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FRAGMENT
PROLOG
ERSTER GESANG
Lasst mich nun öffnen das duftende Buch im Schimmer der Lampe,
Eine Liebesgeschichte, die spielt in dem Vaterland Deutschland.
Das war zur Zeit der Herrschaft der demokratischen Kanzler
Nach dem Weltkrieg und der tyrannischen Herrschaft des Dämons.
Deutschland lebte im Frieden. Das rheinische Bonn war die Hauptstadt.
Damals lebte ein Mann namens Conrad im herrlichen Hamburg,
Der war ein Kleinbürger, nützliches Mitglied der deutschen Gesellschaft.
Michael Paulus war sein einziger Sohn und sein Erbe,
Der war eingetreten in den Stand des Studenten.
Neben dem Sohne zwei Töchter hatte der herrliche Conrad,
Anna die ältere war und Eva die jüngere Schwester.
Ihre Körper waren so süß wie reife Orangen
Und ihr Geist war so rein wie der Schnee in der heiligen Weihnacht.
Jede war einzigartig und von vollkommener Schönheit.
Eva war elegant und hübsch und voll Tugend und Anstand,
Ihr Gesicht wie ein Vollmond, ihre Brauen zwei Bögen,
Ihre charmantes Lächeln wie eine blühende Blume,
Ihre Stimme klang wie die feine Flöte des Hirten,
Ihre Haare wie schwarze Wolken flossen hinunter,
Ihre Haut war so weiß wie Schnee und makellos leuchtend.
Anna war schöner noch, eine Schönheit! Und lieber, charmanter,
Sie übertraf die Schwester in Talenten und Reizen.
Ihre blauen Augen so rein wie die See in dem Herbste,
Ihre Brauen wie die Waage der Göttin der Wahrheit,
Blumen beneideten sie um ihre blühende Schönheit,
Weidenbäume sehnten sich nach der schmeichelnden Sanften.
Unübertroffen ihre Talente wie ihre Schönheit,
Ausgestattet mit Intelligenz und Kenntnis der Sprachen,
War sie brillant in russischer und französischer Dichtkunst,
Sang die Weihnachtslieder so rein wie ein himmlischer Seraph,
Malte Ikonen von der Gottesgebärerin heilig,
Kannte die Rhythmen Afrikas und das Orgelspiel Deutschlands,
Spielte die Zimbel sehr schön und spielte schön die Gitarre,
Selber komponierte sie Lieder zum Spiel der Gitarre,
Herzzerreißende Lyrik über die Leiden der Frauen!
Aber so raffiniert und adelig beide die Schwestern,
Ob sie auch schon im Alter der Heiratsmündigkeit waren,
Blieben sie doch zu Hause hinter den Schleiern der Keuschheit,
Ob auch Bienen und Schmetterlinge flirteten heftig.
ZWEITER GESANG
DRITTER GESANG
VIERTER GESANG
FÜNFTER GESANG
Ach die Zeit, da das Gold wird im Feuer der Trübsal geläutert!
Ach, je heißer verliebt, ach, desto tiefer die Trauer!
Diese Elbe, schimmernd wie die Milchstraße droben,
Er an dem einen Ufer und sie an dem anderen Ufer.
Eine Mauer aus Nebel und Schnee verwehrte die Ansicht,
Es war schwer für sie, auszutauschen die Botschaften schriftlich.
Langsam verstrichen windige Tage und mondhelle Nächte.
Ach, die Rose verblasste, als der Frühling vorbei war.
Am Geburtstag der Großmutter Paula, dem neunzigsten Jahre,
Annas Eltern und Bruder und Schwester waren versammelt,
Alle in schicken Kostümen und mit teuren Geschenken
Waren bei Großmutter Paula, um das Glück ihr zu wünschen.
In dem verlassenen Haus allein gelassen war Anna,
Dachte, heute wär eine Chance, den Liebling zu treffen.
Auf dem Tische lagen die Äpfel des Herbstes, ein Kürbis,
Sie aber eilte mit Lilienfüßen zur Mauer des Grundstücks.
Durch die Büsche machte sie hörbar leicht ihre Stimme,
Aber da stand er schon da und war bereit bei den Blumen.
Er sprach: „Du bist kühl zu meiner Begeisterung Weißglut!
