Sie sind auf Seite 1von 84

Trachealkanülenmanagement

Kurs Fachkraft für außerklinische Intensivpflege 2020


Sylvia Egerer
Invasive Beatmungszugänge

2
Intubation
Definition:
Als Intubation wird das Einführen eines Tubus (einer
Hohlsonde) in eine natürliche Körperhöhle oder ein Hohlorgan
zur Sicherung der Atemwege bezeichnet.
Endotrachealtubus
⇒ Tubus, der über Mund oder Nase in die Trachea eingeführt
wird
Tracheotomie/Koniotomie
⇒ Tubus wird durch ein chirurgisch geschaffenes Stoma in die
Trachea eingeführt
Tracheotomie/Tracheostomie/Koniotomie
Tracheotomie
⇒ operative Eröffnung der Trachea zwischen der 2. und 4. Trachealspange
(griech: Tomie = Schnitt)

Tracheostomie
⇒ operative Eröffnung der Trachea zwischen der 2. und 4. Trachealspange
mit Vernähung der äußeren Haut mit der Trachealschleimhaut

Koniotomie
⇒ Eröffnung des Ligamentum conicum (Notfallverfahren z.B.
Schleimhautschwellung im Mund/Rachenbereich)
Punktionstracheotomie/perkutane
Dilatationstracheotomie
⇒ Trachea wird unter bronchoskopischer Kontrolle von außen punktiert und
aufgedehnt bis eine Trachealkanüle eingeführt werden kann.

Anwendung: Akutversorgung (Intensivstation bei Beatmung > 7 Tage)

Vorteil: kostengünstig, risikoarm, einfaches Verfahren, verschließt sich


nach Dekanülierung nach einigen Tagen

Nachteil: instabiles Stoma, verschließt sich schnell ⇒ ständige


Intubationsbereitschaft nötig (z.B. bei versehentlicher Dekanülierung)
Plastische Tracheotomie/chirurgische
Tracheotomie
⇒ Trachea wird operativ eröffnet, Hautränder werden zirkulär mit
der Trachea bzw. Trachealschleimhaut vernäht

Anwendung: Langzeitbeatmung, Heimbeatmung

Vorteil: stabiles Tracheostoma

Nachteil: muss nach Dekanülierung operativ verschlossen werden


Tracheostomie nach Laryngektomie
Laryngektomie = Entfernung des kompletten Kehlkopfes mit
operativer Trennung von Atemweg und Speiseröhre. Der
Trachealstumpf wird in der Halsgrube eingenäht. Lebenslange
Tracheostomie.
Mini-Tracheotomie
⇒ kleine Eröffnung für Kanüle mit 4mmID, vorzugsweise
unterhalb des Ringknorpels (ca. zwischen 2.-3. Trachealspange)
• Atmung physiologisch
• Sprache nicht beeinträchtigt
• Hauptindikation: insuffiziente Sekretelimination
Indikationen für eine Tracheotomie

1
1
Indikationen Notfalltracheotomie
• Entzündung, Schwellung, Ödeme der oberen Atemwege
• Kehlkopf- oder Tracheaverletzungen
• Akute Schlucklähmung z.B. Rekurrenzparese nach
Schilddrüsenoperation (Stimmbänder geschlossen)
• Schwere Gesichts- oder Schädelverletzungen
• Verbrennungen im Gesichts- Halsbereich
• Unbeherrschbare Intubationsprobleme z.B. im Rahmen einer
Reanimation oder bei Narkoseeinleitung
Indikationen geplante Tracheotomie
• Langzeitbeatmung (Beatmung > 7 Tage/Intensivstation)
• Heimbeatmung
• Degenerative neurologische Erkrankungen mit zunehmender
Atempumpenschwäche z.B. M.Duchenne, ALS, Myasthenia gravis
• Hoher Querschnitt (oberhalb C4)
• Schädel-Hirn-Verletzungen/Blutungen, Hirnstamminfarkte, Hirntumore mit
Beeinträchtigung des Atemzentrums mit und ohne Dysphagie
• Trachealstenosen, Tracheomalazie
• Tumorerkrankungen der oberen Atemwege
• Obstruktive Lungenerkrankungen (wenn NIV ausgereizt ist)
• Deformation, Verletzung oder Verätzungen im Mund- Rachenbereich
• Fehlender oder abgeschwächter Hustenreflex (Sekretelimination unzureichend)
Vorteile/Nachteile der Tracheotomie

