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Die Prafekturen und Didzesen Oxyrhynchos @f


des spatrémischen Reiches
(Erliuterungen s. S. 442 ff.) Antinoc
Konrad Onasch

LEXIKON
LITURGIE UND KUNST
DER OSTKIRCHE
Geschenk
von
Heldemarie und Guatram Koch
Konrad Onasch

LEXIKON
LITURGIE UND KUNST
DER OSTKIRCHE
unter Beriicksichtigung
der Alten Kirche

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From the library of
Sercan YANDIiM AYDIN

BUCHVERLAG UNION
Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme
Onasch, Konrad:
Lexikon Liturgie und Kunst der Ostkirche: unter
Beriicksichtigung der alten Kirche / Konrad Onasch. — 1. Aufl.,
veriind. Ausg. — Berlin/Miinchen: Buchverl. Union, 1993
Ausg. im Verl. Koehler & Amelang u. d. T.: Onasch, Konrad:
Liturgie und Kunstder Ostkirche in Stichworten

ISBN 3-372-00097-8

1. Auflage © 1993 by Buchverlag Union Berlin/Miinchen


Veriinderte Ausgabe der 1981 im Verlag Koehler & Amelang, Leipzig, Berlin
unter dem Titel ,,Liturgie und Kunst der Ostkirche in Stichworten*
erschienenen Erstausgabe
Printed in Germany
Satz und Reproduktion: Druck und Litho Reichenberg GmbH, Bocholt
Druck: Wiesbadener Graphische Betriebe GmbH, Wiesbaden
Buchbinderische Verarbeitung: C. Fikentscher GroBbuchbinderei GmbH, Darmstadt
Zeichnungen: Hans-Ulrich Herold
Gestaltung: H.-J. Walch(t)
Schutzumschlag: P. Fischer-Sternaux
VORWORT ZUR 1, AUFLAGE
Der Plan zu diesem Buch entstand in seinen ersten groben Umrissen,als ich im Winterse-
mester 1950/51 an der Martin-Luther-Universitat Halle-Wittenberg mit meinen Vorlesun-
gen begann. Seitdem habeich,mit einigen zeitlichen Verz6gerungen und Unterbrechungen,
an seiner Realisierung gearbeitet. Ende derfiinfziger Jahre kam es zu einem ersten Ge-
spraich mit Hubert Faensen, dem Leiter des Verlages Koehler & Amelang, der bereits da-
mals einer Verdffentlichung positiv gegentiberstand. Ihm habe ich zu danken, dadieses
Worterbuchin die Reihe der ,,Stichwort“-Lexika des Verlages aufgenommen wurde.
Nach langeren Vorarbeiten und in monatelanger redaktioneller Bearbeitung des Manu-
skriptes, die ich zusammen mit seiner Lektorin, Frau Gerda Kunzendorf, vornahm,ent-
stand dann die endgiiltige Druckschrift — nicht zuletzt auch auf Grund von Verbesserungs-
vorschlégen von Wolfhard Walter und Hans Georg Thiimmel. Peter Weniger unterzog sich
der miihevollen Arbeit, das mehrteilige Stichwortregister im Anhang aufzustellen, und las
mit groBer Sorgfalt mit mir die Korrekturen. In bewahrter Zusammenarbeitfertigte Hans-
Ulrich Herold die Zeichnungen und Karten an, Herr Hans-Joachim Walch iibernahm die
Gestaltung des Buches. Maria Marschner schrieb den groBten Teil des druckfertigen Rein-
manuskriptes. Ihnen allen gilt mein herzlicher Dank. Dankbar werde ich auchallen kiinfti-
gen Lesern und Benutzern meines Buchessein, die mich wissen lassen, an welchenStellen
es verbessert werden kénnte.

Halle (Saale), im Herbst 1980 Konrad Onasch

VORWORT ZUR 2. AUFLAGE


Dem schnellen Entschlu8 des Verlages, ,,Liturgie und Kunst der Ostkirche in Stichworten“
eine 2.,veranderte Auflage in vorliegender Gestalt folgen zu lassen,hat sich der Verfasserin
seinen Miglichkeiten gerne angeschlossen.Druckfehler und Irrtiimer wurden getilgt und
die Literaturverzeichnisse ,,durchforstet“.Dabei wurde die dltere russischsprachige Fachli-
teratur soweit wie méglich belassen,weil sie trotz ihtes gleichbleibenden Wertes fiir die For-
schung in den gangigen Lexika und Handbiichern nur noch selten erwdhnt wird.Austechni-
schen und Zeitgriinden wurden die Erganzungen in nichtalphabetischer Reihenfolge den
friiheren Angaben angefiigt. M.Roty, Dictionnaire russe-frangaise des termes en usage dans
V'Eglise russe,Paris 1980 (vgl. Theologische Literaturzeitung 110,213-214) und H.-D. Dép-
mann,Die Orthodoxen Kirchen,Berlin 1991 konnten nicht verarbeitet, sollten hier aber ge-
nannt werden. Von einer weiteren Anhidufung von Abkiirzungen wurde,von wenigen Aus-
nahmen abgesehen,Abstand genommen: Im Gegensatz zum altmodischen buchorientierten
»homo sapiens“ hat der zeitgendssische ,,khomo electronicus* ohnehin schon das Material
etwa aus den ,,Ostkirchlichen Studien“ oder der ,,Russia Mediaevalis“ in seinen schnellen
Geriiten gespeichert.Mit einem zugestanden nervésen Blick auf diesen kaum zu unterschiat- _
zenden Konkurrenten unserer traditions- und bildungsreichen Buchkultur méchte der Ver-
fasser sein Buchin diese neue Welt der Kommunikation entlassen.

Halle (Saale), im Advent 1991 Konrad Onasch


EINFUHRUNG
Dieses Wérterbuch ist weder ein Lexikon der Ostkirchenkunde noch ein Reallexikon wie
das Reallexikon zur Byzantinischen Kunst. Esfiigt sich vielmehr in seinem Charakter der
Reihe von ,,Stichwort*-Lexika ein, die der Verlag seit einigen Jahren herausgibt. Damit ist
sein Informationsprofil umrissen: Es will die wichtigsten Erstinformationen vermitteln, in
Zusammenhiange und Problemeeinfiihren und zur Weiterarbeit anregen. Zur Vertiefung
des dargebotenen Stoffes seien folgende Lexika und Handbiicher empfohlen: C. Andresen,
Die Kirchen der alten Christenheit, Stuttgart - Berlin - Kéln — Mainz 1971; ders., Ein-
fiihrung in die christl. Archdologie, Géttingen 1971; Dictionnaire d’Archéologie Chrétienne
et de Liturgie, hrsg. von F. Cabrol u. Leclercq, Paris 1924 ff.; Lexikon fiir Theologie und
Kirche, 2. Auflage hrsg. von J. Héfer u. K. Rahner, Freiburg/Br. 1957ff.; Polnyj Pravoslav-
nyj Bogoslovskij Eiciklopediéeskij Slovaf, Sankt Petersburg 1913 ff.; Reallexikon fir Anti-
ke und Christentum, hrsg. von Th. Klauser, Stuttgart 1941 (1950 ff.}, Die Religion in Ge-
schichte und Gegenwart, 3. Auflage hrsg. von K. Galling, Tiibingen 1956 ff. SchlieBlich sei
auf die Christliche Ikonographie in Stichworten von H. Sachs, E. Badstiibner und H. Neu-
mann,4. Auflage Leipzig 1991, hingewiesen.
Der Informationsbereich des Wérterbuchesist in seinem Titel angegeben. Sein Hauptau-
genmerkliegt bei der byzantinisch-slavischen Liturgie und Kunst, wobei die in der Alten
Kirche erkennbaren Entwicklungen zur Erklirung herangezogen werden. Dennich bin der
Auffassung, daB es zu einer Fehleinschatzung der,,byzantinischen Form“ iiberhaupt kom-
men kann, wenn man diese Zusammenhange nicht beriicksichtigt. Allein das schwierige
Problem der verschiedenen byzantinischen Renaissancen ist ohne Kenntnis der (kulturge-
schichtlich gesehen) im Spathellenismus angesiedelten friihen Kirche unverstindlich. Das
gleichegilt fiir die Geschichte der Liturgie.
Ausgangspunkt des Wérterbuchesist die Einsicht in die umfassende Integrationskraft der
byzantinischen Liturgie — das, was die russische Spracheals cel’nost’ bezeichnet. Darauser-
gebensich eine Fille von komplizierten Zwischenbeziehungen zur Kunst, zu Kirchenbau,
Kirchendichtung und Kirchenmusik, ebenso zum Kirchenrecht und zur spezifischen, von
mir Kultusasthetik genannten Asthetik. Die Kunst selbst kann nichtalsin sich allein ruhen-
de GréBe verstanden werden, sondern ist eingebunden in eine hierarchisch gegliederte
kirchliche Sozietdt und stellt eines ihrer wichtigsten Medien der Lehrinformation dar. Von
daher gesehen, ergeben sich unter anderem dialektische Behiehungen zu Hiresie und Gno-
sis, die nicht ohne Auswirkungen auf die Ikonographie geblieben sind. Esist verstindlich,
da8 eine Reihe von Zusammenhingen,die im Worterbuch verarbeitet wurden,nur mit Hil-
fe der Religionsgeschichte und -soziologie einsichtig gemacht werden konnten. Eine weite-
re grofe Zahl von Zwischenbeziehungen der Liturgie zu Bereichen der byzantinischen und
slavischen Kulturen wird der Benutzer selbst entdecken.
Aus der Absicht und dem Aufbau des Wérterbuchesergibt sich, daB es sich an eine groBe
interessierte Leserschaft wendet, also sowohl Theologen als auch Kunsthistoriker, Kultur-
geschichtler, Slavisten, Byzantinisten, Religionsgeschichtler und allgemeininteressierte
Laien erreichen will. Dazu sollen auch die mehrsprachigen Stichwortregister im Anhang
vethelfen, die der ErschlieBung entsprechender Spezialausdriicke vor allem im Grie-
chischen und Russischen dienen solien. Im Interesse der Benutzer und der besseren Les-
barkeit sind sowohl die Verweiszeichen als auch die Abkiirzungen auf cin MindestmaB
beschrankt, mit Ausnahme der in den Literaturangaben zu jedem Artikel benutzten Ab-
breviationen,die in einem besonderen Abkiitzungsverzeichnis entschliisselt sind.
INHALT

ADKUrZUNgSVErZeiChNiSSe......1....-ecssrecesrsecsssseosersecsarseasareernescsseeatsanssneenssatssnsenentsensnsensansensaeeeesees 8
Abkiirzungen biblischer BUCher..........csssssssseesssecnsssssseresecnrecastesnmesareeareesteseateeeeenseeseneesnnnes &
Allgemeine ADKirZzUngen..........sscscssssesssecsssseessseesssaeessostssesnessasvecesneensensretsevecsspectsnneceanersnnved 8
Abgektirzt zitierte Literatur... scscssesssesssessseesesssesssessseeneesseessssssneeensorssecsnsseatesensacseanseaeesas 9
StichwortverZeichmis........--sccsccsessseectesreerseesenteseessessssssaneeseessessesssneesaresssiensensaterseessenssntesetesnessensees LO

AMNANG...ccsscssecessvescssnsscesesoeesnesceseessesseneseessesesasesssasesesssespesuseusenedacsoedartoussnessetanroaerecasonesastarevetserees 389
Liturgische Texte .........ssssssssesssssssssessesssessssssserssesssssnesssnsssneesssessecnssseasseavecsussenseeatentecavesssesonsenes 391
Quellennachweis zu den liturgischen Texter... sscssessesseesssscsseeseecanseneecensseceanensnseeneees 406

Verzeichnisse fremdsprachiger Termini...........:cssessssscsssssssseessssessssnesessseesssatsssnnesssenenssesssene 408


Griechische Terminii..........ccssesssesssurssessessoccssvecssvetssssecssveesssseersnessenmeesssumesssansesaneensntssnsareeeasee 408
Russische Termitii...sesssssssessssscssesesssasessseesssssesssnsessveetsnectesvtersvetarsuerseassessonsarensersentarsnarenouaste 421
Lateimische Termimi......sscscssssesssssssssssessessessssssnessneesssesssseasesnessscssscsserssescssasseseervecassencenseessee 428
Verzeichnis der Abbildungen auf den Textseiten..........ssssssesssesssusscsnesseesssnsessssnsenensenees 436
Verzeichnis der Abbildungen auf den Tafel ...........sssssssessessessesssserssesssessseesaeerniesnesssneenaeens 439
Fotomachweis.........ssssssssssssessserssesseessarsaresarsssssssnesaeeoneesnessssesaeesseesssesssesanersvessuneraerserssssaneeereeaye 441
Erlduterungen Zu den Karten... .seccssescssssecsseescvsescssseerorecarteatssneessuessnesreesseesarecareeasenneeseesnve 442
ABKURZUNGSVERZEICHNISSE
ABKURZUNGENBIBLISCHER BUCHER

Altes Testament
1. Chron. 1, Buch der Chronik Klagel. Klagelieder
2. Chron. 2. Buch der Chronik Mal. Maleachi
Dan. Daniel Pred. Salom. Prediger Salomo
Habak. Habakuk Ps, Psalm
Hes. Hesekiel Spr. Salom. Spriiche Salomos
Hohesl. Hoheslied 1. Sam. 1. Buch Samuel
Jes. Jesaja 2. Sam. 2. Buch Samuel

Neues Testament
Apg. Apostelgeschichte Matth. Matthaus-Evangelium.
Eph. Epheserbrief Offb. Offenbarung des Johannes
Gal. Galaterbrief Phil. Philipperbrief
Hebr. Hebraerbrief Rom. Romerbrief
Jak. Jakobusbrief 1. Thess. erster Thessalonicherbrief
Joh. Johannes-Evangelium 2. Thess. zweiter Thessalonicherbrief
Kol. Kolosserbrief 1. Tim. erster Timotheusbrief
1. Kor. erster Korintherbrief 2. Tim. zweiter Timotheusbrief
2. Kor. zweiter Korintherbrief Tit. Titusbrief
Luk. Lukas-Evangelium.
Mark. Markus-Evangelium 1. Clem. erster Clemensbrief

ALLGEMEINE ABKURZUNGEN
Abb. Abbildung im Text hg., Hg. herausgegeben, Herausgeber
Abh. Abhandlung(en) hl., HL heilig, Heiliger
Abschn. Abschnitt(e} Intern. Internationaler
Abt. Abteilung Jb. Jahrbuch
allg. allgemein(e,-er, -es) Jh., It., Jz. Jahrhundert, -tausend,
Anm. Anmerkung -zebnt
Aufl. Auflage kath. katholisch
Beitr. Beitrage lat. lateinisch
bes. besonders Lit. Literatur
byz. byzantinisch(e,...) MA, ma Mittelalter, mittelalterlich
Congr. Congress masch. maschinenschriftlich(e}
Darst. Darstellung(en) Mitt, Mitteilung(en)
ders., dies. derselbe, dieselbe(n) orth. orthodox
Diss. Dissertation pass. passim, vereinzelt
dt. deutsch phil. philosophisch(e)
europ. europaisch Reg. Register
ev. evangelisch Schr. Schrift(en)
Fasc. Faszikel 3,0 siehe
Fs. Festschrift Sb. Sitzungsbericht
Gesch. Geschichte Tab. Tabelle, Ubersicht
8
Abgekiirzt zitierte Literatur
grch. gtiechisch Taf. Tafel
Habil.-Schrift Habilitationsschrift Wiss. Wissenschaft(liche)
hebr. hebriiisch Zs. Zeitschrift
Ferner wurden attributiv.gebrauchte Adjektive auf -isch und -lich in eindeutigen Fallen ab-
gekitrzt (z. B. bibl. Bericht = biblischer Bericht, christl. Kunst = christliche Kunst). Die
StichwOrter sind innerhalb des betreffenden Artikels auf ihre Anfangsbuchstaben verkiirzt.

ABGEKURZTZITIERTE LITERATUR

AB Analecta Bollandiana, Bruxelles


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La Priére 2:2 La Priére de l’Eglise de Rite Byzantin. HI, 2: Les Fétes.
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13
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14
A
Abendgottesdienst (grch. hesperinon, n.; des Grabes Christi mit einem Leuchter in
russ. vecernja, f.; lat. vespera, f£., dt. Vesper). der Hand weg- u. zur Gemeinde hinwendet.
Der A. bildete in altchristl. Zeit den ersten Die unten (Pkt. 7) genannte Lite hat ihr
Teil eines nicht zuletzt aus oriental. Klima- Vorbild im Auszug der Jerusalemer Ge-
verhdltnissen zu verstehenden Komplexoffi- meinde aus der Anastasiskirche (— Kir-
ziums, das aus A., Vigil (> Nachtwache), chenban, Pkt. 2b) zam Golgathafelsen.
Nachtgottesdienst, Mitternachtsgottesdienst Die wesentl. Teile des byz. A. es sind:
u. Morgengottesdienst (> auch Stunden- (1) Eingangsgebete, (2) Eingangspsalm
gottesdienst) bestand. Noch heute fallt am {gtch. prooimiakos psalmos: Ps. 104) mit 7
Samstag u. am Vorabend der grofen Feste Stillgebeten, (3) GroBe Kollekte (+ Synap-
der A. mit der Vigil u. dem Morgengottes- te) mit anschlieSendem Psalterabschnitt (>
dienst zusammen. Dem A.ging die im paga- Kathisma, — auch Stichologie), (4) Lich-
nen (heidnischen)u. jiid. Bereich verbreite- teranztinden mit dem Psalmengebet (— Ky-
te Lichterdanksagung (lat. /ucernarium; tie ekekraxa) u. mit > Antiphona, (5)
gerch. lychnikon) bei einbrechender Dunkel- wahrend des Abendlieds Einzug des Bi-
heit (lat. vesper, ‘Abendstern’} voraus. schofs mit Klerus, (6) Lesungen,(7) liturg.
Wahrscheinlich verband man im Osten die- Gebet (— Ektenie); an groBen Feiertagen
ses Lychnikon mit dem Speisungsmahl, der tritt eine Lite (eine mit einer Litanei ver-
Agape. Im 4. Jh. war in Jerusalem der bundene — Prozession) hinzu, (8) der Lob-
Zeugnisort (> Martyrion) der Grabeshéhle gesang des Symeon (— Nunc dimittis),
Mittelpunkt des Lichnicons (= lychnikon), Dreieinigkeitshymnen (— Trishagion), Va-
wobei wahrend des Einzugs des Bischofs terunser, (9) Entlassung, — Zu Veranderun-
Lichter od. Lampen (> Licht) angeztindet gen — Nachtwache.
u. die Abendpsalmen (psaimi lucernares) re- Wegen seiner reichen Hymnenausstattung
zitiert wurden (Ps. 13; 113; 130, in Antio- erhielt der byz. A. auch die Bezeichnung
chien nur Ps. 141). Die Kirchenordnung »Gesangsvesper® (grch. lychnikon; muss. pe-
Hippolyts v. Rom (um 220), die Apostol. snennaja vecernja, svelilo noénoe). Vom 8.
Konstitutionen (4/5. Jh., > Kirchenrecht) bis 11. Jh. bildeten sich 2 Formen des A.es
u. die gall. Pilgerin Egeria bezeugen an- heraus: die GroBe Vesper am Vorabendei-
néhernd denselben Aufbau des A.es: nes Hochfestes mit Einzug des Bischofs u.
Abendpsalmen mit — Antiphonen, Bischofs- die Kleine Vesper (russ. vsednevnaja
einzug, Hymnengesang u. Gebete, Entlas- vecernja) ohne Einzug an gewGhni. Tagen.
sung. Diesem Gemeindegotiesdienst ging
eine Form voraus, bei der nach jiid. Sitte Lit: A. Baumstark, Nocturna Laus, Miinster 1956;
das Lucernarium im Kreise der Familie be- Daniel, 289-295; Eisenhofer2, 537 f£.; Goar, 28-39;
La Priare!, 3-30; 2, 330 £.; Raes, 101-206; N. Us-
gangen wurde, vielleicht schon mit dem alt- penskij, Pravoslavnaja Vecernja, BoTr 1, 1960, 5
christ]. + Abendlied. Gregor v. Nyssa (gest. bis 52; G. Winkler, Uber die Kathedralvesper in
394) weiB von der Lichterdanksagung fiir den verschiedenen Riten des Ostens, ALW 16,
Sterbende. Sie erhielt einen neuen Sinn 1974, 53-103; R. Zerfass, Die Schriftlesung im Ka-
thedraloffizium Jerusalems, Miinster (Westf.)
durch das Osterlicht in der Grabeshdhle,
1968, Reg.: Abendoffizium; K. Gamber, Sacrifi-
von dem schon Egeria berichtet (> cium Vespertinum. Lucernarium u. eucharist.
Ostern). Mit diesem war der Ansatz fiir die Opfer am Abend u. ihre Abhangigkeit von den
Erklarung (+ Mystagogie) des byz. A.es ge- Riten der Juden, Regensburg 1983; K. Sponsel,
Der orth. Vespergottesdienst. Samtl. Chor- u.
geben, wei sie in der Liturgie der vorge- Lektorenteile nebst den Eigentexten des Sonn-
weihten Gaben zum Ausdruck kommt, in tagsoktoich, eingerichtet fiir mehrstimmigen ge-
der sich der Liturg vom Altar als Symbol mischten Chor, Recklinghausen 1988, S. Heitz u.
15
Abendlied
S$. Hausammann, Mysterium der Anbetung, Kéln defeier, > Eucharistic, - Liturgie, > Sa-
1986, R. Taft, ,Evening Thanks“. Toward to krament.
Theology of Vespers, Diakonia 13, 1978, 27-50;
Schulz, Handbuch Ostk.kundeII, 57-65. 2. Die Ikonographie des A.s hat die Berich-
te aus Matth. 26, 17-29; Mark. 14, 12-25;

Abendlied. Das alteste christ]. A., nach den Luk. 22, 7-23; Joh. 13, 21-30 zur Vorausset-
beiden ersten Worten auch ,,Phos hilaron“ zung. Sie unterscheidet sich von der liturg.
(grch., ‘heiteres Licht’; russ. svet tichij; ‘mil- Auffassung, wie sie in der Apostelkom-
des Licht’; lat. dusnen hilare) genannt, be- munion zum Ausdruck kommt. Die themat.
steht aus 3 Suophen. Unter dem Thema des Beschrinkung auf das letzte Mahl Christi
abendl. Lichtes ist die erste Strophe binita- schuf ein nur wenig variables, vom antiken
tisch (ein Lobpreis auf Gottvater u. Sohn), Mahlbild abhangiges Grundschema: Chri-
die zweite trinitarisch (ein Lobpreis auf stus ist mit seinen Jiingern um einen Tisch
Gottvater, Sohn und hi. Geist) formuliert, zum A. versammelt. Dabei andern sich be-
wihrend die dritte einen Lobpreis auf den stimmte Einzelheiten im Wandel der Tisch-
lebenspendenden Gottessohn bringt. Das sitten, der Geriitschaften u. Mébel, so etwa
Phoshilaron wird im allgemeinen in das3., die Form des Tisches. In altkirchl. Zeit wird
von manchen auch in das2. Jh. datiert. Zur Christus auf dem antiken Sofa, der Kline
Zeit Basilius’ des GroBen (gest. 379) war es (grch.), liegend dargestellt, an der linken
als bereits alter Bestandteil der Lichter- Seite eines oft sigmaférmigen Tisches, um
danksagung (> Abendgottesdienst) be- den herumsich die Jinger lagern. In spit- u.
kannt. Dort ist es wie in der Liturgie der nachbyz. Zeit sitzt er in der Mitte des Ti-
vorgeweihten Gaben bis heute verblieben. sches aufrecht wie die Jiinger. Seit mittel-
Text: s. Anhang Nr.1. byz. Zeit werden Judas u. Johannes bes.
hervorgehoben. Judas (ohne Nimbus) greift
Lit: F. J. Délger, Der christl. Abendhymnus Phos mit Christus in die Brotschale. Er wird oft
hilaron u. die Lichtdanksagung der Kappadokier,
AuC 5, 1936, 11-26, Quasten 1, 158; E. R. Smo- bes. haBlich dargestellt u. von den anderen
thers, Phos hilaron, RSR 19, 1929, 266-283; A. Jiingern abgesondert. Das Hinausgehen des
Tripolitis, Phos hilaron. Ancient Hymn and Mo- Verriters aus dem A.s-Raum wird im Osten
dern Enigma, ViChr 24, 1970, 189-196, Wellesz,
sehr selten wiedergegeben. Johannes liegt
149-156, P. Plank, Phos hilarén. Christushymnus
und Lichtdanksagungder friihen Christenheit, St. mit seinem Haupt an der Brust od. im
Ottilien 1989. — S. auch Lit. zu Licht. SchoB Christi. In spat- u. nachbyz. Denk-
milern wird gern die Lagerung des Johan-
Abendmahl. 1. Zur Bedeutung des A.s, des nes mit dem Griff des Judas in den Brot-
letzten Mahles Christi mit seinen Jiingern korb parallel gesetzt, Gruppierungen von
und des Mittelpunktes der christl. Gemein- im Gesprach vertieften Jiingern sind nur an-

Abendmahi

16
Abt
gedeutet worden. Isolierte Gruppen er- in der Bibelillustration (Oktateuch) haufi-
scheinen im klass. byz. A.s-bild nicht. Auf ger. - (5) Diefigtirl. Wiedergabe zeigt A. in
dem Balkanu. in RuBland haben auch Folk- der altkirchl. Sarkophag-Kunst zunichst ju-
loreelemente eingewirkt, die, wie etwa in gendlich u. ohne Bart. Dieser Typ wird vom
der Hinterglasmalerei (— Hinterglasbilder), 5. Jh. an abgelist durch den des Greises mit
das A.s-Bild nicht selten mit intim-fami- langem Bart. Vom 9. Jh. an erhalt er den
lidren Ziigen ausstatteten. - Zusammen mit Nimbus. Im AnschluB an 1. Mose 14,14 ff.
der FuBwaschungist das A. in den Passions- wird er nicht selten auch als berittener Krie-
zyklus aufgenommen worden. — Taf. 2; Abb. ger gezeigt. In der Ikonenmalereiist die iso-
lierte Gestalt A.s seltener. — Taf. 64.
Lit: E. Dobbert, Das A. Christi in der bildenden
Kunst, Repertorium fiir Kunstwiss. 13, 15, 18, Lit: Dassmann, 184-196; E. Fascher, Isaak u.
1890-1895; Ddlger, Ichthys 5, 543-610; J. Kihn, Christus. Zur Frage einer Typologie in Wort u.
Die Darst. des A.s im Wandel der Zeiten, Schaff- Bild, Bild u. Verkiindigung, (Fs. H. Jursch) Berlin
hausen 1948; Lazarev, Reg.: Tajnaja Veternja; Po- 1962, 38-53; J. Hennig, Zur Stellung A.s in der Li-
krovskij, 267-291, LChI 1, 10-18; LdK 1, 8-10; targie, ALW 9, 1966, 349-366; Kétting, 107 £.; La-
RBK 1, 1-11. — S$. auch Lit. zu Apostelkommu- zarev, Reg.: Avraam; D. Lerch, Isaaks Opferung
nion, Eucharistie. christlich gedeutet, Tubingen 1950; I. Speyart van
Woerden, The Iconographyof the Sacrifice of A.,
ViChr15, 1961, 214-255; LChI 1, 20-35; LdK 1, 15
Abgarbild, Abgariegende — unter Acheiro- bis 16, RBK 1, 11-22; LexMAI, 52-53.
poietos
Abrenuntiation > unter Taufe
Abraham (hebr., “Vater der Menge’, ‘Vater
der Vilker’), der erste der VerheiSungstra- Abt(grch/aram. abbas, ‘Vater’; grch. hegu-
ger Gottes im AT u. NT. Deshalb spielen menos, kathegumenos, prohestos, ‘Leiter’,
seine Person u. die mit ihr verbundenen Er- “‘Vorsteher’; russ. igumen, nastojatel’), mit
eignisse in der Schriftauslegung der Kir- monarch. Gewalt ausgestatteter Leiter eines
chenvater eine grofe Rolle, die auch auf die Klosters. Nach altkirchl. Ansicht besa der
Kunst der Alten Kirche eingewirkt hat. Vorsteher die umfassende Vatervollmacht
Sieht man von der dltesten Darstellung in (lat. patria potestas) tiber eine monast. Fa-
der Synagoge von Dura Europos (um 230) milie (lat. familia monasterii). Mit der Ent-
ab, so sind folgende Szenenin deraltkirchl. wicklung des koinobitischen (in der Ge-
u. byz.-slav. Kunst weit verbreitet gewesen: meinschaft lebenden) Ménchtums eng ver-
(1) Die Gastfreundschaft A.s (grch. philoxe- bunden, wurde die Institution des A.s in der
nia). Das Motiv des Besuches von 3 Min- Epoche Justinians (gest. 565) im Kirchen-
nern bei A. im Hain Mamre (1. Mose 18)ist recht verankert. Gleichzeitig wird auch die
von einer Reihe von Kirchenvatern u. spa- Bezeichnung — Archimandrit fiir den A.
ter im byz.-slav. Raum trinitétstypologisch bekannt. Seitdem wird der A. auf Lebens-
verstanden worden (— Dreieinigkeit). — (2) zeit bei einem Mindestalter von 30 Jahren
Die Opferung Isaaks durch A. (1. Mose 22) von seinem Vorganger bestimmt, bedarf
wurde schon sehr friih als Vorbild (Typos) aber der Bestatigung u. Weihe durch den
ftir das Opfer Christi aufgefaBt (vgl. Hebr. Bischof. Die Rechtszustindigkeit des letzte-
11, 19).Diese Typologien werden oft durch ten gilt auch bei freier Wahl des A.s durch
die Darstellung des Tisches bzw. Opferstei- die Bruderschaft. Auch die Stifter von K16-
nes als christl. Altar verdeutlicht. — (3) A.s stern hatten sich nicht selten in den Stifter-
Scho8. A., oft mit Isaak u. Jakob, hilt in sei- urkunden (—> Typikon [3}) Einflu8nahmen
nem Scho8 od. in einem Tuch die Seelen auf die A.-Wahl gesichert. Der Stellvertre-
der Erlésten. Die Szene geht zuriick auf die ter des A.s war der ,,Zweite“ (grch. deu-
Geschichte vom reichen Mann u. vom ar- teros). — Weiteres — unter Kloster, >
men Lazarus (Luk.16, 19-31) u. gehort vom. Ménchtum.
11. Sh, ab in die Darstellung des Jéingsten >
Gerichts. — (4) Zyklen aus dem Leben A.s Lit.: Beck, 132 £; P. de Meester, De Monachico
Statu inxta Disciplinam Byzantinam,Citta del Va-
sind seit dem 5. Jh. als Mosaiken in Kirchen
licano 1942, 202-291; I. Rezéé, De Monachismo
Roms vorhanden gewesen, werden aber in secundum Recentiorum Legislationem Russicam,
byz. Zeit seltener. Dagegen finden sie sich Roma 1952, 67-89; P. Salmon L’Abbé dansla Tra-

17
Acheiropoietos
dition Monastique, Paris 1962; LChl 5, 9-12 (Ab- genheit soll Christus Abgar auch einen per-
te, hl.}; LexMA 1, 60-62. sénl. Brief mitgegeben haben, der, in Stein
gemeiBelt, an der Stadtmauer Edessasu. an-
Acheiropoietos (grch. acheiropoietos eikon, derer Stédte angebracht wurde. Nach einer
f£., ‘ohne Hand gemachtes Bild’), legendare anderen Fassung der Legende soll Christus
Darstellung des Antlitzes Christi. einen Abdruck seines Antlitzes auf einem
1. Das Adjektiv acheiropoietos begegnet nur Tuch zurtickgelassen haben (Abgarbild, hl.
im christ]. Sprachgebrauch, Im NT bedeutet Antlitz, vera icon [lat.] wu. a., dem westl.
es soviel wie ‘geistlich’, ‘himmlisch’od. ‘un- »ochweiBtuch der Veronika“ enispre-
sinnlich’ (vgl. Mark. 14, 58; 2. Kor. 5, 1; Kol. chend). Im Laufe des 10. Jh. gelangten das
2, 11). Der Wortsinn andertesich,als die A. hl. Tuch (pers/grch. mandylion, ‘kleiner
in der byz. Malerei allgemeine Verbreitung Mantel’, ‘Tuch’; russ. ubrus), das Keramidi-
fand. Im Unterschied zu den vom Himmel! um u. der Brief Christi nach Konstantino-
gefallenen Bildern (grch/lat. diipetes) der pel, wo sie hohe Verehrung genossen. Auf
Antike u. neuplaton. Bilderlegenden ver- einer Sinai-Ikone des 10. Jh. wird Abgar in
stand man in Byzanz unter der A. das au- der Person des byz. Kaisers Konstantin Por-
thentische, entweder durch einen Maler od. phyrogennetos (913-957) mit dem hl. Tuch
durch unmittelbaren Abdruck entstandene auf den Knien gezeigt. Alle 3 Heiligtiimer
Bildnis Christi. Im Bilderstreit (> Bild) gingen bei der Eimnahme der Hauptstadt
spielten die Acheiropoietoi nur eine geringe durch die Kreuzfahrer 1204 verloren. Um
Rolle, weil sie fiir das subtile Urbild-Ab- den Besitz des Mandylions streiten sich Pa-
bild-Schema nur wenige Argumenteliefer- tis, Rom u. Genua.
ten. Bei der A. handelt es sich um ein Ideal- 3. Schon im 7. Jh. galt die A. Christi als sei-
portrat Christi spatantiker Pragung (= auch ne zweite Inkarnation. Die kiinstler. Gestal-
” Christusbilder, > Christusportrit). tung des Antlitzes (groBe Augen, streng ge-
2. Vom 8. Jh. an sind Acheiropoietoi der scheiteltes Haupthaar u. 3 Stirnlocken, kein
Gottesmutter u. einiger Heiliger (> Heili- Halsansatz, Frontalitat [Einflu8 des antiken
genverehrung) bekannt. Von gréBerer Be- Alexanderbildes]) lassen die psycholog. Ab-
deutung wurde indessen die Christus-A., die sicht erkennen, mit diesem der Gorgoglei-
man nach ihren Legenden in 2 Gruppen chenden Haupt Schrecken unter den Fein-
teilt: (a) Einer Frau erscheint im kappadoz. den zu verbreiten, In Ru@land fand die A.
Kamulia in einem Brunnen das trockene als fiirstl. Palladium friihe Verbreitung. Die
Bild Christi, das an ihrem Gewand einen Vorstellung von der zweiten Inkarnation
Abdruck hinterlaBt. Diese Kamulianum ge- Christi in der A. machte es méglich, auch
nannte A. kam 574 nach Konstantinopel. andere Darstellungen Christi zu erweitern
Jiingere Legenden berichten von solchen u. gedanklich zu vertiefen. Auf der anderen
Acheiropoietoi, die zu Kollektenzwecken Seite stieB die typisch byz.,,polit. Christolo-
vor allem in die von den Persern bedrohten gie“ der A. auf den wiederholten Wider-
Grénzgebiete Kleinasiens geschickt wurden. stand nonkonformist. Bewegungen, so der
Deshalb wurde das Kamulianum im 6. u. 7. Bogomilen (— unter Haresie).
Jh. dem byz. Heer oft als Reichspalladium 4. Im byz.-slav. Kirchenjahr wird der A.
vorangetragen. — (b) Der zweite Typ wird Christi am 16. Aug., des Kamulianums am
mit der Person Christi selbst in Zusammen- 15. Mai u. am 9. Aug. gedacht. - Taf. 11.
hang gebracht. Unter dem Eindruck der Be-
lagerung Edessas durch die Perser 544 ent- Lit: E. v. Dobschiitz, Christusbilder, Leipzig 1899;
R. Délling, Byzantin. aus der Kunst des 16. Sh.
stand die Legende von der Vision des Bi- Ausder byz. Arbeit der DDR2, 1957, 163-175; A.
schofs von dem vergessenen Standort der Grabar, La Sainte Face de Laon, Paris 1931; ders.,
A. Christi in der Stadtmauer, wosie auf ei- Tconoclasme, 20 f., 32 £.; Rothemund, 205; I. B. Se-
gal, Edessa, The ,,Blessed City“, Oxford - Lon-
nem Deckziegel einen Abdruck hinterlieB,
don 1970; Weitzmann, 94-98; K. Gamber, Byz.
das Keramidium (grch. keramidion, ‘Zie- Nachbildungen des hi. Sidon, Der Fels 13, 1982,
gel’). Dieser Abdruck geht auf ein Bildnis 256-259; LChI 1, 18-19; LdK 1(1987), 26, RBK 1,
zuriick, das ein Gesandter des kranken 22-28. —S. auch Lit. zu Bild.
edessen. Fiirsten Abgar Ukkama (9-46) von
Christus gemalt haben soll. Bei dieser Gele- Achttonzyklus —> unter Oktoechos
18
Advent
Achtyrskaja —> unter Gottesmutterbilder te des A.-Buches, Denkschr. Wiener AdW 42,
1893; A. Mazure, A. u. E. Le Théme d’A. et E.
dans "Art, Paris 1967; H. Kaiser-Minn, Die Er-
Adam und Eva(hebr. adam, ‘Mensch[heit]’; schaffung des Menschenauf den spitantiken Mo-
hebr. eva, ‘die das Leben schenkt’). Die numenten des 3. und 4. Jh., Mister 1981; LChI 1,
Stammeltern der Menschheit (1. Mose 1-3) patie LdK1(1987), 34-35, RBK 1, 40-54; LexMA
, 115-116.
haben iiber die bibl. Berichte hinaus die
theolog. Spekulation seit alters beschiiftigt.
Adler > unter Bischofsinsignien
Die zahlreichen apokryphen Erzahlungen
(- auch Apokryphen) von A. u. E. haben
in der christl. Kunst ihren Niederschlag ge- Adorant —> unter Orans
funden. Abgesehen von A.-u.-E,-Zyklen in
der Miniatur- u. Monumentalmalerei, sind adoratio crucis > Kreuzanbetung
es vor allem 4 Themenkreise, die auch in
der Ikonenmalerei anzutreffen sind. Ihnen Advent (lat. adventus, m.), 1. die Ankunft
liegen heilsgeschichtl. (soteriolog.} Vorstel- (gtch. epidemia) eines Gottesbildes an sei-
lungen zugrunde (Christus als zweiter nem Kultort.
Adam, Maria als zweite Eva), die zu immer 2. Im christl. Sprachgebrauch bedeutet A.
neuen Bildkombinationen, bes. in der russ. sowohl die Erscheinung (> Epiphanie)
Malerei des 16.-18.Jh., fihrten. AuBerdem Christi auf Erden (vgl. 2. Tim. 1, 10; Tit. 2,
bieten die Hymnen der OstkircheeineFille 11) wie als Richter zum Jiingsten > Ge-
von Vorlagen fiir Darstellungen in der ticht, d. h. zu seiner Parusia (grch., ‘Wieder-
Kunst, vor allem die von Karfreitag, Ostern, kunft’; vgl. Matth. 24, 3; 1. Kor. 1, 8; 2.
des Advents u. der Geburt Christi sowie Thess. 2, 8; 2. Petr. 1, 16). Als Vorberei-
von Epiphanie. tungszeit auf das Fest der Geburt Christi (>
Es lassen sich folgende Hauptthemen auf- auch Kirchenjahr) ist die Bezeichnung A.
zahlen: (1) Der Siindenfall der Stammeltern im Westen seit dem 8/9. Jh. gelaufig,
wurde schon im sog. Taufraum von Dura wahrend sie im Osten unbekannt blieb.
Europos (um 230) dargestellt (A. u. E. als Dort wurden etwa seit dem 6. Jh. dem 25.
Akte mit Lebensbaum u. Schlange, Christus Dez. mehrere Sonntage vorgeschaltet in
als Guter — Hirte). — (2) Die Erlésung von Verbindung mit einer vierzigtitigen — Fa-
A. u. E.findet ihre wichtigste Darstellung in stenzeit. Diese beginnt heute am 15. Nov.
der Auferstehung Christi (Hdllenfahrt), wo als sog. ,,Philippsfasten“. Schon die Hym-
der Auferstandene den Protoplasten (grch., nen zum —> Tempelgang der Gottesmutter
‘der Erstgeformte’) aus dem Grabe zieht, am 21. Nov. enthalten zahlreiche Hinweise
wahrend er von Eva angebetet wird. — (3) auf Christi Geburt. Am 20. Dez. findet eine
Im Enddrama der Menschheit, im Jiingsten Vorfeier (grch. proheortion, russ. pred-
— Gericht, knien beide vor der Deesis prazdnsivo) statt, die mit einem eigenen
(Christus mit der Gottesmutter u. Johannes Vorfesthymnus (grch. idiomelon proheorti-
dem Taufer) bzw. der Hetoimasia, dem on, — unter Stichera) u. Kanon ausgestattet
Thron des Weltenrichters. — (4) Das Motiv ist. Innerhalb des Wochenzyklus (= Okto-
des Schadels des Stammvaters im Golga- echos) werden 2 Sonntage vorgeschaltet:
thahiigel (> auch Kreuz, — Apokryphen, der Sonntag der Vorvater (grch. kyriake ton
— Kreuzigung)ist bereits im 6. Jh. anzutref- propateron; russ. nedelja praotcov) Abra-
fen; es hingt wahrscheinlich mit der ham, Isaak u. Jakob sowie der Sonntag der
Adamskapelle beim HI. Grabe in Jerusalem Viiter (grch. kyriake ton pateron; russ. ne-
zusammen (— auch Kirchenbau). — Taf. 1. delja otcov) seit Adam (— Adam und Eva)
Text: s. Anhang Nr. 21, 5. u. den Propheten des AT, die Christi Ge-
burt geweissagt haben. In Ru@land fand an
Lit; C. Bezold, Die Schatzhéhle, Leipzig 1883; einem dieser Sonntage die ,,Ofenhandlung*
Dassmann, 232-258 (Siindenfall); A. Dillmann, statt (> Drei Jiinglinge im Feuerofen). —
Das christl. A.-Buch des Morgenlandes, Géttin- Die Vorstellung vom ersten und zweiten A.
gen 1853; S. Esche, A. u. E. Siindenfall u. Erlé-
sung, Diisseldorf 1957; J. Flemming, Die Ikono-
Christi bestimmtnicht nur die Heortologie,
graphie von A. u. E. yom 3. bis 13. Jh., Philosoph. sondern auch die Ikonographie der groBen
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19
Aer
Lit: B. Botte, E. Mélia u. a., Noél, Epiphanie, Re- Kirchendichtung u. Kirchenmusik. Es han-
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turgie im Licht ihrer geschichtl. Entwicklung,
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deren erste Buchstaben das grch. Alphabet
273-276; J. A. Jungmann, Gewordene Liturgie, ergeben (alphabet. Akrostichis).
Innsbruck 1941, 232-294, Kellner, 119-123; Malt- 1. Der A. wird als eigene Akoluthia am
zew> 1, 326, 560 f., 566 £.; Nilles 1, 329, 357,f,; 2, Samstag der fiinften Fastenwoche (— Fa-
535-543; Th. Spasskij, Les Paques de Noél. Etude stenzeiten) gehalten. In der Eingangsstro-
sur l’avant-féte de Noél dansle rite byzantin, Iré-
nikon 30, 1957, 289-306. phe wird die Gottesmutter als siegreiche
Feldherrin gefeiert. Die Strophen 1-12
Aer > Decken,liturgische (Verkiindigung der Gottesmutter bis Dar-
stellung Jesu im Tempel) heifSen auch,,hi-
stor. Teil“, die Strophen 13-24 ,,myst. od.
Agape(grch. agape, f., ‘Liebe’), in der Alten dogmat,Teil“, weil in innen die Mariologie
Kirche von der Gemeinde begangenes Lie- entwickelt wird. Der Gesamtaufbau des A.
besmahl, bei dem ihre Armen gespeist wur- ist kunstvoll u. kompliziert: So werden den
den. In der Urgemeinde war das Abend- geradzahligen Strophen ein Halleluja, den
mahl zugleich eine A. Mit Paulus begin- ungeradzahligen GruBformeln (grch. chaire-
nend, kam es zur Unterscheidungu. schlieB- tismoi; lat. salutationes) mit mariolog. Pridi-
lich zur Trennung beider Veranstaltungen. katen (> auch Akklamationen) zugefiigt,
Wahrend sich das Abendmahl zur Euchari- welche die Gottesmutter als Miterléserin
sti (> auch Liturgie) entwickelte, wurden feiern. Bewunderungswiirdig ist die Verar-
die A.n reine Sattigungsmahlzeiten. Sie beitung dogmatischer, epischer, drama-
wurden in der Kirche von der Gemeinde tischer u. lyr. Aussageweisen zu einem poet.
veranstaltet u. vom Bischof od. Priester un- Ganzen.DerA.tragt die Ziige eines der un-
ter Assistenz des Diakonsgeleitet. Zu ihnen mittelbaren Frémmigkeit entstammenden
wurden Witwen u. Arme geladen. Die A.n Lobliedes (> Panegyrikos), das unter dem
wurden von Gebeten, Segnungen u. geistl. Eindruck des Ansturms verschiedener V6l-
Unterhaltungen (auch Hymnengesang zur ker (Perser, Avaren, Slaven, Araber) auf
Harfe ist bekannt) begleitet. Die Synode die Hauptstadt entstanden ist. Als seine
von 692 (Quinisextum, Trullanum) verbot, Verfasser galten bisher die Patriarchen Ser-
die A. in der Kirche zu feiern. In der Zeit gios (610-683) u. Germanos (715-730), heu-
der Alten Kirche bildeten die A.n ein wich- te im allgemeinen der groBe Melode Roma-
tiges geistl. u. soziales Element im Gemein- nos(gest. um 560). Der Verfasser tiberblick-
deleben. Wie die oriental. Hauptmahizeiten te die altkirchl. Dogmengeschichte u. be-
fanden sie am spiten Abend (> auch nutzte neben den Hymnen vor allem zur
Abendgottesdienst) statt u. dauerten bis Verkiindigung der Gottesmutter u. der Dar-
zum Morgengrauen. — Ob es Darstellungen steliung Jesu im Tempel auch Apokryphen
der A.in der frihchristl. Kunst gegeben hat, des NT. Auf die westl. Mariendichtung hat
ist bis heute umstritten, da es sich bei derar- der A. wahrscheinlich tiber das Kloster St.
tigen Darstellungen auch um solche des Gallen eingewirkt. Nach dem Vorbild des
Abendmahls od. von Totenmahlern(lat. re- klass. A. sind spdter auch andere A.oi ge-
frigeria, — auch Katakomben) gehandelt dichtet worden, z. B. der A.,,auf den siiBe-
haben kann, sten Jesus“ (russ. akafist Jisusu sladSajsemu)
od, auf den hl. Nikolaus den Wundertiter
Lit: Beck, 243 £.; A. Hamman, Vie Liturgique et
Vie Sociale, Paris 1968, Handbuch, Reg.: A.; (> Heiligenverehrung).
Hanssens, Nr. 480-540; Lietzmann, 197-210; K. 2. Der A. erscheint in der bildenden Kunst
Volker, Mysterium u. A., Gotha 1927; LChI 3, erst seit dem 14, Jh. u. breitet sich vom Bal-
128-136 (Mahl, Gastmahl). kan nach RuBland aus. In der Ikonenmale-
tei werden die Strophen auf Randbildern
Agnus Dei -» Lamm Gottes dargestellt. Der ,,dogmat. Teil regte dabei
zu komplizierten Kompositionen der ost-
Akathist (grch. akathistos hymnos; russ. kirchl. Mariologie an. In der Nachfolge ei-
akafist, m., ‘nicht sitzend zu singen’), um- ner byz. ,,polit. Mariologie“ boten die Dar-
fangreicher Gottesmutterhymnus der byz. stellungen des A. Gelegenheit, hervor-
20
Akoluthia
ragende nationale Ereignisse mit ihm zu wickelten sich komplizierte hymnenartige
verbinden. Aven. In der Hagia Sophia wurden sie vom
Text: s. Anhang Nr. 2. Chor gesungen,bei bestimmten Zeremoni-
en (z. B, dem Polychronion) von der Orgel
Lit: S. S. Averincev, Poétika Rannevizantijskoj begleitet. Bei 6ffentl. Aufzigen des Kaisers
Literatury, Moskau 1977, 231-236; ders. Tradicija benutzten die Zirkusparteien (Demen) klei-
Greteskoj ,Dialektiki‘ i Vozniknovenie Rifmy, ne Handorgeln. A.en galten als standig zu
Kontekst, Moskau 1977, 81-99; Beck, Reg.: A.; R.
A. Fletcher, The Early Byzantine Hymns and wiederholende Bestatigung der ,,Apostel-
their Place in the Liturgy of the Church of Con- gieichheit“ (Isapostolat) des Kaisers durch
stantinople, ByZ 51, 1958, 53-65; V. D. Lichateva, das Volk.
The Illumination of the Akathistos Hymn, DOP 2. Der Gestus derA.ist oft in der bildenden
26, 1972, 253-262; G. G. Meerssemann, Der Hym-
nus A, im Abendland,Specilegium Friburgense 2, Kunst dargestellt worden.
1958; 3, 1960; J. Myslivec, Ikonografie Akathistu Text: s. Anhang Nr.3.
Panny Maria, SK 5, 1932, 97-130; Pokrovskij,
Reg.: 4.; T. Velmans, UneIllustration inédite de Lit: G. Delling, Der Gottesdienst im NT, Berlin
VA. et l’Iconographie des Hymnes Litrugiques &
Byzance, CAr 22, 1972, 131-165, E. Wellesz, The’ J A.1952,Handbuch,
Reg.: A.; Eisenhofer, 240-265; Fendt, Reg.:
Reg.: A.; Hanssens, Nr. 1184 bis
»A.*. A Study in Byzantine Hymnography, DOP 1190; E. H. Kantorowicz, Laudes Regiae. A Study
9-10, 1956, 141-174; ders. The Akathistos Hymn, in Liturgical A.s and Mediaeval Ruler Worships,
Kopenhagen 1957 (= MMB, Transcr. VIII); Aka- Berkeley — Los Angeles 1946 (19582), B. Opfer-
thistos. Hymnen der Ostkirche. Hg. u. mit Be- mann, Die liturg. Herrscher-A.en im Sacrum Im-
gleittexten von H. Goltz, Leipzig 1988; A. Filonov perium des MA, Weimar 1953; E. Peterson, Heis
Gove, The Slavic A. Hymn. Poetic Elements of Theos, Gottingen 1926, H. J. W. Tillyard, The A.
the Byz. Text and its Old Church Slavonic Trans- of Emperors in Byzantine Ritual, Annual of Bri-
lation, 1988; LChI 1, 86-89; LexMa 1, 250. tish School at Athens 18, 1911/12, 239-260, O.
Treitinger, Die ostrém. Kaiser- u. Reichsidee
nach ihrer Gestaltung im héf. Zeremoniell, Bad
Akklamation (lat. acclamatio, f.; grch. eu- Homburg v. d. Héhe 1969, Reg.: A.; A. Kniazeff,
phemia, f.; russ. vozglasenie, n.), ein kiirze- Les Acclamations dansla liturgie byz., Gestes et
rer od. langerer, rhythmisch vorgetragener Paroles dans les divers Familles Liturgiques, Ro-
ma 1978, 135-152; J. Handschin, Das Zeremonien-
u. st&ndig wiederholter Zuruf antiker werk Kaiser Konstantins u. die sangbare Dich-
Volksmassen an einen Gott, einen Herr- tung, Basel 1941; LChI 1, 90-91; LexMA1, 251 bis
scher od. dessen hohe Beamte sowie andere 252.
hervorragende Menschen. ,,Negative* A.en
wurden bei der Absetzung dieser Personen Akoluthia (grch. akoluthia, £, ‘Abfolge’,
als Fluchformeln verwendet. Die A. besa ‘Ubereinstimmung’, ‘Ordnung’; russ. posle-
jnsofern Rechtscharakter, als die irrational dovanie, n., cin, m.), eine durch Tradition u.
vorgestellte ,,Macht“ der sonst_,,stimmlo- Kirchenrecht festgelegte Ordnung aller
sen“ Masse die Herrschaft bestatigte. gottesdienstl. Handiungen. Der nicht genau
1. Im ganzen Orient (einschlieBlich Israel) fixierbare Begriff entspricht etwa dem des
bekannt, wurden A.en in den rém. u. byz. Offiziums(lat. officium, ‘Dienst’, ‘Amt’) der
Kaiserkult tibernommen. Die Kirche wand- kath. Kirche. Wahrend bei dieser die Kon-
te sie schon friih auf den Kyrios (grch., trolle der zentralen Behérde des HI. Offizi-
Herr’) Christus an (vgl. Phil. 2, 11; Offb. 1, ums u. der Ritenkongregation untersteht,
4-6; 5, 9.12; 7, 12; 19, 2.5). Spater wurde die wacht tiber die Einhaltung der A. in der
A. durch das Kirchenvolk bei der Wahlei- Ostkirche an erster Stelle der Bischof.
nes Bischofs (— auch Cheirotonie) zum Die wichtigsten Spezialakoluthien sind: (1)
notwendigen Rechtsakt. Spontane A.en wa- die A. des — Akathist; - (2) die A. der
ren iiblich bei der Predigt (> Homilie) u. GroBen — Horen; — (3) die A. der FuBwa-
fanden schlie@lich in verschiedensten For- schung; — (4) die A. der hl. Leiden (grch.
men (> Amen, > Doxologie, — Halleluja, akoluthia ton hagion pathon; russ. posledo-
— Kyrie eleison, > Trishagion) in der Li- vanie svjatych strastej) wahrend der Nacht-
turgie ihren Platz. Mariologische A.en sind wache des Karfreitags mit den 12 Leidens-
im Gottesmutterhymnus (> Akathist) u. evangelien (in Verbindung mit den 15 Anti-
zahlreichen Liedern an die Gottesmutter phona), die auf die Andachten an den Lei-
(> Theotokion) anzutreffen, im Westen in densstationen in Jerusalem zuriickgehen.
den Laudesregiae. Im byz. Kaiserkult ent- Dieses Offizium hat folgenden Aufbau:
21
Akrostichis
(a) Kleine Kollekte (— Ektenie) tes Brot mit dem Bild des Kreuzes od. der
Gebet an die Gottesmutter Auferstehung Christi (auch Panhagia ge-
Ekphonesedes Priesters nannt) wird wahrend der Oktay nach
Joh.13, 31-18, 1 Osternverteilt; — (7) die A. der hl. u. groBen.
1., 2., 3. Antiphon mit 2 Gottesmutter- Woche, sie enthilt in einem eigenen, dem
liedern (> Theotokion) kath. Passionale entsprechenden Buch
(b) Wie oben a: Kleine Ektenie, Gebet, (uss. strastnik, m.) die Gottesdienste der
Poetisches Kathisma Karwoche; - (8) die A. der Typika (grch.
Joh. 18, 1-28 akoluthia ton typikon; russ. cin izobrazi-
4.,5., 6. Antiphon mit Theotokien te?’nych), ein allen anderen Konfessionen
(c) Wie oben a unbekannter Gottesdienst, dessen Ge-
Poetisches Kathisma schichte noch ungeklartist. Mit den Ps. 103
Matth. 26, 57-75 u. 146 sowie den Seligpreisungen wird er an
7.,8., 9. Antiphon mit Theotokien den Tagen ohneLiturgie gehalten.
{d) Wie oben a SchlieBlich werden unter A. auch Ausziige
Poetisches Kathisma von Heiligenviten u. Hymnen aus dem Me-
Joh, 18, 28 — 19, 16 naion u. dem Synaxarion verstanden. Ganz
10., 11., 12. Antiphon mit Theotokien allgemein bedeutet A, das Ordnungsprinzip
{e) Wie obena derorth. Gottesdienste, das ihre Aufbauele-
Poetisches Kathisma mente bestimmt.
Matth. 27, 3-32
13., 14., 15. Antiphon mit Theotokien Lit. Beck, 252; Goar, 27, Nr. 63; 107, Nr. 69; 158;
Hanssens, Nr. 186-195; 1460-1462; La Priére!,
(f) Wie oben a ° 189-206; 2, 286-288; Nilles, Reg.: A.; L. Petit, Bi-
Poetisches Kathisma bliographie des Acoluthies Grécques, Briissel
Mark.15, 16-32 1926.
Seligpreisungen mit eingeschalteten
Troparien. Akrostichis, Akrostichon (grch. akrostichis,
(g) Wie obena f., akrostichon, n., ‘Versspitze’; russ. kraest-
ProkeimenonausPs. 22, 19 u. 22, 2 rocie, n.), in der oriental. Geheimliteratur
Matth. 27, 33-54 Versanfange von Gedichten, die Worte, Na-
Ps. 51 men od. das Alphabet (Alphabet-A.) erge-
{h) Luk. 23, 32-49 ben (im AT z. B. Ps. 9; 10; 25; Klagelieder).
Triodion des Johannes Monachos(Jo- Die Apostol. Konstitutionen (> Kirchen-
hannes von Damaskus) recht) u. einige Kirchenviter verstanden un-
Kleine Ektenie ter A. ein gleichbleibendes Antiphon des
Exaposteilarion (eigener, Triodion od. Psalmengesanges. Besondere Bedeutunger-
KanonabschlieBender Kurzvers) hielt die A. als Vorsatzstrophe in der byz.
(i) Joh. 19, 25-37 Kirchendichtung, zunachst beim Kontakion
Laudes u. spaiter beim Kanon, um hier schlieBlich in
(j) Mark.15, 43-47 Gedanken- u, Wortspielereien auszuarten.
Kleine Doxologie Mit Hilfe der Namen-A. konnte eine Reihe
(k) Joh. 19, 38-42 von Meloden identifiziert werden. Die A.
Spezialhymnen (Idiomelen, > unter begegnet auch im westl. u. protestant. Kir-
Stichera) chenlied (z. B. ,,Befiehl du deine Wege“). —
(1) Matth. 27, 62-66 Unabhingig vom Zusammenhang der A.
Trishagion mit einem Gedicht war sie als Chiffre be-
Vaterunser reits im alten Christentum bekannt, z. B. auf
Entlassung Grabdenkmilern. Eine der dltesten A. die-
— (5) die A. des abendl. Brotbrechens mit 5 ser Art ist Ichthys (— Fisch).
Broten, je einem GefaB mit Wein, Ol u.
Weizen, als einfache Erquickung wahrend Lit: Anthologia Graeca, XVII; F. Dornseiff, Das
Alphabet in Mystik u. Magie, Leipzig - Berlin
der Nachtwache; - (6) die A. des Tisches 19252; Ch. Hannuck, Die A. in der kirchenslav.li-
(grch. akoluthia tes trapezes; russ. posledo- turg. Dichtung, WieSiavJb 18, 1973, 151-162;
vanie artosa [= A. des Brotes]): Ein geweih- Krambacher, Die A. in der grch. Kirchenpoesie,
22
Allegorie
Sb, d. Bayer. AdW 1903, 4, 551-691; W. Weyck, Allegorie (grch. alle agoreuein, ‘etwas durch
Die A. in der byz. Kanonesdichtung, ByZ 17, ein anderes ausdriicken’), eine abstrakte,
1908, 1-69; LexMA 1, 255-257.
unanschaul. Vorstellung in Literatur u.
Kunst durch eine konkret-anschauliche wie-
Akt (lat. actus, m.), Darstellung des nackten dergeben (z. B. Tugenden, Laster, Lebens-
(bzw. wenig bekleideten) menschl. Kérpers. alter, Jahreszeiten durch Personifikationen).
A.-Darstellungen gibt es seit den Anfangen 1. In der Alteren Forschung noch nicht
der bildenden Kunst. Einen ersten Héhe- scharf vom Symbol unterschieden, erkennt
punkterreichten sie in der archaischen u. man heute wichtige Unterschiede zwischen
klass. Kunst Griechenlands. In der frith- beiden Begriffen: (a) Die A.ist kein ,,Zei-
christ]. Kunst hat der A., trotz der negativen chen“ im strengen Sinn, sondern ein Vor-
Beurteilung der Nacktheit des Menschen im stellungskomplex. — (b) Sie beruht nicht auf
allgemeinen (vgl. Offb. 3, 18), eine nicht ge- einem gesellschaftl, Konsensus, sondern
tinge Rolle gespielt. Theologische Motiva- wird von einer (oft institutionalisierten)
tionen bedingen die Darstellung der Nackt- »Spezialistengruppe“ (Theologen, Philoso-
heit von Adam u. Eva, wosie einerseits den phen) geschaffen u. gedeutet. Damit besitzt
paradies. Urzustand der Stammeltern (vgl. die A. exklusiv-elitare Ziige, da sie nicht un-
1. Mose 2, 25), andererseits das Sich-Scha- bedingt auf Allgemeinverstindlichkeit an-
men nach dem Siindenfall (1. Mose, 3, 7) gelegt ist.
versinnbildlicht. Als Zeichen der Erniedri- Die Geschichte der A. setzt im 6. Jh. v. Chr.
gung, der duSersten Verlassenheit u. des als Deutungsmethode (Hermeneutik) der
Ausgeliefertseins an die Damonen ist die Schriften Homers in Entgegnung auf seine
Nacktheit des gekreuzigten Christus (> Diskriminierung durch die Vorsokratiker
Kreuzigung Christi) zu verstehen. Ahnliche ein. Die ,,atlegor. Romanze“ (,,Amor u.
Vorstellungen liegen auch der Darstellung Psyche* von Apuleius) u. die Allegorese
der Verdammten beim Jiingsten — Gericht der Mythen beeinfluBten frith die antike
zugrunde. Asketische Motive reflektiert die Malerei. Die Gitter-, Heroen- u. Herrscher-
A.-Darstellung einiger Heiliger (= Heili- A.fandihren Platz in rhetor. Gattungen wie
genverehrung, > Heiligenbilder), wie z. B. Enkomion u. Panegyrikos (— auch Topik).
Maria von Agypten, Makarios, Onuphrios, Von besonderer Wichtigkeit fiir die christl.
Petros vom Athos. Literatur u. Kunst wurde die alexandrin.
Schule, die in jedem Text ein Erkenntnisob-
Lit: K. Clark, Das Nackte in der Kunst, KéIn jekt eigener Art sah, dessen_,,universales
1958; J. Festugiére, Urspriinge christl. Frémmig- Sachwissen“ (E. R. Curtius) durch allegor.
keit, Freiburg — Basel — Wien 1963, 58-90, B.
Haendke, Der unbekleidete Menschin der christl. Deutung zu erschlieBen sei. Im NT findet
Kunst, Stra8burg 1910; P. Nagel, Die Motivierung sich grch. allegoreuein nur Gal. 4, 24; dage-
der Askese in der Alten Kirche u. der Ursprung gen der Begriff typos (grch., ‘Bild’, ‘Mu-
des Ménchtums, Berlin 1966, 91-94; J. Weitzmann ster’) an mehreren Stellen (R6ém. 5, 14; 1.
— Fiedler, Die A.-Darstellungen in der Malerei
vom Ausgang der Antike bis zum Ende des ro- Kor. 10, 6, 11; 1. Petr. 3, 21). Im Gegensatz
man. Stils, StraBburg 1934; LChI 3, 308-309 zur horizont- u. zeitlosen Allegorese eines
(Nacktheit); LdK 1 (1987), 82-84. Philo von Alexandrien arbeitet die Typolo-
gie mit der Kategorie der Zeit, indem sie
Aleksandr Nevskij — unter Heiligenvereh- Personen u. Ereignisse des AT in Christus
rung, —> auch Heiligenbilder ihre Erfiillung finden laBt. Diese Typologie
auf Christus wurde von den Kirchenvatern
weiterentwickelt, wobei es nicht selten zu
Aleksij — unter Heiligenverehrung, — auch
Anndherungen zwischen dieser u. der A.
Heiligenbilder
kam. Bedeutsam fiir die byz. Epoche wurde
die Mystagogie der Kommentare zur Litur-
Alexios der Gottesmensch — unter Heili- gie u. zum Kirchenbau.
genverehrung, > auch Heiligenbilder 2. Aus der Spannung zwischen A. u. Typo-
logie heraus ist es zu verstehen, daB die alt-
aliturgische Tage — unter Liturgie der vor- kirchl. u. klassisch-byz. Kunst in der Ver-
geweihten Gaben wendung der ersteren zuriickhaltend ver-
23
Allerhalter
fuhr. Es gab allegor. Figuren wie z. B. die 2. Die Bezeichnung trapeza macht deutlich,
Personifikation der Nacht als Frau, des daB die frihe Christenheit zunachst den
Morgens als Knabe, der Erde u. Wiiste als profanen Tisch fiir die Feier der Eucharistie
weibl. Akte od. im Bereich der Topik den benutzte, ihn aber bald durch bestimmte
»Kindgreis* bei den Christusbildern. Erst in Wiirdebezeichnungen vom profanen Mébel
der nachbyz. Zeit, vor allem in der russ. abhob(,,Tisch des Herrn“, z. B. 1. Kor. 10,
Tkonenmalerei, aber auch in der Monumen- 21). Sie wurden im Zusammenhang mit der
talmalerei des 16. u. 17. Jh., kam es zu kom- Entwicklung der Liturgie noch gesteigert
plizierten Kompositionen mit allegorischem (,hL Tisch“, ,myst. u. geistiger Tisch“,
u. allegorisch-didakt. Inhalt, die auf cine »Schauererweckender u. géttl. Tisch“). Da-
entsprechende Hermeneutik der byz.-slav. mit war die Sakralisierung des Tisches
Kirchendichtungreflektierten. Auf sie trifft (wahrscheinlich von Syrien u. Antiochien
die oben (Pkt. 1) skizzierte Charakteristik ausgehend) als A. abgeschlossen. Der hél-
zu. Die A. u. Allegorese dieser Spatzeit zerne A. wurde vom steinernen abgelést. Er
stieB bezeichnenderweise auf die scharfe durfte in der Alten Kirche nur mit den hl.
Kritik nonkonformist. Kreise. Gaben, dem Evangelium u.bis etwa zum 11.
Jh. mit einem der liturg. — Biicher belegt
Lit: R. Bultmann, Ursprung u. Sinn der Typolo- werden. Die Ausstattung mit Kerzen, Lam-
gie als hermeneut. Methode, ThLZ 75, 1950, 205
bis 212; H. Dérries, Spatantike Symbolik u. Alle-
pen (— unter Licht) u. Kreuz war urspriing-
gorese, Friihmittelalterl. Studien 3, Berlin 1969, 1 lich verboten.
bis 12; R. Hinks, Myth and’ Allegory, London 3. Der Stein-A. besteht aus der Basisplatte
19552; J. Pépin, Mythe et Allégorie, Paris 1958; T. (iat. crepido) mit einer od. mehreren Stiit-
Rosemond, Allegorical Interpretation, Princeton
1966, LChI 1, 97-100; LexMA 1, 420-427, LdK
zen(lat. stipes), auf denen die A.-Platte (lat.
1(1987), 108-110. - S. auch Lit. zu Symbol. mensa) lag. Neben dieser Tischform des A.s
gab es den hochgemauerten bzw. aus einem
Allerhalter —» unter Christusbilder Marmorblock bestehenden Biock-A. Beim
Kasten-A.trugen 4 hochgestellte Platten die
Mensa. Diese Form war tiblich tiber den
Aller Leidenden Freude — unter Gottes-
Graébern der Martyrer (vgl. Offb. 6, 9, >
mutterbilder
auch Martyrion, ~ Memoria). Die vordere
Langsplatte besa® ein ,,Fensterchen“ (lat.
Allerléser > unter Christusbilder fenestella), durch das mit dem Brandeum
das Martyrergrab beriihrt werden konnte
Allgegenwartiger — unter Christusbilder {- auch Confessio). Die Aufbewahrung der
Reliquien in einer Lade (lat. loculus) auf
Altar (vonlat. altare, n., altaria, n. plur.), ei- der Oberflache od. an der Vorderseite des
ne in allen Hochreligionen bekannte erhéh- Block-A:sist seit dem 4. Jh. im Orient be-
te Opferstiitte, die fiir nur diesen Zweck re- kannt u. wurde in Rom im 6. Jh. allgemein
serviertu. geschiitztist. liblich. In Byzanz wurdeseit dem 12. Sh. die
1. In bewuBter Unterscheidung zur antiken Aufbewahrung der Reliquien in einer Lade
Brandopferstatte (lat. ara) bevorzugte unter der Mensa vorgeschrieben. — Entspre-
schon die Alte Kirche die Bezeichnungen chend dem antiken Tisch hatte die A.-Platte
trapeza (grch., ‘Tisch’) od. thysiasterion (in verschiedene Formen (rechteckig, rund,
Anlehnung an den Brandopfer-A. im AT). kreis- u. sigmaférmig), Um das Abgleiten
Beide Bezeichnungen sind noch heute in der hl. Gaben u. der Altargeriite zu verhin-
der orth. Kirche wblich (russ. prestol, dern, besa sie wie der profane Tisch einen
‘Thron’, od. trapeza [altay, oltaf bezeichnet erhéhten Rand, der aber mit dem Aufkom-
den A.-Raum]). Die Vorbereitung der hl. men der Altardecken seit dem 4. Jh. ver-
Gabenfiir die Eucharistic in der Vormesse schwand. Als Material fiir den A. wurden
(> Prothesis) machteinen eigenen Riist.-A. Holz, Stein, Marmorz. Edelmetalle verwen-
notwendig (russ. prediozenie; Zertvennik), det. Heuteist Naturstein Vorschrift. Der sa-
der sich in einem Nebenraum (— auch Kir- kralen Wirde des A.s entspricht seine
chenbau) befindet; beide werden ebenfalls Uberdachung durch ein Ciborium. A. u.
Prothesis genannt. Klerus wurden zunadchst durch die Chor-
24
schranken, die Cancelli, im byz. Bereich
spater durch die Bilderwand von den Laien
getrennt bzw. diesen unsichtbar gemacht
(letzteres ist im rém. Ritus verboten, s. auch
Pkt.5).
4, Die Weihe des A.s ist seit dem 4. Jh. be-
kannt. Mit dem 6. Jh. gehGren zu ihr die De-
ponierung von Reliquien u. die Feier der Li-
turgie (> auch Kirchenweihe). Die Weihe
machte den A. zum Asyl.
5, Als Statte der Eucharistie, des unbiutigen.
Opfers Christi, u. wegen des grundsitzl. Un-
terschiedes zum A.vieler nichtchristl. Reli-
gionen muBte der A. in der Alten Kirche so
aufgestellt werden, daB er von der Gemein-
de gesehen werden konnte. Manche Altire
standen dicht an der Ostwand, andere wa-
ren, oft mit der erhéhten Plattform, dem
Bema, bis zur Mitte des Mittelschiffs der
Basilika vorgeriickt, wihrend der hélzerne
Tisch-A.transportabel war. Im byz. Bereich
setzte sich als Standort die Grundlinie des
durch die Apsis beschriebenen Halbkreises Altar
durch, Im Unterschied zur kath. Kirche darf
in einer orth. nur ein A. aufgestellt werden. Der Riistaltar und seine Gerate (— Altar-
Als Ersatz fiir ihn kann das Antimensium gerate) (unten)
(> unter Altardecken) auf jede beliebige 1 Lanze - 2 Prosphore, Lamm,Siegel [1] -
Unterlage gelegt werden. 3 Leuchter — 4 Ikone der Geburt Christi -
6. Aus den zahlreichen Darstellungen des 5 Stern - 6 Patene — 7 Schwamm - 8 Kelch —
Assin derfrithchristl. u. byz. Kunst kann die 9 Léffel — 10 Antimensium (— unter Altar-
Forschung erkennen, wie sich Formen u. decken) — 11 Reinigungstitcher — 12 Tablett
Aufbau im Verlaufe seiner Geschichte ge- — 13 Kannchen - 14 Handtuch - 15 Liturgi-
wandelt haben. Als die dlteste Wiedergabe, sche Decken.
Altardecken
in Gestalt eines DreifuBes, diirfte ein Bild in Glaubigen mit diesem auseinandergefaltet.
der Calixt-Katakombe in Rom gelten. Da- Auf das Antimensium diirfen nur Kelch u.
bei wird es sich, wie auch in anderen Fallen, Patene gestellt werden. In den Ecken mit
wohl um einen Gaben-(Oblations-) Tisch eingenahten Religien versehen, mu das
gehandelt haben. Die dem A. beigegebenen Tuch von dem fiir die Kirchenweihe zustin-
Wisdebezeichnungen(s. Pkt. 2) schufen die digen Bischof geweiht werden. Es ist fiir
Voraussetzung fiir einen breiten Deutungs- den Vollzug der Liturgie unabdingbar u.
bereich des Symbols u. der Allegorie, die kann auf jede beliebige Unterlage gelegt
ihren Héhepunkt in der mittel- bis spatbyz. werden, sofern diese nicht profanierend
Mystagogie erreichten. - Abb. wirkt. Um 700 berichtet eine Quelle von ei-
nem geweihten Tuch, das in der geschilder-
Lit: Braun, A.; F. J. Délger, Die Heiligkeit des ten Weise als Altardecke diente. Bis ins 14,
As u. ihre Begriindung im christl. Altertum, AuC Jh. waren auch Antimensien aus Holz in
2, 1930, 161-183; Eisenhofer 1, 282-288; E. Golu- Gebrauch. — (5) Erst in nachbyz. Zeit ent-
binskij, Istorija Russkoj Cerkvi 1, 2.1, Moskau
1904, 166 ff.; Handbuch, Reg.: A.; Jungmann, wickelte sich die Stickerei der Grablegung
Reg.: A.; H. Kliehm, Die bildl. Darst. des A.s im aus dem — Epitaphios, einer liturg. Decke,
MA, Diss. Miinchen — Wiirzburg 1941; K6tting, die im Karfreitagsgottesdienst verwendet
331 £.; LChI 1, 105-107, LdK(1987), 118-121, Lex wurde. Unter den Stickereien sowohl des
MA1, 461-465; RBK 1, 111-120,
Epitaphios wie auch des Antimensiums be-
finden sich kostbare Arbeiten der Textil-
Altardecken. Zur Feier der Eucharistie kunst, die zu den wertvollsten Denkmilern
wurde schon frith der Altar mit einem Lei- der Kunstgeschichte gehéren. — Abb. S. 25.
nentuch bedeckt. Mit seiner zunehmenden
Sakralisierung kommen. seit dem 4, Jh. be- Lit; Braun, Altar, Reg.: A.; Eisenhofer 1, 353 bis
sondere A. auf. Die Vorschriften fiir sie 358; 1. M. Izzo, The Antimensionin the Liturgical
and Canonical Tradition of the Byzantine and La-
wurden, wohl im Zusammenhang mit denen tine Church, Rom 1975; K. Liibeck, Das Antimen-
fiir die liturg. - Gewdander, vom 8/9. Jh. an sium der Griechen, Der Katholik 96, StraBburg
bis in die spatbyz. Zeit ausgebildet. 1916, 396-415; P. Speck, Die Endyte. Literar.
In der orth. Kirche sind folgende A. be- Quellen zur Bekleidung des Altars in der byz.
Kirche, JOBG 15, 1966, 323-375; Paramente und
kannt: (1) zuunterst das Katasarkion (grch.; Biicher der christlichen Kirchen, Miinchen/Lon-
russ. katasarka, priplotie, sracica). Es be- don/ New York/Paris 19823 (Glossarium Artis, 4);
steht heute aus weifer Seide od. aus Leinen. LexMA1, 715-716 (Antiminsion); RBK 1, 120 bis
Das alteste Zeugnis ist ein Mosaik in S. Vi- 124,
tale in Ravenna,6. Jh. Die weitere Entwick-
jung ist unklar. Das Katasarkion wird erst Altargeriite. In der orth. Liturgie wird ne-
im 13 Jh. wieder erwahnt. Es symbolisiert ben dem eigentl. Altar noch ein Riistaltar,
das Grablinnen Christi (grch., ‘das am die Prothesis, gebraucht. Danach sind auch
Leichnam Liegende’); — (2) die auf dem Ka- die A. zu unterscheiden.
tasarkion liegende, aus Seide bestehende 1. Die Geriite des Altars sind: (a) die Kibo-
Endyte (grch.; russ. endifija), die den Altar tos (grch., ‘Kasten’; russ. darochranitel’nica,
an. seinen Ecken bis zur Erde bedeckt. In ‘Gabenbehiilter’). Er besteht aus einer klei-
der Alten Kirche galt sie als die eigentl, Al- nen Biichse (> Pyxis) in Gestalt eines Mi-
tardecke (grch. auch endyma, haploma); — niatursarges unter 5 kleinen Kirchenkup-
(3) das Eileton (grch.; russ.iliton), ebenfalls peln; — (b) das Artophorion (gtch.; russ.
aus Seide. Es ist ein Symbol fiir das daronosica, ‘Gabentrager’), ein Gerit fiir
SchweiBtuch Christi im Grabe (lat. suda- das Krankenabendmahl, in dem sich unter
rium) u. entspricht dem Corporale(lat.) der einer Miniaturkuppel Gabenbiichse, Kelch
kath. Kirche; — (4) das Antimensium (lat., u. eine kleine Weinflasche befinden, zusam-
von grch. antimension, ‘an des Tisches men mit einem Léffel; — (c) das Evangeli-
Statt’; russ. antimins), Es besteht aus reinem um; — (d) eines der jeweils notwendigen li-
Leinen,ist oft mit Seide gefiittert u. mit ei- turg. > Biicher; - (e) ein Handkreuz (—
ner Darstellung der Grablegung Christi be- Kreuz) vor dem Artophorion;— (f) ein sie-
stickt. In das Eileton eingewickelt, wird das benarmiger Leuchter (— auch Licht) hinter
Antimensium zu Beginn der Liturgie der dem Altar.
26
Amen
2. Auf dem Riistaltar befindensich folgende recht (+ Asyl) vom Kirchengebiude auch
Kultusgerate: (a) der Kelch; - (b) die Pate- auf den A.iibertragen. — auch Basilika.
ne; — (c) der ,,Stern“ (grch. asteriskos; russ.
zvezda, svezdica) aus 2 gebogenenu.tiber Lit: RBK 1, 124-126. - S. auch Lit. zu Atrium u.
Basilika.
Kreuz befestigten Metallstében; - (d) die
Lanze (grch. lonche; russ. kopie), ein klei-
nes, spitzes Messer, mit dem derliturg. Akt Ambon (grch. ambon, m., pyrgos, m.,
der > Schlachtung (Opferung) des Lammes ‘Turm’; lat. ambo, m., pulpitum, n.; russ. am-
— die Heraustrennung des ,,Siegels“ aus der von, m., ambon, m.), eine erhéhte Tribiine.
Prosphore, dem Abendmahisbrot — vollzo- Der A. wurde gewdhnlich aus Stein od.
gen wird; - (e) der fiir die Kommunion ge- Marmorerbaut, auch Holz scheint verwen-
brauchte Loffel (grch. labis; russ. [Zica); - det worden zu sein. Er stand zumeist im
(f) em GefiB zum Mischen von Wein u. Mittelschiff der Kirche, konnte aber auch
warmem Wasser (> Zeon); - (g) cin an den Seiten errichtet werden — vor allem,
wenn 2 A.e vorhanden waren -, um den
Schwamm zum Reinigen der A. u. Aufsam-
meln der Brotreste; — (h) oft 2 Facher; - (i) Blick auf den Altar freizuhalten. Von der
titurg. > Decken zum Bedecken von Keich Chorzone (> Bema)fiihrte eine Offnung in
den Chorschranken, den Cancelli, zur Trep-
u. Patene. Die geweihten A. (Kelch u. Pate-
ne) stehen als hl. Sachen (grch. pragmata pe des A.s. Stand dieser vom Bema weiter
entfernt, so war er auf einem erhdhten
hiera) unter dem Schutz des Kirchenrechts.
Sie diirfen nur von geweihten Personen Laufgang(grch. solea) zu erreichen(z. B. in
beriihrt werden (— auch Weihegrade). Fir der Hagia Sophia in Konstantinopel). Auf
die Aufhebung der sakralen Immunitat der dem A. wurden von 2 Pulten (> Anaio-
A. bei Aussonderung bestehen genaue Vor- gion) aus die Lesungen gehalten, die Pre-
schriften. digt (+ Homilie) dagegen vom Bischofs-
stuhl aus. Waren 2 A.e vorhanden, erfolgte
3. Ihrer Herstellung u. Ausstattung nach
gehéren die A. in den Bereich der Klein- von dem einen die Lesung des Evangeliums,
kunst. Vor allem unter den geweihten A.n vom anderen die des Apostolos u. aus dem
gibt es Erzeugnisse von hoher Qualitat (> AT (~ auch Prophetologion). Auf geraumi-
auch Toreutik, + Email). — Abb. S. 25. gen A.en standen der Leiter des Chores, oft
auch die Vorsinger, um die Einsatze zu ge~
Lit; Braun, A.; Eisenhofer 1, 396-407, R. Fattin- ben bzw. die Solopartien zu singen. Die
ger, Liturgisch-prakt. Requisitenkunde, Frei- Uberdachung des A.s mit einem Ciborium
burg/Br. 1955; R. Lesage, Liturg. Gewander u. vom 6, Jh. an bildete den Ausgangspunkt
Geriite, Aschaffenburg 1959, K. Liibeck, Die li-
turg. Gerate der Griechen, ThGI 5, 1913, 441-454; zur Entstehung der westl. Kanzel. Der A.
Milasch, 572 £. V. H. Elbern, Liturg. Gerat des geht auf das Lesegestiihl der Synagoge, den
FrihMAals Symboltriger, Sett di studio Centro Migdal, zuriick. Wahrscheinlich ist der A. in
ital. di studio sull’ alto medioevo 23, Spoleto 1976, Syrien entstanden. Die Apostol. Konstitu-
349-380; LexMA 1, 466; 4,1298-1299 (G., liturg.);
Kirchengerdte, Miinchen/London/New York/Paris tionen (— unter Kirchenrecht) erwahnen
1992 (Glossarium Artis,2). einen erhdhten Ort (grch. kypselon ti), von
dem aus die Lesungen stattfanden u. der
Altarschranken — Cancelli Diakon die Katechumenen (— unter Kate-
chumenat, > Liturgie der Katechumenen)
Alter der Tage —> unter Christusbilder entlie®, — Abb.S. 28; s. auch Abb. zu Bema.