Deine Liebe zu mir ist, ach, erfroren im Winter!
Weh mir, das taucht mich ein in heiße Sehnsucht und Kummer,
Weh mir, vor Kummer wird schon grau wie den Alten mein Barthaar.“
Anna sprach: „Der böse Regen trieb mich nach Hause,
Wie auch der blasende Sturm, ich brach das Vertrauen der Eltern,
Aber das ist mein Glück, dass alle sind abwesend heute,
Nun ich komme mit meinem Herzen, um deines zu schätzen.“
Nun sie gingen um einen künstlichen Hügel herum und
Da befand sich am Ende der Mauer im Zaune der Eingang.
Ärmel hochkrempelnd, Josef entriegelt den Garten der Liebe,
Wolken spalteten sich, sie kamen ins Märchenland selig,
Blickten sich gegenseitig die leuchtenden Antlitze an und
Tauschten Worte der Gesundheit und Worte des Glückes.
Schulter an Schulter betraten sie sein Zimmer der Arbeit,
Während sie ihre Gelübde der Liebe tauschten und Treue.
Auf dem Schreibtische lagen Pinsel, Tusche, Gedichte,
An der Wand hing ein Aquarell von knorrigen Kiefern,
Dieses Bild verriet den wirklichen Ausdruck der Schöpfung.
Anna lobte bewundernd die lebhafte Zeichnung von Josef.
Der sprach: „Diese Skizze ist eben erst fertig geworden.
Bitte vermehr ihren Wert, indem du Verse hinzufügst.“
Annas Nymphenhand schrieb so schnell wie Sturmwind und Regen,
Kritzelte hin vier Strophen eines gereimten Gedichtes.
Josef lobte sie: „Anna, deine poetische Gabe
Übertrifft sogar die Dichterinnen Marina und Else.
Hätte nicht mein Leben dem Herrn im Himmel gefallen,
Hätte ich nicht so eine Verlobte wie du bist bekommen.“
Anna sprach: „Mit Einem Blick auf dein klares Gesicht, Schatz,
Konnt ich erkennen, dass du ein Mann von Tugend und Wert bist.
Ich bin ein armes Ding mit einem verdorbenen Schicksal.
Wird der Herr im Himmel zustimmen unserer Liebe?
Ich erinnere mich, als ich noch war in der Kindheit,
Kam ein Physiognom und sah mich an und erklärte:
Dieses Mädchens Quintessenz offenbart sich mir deutlich,
Da ich sehe ein Leben voller genialer Begabung
Leider grausam gefangen in einem tragischen Schicksal.
Josef, wäge dein gutes Los und mein tragisches Schicksal,
Ich bezweifle, dass unsere Liebe endet in Einheit.“
Josef sprach: „Unser Treffen ist vorherbestimmt von dem Schicksal,
Oft der Wille des Menschen besiegt den göttlichen Willen.
Selbst wenn das Schlimmste geschieht mit unserer heiligen Ehe,
Wir riskieren viel, um unser Versprechen zu halten.“
All ihre innersten Herzensgefühle wurden nun deutlich,
Ihre Herzen voll Liebe, voll Gin ihre trunkenen Köpfe.
Kürzer als eine Handbreit ihre glücklichen Tage,
Schon versteckte die Sonne den Spiegel hinter dem Westen.
Ruhelos dachte sie an das Haus ohne Vater und Mutter,
Sie nahm Abschied und ging zu ihrem eigenen Zimmer.
Als sie nach Haus kam, waren die Eltern noch nicht zurück, sie
Waren noch bei dem Geburtstag der heiteren Großmutter Paula.
Hastig senkte Anna den Seidenvorhang der Türe
Und beschleunigte ihre Schritte in Richtung des Gartens.
Phöbe schimmerte silbern auf den gespenstischen Bäumen,
Eine Lampe brannte im Arbeitszimmer von Josef.
Dieser schlief ein und lehnte sich auf die Platte des Tisches,
Dunkles Wachen und helles Schlafen, dies war sein Zustand.
Ihre Schritte unterbrachen den träumenden Schlaf ihm,
In dem Schimmer des Mondes nahte die Blüte des Birnbaums.