1
4
Vorteile der Tracheotomie
• geringere Totraumventilation, Verringerung der Atemarbeit und des
Atemwegwiderstandes
• verkürztes Weaning
• erleichterte Mund- und Nasenpflege, insg. vereinfachte Handhabung und
Pflege
• bessere Toleranz (keine Sedierung nötig)
• orale Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme ist möglich
• erleichterte Kommunikation (Mimik/Gestik) und Phonation möglich
(Sprechkanüle)
• Mobilitätsverbesserung
• Reduzierung von tubusbedingten Schäden (Sinusitis, Kehlkopf-
Stimmbandverletzungen)
Nachteile der Tracheotomie
• Wegfall der Nasenfunktion (Erwärmung, Anfeuchtung und Reinigung des
Atemgas sowie Riechfunktion
• persistierendes Flimmerepithel
• Verlust der Sprache bei geblockter Trachealkanüle (Ausnahme Blom® Kanüle)
• Abflachung der Atmung durch Totraumverkleinerung (↑CO2-Abatmung)
• zu Beginn häufig vermehrte Sekretbildung, später häufig eher Sekretverhalt bei
mangelnder Atemgaskonditionierung
• Gefahr von Mazerationen, Entzündungen, Verletzungen des
Stomas/Stomaumgebung und der Trachea
• orale Nahrungsaufnahme bei geblockter Kanüle stark beeinträchtigt durch
Sensibilitätsverlust, fehlende Rachenbelüftung, Riech- und Schmeckfunktion
• Wegfall der Glottisfunktion (Stimmbandebene) als Druck- und Pressventil z.B.
Husten oder Bauchpresse für Stuhlausscheidung
Komplikationen der Tracheotomie

1
7
Akute Komplikationen
• Blutungen, Nachblutungen
• Fehlplatzierung im Mediastinum, v.a. bei Punktionstracheotomie
• Unpassende Kanüle ⇒ zu lang ⇾ stößt an der Carina an oder liegt
im rechten Hauptbronchus, falsche Krümmung ⇾ stößt an der
Trachealwand an
• Sekretverlegung
• Trachealschleimhautschäden z.B. zu stark geblockter Cuff, Fehllage,
Verletzung beim Kanülenwechsel, ungenügende
Atemgasklimatisierung
• Infektionen
Langzeitkomplikationen
• Hypergranulation („wildes Fleisch“)
Entstehung begünstigt durch Zug/Reibung/Feuchtigkeit
• Tracheomalazie (Instabilität der trachealen Knorpelspangen) ⇒
Trachealkollaps
Entstehung durch zu hohen Druck
• Trachealstenose durch Vernarbungen
Entstehung durch narbig abheilende Verletzungen/
Entzündungen durch schlecht sitzende Kanüle oder Cuff
1)
Trachealkanülen

