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G es c h i c h t e 2/2022
WUB
Nr. 104, 27. Jg., 2. Quartal 2022 /Schreiben, Lesen, Religion/ EUR 11,30 / Österreich, Luxemburg: EUR 11,80 / SFR 19,- / E 14597 / ISSN 1431-2379 / ISBN 978-3-948219-51-2
Schreiben,
Lesen, Religion
Bildung in frühchristlicher Zeit
EURO 11,30
Inhalt
18 26
Titel-
Thema 34
Katharina Greschat
Brauchen Christen die Bildung der Griechen
und Römer?
Bildungswelten des frühen Christentums . . . . . . . . . . . . . 26
Johannes Bergemann
Wissensspeicher der Herrschenden
Die antiken Bibliotheken zwischen Macht und Religion. 34
Peter Gemeinhardt
Angst vor zu viel Wissen und Bildung? Titel: Römisches Fresko aus der Villa dei Misteri, Pompeji.
Die Begrenzung von Wissen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 © gemeinfrei
der antiken Stadt Magdala wurde nun frei gegen die Römer diente der Ort nach der Existenz des Jerusalemer Tem-
gelegt – eine Straße am Rand des Geländes Flavius Josephus (er bezeichnet sie mit pels nicht so groß gewesen. Umso
soll verbreitert werden. Dabei stieß man in dem griechischen Namen Tarichäa) als bemerkenswerter sei die Entdeckung
einem Wohnviertel auf die Grundmauern wichtiger Stützpunkt. Migdal gilt auch einer zweiten Synagoge in Migdal. W
einer Synagoge. als Geburtsort von Maria aus Magdala. (wub/University of Haifa)
„Lebe glücklich“
Mainz/autun Ein außerge- mehrere Monate Arbeit eines er-
wöhnliches Glasgefäß kehrt fahrenen Glashandwerkers – ob sie
nach einem Restaurierungsauf- geschliffen oder gegossen wurden,
enthalt bei den Archäologen des ist bis heute nicht ganz klar. Laut
Römisch-Germanischen Zentral INRAP (Institut National de Recher-
museums in Mainz an seinen ches Archéologiques Préventives)
Fundort Autun zurück, das an- wurde dieser Kelch einer wichtigen
tike Augustodonum im Burgund, Person aus Autun angeboten, die am
Frankreich. Die Vase wurde in Leben des Imperiums beteiligt war
viele Scherben zersplittert in einer – ein Luxusgut mit einer immer gül-
der Nekropolen der Stadt gefunden, tigen Botschaft.
in einem Sarkophag, zu Füßen des Im Sommer soll das Objekt in Autun
Bestatteten. Sie stammt aus dem 4. ausgestellt werden. W (MdB/wub)
Jh., der Zeit, in der das Christentum hier
Fuß fasste. Es ist ein Diatret-Glasgefäß, ein
„durchbrochenes“, also mit einem äußeren VIVAS FELICITER muntert die Schrift ihre
„Käfig“, der sich deutlich von der Vase abhebt. Besitzer und Benutzerinnen auf. Sehr seltenes
Hier bildet er Buchstaben – die Worte VIVAS FELICITER sogenanntes spätantikes Diatretglas aus Autun, 4. Jh.,
(„Lebe glücklich!“). Diese äußerst seltenen Vasen erforderten ca. 15 cm Durchmesser.
Hofra – ein Pharao aus der Bibel einer Agenda, die Status und Rechte der
Christen in Jerusalem leugne.
Bei der Bekanntgabe der Rücknahme
ismailija In der Nähe von Ismai lija war: Nebukadnezzar zerstörte die Stadt des Plans verteidigte die Sprecherin der
nordöstlich von Kairo entdeckte ein ägyp- 587 vC dennoch. Parkbehörde dessen Ziel und erklärte,
tischer Bauer zufällig auf seinem Feld Bezieht sich die Stele auf diesen oder dass damit keine Baumaßnahmen ver-
eine Stele mit fünfzehn Hieroglyphen- einen anderen Feldzug des Hofra? So- bunden seien, sondern vielmehr „eine
Zeilen unter einer geflügelten Sonnen- lange sie nicht entziffert und übersetzt der wichtigsten Kulturlandschaften der
scheibe, dem Symbol des Gottes Ra. Der ist, bleibt das offen. W (MdB/wub) Welt“ erhalten werden solle. Die Area-
Text ist noch nicht vollständig entziffert, le seien seit Jahren vernachlässigt und
hat aber in der Fachwelt bereits für Auf- litten unter Vandalismus und Brandstif-
sehen gesorgt. Denn es handelt sich um tung.
die Kartusche des Apries (Thronname Die Kirchenvertreter verwiesen da-
gemeinsamer
appell in
ZITAT Jerusalem
Schmuckstücke und andere Artefakte medizinische Instrumente, Gürtel, die Religionsführer ihn an die Außenmauer
stahlen und die Gräber zerstörten. Trinkbecher und Öllampen – sollten der russisch-orthodoxen Dreifaltigkeits-
Die Gräber bestanden aus einem den Verstorbenen wahrscheinlich Kathedrale. Eine Reminiszenz an Martin
Verbund von Kammern, die je nach Be- im Jenseits helfen, so Can. Sie geben Luthers Thesenanschlag 1517, wie einer
darf zugefügt wurden. Die Grabkam- auch Aufschluss über die in den Grä- der Organisatoren bemerkte.
Der Brief soll laut Initiator Rabbi Yonatan
mern enthielten Sarkophage, manch- bern bestatteten Personen, z. B. über
Neril weitergeleitet worden sein.
mal belegt von mehreren Individuen. Geschlecht, Beruf, Gewohnheiten und
Für Birol Can ein Beleg dafür, dass Bestattungsdatum. W (MdB/wub)
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2105102304131B am 22.04.2022 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 2/2022
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Schreiben,
Lesen,
Religion
Bildung in frühchristlicher Zeit
Papyrusrolle, Wachstafel und Griffel – stolz hält dieses Paar auf einem
Fresko in Pompeji seine Schreibgeräte in Händen und bezeugt damit die
eigene Bildung. Für die römische Oberschicht der Spätantike war eine
umfassende Bildung selbstverständlich. Dazu gehörte natürlich auch die
Kenntnis der klassischen literarischen Texte mit ihren mythologischen
Bezügen. Gleichzeitig festigte die Bildung den eigenen sozialen Ort in-
nerhalb der römischen Gesellschaft.
Frühe Christinnen und Christen mussten sich aufgrund dieser Inhalte und
der gesellschaftspolitischen Funktion die Frage stellen, wie mit den römi-
schen Bildungswerten umzugehen sei.
Wie hältst
du‘s mit der
Bildung?
Die Frage, wie weit die frühen Christen an der
Bildung der römischen Gesellschaft partizipieren
wollten oder nicht, umfasste verschiedenste
Aspekte. Von Barbara Leicht
D
Römischer Schreiber ie Rezeption und Auseinandersetzung durch Wissende bezeichnet, umfasst der Begriff
mit 6-teiliger Wachs- mit Bildung ist ein ,cantus firmus' des „Bildung“ mehr als das Erlernen von Kenntnis-
tafel und Griffel. Ver- antiken Christentums“, schreibt Peter sen. Er schließt Persönlichkeitsformung und
mutlich wurde der Text
Gemeinhardt (Das lateinische Christentum, Selbstreflexion ein. Im Idealfall erfolgt selbst-
nach dem Diktat später
S. 488). Es gibt für die Christen und Christin- verantwortete Bildung ein Leben lang.
sorgfältig von der
Wachstafel mit einer nen der ersten Jahrhunderte keine einfache Dieses Ideal der lebenslangen Bildung, die
Rohrfeder auf Papyrus Antwort auf die Frage „Wie hältst du‘s mit der mehr als elementare Schulbildung einschloss,
oder Pergament über- Bildung?“ Immer wieder ringen sie darum, galt auch im Römischen Reich. Allerdings war
tragen. Grabrelief aus welchen Anteil sie am gesellschaftspolitischen es eine selbstverständliche allgemeine Über-
Flavia Solva, Marmor, Bildungskanon des Römischen Reiches haben. zeugung, dass literarische Bildung und Per-
um 100 nC. Lapidari- Als Bürger des Imperiums haben sie auch Teil sönlichkeitsgestaltung nur für die römische
um des Archäologie- an dessen kulturellem Selbstverständnis und Oberschicht zu erreichen waren, denn nur sie
museums Graz. zugleich trennt ihre religiöse Überzeugung, die konnte sich einen solchen Bildungsweg leisten.
mit den Worten des Paulus „den Heiden eine Für die anderen Bevölkerungsteile gab es die
Torheit“ (1 Kor 1,20-23) war und nicht nur elementare Schulbildung – und natürlich die
der griechisch-hellenistischen Logik zu wider- moralische und praktische Erziehung inner-
sprechen schien, sie vom bildungspolitischen halb der Familie. Eine solche Unterscheidung
Mainstream. Unstrittig ist immer, dass zum in der (Aus-)Bildung führte dazu, dass Bildung
Leben als Christ die Einübung und Belehrung damals wie heute eine Rolle dabei spielte, wel-
christlicher Werte und Überzeugungen gehör- chen sozialen Platz jemand in der Gesellschaft
© gemeinfrei
ten. Ob der Bildungskanon der römischen Ge- einnehmen konnte. Sie trennte also die Bevöl-
sellschaft dabei eher hilfreich oder schädlich ist, kerungsschichten, die sich lebenslange und lite-
bleibt eine stete Anfrage. rarische Bildung leisten konnten, von Bevölke-
A
ls der griechische Philosoph Celsus um Catherine Hezser vermutet, dass die Rate im
das Jahr 175 nC ein Buch mit dem Titel antiken Judäa – der Region, in der Jesus und Thomas R. Blanton IV ist
Die wahre Lehre schrieb, gehörten zu den seine ersten Jünger lebten – eher bei 3 Prozent Forscher auf den Gebieten
verschiedenen Kritikpunkten, die er gegen das lag. Im Allgemeinen wurden höhere Alpha- des frühen Christentums
Christentum vorbrachte, auch zwei Punkte, die betisierungsraten mit politisch gut vernetz- und des antiken Judentums
in ihrem griechischen und
sich auf die Bildung und die Lese- und Schreib- ten, wohlhabenden Eliten und Mitgliedern der
römischen Kontext. Er ist
fähigkeit von Jesus und seinen ersten Anhängern staatlichen Bürokratie, einschließlich Schrift-
derzeit Associated Fellow
bezogen: erstens, dass die Familie von Jesus, da gelehrten und erblichen Tempelpriestern, in am Max-Weber-Kolleg
sie arm war – seine Mutter sei eine Spinnerin und Verbindung gebracht. Geringere Alphabetisie- der Universität Erfurt
sein Vater Zimmermann –, es sich nicht leisten rungsgrade oder Analphabetismus wurden mit und Autor von A Spiritual
konnte, ihn auszubilden; und zweitens, dass sei- Handwerkern, Arbeitern und nicht-elitären Fa- Economy: Gift Exchange in
ne Jünger, die Fischer und Zöllner waren, nicht milien in Verbindung gebracht. the Letters of Paul.
einmal „die grundlegendsten Elemente des Ler-
nens“ besaßen (Origenes, Gegen Celsus 1.28-29, Römische Ausbildung
62). In seinem Versuch, die Anschuldigungen Um den Bildungsstand von Jesus und seinen
des Celsus zu widerlegen, bestritt der christliche ersten Anhängern besser beurteilen zu können,
Schriftsteller Origenes von Alexandria aus dem müssen wir verstehen, wie die Bildungssyste-
3. Jh. nC nicht, dass die Informationen des Cel- me in der griechisch-römischen Antike funkti-
sus korrekt waren; stattdessen argumentierte er, onierten. In Griechenland, Rom und Ägypten
dass ihr Mangel an Ausbildung die Anziehungs- werden manchmal drei verschiedene Stufen der
kraft Jesu und seiner Jünger auf eine große Zahl
von Menschen (zumindest zu Origenes’ Zeiten)
umso überraschender machte. Der Mangel an Ausbildung macht die
Während in vielen heutigen Ländern die
Alphabetisierungsrate sehr hoch ist – oft liegt Anziehungskraft Jesu um so überra-
sie bei fast 100 Prozent – und der Staat eine schender (Origenes)
Grundschulausbildung vorschreibt, war die
Situation in der griechisch-römischen Antike
ganz anders. William Harris, Spezialist für rö- Bildung unterschieden: die Primarstufe, in der
mische Geschichte, schätzt, dass die Alphabe- Schüler lernten, wie man Buchstaben schreibt,
tisierungsrate im Römischen Reich nicht mehr die Laute, die mit den Buchstaben verbunden
als 10 bis 15 Prozent betrug, und die Judaistin sind, und einige Grundkenntnisse im Rechnen
staben und kurzen Sätzen, die von der Lehr- Texte beherrschten. Die auf diese Weise abge-
kraft geschrieben wurden. Die dazugehörigen bildeten Frauen gehörten in der Regel zu wohl-
Laute und die Aussprache wurden erst gelehrt, habenderen Haushalten.
Entgegen der historischen Realität hat sich Familie stammte. Als Jesus in der Synagoge von
ein Bildtypus herausgebildet, in dem Anna Nazaret lehrte und dabei „Weisheit“ an den Tag
ihre Tochter Maria das Lesen lehrt. Das
legte, waren die Menschen deshalb beleidigt:
Buch verweist wohl – wie das Buch, in
Wie sowohl Celsus als auch Ben Sira zeigen, war
dem Maria in vielen Verkündigungsszenen
liest – auf die prophetischen Schriften „Weisheit“ keine Eigenschaft, die typischerwei-
des Alten Testaments. Für die Betrach- se mit Handwerkern in Verbindung gebracht
tenden wird Maria so zur Nachahmung wird. Im Vergleich dazu scheint das Matthäus-
empfohlen, sich in die Bibel oder das Evangelium, das einige Zeit nach Markus ge-
Stunden- bzw. Gebetbuch zu ver- schrieben wurde (vielleicht in den 80er- oder
senken. Eine gebildete und lesende 90er-Jahren nC) und dessen Text als Informa-
Maria war – je nach Ort der künst- tionsquelle verwendet, Jesus etwas von seinem
lerischen Darstellung – dabei im Beruf zu distanzieren: Matthäus formuliert den
Früh- und Hochmittelalter Text von Markus um und sagt nicht, dass Jesus
nicht nur für adelige Frauen
selbst Zimmermann war, sondern dass er „der
ein Vorbild, sondern auch für
Sohn des Zimmermanns“ war (Mt 13,55). Die
Ordensmänner und -frauen.
Lothringen, Ende 15. Jh., entsprechende Stelle im Lukasevangelium, das
Kalkstein mit Resten alter sich ebenfalls auf das Markusevangelium als In-
Fassung. Liebighaus, formationsquelle stützt, lässt jeden Hinweis auf
Frankfurt a. M. den Beruf Jesu oder seines Vaters weg (Lk 4,22).
Obwohl Jesus weder bei Markus noch bei Mat-
thäus lesend oder schreibend dargestellt wird,
Unterschiede in zeigt er in Lukas 4,16-22 ein sehr hohes Maß
den Evangelien an Lese- und Schreibfähigkeit, indem er eine
Die Bibelwissenschaftler hebräische Schriftrolle des Buches Jesaja in die
sind sich uneinig über den Hand nimmt, sie entrollt und den Versammel-
Grad der Alphabetisie- ten in der Synagoge von Nazaret den Text vor-
rung Jesu, und das aus gu- liest. Das Lukasevangelium schildert Jesus nicht
tem Grund. Da wir keine als Zimmermann oder gar als Sohn eines Zim-
Schriften haben, die Jesus mermanns, sondern als einen hochgebildeten
glaubhaft zugeschrie- Lehrer der jüdischen Schriften
ben werden können, Welches Evangelium trifft es am besten?
ist es unmöglich, seine Wahrscheinlich kommt die Version von Markus
Lese- und Schreibfähig- in diesem Punkt der Wahrheit am nächsten. Wie
keit direkt zu beurteilen. Adela Yarbro Collins (290) anmerkt, kann die
Daher müssen wir uns auf Frage „Ist das nicht der Zimmermann?“ „als Be-
Schlussfolgerungen stützen, die leidigung gelesen werden. Die Kritik an der sozia-
auf allgemeinem „Hintergrundwissen“ über die len Herkunft war in der Antike eine übliche Form
Alphabetisierung in der Antike sowie auf den der Beschimpfung“. Es scheint unwahrschein-
ältesten literarischen Quellen beruhen, die auf lich, dass der Autor des Markus evangeliums
die Lehre Jesu anspielen – die wichtigsten sind eine Tradition erfinden würde, die als Beleidi-
die Evangelien im Neuen Testament. Die Evan- gung für Jesus, den Protagonisten des Evangeli-
gelien selbst zeichnen jedoch ein widersprüch- ums, angesehen werden könnte. Umgekehrt ist
liches Bild, sodass es notwendig ist, sie kritisch es leicht zu verstehen, warum Lukas Jesus zu ei-
zu prüfen. ner respektableren Position als hochgebildeten
Ausleger jüdischer Texte erheben wollte.
Trotz Celsus' Ansicht, dass Jesus und seinen
Bibelwissenschaftler sind sich uneinig Jüngern selbst die grundlegendsten Elemente
über den Grad der Alphabetisierung der Bildung fehlten, ist es möglich, dass zumin-
dest einige von ihnen handwerkliche Fähigkei-
Jesu ten erlangt hatten. Da wir jedoch keine schrift-
lichen Zeugnisse von Jesus oder seinen ersten
Unter den Evangelien des Neuen Testaments Jüngern besitzen, können wir diese Möglichkeit
© public domain
ist das Markusevangelium das älteste, das um nicht direkt beurteilen. (Die Evangelien zirku-
72 nC geschrieben wurde. Nach Mk 6,1-6 ar- lierten ursprünglich als anonyme Dokumente,
beitete Jesus als tektōn, „Zimmermann“ oder und der erste und zweite Petrusbrief wurden
„Holzarbeiter“, der aus einer unscheinbaren wahrscheinlich nicht von Simon Petrus ge-
möglicherweise um eine literarische Fiktion die zumindest manchmal von Mädchen besucht
handelt, zeigt sie doch, dass die Schlussfolge- worden zu sein scheinen, schloss das Ziel der jüdi-
rung, Fischer seien Analphabeten, im späten 1. schen Schulen, nämlich die Zahl der öffentlichen
oder frühen 2. Jh. nC, als die Apostelgeschich- Tora-Leser zu erhöhen, Mädchen von vornherein
te geschrieben wurde, leicht zu ziehen war. Im aus, da sie nicht als Synagogenleserinnen fungie-
ren durften“. Im Vergleich zu dem Szenario, das in derungen oft bei sich auf (Mk 6,10-11), so wie
den rabbinischen Quellen des 3. Jh. beschrieben Maria und Marta ihm nach Joh 11,1-6 in Betanien
wird, gab es im Judentum des 1. Jh. wahrschein- Unterkunft gaben. Die Gastfreundschaft spielte
lich noch weniger Bildungsmöglichkeiten, so- in den frühen christlichen Missionsbemühungen
wohl für Mädchen als auch für Jungen. So ist es eine wichtige Rolle, da sie den Aktionsradius von
kein Zufall, dass Maria und Marta zum Beispiel Jesus und seinen männlichen Jüngern, die ihn auf
dargestellt werden, wie sie mit Jesus sprechen seinen Reisen begleiteten, effektiv erweiterte.
und ihm zuhören (Joh 11), aber nicht lesen oder Die Evangelien spiegeln hier mit dem Muster der
schreiben. Darüber hinaus berichten Frauen in reisenden Männer und der gastgebenden Frauen
den Evangelien als Erste, dass Jesus nicht im Grab stark geschlechtsspezifischen Rollen und Erwar-
tungen der mediterranen Antike wider.