Lit: Brightman, Reg.: A.; J. G. Davies, The Ori-


Altkirchenslavisch — unter Sprachen gin and Development of Early Christian Church
Architecture, New York 1953, 94 ff£.; Bisenhofer1,
Ambitus (lat., m., ‘Umgang’; grch. aule, f., 382, D. Hickley, The A. in Early Liturgical Plan-
peribolos, m., peribolaion, n.), der Hof, der ning, Heythrop Journal 7, Oxford 1966, 4, 407 bis
427, Jungmann1, 527 £.; St. G. Xydes, The Chan-
von ciner Mauer umgeben, in friihchristl. cel Barrier, Solea and A. of Hagia Sophia, ArtB
Zeit um die Kirche herumftthrte. An den 29, 1947, 1-24; RBK 1, 126-133; LdK 1(1987), 141
Ecken der Umfassungsmauern erhobensich bis 142; LexMA1, 516-517, s.a. Cancelli.
oft Tiirme. Der A.erfiillte dieselbe Funk-
tion wie das Atrium. 431 wurde das Asyl- Amen (hebr.), Formel zur Bestatigung u.
27
Amomoi
Bekraftigung der Aussage einer anderen Gestus), wie z. B, bei der Kommunion. Seit
Person. Im NT im allgemeinen nicht iiber- dem 4, Jh. iibernimmt in zunehmendem
setzt, erhielt das A. durch Jesus als Bestiti- Maie der Chor das A. der Gemeinde. Diese
gung seiner eigenen Heilsaussagen eine Anderungleitete eine Entwicklung ein (—>
neue u. als Ichformel dem Judentum unbe- auch Kultusisthetik), in deren Verlauf das
kannte Bedeutung (vgl. Matth. 5, 18.26; Joh. A. ahnlich wie das Halleluja vor allem in
1, 51; 5, 19; 6, 47; 10, 7; Off. 3, 14 u. 6fter), der byz. Kirchenmusik zu kunstvollen melis-
die neue theolog. Akzente setzte. Wie in mat. Tonfiguren gestaltet wurde. Der ge-
der Synagoge gehért im christl. Gottes- nannte affirmative Charakter des A.s blieb
dienst das A. zum konstitutiven Recht der dabei aber erhalten.
Gemeinde,die sittl. u. recht]. Giiltigkeit der
vorgetragenen Glaubensinhalte zu bestiti- Lit: Baumstark, Comparative Liturgy, 45 £.; Dix,
128 ff.; Eisenhofer 1, 189-191; Werner, 265 f£.; W.
gen (vgl. Rém.15, 33; 1. Kor. 14, 16; 2. Kor. Wiefel, Erwagungen zur soziolog. Hermeneutik
1, 20; Gal. 6, 18; Offb. 22, 20). In diesem urchristl. Gottesdienstformen, Kairos 14, 1972, 36
Sinne beschlo8 das A. schon sehr friih das bis 51.
Vaterunser u. spater das Glaubensbekennt-
nis, aber auch die Einsetzungsworte der Li- Amomoi (grch., m. plur., ‘die Untadeligen’;
turgie, die in einigen oriental. Formularen tuss. neporocnye, m. plur.), Bezeichnungfiir
sogar mehrmals durch das A. der Gemeinde Ps. 119 im Psalter, der in der zweiten Sticho-
unterbrochen werden, Schon Justin (gest. logie im Friihgottesdienst (-» Orthros) des
um 165) bezeichnet das A. der Gemeinde Samstagszur Verlesung kommt, waihrend er
im Anschlu8 an die Danksagung des Vor- am Sonntag zu bestimmten Zeiten nach den
stehers tiber den hl. Gaben (s. auch Eucha-
rist. + Hochgebet) als Akklamation, wie sie
auch im A. auf die Doxologien zum Aus-
druck kommt. Das A.begleitet ebenso eine
Reihe vonliturg. Handlungen u. Gesten (>

28
Anamorphose
Vorschriften des Typikons eine andere Psal- am dritten Tage, Auffahrt zum Himmel,Sit-
mengruppe, den Polyeleos, ersetzt. Wegen zen zur Rechten des Thrones Gottes, zweite
ihrer Langebilden die A. eine eigene Eintei- Wiederkunft) in Erinnerung gerufen wer-
lungseinheit des Psalters, das 17. Kathisma. den. Es schlieBt mit: ,,Das Deine von dem
Deinen bringen wir dar nach allem u.fir al-
Ampel > unter Licht les.“ Voraussetzung ist die Aufforderung
Jesu zur A. (Luk. 22, 19 u. 1. Kor. 11, 24).
Ampullen (lat. ampulla, f.), kleine, flache Die alteste Formel findet sich in der Kir-
od. bauchige Flaschchen aus verschiedenem chenordnung Hippolyts von Rom (um 220),
Material (Ton, Metall), die in der Alten sie hat Tod u. Auferstehung Christi zum In-
Kirche vor allem zum Aufbewahren vonhl. halt. Eine ausfiihr]. A, enthalten die Apo-
Ol (> auch Myron) dienten (deshalb auch stol. Konstitutionen (— Kirchenrecht), die
Chrysmarien od. Eulogia genannt). In ihrerseits auf die Basiliusliturgie eingewirkt
groBen Mengenin kirchl. Werkstatten her- haben. A. bedeutet sowohl die Vergegen-
gestellt, gehdren die A. zu den Devotiona- wartigung des erhéhten Herrn(als ,,sakra-
lien. mentale Kommemoration“) als auch das
Manunterscheidet folgende Gruppen: (1) Bekenntnis der Gemeinde zu diesem Herrn.
die als Pilgerandenken von den hil. Statten Im Gegensatz zu den A.n (Kommemoratio-
in Jerusalem u. Paldstina mitgebrachten u. nen) im antiken Kaiserkult u. denen ge-
iiber die ganze christl. Okumene verbreite- schichtsloser Mythen in den Mysterienreli-
ten palistinens. A. Wegenihrer bildl. Aus- gionen besitzt die christl. A. Geschichtscha-
schmiickungen sind sie fiir die Geschichte rakter. Dabei wird sie unterstiitzt durch die
des Kirchenbaus ebenso wichtig wie fiir die bildhafte Vergegenwdrtigung der Heilstaten
Geschichte des Kirchenjahres u. seine Iko- Christi auf der Bilderwand (Festtagsrang) u.
nographie. Die bekanntesten A. befinden im Bildprogramm der Kirchen.
sich in Monza u. Bobbio; - (2) die sog. Text: s. Anhang Nr. 4.
»Blut-A.“ aus den rém. Katakomben (lat.
Lit: B. Botte, L’Anaphore Chaldéenne des Apét-
ampullae sanguinolentiae, phiolae cruentiae tes, OrChrPer 15, 1949, 259-276; ders., Problémes
bzw. rubricatae), deren von Eisenoxyden de PA., JEH 5, 1954, 16-24; Handbuch 1, 427 f;
herstammender Inhalt friiher als Blut der Hanssens, Nr. 1316-1325; Jungmann 2, 271-281;
Martyrer angesehen wurde, - (3) die zwei- Lietzmann, 50-68. P. Bonnard, Anamnesis. Re-
cherches sur le Nouveau Testament, Genéve/Lau-
henkligen A. aus der Stadt des hl. Menas sanne/ Neuchatel 1980; Schulz, Die byz. Liturgie,
bei Alexandrien, in denen Wasser aus der Reg. I1B.
wundertitigen Menasquelle aufbewahrt
wurde. Sie zeigen den Heiligen zwischen 2 Anamorphose (grch. anamorphosis, f., ‘Um-
Kamelen als Reiterheiligen (> auch Heili- gestaltung’), auch didaktische Deformation,
genverehrung), als Neger u. a. — Abb. S. 30. optische Proportion, Verstreckung u. 4.
Verinderung der natiirl. Proportionen von
Lit: Eisenhofer 1, 400 f., A. Grabar, Les Ampou-
Jes de Terre Sainte, Paris 1958; Kétting, 403-413 u. Figuren u. Gegenstaénden, die nicht ebener-
Reg.; P. Maser, Zur Entstehung des Kreuzigungs- dig, sondern auf einem erhéhten Standort
bildes, Diss. Halle 1970, 60-78; LdK 1(1987), 149 aufgestellt bzw. angebracht sind. Mit Hilfe
bis 150; RBK 1, 137-142. der A. (vor allem durch die Inklination
[lat.], das ‘Vorniiberbeugen’ der Figuren,
Anagnostikon — unter Prophetologion wodurch im Falle des Aufrechtstehens der
opt. Eindruck der Zuriicklehnung[lat. reste-
Analogion (grch., n.), ein fir die gottes- pinatio] aufgehoben wird) kann der tiefer
dienstl. Lesungen benutztes Pult. + auch stehende Betrachter Einzelheiten erkennen,
unter Ambon,Proskynetarion. wasbeinatiirl. Stellung der Plastiken nicht
mdeglich wire. Die A., von der grch. Bild-
Anamnese(grch. anamnesis, £.; russ. vospo- hauerei bereits in klass. Zeit angewendet,
minanie, n., ‘Erinnerung’), ein Stillgebet des wurde bes. fiir die GroBikonen der Bilder-
Priesters wahrend der Liturgie nach dem wand byz. Kirchen tibernommen.
Einsetzungsbericht, in dem die Heilstaten
Christi (Kreuzigung, Grab, Auferstehung Lit: W. Lepik - Kopaczynska, Die opt. Proportio-
29
Anaphora
nen in der antiken Kunst, Klio 37, 1959, 6-102; Ju. Deformations, LdK 1(1987), 153. — S. auch Lit. zu
A, Olsufev, O Linejnych Deformacijach v Ikone Perspektive.
Troicy Andreja Rubleva, g. Sergiev Posad 1927;
Onasch, Ikonenmalerei, 62 ff; B. Uspensky, The
Semiotics of the Russian Icon, Lisse 1976, Reg.: Anaphora (grch. anapherein, ‘emporheben’,
Anthologion
‘Darbringen von Opfern’, vgl. Hebr. 7, 27; 1. Kor. 16, 22; Gal. 1, 8.9). In der Alten Kir-
13, 15; 1. Petr. 2, 5). Wie der Begriff des Ca- che zunachst noch nicht von der Exkommu-
non missae in der kath. Kirche besitzt auch nikation unterschieden, bedeutet das A.
der der A. mehrere Bedeutungen. Er be- spater im Kirchenrechtdie endgiiltige Aus-
zeichnet stoBung aus der Gemeinschaft der Euchari-
J. das Kernstiick der orth. Liturgie mit Eu- stie u. damit aus der Gemeinde (grch. akoi-
charist. > Hochgebet, Einsetzungsbericht, nonesia). Dem A.verfiel der einer Haresie
Anamnese, Epiklese u. Wandlung; Verdichtige, sofern diese durch ein Ge-
2. das jeweilige Liturgieformular der Basi- richtsverfahren festgestellt wurde. Im feierl.
liusliturgie, der Chrysostomusliturgie u. der Akt der Anathematisierung wurde der An-
Liturgie der vorgeweihten Gaben; geklagte u. Uberfiihrte dem Satan iberant-
3. das Verhaltnis der unverinderl. Texte der wortet. Eine Liste aller im Laufe der Kir-
Liturgie zu den verinderlichen, die be- chengeschichte Anathematisierten, das Syn-
stimmten Tagen, Festen od. Abschnitten odikon, wird am Sonntag der Orthodoxie
des Kirchenjahres ,,cigen“ sind (deshalb verlesen. Uber die Anwendungdes A.s be-
auch [lat.] propria genannt). Zu ihnen stehen in der Ostkirche unterschiedl. Mei-
gehéren z. B. die 3 Antiphonen der Enarxis, nungen. Theodor Balsamonz. B., einer der
. der Cherubimhymaous, das Lied bei der bekanntesten Kanonisten (Kirchenrechtler)
Kommunion,das Prokeimenon (das Psalm- im 12. Jh., sprach der Kirche dieses Recht
gebet); bei den Armeniern auch das Trisha- ab. - Zur Darstellung — Synode.
gion, der Hymnus auf den dreieinigen
Lit: Beck, 78 £., W. Elert, Abendmahl u. Kirchen-
Gott),
gemeinschaft in der Alten Kirche hauptsichlich
4. das Verhaltnis der Lautgebeteu. Stillge- des Ostens, Berlin 1954; Milasch, 506, N.
bete des Priesters zu den von der Gemeinde Nikol'skij, Anafematvorenie, St. Petersburg 1879,
bzw. vom Chor gesungenenStiicken; N. Suvorov, O Cerkovnych Nakazanijach, St. Pe-
5. im syr. Ritus das groBe > Velum, das tersburg 1876; LexMA 1, 574,

Tuchftir die Opfergaben.


Anbetung der Weisen und der Hirten >
Lit: Schulz, Die byz. Liturgie, Reg. II B; P. Trem- unter Epiphanie, — Geburt Christi
belas, L’Audition de PAnaphore Eucharistique
par le Peuple, L’Eglise et les Eglises, Chevetogne Andreaskreuz — unter Kreuz(8)
1955, 207-220, K. Gamber, Beracha. Eucharislie-
gebet und Eucharistiefeier in der Urkirche, Re-
gensburg 1986; LexMA1, 571. Ankerkrenz > unter Kreuz (14)

Anastasima — unter Auferstehungs- und Antependium (lat., n., ‘das Vorgehangte’,


Morgenevangelien, — Stichera auch pallium, n., vestimentum, n., velamen,
n., frontale, n., u. a.), ein gréBtenteils aus
Anastasimatarion (grch., n.), eine um die Stoff, aber auch aus Metall od. Holz beste-
Wende vom 19. zum 20. Jh. in moderner hender Schmuck des Altars, der sich im We-
Notenschrift herausgegebene Sammlung sten seit dem 8. Jh. aus den dlteren Altar-
von Hymnen, die im Zusammenhang mit decken entwickelt hat. Der orth. Kirche
den Auferstehungs- u. Morgenevangelien blieb das A, unbekannt.
gesungen werden.
Lit: LexMA 693-694,
Lit.: Anthologia Graeca, LXXII.
Anthologion (grch., n.), eine Sammlung mit
Anastasis > unter Auferstehung Christi (4) den wichtigsten Gottesdiensten aus den li-
turg. > Biichern. Fir die mit Rom unierten
Anathema (grch., n., urspriinglich Doppel- Orthodoxen wurde als Ersatz fiir das Bre-
vier, das die Ostkirche nicht kennt, 1589 in
bedeutung: das’ ‘Geweihte’ od. ‘Verfluchte’,
spiter nur nochin derletzteren Bedeutung; Rom ein A. gedruckt.
Tuss. anafema, {., prokljatie, n.). Das A. be- Lit: Daniel, 321; Ph. Hoffmeister, Die Brevierver-
gegnet schon im NTals Fluchformel tiber pflichtung der oriental. Geistlichen, OstKSt 1,
den von Christus sich Trennenden (vel. 1952, 249-263; Nilles 1, LIT.
31
Antidoron
Antidoron — unter Eulogia Aniflitz, heiliges — unter Acheiropoietos

Apokalypse (grch. apokalypsis, {.; russ. apo-


Antimensium, Antiminsion > unter Altar-
kalipsis, m.),
decken
1. allgemein Offenbarung, Enthiillung ge-
heimer Wahrheiten, insbesondere der end-
Antiphon[on] (grch., n., plur. antiphona, an- zeitL Ereignisse;
tiphonia, f.; russ. antifon, m.), 2. speziell der grch, Titel der Offenbarung
1. einer der 3 Antwort- od. Wechselgesange des Johannes. 1. Die A. des Johannes ent-
zwischen den beiden Gruppen des Chores stand gegen Ende des 1. Jh., zur Zeit des
in der Enarxis der Liturgie. Dabei folgt auf Kaisers Domitian, unter dem es in Rom u.
einen Psalmvers(grch. stichos) ein kurzer u. Kleinasien zu Christenverfolgungen kam.
unverainderl. nichtbibl. Vers (vgl. dagegen Die Verfasserschaft des Apostels Johannes
Responsorium). Als Beispiel diene das erste ist von der Zeit der Alten Kirche an bis
A. der Enarxis zum Fest der Epiphanie: heute umstritten. Im Gegensatz zum We-
(1) Ps. 114, 1 sten, der die Offenbarung im 3. Jh..in den
(2) Durch die Wiirdigkeit der Gottesmutter Kanon des NT aufnahm, hat sie die Ostkir-
erlése uns, Erretter! che erst gegen Ende des 7. Jh. (Synode ven
(1) Ps. 114, 2 691/692) anerkannt; sie wird aber bis heute
(2) Durch die Wiirdigkeit... nicht im Gottesdienst der orth. Kirche ver-
Dernichtbibl. Kehrversist bei jedem der 3 lesen. Andere A.n wurden den Apokryphen
A.a ein anderer. Das zweite A. schlie8t mit zugerechnet. Wahrend im Westen die Kom-
der Kleinen -> Doxologie u. dem Hymnus mentarezahlreich sind, wurden aus der byz.
Eingeborener Sohn, das dritte wiederum. Epoche nur zwei bekannt (Oikumenios,
mit der Kleinen Doxologie. Ahnlich ist das Andreas von Caesarea im 6./7. Jh.), die bis
A. der Vigil aufgebaut. Als Beispiel die A. zum 13. Jh. nur selten tiberarbeitet wurden.
zur Vigil der Geburt Christi: —2. Die Alte Kirche kannte nur die Darstel-
(1) Ps. 1,1 lungeinzelner Motive aus der A., wie das A
(2) Nimm dich meiner an, Herr! und O, das Lamm Gottes (mit den anbeten-
(1) Hos.1, 6 den 24 Altesten, den 7 Leuchtern u. 2 En-
(2) Nimm dich meineran, Herr... geln [Offb. 4, 2-7], das himml. Jerusalem,oft
An Sonntagenwird als erstes A. Ps. 103, als als Hintergrund der Traditio legis; die Maje-
zweites Ps. 146, an Wochentagen jeweils Ps. stas Domini, den Paradiesesberg u. -flu8
92, 2.3.16 u. Ps. 93, 1.5 gesungen. Unter den u. a. Wo das Lamm auf der Hetoimasia, der
poet. A.a sind vor allem die 15 A.a des Thronbereitung, erscheint, deutet sich be-
Karfreitags zu erwihnen (— auch Imprope- reits die Entwicklung der Darstellung des
Tien). Jiingsten — Gerichts an. Bringt eine Hand-
2. Antiphona bezeichnen auch die kleinsten schrift des A.n-Kommentars des Andreas
Einheiten desPsalters, > Kathisma. von Caesarea von 1422 noch einzelne Moti-
Text: s. Anhang Nr.15. ye (Drache, Tier, Weib auf dem Tier u. a.),
so entstehen nach der Tiirkeninvasion auf
Lit: Brightman, Reg: A.; Christ — Paranikas, dem Athos (> unter Kléster), auf dem Bal-
LVII-LIX; Daniel, 341 £., 393-395; Nilles 1, LX
u. 2, 243 £; J. Drumbl, Zweisprachige A.en zur kan u. in RuBland die ersten A.-Zyklen. Da-
Kreuzverehrung,Italia medioevo e umanist. 19, bei haben Diirers Vorbild u. die Lutherbi-
1976, 41-55; LexMA 1, 719-722. bel von 1522 die Hauptanregung gegeben.
In RuSland kam es im Zusammenhang mit
Antiphonarion (grch., 1; russ. antifonar, der Erwartung des Weltendes 1492 zu einer
m.), ein etwa dem Antiphonarium od. Anti- intensiveren Beschiftigung mit der A. Da-
phonale der kath. Kirche entsprechendes von zeugencine Ikone aus der Uspenie-Ka-
Buch desorth. Gottesdienstes, das die Anti- thedrale im Moskauer Kreml (Ende des 15.
phonaenthalt: Exist gelegentlich mit Minia- Jh.) u. Fresken in der Verkiindigungskathe-
turmalereien geschmiickt. . drale (Anfang des 16. Jh.), Zur ,,Zeit der
Wirren“ u. des innerruss. Schismas (russ.
Lit: LexMA1, 722-724. raskol), der Abspaltung der Altglaubigen

32
Apokryphen
von der Patriarchatskirche im 17. Jh., au8er- ferner die Kindheitsevangelien (Protevan-
te sich eine neune apokalypt. Welle in ver- gelium des Jakobus, das Thomasevange-
schiedenen Wandmalereien in Kirchen von lium, Pseudomatthius, die Geschichte von
Jaroslav! u. einigen Stadten an der Wolga Joseph dem Zimmermann), das Petrus-,
sowie auf Miniaturen. Neben 4lteren russ. Bartholomaus- u. Nikodemusevangelium,
Vorbildern ist dabei der Einflu8 der Pisca- die Johannesakten, die A. von der Schatz-
torbibel (— unter Bibelillustration) festzu- héhle u. dem Kreuzesholz, Apostellegen-
stellen. — Taf. 5. den,frihchristl. Apokalypsen (Himmelfahrt
des Jesaja, christl. Sibyllinen, Thomas- u.
Lit: M. V. Alpatov, Pamjatnik Drevnerusskoj Paulus-A.) u. einige Dichtungen (die Oden
Zivopisi Konca XV Veka; Ikona Apokalipsis Us- Salomos, der Naasenerpsalm). Unter den
penskogo Moskovskogo Kremlja, Moskau 1964; Frage-u.-Antwort-A. ist die Befragung des
ders., Die ,,A.“ des Moskauer Kremls u. dasanti- Johannes (lat. interrogatio Ioannis) von
ke Erbe in der europ. Kunst, JOBG 11/12, 1962
pis 1963, 211-227; Beck, Reg.: A.; H. Brockhaus, Wichtigkeit. Besondere Gruppen bilden die
Die Kunst in den Athos-Kléstern, Leipzig 1924, A. der Gottesmutter u. A. unter den Heili-
Reg: A,; A. F. Buslaev, Svod Izobrazenij iz Lice- genviten. Die frihesten A. des NT gehéren
vych Apokalipsisov po Rukopisim s XVI Veka do dem 2./3. Jh. an, sie sind z. T. noch vor der
XIX, Moskau 1884; A. Cilingirov, Vlijane Djurera
i Sovremennoj emu Nemeckoj Grafiki na Ikono- Kanonbildung entstanden. Die spatesten A.
grafiju Postvizantijskogo Iskusstva, Drevnerus- werden in das 8./9. Jh. datiert. Mit den A.
skoe Iskusstvo. ZarubeZnye Svjazi, Moskau 1975, wurde der Wunsch weiter Leserkreise be-
325-342; L. H. Heidenreich, Der A.-Zyklus friedigt, mehr tiber die hl. Personen u. Er-
im Athosgebiet u. seine Beziehungen zur dt.
Bibelillustration, Zs. fiir Kunstgesch. 1939; W. eignisse des NT zu erfahren, als die kanon.
Neu, Die A. des bl. Johannes in der altspan. u. Schriften enthielten. Fabulierende Elemen-
altchristl. Bibelillustration, 2 Bde., Minster 1931; te, der spdtantike Abenteuer- u. Reisero-
F. van der Meer, Majestas Domini, Théophanies man (vor allem in den Apostellegenden),
de YA. dans Art Chrétien, Rom 1938; R. Bar-
thélemy-Vogels u. Ch. Hyart, L’Iconographie die Gattung des Briefromans, die Frage-u.-
Russe de !' Apocalypse, Paris 1985, LChI 1, 124 bis Antwort-Technik u. andere Stilmittel ver-
150; LdK 1, 101; LdK 1(1987), 207-209; LexMA 1, schafften den A. ein breites Lesepublikum.
748-757. . Neben einem gesteigerten Informationsbe-
dirfnis entsprangen sie auch dem Wunsch,
Apokryphen (grch. apokryphon, n., ‘das bestimmte Widerspriiche zwischen der Leh-
Verborgene’; russ. apokrif, m., otrecennyja te Christi u. dem kirch!. Dogmazu lésen (so
knigi), Schriften auBerhalb des AT u. NT, zwischen dem Liebesangebot Christi u. der
die einen ,,verborgenen“, d. h. iiber die ka- Lehre von der ewigen Verdammnis, z. B. in
non. Biicher hinausgehenden Inhalt haben. der ,,Héllenfahrt der Gottesmutter“). An-
Manche A. werden auch als Pseudepigra- dere versuchten, wenn auch um den Preis
phen (Biicher, die unter einem erborgten oft grober Phantastik, die Lehre von der
Namenverbreitet waren) bezeichnet. Menschwerdung Christi u. der Immerjung-
1. Der Begriff A. wurde in der Alten Kirche fraulichkeit der Gottesmutter zu tiberspie-
nicht immer eindeutig gebraucht; er len, indem sie Christus nur zum Schein ei-
schwanktin seiner Bedeutung zwischen ver- nen ird. Leib annehmen u. leiden lieBen
botenen u. geduldeten Schriften. Die wich- (sog. Doketismus). Das hinderte spatere A.
tigsten A. des AT sind: der Aristeasbrief, keineswegs, Christus in menschl. Gestalt,et-
das Martyrium des Jesaja, das Buch der Ju- wa als pfliigenden Bauern od.als um Speise
bilaen, die vier Makkabierbiicher, das drit- u. Unterkunft bettelInden Wandersmann, zu
te Buch Esra, das Buch Tobias,Judith u. die schildern. So vereinigten sich in den A. poe-
Apokalypsen des Spatjudentums (vor allem tische, theologische, volkstiimliche u. hareti-
Henoch, die Sibyllinen, die Baruchapoka- sche Ziige. Die Friihgeschichte der A. wur-
lypse, die Himmelfahrt des Mose, das Le- de in starkem MaBe von der Gnosis gepragt,
ben Adams und Evas sowie die fiinf syr. wahrend vom 9/10. Jh. an im Osten die Bo-
Psalmen). Von den A. des NTseien u.a. ge- gomilen u. im Westen die Katharer, aber
nannt: eine Reihe von Schriften, die unter auch andere Haresie-Gemeinschaften diese
verschiedenen Namen laufen (Ebionier-, Literatur fiir ihre religiés-soziale Propagan-
Nazariier-, Hebraer-, Agypterevangelium), da benutzten bzw. eigene A. schufen. Aber
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Apostelbilder
auch auBerhalb der Ketzerkreise erfreuten 14; 1. Kor. 15, 22.45; 1. Tim.2, 13 ff.), wurde
sich die A. im MA allgemeiner Beliebtheit es von Origenes (gest. 253/254) u. Johannes
u. regten die religiése Volksdichtung u. die Chrysostomus (gest. 407) weiterentwickelt.
Kunst an. Ein Teil der A. wurde von der In mittelbyz. Zeit erreichte dieses Motiv
Kirche nicht nur sehr friih aus dem Bibelka- tiber das Altkirchenslavische (— unter
non ausgeschieden, sondern auch direkt Sprachen) auch die slav. Literaturen. Der
verboten. Die erste solcher Verbotslisten apokryphe Gehalt wurde im Synaxarion des
liegt im sog. Decretum Gelasianum (6. Jh.) Karfreitags orthodox verstanden, um ket-
vor; sie stammtz. T. aus dem 4. Jh. Auch im zer. Auffassungen etwa der Bogomilen (>
Osten wurden solche Listen aufgestellt u. unter Haresie) vom Paradieses- u. Kreuzes-
die Verbrennung verbotener Biicher (grch. holz zu begegnen. Diese Beziehungen zur
aporreta) praktiziert. In RuBland erscheinen Literatur sind in der Malerei gerade hin-
mit dem Aufkommen der A. ebenfalls die sichtlich der A. stindig ,,mitzulesen*. Eine
ersten Verbotslisten (1073). Trotzdem wur- Apokryphe mit deutlich sozialkrit. Kompo-
den einige A. in die Paleja u. die Lese- nente, die Legende von Christus als von ei-
menden aufgenommen,u.a., weil es bis zum nem Abt abgewiesenerPilger, ist z. B. auf
15. Jh. keine Vollbibel gab. einem Fresko in der Kirche von Volotovo
2. Wie die Entstehung der A. ist auch ihr bei Novgorod dargestellt.
Einflu8 auf die christl. Kunst frih anzuset-
zen. Eine Reihe von apokryphen Motiven Lit: W. Bauer, Das Leben Jesu im Zeitalter der
A., Tiibingen 1909; C. Bezold, Die Schatzhéhle,
wurde auch von der Kirchendichtung aufge- Leipzig 1883; U. Fabricius, Die Legende im Bilde
nommen, um, im orth. Sinne ,,gereinigt“, des ersten Jt. der Kirche. Der Einflu8 der A. u.
der Malereials literar. Vorlagen zu dienen. Pseudepigraphen auf die altchristl. u. byz. Kunst,
So habenz. B. die Kindheitsevangelien u. - Kassel 1956; N. K. Gudzij, Gesch. der russ. Litera-
tur, Halle 1959, 26 ff.; E. Hennecke- W. Schnee-
zyklen auf die Ikonographie der Geburt melcher, Neutestamentl. A. in dt. Ubersetzung, 2
Christi, das Bartholomaus- u. Nikodemus- Bde., Berlin 19702, 1966; E. Kautzsch, Die A. u.
evangelium auf die Héllenfahrt (4 unter Pseudepigraphen des AT, 2 Bde., Darmstadt 1962
Auferstehung Christi), die Legenden vom (Nachdruck); J. Lafontaine-Dosogne, L’Iconogra-
phie de (’Enfance de la Vierge dans l"Empire By-
Tod der Maria auf das Bildthema vom Ent- zantin et en Occident, 2 Bde., Brilssel 1964 bis
schlafen der Gottesmutter eingewirkt. Zahl- 1965; W. Michaelis, Die apokryphen Schriften
teiche Einzelheiten der apokryphen Apo- zum NT, Bremen 19623; L. Miiller, ,.Die Offenba-
stellegenden wurden auf den Lebenszyklen tung der Gottesmutter tiber die Héllenqualen“.
Theolog. Gehalt u. dichter. Form, Die Welt der
der Apostelbilder wiedergegeben. Zu den Slawen 6, 1961, 26-39; Onasch, Weihnachtsfest,
Altesten Motiven gehGrtdie erleuchtete Ge- 178-186; Pokrovskij, Reg.: A.; P. Riessler, Altjiid.
burtshdhie aus dem um 200 geschriebenen Schrifttum auBerhalb der Bibel, Augsburg 1928;
Protevangelium des Jakobus, das in der byz. N. Tichonravov, Pamjatniki Otretennoj Russkoj
Kunst zum Gegenstand einer komplizierten Literatury, S. Petersburg 1863 (Neudruck London
1973); E. Turdeanu, Apocryphes Bogomiles et
Mystagogie wurde. Der Westen hielt dage- Apocryphes Pseudo-Bogomiles, Revue de lHi-
gen seit den dltesten Darstellungen an der stoire des Religions 138, 1950, 699-726, E. A. Wal-
Geburt Christi im Stall fest. Allegorie u. lis Budge, The History of the Blessed Virgin Mary
symbol. Vorstellungen (— Symbol) schufen and the History of the Likeness of Christ, London
1899; A. Santos Otero, Die hs. Uberlieferung der
den kompiexen Motivschatz der 3 myst. altslav. A., I, II, Berlin’ New York 1978/79, LdK
Hoéhlen: der Héhle von Adam und Eva im 1(1987), 209-210; LexMA 1, 759-770. RBK 1, 209
Paradiesesberg, der Geburtshéhle u. der bis 218. — S. auchLit. zu Gnosis, Haresie.
Hadeshdhle od. Vorhdlle (lat. limbus). Sie
werdenallerdings erst in mittel- u. spatbyz. Apostelbilder. 1. Im NT ist der Apostel
Zeit voll ausgebildet (u. a. auf serb. Psalter- (erch. apostolos, ‘bevollmachtigter Abge-
miniaturen). Erwihnt werden muB noch das sandter’) ein von Jesus ausgesandter Jiinger
Motiv des aus dem Grabe Adams heraus- (vel. Matth. 28, 18-20, Luk. 24, 47-49; Apg.
wachsenden Kreuzesholzes, wobei in der 1, 8; 1. Kor. 15, 8-10), Aus einer Achtzahl
Regel nur der Schadel Adams wiedergege- (Matth. 10, 2-4 u. Parallelen) entstand nach
ben wird (— auch Kreuz, > Kreuzigung). dem Vorbild der 12 StammeIsraels in der
In der Adam-Christus-Typologie (— unter Urgemeinde das Apostolat der Zwélf, das
Allegorie) des NT vorgepragt (vgl. Rém. 5, unter der Leitung des Petrus stand. AuBer-
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Apostelbilder
Apostelbild

dem wurde auch Paulus der Titel eines tion der dltesten Apostelfeste eingewirkt
Apostels zuerkannt. Um 100 entwickelte hat. Neben den Aposteln um den lehrenden
sich in Syrien das Amt des Bischofs mit der Christus sind noch Apostelprozessionen mit
ihm unterstellten kirchl. Hierarchie, wobei dem Aurum coronarium (od. Martyrerkro-
das erstere als Abbild des Apostolats der nen?) zu erwahnen; dabei kann die Figur
Z.wolf verstanden wurde. Christi durch die Hetoimasia, die Thronbe-
2. Die bildhafte Darstellung der Identitat reitung, ersetzt werden (Baptisterium der
von Bischofsamt u. Apostolat der Zwélf Agrianer, Ravenna, um 520). Im byz. Be-
wurde mit der Legalisierung der Kirche teich entwickeln sich vom 6. Jh. ab als Re-
durch Konstantin (4. Jh.) notwendig. Ihre prasentation des Apostolats im bischéfl.
volle Entwicklung u. teilweise Fixierung Abbild die Apostelkommunion und, aus
setzte bezeichnenderweise mit der des Bi- seinen altkirchl. Vorlaufern, das Jiingste >
schofsbildes (— Bischofsinsignien) ein. Als Gericht. Die endzeitl. Reprisentation fand
Selbstdarstellung der kirchl. Sozietét ge- ihren Ausdruck in Darstellungen mit der
gentiber dem Staat und den Haresienerfiill- Majestas dominiu. der Apostel als Lammer,
ten die A. eine wichtige Funktion. die aus dem himml. Jerusalem zu Christus
Folgende Darsteliungen sind zu nennen:(a) als apokalypt. Lamm ziehen(z. B. S. Apolli-
Die Apostel als Begleiter Christi. Diese nare in Classe, Ravenna). — (b) Als Zeugen
Gruppe von A.n tragt im Sinne der soeben der Taten und der Herrlichkeit Christi er-
beschriebenen Funktion die Ziige des Re- scheinen die Apostel schon frih in der Auf-
prasentationsbildes. Im Westen entstanden, erweckung des Lazarus und der Himmel-
sind diese Darstellungen reich an Symbolen fahrt Christi, es folgen die Verklarung Chri-
u. relativ szenenarm. Ihre Vorbilder waren sti, das Abendmahl, der Einzug Christi in
Beispiele aus dem Kaiserkult u. dem kirchl. Jerusalem, Pfingsten, FuBwaschung, Pas-
u. Sffentl. Leben (Senats-, Richter- u. Philo- sionszyklus u. Auferstehung Christi. Dabei
sophenkollegien, mit dem Bischof zusam- fand, dem jeweiligen Thema entsprechend,
mensitzender Klerus [grch. synthronoi], > eine Auswahl der Apostel statt. — (c) Ihrer
auch Subsellien) der Spatantike. Die ilte- unter Pkt. 1 geschilderten Bedeutung ent-
sten Beispiele aus dem 4. Jh. finden sich in sprechend, nahmen die A. im byz. Bildpro-
den Katakomben Roms; sie erobern bald al- gtamm topographisch zentrale Positionen
Je Gattungen der altkirchl. Kunst. Man ein, d. h., sie wurden in der Kuppel darge-
kann 2 Untergruppen unterscheiden: die stellt. Zunachst in der Darstellung von Him-
unmittelbar-gegenwartige u. die endzeitl. melfahrt und Pfingsten prasent, riicken sie
Reprasentation. Zur ersteren gehért vor al- in mittelbyz. Zeit zwischen die Fenster des
lem der Typ der Traditio legis an Petrus Tambours, des Unterbaus der Kuppel, so-
{Alt-St.-Peter mit Paulus in Akklamation, fern dort nicht Propheten angebracht wa-
nicht erhalten; $. Costanza, Mitte 4. Jh.) im ren. Sie kénnen auch in der Vorhalle, dem
Westen, an Paulus in Gegenwart anderer Narthex, erscheinen (Hosios Lukas), in der
Aposten im Osten seit Ende des 4. Jh., wo- Apsis wird die Apostelkommunion darge-
bei auf den Westen die noch junge Tradi- stellt. — Fiir die Geschichte der A. in der
35
Apostelfeste
Ikonenmalerei ist das Auftreten von Petrus an der StraSe nach Ostia u. fiir beide auf
und Paulus im Deesis-Rang der Bilderwand dem Friedhof (+ Coemeterium) ,,in cata-
von Bedeutung. — (d) Auf Gottesmutterbil- cumbas“ (+ Katakomben) an der Via Ap-
dern mit dem Kind ist das Apostelkollegium pia. Wiebeiallen Martyrerfesten (> Marty-
oft Begleiter u. Zeuge. Im Entschlafen der terverehrung) fand auf diesem Friedhof am
Gottesmutter haben die A., beeinfluSt 29. Juni (~» auch Dies natalis) ein jahrl. Ge-
durch Marienapokryphen, einen festen dachtnismah! (lat. refrigerium) fiir beide
Platz. — (e) Die ideelle Grundlage fiir die Apostel in einem schlichten Versammungs-
Darstellung des Apostelkollegiums in der raum (lat. triclia) statt. Umstritten ist, ob
Ikonen- und Monumentalmalerei bildet die sich das Petrusgrab aus dem 1. Jh. an der
Synaxis der Apostel am 30. Juni (> Apo- Stelle befunden hat, tiber der sich im 4. Jh.
stelfeste). Fiir die zykl. Darstellungen die Memoria der konstantin. Petrusbasilika
einschlieBlich der Bibelillustrationen sind (— auch Kirchenbau) erhob. Sehr wahr-
die entsprechenden Texte zu den Apostelfe- scheintich liegt der Ursprung des Apostelfe-
sten aus dem Synaxarion und den Apostela- stes fiir Petrus u. Paulus in den erwihnten
pokryphen(als Erweiterung der Apostelge- Gedachtnisfeiern auf dem Friedhof an der
schichte) heranzuziehen. Kanonische wie Via Appia im 3. Jh. Esist bis heute allen
apokryphe Texte haben im 14. Jh. in der Konfessionen gemeinsam. Im 5. Jh. wurde
serb. Wandmalerei interessante Wiederga- es mit einer Nachtwache u. einer eigenen
ben der Apostelbiographien beeinfluBt, die Oktav ausgestattet, spater auch mit einer
auf eine Problematisierung des Bischof- der jabrl. Fastenzeiten. Seit dem 5./6. Jh.
samts ebenso schlieBen lassen wie auf Freu- kennt der Osten cine Synaxis der 12 Apo-
de am ep. Stoff. — (f) Das individuelle Apo- stel am 30. Juni.
stelportrit hat sich schon frith auf die Apo- 2. Im Orient (Kappadozien, Syrien, Ar-
stelkoryphaen Petrus u. Paulus konzen- menien, Georgien) mit seinen alten jerusa-
triert; ihre Physiognomien werden im 4. Jh. lem. Traditionen war bereits im 4. Jh. die
fixiert. Auf den altesten Denkmilern der Oktav nach dem Fest der Geburt Christi
Ikonenmalerei erscheinen ihre Biisten im dem Gedichtnis des Erzmirtyrers Stepha-
Medailion, dem Clipeus. Bald nach ihnen nus (26. od. 27. Dez.), des Herrnbruders Ja-
erhalten auch Johannes u. Andreas charak- kobus (26. Dez.) u. des Apostels Johannes
terist. Ziige, wahrend die anderen Apostel — (29. Dez.) sowie dem Gedichtnis der Erst-
mit Ausnahme von Philippus und Thomas — martyrer Christi, der unschuldigen Kinder
schematisch als bartige, reife Manner darge- (Matth. 2, 16-18), reserviert. Auf den 28.
stellt werden. Die im Westen gelaufige At- Dez. legte man das Fest der beiden ,,Apo-
tribuierung mit den jeweiligen Marterwerk- stelfiirsten“. Die Entstehung von ,,Petri
zeugenist in der altkirchl. u. byz. Kunst un- Kettenfeier“ am 1. Aug. in der kath. Kirche
bekannt. Als einziger trigt Andreas schon ist nicht villig geklart. Sehr wahrscheinlich
im 6/7. Jh. den Kreuzstab; spater wird er hangt sie mit der Kirchweih vonS. Pietro in
auch anderen Aposteln beigegeben. — Taf. Vincoli, Rom, im 5. Jh. zusammen. In der
3; Abb.; s. auch Abb. zu Mosaik. orth. Kirche wird sie am 16. Jan. begangen.
3. Im fixen Zyklus des orth. Kirchenjahres,
Lit: J, Ficker, Die Darst. der Apostel in deralt-
christl. Kunst, Leipzig 1887, F. M. Godfrey, Christ
dem das kath. Fest des Paulus am 25. Jan.
and the Apostles, London 1957; G. de Jerphanion, unbekanntist, werden die iibrigen A. an fol-
Quels sont les Douze Apétres dans I’Iconogra~ genden Tagen verzeichnet: Andreas am 30.
phie Chrétienne; dies., La Voix des Monuments I, Nov.; Bartholoméus am 25. Aug. (beide ge-
Paris 1930, 189-200; J. E. Weis — Liebersdorf,
Christus- u. Apostelbilder, Freiburg/Br. 1902;
meinsam mit der kath. Kirche); Jakobus
LCAI1, 150-173; LdK 1(1987), 213-215, LexMA 1, (der Zebedaide) am 30. April; Matthaus am
781-790; RBK t, 227-239. 16. Nov.; Matthias am 9. Aug.; Judas Thad-
daus am 19. Juni; Simon am 10. Mai; Tho-
Apostelfeste. 1. Die altesten A. sind die der mas am 6. Okt.
»Apostelfiirsten“ Petrus u. Paulus in Rom.
Der Kalender des Philocalus (Mitte des 4. Lit: Baumstark, 183 f.; O. Cullmann, Petrus, Jiin-
Jh.) vermerkt am 29. Juni 258 das Gedicht- ger.— Apostel — Martyrer, Berlin 19612, 138-178;
nis fir Petrus am Vatikanhiigel, fir Paulus Kellner, 208-231; LThK 1, 742-743.
36
Apostolos
Apostelkommunion. Neben der histor. Dar- einem Kelch, aus dem er ein eingetauchtes
stellung des Abendmahles kenntderchristl. Brot nimmt. Das Grundschema der Ikono-
Osten die der A., die im Westen selten be- graphie der A. lie® nur wenige Variations-
gegnet. Sie zeigt Christus beim Vollzug der méglichkeiten zu. Vom 12. Jh. an ist die
Kommunion: Hinter dem Altar und oft un- Hinzuftigung von Engeln als himml. Diako-
ter einem Ciborium stehend,teilt er die hl. nen festzustellen. Darstellungen Christi als
Gaben der Eucharistie, Brot u. Wein, an die Bischof od. Priester, von denen sich yom 14.
von beiden Seiten herantretenden Apostel Jh. an einige Beispiele nachweisen lassen,
aus. Neben den Apostelbildern gehért die deuten auf eine tiefgreifende Auseinander-
A. zum Typ des Reprisentationsbildes, das setzung der kirchl. Hierarchie mit bestimm-
die apostol, Tradition u. Sukzession der ten Haresien od. anderen nonkonformist.
kirchl. Hierarchie bildhaft demonstriert. Kreisen hin. Der bevorzugte Ort der A. im
Das Thema der A. erscheint voll ausgebil- mittelbyz. Bildprogramm der Kirchenist die
det im 6. Jh. auf Patenen u. in der Minia- Apsis. In der Ikonenmalerei ist die A. seit
turmalerei; wahrscheinlich auch in der Mo- dem 11. Jh. weit verbreitet. — Taf. 4; Abb., s.
numentalmalerei, wovon aber nichts erhal- auch Umschlagbild.
ten ist. Es gibt 2 Typen der Darstellung.
Lit: Lazarev, Reg.: Evcharistija; Pokrovskij, 227
Beim ersten Typ wird Christus zweimal bis 883; M. Vioberg, L’Eucharistie dans l’Art, 2
(d. h. bei der Brot- und bei der Weinspen- Bde., Paris 1946; K. Wessel, Abendmahl u. A.,
dung), beim anderen nur einmal bei der Recklinghausen 1964; LChI 1, 173-176, LdK
Austeilung der Eucharistie dargestellt, wo- 1(1987), 215-216; LexMA1, 790-791; RBK 1, 239
bis 245. ~ S. auch Lit. zu Eucharistie.
bei der zweite Typ seinen Ursprung wahr-
scheinlich in der Miniaturmalerei hat. Der
erste Typ spiegelt die altkirchl. Sitte wider, Aposticha (grch. n. plur.; russ. stichovna,f.),
Brot u. Wein jeweils durch den Bischof kiirzere Hymnenstiicke, die auf Psalmverse
(bzw. den Priester) u. den Diakon austeilen (grch. stichoi) folgen. Sie bestehen minimal
aus 3, maximal aus 5 Troparien u. werden
zu lassen. Ob der zweite Typ schonim 6. Jh.
(Rabulaskodex) den Brauch der Intinctio im Abend- u. Morgengottesdienst gesungen.
(lat.), d. h. des Eintauchens des Brotes in An Festtagen fithren sie besondere Texte.
den Wein, wiedergibt, ist fraglich, da diese Lit: Authologia Graeca, LIX, 64, 84; LexMA1,
Kommmunionshandlung (mit nur einem Li- 791-792.
turgen) fiir den Westen erst im 7. Jh. be-
zeugt ist. Im Osten wird die Intinctio erst Apostolos (grch., m., auch praxapostolos,
von etwa 1000 an eingefiihrt. Die A. in der m.; russ. apostol, m.), Zusammenstellung
Kirche des Michaels-Klosters in Kiev (1111 der Briefe (Episteln) der Apostel u. der
bis 1112) zeigt zum erstenmal Christus mit Apostelgeschichte des NT. Der A. gehért zu

Apostelkommunion

37
Aprakos
den Lesebiichern des byz. Ritus, Er ent- dem Grabe eines Mirtyrers (> auch Coe-
spricht dem Epistolarium (lat.) der kath. meterialkirche) wurde innerhalb der A. die
Kirche. Im allgemeinen werden die Periko- Memoria errichtet. Im Orient beheimatetist
pen so notiert, daB sie am Rande des Voll- die Anlage einer von Nebenapsiden flan-
textes mit ,,Anfang“ (grch. arche; russ. kierten Zentral-A. Der GrundriB der erste-
nadalo) u. ,,Ende“ (grch. telos; russ. konec) ren braucht nicht mit dem der letzteren
angezeigt werden. Oft werden die Namen tibereinzustimmen. Die Zentral-A.. konnte
der Heiligen u. Feste hinzugefiigt. Neben allein od. mit den Nebenapsiden die AuBen-
dieser Form der Perikopennotierungist der architektur des Haupthauses bestimmen.
A.-Aprakos (— unter Evangelium) seltener. Ausliturg. Griinden wurde sie auch beim
In jtingeren Druckausgaben fiihrt der A. Zentralbau verwendet. Apsidenahnliche
noch die Prokeimena (—~ Prokeimenon), Stitzenstellungen (Exedren) im Inneren
das Halleluja u. das Kommunionslied (> dienten seiner reicheren Gliederung.
unter Kommunion) der einzelnen Wochen- Derdreiteilige Ostabschlu8, dem im Inne-
tage. Im Laufe der Zeit wurden die Texte ren neben dem Altarraum der Zentral-A.
des A. von Menaion, Pentekostarion u. die Prothesis (der Riistraum) u. das Diako-
Triodion tibernommen. — Zum illustrierten nikon (der Raum fiir die Altargerite) ent-
A. > Bibelillustration. sprachen, wurde schlieBlich ftir die Kreuz-
kuppelkirche (— unter Kirchenbau) maBge-
Lit: Beck, 249; Daniel, 318; V. Jagi¢é, Zum altkir- bend. — Wegen ihrer besonderen Wiirdestel-
chenslav. A., Sb. der Wiener AdW, phil.-hist.
Klasse, 191, 1919; 193; 1920; 197, 1922; Wellesz,
lung innerhalb der Teile des Kirchengebau-
138-139; LdK 2(1989), 346 (Epistolar); LexMA 1, des erhielt die A. ein eigenes Bildpro-
794, — 8, auch Lit. zu Lesebiicher. gramm.