2
1
Kanülenaufbau am Beispiel der Traceo twist® mit
subglottischer Absaugung und Sprechfunktion
Material
• Silberkanülen – überwiegend HNO Patienten, haben in der
Beatmungsmedizin keine Bedeutung
• Kunststoffkanülen
- Polyvinylchlorid (PVC) z.B. Portex blue line Ultra®
- Polyurethan (PU) z.B. Traceo twist®
- Silikon z.B. Bivona Aire CuffTM
Je weicher eine Kanüle ist, desto dickwandiger muss sie sein um
eine gewisse Stabilität zu erreichen, z.T. wird die Stabilität durch
Spiralarmierung (in die Kanüle eingearbeitete Metalspirale) erreicht
Cave! Nicht jede Kanüle ist MRT tauglich!!!
Durchmesser
• Innendurchmesser (ID)
- Meist in mm angegeben das heißt Gr. 7 bedeutet 7mm ID
- Je kleiner der Innendurchmesser je größer ist die Resistance
(Atemwegswiderstand) und damit die Atemarbeit
- Innenkanülen verringern den ID einer Kanüle
• Außendurchmesser (AD/OD)
- Kanüle muss problemlos ins Stoma einzuführen sein
- OD variiert durch die Kanülenwanddicke
Das muss beim Wechsel auf eine andere Kanülenmarke unbedingt
berücksichtig werden!!!
Länge und Krümmung
• Kanülenlänge nimmt mit dem Durchmesser zu
• Es gibt extra kurze und extra lange Kanülen
• Sonderanfertigungen werden von verschiedenen Herstellern
angeboten
• Kanüle sollte ausreichend Abstand zur Carina haben
• Krümmungswinkel beträgt bei normaler Anatomie ca. 90°, es
gibt jd. individuelle Abweichungen. Daher muss die Kanüle an
die Anatomie des Klienten angepasst sein.
• Nach Kanülenanpassung muss eine endoskopische
Lagekontrolle erfolgen
Cuff
Der Cuff ist ein mit Luft, Schaumstoff oder sterilem H2O gefüllter
Ballon oberhalb der Kanülenspitze.
Seine Funktionen sind:
• Aspirationsprophylaxe – wobei der Cuff keinen vollständigen
Aspirationsschutz bietet! Mikroaspirationen sind möglich!
• Sicherung der Beatmung – der Cuff dichtet die Trachea unterhalb
der Glottis ab und verhindert somit ein ausströmen des Atemgases
über Mund-Nasen-Rachenraum
Neben der Cuff-Form (rund, zylindrisch, konisch) werden primär
zwei Arten von Cuff unterschieden.
Hochdruck-Cuff
Der Hochdruck-Cuff „High-pressure-low-volume-Cuff“ legt sich
nach dem entblocken vollständig an die Kanüle an.
- leichteres Einführen durch das geringe Volumen
- keine Falten dadurch weniger Schleimhautreizung und
Sekretansammlungen, Keimbildung reduziert
- Sprachbildung besser im entblockten Zustand
- Nachteil: Gefahr von Schleimhautschäden durch hohe, nicht
kontrollierbare Drücke
Bsp: Bivona TTSTM – wird mit steilem Aqua dest. geblockt,
Rüsch Care Tracheoflex mit Hochdruck Cuff
Niederdruck-Cuff
Der Niederdruck-Cuff „High-volume-low-pressure-Cuff“ kann mit
geringem Druck sein volles Volumen entfalten.
- Niedriger, kontrollierbarer Druck (~ 25mmHg) wodurch die
Durchblutung der Trachealschleimhaut sichergestellt werden
kann
-Nachteile: z.T. scharfe Falten im entblockten Zustand können
Schleimhautschäden hervorrufen
Trachealkanüle - Cuffdruck
Der Cuffdruck soll so gering wie möglich gehalten werden und
muss regelmäßig kontrolliert werden.
Cuffdruck Kontrollen erfolgen:
• nach jedem Lagewechsel
• vor und nach pflegerischen Maßnahmen an der Trachealkanüle