Angesichts der Bedeutung, die Jesus und seine
Bildung lässt sich nicht auf das ersten männlichen und weiblichen Anhänger der
Lesen und Schreiben reduzieren Mündlichkeit beimaßen, wäre es natürlich ein
Fehler, anzunehmen, dass das Lesen die einzige
Möglichkeit war, sich Wissen über religiöse Tra-
lag und vom Tod auferweckt worden war; auch ditionen und Lehren anzueignen. Der erste und
diese Berichte kamen in Form von Reden (Mt wohl wichtigste Kontext, in dem die jüdischen
28,1-10; Lk 24,1-12; Joh 20). religiösen Traditionen an Jesus weitergegeben
In Anbetracht der Rolle, die Frauen unter den wurden, war das Elternhaus. Bereits als Säugling
ersten Anhängern Jesu spielten, ist es wichtig fest- wurde Jesus wohl nach dem jüdischen Ritual be-
zustellen, dass Frauen nach den Evangelien für die schnitten, was in einigen Quellen als „Zeichen des
Angelegenheiten im Haushalt zuständig waren. Bundes“ zwischen Gott und Israel gedeutet wird
In Gesten der Gastfreundschaft nahmen sie Jesus (Gen 17,9-14). Jährliche Feste wie die Wochen-
und seine männlichen Jünger während der Wan- und Laubhüttenfeste wurden wahrscheinlich im
Kreis der Familie und der örtlichen Gemeinschaft
gefeiert, und einige Familien außerhalb Judäas
Petaus, ein ägyptischer Schreiber, reisten nach Jerusalem, um das Paschafest zu fei-
ern. Jeder dieser Anlässe hätte reichlich Gelegen-
der nicht versteht, was er schreibt heit geboten, über die Traditionen der Vorfahren
nachzudenken. Darüber hinaus besuchte Jesus
wahrscheinlich Versammlungen in der örtlichen
© Von Janmad - Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=73981017
Der amerikanische Papyrologe Herbert Youtie hat nachgewie- Synagoge, wo er zuhörte, wenn maßgebliche jü-
sen, dass ein „Dorfschreiber“ oder „Stadtschreiber“ (griechisch: dische Texte vorgelesen und interpretiert wur-
kōmogrammateus) aus dem 2. Jh. nC in der Stadt Ptolemais den. Es ist bemerkenswert, dass Jesus nach den
Hormou in der ägyptischen Oase Faiyum nicht mehr schrei- Evangelienüberlieferungen Bezüge auf Zitate aus
ben konnte als seinen Namen, seine Berufsbe- den Heiligen Schriften, etwa bei der Bergpredigt
zeichnung und ein einziges griechisches Verb, (Mt 5,21-48), mit der Formel einleitet: „Ihr habt
das anzeigt, dass er ein bestimmtes Dokument gehört, dass gesagt worden ist: ‚Auge um Auge und
ordnungsgemäß eingereicht hatte. Der Schrei- Zahn um Zahn‘“. Offensichtlich ging er davon
ber Petaus hatte das Übungsblatt aufbewahrt, aus, dass seine Zuhörer die biblischen Texte nicht
auf dem er diese Formel akribisch abge- vom Lesen, sondern vom Vorlesen durch einen
schrieben hatte, nachdem jemand anderes Synagogenlektor kannten.
sie für ihn geschrieben hatte. An einem
Punkt der Übung vergaß er, einen Buch- Netzwerke des Lernens
staben abzuschreiben, und in allen Darüber hinaus dürfte Jesus auf seinen Reisen
folgenden Zeilen ließ er denselben viel über jüdische und andere religiöse Tradi-
Buchstaben aus – etwas, das nicht tionen gelernt haben. Als Zimmermann reis-
passiert wäre, wenn er hätte lesen te er wahrscheinlich, um in Sepphoris, etwa
können, was er selbst schrieb! 6 Kilometer von Nazaret entfernt, und in anderen
nahe gelegenen Dörfern, die durch ein Netz von
Straßen und Fußwegen miteinander verbunden
Schreiber mit Papyrus-Rolle,
zwischen 1295 und 1069 vC, waren, Arbeit zu finden oder Waren zu kaufen.
aus Diorit, Louvre, Paris. Auf seinen Reisen lernte er verschiedene religiöse
Praktiken kennen und knüpfte berufliche und so-
ziale Kontakte in den von ihm besuchten Gebieten.
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welt und umwelt der bibel 2/2022
als auch informelle Netzwerke weit verstreut sein;
und wie Soziologen festgestellt haben, sind es
oft solche „schwachen Verbindungen“ zwischen
Gruppen, die für die Verbreitung von Ideen am
folgenreichsten sind.
Während seiner Reisen durch Galiläa galt Jesus
als Lehrer – er wird beispielsweise in Mt 26,25,
Mk 9,5 und Joh 1,38 als „Rabbi“, dem hebräischen
Wort für Lehrer, bezeichnet; und die Evangelien ti-
tulieren seine engsten Anhänger als mathētai, dem
griechischen Begriff für „Schüler“ oder „Studen-
ten“. Wenn Jesus sich sowohl an seine „Schüler“
als auch an ein größeres Publikum wandte, las und
interpretierte er normalerweise keine Texte (ab-
gesehen von der Geschichte des Lukas). Vielmehr
erzählte er Gleichnisse (z. B. Mk 4,26-32), gab Rat-
schläge für das tägliche Leben in der Tradition der
„Weisheit“, die mit den Sprüchen verwandt ist (z.
B. Mt 5,1-16), und machte einprägsame, prägnante
Aussagen (z. B. Mt 6,24; 7,6). Im Thomasevangeli-
um aus dem 2. Jh. nC werden den Logien oder Sprü-
chen Jesu die Worte „Jesus sagt …“ vorangestellt.
Jesus ist nicht in erster Linie als Leser und Schrei-
ber in Erinnerung geblieben, sondern als Redner,
der die religiösen Lehren auslegte, die er im Laufe
Christus als Weis- Außerhalb seiner Heimatstadt Nazaret sollten seines Lebens durch das Zuhören in der Synagoge,
heitslehrer. Der wir die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass Jesus das Erlernen religiöser Traditionen zu Hause, auf
12-jährige Jesus Zeit damit verbrachte, von Johannes zu lernen, der Straße und in der Gesellschaft anderer Lehrer
überzeugt nach dem Lehrer, der ihn im Jordan taufte (z. B. Mk 1,9). wie Johannes dem Täufer gesammelt hatte. Jesus
dem Lukasevan- Wie das Johannesevangelium deutlich macht, war ein Experte in der mündlichen Kommunika-
gelium bereits mit
standen informelle Netzwerke von Lehrern und tion, und es war seine Rede, nicht seine Fähigkeit
seiner Weisheit.
ihren Anhängern in engem Kontakt, und dabei zu lesen oder zu schreiben, die eine bedeutende
Diego de la Cruz
(1482–1500). beeinflussten sie sich wahrscheinlich gegenseitig Wirkung auf die Menschen um ihn herum gehabt
Museo Lázaro (Joh 1,29-42). Die apokalyptischen Lehren des zu haben scheint. (Nach allem, was man hört, hat
Galdiano, Madrid. Täufers fanden ihren Widerhall in den Gleich- er auffallend nonverbal gehandelt, indem er Men-
nissen und Reden Jesu über das Reich Gottes (Mt schen heilte und Dämonen austrieb – aber das ist
3,1-2.7-10; Mk 1,15; 4,26-32). Johannes und ein ganz anderes Thema!)
Jesus waren jedoch nicht die einzigen Lehrer, die Abschließend können wir die Frage, die im Titel
dieses Artikels gestellt wird, noch einmal über-
denken: „Wie gebildet war Jesus?“ Bildung, das
Jesus war ein Experte in der sollte jetzt klar sein, lässt sich nicht auf das Lesen
mündlichen Kommunikation und Schreiben reduzieren; die Lehre, die Jesus
vermittelte, war in erster Linie mündlich. Bildung
nahm viele Formen an, von Ritualen und Unter-
einer apokalyptischen Zeit entgegensahen, in der richt im Haus bis hin zu Festen und dem Besuch
Israel (oder Judäa) die vorherrschende Macht im der Synagoge. Darüber hinaus sind Jesus und seine
Mittelmeerraum werden und dabei die römische ersten Anhänger nicht als Leser und Schriftsteller
Herrschaft stürzen würde: Ähnliche Ansichten in Erinnerung geblieben, sondern als Reisende
vertraten die Mitglieder der Gemeinschaft vom und Redner, die die religiösen und sozialen Netz-
Toten Meer, deren Hauptversammlungsort sich werke, zu denen sie Zugang hatten, in vollem
in Qumran am Westufer des Toten Meeres befand Umfang nutzten und durch ihre Wanderpredig-
© Google Art Project
(z. B. Kriegsrolle; 11QMelchizedek). Man muss ten neue schufen, Netzwerke, die konzeptionell
nicht annehmen, dass Jesus oder Johannes Zeit in durch gemeinsame Ideen und Verpflichtungen
Qumran verbracht haben, um die Ähnlichkeiten und materiell durch die Gastfreundschaft, die sie
zu erkennen: Außerhalb des Kontextes organi- in den Häusern entlang des Weges erhielten, zu-
sierter Gruppentreffen können sowohl formelle sammengehalten wurden. W
Zusätzliche Lektüre • Harris, William V. Ancient Literacy. Cam- • Sterling, Gregory E. The School of Sacred
• Weitere Informationen zum Thema Bil- bridge, MA 1989. Laws: The Social Setting of Philo’s Treati-
dung im frühen Christentum von Thomas • Hezser, Catherine. Jewish Literacy in ses. (Vigiliae Christianae 53, Nr. 2) (1999),
R. Blanton IV auf YouTube: https://www. Roman Palestine. Tübingen 2001. 148–164.
youtube.com/watch?v=Ouw_OR6Aj8E. • Keith, Chris. Jesus’ Literacy: Scribal • Youtie, Herbert C. Βραδέως γράφων:
• Cribiore, Raffaella. Gymnastics of the Culture and the Teacher from Galilee. Between Literacy and Illiteracy. Greek,
Mind: Greek Education in Hellenistic and London 2011. Roman, and Byzantine Studies 12, No. 2
Roman Egypt. Princeton, NJ 2001. (1971), 239–261.
Die geschilderte Weisheit Jesu in den dir lerne, denn ich kann (bereits) Lesen und die Schule. Vielleicht kann ich ihm ja mit
apokryphen Kindheitserzählungen Schreiben, was du mir (erst) beibringen Überredungskunst Lesen und Schreiben
lässt an die lukanische Episode vom willst, und deine Strafe ist heftig. Diese beibringen.“ Joseph entgegnete: „Wenn
12-jährigen Jesus im Tempel denken. (Fähigkeiten des Lesens und Schreibens) du dich traust, Bruder, nimm ihn mit!“ Und
In den Kindheitserzählungen offenbart sind für dich nämlich wie eine erzene voller Furcht und mit vielem Zweifel
Jesus jedoch kein Wissen über die Tora, Kanne, wie eine gellende Zimbel, die durch nahm er ihn mit sich, der Junge aber
sondern übernatürliche Macht und ihren Ton keinen Ruhm und keine Weisheit folgte freudig.
Weisheit, die möglicherweise gnostisch hervorbringen. Auch <begreift> keine Seele
Und als er keck die Schule betrat, fand
beeinflusst ist. (durch sie) die Kraft meiner Weisheit.“ Und
er ein Buch, das auf dem Lesepult lag.
er nannte ihm deutlich alle Buchstaben
„Ein Lehrer namens Zachaeus aber, der in Das nahm er, las aber die Buchstaben,
vom Alpha bis zum Omega in langer
irgendeiner Angelegenheit (dort) stand, die darin waren, nicht, sondern öffnete
Aufzählung. Er (sc. Jesus) aber blickte
hörte Jesus dies zu seinem Vater sagen seinen Mund und redete im Heiligen Geist
den Lehrer Zachaeus an und sagte zu
und wunderte sich sehr, daß er solche und lehrte die Umstehenden das Gesetz.
ihm: „Du, der du nicht einmal das Alpha
Dinge äußerte, obwohl er (noch) ein Viele Menschen aber strömten zusam-
seiner Gestalt nach kennst –, wie willst du
Kind war. Und wenige Tage später trat men, die standen dabei und hörten ihm
andere das Beta lehren? Heuchler! Lehre
er an Joseph heran und sagte ihm: „Du zu. Und sie waren alle erstaunt über die
zuerst das Alpha, wenn du kannst, dann
hast einen klugen Jungen. Er hat Verstand. Reife seiner Lehre und die Geläufigkeit
wollen wir dir auch, was das Beta angeht,
Überlaß ihn mir doch, damit er Lesen und seiner Worte, daß er als Kind (schon) so
glauben.“ Dann begann er, den Lehrer
Schreiben lernt! Ich werde ihm zusammen redete. Als Joseph davon hörte, fürchtete
über den ersten Buchstaben auszufra-
mit den Buchstaben (auch) alles (weite- er Schlimmes und lief schnell zur Schule,
gen, dieser vermochte aber nicht, mit
re) Wissen beibringen und alle älteren denn er dachte, auch dieser Lehrer könne
ihm zu disputieren.
Menschen zu grüßen und sie zu achten wie ungeschickt sein. Der Lehrer aber sagte
(Kap. 6, griech. Version des KThom)
(die eigenen) Großväter und Väter und die zu Joseph: „Damit du es weißt, Bruder: Ich
Gleichaltrigen freundlich zu behandeln. “ [In der Folge bittet der Lehrer Joseph, habe den Jungen zwar als Schüler mitge-
das Kind wieder zu sich zu nehmen, da er nommen, er aber ist (bereits) voller Anmut
[...] Also nahm Joseph ihn an der Hand
ihm nicht gewachsen sei. In Kap. 14 wird und Weisheit. Und so bitte ich dich, Bruder,
und brachte ihn in die Schule. Und der
eine fast identische Geschichte nochmals nimm ihn wieder mit in dein Haus!“
Lehrer schrieb ihm ein Alphabet auf und
erzählt – mit dem Unterschied, dass Jesus (Kap. 15, griech. Version des KThom)
begann zu üben und sagte das Alphabet
nach dem Schlag auf den Kopf den Lehrer
immer wieder. Der Junge aber schwieg (Antike christliche Apokryphen in deutscher
verflucht, sodass dieser ohnmächtig zu
und antwortete ihm viele Stunden nicht. Übersetzung I. Band in zwei Teilbänden:
Boden fällt.]
Da wurde der Lehrer zornig und schlug Evangelien und Verwandtes. Hrsg. v. Chris-
ihn auf den Kopf. Der Junge aber, der Nach einiger Zeit aber sagte wieder toph Markschies u. Jens Schröter in Verb. m.
entsprechend(e) (Schmerzen) litt, sagte ein anderer Lehrer, ein enger Freund Andreas Heiser, 7. Auflage. Tübingen: Mohr
zu ihm: „Ich lehre dich mehr, als ich von Josephs, zu ihm: „Bring mir den Jungen in Siebeck, 2012)
M
oses empfing die Tora vom Sinai und Den Kindern einschärfen
überlieferte sie Josua, Josua den Ältes- Unterrichten ist der Tora zufolge ein religiöses Dr. Annette M. Boeckler ist
ten des Volkes Israel, die Ältesten den Gebot. Im täglichen Gebet heißt es: „Höre, Is- Rabbinerin in Ausbildung am
Propheten, die Propheten den Gemeindeleitern rael, der Ewige, unser Gott, ist ein einiges ewiges Levisson Instituut Amster-
nach dem Exil ... Alles Lernen ist ein Empfan- Wesen. ... Diese Worte, die ich dir heute gebiete, dam. Sie gründete die erste
virtuelle jüdische Gemeinde
gen der Tora vom Sinai. Und in jeder Genera- sollen in deinem Herzen sein. Du sollst sie deinen
SchumZoom 2020. Bis 2019
tion wächst sie durch neue Interpretationen. Söhnen einschärfen ...“ (Deut 6,4-7), und zwar
war sie Fachleiterin Juden-
In der hellenistischen Zeit lehrten die beiden „entsprechend der Intelligenz und den Fähigkei- tum am ehemaligen Zürcher
Pharisäer Jehuda ben Tabbai und Schimon ben ten des Sohnes belehre ihn sein Vater über den Lehrhaus, von 2007–2017
Schetach (ca. 140–60 v. d. Z.), ihre Schüler wa- Auszug aus Ägypten“ (Pessachim 10,4). Doch Dozentin für Bibelauslegung
ren Schemaja und Awtaljon, die zum Judentum nicht nur dies. und jüdische Liturgie am Leo
konvertiert waren. Es war ein kalter Wintertag. Der Talmud fasst zusammen: Ein Vater ist sei- Baeck College London, zuvor
Da sagte Awtaljon zu Schemaja: „Seltsam. An je- nem Sohne gegenüber verpflichtet, ... ihn Tora Dozentin an der Hochschu-
dem anderen Tag ist das Klassenzimmer hell, heute zu lehren – ihm also barmherziges und verant- le für jüdische Studien in
aber so dunkel; ist es denn heute so bewölkt?“ Als wortliches Verhalten zu vermitteln –, ihn zu Heidelberg und am Abraham
sie hinaufschauten, sahen sie eine reglose Ge- verheiraten – ihn also beziehungsfähig zu ma- Geiger Kolleg. Sie ist Autorin
zahlreicher Werke zum
stalt auf dem Dachfenster. Sie stiegen aufs Dach, chen – und ihn ein Handwerk zu lehren – ihn zu
Judentum.
schaufelten anderthalb Meter Schnee fort und befähigen, für seinen eigenen Lebensunterhalt
fanden darunter ihren Schüler Hillel. Er hatte aufzukommen. Manche sagen auch, ihm das
das Schulgeld nicht aufbringen können und sich Schwimmen beizubringen – wozu dies, bleibt
gedacht, er könnte doch wenigstens von drau-
ßen zuhören. Durch die Dachluke hatte er den
Lehrern gelauscht und so aufmerksam zugehört, Unterrichten ist der Tora zufolge
dass er gar nicht gemerkt hatte, wie der Schnee
ihn bedeckte und er vor Kälte erstarrte (vgl. Joma ein religiöses Gebot
© xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
ca. 5–10 5 Jahre Tora 1) hebräische Buchstaben lesen, Basis des Judentums
2) Verse verstehen (Midrasch) verinnerlichen
3) Verse auswendig lernen
Anfang mit Leviticus, dann Rest der Tora
(= „schriftliche Tora“), und Abschnitte aus den Propheten
ca. 10–15 ca. 5–6 Jahre Mischna 1) Saaten (Gebete, Lobsprüche, Landwirtschaft) Wissen, wie man die Tora im
(„mündliche 2) Feste (Schabbat, Feste und Feiertage) Leben praktisch anwendet
Tora“) 3) Frauen (Regelungen zur Ehe, Scheidung, Schwüre)
4) Beschädigungen (Zivilrecht, Strafrecht)
5) Qodaschim (Erinnerungen an die Opfer im antiken
Tempel)
6) Reinheiten (Fragen zu Trauer und Tod, Rein und
Unrein
ab ca. 15 bis zur Heirat Talmud - Interpretationen der meisten Traktate der Mischna Ausbildung der Urteilsfähig-
oder lebens- (= „Lehre“) (sofern die Themen eine Relevanz haben) keit, Befähigung, über die
länglich - spätere Interpretationen dieser Interpretationen Anwendung der Tora in
bis in die jeweilige Gegenwart komplexen Lebenssituationen
urteilen zu können
Diese Übersicht über den Lehrplan der Rabbinen der Antike ist nicht zu verwechseln mit den sehr anderen Curricula moderner jüdischer
Schulen und Rabbinerseminare.