Aprakos — unter Evangelium Lit G. Bandmann, Mittelalterl. Architektur als


Bedeutungstrager, Berlin 1951, Reg.: A.; Ch. Del-
voye, Etudes d’Architecture Paléochrétienne et
Apsis (plur. Apsiden, ‘Bogen’, ‘Verbin- Byzantine, 2. L’Apside (Byzantion XXXII, 1962);
dungsraum’, russ. apsida, f.), spaterer Fach- LadK 1(1987), 219; LexMA 1, 812-817 (A., A.bild);
ausdruck ‘fir urspriinglich Konche (grch., RBK 1, 246-268. — S. auch Lit. zu Bildprogramm,
‘Muschel’; lat. concha, f., tribunal, n., ex- Kirchenbau.
edra, f.), ein Gebdudeteil vor allem der
spatantiken Profanbasilika. Als eigene Arche Noahs (grch. kibotos, £., ‘Arche’;
Raumeinheit von halbkreisférmigem Grund- russ. kivot, m., kovéeg, m.; lat. arca, f.). Das
rif u. mit einem halbkugeligen Gewdlbe Motiv der A. N. (1. Mose 6-8) ist im Bild-
(konche)iiberdeckt,ist die A. der dem Ein- schmuck der spatantiken Synagoge anzu-
gang gegentiberliegenden Schmaiseite des treffen (Dura Europos, um 250; Gerasa,
Langhauses angeftigt. Die A. war nicht an Anfang 5. Jh.). Ein Kultus mit ausgedehn-
die Basilika gebunden, sondern erscheint tem Pilgerwesen bliihte bis in die mittelbyz.
auch bei anderen Architekturformen profa- Zeit hinein in Phrygien. Im NT wurde die
ner u. sakraler Art. Der friihchristl. Kir- A.N.bereits als Symbol der in Glauben u.
chenbau tibernahm die A.u. entwickelte ih- Bu8e erfahrenen Rettung verstanden (vgl.
re Formen zunichst im basilikalen Baukon- Matth. 24, 38; 1. Petr. 3, 20; Hebr. 11, 7); Ju-
text weiter. Es gab halbkreisférmige, recht- stin (gest. um 165) faBte die Sintflut als auf
eckige u. polygonale Apsiden, die, niedriger die Taufe hinweisendes Vorbild (Typos)
als das Haupthaus, im allgemeinen an der auf; das Material der A.N. verband er ge-
dstl. Schmalseite angelegt waren. Bei drei- danklich mit dem Holz des Kreuzes. Westi.
od. mehrschiffigen Basiliken fiihrte das Mit- Kirchenvater (Tertullian, gest. nach 220;
telschiff auf die A. zu, ihr Eingang war oft Cyprian, gest. 258; Augustinus, gest. 430,
mit einem Triumphbogen geschmiickt. In u. a.) bevorzugten den Vergleich der A. N.
der A. befand sich das um einige Stufen er- mit der Kirche als Statte des Heils. In der
héhte Bema. An der Mitte der A.-Wand friihchristl Kunst erscheint das Motiv
stand der Bischofsthron, flankiert von den zunachst in den Katakombenu. auf Sarko-
Subsellien, den Sitzgelegenheiten des Kle- phagen, wo Noahoft in anbetender Haltung
tus, davor der Altar. Bei einer Kirche mit (— Orans) stellvertretend fiir den Verstor-
38
Arkandisziplin
benen dargestellt wird. Die Arche selbst Archimandrit (grch. archimandrites, m. [von
kann verschiedene Formen haben: drei- -mandra, f., “Hiirde’, ‘Stall’]; russ. archi-
stéckig, als Pyramidenstumpf mit rechtecki- mandrit), in Byzanz seit dem 10/11. Jh. der
ger Basis, als ,,kosmophoros kibotos“, wohl Abt eines od, mehrerer Kléster, die sich
als perspektiv. Innenansicht(mittelbyz. [lu- durch ihre geistl. u. kulturelle Bedeutung
strationen des Kosmas Indikopleustes), als auszeichnen. Der Titel A. erscheint zuerst
mehrteiliger Kasten od. in der kopt. Kunst Anfang des 6. Jh. in Agypten, wo fiir die
als altigypt. Nilbarke. Bei Kosmas Indiko- Koinobiten u. Eremiten im kopt. Ménch-
pleustes findet sich die Wiedergabe Noahs tum je ein A. als Oberabt eingesetzt wurde.
als Gerechten mit 2 Tauben. Wahrend das
autonome Bild Noahs zum Bestand der Lit.: Beck 137 f. u. Reg.: A.; de Meester, Reg.: Ar-
chimandrita; LexMA 1, 897-898.
orth. Ikonographie gehGrt, verliert die A. N.
schon in friihbyz. Zeit an Bedeutung, viel-
leicht, um Entsprechungen zum Kultus der Archipresbyter (grch. archipresbyteros, m.,
Synagoge zu vermeiden. Dagegen bleibt das protopresbyteros, protopapas; russ. propres-
Motiv in der Bibelillustration erhalten, z. B. viter), in altkirchl. Zeit der Vorgesetzte der
in der Wiener Genesis u. den zahlreichen Priester in der Bischofsverwaltung, wenn
balkan. u. russ. Kopien des Kosmas. In der auch mit geringerem EinfluB als der Archi-
russ. Monumentalmalerei des 17. u. 18. Jh. diakon. Wie bei diesem wurden die Funk-
wird die A. N. wieder hiufiger dargestellt tionen des A. in mittel- bis spatbyz. Zeit auf
(Jaroslavl’); hierbei mag nicht selten der das rein liturg. Gebiet eingeschrankt, wo er
Zusammenhang mit dem Seefahrerpatronat den Bischof vertrat. Von diesem Erzpriester
des Nikolaus von Myra (um 350) bestim- des bischdfl. Hofes zu unterscheiden ist der
mend gewesensein. — Taf. 9. Protohiereus (grch.; russ. protoierej, aitere
Form protopop [— auch Pope]). Vom 6. Jh.
an trat dieser in verschiedenster Weise als
Lit: J. Fink, Noe der Gerechte in der friihchristl. eine Art Vorsteher des stadt. u. Jandl. Kle-
Kunst, Minster 1955; A. Grabar, Images Bibli-
ques d’Apamée et Fresques de la Synagogue de tus hervor, In RuBland gewann das Amt des
Dura, CAr 5, 1951; H. Hohl, Die Darst. der Sint- Protopopen im 16. und 17. Jh. erhéhte Be-
flut u. die Gestaltung des Elementaren (Diss. Tii- deutung, da ihm die Durchfiihrung verschie-
bingen 1967); J. P. Lewis, A Studyof the Interpre-
tation of Noah and the Flood in Jewish and Chri- dener Reformen der Synode von 1551
stian Literature, Leiden 1968; H. Rahner, Symbo- (,,Hundertkapitelsynode“) u. die vertiefte
le der Kirche, Salzburg 1964, 504-547, LChI 1, Seelsorge tibertragen worden war. Esist be-
178-180; LdK 3, 577. zeichnend, daB aus diesen Kreisen das
innerruss. Schisma (raskol) des 17. Jh., die
Archidiakon (grtch. archidiakonos, m., pro- Abspaltung der Altglaubigen von der Patri-
todiakonos, m.; russ. archidiakon, m., proto- archatskirche, erwuchs.
diakon, m.), urspriinglich der Vorgesetzte
Lit: Beck, 100, 115; Feine, Reg.: A.; P. Haupt-
der Diakone in der Bischofsverwaltung, mano, Altruss. Glaube. Der Kampf des Proto-
spaiter der Leiter der Bischofsverwaltung. popen Avvakum gegen die Kirchenreform des
Obwohl ohne direkte Jurisdiktion iiber die 17. Jh., Géttingen 1963, 112 ff, LexMA 1, 900-901.
Priester, war der A. innerhalb der Didzese
einfluBreicher als diese (— auch Archipres- Arkandisziplin (lat. arcanum, n., ‘das Ge-
byter). Wabrend im Westen im MA die Ju- heime’; der Begriff ist erst seit dem 17. Jh.
tisdiktionsgewalt des A.s zur offenen Riva- geliufig), die Geheimhaltungspflicht, die
litét mit dem Bischof ftihrte, wurde er im die Alte Kirche Klerus u. Laien auferlegte.
byz. Bereich bald auf seine liturg. Funktio- Sie bezog sich zunichst auf das Glaubensbe-
nen eingeschrénkt, um schlieflich aus der kenntnis, das Vaterunser u. die Taufe, aber
Amterliste des Patriarchen ganz zu ver- auch auf bestimmtehl. Biicher u. Orte. Vor
schwinden. — In der christl. Kunst werden allem in den Verfolgungszeiten der friihen
Stephanus u. Laurentius als A.e dargestellt. Christenheit gewann die A. groBe Bedeu-
tung. Seit Konstantin (gest. 337) wurde sie
Lit: Beck, 114 £; Feine, Reg.: A; LexMA 1, 896 allmahlich abgebaut. Der Einfiihrung in die
bis 897. —S. auch Lit. zu Diakon. kirchl. Geheimnisse od. Mysterien (+ auch
39
Arkosolium
Sakramente) diente der Katechumenat. Es andere kirchl. Gebiude u. Grundstiicke aus.
entstand eine interne A., ,,nicht mehr vor Das fiihrte zu einer Gefahrdung der allge-
den Heiden, sondern vor dem christl. Volk“ meinen Rechtssicherheit, so da Justinian
(Jungmann), in Gestalt der Sakralisierung (gest. 565) eine Reihe von Straftaten vom
von Gegenstanden, od. der Sprachen u. a. A.-Rechtausschlo8. In der Praxis wurdeal-
Binefiir die Ostkirche typ. Form der inter- lerdings die Aufhebung des A.-Rechts von
nen A.ist die Bilderwand vor dem Altar- der Zustimmung des Bischofs abhingig ge-
raum. Auch die Stillgebete wird man in die- macht. Noch im MAlehnte die Kirche jede
sem Zusammenhang nennen dirfen. Einschrinkung des A.-Rechts entschieden
ab.
Lit: O. Casel, Altchrist]. Kult u. Antike, JLW 3,
1923, 1-17; ders., De Philosophorum Graecorum Lit: Beck, 74 f.; Feine, 66, 485; E. Hermann, Zum
Silentio Mystico (phil. Diss. GieBen 1919); H. Cla- A-Rechtim byz. Reich, OrChrPer 1, 1935, 204 bis
sen, Die A. in der alten Kirche (Diss. Heidelberg 238; P. Timbal Durlaux de Martin, Le Droit
1956); Jungmann,Reg,: A. d,Asile, Paris 1939; LexMA 1, 1156-1158.

Arkosolium — unter Katakomben Atrium (lat., ., auch porticus, m., quadri-


porticus, m.;, grch. aule, f., aithrion, n., pro-
Aspersionstaufe — unter Taufe aulia u. a.), ein vom altrém. Hausbau iber-
nommeneru. im allgemeinen von 4 Sdulen-
Assist, eine bestimmte Technik, Blattgold halien (Portiken) umgebener Vorhof der
auf einen aus Gummi-, Leim- oder anderen altkirchl, Basilika. Sehr oft fiihrte ein reich
Lésungen bestehenden Grund (ital. assis, geschmiicktes, die Aufmerksamkeit der
assiso) so aufzutragen, da es danach ge- Vortibergehenden anziehendes Vortor
glattet od. potiert werden kann (-» auch (grch. propylaion) in das A. In seiner Mitte
Chrysographie). Insbesondere wird in der befandsich ein Brunnen (— Cantharus). Im
Tkonenmalerei unter A. jene Technik ver- A. versammelte sich die Gemeinde, um mit
standen, mit deren Hilfe auf der Bildfliche Bischof und Klerus den Einzug in die Kir-
feine Goldfiden auf Gewandernu. a. (Ber- che zu halten. Es war die Versammlungs-
gen, Laub, Schmuckgegenstiinden) so auf- stiatte ftir das Katechumenat, auch bestimm-
getragen werden,da8 sie zusammenein fei- te BuBklassenstellten sich hier auf. In alt-
nes Gespinst ergeben. Dabei haben die Mi- kirchl. Zeit wurde hier der Morgengottes-
niaturmalerei u. das Goldemail wesentl. dienst gehalten. Unter Konstantin L. (gest.
Anregungen gegeben. 337) wurde das Asylrecht vom Kirchenge-
baude auf das A. ausgedehnt. > Ambitus.
Lit: A. Fuchs, Der A. in der Ikonenkunst u. das
byz. Goldemail, Tortulae. Fs. J. Kollwitz, Frei- Lit: Kétting, Reg. Chr. Strube, Die westl. Ein-
burg/Br. 1966, 140-142. gangsseite der Kirchen von Konstantinopel in ju-
Stinian. Zeit, Wiesbaden 1973; LdK 1(1987), 330;
LexMA 1, 1175-1176; RBK 1, 421-440.
Asyl, Asylrecht(grch. asylon,n., ‘Freistitte’;
tuss. ubeZisee, n.; lat. asylum, n.). Das schon
den Tempeln zugestandene A.-Recht Attribut (lat. aitributum, n., ‘das Zugeteil-
gehdrte seit Konstantin (gest. 337) zu den te’), 1. in der bildenden Kunst aus dem Be-
zahlreichen Immunitaten, die der rém. Staat reich des Gegenstiindlichen stammende Ob-
der Alten Kirche verlich. Im Rahmen des jekte, die einer Person zur Versinnbild-
Kirchenrechts griindete es sich auf die Fiir- lichung bestimmter Eigenschaften, Tatigkei-
bitte des Bischofs, der sogar fiir die Versor- ten u. anderer Merkmale u. damit zu ihrer
gung der A.-Suchenden, in frihbyz. Zeit Identifikation beigegeben werden. Ein A.
auch fiir ihre Schulden aufzukommenhatte. gilt als solches nur in Verbindung mit der
Als A.-Statte galt wie in der Antike in er- ihm zugeordneten Person. Dadurch unter-
ster Linie der Altar. Im Gegensatz zur Anti- scheidet es sich vom Symbol.
ke dehnten Konstantin u. seine Nachfolger 2. Man unterscheidet allgemeine u. indivi-
das A.-Recht tiber das Kirchengebaude hin- duelle A.e: (1) Zu den allgemeinen A.en
aus auch auf die Vorhéfe (> Ambitus, > gehoren(a) die der Heiligkeit tiberhaupt, >
Atrium), den Friedhof (> Coemeterium) u. Kreuz u. — Nimbus. Sie werden allen Per-

40
Auferstehung Christi
sonen beigegeben, auf die das Kennzeichen mes et Attributes, Paris 1897, O. Wimmer, Die
der Heiligkeit, unabhangig von anderen Be- Ae der Heiligen, Innsbruck 19662; LChI 1, 197
bis 201; LdK 1(1987), 333-336, LexMA 4, 2019 bis
sonderheiten,zutrifft. (b) Nach der Vorstel- 2020 (Heilige B II); RBK 1, 440-448.
lung von einer abgestuften Gliederung (>
auch Hierarchie) der ird. u. himml. Kirche
gibt es eine Reihe von Klassen-A.en, die Auferstehung Christi. 1. Zum Fest der A.
diese Gliederung widerspiegeln, z. B. Bi- Ch. > Ostern.
schofsinsignien u. liturg. > Gewander bei 2. Die Ikonographie der A. Ch. innerhalb
Heiligen aus dem Klerus (z. B. Nikolaus) der frihchristl. u. byz.-slav. Kunst hat sich
od. die asket. Gewdnder bei Heiligen des in folgenden Themenkreisen entfaltet: (1)
Méonchstums; des weiteren kénnen Gegen- Symbolische Darstellungen. Im 4./5. Jh. er-
stande bestimmte Formen der Askese od. scheint das Kreuz als Symbol der A. Ch. auf
Patronate andeuten, z. B. der Turm den Sarkophagen. Im Sinne der Theologie des
Saulensteher; das groBe Schima (— unter Apostels Paulus (1. Kor. 1, 18; Phil. 2, 8 f.;
Ménchtum) die strengste Askese; Waffen, Kol. 2, 14) wird es als Tropaion(grch., Sie-
Pferde, Riistungen den Soldatenheiligen, geszeichen,) mit dem Christusmonogramm
Arzt- u. Apothekergerite den Arztheiligen im Siegeskranz wiedergegeben. Diese Dar-
(> auch Heiligenverehrung). Engel tragen stellung reflektiert die theolog. Einheit von
als Sendboten des Himmels Stiibe od. sind Karfreitag u. Ostern, wie sie im 2. Jh. im
durch ihr Gewand als himml. Diakone ge- Apokryph des Petrusevangeliums u. in der
kennzeichnet; als himml. Heerscharen sind Passahomilie des Melito von Sardes (gest.
sie mit Waffen ausgeriistet. Manche A.e 190) vorgetragen u. von den Kirchenvatern
spiegeln auch vorchristl. Patronate wider, spiiter mannigfach variiert wird. Uber den
vor allem bei den Pferde-, Vieh- u. Acker- abstrakt-symbol. Darstellungstyp gehen die
heiligen. ~ (2) Individuelle A.e sind in un- Ampullen aus dem hl. Lande hinaus, auf de-
verwechselbarer Weise nur bestimmten Per- nen die Christusbiiste mit Kreuznimbus (>
sonen beigegeben. Zu den Altesten dieser Nimbus) tiber dem Kreuz od. im Medaillon
Gruppe gehéren die Schliissel des Apostels (dem Clipeus) im Schnittpunkt der Kreuz-
Petrus. Andere sind z. B. der Berg mit der balken zusammen mit den Frauen vor dem
Geburtshéhle Christi (=> auch Apo- Grabe u. dem Engel wiedergegeben wird.
kryphen) in der Hand des Propheten Ha- Bei einigen Darstellungen kann essich auch
bakuk (Hab. 3,3); die Arche Noahs; Aaron um die Himmelfahrt Christi handeln, die in
mit dem bliihenden Stab; die Leidenswerk- friihchrist]. Zeit noch eng mit Ostern ver-
zeuge der hl. Paraskeva (— Heiligenvereh- bunden war. — (2) Wesentlich alter ist der
rung); die Evangelistensymbole; der Erzen- Bildtyp der Frauen am Grabe (grch. myro-
gel (> unter Engel) Michael mit Zepter u. Phorai; tuss. mironosicy, ‘die Myron Tra-
Sphaira (als Erzstratege auch mit dem genden’, vel. Mark. 16, 1-8). Das dlteste
Schwert). — (3) Seltener sind die Beispiele, Zeugnis findet sich in der Hauskirche von
bei denen’ eine Person mit ihrem A. eine Dura Europos (um 230), Um 400 ist die
Personifikation darstellt, z. B. steht Ha- Ikonographie der Myrophoren bereits voll
bakuk mit einem belaubten Berg fir die ausgebildet: Die Frauen nahern sich dem
Jungfraulichkeit der Gottesmutter. Solche Grabmal, das als prunkvolles Mausoleum
Beispiele gehéren in den Bereich der byz. dargestellt ist (= auch Martyrion), vor des-
Mystagogie. — (4) Das System der Heiligen- sen geschlossener Tiir der Engel sitzt,
A.e ist letzten Endes abgeleitet aus den wiihrend sich 2 schlafende Soldaten an die
A.en der Martyrer. Zu den allgemeinen Mauer lIehnen. Uber den Frauen ist die
Zeichen dieser Gruppe gehdren das Kreuz, Himmelfahrt Christi dargestellt. Der Typ
Marterwerkzeuge u. die rote Farbe der des Myrophorenbildes hat sich durch die
Blutzeugenschaft. aus Jerusalem stammenden Ampullen u.
Reliquiare iiber die ganze christ]. Okumene
Lit: Braun, Attribute; G. Ferguson, Signs and ausgebreitet. Besondere Aufmerksamkeit
Symbols in Christian Art, New York 1961, K. fand das geschlossene Grab,in dem sich das
Fries, Die A-e der christl. Heiligen, Leipzig 1915;
R. Pfileiderer, Die A.e der Heiligen, Ulm 19202;
Wunder der A. Ch. vollzogen hat. Auf der
M. P. Verneuil, Dictionnaire des Symbols, Emblé- Miniatur aus dem Rabulaskodex im 6. Jh.
41
Auferstehung Christi
(© auch Bibelillustration) sieht man aus der mente des Kaiserkultes tibernahm (z. B.
leicht geGffneten Tir des Rundbaus Licht- Christus als himml. Kaiser setzt seinen Pur-
strahlen fallen (als Zeichen fiir die Lichter- purschuh auf den Nacken des besiegten Ha-
fillltheit der myst. Héhlen, — unter Apo- des). ~ Entstehungszeit u. -raum der Ana-
kryphen; s. Lichtwunder zu — Ostern). stasis sind noch nicht véllig geklart. Vieles
Nach dem Verlust Jerusalems im 7. Jh. wird spricht fir Syrien, woher auch das erste
die Darstellung der Grabesrotunde (— Ro- Zeugnis stammt (eine Staurothek aus der
tunde, > Kirchenbau) ersetzt durch die des Sammlung Fieschi Morgan, New York, 7.
Felsengrabes, in dem od. vor dem oft der Jh.). Hier findet sich bereits der erste Typ
gedffnete Sarkophag .mit den Leichenti- des Anastasisbildes: Christus steigt zu den
chern zu sehenist.. In einigen Denkmiélern Stammeltern Adam und Eva hinunter, wo-
der Ikonenmalerei (Andrej Rublev, Taf. 7) bei er die Hand Adamsergreift (sog. Des-
erreichte das Myrophorenbild starke Aussa- censustyp), wahtend er von Eva angebetet
gekraft. — (3) Die Darstellung der A. Ch. wird. Der bezwungene Hades greift nach
aus dem Grabe als ,,Vorgangist selten. Adams Fu8. Im 9. Jh. entwickelte sich der
Der Grundhierfiir ist im Fehlen von Zeu- zweite Bildtyp: Christus steigt auf, das
gen in den Auferstehungsberichten des NT Kreuz als Siegeszeichen in der Linken hal-
zu sehen sowie im Verstandnis der orth. tend u. mit der Rechten Adam aus dem
Kirche vom Mysterium des Osterereignis- Grabe nach sich ziehend (sog. Ascensus-
ses. Auf Randminiaturen einiger byz. Psal- typ). Die Figur des Hades wird nun seltenér
terhandschriften erscheint die eigentl. A. wiedergegeben. Das Grundschema kann va-
Ch. als typolog. Deutung von Ps, 10, 12; 31, tiiert werden, vor allem durch Vermehrung
5; 44, 23.24; 78, 65. Christus wird vor od, ne- der Personenzahi. In der russ. Ikonenmale-
ben dem offenen Grab (in einem Fall als rei wird das Thema im 14,/15. Jh. in der
Mumie im Grab), manchmal beim Verlas- kiinstler. Darstellung einem Héhepunktzu-
sen des Grabes (od. eines Sarkophages) ge- gefiihrt, wahrend es im 16,/17. Sh. nicht sel-
zeigt. In einigen Fallen weist die Gestalt des ten zu kombinierten Darstellungen, bildhaf-
K6nigs David auf diesen Vorganghin. — (4) ten theolog. Synopsen, der Hélenfahrt mit
Daseigentl Auferstehungsbild der Ostkir- den Frauen am Grabe u. Einzelmotiven aus
che ist aber jener Typus, der auf zahlreichen der Apokalypse des Johannes u. dem Jiing-
Denkmilern als Anastasis (grch., russ. vos- sten > Gericht kommt. — Erscheinungen
kresenie, ‘Auferstehung’) bezeichnet wird. des Auferstandenen — unter Pfingsten (3).
Es handelt sich um die Darstellung der Hél- — Taf. 6,7.
len- od. Hadesfabrt Christi (grch. kathodos
eis hadu; russ. soSestvie vo ad; lat. descensus Lit: M. Bauer, Die Ikonographie der Héllenfahrt
Christi von ihren Anfingen bis zum 16. Jh., Diss.
ad inferos). An der Entstehung dieses Bil- Gittingen 1949; W. Bieder, Die Vorstellungen
des haben literar. Quellen, wie Apo- von der Hollenfahrt Christi, Ziirich 1949; W.
kryphen,der antike Mythos von der Hades- Braunfels, Die A., Ditsseldorf 1951; A. Grabar,
fahrt des Herakles, Vorstellungen von der La Fresque des Femmes au Tombeau 4 Doura,
CAr8, 1956, 9-26; ders., Empereur, 245-249; V,
Erlésung von Adam und Eva, der Vorvater
Ivanov, The Icon of the Resurrection of Christ,
u..Propheten des AT in der Vorhdlle (lat. JMP 4, 1976, 22-27; E. O. Kosteckaja, K Ikono-
limbus), mitgewirkt. Das zuletzt erwahnte gtafii Voskresenija Christova, SK 12, 1928, 61-70;
Thema wurdebereits von Melito von Sardes K6tting, 309 ff; J. Kroll, Gott u. Hélle. Der My-
thos vom Descensuskampf, Leipzig — Berlin 1932
(gest. 190), aber auch von zahlreichen Kir- (Reprint Darmstadt 1963); R. Lange, Die A.,
chenviitern (mit besonderer Dramatik vor Recklinghausen 1966; V. K. Laurina, Vnov ras-
allem von Ephrem dem Syrer [gest. 373]) krytaja Ikona ,,SoSestvie vo ad“ iz Ferapontova
entfaltet. Seine Aufnahme in die Kirchen- Monastyrja i Moskovskaja Literatura konca XV
dichtung sorgte fiir die weite Verbreitung v., TODL 22, 1966, 165-187; E. Lucchesi — Palli,
Der syr.-palistinens. Darst-Typus der Hétlen-
des Motivs von der Héllenfahrt Christi. Der fahrt Christi, RQ 57, 1962, 250-267; E. S. Ovéinni-
Sieg der orth. Kirche im Bilderstreit (> kova, Ikona ,,SoSestvie vo ad“ iz sobranija Gos.
unter Bild) gab ihr Gelegenheit, den impe- Ist. Muz. v Moskve, Drevnerusskoe Iskusstvo.
ChudoZestvennaja Kul’tura Pskova, Moskau 1968,
tialen Anspruch Christi gerade auf diesem
139-156; Pokrovskij, 391-425; F. Rademacher, Zu
speziellen Osterbild zum Ausdruck zu brin- den frihesten Darst. der A.. ZKG 28, 1965, 195
gen, indem sie in seine Ikonographie Ele- ff.; Schiller 3; A. Kartsonis, Anastasis. The Mak-
42
Auferweckung des Lazarus
ing of an Image, Princeton, New Jersey 1986, W. Lit: Anthologia Graeca, LX-LXI, 105-112; Malt-
Puchner, Zurliturg. Friihstufe der Hillenfahrtsze- zew® 2, 1142-1167; Nilles II, 291- 292; H. J. W.
ne Christi. Byz. Katabasis-Ikonographie u. rezen- Tillyard, Byzantine Music and Hymnography,
ter Osterbrauch, Zs. f. Balkanologie 15, 1979, 98- London 1923, 35 £; ders., Eothina Anastasima.
113; N. Thon, Die entfaltete russ. A. s-Ikonogra- The Morning Hymns of the’ Emperor Leo,
phie, Hermeneia6, 1990, W. Maas, Gottu. Holle. Annual British School of Athens 30, 1928-1930,
Studien zum Descensus Christi, Einsiedeln 1979; 86-108; 31, 1931, 115-147; Wellesz, 237.
LChl1, 201-218; 665-674 (Erscheinung des Aufer-
standenen),; LdK 1(1987), 337-339; LexMA 1,
1200-1203; 5, 98-99 (Hdllenfahrt Ch.i), RBK 1, Auferweckung des Lazarus (grch. egersis tu
142-148 (Anastasis); 2, 371-387 (Erscheinung des Lazaru; tuss. voskresenie Lazarja). Die Iko-
Auferstandenen). nographie der A. d. L. richtete sich in der
Alten Kirche nach Joh. 11; sie entwickelte
Auferstehungs- und Morgenevangelien sehr friih vor allem in der Sepulkralkunst
{grch. euangelia anastasima heothina, 0. (> Sarkophag, > Katakomben) ein einfa-
plur.; russ. evangelija utrennye voskresnye, che, aussagekriftiges Grundschema: Chri-
n. plur.), eine Besonderheit des orth. Got- stus steht vor einem Grabbau, in dem der
tesdienstes: 11 Lesungen aus den Auferste- tote Lazarus in Leichenlinnen aufrecht
hungsevangelien werden vom Sonntag nach steht. Nach dem Vorbild antiker Wunderta-
Pfingsten bis Psalmsonntag in wiederkeh- ter (Thaumaturgen) hilt Christus einen
renden Zyklen im sonntagl. Morgengottes- Stab ausgestreckt, mit dem er den Grabbau
dienst vorgetragen. beriihrt. Manchmal sind ein od. 2 Apostel
Es sind: (1) Matth. 28, 16-20; (2) Mark. 16, beigegeben,seltener die Schwestern des La-
1-8; (3) Mark. 19, 9-16; (4) Luk. 24, 1-9; (5) zarus. Die ganze Szene spiegelt rém. Bestat-
Luk. 24, 13-35; (6) Luk. 24, 36-47; (7) Joh. tungssitten wider. Als gedankl. Verbindung
20, 1-10; (8) Joh. 20, 11-18; (9) Joh. 20, 19 zum Siindenfall von Adam und Eva er-
bis 29; (10) Joh. 21, 1-14; (11) Joh. 21, scheint nicht selten der Paradiesesbaum.
15-19. Die A.d. L. wurde als Hinweis auf die allge-
Sie werden begleitet von 11 Apostelhymnen meine Auferstehung der Toten u. die sittl.
(grch. exaposteilaria; russ. eksapostilarii, sve- Ermneverung durch die Taufe verstanden.
tiny voskresnye), die die Aussendung der Einzelne Elemente der Darstellung wandel-
Apostel zur Vélkertaufe zum Inhalt haben, ten sich noch in friihkirchl. Zeit. So wich der
u. 11 Auferstehungsliedern (grch. heothina Thaumaturgenstab in der Hand Christi dem
anastasima, auch idiomela heothina [> Sti- Triumphkreuz (— Kreuz), in byz. Zeit
chera]; russ. stichiry evangelskija od. schlieBlich dem Befehlsgestus (+ Gestus)
utrennye samoglasnye); bei ihnen handelt es Christi (vgl. Joh. 11, 43). Im Bereich der Mi-
sich um Kurzhymnen (> Troparien) mit niaturmalerei in byz. Psalterhandschriften
eingeschalteten Gottesmutterhymnen (> entweicht die Seele des Lazarus in Gestalt
Theotokion). Verfasser der 11 Exaposteila- eines Eidolon (grch., ,kérperloses Schatten-
tien ist der Kaiser Konstantin Porphyrogen- bild,) dem Leibe des Hades, ein Schema,
netos (gest. 959), der 11 Auferstehungslie- auf das Apokryphen (Nikodemusevangeli-
der sein’ Vater Leon VI. (gest. 911). um) Einflu8 genommen haben. Schon im 5.
Wahrend der GroSen > Fastenzeit werden u, 6. Jh, entwickelte sich der szenenreiche,
diese Lieder ersetzt durch die sog. Licht- erzahlende Bildtypus, der fortan in der byz.-
Lieder {grch. photagogika; russ. svetilny). slav. Malerei das Grundschema werdensoll-
Wie die tbrigen nach den Wochentagen ge- te: Christus mit Segens- od. Befehlsgestus
ordneten Exaposteilarien gehdren die A. u. vor der Grabeshéhle (nach dem Vorbild der
M. dem beweg!l. Zyklus des Kirchenjahres Grabeshihle Christi), zwischen dieser u.
u. damit der Oktoechos an. Die Exapostei- Christus die zweifelnden Juden, wahrend
larien des fixen Zyklus dagegen finden sich die Jiinger hinter ihm stehen (mit wechseln-
im Menaion. Die sonntagl. A. u. M. mit den Positionen beider Gruppen), Maria u.
ihren Begleithymnen erinnern das ganze Martha kniend vor dem geéffneten Grabe
Kirchenjahr hindurch an die Oster- und u. unmittelbar vor dem Grab ein Mann, der
Pfingstbotschaft, deren Inhalt sie in immer sich wegen des Leichengeruches ein Tuch
neuen gedankl. Bildern reich entfalten. — od. einen Gewandzipfel vor das Gesicht
Text: s. Anhang Nr. 6. halt. Dieses Schema steht in engstem Zu-
43
AundO

Auferweckung des Lazarus

sammenhang mit der reichen Hymnenaus- A und O, Alpha und Omega (grch.) Alpha
stattung des —> Lazarussamstags. Die A. d. u. Omega bezeichnen als erster und letzter
L. gehért zum Passionszyklus, wird aber Buchstabe des grch. Alphabets bereits im
auch nach dem Aufkommen des Dodekaor- Hellenismusdie Fiille der Zeit (24 Stunden,
tions, der Bildsammlung zu den 12 groBen 12 Tierkreiszeichen u. a.) u. des Kosmos.
Festen des Kirchenjahres, mit dem Einzug Ahnliche Spekulationen veranlaBten den
Christi in Jerusalem u. der Verklérung Chri- Verfasser der Offb. (+ Apokalypse [2], A
sti zusammengestellt. — Taf. 8; Abb. u. O als symbol. Bezeichnung fiir Gott
(Offb. 1, 8; 21, 6) u. den erhéhten Christus
Lit: R. Darmstaedter, Die A. d. L. in der alt- (Off. 1, 17; 2, 8; 22, 13) zu verwenden. Die
christl. u. byz. Kunst, Bern 1955; Dassmann, 283
bis 289; Hamann — Mac Lean, Das Grab in Autun, Kirchenvdter begrenzten die Symbolaussa-
Marburger Jb. fiir Kunstwiss. 8/9, 1936, 182-328; ge des A u. O weitgehend auf Christus. Das
A. Hermann, Agyptolog. Marginalien zur spaitan- hatte entscheidende Bedeutung fiir die Iko-
tiken Ikonographie, Jb. fiir Antike und Christen- nographie der christl. Kunst, in der A u. O
tum 5, 1962, 60-69; E. Male, La Résurrection de
Lazare dans l’Art, Revue des Arts 1, 1951, 44-52; stets Christus bezeichnen, wobei seine We-
Ouspensky — Lossky, 177 £.; Pokrovskij, 249-257; senseinheit (Konsubstantialitat) mit Gottva-
Schiller 1, 189-194; E. Sauser, Das Bild von der ter vorausgesetzt wird. Au. O erscheinen in
Auferstehung des Lazarus in der friihchristl. u. Verbindung mit dem Nimbus Christi, auf
stl, Kunst. Trierer Theol. Zs. 90, 1981, 276-288;
LChI3, 33-38; LdK 5, 654-655; LexMA 5, 1774 bis dem Jtingsten — Gericht, der Apokalypse,
1775; RBK 2, 388-414. im Christusmonogramm, mit dem Kreuz-
44
Aureole
nimbusauf der Dreieinigkeit u. bei anderen spater bei allen Bildern, die auf irgendeine
symbol. Figuren. Als Forschungsgegenstand Weise die Majestas Domini, den erhéhten
gehéren A u. O zur Epigraphik. Christus, verkérpern, wie vor allem die Ver-
klarung Christi u. das Jiingste —> Gericht. In
Lit: E. Dinkler, Signum Crucis, Tiibingen 1967, friihbyz. Zeit bevorzugte man die A. od,
33 £., 166 ff, 173; LdK 1(1987), 347-348; LexMA 1, Mandorlafiir das Kind auf Gottesmutterbil-
455.
dern, vor dem Bilderstreit (= unter Bild)
fir Szenen, die die Gottesmutter mit dem
Aureole (lat. aureolus, ‘goldfarbig’, russ. Kind zeigen (> auch Clipeus). SchlieBlich
avreol’), auch Gloriole (lat. gloria, f., “Ehre’, wird die Mandorla manchmal auf Darstel-
‘Ruhm’), ein meist goldener Strahlenkranz lungen des Entschlafens der Gottesmutter
od. Heiligenschein, der die ganze Gestalt verwendet.
umgibt u. deshalb auch GroBer > Nimbus
hei®t. Die A. kann kreisférmig od. oval bis
mandelférmig (Mandorla) sein. In der Lit: O, Brendel, Origin and Meaningof the Man-
dorla, GBA (6. Ser.) 25, 1944, 5-24; F. van der
christl. Kunst erscheint die Mandorla zuerst
Meer, Majestas Domini, Théophaniesde l’Apoca-
auf Darstellungen der Himmelfahrt Christi lypse dans l’Art Chrétien, Rom 1938; Wellen, 178
in der Miniaturmalerei u. auf Ampullen, £; LChI 3, 147-149 (Mandorla); LdK 2, 241 (Heili-

Leitungsstruktur einer autokephalen Kirche


(> OKUMENISCHE SYNODE
Héchste kirchliche Autoritat aller autokephalen Kirchen
Autokephale Kirche
Episkopale Leitungsstruktur Synodale Leitungsstruktur
LANDESKONZIL
++ Patriarch (leitender Bischof) Oberste kirchliche Autoritét einer auto-
Vorsitzender der kephalen Kirche; ihm sind Patriarch und
lL» Bischofssynode (Heiliger Sinod) ;-— Bischofssynode _rechenschaftspflichtig.
ersetat in einigen autokephalen Redaktionsausschu$ nur von Bischéfen
Kirchen das Landeskonzil besetzt

Eparchialsynode
Tn manchen autokephalen Kirchen auch
Teilnahmevon Laien; hat in den meisten
Fallen beratenden Charakter fitr den Bi-
schof

Gemeindeversammlung

Episkopat Presbyterat r

Igumenat Hieromonachen
(Priesterménche) Laien

Geweihte Nichtgeweihte
45
Aurum coronarium
genschein); RBK 2, 867-882 (Gloriole). — S. auch ist in der ,,Finfherrschaft* (grch. pentar-
Lit. zu Nimbus. chia) der altkirchl. Patriarchate von Rom,
Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien u.
Aurum coronarium (lat. ‘Kranzgold’), Geld- Jerusalem zu sehen. Neben ihnen u. Zypern
geschenke, die in Gestalt von goldenen gibt es heute folgende autokephale Kirchen:
Kranzen den rom. Kaisern von Abordnun- Georgien (692-1801 u. seit 1918), Bulgarien
gen der Provinzen bei verschiedenen Gele- (927-1018, 1235-1767, seit 1944); Serbien
genheiten iiberbracht wurden. Die emble- (1219-1755, seit 1879), RuBland A. (1448,
mat. Darstellung dieser Zeremonie (in An- Patriarchat 1589); Erzbistum des Sinaiklo-
betung gebiickte Gestalten nahern sich dem sters (1782); Griechenland (1850); Rumani-
Kaiserbild, mit verhiillten Handen [> auch en (1885); Polen (1924); Tschechoslowakei
Gestus] das A. c. tragend) wurde in der (1951); russ.-orth., grch.kath. Kirche in
frithchristl. vu. byz. Kunst auf Christus itber- Nordamerika (1970). — Tab.45; s. auch Aus-
tragen. Dafiir kamen vor allem folgende schlagkarteI.
Darstellungen in Frage: Anbetang der Ma-
gier (= unter Geburt Christi), Apostelbil- Lit: N. Afanassieff, N. Koulomzine, J. Meyen-
dorff, A. Schmemann, Der Primat des Petrus in
der, Anbetung der 24 Altesten der Apoka- der orth. Kirche, Ziirich 1961; LD. Ivan, Die Or-
lypse, Himmelfahrt Christi (Engel bringen ganisation u. Verwaltung der autokephalen u. au-
das A.c. Christus dar). tonomen Kirchen, Lausanne 1969; R. Janin, Les
Eglises Orientales et les Rites Orientaux, Paris
Lit: K. Baus, Der Kranz in Antike u. Christen-
1955; H. Kotsonis, Verfassung u. Aufbau derorth.
Kirchen, Orthodoxe Kirche, 169-174; D. Kyriakos,
tum, Berlin 1940; Th. Klauser, Aura coronaria,
Das System der autokephalen,selbstandigen orth.
Mitt. de DAI, Rom. Abt, 59, 1944, 129-153; Kot-
Kirchen, Revue Internationale de Théologie 10,
ting, 229 £; K. Wessel, Kranzgold u. Lebenskro-
1902, 99-115, 273-286; O. Lototkij, Autokefalija, 2
nen, Atchiolog. Anzeiger 1950/51, 103 £.; LChT 1,
Bde., Warschau 1935, 1938; J. Meyendorff, L"Eeli-
227-228; RBK 1, 448-452; LdK 1(1987), 350; Lex-
se Orthodoxe Hier et Aujord’hui, Paris 1960, Mi-
MA 4, 1537-1538 (Gold IV).
lasch, § 26-35, 84-99; Onasch, Konfessionskunde,
175-181; Episkop Pétr (L’Jul’e), Problemy, svja-
AuBerste Erniedrigung — unter Christusbil- zamnye s avtokefalej, Messager 97 bis 100, 1978,
71-97, LexMA 1, 1269-1270.
der
Autorenbild — unter Evangelistenbilder
Autokephalie (aus grch. autos, ‘selbst’, ‘al-
lein’, u. kephale, f., “Haupt’), Bezeichnung
eines Kirchengebietes, das von einem ,,cige-
nen Haupt“geleitet wird. Im Rahmen des
orth. Kirchenrechts besteht eine autokepha- B
Je Kirche dort, wo der Leiter der kirchl.
Hierarchie (in der Regel ein Patriarch) Bahnlese, bestimmte Form der Lesungenei-
nicht von einem ibergeordneten Hierar- nes od. mehrerer bibl. Biicher, wobei im
chen ernannt, sondern durch eine Synode Unterschied zur Lectio continua oft ganze
der Bischéfe (— Bischof) gewahlt u. inthro- Abschnitte fortgelassen werden kénnen. —
nisiert wird. Der so gewihlte Oberhirte — auch Perikope.
mu8 von der ehemaligen Mutterkirche u.
den anderen autokephalen Kirchen aner- Baldachin(ital. baldacchino, m.), urspriing-
kannt werden. Er besitzt volle, nur durch lich Bezeichnung fiir einen aus Bagdad
die Rechte des Bischofs eingeschrankte Ju- (Baldac) importierten golddurchwirkten
tisdiktionsgewalt in seinem Gebiet, das cine Stoff, spater Ubertragen auf den von 4 od. 6
eigene, autonome Leitungsstruktur besitzt. Tragstangen gehaltenen Traghimmel tiber
In den Diptychen wird er an erster Stelle sakralen Gegenstinden (Reliquien, be-
genannt. Der Begriff der A. im weiteren stimmten Altargeriiten), Orten (Altar) od.
Sinne (> auch Ritus) schlieBt ethnische, Personen (Bischof u. anderen Vertretern
sprachlich u. fiberhaupt kulturelle Eigen- der Hierarchie). Dieser Form des B.s ist der
stindigkeit eines Kirchengebietes ein, wo- Schirm verwandt, der dem Papstu. oriental.
mit er auch fiir die Kunstgeschichte relevant kirchl. Wiirdentrigern als insigniales Zei-
wird. Die Wurzel des autokephalen Prinzips chen nachgetragen wird. SchlieBlich wird je-

46
Basilika
des feste, aus unterschiedl. Materialien her- als Raum fiir die Myronsalbung (lat. consi-
gestellte Zierdach B. genannt; allerdings ist gnatorium) u. als Unterrichtsraum der Kate-
fiir den feststehenden, massiven B. die Be- chumenendienten. Es konnte aber auch ein
zeichnung Ciborium vorzuziehen. isoliert stehendes Gebdude sein. Nachdem
die Erwachsenentaufe aufhérte, wurde das
Lit: A. Alféldi, Die Gesch, des Throntabernakels,
B. nicht mehr gebraucht. Das Taufbecken
Nouvelle Clio 1-2, 1949/50, 537-566; Braun, Altar,
185-233; H. Michaelis, Der Thron-B., Aus der byz. (russ. kupel’) wurde nun in die Kirche selbst
Arbeit der DDR,2 Bd., Berlin 1957, 110-119; O. gestellt. Auf dem Balkan u. in Ru@land bau-
Treitinger, Die ostrém. Kaiser- u. Reichsidee te man in der Zeit der Missionierung (9./10.
nach ihrer Gestaltung im hf. Zeremoniell, Bad Jh.) das B. im allgemeinen an die Vorhalle
Homburg v. d. Héhe 1969, 56 f.; P. A. Under-
wood, The Fontaine of Life, DOP 5, 1950, 43-138; der Kirche, den Narthex, an.
LChI 1, 239-241; LdK 1(1987), 384; LexMA 1,
1362. RBK 1, 1055-1065. — S. auch Lit. zu Kuppel. Lit: R. Bauerreis, Fons Sacer, Munchen — Pasing
1949; F. J. Délger, Zur Symbolik deschrist]. Tauf-
Baptisterium (lat., n.; grch. baptisterion, n.). hauses, AuC 4, 1934, 153-187; J. H. Emminghaus,
Baptisterien in Syrien u. Paldstina (Diss. Minster
Urspriinglich das Badebecken der 16m.Ba- 1955); A. Khatchatrian, Les Baptistéres Pa-
der, wurde die Bezeichnung von der Alten leochrétiens, Paris 1962; Kétting, Reg.; RBK 1,
Kirche auf den Raum bzw. das Gebiude 460-496; LdK 1(1987), 398-400; LexMA 1, 1425
Gbertragen, in dem die Taufe stattfand (an- bis 1426. — S. auch Lit. zu Taufe u. Kirchenbau.
dere Bezeichnungen:lat. baptisterii basilica,
templum baptisterii; grch. baptismatos oikos, Basilika (lat. basilica, £.; grch. basilike, basi-
photisterion). In friihchristl. Zeit wurde like stoa, £.), 1. in vorchristl. Zeit ein recht-
noch an jeder Wasserstelle (Quelle, Flu8, eckiger, lingsgerichteter (oblonger) Ver-
Wasserbecken) getauft. In der Hauskirche sammlungsraum, der im Inneren durch Sau-
von Dura Europos (um 230) befandsich ein lenreihen (Kolonnaden) in mehrere Paral-
besonderer, mit Fresken ausgeschmiickter lelrfume gegliedert wird. (Andere Formen
Raum, in dem ein rechteckiges Wasser- von Versammlungsréumen, die auch als B.
becken, mit einem Ciborium iiberdacht, bezeichnet werden, bleiben auBerhalb unse-
stand, aus dem ‘das Taufwasser geschépft rer Betrachtung.) Basiliken konnten ver-
wurde; als Taufbecken diirfte es kaum ge- schiedenen Zwecken dienen (Markt-, Ge-
dient haben. Mit Ende der Verfolgungszeit richts-, Militar-, Palast- u. Kult-B.).
entwickelte sich das B. als variantenreicher 2, Wegen ihrer guten Eignung, gréGBere
Bautyp. Es gab Anlagen, die aus einem Menschenmassen nicht nur zu fassen, son-
Vor- u. einem groBeren Hauptraum bestan- dern auch zu ordnen, wurde die B. vom Kir-
den. Folgende Bauformen des B.s sind be- chenbauzur Zeit Konstantins(gest. 337) als
kannt: die Rotunde(altestes Beispiel das B. Bautypus iibernommenu. weiterentwickelt
der Laterankirche in Rom); das Oktogon (lat. basilica, f., basilica dominica, f£., grch.
(Achteck), das vor allem in Italien verbrei- basilike, £., basilikos oikos, m., basileios, m.,
tet war; das seltenere Hexagon (Sechseck) seit dem 6/7. Jh. auch grch. dromikos, m.,
in Norditalien, Dalmatien u. Syrien; das tri- ‘Laufraum’, um die B. vom Zentralbau zu
konchale (kleeblattférmige, + Trikonchos) unterscheiden), Im Unterschied zum Zen-
B. auf dem Balkan u. in Nordafrika; die Ba- tralbau wird die B. durch ihre Langsrich-
silika in Palistina u. Griechenland; das tung (Longitudinalitét) bestimmt, d. h.
kreuzférmige B., das sich der Form des durch die Ausrichtung der Riume u. der
Taufbeckens (lat. piscina; grch. kolymbe- Aufenarchitektur an einer Horizontalachse.
thra) anschlieBt; das quadratisch angelegte Die oblonge Halle der B.ist an ihrer einen
B. u. andere Baukombinationen. Zur Erin- Schmalseite mit einer Apsis, einer
nerung an die Taufe Christi im Jordan, also Raumeinheit von meist halbkreisférmigem
unter freiem Himmel, wurde fiber der Pisci- Grundri8, versehen, die im Orient von Sei-
na oft ein Ciborium, ein baldachinartiger tenkammern (— Pastophorien) flankiert
Aufbau aus festem Material, errichtet. In wird. Auf die Apsis folgt das Haupt- od.
der Alten Kirche u. in friihbyz. Zeit besa8 Langhaus (grch. oikos; -» Naos), dem sich
das B. noch einige Nebenriume, die dem schlieBlich die Vorhalle (Narthex) an-
Aufenthalt des Klerus, fiir den Exorzismus, schlieBt. Das Langhaus ist ein- bis mehr-
47
Basilika. Grundrif

schiffig angelegt. Zwischen Apsis und Lang- Uber diesen konnten Emporen angelegt
haus kann sich ein Querschiff (— Transept) werden (—> auch Matroneum). Das zur Ap-
schieben. An das Langhaus schlof sich ein sis strebende Mittelschiff wurde vor dieser
Atrium, ein Vorhof, an, falls die B. nicht haufig durch einen Triumphbogen abge-
von einem Umgang, dem Ambitus, um- schlossen. Im Apsisraum (— auch Bema)
schlossen war. Zwischen Langhaus und stand vor den Subsellien, den Sitzen fiir den
Atrium konnte sich ein Narthex befinden. Klerus, der Altar. Die gesamte Apsiszone
Neben den schlichten einschiffigen gab es einschlieBlich des Ambon wurde durch die
drei-, funf-, sieben- u. sogar neunschiffige Cancelli, Schrankenplatten aus Stein, Metall
Basiliken. Die Mauern des Mittelschiffes od. Holz, als ,,Klerikerkirche* vom iibrigen
bei mehrschiffigen Basiliken sind tber die Kirchenraum abgegrenzt. Die Apsis u. die
Seitenschiffe erhéht u. von Fenstern durch- Zone der Fenstergaden boten Gelegenheit
brochen (Fenster- od. Lichtgaden). Ein fiir die Entstehung eines Bildprogramms,
Dachstuhl trigt tiber dem Mittelschiff (lat. dessen Darstellungen in altkirchl. Zeit vor-
gremium basilicae) das Satteldach, ber den wiegend aus Mosaiken bestanden.
Seitenschiffen je ein an den Obergadensich ine sehrselten, bisher nur in 2 Fallen zwei-
anlehnendes Pultdach. Wihrend im Westen felsfrei identifizierte Sonderform der B. ist
der Dachstuhl offen od. mit einer Kasset- die Hypaethral-B. (grch., ‘B. unter freiem
tendecke versehen war, sind die oriental. Himmel’), auch Basilica discoperta (lat.).
Basiliken eingewélbt. Das Mittelschiff ist Bei ihr ist das ,,Mittelschiff‘ nicht iber-
durch eine Saulen-, gelegentlich durch eine dacht. Die ,,Seitenschiffe“ besitzen auf Ko-
Pfeilerreihe von den Seitenschiffen getrennt Jonnaden ruhende u. nach innen geneigte
u. zugleich durch die Zwischenréume(In- Pultdicher. Herkunft u. Higenart dieses
terkolumnien)mit ihnen verbunden.Die In- Bautypus sind noch sehr umstritten.
terkolumnien wurden mit kostbaren Vor- 3. Mit dem 6. Jh., dem Zeitalter Justinians 1.
hangen (> Velum) verhangt, die auf- u. zu- (gest. 565), muBte die B. der Kuppelkirche
gezogen werden konnten. Wahrend das weichen (> Kirchenbau). In der nach dem
Mittelschiff als ProzessionsstraBe fir den Bilderstreit (> unter Bild) einsetzenden
Klerus diente, versammelte sich die Ge- Besinnung auf die klass. Vergangenheit oO
meinde, in gréBeren Stadten nach Gemein- auch Renaissancen in Byzanz) kam es im 9.,
debezirken geordnet, in den Seitenschiffen. vor allem aberim 10. Jh. zu einer Wiederbe-

48
Begrabnis
lJebung der B. auf dem Balkan, z. T. in An- res gehalten: am 1. Januar (Tag des Basili-
Jehnung an vorhandenealte Basiliken. Nach us), am Karsamstag, in der Nachtwache des
diesem Zwischenspiel verschwindetdie B., Festes der Geburt Christi u. der Epiphanie
von wenigen u. gréStenteils entfernten Ge- (mit Ausnahme von Samstag u, Sonntag),
bieten (z. B. der Krim) abgesehen, aus dem an beiden Festen, wenn sie auf einen Sonn-
Kirchenbau. - Im Unterschied zum antiken tag od. Montag fallen, sowie an den Sonnta-
Tempelist das Wesender altchristl. B. nicht gen der Groen — Fastenzeit (mit Ausnah-
in ihrer Exklusivitét, sondern in ihrem von me des Psalmsonntags), am Griindonners-
nichtchristl. Vorbild tibernommenen Of- tag. — Text: s. Anhang Nr. 24,2.
fentlichkeitscharakter zu sehen. — Abb.
Lit: B. Capelle, Les Liturgies ,,Basiliennes* et
Saint Basile, I. Doresse — E. Lanne, Un Témoin
Lit. J. G. Davies, The Origin and Developmentof Archaique de la Liturgie Copte de Saint Basile,
Early christian Church Architecture, New York Bibl. du Muséon 47, Louvain 1969, Anhang; H,
1953, 12-50; A. v. Gerkan, Die profane u. die Engberding, Das Eucharist. Hochgebet der B.,
kirchl. B., ROS 49, 1953, 129-146, A. Grabar, Minchen 1931; ders., Die Angleichung der byz.
Martyrium, I. Bd., Paris 1946; Kétting, Reg.; A. Chrysostomustiturgie an die B., OstKSt 13, 1964,
Stange, Das frithchristl. Kirchengebdude als Bild 105-122; J. A. Jungmann, Die Steflung Christi im
des Himmels, KélIn 1950; A. Weckwerth, Die liturg. Gebet, Munster 19622, 155-163; M. J. Lu-
christ]. B. Ein theol. Begriff u. eine theol. Gestalt, batschiwskyj, Des HI. Basilius’ liturg. Kampf ge-
Westfal. Zs. 112, 1962, 205-223; LChI 2, 514-529; gen den Arianismus, ZKTh 66, 1942, 20-38; Qua-
LadK 1(1987), 417-420, LexMA 1, 1526-1528, RBK sten 3, 226-228; A. Raes, L’Authenticité de la Li-
1, 514-567. - S. auch Lit. zu Kirchenbau. turgie de Saint Basile, REByz 16, 1958, 158-161;
Zur B. discoperta: E.. Dyggve, History of Saloni- ders,, Un Nouveau Documentde la Liturgie de S.
tan Christianity, Oslo 1951; ders., Probleme des Basile, OrChrPer26, 1960, 401-411, Basilius, Hei-
altchristl. Kultbaus, ZKG 59, 1940, 103-113; A. v. liger der Einen Kirche. Regensburger Symposion
Gerkan wie oben; A. Grabar, Martyrium I, 120 1979, Milnchen 1981; Schulz, Die byz. Liturgie;
bis 127; Th. Klauser, Vom Heroon zur Mirtyrer- H.-J. Schulz, Handbuch Ostk.kunde IT,18-20; Lex
B., Bonn 1942; A. M. Schneider, B. discoperta, MA 1, 1532-1533. — Texte: Brightman, 309-344;
Th. Revue 44, 1948, 139-146; ders., B. discoperta, 400-411. - S. auch Lit. zu Chrysostomusliturgie,
Antiquity 24, 1950, 131-139; RBK1, 507-514. Liturgie.

