden Polradwicklungen eigenen Achse nach sich
ziehen.

Tatsächlich besitzen die induzierten Spannungen in den Polradwicklungen bei einer In-
nenpolausführung allerdings hauptsächlich rotatorische Anteile. Das Wirkprinzip entspricht
hierbei dem einer Asynchronmaschine. Der entstehende Schlupf zwischen der Geschwindigkeit
des Drehfelds am Luftspalt und der Rotorgeschwindigkeit induziert eine Spannung mit der
Schlupffrequenz, so dass die am Luftspalt wirkenden Momente in diesem Fall als asynchrone
Momente bezeichnet werden.

Asynchroner Hochlauf

Die asynchronen Momente können für einen Hochlauf der Maschine aus dem Stillstand
wie bei einer Käfigläufermaschine genutzt werden. In Kapitel 5 wurde für die Beispielmaschine
über die Annahme zweier identischer konzentrierter Dämpferwicklungen in der d und der q-
Achse eine äquivalente Darstellungsform für einen vollsymmetrischen Käfig gewählt. Aufgrund
der hohen schlupffrequenten Spannungen, die während eines asynchronen Hochlaufs an den ge-
öffneten Klemmen der Erregerwicklung induziert würden, erfolgt vor Beginn des Hochlaufs ein
Kurzschluss der Erregerwicklung mit dem Zehnfachen des Eigenwiderstands [4][13]. Nach er-
folgtem Hochlauf in die Nähe der synchronen Drehzahl wird die Maschine durch Zuschaltung
der Erregerspannung in den synchronen Betrieb gezogen.

58
7.1 SIMULATION DER SYNCHRONMASCHINE

ir [p.u.]
4

-1 ir

-2

-3

-4
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8 2

Zeit [s]

Abbildung 7-9: Verlauf des Klemmenstromes der Phase R während des asynchronen Hochlaufs

Abbildung 7-9 zeigt den Zeitverlauf des Klemmenstromes der Statorphase R für einen
Hochlauf der Maschine in den Leerlauf. Der Verlauf lässt sich in drei Phasen unterteilen. Bis
zum Zeitpunkt t = 0,8 s befindet sich die Maschine in der Anlaufphase, so dass für die Be-
schleunigung des Massenträgheitsmoments des Rotors ein elektrisches Moment aufgebracht
werden muss. Anschließend stellt sich ein asynchroner Leerlaufzustand ein, so dass über die
Klemmen ein rein induktiver Blindstrom fließt, dessen Effektivwert ungefähr 0,5 p.u. beträgt.
Einschalten der Erregung bei t = 1, 5 s führt zu einem Abklingen des Klemmenstroms auf null,
so dass sich die Maschine im synchronen Leerlauf befindet.

Der in Abbildung 7-10 dargestellte Verlauf der Winkelgeschwindigkeit des Rotors bestä-
tigt die vorangegangene Interpretation des Klemmenstromes. Nach dem Erreichen der synchro-
nen Drehzahl erfolgt ein erster Einschwingvorgang aufgrund des abfallenden elektrischen Mo-
ments und anschließend ein zweiter Einschwingvorgang durch das entstehende Anzugsmoment
beim Zuschalten der Erregung.

59
KAPITEL 7 SIMULATIONSERGEBNISSE

Drehzahl [p.u.]
1,2

0,8

0,6

Maschinendrehzahl
0,4

0,2

0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8 2

Zeit [s]

Abbildung 7-10: Drehzahlverlauf während des asynchronen Hochlaufs

Der dynamische Momentenverlauf in Abbildung 7-11 zeigt ein wachsendes mittleres


elektrisches Moment bei sinkendem Schlupf. Über diese Beobachtung lässt sich der konvexe
Zeitverlauf der Rotordrehzahl im Hochlaufbereich bis t = 0,8 s erklären, da aus dem steigenden
Moment eine anwachsende Beschleunigung resultiert.

Mel [p.u.]
0,8

0,6

0,4

0,2

0
el. Moment
-0,2

-0,4

-0,6
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 1,6 1,8 2

Zeit [s]

Abbildung 7-11: Verlauf des elektrischen Moments während des asynchronen Hochlaufs

60
7.1 SIMULATION DER SYNCHRONMASCHINE

Synchroner Hochlauf

Die Variation der Umlaufgeschwindigkeit des Rotors der Synchronmaschine erfordert


aufgrund der starren Kopplung der Drehzahl an die Frequenz der Klemmenspannung den Einsatz
eines Frequenzumrichters. Im fremdgeführten Betrieb arbeitet die Maschine dabei ähnlich dem
Betrieb am starren Netz. Die Frequenz und damit die Drehzahl sind also unabhängig vom entwi-
ckelten Drehmoment. Der fremdgeführte Betrieb bietet somit eine Möglichkeit zum synchronen
Hochlauf der Maschine. Im Falle des synchronen Hochlaufs erfolgt zudem häufig eine frequenz-
abhängige Änderung des Spannungsbetrags zur Reduktion der Anlaufströme.