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welt und umwelt der bibel 2/2022
Wie erlangte man in Alt-Israel Bildung?
Die Schriften des Alten Testaments lassen auf ein Lernen in der Familie
schließen, dagegen finden sich kaum Hinweise auf Schulinstitutionen.
Von Irmtraud Fischer
Öllampe in Form eines lesenden der Mutter die Vermittlung von Tora zugeschrieben wird und die
Lehrers. Hellenistische Zeit, ge- Weisheit, die personifiziert zum rechten Leben anweisen will,
funden in Amka, nordöstlich von als Frau auftritt. Dies stellt einen bemerkenswerten Kontra-
Akko. Israel Museum Jerusalem. punkt zum in der Christentumsgeschichte weitgehend befolg-
ten Lehrverbot für Frauen dar, das auf 1 Kor 14,34f zurückgeht.
W
ir sind es gewohnt, Kinder und Ju- ligiöse Erziehung und Bildung, wie vom christ-
gendliche in den schulischen Religi- lichen Dichter Prudentius († nach 405) mit bei- Prof. in Dr. Katharina
onsunterricht zu schicken und ihnen ßendem Spott beschrieben: Greschat ist Lehrstuhl-
vielleicht auch nahezulegen, am Kindergottes- „Der jugendliche Erbe verehrte erschauernd, inhaberin für Kirchen- und
dienst und Konfirmanden- bzw. Firmunterricht was immer ihm die ergrauten Vorväter als ver- Christentumsgeschichte
teilzunehmen. Möglicherweise sind einige von ehrungswürdig vorgestellt hatten. Die Säuglin- (Alte Kirche und Mittel-
alter) an der Evangelisch-
uns aber auch in eine Sonntagsschule gegan- ge nahmen den Irrwahn bereits mit der Mut-
Theologischen Fakultät der
gen oder waren in der Christenlehre engagiert. termilch in sich auf, hatten, während sie noch
Ruhr-Universität Bochum.
Jedenfalls scheint uns selbstverständlich, dass quäkten, schon vom gesalzenen Opferspelt Sie hat zahlreiche Bücher,
Christsein nicht ohne gewisses Maß an Bildung gekostet, wachsverschmierte Standbilder und Aufsätze und Buchbeiträge
gelebt werden kann und es daher verschiedene berußte Hausgötter, von denen Salbe tropfte, veröffentlicht und forscht
Angebote der religiösen Erziehung und Bildung erblickt. Schon der kleine Junge hatte im Haus insbesondere zum frühen
für Kinder, Jugendliche und Erwachsene geben einen geheiligten Stein, der als Fortuna mit Füll- Christentum als häuslicher
muss. Insofern erscheint uns kaum vorstellbar, horn geformt war, stehen sehen und beobachtet, bzw. familialer Religion
dass das in der Frühzeit des Christentums anders wie seine Mutter dort bleichwangig betete. Spä- sowie zu Bildung und Frau-
gewesen sein könnte, weshalb sich auch die For- ter drückte auch er, auf die Schultern der Amme enbildung in der Antike.
schung insbesondere den Organisationsformen gehoben, seine Lippen auf den Granit und küsste
und Lehrinhalten des Taufunterrichts oder der
Katechetenschulen gewidmet hat. Daneben gab
es jedoch noch einige andere Bildungswelten, die In der traditionellen Ausbildung
sich für eine kurze Betrachtung durchaus anbie-
ten.
gab es keinerlei christliche Themen
Familie und Haus ihn ab, sagte seine kindlichen Wünsche her und
Statt sich sofort auf die gemeindliche Lehre zu erflehte für sich in seiner Blindheit von einem
konzentrieren, soll der Blick zunächst auf die Felsbrocken Reichtümer, davon überzeugt, dass
erste und wichtigste Lebensform des antiken jemand, was er wolle, von dort erbitten müsse“
Menschen, d. h. auf das Haus bzw. die Familie (Contr. Sym. I,199-211).
mit Angehörigen und Abhängigen, gerichtet Auch wenn die frühkindliche Erziehung und
werden. Das war auch der zentrale Ort für die re- religiöse Bildung zunächst einmal vor allem in
sen noch verwirklichen; nur sie allein wüßten es, achten, wie auch an dem weniger bekannten
wie man leben müsse. Würden die Kinder ihnen Paulinus von Pella († nach 459) einige Jahr-
folgen, so würden sie selbst selig werden und ihr zehnte später, der aus der inzwischen christlich
ganzes Haus selig machen. Sehen sie dann, wäh- geprägten gallischen Aristokratie stammte. Bei-
rend sie so reden, einen Lehrer der Wissenschaf- de haben ausführlich über ihre Bildungskarriere
ten oder einen verständigen Mann oder auch den Rechenschaft abgelegt und sich kritisch mit ihr
Vater selbst herankommen, so pflegen die Vor- auseinandergesetzt.
Nach deren Zeugnis lernte man seit jeher mit Bezeichnung einer Schule nicht um eine festge-
den Klassikern Lesen und Schreiben und hatte fügte Institution, sondern um einen lockeren
sich neben der lateinischen auch mit der grie- Kreis von Lehrer und Schülern, die man sich
chischen Sprache oder umgekehrt auseinander- aber wohl nicht abseits der christlichen Ge-
zusetzen. Es ging aber keineswegs nur um das meinden vorstellen sollte. Gerade in Großstäd-
Anhäufen von Wissensbeständen oder um Ge- ten und Bildungsmetropolen wie Alexandria,
lehrsamkeit; wichtiger war, dass sich die Schü- Athen oder Rom existierten solche Schulen.
ler die ihnen auf diese Weise eröffnete Welt
gleichsam aneigneten und sich in ihr zu Hause
fühlen sollten. So bestand etwa eine Aufgabe Der Unterricht über die Gegenstände
des Rhetorikunterrichts darin, dass sich Au-
gustin in den rasenden Zorn und den Schmerz
des Glaubens stand nicht unbedingt
der Göttin Juno einfühlen und ihn in seine ei- im Mittelpunkt, sondern die Einübung
genen Worte kleiden sollte (Conf. I,17,27). Bei
Paulinus dürfte das kaum anders gewesen sein;
in Gebet und Bekenntnis
er hatte, nach eigenem Bekunden, mit und in
den Überzeugungen des Sokrates, den Homeri- So beschrieb etwa der in Rom lehrende Justin
schen Epen und Vergil zu leben. Auch für Chris- seinen Lebensweg als den Weg zur eigentlichen
ten war also der klassische Bildungskanon ganz ungeteilten echten Philosophie, dem Chris-
selbstverständlich noch immer das Maß aller tentum! Christus verstand Justin dementspre-
Dinge. Im Nachhinein kritisierte Augustin das chend auch in erster Linie als einen Lehrer und
und monierte, im gesamten Verlauf seiner Aus- Philosophen. Mit dem Juden Tryphon – eben-
bildung nichts eigentlich Wichtiges, d. h. nichts falls als Philosoph gekennzeichnet – diskutierte
von Christus oder über christliche Themen, ge- Justin über das rechte Verständnis der Schrift,
hört zu haben. Stattdessen wurde immer wie- das in seinen Augen nur durch Christus zu er-
der lediglich das oberflächliche Streben nach reichen sei. Justin traf sich oder lebte gemein-
Ruhm und Anerkennung gefördert. Besonders sam mit seinen Schülerinnen und Schülern
problematisch erschienen ihm jedoch die mo- ebenfalls in Rom in einem häuslichen Kontext,
ralisch fragwürdigen Inhalte der Göttermythen; wie etwas später auch eine Lehrerin mit Namen
so könnte gerade der notorisch untreue Jupiter Marcellina, die auch Bilder Christi und einiger
junge Leute dazu veranlassen, sich ausgerechnet Philosophen in ihrem Haus aufstellte.
diesen Gott zum Vorbild zu nehmen und sich „So hat Marcellina, die … unter Anicet nach
ebenso zu verhalten (Conf. I,16,25). Rom kam, viele betört. Sie nennen sich Gnosti-
ker und haben gemalte oder sonstwie hergestellte
Philosophische Schulen Bilder Christi, dessen Typus von Pilatus gemacht
In der traditionellen Ausbildung gab es also kei- sein soll zu der Zeit, da Jesus unter den Menschen
nerlei christliche Themen oder Inhalte; doch wandelte. Diese krönen sie und stellen sie gleich-
selbstverständlich gab es christliche Schüler
und sicherlich auch christliche Lehrer. Erst das
im Jahr 362 erlassene „Rhetorenedikt“ des Kai-
sers Julian, der das Reich zur traditionellen Re-
ligion zurückführen wollte, verbot den christli- Bildung als soziales
chen Lehrern die Ausübung ihres Berufs mit der QUELLEN
Begründung, dass sie keinen Lehrstoff vermit-
Unterscheidungskriterium
TEXT
teln dürften, hinter dem sie nicht stünden.
Gebildeten Menschen galt eine philosophi-
sche Lebensform als angemessen, d. h. dass sie Bischof Sidonius Apollinaris (431/32–nach 479), gallorömischer
sich unter Führung eines Lehrers mit zentralen Aristokrat und Bischof in der Auvergne, bezeugt in einer Klage über
Texten beschäftigten, über das Göttliche in sei- die Veränderungen in der Sozialordnung, wie klassische Bildung die
nem Verhältnis zur Welt nachdachten und auf sozialen Schichten voneinander trennt:
Luxus verzichteten. Bisweilen sahen die heidni-
„Wenn die Stufen sich auflösen, vermittels derer der Höchste sich
schen Zeitgenossen darin ein Deutungsmuster
vom Niedrigsten zu unterscheiden pflegte, dann wird schließlich das
für christliche Gruppierungen und schrieben
einzige Kennzeichen unserers Adels sein, mit der Literatur vertraut zu
ihnen immerhin zu, eine besonders merkwür-
sein“ (Sidon, ep. VIII 2,2 (III 84 L).
dige Form einer philosophischen Schulrich-
tung zu sein. Sicherlich handelte es sich bei der
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welt und umwelt der bibel 2/2022
Römische Schulszene. zeitig mit den Bildern weltlicher Philosophen wie Gestaltung und zur Metrik. Das eigenständige
Frühe Christen erhielten des Pythagoras, Platon, Aristoteles und anderer christliche Bildungskonzept des Origenes, bei
– je nach sozialem Wohl- aus …“ (Iren. Adv. Haer. I,25,6). dem Dialektik, Arithmetik, Geometrie und
stand – ebenso klassi- Dass der Verfasser dieser Zeilen rein gar Ethik ergänzt um spezifisch christliche Inhal-
sche Bildung wie andere nichts von dieser Lehrerin Marcellina hielt, te gelehrt wurden, dürfte kaum im Rahmen
Bürger im Römischen dürfte mehr als deutlich geworden sein. Der be- einer alexandrinischen Katechetenschule zur
Reich. Bis zum Erlass Unterweisung von Taufanwärtern umgesetzt
kannteste christliche Lehrer war jedoch sicher-
Kaiser Julians waren sie
lich Origenes (+ 254), der seine traditionelle worden sein. Dazu war es viel zu anspruchsvoll.
auch als Lehrer tätig.
Ausbildung ganz in den Dienst der Schriftaus- Wahrscheinlich richtete sich Origenes wohl vor
Das Schulrelief aus legung stellte. Von vermögenden Patronen be- allem an eine christlich interessierte Bildungs-
Neumagen (2. Jh. nC) kam er Schnellschreiber zur Verfügung gestellt elite, weshalb man seine Schule auch als die ers-
zeigt zwei Schüler mit und wurde auch gebeten, das Werk des oben ge- te christliche Privatuniversität bezeichnet hat.
Buchrollen, in der Mitte nannten Christengegners Celsus zu widerlegen.
den Lehrer. Dieser ist Aufgrund der finanziellen Zuwendungen konn- Bischöfliche Predigt und Katechese für
durch Bart und Frisur te er sich seinem umfassenden exegetisch-dog- Taufbewerber
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=65038741
losoph dargestellt und zuverlässig überlieferten Text zu haben, stellte hen, es habe keinerlei Unterweisung der Tauf-
im Unterschied zu seinen
er eine Synopse von sechs verschiedenen Versi- bewerber gegeben. Diejenigen, die glaubten und
Schülern hat er auch
onen des alttestamentlichen Textes zusammen versprachen, ihr Leben danach auszurichten, so
eine Fußstütze.
Rheinisches Landes- (Hexapla). Bei der Abfassung seiner zahlreichen schilderte es bereits Justin, wurden angeleitet,
museum Trier. (heute nur noch unvollständig erhalten) Kom- zu beten und zu fasten, um – unterstützt von
mentare zu biblischen Schriften stützte er sich den Gemeindegliedern – vor ihrer Taufe die
auf die rabbinischen Auslegungen ebenso wie notwendige Vergebung für ihre Sünden zu er-
auf die Methoden und Werkzeuge, die seine flehen. Und Origenes stellte gegenüber Celsus
Zeitgenossen zur Kommentierung von Platon- klar, dass die Christen keineswegs nur Unge-
bzw. Aristotelestexten verwendeten. Dazu ge- bildete ansprachen, weil sie die Auseinander-
hörten zunächst das Lesen des Textes, die Text- setzung mit Gebildeten scheuten. Vielmehr
kritik (Feststellung des besten Textes aus den wollten sie alle Menschen über das Christen-
überlieferten Handschriften), Wort- und Sach- tum belehren. Wer von ihnen nach christlichen
erklärungen, Erläuterungen zur rhetorischen Maximen leben wollte, wurde in den Katechu-
menenstand aufgenommen und in seiner Le- zusammen sind oder ob sich das Volk aus allen
bensführung von Gemeindemitgliedern über- möglichen Menschenklassen zusammensetzt“
wacht. Man bekommt den Eindruck, dass der (Aug. cat. rud. 15,23).
Unterricht über die Gegenstände des Glaubens Doch rechnete Augustin auch mit Taufbe-
nicht unbedingt im Mittelpunkt stand, sondern werbern, die sich schon eigenständig mit den
Zu antiken römi-
die Einübung in Gebet und Bekenntnis sowie in biblischen Schriften beschäftigt oder darüber
schen Schreibge-
eine konkrete Lebensgestaltung, weshalb etwa diskutiert hatten. Diese Gruppe wollte gar nicht
räten gehörten u. a.
die Ausübung ganz bestimmter Berufsfelder, mehr unterrichtet werden, sondern suchte nur Wachstafeln, Griffel,
die mit der Götterverehrung zu tun hatten oder noch um die Zulassung zu den Sakramenten ein Schaber, um das
gegen die gängige Moral verstießen, verboten nach. Dennoch sah sich Augustin gezwungen, Wachs zu glätten, und
sein sollte. In seinen Predigten unterschied Ori- auch diesen in einem Vortrag die wichtigsten Öllampen. Fund aus
genes zwischen Gläubigen und Katechumenen, Glaubenslehren in Erinnerung zu rufen oder Großbritannien.
die häufig ausdrücklich von ihm angesprochen
und belehrt wurden.
Ab dem 4. Jh. sind verschriftlichte Unterwei-
sungen der Katechumenen, u. a. von Augustin,
überliefert, da der Bischof für die Vorberei-
tung der Taufbewerber verantwortlich war, die
dann in der Osternacht getauft werden sollten.
Während dieser Zeit hatten die Katechumenen
zu fasten und wurden in die zentralen Glau-
bensinhalte eingeführt, d. h. ihnen wurden
das Bekenntnis und das Vaterunser gleichsam
übereignet und die Grundzüge des Taufritus
erläutert. Es wurde großer Wert darauf gelegt,
dass das Bekenntnis nicht aufgeschrieben, son-
dern auswendig gelernt wurde als eine kom-
pakte Zusammenfassung der gesamten Schrift.
Im Zuge der Taufzeremonie musste es dann
von den Täuflingen „zurückgegeben“, d. h. vor
der versammelten Gemeinde laut gesprochen
werden. Dass bei einem berühmten Rhetor wie
Marius Victorinus, der sich im Jahre 355 in Mai-
land taufen ließ, insofern eine Ausnahme ge-
macht werden sollte, als er das Bekenntnis auch
im Stillen ablegen durfte, berichtete Augustin
in seinen Confessiones. Marius Victorinus, der
später angesichts des bereits erwähnten „Rhe-
torenedikts“ des Kaisers Julian sein Amt nieder-
legte, sei jedoch nicht auf dieses Angebot einge-
gangen und hätte das Bekenntnis vielmehr laut
und und für alle vernehmlich gesprochen.
Hochgebildete Katechumenen wie Marius
Victorinus dürften eher die Ausnahme gewe-
sen sein. Meist hatten die Taufbewerber keine
traditionelle Schulbildung vorzuweisen und
konnten weder lesen noch schreiben. Vor al-
lem Letztere lernten durch die Predigten, die sie
während ihrer Katechumenenzeit hörten. Nach
©Tim Gainey / Alamy Stock Foto
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welt und umwelt der bibel 2/2022
Die antiken Bibliotheken zwischen Macht und Religion
Wissensspeicher der
Herrschenden
Wissen ist Macht – auch in der Antike. Bibliotheken waren häufig Sammlungen von
Herrschaftswissen, das den Mächtigen zugänglich war. Verbunden waren sie in ver-
schiedenster Weise mit sakralen Orten, wenn auch nicht explizit religiös ausgerichtet.