Basiliusliturgie. Im Gegensatz zur spater be- Begleitfeste, schon in den vorchristl. Kulten
zeugten Chrysostomusliturgie wird die B., Bezeichnung fiir kleinere Feste, die einem
genauer gesagt ihr Kernstiick, die Ana- grofen Fest vorangingen od. ihm folgten.
phora, bereits in den dltesten Handschriften Die letzteren wurden von der Alten Kirche
des Euchologions aus dem 8/9. Jh. als tbernommen. So folgten auf die Geburt
Ganzes bezeugt. Schon friiher, im 6. u. 7. Christi einige Apostelfeste u. das Gedacht-
Jh., finden sich Hinweise auf den Gebrauch nis der unschuldigen Kinder. Andere orien-
der B. Wie der Namesagt, fiihrt die kirchl. tal. Kirchen verlegten B. in die Zeit nach
Tradition diese Liturgie auf den Kirchenva- Ostern. So feiern die Nestorianerden,,Frei-
ter Basilius den Grofen (gest. 379) zuriick. tag der Bekenner“ zur Erinnerung an die
Wennsich auch die Liturgieforschung tiber pgroBe pers. Christenverfolgung. Die syr.
die Entstehung der B. noch nicht einigist, Monophysiten (Jakobiten) statteten die Ok-
besitzt diese Tradition doch einen ge- tav nach Ostern mit einer Reihe von Heili-
schichtl. Kern. Es steht fest, da8 der Kir- gengedenken aus (Apostel, Propheten, Vor-
chenvater ein vorhandenes Liturgieformu- vater, Martyrer). In der orth. Kirche folgten
Jar im Sinne des Athanasius (gest. 373) u. auf das Fest der Apostelkoryphaen Petrus
der 1. Okumen. Synode von Nizia (325) u. Paulus am 29. Juni (-> unter Apostelfe-
theologisch tiberarbeitet u. erweitert hat. ste) am 30. Juni eine Festfeier (— Synaxis)
Besonders wichtig sind dabei die gedankl. fiir alle Apostel und auf das Fest der Geburt
Bereicherungen des Eucharist.»Hochge- der Gottesmutter am 8. Sept. die Erinne-
bets im Hinblick auf die Lehre vom hl. tung an ihre Eltern Joachim u. Anna am 9.
Geist (Pneumatologie). In friih- u. mittel- Sept. (> Empfangnis der hl. Anna). Auch
byz. Zeit wurde die B. als Hauptliturgie be- die Synaxis der Gottesmutter am 26. Dez.
nulzt. Wegen ihrer Lange muBte sie dann kann zu den B.n gezahlt werden.
der Chrysostomusliturgie weichen. Sie wird
heute an folgenden Tagen des Kirchenjah- Begrabnis, Die Alte Kirche tibte entspre-
49
Beichte
chend denjiid. u. altrém. B.-Sitten die Erd- Trauerfarbe ist Schwarz, nicht selten auch
bestattung, wahrend die Verbrennung u.die WeiB (— unter Farben).
in Agypten gelibte Mumienbestattung abge- Text: s. AnhangNr.16, 11.
lehnt wurden.
Lit: Hisenhofer 2, 434-446; Goar, 423-480, Hand-
Aus dieser Friihzeit haben sich in der Ost- buch 2, 160-168; Kirchhoff — Schollmeyer3, Th.
kirche bis heute folgende Einzelheiten des Klauser, Dasaltchristl. Totenmahl, ThGI20, 1928,
B.-Ritus erhalten: (1) Die Aufbahrung 599-608; La Maladie et la Mort du Chrétien dans
(grch. prothesis) im Hause, spiter, wohl un- la Liturgie, 21° Semaine d’Etudes Liturgiques,
Saint Serge 1974, Roma 1975; P.J. Fedwick, Death
ter dem Einflu8 des Ménchtums,in der Kir- and Dying in Byz. Liturgical Tradition, ECR 8,
che mit Olsalbung od. Einbalsamierung, 1976, 152-161; Ch. Walter, Art and Ritual of the
Einkleidung u. Bekranzung des Toten; — (2) Byz. Church, London 1982, 137-144; Maltzew?;
nichtl. Totenwache (grch. pannychis); - (3) LdK 1(1987), 459; LexMA 1, 1804-1808.
der als Triumph tiber den Tod aufgefafte
Leichenzug (lat. pompa; grch. pompe) mit Beichte — unter BuBe
Kerzen od. Leuchtern (> auch Licht, >
Weihrauch) u. unter Begleitung des Klerus Bekenner — Martyrer, Martyrerverehrung
(© auch Prozession); - (4) die Bestattung
mit dem letzten Ku8 auf Stirn u. Mund des Bema (grch., n., von fanajbainein, ‘[hinauf-]
Toten (grch. teleutaios aspamos), die Feier steigen’; lat. tribunal, n.), 1. erhdhte, auf
der Eucharistic (in der Alten Kirche manch- Stufen zu erreichende Plattform, die mehre-
mal mit Kommunion des Toten), die Ein- ren Zwecken dienen konnte: als Redner-
hiillung der Leiche in ein Leichentuch (cin tribiine (lat. rostra); im antiken Theater als
Sarg wurde nur fir die Pompa benutzt) u. Orchestra (grch., ‘Platz ftir den Chor’) mit
die Einsenkung in die Erde. Vor der Eucha- dem Opferaltar (grch. thymele) od. auch die
ristie wurde von einem Freund od. Ver- ganze Szene; als Podium mit Richterstuhl
wandten, spater vom Priester die Totenrede bzw. als dieser selbst. Dabei konnte das B.
(lat. laudatio funeralis) gehalten, die sich im unter freiem Himmel auf einem Marmor-
Stil an heidn. Vorbildern orientierte, aber pflaster (grch. Jithostroton) stehen (vgl. Joh.
die Hoffnung auf die Auferstehung in den 19, 13), in der Apsis einer Gerichtsbasilika
Mittelpunktstellte. (> Basilika) od. in einem Amtsgebiude. In
Eine Gedachtnisfeier mit einem Gedicht- der forens. Bedeutung begegnet B. in
nismahl(lat. refrigerium) ist schon im 2. Jh. Matth. 27, 19; Joh. 12, 21; Apg. 12, 21; 18,
bekannt (— auch Katakomben). Sie wird 12.16 f.; 25, 6.10.17. Als Richterstuhl Christi
heute in Verbindung mit dem Ritus des Ko- versteht Paulus das B. (Rém. 14, 10; 2. Kor.
lybaessens (> Kolyba) am 5., 7. u. 9. u. am 5,10).
30. od. 40. Tag nach dem Tode gehalten. 2. Im Kirchenbau der Alten Kirche bezeich-
Sehralt sind ebenfalls die 40tagige, nur von nete B. den nur dem Klerus zugangl. Altar-
einem Sonntag od. einem groBen Feiertag raum (andere grch. Bezeichnungen:hieratei-
unterbrochene Trauerzeit u. die Totenfeier on, n.., thysiasterion, n., presbyterion, n.; lat.
am Jahrestag. presbyterium, n.; vuss.altar, m.). Noch nicht
In der Ostkirche sind heute die einzelnen sakralisierter Vorldufer dieses Teils der Kir-
B.-Riten in einem eigenen Offizium (grch. che war wohiein niedriges Podest, auf dem
akoluthia nekrosimos; akoluthia exodiastike der Vorsteher der Gemeinde gestanden hat
{> auch Akoluthia]; russ. posledovanie po- (Hauskirche in Dura Europos, um 230).
grebenija) zusammengefaBt u. in solche fir Dieses Podest ist wahrscheinlich auch Aus-
Laien,fiir den Klerus u. ftir das Ménchtum gangpunkt des Ambon gewesen,der bei den
unterschieden. In der Malerei kann man sie Nestorianern seit dem 7. Jh. auch B. heiBt.
in der Darstellung der Heiligenviten finden. Das B. entwickelte sich in den ersten 5 Jh.
Unter den B.-Hymnen (grch. kanones ne- zur von den Laien getrennten,,Klerikerkir-
krosimoi [-> auch Kanon] sind der Kanon che‘. Es nahm den von der Apsis umschlos-
auf die Verstorbenen von Theophanes senen Raum ein, konnte aber auch in das
Graptos (gest. 845) u. die Idiomelen (> un- Mittelschiff hineinreichen. Bei Kirchen mit
ter Stichera) des Johannes Damascenus Seitenraumen (> Pastophorien) konnte das
(gest. um 750) zu nennen. Die bevorzugte B.seit dem 6/7. Jh. auch in die Seitenschiffe

30
Bema

tibergreifen. In jedem Falle wurde es durch gestaltung der ,,Vormesse“ zusammen (—


Cancelli, Schrankenplatten aus Stein, Metall Prothesis [2], > auch Liturgie, - Mystago-
od. Holz, in der Breite des Gesamthauses gie). Die Separierung von Klerus u. Laien
vom Gemeinderaum abgetrennt. Hier ist erreichte im 12.-15. Jh. in nub. Kirchen
die architekton. Voraussetzung fiir die Ent- ihren Héhepunkt: dort umfaBte das B. die
ganze Kirche.Die ,,6ffentl.“ Teile der Litur-
stehung der Bilderwand zu sehen. Die im-
gie wurden drauBen gehalten. — Abb.
merstarkere Betonung des B.s als numino-
ser Raumeinheit innerhalb des Kirchenge- Lit: W. Y. Adams, Architectural Evolution of the
baiudes hangt mit der spateren feierl. Aus- Nubian Church, 500-1400 A. D., Journal of Ame-
St
Benedictus
tican Research Center in Egypt 4, 1965, 87-139; E. beschneidung durch die byz. Kaiser zu su-
Dinkler, Das B. zu Korinth, ders., Signum crucis, chen. Erst im 17.-19. Th. fand die B. wieder
Tiibingen 1967, 118-133; J. Lassus, Sanctuaires
Chrétiens de Syrie, Paris 1947, 55-66, 194-207, K. Aufnahme, auch in die Festzyklen, wahr-
F. Taft, Some Notes on the Bema in East and scheinlich unter westl. EinfluB. Wie in. der
West Syrian Tradition, OrChrPer 34, 1968, 326 bis Kunst des Westens erfreute sich die Dar-
359; S Countié, DomedB. in Byz. Churches. Archi- stellung als Genrebild ailgemeiner Beliebt-
tecture and Iconography, Third Annual Byz. Stu- heit, wobei die Wiedergabe desjiidisch-ori-
dies Conference, New York 1977, 49-51; LdkK
1(1987), 475-476; LexMA 1, 1854-1855, RBK 1, ental. Mitieus allerdings auch der Juden-
584-599, : feindlichkeit Ausdruck verschaffte (Kind u.
Eltern voller Entsetzen vor dem als grau-
Benedictus (lat.), nach dem ersten Wort des sam hingestellten Beschneider). In dieser
Lobgesangs des Zacharias aus Luk. 1, 68 bis Spatzeit wird die B. mit der Darstellung Je-
79 (lat. benedictus dominus; grch. eulogetos su im Tempel verbunden: Die Gottesmut-
kyrios, ‘Gelobt sei der Her’). Das B. er- ter, die hinter Joseph steht, halt das Kind
scheint zusammen mit dem Magnificat, dem mit verhillten Hinden, (— auch Gestus) ei-
Nune dimittis u. der GroBen > Doxologie nem priesterlich gekleideten Mann (Be-
im AnschluB andie bibl. Oden vom 5. Sh. ab schneider?) hin, wihrend hinter diesem ein
in allen grch. Handschriften u. gehérte zweiter, ebenso gekleideter steht (Sime-
schon vor der Synode von Nizda (325) zu on?). Der erste Mann macht tiber Jesu
den Stiicken des Morgengottesdienstes. SchoB das Kreuzeszeichen. — Taf. 66.

Benediktionen — unter Segen Lit: Handbuch 2, 289-290; Onasch, Weihnachts-


fest, 63-64, Pokrovskij, 99 £.; Schiller 1, 99-100,
LdK 1(1987), 509-510, LexMA 2, 83-88; LChI 1,
Beschneidung Christi (grch. kata sarka peri- 271-273. — 8. auch Lit. zu Darstellung Jesu im
tome tu Iesu Christus; russ. po ploti obreza- Tempel.
nie Jisusa Christa, ‘B. nach dem Fleisch’).
1. Die B. Ch. wurde als Fest (nach Luk. 2, Beweinung Christi — unter Grablegung
21) in Gallien nach dem 6. Jh., in Rom nach Christi und Beweinung
dem 7. Jh. am 1. Jan. gehalten. Im Westen
unter byz.-oriental. Einflu8 als Oktav nach Bibelillustration. 1. Unter B. versteht man
Weihnachten begangen (~ Geburt Christi, die Ausstattung von Bibelhandschriften, in
— Entschlafen: der Gottesmutter) u. so der Neuzeit auch von Bibeldrucken, mit Bil-
schon Augustinus (gest. 430) bekannt, wur- dern zum Zwecke der Lehrinformation u.
de sein mariolog. Gehalt (Reinigung der der geistl, Unterhaltung. Technisch und
Maria) in Rom im Zusammenhang mit der kunstgeschichtlich gehért die B. zum Be-
Darstellung Jesu im Tempel auf die teich der Miniaturmalerei. Sie findet sich in
Menschwerdung Christi neu orientiert. We- beiden Buchformen der Spiatantike, der
gendesalten, vorchristl. Karnevalstreibens Buchrolle (— Rotulus) u. dem eigentl. Buch
hat mansich in Rom u. Konstantinopel vor od. Kodex (lat. codex, ‘Klotz’, Buch’).
einer Festlegung des Festtermins der B. Ch. 2. In deraltkirchl. u. byz. Zeit waren illumi-
lange Zeit gescheut. Das byz. Kirchenjaht nierte Volibibeln unbekannt. AT u. NT un-
kennt das Fest erst im 8. Jh. Nicht sehr viel terlagen bestimmten,nach liturg. Bedtirfnis-
spater wurde es mit einer Groen Vesper sen sich richtenden Einteilungen, die auch
(> Abendgottesdienst) ausgestattet. ihre Illustration beeinfluBten. Vom AT wur-
2. In der byz. Ikonographie ist die B. erst de am hiufigsten der Psalter, daneben der
nach dem Bilderstreit (> unter Bild) be- Oktateuch (grch. oktateuchos biblos, die er-
kannt (erstes Beispiel: das Menologion des sten 8 Biicher des AT, d. h. die 5 Biicher
Kaisers Basileios). Aber die Darstellung des Mose u. die Biicher Josua, Richter u. Ruth)
Themas blieb hier ebenso selten wie seine illuminiert. Wahrend das Buch Hiob als
Behandlungin der Predigt (= Homilie) od. Meditationsbuch des Monchtums oft mit
der Traktatliteratur. Auch in der Kunst des Darstellungen versehen wurde, waren sie
alten RuBlands einschlieBlich seiner Maler- bei den prophet. Biichern (— auch Prophe-
biicherist sie nicht anzutreffen. Der Grund tologion) relativ selten. Handschriften des
hierfiir ist in den Verboten der Proselyten- NT mit u. ohne ausgewdhlte Schriften des
52
Bibelillustration
ATfihrten die Evangelistenbilder. War ih- Bildes, weiterentwickelt. Vom 11. Jh. an
nen der Psalter angefiigt, wurde nur dieser verbreitet sich das auf islam, Vorbilder
illuminiert. Von den Lesebtichern des NT zurtickgehende ,,Teppichornament“. Beson-
war besonders der Aprakos (> Evange- ders reiche Ausstattung erfahren die Evan-
lium) reich mit Randminiaturen nach dem gelistare (grch. aprakoi, + Evangelium). In
System des Dodekaortion, der Zusammen- Bulgarien und Serbien entstanden mit
stellung der 12 groBen Feste des Kirchen- Ubernahme des Christentums zahlreiche
jahres, bzw. des Festzyklus, der Zusammen- Schreib- und Buchmalereischulen (Skripto-
stellung der Herrn- u. Gottesmutterfeste, rien), aus denen wertvolle B.en hervorgin-
geschmiickt, wahrend der Apostolos selte- gen (z. B. in Bulgarien das Curzon-Tetra-
ner illuminiert erscheint. Er bringt die Por- evangelium, das Dobrej§a-Evangeliar u. der
traits der Briefverfasser. Tomié-Psalter; in Serbien die Evangelien-
3. Das dlteste bekannte Denkmal der B. handschrift des Fiirsten Miroslav, 12. Jh.,
sind die Quedlinburger Itala-Fragmente die Handschriften der Werkstatt in Prizren
(itala = altlat. Bibeltibersetzung) mit Dar- u. die Gruppe der Pergamentkodizes u. Ro-
stellungen der Saul- u. Samuelgeschichten, tuli des 13. Jh. aus dem Athoskloster Chi-
die an etwagleichzeitige r6m. Mosaiken des landar). In derletzten der byz. + Renais-
4, Jh. erinnern. sancen erlebte die B. auf dem Balkan eine
Eine heute verlorene Handschrift des 5. Jh. abschlieBende Bliite, die sich nicht nur auf
wurde im 10. Jh. in der Josuarolle kopiert. Griechenland, sondern ebenso auf Bulgari-
Auf 10 m Lange werden ohne Rahmenu. en u. Serbien erstreckte. Wabrend der Tiir-
Unterbrechungen wie ein Film nach dem kenherrschaft arbeiteten bulgar. Illuminato-
Vorbild des Frieses der Trajansaule die Ta- Ten im Fiirstentum Moldau u. Walachei,
ten des Josua gezeigt. Mit dem 6. Jh. begin- ebenso wurden auch in bulgar. Kloster-
nen die Denkmialer zahlreicher zu werden. skriptorien B.en fiir ruman. Auftraggeber,
Das Fragment des Codex Sinopensis bringt zunehmendauf Papier, hergestellt.
auf 43 Seiten des Matth.-Evangeliums 5 an In Rumanien selbst haben vor allem die
die ersten Zeugnisse der oriental. Ikonen- moldauischen Kléster Neamf u. Putna wert-
malerei erinnernde Bilder mit starker Aus- volle Illuminationen von Pergamentkodizes
druckskraft. Wie der Sinopensis sind die ausgefiihrt. Das 4lteste Denkmal der
Wiener Genesis u. der Rossanensis Purpur- rumén.B. ist ein Evangeliar des Ménchs Ni-
kodizes. Die dem 5./6. Jh. angehorende codim um 1405 im transsilvan. Kloster Pris-
Wiener Genesis besaB die reichste B., von lop.
der allerdings nur noch 24 Blatter mit 48 Die altruss, B. setzt mit dem in Kiev 1056
Miniaturen erhalten sind, Sie verbinden er- bis 1057 hergestellten Ostromir-Evangeli-
zahlende mit bukolischen u. grotesken Ele- star (einem Sonntags-Aprakos) ein. Eben-
menten. Die Cotton-Genesis, ebenfalls aus falls in Kiev entstand 1120-1128 das Jurjev-
dem 6. Jh., ist nur als Fragment erhalten. Evangeliar. Der beriihmte Gertrud-Kodex
Der Codex Rossanensis enthilt vorwiegend od. Trierer Psalter wurde 1078-1087 von dt.
Darstellungen aus dem Passionszyklus. Aus u. russ. [fluminatoren geschaffen. Die glin-
dem 586 geschriebenen Rabulaskodex sind zenden Arbeiten des 14. u. 15. Jh. sind mit
besonders zu erwahnen die Darstellungen den Namen der groBen Meister der Ikonen-
der Kreuzigung, der Auferstehung (Typ der u, Monumentalmalerei Andrej Rublev u.
Frauen am Grabe) u. Himmelfahrt Christi, Feofan Grek verbunden (Chitrovo- wu.
des Pfingstwunders sowie die kunstvoll aus- Morosov-Evangeliar). Die Evangelistenbil-
gefiihrten Kanontafeln. In das 6. Jh. fallen der dieser B.en zeigen kiinstler. Ausgewo-
auch die Anfange der B. des Apostolos. genheit u. mensch. Reife u. stehen in en-
Nach dem Bilderstreit (> unter Bild), in gem Zusammenhang mit der zeitgendss.
dem auch zahlreiche illuminierte Hand- tuss. Askese (— auch unter Ménchtum). In
schriften vernichtet wurden, erlebte die B. die Zeit des bedeutenden Malers Dionisij
in der ersten der byz. Renaissancen eine (gest. zwischen 1502 u. 1508) u. seiner
neue Hochbliite. Dabei wurden die {raditio- Schiiler fallen eine Reihe von Handschrif-
nellen beiden Hauptstile, der des Reprasen- ten, deren Apostel u. Propheten durch eine
tationsbildes u. der des narrativ-epischen gewisse Dynamisierung u. zugleich Indivi-
53
Bild
dualisierung auffallen, verbunden mit einer lichosu. a.). Bei manchenvon ihnen war die
bestimmten Eleganz der Zeichnung u. Grenze zwischen philosoph. B.-Auffassung
Weichheit der Farbgebung. Mit der Ein- u. mag. Vorstellungen flieBend.
fihrung des Buchdrucks durch Ivan Fe- 2. Das friihe Christentum stand dem B.
dorov (gest. 1583) verdringte der Kupfer- zunachst ablehnend gegeniiber. Die Gét-
stich allmahlich die teure Illumination mit zen-B.er der Nichtchristen u. die B.er-Ver-
ihren privaten Auftraggebern (als Wiegen- ehrung mancher Kreise der Gnosis waren
druck ist zu nennen der Apostolos von unter Hinweis auf das Verbot im AT u. un-
1663/1664). Die traditionellen B.en wurden ter Heranziehung der erwahnten philosoph.
um die Darstellung der Apokalypse erwei- Kritik Gegenstand christl. Polemik. In der
tert. Der EinfluB westl. Vorbilder, vor allem ersten Hilfte des 3. Jh. stoBen wir auf die
der Piscatorbibel, nahm zu. Unter diesen ersten Zeugnisse der Verwendung des B.es
Druckenist die Bilderbibel mit Holzschnit- in gottesdienstl, Raumen, aber noch ohne
ten von Vasilij Koren von 1696 zu erwah- Verehrung. Wie die Synagoge war auch die
nen. — — auch Miniatur, > Psalter. christl. Hauskirche von Dura Europos (um
235) mit Fresken geschmiickt. Es handelt
Lit: S. Dufrenne, L’Ilustration des Psautiers sich dabei um ,,histor. B.er“ (gtch. historiai)
Grecs du Moyen-Age, Paris 1966 (Bibl. d. CAr, mit Darsteliungen aus der Lebensgeschichte
1); W. Eule, Zwei Jt. Bibelbuch, Berlin 1958, H.
Gerslinger, Die grch. Buchmalerei, 2 Bde., Wien Christi (Meerwandel, Heilung des Gicht-
1926, E. L. Nemirovskij, Na¢alo Knigopeéatanija briichigen, Frauen am Grabe [— unter Auf-
na Ukraine. Ivan Fedorov, Moskau 1974, C. Nor- erstehung Christi], samaritan. Frau) u. sol-
denfalk, Spitantike Kanontafeln, Géteborg 1938; chen aus dem Bereich des Symbols (Chri-
O, Picht, Byzantine Illumination, Oxford 1952, O.
Popova, Les Miniatures Russes du XIe au XVe stus als Guter Hirte, Adam u. Eva mit dem _
Siécle, Leningrad 1975, W. Schubart, Das Buch Lebensbaum, David u. Goliath). Etwa
bei den Griechen u, Rémern, Leipzig 19613, A. N. gleichzeitig sind die Ausmalungen der
Svirin, Drevnerusskaja Miniatura, Moskau 1950;
christl. Katakomben anzusetzen. Hier
J. J. Tikkanen, Die Psalterillustration im MA,
Helsingfors 1895-1900, K. Weitzmann, Ancient machtsich der Einflu8 nichtchristl. Motive
Book Illumination, Cambridge (Mass.) 1959; bemerkbar, die allerdings sofort im christl.
ders., Greék Mythology in Byzantine Art, Prince- Sinne gedeutet werden. Entsprechendes gilt
ton (N.J.) 1951; ders. Iustration in Roll and Co- fiir die ebenfalls um diese Zeit cinsetzende
dex. A Study of the Origin and Methodof Text Il-
lustration, Princeton (N. J.) 1947 (19702); ders., Kunst der Sarkophage. Zu den urspriinglich
Aus den Bibliotheken des Athos. Illustrierte auBerchristl. Motiven gehéren u. a. der
Handschriften aus mittel- u. spatbyz. Zeit, Ham- Orant (— Orans), der Gute — Hirte u. Or-
burg 1963; LdK 1(1987),528-529; LexMA 2,83-88; pheusals Christus. Der Themenkreis erwei-
LChI 1, 282-289; E.T.De Wald,TheIllustration in
the Manuscripts of the Septuaginta, Vol. 3(Psalms terte sich vor allem in der nachkonstantin.
and Odes),Princeton 1942; G, Galavaris, The Illu- Zeit zunehmend. Von besonderer Bedeu-
stration of the Preface in Byz. Gospels,Wien 1979. tung fiir die Ausbreitung des B.es war der
private Bereich der Kleinkunst. Die Stel-
Bild. 1. Als mag. u. numinose Vergegenwir- lung der Theologen war dhnlich uneinheit-
tigung spielte das B. im gesamten antiken lich wie die der Philosophen. Selbst bei den
oriental. Kultusbereich einschlieBlich des zustimmenden Urteilen fehlt aber jeder
Kaiserkultes eine herausragende Rolle. Nur Hinweis auf eine Verehrung desB.es.
das Judentum lehnte die Verehrung des 3. Im 5. — 6. Jh. setzte sich das B. in allen
B.es auf Grund des B.er-Verbotes des AT Kunstformen durch. Gro8- od. Freiplasti-
(2. Mose 20, 4 £.) ab. Trotzdem kam es zu ken waren wegen der heidn. Gdtterbilder
Modifikationen dieser Haltung (bildhafte verboten. Folgende Faktoren waren an der
Ausstattungen vonjild. Privathdusernu. Sy- Ausbreitung des Bildes beteiligt: ,,Histori-
nagogen [Dura Europos 245]). Ebenso war sche“ Darstellungen der hl. Stdtten Pala-
die Haltung der grch. Philosophen keines- stinas auf Pilgerandenken (— Ampullen, >
wegs einheitlich. Wahrend die einen das B. Eulogien); Andenken von Statten beriihm-
ablehnten u. lacherlich machten (z. B. Xe- ter Heiliger, vor allem der Styliten (> auch
nophanes, Heraklit, Zenon, Lukian), bildete Heiligenverehrung, > Martyrerverehrung)
es fiir andere den Ausgangspunkt ihrer phi- od. deren Reliquien; das Lauraton (das Kai-
losoph. Systeme (Plato, Plotinos, Jamb- serbild); das Bischofs-B. (> unter Bischofs-
54
Bild
insignien). In zunehmendem Ma8esah sich Christologie bemerkenswert. Gegeniiber
die Kirche dem B.als einem religiés.-dsthet. den christologisch abstrakten Vorstellungen
Gegenstand konfrontiert, der eine umfas- des Dionysios Areopagita (> Mystagogie)
sende Klarung verlangte. Die ersten Vor- bedeutete das Einbringen der Inkarnations-
aussetzungen einer spezif. Kultusisthetik paradoxie, der Paradoxie der Menschwer-
wurden in den Schriften des Dionysios dung Christi, in die B.er-Diskussion einen
Areopagita (5./6. Jh.) geschaffen, dessen unbezweifelbaren Gewinn.
Vorstellungen z. T. in den byz. -» Mystago- Die Auffassungen hieriiber gingen indessen
gien weiterlebten. bei beiden Parteien sehr auseinander. Die
4. Zur Ausarbeitung einer B.er-Theologie ikonoklastische !4Bt sich kurz so charakteri-
kam es in Byzanz erst in der unter dem Na- sieren: Die Darstellung Christi im B. begeht
men,,B.er-Streit* (Ikonoklasmus) bekann- 2 Hiaresien auf einmal: die Vermischung der
ten Krise des 8./9. Jh., die alle Bereiche der g6ttl. u. der menschl. Natur Christi (Mono-
Kultur erfa8te. Die dufere Veranlassung physitismus) u. ihre Zertrennung (Nestoria-
war der starke polit. u. militir. Druck des nismus), indem im !etzteren Falle das Un-
bilderfeindl. Islam auf das byz. Reich (Ver- darstellbare (grch. aperigraphon) der gottl.
bot aller B.er, nicht nur in christl. Kirchen, Natur in einem einfachen Menschen (grch.
durch den Kalifen Jezid II., 721). psilos anthropos) zur Erscheinung kommen
Der B.er-Streit verlief in folgenden Etap- soll. Das ewige Wort Gottes, der Logos, ha-
pen: Erste Phase: Kaiser Leon III. (gest. be paradoxerweise seine menschl. Natur oh-
741) beginnt 726 gegen die B.er-Verehrung ne individuelle Auspragung (grch. acharak-
vorzugehen. Unter Konstantin V. (gest. teristos) in einem Universalmenschen (grch.
715) wird 754 eine Synode einberufen, auf katholu anthropos) gefunden, der undar-
der sich die Bilderfeinde durchsetzen. Der stellbar sei. Als einziges seinem gedankl.
Widerstand des bilderfreundl. Ménchtums Urbild wesensgleiches (grch. homousios),
wird brutal niedergeschlagen. Anhanger der ebenfalls gedankl. Abbild Christi wird die
B.er sind neben den Ménchenbes. Frauen. Eucharistie, die in der Liturgie vollzogene
— Zweite Phase: Wiedereinsetzung der B.er- Wandlung von Brot und Wein in Leib und
Verehrung auf der 7. Okumen. Synode von Blut Christi, anerkannt. Die Wiedergabe
Nizéa 787 unter der Kaiserin Irene (gest. Christi, der Gottesmutter u. der Heiligen in
802). Annulierung des Konzils von 754, Un- einem Kunst-B. ist fiir die Ikonoklasten un-
ter den Nachfolgern Irenes Wiederaufleben vorstellbar.
des Ikonoklasmus, — Dritte Phase: Ver- An der Entwicklung der B.er-Theologie der
schirfte B.er-Feindlichkeit mit Verfolgun- Ikonodulen haben vor allem folgende Theo-
gen unter Kaiser Theophilos (gest. 842). - logen entscheidenden Anteil gehabt: Johan-
Vierte Phase; Einberufung cines Konzils nes Damascenus(gest. um 749), der Abt des
durch die Witwe Theophilos, 843. Endgiilti- Studios-Klosters Theodoros (gest. 826) u.
ges Anathema iiber die B.er-Feinde, Aner- der Patriarch Nikephoros (gest. 815). Ihre
kennung der Beschliisse von 787 u. Annu- Argumente lassen sich wie folgt zusammen-
lierung der Beschiisse von 754. Bei dem 844 fassen: Die Berechtigung der B.er-Vereh-
zum ersten Malgefeierten Sonntag der Or- rung gegeniiber dem B.er-Verbot des AT
thodoxie feierl. Verdammung aller alten beruht auf der Menschwerdung Christi. Die
Haresien u. des Ikonoklasmus. Inkarnationsparadoxie wird dahingehend
5. Die byz. B.er-Feindlichkeit besitzt eine entfaltet, da8 zwar nicht Gott, wohl aber
durchaus legitime Tradition in der friih- Christus darstellbar (grch. perigraptos) sei,
christl. Ablehnung des B.es. Im Laufe der wenn anders man seine Menschwerdung u.
Jh. erfuht diese Tradition, vor allem in damit die Tradition der Kirche nicht leug-
Kleinasien, eine spiritualistisch-rigorist. nen will. Im Gegensatz zu ihren Gegnern
Ubertreibung, die durch die arabisch-islam. verstanden die B.er-Verehrer das B. (grch.
Bedrohungdes Reichesseit dem 7. Jh. noch eikon) nicht als wesensgleich mit seinem
verschirft wurde. Fiir die theolog. Positio- Urbild, sondern stellten die Wesensthnlich-
nen der B.er-Feinde (Ikonoklasten) u. B.er- keit (grch. homoioma) zwischen beiden her-
Freunde (Ikonodulen) ist die starke Kon- aus, die sich gerade aus dem Charakter auch
zentration auf die Zweinaturenlehre der des religidsen B.es als Kunstwerk ergibt.
55
Bilderstreit
Vor allem Theodoros hat die Urbild-Ab- Campenhausen, Die B.-Frage als theolog. Pro-
bild-Korrelation auf das Verhiiltnis des Pro- blemderalten Kirche, Das Gottesbild im Abend-
land, Witten u. Berlin 1959, 77-108, Dassmann,
totyps zur phys. Materie tibertragen, auf 45-75; St. Gero, Byzantine Iconoclasm during the
diese Weise den Weg fir eine theolog. Reignof LeoIII with Particular Attention to Ori-
Asthetik des B.es freigemacht (— auch Kul- ental Sources, Louvain 1973; Tconoclas-
me; G. E. v. Grunebaum, Byzantine Iconoclasm
tusdsthetik) u. den abstrakten Beziehungs- and the Influence of Islamic Environment, Hi-
mechanismus des Dionysios Areopagita story of Religions 2, 1962-1963, Iconoclasm: Pa-
iiberwunden. Damitist das B. eine Nachah- pers given at the Ninth Spring Symposium of By-
mung(grch. mimesis), ein nach Herstellung, zantine Studies. University of Birmingham, March
Farbe u. Form materielles Substrat (grch. 1975. Ed. by A. Bryer and J. Herrin, University of
Birmingham, Centre for Byzantine Studies, 1977;
hypokeimenon) eines Prototyps, der seiner- J. Inmscher (Hg.), Der byz. Bilderstreit, Leipzig
seits auf Verbildlichung angelegt ist. Das
beloBOP
1980; E. Kitzinger, The Cult of Images in the Age
»homoioma“ zwischen Urbild u. Abbild be-
steht in der 4uSeren Erscheinungsform “Klauser, Atl ler alten Kirche z
Kunst (Revision der Zeugnisse, Folgerungen fiir
(grch. kata to eidos) des letzteren, der Un- die archiolog. Forschung), Atti del VI Congr. In-
terschied indessen in ihrem verschiedenen tern. di Archeologia Christiana Ravenna 23-30,
Wesen (grch. kag usian). Mit modernen Be- Sett. 1962, Citta del Vaticano 1965, 223-242; J.
griffen ausgedriickt, besteht die Beziehung Kollwitz, Zur Frithgesch. der B.er-Verehrung,
Das Goltesbild im Abendland, Witten u. Berlin
zwischen Urbild u. Abbild nicht in der Iden- 1959, 57-76; H. Menges, Die B.er-Lehre deshl. Jo-
titdt, sondern in der Analogie beider zuein- hannes von Damaskus, Miinster (Westf.) 1938; ,
ander. Durch solche Uberlegungen, deren Onasch, Ikonenmalerei, 7-28; L. Ouspensky, Essai
kunsttheoret. Aspekt bis heute interessant sur la Théologie de ’Icone dans l’Eglise Orthodo-
xe, Paris 1960; V. M. Polevoj, Iskusstvo Grecii,
bleibt, wurde die Darstellung heiliger Perso- Moskau 1973, 115-137; D. Savramis, Der aber-
nen als Kunst-B. fiir den durch die Liturgie glaub. MiSbrauch der B.er in Byzanz, OstKSt 9,
bestimmten Kirchenraum anerkannt. 1960, 174-192; Ch. v. Schénborn, L’Icéne du
6. Die Arbeit der Theologen u. die Be- Christ. Fondements Théologiques élaborés entre
Je Ier et Ie Concile du Nicée (325-787), Fribourg
schliisse der Synoden von 787 u. 843 (letzte- 1976; K. Schwarzlose, Der B.er-Streit, Gotha
re verlorengegangen) hatten eine durchgrei- 1890; H. G. Thiimmel, Positionen im B.er-Streit,
fende, auch die Privatsphire erfassende Re- StudByz 2, 1973, 177-191, H. Belting, Das B. und
form der B.er-Verehrung zur Folge. Man A. unktion uher
ss rin’ 19817Ders.,Bild und
unterschied die ehrfurchtsvolle Anbetung Kult.Eine Geschichte désBes vor dem Zeitalter
(grch. timetike proskynesis), die der im B. der Kunst, Munchen/Leipzig 1990; D. Stein, Der
gemalten Subsistenz (grch. engraphomene Beginn des byz. B.erstreits u. seme Entwicklung
hypostasis) nicht schaubarerheiliger Perso- bis in die 40er Jahre des 8. Jh., Munchen 1980, P..
crown, A Dark Age Crisis:ofTcon -
nen gilt, u. die nur Gott zukommendegott- clastic Controversy, Society and the Holy in Late.
esdienstl. Verehrung im Glauben (grch. ka- “Antiquity, London 1982; fifvedckamp, Kunst als
ta pistin ... latreia). Zugleich erfolgte eine ‘oédiuii sozialér Konflikte. B.erkampfe von der
strengere Kontrolle der Kirchenmalerei Antike bis zur Hussitenrevolution, Frankfurt a.
M. 1975;_P. Schreiner, Der byz. B.erstreit: Kriti-
durch den Bischof, die sich in der Herausar- det-zeitgendssMeliungen
Meinungen
beitung einer spezifisch ostkirch]. Ikonogra- Urteil der Nachwelt bis Heute, Settimané di Stu-
phie u. des Bildprogramms der Kirchen dio del Centroitalianodi studi; sull'altomediaevo,
auBerte. Als Abschlu8 dieser Entwicklung XXXIV. “Bizanzio, Roma ¢ T'Italia nell’alto
mediaevo, Spoleto 2-9 aprile 1986, Spoleto. 986,
sind die spét- bis nachbyz. Malerbiicher 319-427; M. Lurker (He), Waorterbuch der Sym-
anzusehen. Die Spannung zwischen Re- bolik, Stuttgart 19832, 86-87; 91-93 (B.ertheolo-
glementierung bzw. Schematisierung der gie); G. Lange, B. u. Wort. Die katechet. Funktio-
Kirchenkunst u. der kiinstler. Freiheit nen des B.s in der griech. Theologie des 6.-9.Jh.,
gehdrt seitdem zu einem der wesentl. Cha-
‘Wirzburg 1968. LdK 1(1987),545-550(B.erfrage);
LexMA 2,145-149(B., B.erverehrung); RBK 1,
rakteristika ostkirchl. Malerei. - — auch 616-662.
Ikone.

Bilderstreit > unter Bild

Bildertheologie > unter Bild


56
Bilderwand
Bilderwand (grch. eikonostasis, £., eikono- Propheten u. Apostel (— auch Apostelbil-
stasion, n., templon, n.; russ. ikonostas, m.), der) trugen. Diese Anlage erhielt nach dem
1. in der orth. Kirche ein Holzgeriist od. ei- Bilderstreit (— unter Bild) die Bezeichnung
ne hochgemauerte Wand, woran auf mehre- templon (grch.). Die Form: des Templons
ren Rangen (russ. jarusy) Ikonen (> Iko- stabilisierte sich in mittelbyz. Zeit in dem
nenmalerei) angebracht sind. Drei Tiiren Mafe, wie die Liturgie endgiiltige Gestalt
od. mit einem meist kostbaren Vorhang (> gewann. Das Material des Templons be-
Velum) verhangte Durchginge filhren im stand aus Marmor, Elfenbein, Email, Gold
Norden in den Riistraum, die Prothesis, in od. Silber. Die Verarmung des Reiches,
der Mitte (auch KGnigstiir) zum Altar u. im vollends nach der Einnahmedurch die Tiir-
Siiden in das Diakonikon. Die beidenersten ken,lie8 wieder das Holz als Baumaterial
Durchginge werden in der Liturgie, vor al- Verwendung finden. Der aus denselben
lem beim Kleinen u. Grofen — Einzug, Baustoffen bestehende Architrav trug
vom Klerus durchschritten. Skulpturen der obenerwahnten heiligen
2. die B. als architektonisch-kult. Baukérper Personen, die vom 11. - 13. Jh. durch Tafel-
ist aus den friihkirchl. Chorschranken, den bilder, d. h. Ikonen ersetzt wurden. Damit
Cancelli, hervorgegangen. Die zwischen hatte sich das Templon zur Ikonostase ent-
ihren Platten hochgefiihrten Pfosten od. wickelt, die etwa gleichzeitig auch unterhalb
Sdulen trugen einen Architrav od. Epistyl. des Architravs zwischen den Pfosten aufge-
Wie wir z. B. aus der Ekphrasis des Paulus hdngte Ikonen zu fihren begann. In der
Silentiarius tiber die Hagia Sophia in Kon- nachbyz. Zeit entstanden auf dem Balkan u.
stantinopel wissen, waren diese Architrave den grch. Inseln, vor allem auf Kreta, Holz-
oft mit Medaillons geschmiickt, die Darstel- ikonostasen, die von ihren Werkstatten
lungen Christi, der Gottesmutter, Engel, auch in andere Lander ausgefiihrt wurden.

Rekonstruktion eines Templons, des Vorlaufers der Bilderwand


Bilderwand
Das Material gab Veranlassung zu reichen
Schnitzereien. Bis an das Gewélbe reichen-
de hochragende Bilderwinde aus Stein wur-
den in Rufland hergestellt, wahrend die
balkan. Denkmiler niedriger blieben. Da-
mit erhielt die B. den Charakter einer das
Bema, den Altarraum, vom Kirchenschiff
trennenden Prunkfassade, deren kiinstler.
Wert der byz.-slav. Kultusasthetik ebenso
entspricht wie den Vorstellungen der My-
stagogie des Kirchenraums. Mit beiden in
engstem Zusammenhangsteht die Funktion
der B. als Medium der Lehrinformation, wie
es dem Westen unbekanntgebliebenist.
3. Das theolog. Programm der B. entwickel-
te sich im Laufe derJh. u, erreichte schlieB-
lich vor allem in Rufland eine beein-
druckende Vollendung. Bereits das Temp-
jon fithrte in mittelbyz. Zeit auf dem Ar-
chitrav die skulpierte Deesis — den thronen-
den Christus mit Gottesmutter u. Johannes
dem Taufer -, nicht selten flankiert von an-
deren heiligen Personen od. von Darstellun-
gen aus dem Dodekaortion. Mit dem Auf-
kommen von Balken, die Ikonen anstelle
der Skulpturen trugen, u. der Konstruktion
h@herragender Ikonostasen ergab sich die
Méglichkeit, die Bilder auf mehrere Range
zu verteilen u. schlieBlich durch Auswahl
der Themen die B. zu einer bildhaften
»theolog. Summe“ zu gestalten, die ihrer-
seits eine gedankl. Zusammenfassung des
Bildprogramms des Kirchenraums darstellt.
Die vollausgebildete russ. B. bietetfiir diese
Entwicklung das beste Beispiel. Sie ist in ei- oS
ne Vertikale und eine Horizontale geglie-
dert. Auf der Vertikalen befindet sich im Rekonstruktion einer Bilderwand
obersten Rang die Dreieinigkeit, flankiert
von den Vorvitern Christi, darunter das
Bild der Gottesmutter des Zeichens (-> un- dessen Namen die Kirche tragt (sog. Orts-
ter Gottesmutterbilder) inmitten der Chri- ikone, russ. mesinaja ikona). So verlauft ei-
stus weissagenden Propheten. Der niachste ne gedankl. Vertikale von der Dreieinigkeit
Rang, der Festtagsrang,fiihrt das Dodeka- (als der Darstellung des ewigen Heilsrat-
ortion (bzw. dessen Ableitungen). Es folgt schlusses der Trinitét) iber die Gottesmut-
der Deesis-Rang. Auf der Mitteltiir wird ter des Zeichens (als Symbolfigur der
vorzugsweise die Verkiindigung der Gottes- Menschwerdung Christi) und iiber den Fest-
Mutter dargestellt, nicht selten zusammen tagsrang mit seinen Bildern des Lebens,
mit den 4 Evangelisten (—» Evangelistenbil- Sterbens und Auferstehens Christi bis zur
der) od. den beiden Liturgen der Ostkirche, endzeitl. (eschatolog.) Deesis.
Basilius und Chrysostomus. SchlieBlich Dadie B. einen fiir den Vollzug der Litur-
hingt links von der Mitteltiir eine Darstel- gie wesentl. Baukérper darstellt, darf ihr
lung der Gottesmutter, rechts eines der theolog. Programm auchals bildhafte Dar-
Christusbilder od. das Bildnis der heiligen stellung des Stillgebets, der Anamnese, der
Person od. des Heilsereignisses, deren bzw. Erinnerung an die Heilstaten Christi im
58
Bilderwand
Stillgebet, aufgefa8t werden. Als Medium chen gibt es deshalb heute Bestrebungen,
der Lehrinformation besa die B. im MA die B. so niedrig zu halten bzw. zu konstru-
eine kaum zu unterschitzende Bedeutung ieren, da& dieser Mangel behoben wird. —
fiir den Bestand der kirchl. Sozietit. Bliite Taf. 10; Abb.
u. Erstarrung der B. sind eng mit den ent-
sprechenden Erscheinungen in der spiten Lit: L. V. Betin, Ob Architekturnoj Kompozicii
Ikonenmalerei verbunden. Drevnerusskich Vysokich Ikonostasov, Drevne-
4. Trotz der Bedeutung der B. fiir Liturgie, tusskoe Iskusstvo. Chudodgestvennaja Kul,tura
Moskvy i Prileza8tich k nej Knajzestv. XIV-XVI
Lehre und Frémmigkeit der Ostkirche kann vv., Moskau 1970, 29-56; ders., Istori¢eskie Osno-
eine bestimmte Problematik nicht tiberse- vy Drevnerusskogo Vysokogo Ikonostasa, ebd.,
hen werden. Die Anlage einer B. wider- 57-72; E. Braniste, Liturgiereform in der orth.
Kirche, OstKSt 27, 1978, 128-142; Felicetti — Lie-
spricht insofern der altkirchlichen (bis heute benfels, Geschichte!, 73-88; Felicetti — Liebenfels,
von der kath. Kirche beachteten) Auffas- Geschichte?, 38-47; P. Florenskij, Ikonostas, BoTr
sung, als sie die Einsicht in die Liturgie u. 9, 1972, 80-148; K. Holl, Die Entstehung der B. in
gottesdienstl. Handlungen u. damit ihre Be- der grch. Kirche, Ges. Aufsiitze 2, Tiibingen 1928,
225-237; K. Kreidl - Papadopoulos, Bemerkungen
stétigung durch die Gemeinde einschrankt zum justinian. Tempion der Sophienkirche in
bzw. unméglich macht. In einigen orth. Kir- Konstantinopel, JOBG 17, 1968, 279-289; J. B.

Ubersichtsschemaeiner russischen Bilderwand

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OHOOOUOUOOOOOOOooo

eMRNAN
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59
Bildprogramm
Konstantinowicz, Ikonostasis, Studien u. For- durch die poet. Schilderungen eines Pauli-
schungen, 1. Bd., Lwow 1939; V. N. Lazarev, Tri nus von Nola (gest. 431) Riickschliisse auf
Fragmenti Raspisnych Epistiley i Vizantijskij
Templon, VV 7, 1967, 161-196; Onasch, Ikonen- die Ausschmickung der Kirchen mit Dar-
malerei, 36-39; Ouspensky — Lossky, 59-69; N. D. stellungen méglich sind, flieBen fiir den
Protasov, Ikonologia Niznego Jarusa Ikonostasa Orient u. Byzanz die Quellen erst mit dem
XIV do XV Veka, BoV 25, 1916, 63 ff; L. Us- 6. Jh. reichlicher. Die Hagia Sophia in Kon-
penskij, Vopros Ikonostasa, Messager 44, 1963,
223-255, J. Walter, The Origin of Iconostasis,
stantinopel war anikonisch, d. h. mit Aus-
ECR3, 1971, 251-267; Weitzmann, Reg.: iconosta- nahme eines groBen Kreuzes in der Kuppel
sis; St. Xydis, The Chancel Barrier, Solea and bildlos. Im allgemeinen befand sich in der
Ambo of Hagia Sophia, ArtB 29, 1947, 1-24; N. Apsis, erklarbar aus ihrer besonderenliturg.
Labrecque-Pervouchin, L’Iconostase: Une Evolu-
tion Historique en Russie,Montréal 1982; H.Faen-
Bedeutung, eine Darstellung Marias mit
sen,Bemerkungen zur Herausbildung des Altruss. dem Kind (— auch Gottesmutterbilder) als
Tkonostas, E. Haustein-Bartsch (Hg.), Russ. Iko- Hinweis auf die Inkarnation, die Mensch-
nen, Neue Forschungen, Recklinghausen 1991, werdung Christi. Schon vorherzeigte das B.
25-38; A.Epstein, The Middle Byz. Sanctuary:
Templon orIconostasis, Journal of the British Ar-
der apsidialen Wande reiche Variations-
chacological Association 134,1981,1-28, N.Thon, miglichkeiten (Wiedergabe Christi mit den
Zur Entwicklungsgesch. der Ikonostase u. ihrer Aposteln, + Apostelbilder, od. Engeltra-
theol. Fundierung, 7s. f. Ostkirch]. Kunst. Herme- banten neben Maria mit u. ohne Kind, des
neia 2, 1986, 193-207, 3, 1987, 87-100;.LChI6, 578
Kreuzes, der Majestas Domini, der Ver-
bis 582; LdK 2, 371-373, LexMA 2,152-153; RBK
3, 326-353. kdarung Christi u. a.), die erst nach dem Bil-
derstreit (s. unten) einer Neuordnung u.ge-
wissen Reglementierungen unterworfen
Bildprogramm, 1. ein Programm, nach dem wurden. Bestimmte Spezialbauten wie die
bestimmte Themen der Monumentalmale- Baptisterien hatten ein ihrem Zweck ent-
tei an bestimmten Orten (Topographie) im sprechendes B., das sich ebenso auf einen
Innern u. Aufern des Kirchengebiudesdar- entsprechenden Motivschatz (z. B. Guter >
gestellt werden. Das Studium des B.s erfaBt Hirte, Taufe Christi) beschrinkte. Ansitze
zundchst statistisch seine Topographie u. zu einem ausgebildeten, wenn auch noch
seine Ikonographie. Diese fiihren bei dem nicht theologisch voll programmierten Bild-
engen, durch die byz. Mystagogie gedeute- schmuck bei einigen Kirchen werden durch
ten Zusammenhang mit der Liturgie den Bilderstreit (> unter Bild) unterbro-
schlieBlich zur Deutung der Bildinhalte, der chen.
Tkonologie. Obwohl gerade die Topogra- 3. Die Entwicklung eines theologisch durch-
phie einen liturg. Funktionalismus des orth. dachten u. sich zunehmend nach derliturg.
Kirchenraums widerspiegelt, besteht das Topographie richtenden B.s setzt nach dem
Verhaltnis zwischen dem B. u. den kon- Bilderstreit ein. Fiir den Typus der Kreuz-
struktiven Voraussetzungen des byz. Kir- kuppelkirche (> unter Kirchenbau) wurde
chenbausnicht in unmittelbaren Analogien, dabei eine senkrechte u. cine waagerechte
sondern in komplizierten Zwischenbezie- Orientierung konstitutiv. In der Kuppelist
hungen. — Neben der Autopsie bei vorhan- die Darstellung der Himmelfahrt Christi
denen Denkmilernist fiir die Erforschung vom 4. Jh. an tiber lange Zeit nachweisbar
verlorengegangener B.e die Literatur der (Hagios Georgios in Thessalonich, dort
Ekphrasis u. der Malerbiicher heranzuzie- auch Hagia Sophia, nachikonoklastisch, u.
hen. Panhagia Ton Chalkedon, 1028; Kirchen in
2. Ob die Kirchenstiftungen des Kaisers Kleinasien vom 10,/11. Jh., Neubau der Gra-
Konstantin (gest. 337) in Jerusalem u. Pala- beskirche in Jerusalem,11. Jh.; Venedig, um
stina bereits ein ausgebildetes B. besaBen u. 1200; Apostelkirche in Pe¢, Mitte 13. Jh.;
in welchem Verhaltnis dieses zu Kleinkunst Kirchen in NordruBland, mit Veranderun-
u. Bibelillustration stand, wird neuerdings gen in der [konographie). Sie wird allmah-
wiederkritisch diskutiert. Der einzige erhal- lich verdrangt durch die Darstellung Christi
tene Zyklus aus altkirchl. Zeit ist das mario- als Pantokrator (= unter Christusbilder),
log. B. des Triumphbogens yon S. Maria die die Vertikale beherrscht. Dabei wird die
Maggiore in Rom (nach der 3. Okumen. Sy- Kuppelselbst als analog.-bildhafte Darstel-
node 431). Wahrend fiir den Westen etwa lungszeneder himml, Sphire verstanden. So
60
Bildprogramm
erscheinen im allgemeinen (d. h. nach ei- unter Kuppel) die 4 Evangelisten (> auch
nem wenn auch nicht immer streng durch- Evangelistenbilder), mit denen in symbol.
gefiihrten Idealmodell) unter dem Panto- Weise der Ubergang zur ird. Sphire der
krator die 4 Erzengel, nicht selten mit den sichtbaren Kirche angedeutet wird. Das
Cherubim u. Tetramorphen (+ unter En- Stiitzensystem bleibt Heiligen'u. Reprasen-
gel), unter ihnen im Tambour die 12 Pro- tanten der kirch]. Hierarchie als Abbild der
phetenu. schlieBlich auf den Pendentifs (> ird. Kirchereserviert.

Bildprogramm
1 Gottesmutter mit
Kind
Michael
BUN

Gabriel
Verkiindigung der
Gottesmutter
Geburt Christi
DARN

Verklarung Christi
Taufe Christi
Geburt der
Gottesmutter
Kreuzigung Christi
eo

Einzug Christi in
e

Jerusalem
11 Auferweckung des
Lazarus
12 Drei Kénige
(Epiphanie)
13 Auferstehung Christi
(Hdllenfahrt)
14 Glaubensiiberzeu-
gung des Thomas
(> unter
Pfingsten)
15 Darstellung Jesu im
Tempel
16 Entschlafen der
Gottesmutter
17 Abendmahl
18 FuSwaschung
19 Verrat des Judas
20 Tempelgang der
Gottesmutter
21 Segnung der
Gottesmutter
durch den
Hohenpriester
22 Gebet von
Joachim
und Anna

61
Bischof
Ausgangspunkt der horizontalen Orientie- werden soll auch auf den Skulpturen-
rung ist der Altarraum, das Bema, mit sei- schmuck (— auch Plastik) an den AuBen-
nen durch die mittelbyz. Mystagogie zu be- winden der Kirchen im Gebiet von Vladi-
sonderer Wiirde erhobenen Nebenréumen, mir-Suzdal’, vor allem der Georgs-
den Pastophorien. Die Gottesmutter mit Kathedrale in Jufev Pol’skoj (1230-1234),
dem Kind (> Gottesmutterbilder) tiber der deren kompliziertes B. erst jiingst entratselt
Apostelkommunion in der Apsis versinn- u. rekonstruiert werden konnte. — Abb. S.
bildlicht wieder die Inkarnation Christi. Vor 61.
allem in der Riistkammer, der Prothesis,
kamesin mittel- bis spatbyz. Zeit zur vollen Lit: O. Demus, Byzantine Mosaic Decoration,
Deckung mit der liturg. Topographie (z. B. London 19532; ders., Probleme byz. Kuppeldarst.,
CAr 25, 1976, 101-108; E. Giordani, Das mittel-
Darstellung des Cherubimhymnus, der Dar- byz. Ausschmiickungssystem als Ausdruck eines
bringung der Gaben, der Kirchenvater u. hierat. B.s, JOBG 1, 1951, 103-134, H. Hallensle-
Liturgen mit Johannes Chrysostomus u, Ba- ben, Die Malerschule des Kénigs Milutin, GieBen
silius, des Melismos [— unter Christusbil- 1963; R. Hamann — Mac Lean/H. Hallensleben,
der] u. a.). Gleichzeitig erfolgte die Ausbil- Die Monumentalmalerei in Serbien u. Makedoni-
en, GieBen 1963; R. Hamann — Mac Lean, Grund-
dung der Bilderwand,die in gewisser Weise legung zu einer Gesch. der mittelalterl. Monu-
eine gedankl. Zusammenfassung des B.s mentalmalerei in Serbien u. Makedonien, GieBen
darstellt u. deshalb oft von denselben Ma- 1976; C. Ihm, Die Programme der christl. Apsis-
malerei vom 4, Jh. bis zur Mitte des 8. Jh., Wies-
lern ausgemalt wurde. Das Kirchenschiff, baden 1960; V. N. Lazarev, Sistema Zivopisnoj
der Naos, richtet sich in seinem Schmuck Dekoracii Vizantijskogo Chrama IX-XI Vekov,
nach dem jeweiligen Patronat der Kirche u. Vizantijskaja Zivopis, Moskau 1971, 90-109; S.
filhrt auBerdem im allgemeinen den liturg. Der Nersessian, Le Décor des Eglises du [Xe
Siécle, Actes Vle Congr. Intern. Etudes Byz.,
Festzyklus. Der Vorraum, der Narthex,
2. Bd., Paris 1951, 315-320; M. Restle, Die byz.
schlieBlich ist dem Jiingsten + Gericht, dem Wandmalerei in Kleinasien, 3 Bde., Recklinghau-
Passionszyklus od. dem Entschlafen der sen 1967; K. Gamber, Sancta Sanctorum. Studien
Gottesmutter vorbehalten. Neben dem zur liturg. Ausstattung der Kirche, vor allem des
Altarraumes, Regensburg 1981, W. Nyssen, Das
sthetischen ist der psycholog. Effekt nicht B. des byz. Kirchenraumes, Handbuch Ostk.kun-
zu iibersehen: Eine voll ausgemalte orth. de II, 246-256; D. Piquet-Panayotova, Recherches
Kirche erweckt beim Betrachter den Ein- sur la peinture en Bulgarie du bas moyen age,
druck, iiberall von den dargestellten Perso- Paris 1987, LdK 1(1987), 562; LexMA 2, 183-186;
nen beobachtet zu werden. RBK1, 662-690.
4. In Ruminien kam es zu einer besonderen
Auspragung des B.s, das sich auch auf die Bischof (grch. episkopos, m., ‘Aufseher’;
AuSenwinde erstreckte (erste AuBenfres- russ. episkop, m.), 1. im NT noch keine feste
ken in der Walacheiseit 1487 [Paprduti], in Institution, sondern eine den Altesten
der Moldau seit 1530 [Humor]. Dabei kam (grch. presbyteroi, — auch Priester) der Ge-
es zur Entsprechung des inneren u. auBeren meinde zustehende u. mit den Diakonen
Ausschmiickungssystems. Im Sinne der byz. ausgetibte Leitungsfunktion (vgl. Phil. 1,1;
Kultusasthetik wurde damit die Illusion ei- 1. Tim. 3.1.8). Sie wird mit Haushalterschaft
ner. duBersten ,,Verdiinnung“, Entstoffli- (Tit. 1, 7), Lehren, Ermahnen u. Strafen
chung der Wandmaterieerreicht. (Tit. 1, 9) umschrieben. Vorbild ist Christus
5. RuBland iibernahm zundchst in der Kie- (1. Petr. 2,25). Der Idealtyp eines B.s wird
ver Epoche (bis zum Mongoleneinfall) das an Paulus demonstriert (Apg. 20). 1. Tim.
mittelbyz. B. mit gewissen Modifikationen. 3,2 u. Tit. 1,6 enthalten schon,,B.s-Spiegel“.
Mit Erstarken des Groffiirstentums Mos- Um 100 (1. Clemensbrief) werden Bischéfe
kau entwickelte sich ein neues Programm, wegen der Gefahr von Streitigkeiten durch
dessen Thematik variabel blieb u. sich oft, Apostel eingesetzt u. bilden mit Diakon u.
ahnlich wie das spatbyz. B., nach den beson- Priester den von den Laien unterschiedenen
deren kirchl, Auftrigen richtete, z. B. als Klerus (~ auch Hierarchie). Bei Ignatius
Reaktion auf bestimmte Haresien. Eine zu- von Antiochien (gest. nach 110) findet sich
sammenfassende Untersuchung der Syste- bereits die Identifikationsreihe von Chri-
matik u. Geschichte des altruss. B.s muB stus, B. u. Kirche (,,Wo der B. ist, da ist die
noch geschrieben werden. —- Hingewiesen allgemeine [,kath.,] Kirche“). Ihm hat das
62
Bischof
Presbyterium wie Christus zu folgen. Ohne In der Ostkirche ist der B. der eigentl.
den B. (od. einen von ihm delegierten Kleri- geistl. Herrscher(grch. despotes; russ. viady-
ker) darf keine Eucharistie volizogen wer- ka) seines Kirchengebietes, dessen Selb-
den. standigkeit durch kein anderes Mitglied der
Inmitten der Verfolgungen u. gegentiber Hierarchie (mit Ausnahme begriindeter
der Gnosis wird der Episkopat zum stabili- Anklagen wegen Amtsvergehen) in Frage
sierenden Faktor innerhalb der Gemeinde. gestellt werden kann. Diese geistl. Souver4-
Nach den von Tertullian (gest. nach 220) ge- nitat leitet sich aus dem einen, unteilbaren
schaffenen Voraussetzungen wurde das u. nur vom B. verwalteten héchsten Hirten-
Amt des B.s in der friihen Kirche entschei- amt der Kirche ab, weshalb der B. auch den
dend von Cyprian von Karthago (gest. 258) Titel eines ,,Ersten od. Erzpriesters* (grch.
geprigt: ,.Man mu8 wissen, da8 der B. in archiereus, Tuss. archierej) fiihrt. Auch die
der Kirche u. die Kirche im B. ist.“ Der B. hierarch. Range des Erzbischofs, Metropoli-
ist der eigentl. Priester (grch. hiereus;lat. sa- ten u. Patriarchen haben dieses Hirtenamt
cerdos) u. vollzieht die Eucharistie als ,,un- zur einzigen, unableitbaren Voraussetzung,
blutiges Opfer“, als Nachahmung des Kreu- sie sind lediglich als ,,Oberbischéfe“ mit er-
zestodes Christi. Das Kirchenrecht bestitig- weiterten lokalen u. jurisdiktionell-admini-
te den monarch. Episkopat, d. h. die auf der strativen Vollmachten ausgestattet. Die
kollegialen Einheit aller Bischéfe beruhen- Tatsache, daB die Weihegewalt u. damit
de Alleinherrschaft des B.s in der jeweiligen auch die volle Jurisdiktionsgewalt vor allem
Gemeinde. Damit identifizierte sich die dem Patriarchen zusteht, beriihrt nicht die
kirchl. Sozietat mit dem B. u. umgekehrt, Eigenstandigkeit des bischéfl. Hirtenamtes
wie es bereits Ignatius von Antiochien for- (> auch Patriarch). Die Bischéfe einer au-
muliert hatte. tokephalen Kirche (— unter Autokephalie)
2. Mit der Legalisierung der Kirche durch nehmen als turnusmaBige Mitglieder der
Konstantin I. (gest. 337) erhielten die B.s-Synode an der Leitung ihrer Landeskir-
Bischéfe Rang u. Titel hoher Reichsbeam- che teil. In allen Fragen des Kirchenrechts,
ten (Nobilitierung), ein - wenn auch mif- der Liturgie u. der Disziplin sind Entschei-
lungener ~ Verstich, die straff gegliederte u. dungen ohnesie nicht méglich. Das episko-
durch den Episkopat geleitete kirchl. So- pale Leitungsprinzip gehért ebenso wie das
zietat der Gesellschaft zu integrieren. Amts- synodale (— Synode) zu den kanonisch ab-
tracht u. Ehrenzeichen habensich z. T. bis gesicherten Fundamenten der Ostkirche.
heute erhalten (— auch Bischofsinsignien). Die Ehelosigkeit (> Zélibat) des B.s ist in
Es entstanddie in der frithen Kirche im An- der Kirche frilh durchgesetzt worden. Es
satz bereits vorhandene, jetzt aber weiter bildete sich das Gewohnheitsrecht heraus,
ausgebaute Bischofsverwaltung. Aus den daB die Frau eines zum Bischof geweihten
friihkirchl. Voraussetzungen entwickelten verheirateten Klerikers ins Kloster ging. Fiir
sich die 3 Amtsvollmachten des B.s: die die unmiindigen Kinder muBte die Kirche
Weihegewalt {grch. exusia hieratike; russ. sorgen. Um Komplikationen familiarer Art
viast, svjascenija; lat. potestas ordinis; > zu vermeiden, rekrutiert sich der B.s-Nach-
auch Cheirotonie), die Lehrgewalt (grch. wuchs im ailgemeinen aus dem Ménchtum.
exusia didaktike; russ. vlast, ucenija; lat. po- In Byzanz u. in RuBland hates (wie im We-
testas magisterii) und die Rechtsgewalt od. sten) seit dem 12. Jh. bis in die jiingste Ver-
Jurisdiktion (grch. exusia dioiketike; russ. gangenheit Bestrebungen gegeben, auch
viast, upravlenija;lat. potestas jurisdictionis). dem verheirateten Welt-Klerus Zugang zum
Ausdruck derim B. reprasentierten Rechts- Episkopat u. damit zur Leitung der Kirche
souveranitit der Kirche waren u. a. das zu eréffnen. Diese Bemiihungen hatten
Asylrecht, das Recht 16m. Birger, statt der aber keinen Erfolg (= auch unter Laien).
zivilen Gerichtsbarkeit die des B.s (die —
wissenschaftlich umstrittene ~ episcopalis Lit: Beck, 67-78, A. Boussé u. A. Mandouze,
audientia) anzurufen, u. die Zustindigkeit L’Evéque dans l’Eglise du Christ, Paris — Tournai
der letzteren fir den gesamten Klerusu., je- 1963; V. Bugek, Episcopalis audientia. Eine Frie-
dens- u. Schiedsgerichtsbarkeit. Zs. der Savigny-
denfalls im MA,fiir alle in der Kirche Be- Stiftung fiir Rechtsgesch., Kan. Abt., 59; 1939, 453
schaftigten (die ,,Kirchenleute“). bis 492; H. v. Campenhausen, Kirchl. Amt u.