So betäubt wie auf dem Höhepunkt einer Ekstase
Dachte Josef an eine Hochzeitsreise gen Süden.
„Trotz der einsamen Nacht (so sagte Anna zu Josef)
Drängte mein Herz mich, voll Verlangen zu dir zu kommen.
Nun, wir sind ganz deutlich erleuchtet von Antlitz zu Antlitz,
Und wer weiß, der morgige Tag wird nichts als ein Traum sein.“
Froh er stürzte hinaus, sie einzuladen ins Zimmer,
Zündete Kerzen an und Räucherstäbchen von Weihrauch.
Schriftlich verfertigten sie einen Bund der ewigen Treue,
Schnitten die Haare sich ab mit einer stählernen Schere,
Dann beim Mond, dem treuen Zeugen der Liebe am Himmel,
Feierlich wiederholten sie den Eid ihrer Treue,
Und sie empfahlen ihre Herzen der himmlischen Mutter,
Einmütig wollten sie sein nun für den Rest ihres Lebens.
SECHSTER GESANG
Nun sie tranken aus gläsernen Kelchen den Wein der Vermischung,
Ihre Düfte vermischten sich, ihre Schatten verschmolzen.
Josef sagte: „Der Wind ist kalt, und durchsichtig Luna,
Jedenfalls fühl ich noch immer ruhlos mein Herz in dem Busen,
Da ich den Jungfernstieg noch nicht betreten als Freier,
Ach, mein Ausharrenmüssen könnte werden zur Frechheit.“
Anna sprach: „Wir sind durch Schicksalsfäden verbunden,
Nur ein Wort gewechselt und schon wir wurden Vertraute.
Ausgenommen unanständige Dinge, mein Lieber,
Alles andere dir zu gewähren ich nimmer bereue.“
„Du kannst gut die Gitarre spielen (redete Josef),
Meine Ohren sehnen sich, deine Musik zu genießen.“
Anna sagte: „Meine bescheidnen Talente sind wertlos,
Aber du hast mich gebeten und darum will ichs gewähren.“
An der Wand hing eine Gitarre, wie eine Geliebte
Weiblicher Rundungen, diese gab nun Josef der Liebsten.
Anna sagte: „Meine unbedeutenden Künste -
Warum bist du so begierig auf diese Begabung?“
Und sie begann, die Saiten der schönen Gitarre zu stimmen,
Stimmte sie in der richtigen Tonhöhe nach dem Gehöre.
Ihre Musik hat die Klagelieder der Neger erneuert,
Wie sie auf Baumwollplantagen sangen für Gott, den Befreier.
Eine andere Melodie war der Blues von der Liebe,
Da erklang, wie Medschnun kniete anbetend vor Layla,
Wie ein Mann war voll Liebe, dass er gebebt hat vor Schmerzen.
Dann sang sie die Trauerballade vom Tode des Knaben,
Ach, und vom Wiedersehen dereinst im seligen Himmel.
Ihre Musik klang wie der Schrei des einsamen Reihers,
Der an dem Teiche gequält wird von den grausamen Möwen.
Langsam klangen die Lieder, wie sanfte Brisen im Frühling,
Oder schnell, wie der Sturm im Herbste donnert vom Himmel.
Und die Lampe wurde dunkel und hell von den Tönen,
Josef saß da und tauchte in taumelnder Traurigkeit Meere,
Manchmal neigte er sein Gesicht in schonende Hände,
Manchmal saß er finster vor Schmerzen, gerunzelter Stirne.
Josef sprach: „Deine Musik ist wirklich wunderschön, Liebe,
Aber wenn ich sie höre, fühl ich mich bodenlos traurig!
Warum wählst du diese Musik voll trauriger Töne,
Die dein Herz deprimieren und betrüben die andern?“
Anna sagte: „Es ist nun einmal mein inneres Wesen,
Traurig oder froh, es ist begnadete Stimmung!
Weiser Josef, ich schätze deine goldenen Worte,
Und ich hoff, meine Schwächen werden sich langsam verringern.“
O wie ihr parfümierter Leib nach Charisma duftet,
Ihre Augen, ihr Lächeln funkelten Feuer der Liebe,
Josef war ein schwankendes Boot auf dem Meer der Begierde,
In sein Kuddelmuddel mischten sich Bitten der Wollust!