Von Johannes Bergemann
Prunkfassade
der Bibliothek
des Celsus mit
dem Grab des
Stifters, Blick-
fang im antiken
Ephesos.
(Lemmata) und
Biografien von Autoren, es handelt sich also um verweist sie auf die enge Beziehung der pergame- Tafelgeschirr für
eine Art antiken Bibliothekskatalog. Diese sog. nischen Könige zu Athen. Die Könige von Per- Mähler in der Biblio-
gamon versuchten ihre mediokre Herkunft – ihr thek (verschiedene
Das Gelage der Gelehrten Vorfahr hatte den Staatsschatz der seleukidischen Maßstäbe).
Könige veruntreut – durch zahlreiche Baustiftun-
war Teil der antiken grie- gen in Athen, auf der Agora und der Akropolis zu
chischen Bibliotheken kaschieren. Auch in Pergamon selbst stellte man
sich als kulturelle Großmacht in der Tradition des
Lemmata dienten zur Orientierung der Leser und klassischen Athen dar.
zur Auffindung der Schriftrollen, denn zu dieser Die Lokalisierung der pergamenischen Biblio-
Zeit gab es noch keine gebundenen Bücher. Unter thek im Heiligtum der Athena und der alexan-
den Resten der Bibliothek von Taormina wur- drinischen Bibliothek im Heiligtum der Musen
den auch Scharniere der hölzernen Schränke für spricht also nicht für einen vertieften Bezug zur
die Buchrollen gefunden. Dazu große Mengen an Religion. Vielmehr diente die religiöse Einbet-
qualitätvoller Keramik, die vor allem beim antiken tung der pergamenischen Bibliothek offenbar pri-
Gastmahl, dem Symposion, Verwendung fanden. mär der politischen Propaganda der Könige.
Zwar engagierten sich auch die römischen Kaiser bekannter Angehöriger der lokalen Elite eine Bib-
durch Bau und Unterhaltung von Bibliotheken. Au- liothek in der Stadt Nysa am Mäander in Kleinasien
gustus (31 vC – 14 nC) ließ im Heiligtum des Apol- (heutige Türkei), nicht weit von Ephesos, unter der
lon auf dem Palatin in Rom eine Bibliothek errichten. er sich ebenfalls in der Stadtmitte bestatten lassen
Sie stand unter dem Schutz der Gottheit, die in der durfte.
für seine Herrschaftsbegründung entscheidenden Auch ohne ein Grab war es attraktiv für die Ange-
Schlacht von Actium (31 vC) ihre Hand schützend hörigen der extrem reichen Eliten, Bibliotheken zu
Antike Bibliotheken: Könige, Kaiser und • Jason König – Katerina Oikonomopoulou – Greg Woolf (Hrsg.), Ancient Libra-
die „Embedded Religion“ ries (Cambridge University Press 2013).
Die öffentlichen Bibliotheken der Griechen star- • Alexander Bätz, Seelen der Stadt. Bibliotheken im kaiserzeitlichen Rom, Wiesba-
teten also im Zeitalter des Hellenismus (3.–1. Jh. den, Harrassowitz 2020).
vC) als königliche Wissensspeicher. Hier wurde • Kerstin Rausch, Antike Bibliotheken. Bildungsorte zwischen Symposion, Religion
Herrschaftswissen gesammelt. Dafür wurden in und gesellschaftlicher Repräsentation, Dissertation Göttingen 2021 (im Druck).
Alexandria Gelehrte an die Bibliothek geholt. Bei
K
önnen Menschen zu gebildet sein? In der torik zu beschäftigen: vor allem Männer aus der
Moderne würde man es andersherum for- Oberschicht, aus denen sich die Funktionäre
mulieren: Wenn Bildung der Schlüssel auf kommunaler und imperialer Ebene rekru-
zum Erfolg des individuellen Lebens und zum tierten. Frauen kamen nur selten in den Genuss
Fortschritt der Menschheit ist, kann es nie zu solcher Bildung, da diese nicht zu den Voraus-
viel Bildung geben! Ob dies für unsere Gegen- setzungen für eine vorteilhafte Heirat zählte.
wart zutrifft, sei dahingestellt. Doch in der An- Die Dichtungen Homers oder Vergils aus dem
Prof. Dr. Peter Gemein-
tike war Fortschritt kein Wert an sich. Hier war Gedächtnis zu zitieren, beim Reden Vorbildern hardt ist Professor für
das Gute stets das Traditionelle: „Wir müssen das wie Demosthenes oder Cicero zu folgen, die Er- Kirchengeschichte an der
Althergebrachte immer in Ehren halten“, erklärte eignisse der Gegenwart als mindestens genauso Theologischen Fakultät
der Römer Macrobius um 430 nC. Entsprechend dramatisch wie Thukydides’ Peloponnesischen der Georg-August-Univer-
wurde soziale Mobilität eher als Problem denn Krieg oder Sallusts Verschwörung des Catilina sität Göttingen. Schwer-
als Chance begriffen. Dass es ein homo novus wie zu klassifizieren: Das waren Versatzstücke eines punkt seiner Forschungen
Augustin aus einer Kleinstadt im nordafrikani- elitären Codes, über den verfügte, wer die höhe- ist die religiöse Bildung
schen Hinterland zum Rhetoriklehrer am Kai- ren Schulen besucht hatte, und der seinen Wert im spätantiken Christen-
serhof in Mailand brachte, war die Ausnahme; behielt, als die Welt, in der die alten Geschich- tum.
und dass er nur wenig später zum Christentum ten spielten, längst untergegangen war.
konvertierte, Bischof wurde und sich in den „Be-
kenntnissen“ kritisch über seine Bildungskarrie- Das Christentum fügt sich nicht ein
re äußerte, dürfte manchen in seiner Auffassung Entsprechend groß war das Geschrei, als mit
bestätigt haben, dass eben doch besser alles beim dem Christentum eine religiöse Neugründung
Alten bliebe. auf der Bildfläche erschien, die sich nicht in die-
Eine solche Begrenzung des Erwerbs von
Wissen und Bildung war in der griechischen Die Begrenzung des Erwerbs von
und römischen Welt völlig normal. Bildung
war ein Distinktionsmarker: Zwar musste in Wissen war in der römischen Welt
jedem Dorf des Imperium Romanum jemand völlig normal
schreiben und lesen können, um Verträge zu
schließen und die Geschäftskorrespondenz zu se bewährten Schemata fügte. Kurioserweise
führen. Doch Bildung, die ihren Namen ver- fühlten sich Literaten und Philosophen von ei-
diente, war den „happy few“ vorbehalten, die ner Minderheit, die immer wieder behördlichen
Zeit und Geld dafür aufbringen konnten, sich Repressalien unterworfen wurde, bedroht. Es
mit Dichtung, Geschichtsschreibung und Rhe- war zu viel des Neuen, dass bei den Christen,
Museum Neapel. nicht einmal zu den niedersten Verrichtungen zu en wirklich gleichberechtigt mit? Schon der
gebrauchen sind – es sich herausnehmen, etwas erste Timotheusbrief hatte der Frau das Lehren
Sicheres über die Natur des erhabenen Welten- und das Herrschen über den Mann verboten –
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man fürchtete wohl, zu viel Bildung würde die ihnen durch übertragene Aussage – die sogenann-
Hierarchie der Geschlechter unterminieren. Eine te Allegorese – einen tieferen, unanstößigen Sinn
Frau wie Thekla, die als Gefährtin des Paulus in – dies kam in hellenistischer Zeit in Alexandrien
Kleinasien missionierte und wohl auch taufte, in Gebrauch und wurde auch für die jüdische und
war eine Ausnahme. christliche Auslegung der Bibel bedeutsam.
Es gab gebildete Frauen – lehrende Heilige Christliche Autoren griffen aber auch zur strik-
wie Macrina, weise Wüstenmütter wie Theodo- ten Antithese: Tertullian (um 200 nC) betrach-
ra oder Dichterinnen wie Proba –, doch waren tete den Schulunterricht als eine Form des „Göt-
Männer bemüht, sie mit nicht zu viel Bildung zendienstes“, da jeder Lehrer den „heidnischen“
in Berührung kommen zu lassen: Göttern verpflichtet sei, erhalte er doch an deren
Hieronymus schrieb 384 ei- Festtagen seinen Lohn! Außerdem müsse ein Leh-
nen Brief „über das jung- rer den Stoff seinen Schülern beliebt machen; man
fräuliche Leben“ an die könne nichts lehren, von dem man sich ständig
Römerin Eustochium. dist anziere (eine ernsthafte pädagogische Ein-
Der Bildungskanon sicht). Wohin es führe, wenn Christen mit falscher
der Schulen sei ein Bildung an die Bibeltexte herangingen, zeigten die
Problem: Auslegungen der Gnostiker. Gegen diese formu-
„Was hat Horaz lierte Tertullian seine berühmte Antithese:
mit dem Psalter „Was haben also Athen und Jerusalem gemein-
zu schaffen, Vergil sam, was die Akademie und die Kirche, was Häre-
mit den Evangeli- tiker und Christen? Unsere Unterweisung stammt
en, Cicero mit dem aus der ‚Halle Salomos‘ (Joh 10,23), der dazu in ei-
Apostel? Ist es nicht gener Person gelehrt hatte, dass man den Herrn ‚in
ein Ärgernis für dei- der Einfalt des Herzens‘ (Weish 1,1) suchen müsse.
nen Bruder, wenn er Sollen die für sich zusehen, die ein stoisches, ein pla-
dich in die Götzenver- tonisches, ein ‚dialektisches‘ Christentum hervor-
ehrung zurückfallen sieht gebracht haben!“ (De praescriptione haereticorum
(vgl. 1 Kor 8,9)?“ (Epistula 7,9-11; Übers. Dietrich Schleyer)
22,29,7) In der Tat gab es in Gruppen, die sich viel auf
Stattdessen solle Eustochium die ihre intellektuellen Qualitäten zugutehielten,
Junge Frau (häufig Bibel und christlich-asketische Schriften lesen, die Überlieferung verborgenen („apokryphen“)
Sappho genannt) die alles böten, was sie wissen müsse, und sie Wissens, das sich oft besonderen Mitteilungen
mit Wachstafel zugleich vor den Gefahren bewahrten, die im Jesu an einzelne seiner Gefährten verdankte, z. B.
und Griffel. Der Umgang mit „heidnischen“ Texten drohten. Hie- Thomas, Judas oder Maria, von denen man sogar
Zugang zu Wissen
ronymus motivierte diese Mahnung mit einer far- Evangelien kannte. Diese „antiken christlichen
für Frauen wurde
big ausgemalten Gerichtsszene: Der himmlische Apokryphen“ erzählen – entgegen einer verbrei-
strikt reglementiert.
Fresko aus Pom- Richter Christus habe ihn im Traum angeklagt, er teten Erwartung – nicht die wirklich wahre Ge-
peji, 55–79 nC. habe trotz seiner Bekehrung die klassische Litera- schichte über Jesus. Sie kursierten in den Kreisen
Archäologisches tur nicht hinter sich gelassen, sondern sei davon derer, die tiefere „Erkenntnis“ (Gnosis) als der
Museum Neapel. immer noch fasziniert, kurz, er sei kein Christi- Mainstream gewinnen wollten, wobei oft die zeit-
anus, sondern ein Ciceronianus, „denn wo dein genössischen Bischöfe oder sogar die Apostel Pet-
Schatz ist, daran hängt dein Herz“ (Mt 6,21): Klas- rus und Paulus in ein kritisches Licht gerückt wur-
sische Bildung sei sein Götze! den. Die Limitierung solchen (Geheim-)Wissens
über Gott, Jesus und die Welt trug wesentlich zur
Vorbehalte gegen pagane Literatur Formierung des biblischen Kanons bei.
Was aber war falsch an Cicero und anderen grie- Paradoxerweise – so könnte es bei Tertullian
chischen und römischen Autoren? In Homers Ili- scheinen – lehnten die Christen, denen die „Hei-
as und Odyssee oder in Vergils Aeneis wimmelte den“ den falschen Gebrauch von Bildung vorwar-
es bekanntlich von Göttern – nur eben (aus christ- fen, diese tatsächlich ab. Doch gab es auch andere
licher Sicht) von den falschen. Wie diese Götter Stimmen: Tertullians Mitchristen in Karthago
miteinander stritten und welche Intrigen sie ge- fürchteten, dass ihre Kinder ohne jegliche Schul-
geneinander spannen, das war (schon für vor- bildung keine beruflichen und gesellschaftlichen
christliche Leser) jenseits des Akzeptablen. Nun Chancen hätten. Eine solche Selbstexkommuni-
© gemeinfrei
konnte man diese Werke schlicht als Literatur, kation wurde nicht vollzogen.
nicht als religiöse Texte lesen – wie im Gramma- Nach allem, was wir wissen, waren viele Chris-
tik- und Rhetorikunterricht. Oder man entnahm ten auch als Lehrer an öffentlichen Schulen tätig,
Tiefpunkte
christlicher Bildungsfeindschaft
Auf Bildung zu verzichten, war Solche Diskussionen über Bildung blieben meis-
keine Option tens auf literarische Dispute beschränkt. Ab und
zu ging es auch handgreiflich zu: Von dem christ-
lichen Lehrer Cassianus aus Imola wird berichtet,
Als die Christen nicht mehr verfolgt wurden, er sei während der Verfolgungen im frühen 4. Jh.
sondern seit Kaiser Konstantin sogar Förderung von seinen Schülern mit ihren Griffeln erdolcht
genossen, musste sich in Bezug auf Bildung daher worden. Das mag eine fromme Legende sein. Ver-
gar nicht viel ändern. Kaiser Julian (361–363), der bürgt ist allerdings, dass im Jahr 415 oder 416 ein
das Reich zurück zum Glauben an die alten Götter christlicher Mob in Alexandrien die Philosophin
führen wollte, nahm die Christen allerdings ernst Hypatia zu Tode brachte. Das Klima in der Stadt
und schrieb vor, an öffentlichen Schulen dürfe nur war durch den Konflikt zwischen dem Präfekten
lehren, wer die in den Schultexten auftretenden Orestes und den Bischof Kyrill († 444) aufgeheizt,
Götter aufrichtig verehre und sie als Führer zur weil dieser zu Gewalt gegen die alexandrinischen
Lesetipps
• Barbara Aland, Die Gnosis, Stuttgart 2014.
• Peter Gemeinhardt, Das lateinische Christentum und die antike pagane
Bildung, Tübingen 2007.
• Peter Gemeinhardt, „Den Heiden eine Torheit“? Bildung im paulinischen
Schrifttum und im frühen Christentum, in: Jahrbuch für Biblische Theologie
35 (2020), S. 209–239.
• Hans-Josef Klauck, Die apokryphe Bibel. Ein anderer Zugang zum frühen
Christentum, Tübingen 2008.
Juden aufgerufen hatte, was der Präfekt nicht dul- schen wurden unter Strafandrohung zur Taufe
den konnte, auch wenn er selbst Christ war. Hypa- aufgefordert. Im Jahr 529 ließ der Kaiser die Athe-
tia, die ihn darin bestärkte, erschien als geeignetes ner platonische Akademie schließen, nachdem
Opfer für eine fanatisierte Menge von Christen: er schon 527 den Nichtchristen die Lehrtätigkeit
Sie war eine Figur des öffentlichen Lebens und verboten hatte – in diametralem Gegensatz zu Ju-
Repräsentantin der „heidnischen“ philosophi-
schen Tradition. Ihr brutaler Tod – in Szene ge-
setzt 2009 im Film Agora – war ein Tiefpunkt Am Ende setzte sich die Einsicht in
christlicher Bildungsfeindschaft in der Spätantike. den Nutzen von Wissen durch
Er ereignete sich in einer Phase, in der die kaiser-
liche Gesetzgebung das Christentum gegenüber
anderen Religionen bevorzugte und Letztere aus lians „heidnischer“ Restauration. Dennoch blieb
der Öffentlichkeit zu verdrängen trachtete. Doch in Alexandrien ein kreativer philosophischer
© Rheinisches Landesmuseum Trier/Thomas Zühmer (CC BY-NC-SA)
waren solche Übergriffe insgesamt selten. Schulbetrieb bestehen, in dessen Rahmen Philo-
Zeitgleich übertrugen christliche wie nicht- sophen wie Platon und Aristoteles ins Syrische
christliche Römer Vergils und Ciceros Schriften und von hier aus ins Arabische übersetzt wurden
aus Buchrollen in Kodizes und erhielten sie so und so auf den im 7. Jh. entstehenden Islam Ein-
der Nachwelt. Wer gebildet war, wusste um de- fluss ausübten. Im Westen entstanden zeitgleich
ren Wert! Als mit der Völkerwanderung „Barba- Enzyklopädien, in denen nichtchristliches und
ren“ Teile des Imperiums eroberten, fanden sich christliches Wissen für die Nachwelt gesichert
plötzlich die Christen als Wahrer der römischen wurden. Am Ende setzte sich die Einsicht in den
Tradition wieder – und waren darin, alles in al- Nutzen von Wissen gegen die Angst vor diesem
lem, erfolgreich. Romanitas und Christianitas gin- durch. Ja, dass es ohne Bildung nicht gehe, hatte
gen eine Synthese ein, von der Tertullian nicht zu schon um 200 Clemens von Alexandrien betont:
träumen gewagt hätte. „Wie wir zum einen sagen, es sei möglich, ohne Li-
Die Angst vor zu viel Wissen und Bildung teraturkenntnis gläubig zu sein, bekennen wir zum
aber blieb lebendig. Unter Kaiser Justinian anderen, dass man das, was in der Glaubenslehre
(† 565) wurde das Christ-Sein zur einzig legiti- ausgesagt wird, ohne Lernen nicht verstehen kann“
men Möglichkeit religiöser Existenz; alle Men- (Stromateis 1,35,2). W
Gefährliches Wissen?
In der Apostelgeschichte wird von einer Bücherverbrennung in Dr. Matthias Hoffmann
habilitiert sich an
Ephesus berichtet. Spätere Aufrufe zum Verbrennen von der Evangelisch-
unliebsamen Schriften berufen sich oft darauf. Doch diese Theologischen Fakultät
der Universität Mün-
Bücherverbrennungen basieren nicht immer auf Freiwilligkeit. chen. Seine Forschungs-
schwerpunkte sind u. a.
Von Matthias Hoffmann
frühjüdische Literatur.