63
Bischofsinsignien
geistl. Vollmacht in den ersten drei Jh., Tiibingen bei wird man ein kaum verborgenes Kon-
19632, Y. Congar, Das B.s-Amtu.die Weltkirche, kurrenzverhdltnis zwischen den Représen-
Stuttgart 1964; Feine, § 4, 14; H. Kotsionis, Ver- tanten einer streng profilierten kirchl. So-
fassung u. Aufbau der orth. Kirche, Orthodoxe
Kirche 1, 169-174; K. Liibeck, Reichseinteilung u. zietét u. denen des spitantiken Staates u,
kirchl. Hierarchie des Orients bis zum Ausgang seiner Gesellschaft nicht iibersehen diirfen.
des 4, Jh., Miinchen 1901; Mila’, § 102-111, A. Auf der anderen Seite war die Kirchein ei-
Steinwenter, Die Stellung der B.e in der byz. Ver- ner an Amtsinsignien keineswegs armen
waltung Agyptens, Studi in onore die P. Francisci,
L, Mailand 1954, 77-99; D. T. Strothmann, L’Evé- Umwelt gendtigt, auch nach auBen aus der
que dans la Tradition Orientale, Irénikon 34, frtiheren Zeichenanonymitat ihrer Amtstra-
1961, 147-164; Ch. Walter, L’Evéque célébrant ger herauszutreten. Zugleich brauchte die
dans l’Iconographie byz. L'Assemblée liturgique Massenkirche ebenso nach innen, d. h. fiir
et Jes differents réles dans l’Assemblée, Roma
1977, 321-331; ders., Art and Ritual of the Byz. ihre Glieder, einprigsame Orientierungsab-
Church, London 1982, Reg.; E. Lohse, Die Ent- zeichen ihrer Hierarchie.
stehung des B.samtes i. d. friihen Christenheit,
ZNW 71, 1980, 58-74; J. Feliermayr, Tradition u.
Lit: A. Alféldi, Insignien u. Tracht der rém. Kai-
Sukzession im Lichte des rim. antiken Erbden-
kens, Miinchen 1979; F. Prinz (Hg.), Herrschaft ser, Mitt. d. DAI, Rém. Abt., 50, 1-171; J. Braun,
Die pontifikalen Gewander, Freiburg/Br. 1898,
und Kirche. Beitrage zur Entstehung u. Wirkungs-
weise episkopaler u. monastischer Organisations- Th. Klauser, Der Ursprungder bischdfl. Insignien
u. Ehrenrechte, Krefeld 1953; J. Straub, Die Or-
formen, Stuttgart 1988; LChI 1, 301-303; 5, 403 bis
404; LexMA2, 228-237.
dination von Bischéfen u. Beamtenin derchristl.
Spitantike, Mullus-Fs. Th. Klauser, Minster 1964,
336-345; N. Thierry, Le Costume Episcopal du
{Xe au XIIle Siécle d’aprés les Peintures Datées,
Bischofsinsignien (lat. insigne, n., ‘Abzei- REByz 24, 1966, 308-315; Ch. Walter, Art and
chen’, ‘Ehrenzeichen’), dem Bischofals Zei- Ritual in the Byz. Church, London 1982, 7-34;
chen geistl. Herrschaft dienende Gegen- LCAI5, 404-415; LexMA5, 449-450. - S. auch Lit.
zu Bischofsstab; Gewander,liturgische,; Kamelau-
stande mannigfacher Art: bestimmte kirchl.
chion.
u. liturg. - Gewdnder, bestimmte Kopfbe-
deckungen — die liturg., kronenférmige Mit-
ra u. das nichtliturg. Kamelauchion mit dem Bischofsstab (grch. rhabdos, m., paterissa, f.
Schleier, dem Epanokamelauchion -, das [von pater, m., ‘Vater’], bakteria, f., ‘Hirten-
Enkolpion — heute meist ein ovales Medail- stab’; russ. Zez/, m., posoch, m.; lat. baculus
lon mit Gottesmutterbild -,Bischofsstab, Bi- pastoralis), ein zu den Bischofsinsignien
schofsthronu. der sog. ,,Adler“ (grch. aetos; gehdrender, das Hirtenamt symbolisieren-
russ. oriec), 2 ovale kleine FuS8teppiche mit der Stab. Etwas kiirzer als in der kath. Kir-
der Darstellung eines Adlers, der tiber eine che, besitzt der B. der orth. Kirche statt der
von Mauern umgebeneStadtfliegt, als Sym- einen ausholenden 2 kleinere, sich zum
bol fiir die 3 Amtsvollmachten des Bischofs. Kreuz auf dem Stab neigende Kriimmen. Er
Zu den insignialen Rechten des B.s gehéren kann auch, wie in der russ. orth. Kirche, ei-
ferner bestimmte Ehrenbezeugungen: das nenauf den Stab gesetzten u. an den Enden
Vorantragen von Licht, der ihm zu spen- leicht geneigten Quergriff haben. Der grch.
dende Weihrauch, der Kniefall vor ihm (> B. ist etwas héherals der der russ. Kirche.
Proskynese), die hymnenartige Akklamati- Daneben pibt es schlichtere, wenn auch in
on (> Polychronion), die liturg. Handha- der Regel aus edlem Material (Elfenbein,
bung des zwei- u. dreiarmigen Leuchters (— Ebenholz) hergestellte Stabe fiir den nicht-
Dikerion, — Trikerion), das Tragen des liturg. Gebrauch. Als insignialer Gegen-
Ringes, der Anspruch auf den Titel ,,Herr- stand entsprachen die oft goldenen Stabe
scher“ (grch. despotes; tuss. viadyka) u. den Dikanikia (grch.) hoher Hofbeamter,
schlieBlich in frihbyz. Zeit die Anbringung wihrend ihr Symbolgehalt als Zeichen
seines — Bildes in der Kathedrale. geistl. Herrschaft, die das Hirtenamt ein-
Fast alle diese Insignien u. Rechte sind dem schlieBt, eng mit dem AT (Micha 7, 14) u.
Kaiserkult bzw. dem Protokoll hoher NT(Offb. 2, 27; 19, 15) sowie mit altesten
Reichsbeamten entnommen od. von ihnen oriental. religidsen Vorstellungen verbun-
abgeleitet u. hangen mit der Nobilitierung denist. In Byzanz wurde der B. sehr wahr-
des Episkopats unter Konstantin I. (gest. scheinlich zuerst vom Kaiser dem Patriar-
337) u. seinen Nachfolgern zusammen. Da- chen bei dessen Inthronisation iiberreicht,

64
Bischofsthron
bevor er zur Ordination (— Cheirotonie) dem Vorsteher ein Bischof wurde, wandelte
des Bischofs gehirte. sich der Sessel zur Kathedra, wihrend sein
Postament allmahlich zum Bema wurde.
Lit: R. Bauerreiss, Abtsstab u. B., Studien u. DerB. befandsich hinter dem Altar. Der zu
Mitt. zur Gesch. des Benediktinerordens68, 1957, den bischéfl. Insignien gehdrende Thronos
215-226; F. Focke, Szepter u. Krummstab, Fs. f. A.
Fuchs, Paderborn 1950, 337-387; P. Salmon, Aux bestand aus Holz, Stein od. Marmor. Eine
Origines De la Crosse des Evéques, Mélanges der bekanntesten Kathedren ist die des Ma-
Andrieu 30, 1956, 373-383; P. E. Schramm, Herr- ximinian von Ravenna (Mitte 6. Jh.). Von
schaftszeichen u. Staatssymbolik, 1. Bd., Stuttgart
1954; LdK 1(1987), 572-573. - S. auch Lit. zu Bi- der Kathedra auserfiillt der Bischof seine
schofsinsignien. Amtspflichten. Vor allem halt er (gréBten-
teils sitzend im Gestus des Lehrenden) von
Bischofsthron (grch. kathedra, f., ‘Sessel’, dort seine Predigt (+ Homilie) od. (auf den
‘Lehrstuhl’, ‘Richterstuhl’, thronos, m.; russ. Stufen stehend) seine Belehrungen der Ka-
prestol, m.). techumenen. In Darstellungen der Apoka-
1. Der Sessel des altrém. Pater familias wird lypse, der Hetoimasia (der Thronbereitung)
in der frithchristl. ,,Hauskirche* dem Vor- und des Jiingsten > Gerichts steht der B. in
steher der Gemeinde, ebenso aber auch gedankl. Verbindung zum Richterstuhl
dem Charismatiker als Ehrenplatz gedient Christi als seinem ideellen Urbild. Dasselbe
haben. Auch die Subsellien der rém. Pro- gilt vom Stuhl Christi inmitten des Apostel-
fanbasilika mégen mit dem erhdhten Sitz kollegiums auf bestimmten Apostelbildern.
des Vorsitzenden auf die Entstehung des — Abb.
B.s eingewirkt haben. In dem Mafe, wie aus 2. In einem weiteren Sinne bezeichnet Ka-

Bischofsthron

65
Bischofsverwaltung
thedra die offizielle Residenz des Bischofs Tiirhiter, der Kiister, der Bilttel des Epi-
(— auch Bischofsverwaltung). Das Kirchen- skopalgefangnisses u. a. Dem engsten Kreis
recht unterscheidet dabei zwischen derstan- der B. gehérie der Beichtvater des Bischofs
digen Kathedra, die in den Notitiae episco- an, der Synkellos (grch.; russ. sinkel), dessen
patum (lat.), den Listen der Bischofssitze, EinfluB nicht selten mit dem des Archidia-
gefiihrt wird, u. dem Kathisma(grch.), dem konsu. des Oikonomos konkurrierte.
vortibergehenden Amtssitz. Alle Dienste fanden ihre Zusammenfassung
u. Reprasentation in dem zentralen Dienst
Lit: H. Bietenhard. Die himml. Welt im Urchri- des Bischofs, der Liturgie. Sitz des Bischofs
stentum u. Spitjudentum, Tiibingen 1951, 53-74, war das Episkopion (grch.; russ. archierejs-
_ Eisenhofer 1, 376 £.; H. U. Instinsky, Bischofsstubl kij dom, duchovnyj prikaz, domovaja ar-
u. Kaiserthron, Miinchen 1955; P. E. Schramm,
Herrschaftszeichen u. Staatssymbolik, 1. Bd., chierejskaja kontora), in dem sich, oft ver-
Stuttgart 1954, 316-325; 3. Bd., 1956, 694-707, LdK teilt auf mehrere Gebaude um die Kathe-
1(1987), 573-574 (B.sstuht); LexMA 5S, 1074-1075 drale, neben der geistl. Verwaltung (russ.
(Kathedra). — S. auch Lit. zu Bischofsinsignien. duchovnye pravienija) u. katitativen Anstal-
ten die Wohn- u. Repriisentationsraume fiir
Bischofsverwaltung. Die Notwendigkeit ei- Bischof u. Klerus befanden. Dazu gehdérten
ner B. ergibt sich aus der Ausiibung der 3 auch die Gebaude fiir die Hofhaltung u. die
Amtsvollmachten des Bischofs, der Weihe-, Bediensteten (Kiichenpersonal, Stallmeister
der Lehr- u. der Rechtsgewalt. In altkirchl. u. -knechte, Bter- bzw. Kvasbrauer, Kir-
u. friihbyz. Zeit stand an der Spitze fast aller chenmaler [einem eigenen Kontor unter-
Verwaltungskollegien der Archidiakonos stand die Kontrolle der Kirchenmalerei in
(grch.; russ. episkopl’ d’jak), wahrend dem der Didzese] u. a.). Innerhalb der Stadt u.
Kollegium der Presbyter (— Priester) der ihrer Verwaltung bildete das Episkopion
Archipresbyter vorstand. Die Presbyter ein exterritoriales Gebiet.
stellten allerdings den Leiter der Vermé-
gensverwaltung, den Oikonomos (grch.), Lit: Beck, 98-120, L. Clugnet, Les Offices et les
Dignités Ecclésiastiques dans l’Eglise Grecque,
der auch die Mittel fiir die karitative Tatig- ROC 3, 1898, 142-150; E. Hermann, Dasbischéfl.
keit u. den Lebensunterhalt des Bischofs Abgabewesen im Patriarchat von Konstantinopel,
beaufsichtigte. Die Bedeutung des Oikono- OrChrPer5, 1939, 434-513; ders., Zum kirch). Be-
mos, vor allem in den Auseinandersetzun- nefizialwesen im byz. Reich, Atti V. Congr. In-
tern, di Studi Byz. I, 1939, 675 £.; P. A. Lederer,
gen zwischen Staat u. Kirche in Byzanz u. Die Diakonie der Bischéfe u. Presbyter u. ihre ur-
Ru8land um das Kirchenland, kommtauch christl. Vorliufer, Stuttgart 1905; I. Smolitsch,
darin zum Ausdruck, da8 er lange Zeit als Gesch. der Russ. Kirche 1700-1917; Leiden 1964,
Bistumsverwesergalt. 357-389, J. Zhishman, Die Synoden u. Episko-
palamter in der morgenland. Kirche, Wien 1867;
Aus der Fiille der anderen Amter der B. RBK 2, 335-371 (Episkopion). - S. auch Lit. zu
seien genannt: der Hiiter der sakralen Ge- Kirchenrecht.
genstande einschlieBlich der Reliquien des
bischéfl. Schatzes (grch. skeuophylax; russ. Bischofswahl, Bischofsweihe — unter
skevofilaks), der die Urkunden (grch. char- Cheirotonie
tai) u. Geheimarchivalien verwaltende No-
tar (grch. chartophylax; russ. chartofilaks),
Blacherniotissa > unter Gottesmutterbilder
die fiir den interepiskopalen Schriftverkehr
zustindigen ,,Nuntien® (grch. apokrisiarioi;
tuss. apokrisiarii), die mit Weihegraden ver- Blumentriodion > unter Triodion
bundenen sozial-karitativen Sozialamter,
wie der Armen- u. Waisenspeiser (grch. pto- Boris > unter Heiligenverehrung, > auch
chotrophos, orphanotrophos; truss. siropita- Heiligenbilder
tel’), der Fremden- u. Pilgerwirt (grch. xe-
nodochos, russ. gostepriimec) u. a. Bei der Brandeum(iat., n., auch palliolum, n., sanc-
Taufe von Frauen u, zu ihrer Aufsicht im tuarium, n.), seidenes od.leinenes Tuch zum
Gottesdienst assistierten die Diakonissen. Einhiillen der Leiber verstorbener Heiliger
Den niederen Weihen gehérten an: der od. Martyrer, Das B.galt in der Alten Kir-
Lektor, Leiter u. Mitglieder des Chores, der che als mittelbare Reliquie. Die Sitte, die
66
Biicher,liturgische
Leiber verstorbener Heiliger nicht den ist, wird das Kreuzschlagen(lat. consignatio
menschl. Blicken freizugeben, hat ihre Wur- crucis) mit der Partikel u. seine Immissio
zel im rém. Recht, das die Unberiihrbarkeit erst mit dem 7. Jh. anzusetzen sein. Die vél-
(lat. intangibilitas) des Leichnamsunter sei- lige Ausgestaltung des B.s steht im Zusam-
nen Schutz stellte, im Gegensatz zur ,,grch. menhang mit der Entwicklung der Vormes-
Sitte“ (lat. consuetudo graecorum) der Zur- se, der Prothesis.
schaustellung von Reliquien bei deren 2. In der Malerei wird das B. in einem be-
Uberfithrung(lat. transtatio). In der Kirche sonderenBildtypus, dem ,,Zerteilten“ (grch.
diente das B. zum Bertihren von Reliquien melismos, > unter Christusbilder, > Bild-
unter dem Altar durch ein Fensterchen(lat. programm), dargestellt.
fenestelia, + unter Confessio). Es konnte 3. Zum B. als einem abendl. Spezial-Offizi-
statt jener bei der Kirchenweihe Verwen- um — Akoluthia.
dung finden.
Lit: Handbuch, 440-444; Hanssens, Nr. 1388 bis
Lit: H. Delehaye, Les Origines du Culte des Mar- 1405; Jungmann, 2, 369-375; Raes, 94-103; Schulz,
tyrs, Briissel 1933, 52 ff, Kétting, 340, LdK Die byz. Liturgie, Reg. II B; LexMA 2, 721. — S.
1(1987), 635; LexMA2, 563-564. auchLit. zu Akoluthia.

Brotbrechen (grch. artoklasis, f., auch melis-


mos, m.; russ. razdroblenie chleba;lat. frac- Biicher, liturgische, im Unterschied zu den
tio panis), 1. ein besonderer manueller Akt Lesebiichern, solche Biicher, die Bischof,
in der Liturgie vor der Kommunion. Im Ri- Priester, Diakon u. der Leiter des Chores
tus des B.s wird das Lamm,d.h. das Siege! fir die Liturgie, den Stundengottesdienst,
auf dem Abendmahlsbrot (> Prosphore), das Stundengebet u. die Spendung der Sa-
so gebrochen, daB die 4 Buchstabengruppen kramente brauchen. Wahrend sich in der
IC XC NI KA (‘Jesus Christus siegt”) unver- kath. Kirche die ln B. wesentlich nach den
letzt folgendermaBen auf der liturg. Schtis- gottesdienstl. Handlungen richten, orientie-
sel, der Patene, geordnet werden: ten sie sich in der Ostkirche mehr nach den
Funktionen des Klerus im Gottesdienst. In
der kath. Kirche unterstehen die Rubriken
der Ln B. einer zentralen Behirde, der Ri-
tenkongregation; in der Ostkirche gehéren
NI KA sie zu den Obliegenheiten der obersten Au-
toritéten der autokephalen Kirche (— Au-
tokephalie). Deshalb sind in den Ostkirchen
die Ln B. in den verschiedenen Volksspra-
chen (— Sprachen) geschrieben bzw. ge-
Dabei spricht der Priester: ,,Gebrochen u. druckt.
zerteilt wird das Lamm Gottes, das gebro- Die ln B. sollte man zweckméBigerweise
chen u. nicht zertrennt, fortwihrend geges- wie folgt ordnen (— auch Kirchenjahr [3]):
sen, aber niemals erschépft wird, sondern (1) Im Tageskreis verwenden Priester u.
die Essenden heiligt‘ (= auch Lamm Got- Diakon das Euchologion fiir den Vollzug
tes). Mit dem B.ist der Ritus des Zeon, des der Liturgie (etwa dem kath. Missale ent-
kreuzférmigen EingieBens von warmem sprechend) u. das Horologion fiir Stunden-
Wasser in den Kelch verbunden. Dabei wird gebete u. -gottesdienste. — (2) Fiir den Wo-
vorher mit dem IC tiber dem Kelch ein chenkreis sind die Oktoechos mit den got-
Kreuz geschlagen u. diese Partikel hineinge- tesdienstl. Hymnen, das Hirmologion mit
tan. Zusammen mit dem Zeongilt das B. als den Leitstrophenu. (bis zum 15. Jh. in Ge-
Symbol der Kreuzigung Christi, wobei von brauch) auch das Sticherarion notwendig.
dem eigentl. Brechen (grch. klasis), das Zer- Ferner gehéren dazu das Triodion u. das
teilen (grch. melismos) unterschieden wird. Pentekostarion mit den Liedern fir die Fa-
Das Hineintun der Partikel (lat. immissio) sten-, Oster- u. Pfingstzeit innerhalb des be-
in den Wein deutet auf die Auferstehung weglL Zyklus. — (3) Das umfangreiche Mate-
Christi. Wabrend das B. als mit der Eucha- tial an Lesungen, Hymnenu.a. des Monats-
ristie identisch bis in das NT zu verfolgen dienstes innerhalb des unbewegl. Zyklus
67
Buchillustration
findet man im Menaion. Auch das unter nigen Fallen, wie bei Absage an eine Hare-
Pkt. 2 erwdhnte Sticherarion enthalt Vers- sie, ist die Lossprechung mit der Myronsal-
texte ftir den unbewegl. Jahreskreis. — (4) bung verbunden. Die BuBstrafen (— Epiti-
Die Texte fiir die Spendung der Sakramen- mien) haben nach orth. Auffassung padago-
te, Weihen u. Segnungen sind ebenfalls im gischen, keinen satisfaktorischen (rechtferti-
Euchologion u. seinen Sonderformen zu- genden) Charakter. Auf der anderen Seite
sammengestellt. Zu nennen sind ferner das kennt das byz. Kirchenrecht einen BuBno-
Antiphonarion mit den Wechselgesingen mokanon,’ in dem die entsprechenden
des Chores, Doxastarion u. Kondakarion Rechtsmaterien aus anderen kanon.
fiir den Chorleiter sowie das Synaxarion mit Biichern zusammengetragen sind.
Notizen zu den Heiligenviten bzw. kurzen 2. Die Geschichte des BuSsakraments der
theolog. Auslegungen. Ostkirche ist in wesentl. Ziigen anders ver-
laufen als in der kath. Kirche. In der Ostkir-
Lit.: L. Allatius, De libris ecclesiasticis graecorum, che hat sich die Spannung zwischen dem an
Paris 1645; Daniel, 314 f.; J. A. Fabricius, Biblio- den Bischof gebundenen B.-Institut u. dem
theka graeca V, Hamburg 1723; C. Korolevskij,
La Codification de l’Office Byzantin. Les Essais von einem Charismatiker verwalteten,,frei-
dans le Passé, OrChrPer 19, 1953, 25-58; Maximi- en“ B.-Wesen am langsten erhalten. Dem
Jian v. Sachsen, Praelectiones de liturgits orientali- Bischof als dem eigentl. Oikonomos(grch.,
bus, Freiburg/Br. 1908, 73-75; Onasch, Weih- ‘Verwalter’) des B.-Instituts unterstand
nachtsfest, 32-47; E. Pantelakis, Les Livres Ecclé-
siastiques de l’Orthodoxie, Sonderdruck des Iré- auch die Aufsicht iiber die BuBklassen. Das
nikon, Amay sur Mense, o. J.; Paramente u. wahrscheinlich wahrend der Christenverfol-
Biicher der christl. Kirchen, Miinchen/London/ gung unter Decius (250/251) entstandene
New York/Paris 1988 (Glossarium Artis, 4); Amt des B.-Priesters (grch. presbyteros epi
Handbuch Ostk.kunde II, 87-90; LdK 3, 34-36.
fes metanoias) gab es in der byz. Kirche
noch bis zum 4. Jh. Nach dem Aufhéren der
Buchillustration — Bibelillustration, > Mi- Verfolgungen ging auch das altkirchl. Cha-
niaturmalerei tismatikertum zuriick. Seine Funktion tiber-
nahm das Ménchtum.In standiger Ausein-
Bube (grch. metanoia, f., russ. pokajanie, andersetzung mit dem Klerus erwuchs als
n.). 1. die B. gehért zu den 7 Sakramenten; »charismat. Autoritét* der Altménch (grch.
sie regelt die in der Alten Kirche im allge- geron, russ. starec), der als geistl. Vater
meinen Offentl. Wiederaufnahme des reu- {grch. pneumatikos pater; russ. duchovnyj
igen Siinders in die Gemeinde, geht aller- otec, duchovnik) mit dem Charisma der
dings iiber eine nur juristisch verstandene Seelenkenntnis (grch. diakrisis) Beichte
Wiederverséhnung mit Gott (lat. reconcilia- héren u. die Seelenfthrung iibernehmen
tio) hinaus. Die wichtigste Handlung der B. durfte. Von bedeutenden Mystikern unter-
ist die Beichte (grch. exhomologesis;russ. is- stiitzt, galt solchen Ménchen das asket. Tun
poved’), die persdnlich vor einem Priester (grch. praxis; russ. delanie) nicht selten als
zu geschehen hat. Sie wird auchals ,,sakta- die eigentl. B. In der russ.-orth. Kirche hat
mentale Beichte“ (grch. mysteriake exho- dieses Vorbild auch auf den Weltklerus ein-
mologesis; lat. confessio sacramentalis) be- gewirkt. Mit dem Aufkommen des Amtes
zeichnet. Dabei ist die Ostkirche ebenso- eines Protopopen (— unter Archipresbyter)
wenig wie die kath. Kirche an das Fra- sammelten sich um diesen die sog. BuBfami-
geschema der 7 Todsiinden gebunden. Bei lien (russ. pokajal’nie senii), in denen eine
aufrichtiger Bufgesinnung wird die Los- der wichtigsten Wurzeln des innerruss.
sprechung von den Stinden (grch. lyterion; Schismas(russ. raskof), der Abspaltung der
lat. absolutio; russ. razresenie) erteilt. Sie ist Altglaubigen von der Patriarchatskirche im
bedingungslos u. uneingeschrankt. Die Ab- 17. Jh., zu sehenist. Heute gilt die BuBe mit
solutionsformel ist im Osten deprekativen der vor einem Priester abgelegten Beichte
Charakters, d. h., sie witd herabgefleht. als Voraussetzung fiir den Empfang der Eu-
Aber auch indikative (unmittelbar zuspre- charistie. Strenge BuBgesinnung wird durch
chende) Formeln sind in der Ostkirche be+ kniefalliges Gebet (— auch Gonyklisia) od.
kannt. Die russ. orth. Kirche verbindet die durch Sichniederwerfen (—> Proskynese)
deprekative mit der indikativen Form.In ei- zum Ausdruck gebracht.
68
Butterwoche
3. Die kirchl. Kunst des Ostens spiegelt das héren. — (3) Am Eingang zum Kirchen-
Tastitut der B. mannigfach wider. Seine in- schiff, dem Naos, befanden sich die ,,auf
neren Probleme fanden ihre Darstellung im den Knien Liegenden“ (grch. hypopipton-
Jiingsten — Gericht u. in der Apokalypse. tes). Sie wurden nach den Geisteskranken
Der Stindenfall Adams u. Evas bot Még- (grch. energumenes) mit einem Segens-
lichkeiten bildhafter Reflexion iiber die B. spruch des Bischofs entlassen. - (4) Die mit
Der Bufcharakter gottesdienst!. Versamm- den Glaubigen ,,Zusammenstehenden“
lungen kommt im Deesis-Rang der Bilder- (grch. synhistamenoi) durften zwar an der
wand zum Ausdruck. Auch andere Themen Liturgie teiinchmen, waren aber von der
der Ikonographie behandeln die B., wie die Darbringung der Naturalgaben ebenso aus-
Darstellung der ,,Himmelsleiter* (BuBstu- geschlossen wie von der Kommunion.
fen) od. in der Bibelillustration die Wieder- Diesen 4 B. entsprachen die BuBfristen. Bei
gabe des Gleichnisses Luk. 15, 11-32. Kapitalverbrechen, z. B. bei Mord, wurde
der BiiBer 20 Jahre von der Liturgie ausge-
Lit: A. I. Almazov, Tajnaja, Ispoved’ Pravoslav- schlossen. Davon hatte er 4 Jahre in derer-
noj Vostoénoj Cerkvi, Odessa 1894; Beck, 147, sten, 5 Jahre in der zweiten, 7 Jahre in der
Dassmann; W, Elert, Abendmah! u. Kirchenge-
meinschaft in der alten Kirche hauptsichlich des dritten u. 4 Jahre in der vierten Klasse zu
Ostens, Berlin 1954, 71-88; Heiler, 174-179; E. verbringen, ehe er durch die erste Vollteil-
Hermann, De Fontibus Turis Ecclesiastici. Rus- nahmean der Eucharistie wieder alle Rech-
sorum, Citta del Vaticano 1936; 35 £.; K. Holl, En- te eines Gemeindegliedes wahrnehmen
thusiasmus u. B.-Gewalt beim grch. Ménchtum,
Leipzig 1898, C. Korolevskij, L’Administration du konnte. Spatestens seit dem 12. Jh. héren
Sacrament de Pénitence dans le Rite Byzantin, wir in der byz. Kirche nichts mehr von die-
Studion 2, Rom 1925, 36 ff.; Kétting, 329 f£., Mi- sen B. Die obenerwahnten BuBstrafen wur-
lasch, § 143-154 a, 172; H. Pohlmann, Die Meta- den schon vorher durch das System der Epi-
noia als Zentralbegriff der christl. Frémmigkeit,
Leipzig 1938; A. Raes, Les Formulaires Grecques timien ersetzt.
du Rite de Ja Pénitence, Mélanges Andrieu, Stras-
bourg 1956, 365-372, S. Smirnov, Duchovnyj Otec Lit: J. Grotz, Die Entwicklung des BuSstufenwe-
v Drevnej Vostoénoj Cerkvi, 1. Bd., Sergiev Posad sens in der vorniciin. Kirche, Freiburg/Br. 1955; S.
1905; 1. Suvorov, K Voprosu o Tajnoj Ispovedi io Hiibner, KirchenbuBe u. Exkommunikation bei
Duchovnikach v Vostoénoj Cerkvi, Moskau 1906; Cyprian, ZThK 84, 1962, 49-84, 171-215, E.
D. A. Tanghe, L’Eucharistie pour la Rémission Schwarz, BuBstufen u. Katechumenatsklassen,
des Péchés, Irénikon 34, 1961, 165-181; G. Schré- Schriften der wiss. Gesellschaft in StraBburg, Heft
der, Die Lehre vom Sakrament der B. in der 7, 1911; LexMA 2, BuBe B, C. ~ S. auch Lit. zu
Russ.-Orth. Kirche, Diss. Greifswald 1978; Litur- BuBe.
gie et rémission des péchés, Rom 1975; Handbuch
Ostk.kunde I, 155 f., 175(Lit.); LChI 1, 343-348;
LexMA 2, 1124-1144. - S. auch Lit. zu BuGklas- Bufstrafen > unter Epitimien
sen.
Butterwoche (grch. hebdomas tes tyrines;
Bufklassen, Buffristen. In der Alten Kirche tuss. masljannica, maslenica), Woche nach
hatte die BuBe 6ffentl. Charakter; diese dem Sonntag der Fleischentsagung in der
Tatsache war die Voraussetzung fiir das Vorfastenzeit (— Fastenzeiten), wahrend
Verhalten der BiiBer. Auch als BiiBende der der Genu8 von Laktizinien (Milchspei-
blieben sie durch die Taufe Glieder der Ge- sen, Kase u. a.) u. Eiern nochgestattetist.
meinde; sie strebten danach, wieder in ihre Sitten u. Gebrauche der B. sind oft von
vollen Rechte eingesetzt zu werden. nichtchristl. Folklore beeinfluBt, die an den
Im Orient, vor allem in Kleinasien, gab es gleichzeitigen Karneval erinnern. Die B.
folgende BuBklassen: (1) Die ,,Weinenden* soll von Kaiser Heraclius (gest. 641) wah-
(grch. prosklaiontes) durften sich nur im rend der Perserkriege eingefiihrt worden
Vorhof, dem Atrium, aufhalten, wo sie die sein. Im Gegensatz zum Karnevalstreiben
Gottesdienstbesucher weinend um Fiirbitte sind die Hymnen der B. durch Bufgesin-
anflehten. Sie waren von der gesamten Li- nung u. Vorbereitung auf die GroBe > Fa-
turgie ausgeschlossen. —- (2) Die ,,Héren- stenzeit gekennzeichnet. Der Dienstag gab
den* (grch. akroomenoi) durften nur von dem Patriarchen Gelegenheit, das Volk zum
der Vorhalle, dem Narthex, aus die Liturgie Fasten zu ermahnen. Mittwoch u. Freitag
der Katechumenenbis zu den Fiirbitten an- waren aliturgisch, wahrend der Samstag in
69
Cancelli
der Erinnerung an die Asketen der Kirche ‘Schale’), ein Brunnen im Atrium, dem Vor-
nochmals den BuBernst hervorhob. hof der Kirche, der nach Moglichkeit
flieBendes Wasser fiihren sollte. An ihm
Lit: Maltzew4, LXIV; V. F. Miller, Russkaja, vollzogen die Glaubigen vor Betreten der
Maslennica i Zapadnoevropejskij Karnaval, Mo-
skau 1884; Nilles 2, 36-37, 53 Ostkirchenkunde,
Kirche rituelle Waschungen, wie es in der
609 f£.; V. K. Sokolova, Vesenne-Letnie Kalen- Antike vor Betreten von Wohnraumen od.
damye Obrjady, Moskau 1979; 11-93; G. Schrei- hi. Stétten tblich war. Der C. war oft mit ei-
ber, Die Wochentage im Erlebnis der Ostkirche u. nem Ciborium, einem baldachinartigen
des christ]. Abendlandes, K6In u. Opladen 1959,
Aufbau, tiberdacht. Der C. von Alt-S.-Peter
85; LexMA 2, 1162-1163 (Butterbriefe). — S. auch
Lit. zu Fastenzeiten. in Rom (— auch Kirchenbau) hatte einen
miachtigen Pinienzapfen aus Bronze, an dem
das Wasser herabflo8. Die Form des C.
konnte schalenférmig od. polygonal sein.
C Lit: J. Zellinger, Bad u. Bader in der altchristl.
Kirche, Miinchen 1950; J.G. Davies, The Origin
Caneelli (Jat., m. plur.; russ. altaynaja pre- and Development of Early Christian Church Ar-
grada,f.), Schrankenplatten aus Stein, Me- chitecture, New York 1953, Reg. .
tall od. Holz, die fiir verschiedene profane
u. religisse Zwecke verwendet wurden Cantica > unter Oden
(Einfriedung von Brunnen, Beeten; Ab-
grenzung der Redner- od. Richtertribline; Chalkoprateia — unter Gottesmutterbilder
Abgrenzung des Kaisers u. seines Gefolges
vom Volk; Abziunung vonhl. Statten u.a.). Charisma (grch. charisma, n.), in der
Im Kirchenbau dienten die C. od. Chor- Spitantike eine von einer Gottheit od. ei-
schrankenvorallem der Abgrenzung der im nem Herrscherverlichene Gabeideeller od.
Bema versammelten Hierarchie vom Kir- materieller Art. Das NT versteht unter den
chenvolk, daneben z. B. der Trennung der Ch.ta die Gnadengaben der in den Dienst
Frauenabteilung von der Mannerabteilung. der Gemeinde gestellten Gemeindeglieder
Wahrend die Gesamtlage der C. zwischen (1. Petr. 4, 10; 1. Kor. 12). Ihre Vorausset-
die Sdulen gestellt u. an bestimmten Stellen zung ist die Menschwerdung Christi (Rém.
(vor dem Riistaltar [> Prothesis], dem Al- 5, 15.16; 6, 23; 12, 6), ihre Einheit besteht im
tar u. dem Diakonikon) zum Offnen u. hl. Geist (1. Kor. 12,4). Das Kennzeichenei-
SchlieBen eingerichtet war, befestigte man nes Charismatikers ist im NT weniger die ir-
die Platten zwischen hiifthohen schmalen rationale Komponente als vielmehr die Un-
Pfeilern, so daB die Glaubigen zur Andacht
mittelbarkeit seiner geist]. Autoritat, d. h.
niederknien u. die Hande auf die Briistung die unmittelbare Wirkung des hl. Geistes.
legen konnten. Die Platten trugen ein Esgab eine bestimmte Hierarchie der Gna-
Flachrelief od. waren a jour (durchbrochen) dengaben (Apostel, Propheten, Lehrer,
gearbeitet. Die Schmuckmotive stammten Wundertiter, nach 1. Kor. 12, 28). Dasdlte-
aus der Tier- u. Pflanzenwelt od. zeigten ste Dokumentdes Kirchenrechts, die Dida-
geometrische u. andere Muster. Szenische che (um 100), gestattete den Propheten, bei
Darstellungen sind selten, wahrend sich das der Armenspeisung (— Agape) u. der Eu-
Kreuz, das Christusmonogramm u. die He- charistie wie der Bischof mitzuwirken. Cha-
toimasia (die Thronbereitung) Ofter finden. rismatiker standen auBerhalb jeder Kritik
Die Weiterentwicklung der C. fihrte seitens der anderen Gemeindeglieder. In
schlieBlich zur Bilderwand. den Verfolgungszeiten u. vor allem im
Kampf gegen die Gnosis verlor der Charis-
Lit: 8.G. Xydis, The Chancel Barrier, Solea and
Amboof Hagia Sophia, ArtB 29, 1947, 1-24, LdK matiker Stellung u. Einflu8 u. muBte den
1(1987), 761-762; RBK 1, 900-931; LexMA 2, Reprisentanten der Gemeindestabilitat,
1890-1891 (Chorschranken). den Mitgliedem des Klerus, weichen. Im
Osten erhiclt der dem Ménchtum an-
Cantharus (lat., m., von grch. kantharos, gehérende Charismatiker bestimmte Voll-
‘Becher’, ‘Pokal’; grch. auch phiale, f., machten in der Seelsorge u. in der Verwal-
70
Cheirotonie
tung des Bufsakraments. Charismatiker magischer u. zugleich rechtsverbindl. Akt
kénnen eine sténdige echte Beunruhigung allen Hochreligionen bekannt. Die Wurzel
fiir erstarrte Sozialstrukturen der Kirchen dieser Vorstellung auch im friihen Christen-
bedeuten. tum ist in der Bedeutung der Hand als Ver-
mittler (Transformator) einer numinosen
Lit.: H. v. Campenhausen, Kirchl. Amt u. geistl. Kraft zu sehen. Damit ist die Handaufle-
Vollmacht in den ersten drei Jh., Tiibingen 19632;
gung zugleich ein Gestus u. ein Symbol. Das
E. A. Stephanou, The Charismata in the Early
Church Fathers, Greek Orthodox Theological Re- orth. Kirchenrechtversteht unter Ch. im en-
view 21, Brookline (Mass.} 1976, 125-146; J. geren Sinne die Weihe der niederen Weihe-
Wach, Religionssoziologie, Tiibingen 1951, 170, grade. Die Ch. ist aber auch konstitutiver
377 £., 382 £.; H. Weinel, Die Wirkungen des Gei-
Aktder eigentl. Priesterweihe, der Cheiro-
stes u. der Geister im nachapostol. Zeitalter, Frei-
burg/Br. 1890; T. Rendtorff (Hg.), Ch. u. Institu- tonie, geblieben. Auch bei einer Reihe an-
tion, Gittersloh 1985; LexMA 2, 1719-1723. - S. derer Weihen u. bei der Spendung der Sa-
auch Lit. zu BuBe, Ménchtum. kramente ist die Ch. als Rechtsakt wirksam.
In frithbyz. Zeit war sie mit der Tonsur ver-
Charismatiker — unter Charisma bunden.

Cheironomie (aus grch. cheir, f., ‘Hand’, u. Lit: Beck, Reg.: Ch.; J. Behm, Die Handaufle-
gung im Urchristentum, Leipzig 1911; G. Delling,
nomos, m., ‘Gesetz’; russ. chironomija, f.), Der Gottesdienst im NT, Berlin 1952, Reg.:
die Regeln, nach denen der Leiter eines Handauflegung; A. A. Dmitrievskij, Stavlennik,
Chores diesen mit Hilfe bestimmter Hand- Kiev 1904, P. E. Elderenbosch, De oplegging der
u. Fingerzeichen zu fiihren hat. Die Ch.ist Handens, ‘s Gravenhage 1953; Feine, Reg.: Ch.;
Fendt, Reg.: Handauflegung, Goar, 194-207; E.
ein Spezialgebiet der allgemeinen Gestik. Lohse, Die Ordination im Spitjudentum uv. im
Die Ch. der altkirchl. u. byz. Kirchenmusik NT, Géttingen 1951; J. Neumann, Salbung u.
baut auf dlteren, durch den Hellenismus be- Handauflegung als Heilszeichen u. Rechtsakt,
reicherten grch. u. oriental. Traditionen auf. Wahrheit u. Verkiindigung. M. Schmaus zum 70.
Geburtstag, 2, Bd., Paderborn 1967, 1419-1444; A.
Im Verlaufe eines komplizierten Prozesses Neseloyskij. Ciny chirotesij i chirotonii, Kamenec
wurden solche Handzeichen zu graph. Zei- Podolsk 1906; M. A. Siotis, Die klass. u. die
chenfixiert u. in die ekphonet. — Notation christl. Cheirotonie in ihrem Verhdltnis, Athen
u. das umfangreiche Repertoire der Neu- 1951; LexMA 4, 1893-1894 (Handanflegung). - S.
auch Lit. zu Cheirotonie.
men aufgenommen.Die spaitbyz. Musik ver-
stand vom 14./15. Jh. ab unter Ch. ein unter
westl. Einflu8 entstandenes Notationssy- Cheirotonie (grch. cheirotonia, f., ‘Handaus-
stem von etwa 38 Zeichen, mit denen auch streckung’; russ. rukopolozenie, n., chiroto-
unterschiedl. Zeitdauer u. zahlreiche Nuan- nisanie, n., chirotonija, f.), in der Ostkirche
cen des musikal. Ausdrucks angegeben wer- die Ordination der 3 héheren Weihegrade;
den konnten. — — auch Kirchenmusik, — Bischof, Priester, Diakon. Die Ch. wird zu
Neumen. den 7 Sakramenten gezdhlt. Im profanen
Bereich bezeichnete sie das Erheben der
Lit: Goat, 352; Palikarova — Verdeil, 83, 87, 190, Hand (— auch Gestik) bei der Wahl eines
208-209; Wellesz, 287 £.; Wemer, 107-109; MGG5, Beamten in der Volksversammlung u. die
1443-1460; H. Hucke, Die Ch. u. die Entstehung
damit verbundene Amtseinsetzung. In die-
der Neumenschrift, Die Musikforschung 32, 1979,
1-16; E: Tonéeva, Neuentdeckte Abschriften des ser Bedeutung ist das Verb cheirotonein
cheironom. Lehrgesanges des Johannes Kukuze- auch im NT bekannt(2. Kor. 8, 19; Apg. 14,
Jes, Actes XIV® Congr. Intern. Etudes Byz. Buca- 23). In dem ltesten Denkmal des Kirchen-
rest 1971,3, Bucarest 1976, 579-588; A. Hermann, rechts, der Didache (um 100), wird Ch. fiir
Mit der Handsingen, Jahrb. Antike u. Christen-
tum 1, 1958; Joh. v. Gardner, Gesang der russ.- die Einsetzung des Bischofs u. des Diakons
orth. Kirche bis zur Mitte des 17. Jh., Wiesbaden durch die Gemeinde gebraucht.
1983, Reg.; LexMA 2, 1789. In der weiteren Geschichte der Ch. ent-
wickelte sich die Bischofsweihe zu einem
Cheirothesie (grch. cheirothesia, £., ‘Hand- immer komplexeren Gebilde. Zu ihren kon-
auflegung’, auch sphragis, f., ‘Siegel’, probo- stitutiven Elementen gehdrten die Handauf-
le, £5 russ. rukovozloZenie, n.; lat. promotio, legung (od. nur -berithrung,lat. manibus ca-
f.). Der Gestus der Handauflegung ist als put tangere) durch die Mitbischéfe (die heu-
71
Cherubimhymnus
te dem Metropoliten assistieren), die als Ch. zantin selon les Livres Liturgiques Paléoslaves,
bezeichnete Wahl, die Akklamation durch Trénikon 6, 1929, 76-97; ders., La Consécration
Episcopale dans le Rite Byzantin ..., Irénikon 7,
das Kirchenvolk sowie die Uberreichung 1930, 276-308; Beck, Reg.: Ch.; B. Botte, Etudes
der Bischofsinsignien. Die Myronsalbung sur le Sacrament de l’Ordre, Paris 1957; I.-H. Dal-
erscheint zundchst im Westen, im MA dann mais, Die Liturgie der Ostkirche, Aschaffenburg
auch im Osten. Die 4. Okumen. Synode von 1960, 93-102; F. X. Funk, Die Bischofswahl im
christl. Altertum u. im Anfang des MA, Kirchen-
Chalcedon 451 unterschied zwischen der geschicht!, Abh. u. Untersuchungen, 1. Bd., Pa-
Ch. u. der Cheirothesie, der Weihung der derborn 1897, 23-39; Goar, 208-261; Handbuch 2,
niederen Grade durch Handauflegung. Be- 11-18; J. M. Hanssens, La Forme dans les Ordina-
teits in der Kirchenordnung Hippolyts von tions Sacerdotales du Rite Grec, Gregorianum 5,
Rom 1924, 208-277; 6,1925, 41-70, ders., Les Orai-
Rom (3. Jh., > Kirchenrecht)ist ausgespro- sons Sacramentelles des Ordinations Orientales,
chen, daB der Bischof, obwohl selbst der OrChrPer 18, 1952, 297-318; Heiler, 179-184; La
Ch. bediirftig, als deren Spender die Hierar- Prigre!, 367-396; Milasch, § 74-78; Onasch, Kon-
chie der Kirche sténdig erneuert u. durch fessionskunde, 187-192; Archimandrit Pierre
(L'Huillier), La Pluralité des Consécrations dans
die Eucharistie, die er unmittelbar nach der les Chirotonies Episcopales, Messager 42-43,
Ch. halt, als Stellvertreter Christi die Ge- 1963, 97-111; J. Zhishman, Die Synoden u. die
meinschaft (grch. Koinonia) stiftet. Daraus Episkopalimter in der morgenlind. Kirche, Wien
ergebensich die bischéfl. Amtsvollmachten 1807. —S. auch Lit. zu Cheirothesie.
(> unter Bischof).
Wie die Taufe ist die Ch. irreversibel (nicht Cherubimhymnus (grch. cherubikos hym-
wiederholbar). Der Cheirotonierte kann nos, m., cherubikon, n.; russ. cheruvimskaja
niemals — unabhangig davon, welchem der pesv, f.), feierlicher, wahrend des GroBen >
hdheren Weihegrade er angehdrt — auf eige- Einzugs gesungener Hymnus, Die Melodie
nen Entschlu8 aus dem Amte scheiden. tichtet sich nach den 8 Kirchenténen (>
Sein Rechtsstatus kann nur durch Abset- Oktoechos). Der Ch, wird vom Chor in 2
zung, Streichung aus den Listen der Cheiro- Teilen gesungen u. mit einem dreimaligen
tonierten u. Zuriickversetzung in den Laien- Halleluja abgeschlossen. W&ahrenddessen
stand (Laisierung, > auch Epitimien), bei spricht der Priester ein langeres Gebet. Da-
Schwerverbrechen (einschlieBlich der Zu- nach rezitiert er dreimal den ersten Teil, der
gehorigkeit zu einer Haresie) auch durch Diakon dreimal den zweiten Teil des Hym-
das Anathema annuliert werden. Die aus nus. Der Ch. ist nach dem Text des ersten
der Bischofsordfnation abgeleitete Ch. von Teils benannt(,,die wir die Cherubim auf
Priester u. Diakon erfolgt wie diese am Al- myst. Weise abbilden ...“), Er bereitet die
tar, nur zu einem anderen Zeitpunkt inner- Glaubigen auf den Einzug des leidenden,
halb der Liturgie. Der Bischof selbst hat vor sterbenden u. verklart triumphierenden
der Ch. die Stufen des Presbyteriats u. Dia- Christus vor, der abbildhaft im Einzug der
konats zu durchlaufen. Trotz der 3 Stufen noch nicht konsekrierten (verwandelten)
der héheren Weihegrade wird die Ch.als ei- Gaben geschieht. Der Ch., ein klass. Bei-
ne Einheit verstanden. Der von der Alten spiel der friihen byz. Mystagogie, wurde 574
Kirche geforderte Zélibat konnte im Osten in die Liturgie eingefiihrt. Vorher wurde
nur beim Bischof strikt durchgesetzt wer- sehr wahrscheinlich der ,,Konig der Ehren“
den. Im Diakonat u. Presbyteriat behdlt die (grch. basileus tes doxes), d. h. Ps. 24 gesun-
vor der Ch. erfolgte kirchl. EheschlieBung gen. Bei der Nachtwache (Vigil) am Kar-
bis heute kirchenrechtl. Giiltigkeit. Die Or- saimstag, am Griindonnerstag u. in der Li-
dination eines Patriarchen ist keine ,,héhe- turgie der vorgeweihten Gaben wird der
re“ Ch., sondern ist nur mit ciner ausge- Normaltext durch andere Texte ersetzt, von
dehnteren Jurisdiktion verbunden. denen der der Karsamstagsvigil aus der Ba-
Die Darstellung der Ch. in der ostkirchl. siliusliturgie sehr lang u. in seinem Kern
Kunstist selten. Zu den wenigen bekannten wohl der dlteste ist. Er stellt eine umfangrei-
Beispielen gehért die Ikonographie des Le- che christologisch-heilsgeschichtl. Entfal-
bensdes hl. Nikolaus (— unter Heiligenver- tung von Ps. 24, 7 dar. — Zur ikonograph.
ehrung). Darstellung des Ch. — unter Bildpro-
gramm.
Lit: Anonymus, Les Ordinations dans le Rite By- Texte: s. Anhang Nr.5.
72
Chor
Lit: A. Baumstark, Der Ch. u. seine Parallelen. Chor(greh. choros, m.; russ.lik, m., pevcie,
Eine Gattung frithchristl. MeBgesange des Mor- m. plur., seltener kliros, m. [eigentl. ‘Stan-
genlandes, Minster 1911, D. Conomos, Byzantine
Trishagia and Cherubika. A Study of the late By- dort des Ch.s’}). In der Alten Kirche wurde
zantine Liturgical Chant, Thessalonich 1974; der Kirchengesang von der’ Gemeinde aus-
Hanssens, Nr. 1097, 1113-1115; Onasch, Konfes- gefiihrt, bei Wechselgesingen von ihr u.
sionskunde, 115 £., 189 f£.; P. Simi¢, Ein dsterl. che- dem Klerus. Die Einstimmigkeit galt schon
tub. Hymnus, BZS 30, 1969, 11-18; Wellesz, 166;
Schulz, Die byz. Liturgie, Reg. 1 B; R.F. Taft, bei Ignatius von Antiochien (gest. nach 110)
The Great Entrance. A History of the Transfer of als Ausdruck der Einheit der Gemeinde.
Gifts and other Preanaphoral Rites of the Liturgy Mit der Herausbildung der Hierarchie u.
of St. John Chrysostom, Roma 1975 (OrChrAnal, spdter einer byz. Kultusdsthetik wurde der
200); Basileios (Archim.), Chant d’Entré, Genf
1980; N.K. Morau, the musical ,Gestaltung* of Ch. notwendig,; sein Gesang wurde von
the Great Entrance Ceremony, JOB 28, 1979, 167 Pseudodionysius vom Areopag (> My-
bis 193; K.Ch. Felmy, ,,Die wir die Cherubim ge- stagogie) als das materiell-sinnl. Echo (grch.
heimnisvoli darstellen*. Zu einer Ikone aus der apechema, — auch unter Oktoechos) der
Stroganov-Residenz Sol’vyéegodsk, Hermeneia 6,
1990, 191-199, ders., Die Gregorios-Auslegung unsinnl. Engelchére gedeutet. Der Ch. wur-
der Géttl. Liturgie in der russ. Kirchenmalerei, de, bei zunehmenderPassivitaét der Gemein-
Hermeneia 4, 1988, 87-91. — S. auch Lit. zu Basili- de wahrend der Liturgie, ausschlieBlich von
usliturgie, Chrysostomusliturgie, Mitgliedern des Klerus besetzt. Auf seine
immer differenzierter werdende Struktur
Chomonie (russ. chomonija, £., chomovoe nahmen die fiir den Kaiserkult u. fiir den
penie, n.), eine besondere Erscheinung in Gesang an den Bischofskirchen notwendi-
der russ. Kirchenmusik des 17. Jh., bei der gen Scholae cantorum (lat.) groBen EinfluB.
es um die Lésung eines phonet. Problems Der Ch. wurde ~ u. ist es heute noch — in 2
ging. Nach dem Gesetz der Strukturentspre- Unterchdre geteilt. Jeder von ihnen wurde
chung von Silbenflu8 u. Melodie in dem von einem Domesticus(lat.; russ. demestik)
klass. byz.-slav. einstimmigen Kirchenge- geleitet, die beide dem Protopsaltes {grch.)
sang wurden die Halbvokale des Alt[kir- unterstanden, einem Solisten, der die Ein-
chen]slavischen (— unter Sprachen) wie je- sdtze einschlieBlich der Psalmodie intonier-
der andere Vokal mit einem Notations- te. Er stand im allgemeinen zwischen den
zeichen (+ Neumen) versehen. Im Laufe Chéren, in groBen Kirchen auch auf dem
des 12. Jh. gingen die Halbvokale verloren, Ambon. Diese Ch.-Leiter trugen in Byzanz
an ihre Stelle traten in betonter Position die weiBe Tuniken u. schiffchenférmige Kopf-
»Vollvokale“ 0, u, e. Da die Vokale in un- bedeckungen.
betonter Position weiterhin mit einem No- Welch wichtige Aufgaben dem Ch.zufallen,
tationszeichen versehen blieben, sang man wird u. a. daraus ersichtlich, daB bis heute
auch hier die ,,Vollvokale“. Auf diese Wei- die Orgel im orth. Gottesdienst verbotenist.
se entstanden auf -cho, -mo und anderes en- Zu den beriihmtesten Chéren der Ostkirche
digende ,,Wortungeheuer“, die den Begriff gehérten der Ch. des Okumen.Patriarchen
der Ch. pragten. Im 17. Jh. léste ee Kom- in Konstantinopel, der in byz. Zeit u. da-
mission bedeutender Musiktheoretiker u. nach auch die Tradition der kaiserl. Hofmu-
-praktiker das Problem, doch hielten die sik pflegte, u. der Ch. des Metropoliten bzw.
Altglaubigen an der Ch. fest. SchlieBlich (nach 1589) des Patriarchen von Moskau
verbot die Synode von 1666/1667 die Ch. u. (die patriarsei pevcie d’jaki). Aus ihm ging
fiihrte den ,,novyj istinnorecnyj raspev“, den nach Aufhebung des Patriarchats 1721 der
neuen Gesangsstil mit richtiger Aussprache, Moskauer Synodal-Ch. hervor, waihrend aus
ein, derbis heutegiiltig ist. der Zarenschola (den gosudarevi pevcie
a@jaki) spater die ,,Peterburgskaja pridvor-
Lit. E. Koschmieder, Die altesten Novgoroder
Hirmologienfragmente, 1, Bd., Miinchen 1955; V.
naja pevéeskaja kapella“ entstand, deren be-
M. Metallov, Oterk Istorii Pravoslaynogo Cerko- kanntester Dirigent im 19, Jh. Bortnjanskij
vnogo Penija, Moskau 1914, 53 £., B. A. Uspen- gewesen ist. Daneben gab es noch Chére
skij, Archai¢eskaja Sistema Cerkoynoslavjansko- bedeutender Kldster od. Bischofssitze;
go Proiznogenija, Moskau 1968; Joh. vy. Gardner,
Gesang derruss.-orth. Kirche bis zur Mitte des 17.
in RuBland war der Novgoroder Kathe-
Jh., Wiesbaden 1983, Reg. - S. auch Lit. zu Kir- dralchor fiir die Geschichte der. altruss.
chenmusik. Kirchenmusik von besonderer Wichtigkeit.
73
Chorschranken
— In der Neuzeit machte die seit dem 16. Jh. (grch. zoodotes; russ. Ziznopedatel’, Abb.),
aufkommende Mehrstimmigkeit des Ge- (d) der Menschenliebende (grch. philan-
sanges die Aufnahme von Frauen u. Laien thropos; russ. celovekoljubec), (e) der See-
(mit Ausnahme der Klosterchére) not- lenretter (grch. psychosoter; tuss. dusespasi-
wendig. tel’, Abb.). Die russ. Erléserbilder tragen oft
Beinamen wie ,,Zorniges Auge“ (russ. spas
Lit: J. v. Gardner,Stilist. Richtungen im russ. li- jaroe oko; vgl. Taf. 14 u. Abb.), ,,Nasser
turg. Ch.-Gesang, OstKSt 11, 1962, 161-182; ders.,
Drei Typen des russ. Kirchengesanges, OstKSt 6, Bart“ (russ. mokraja boroda; vgl. Taf. 12 u.
1957, 251-267; ders., Gemischte Chére in der Li- Abb.), ,,Goldene Haare“ (russ. zlatye viasy)
turgie der russ. orth. Kirche, OstKSt 22, 1973, 44 u. a. Auf dem geéffneten Bibelbuch finden
bis 54; J. Handschin, Das Zeremonienwerk Kai- sich als Texte Matth. 11, 28; 25, 34; Joh. 8,
sers Konstantin u. die sangbare Dichtung, Bern
1942; Jungmann 1, 164 f.; Wellesz, 102-104, MGG 12; 10, 9. Der Pantokrator erscheint auch in
2, 1230-1239; LexMA 2, 1892-1894 (Chorus). — S. der Ikonographie des Lebenszyklus Christi
auch Lit. zu Kirchenmusik, Orgel. u. vor allem auf der Deesis u. dem Jingsten
— Gericht. Die Menschwerdung versinn-
Chorschranken — Cancelli bildlichend, wurde er zum Zentrum des
Bildprogramms. — (2) Nicht zuletzt als Ant-
Chrisma — unter Myron wort auf antiklerikale u. antieucharist. Be-
wegungen (Bogomilen, > unter Hiresie)
Christusbilder. Unter Ch.n werden hier breitete sich im 14/15. Jh. vom Balkan bis
nicht die szenenreichen Darstellungen des nach RuBland der Typus ,,Christus als Ho-
Festzykius (> auch Dodekaortion) od. das herpriester“ (grch. megas archiereus; russ.
Christusportrit, sondern das autonome, sich velikij archierej) aus (— auch Bischof). Die
durch streng formalisierte Gestik u. Mimik Darstellung Christi mit den Bischofsinsigni-
auszeichnende Christusbild u. einige seiner en findet sich in der russ. Ikonen- u. Monu-
Mischtypen verstanden. mentalmalerei des 17. u. 18. Jh. haufiger.
(1) Der Pantokrator (grch., ‘Allherrscher’; Nach dem Dreifigurenbild der Deesis rich-
tuss. pantokrator, vsederZitel’, vgl. Taf. 15): tet sich der Konig der Kénige“ (russ. caf
Auf den Gottestitel der Septuaginta (des carem), Christus als Bischof zwischen der
grch. AT) zuriickgehend, von der Offb. (z. als Braut wiedergegebenen Gottesmutter u.
B. 1, 8 4, 8; 15, 3; 21, 22) u. den Kirchenva- Johannes dem Taufer (vgl. Ps. 45, 10). Selte-
tern christologisch verstanden, wird dieser ner ist der reduzierte Typ des zelebrieren-
Typus zum erstenmal in der Himmelfahrt u. den Christus mit dem Kelch aus der Apo-
der Kreuzigung Christi des Rabulaskodex stelkommunion. - (3) Aus dem friihbyz.
(> unter Bibelillustration) von 586 faSbar; Emmanuelbild (Pkt. 4) entstanden ist der
er entspricht auch der polit. Christologie Typ des ,,Alten der Tage“ (grch. palaios ton
des Justinian. Zeitalters. Seinem ideellen hemeron,;russ. vetchij derimi, Abb.), dessen
Gehalt nach setzt er sich als Allerhalter, Darstellung sich nach Daniel 7, 9 richtet.
Allgegenwartiger u. vor allem als Allerléser Wegenseinestrinitétstheolog. Gehalts (Joh.
vom hellenist. Kosmokrator (grch. kosmo- 6, 15.30) wurde dieser Typ von anderen
krator, ‘Weltenherrscher’) u. der gleichna- Bildthemen, vor allem von anthropomor-
migen Titulatur des Kaiserkultes bewuBt ab. phen (menschengestaltigen) Darstellungen
Das Grundschema bildete sich endgiiltig der Dreieinigkeit u. von der Verklindigung
nach dem Bilderstreit (— unter Bild) her- der Gottesmutter, ibernommen, wo er die
aus: mannl. Antlitz, Segensgestus der rech- — Hand Gottes ersetzt. - (4) Liegt beim
ten Hand, in der Linken offenes od. ge- Pantokrator die Betonung auf der Wesens-
schlossenes Bibelbuch; das Haupthaar in gleichheit zwischen Gottvater u. Gottsohn,
der Mitte gescheitelt u. in den Nacken fal- so beim Typ des ,,Emmanuel“(Taf. 16) auf
lend, runder od. lang. Backen- u. Kinnbart, der Besonderheit des praexistenten u. zu-
selten in Halbfigur, Btiste bevorzugt. Unter- gleich Mensch werdenden Logos. Seine iko-
typen des Pantokrators sind (a) der Wohlta- nograph. Charakteristika sind nach Jes. 7,
ter (grch. euergetes; russ. dobrodetel’), (b) 14; 9, 5-6; Matth. 1, 23 folgende: ein Knabe
der Erléser (grch. softer; russ. spas, spasitel’, mit hoher, gebuckelter Stirn, kurzem, im
vel. Taf. 13 u. Abb.), (c) der Lebensspender Nacken gerolltem Haupthaar, Segensgestus
74
Christusbilder
u. Kodex, unkindl. Ernst im Ausdruck. In Szene in einem Paradiesesgarten. (b) In ei-
einem Medaillon (Clipeus) erscheint der nigen Zligen dem west. ,,Schmerzensmann“
Emmanuel auf Gottesmutterbildern vom vergleichbar, aber doch eine typisch byz.
Typ der Platytera, als Ganzfigur (manchmal Komposition ist die ,,AuSerste Erniedri-
mit Ziigen des Pantokrators) sehr selten im gung“(grch. akra tapeinosis), auch als ,,K6-
Leibe Mariens auf der Verkiindigung der nig der Ehren“ (grch. basileus tes doxes;
Gottesmutter. Auf die Entstehung des russ. caf slavy) bezeichnet: Christus mit un-
»Emmanuel* u. des ,Alten der Tage“ (s. bekleidetem Oberkérper in einem Sarko-
oben) hat die Topik des _,,Kindgreises“ phag, mit gekreuzten Armen, Wundmalen
(grch. paidariogeron) eingewirkt, die auch an den Handen, geneigtem od. aufgerichte-
in den Apokryphenu. in der Gnosis zu fin- tem Haupt. Dieser Typ ist auf dem Balkan
denist. — (5) Nach Jes. 9, 6 (Septuaginta- im 13. Jh. entstanden. Spater wurde er im
text), Maleachi 3, 1, nach der Auslegung Personalbestand erweitert. Auf die Gottes-
von Hab. 2, 1 durch Gregor von Nazianz mutter u. Johannes den Theologen, wie der
(gest. 390) u. nach der 4. Ode des GroBen Evangelist im Osten genannt wird, als Be-
— Kanonsrichtet sich die Komposition des gleitperson reduziert, heiBt dieses Christus-
»Engels des Groen Rates“ (grch. megales bild in der russ, Kirchenmalerei ,,Mutter,
bules angelos; russ. angel velikogo soveta; weine nicht“ (ne rydaj mene mati). Wahr-
vgl. Abb. S. 76). Sie breitet sich vom 9. Jh. scheinlich haben ein Stillgebet zum Cheru-
an tber den Balkan aus, im 12. Jh. gehdrt bimhymnus, ein Gottesmutterhymnus (>
sie bei Serben u. Bulgaren zum festen Be- Theotokion) u. Phil. 2, 4-11, die Kompositi-
stand: Ein jugendlicher, mit machtigen Fli- on literarisch beeinfluBt, wahrend gedank-
geln ausgestatteter Christus-Engel, die lich die Darstellung der Kreuzanbetung ein-
Rechte zum GruB od. Befehl ausgestreckt, gewirkt haben mag. — (7) Eine Gruppe von
in der Linken Kreuz u. Buchrolle mit dem Ch.n fiir sich bilden Darstellungen, die auf
erwdhnten Hymnentest, zeigt Wundmale an eucharist. Legenden reflektieren (3 auch
Handenu. FiiSen. Bei diesem Motiv ist eine Eucharistie, > Liturgie). Dazu gehdren:(a)
antihdretische (antibogomilische) Tendenz der nach dem liturg. Akt des Brotbrechens
(> Haresie, — Engel) erkennbar. Unter an- benannte Bildtypus des Melismos (grch.,
deren Darstellungen Christi als Engel ist die ‘der Zerteilte’; vgl. die Abb.) od. auch Am-
— ,,Weisheit Gottes“ (Taf. 80) mit einem nos (grch.,‘Opferlamm’): Das Christuskind
komplizierten Bedeutungsgehalt zu nennen. (manchmal mit Bart wiedergegeben) wird
— (6) In den Bereich des Symbols od. der auf der liturg. Schiissel, der Patene, liegend
Allegorie gehéren eine Reihe von Ch.n aus dargestellt, von Engeln als himml. Diako-
dem 16/17. Jh., die nicht mehr zum eigent- nen mit Fachern in den Handen umgeben;
lich autonomen Typus zu zablen sind. Zu {b) die Darstellung, die die Schlachtung
nennen waren hier: (a) das,,Nichtschlafen- (Opferung) des Lammes in der Vormesse
de Auge“ (russ. nedremannoe oko; grch. (der Prothesis) versinnbildlicht: Ein Bischof
anapeson, ‘der Liegende’): Ein jugendl. Em- vollzieht die Schlachtung am’ Kind,od. (c)
manuel ruht mit offenen Augen auf einem dieses steht aufrecht auf dem Altar unterei-
Lager. Das Motiv spielt auf das Léwen- nem Ciborium. Literarisches Vorbild sind
gleichnis des friihchristl. Physiologos an Legenden, nach denen ein Sarazene der
(der schlafende Léwe behiilt die Augen of- Schlachtung eines Kindes zuschaut u. glau-
fen, so wie der Mensch Christus im Kreuze- big wird, od. (im Westen verbreitet) ein un-
stod ruht, wahrend seine Gottheit wacht). glaubiger Priester durch dasselbe Exlebnis
Die Komposition erscheint bereits im 12. zum Glauben kommt; auch die Vision Pe-
Jh. in der Miniaturmalerei des Berges ters von Alexandrien aus dem 10. Jh., der
Athos (> unter Kloster). Vom 14. Jh. ab. ein Kind in derselben Situation mit einem
wird das Personal u. der Motivschatz erwei- zerrissenen Kleid schaut. In der russ. Male-
tert: Christus od. auch Engel halten Lanze, tei wurden diese Bildthemen vom 16. Jh. ab
‘Ysop u. Schwamm aus der Kreuzigungssze- gern mit anderen, etwa mit der Darstellung
ne, neben David u. Salomo kann auch die des Hymnus > Hingeborener Sohn od. des
Gottesmutter u. ein den Emmanuel facheln- Cherubimhymnus zu einem eucharist. Lehr-
der Erzengel auftreten. Manchmalspielt die u, Schaubild vereinigt. In nicht wenigen die-
wR
Christusbilder