Selbstregulierende Cuffdrucksysteme: LanzTM-System, Smart


Cuffmanager® der Tracoe medical GmbH bieten bei korrekter
Anwendung einen konstanten Cuffdruck
Trachealkanüle – subglottische Absaugung
Sekrete/Speichel die sich durch Aspiration oberhalb des Cuffs
sammeln können mittels subglottischer Absaugung eliminiert
werden.
Vorgehensweisen beim subglottischen Absaugen:
- mittels Spritze ⇾ CAVE! Sogstärke nicht zu kontrollieren!
- mittels Absauggerät – Sog kontrollierbar
- Absaugpumpe – bei neueren Geräten intermittierende
Absaugung mit Pausenzeiten einstellbar
Zu hoher Sog kann die Trachealschleimhaut schädigen
Trachealkanülen ohne Cuff
Werden bei nichtbeatmeten Klienten eingesetzt.
• Atemspende via Beatmungsbeutel/Beatmungsgerät im Notfall
möglich
• Tracheostoma wird offen gehalten
• Absaugen und O2-Substitution ist möglich
• HME-Filter, Sprechventil oder Verschlusskappe kann aufgesetzt
werden
Trachealkanüle - Innenkanüle
Vorteile:
• Regelmäßige Reinigung möglich – Gefahr von Verborkung/
Kanülenverschluss verringert
• Wechsel zwischen geschlossener und gefensterten (für
Phonation) Kanüle möglich
Nachteil:
• ID verringert sich, wodurch die Resistance und damit die
Atemarbeit für den spontan atmenden Klienten steigt
Trachealkanüle - Kanülenschild
Es gibt Kanülen mit
• beweglicher Halteplatte
• fixierter Halteplatte mit flexiblem Material
• verstellbarer Halteplatte um Kanülenlänge zu variieren – hier
muss die Einstellung genau dokumentiert sein und regelmäßig
geprüft werden
Dekanülierung
Die Notwendigkeit einer Trachealkanüle muss wie jede
medizinische Maßnahme regelmäßig hinterfragt werden.
Wenn keine Beatmung mehr nötig ist und keine Dysphagie mehr
vorliegt muss die Möglichkeit der Dekanülierung in Erwägung
gezogen werden.
Übergangsweise können ungeblockte Kanülen, Platzhalter oder
Stoma-Buttons zum Einsatz kommen, die das Tracheostoma
offen halten und b. Bed. eine Rekanülierung erlauben.
Tracheostoma Verschluss
Um festzustellen, ob die Spontanatmung über Mund/Nase sicher
Ist kann das Stoma vor dem endgültigen Verschluss mit
entsprechenden Dekanülierungs- oder Weaningpflastern
abgeklebt werden.
Der endgültige Verschluss des chirurgischen Tracheostomas
erfolgt operativ.
Ein dilatatives Tracheostoma schließt sich in der Regel nach
einigen Tagen von selbst.
Atemgaskonditionierung

3
9
physiologische Atemgaskonditionierung
• Inspirationsluft wird vor allem in den oberen Atemwegen auf
37°C erwärmt
• Auf 100% relative Luftfeuchtigkeit (absoluter
Wasserdampfgehalt von 44mgH2O/l) befeuchtet
• gereinigt
Probleme durch Atmung über Trachealkanüle
• Physiologische Atemgaskonditionierung ist durch die
Trachelkanüle ausgeschaltet
• Trockene, kühle Luft wird eingeatmet
⇒ Schleimhautschäden
⇒ Beeinträchtigung der mucozillären Clearance
⇒ Eindickung des Bronchialsekretes
⇒ steigende Infektanfälligkeit
Künstliche Atemgaskonditionierung
• HME „Heat-and-moisture-Filter“
- Können bei Spontanatmung und invasiver Beatmung eingesetzt
werden
- Täglicher Wechsel
• Aktive Befeuchtung/Heatet humidifier (HH)
- kommen bei nichtinvasiver und invasiver Beatmung zum
Einsatz
- nicht transportabel
HME/HH
Inhalation über Tracheostoma