Ernst aber sagte Anna: „Spiele nie mit der Liebe,
Lass mich wenigstens sagen, was ich sagen will, Lieber.
So ein Mädchen wie ich ist gar nicht wert deiner Sorge,
Dürfen doch Vögel nicht den Pflaumengarten besuchen!
Aber ich fühl mich geehrt, deine künftige Gattin zu werden,
Also muss ich die Ethik der Keuschheit aufrecht erhalten.
Gutes Benehmen! Ich mag kein Mädchen mit mangelnder Reinheit,
Niemand würde solch ein Mädchen heiraten wollen.
Wir sind nicht temporäre Sexualpartner, Josef,
So wird die Keuschheit meines Leibes nicht gehen verloren.
Lass uns die berühmte Liebesgeschichte nicht wiederholen,
Denn es gab den Dichter Torsten, das Mädchen Karina,
Sexuelle Freuden vor dem goldnen Versprechen,
Übermäßiger Liebesgenuss ermüdete Torsten.
Selbst wenn sie Brust an Busen zusammen lagen im Bette,
Hielt er sie im Herzen für eine törichte Hure.
Ach, da kühlte sich ab die Verbindung eiliger Liebe,
Ihre süße Idylle entpuppt sich als bitteres Elend.
Weil sie seine Begierden nicht zurückwies am Anfang,
Musste sie später in ihrer Schande leben, verachtet.
Bitte dränge mich nicht zu körperlichen Genüssen,
Ich will zur rechten Zeit dir geben, was du benötigst.“
Diese sanfte, aber ernsthafte Rede vernehmend,
Schätzte mehr als je zuvor der Josef die Anna.
Eben war der silberne Mondstrahl verblasst auf den Dächern,
Da kam ein Bote mit einem schwarzumränderten Briefe.
Anna eilte zurück in ihre Kammer des Mädchens,
Josef trat in den Pflaumengarten draußen vorm Hause.
Als er die Tür seiner Wohnung eben öffnete leise,
Brachte der Bote den Trauerbrief von Josefs Familie.
Das war die traurige Nachricht vom Tod seiner Tante Petheda,
Die beerdigt werden sollt auf dem Friedhof von Baltrum,
Einem romantischen Eiland in der südlichen Nordsee,
Auch genannt Dornröschen vom friesischen Archipelagus.
Josefs Mutter rief ihn an die Küste der Nordsee,
Dass er der Tante Petheda die letzte Ehre erweise.
Was für ein Kummer war ihm der Tod der treuen Petheda!
Schnell ging Josef zu Anna in die Kammer des Mädchens
Und erzählte ihr die ganze Trauergeschichte,
Von der Trauer der Mutter und seinem eigenen Kummer.
„Unsere Sache wurde noch nicht ausführlich besprochen,
Unsere Liebe wurde noch nicht der Gesellschaft verkündigt.
Aber unser Eidschwur ist unverändert und wahrhaft,
Niemals wird sich mein Herz durch lange Entfernung verändern!
Jenseits von hundert Kilometern, Momente wie Jahre,
Es ist lange Zeit, bis enden unsere Sorgen.
Bitte, Geliebte, sorge dich um deine Gesundheit,
So nur werde ich mich wohlfühlen dort an der Nordsee.“
Diese Worte zu hören, brachte sie in Verwirrung,
In der unsichern Stimmung sprach sie von ihren Gedanken:
„Hymen Hymenäus! Warum hast du uns beide,
Die die Verschmelzung noch nicht genossen, heute geschieden?
Haben wir beide doch schon den ernsten Eidschwur geschworen,
Unsere Haare verändern sich, aber nie unsre Herzen.
Lange Monde und Jahre will ich warten auf Josef,
Immer weinend allein beim Gedanken an all deinen Kummer.
Ich habe dir die Treue meines Herzens versprochen,
Über den Tod hinaus dir geschworen ewige Treue!
Ja, solange die Elbe existiert und die Nordsee,
Denke daran, zu mir zurück zu kommen, mein Liebling!“
Wie sie verbunden waren, vermochten sich gar nicht zu trennen!