Christusbilder:
Der Zerteilte (— Schlachtung [Opferung] Engel des GroBen Rates (oben)
des Lammes) (unten)

(rechts)
J Erloser - 2 Erléser mit dem nassen Bart —
3 Christus der Seelenretter —
4,,Alter der Tage“ —
5 Erléser mit dem zornigen Auge —
6 Erléser — 7 Christus der Lebensspender
Christusbilder
Christusmonogramm
ser Faille haben wir es mit Reaktionen der standenaller Art (Figur 1), in Verbindung
Kirche auf bestimmte antieucharist. Bewe- mit dem Kreuz (2, 3) und schlieBlich (4) in
gungen der jeweiligen Epochen zu tun. - Verbindung mit Alpha und Omega (> A
Taf. 12-16; Abb. und O) sowie in anderen Ligaturkombina-
tionen.
Lit: C, Capizzi, PANTOKRATOR,Rom 1964, E. Im Bildprogramm der Alten Kirche u. der
v. Dobschtitz, Ch., Leipzig 1899; R. Erni, Das
Christusbild der Ostkirche, Luzern u. Stuttgart
friihbyz. Epoche hat es seinen Platz in der
1963; U. Fabricius, Jesus Christus, Recklinghau- Kuppel, wird aber in mittelbyz. Zeit vom
sen 1957; F. Gerke, Christus in der spatantiken Pantokrator (= unter Christusbilder) ver-
Plastik, Mainz 19483, A. Grillmeier, Der Logos dringt. Vom Ch. zu unterscheiden sind die
am Kreuz, Miinchen 1956; J. Kollwitz, Das Chri-
stusbild des dritten Jh., Miinster (Westf.) 1953; N. christl. - Kiirzungen des Namens Christi.
P. Kondakov, Ikonografija Gospoda Nasegolisu-
sa Christa, S. Peterburg 1905; Lazarev, Reg,: Chri- Lit: E. Dinkler, Signum Crucis, Tibingen 1967,
stos; ders., Russkaja Srednevekovaja Fivopis, Reg.: Chi-Rho-Monogramm, V. Gardthausen,
Moskau 1970, Reg.: Christos, Ne ridaj mene mati; Das alte Monogramm, Leipzig 1924 (Stuttgart
J. Meyendorff, L'Iconographie de la Sagesse Divi- 1966); M. Sulzberger, Le Symbole de [a Crois et
ne dansla Tradition Byzantine, Ders., Byzantine jes Monogrammes deJésus, Llittich 1926; LChI 1,
Hesychasm, London 1974, Nr. XVI; W. Meers- 456-458; LexMA2, 1943-1945, LdK 1(1987), 844;
mann, Der Schmerzensmann, Diisseldorf 1962; S. RBK1, 1047-1050.
Der Nersessian, Notes sur quelques images se
rattachants au Théme du Christ Ange, CAr 13, Christusportrit. Ein authent. Ch. ist nicht
1962, 209-216; Ouspensky ~ Lossky, 69-77, H.
PreuB, Das Bild Christi im Wandel der Zeiten, iberliefert. Deshalb hat sich die Legende
Leipzig 19344: ders., Das ostkirchl. Christusbild, dieses Gegenstandes angenommenu. eine
Munchen 1965; Rothemund, 205-214; J. Sauer, Reihe von ,,Ch.s“ hervorgebracht. Zu ihnen
Die altesten Ch., Berlin 1920; H. G. Thiimmel,
gehért die Acheiropoietos, das Ch. des Lu-
Kaiserbild u. Christusikone, BZS 39, 1978, 196 bis
206; W. J. A. Visser, Die Entwicklung des Chri- kas in der Vatikan. Bibliothek, der Volto
stusbildes in Literatur u. Kunst in der frithchristl. Santo in Lucca (auchals hl. Kiimmernis be-
u. friihbyz. Kunst, Diss. Bonn 1934; Weitzmann, kannt), das Veronikabild im Petersdom zu
Reg.: Christ; K. Wessel, Das Bild des Pantokra- Rom u. das Turiner Leichentuch. Von ihnen
tors, POLYCHRONION,Fs. F. Délger, Heidel-
berg 1966, 521-538; J.M. Mathews, The Byz. Use heben sich die Idealbitder Christi in der
of Pantokrator, OrChrPer 44, 1978, 442-462; Ch. Kunst der Katakomben u. auf frithchristl.
Walter, Art and Ritual of the Byz. Church, Lon- Sarkophagen ab. Sie sind reprisentativen
don 1982, Reg.: Christ; LChI 1, 355-399; LdK Charakters u. zeigen deshalb die Gestalt des
1(1987), 839-841; LexMA 5, 360-364 (Jesus Chri-
stus); RBK 1, 966-1047, Heilsbringers Christus als Idealportrat nach
dem Vorbild antiker Richter- u. Philoso-
Christusmonogramm, auch Chrismon phenbilder. ~ Taf. 11.
{grch., n.} od. Christogramm, Zusammentii-
Lit: G. Stuhlfauth, Die ,,altesten Portraits“ Christi
gung (Ligatur) der ersten Buchstaben des u. der Apostel, Berlin 1918; O. Thulin, Das Chri-
gerch. Namens Christi (CHRISTOS), Chi u. stusbild der Katakombenzeit, Berlin 1954. - S.
Rho,zu einem emblemat. Zeichen od. Mo- auch Lit. zu Christusbilder.
nogramm (grch.). Das Ch. gewann durch
Christussymbole. Die Alte Kirche kannte

KKK
eine Reihe von Symbolen, die sie mit der
Person Christi verband. Zu ihnen gehérte z.
B. das Licht. Weitere Ch. waren der Fisch
(doppelsinnig der Frosch), der Gute — Hir-
te, das Lamm Gottes u. das Kreuz. Auch
das Christusmonogramm darf als Christus-
symbol verstanden werden. Wahrend ab-
strakte Bildformeln wie die Thronbereitung
(> Hetoimasia) erhalten blieben, verbot
die Propagierung Konstantins I. nach dem das Quinisextum von 692 (— unter Syn-
Sieg an der Miv. Briicke 312 als Siegeszei- oden)fiir den byz. Bereich die symbol. Wie-
chen (grch. fropaion) in der Alten Kirche dergabe Christi als Lamm u. gebot die Dar-
groBe Bedeutung u. erscheint auf Gegen- stellung nach seinem menschl. Bilde*. Da-
78
Clavi
mit verschwanden die Ch. (mit Ausnahme tungen im Ablauf der Liturgie anzusetzen.
des Kreuzes) zunehmendaus der mittel- bis Wegen ihrer verhaltnismaBig kurzen Form
spatbyz. Kunst, um mehr od. weniger figu- wurde die Ch. gegentiber der Basiliuslitur-
rativen Kompositionen Platz zu machen,die gie vielfach bevorzugt; schlieBlich wurde sie
durch die dstl. Mystagogie angeregt waren. an allen Tagen des Kirchenjahres, mit Aus-
nahme der dem 4lteren Formular reservier-
Lit: M. Lurker (Hg.), Wérterbuch der Symbolik, ten Tage,gefeiert.
Stuttgart 1983, 122-125; LexMA 2, 1947-1948; Texte: s. Anhang Nr. 4; 9; 11; 13; 24, 1; 29.
RBK1, 1051-1055.
Lit: CHRYSOSTOMIKA, Rom 1908; H. Eng-
Chronologie — unter Zeitrechnung berding, Die Angleichung der byz. Ch. an die Ba-
siliusliturgie, OstKSt 13, 1964, 105-122; Fendt, 246
Chrysographie (grch. chrysographia,f.; russ. bis 253; Georgievskij,; Hanssens, Nr. 1491-1492,
1517; C. Kucharek, The Byzantine-Slav Liturgy of
pozolota, f.), Goldmalerei, bestimmte Tech- St. John Chrysostom. Its Origin and Evolution,
nik des Auflegens von Gold auf Hinter- Allendale (N. J.) 1971; N. Krasnosel’cev, Materia-
grund u. Gegenstande (z. B. auf den Nim- ly dlja Istorii Cinoposledovanija Liturgii Sv. Ioan-
bus): Einen Spezialfall der Ch.stellt der As- na Zlatoustnogo, Kazan 1889; A. Raes, L’Authen-
licité de la Liturgie de S. Jean Chrysostome,
sist dar. Die Ch. fand Verwendung in der OrChrPer 24, 1958, 5-16; G. Wagner, Der Ur-
Ikonen-, Miniatur- u. Monumentalmalerei. sprung der Ch., Miinster (Westf.) 1973; Schulz,
Genaue Anweisungen liber die Technik u. Die byz. Liturgie; ders., Handbuch Ostk-kunde
die Anwendung der Ch. sind in den Maler- Bd.II, Dusseldorf 1971; F. v. Lilienfeld, Die Gétt-
liche Liturgte des hl. Johannes Chrysostomus mit
biichern zu finden. — auch Perspektive. den besonderen Gebeten der Basiliusliturgie im
Anhang, H.A., B.C., Erlangen 1979. — Texte:
Lit: Onasch, Ikonenmalerei, 57 f., 93; D. A. Ro- Brightman, 309-344, 353-399; Die Géttl. Liturgie
vinskij, Obozrenie Ikonopisanija v Rossi do konca unseres hl. Vaters Johannes Chrysostomos, Leip-
XVII veka, Moskau 1903, 72-77, 111; Ju.G. Bob- zig 1976; LexMA 2, 2053-2054. — S. auch Lit. zu
rov, Istorija Restavracii Dreynerusskoj Zivopisi, Liturgie.
Leningrad 1987; A. Heuser, Ikonenmalerei heute,
Recklinghausen 1988; K.F.J. Berger, Traditionelle
u. neue Vergoldungstechniken ftir Ikonen, T. III, Ciborium (lat., n., von grch. kiborion, n.,
Hermeneia 4. Ig. 1988, 148-152; LdK 1(1987), ‘Fruchtgehause’, ‘Becher’), ein im Gegen-
845-846. satz zum Baldachin aus festem Material
(Holz, Stein od. Metall) bestehender Auf-
Chrysostomusliturgie. Eine perséni. Urhe- bau, der auf Sdulen od. Pfeilern eine biswei-
berschaft des Patriarchen von Konstantino- len von einem Pyramidendach verkleidete
pel Johannes Chrysostomus (gest. 407) an Kuppel tragt. In der Antike u. im Christen-
diesem Formular derorth. Liturgie lat sich tum wird der Altar mit einem C. tiberdeckt.
nicht nachweisen. Das dlteste Euchologion Bereits in altoriental. Zeit ist das C. iber
vom Endedes8. Jh. fiihrt nur einige Gebete dem Herrscherthron bekannt u. wurde vom
unter seinem Namen. Sehr wahrscheinlich byz. Kaiserkult iibernommen. Es galt als
ist der Kern der Ch. in Antiochien entstan- Sinnbild des von der Sonne beherrschten
den, das sehr alte liturg. Traditionen besaB Himmels. In der Kunst der Alten Kirche
u. wo Johannes Chrysostomus als beriihm- wurde Christus als Sonne der Gerechtig-
ter Prediger tatig gewesen ist (> auch Ho- keit“ das C. zugesprochen,z. B. in der Dar-
milie), In Konstantinopel wurde es umgear- stellung der Apostelkommunion od. auf der
beitet, ohne da8 auch hier der Anteil des Thronbereitung (— Hetoimasia). In kirchl.
Chrysostomus bekannt ware. Im 5. u. 6. Jh. Raumenfand es tiber dem Taufbecken des
wurde die Ch. um den Hymnus auf den Baptisteriums Aufstellung, im Kirchenbau
dreieinigen Gott (— Trishagion), den Che- liber hl. Orten, z. B. bei der Memoria eines
rubimhymnus, den Hymnus — Eingebore- Heiligen od. iiber dem hl. Grabe in Jerusa-
ner Sohn u. das Glaubensbekenntnis (nach lem.
einigen Forschern auch um denliturg. Akt
des Zeon) bereichert. Die zweite Entwick- Lit: s. Baldachin, Kuppel.
fungsphaseist nach dem Bilderstreit (— un-
ter Bild) mit der Ausbildung der Vormesse Clavi (lat., m. plur.), vom Halse bis zum
(- Prothesis) sowie verschiedenen Ande- Saum des antiken Gewandes(lat. tunica)
719
Clipeus
reichende, parallel laufende Streifen von Coemeterium (lat., n., von grch. koimeteri-
unterschiedl. Breite u. Farbe als Abzeichen on, n., ‘Ruhestatte’; russ. kladbis¢e, n.), Be-
des kaiserl. Hofstaates. In der christl. Kunst grabnisplatz, der im allgemeinen oberir-
wurden sie frith als Herrschaftsattribut auf disch (lat. sub divo, ‘unter freiem Himmel’)
Christus tibertragen u. zieren auf zahlrei- angelegt war, aber auch die Katakomben
chen Darstellungen sein Gewand. bezeichnen konnte.
1. Die Rechtsgrundlage sowohl fiir die ober-
Clipeus (lat., m., ‘gewélbter Schild’), cine irdische wie fiir die unterird. Anlage be-
Art von Medaillon mit dem Bildnis eines stand im Ankauf eines Platzes(lat. area); er
Verstorbenen (lat. imago clipeata). Solche konnte von jedem rém. Biirger erworben
Ahnenbilder stellten die Rémer in eigens werden u. stand dann unter dem Schutz des
dazu bestimmten Zimmern, den Alae(lat.) rém. Bestattungsrechts, ebenso wie die Be-
auf. Sie dienten auch der Apotheose (Ver- stattungskollegien, die fiir alle Angelegen-
géttlichung) von Kaisern u. Helden. Von heiten des Begrabnisses und des C.s zustén-
der christl. Kunst tibernommen wurde der dig waren. Einem dieser 6ffentlich aner-
C. vor allem bei der Darstellung des kindl. kannten Kollegien (lat. collegium funerale)
Christus (Emmanuel, — Christusbilder) auf muBte man bei Erwerb des Begrabnisplat-
Gottesmutterbildern, so bei der Nikopoiia zes beitreten. Der Schutz wurde auch in
u. der Platytera (> Gottesmutterbilder[I, Verfolgungszeiten nicht aufgehoben. Diese
2]). Ebenso erscheint erauf friihen Apostel- Rechtsvoraussetzungenfiir die christl. Ge-
bildern. Der Ubergang zur Aureoleist oft meinde Roms genutzt u. ausgebaut zu ha-
flieBend; er deutet den imperialen Symbol- ben ist das Verdienst des Papstes Kallistos
gehalt des C. an. (Calixtus L, gest. 222). Die Selbstverwal-
tung des C.s erméglichte es den Armen u.
Lit: J. Bolten, Die imago clipeata, Paderborn Sklaven der Gemeinde, dem stadt. Massen-
1937; Grabar, Iconoclasme, Reg.: Christ, Imago grab (lat. commune sepulcrum) zu entgehen
clipeata; J. M. Toynbee, Roman Medaillons, New u. auf den christl. Friedhéfen beigesetzt zu
York 1944; Wellen, 183-186; LdK 2(1989), 8; Lex
MA2, 2162-2163; RBK 3, 353-369.
werden. Sie machte auch die Mitgliedschaft
in einem nichtchristl. Funeralkollegium
unnétig. Anhidngern einer Haresie war es
Coemeterialkirche, Kirche, die auf einem nach den Statuten nicht mdglich, einen Be-
Friedhof (> Coemeterium) steht. Im Un- grabnisplatz zu erwerben.
terschied zur Memoria (die Grenzensind al- 2. Zum Personaleines C.s gehérte der (an-
lerdings oft flieSend) besitzt die C. einen fangs wohlals Privatunternehmer arbeiten-
Altar, unter dem sich die Confessio mit den de) Totengraber(lat. fossor), der die Grab-
Reliquien befindet. Das bedeutet, daB in platze, auch in den Katakomben,verkaufte.
der C. regelm4Big Liturgie gehalten wird, Bei Ubernahme der Funeralkollegien durch
sie hat auch einen eigenen Klerus. Abnlich die Diakoneu. schlieBlich durch die Priester
wie in den Katakomben pflegten die Chri- organisierten sich die Fossoren zu eigenen,
sten in solchen Kirchen ihre Graber anzule- der Kirche unterstellten u. von der Gemein-
gen, um in der Nahe der Heiligengraber zu de bezahlten Kollegien. Mit eigenen Werk-
ruhen.Im allgemeinen wardie C. in der Al- statten (lat. officinae) entwickelten sie sich
ten Kirche eine basilikadhnl. Hallenkirche. zur Zeit Justinians (gest. 565) zu wirtschaft-
Vor allem in groBen Wallfahrtsorten befan- lich betriebenen Bestattungsvereinen, de-
den sich in der Nahe der C. oft Gasthauser nen kleinere Kollegien unterstanden, Aufer
(grch. xenodochia) u. andere dem Pilgerver- dem Totengraber gehérte zu einem C. noch
kehr dienende Gebdude; auch Werkstitten
der Grabwachter(lat. custos sepulcri; grch.
fur die Herstellung von Ampullen, Eulogien topophylax). Besondere Bedeutung besaB
u. anderen Devotionalien wurden hier er- das Amt des Wachters einer Gediichtnis-
richtet. In byz. Zeit stand eine groBe Zahl statte, der Memoria (lat. custos martyrum,
von C.n unter der Obhut des MGnchtums. cubicularius, aeditus), das schon frih einem
Diakontibertragen wurde.
Lit: B, Kotting, Der frihchristl.’ Religienkult u.
die Bestattung im Kirchengebaéude, Kéln 1965; 3. Das C. bestand aus dem Grabbau inmit-
LdK 2(1989}, 16. — S, auch Lit. zu Coemeterium. ten eines als Paradies verstandenen,oft um-
80
Confessio
fangreichen Gartens, dem Wachhaus (lat. 1969, Reg.: C., E. Kirschbaum, Die Graber der
custodia) u. einigen fiir die Pflege des Gar- Apostelfiirsten, St. Peter u. St. Paul in Rom, Leip-
zig 19742, Kétting, Reg. Milasch, § 174; H. v.
tens notwendigen Nebengebduden.Fiir die Schoenebeck, Altchristl. Grabdenkmiileru. antike
Erinnerungsmahizeiten (lat. refrigeria) hat Grabbriuche, ARW 34, 1937, 60-80, F. d. Vis-
es wohl eine vom Grab etwas entfernter ge- scher, Le Droit des Tombaux Romains, Mailand
legene Versammlungsstiitte (lat. triclia) ge- 1963; LdK 2(1989), 597-599, LexMA 4, 923-929
(Friedhof). — S. auch Lit. zu Katakomben.
geben. Neben Grabbauten (Mausoleen) gab
es auch einfache, ebenfalls Coemeterien ge-
nannte Erdgraber, die mit Ziegeln bedeckt Colobium, 1. armelioses Untergewand(lat.
waren(lat. sepulcri campana), u. Sarkopha- tunica) der Frau; 2. > Kolobion.
ge. Wahrend im alten Rom die Anlage eines
Css nur auBerhalb der Stadtmauern(lat. ex- Complet, Completorium — Nachtgottes-
fra muros) gestattet war, gab es sie seit An- dienst
fang des 7. Jh. auch in der Stadt selbst (intra
muros), vor allem, um sie vor Grabfrevel Confessio (lat., f., ‘Bekenntnis’, synonym
(lat. piacula), za bewahren. mit lat. martyrium), Anlage zur Herstellung
4. Nach orth. Kirchenrecht gehért der einer rauml, u. ideellen Verbindung zwi-
Friedhof mit seiner Weihe zu den hl. Orten schen Altar und Martyrergrab(lat. locus in-
(gtch. hieroi topoi), die unter dem Schutze fer altare et sepulcrum, > Coemeterialkir-
des Kirchentechts stehen. In altkirch]. u. che). Die C. lag unter dem Altar u. hatte
byz. Zeit gehdrte das C. zu den Stitten des denselben Umfang wie dieser. Vor dem
Asyis. Grab befand sich eine Mauer mit einem
Fensterchen (lat. fenestella). Durch dieses
Fenster konnte der Besucher das Grab an-
Lit; Dassmann, 9-25; J. G. Davies, La Vie Quoti-
dienne des premiers Chrétiens, Neuchatel — Paris
schauen u. es mittels eines Tuches (> Bran-
1956, 117-142; Eisenhofer 1, 335-342; H. Giilzow, deum) beriihren. Vor dem Martyrergrab
Christentum u. Sklaverei in den ersten Jh., Bonn wurde in der C. ein zweiter Altar angelegt.

Confessio

81
Damian
Auf diese Weise konnte der Pilgerstrom ge- pante, f. russ. sretenie, n., ‘Begegnung’ [mit
regelt u. das Grab unter standiger Aufsicht Symeon]). - 1. Grundlagenfiir dieses Fest
gehalten werden. Die ideelle Verbindung sind die Berichte in Luk. 2, 22-39 u. in den
zum Altar tiber dem Grabe bestand in der Apokryphen (Pseudomatth. 15). Bereits
tag}. Liturgie. Die C. stellt die Vorform der Endedes4. Jh. schildert die Pilgerin Egeria
westl. Krypten dar. Als es im Laufe der Zeit die Hypapante als Jerusalemer Lokalfest,
keine echten Coemeterialkirchen mehr gab, das, wahrscheinlich am 14. Febr., den Ab-
wurden im Westen u. Osten die Reliquien schlu8 des 40tagigen Fastens nach dem Fest
im Altar deponiert. Im Osten werden sie der Epiphanie (lat. sane quadragesimae de
auBerdem in das Antimensium (— unter epiphanie) bildete. die D. J. i. T. wurde,,mit
Altardecken) eingenaht. - Abb. groRer Freude wie das Osterfest“ (lat. cum
summalaetitia ac si per pascha) begangen.
Lit: F. Wiegand, Mensa u. C., 2 Bde., Miinchen Nach anderen Quellen scheint das Fest in
1906, Leipzig 1912; E. Kirschbaum, Die Graber
der Apostelfiirsten St. Peter u. St. Paul in Rom,
unmittelbarer Nahe von Epiphanie (am 5.
Leipzig 19742, Reg.: C.; LdK 2(1989), 23; LexMA Jan.?) gefeiert worden zu sein. Wahrend ei-
2, 128-129. — S. auch Lit. zu Kirchenbau. ner Pest wurde auf Anordnung des Kaisers
Justinian am 2. Febr. 542 eine Prozession
gehalten. Als bei den Karnevalsumziigen
der Brumalien, der rém. Feiern zur Winter-

D sonnenwende, der Kaiser Mauricius éffent-


lich verhéhnt wurde, fand ebenfalls am 2.
Febr. unter Teilnahme des barfiiBigen Kai-
Damian — unter Heiligenverehrung, — sers eine Prozession statt. Im Westen war
auch Heiligenbilder der situationsmilitante ,,Sitz im Leben“
durch den Gegensatz zu den nichtchristl.
Darbringung (grch. anaphora, £., prosphora, Lupercalia (lat.) am 14. Febr. u. zum Am-
f£; lat. oblatio, f.; russ. prinosenie, n.), 1. im burbium (lat.) mit ihren Fruchtbarkeitsriten
weiteren Sinn die D. von Gebeten, Hym- u. Karnevalsumziigen gegeben. Gegen sie
nen, Lesungen, Weihrauch u. a. durch Ge- schritt der Papst Gelasius 494 durch Prozes-
meinde u. Klerus als Dank filr das Golga- sionen ein, bei denen die Christen Lichter u.
thaopfer Christi. In diesem Sinne wird die dunkle Gewander zu tragen hatten. Diese
ganze Liturgie als D. verstanden (— auch Litania (lat.; > unter Litanei) bewegte sich
unter Anaphora). Ebenso gehért dazu die nach §. Maria Maggiore. Daraus wird, ne-
karitative Tatigkeit der Gemeinde. ben dem alten BuBcharakter des Festes,
2. In einem engeren Sinne bedeutet D., ent- sein mariolog. Verstindnis in der kath. Kir-
sprechend dem Begriff der Oblation in der che deutlich (lat. purificatio, ‘Reinigung
rom. Messe, den GroBen — Einzug mit den Maria’; dt. Maria Lichtme8). Erst 1960
hl. Gaben unter Absingen des Cherubim- wurde der urspriingl. Sinngehalt als Herro-
hymnus. Urspringlich handelte es sich bei fest wiederhergestellt. Der Herkunftsort der
diesem Ritus um die D. der von der Ge- Lichterprozession, ob Rom od. Jerusalem,
meinde gestifteten Naturalgabenfiir die Eu- ist umstritten. Jedenfalls wurde das Festseit
charistie durch die Diakone an den Bischof, dem 6. Jh. in beiden Kirchen am 2. Febr. be-
der sie auf den Altar legte (— auch Prothe- gangen.
sis). Mit der Ablésung der Naturalgaben Fir die Ostkirche gehért die D. J. i. T. zu
durch die Geldkollekte entfiel der Oblati- den wichtigen, den Heilsplan Gottes in
onsgang der Gemeinde, wihrend aus der Christus darstellenden Festen. Es ist des-
Prozession der Diakone im Sinne der byz. halb mit einer Ganznachtfeier (grch. panny-
Mystagogie der erwahnte GroBe Einzug chis) ausgezeichnet, die Abendgottesdienst
wurde. u. Nachtwache zusammenfaBt. Die AT-Le-
sungen(2. Mose 13, 1-16; 3. Mose 12;Jes. 6,
Lit: K. Gamber, Missa Romensis, Regensburg
1970, 176-183; Jungmann 2, 3-125; Handbuch 1, 1-12; Jes. 19, 1.3.4.5-6.12.16.19-21) stellen
273 f.—S. auch Lit. zu Anaphora, Liturgie. der Gemeinde die Vor-Bilder (grch. typoi)
des Alten Bundesfiir den Neuen Bund vor.
Darstellung Jesu im Tempel (grch. Aypa- Unter Beachtung des Zusammenfalls (Ko-
82
Deesis
inzidenz) von GroBer — Fastenzeit u. dem Lit.: Bludau, 89-93; Handbuch 2, 290-291; V. Iva-
Fest der D. J. i. T., der durch das Typikon nov, Ikona ,,Sretenija Gospodnja“, ZMP 1976,2,
geregelt wird (— auch Verkiindigung der 16-18; Kellner, 132-134; Nilles 1, 91-93; Onasch,
Weihnachtsfest, 67-69; Pokrovskij, 101-112; Schil-
Gottesmutter), kommt im Morgengottes- Jer 1, 100-104; D. C. Shorr, The Iconographical
dienst nach der Lesung von Luk. 2, 25-32 Development of the Representation in the Temp-
ein Vollkanon des Kosmas von Majum (8. le, ArtB 28, 1946, 17-32; V. Talin, Sretenie Gos-
podne, Istorija prazdnika i ego smysl, ZMP 1967,
Jh.) zum Vortrag, in dem das Mysterium 2, 68-71; Ouspensky — Lossky, 171 f£.; Wellen, 101
der Inkarnation u. das Verhaltnis des Chri- bis 109; LChI 1, 473-477; LdK 2(1989), 81-82
stus als Kind u. Erliser (ein beliebtes Motiv (Darbringung im Tempel); LexMA 5, 1151-1153
in der Ikonenmalerei) in immer neuen (Kindheitsgeschichte Jesu I, II); RBK 1, 1134 bis
1145.
Wendungen behandelt wird. Nach der 9.
Ode werden die Lichter angeziindet. Zur
Liturgie werden Hebr. 7, 7-17 u. Luk. 2, 22 Decken,liturgische. Im orth. Gottesdienst
bis 40 gelesen. Auf das Festfolgt eine Ok- werden folgende D. verwendet: (1) die ,,er-
tay, die bei Zusammenfall (Koinzidenz) mit ste Decke“(grch. proton kalymma, diskoka-
der Vorfastenzeit (> auch unter Fastenzei- lymma;russ. malyj vozduch) zum Bedecken
ten) auf 4 Tage od. auch auf einen Tag ver- der Abendmahlsschilssel, der Patene; (2)
kiirzt werden kann. Im Osten bestimmt der die ,,zweite Decke“ (grch. deuteron kalym-
Gegensatz zum Karnevalstreiben auRerhalb ma; russ. wie oben, fiir beide auch russ. po-
der Kirche (> auch Butterwoche) diesen krovey) fir den Kelch u. schlieBlich (3) fiir
Abschnitt des Kirchenjahres. Schiissel und Kelch die ,,dritte Decke“
2. Die dlteste Darstellung des Festes aufei- (grch. triton kalymma,’ auch aer, ‘Luft’,
nem Mosaik am Triumphbogen von S. Ma- nephele, ‘Wolke’, anotaton peplon, ‘obere
ria Maggiore in Rom (um 440, vgl. Pkt. 1) Decke’, mega eilimmenon; russ. bol’Soj
filhrt in die Zeit der abklingenden Ausein- vozduch).
andersetzungen mit den Lupercalia nach Bei der Patene liegt die Decke auf dem
dem Verbotder nichtchristl. Kulte im Jahre Asteriskos, dem ,,Stern“ (> unter Altar-
392, Dieses Mosaik, ein Reprasentationsbild gerate). Die D. liegen auf dem Riistaltar,
im Vollsinne des Wortes, zeigt die Repra- der Prothesis, dessen Entstehung mit der
sentation Christi vor seinem Volk u. vor den gleichnamigen Vormesse verbundenist. Im
nichtchristl. Vélkern. Das christianisierte 8. Jh. war das Diskokalymmabereits be-
Rom empfangt Christus als ,,Erhalter der kannt, ebenso der Aer. Im Zusammenhang
hi. Stadt“ (lat. conservator urbis), mit dem mit der byz. Mystagogie wurde das erstere
das ,,Neue Zeitalter* (lat. saeculum novum) als SchweiBtuch Christi, der letztere als
anbricht. Maria mit dem Kind wird durch Stein am Grabe gedeutet. Ofimals reich u.
eine Gruppe (Joseph, ein Engel u. Hanna) kostbar gestickt, gehéren die ln D. in den
von Symeon getrennt, der mit verhiillten Bereich der sakralen Textilien. Eine Decke
Handen (— auch Gestus) heranschreitet. mit besonderer gottesdienstl. Funktion (am
Die Ikonographie des Ostens setzt erst mit Karfreitag) ist der > Epitaphios. - > auch
dem 8.Jh. ein u. betont die Hypapante, die unter Velum.— Vgl. die Abb. S. 25.
Begegnung Christi mit Symeon u. Hanna,
indem sie sich auf die Hymnentexte des 2. Lit: F. Délger, Die zwei byz. ,,Fahnen“ im Hal-
berstidter Domschatz, Ders., Byzanz u. die
Febr.stiitzt. In der letzten der byz. > Re- Europ.Staatenwelt, Ettal 1953, 116-127, R. Eng-
naissancen wird das Szenarium bewegter. dahl, Beitr. zur Kenntnis der byz. Liturgie, Berlin
Manche Darstellungen zeigen Einfliisse der 1908; Goar, 105, Nr. 51; Hanssens, Nr, 818-828;
Beschneidung Christi (Abwendung des Kin- LexMA 3, 619 (Decke 2D).
des?). Nicht selten erhalten sie Ziige des
Genrebildes. Manchmal wird Symeon iso- Deesis (grch., £.; russ. deisus, m., ‘Furbitte’,
liert als Brustbild mit dem Kinde auf dem ‘Gebet’), formelhaft-emblemat. Dreifigu-
Arm wiedergegeben. Dabeiist oft die, aus renbild (grch. trimorphon, triprosopos, pa-
den Festhymnen stammende Bezeichnung rastasis).
Symeons als ,,der, der Gott empfangt“ 1. Mit D. bezeichnet man die Darstellung
(grch. theodochos; russ. bogopriimec) anzu- des thronenden Christus mit einem offenen
treffen. ~ Taf. 17, 68. od. geschtossenen Bibelbuch, zu seiner
83
Demetrios
Rechten die Gottesmutter, zu seiner Linken Devotionalie (von lat. devotio, £., ‘Geléb-
Johannes der Taufer, beide im Gestus der nis’, ‘Ergebenheit’, ‘Fluch’), ein vornehm-
Firbitte (lat. intercessio). Dieses Dreifigu- lich der Kleinkunst zugehérender Gegen-
renbild wird auch ,,Kleine D.“ genannt. Nur stand religiéser Verehrung in der Privat-
sie erhielt im Bildprogramm derKirchen,in sphire. Schon in der Antike gab es Gotter-
der Apsis, voriibergehendeinen Platz. statuetten, die beim Besuch von Heiligtii-
2. Die ,,GroBe D.* ist um die Erzengel mern erworben werden konnten. In der Al-
Michael u. Gabriel, die Apostel Petrus u. ten Kirche entstanden an den Coeme-
Paulus sowie um die Liturgen Basilius u. terialkirchen und den hi. Statten in Jerusa-
Chrysostomus erweitert, die sich — ebenfalls lem und Palistina regelrechte Betriebe zur
im Firbitt-Gestus — an Maria u. Johannes Herstellung von Reliquiaren, Ampullen,
anschlieBen. Die GroBe D. besitzt auf der Amuletten, Statuetten u. anderen D.n. Der
Bilderwand (nicht im Bildprogramm) zen- Handel mit diesen Dingenbreitete die Ver-
trale Position u. erscheint auch in der héf. ehrung der auf ihnen dargestellten hl. Per-
Kleinkunst als autonome Darstellung. sonen od. Gegenstinde tiber die ganze Welt
Die Wurzel der D. ist in dem schonfiir das aus. Die Kirche muBte die D., die sozusagen
6. Jh. nachweisbaren Interzessionsgedanken im ,Niemandsland“ zwischen Individuum
zu suchen, der mit der Gottesmutter u. dem und kirchl. Sozietiét angesiedelt war, unter
Vorldufer Johannes verbunden wird. Er be- ihre Kontrolle bringen, indem sie ihren Be-
stimmte die Wandlung der trimorphen sitz erlaubte bzw. unter ihren Segenstellte.
(dreifigurigen) Komposition vom reinen Bei Profanation verliert die D. ihre Segens-
Reprisentationsbild vor dem Bilderstreit kraft. Als Massenware unterliegt sie den
( unter Bild) zum Fiirbittenbild der mit- Gesetzen von Angebot und Nachfrage. Da-
tel- bis spatbyz. Zeit. Vom 11. Jh. ab er- bei wird zwangslaufig der kiinstler. Stan-
scheint die Kleine D. auch in der Darstel- dard zur Stereotype verflacht, deren Sche-
lung des Jiingsten — Gerichts, ohne damit matismus nicht selten noch unter dem Ni-
selbst unmittelbar eschatolog. Charakter veau handwerkl. Kénnens liegt. Auch die
anzunehmen. Die friihe Einbeziehung der altruss. Ikone unterlag diesen Veraénderun-
D. in den Mittelpunkt der Bilderwand be- gen,als sie — von bedeutenden Werkstatten
deutet vielmehr die theologisch wichtige abgesehen — im 18. u. 19. Jh. in Manufaktur-
Vergegenwartigung der firbittenden ‘hl. betrieben hergestellt wurde, die sich zu pri-
Personen, wie sie auch in der GroBen > vatkapitalist. Unternehmungen entwickel-
Furbitte der Liturgie zum Ausdruck kommt. ten. Es gehért zur Dialektik des Intim-
3. Eine Sonderform der D. stellt die > En- charakters der D., daB ihre dsthet. Qualitat
geldeesis dar. - Taf. 26. unabhangig bleibt vom religiésen Verhaltnis
des Besitzers zu ihr. Auf der anderen Seite
Lit: Th. v. Bogyay, D, u. Eschatologie, POLY- wird in diesem Intimcharakter auch der
CHORDIA. Fs. F. Délger, Amsterdam 1967, 59
bis 72; Felicetti — Liebenfels, Geschichte!, Reg.:
Grunddafiir zu sehen sein, da8 ein solcher
D.; Grabar, Empereur, 103 f. A. Kirpitnikov, Verehrungsgegenstand im Bereich der
Deisus na Vostoke i Zapade i ego Literaturnye Volkskunst durchauskiinstler. Werte besit-
Paralleli, Zurnal Ministerstva Narodnogo Pro- zen kann.
svedéenija, Nov. 1893, 1-26, V. N. Lazarev, Dva
novych pamjatnika russkoj stankovoj Zivopisi
XII-XIII vekov; ders., Russkaja Srednevekovaja Lit: Kotting, Reg.; Onasch, Ikonenmalerei, 127 £.;
Zivopis, Moskau 1970, 128-139; J. Myslivec, Proiz- S. Ringbom, Devotional Images and Imaginative
chozdenie ,,Deisusa“, Vizantija, Juzénye Slavjane i Devotions, GBA 11, 1969, 159-170, LdK 2(1989),
Drevnjaja Rus, Zapadnaja Evropa, Sbornik State] 152; LexMA3, 930-931 (D.nhandel).
v Gest? V. N. Lazareva, Moskau 1973, 59-63; A. A.
Saltykov, Deisusnye Ikony iz Sela Obodovo, Dre-
ynerusskoe Iskusstvo, Moskau 1977, 188-198; Diakon (grch. diakonos, ‘Gehilfe’, ‘Diener’,
Weitzmann, Reg.: D.; LChI 1, 494-499; 6, 38; Ch. ‘Bote’; russ. diakon, d’jakon). 1. Der Ur-
Walter, Art and Ritual of the Byz. Church, Lon-
sprung des Diakonats liegt in den Aussagen
don 1982, Reg.; LdK 2(1989), 100-101; LexMA 3,
631-632; RBK 1, 1178-1186. Jesu tiber die Diakonia, den Dienst der Ge-
meindeglieder untereinander (Matth.20, 28;
Demetrios — unter Heiligenverehrung, > Mark. 10, 45; Luk. 22, 27; Joh, 13). Das pau-
auch Heiligenbilder lin. Gemeindemodell kannte die Amter des
84
Diakonikon
Bischofs u. des D.s (Phil. 1, 1; 1. Tim. 3, ren D.e Fiihrer nonkonformist. Bewegun-
8.12). Die Zu- u. Unterordnung des D.s un- gen. Erst die Synode von 1551 (,,Hundert-
ter den Bischof schon im NT bestimmte die kapitelsynode“) begegnete dem Bildungs-
Stellung des D.s im Osten bis zur Gegen- notstand der Weltgeistlichen in Ru@land
wart. Wahrend nach dem ersten Clemens- durch Einrichtung von Schulenfiir D.e. Seit
brief (um 100) der Bischof mitPriester u. D. dem 17. Jh. erfolgt ihre Ausbildung durch
die Gemeindeleitet, stehen bei Ignatius von Geistl. Seminare.
Antiochien (gest. nach 110) Priester u. D. 2. In der kirchl. Kunst erscheinen D.e erst
unter der bischéfl. Oberleitung (> auch im 6. Jh. auf den Mosaiken vonS. Vitale in
Klerus). Der Dienst des D.s geschah in der Ravennau. der Georgskriche in Saloniki im
Alten Kirche auf der verwaltungsméBigen Zusammenhang mit dem GroBen — Ein-
u. liturg. Ebene. Die D.e dienten bei den zug. In mittel- bis spatbyz. Zeit werden oft
Liebesmahlern, den Agapen, u. bereiteten bei Darstellungen des Cherubimhymnus,
die von der Gemeinde gebrachten Gaben des Prothesis-Aktes u. (z. T. schon friiher)
fiir die Feier der Eucharistie vor. Im 4. Jh. der Apostelkommunion zelebrierende En-
vollzogen sie die feierl. Darbringung. In gel in den liturg. > Gewdndern des D.s wie-
mittelbyz. Zeit (in RuBland nochim 12. Jh.) dergegeben, dessen Funktion sie urbildhaft
oblag ihnen die Vormesse (— Prothesis). wihrend der himmi. Liturgie erfiillen. Die
Innerhalb der Liturgie ist heute in Verbin- D.e Stephanus, Laurentius, Agapitus u. Fe-
dung mit dem Kleinen — Einzug die Le- licissimus sind als Martyrer, nicht aber we-
sung des Evangeliums Sache des D.s (der gen ihrer ZugehGrigkeit zum Diakonat dar-
Apostolos wird von einem Lektor gelesen), gestellt worden. Die Wiedergabe des Lau-
auBerdem die liturg. Gebete (> Ektenie, > rentius (Martyrium 258) im Mausoleum der
Synapte) u. verschiedene Akklamationen u. Galla Placidia in Ravenna (um 440, ur-
Exklamationen. Zur Spendung der Sakra- spriinglich wohl eine Laurentius-Memoria)
mente dagegen ist der D., von Ausnahmen gehért zu den dltesten.
abgesehen,nicht bevollmachtigt.
Wahrend das Diakonat in der kath. Kirche Lit.: W. Brandt, Dienst u. Dienen im NT, Giiters-
nur ein Durchgangsstadium zum Presbyte- loh 1931; J. H. Dalmais, Le Diacre, Guide de la
Priére du Peuple d’aprés la Tradition Liturgique,
tat darstellt, bildet es in der Ostkirche in- Maison — Dieu 64, Paris 1960, 30-40; Feine, Reg.:
nerhalb der Hierarchie einen eigenen Stand D.e, K. Gundjaev, K Voprosu ProizchoZdenija
mit seinen Pflichten u. Rechten (> auch diakonata, BoTr 13, 1975, 201-207; Kotting 374 f;
Cheirotonie). Als Gehilfe des Bischofs so- P. A. Leder, Die D.e der Bischéfe u. Presbyter u.
ibre urchristl. Vorléufer, Kirchenrechtl. Abh. 23,
wohl in der Alten Kirche wie auch in byz. 24, 1905; S.. Salaville - G. Nowack, Le Réle du
Zeit gehérte der D. der episkopalen Ver- Diacre dansla Liturgie Orientale, Paris - Athénes
waltung an (> unter Bischofsverwaltung). 1962; J. Madey, Der D. als Einheitsfaktor der
Vor allem in Rom erlangten die D.e als euchar. Gemeinde im ostsyr. Ritus. Die Einheit
der Kirche, Fs. P. Meinhold, Wiesbaden 1977, 30
Verwalter der bischdfl. Immobilien (Gebau- bis 45; Ch. Walter, Art and Ritual of the Byz.
de, Friedhof [> Coemeterium] usw.) bes. in Church, London 1982, Reg.: deacons; Schulz, Die
Verfolgungszeiten eine derartige Vorrang- byz. Liturgie, Reg. II B; LChI 1, 505-506; 6, 49-53;
stellung, daB sie nicht selten Nachfolger des LexMA 3, 940-943 (D., Diakonat).
Bischofs wurden. AuSerdem standen die
D.e 7 Bezirken vor, die von den Pfarrbezir- Diakonikon(grch., n., auch skeuophylakion,
ken unabhangig waren u. der Einteilung n., ‘Geratekammer’, gazophylakion, n.; russ.
Romsin 7 Doppelregionen(lat. regiones ur- diakonnik, m., riznica, f., grch./lat. thesaura-
bis) entsprachen;sie hatten ihr bibl. Vorbild rium, n. ‘Schatzkammer’), siidlich der Zen-
im Siebenerinstitut in Jerusalem (Apg.6, 3; tralapsis (> Apsis) gelegener, aus den Alte-
21, 8). Erst vom 3. Jh. an gelang es den Prie- ren Pastophorien entstandener Raum zum
stern, die Vormachtstellung der D.e auBer- Aufbewahren der liturg. > Biicher u. >
halb der Episkopalverwaltung zu brechen.- Gewanderu. kirchl. Geratschaften mit Aus-
Das Bildungsniveau des D.s war im MA wie nahme der Altargerate. Bei groBen Kathe-
allgemein das des Priesters sehr niedrig, ob- dralkirchen wurden im D. auch die Kir-
wohl die D’jaki in RuBlandoft eine bessere chenschétze aufbewahrt u. die Bibliothek
Bildung als jene besaBen. Nicht selten wa- untergebracht. Im D. befand sich oft ein
85
Diakonissa
Empfangsraum (lat. salutarium, recepto- kommt. Er hat folgenden Aufbau: Be-
rium) fiir den Empfang des Klerus durch griiBung (lat. salutatio) durch den Liturgen:
den Bischof, ebenso ein Ankleideraum (lat. »Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus u.
mutatorium, vestiarium). die Liebe Gottes des Vaters u. die Gemein-
schaft des hl. Geistes sei mit euch allen“ (2.
Diakonissa — unter Gottesmutterbilder Kor. 13, 13); Antwort der Gemeinde: ,,Und
mit deinem Geiste“; erste Ermahnung(lat.
monitio): ,Empor die Herzen“, Antwort:
Diakonisse (grch. diakonissa, £.). Die D.
»Wir haben sie (emporgehoben) zum
gehdrte zu den vorwiegend aus dem Unver-
Herrn“; zweite Ermahnung: ,,Lasset uns
heirateten- od. Witwenstand (bei Verheira-
danken dem Herrn“, Antwort: ,,Wiirdig u.
tung war Entlassung die Regel) genomme-
recht ist es, anzubeten den Vater u. den
nen Diensttragerinnen der Gemeindein alt-
Sohn u. den hl. Geist, die in ihrem Wesen
kirchl. u. friihbyz. Zeit. Die D.n halfen bei
eine u. ungetrennte Dreiheit*. Dieser D.
der Taufe von Frauen, ftihrten die Aufsicht
wird zum erstenmal in der Kirchenordaung
liber diese beim Gottesdienst u. iibernah-
Hippolyts von Rom (— unter Kirchenrecht)
men Krankenpflege u. Besucherdienste. Im
u. von Cyprian von Karthago (gest. 258) er-
6. Jh. gab es an der Hagia Sophia in Kon-
wihnt. Wahrend die Formel,,recht u. wiir-
stantinopel noch 20 D.n. Obwohl die D.n in
dig*(grch. axion kai dikaion) sich in Kaiser-
der Alten Kirche im Besitz der Weihe v.in
u. Beamten-Akklamation u. Akklamatio-
den Klerus aufgenommen waren, wurden
nen bei der Cheirotonie, der Ordination des
sie mit keinem leitenden Amt beautftragt.
Bischofs, findet, verweisen die anderen For-
Mit dem Aufkommen der Nonnenkléster
meln auf bibl. Wurzeln (vgl. Klagel. 3, 41;
verschwand das Amt der D.aus der Kirche.
Joh. 11, 41; Kol. 3, 1). Die trinitar. Erweite-
Dagegen wurden ihr sowoh! bei den Katha-
tung im zweiten Teil ist jiingeren Ur-
tern im Westen als auch bei den Bogomilen
sprungs. Sie dient der Uberbriickung der
im Osten (— unter Hiaresie) im Falle ihres
durch dasStillgebet entstehenden Pause vor
Ubertritts zu ihnen wichtige Leitungsamter
dem Sanctus. Das Modell des liturg. D.s lag
iibertragen.
in den Einladungs- u. Segensspriichen jiid.
Lit: Beck, 106; N. Bonwetsch, Das Amt der D. in
Passa- und Mahlfeiern vor, wie es noch
der Alten Kirche, Mitau 1891; Feine, Reg.: D.n; (durch judenchristl. Vermittlung?) in syr.-
R. Gryson, Le Ministére des Femmes dans|’fglise antiochen. Liturgieformularen zu erkennen
Ancienne, Gembloux 1972; A. Kalsbach, Die alt- ist. Der weitere Ausbau erfolgte im byz. Li-
kirchl. Einrichtung der D.n, Freiburg/Br. 1926; S.
V. Troickij, Diakonissy v Pravoslavnoj Cerkvi,
turgiegebiet.
S. Peterburg 1912 (Diss., masch.); G. Martimort,
Les Diaconesses, Rome 1982; E. Behr-Sigel, Le Lit.: Baumstark, 82-84, 88-91; H. Engberding, Der
ministére de la femmedans |’Eglise, 1987. GruB des Priesters zu Beginn der eucharistia in
den éstl. Liturgien, JLW 9, 1929, 138-143; Hans-
sens, Nr. 1223-1234; J. Jeremias, Die Abend-
Dialog (grch. dialogos, m., ‘Unterredung’, mahlsworte Jesu, Berlin 1963, 103-105, 109-110;
‘Gesprich’), Wechsel- od. Zwiegespriich Jungmann 2, 138-144; Lietzmann, 122 £., J. What-
zwischen 2 od. mehteren Personen (Gegen- mough, Poetic, Scientific and other Forms of Dis-
course, Berkeley 1956, Schulz, Die byz. Liturgie,
satz: Monolog), im Kultus zwischen den Reg. II B; R-F. Taft, The D. before the Anaphora
Kultusteilnehmern. Der D. war im Alten in the byz. Eucharistic Liturgy, OrChrPer 52,
Orient ebenso bekannt wie in der Synagoge 1986, 299-324; 54, 1988, 47-77, LexMA 3, 946-947
u. im Christentum, das geradezuals,,Religi- (D. als Literaturgattung).
on des D.s* bezeichnet werden kann.
Als rhetor. Kunstform wurde der D. in der Dies natalis (lat., m., ‘Geburtstag’, od. dies
Predigt (— Homilie) verwendetu. fand von anniversarius, ‘Jahrestag’; grch. hemera ge-
daher Eingang zunichst in das Kontakion u. nethlios, m., auch genethlion, n.), der jahrl.
danach in den Kanon. Die Liturgie besitzt Erinnerungstag an den Todestag eines Ma
eine durchgehende D.-Struktur, die in be- tyrers, spiter auch eines Bischofs od. Heili-
sonderer Weise im D. zwischen Priester u. gen in der Alten Kirche. Im Gegensatz zum
Gemeinde (spater dem Chor) vor. dem Eu- auBerchristl D.n. verstand die Kirche den
charist. — Hochgebet zum Ausdruck Tod als Geburt zum ewigen Leben. Deshalb
86
Diptychon
trug dieser Tag Triumphcharakter u. wurde schlieBung) solche Elfenbeindiptychen zu
als ,,Geburtstag“ bezeichnet. Im Mittel- verschenken. Bekannt sind die Konsular-
punktseiner Feier stand die Eucharistie am diptychen. Viele erhaltene Stticke aus alt-
Grab des Martyrers, in der Memoria od.in kirchl. u. friihbyz. Zeit tragen Motive aus
der Coemeterialkirche sowie die Verlesung der christ]. Ikonographie. Die Triptychen u.
seiner Heiligenvita. Spdter wurde diese in Polyptychen wurden Vorbild fiir eine Art
die liturg. + Biicher, das Synaxarion bzw. von Klappaltarchen in der [konenmalerei,
das Menaion, aufgenommen u. am D.n.zur die transportable Bilderwande darstellen.
Erinnerung verlesen (kommemoriert). - — Das D. mit seinen Abarten gehdrt in den
auch Heiligenverehrung, — Martyrerakten, Bereich der Kleinkunst.
— Martyrologium. 2. Bereits im 5. Jh. ist die Sitte bekannt, die
Namen der Spender der Gaben fur die Eu-
Lit: H. Delehaye, Origines, 24-49; E. Freistedt, charistie auf Schreibtafeln zu notieren u. im
Altchristl. Totengedichtnistage u. ihre Beziehun-
gen zum Jenseitsglaubenu. Totenkultus der Anti- Gottesdienst zu nennen, ebenso wie den
ke, Miinchen 1928. Namen des zustindigen Bischofs. Daraus
entwickeltensich die liturg. Diptychengebe-
Dikerion (grch., n.; tuss. dikirij, m.; lat. ce- te als GroBe Fiirbitten (— Liturgie). In ih-
reus bisulcus, m.), zweiarmiger Leuchter; nen wird in ehrender Weise der Toten
wie das Trikerion, der dreiarmige Leuchter, (grch. diptycha ton kekoimenon, russ. dipti-
zu den Bischofsinsignien gehérend (— auch chi umersich) u. der Lebenden (grch. dipty-
Licht). Die Kerzen werden iiber Kreuz ge- cha ton zonton, russ. diptichi Zivych) ge-
stellt u. versinnbildlichen die Einheit der dacht. Von besonderer Bedeutung im Sinne
beiden Naturen — der géttl. u. der menschl. des Kirchenrechts ist dabei die Namensnen-
Natur — Christi. Das D. ist aus Silber gear- nung (Kommemoration) von Mitgliedern
beitet u. von einfacher Form.D. u. Trikeri- der Hierarchie einer autokephalen Kirche
on werden vom Bischof wahrend der Litur- (> unter Autokephalie), deren Erwahnung
gie wechselweise sowohl iiber Kreuz als eine der Voraussetzungen fiir die kanon.
auch auseinander und hoch erhoben gehal- Giiltigkeit der Liturgie u. der Spendung der
ten. Sakramente bildet. Eine dem D. entspre-
chende Fiirbitte findet wahrend der Vor-
Lit: Kirchengerite, Miinchen/London/New York/ messe, der Prothesis, statt (> Schlachtung
Paris 19923 (Glossarium Artis, 2). [Opferung] des Lammes). Wie in der kath.
Kirche gilt die Kommemoration (das Ge-
Diodion (grch., n.; russ. dvupesnec, dvoep- denken) an die Toten in der Hierarchie der
esnec, ™.), Zweioden-Kanon, reduzierte Ostkirche als Ausdruck der apostol. Nach-
Form des Dreiodenbuches (> Triodion) foige (Sukzession), der ungebrochenen, im
auf 2 Odenstatt 3 fiir den Dienstag der Kar- Amt des Bischofs garantierten Tradition.
woche. Die Streichung aus den Diptychen, etwa im
Falle eines Schismas (Kirchentrennung), be-
Diptychon (grch., n., ‘das zweimal Gefalte- deutet die Aufktindigung der Kirchenge-
te’; russ. diptich, m.), 1. zusammenlegbare meinschaft (der Koinonia, > auch unter
Schreibtafel, die aus 2 an den Innenkanten Eucharistie).
miteinander verbundenen u. auf ihren In- 3. Wie die erwahnten Konsulardiptychen
nenflachen mit Wachs ausgestrichenenklei- konnten auch die liturg. Diptychen mit Dar-
nen Tafeln bestand, das ,,.Diarium der Anti- stellungen geschmitckt sein, vor allem, wenn
ke“. Neben dem D. gab es 3-, 4- u. mehr- sie die Namen der leitenden Hierarchen
flichige Schreibtafeln (grch. triptychon, te- fiihrten od. wenn es sich um Taufdiptychen
traptychon, polyptychon). Sie wurden Aus- handelte.
gangspunktfiir die Entwicklung des Kodex.
Als Material fiir die Diptychen wurde El- Lit: R. Delbrueck, Die Consulardiptychen, Berlin
fenbein, Edelmetall, Holz od. Knochen ver- u. Leipzig 1929; Hanssens, Nr. 1340-1341, 1354 bis
1355; E. Kantorowicz, Ivories and Litanies, Jour-
wendet. Es war iiblich, bei Ubernahmeei- nal of Warburg and Courtauld Institutes 5, Lon-
nes hohen Amtes, bei Jahreswechsel u. an- don 1942; Ch. Teuber-Weckersdorf, Das D. als
deren Anlissen (z B. bei der Ehe- kunsthistor. Problem, Innsbruck 1956 (Diss.
87
Diskos
masch.); W. F. Volbach, Elfenbeinarbeiten der gie (,.Ehre sei dem Vater‘) eingeschaltet
Spitantike u. des fraéhen MA, Mainz 19522, LdK wird und die Lehre von der Dreieinigkeit
2(1989), 171-172; LexMA 3, 1101-1103; RBK 1,
1196-1203. unter dem jeweiligen Festgedanken entfal-
tet.
Text: s. Anhang Nr. 19.
Diskos — Patene
Doxologie (grch. doxologia, f., ‘Lobpreis’;
Dodekaortion (grch., n., von dodeka heor- tuss. slavoslovie, n.), gottesdienstl. Lobge-
ton; russ. dvenadcat’ prazdnikov), Bezeich- sang. Die Heimat der D.ist die Synagoge,
nungfiir die Zusammenstellung von Bildern die eine im Gottesdienst u. im Privatleben
zu den 12 groBen,innerhalb des Kirchenjah- gebrauchte Kurzform (hebr. beraka; grch.
tes hervorgehobenen Herrn- und Gottes- eulogia) u. einen vielgliedrigen, mit Respon-
mutterfesten: Verkiindigung der Gottes- sorien ausgestatteten Hymnus (hebr. qua-
mutter, Geburt Christi, Beschneidung Chri- disch) kennt, der nur im Gottesdienst ge-
sti, Darstellung Jesu im Tempel, Taufe sungen wird u. eine Tempelhierarchie vor-
Christi, Verklarung Christi, Auferweckung aussetzt. Wohl] durch Vermittlung von An-
des Lazarus, Einzug Christi in Jerusalem, tiochien u. Syrien wurden Beraka u. Qa-
Kreuzigung Christi, Anastasis (> unter disch die Strukturmodelle der beiden For-
Auferstehung Christi), Himmelfabrt Christi men der D. in der Alten Kirche:
u. Pfingsten. Unter Auslassung der Be- 1. Als Kampfruf der Orthodoxen gegen die
schneidung wird sehr oft das Entschlafen Arianer (> unter Hiaresie) entstand dic
der Gottesmutter eingefiigt. Seit dem 12. Jh. Kleine D. (,,Ehre sei dem Vater u. dem
bekannt, bleibt dieses Zwélferschema im Sohne u. dem hl. Geist“ [Arianer:,,... durch
einzelnen variabel; es richtete sich nach der den Sohn im hl. Geist“}. Die Betonung des
Zusammenstellung der Herrn- u. Gottes- ewigen Seins der 3 gittl Personen im
mutterfeste, nach dem Patronat (Christus SchluBteil wendet sich ebenfalls gegen die
od. Maria) der Kirche, nach den Wiinschen arian. Lehre vonder zeitl. Geschdpflichkeit
des Auftraggebers u. a. Das der Zahl der Christi. Die Kleine D. findet sich an zahlrei-
Apostel entsprechende D. hatte seine Vor- chen Stellen des Stundengottesdienstes u.
laufer in einem Siebenerschema(nach den 7 der Liturgie, wobei ein Doxastikon u. ein
Schépfungstagen) u. einem Zehnerschema wiederholtes Antiphon eingeschaltet wer-
(nach den 10 Geboten), wobei das letztere den kénnen. Die D. wird mit Amen abge-
nicht nur christologisch, sondern auch ma- schlossen.
riologisch ausgewahlt wurde. Das Schema 2. Die grofe D. liegt in einer arian. (Apo-
des D. findet sich im Bildprogramm der Kir- stol. Konstitutionen VI, 47 [> auch unter
chen u. hat auf die Entstehung der Bilder- Kirchenrecht]) u. in einer orth. Fassung vor
wand wesentlich eingewirkt. — Taf. 22 (Codex Alexandrinus, 5. Jh., wo sie nach
den bibl. Oden erscheint u. als ,,.Hymnus
Lit; Felicetti — Liebenfels!, Reg.: D.; Lazarev,
Reg. dvenadcat’ prazdnikov; K. Weitzmann,
der Morgenfrithe*[grch. hymnos heothinos]
Greek Mythology in Byzantine Art, Princeton bezeichnet wird). Die GroRe D. (in der
1951, Reg.; dodecathlos; Weitzmann, Reg.: twelve kath. Kirche Gloria major od. Hymnus an-
great feats; LChI 2, 26-31 (Festbildzyklus), Lex gelicus [Gesang der Engel] im Unterschied
MA 3, 1157-1158; RBK 1, 1207-1214,
zur Gloria minor, der Kleinen D.) hat fol-
genden Aufbau: (a) Eingang: Luk. 2, 14
Doxastarion (grch., n.), ein in 2 Banden her- (vgl. Luk. 19, 38), (b) Akklamationen an
ausgegebenes Buch fiir den Leiter des Cho- Gott u. Christus (mit Titelnennung wie
res, das die groBe Menge der Stichera mit »Eingeborener“, ,,Lamm Gottes“, ,Sohn
dem gottesdienstl. Lobgesang der Kleinen des Vaters“, ,,Stindennehmer“, ,,allein hei-
— Doxologie fiihrt. Es wurde 1849 ge- lig, allein Herr“), (c) ein kunstvoll geglie-
druckt. dertes Hypophonon (— auch Hypopsalma)
mit dem SchluB: ,,In deinem Licht sehen wir
Doxastikon (grch., n. sing.; russ. slavnik, m. das Licht (— auch Licht) / Erstrecke dein
sing.), Strophe (+ auch Troparion), die Erbarmen auf die, so dich erkennen,“ In
nach dem ersten Glied der Kleinen Doxolo- den Apostol. Konstitutionen schlie8t sich
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Dreieinigkeit
noch das Dreimalheilig (> Trishagion) an. tige) u. die neutestamentliche od. anthropo-
In der Ostkirche wird die GroBe D. im morphe (menschengestaltige) D. — (a) der
Nachtgottesdienst u. im Morgengottesdienst angelomorphe Typ ist aus der Darstellung
gesungen. Wahrend in der kath. Kirche der der ,,Gastfreundschaft* (grch. philoxenia)
Hymaus angelicus einen der Héhepunkte Abrahamsnach 1. Mose 18 entstanden. Die-
der sonntigl. MeBfeier (mit Ausnahme der ses alttestamentl. Ereignis verstanden schon
Vorfastenzeit u. der Fastenzeit sowie des einige Kirchenvater als Erscheinung des
Advents) bildet, ist die GroBe D. im Osten praexistenten Christus mit 2 Engeln, wie —
nicht in die Liturgie aufgenommen worden. nacheiner Friihform dreier gleich aussehen-
Die Melodie der D. richtet sich nach den 8 der Jiinglinge in der Katakombe an der Via
Kirchenténen der Oktoechosu.ist mit ihren Latina (4. Jh.) — die Mosaiken von S. Maria
melismat. Ausschmitckungen in der Konda- Maggiore in Rom (vor 340) u. S. Vitale in
kariennotation aufgezeichnet. Ravenna(6. Jh.) zeigen. Der Typ der,,Gast-
Text: s. Anhang Nr. 7. freundschaft“ blieb in der Ikonen- u. Monu-
mentalmalerei in zahireichen Varianten er-
Lit: G. Delling, Der Gottesdienst im NT, Berlin halten. Nach dem Bilderstreit (— auch un-
1952, Reg.: D.; Schulz, Die byz. Liturgie, Reg.II B;
ter Bild) entwickelte sich nach u. nach eine
Jungmann 1, 419, 423 £,, 446-461; ders., Die Stel-
lung Christi im liturg. Gebet, Miinchen 1925; Wer- vergeistigte Auffassung der Philoxenia, an
net, Reg.: D., Gloria in exelsis, Gloria patri; Lex der die unter Pkt. 1 genannten Hymnen-
MA3,1336-1339. dichter starken Anteil hatten. Wahrend der
letzten byz. > Renaissancen kam diese
Dreieinigkeit (grch. frias, £.; russ. troica, £., Vergeistigung in einem ausgeprigten dsthet.
lat. irinitas, f.). Die Lehre von der Einheit Stil zum Ausdruck, unter Beibehaltung des
der 3 géttl Personen (Vater, Sohn u. hl. ikonograph. Personals (Abraham mit Sa-
Geist) gehért zu den Fundamentaldogmen rah) u. Inventars (Speisegerate). Durch be-
der Christenheit u. ist allen Konfessionen stimmte Dispositionen der Engel (z. B. mit
gemeinsam. Im Kampf gegen Arius (> un- gleicher Kopfhéhe nebeneinander am Tisch
ter Haresie) im 4. 5h.ist sie giiltig formuliert [isokephaler Typus] od. Erhéhung des mitt-
worden. Seitdem hat diese Lehre immer leren Engels) wurden die innertrinitar. Be-
wieder zu tiefgreifenden Auseinanderset- ziehungen der 3 géttl. Personen angedeutet.
zungen u. Gruppenbildungen gefiihrt, die Die Entwicklung des ikonograph. Schemas
auch auf die Ikonographie der D. einge- fand im Zusammenhang mit der Auffassung
wirkt haben. des Pfingstsonntages als D.s-Tag (s. Pkt. 1)
1. Die orth. Kirche kennt kein eigenes Tri- ihren Abschlu® u. Héhepunkt in der Troica
nitdtstest. Sie verband vielmehr die Vorstel- Rublevs (1411 od. 1422/23). Durch Reduk-
lung von dem durch die Dreieinigkeit be- tion der Bildelemente auf das Wesentliche
schlossenen u. vollendeten Heilsplan (Heils- der Lehrinformation (die Einheit [russ.
ékonomie) mit dem Festgedanken von edinstvo] in der D.; Fortfall der Gastgeber;
Pfingsten. In Byzanz erstanden mit Metro- Altar statt Tisch, Opferlamm — — auch
phanes von Smyrna (2. Hiilfte 9. Jh.) u. mit Schlachtung [Opferung] des Lammes ~ im
Kaiser Leon (gest. 912) zwei bedeutende Kelch statt der Speisegerate) gelang dem
Dichter von D.s-Hymnen. Sie gaben dem Maler eine in der Einheit von Glaubensin-
Pfingstfest noch deutlichere trinitar. Akzen- halt u. Asthetik einzig dastehende Darstel-
te. Daran ankniipfend u. unter Aufnahme lung der D. Obwohlsich in diesem bedeu-
volkstiiml. Vorstellungen setzte sich in Ru8- tenden Denkmal deraltruss. Ikonenmalerei
land im 14. Jh. (s. auch unten zu Andrej der Kampf der Kirche gegen antihierarchi-
Rublev) die Auffasung vom Pfingstsonntag sche, antichristologische (nicht antitrinitari-
als D.s-Tag (russ. troicyn der, seltener sche) u. antiliturgische Stromungen der Zeit
troiényj der) durch. widerspiegelt, fehlt inm jede apologet. Ten-
2. Sieht man von Symbolen der D., wie dem denz. — (b) Der anthropomorphe Typ zeigt
Dreieck od. der Hand Gottes, ab, unter- auf einem Thron Gottvater als ,,Alten der
scheidet man im Osten 2 ikonograph. Ge- Tage“ mit dem Emmanuel (zu beiden >
stalttypen der Darstellungen: die alttesta- unter Christusbilder) auf dem Scho. Der
mentliche od. angelomorphe (engelgestal- letztere halt ein Medaillon (— Clipeus), auf
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Drei Jiinglinge im Feuerofen
dem das Symboldeshl. Geistes, die Taube, Kul'tura Moskvy i PrileZa8éich k nej Knjazestv
dargestelit ist. Diese Komposition, die die 3 XIV-XVI vv., Moskau 1970, 115-154, L. Miller,
Die Dreifaltigkeitsikone des Andrej Rubljow,
géttl. Personen staérker als die angelomor- Miinchen 1990;K.Onasch, Identity Models of Old
phe D. differenziert, hei8t auch ,,Ineinan- Russian Sacred Art, Medieval Russian Cul-
der-Typ“der ,,Vaterschaft*(russ. ofecestvo; ture,hg.H.Birnbaum,M.S. Flier, Berkeley-Los An-
lat. paternitas), wihrend der westl. Typ (auf geles-London 1984,175-205; B.Bobrinskoy,Le My-
stére de la Trinité Cours de théologie Orth.,Paris
Miniaturen zu Ps. 110, 1) die Personen ne- 1986; LChI 1, 525-537; LdK 2(1989), 212-213;Lex
beneinander gruppiert (Synthronos-Typ). MA 3, 1374-1377(Dreifaltigkeit).
Der Typ des ,,oteéestvo“ ist sehr wahr-
scheinlich auf dem Balkan im 10/11. Sh. im
Kampfder Kirche gegen die Bogomilen,die Drei Jimglinge im Feuerofen (grch. treis
das D.s-Dogmain Frage stellten, entstan- paides en kamino; russ. tri otroka v peti
den u. kam von dort nach RuBland. Der ognennoj). 1. Die bibl. Ode Dan. 3 galt in
Synthronos im Westen richtete sich schon der Alten Kirche als Hinweis auf die Dreiei-
im 9. Jh. gegen spdtarian, Auffassungen von nigkeit (so noch spiter in den Liedern der
der Person Christi u. danach gegen die den Oktoechos) u. als Symbol der leibl. Aufer-
Bogomilen verwandte Hiaresie der Katha- stehung von den Toten. Aus der Synagoge
ter. — Seit alters werden auch die Drei Jting- wurde diese Ode friihzeitig in die Lesungen
lingen im Feuerofen als Hinweis auf die D. der Nachtwache von Ostern u. in Georgien
gedeutet. — Taf. 18, 19, 20. u. Armenien von der > Geburt Christi u. >
Text: s. Anhang Nr.17. Epiphanie tibernommen.
2. Als Bildthema begegnen die D. J. i. F.
schon in der Malerei der Katakomben, in
Lit: W. Braunfels, Die hi. Dreifaltigkeit, Diissel-
dorf 1954; P. Browe, Zur Gesch. des Dreifaltig-
der Kunst der Sarkophage u. in der Klein-
keitsfestes, ALW 1, 1950, 65-81; I. Corell, Gottva- kunst (oft in Verbindung mit anderen Moti-
ter. Untersuchungen iiber seine bildl. Darst. bis ven wie Adam u. Eva, dem Opfer Isaaks
zam Tridentinum, Diss. Heidelberg 1958; J. Da- durch Abraham u.a.). In der Monumental-
niélou, Trinité et Angélologie dans la Théologie malerei wahrend der byz. Epoche weit ver-
Judeochrétienne, RSR 45, 1957, 5-41; N. Demina,
Troica Andreja Rubleva, Moskau 1963, J. Enge- breitet, erhielt die Darstellung auf dem Bal-
mann, Zu den Dreifaltigkeitsdarst. der frihchristl. kan zur Tirkenzeit als Trostbild besondere
Kunst: Gab es im 4. Jh. anthropomorphe Tri- Bedeutung. In der Ikonenmalerie sind die
nitatsbilder?, Jb. fiir AuC 19, 1976, 157-173; H. D.J.i. F. frith anzutreffen. Das Bildschema
Gerstinger, Ober die Herkunft u. Entwicklung der
anthropomorphen byz,-slav. Trinitatsdarst. des zeigt im allgemeinen die D. J. i. F. in der
sog. Synthronos- u. Paternitastypus, Fs. fiir W.Sas Haltung von Oranten, wahrend ein Engel
— Zalociecky, Graz 1956, 79-85; Kirchhoff3; V. N. sie mit einem Stabe vor der Glut bewahrtu.
Lazarev, Andrej Rublev i ego Skola, Moskau seine Fliigel iiber sie ausbreitet. Die Jiing-
1966, 23-42; ders., Ob odnoj Novgorodskoj Ikonei
Eresi_Antitrinitariev, ders., Russkaja Sredneveko- linge werden meistens in pers. Tracht ge-
vaja Zivopis, Moskau 1970, 279-291; J. A. Lebede- zeigt. In spat- u. nachbyz. Zeit werden hau-
wa, Andrei Rubljow, Dresden 1962, 77 ff; R- fig, vor allem auf dem Balkan, Nebu-
Mainka, Andrej Rublev’s Dreifaltigkeitsikone,
kadnezar auf dem Thron u. die verbrannten
Ettal 1964; N. V. Malinickij, K Istorii Kompozicii
Vetchozavetnoj Troicy, SK 2, 1928, 33-46; Diener neben dem Ofen dargestellt. Der
Onasch, Ikonen, 356 f., 388 f£.; ders. Ikonenmale- polit. Nebensinn des Themas wurde durch
tei, 187-190; ders., Ketzergeschichtl. Zusammen- die Alte Kirche als Anspielung auf die rom.
hinge bei der Entstehung des anthropomorphen Kaiser aktualisiert.
D.s-Bildes, BZS 31, 1970, 229-243, ders., Kunst uv.
Gesellschaft im Modell der D.s-Ikone Andrej 3. Text u. Malerei regten im MA zu Myste-
Rublevs, Beitr. zur byz. u. osteurop. Kunst des rienspielen von den D. J.n. i. F. an. In der
MA, Berlin 1977, 19-32; A. Papadopoulos, Essai Uspenie-Kathedrale in Moskau u. in der So-
d’Interprétation du Théme Iconographique de la phienkathedrale in Novgorod fand im Ad-
Paternité dans l’Art Byzantin, CAr 18, 1968, 121
bis 136; L. S. Retkovskaja, O Pojavlenii i Razvitii vent die ,,Ofenhandlung* (russ. pecnoe
Kompozicii ,,Otecestvo“ vy Russkom Iskusstve delo) statt, wobei in Novgorod der Ambon
XIV-XVI veKov, Drevnerusskoe Iskusstvo XV do als ,,chaldaischer Ofen“ (russ. chaldejskaja
natala XVI vekov, Moskau 1963, 235-262; G. 1. pes’) diente. - Taf. 21, 67.
Vzdornov, Novookrytaja Ikona_,,Troicy* iz Tro-
ice-Sergievoj Lavry i ,,Troica“ Andreja Rubleva,
Drevnerusskoe Iskusstvo. Chudozesivennaja Lit: Dassmann, 258-270; A. Dimitrievskij, Cin