Im folgenden vorgestellten Fall wurde hierzu die Spannung in linearer Abhängigkeit zur
Frequenz während des Hochlaufs von einem Anfangsbetrag von 0,1 p.u. auf den Nennbetrag
erhöht. Die Frequenz wurde mit Beginn bei t = 0 s im Zeitraum von einer Sekunde linear von
null auf Nennfrequenz ansteigen gelassen. Die Maschine wurde darüber hinaus mit einem kon-
stanten Moment von 0,18 p.u. belastet.

ir [p.u.]
2,4

1,8

1,2

0,6

-0,6 ir

-1,2

-1,8

-2,4
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4

Zeit [s]

Abbildung 7-12: Verlauf des Klemmenstromes der Phase R während des synchronen Hochlaufs

An dem in Abbildung 7-12 dargestellten Zeitverlauf des Strangstromes der Phase R lässt
sich die zunehmende Frequenz über die abnehmende Breite der Schwingungsperioden erkennen.
Durch die Einbindung der frequenzabhängigen Steuerung des Spannungsbetrags gelingt zudem
die Vermeidung von hohen Anlaufströmen. Nach dem Erreichen der Nenndrehzahl in t = 1 s
stellt sich anschließend ein stationärer Laststrom ein.

61
KAPITEL 7 SIMULATIONSERGEBNISSE

Mel [p.u.]
1,2
1
0,8
0,6
0,4
0,2
0 el. Moment
-0,2
-0,4
-0,6
-0,8
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4

Zeit [s]

Abbildung 7-13: Verlauf des elektrischen Moments während des synchronen Hochlaufs

Der Momentenverlauf aus Abbildung 7-13 weist nach anfänglichen Einschwingvorgän-


gen zum Ende des Hochlaufs ein konstantes Niveau auf, gefolgt von einem weiteren Ein-
schwingvorgang nach dem Erreichen der Nenndrehzahl auf den Betrag des als konstant vorgege-
benen Lastmoments.

Polradwinkel [Grad]

-5
-15
-25
-35
-45
-55
Polradwinkel
-65
-75
-85
-95
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4

Zeit [s]

Abbildung 7-14: Stellung des Polradwinkels während des synchronen Hochlaufs

Die Stellung des Polradwinkels aus Abbildung 7-14 zeigt ein deutliches Zurückfallen des
Rotors gegenüber dem Ankerdrehfeld zu Beginn des Anlaufvorgangs. Analog zu dem Verlauf
des elektrischen Moments erreicht der Polradwinkel zum Ende des Hochlaufs einen konstanten

62
7.1 SIMULATION DER SYNCHRONMASCHINE

Wert, der sich aufgrund des zu beschleunigenden Massenträgheitsmoments und des konstanten
Lastmoments einstellt. Nach Beendigung des Beschleunigungsvorgangs nähert sich der Polrad-
winkel anschließend seinem konstanten Wert im stationären Betrieb bei einem Lastmoment von
0,18 p.u.

7.1.4. Einbindung der Förderstrecke


Die Demonstration des gemeinsamen Betriebs von Synchronmotor und Förderstrecke soll
anhand eines synchronen Hochlaufs aus dem Stillstand bei Belastung des Rollenförderers mit
einer 50 Kg schweren Kiste erfolgen.

Der Frequenzhochlauf erfolgt hierbei linear über einen Zeitraum von drei Sekunden, wo-
bei wie im Beispiel des vorangegangenen Abschnitts zum synchronen Hochlauf bei konstantem
Moment der Betrag der Klemmenspannung zu Beginn 10% des Nennwertes aufweist und an-
schließend proportional zur Frequenz gesteigert wird.

Abbildung 7-15: Zeitverlauf der Klemmenströme bei synchronem Hochlauf des Rollenförderers

Abbildung 7-15 zeigt den Verlauf der Klemmenströme. Es fällt auf, dass nach anfängli-
chen Einschwingvorgängen die Ströme schon während des Hochlaufs sehr geringe Beträge auf-
weisen, so dass die Maschine nahe dem Leerlaufzustand arbeitet. Die Beispielmaschine scheint
offenbar für die gestellte Aufgabe deutlich überdimensioniert zu sein.