I
mmer wieder wurde schon in der An- ausgetrieben worden sein (Apg 19,12). USA zu beobachten war, wurde aufge-
tike unliebsames Wissen, das gefähr- Als jedoch die sieben Söhne des Priesters rufen, da solche Bücher eine Gefahr für
lich erschien, verboten und z. T. sogar Skeva versuchen, einen Dämon mit Ver- den christlichen Glauben darstellen sol-
verbrannt. Auch im antiken Rom wur- weis auf Paulus im Namen Jesu auszu- len. In der Apostelgeschichte hingegen
den Bücher verbrannt. So soll Augustus treiben, schlägt dieser Exorzismus spek- ist von einem solchen Aufruf nichts zu
bei Übernahme des Oberpontificates an takulär fehl (Apg 19,13-16). Daraufhin sehen. Was im Zusammenhang mit dem
die 2000 Bücher mit Weissagungen ein- befällt viele Juden und Griechen von Paulusaufenthalt in Ephesus geschildert
sammeln und verbrennen lassen haben Ephesus Furcht und sie bekennen ihre wird, ist keine Protestaktion, sondern
(Sueton in Divus Augustus 31,1). früheren Zauberpraktiken. Viele von ih- freiwillig vollzogene Abkehr einiger
Dass Bücher verbrannt wurden, weil nen, die Magie betrieben haben, bringen zum Christentum konvertierter Bewoh-
sie Aussagen enthielten, die als häretisch ihre Bücher zusammen und verbrennen ner von Ephesus. Sie verbrennen die Bü-
oder sittenwidrig galten oder deren In- sie öffentlich (Apg 19,17-19). Diese cher als Zeichen ihrer Absage von Magie,
halte mitunter nicht einmal verstanden Verbrennung von Zauberliteratur ergibt ohne hierzu aufgefordert zu werden.
wurden, ist leider in der Geschichte der sich konsequent aus dem misslungenen
Menschheit ein weitverbreiteter Miss- Exorzismus.
stand. In fast jedem Kulturkreis und fast Von Paulus selbst erfahren wir we- Von einem Aufruf
jeder religiösen Gemeinschaft und Kon- nig. Zwar werden mit einigen seiner zum Verbrennen ist
fession lässt sich das z. T. auch religiös Kleidungsstücke Krankheiten und böse
motivierte Verbrennen von Literatur mit Geister ausgetrieben, doch von einem nichts zu sehen
missbilligten Inhalten nachweisen. Exorzismus des Paulus wird zwar in
Sucht man nach Ursachen dafür, dass Apg 16,16-22 berichtet, doch an diesen Ein wohl elementares Detail dieser
Bücher und Literatur verbrannt wurden, Exorzismen in Ephesus (Apg 19,12) ist lukanischen Darstellung liegt in der Er-
so ist in diesem Zusammenhang ein Blick Paulus nicht aktiv beteiligt – er ist nicht wähnung des Geldwertes der Bücher.
auf Zauberliteratur sehr aufschlussreich, einmal anwesend. Der Wert der verbrannten magischen
da derartige Bücher auffällig häufig ver- Werke soll 50.000 Denare betragen ha-
nichtet wurden. Freiwillige Umkehr – kein Verbot ben – ein geradezu fantastischer Wert,
Als Ausgangspunkt für die Verbren- Vergleicht man diese Bücherverbren- wenn man bedenkt, dass nach Lk 15,8-
nung magischer Literatur wird oft auf nung mit der Zerstörung von Literatur 10 die Frau ihr gesamtes Haus nach einer
die Ereignisse des Paulusaufenthaltes in in jüngerer Zeit, so fällt ein deutlicher einzigen verlorenen Drachme absucht.
Ephesus in Apg 19 verwiesen. Während Unterschied auf. Denn zur Vernichtung Vermutlich möchte Lukas mit dieser
dieser Zeit sollen mithilfe von Schurzen von Harry Potter-Büchern und ähnli- übertriebenen Summe Aufmerksamkeit
und Schweißtüchern, die Paulus getra- cher Literatur, die vor Kurzem etwa in erregen. Denn der genannte immense
gen hat, Krankheiten und böse Geister fundamentalistischen Kreisen in den finanzielle Wert der Zauberbücher steht
eben gerade im Gegensatz zu ihrem ein Detail doch Aufmerksamkeit, und Ob sich die Verbrennung der Zauber-
tatsächlichen Wert, der sich durch den zwar der Hinweis darauf, dass die joh- literatur zu Ephesus historisch zugetra-
Fehlschlag der jüdischen Exorzisten als lende Menge, die dem Silberschmied gen hat, ist stark zu bezweifeln. Überlie-
nichtig erwiesen hat. Die Wunder von folgt, z. T. selbst nicht recht weiß, woge- fert ist immerhin eine gewisse Affinität
Paulus und den Aposteln hingegen hel- gen sie eigentlich lautstark demonstriert der Epheser zur Magie. So berichtet bei-
fen immer und sind mit Geld nicht zu (Apg 19,32). spielsweise der griechische Schriftsteller
erwerben (vgl. dazu auch den fehlgelei- Man mag geneigt sein, diese Aussage Plutarch (Quaestiones Convivalium VII
teten Versuch des Simon Magus, den so zu bewerten, dass sich eine analoge 5,4) davon, dass Magier von Dämonen
Aposteln in Apg 8,18-24 ihre Gaben ab- Form von Unkenntnis auch in heutigen Besessenen auftrügen, „ephesinische
zukaufen). Protestumzügen gerne zeigt. In jedem Schriften“ (Ephésia grámmata) und die
Somit stellt die Episode um die ver- Fall ist hier eine Skepsis des Lukas gegen- in ihnen enthaltenen Namen zu rezitie-
brannten magischen Bücher eine Form über Eiferern zu erkennen, die ihre Mei- ren. Das Bild von Ephesus als die Stadt
frühchristlicher Propaganda dar: Die nung unqualifiziert kundtut (vgl. dazu der Zauberer und Artemisverehrer, die
Zauberbücher haben schlicht nur mate- ähnlich auch Apg 14,8-20 und 16,16- mit ihrer Magie schlechten Einfluss aus-
riellen Wert, jedoch enthalten sie kein 40). üben, ist ferner auch in den Johannesak-
wertvolles oder gar hilfreiches Wissen. ten (vgl. WUB 1/2011, S. 36–40) beste-
Sie werden also nicht verbrannt, weil sie Keine Gewalt hen geblieben.
eine Gefahr darstellen, sondern weil sie Da in dieser Episode Bücher verbrannt Doch auch wenn Lukas in seinem Be-
de facto wertlos sind und mit den Wun- werden, ließe sich an den Ausspruch richt in Apg 19 die Verbrennung von
dertaten Pauli und Jesu nicht einmal Heinrich Heines zur Koranverbren- magischer Literatur nicht explizit ein-
annähernd in Konkurrenz treten kön- nung in Granada denken: „Das war ein fordert, so ist in wirkungsgeschichtli-
nen. Zur Vernichtung dieser Literatur Vorspiel nur, dort wo man Bücher ver- cher Hinsicht ein fehlgeleiteter Eifer bei
muss von Paulus auch nicht aufgerufen brennt, verbrennt man auch am Ende der Verbrennung von Büchern zu beob-
werden, sondern diejenigen, die früher Menschen.“ Doch auch wenn in der achten. Man kann lediglich vermuten,
gewisse magische Praktiken betrieben Apostelgeschichte mitunter Antago- dass der Autor der Apostelgeschichte
haben, wenden sich selbst von ihren ei- nisten eines grausamen Todes sterben die Jahrhunderte später erfolgenden
genen Taten ab und verbrennen diese (vgl. Judas in Apg 1,18, Hananias und Bücherverbrennungen als verstörend
Schriften ganz von allein und ohne gro- Saphira in Apg 5,1-11 oder Herodes empfunden hätte, da von puren Akten
ße Worte. Agrippa in Apg 12,18-25), so ist vom der Zerstörung keine argumentative
© Public domain
Obwohl die nachfolgende Darstellung Tod (oder gar Verbrennen) der Magier Kraft mehr ausgeht und sie narrative
vom Aufstand des Demetrius nicht in bei Lukas nichts auszumachen. Und es theologische Raffinesse, wie wir sie von
direktem Zusammenhang mit der Ver- gibt auch keinen Aufruf, die Magier für Lukas kennen, eigentlich nicht mehr
brennung der Bücher steht, so verdient ihre Zauberkunst zu bestrafen. zulassen. W
D
as Konzept Wissen und Wissensver- zum „Lesen/Vortragen/Schreiben“ ebnet so-
mittlung spielt im Koran eine zentrale mit einen ersten Zugang zur Bildung und zum Dr. Mahmoud Haggag lehrt
Rolle. Wir können diese Rolle anhand Wissen der muslimischen Urgemeinde. am Institut für Islamische
der ersten koranischen Offenbarungen ablesen. Insofern stellen das göttliche Wissen und Theologie der Univer-
So stellt die Aufforderung iqraʾ (lies/trag vor) im die Wissensvermittlung eine zentrale Idee dar, sität Osnabrück. Seine
Forschungsschwerpunkte
Koran (96:1) chronologisch den Anfang der ko- nicht nur in den Quellentexten des Koran und
liegen u. a. in der Überset-
ranischen Offenbarung dar: „Trag vor im Namen der Sunna, der prophetischen Tradition, son-
zung islamischer Texte im
deines Herrn, der erschaffen hat, den Menschen dern auch in der islamischen Philosophie, Mys- theologischen und inter-
aus einem Blutklumpen erschaffen hat! Trag vor! tik und vor allem in der spekulativen und syste- kulturellen Diskurs.
Dein Herr ist edelmütig wie niemand auf der Welt, matischen Theologie (kalām). Diese Bedeutung
(er) der den Gebrauch des Schreibrohrs gelehrt hat, des göttlichen Wissens betont der Orientalist
den Menschen gelehrt hat, was er (zuvor) nicht J. W. Fück: „Neben Allahs Allmacht spielt im
wusste“ (Übers. R. Parets).
Verschiedene Offenbarungen in Suren und
prophetischen Überlieferungen fokussieren auf
das Schreiben und Lehren sowie besonders auf
Wissen und Wissensvermittlung spielt
die Wissensvermittlung. So fordert Sure 68,1 im Koran eine zentrale Rolle
auf: „Nūn – und beim Schreibrohr und bei dem,
was sie niederschreiben!“ (Nūn ist ein arabischer
Buchstabe). In Koran 20:1124 heißt es: „Und Qurʾān keine göttlichen Eigenschaft eine so be-
sag: Herr! Lass mich an Wissen zunehmen!“ Eine deutende Rolle wie seine Allwissenheit. Er weiß
Hadīṯ-Sammlung des ibn Māğh sagt es dann nicht nur alles, was geschieht, sondern ist auch
ganz klar: „Das Aneignen des Wissens ist eine Quell und Ursprung alles Wissens (J. W. Fück,
Pflicht für jeden Muslim und jede Muslima!“ Das Problem des Wissens im Qurʾān, S. 1).
Wie wichtig dieses Thema ist, zeigt sich Das Thema des Wissens einschließlich der
schon daran, dass es bereits in der ersten Sure Aspekte des Lehrens und Lernens findet an
© akg-images
des Koran (al-Fātiḥa) um das Leiten und Leh- Hunderten Stellen im Koran ausdrücklich Er-
ren geht, durch das der Mensch den geraden wähnung und gehört zu den meistbehandelten
und guten Weg finden soll. Diese Aufforderung Themen im Koran überhaupt. Der Sprach-
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welt und umwelt der bibel 2/2022
Madrasa Al-Aschrafija
Koranschule auf der West-
seite des Jerusalmer Tem-
pelbergs (Haram al-Sharif).
Juristisch-theologische
Hochschule, erbaut im
15. Jh. unter der Herr-
schaft der Mamelucken.
Sag: Sind (etwa) diejenigen, die Bescheid wissen, denen gleich(zusetzen), die
Die Prophetengefährten stützten sich nicht Bescheid wissen? (Doch) nur diejenigen, die Verstand haben, lassen sich
zu dieser Zeit in ihrem Koranver- mahnen. (Koran 39:9)
ständnis auf vier Quellen:
1. den Koran selbst, Und sag: Herr! Lass mich an Wissen zunehmen! (Koran 20:1124)
2. den Propheten Muhammad, Gott lässt diejenigen von euch, die glauben, und denen das Wissen gegeben
3. die eigenständige Interpretation worden ist, (dereinst) hoch aufsteigen! Gott ist wohl darüber unterrichtet, was ihr
und Rechtsfindung sowie tut. (Koran 58:11)
4. die Leute der Schrift (ahl al-kitāb),
das heißt die Juden und Christen. Gott bezeugt, dass es keinen Gott gibt außer ihm. Desgleichen die Engel und die-
Zu den bekannten mufassirūn unter jenigen, die das (Offenbarungs)wissen besitzen. Er sorgt für Gerechtigkeit. Es gibt
den Prophetengefährten gehören die keinen Gott außer ihm. (Er ist) der Mächtige und Weise. (Koran 3:18)
vier ersten Kalifen sowie ʿAbdallāh b. Er ist es, der die Schrift auf dich herabgesandt hat. Darin gibt es (eindeutig)
Masʿūd, ʿAbdallāh b. ʿAbbās, Ubayy bestimmte Verse (wörtlich Zeichen), sie sind die Urschrift, und andere, mehrdeu-
b. Kaʿb, Zayd b. Ṯābit, Abū Mūsā al- tige. Diejenigen nun, die in ihrem Herzen (vom rechten Weg) abschweifen, folgen
Ašʿarī und ʿAbdallāh b. az-Zubayr. dem, was darin mehrdeutig ist, wobei sie darauf aus sind, (die Leute) unsicher zu
Von diesen wird in unterschiedlichem machen und es (nach ihrer Weise) zu deuten. Aber niemand weiß es (wirklich) zu
Ausmaß tafsīr, eine Exegese des Ko- deuten außer Gott. Und diejenigen, die ein gründliches Wissen haben, sagen: Wir
ran, überliefert. glauben daran. Alles (was in der Schrift steht) stammt von unserm Herrn (und ist
Beim tafsīr zur Zeit der Nachfolge- wahre Offenbarung, ob wir es deuten können oder nicht). Aber nur diejenigen, die
generation der Gefährten stützte sich Verstand haben, lassen sich mahnen. (Koran 3:7)
auch die Generation der sogenann-
Gott fürchten nur diejenigen von seinen Dienern, die Wissen haben (wörtlich die Ge-
ten Nachfolger (tābiʿūn) der Prophe-
lehrten von seinen Dienern). Gott ist mächtig und bereit zu vergeben. (Koran 38:28)
tengefährten auf den Koran selbst,
auf den Propheten Muhammad, auf
ašʿaritischn und šafiʿitischen Rechtsschule Hier wurden Übersetzungen wissenschaftlicher Werke der Antike ins Ara-
zu unterrichten. Zu den berühmten Lehrern bische angefertigt. Außerdem gab es ein Observatorium, eine Akademie,
dieser Schule gehörten Abū Ishāq aš-Šīrāzī eine große Bibliothek und ein Krankenhaus. Nach dem Vorbild von Bagdad
(gest. 1083), Abū l-Maʿālī al-Ǧuwainī (gest. entstanden ähnliche Einrichtungen in Córdoba, Sevilla und in Kairo.
1085), Abū Ḥāmid al-Ġazālī (gesr. 1111), Abū Buchmalerei aus dem Makamen des al-Hariri in einer Handschrift von
n-Nağīb as-Suhrawardī (gest. 1168) und Abū 1236/37. Französische Nationalbibliothek, Paris.
l-Faraǧ Ibn al-Ǧauzī (gest. 1201) (vgl. S. Gün-
ther 2020).
Resümee
Die Ausführungen zeigen die Relevanz der Literatur
Wissensvermittlung in der islamischen Theo- • Mahmoud Haggag, Gott als der „erste Lehrer“ der Menschheit - Göttliche
logie und Geistesgeschichte. Diese Wissensver- Unterweisung und menschliche Autorität im Koran, in: Teachers and Students:
mittlung entstand zur Zeit des Propheten Mu- Reflections on Learning in Near and Middle Eastern Cultures. Collected Studies
hammad zwar in einem arabisch-islamischen in Honour of Sebastian Günther, Hrsg. Dorothee Pielow, Jana Newiger und
Kontext, ging jedoch in den nächsten Jahrhun- Yassir El Jamouhi, Leiden, erscheint im Sommer 2022.
derten zur Zeit der Umaijaden und der Ab- • Mahmoud Haggag, Die Geschichte von Koran und tafsīr“ erscheint demnächst
basiden darüber hinaus und entwickelte sich beim Institut für Theologie der Universität Osnabrück.
interkulturell und interreligiös. Die arabische • J. W. Fück, Das Problem des Wissens im Qurʾān, in J. W. Fück, Vorträge über
Sprache sowie die Quellen des Islam, Koran und den Islam, Halle/Saale 1999, 1-31.
der Sunna stellten einen Rahmen für die theolo- • Asad, M., Die Botschaft des Koran, Düsseldorf 2011, S.9-10.
gische Forschung, jedoch keineswegs ein Hin- • Jonathan Lyons: The House Of Wisdom, Bloomsbury Publishing PLC, 2008
dernis für die geistige und naturwissenschaftli- • Sebastian Günther: Knowledge and Education in Classical Islam, Leiden 2020.
che Forschung und Wissensvermittlung dar. W
D
as christliche Mönchtum etablierte sich klassische Bildung nämlich nicht. Bereits mit
im Römischen Reich vor allem in der ers dem von Athanasius in seiner Vita Antonii ge Prof. Dr. Andreas Müller ist
ten Hälfte des 4. Jh., nämlich im Zeitalter zeichneten Ideal des theodidaktos (Athana Professor für Kirchen- und
Konstantins des Großen. Nach der so genannten sios, Vita Antonii 62,2), des unmittelbar von Religionsgeschichte des
„Konstantinischen Wende“ wurde die Unter Gott gelehrten Weisen, konnte man noch ei ersten Jahrtausends an
der Universität Kiel. Seine
scheidung zwischen den so genannten „Heiden“ nen Schritt weiter gehen und festhalten: In der
Forschungsschwerpunkte
und „Christen“ und somit auch der Umgang mit Wüste braucht es nicht einmal Lehrer, da Gott
liegen auf den östlichen
„heidnischer Bildung“ zu einem verschärften den Wüstenvätern und -müttern unmittelbar Kirchen und der frühen
Problem. Es stellte sich nun die Frage, wie viel als ein solcher dienen kann. So heißt es z. B. in Kirchengeschichte.