Während die Sonne direkt erschien an der Ecke des Hauses,
Jeder Schritt des Abschieds verlieh unsägliche Schmerzen,
Jedes Wort des Abschieds erstickte in strömenden Tränen!
Josef trug seiner Tasche zu dem Eisenbahn-Bahnhof,
Aus dem Zuge sah er zurück auf die fliehende Landschaft.
Elstern krächzten auf Tannen, Möwen schrieen am Himmel.
Sie hatte sich zurückgezogen aus der Gesellschaft,
Er war belastet von schweren Lasten des Kummers der Liebe.
SIEBENTER GESANG
Anna stand gelehnt an die Tür, die schaute gen Osten,
Aber ihre Seele war umschlungen von Ketten des Kummers.
Durch das Fenster sah sie die schwarzen wirbelnden Wolken,
Blass war sie wie kranke Lilien, traurig wie Weiden,
Seelenlos ging sie wieder ins Innre des Hauses.
Während die Familie kam vom Geburtstag der heiligen Oma,
Hatten sie sich kaum gegrüßt mit dem Gruße des Frriedens,
Sahen sie überall Polizisten rings um die Wohnung.
Manche hatten Pistolen, andere Schlagstöcke, grimmig
Sahen sie aus wie eine Schar von finstern okkulten Dämonen,
Handschellen legten sie an dem Konrad, dem Michael Paul auch,
Deren Wutgebrüll erfüllte das Haus wie mit Donner,
Dass Maria Theresia, Eva und Anna erschraken.
Da ward mitgenommen die Büchersammlung des Vaters
Und die Aktenordner, die waren gesammelt im Keller,
Einzelne Polizisten ergriffen die Sammlung von Eulen.
Da ward die Anklage aufgesetzt, der Vater beschuldigt,
Konspiriert zu haben mit kommunistischen Russen.
Wer aber war der Fallensteller, wer der Verleumder?
Dieses fragten sie alle und sie bekamen die Antwort:
Der Verkläger war ein Schurke, ein Lehrer der Schule.
Die Familie war entsetzt und war wie bezaubert,
Ihre strömenden Tränen verwischten die Wolken am Himmel,
Ihre Schreie ließen donnernd erbeben die Erde.
Aber sie flehten den ganzen Tag um Gnade des Richters,
Aber vor tauben Ohren, sie hörten gespaltene Zungen.
Konrad und Michael Paul waren eingesperrt im Gefängnis,
Diese Isolation zerbricht auch die härtesten Felsen.
Anna besah das alles und spürte herzliche Schmerzen.
Alles Lüge! Sie konnte sich nur beim Himmel beklagen,
Da es eine Gewohnheit war von Amt und Behörde,
Sich mit des Mammon Seligmacher bestechen zu lassen.
„Was kann ich aber tun, um Vater und Bruder zu retten?
In dem äußersten Notfall muss ich sie heimlich befreien.
Ach meine Liebe zum jungen Josef, die Ehre des Vaters,
Leidenschaft oder Pietät, was ist hier geboten?
Ich muss ablassen von dem Gelübde meiner Verlobung,
Ich bin ja meinem Erzeuger ewig zum Danke verpflichtet.“
Also traf sie entschlossen ihre feste Entscheidung:
„Ich verkaufe mich für die Kaution, die befreit meinen Vater.“
Da war Herr Krug, ein alter Funktionär der Behörde,
Der war ein Polizist, war aber ein freundlicher Alter.
Angesichts ihrer kindlichen Dankbarkeit, kindlichen Liebe
Er empfand für die schöne Anna ein heimliches Mitleid.
Nun, die Zahlung der Kaution und von Geld zur Bestechung,
Zehntausend deutsche Mark, und alle wären befriedigt.
Er erzählte es ihr, dieweil der Rest ihrer Sippe
War vorübergehend in Untersuchungshaft-Zellen,
Bis die erforderte Summe kommt in den kommenden Tagen.
Ach wie schade für sie, ein junges Mädchen voll Einfalt,
Sancta Simplicita, plötzlich in das Unglück verwickelt!
Ihres Herzens Schmerz war ein Leben fern der Familie,
Aber sie bereute nicht ihr Leben, nicht ihre Liebe.
Regentropfen, ohne Rücksicht aufs zornige Schicksal,
Opferte selbst sie ihr Leben, um den Vater zu retten.