4
4
Verschiedene Inhalationssysteme
Tracheostomapflege

4
6
Ziele
• trockene, reizlose Hautverhältnisse
• Vermeidung von zug- und druckbedingten Schäden an und im
Stomakanal
• Infektfreiheit
• Sichere Kanülenfixierung
Hygienemaßnahmen lt. KRINKO
• Ein neu angelegtes Tracheostoma gilt als aseptische Wunde
und erfordert einen sterilen Verbandswechsel
• Nach Ausbildung eines stabilen Stomakanals ist der aseptische
Verbandswechsel nicht mehr zwingend erforderlich
• Reinigung mit sauberem Waschlappen, Mullkompressen oder
handelsüblichen Reinigungstüchern wird empfohlen
• Eine antiseptische Versorgung wird nur bei infizierten Stomata
empfohlen
Durchführung
• Klienten informieren und mit leicht überstrecktem Kopf lagern
• Cuffdruck prüfen
• Hygienische Händedesinfektion, Einmalhandschuhe und ggf. Mundschutz anlegen
• Alte Trachealkompresse entfernen
• Kanülenhalteband lösen b. Bed. wechseln – Kanüle bei gelöstem Halteband nicht mehr los lassen – Gefahr der
Dekanülierung!
• Tracheostoma und umliegende Haut reinigen hierzu eignet sich klares Wasser, NaCl 0,9% oder spezielle
Stomareinigungstücher, Wundversorgung nach AO bei Bedarf
• Hautinspektion
• Hals des Klienten waschen und gut trocknen - Hautinspektion
• Neue Trachealkompresse einlegen
• Kanülenhalteband fixieren – ein bis zwei Finger Platz lassen zwischen Hals und Halteband
• Handschuhe ausziehen, Hygienische Händedesinfektion durchführen
• Cuffdruck prüfen
• SpO2- und Beatmungsparameter kontrollieren, Auskultation der Lunge
• Auffälligkeiten/Haut-Stomaveränderungen dokumentieren, ggf. pflegerische/therapeutische Maßnahmen einleiten
Trachealkompressen
• Einlagige Kompressen
- dünn, tragen nicht auf, bieten wenig Polsterung, sinnvoll bei
reizlosem Stoma mit wenig parastomaler Sekretion
• Zwei-dreilagige Kompressen
- deutlich bessere Polsterung und Sekretaufnahme
• Kompressen aus Polyurethanschaum
- sehr gute Polstereigenschaften
- können viel Sekret aufnehmen
Kanülenhaltebänder
Sind an die Bedürfnisse des Klienten anzupassen. Es gibt eine
Vielzahl von Haltebändern auf dem Markt. Der tägliche Wechsel
ist nicht erforderlich.
Trachealkanülenwechsel