kulturelle Kontinuität das Christentum über den Erzählungen von Neilos vom Sinai: Die
haupt verträgt. Dürfen z. B. Bischöfe pagane, Eremiten verbringen „ihr ganzes Leben in der
„heidnische“ Bildung erwerben und sogar bei Wüste, wo es ihnen an den notwendigsten Le-
der Ausübung ihres Amtes einsetzen? bensbedürfnissen mangelt, und sind sich selbst
Richtig öffentlich besprochen wurden solche Lehrer der Frömmigkeit.“
Fragen erst in der zweiten Hälfte des 4. Jh. Die
Diskussion wurde vor allem durch zwei Fak Nicht aus Büchern
toren ausgelöst: durch das Wirken des um eine Anschauliche Beispiele dafür, wie Mönche un
Rückkehr zum „Heidentum“ bemühten Kaisers mittelbar von Gott ge- oder belehrt werden,
Julian (361–363) und durch das immer stärkere bieten die Sprüche der Wüstenväter, die soge
Aufblühen der asketischen Bewegung bereits nannten Apophthegmata Patrum. Dort wird
seit der ersten Hälfte des 4. Jh. Die Ausgrenzung z. B. ebenfalls von Antonios berichtet, dass er
christlicher Lehrer durch Julian aus dem Schul
betrieb löste nach dessen Tod eine vehemente Die konsequent asketische Bewegung
christliche Adaption paganer Bildungsinstitu
tionen aus. Das gilt selbst für ansonsten sehr
stellte die „heidnische“ Bildung teils
stark mönchisch orientierte Bischöfe. Zu nen vehement infrage
nen ist etwa Basileios von Kaisarea mit seiner
berühmten Schrift Ad adolescentes. sich bei der Auslegung unklarer Bibelstellen
Die konsequent asketische Bewegung stellte keineswegs auf gelehrte Kommentare stützen
hingegen die „heidnische“ Bildung z. T. vehe musste, sondern durch Gottes Vermittlung so
© gemeinfrei
ment infrage. Wer in der Wüste lebt und um gar direkte Aufklärung möglicherweise durch
seinen Weg zu Gott ringt, der braucht solche die biblischen Autoren erhielt:
lungen tauchen jedenfalls Frauen auf, die als Das Apophthegma macht deutlich, dass Bil
Amma, als Geistliche Mutter, bezeichnet wer dung im Mönchtum für Frauen und Männer
den. Die überlieferten Quellen bieten leider im gleichen Maß möglich war. Insbesondere
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welt und umwelt der bibel 2/2022
Bildung im spätantiken Mönchtum
von Amma Synkletike sind dementsprechend meinen, dass sie auch die Tugenden derer, in de-
in den Sprüchen der Wüstenväter – und man ren Lande sie weilen, nachzuahmen verpflichtet
müsste korrekt auch von Wüstenmüttern spre sind. Mose ließ sich ja nicht durch die Größe sei-
chen – zahlreiche Apophthegmen überliefert. ner Macht zur Selbstüberhebung hinreißen, und
Es sind immerhin 18 an der Zahl – viel mehr als den Elias verführte jenes wunderbare Opfer (scil.
bei zahlreichen männlichen Asketen. Beeindru die Tötung der Baals-Priester) keineswegs zum
ckend ist hier etwa ihr Apophthegma 15: Hochmut; nein, beide verharrten beständig und
„Wiederum sprach sie: ‚Es gibt eine überspann- jederzeit in ihrer Demut, und blieben, wie auch
te Askese, die vom Feinde ist. Denn auch seine ihre Lebensschicksale wechseln mochten, dieser
Schüler üben sie. Wie nun unterscheiden wir die Gesinnung treu“ (Neilos Diegema 25).
göttliche, die königliche Askese von der tyran-
nischen, dämonischen? Offenkundig durch das
Maß. Alle deine Zeit sollst du eine Norm für das Biblische Gestalten werden zu
Fasten haben. Faste nicht vier oder fünf Tage, Lehrern in Form von Vorbildern
und brich es nicht die übrige Zeit durch eine Fül-
le der Speisen. Denn überall ist die Maßlosigkeit stilisiert
verderbenbringend. Solange du jung und gesund
bist, faste. Es kommt das Alter mit seiner Schwä- Für Neilos orientiert sich die Sinai-Spiritua
che. Soviel du kannst, häufe dir einen Schatz an lität somit an zwei zentralen biblischen Persön
(geistlicher) Nahrung auf, damit du Ruhe findest, lichkeiten, die aufs Engste mit der Landschaft in
wenn du nicht mehr kannst.“ Verbindung zu bringen waren. Diese biblischen
Das undifferenzierte Idealbild des Gottesge Persönlichkeiten waren für das Sinai-Mönch
lehrten bzw. desjenigen, der sich in der Fröm tum offensichtlich von so großer Bedeutung,
migkeit einzig und allein selber schult, ent dass sie als vorbildliche Mönche auch im Apsis-
spricht sicher nicht allen Mönchen und Nonnen Mosaik des heute sogenannten Katharinen-
der Spätantike. Zentrale Texte aus diesen Krei Klosters abgebildet wurden. Biblische Gestalten
sen des Mönchtums führen vielmehr auch idea werden so zu Lehrern in Form von Vorbildern
Neilos vom Sinai
le monastische Lehrer und das Verhältnis zu ih stilisiert, an deren Tugend sich die Mönche zu
oder Neilos Sinaites, ge-
ren Schülerinnen und Schülern vor Augen. Im orientieren haben.
nannt Klimakos († Mitte
Folgenden möchte ich dies besonders an Bei Neilos macht aber auch deutlich, dass eine 5. Jh.), war ein Schüler
spielen aus dem spätantiken Sinai-Mönchtum reine Autodidaktik bzw. Theodidaktik durch von Johannes Chrysos-
verdeutlichen. Orientierung an Vorbildern selbst für Einsiedler tomos und lebte nach
nicht ausreicht bzw. Gefahren beinhaltet, denen einer Ehe als Mönch im
Lernen durch Imitation bei das Sinai-Mönchtum zu begegnen versuchte. Sinai.
Neilos vom Sinai So hält er in seinem Diegema 3,12 fest, dass die
Die Erzählungen, die sogenannten Diegemata Mönche dort in regelmäßigen Zusammenkünf
des Neilos Sinaites, stammen wohl vom Sinai te an den Sonntagen darauf achten, dass der Zu
und spiegeln im 5. Jh. ein monastisches Ide sammenhalt und die Tugenden im Mönchtum
al wider, das wir auch sonst dort beobachten nicht aufgegeben werden. Erfahrene Mönche
können. Hier finden sich Aussagen über mo sollen die Jüngeren beraten und im Kampf ge
nastische Pädagogik, die auf der stark eremiti gen die Laster stärken. Dabei wird monastisches
schen Ausrichtung des Mönchtums bei Neilos Erfahrungswissen insbesondere durch solche
basieren und dem Konzept der Selbstschulung Lehrer vermittelt, die aufgrund eigener Erfah
oft sehr nahestehen. Dementsprechend werden rungen zur Unterrichtung befähigt sind.
die Lehrer in den Diegemata beschrieben. Nei In anderen, weniger eremitisch und mehr
los hebt dabei in besonderer Weise die Orien semianachoretisch, d. h. von in nachbarschaftli
tierung monastischer Spiritualität an den mit cher Gemeinschaft lebenden Eremiten gepräg
der sinaitischen Wüste traditionell verbunde ten Texten der Zeit wird dabei sogar von einem
nen Gestalten des Alten Testaments, Mose und festen Lehrer-Schüler-Verhältnis gesprochen.
Elia, hervor. Deren Tugenden fühlen sich die
Mönche zur Nachahmung verpflichtet. Bildung Lernen durch Mitleben bei Ammonios
geschieht insofern nach diesem Konzept durch Im Kapitel 15 des Diegema, der Erzählung des
Imitation. Wörtlich heißt es in Neilos’ Bericht: Ammonios, einem christlichen Schriftsteller
„Die Eremiten vom Sinai üben sich, indem sie wohl aus der 2. Hälfte des 4. Jh., ist von einem
der Bewohner dieser Wüste, des Mose und Elia, Psoes die Rede, der aus der Thebais, einer Wüs
gedenken, in der Demut dieser Männer; denn sie tengegend in Unterägypten, gekommen war
2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3836977
nächst ein Weihrauchopfer annahm, verwies abzuzeichnen.
ihn der Lehrer auf eine andere Quelle. Und als Der du die Ir-
sich der Schüler vor dem Feuer, das den Geruch dischen erziehst,
verursachte und aus der Eliaskapelle züngelte, lehre von oben her aus
fürchtete, forderte ihn der Geron auf, tapfer in der Höhe, und vom wahr- Die Zurückdrängung
derselben zu beten. Das Feuer sei nichts anderes nehmbaren Äußeren her lass dich des Christentums
als ein Zeichen für die Präsenz der Engelsmäch über das andere (das Geistige) belehren.“ (Joh. unter Kaiser Julian
te. Nachdem die beiden also in der Kapelle gebe Sin., Logos pros ton poimena 5f) (355–363) führte
nach seinem Tod zu
tet hatten, stiegen sie – so die Erzählung –, von Der Lehrer erscheint somit als gottgelehrter
christlicher Aufnahme
göttlichem Glanz umhüllt, hinab ins Tal. Charismatiker. Lernziel ist es, selbst weltlich
paganer Bildung. Die
Erzählungen wie diese machen deutlich, dass ungebildete und unweise zu „christlichen Phi blaue Calzedon-Kamee
die monastischen Gerontes, die geistlichen Vä losophen“, zu Mönchen zu machen. eines römischen Kaisers
ter, als Mittler zwischen der immanenten und Sie sollen dabei auch notwendige Anweisun zeigt vermutlich Julian,
der transzendenten Welt stehen. Sie bieten gen aufschreiben und überreichen (ebd. 28). 2. Hälfte 4. Jh. nC, aus
als Lehrer Zugänge zu einer transzendenten Gehorsam gegenüber dem Geistlichen Vater Antiochia.
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welt und umwelt der bibel 2/2022
Bildung im spätantiken Mönchtum
Frage „Welt und Umwelt der Bibel“: Das Christentum hat sich Ballhorn: Das zeigt sich etwa an der Emmaus-Szene im Neuen
über Jahrhunderte entwickelt. Es fußt auf Texten und Riten, die Testament – eine Schlüsselszene auch von religiöser Bildung.
ihren Ursprung in der Antike haben und damit eine Kenntnis Die beiden Jünger haben Tod und Sterben Christi erfahren. Da-
dieser Formen voraussetzen. Ist das Christentum eine Bildungs- mit können sie aber zunächst nichts anfangen. Der auferstan-
religion? dene Christus kommt zu ihnen und sie unterhalten sich darüber,
was bei Mose und den Propheten geschrieben steht – das ist
Prof. Egbert Ballhorn: Die Frage möchte ich vehement beja-
das Bildungswissen Israels. Der Auferstandene bringt das, was
hen. Wir haben zwar – geprägt durch das 19. Jahrhundert – die
die Jünger erfahren haben, und das religiöse Wissen Israels
Tradition, Religion sehr stark als Gefühl und Empfindung zu
zusammen. In dem Augenblick, wo Jesus das übereinanderblen-
definieren. Das stimmt auch, ist aber nur ein Teil des Ganzen.
det, springt der Funke über und die Jünger haben von innen her
Vom Alten Testament her zeigt sich: Gott erwählt sein Gottes-
etwas verstanden.
volk, befreit es und verpflichtet es auf die Tora. Judentum oder
jüdische Religion leben bedeutet, einen Lebensstil zu pflegen, Jesus nimmt also den Bildungsfaden Israels auf: Es geht ihm
in dem man sich an die Tora hält und aus dieser Haltung heraus darum, die Überlieferung zu kennen und mit dem, was man er-
die Gesellschaft gestaltet. Das setzt voraus, die Texte zu kennen fahren hat, zusammenzubringen. Im besten Fall hat man dann
und zu leben. verstanden, worum es geht, und weiß, was zu tun ist.
Die Bibel ist eine ganze Bibliothek von antiken Schriften. Was Wir haben vorher über den jüdischen Bildungsbegriff gesprochen.
heißt es konkret, diese Texte zu kennen und zu leben? Wie versteht sich christliche Bildung? Entwickelt sie sich daraus?
bei einem Erdbeben eingestürzten Kuppel verborgen. Nun kann er wieder besichtigt werden!
Ende Oktober 2021 wurden die Bauarbeiten für ein schützendes Dach abgeschlossen und
nun ist der Blick auf den wundervollen Boden freigegeben, der den Palast nun wieder in
seinen schönen Farben erstrahlen lässt. Die Arbeiten wurden von Japan in Zusammenarbeit
mit der Palästinensischen Autonomiebehörde finanziert. (wub)
O
straka waren eine Art Schmierzet- rismus- und Antikenministerium. Rund gen wollte, musste auch Basiskenntnisse
tel“, erklärt Prof. Dr. Christian Leitz, 80 % der Tonscherben stammen aus der in Griechisch haben.
„ein Wegwerfartikel.“ Man notier- ptolemäisch-römischen Zeit, sie sind zu-
te etwas – den Erhalt eines Sackes Lin- meist in demotischer Schrift beschrieben, Jahrtausendealte Strafarbeiten?
sen oder eines Kruges Öl – und warf die der gängigen Verwaltungsschrift dieser Viele Scherben dokumentieren die Ab-
Scherbe wieder weg, wenn man die Quit- Epoche, die restlichen in griechischer rechnung von Lebensmitteln oder ande-
tung nicht mehr brauchte, ähnlich einem hieratischer, hieroglyphischer und – weit ren Waren für den täglichen Gebrauch.
Kassenzettel. Weil Papyrus zu teuer war, seltener – koptischer und arabischer Eine Gruppe von Hunderten Ostraka
dienten die Scherben, die von geringem Schrift. Beschriftet wurden die Scherben war jedoch auffällig: Sie waren mit den
Materialwert waren, als Notizzettel oder mit Tusche und einem Schreibrohr (Kala- gleichen Zeichen bedeckt. Hinter die-
auch als Schreibmaterial in der Schule mus). Aber nicht nur Schriftostraka, son- sen Ostraka vermuten die Forschenden
– Schüler konnten ihre Übungen darauf dern auch Bildostraka finden sich – Tiere Strafarbeiten, die die Schüler anfertigen
machen. Töpferwaren gingen im Alltag (Skorpione, Schwalben), Menschen und mussten. Wo normalerweise nur die Au-
in Mengen zu Bruch. „Man muss 1000 Götter sowie geometrische Figuren. ßenseiten der Gefäßscherben beschrie-
Scherben umdrehen, um eine beschrifte- Die meisten Menschen im ptolemä- ben werden, ist hier auch die Innenseite
te zu finden – nur um die Scherbenmen- isch-römerzeitlichen Athribis konnten mit immer denselben Zeichen bedeckt.
ge vorstellbar zu machen“, so Leitz. nicht lesen und schreiben. Im Umfeld Doch auch andere Scherben bezeu-
Christian Leitz leitet die Ausgrabungen eines Tempels war das jedoch anders. gen den Schulbetrieb: „Es gibt Listen von
von Athribis, 200 km nördlich von Lu- Zum einen genoss der Nachwuchs für Monatsnamen, Zahlen, Rechenaufgaben,
xor, für das Institut für die Kulturen des die Priesterschaft eine gehobene Ausbil- Grammatikübungen und ein sogenanntes
© Marcus Müller
Alten Orients (Universität Tübingen) in dung und ebenso brauchte man lese- und Vogelalphabet – jedem Buchstaben wur-
Kooperation mit einem Team unter Mo- schreibkompetente Mitarbeiter für die de ein Vogel zugeordnet, dessen Name
hamed Abdelbadia vom ägyptischen Tou- Verwaltung. Wer es zudem zu etwas brin- mit diesem Buchstaben begann.“
3
2
6
4 9
Die hohe Anzahl der Ostraka lässt auch 1 Abrechnung über Brote in (Ende Ptolemäer- oder Anfang Rö-
statistische Rückschlüsse auf den Alltag Demotisch. Mehrere der Empfänger merzeit).
zu. Die Auswertung wird zwar noch Jahre der je 5, 10 oder 20 Brote sind
dauern, doch bei so großen Zahlen könne Frauen. Ende Ptolemäer- oder 5 Bildostrakon mit einem Pavian und
man ein Bild davon erhalten, was insge- Anfang Römerzeit. einem Ibis, den beiden heiligen Tieren
des Thot, des Gottes der Weisheit
samt beispielsweise an Lebensmitteln
2 Vermutlich eine Strafarbeit, von und der Schreiber. Vielleicht geben
angeliefert und konsumiert wurde. Koor-
denen Hunderte entdeckt wurden. andere Ostraka Aufschluss, wieso sie
diniert wird die laufende Auswertung aus Sie sind mit immer dem gleichen hier aufgemalt wurden.
Paris, ausgeführt durch ein internationa- Zeichen meist vorder- und rückseitig
les Team, die meisten Mitglieder kommen beschrieben. 6 Kinderzeichnung
aus Frankreich und Deutschland,.
Die Tübinger Ägyptologie arbeitet be- 3 Fragment eines Schultextes mit 7 Abrechnung über Opfergaben –
reits seit 2003 in Athribis. Ein 15-jähriges einem Vogelalphabet in Hieratisch. Geld, Wein, Rizinusöl, Weizen und
Forschungsprojekt – die Freilegung und Rechts der Name des Vogels und Gerste – für die Tempelgöttin Repit.
© alle Fotos: Athribis-Projekt Tübungen
Publikation eines großen Tempels, der von links die Zahlen von 5 bis 8, die die (Ende Ptolemäerzeit)
Ptolemaios XII., dem Vater der berühmten Position der Buchstaben in der Liste
wiedergeben (Ende Ptolemäer- oder 8 Griechische Steuerquittung
Kleopatra VII., errichtet wurde – ist mitt-
Anfang Römerzeit).
lerweile abgeschlossen. Seit dem Frühjahr
9 Rechenübung
2018 wird jedoch westlich des Tempels 4 Fragment einer hieroglyphischen
nach einem weiteren Heiligtum gegraben: Inschrift mit Informationen zur loka-
Und dabei stieß das Team in den Schutt- len Mythologie, die vermutlich von
massen auf die Ostraka. W einem Schüler abgeschrieben werden
(Universität Tübingen/wub) mussten, um die Schrift zu erlernen
Kanaanäische Schicksale
bei der Frei-
legung: eine
junge Frau.
Die jüngsten Ausgrabungen auf dem Tel Azeka haben erwiesen, dass die Stadt im
12. Jh. vC gewaltsam zerstört wurde. Vier menschliche Skelette wurden in einer
Position gefunden, die darauf hindeutet, dass die Menschen beim Einsturz eines
Gebäudes von den Trümmern bedeckt wurden. Was mag passiert sein?