Sie gab eine Annonce auf in den Nachrichten Hamburgs,
Dass sie sich selbst verkaufe gegen Geld in die Ehe,
Diese Annonce löste Klatsch aus nahe und ferne.
Da war in Bremen eine alte Mutter, Luise,
Eine Millionen-Erbin, die glaubt an die Göttin der Katzen,
Diese schickte ihren missratenen Sohn, um zu freien.
Detlef hieß er, ein Terrorist, Student der Geschichte,
Der war aus Bremen, Mitglied maoistischer Zelle,
Vierzig Jahre alt und immer noch Schüler der Uni,
Glatt rasiert sein blasses Gesicht, rasiert seine Glatze,
Der, gefolgt von Rüpeln, Anarchisten und Gammlern,
Kam mit den zwanzigtausend deutschen Mark seiner Mutter,
Setzte sich breitbeinig auf den Stuhl hin, ohne Manieren,
Während das asoziale Pack ward vom Bullen vertrieben.
Mürrisch gestresst von der Trauer von Vater und Bruder,
Jeder Schritt auf dem Boden strahlte Ströme von Tränen,
Da die Rauheit des Lebens ward erschüttert von Ängsten,
Anna stand da mit Blumen, sich im Spiegel betrachtend.
Alle lobten ihr Angesicht, lobten die zärtlichen Finger,
Wie eine violette Aster ihre traurige Aura
Und die schlanke Gestalt dem Aprikosenzweig ähnlich.
Ihre Schönheit, ihre Talente wurden erwogen,
Dass sie gut die Gitarre spielte, das Trommeln beherrschte.
Jeder ihrer Züge verströmte Anmut und Zauber,
Gut gefallend. Detlef hat den Handel beschlossen,
Sprach: „Ich steh auf dem Jungfraunstege, begehre die Perle.
Sagt mir, wie hoch der Preis ist für die Gabe der Hochzeit.“
Und man sagte ihm: Unbezahlbar ist die Geliebte,
Aber wegen dem Missgeschick ihrer Familie bezahlbar.
Detlef feilschte wie ein Türke auf dem Basare,
Bis er zehntausend deutsche Mark für Anna bezahlte.
Er gab das restliche Geld der maoistischen Zelle.
Detlef und Anna wurden Braut und Bräutigam also,
Schon ward das Datum festgelegt für die staatliche Hochzeit,
Denn mit Geld ist alles zu kaufen, auch eine Geliebte.
Worte wurden zum Polizisten Krug nun gesendet,
Für die Freilassung Konrads vorübergehend zu bürgen.
Krug hatte Mitleid mit dem alten Vater im Kerker,
Krug hatte Mitleid mit der naiven Tochter des Vaters.
Konrad aber sah Anna an mit gebrochenem Herzen:
„Ich erlasse es dir. Ich hab eine andre Erwartung.
Du sollst einst einen würdigen Gatten haben zur Ehe.
O du launisches Schicksal! Warum bringst du nur Unglück,
Ungerechtigkeit, unsre Familie so zu zerbrechen!
Muss ich sterben, so fürchte ich keine Strafe der Hölle,
Aber leiden muss ich, wenn man weh tut der Tochter.
Früher oder später sicherlich jeder muss sterben,
Lieber bring ich mich um, als solche Qual zu ertragen!“
Tränen flossen über und über nach seiner Beschwerde,
Er riskierte sein Leben und schlug den Kopf an die Mauer.
Alle beeilten sich, ihn zu beobachten, ihn zu bewachen,
Und versuchten, ihn zu beruhigen, gütig zu trösten.
„Vater, ein Taugenichts und ein Luftikus ist deine Tochter,
Ich bin so gar nicht von deinen Vatergaben begnadigt.
Ich bin so sündig wie Margot, zu Haus im Bordelle,
Ich bin Magdalena gleich, der Sünderin Gottes.
Du in deinem Alter bist ein Lebensbaum, Vater,
Du musst viele Zweige tragen und Blätter und Blüten.
Wenn du in deiner Liebe nicht zulässt, dass ich nun scheide,
Wird der Wettersturm unsre Familie gewaltsam zerschmettern.