5
2
Rechtliche Situation
• Der Trachealkanülenwechsel ist eine ärztliche Tätigkeit, die an examinierte, geschulte
Pflegekräfte bzw. an einen Intensivpflegedienst delegiert werden kann.
• Grundsätzlich muss sich die Pflegekraft folgende Voraussetzungen erfüllen:
- formale Qualifikation: Pflegefachkraft
- Materielle Qualifikation: theoretisches Wissen und sicheres Beherrschen der
Durchführung
- Übernahmeverantwortung: schätzt Fähigkeiten realistisch ein, lehnt Wechsel bei
Überforderung ab
- Durchführungsverantwortung: nimmt den Wechsel nach dem aktuellem Wissensstand
unter Einhaltung der Hygienerichtlinien vor
- stabiler Zustand des Klienten
- Klient ist mit Wechsel durch Pflegefachkraft einverstanden
• Intensivpflegedienste sind im Rahmen ihrer Organisationsverantwortung verpflichtet
sicherzustellen, dass ihre Mitarbeiter einen fachgerechten Kanülenwechsel durchführen
können
• Wechselintervall lt. Herstellerangaben/ÄAO
Vorbereitung - Klient
• Ein geplanter TK-Wechsel sollte mit zwei Fachkräften stattfinden
• Klienten über geplante Maßnahme informieren
• Insbesondere bei Klienten die zu starkem Husten neigen ist eine 2-3
stündige Nahrungskarrenz sinnvoll (Erbrechen/Aspiration)
• Evtl. Präoxygenierung bei Klienten die zu SpO2-Abfällen neigen
• Pulsoxymetrie anschließen – sofern vorhanden
• Mundpflege durchführen und Mund-Rachenraum absaugen, ggf.
subglottisch/parastomal absaugen
• Lagerung mit leicht erhöhtem Oberkörper und idealerweise leicht
überstrecktem Kopf – falls möglich
• Auskultation der Lunge um vorher/nachher Vergleich zu haben
Vorbereitung - Material
• Trachealkanüle – richtige Kanüle? angeordnete Größe?
• Cuff der neuen Kanüle auf Dichtigkeit prüfen
• ggf. flexiblen Kanülenschild einstellen
• bei Verwendung des Mandrins muss dieser vorher überprüft werden, dass
er nach dem Einführen leicht zu entfernen ist
• bei Bedarf Gleitmittel (auf Wasserbasis) auftragen
• Spritze zum Entblocken und Blocken bereitlegen
• Kanülenhalteband bereitlegen
• Trachealkompresse bereitlegen
• Notfallset bereitlegen (Notfallmedikamente nach ÄAO, Trachealspreizer,
Notfallkanüle, Beatmungsbeutel mit Tubusverlängerung/Maske,
Abklebplatte für Tracheostoma)
Durchführung – alte Kanüle entfernen
• Hygienische Händedesinfektion, Einmalhandschuhe anziehen,
Mundschutz anlegen
• Kanülenhalteband öffnen, Trachealkompresse entfernen, ggf.
Sekrete am Stoma absaugen, Stoma reinigen
• Kanüle unter endotrachelem Absaugen (Absaugung ca. 1cm
über Kanülenlänge) entblocken
• Kanüle entfernen und verwerfen
• Stomainspektion, wenn möglich mit Taschenlampe,
Stomaumgebung reinigen – je nach Spontanatemfähigkeiten
des Klienten
Durchführung – neue Kanüle einsetzen
• Kanüle mit einer leichten Drehbewegung „von drei Uhr auf
sechs Uhr“ entsprechend der anatomischen Gegebenheiten
einführen
• ggf. Beatmung anschließen
• Cuff blocken
• Kanülenhalteband und Trachealkompresse anlegen
• Handschuhe ausziehen, Hygienische Händedesinfektion
• Cuffdruck kontrollieren
• Auskultation der Lunge
Komplikationen
• Blutungen
• Bradykardie (Vagusreiz)
• Hustenreiz mit Erbrechen
• Kanüle lässt sich nicht einsetzen (Schwellung/Ödeme/instabiles
Stoma)
• Bronchospasmus
• Hypoxämie, Hyperkapnie
• Kanülenfehllage
• Infektionen im Stomabereich
Reinigung/Aufbereitung von
Trachealkanülen

6
0
Kanülenaufbereitung
• „Single Patient use“-Kanülen dürfen nach Herstellerangaben mit
geeigneten, zugelassenen Reinigungs- und
Desinfektionsmitteln aufbereitet werden
• „Single use“-Kanülen sind zum Einmalgebrauch gedacht und
dürfen nicht aufbereitet werden
• Innenkanülen werden mit einer speziellen Kanülenreinigungs-
bürste mit klarem ggf. abgekochten Wasser gereinigt oder in
eine vom Hersteller zugelassene Reinigungslösung eingelegt –
Anwendungshinweise beachten
Sprechen mit Trachealkanüle