D
ie Ausgrabungen auf Tel Azeka in dem laut dem Buch Samuel David und
werden nach einer Coronapause Goliat gekämpft haben sollen. „Zwischen
im Sommer 2022 weitergehen. Socho und Azeka“ schlugen die Philis-
Davor lohnt ein Blick auf wichtige Jerusalem ter laut 1 Sam 17,1 ihr Lager auf, „die
bisherige Erkenntnisse. Der Ort wird Philister standen an dem Berg auf der
auch in der Bibel genannt – etwa
Tel Azeka einen Seite, die Israeliten an dem Berg
als eine der letzten umkämpften ju- D auf der anderen Seite; zwischen ihnen
däischen Festungen, als Babylon die lag das Tal.“
Region 586 vC erobert. Tel Azeka (arabi- Die Ausgrabungen werden gemeinsam
© Jared Dye/ÖAW
scher Name Tell Zakariya) liegt im Herzen der von der Universität Tel Aviv und den deut-
Schefela, einer Hügelregion zwischen der Mittel- schen Universitäten Heidelberg und Tübingen orga-
meerküste und den Bergen von Judäa. Die Stadt wur- nisiert und sollen das noch lückenhafte Wissen über
de auf auf einem Hügel mit Blick auf das Tal erbaut, diese bedeutende Siedlung vervollständigen.
Rekonstruktion
des Werkstatt-
gebäudes nach
Ronnie Avidov,
Fundort der
Skelette.
der spätbronzezeitlichen Stadt. Die Ana- Eine junge Frau besaß einen Skarabäus wegungen mit sich bringt. Die Ursachen
lyse der Knochen lieferte Hinweise auf mit einer säugenden Gazelle. Es wurden werden noch gesucht: Ein Klimawandel
die Aktivitäten der vier Menschen: Kno- im Gebäude noch viele weitere Skarabä- ist nicht ausgeschlossen, ebensowenig
chenverletzungen müssen vom Heben en und dreizehn Amulette gefunden, die die Feldzüge sogenannter „Seevölker“.
und Tragen schwerer Lasten herrühren, die enge Verbindung der Städte im west- Azeka wird mehr als zweihundert Jahre
was vermutlich auf die großen Krüge zu- lichen Judäa mit Ägypten belegen. Wie brauchen, um sich zu erholen und um
rückzuführen war, die gefunden wurden. dort, wurden die Skarabäen zum Siegeln dann für die biblischen Judäer eine wich-
Zwei der Personen hatten außerdem De- von Dokumenten verwendet. Könnten tige Festung zu werden.“ W
formationen an Schulter und Unterarm, die Amulette, die Schutz gewährleisten (Caroline Arnould-Béhar/wub)
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welt und umwelt der bibel 2/2022
römisch
byzantinisch
byzantinisch
9.–10. Jh.
frühislamisch
Eine neue Kooperation widmet sich der Erforschung des antiken Tiberias und seiner bewegten
Geschichte: Welche Bedeutung hatte die Stadt für Judentum, Christentum und Islam?
I
im Februar 2022 war es endlich so weit: res Augenmerk liegt dabei auf der religi- wurde. Urchristliche Quellen berichten
Mit der tatkräftigen Unterstützung von ösen Bedeutung, welche die Stadt nicht davon, dass Johannes der Täufer vor dem
Studierenden der Hebräischen Univer- nur für das Judentum, sondern auch für Jahr 30 nC in Tiberias hingerichtet wurde.
sität, aus Potsdam und Neuendettelsau das Christentum und den Islam hatte.
sowie von Volontären aus allen Teilen Die um 19 nC am Westufer des Sees Geistiges und religiöses
Deutschlands konnte es losgehen: das Gennesaret gegründete Stadt Tiberias Zentrum des Judentums
gemeinsame Ausgrabungsprojekt der He- entwickelte sich im Laufe der Jahrhun- Nach der Zerstörung Jerusalems im Jahr
bräischen Universität und des Deutschen derte zu einem Brennpunkt von Religion, 70 nC wurde die Stadt bald das geistige
Evangelischen Instituts für Altertums- Kultur und Handel im Norden Israels. Den und religiöse Zentrum des Judentums.
wissenschaft in Tiberias. Es sollte im Jahr Namen wählte der Gründer Herodes An- Antike Quellen erwähnen den Bau ei-
2021 beginnen, musste jedoch aufgrund tipas – der Landesvater Jesu – zu Ehren nes Heiligtums zu Ehren Kaiser Hadrians,
der Einreisebeschränkungen während der des römischen Kaisers Tiberius. Die Stadt doch fehlen bislang verlässliche archäo-
Pandemie um ein Jahr verschoben werden. wurde im römisch-griechischen Stil mit logische Hinweise auf eine entsprechen-
Ziel des gemeinsam von Dr. Katia Palästen und typisch römischen Bauten de Architektur. Einziger Anhaltspunkt ist
© New Tiberias Project
Cytryn (Hebräische Universität) und wie Forum, Theater, Badehaus und Renn- eine Fassade mit vier Säulen, die auf ei-
Assist.-Prof.in Katja Soennecken (DEI Je- bahn erbaut. Dabei wurde der jüdische nigen in Tiberias geprägten Münzen des
rusalem & LSRS Luxembourg) geleiteten Friedhof des Nachbarorts Hammat über- Jahres 119 nC erscheint.
Projekts ist die weitere Erkundung des baut, weswegen die Stadt von gläubigen Ende des 2. Jh. erklärte Rabbi Schimon
antiken Zentrums von Tiberias. Besonde- Juden zunächst als „unrein“ gemieden ben Jochai die Stadt für „rein“, und am
Ein römi-
scher
Kochtopf
in seiner
originalen
Fundlage
(in situ).
Anfang des 3. Jh. erlebte Tiberias als Sitz einer der frühesten Moscheen im Land M 1 an der Westmauer der Moschee und
des Sanhedrin und einer berühmten Je- ist hervorzuheben. Als diese um 670 nC M 5 westlich der großen byzantinischen
schiwa einen weiteren Aufschwung und gebaut wurde, war Tiberias bereits seit Kirche. Zwar konnte der Eingang zur Mo-
wurde zu einer Hochburg jüdischer Ge- einigen Jahrzehnten eine muslimisch re- schee nicht gefunden werden, doch ent-
lehrsamkeit. Hier wurde gegen 210 nC gierte Stadt. Die im 5. Jh. nC erbaute drei- puppte sich die halbkreisförmige Struk-
die Mischna fertiggestellt, bis ca. 400 nC schiffige Kirche wurde zur selben Zeit tur als Teil einer kreuzfahrerzeitlichen
entstand die Gemara und bis ca. 450 nC noch aktiv genutzt und blieb dies in der Kirche aus dem 12. Jh.
wurden hier der Talmud Jeruschalmi sowie umaijadischen Zeit auch – ein archäolo- In M 5 wurde ebenfalls eine vermut-
die masoretische Punktation des Ersten gischer Hinweis, dass die frühislamische lich kreuzfahrerzeitliche Mauer entdeckt,
Testaments vollendet. Herrschaft tatsächlich eine tolerante war. die in Bau und Größe eher auf eine klei-
Seit dem 4. Jh. war die Stadt zu einem Erst unter abbasidischer Herrschaft wur- ne Festung hindeutet. Dies stellt für
wichtigen Ziel für christliche Pilger ge- de das Kirchengebäude stark verkleinert die Stadtgeschichte eine große Überra-
worden, die die heiligen Stätten in der und später stillgelegt. Ein christliches Be- schung, wenn nicht eine kleine Sensati-
Region Galiläa besuchten. Nach der ara- gräbnis mit arabischer Inschrift aus dem on dar; denn bislang wurde immer da-
bischen Eroberung im Jahr 635 nC blühte Jahr 970 nC, der beginnenden Fatimiden- von ausgegangen, dass die Stadt in der
Tiberias weiter auf, als es zur Hauptstadt herrschaft, wurde direkt neben der Kirche Kreuzfahrerzeit ausschließlich weiter im
von Jund al-Urdun wurde. Die frühen Ka- gefunden – offensichtlich war die Erinne- Norden gelegen habe und sich nicht so
lifen errichteten Paläste im Umfeld der rung an den als heilig empfundenen Ort weit in den Süden erstreckte.
Stadt am Seeufer (Khirbat al-Minya und noch vorhanden. In den letzten Tagen der Kampagne
Sinn en-Nabra). Dennoch war bis vor Kur- Während Moschee und Kirche schon wurden der Cardo, die von Norden nach
zem nur wenig über die frühe muslimi- ausgegraben wurden, fehlt von den min- Süden verlaufende Hauptstraße des rö-
sche Vergangenheit der Stadt bekannt. destens 13 in schriftlichen Quellen be- mischen und byzantinischen Tiberias,
Archäologische Ausgrabungen werden schriebenen Synagogen noch jede Spur. sowie entsprechende Siedlungsspuren
© K. Cytryn/New Tiberias Project; DEI/New Tiberias Project
in der Umgebung von Tiberias bereits seit der Zeit entdeckt. Somit ist die Lage der
einem Jahrhundert durchgeführt und sind Ziele der Ausgrabungen und: Hauptachse der antiken Stadt bekannt
mit namhaften Archäologen verbunden Wo sind die Synagogen? und die Planung der weiteren Kampag-
(B. Rabani in den Jahren 1954–56; A. Druks Die Forschungsfragen des neuen Projekts nen nimmt Gestalt an: Der Bereich west-
zwischen 1964–68; G. Foerster 1973–74; in diesem Jahr waren in erster Linie: Wo lich des Cardo und auf einer Achse mit
Y. Hirschfeld in den 1980–1990er-Jahren). befand sich der westliche Eingang zur der östlich davon gelegenen Kirche wäre
Dazu kommen zahlreiche Notgrabungen Moschee? Was verbirgt sich hinter der der theoretisch ideale Ort für die Ansied-
im Zuge der Entwicklung von Tiberias zu apsidialen Struktur, die im Jahr 2018 dort lung von Synagogen der Stadt. W
einem beliebten Urlaubsort. freigelegt wurde? Wo schließt der Cardo Prof.in Dr. Katja Soennecken, Prof. Dr. Dr. Dr. Dieter
In den letzten Jahrzehnten wurden mo- an? Wie verbindet sich der römisch-by- Vieweger (DEI Jerusalem)
numentale Gebäude der antiken Stadt zantinische Cardo mit dem frühislami-
entdeckt, darunter ein großes römisches schen Decumanus? Das Projekt im Web
Theater und eine byzantinische Kirche Um Antworten auf diese Fragen zu facebook.com/tiberiasexcavations
aus dem 5. Jh. Besonders die Entdeckung finden, wurden zwei Bereiche geöffnet: facebook.com/GPIAJer
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welt und umwelt der bibel 2/2022
Große Städte der Bibel • Haran
Ankara
S
age mir deinen Namen, Blick über das Gelände des archäologischen Sied-
und ich sage dir, wer du Türkei lungshügels von Haran. Die Stadt entwickelte sich
bist“– diese Frage passt in der fruchtbaren Ebene des Jullab, eines Zuflusses
auf die biblische Stadt Haran Harran zum Belich (Nebenfluss des Euphrat). Sie lag an einem
Knotenpunkt von Straßen, die Mesopotamien mit Syrien
im Südosten der heutigen Türkei
und dem Mittelmeer verbanden. Die sichtbaren, oberirdi-
geradezu programmatisch: Harra-
schen Überreste stammen hauptsächlich aus byzantinischer
nu bedeutet auf Akkadisch „Reise“ oder und islamischer Zeit.
„Weg“, auf dem die Karawanen zwischen Im Vordergrund die rekonstruierten Ruinen der Großen Moschee von
Mesopotamien und den Ländern der Levante zo- Haran mit ihrem intakt erhaltenen quadratischen Minarett von 30 m
gen, entlang der Rundung des Fruchtbaren Halb- Höhe. Die Moschee wurde unter den Umaijaden zwischen 744 und 750
monds. Haran bildete eine wichtige Etappe auf errichtet. Angeschlossen sind die Gebäude der einst berühmten mittel-
dieser Reise. Abraham (zuerst noch mit dem Na- alterlichen islamischen Akademie von Haran. Seit 2018 wurden Bauwer-
men Abram) hielt sich hier auf, als er mit seinem ke teilweise rekonstruiert und sind seit 2021 wieder zugänglich.
Vater Terach aus Ur in Chaldäa kam. Hier hört er
© Thankful Photography/istockphoto.com
Biblischer Widerhall
In dem assyrischen Quellenmaterial fanden die Bibel-
forschenden reichlich Nahrung für ihren Erkenntnis-
hunger. Die Korrespondenz der Könige von Mari, die
in den 1930er-Jahren entdeckt wurde, erregte ihre be-
Eine Ausgrabung sondere Aufmerksamkeit. Die Briefe stammen aus dem
und ihr Ausgräber späten 19. und frühen 18. Jh. vC, also aus der Zeit, die
die innerbiblische Chronologie für die Erzelternlegen-
de angibt. Haran wird im Zusammenhang mit Bezie-
hungen zwischen Nomaden und Sesshaften erwähnt
Der Archäologe David Storm Rice (1913–1962) wurde in – das erschien wie der biblische Hintergrund! Die
Österreich unter dem Namen Sigismund Reich geboren. Von Könige von Haran waren zudem mit einer Gruppe von
Palästina, wohin er als Kind mit seiner Familie ausgewandert Stämmen verbunden, deren Name aufhorchen ließ:
war, ging er 1931 nach Florenz, um dort Kunst zu studieren. die Bene-Jamina, d. h. die „Söhne des Südlands“, „Söhne
Anschließend studierte er in Paris orientalische Sprachen und Benjamins“ oder „Benjaminiten“. Wie könnte man da
promovierte 1937 über aramäischsprachige Dörfer. Nach dem nicht an Jakobs und Rahels jüngsten Sohn denken (der
Zweiten Weltkrieg, in dem er für den britischen Militärgeheim- allerdings in der Nähe von Betlehem geboren worden
dienst arbeitete, anglisierte er seinen Namen und erhielt 1947 sein soll)? Eine Verbindung zum biblischen Stamm
eine Anstellung an der Universität London, wo er Geschichte Benjamin ist allerdings nicht zu rekonstruieren.
und Archäologie des Nahen und Mittleren Ostens lehrte. Bevor Was man in den Archiven von Nuzi im Nordwesten
Brunnen © Mike P. Shepherd/Alamy/Hemis
er 1959 zu einem Lehrauftrag für islamische Kunst und Archäo- Mesopotamiens entdeckte, schien die Verwurzelung
logie wechselte, durfte der Orientalist Ausgrabungen in Haran des Erzeltern-Zyklus in der Geschichte und Kultur des
durchführen. Als er die große umaijadische Moschee untersuch- Vorderen Orients in der Mittleren Bronzezeit (2000–
te, entdeckte er drei große Basaltstelen mit Keilschriften, die 1550 vC) noch zu verstärken. Die Texte aus öffentli-
umgedreht im Boden steckten. In den langen Texten sprachen chen und privaten Archiven aus dem 15. und 14. Jh. vC
Nabonid, der letzte König von Babylon, und seine Mutter, die ermöglichen, in die Welt des Familien- und Eherechts
Hohepriesterin des Mondgottes. Sie verherrlichten die Herr- einzutauchen. Unter anderem ist hier zu erfahren,
schaft und die Taten des Königs anlässlich der Restaurierung dass eine Frau, die unfruchtbar war, ihrem Mann eine
des großen Heiligtums des Mondgottes Sin in Haran. neue Frau zur Verfügung stellen musste. Die Geschich-
ten von Sara, Lea und Rahel, die Abraham und Jakob
ihre Mägde (Hagar, Bilha, Silpa) anboten, damit gen nicht auf subversive Weise den Widerstand
sie an ihrer Stelle gebären sollten, erhielten da- Israels gegen die assyrischen Unterdrücker dar-
durch eine willkommene Plausibilität. Ebenso ist stellen? Und zwar in der Gestalt des gewitzten
in den Schriften von Nuzi festgehalten, dass ein Jakob, der Haran so klug und siegreich verlässt?
Mann ohne Nachkommen einen Erben adoptieren Oder war der starke Bezug auf Haran auch eine
konnte, wie es Abraham mit Elieser von Damaskus Aussage gegen den Mondgott, der gegen den Gott
getan hätte, wenn er nicht selbst Vater geworden Abrahams, Isaaks und Jakobs ein Nichts war? W
wäre (Gen 15,1-5).
Assyrisches Reframing
Während die Bene-Jamina in den Archiven von
Mari im 2. Jahrtausend vC an Jakobs Sohn Benja-
Eine besondere Keilschriftquelle
min erinnerten, boten die assyrischen Texte aus
dem 8. Jh. vC mit einer als „Shumu‘il“ bezeich- Bei Ausgrabungen in der assyrischen Hauptstadt Ninive wurden
neten Konföderation arabischer Stämme einen Verwaltungsurkunden auf Tafeln entdeckt, die als „Haran-Zensus“
ebenso aufregenden Anklang an Hagars und bekannt sind (SAA XI, 201–220). Die unter der Herrschaft von
Abrahams Sohn Ismael. Bei näherer Betrachtung Sargon II. (722–705 vC) verfassten Tafeln enthalten Listen der
der biblischen Texte erschienen die Hinweise auf Landgüter in Haran und Umgebung, die Namen aller Sippenober-
die assyrische Zeit sogar noch gewichtiger als häupter und -mitglieder, die Größe der Anwesen sowie die Art der
der Kontext der Mittleren Bronzezeit. Haran war jeweils angebauten Feldfrüchte (Weizen, Gerste, Wein) und die
bis in die assyrische und sogar babylonische Zeit Anzahl des Viehs. Diese Volkszählung hatte wahrscheinlich einen
Zentrum eines großen Heiligtums des Mondgot- fiskalischen Zweck, denn Sargon II. hatte den heiligen Städten Haran
tes Sin. Ein zweites Sin-Heiligtum war Ur in Chal- und Assur bereits zu Beginn seiner Herrschaft spezielle Freiheiten
däa (Abrahams Heimat), dessen Name erst ab der eingeräumt. Aber genau weiß man es nicht!
assyrischen Zeit außerhalb der Bibel auftaucht.
Daher setzte sich grundsätzlich die Überzeugung
durch, dass das Buch Genesis erst ab der assyri-
Stele mit der Darstellung des Mondgottes Sin von Haran mit seinen
schen Zeit aus verschiedenen Quellen (und über
Kultsymbolen: Sichelmondstandarten mit Troddeln. Eine solche
Jahrhunderte) komponiert wurde. So hinterfragte
Standarte war vermutlich im Tempel aufgestellt. Als Motiv war sie im
man die herausragende Stellung Harans in den 1. Jahrtausend vC weit verbreitet. Sin residiert hier über seinem Tempel
Erzelternerzählungen, besonders im Jakob-Er- in Haran, einem von Türmen flankierten Gebäude. Die Assyrer übernah-
zählzyklus: Die Stadt war bekannt als die Stadt men die Mondgottheit der Stadt, als sie das Gebiet eroberten – Sin wurde
des Sin und war ein wichtiges regionales Zentrum zu einer wichtigen Gottheit für Assyrer und Babylonier. Archäologisches
des Assyrischen Reiches – könnten die Erzählun- Museum von Aleppo. Kalksteinrelief von Tell Ahmar, Syrien. 8. Jh. vC.