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EheschlieSung, kirchliche
Pet’nogo Dejstva, VV 1, 1894, vyp. 3-4; T. Eh- dargestellt worden, wohl, weil diese Stelle
renstein, Das AT im Bild, Wien 1923, 817-820; nicht in die Ode aufgenommen war. Wo der
Goar, 570 £; C. Kiihl, Die Drei Mannerim Feuer,
GieBen 1930; Maltzew? II, 324-352; N. V. Ponyr- D. d. d. R. M.in spat- u. nachbyz. Zeit (vor
ko, Russkie Svjatki XVII Veka, TODL 32, 1977, allem auf dem Balkan) erscheint, sind folk-
84-99; E. Stommel, Beitr. zur konstantin. Sarko- lorist. u. situationsmilitante Ziige (Pharao
phagplastik, Bonn 1954, 42-58; M. M. Velimirovic, als Tiirkenherrscher) unverkennbar.
Liturgical Drama in Byzantium and Russia, DOP
16, 1962, 351-385, LChI 2, 464-466 (Jiinglinge, ba-
Lit.: J. Daniélou, Traversée de la Mer Rougeetle
bylonische); LdK 2(1989),214; RBK 3, 668-676. Baptéme aux premiers siécles, RSR 33, 1946, 402
bis 430; F. Délger, Der D. d. d. R. M.als Sinnbild
Drei Kénige, Heilige — Epiphanie, > Ge- der christl. Taufe, AuC 2, 63-69, 76-79; J. Lassus,
Quelques Représentations des ,,Passages de la
burt Christi Mer Rouge“ dans l’Art Chrétien d’Orient et
d’Occident, Mélanges d’Archéologie et d’Histoire
Dreimalheilig — Trishagion 46, 1929, 159-181, LChI 1, 554-558; LdK
2(1989),239-240, RBK 2, 1-9. — S. auch Lit. zu
Oden, Taufe, Taufe Christi.
Durchzug durch das Rote Meer (grch. exho-
dos ton israeliton; russ. ischod evreev, ‘Aus-
zug der Israeliten’ [aus Agypten]. Der zur
Ode erhobene u. zu den AT-Lesungen der
Osternacht gehérende Text aus 2. Mose 15, E
1-19 wurde bereits von der Alten Kircheals
Siegeshymnus(grch. epinikios hymnos) ver- Ecclesia u. Synagoge — unter Kreuzigung
standen u. als Gegenstand einer bezugsrei- Christi
chen Auslegung auch bildhaft wiedergege-
ben. Unter den Typologien (> unter Alle- EheschlieSung, kirchliche. 1. Die k. E.ist als
gorie) der Taufe diente das Thema von der eines der 7 Sakramente zugleich Gegen-
Zeit Tertullians (gest. um 220) an der Kir- stand des Kirchenrechts. In der byz. Ge-
chenvaterauslegung; es erscheint im spaten schichte spielte die Ehegesetzgebung in den
3. Jh. in der Malerei der Katakombenu. auf Konflikten zwischen Patriarch u. Kaiser ei-
Sarkophagen(in der Mitte des 3. Jh. bereits ne wichtige Rolle. Die Kanonisten (Kir-
in der Synagoge von Dura Europos). Hinzu- chenrechtler) setzten bei dem nach rém.
weisen ist auf die Gegeniiberstellung mit Recht nicht bindenden Verlébnis (lat. spon-
der Auferweckung des Lazarus in der Kata- salia; grch. mnesteia) an, das sie verkirch-
kombean der Via Latina. Enge ikonograph. lichten; vom 8. Jh. an wurde es zu einer ei-
Beziehungen bestehen zwischen der Dar- genen gottesdienstl. Handlung ausgestaltet.
stellung der Vernichtung des Maxentius Die k. E. mit einem anderweitig verlobten
durch Kaiser Konstantin (gest. 337) am Partner wurde auf der Synode von 692 dem
Konstantinsbogen in Rom u. der des D.s d. Ehebruch gleichgestellt. Daraufhin wurden
d. R. M. Im Verlauf der Ausbildung einer Sponsaliastreitigkeiten auch den kirchl. Ge-
polit. Christologie (der Kaiser als ird. Ab- tichten tiberstellt. Dagegen nahm das Kai-
bild des Allherrschers Christus) im Zeitalter serrecht von der seit dem 4, Jh, zunehmen-
Justinians (6. Jh.) kam es zur Umbildung den Ausstattung der kn E. mit sakra-
der an 1. Kor. 10 orientierten geistigen zu mentaler Wiirde keine Notiz, weil es diese
einer imperialen Auffassung der Darstel- nur auf Grund des altrém. Consensus(lat.,
lung, die ihre Wurzel in dem seit Euseb ‘Ubereinkunft’) zwischen den Partnern als
(gest. 339) traditionellen Verstandnis vom rechtsgiiltig anerkannte. Erst Ende des 9.
Kaiser als dem ,neuen Mose“ hat. Die Jh. wurde die sakramentale k. E. auch vom
schon vorhandene Ikonographie des D.s d. Kaiserrecht fiir rechtsnotwendig erklart.
d. R. M. wird zu einem kolossalen Schlach- Dem entsprach ihre Absicherung gegen
tengemilde ausgeweitet, wozu die Verbin- Ehehindernisse (grch. kolymata;lat. impedi-
dung von Antikenstudium u. Schriftausle- menta matrimonii). Als solche galten nicht
gung in den verschiedenen byz. > Renais- nur phys. Indikationen (Wahnsinn, Impo-
sancen wesentlich beitrug. Der Siegestanz tenz, Minderjahrigkeit u. a.) u. rechtl. Griin-
der Mirjam (2. Mose15, 20 f.) ist sehr selten de (Bigamie, Ehebruch), sondern auch
of
Ejingeborener Sohn
geistl. Vorstellungen; z. B. wurde das Paten- baren ,,Galanteriewaren* der Spiatantike
amt als geistl, Verwandtschaft mit dem zahlen einige Diptychen mit nichtchristl.
Taufling u. damit als ehehindernd angese- Motiven (Museum in Brescia), die zu den
hen. Die Ehe galt als unaufléslich. In der Geschenken anlaBlich der E. gehdren (>
Praxis bestanden u. bestehen allerdings auch Gemme). Die ikonograph. Gestaltung
hieriiber kontroverse Auffassungen. In der all dieser Gegenstiande, von denen hier nur
Frage der Zweit- u. Drittehe, der Ehe mit Beispiele erwahnt werden, kann Aufschliis-
Unglaubigen od. Anhangern einer Haresie se itber das Selbstverstandnis der altkirchl.
gab es eine Reihe von Ausnahmeregelun- u. byz. E. geben. Symbolisches Verstindnis
gen (gtch. oikonomiai, — Kirchenrecht). der E. bringen Darstellungen der Hochzeit
Ein absolutes Ehehindernis blieb die Prie- zu Kana(Joh.2, 1-11) zum Ausdruck.
sterweihe (— Cheirotonie, > auch Zélibat).
2. Die k. E. besteht heute aus 2 Teilen, die Lit.: J. Basaroff, Die Ehe nach der Lehre u. dem
im allgemeinen aufeinanderfolgen: aus dem Ritus der orth. russ. Kirche, Stuttgart 1873; Beck,
Verlébnis (grch. arrabon; russ. obrucenie) u. 86 ff., H. Dombois, Grundziige des Eherechts der
oriental. Kirchen, Zs. fiir ev. Kirchenrecht 13,
der ,,Krénung* (grch. stephanoma; russ. 1967, 1-2, 98-115; Goar, 310-326; J. Gromoglasov,
vencanie). Das Verlobnis schlie8t sich an Opredelenie Braka v Korméej i Znatenie ich pri
die Liturgie an; die Wein-Kommunion im Issledovanii Voprosa o Forme Christianskogo
zweiten Teil, der ,,Krénung“, ist ein Ele- Brakosoéetanija 1, Sergiev Posad 1908; N. Kithn, _
Die Ehetrennung im Kirchenrecht der Orth. Kir-
ment der Liturgie der vorgeweihten Gaben. chen des byz. Ritus, OstKSt 26, 1977, 3-27; B.
Im Mittelpunkt des Verlébnisses steht die Lébmann, Zweite Ehe u. Ehescheidung bei den
Segnung der Ringe, im Mittelpunkt der Griechen uw. Lateinern bis zum Ende des 5. Jh.,
»Krénung* die Segnung der Kronen. Hym- Leipzig 1980, Milasch, § 177-205; P. A. Raes, Le
Mariage dans les Eglises d’Orient, Chevetogne
nen u. Gebete sind voller typolog. Hinweise 1959; S. V. Trojckij, Problema Braka v Christians-
auf Abraham, Isaak, Jakob u. Daniel bzw. kom Soznannii, Pravoslavie i Kultura, Berlin
auf Sarah, Rebekka, Rahel u. Thamar sowie 1923, 81-112; ders.; De la Sainteté du Mariage,
auf Eph. 5, 20-23 u. Joh. 2, 1-11. Im Schlu8- Présence Orthodoxe, Paris 1968, Nr. 3, 48-57; J.
Zhishman, Das Eherecht der oriental. Kirche,
gebet wird auf Kaiser Konstantin u. seine Wien 1864; Handbuch Ostk.kundeII, 170 bis 173,
Mutter Helena verwiesen. 175 (I.-H-Dalmais); Ch. Walter, Art and Ritual of
3. Da die E.fiir Gesellschaft u. Kirche von the Byz.Church,London 1982,121-125; LChI 2,
groBer Bedeutung ist, hat sie auch in der an (Hochzeit zu Kana); LexMA 3, 1616-1648
Ehe).
Kunst ihre Darstellung gefunden. Auf Sar-
kophagen (z. B. in Tipasa, Mauretanien u.
Arles) ist der Ritus des Vereinigens der Eingeborener Sohn (gtch. monogenes hyios;
rechten Hinde(lat. dextrum iunctio) darge- russ. edinorodnyj syn), eine nach ihren bei-
stellt, daneben Szenen aus dem Eheleben. den ersten Worten genannte Kurzhymne
Auf Schalen der friihbyz. Epoche finden (© Troparion), deren Autorschaft (aller-
sich neben der Junctio Szenen aus dem AT dings erst nach Zeugnissen des 9. u. 11. Jh.)
u. NT (z. B. Silberplatte, 610-629, im Anti- dem Kaiser Justinian I. (gest. 565) zuge-
kenmuseum Nikosia: E. des David, mit schrieben wird. Ersoll sie 535/536 in der Li-
Priester, der dic Junctio segnet). Neben die turgie zu singen befohlen haben. Nach an-
Junctio tritt oft die Krénung der Eheleute deren soll der monophysit. Patriarch von
durch eine nimbierte od. auch nichtnimbier- Antiochien Severos (gest. 538) der Verfas-
te Person. Reiches ikonograph. Material sersein.
bringen Eheringe (— auch unter Niello) aus 1. Im Mittelpunkt des Hymnus steht der
dem 6/7. Jh. bei. Die auf ihnen dargestellte Gedanke, dader E. S. u. das ewige Wort
Szene mit Christus, der die Junctio od. die Gottes, der Logos, mit dem Gekreuzigten,
Krénung vollzieht, dtirfte aus der E. am der den Tod durch seinen eigenen Tod ,,un-
Kaiserhof tibernommensein. Das Motiv des tergetreten“ hat, u. mit der zweiten Person
die Junctio segnenden Christus findet sich der Dreieinigkeit identisch ist. Diese Vor-
auch auf anderen Gegenstanden der Klein- stellung ist mit der vom _,,Gottesleiden*
kunst (z. B. auf einer Giirtelschnalle in der (Theopaschitismus, grch., + auch Trishagi-
Byz. Collection, Dumbarton Oaks, Wa- on) verwandt. Durch sie wurde die Unsterb-
shington). Mehr unter die wenn auch kost- lichkeit Christi auch im Tode (> Kreuzi-
92
Einsetzungsbericht
gung Christi) u. damit die Herrschaft tiber lung (nach der Epiklese) zu Leib u. Blut
den Tod zum Ausdruck gebracht. Vom 8. Christi.
Jh. an wurde der E. S. nach dem zweiten DerE.der Basiliusliturgie u. der Chrysosto-
Antiphon der Enarxis — dem Offizium, das musliturgie stimmen, von der Einfilgung bei
die Liturgie der Katechumenen eréffnet — Luk. 22, 17 (Gewachs des Weinstocks) u.
gesungen. 1. Kor. 11, 24 ¢, 26 (zu ,,Tod“ noch ,,Aufer-
2. Im 16. Jh. entstanden in der russ. Malerei stehung“) in der ersteren abgesehen, tiber-
komplizierte Kompositionen unter Verwer- ein. Die starkere Reflexion auf die Gestik
tung der in diesem Hymnus behandelten des Liturgen in der Basiliusliturgie hat ihre ~
theolog. Vorstellungen, die eine Art von Wurzelbereits in den E.en des NT. Die Un-
Zusammenschau (Synopse) der Heilsge- terschiede in den Texten von Matth., Mark.
schichte bieten. Wegen ihrer Neuheit erreg- u. Luk.,,sind nicht literar. Korrekturen der
ten sie zahlreiche Diskussionen, bis sie im Evangelisten, sondern eine Spiegelung der
17. u. 18. Jh. zu den bekannten Bildschema- liturg. Entwicklung“ (J. Jeremias), die in
ta gezahlt wurden. — Taf. 23. der feierl. Kultsprache des paulin. E.s ihren
Text: s. Anhang Nr. 8. AbschluB erhielt (Kyriostitel Christi, feierl.
Eingangsformel,,In der Nacht, da er verra-
Lit: Anthologia Graeca, XXXII; F. I. Buslaev, ten ward“, die an eine Rubrik erinnernde
Soéginenija 2, S. Peterburg 1910, 285 ff; V. Gru- Formel,,Er nahm,dankte, brach u. sprach“,
mel, L’Auteur et les Dates de Composition du der Anamnese-Auftrag Christi ,,Solches tut
Tropaire Ho monogenes Hyios, EO 22, 1923, 398
bis 418; Hanssens, Nr. 806; N, I. Mneva, Gesch. zu meinem Gedachtnis“ an die Gemeinde u.
der russ. Kunst, 3. Bd. Dresden 1959, 408 ff; J. a.). Wahrend in der Didache (um 100, >
Myslivec, Liturgické Hymna jako Ndéméty unter Kirchenrecht) der E. fehlt, wird er
Russkych Ikon, BSZ 3, 1931, 462-499 (470-472); von Justin (gest. um 165) ausdriicklich be-
Wellesz, 165, 178 f.; G.Biihring, S.Uhlig, Antio-
chenisches u. Justinianisches im Hymnus ,,E.*, zeugt. Dem Text des E.s in der Kirchenord-
OstKst 37,1988,297-307,J.Breck,Le Tropaire ,,Mo- nung Hippolyts von Rom folgt der in den
nogenes‘-Symbole de foi orth.,La Pensée Orth. 3, Apostol. Konstitutionen (> Kirchenrecht).
Lausanne 1983,57-81; LChI 1, 451-452. Die ,,ipsissima vox“ Christi wird in einigen
oriental. Formularen kultisch ,,verschwie-
Einsetzungsbericht. Unter E. versteht man gen“, wohl aus Scheu, das_,,schauervolle
den bereitsliturgisch gestalteten Text aus 1. Geheimnis“ der Eucharistie (grch. phrikion
Kor. 11, 23 b-26 (vgl. Matth. 26, 26-29; mysterion) zu verletzen. Die damit verbun-
Mark. 14, 22-25; Luk. 22, 15-20), der dann denen Vorstellungen sind bis in die antio-
zum Kernstiick (> auch Anaphora) derLi- chen. Liturgie zu verfolgen; sie haben ihre
turgie der Glaubigen gehérte. Der E.folgt Wurzel im ,,Verschweigen* des Es im
nach einem kurzen gedankl. Ubergang un- (wahrscheinlich in Antiochien entstande-
mittelbar auf das Eucharistische -» Hochge- nen) Johannesevangelium. Wenn die byz.
bet; ihm schlieBen sich die Anamnese, die Liturgie die Worte Christi wie den E. tiber-
Erinnerung an die Heilstaten Christi, u. die haupt auch nicht ,,verschwiegen“hat, so hat
Epiklese, das Gebet um Herabsendung des sie ihn doch hinter der Bilderwand,,verbor-
hl. Geistes, an. Die Worte Jesu (,ipsissima gen“. — Text: s. Anhang Nr. 9.
vox“) werden vom Chor mit Amen be-
stdtigt, nachdem sie vom Priester als Laut-
Lit: B. Botte, Problémes de L’Anamnése, JEH 5,
gebet gesprochen wurden. Die Berichtswor- 1954, 16-24; F. Hamm, Dieliturg. E.e im Sinne
te werden als Stillgebet rezitiert. Der Ge- vergleichender __Liturgieforschung untersucht,
danke, daB Christus als Hoherpriester (3 Miinster (Westf.) 1928; Hamssens, Reg,: Institutio
auch unter Christusbilder) Brot u. Wein,,in eucharistica; J. Jeremias, Die Abendmahlsworte
Jesu, Berlin 1963; Jangmann 2, 243-251, Reg.: E.;
seine hl. u. unbefleckten u. untadeligen Lietzmann, 24-49; W. E. Pitt, The Anamnese and
Hinde nahm*, wird nach dem Prinzip liturg. Institution Narrative in the Liturgy of Apostolic
Nachahmung (grch. mimesis) durch die Constitutions Book VIIL, JEH 9, 1958, 1-7; Schulz,
entsprechende Gestik des Liturgen ver- Die byz. Liturgie, Reg.II B (Einsetzungsworteu.
Gedichinisbefehl); ders., Liturg. Vollzug u. sakra-
pegenwartigend. zum Ausdruck gebracht. ment. Wirklichkeit des euchar. Opfers, OrChrPer
Die im Riistraum, der Prothesis, vorbe- 45,1979, 245-266; 46, 1980, 5-19. — S. auch Lit. zu
reiteten Gaben werden im Akt der Wand- Basiliusliturgie, Chrysostomustiturgie, Liturgie.
93
Einzug
Einzug (grch. eishodos, f.; lat. ingressus, m.; des Klerus in den Altarraum wird nach der
russ. vchod, m.). 1. Die alteste Form des E,s Kommunion der Gemeinde vollzogen.
als liturg. Prozession ist der E. des Bischofs
mit Klerus zu Beginn des Abendgottesdien- Lit.: Fendt, Reg.: Oblation; Hanssens, Nr. 666 bis
stes, wahrenddessen ihm der Hymnus,,Auf 668, 869-882, 926-931, 1096-1102; Jungmann_1,
viele Jahre“ (— Polychronion) dargebracht 56 £., 341-499; 2, 3-121; R. F. Taft, The Great En-
trance. A History of the Transfer of Gifts and
wird. other Preanaphoral Rites of the Liturgy of St.
2. Aus dieser Form entstand im Laufe der John Chrysostom, Rom 1975; Schulz, Die byz. Li-
Entwicklung der byz. Liturgie der Kleine E. turgie, Reg II B; Ch.Walter, Art and Ritual of the
(grch. mikra eishodos; russ. malyj vchod), Byz. Church, London 1982, Reg.:liturgy, Great
Entrance; LChI 6, 455-457,
der im 8. Jh. bereits bekanntist: Der Dia-
kon, dem Kerzen vorangetragen werden (>
unter Licht; beim Bischof — Leuchter, > Einzug Christi in Jerusalem (grch. bai-
Dikerion; — Trikerion), nimmt das Tetra- phoros, m., ‘Palmtragen’; russ. vchod v Jeru-
evangelium, das die 4 Evangelien enthalt, salim). 1. Die liturg. Voraussetzungen ftir
vom Altar u. tragt es, gefolgt vom Priester, die Ikonographiedes E.s Ch.i. J. finden sich
rechts um den Altar herum durch die nérdl. in den Feierlichkeiten des + Palmsonntags
Tivor die Bilderwand, weist es mit dem im Jerusalem der Alten Kirche, die sich
Ruf ,,Weisheit! aufrecht!“ der Gemeinde nach Matth. 21, 1-11 richteten, vor allem im
vor u. bringt es durch die Mitteltiir zum Al- spateren Palmeselritt u. in den ebenfalls erst
tar zurilck. Diese Prozession heiBt deshalb vom 6./7. Jh. an reicher flieSenden Hymnen
auch Evangelien-E. (grch. eishodos tu euan- zu diesem Fest. Die letzteren heben, in Ver-
geliu; russ. vchod evangelija). Der Kleine E. bindung mit dem Lazarussamstag, den ver-
ist der Héhepunkt der Liturgie der Kate- borgenen triumphalen Charakter des E.s
chumenen (> Liturgie der Glaubigen); mit Ch. i. J. hervor.
den Lesungen versinnbildlicht er das Kom- 2. Der E. Ch.i. J. erscheint im Westen be-
men Jesu als Lehrer. reits in der Sarkophagkunst, vom 6. Jh. an
3. Der GroBe E. (grch. megale eishodos; in den Bibelillustrationen u. der Monumen-
tuss. velikij vchod) leitet nach Entlassung talmalerei (Mosaik von Alt-St.-Peter, 8. Jh.;
der Katechumenen die Liturgie ein. Unter Fresken der kleinasiat. Héhlenkirchen, 10,
Intonation u. Rezitation des Cherubimhym- Jh.). Der Triumphcharakter und die Ver-
nus u. unter Mitfiihren von Leuchtern u. bindung zum Passionszyklusist frih festzu-
Fachern werden die in der Vormesse (> stellen; auch im Dodekaortion (dem Zwél-
Prothesis) vorbereiteten, aber noch nicht ferfestkreis) wird das Thema nach der Auf-
konsekrierten (verwandelten) Gaben von erweckung des Lazarus bzw. nach der Ver-
der nérdl. Tiir aus durch die Kirche zum Al- klarung Christi dargestellt. Wahrend der
tar getragen. DerPriester tragt den Kelch in Westen das Schema desrittlings auf dem
den Handen, der Diakon die Patene, die Ese] sitzenden Christus und die aufrechte
Abendmahlsschissel, auf dem Haupt. Nach- Kopfhaltung des Tieres entwickelt und fest-
dem beides auf dem Altar niedergesetzt halt, zeigt der Osten Christus im Seitensitz
wurde, wird die Mitteltiir der Bilderwand {bis zur Frontalitat) und das Reittier mit ge-
geschlossen. Der GroBeE.ist fiir die Mitte biicktem Kopf. Der Osten ergiinzt die chri-
des 6. Jh. bezeugt u. geht auf die > Dar- stolog. u. mariolog. Deutung einzelner Mo-
bringung (der Naturalgaben) zuriick. Er tive im Sinne der Mystagogie (z. B. wird die
versinnbildlicht das Kommen Christi zum Mysteriumshéhle unter der Olbergkirche
Golgathaopfer, das in unblutiger Weise in [— Martyrion], als unregelmaBige Offnung
der Liturgie vergegenwartigt wird. Sowohl des Berges im Hintergrund angedeutet,
der Kleine als auch der GroBe E. haben christologisch u. mariologisch gedeutet) od.
aber auch einen rechtl. Aspekt: Mit dem erweitert den Personenbestand um Symbol-
Vorweisen der hl. Dinge (> auch Elevati- figuren (seit dem 5./6. Jh. die Tochter Zion),
on) soll sich die Gemeinde von deren Echt- wozu die Festhymnen die Vorbilder liefer-
heit u. damit von der Legitimitat der Litur- ten. Personalbestand und Inventar aus den
gie tiberzeugen. ‘ Anfangen der friihchristl. Zeit (Knabe mit
4. Der,,letzte E.“ (grch. eschate eishodos) Mantel, wenige Jiinger und BegriiBende,oft
94
Eklogadie

Einzug Christi in Jerusalem

Zachdus auf dem Baum, Stadtmauer von mit den spezif. Stilmitteln dieser Epoche
Jerusalem) werden in der byz. Epoche zum Ausdruck gebracht wird. — Taf. 24;
schrittweise zu einer komplizierten, mit Abb.
Genreszenen durchsetzten Komposition er-
weitert, nicht zuletzt im Zusammenhang mit Lit: E. Dinkler, Der E., Opladen 1970, M. A.
IV in, Izobrazenie lerusalimskogo Chrama na Iko-
den erwahnten mystagog. Deutungen. Die ne ,,Vchodv Terusalim* BlagoveSéenskogo Sobo-
Zahl der Apostel und BegriiBenden wird ta, VV 17, 1960, 105-113; Onasch, Weihnachtsfest,
stark vergréBert, unter den letzteren er- 172-194 (zur Mystagogie des Héhlenmotivs); Ous-
scheint vom 9. Jh. an eine Frau mit einem pensky — Lossky, 178-180; Pokrovskij, 258-266;
V.H.Elbern,Eine wiedergewonnene nordruss.
Kind an der Hand. An der Ausbreitung von Ikone mit dem_,,E.Chr.“, FS Onasch, Halle
Tiichern vor dem Esel wird festgehalten, 1981,51-58; LChI 1, 593-597; LdK 2(1989), 285 bis
der auf dem Baum kletternde ,,hebriaische 286; LexMA 3,1748; RBK 2,22-30.
Knabe“belebt die Szenerie, ebenso wie die
Ausgestaltung der Stadt Jerusalem in spat- Eirenika (grch., n. plur.; russ. mirnye, n.
und nachbyz. Zeit od. die malerische bis plur.), sekundare Bezeichnung fir das
bizarre Darstellung des Olberges. Daneben Groke Kollektengebet (> Synapte), nach
werden auch neve Szenen eingefihrt, z. B. den Anfangsworten ,,en eirene“ (grch., ‘in
vom 11. Jh. an das Heranfiihren der Eselin Frieden’; russ. s mirom).
mit ihrem Fiillen, ihr Ankauf beim Besitzer,
offenes und geschlossenes Stadttor, das Eklogadie (grch. eklogade, £.; ‘Auswahl’), 1.
Hinabreiten vom Olberg u. a. In der letzten ausgewdhlter Abschnitt aus den bibl. Lesun-
der byz. > Renaissancen werden die klass. gen,gleichbedeutend mit Perikope.
Schemata sowohl fixiert als auch stirker 2. Im speziellen Sinnestellt eine E. einen
aufgegliedert u. szenenreicher durchkompo- der Bahnlese od. der Lectio continua ent-
niert. Landschaftsdarstellungen u. Stadtebil- nommenen u. fiir einen bestimmten Tag
der machen den E. Ch. i. J. zu einem dra- vorgeschriebenen Leseabschnitt dar. >
mat. Ereignis, dessen psycholog. Wirkung auch Lesungen.
95
Ekphonese
Lit: G. Kunze, Die gottesdienstl. Schriftlesung, Wichtige Informationen iiber byz., spatbyz.
Gottingen 1947, Reg.: Eklogadion. u. oriental. Sakralbauten u. hl. Statten auf
dem Balkan, in Jerusalem u. Paldstina fin-
Ekphonese (grch. ekphonesis, £., ‘Aufschrei- den sich in den altruss. Pilgerberichten vom
en’, ‘lautes Sprechen’; russ. vozglas, m., 11.-14. Jh. (die Chozdenija Daniils, Dobry-
vozglasenie, n.), feierliche, halb gesproche- nja Jadreijkovit’s, Stefans von Novgorod
ne u. halb gesungene Vortragsweise der Le- u. a.). Ekphrastisches Material tiber Bau-
sungen (grch. auch kerygma, n.; lat. procla- denkmiiler, Kunstgegenstande, Personenin-
matio, £.,, lectio, £., lectio solemnis). Schon. nerhalb u. auBerhalb RuBlandsu. a. ist ver-
der Alte Orient kannte u. entwickelte fir streut in der hagiograph.u. homilet. Litera-
diesen ,,Sprechgesang“ eine Reihe von Ak- tur sowie in den Chroniken vorhanden. Im
zentsystemen, die fiir die Ausbildung der 17. Jh. schrieb Paul von Aleppo eine Reise-
altkirchlich-friihbyz. E. von Bedeutung sind. beschreibung, die zahlreiche Erkldérungen
Je mehr aber der ,,Sprechgesang“ zur wichtiger Denkmiler enthielt.
»Sprachmusik“ wurde, entwickelte sich ein
eigenes Notationssystem, die ekphonet. > Lit: P. Friedlander, Spatantiker Gemaldezyklus
Notation. in Gaza. Des Pokopios von Gaza E. eikonos, hg.
uw. erklart, Citta del Vaticano 1939, ders., Johannes
von Gazau. Paulus Silentiarius, Leipzig — Berlin
Lit: Wellesz, 33, 137; Werner, Reg.: Ecphonesis,
1912; J. Irmscher, Die poet. E. als Zeugnis justini-
Ecphonetic accents, Joh.v.Gardner,Gesang der
an. Kulturpolitik, Wissenschaftl. Zs. der F.-Schil-
tuss.-orth. Kirche bis zur Mitte des 17.Jh., Wiesba-
Jet-Universitat Jena, ges.-sprachwiss. Reihe 14,
den 1983, Reg.
1965, 79-87; C. Mango, The Homilies of Photius,
Cambridge (Mass.) 1958, H. Maguire, Art and
Ekphrasis (grch., f.; lat. descriptio, £.), eine Eloquence in Byzantium, Princeton, New Jersey
mit den Mitteln der antiken Lobrede durch- 1981; LexMA3, 1770-1772; RBK2,33-75.
geftihrte Beschreibung von Ereignissen,Sit-
ten u. Gebrauchen, vor allem aber von hl. Ektenie (grch. ektene, £., ekteneia, f., russ.
Orten, Denkmélern u. Kunstwerken —> ektenija,f., ‘das Angespanntsein im Gebet’),
Panegyrikos). Die E. warin der antiken Li- wie das GroBe Kollektengebet, die Synapte,
teratur, einschlieBlich der jtidischen, sehr eine bestimmte Gattung des liturg. Gebets,
verbreitet. Eine Reihe von Ekphraseis iber in manchem der kath. Litanei entsprechend.
Denkmiler, Kunstwerke u. hl. Orte geben Man unterscheidet: 1. die Kleine E. (grch.
der Forschung wertvolle Auskiinfte tiber mikra ektene; russ. malaja ektenija). Sie be-
verlorengegangene od. in ihrem urspriingl. ginnt mit der Auffordcrung (grch. prospho-
Zustand nicht mehr erhaltene Baudenk- nesis) des Diakons ,,Wieder u. wieder lasset
miler, so die fir die christl. Archdologie uns in Frieden zum Herm beten“ (grch. eti
wichtigen E.-Partien in den Schriften Eu- kai eti en eirene tu kyriu deethomen; ross.
sebs von Casarea (gest. 339) u. anderer, die paki i paki mirom gospodu pomolimsja),
E. des Paulus Silentiarius iiber die Einwei- 2. die inbriinstige E. (grch. tes ektenes hike-
bung der Hagia Sophia in Konstantinopel sia; Tuss. sugubaja ektenija). Sie beginnt mit
562 sowie iiber den Ambon dieser Kirche, den Worten: ,,Alle lasset uns sagen mit
die E. des Konstantin Rhodius tiber die ganzer Seele“ (grch. eipomen pantes ex ho-
Apostelkirche in Konstantinopel aus der les tes psyches; vuss. rcem vsi ot vseja dusi).
Mitte des 10. Jh. u. die Beschreibung dersel- 3. Die Bitt-E. (russ. prositel’naja ektenija)
ben Kirche durch Nikolaus Mesarites (gest. od. das Gebet der Darbringung (grch. euche
um 1220). Fiir die Geschichte des mittelbyz. tes proskomides) beginnt mit den Worten
Kirchenbauswichtig ist eine Kirchenweihe- »Aller Heiligen gedenkend, wieder u. wie-
Predigt des Patriarchen Photios (gest. um der lasset uns in Frieden zum Herrn beten“
891) auf eine Gottesmutterkirche des Pa- (grch. panton ton hagion mnemoneusantes
lastes in Konstantinopel. Auf die byz. E. ha- eti kai eti en eirene tu kyriu deethomen; russ.
ben Vorstellungen der Mystagogie ecinge- vsja svjatyja pomjanuvse, paki i paki mirom
wirkt, deren Idealmodelle die Beschrei- gospody pomolimsja). Mit ihr u. dem Vater-
bungen der historisch-konkreten Sakralge- unser wird die Kommunion eréffnet.
baude nicht selten tiberlagern u. verwischen Diese drei E.n unterbrechen die einzelnen
{— auch Mystagogie). vom Diakon vorgetragenen Gebetsanliegen
96
Elfenbein
(lat. suffragia) durch das mehrmalige Kyrie Elfenbein. Das E. aus Elefanten-, WalroB-,
eleison. Sie werden begleitet durch Stillge- Nilpferd- u. Mammutzahn (Fossil-E.) ge-
bete des Priesters hinter der Bilderwand. hértseit der Jungsteinzeit zum dltesten Ma-
E.n finden sich auch in den Feiern der Sa- terial der Mal- u. Schnitzkunst. Die E.-
kramente, im Stundengebet und im Stunden- Kunst entwickelte sich in allen Kulturgebie-
gottesdienst.—— auch Gebet, — Liturgie. ten der Antike (China, Japan, Indien,
Text: s. Anhang Nr. 10. Athiopien, Libyen, Agypten, Syrien, Grie-
chenland) zu auBerordentl. Leistungen, von
Lit: Hanssens, Nr. 1047-1082; M. N. Skaba- denen hier nur die von Phidias (um 500 v.
lanovié, Ektenii, Trudy Duchovnoj Kievskoj Aka- Chr.) gepflegte Goldelefantenkunst (Chry-
demii 1911, Juni: 181-202; Sept.: 1-39; Schulz, Die
byz.Liturgie, Reg.II B. soelefantine) genanntsein soll.
Die Kirche wurde einer der wichtigsten
Auftraggeber dieser Kunst, die seit alters
Elashippos — unter Heiligenverehrung, >
teligiés-elitare Ziige tragt. So konnte die
Heiligenbilder
byz. Kultusdsthetik ihre spezif. Méglichkei-
ten auch an diesem Werkstoff erproben.
Eleusa > unter Gottesmutterbilder Aus Elfenbein gefertigt sein kénnen Iko-
nen, das Diptychon,die Pyxis (ein Behltnis
Elevation (lat. elevatio, f., grch. hypsosis, £.; zum Aufbewahren des Abendmahlsbrotes),
russ. voznosenie, n.), das Emporheben hl. das Reliquiar u. andere Gegenstinde der
Gegenstinde, die der Kultusgemeinschaft Kleinkunst, z. B. auch der Bischofsstab.
gezeigt werden miissen, um durch Feststel- Zentren der E.-Kunst waren Mailand, Rom
lung ihrer Identitat die Giltigkeit der kult. u. Trier im Westen; Alexandrien, Antiochi-
Handiung zu bezeugen. en u. Konstantinopel im Osten. Die alten
In der Liturgie der Ostkirche ist die E. eine Techniken (Erweichen des E.s, Biegen u.
eigene Handlung vor der Kommunion. Pressen, Schnitzen, Sagen od. Behauen, Po-
Nach der Ermahnung(lat. admonitio) ,,Las- lieren u. Polychromieren) wurden zur héch-
set uns aufmerken“ durch den Diakon wird sten Perfektion gebracht u. machten das E.
der Vorhang vor den Tiiren der Bilderwand zu einem der teuersten Exportartikel von
zugezogen, u. der Priester ruft, nachdem er Byzanz.
das hl. Brot emporgehoben hat, die Akkla- ‘Von den wichtigsten Denkmalern der E.-
mation: ,,Das Heilige den Heiligen“, der Kunst seien hier genannt: aus altkirchlich-
Chor antwortet: ,,Einer ist heilig, einer der rém. Zeit die Lipsanothek (— Reliquiar)
Herr, Jesus Christus, zur Herrlichkeit Got- von Brescia, um 370, mit christolog. u. Pas-
tes des Vaters.“ Danach folgt der Akt des sionsszenen; um 440 entstandene E.-Tafeln
Brotbrechens. Die priesterl. Akklamation u. a. mit der Darstellung der Frauen am
wurdein der Alten Kirche als Warnung ver- Grabe od. der Himmelfahrt Christi; die
standen, nur Heilige, d. h. Getaufte, kom- Christus- u. Gottesmutter-Diptychen des 6.
munizieren:zu lassen. Die E. wurde wahr- Jh. u. vorher, im 5. Jh., die sogenannten
scheinlich in der byz. Kirche vom 6./7. Jh. an Londoner Passionstifelchen; die dem byz.
ublich, wahrend sie von der kath. Kirche Kaiserhaus in Konstantinopel verbundenen
erst im 12. Jh. zum Zwecke der Hostienan- E.-Arbeitendes 9./10. Jh. Neben den christl.
betung u. als Abwehr der antieucharist. Arbeiten gab es in der Spatantike nach wie
Katharer eingeftthrt wurde. Durch das Feh- vor E.e mit Motiven aus der klass. Mytholo-
len der Bilderwandhat sich in der kath. Kir- gie (wichtigstes Zentrum Antiochien mit
che die oben beschriebene Funktion der E. seinen starken vorchristl. Kunsttraditionen),
noch erhalten, obwohl sich in beiden Kir- die in den verschiedenen > Renaissancen
chen ihre Sinngebung zu einer Darbringung in Byzanz, vor allem im 9,/10. Jh., wieder
der hl. Gaben vor Gott veranderthat. aufgenommen wurden.