6
2
Sprechen mit Trachealkanüle beim
Spontanatmenden Klienten
Voraussetzungen
• Entblockter Cuff oder Trachealkanüle ohne Cuff
• Fensterung/Siebung in der Trachealkanüle (Innenseele!!!)
• Sprechventil
- öffnet sich bei der Inspiration, so dass die Einatemluft
einströmen kann
- dichtet die Kanüle bei der Exspiration ab, so dass der Luftstrom
über den Kehlkopf/Mund/Nase ausströmen kann
• Bei großen Stomas entweicht oft viel Luft neben der Kanüle. Es
empfiehlt sich diese abzudichten, da diese Luft zum sprechen
fehlt
Sprechkanülen
• Erst aufsetzen wenn Pat entblockt ist
• Sekretmanagement – keine HME-Funktion!
Sprechen bei invasiver Beatmung mit Passy-
Muir-Valve 007
Passy-Muir-Ventil
• Ermöglicht Phonation unter invasiver Beatmung
• Funktioniert wie Sprechventil beim spontanatmenden Klienten
- Öffnet sich bei der Inspiration
- Dichtet Kanüle bei der Exspiration ab, so dass die Ausatemluft
über Kehlkopf/Mund/Nase entweichen kann
• Trachealkanüle muss entblockt sein
Sprechen unter invasiver Beatmung mit
Blom® Trachealkanülensystem
Blom® Kanüle
• Ermöglicht Phonation bei geblockter Trachealkanüle
• Die flexible Innenkanüle ist mit Ventilen ausgestattet, die
Sprechen während der Exspiration ermöglichen
- Bei der Inspiration öffnet sich das Ventil an der Kanülenspitze
und Atemgas strömt in die Lunge
- Bei der Exspiration schließst das Ventil an der Kanülenspitze
und die Innenkanüle „fällt zusammen“, so dass die Ausatemluft
zwischen Innen- und Außenkanüle Richtung Kehlkopf/Mund/
Nase entweichen kann
Schlucken mit Trachealkanüle

7
0
Physiologie des Schluckens
Für den Schluckakt benötigt man
• Ausreichende Vigilanz
• Funktionierende Motorik (muskuläre/anatomische Strukturen)
• Funktionierende Sensorik (neurale Strukturen)
• Intakte Schutzmechanismen (Husten/Räuspern)
Unterteilung des Schluckvorgangs
1. Präorale Phase
• Nahrung wird gesehen, zum Mund geführt, gerochen
2. Orale Phase
• Vorbereitungsphase: Abbeißen, Kauen, ein-
speicheln, schmecken
• Transportphase: Bolustransport, durch ansaugen
der Zunge an den Gaumen, von vorne nach hinten
in den Mund