Es ist doch besser, dass mein Leben werde geopfert,
Grün bleibt der Lebensbaum, ist auch die Blüte gefallen.
Was auch immer mein Schicksal sein soll, lass es geschehen,
So als wäre ich schon als Kind eine Tote gewesen.
Tauche nicht deinen Geist in sinnlosen Kummer und Jammer,
Das führt nur zu psychischer Krankheit, zum Elend des Lebens.“
Diese vernünftigen Worte beruhigten ihm seine Ohren,
Vater und Tochter sahen sich an durch den Schleier von Tränen.
Zu der Zeit war Detlef, der Student, grad gekommen,
Unterschrieb den Vertrag und überreichte die Gelder.
Ach wie böse ist Hymen doch, der Götze der Ehe,
Eine solche satanische Ehe im Pakt zu vereinen!
Wenn man nur Geld in der Hand hat und im Überfluss Mammon,
Kann man Schwarz aus Weiß machen und aus Bitterem Süßes!
Durch die Hilfsbereitschaft des alten Krug in dem Amte
Ward die Bestechung angenommen, die Akte geschlossen.
ACHTER GESANG
NEUNTER GESANG
ZEHNTER GESANG
ELFTER GESANG
ZWÖLFTER GESANG
DREIZEHNTER GESANG
Sagend, dass er spazieren gehen wolle mit Anna,
Junker Jörg verbarg sie in einem gemieteten Zimmer.
Krieg und Frieden, Junker Jörg war für beides gewappnet,
Ihm half ein Advokat und er hatte freche Spione.
Er schrieb einen langen Brief an die Puffmutter Aphra,
Sie ergab sich in seinen Willen wegen des Geldes.
Er bezahlte das Geld und so bekam er sein Mädchen,
Alles wurde aufgezeichnet von Sittenbeamten.
Nun gelöst die öffentlich-privater Probleme,
Anna zog aus dem Sumpf die kleinen Füßchen der Nymphe.
Und dem gemieteten Zimmer leben wie Mann sie und Frau nun,
Ihre gegenseitige Liebe war Strombett und Meerflut.
Annas allgegenwärtiger Duft erweckte sein Feuer,
Und seine Hitze ließ ihre perlende Schönheit erstrahlen.
Nun war ein halbes Jahr vergangen des bräutlichen Lebens,
Da auf den Wegen lagen schon die goldenen Blätter,
Da die violetten Astern wuchsen in Beeten,
Da kam der Vater von Junker Jörg, den Sohn zu besuchen.
Wütend war er über die wilde Ehe des Sohnes.
Ohne Mitleid versuchte er anzuspucken das Mädchen.
Nüchtern analysierte er die Lage der Dinge,
Sagte, Anna solle wieder ins Freudenhaus gehen.
Angesichts der harten und kalten Worte des Vaters
Junker Jörg riskierte es, ihm um Gnade zu bitten:
„Ach, ich kenne all meine Sünden, heiliger Vater,
Meine Sünde verdient die strengsten Strafen auf Erden.
Meine Hände sind irrtümlich eingetaucht in den Schlammpfuhl,
Alles ist verloren, ich kenne den richtigen Weg nicht.
Da wir leben seit einiger Zeit wie Gatte und Gattin,
Hab ich das Herz nicht, die eheliche Bindung zu lösen.
Wenn du in deiner Entscheidung unnachgiebig und streng bist,
Lieber als sie zu verraten, riskiere ich lieber mein Leben.“
Überkochend vor Ingrimm über das Wort seines Sohnes,
Kniete Eberhad in dem Amt, den Fall zu berichten.
Damals donnerte ein Tsunami im indischen Meere.
Das Familiengericht lud ein die beiden Verklagten.
Beide sollten der Familienrichterin folgen,
Knieten vor der Familienrichterin vor dem Gerichte.
Und sie schauten zum eisernen Antlitz, zum harten Gesichte
Dieser Familienrichterin auf. Frau Wiener erklärte:
„Dieser Mann führt wie ein Narr ein verkommenes Leben,
Diese Hure begeht des Ehebruchs Todsünde. Sie ist
Eine verschwendete, eine weggeworfene Blume,
Welche pflegte, mit Duft und Puder den Mann zu betrügen.