© Sammlung Dagli-Orti/Aurimages; Skizze der Stele © D. R.
W
ie wird die religiöse Kunst des 20. Jh. Bildern der sogenannten „pompösen“ Kunst und Das Gemälde
aussehen? Schon Maurice Denis’ Ju- verbannte jeglichen Archäologismus. Mit „Die Die Frauen am Grab
gendwerk Saintes femmes au tom- Frauen am Grab“ knüpft Denis an die Intuition der (Saintes femmes au
beau, das er im Alter von 24 Jahren malte, be- christlichen Kunst an – er verlegt die Auferste- tombeau. Matinée
de Paques), Maurice
fasst sich mit dieser Frage. Sie wird sein ganzes hung in das Frankreich am Ende des 19. Jh., um
Denis, 1894, Öl auf
Leben bestimmen. Und die Antwort, die er gibt, deutlich zu machen, dass die Betrachtenden von
Leinwand, 74 x 100
ist auch heute noch gültig: Die sakrale Kunst Ewigkeit her Zeitgenossen dessen sind, was hier cm. Saint-Germain-
wird eine moderne Kunst sein. dargestellt wird. en-Laye, Musée
Als Erbe von Cézanne und der impressionis- départemental Maurice
tischen Revolution wird Denis von Gauguin Der Maler Denis.
beeinflusst. Aber er geht noch weiter. Seinem Maurice Denis (1870–1943) wird gewöhnlich mit
berühmten Satz zufolge ist Malerei „eine ebene der Art sacré-Bewegung in Verbindung gebracht,
Fläche, die mit Farben in einer bestimmten Rei- einer französischen Reformbewegung innerhalb
henfolge bedeckt ist“: Nicht der Realismus, das der Moderne, die an die Traditionen der christ-
Abbild der Wirklichkeit, ist das Wichtige, sondern lichen Kunst anknüpfte. Am Ende seines Lebens
die Farbe und die Form. Er organisiert den Raum wird er Mitglied der Gemeinschaft der Laiendo-
nicht nach den Regeln der Perspektive, sondern minikaner und malt zahlreiche Kirchen aus (Le
durch Farb- und Formintensitäten (die eine Art
Terrasse herausbilden; eine dunklere Fläche
lässt einen tiefer gelegenen Garten entstehen,
während der Rest des Tals im Licht der Morgen-
Die Betrachtenden sind von Ewigkeit
dämmerung liegt) und greift in diesem Gemälde her Zeitgenossen dessen, was hier
auf eine kontrastreiche Palette zurück, die an
Cézanne erinnert: dunkle und helle Grüntöne,
dargestellt wird
leuchtende Brauntöne, leuchtende Gelb- und
Rottöne. Gauguins jüngste Innovation greift De- Vésinet, Genf, Rouen, Paris, Thonon). Er war auch
nis auf, wenn er seine Formen mit einer dunklen ein Künstler, der viele Stilrichtungen (Symbolis-
Kontur betont und mit breiten Flächen färbt; er mus, Neoklassik, Fauvismus) analysierte und des-
vereinfacht die Gesichter und die Wiedergabe sen theoretische Schriften die Grundlagen der
der Stoffe. modernen Kunst legten. In den 1930er-Jahren
Gleichzeitig kehrt seine religiöse Kunst der iko- waren seine kräftigen Farben, einfachen Formen
nografischen Tradition nicht den Rücken. Maurice und sein Symbolismus in Mode und er entwickel-
Denis war ein gebildeter Maler, der seine Vorgän- te sich zu einer Art „Amtsmaler“, der mit seinen
ger genau kannte. Er ließ sich insbesondere von Fresken ein Gewölbe des Senats, zwei Wand
den Kompositionen der italienischen Renaissance paneele des Palais de Chaillot, die Kuppel des
inspirieren, die mehrere Erscheinungsszenen (die Theaters auf den Champs-Élysées und den Völ-
Frauen am Grab und das Noli me tangere) in kerbundpalast in Genf bedeckte.
derselben Landschaft darstellten. Er übernahm
durchaus einen Teil der traditionellen Codes: Der historische Kontext
Weiß für die Reinheit, Licht für die Göttlichkeit Als Maurice Denis dieses Bild malte, gehörte er
... Aber er brach bewusst mit den historischen zusammen mit Pierre Bonnard, Édouard Vuil-
des Jahrhunderts modern war (wie Theosophie gefasst ist, auf dem der Engel sitzt, während es sich in der italienischen
oder Orphismus) und behaupteten, spiritua- Kunst der gleichen Zeit um einen kostbaren Marmorsarkophag handelt,
listische Maler zu sein, bis hin zu dem Namen auf dessen Grab der Engel sitzt. Die Anzahl der Frauen variierte von zwei
„Propheten“, den sie sich zunächst nur intern bis vier. Außergewöhnlich an der Darstellung von Maurice Denis ist also,
gaben. W dass von dem Grabmal keine Spur mehr zu sehen ist.
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welt und umwelt der bibel 2/2022
1. Vier heilige Frauen
Während die Tradition normalerweise drei heilige Frauen bei der Auf-
erstehung platziert (Maria von Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus,
und Salome, nach Mk 16,1; nach Lk 24,10 waren es „Maria von Magdala,
Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus, und die übrigen Frauen mit
ihnen“), entschied sich der Maler dafür, vier Frauen darzustellen. Will er
Maria, die Mutter Jesu, für die er offenbar eine große Verehrung empfun-
den hat, hinzufügen? Vor allem macht er aus einer von ihnen ein ganz
junges Mädchen, das einen Zopf trägt, der mit einer anmutigen blauen
Schleife zusammengebunden ist. Dieses weiß gekleidete Kind, das die
Hände gefaltet hat, verleiht der Szene eine ganz besondere Assoziation:
Es sieht aus wie ein Erstkommunionkind. Soll damit angedeutet wer-
den, dass dieser Ostermorgen der erste Tag der Kirche ist, so wie die
Erstkommunion den Morgen eines neuen Abschnitts im Glaubensleben
symbolisiert? Soll dargestellt werden, dass jede Erstkommunion (die oft
in der Osterzeit stattfindet) wie diese Begegnung mit den Engeln in der
Ostermorgenstunde ist?
2. In der Landschaft verdichtet Maurice Denis die subtile Pflanzungen würden die Felder mit Blau und Rosé be-
Jerusalem Beziehung der Malerei zur Realität. Denn auch wenn decken? Und doch drückt diese Wahl eine aufmerksame
in Saint- die Szene angeblich in Judäa spielt, könnte die Land- Beobachtung der Farbwahrnehmungen beim Sonnen-
Germain- schaft die von Saint-Germain-en-Laye sein, die der aufgang aus. Im seitlich einfallenden Streiflicht erschei-
en-Laye Maler seit seiner Kindheit kennt. Kleine Häuser mit nen die Grüntöne oft blau, das horizontale Weiß wirkt
roten Dächern, Felder, Bauern, die in ihren Gärten ar- leicht rosa und das vertikale Weiß (die Wände) goldgelb.
beiten ... aber gelehrt komponiert: Die Landschaft wird Die Wahl der Farben ist also gar nicht so willkürlich.
durch die gewundenen Konturen der Straßen und die Was lässt sich schließlich über die Sorgfalt sagen, mit
abwechselnde Anordnung der klug platzierten Häuser der die Natur dargestellt wird? Die blühenden Bäume,
rhythmisch gegliedert. Eine Lektion, die Maurice Denis bei denen es sich um Apfel- oder Kirschbäume zu han-
sicherlich von der Malerei Mantegnas oder Bellinis ge- deln scheint, und die kleinen Blumen zeigen ebenfalls,
lernt hat: Realismus auf der einen Seite, aber kunstvol- dass hier Frühling ist. Aber was haben die herbstlichen
les Zitieren auf der anderen. Den Schlüssel dazu liefert Bäume hier zu suchen? Auch hier setzt Maurice Denis
übrigens das Gebäude auf der linken Seite, das einem seine Überlegungen zu Realismus und Tradition fort.
griechischen Tempel mit Säulengang ähnelt und ein Auch wenn diese Vermischung der Jahreszeiten nicht
Augenzwinkern in Richtung der alten Gewohnheit sein realistisch ist, so ist sie doch durchaus traditionell. Wie
könnte, sich ein Fantasie-Jerusalem vorzustellen, in in der italienischen Malerei, will Maurice Denis darauf
dem die Architekturen vermischt werden. hinweisen, dass der Auferstehungsmorgen auf dem
Im Gegensatz dazu wirken die Farben völlig will- Weg zwischen dem Niedergang des Herbstes und dem
kürlich: Die Grüntöne sind viel zu kräftig, und welche Triumph des Lebens im Frühling liegt.
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Die bibel in Berühmten Gemälden
4
1
„Am ersten Tag der Woche gingen die Frauen mit den
wohlriechenden Salben, die sie zubereitet hatten, in aller
Frühe zum Grab. Da sahen sie, dass der Stein vom Grab
QUELLE weggewälzt war; sie gingen hinein, aber den Leichnam
Jesu, des Herrn, fanden sie nicht. Und es geschah, während
sie darüber ratlos waren, siehe, da traten zwei Männer in
leuchtenden Gewändern zu ihnen. Die Frauen erschraken und blickten zu Bo-
den. Die Männer aber sagten zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den
Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden. Erinnert euch an das, was
er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war: Der Menschensohn muss in die
Hände sündiger Menschen ausgeliefert und gekreuzigt werden und am dritten
Tag auferstehen.“ (Lukas 24,1-7, Einheitsübersetzung)
© Katharina Tenberge; Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte
Tel. + 49 (0)69 212 35000, Di–So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr, Eintritt 10/5 EUR, Prof.in Dr. Heike Grieser,
www.juedischesmuseum.de Kirchenhistorikerin, Mainz
Prof. Dr. Thomas Sternberg,
Kirchenhistoriker, Münster,
bis 2021 Präsident des Zent-
ralkommitees der Deutschen
Katholiken (ZdK)
Einem Teil der Auflage liegt ein Flyer zur Tagung bei.
Würzburg
Heilige Räume Referent/innen: Dr. Johannes Bremer, Mainz,
Biblische Spurensuche und Resonanzen Prof. Dr. Johannes Bergemann, Göttingen;
Prof. Dr. Udo Schnelle, Halle; Dr. Dorothee Schenk, Göttingen;
in der Gegenwart Prof.in Dr. Katharina Greschat, Bochum;
Samstag, 25. Juni 2022, 10–17 Uhr, Burkardushaus Würzburg Prof. Dr. Egbert Ballhorn, Dortmund
Menschen leben in Raum und Zeit. Die Bibel ist davon über- Teilnahmegebühr: € 35 (inkl. Mahlzeiten, Getränke und Kaffee)
zeugt, dass Gott im Raum präsent ist. Die Tagung blickt in für Studierende (bis 27 Jahre) kostenfrei
einem ersten Teil in die Bibel und ihre Zeit, um sich ihrem
Verständnis von Raum und heiligem Raum zu nähern. Anmeldung und Information:
Ein zweiter Teil setzt das in Beziehung zu einem aktuellen pas- Akademie Erbacher Hof des Bistums Mainz
toralen Projekt im Gebiet Hubland in Würzburg. Dort entstehen E-Mail: ebh.akademie@bistum-mainz.de
gerade neue Räume. Was bedeutet das für die Theologie und oder online unter bistummainz.de/bildung/akademie
das pastorale Handeln? Tel. +49 (0)6131 257-523 oder -550
Teilnahmegebühr: € 18, ermäßigt € 14
Anmeldung und Information: w Die Veranstaltung der Domschule Würzburg findet in
© public domain
Burkardushaus, Tagungszentrum am Dom, Am Bruderhof 1, Zusammenarbeit mit dem Katholischen Bibelwerk in der
97070 Würzburg, E-Mail: info@domschule-wuerzburg.de Diözese Würzburg, der Katholischen Hochschulgemeinde
Tel.: +49 (0)931 386 43 111 und der Pfarreiengemeinschaft Würzburg Ost statt.
77
2105102304131B am 22.04.2022 über http://www.united-kiosk.de
welt und umwelt der bibel 2/2022
Vorschau
IMPRESSUM
Heft 2/2022
Die nächste Ausgabe
„Welt und Umwelt der Bibel“ ist die deutsche
im august 2022: Ausgabe der französischen Zeitschrift
Armenien
„Le Monde de la Bible“, Bayard Presse, Paris.
„Welt und Umwelt der Bibel“ ist interdisziplinär
und ökumenisch ausgerichtet und entsteht in
enger Zusammenarbeit mit international
anerkannten Wissenschaftler/innen.
Auf Spurensuche im Verlag und herausgeber:
ältesten christlichen Land Katholisches Bibelwerk e.V.,
edition „Welt und Umwelt der Bibel“,
Silberburgstr. 121, 70176 Stuttgart,
Tel. 0711/61920-50, Fax 0711/61920-77
bibelinfo@bibelwerk.de
www.weltundumweltderbibel.de
• Wie das Christentum
nach Armenien kam Konto: Liga Stuttgart, BIC: GENODEF1M05
IBAN DE94 7509 0300 0006 4515 51
• Armenische Redaktion: Dipl.-Theol. Barbara Leicht,
Bibelhandschriften: Dipl.-Theol. Dipl.-Päd. Helga Kaiser
Schätze weltweit Redaktionskreis: Dr. Heinz Blatz;
Prof.in Dr. Heike Grieser; Dr. Matthias Hoffmann;
• Armenier in Jeru Prof.in Dr. Sandra Huebenthal; Dr. Andrea Link;
Prof. Dr. Andreas Müller; Dr. Georg Röwekamp;
salem, Osteuropa ... Prof. em. Dr. Dr. h. c. Stefan Schreiner
• Die Sehnsucht Korrektorat: Michaela Franke M.A.,
m._franke@web.de
nach dem Ararat
ÜBERSETZUNGEN: Jens Hagestedt (in WUB
• Interview: 1/2022), Helga Kaiser
Was es bedeutet, Anzeigenverwaltung: Ralf Heermeyer,
armenisch zu sein heermeyer@bibelwerk.de
Erscheinungsort: Stuttgart
© S. 3–5, 60–61, 64–65, 68–75 Bayard Presse Int.,
„Le Monde de la Bible“ 2021, all rights reserved;
© sonst edition „Welt und Umwelt der Bibel“
und so geht es weiter: Gestaltung: Olschewski Medien GmbH,
• Gärten in der Antike – eine Ahnung von Paradies Stuttgart, Sabrina Kirchner, Grafikdesignerin
Gesamtübersicht der lieferbaren Hefte und weitere Infos zur Zeitschrift unter www.bibelheute.de
Gesamtübersicht der lieferbaren Hefte und weitere Infos zur Zeitschrift unter www.bibelundkirche.de
■ Anspruchsvoll
illustriert
■ Kulturen
und
Geschichte der
biblischen Welt
■ Reportagen,
Ausgrabungen
Die Themen 2022
und Ausstellungs-
■ 1/22, Heilige Räume. hinweise
Tempel, Kirchen, Synagogen
■ 2/22, Schreiben, Lesen,
Religion. Bildung in früh-
christlicher Zeit
■ 3/22, Armenien. Auf Spurensuche
im ältesten Land
■ 4/22, Gärten in der Antike – eine
Ahnung von Paradies
„Bibel heute“ als Mitglied beziehen: € 40,– • „Bibel und Kirche“ als Mitglied beziehen: € 40,–
„Bibel heute“ und „Bibel und Kirche“ zusammen € 60,–
(Studierende, Rentnerinnen und Rentner sowie Menschen mit geringem Einkommen
nur € 25,– bzw. € 35,–)
Katholisches Bibelwerk e.V., Postfach 150365, 70076 Stuttgart
www.bibelwerk.de Tel.: 0711 6192050, E-Mail: bibelinfo@bibelwerk.de
2105102304131B am 22.04.2022 über http://www.united-kiosk.de
Unsere Backlist Gesamtübersicht der lieferbaren Hefte unter www.weltundumweltderbibel.de
■ Petrus, Paulus und die Päpste, Sonderheft 2006 ■ Türkei. Land der frühen Christen, 3/10
■ Athen. Von Sokrates zu Paulus, 1/06 ■ Kindgötter und Gotteskind, 4/10
■ Ostern und Pessach, 2/06 ■ Die Apostel Jesu, 1/11
■ Mose, 3/06 ■ Der Weg in die Wüste, 2/11
■ Auf den Spuren Jesu 1: Von Galiläa nach Judäa, 4/06 ■ Unter der Herrschaft der Perser, 3/11
■ Heiliger Krieg in der Bibel? Die Makkabäer, 1/07 ■ Bedeutende Orte der Bibel, 4/11
■ 150 Jahre Biblische Archäologie, 1/15 ■ Diakone, Witwen und Presbyter, 3/20
■ Jesus der Heiler, 2/15 ■ Leben nach dem Tod. Von Osiris bis Jesus, 4/20
■ Christen in Äthiopien – Hüter der Bundeslade, 3/15 ■ Der See Gennesaret, 1/21
■ Wer waren die ersten Christinnen?, 4/15 ■ Die Samaritaner, 2/21
■ Die Christen des Orients, 1/16 ■ Johannes der Täufer, 3/21
■ Die Schöpfung: Bibel kontra Naturwissenschaft, 2/16 ■ Die Zehn Gebote, 4/21
■ Mystik in Christentum, Judentum und Islam, 3/16 ■ Heilige Räume, 1/22
■ Psalmen – Gebete der Menschheit, 4/16 ■ Schreiben, Lesen, Religion, 2/22
Einzelheft € 11,30
€ [A] 11,80 / sFr 19,–
■ Heiliges Mahl – Zu Tisch mit den Göttern, 1/17
■ Messias – Der Traum vom Retter, 2/17
■ Götter und Tiere, 3/17
■ Juden, Christen, Muslime: Kunst des Zusammenlebens, 4/17
■ 70 Jahre Qumran: Neue Forschungen, 1/18
■ Nächstenliebe – ein christlicher Wert?, 2/18
■ Irland – Christentum zwischen Druiden u. Mönchen, 3/18
■ Die abenteuerliche Geschichte der Bibel, 4/18
■ Das Grab Jesu, 1/19
■ Exodus – Transit in ein neues Leben, 2/19
■ Traum – Fenster zum Göttlichen, 3/19
■ Maria. Jüdisch, christlich, muslimisch, 4/19
■ Rom, 1/20
■ Die Könige von Israel und Juda, 2/20
■ Judäa und Jerusalem, 256 S., € 12,80, € [A] 13,20, sFr 16,–
■ 1001 Amulett, 224 S., € 14,80, € [A] 15,30, sFr 19,–
■ Musik in biblischer Zeit, 104 S., € 11,90, € [A] 12,30, sFr 15,–
Bücher
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