63
KAPITEL 7 SIMULATIONSERGEBNISSE

Dies zeigt sich ebenfalls bei einem Blick auf den Momentenverlauf in Abbildung 7-16.
Die Maschine erreicht in der Spitze bei den anfänglichen Einschwingvorgängen einen Maximal-
wert von 7% des Nennmoments.

Abbildung 7-16: Zeitverlauf des elektrischen Moments bei synchronem Hochlauf des Rollenförderers

Der Vergleich der Lineargeschwindigkeit des Förderguts mit der Winkelgeschwindigkeit


der Antriebsriemenscheibe in bezogenen Größen aus Abbildung 7-17 zeigt einen identischen
Verlauf. Trotz der in Abschnitt 4.3 hergeleiteten Möglichkeit eines Schlupfes zwischen den
Tragrollen und dem Fördergut scheinen im untersuchten Beispiel die maximal zulässigen Haft-
kräfte nicht oder nur selten überschritten zu werden.

Abbildung 7-17: Geschwindigkeitsverlauf von Fördergut und Antriebsriemenscheibe bei synchronen Hochlauf

64
7.1 SIMULATION DER SYNCHRONMASCHINE

Neben der Untersuchung des makroskopischen Verhaltens des Rollenförderers über die
Verknüpfung der Dynamik von Antriebsriemenscheibe und Fördergut erfordert eine tiefergehen-
de Analyse auch die Untersuchung der Detailzusammenhänge. Abbildung 7-18: Ausschnitt des
Geschwindigkeitsverlaufs mehrerer benachbarter Tragrollen zeigt beispielsweise einen Aus-
schnitt der Geschwindigkeitsentwicklung von vier benachbarten Tragrollen während des Hoch-
laufs. Es lässt sich ein mikroskopisches Schwingverhalten um den deutlich erkennbaren, wach-
senden Geschwindigkeitsverlauf erkennen.

Abbildung 7-18: Ausschnitt des Geschwindigkeitsverlaufs mehrerer benachbarter Tragrollen

An dem Simulationsbeispiel zeigen sich somit gleichermaßen die bestehenden Untersu-


chungsmöglichkeiten mit der erstellten Simulationsumgebung als auch die Erfordernis für eine
zukünftige Weiterentwicklung, sämtliche auftretenden Effekte möglichst kausal erklärbar zu
machen.

65
KAPITEL 8 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

Kapitel 8 Zusammenfassung und Ausblick


Das Ziel der vorliegenden Arbeit bestand in der theoretischen Herleitung, der praktischen
Implementierung und der Verifikation eines analytischen Modells zur Beschreibung des dynami-
schen Verhaltens eines Rollenförderers unter Verwendung eines Synchronantriebs.

Hierzu wurden einleitend die Teilsysteme der Synchronmaschine und der Förderstrecke
in ihrem Aufbau und ihrer physikalischen Wirkungsweise vorgestellt. Anschließend folgte die
mathematische Modellierung des Systems über die Anwendung des Euler-Lagrange-Verfahrens.

Die Lösung des resultierenden Differentialgleichungssystems erforderte aufgrund der ho-


hen Komplexität die Einbindung von numerischen Verfahren. Zu diesem Zweck wurde ein
Computerprogramm entwickelt, das zudem über eine einfache Eingabestruktur in der Lage ist,
zu unterschiedlichen Betriebsfällen ein zugehöriges Anfangswertproblem und die erforderlichen
zeitabhängigen Eingangsgrößen zu generieren.

Die Ergebnisse der Simulationsrechnungen mit dem erstellten Modell zeigten bei den Un-
tersuchungen zur Synchronmaschine ein physikalisches Verhalten, das durch den Abgleich mit
analytischen Berechnungsmethoden und theoretischen Vorüberlegungen den Erwartungen ent-
sprach. Die Bewertung des Modells der Förderstrecke erfordert aufgrund fehlender modelltheo-
retischer Vergleichsmöglichkeiten im nächsten Schritt eine praktische Überprüfung, die im
Rahmen des SFB 696 durchgeführt werden wird.

Die Beantwortung der Frage, inwieweit das Antriebskonzept des Synchronmotors für den
Einsatz in einem Rollenförderersystem geeignet ist, lässt sich in einer isolierten Betrachtung nur
schwer beantworten. Ziel muss es daher sein, im Rahmen eines globalen Simulationstools analy-
tische Modelle zu unterschiedlichen Antriebskonzepten mit einer einfach parametrierbaren För-
derstrecke zu kombinieren, um damit anhand umfassender Vergleichsuntersuchungen belastbare
Aussagen zu treffen.

67
KAPITEL 8 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

Literaturverzeichnis
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