Bis hier sind die Atemwege noch nicht geschützt


Unterteilung des Schluckvorgangs
3. Pharyngeale Phase
• Hier beginnt die nicht mehr steuerbare, reflektorische Phase
• Gaumensegels wird angehoben und dadurch verschließt sich
der Rachenraum nach oben
• Stimmlippen und Epiglottis (Kehldeckel)
werden verschlossen wodurch die Trachea
und der untere Atemweg geschützt sind
Unterteilung des Schluckvorgangs
4. Ösophageale Phase
• Bolus ist ausschließlich im Ösphagus und wird in den Magen
befördert
Dysphagie
• Eine Dysphagie, auch Schluckstörung genannt, bezeichnet die
Unfähigkeit, Speichel, Flüssigkeiten und Nahrung zuverlässig
vom Mund in den Magen zu befördern.
• Dies kann zu einer Penetration oder Aspiration führen
Ursachen einer Dysphagie
• Sensibilitätsstörungen (Langzeitbeatmete oder tracheotomierte Patienten)
• Neurologische Erkrankungen (Apoplexie, Morbus Parkinson,
neuromuskuläre Erkrankungen, Schädelhirntrauma, ALS)
• Schluckstörungen durch Operationen oder Bestrahlungen (Kopf-Hals
Tumore)
• Schluckstörungen im Alter (Demenz)
• Psychogene Schluckstörungen (Essstörungen)
• Neurologische Erkrankungen oder Sensibilitätsstörungen können die Zeit
für die Austreibung von Nahrung, Speichel oder Flüssigkeiten verlängert
und aufgrund wiedereinsetzen der Atmung und somit der Öffnung des
Kehldeckels eine Aspiration erfolgen
• eingeschränkte Kehldeckel Hebung, unvollständige Abkippung des
Kehldeckels oder unvollständiger Stimmbandschluss
Voraussetzung für einen Entblockversuch
• Logopäde
• Keine massive Refluxsymptomatik/Regurgitationen
• Keine Erbrechungsneigung
• Absaugen nur geringer Mengen (subglottisch oder/und bei der
Entblockung)
• Effektiver Hustenstoss – Aspirat muss abgehustet werden können
• Dauerhafte Überwachung mittels Pulsoxymetrie und unter
Absaugbereitschaft
• Idealerweise vorliegen einer Videoendoskopischen Untersuchung
Stille Aspiration
• Liegt vor, wenn der Hustenreflex vermindert oder nicht
auslösbar ist
• Kann an feuchter, gurgelnder Stimmqualität oder durch
Absaugen von Aspirat erkannt werden
• Weitere Erkennungsmöglichkeit durch „Blauschluck Test“,
Videoendoskopie oder Bronchoskopie
• Bei unerkannter stiller Aspiration meist bronchiale oder
pulmonale Komplikationen
Schlucken mit geblocktem Cuff
• Langfristiger Einsatz von geblockten Trachealkanülen kann zu
Sensibilitätsstörungen im Bereich des Pharynx und Larynx
führen
• Bei einem Schlucktraining bei geblockter Kanüle muss
Cuffdruck vor dem Schluckversuch geprüft werden – nicht
überblocken!!!
• Bei vermindertem Cuffdruck können Flüssigkeiten oder
Nahrung in die Trachea gelangen ( eine vollständige
Abdichtung ist trotz korrektem Druck nicht möglich, Aspiration
kann nur vermindert werden)
Schlucktraining
• Vor dem Schlucktraining muss der Klient in eine optimale
Körperhaltung gebracht werden (aufrechtes Sitzen)
• Schlucktraining nur mit wachem, kooperativen Klienten
• Cave: Kopf darf nicht überstreckt sein
• 3-facher 90° Winkel: Fuß/Unterschenkel
Unter-/Oberschenkel
Oberschenkel/Körperstamm
Schlucken geblockt/ungeblockt?
• Es gibt keine allgemeingültige Aussage!
• Individuelle Diagnostik ist erforderlich
• Vorgehen muss regelmäßig evaluiert werden
• Primär zeigen Klienten die oralisiert werden deutlich mehr
Zufriedenheit, die Lebensqualität erhöht sich sichtlich
• Studien zeigen bislang keine signifikante Pneumonie Häufigkeit
Schlucken geblockt/ungeblockt?
geblockte Trachealkanüle ungeblockte Trachealkanüle

• Weniger Atemarbeit • Erhöhte Atemarbeit


• Sensibilität im oralen, • Sensibilität der oralen,
pharyngealen und laryngealen pharyngealen und laryngealen
Strukturen ist reduziert Strukturen steigt
• Geschmack und Geruch • Geschmack und Geruch
deutlich eingeschränkt deutlich verbessert
• Muskelatrophie der oralen, • Training der oralen,
pharyngealen und laryngealen pharyngealen und laryngealen
Struktur Struktur
• Eingeschränkter • Kein Aspirationsschutz
Aspirationsschutz
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Literaturverzeichnis
• Atmen-Atemhilfen – Wolfgang Oczenski
ISBN 978-3-13-137699-2
• Das Beatmungsbuch – Harald Keiffert
ISBN 978-3-98-11420-2-0
• Pneumologie – Lehrbuch für Atmungstherapeuten
ISBN 978-3-9817734-0-8
• Fachpflege Außerklinische Intensivpflege – Christine Keller
ISBN 978-3-437-25282-2
• S2k – Leitlinie Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen
Insuffizienz Revision 2017
Bilder – Internet via google-suche

Das könnte Ihnen auch gefallen