Auf der Grundlage unsrer deutschen Sittengesetze
Nichts ist zufriedenstellend geregelt im Falle der Ehe.
Übereinstimmend mit dem Gesetz verkünd ich das Urteil,
Eins von beiden soll sich die Hure Anna erwählen,
Entweder bleibt sie bei Junker Jörg und erleidet die Strafe
Oder sie kehrt zurück als Hure ins Freudenhaus Aphras.“
Anna sagte: „Mein Entschluss ist fertig beschlossen,
Nicht wieder will ich an der Sünde Spinnennetz kleben.
Dreckig oder sauber, es ist mein fleischlicher Körper,
Schwach, naiv, ich resigniere vor dem Gerichtsspruch.“
Und die Richterin ordnete an: „Es gilt das Gesetz nun!“
Und sie fesselten ihre Hände und banden die Füße,
Aber Anna bestand die Qual ohne Schreie der Unschuld.
Ihre Wangen verblassten, die Brauen verzogen sich schmerzlich.
Auf dem Boden von Schlamm und Staub lag Anna sich windend,
Da ihr Antlitz verblasste, ihr Körper ward dünner.
Junker Jörg war auch ein Objekt des barmherzigen Mitleids,
Er beschaute alles mit einem Herzen voll Trauer.
Und er rief: „Das ganze Elend nur wegen mir, ach!
Hätt ich gehorcht dem Gesetz, wäre sie jetzt nicht schuldig.
Ach, mein flaches Herz, es wollte nicht nachdenken weise,
Und jetzt muss Anna die ganze Strafe tragen der Unzucht.“
Junker Jörg vernehmend, seine beschwerliche Klage,
Wurde Frau Wiener berührt und fragte nach seiner Geschichte.
Unter Tränen äußerte Junker Jörg sich dann höflich,
Alles erzählend vom ersten Tage ihrer Bekanntschaft:
„Sie berechnete vorher die Konsequenzen der Sünde,
Sie hat geweissagt, sie wird eines Tages werden ein Opfer.
Ich bin verpflichtet, sie zu befreien, nach Hause zu bringen,
Die sie wegen mir nur die Katastrophe erlitten.“
Junker Jörgs Geschichte weckte Frau Wieners Erbarmen,
Ihre Strenge ward weicher, und sie zeigte den Ausweg:
„Sei es wahr (sprach Frau Wiener), alles, was du berichtet,
Anna, obwohl eine Hure, kennt das Gute und Böse.“
Eberhard sagte: „Dieses Weibes treibendes Sicksal!
Aber sie kennt die Literatur des heiligen Russland.“
Da sprach Frau Wiener: „Ist sie eine Dichterin selber?
Möge sie zeigen ihr Talent in einem Sonette!“
Anna gehorchte und schrieb mit dem Stift ein Sonett an Cupido,
Die vollendeten Verse zeigend der Richterin Wiener.
Diese lobte: „Dies Sonett ist besser als Shakespeare!
Solche Kunst und Weisheit ist tausendmal mehr wert als Goldschmuck!
O, ein Mädchen voll Schönheit und ein kraftvolles Mannsbild,
Welches Paar von Mann und Frau ist besser auf Erden?
Nun hört auf, ihr beiden, Zorn und Ärger zu hegen,
Denn das stört nur den Rhythmus der harmonischen Liebe!
Anna, du stehst hier an der Tür des Sittengerichtes,
Äußerlich ist der Verstand, doch zentral ist die innige Liebe!
Sohn und Schwiegervater sind die Familie des Mädchens,
Also gib den Groll auf und beende das Chaos!“
Junker Jörg bestellte nun die Feier der Hochzeit,
Sitzend im Wagen und bekränzt mit dem Kranze der Rosen,
Auch gefolgt von einer fröhlichen Musiker-Truppe,
Anna ward gebracht in die selige Kammer der Hochzeit.
Voller Wertschätzung wegen Annas Talent, ihrer Tugend,
Vater Eberhard legte auch seine Strafe beiseite.
Duft von Lilien und Orchideen erfüllte die Wohnung,
Alle Bitterkeit machte Platz für lustige Freuden.
VIERZEHNTER GESANG
FÜNFZEHNTER GESANG
SECHZEHNTER GESANG
SIEBZEHNTER GESANG