Lit: Hanssens, Nr. 1374-1386; Jungmann, Reg.: Lit; J. Flemming, Byz. Schatzkunst, Berlin 1979;
E.; L. Leipold, Religionsgeschichtliches zur E. der A. Goldschmidt — K. Weitzmann, Die byz. E.-
Abendmahis-Elemente, Aus der byz. Arbeit der Skulpturen des 10.-13. Jh., 2 Bde., Berlin 1930,
PDR, 1. Bd., Berlin 1957, 213-217; LexMA 3, 1934; P. Metz, E. in der Spitantike (3.-6. Jh.),
811. Miinchen 1962; W. Volbach, E.-Arbeiten der

97
Email
Spatantike u. des friihen Mittelalters, Mainz 1952; Emblem (grch. emblema, n. sing., ‘das Ein-
LdK 2 (1989), 301-306 (E.etc.); LexMA3, 1812 bis gesetzte’, ‘Musterbild’), sinnbildl. Darstel-
1820.
lung von religiédsen, weltanschaul. u. polit.
Vorstellungen im Bereich der Zwischenbe-
Email (frz., m., vgl. dt. Schmelz; grch. chy- ziehungen von Literatur u. Kunst, deren
meusis, f.), Verfahren, um einen durch Me- Deutung heute zu den Aufgaben der Ikono-
talloxyde gefarbten Glasflu8 herzustellen u. logie gehdrt. Die Abgrenzung zu Allegorie,
ihn auf einen Trager aus Metall, Ton od. Attribut u. Symbolist oft flieBend. Das E.
auch Glas aufzutragen. unterscheidet sich von ihnen vor allem
Nach der Art des Auftragens unterscheidet durch einen bestimmten,literarisch begriin-
man: (1) das Furchen-E., (2) den Gruben- deten u. nicht selten spieler. Vergleichsme-
schmelz (frz. émail champlevé), (3) den Zel- chanismus.
lenschmelz (frz. émail cloisonné) u. (4) das Das E. besteht (1) aus dem Motto (grch.
Draht-E. Sofern bei der kiinstler. Bearbei- lemma; lat. inscriptio), das in knappster
tung das rein Dekorative zugunsten bildhaf- Form (2) das Bild (grch. eikon; lat. pictura)
ter Darstellungen verlassen wird, spricht umschreibt, u. (3) aus dem Epigramm (lat.
man von der E.- od. Schinelzmalerei. Sie subscriptio), das den Vergleich mit einem
warbereits in Agypten u.im dgdischen Kul- Dritten (lat. tertium comparationis) erlaubt.
turkreis bekannt u. erreichte in Byzanz u. Der Sinn der Veranstaltung besteht darin,
zunachst unter seinem Einflu8 in Georgien das Ratsel (grch. ainigma) einer auBerge-
den Héhepunkt ihrer Entwicklung. In Ru&- wohnl, Erscheinung durch Bild u. Deutung
land wurde im 16./17. Jh. das Draht-E. be- aufzulésen. So kénnen z. B. Lemmata die
vorzugt; daneben lebte auch der Gruben- verschiedensten Eigenschaften des Adlers
schmelz weiter, wobei oft die Technik des umschreiben, mit denen bildhaft bestimmte
Niello — das AusgieBen einer in den Bildtra- Charakterziige des Evangelisten Johannes
ger gravierten Zeichnung mit einer gedeutet werden; ein solches E. braucht sich
Schmelzmasse — angewendet wurde. Byzanz nicht mit dem entsprechenden Evangeli-
exportierte vor allem den Zellenschmelz. stensymbol zu decken.
Sein Anwendungsbereich erfaSte sowohl Diese Jiterarisch-bildhafte Deutungskunst
Luxusgegenstande des tagl. Gebrauchs als entwickelte sich im Westen seit der Renais-
auch Sakralgerate (Altargerate, Diptychon, sance fiir die SinnerschlieBung antiker
Enkolpion, Kreuz, Pyxis, Reliquiaru. a.). Kunstwerkeu. fiir moralisch-didakt. Zwek-
Das E. war ein ideales Objekt der byz. Kul- ke. Sie wirkte auch auf Literatur u. Kunst
turdsthetik. Aus der Fille von Beispielen auf dem Balkan u. in RuBland (z. B. auf
der E.-Kunst sollen nur erwahnt werden: Ikonen didakt. Inhaltes) ein. Vor allem we-
die Staurothek von Limburg (10. Jh.); die gen ihrer engen Bindung an Bibel- od.
Pala d’Oro aus dem Domschatz von Vene- Hymnentexte (- auch Kontakion, - Ka-
dig (10.-14. Jh.); die St.-Stephans-Krone in non, — Kirchendichtung, — Kirchenmusik)
Budapest (11. Jh.); ein Reliquiar im Dom- blieb der religiésen Kunst des Ostens diese
schatz zu Halberstadt (11. Jh.); ein goldenes Art des Bedeutungsspiels der west!. Emble-
Diadem in Leningrad (12. Jh.); das Tripty- matik innerlich fremd. Unter Beachtung
chon aus Chachuli, Georgien (11. bis 12. Jh., dieser Voraussetzung u. der obengenannten
mit Teilen aus dem 8.-10. sowie aus dem Abgrenzungsschwierigkeiten kann aber ge-
13.-14. Jh.). sagt werden, da8 bereits die altkirchliche u.,
ihr folgend, die byz. Kirchenkunst emble-
Lit: J. Flemming, Byz. Schatzkunst, Berlin 1979; mat. Ziige im weiteren Sinne trug, insofern
W. A. von Jenny, Kelt. Metallarbeiten, Berlin sie grundsdatzlich auf Sinnbildlichkeit ange-
1935; M. Rosenberg, Gesch. der Goldschmiede-
kunst, 3-4: Zellenschmelz, Frankfurt a. M. 1921
legt war (— auch Bild). Es handelt sich da-
bis 1922; K. Wessel, Die byz. E.-Kunst, Reckling- bei um Bildtypen, die sich durch Kurzfas-
hausen 1967; Russkaja émal’ XTI- naéala XX veka sung der Aussage, Konzentration (oft auch
iz sobranija Gosudarstvennogo ErmitaZa, Moskau durch Symmetrie) der Kompositionsele-
1987, T. Sanikidzé, G. Abramishvili, Orfévrerie mente u. nicht selten durch eine Inschrift
Géorgienne du Vile au X1Xe ‘siécle, Genéve
1979; LdK 2 (1989), 313-316(E.etc.); LexMA 3, auszeichnen. Dazu gehortu. a. die spatanti-
1868-1873, RBK 2, 93-129. ke Herrschafts-Emblematik, die von der
98
Empore
Kirche vom Kaiserkult auf die Person Chri- Wunder der Fruchtbarkeit an Anna. Die
sti (> Aurum coronarium, > Christusmo- Lesungen werden dem Gedichtnistag von
nogramm, —> Deesis u. die - Hetoimasia) Joachim u. Anna am 9. Sept. entnommen.
u. die Gottesmutter (z. B. der Stern als Der dstl. Festinhalt wurde -von der kath.
Herrschafts-E. der Himmelskénigin, — Ent- Kirche, mit einer kurzfristigen Ausnahme
schlafen der Gottesmutter) iibertragen wur- Mitte des 11. Jh., nicht tbernommen. Hier
de. Bei ihnen ist die AufschlieBung ihres setzte sich, wenn auch zundchst gegen er-
anigmatischen (Ritsel-)Charakters durch hebl. Widerstand, die Lehre von der unbe-
Erarbeitung des Tertium comparationis fleckten Empfangnis Mariens(lat. conceptio
nicht nur fiir die Christologie wichtig, son- immaculata) im Leibe der Anna durch. Von
dern auchfiir die Einsichtin die situations- dieser ist weder in dem um 150 geschriebe-
militante Entstehung solcher Bilder (An- nen Protevangelium des Jakobus (> unter
spruch der Kirche auf die kaiserl. Emblema- Apokryphen) noch vor, wahrend u. nach
tik). Der emblemat. Zug solcher ,,Kurzkom- der marian. Synode von 431 die Rede, ohne
positionen“ wird besonders deutlich, wenn daB damit die Vorstellung von der Makello-
sie umfassenderen Darstellungen eingefiigt sigkeit der Gottesmutter in Frage gestellt
sind, wie z. B. dem Jiingsten — Gericht, od. worden ware. Dabeiist allerdings zu beach-
in der komplizierten Thematik der russ. ten, daB der Westen im Gegensatz zum
Ikonenmalerei des 16.-17. Jh. erscheinen. Osten das Protevangelium lange Zeit nicht
Die letzteren bildeten die Grundlage fiir die anerkannt hat. Der Bericht itber die E.d. h.
Entwicklung der oben erwahnten didakt. A. in diesem Apokryphist dem tiber Hanna
Emblematik der spaten russ. Ikonenmale- in 1. Sam. 1 u. 2 nachgebildet.
rei. 2. Das Festbild des 9, Dez. im Osten kon-
zentriert sich in Anlehnung an die apo-
Lit: A. Henkel — A. Schone, E.ata. Handbuch zur kryphen Berichte vorallem auf die Begeg-
Sinnbildkunst des 16. u. 17. Jh., Stuttgart 1967; D.
S. Lichaéev, Celovek v Literature Drevnej Rusi,
nung Joachims mit Anna, die als ehel. Ver-
Moskau 19702, Reg: Emblema (dt. Dresden einigung angedeutet wird. Dieses Motiv ist
1975); ders., Razvitie Russkoj Literatury X-XVII seit Ende des 10. Jh. bekannt. Bald danach
vekov, Leningrad 1973, Reg.: E.atika; M.Lurker erscheint als zweites Motiv die Verkiindi-
(Hg.), Wérterbuch der Symbolik, Stuttgart 19833,
157-159 (E.E.buch), LChI 1, 618-622; LdK gung an Anna.Schonfriher, im 6. Jh., sind
2(1989), 317-319 (E.atik); 4, 513 (Sinnbildkunst). — Darstellungen entstanden, die Anna mit der
8. auch Lit. zu Allegorie, Attribut, Ikonologie, kindl. u. zugleich erwachsen scheinenden
Symbol. Maria (> unter Topik) — nach dem Vorbild
der Hodegetria unter den Gottesmutterbil-
Emmanuel — unter Christusbilder dern — zeigen. Die E. d. h. A. erscheint fast
ausschlieBlich in Zyklen des Marienlebens,
Empfangnis der heiligen Anna (grch.syllep- indem sie diese eréffnet. In mittelbyz. Zeit
sis tes hagias kai theoprometoros Annes, war das Thema in Verbindung mit einer
‘Empfangnis der hl. u. Gottesstammutter verbreiteten Joachim-Anna-Verehrung
Anna’; russ. zaéatie pravednoj Anny, ‘Emp- auch in RuBland bekanntu. beliebt.
fangnis der gerechten Anna’; lat. conceptio
S. Annae, matris Deigenitricis, ‘Empfangnis Lit; L. d’Ancona, The Iconography of the Imma-
der Mutter der Gottesgebarerin’). culate Conception, New York 1957; Handbuch 2,
1. Wahrend die kath. Kirche die E. d. h. A. 300 ff.; M. Jugie, La Féte Byzantine de la Concep-
tion d’Anne, Academia Mariana Intern. Alma So-
(entsprechend der Geburt der Gottesmutter cia Christi 5, Rom 1952, 29-35; Kellner, 181-199;J.
am 8. Sept.) am 8. Dez. feiert, begeht die Lafontaine-Dosogne, Iconographie de I'Enfance
Ostkirche an diesem Tage nur das Vorfest de la Vierge dans "Empire Byzantin et en Occi-
dent, f, 2, Bruxelles 1964-1965; Nilles 1, 348 bis
(grch. proheortion) u. am 9. Dez. das ei-
351; Wellen, Reg.: Anna; LChlI 2, 338-344 (Imma-
gentl. Fest der E. d.h. A. Vor dem 10/11. culata Conceptio); 5, 168-184 (Anna); LdK
Jh. scheint das Fest im Osten nicht verbrei- 1(1987), 174-176 (Anna,HI.); LexMA 1, 653-654
tet gewesen zu sein. Erst 1166 wurde es (Anna,hl.); LdK 5, 313-314 (Unbefleckte Emp-
durch kaiser]. ErlaB eingefiihrt u. mit einer fangnis).
Vorfeier ausgestattet. Der Kanon des And-
reas von Kreta (gest. 740) beschreibt das Empore, ein tiber den Seitenschiffen u. dem
99
Enarxis
Vorraum, dem Narthex,befindlicher, durch fiigt. Neben Einwirkungen des Ménchtums
Treppen zu erreichender Raumteil im Kir- ist der von der gall. Pilgerin Egeria schon
cheninnern. Er diente in der Alten Kirche fiir das Ende des 4. Jh. bezeugte Einzug des
u. im MAalsspezieller Aufenthaltsraum, z. Bischofs, der von Psalmversen u. Gebeten,
B. fiir die Frauen (grch. gynekaion; lat. ma- auf die das Volk respondierte, begleitet
troneum), fir den Kaiser od. fiir Fiirsten u. wurde, fiir die Geschichte der E. von Be-
deren Gefolge, ohne die Bodenfliche des deutung. Nach dem fir die byz. Liturgie
Kirchengebaudes zu reduzieren. Die E.n- giltigen Gesetz der Vermeidung unmittel-
Anlage ist im Orient entstanden u. von dort barer Konfrontationen (> auch unter Kul-
nach dem Westen gekommen. E.n finden tusisthetik) wurde die E., als sie den Got-
sich sowohl in der Basilika wie im Zentral- tesdienst nicht mehr eréffnete, zu einer
bau. Der mittelalterl. Sozialstruktur ent- Vorbereitung auf den Kleinen Einzug. Das
sprechend, diente die E. dem Reprisentati- ist wahrscheinlich im 7./8. Jh. geschehen,
onsbediirfnis der herrschenden Schichten.
Auf der E. der Hagia Sophia in Konstanti- Lit: Hanssens, Nr. 798-810; Jungmann 1, 344; G.
Kunze, Lehre, Gottesdienst, Kirchenbau, Gottin-
nopel z. B. empfing der Kaiser ausland. Ge-
gen 1949, 123 f; N. K. Moran, The E. of the Mass
sandte, um mit ihnen der Liturgie beizn- of St. Basil, OstKSt. 29, 1980, 157-164. — S. a. Li-
wohnen. Es fanden dort Gastmihlerstatt; turgie.
die kaiserl. Familie lieB sich an diesem Ort
aber auch die Kommunion reichen. Dem Energumenen(grch. energumenoi, m.plur.,
entspricht das Bildprogramm der E. (Gast- ‘Besessene’, auch cheimazomenoi, ‘Gemiits-’
freundschaft Abrahams, Hochzeit zu Kana, u. ‘Geisteskranke’). Das Liturgieformular
Brotvermehrungu. a.). In Novgorod befan- der Apostol. Konstitutionen (— unter Kir-
den sich auf bzw. hinter den E.n mit Fres- chenrecht) schreibt die Entlassung der E.
ken ausgestattete Kapellen der Kaufleute, (nach den Katechumenen, aber vor den
in denen sie auch ihre Handelsgeschafte Buf#klassen) am Schlu8 der Liturgie der Ka-
tatigten. techumenen (> Liturgie der Gldubigen)
vor. Ob es sich dabei um eine sonst nicht
Lit: G. Bandmann, Mittelalterl. Architektur als
Bedeutungstriger, Berlin 1951, 207 ff. J. C. Da- praktizierte syr. Sitte handelt, ist nicht ge-
vies, The Origin and Development of Early Chri- klart. Wahrend die Katechumenen ur-
stian Church Architecture, New York 1953, Reg.: spriinglich aktiv an der iiber sie gesproche-
Galleries, K. Onasch, Grof-Nowgorod, Leipzig nen Firbitte teilnahmen, waren die E. dazu
1969 (Wien u. Miinchen 1969), 142; P. O. Rave,
Der E.n-Bau in roman. u.friihgot. Zeit, Bonn — natiirlich nicht imstande. Mit zunehmendem
Leipzig 1924, LdK 2 (1989), 322-323; LexMA 3, Einflu8 der byz. Kultusasthetik auf die Ent-
1895-1897, RBK 2, 129-144. - S, auch Lit. zu Kir- wicklung der Liturgie sind die E. in den sp4-
chenbau. teren Formularen nicht mehr berticksichtigt
worden. In der friihchristl. Kunst wird der
Enarxis (grch., f.; russ. nacalo, n., ‘Erdff- Energumenals Besessener(mit u. ohne Da-
nung’), ein eigenes, auf die Vormesse, die mon) dargestellt. Heilungsszenen finden
Prothesis, folgendes u. die Liturgie der Ka- sich in der ausgebildeten Ikonographie des
techumenen erédffnendes Offizium. Es be- Jiingsten > Gerichts. — > auch Exorzismus.
steht aus 3 Antiphonen (Wechselgesingen),
die an Sonn- u. Feiertagen durch die Selig- Lit: F. J. Délger, Der AusschluB der Besessenen
preisungen ersetzt werden. Ihnen ist ein (Epileptiker) von Oblation u. Kommunion nach
GroBes Kollektengebet, eine Synapte, vor- der Synode von Elvira, AuC 4, 1934, 110-137;
Hanssens, Nr. 684, 1092; H. Heintel, Grundziige
u. eine Kleine — Ektenie zwischengeschal- einer Ikonographie des Epileptikers, Verhandlun-
tet. Sie werden begleitet von Stillgebeten gen 20. Intern. Kongref der Medizin Berlin 1966,
des Priesters. - Die Geschichte der E.ist Hildesheim 1968; Schiller 1, 182 ff; LChI 1, 273
noch nicht véllig geklart. Sie hat sich aus bis 277. :
Elementen des Abend-, Nacht- u. Morgen-
gottesdienstes entwickelt. Dabei wurde die Engel(grch. angelos, m.; russ. angel; lat. an-
Kurzhymne(Troparion) vom Eingeborenen gelus; ‘Gesandter’). 1. E. sind in allen Reli-
Sohn, die urspriinglich wohl beim Kleinen gionen bekannt, die einen gemafigten bis
— Einzug gesungen wurde,in die E. einge- radikalen Dualismus vertreten, u. erfillen
100
Engel
hier die Funktion der Verbindung zwischen dionysius in byz. Zeit weiterentwickelt wor-
einer himml. u. der ird. Welt. Als ,,Sonder- den u. spiegelt sich im Sanctus u. in spezi-
gestalt der Macht“ sind ihnen eine Reihe fisch byz. Weise, im Cherubimhymnus wi-
von Aufgaben tibertragen (Schutz-, Vélker-, der. Aber auch die Einstimmigkeit der byz.-
BuB-E., Deute-E. [lat. angelus interpres], slav. Kirchenmusik u. der Ausschlu8 von
Straf-E., E. des Herrn, E.-Heerscharen u. Musikinstrumenten (einschlieBtich der Or-
a.), die in der spatjiid. u. frithchristl. Apoka- gel) zeigen den EinfluB der Kultusdsthetik
lyptik bekannt waren, ohne daf es schon in des Pseudodionysius. In besonderer Weise
dieser Zeit zu einer E.-Verehrung durch die reflektiert der einstimmige Gesang des
Kirche gekommen ware. Einem immer un- Ménchtums auf die Vorstellung vom ,,en-
kontrollierbarer werdenden, durch die Gno- gelgleichen Leben“ der Asketen. Der Ka-
sis beeinfluBten E.-Kultus (vor allem in non galt als E.s-Gesang, weil seine 9 Oden
Kleinasien) gegeniiber entstand im 5./6. Jh. an die 3 x 3 Ordnungen des Pseudoareopa-
das System himml. u. ird. (unsichtbarer u. giten erinnerten. Am Ende des Eucharist.
sichtbarer) Hierarchien des Pseudodionysi- — Hochgebets, vor dem Sanctus, nennt die
us vom Areopag (— Mystagogie), das die Chrysostomusliturgie die E.-Hierarchien in
Entwicklung einer christl. E.-Lehre (Ange- mehr summar. Weise, wahrend die Basilius-
lologie) begiinstigte. Nach dem Pseudoareo- liturgie sich mit leichten Abwandlungen an
pagiten bestehen die E.-Hierarchien aus das oben mitgeteilte Schema des Pseudo-
drei Triaden: Erste Hierarchie od. Triade: dionysius halt. Die Einheit der sichtbaren
(1) Seraphim (grch.serafim; russ. serafimy) Kirche mit der Kirche der ,,K6rperlosen“
(2) Cherubim (grch. cherubim; russ. cheru- (grch. asomatoi; tuss. besplotnye) witd
vimi) durch die Erwahnung der E.-Ordnungen im
(3) Throne (grch. thronoi; russ. trony, pre- Ritus der Schlachtung (Opferung) des Lam-
stoly) mes zum Ausdruck gebracht. In den Festli-
Zweite Hierarchie od. Triade: turgien erscheint der E. bzw. Erz-E. als
(1) Herrschaften (grch. kyriotetes; russ. gos- Kiinder der Herrlichkeit Gottes u. zugleich
podstvija) als Angelus interpres bei der Geburt Chri-
(2) Krafte (grch. dynameis; russ. sily) sti, der Verkiindigung der Gottesmutter,
(3) Gewalten (grch. exusiai; russ. viasti) der Auferstehung Christi u. der Himmel-
Dritte Hierarchie od. Triade: fahrt Christi. Als Assistenten fungieren die
(1) Obrigkeiten (grch. archai; russ. nacala) E. zu Epiphanie u. zugleich bei der Taufe
(2) Erz-E. (grch. archangeloi; russ. archan- Christi. In allen diesen Positionen werden
geli) sie nicht selten im Gestus der Akklamation
(3) E. (grch. angeloi; russ. angeli). dargestellt. Als Beauftragte Gottes bringen
Dabei werden die Hierarchien in deszendie- die E. die Apostel (— auch Apostelbilder)
tender (absteigender) Reihe vorgestellt, zum Entschlafen der Gottesmutter u.
derart, daB die erste unmittelbar vor Gottes fiihren diese leiblich gen Himmel. Am 8.
Thronsteht, die zweite u. dritte in zuneh- Nov. wird der Erz-E. Michael in einer eige-
tmender Entfernung von ihm. Die letzte nen Festfeier (> Synaxis) verehtt, wahrend
Hierarchie od. Triade stellt die Verbindung die Festfeier fiir Gabriel am 26. Marz statt-
zur Welt des Menschen her. Als Helfer bei findet. Raphael wird am 8. Sept. u. am 8.
der Praktizierung der Askese genossen die Nov. miterwahnt (zum 8. Sept. > auch Ge-
E. im Ménchtum hohes Ansehen. Die dua- burt der Gottesmutter, zum 26. Marz >
list. E.-Lehre der Bogomilen im Osten u. Verkindigung der Gottesmutter am 25.
der Katharer im Westen (— unter Hiresie) Marz). An einer der dltesten vor- u. neben-
tief im 9,/10. Jh. eine gesteigerte E.-Vereh- christl, Kultstétten Kleinasiens fir die E.-
Tung in der Kirche hervor. Machte in Kolossae (spiter Chonae, vgl.
2. Die Vorstellung, daB die ird. Liturgie nur Kol.2, 18), entstand vor dem 7. Jh. eine Kir-
ein analoges Abbild u. ,,Echo“ (grch. ape- che zu Ehren des Erz-E.s Michael. Den Wi-
chema) der himmlischen, unter Assistenz derstand, der sich gegen die Errichtung die-
der Engel vollzogenen sei, hat die Theolo- ser Kirche erhob, hat Michael nach einer
gie der Alten Kirche vom Spatjudentum Legende durch ein Wunder gebrochen.
tbernommen; sie ist im Sinne des Pseudo- Wahrend im 11. Jh. ein Bittkanon an den
101
Engel
Schutz-E. (grch. angelos ho phylax; russ. an- Gorgo dhbnl. Antlitz, das die starke Distanz
gel chranitel’) eingeftihrt wurde, erreichten dieser unmittelbar vor Gottes Thron vorge-
im Kampf gegen die E.-Auffassung der Bo- stellten E.-Machte zum Beschauer hervor-
gomilen (s. unten) die Erz-E. Patronate im hebt. Die Gewandung der E., vor allem der
11. u. 12. Jh. zahlenmaBig ihren Héhepunkt. Erz-E. Michael u. Gabriel, richtet sich nach
In diesem Zusammenhang ist der Mythos den jeweiligen Funktionen: als _,,Erzstrate-
vom E.-Sturz u. vom Sieg Michaels tiber Sa- ge“ in Waffenritstung, als Botschafter Chri-
tan-Luzifer zu nennen, der auch in den sti mit Stab, in der Vorstellung als hoher
Hymnen der erwahnten Gedenktage an- himml. ,,Beamter“ (dem kaiserlichen ent-
klingt. Das Themafindetsich bereits Offb. sprechend) mit der Weltkugel, der Sphaira,
12, 7 ff., das Bildmotiv ist seit dem 6. Jh. be- in der Linken u. den Zierstreifen (— Clavi)
kannt u. wurde in den Dienst der christl. auf dem Gewand, als liturg. Assistent im
Reichsideologie (das Reich des byz. Kaisers Gewand des Diakonsu. a. Michael wird oft
als analoges Abbild des himml. Reiches) ge- neben dem Eingang der Kirche als himml.
stellt. Bereits zur Zeit des Kaisers Konstan- Tiirhiiter wiedergegeben. In der Ikonenma-
tin (gest. 337) wurde Michaelals ,,Erzstrate- lerei wurde das Wunder Michaels in Cho-
ge“ verehrt. Vom 9, Jh. an diirften sich die- nae sehr beliebt. Abgesehen von denbereits
se Vorstellungen vorallem gegen die Bogo- (Abs. 2) erwdhnten Festbildern, erscheinen
milen (> unter Haresie) gerichtet haben, E. einzeln u. in ihren Ordnungen auf Dar-
die sich mit den gefallenen E.n des Mythos stellungen des Jiingsten — Gerichts, auf de-
identifizierten u. Christus als héchsten E., nensich auch der E.-Sturz (1. Mose6, 1-4; 2.
als ,,Kérperlosen“, der deshalb nicht Petrus 2, 4; Judas 6) befindet. Die Komposi-
Mensch gewordensei, verehrten. Gegen die tion der Synaxis der Erz-E. nach den Hym-
Gleichsetzung Christi mit Michael (dieser nendes 8. Nov.zeigt Michael u. Gabriel mit
der dltere, nach anderen der jiingere Bruder Staben in den Handenu. ein Medailion, den
Satans) als ,E. des Grofen Rates“ durch — Clipeus, mit dem Emmanuel (— unter
die Hiretiker wandte sich die GroBkirche Christusbilder) vor sich haltend. Sie ent-
mit der Entwicklung eines Bildtypus, der stand im 9. Jh. wohl als Ausdruck des Sieges
Christus ebenfalls als ,,E. des GroBen Ra- tiber die Bilderfeinde (— unter Bild). Als
tes“, aber mit Wundmalen an Handen u. Abwehr schon erwahnter bogomil. Vorstel-
FiiSen zeigt (> unter Christusbilder), eine lungen vom Christus-E. sind entsprechende
fir die Bogomilen unertragl. Vorstellung. orth. Darstellungen unter den Christusbil-~
So hatte die Kirche ihre Lehre von den E.n dern zu verstehen, wahrend der Christus-E.
sowohl gegen iibertriebene Verdinglichung in der Komposition der > Weisheit Gottes
als auch gegen iibertriebene Vergeistigung komplizierte Zusammenhinge reflektiert.
zu verteidigen. Heute ist der Sonntagabend Zum Erscheinen der E. im Trinitatsbild >
in der orth. Kirche liturgisch den E.n reser- unter Dreieinigkeit. — Taf. 27, 28. -
viert.
3. Die Kunst der Alten Kirchestellte die E. Lit: ALW 6, 1959-1960, J. Barbel, Christos Ange-
los, Bonn 1941; A. C. M. Beck, Genien u, Niken
zunichstals fliigel- u. bartlose junge Man- als E. in deraltchristl. Kunst, Diss. GieBen 1936;
ner dar. Gefliigelte E. wurden spiter in An- H. Bietenhard, Die himml. Welt im Urchristen-
lehnung an die antiken Niken u. Genien tb- tum u. Spatjudentum, Tibingen 1951; J. Daniélou,
lich. In der byz. Kunst hat sich die strenge Les Anges et leur Mission d’aprés les Péres de
lEglise, Chevetogne 19532, Th. Eckardt, E. u.
Schénheit des E.s als Typus durchgesetzt u. Propheten, Recklinghausen 1959; H. Hammer-
erhalten. Wegen ihrer Bedeutungfiir die Li- stein, Die Musik der E., Bern — Miinchen £962; L.
turgie u, fiir das Bildprogrammist die Dar- Heiser, Die E. im Glauben der Orthodoxie, Leip-
stellung der Cherubim (nach Hes.1, 4 bis 25 zig 1976, Kellner, 243-247; Kétting, 104 Ww.
Kroénig, E., Berlin 1963; L. Kippers, Michael,
u. Offb. 4, 6-11} bzw. des Tetramorph u.der Recklinghausen 1970; G. van der Leeuw, Phino-
Seraphim (nach Jes. 5, > auch Sanctus) in menologie der Religion, Tubingen 19562, § 16,
der Kuppelzone wichtig. In ihrer Ikonogra- 42.7, 102.1; M. Loos, Dualist Heresy in the Middle
phie erscheinen vorwiegend Mischtypen Ages, Praha 1974, Reg.: angels; W. Lueken, Mi-
chael, Gottingen 1898; E. Peterson, Das Buch von
beider mit anthropomorphen u. zoomor- den E.n, Miinchen 19552; D. J. Pallas, Eine Diffe-
phen Ziigen. Charakteristisch ist fiir beide renzierung unter den himml. Ordnungen, ByZ 64,
das rhombenférmige od. ein der antiken 1971, 55-60; A. Schénberger, Uber die Darst. der

102
Enkolpion
E. als Liturgen, Tiibingen 1941 (Diss. masch.), M. vor allem fiir das Auftragen der Reflexlich-
Tatié — Djurig, Das Bild der E., Recklinghausen ter.
1962; G. Vzdornov, SYNAXIS TON ARCHAN-
GELON, VV 32, 1971, 157-183, Werner, Reg.: Die E. war die bevorzugte Technik bei der
Angelic choirs, imitation of Angelology; O. Wulff, Herstellung von Portrits, von denen die
Cherubim, Throne u. Seraphim, Altenburg 1894, schon bei Lebzeiten hergestellten Mumien-
Berger, Das HI. Antlitz Ill: E., Hermeneia 5, portrats u. die als Kerochyta bezeichneten
1989, 208-211; LChI 1, 626-642, 674-681, LdK
3(1989), 325-328; LexMA 3, 1905-1914 (E., -lehre, Kaiserbilder (= auch unter Bild) bekannt
-sturz); RBK 3, 13-118 (Himmelsmichte). - S. sind. Auch die in Apokryphen u. bei den
auchLit. zu Hierarchie, Weisheit Gottes. Kirchenvatern erwihnten Christusbilder u.
Apostelbilder sind wohl oft solche Kero-
Engeldeesis, cine Variante des Dreifiguren- chyta gewesen. Die friihesten Denkmaler
bildes der Deesis, bei der Christus als Em- der Ikonenmalerei aus dem 6/7. Jh.
manuel (> unter Christusbilder) von eben- gehoren der E. an; vor u. nach dem Bilder-
falls kindl. Engetn flankiert wird. Die Figu- streit (— Bild) muBte sie der Temperamale-
ren sind im allgemeinen als Brustbilder rei weichen. Kiinstlerisch zeichnen sich die
(uss. deisus oplecnyj, ‘Schulterdeesis’) wie- Arbeiten in E. durch ihre natiirl. Frische u.
dergegeben. Seltener ist der Typ, bei dem einen bestechenden Ilusionismus von Form
alle 3 Figuren im Habitus junger M4nner, u. Farbe u. in der Licht-Schatten-Wiederga-
Christus bartig, gezeigt werden. Esist frag- be, schlieBlich durch eine bestimmte Reali-
lich, ob es sich bei der E. um eine echte stik der Mimik (— Gestik) aus. In der Mo-
Deesis mit dem Charakter des Fiirbittenbil- numentalmalerei scheint die E. seltener an-
des od. um eine Darstellung des von Engeln gewendet wordenzu sein.
angebeteten ewigen Schépfungswortes, des
praexistenten Logos, handelt. — Taf. 26. Lit: W. Lepik — Kopaczynska, Die antike Male-
rei, Berlin 1963, 17-27; K. Parlasca, Mumienpor-
Engel des GroBen Rates > unter Christus- traits u. verwandte Denkmiiler, Wiesbaden 1966;
Weitzmann, Reg.: E.; H. Zaloscer, Portrats aus
bilder dem Wiistensand, Wien - Miinchen 1961; dies.,
Vom Mumienbildnis zur Ikone, Wiesbaden 1969;
Enkaustik (grch. enkausis, f., enkauma, n., G, Grimm, Die r6m. Mumienmasken aus Agyp-
‘das Eingebrannte’, enkaustike techne, seit ten, Wiesbaden 1974; LdK 2(1989), 337-338, RBK
2, 144-152.
dem 4. Jh. kerographia, £., kerochytos gra-
phe, von keros, m., ‘Wachs’}, Bezeichnung
fiir eine Maltechnik, bei der als Bindemittel Enkolpion (grch., n., ‘das auf der Brust oder
fiir die Farben erhitztes Wachs benutzt im Gewandbausch [grch. kolpos] Getra-
wird. Das Wachs war bereits in der Antike gene’), in der Antike jeder auf der Brustge-
wegen seiner idealen Eigenschaften (Erhal- tragene Gegenstand, der seinen Trager vor
tung der natiirl. Farbténe; durch Schmelz- damon. Einfltissen bewahren od. diese di-
temperatur von 63 °C Erreichung eines ho- tekt abwehren sollte (prophylakt. u.
hen Hartegrades; Erhaltung der Geschmei- apotropdische Funktion). Solche ,,Amulet-
digkeit bei niedrigen Temperaturen durch te“ waren weit verbreitet u. gerade als
Zugabe von Ol; Unempfindlichkeit gegen Schutzmittel auch Objekte der Kleinkunst.
Feuchtigkeit) gebrauchlich. In dltester Zeit Vom 4. Jh. an wurden sie auch von Christen
verwendete man den Brenngriffel (grch. ke- benuizt, die sie mit Partikeln von Reliqien,
stron; lat. cestrum), um in das Elfenbein als Bibelspriichen od. Stiicken eines Religien-
bevorzugten Bildtrager die UmriBzeichnung tuches (— Brandeum) versahen u. mit Sym-
einzuritzen, in deren Rillen das erhitzte bolen ihres Glaubens schmiickten. Sie wur-
Wachs gegossen wurde. Spiter wurde das den deshalb ein fiir die Entstehung der Bil-
cauterium (lat.; grch. rhabdion) gebraucht, derverehrung (— unter Bild) sehr wichtiger
ein Metalistab mit einem spatelformigen u. Faktor. Bis zum Bilderstreit {(— Bild)
einem léffelférmigen Ende...Mit diesem hieBen solche Gegenstinde einschlieBlich
Gerat wurden die erhitzten Wachsfarben des Kreuzes Phylakai (grch.), Phylakteria
auf einen hélzernen Bildtrager aufgetragen (erch. ‘Bewahrungsmittel’), Soterikia (grch.,
u. mit dem hei®en Spatelende modelliert. ‘Rettungsmittel’) od. Eulogia (= Eulogion
Seit dem 4. Jh. benutzte man auch Pinsel, (1). Bis in mittelbyz. Zeit wurde das E. un-
103
Enkomion
les Medaillon mit einem in Email ausge-
fiihrten Gottesmutterbild (mit u. ohne
Kind), Da die Gottesmutter u. a, den Beina-
men Panhagia (grch. ‘Allheilige’) fihrt,
hei8en solche Enkolpien auch Panhagien.
Die Einfassung eines solchen goldenen E.s
ist mit Edelsteinen geschmiickt u. oben mit
einer Krone versehen. Es wird an einer gol-
denen Kette getragen. Das E. kann als Aus-
zeichnung auch an ein Mitglied des Klerus
verlichen werden. — Abb.

Lit: F. J. Délger, Das Anhangekreuzchen der hi.


Makrina, AuC 3, 1932, 81-116; Goar, 258, 378; E.
Trenkle, Liturg. Gerite u. Gewander der Ostkir-
che, Miinchen 1962; K. Wessel, Die byz. Email-
kunst, Recklinghausen 1967, LdK 3 (1989), 338;
LexMA3, 2013; RBK 2, 152-164.

Enkomion(grch., n., ‘Lobrede’; russ. poch-


vata,t.). Wabrend die Ekphrasis Gegenstiin-
de, vor allem 6ffentl. Gebaude, in den Mit-
telpunkt ihrer lobpreisenden Darstellung
(> Panegyrikos) stellte, so das E. zunachst
den Sieger der Wettkimpfe in Griechen-
Enkolpion
land, spater auch bedeutende Persnlichkei-
ten, Kaiser, Helden, Philosophen u. a. Im
Hellenismus suchte man hinter allen Ereig-
terschiedslos vom Klerus u. von den Laien nissen u. menschl. Leistungen den_,,gittl.
getragen. Etwa seit dem 11/12. Jh. begann
Menschen“ (grch. theios aner) zu finden.
es sich als Bischofsinsignie durchzusetzen.
Zunachst zuriickhaltend, dann aber die
‘Voraussetzung war einmal die allgemein ab- Vorstellungsschemata (— Topik) sinnent-
geschlossene Sakralisierung der liturg. Ge- sprechend anwendend, wurde das E. von
wanderin dieser Zeit u. die Sitte der Verlei- den Kirchenvatern fiir den Lobpreis der
hungdesE.s als kaiserl. Insignie an weltl. u.
Martyrer u. damit spater auch als wesentl.
kirchl. Wiirdentrager(u. a. auch als Zeichen Element der Heiligenvita tibernommen (>
der persénl. Sicherheit des Empfangers, als auch Lesemeniden, — Menologion, > Mar-
Immunitdtsausweis). - Das antike E. konnte tyrerakten). Die Technik des idealenliterar.
aus jedem Material hergestellt werden, vom Portriits beeinflu&te die Ikonen-, Miniatur-
Holz :iiber Edelmetall, Elfenbein bis zum
u. Monumentalmalerei in ihrer [konogra-
Blei u. Steatit. Von Laien getragen, wurde phie. Einen besonderen Reichtum enkomi-
es nach der Beschaffenheit seines Materials ast. Figuren u. Bilder entwickelte die byz.
u. seiner Ausstattung zugleich zum Zeichen Kirchendichtung.
des Sozialstatus seines Tragers. Der For-
menreichtum war groB (viereckige, recht-
Lit: 8. S. Averincev, Poétika Rannevizantijskoi
eckige, acht- u. vieleckige, runde Medail- Literatury, Moskau 1977; Delehaye, Légendes;
lons, Amulette, Kapseln, Kastchen u. a.). ders., Les Passions des Martyrs et les Genres Lit-
Vorherrschend wurde aber das Brustkreuz téraires, Bruxelles 1921; D. 8. Lichaéev, Razvitie
Russkoj Literatury X-XVII vekov, Leningrad
(Pektoralkreuz) mit u. ohne Reliquien. Die
1973; Reg.: Zanrovaja sistema, Zanr pochval; W.
Ausschmiickung dieser Enkolpien ent- Meinke, Untersuchungen zu den enkomiast. Ge-
sprach ihrer Funktion (Email-, Gold- u. Sil- dichten Theokrits. Ein Beitr. zum Verstandnis
berarbeiten, Niello u. a.). Der Bildschmuck hellenist. Dichtung u. des antiken Herrschers,
Diss. Kiel 1966; Onasch, Ikonenmalerei, 152-164;
ist wie bei den Ampullen wichtig fiir die Ge-
T. V. Popova, Anti¢naja Biografija i Vizantijskaja
schichte der christl. Ikonographie. Das E. Agiografija. Antignost’ i Vizantija, Moskau 1975,
des Bischofs ist heute gréBtenteils ein ova- 218 ff LexMA3, 2013-2014.
104
Entschlafen der Gottesmutter
Enflassung (grch. apolysis, f., russ. ofpust, Spica (Jungfrau mit der Ahre) ihren heliak.
m.; lat. demissio, f., missa, f.), kurze gottes- Untergang, am 8. Sept. (dem Fest der Ge-
dienstl. Handiung, mit der die Gemeinde burt der Gottesmutter) ihren heliak. Auf-
od. Gruppen von ihr nach bestimmten Ab- gang (~ auch Gestirne). Wahrscheinlich
schnitten der Liturgie u. der Stundengottes- bestehen religionsgeschichtl. u. situations-
dienste vom Klerus verabschiedet werden. militante Beziehungen zwischen der orien-
Es gibt eine Reihe von Entlassungen, unter tal. Verehrung des Jungfrauensternes u.
denen diejenige nach der Liturgie der Kate- dem sternenférmigen Emblem der Marien-
chumenen (> unter Liturgie der Glaubi- gewander auf den Gottesmutterbildern; die-
gen) u. die nach dem letzten > Einzug be- ses Emblem tritt bezeichnenderweise zum
sonders zu erwahnen sind. Zur Grundstruk- erstenmal im 6./7. Jh. im Orient auf. In der-
tur einer E. gehdren neben speziellen Se- selben Zeit wird die Gottesmutter im Hym-
gensformeln die Kleine — Doxologie, die nus {> Akathist) als ,,Stern des Lebens“
bibl. Ode ,,Nunc dimittis“, das Dreimalhei- und mit abnl. Formeln angeredet. Dem fol-
lig (— Trishagion), ein Vaterunseru. ein E.- gen bald unzihlige Beispiele aus der Gat-
Gebet (grch. euche apolytike). Die groBen tung der Theotokien. Wichtiger, vor allem
Festtage haben ihre eigenen Een. Bei eini- fiir die Ikonographie des E.s d. G. (s. Pkt.
gen E.en werden die flir die Gemeinde zu- 2), wurde ein umfangreicher Komplex von
standigen Mitglieder der Hierarchie (vgl. Legenden tiber den ,,Transitus“ (lat.), den
auch Diptychen) namentlich genannt (kom- Heimgang Mariens, iiber deren zeitl. Ent-
memoriert). stehung sich die Forschung noch nicht einig
ist. Sie waren jedenfalls im Orient u. im We-
Lit.: Daniel, 291, 372, 391; K. Gamber, Missa Ro- sten bekannt. Die im 5./6. Jh. geschriebene
mensis, Regensburg 1970, 172-176, Handbuch, Jat. Version bringt bereits alle Motive, wie
Reg.: E.; Hanssens, Nr. 1418-1422, 1432-1434; sie von der Ikonographie tibernommen wur-
Jungmann, Reg.: E.
den. Zu ihnen gehért auch die Vorstellung
von der leibl. Himmelfahrt Mariens (lat. as-
Entschlafen der Gottesmutter (grch. koime- sumplio corporis, s. u.), gegen die sich ande-
sis tes theotoku; russ. uspenie bogorodicy, re, vornehmlich oriental. Varianten mehr
‘Entschlafen der Gottesgebarerin’; lat. dor- oder weniger polemisch wenden.
mitio beatae Mariae virginis, ‘Entschlafen Bis heute steht die Ostkirche dieser Auffas-
der seligen Jungfrau Maria’). sung mit Zuriickhaltung gegeniiber. Trotz
1. Das Fest des E.s d. G. am 15, Aug. hat der Verbreitung der ,,Transitus“-Legende
seinen Ursprung wahrscheinlich im dltesten im Westen verhielt sich Rom gegentiber der
Gottesmutterfest, das am dritten Meilen- Einfiihrung dieses oriental. Festes reser-
stein von Jerusalem nach Bethlehem zur Er- viert. Erst der aus Syrien stammende Papst
innerung an die Rast (grch. kathisma) Mati- Sergius I. (gest. 701) stattete es mit Prozes-
ens als Stationsgottesdienst zwischen dem sionen u. mit Hymnen aus, die sich an byz.
25. Dez. u. dem 6. Jan. (> Geburt Christi, Vorbilder anlehnen (Maria mit.der Sonne
— Epiphanie) schon im 4. Jh. gefeiert wur- umkleidet, gekrént mit Sternen u. a.). Im
de. Die Festfeier (Synaxis) der Gottesmut- Osten u. Westen ist das Fest mit einer der
ter am 26. Dez.ist eine letzte Erinnerung Fastenzeiten sowie mit einer Nachtwache
daran. Auch im christ. Agypten kannte ausgezeichnet. Der Morgengottesdienst
man ein altes Marienfest im Januar. Im 6. bringt, in engstem Anschluan den erwahn-
Jh, verlegte man es hier wie auch in Jerusa- ten ,,Transitus Mariae“, einen Doppelkanon
lem auf den 9. bzw. 13. August. Um 600 des Kosmas von Majum u. Johannes Dama-
wurde schlieBlich durch Kaiser Maurikios scenus. An nicht wenigen Stellen klingt die
(gest. 602) der 15. Aug. als endgiiltiger Ter- Miterléserschaft der Gottesmutter (Maria
min festgelegt, nachdem Fest u. Termin sich als Corredemptorix) deutlich an. Wegensei-
etwasfriiher bereits in der syr. Kirchenpro- ner Beliebtheit wurde das Fest mit verschie-
vinz durchgesetzt hatten. Die altoriental. denen Spezialoffizien ausgeschmiickt, so z.
Muttergottheit (Istar, Astarte, Isis), deren B. in der russ.-orth. Kirche mit einem kunst-
Verehrung durch den Marienkult verdrangt vollen poet. Lobpreis (> Panegyrikos, russ.
wurde, feierte am 10. Aug.als Virgo mit der velidanie) u. einer Panhagia, dem Ritus der
105
Epanokamelauchion
Erhebung des der Maria geweihten Brotes. 1951; J. Hecht, Die friihesten Darst. der Himmel-
In dieser Akoluthia wird das E. d. G.als fahrt Mariens, Das Miinster 4, Miinchen 1951, 1
bis 12; E. M. Jones, The Iconography of the Fal-
mariolog. Parallele zur Himmelfahrt Christi ling Asleep of the Mother of God in Byzantine
gesehen. Bald nach der Ubernahmedes byz. Tradition, ECQ 9, 1951, 101-112; M. Jugie, La
Christentums entstanden in Ru8land Patro- Mart et I'Assomption de la Sainte Vierge, Citta
zinien auf den Namen des Es d. G. del Vaticano 1944; Chr. Konstantinides, Le Sens
Théologique du Signe ,,Croix — Etoile“ sur le
(Hoblenkloster von Kiev); spater, im Front de la Vierge des Images Byzantines, Akten
GroBfiirstentum Moskau, spielten sie eine XL Intern. Byzantinisten-Kongre8 Miinchen
bedeutende Rolle (z. B. Uspenie-Kathedra- 1958, Miinchen 1960, 254-266; A. Raes, Aux Ori-
Je in Moskau, Vladimir an der Kljazma gines de la Féte de l’Assomption en Orient,
OrChrPer 12, 1946, 262-274; M. Skaballanovit
wa). {Hg.), Christianskie Prazdniki. Uspenie presvjaty-
2. Die Entwicklung der Ikonographie des ja Bogorodicy, Kiev 1916; E. Staedel, Ikonogra-
Es d. G. setzt ebenfalls im 6/7. Sh. ein. Sie phie der Himmelfahrt Mariens, Leipzig - StraB-
zeigt zunachst ein Bildschema in genauer burg — Ziirich 1935; Ouspensky — Lossky, 215-216;
L. Wratislaw — Mitrovié u. N. Okunev, La Dormi-
Entsprechung zu dem der Himmelfahrt tion de Ia Sainte Vierge dans la Peinture Médié-
Christi, wird aber nach dem Bilderstreit (> vale Orthodoxe, BZS 3, 1931, 276-283; M. Schulte,
unter Bild) zunebmend als selbstandige Das Entschlafen der allhl. Gottesgebdrerin, Her-
Komposition entfaltet. Im Gegensatz zum meneia 7, 1991, 105 bis 112; K. Gamber, Zur
Gesch. des Koimesis-Festes, OstKSt 33, 1984, 155
Westen, wo bestimmte Themen zu Ein- bis 163; P. Maser, Parusie Christi od. Triumph der
zeldarstellungen fiihrten (z. B. die Assump- Gottesmutter. Anmerkungen zu einem Relief der
tio corporis [lat., ‘Aufnahme des Kérpers Tir von St. Sabina in Rom, RQ 77, 1982, 30-51;
durch die Engel in den Himmel’), verbun- Ch. Schaffer, Koimesis. Der Heimgang Mariens.
den mit der Krénung Mariens durch die Das Entschlafungsbild in seiner Abhangigkeit von
Legende u. Theologie. Mit einem Anhang fiber
Dreieinigkeit, die im Osten unbekannt blieb die Gesch. des Festes von K. Gamber, Regens-
bzw. nur unter kath. Einflu® erscheint), burg 1985, LChI 2, 276-283 (Himmelfahrt Ma-
zeigt sich im byz.-slav. Bereich von vornher- rias); 4, 333-338 (Tod Mariens),; LdK 2, 286-287
(Himmelfahrt Maria); LexMA 5, 1249-1250 (Koi-
ein die Tendenz, eine Reihe von Szenen auf mesis); RBK 2, 1256-1262 (Himmelfahrt Mariae);
einem Bild zu vereinigen (> auch kom- RBK 4, 136-182 (Koimesis). .
plexe Ubertragung); die Assumptio animae
(lat., ‘Aufnahmeder Seele’) durch Christus
Epanokamelauchion grch., n., auch epika-
mit der Assumptio corporis, das bewegte
lymmauchon, u., epirrhiptarion, u.; russ. klo-
Szenarium der Herbeifiihrung der Apostel
buk, m.), ein zu den kirchl. — Gewandern
durch die Engel (> auch Apostelbilder) mit
gehdérender, dem Kamelauchion (der Kopf-
der Trauerfeier an der Bahre u. der Szene
bedeckung der orth. byz. Geistlichen) auf-
mit dem unglaubigen Juden (dem von ei-
liegender_u. den Riicken bedeckender
nem Engel die rechte Hand abgehackt
Schleier. Er ist beim Bischof u. Erzbischof
wird), Giirteliibertragung an den unglaubi-
von schwarzer Farbeu. tragt beim letzteren
gen Thomas, die Postierung der das E. d. G.
cin Brilliantenkreuz. Das E. des Metropoli-
berichtenden Kirchenvéter (Andreas von
ten u. Patriarchen ist in der russ.-orth. (u.,
Kreta [gest. um 749] mit den klagenden
von ihr beeinfluBt, in der rumfn. u. bulg.)
Frauen. Dasstellte die Meister der Ikonen-
Kirche wei8. Das E. des letzteren ist nur
u. Monumentalmalerei vor schwierige kom-
schulterlang u. mit einem Cherubim (>
positionelle Fragen. Daneben entwickelten
auch unter Engel) an der Stirnseite u. an
sich auch Reduktionstypen (oft unter Fort-
beiden Enden geschmiickt. Dasselbe gilt fir
lassung des ,,Transitus“) mit ausgeprigtem
das E. des Katholikos der georg. Kirche.
Verkiindigungsgehalt (z. B. Feofan Grek). —
Im Bildprogramm erscheint das E. d. G. im
Lit: F. Délger, Byzanz u. die europ. Staatenwelt,
Vorraum, dem Narthex. — Taf. 25. Ettal 1953, Reg.: Epirrhiptarion; Goar, 133; Para-
mente u. Liturg. Biicher, Miinchen/New York/
Lit: B. Botte, Le Lectionnaire Arménienet la Fé- London/Paris 1982 (Glossarium Artis, 4); — S.
te de la Théotocos 4 Jérusalem au Vesiécle, auch Lit. zu Kamelauchion.
Sacris Erudiri 2, Steenbrugge 1949, 111-122; B.
Capelle, La Féte de la Vierge a Jérusalem au Ve
siécle, Le Muséon 56, Louvain 1943, 1-33; H. Epigraphik (grch. epigraphe, £., ‘Aufschrift’,
Feldbusch, Die Himmelfahrt Maria, Diisseldorf ‘Inschrift’), Inschriftenkunde, Sammlung u.
106
Epiklese
Systematik antiker, spatantiker u. byz. In- die schon bei Tertullian Anfang des 3. Jh.
schriften u. Legenden verschiedenster Art anzutreffen ist, auf die Entstehung der eu-
(Grab-, Siegel- u. Miinzinschriften [— auch charist. E. eingewirkt. In der Kirchenord-
Numismatik, — Sphragistik], Ziegelinschrif- nung Hippolyts von Rom findetsich eine an
ten, Urkundenu. Briefe auf Birkenrinde im Formulierungen der Didache (zu beiden
alten Novgorod u. a.). GréBtenteils fiir unter Kirchenrecht) erinnernde Geist-E.,
auBerkiinstler. Zwecke verfaSt, vermitteln die aber nicht auf eine Wandlung der Mate-
solche Inschriften einen Einblick in das All- tie, sondern auf die Einheit der das Opfer
tagsleben der jeweiligen Epochen. darbringenden Kirche hinzielt. Zu der
Geist-E. der byz. Liturgie konnte es erst
Lit: A. V. Arcichovskij — V. L. Janin, Novgorods- kommen, als die theolog. Arbeit an den
kie Gramoty na Bereste, Moskau 1977; V. L. Ja- neutestamentl, Aussagen tiber den hl. Geist
nin, Ja Poslal Tebe Berestu ..., Moskau 19752; G. unter trinitiitstheolog. Aspekten begann u.
Klaffenbach, Grech, E., Géttingen 19662; C. M.
Kaufmann, Handbuch der altchristl. E., Frei- auf der 2. Okumen. Synodein Konstantino-
burg/Br. 1917; V. V. LatySev, Sbornik Gregeskich pel 381 zu einem vorliufigen Abschlu8 ge-
Nadpisej Christianskich Vremen iz JuzZnoj Rossii, bracht wurde. Die Formel vom hl. Geist als
S. Peterburg 1896 (Reprint Leipzig 1974); LdK dem ,,Herrn, dem Lebendigmacher“legiti-
2(1989), 345; LexMA 5, 442-446 (Inschriften).
mierte die von Kyrill von Jerusalem (gest.
386) u. Ephrem dem Syrer (gest. 373) prak-
Epiklese (grch. epiklesis, £., ‘Anrufung’, tizierte Geist-E. Ephrem ‘machte nochmals
‘Appellation’; russ. prizyvanie, n.); ein kulti- deutlich, da$ nur der Bischof ,,den Geist
scher (vgl. 2. Kon.6, 6; Jer. 7, 30; R6m. 10, von oben ruft“ (lat. sacerdos vocat ex alto
13; 1. Kor. 1, 2) u. juristischer (vgl. 2. Kor. 1, spiritum), d. h., daB die Legitimitat der E.in
23; Apg. 25, 11 ff.) Begriff, in der Liturgie der Legitimitat (d. i. in der apostol. Nachfol-
ein Stillgebet des Priesters bezeichnend, in ge [lat. successio apostolica}) des Bischofs
dem um die Herabsendung des hl. Geistes begriindet ist. — Wahrend die kath. Kirche
,auf die vorgelegten Gaben“ gebetet wird. dem Moment der Wandlung auf den Einset-
Die E.folgt auf den Einsetzungsberichtdes zungsbericht begrenzt, verband die Ostkir-
Abendmahls u. die Anamnese, das Erinne- che die Wandlung mit der E. In Byzanz kam
tungsgebet. Wichtig ist dabei der Gedanke, es tiber dieser Frage im 14. Jh. zu einer
da8 Gott das Verborgene in den hl. Gaben Kontroverse mit Rom, im 17. Fh. in RuB-
durch Herabsendung deshl. Geistes dffent- land zu einer schweren Auseinandersetzung
lich bestitigt (grch. anadeixai; russ. poka- um die ,,Brotanbetende Ketzerei* (russ.
zat’) u. zugleich Gemeinschaft (grch. koino- chiebopoklonnaja eres).
nia) stiftet. Folgerichtig geschieht in der Text: s. Anhang Nr. 11.
byz. Liturgie nach der E. die Wandlung von
Brot u. Wein in Leib u. Blut Christi. Lit: Beck, 320 f.; J. Betz, Die Eucharistic in der
Die Geschichte der E. ist noch nicht vollig Zeit der greh. Vater 1, 1, Freiburg/Br. 1955; Dix,
geklart. Bet ihrer Entstehung vom Beginn Reg.: Invocation; M. G. H. Gelsinger, The E. in
the Liturgy of S. Basil, ECQ 10, 1954, 243-248;
des 2. Jh. an haben folgende Vorstellungen Hanssens, Nr. 1326, 1332-1335, A. Hoppe, Die E.
mitgewirkt: Die Eucharistie als unblutige dergrch. u. oriental. Liturgien u. der rém. Konse-
Nachahmung (grch. mimesis; lat. imitatio) krationskanon, Schaffhausen 1864; K. B. Ritter,
des Golgatha-Opfers Christi durch den Bi- Bemerkungen zur eucharist. E., Kirche u. Kos-
mos, Kassel 1953, 163-173; B. Schultze, Zum Pro-
schof mu8 von Gott bestitigt werden. Im blem der E. anlaBlich der Verédffentlichung cines
ersten Entwurffinden sich diese Gedanken tuss. Theologen, OrChrPer 15, 1949, 360-404;
bereits bei Ignatius von Antiochien (gest. ders., Die dreifache Herabkunft des HI. Geistes in
nach 110), wahrend Justin (gest. um 165), den dstl. Hochgebeten, OstKSt 29, 1977, 105-143;
I. Smolitsch, Russ. Ménchtum, Wiirzburg 1953,
Trendus von Lyon (gest. um 202) u. Orige- 345-356; K. Gamber,Die E. im abendlind. Eucha-
nes (gest. 253/254) die Wandlung der Mate- ristiegebet, Regensburg 1988; W. Schneemelcher,
tien dem ewigen Schépfungswort, dem Lo- Die E. bei den griech. Vatern. Die Anrufung des
gos, zuschreiben. Eine ausdriickl. Logos-E. Hh. Geistes im Abendmahl, Frankfurt a.M. 1977,
68-94; E. Timiades, Die frithen Anfiange der E.
findet sich erst im Formular Serapions von Die Anrufung des HI. Geistes im Abendmahl,
Thmuis (gest. 362). Mit hoher Wahrschein- Frankfurt a.M. 1977, 95-118; Schulz, Die byz. Li-
lichkeit hat die Tauf-E. (> Wasserweihe), turgie, Reg. Il B; LexMA 3, 2063-2064. — S. auch
107
Epiphanie
Lit. zu Basiliusliturgie, Chrysostomusliturgie, Li- schon frih einen eigenen Weiheritus des
turgie, Wasserweihe.
Nilwassers entwickelt, aus dem die an die
Jordantaufe Christi erinnernde Wasserwei-
Epiphanie (grch. epiphaneia, f. sing. od. n. he am 6. Jan. entstehen konnte. In ebenfalls
plur.), plétzliche, nur kurze Zeit andauern- situationsmilitanter Analogie zum sich rot
de, durch Schau (Vision) od. (bzw. u.) farbenden Nilwasser u. zum Weinwunder
Gehér (Audition) vermittelte Erscheinung des Osiris-Dionysos stand die Ubernahme
(Manifestation) einer Gottheit, zentraler des Weinwunders von Kana (Joh. 2, 1-12).
Begriff des religiésen BewuBtseins in der Eine in Agypten auf E. folgende 40tagige
Antike u. Spiatantike. Fastenzeit wurde von Athanasius (gest. 373)
1. Die E.-Elemente Vision u. Audition fin- abgeschafft.
den sich auch im Bericht iiber die Taufe Nach diesen Zeugnissen dirfte E. das dlte-
Christi (Matth. 3, 13-17 u. Parallelen), dem ste Fest des unbewegl. Zyklus des Kirchen- -
wesentl. Festinhalt von E. am 6. Jan.(vgl. 2. jahres sein u. in seinen ersten Anfangen bis
Tim. 1, 10; Tit. 2, 13; 3, 4). Die Bezeichnung tief in das 3. Jh. hinabreichen. Es wurde in
E. warseit etwa 380 fiir den 6. Jan. reser- den verschiedenen Liturgieprovinzen unter-
viert, wahrend theophaneia (grch., ‘Gotter- schiedlich gefeiert. In Jerusalem war der
scheinung’) auchfiir den 25. Dez., das Fest Festinhalt die Geburt Christi. Deshalb fand
der Geburt Christi, gebraucht wurde. Die dort keine Wasserweihe, dafiir aber eine
zuletztgenannte Bezeichnung setzte sich im Nachtwache in der Geburtshéhle von
Orient schlieBlich fiir den 6. Jan. durch Bethlehem statt mit anschlieBender Litur-
(grch. hagia theophaneia; russ. svjatoe bogo- gic, einer Prozession nach Jerusalem unter
javienie, ‘hl. Gotterscheinung’). ~ Heute mehrfachem Absingen des Benedictus u.
versteht man unter Theophanie alle Manife- schlieBlich Hymnengesang in der Anastasis-
stationen der Gotterscheinung Christi von kirche (— auch Kirchenbau [3]). Nach dem
seiner Verkiindigung an. Daneben erschei- Vorbild von Ostern wurde auch E.mit einer
nen auch Begriffe aus altkirchl, Zeit, wie Oktay ausgestattet. Die bereits erwahnten
»heorte ton photon, ta phota“ (grch., ‘Fest Festmotive wurden mancherorts durch an-
des Lichtes’). dere vermehrt od. ersetzt. Zu ihnen gehéren
2. Schon die Bezeichnungenfiir das Fest der die Magier (wie die hl. drei Kénige im
E, am 6. Jan. deuten an, daB wir es bei ihm Osten genannt werden), die eine deutl. Di-
mit einem komplexen ,,Ideenfest“ (nach stanzierung vom Kaiserkult verraten u. des-
Baumstark) zu tun haben. Der Ursprung halb wahrscheinlich im Westen in den Fest-
liegt sehr wahrscheinlich in Alexandrien. In gehalt eingefiihrt worden sind. Uberblickt
der ersten Halfte des 2. Jh. begingen dort man die verwickelte u. keineswegs villig
Anhanger der Gnosis in einer nichtl. Feier entratselte Geschichte dieses Festes, so
am 6. od. 10. Jan. das Fest der Jordantaufe zeigt sich, da die Kirche Mite hatte, die-
Jesu (— auch Taufe Christi) in Verbindung sen ,,Neuling“ mit seinem Festpluralismus
mit der Menschwerdung (Inkamation) nicht nur formal, sondern auch theologisch
Christi, die allerdings doketisch (als Schein- u. heortologisch (d. h. hinsichtlich seines In-
Inkarnation) verstanden wurde. Wahrend halts u. seiner Geschichte, Heortologie)
diese Feier ,,unter Lesungen“in aller Stille dem alten Osterfest unterzuordnen u. anzu-
verlief, begingen die Nichtchristen mitallen gleichen. Das Hauptverdienst an dieser Ar-
Zeichen karnevalist. Ausgelassenheit die beit u. Leistung hatten die ,,kappadoz. Va-
Geburt des Aion (grch., ‘Weltzeitalter’, lat. ter“ Basilius der GroBe (gest. u. 379), Gre-
aetas) aus der Kore (grch., Jungfrau’) in der gor von Nyssa (gest. bald nach 394) u. Gre-
Nacht vom 5. auf den 6. Jan. AuBerdem fei- gor von Nazianz (gest. um 390), indem sie
erte man zu dieser Zeit im Monat Tybi die Festinhalte des 6. Jan. u. des 25. Dez. als
(nach rém. Kalender zwischen dem 25. Dez. Teilaspekte der zu Ostern vollendeten
u. dem 25. Jan.) auch eine der jabrl. Nil- Heilsgeschichte darstellten.
schwemmen; dabei wurde bei Lichtern u. 3. Das Fest der Theophanie ist heute durch
Lampen (— auch Licht) dassich rot farben- die GroBen -» Horen am 5. Jan., einen
de Nilwasser geschépft. Die Christen Alex- Abendgottesdienst mit anschlie8ender Was-
andriens u. Agyptens haben wahrscheinlich setweihe (Jes. 35, 1-10; Jes. 55, 1-13; Jes. 12,
108
Epistolar

Epiphanie

3-6. NT: 1. Kor. 10, 1-4; Mark. 1, 9-11) u. direkte wie mannigfaltige Weise in allen
Nachtwache (2. Mose 15, 22-16, 1; Josua 3, Themenderaltkirchl. u. byz. Ikonographie,
7-8.15-17; 2. Kén. 2, 6-14; 2. Kén. 5, 9-14; in besonderer Weise in den Gottesmutter-
Jes. 1, 16-20; 1. Mose 32, 2-11; 2. Mose 2, 5 bildern, Ausdruck verschafft hat. — Taf. 30;
bis 10; Richter 6, 36-40; Richter 18, 30-39; 2. Abb.; s. auch Abb. zu Ampulle.
K6n. 2, 19-22; Jes. 49, 8-15. NT: 1. Kor. 9, Text: s. Anhang Nr.16, 6; 16, 7; 24, 4.
19-27; Luk. 3, 1-18) ausgezeichnet. Die Le-
sungen zur Liturgie sind: Tit. 2, 11-14; 3, 4-7; Lit; Bludau, 68 ff; B. Botte, Les Origines de la
Noél et de PE., Louvain 1932; B. Botte, E. Mélia
Matth. 3, 13-17. Der Doppelkanon des Kos- u. a., Noél, E. et retour du Christ, Paris 1967, H.
mas (8. Jh.) u. Johannes von Damaskus Engberding, Zur grch. E.-Liturgie, Le Muséon 74,
(gest. um 750) behandelt das in der Wieder- Louvain 1961, 135-142; ders., Der Nil in derliturg.
geburt von Adam u. Eva bestehende Myste- Frémmigkeit des christ]. Ostens, OrChr* 37, 1953,
56-88, K. Holl, Der Ursprung des E.n-Festes,
tium der Jordantaufe Christi. Als ,,Fest der ders., Gesammelte Aufsitze 2, Tibingen 1932,
Lichter“ wird das zentrale Thema — Licht 123-154; H. Kehrer, Die hl. drei Kénige in Litera-
in immer neuen Bildern reich entfaltet. Die tur u. Kunst, 2 Bde., Leipzig 1908/09; E. Kirsch-
alttestamentl. Lesungen zeigen Ubernahme baum, Der Prophet Balaam u. die Anbetung der
Weisen, RQ 49, 1954, 129-171; Ch. Mohrmann,
u. (im erwahnten Sinne durchgefiihrte) Epiphaneia, Nijmwegen 1953, Pokrovskij, 113 bis
theolog. Verarbeitung aus den Lesungen, 136; Schiller 1, 105-124; B. Vezin, L’Adoration et
die zu Ostern im alten Jerusalem gehalten le Cycle des Mages dans l’Art Chrétien Primitiv,
wurden. Die Festzeit wird abgeschlossen Paris 1950; Wellen, Reg.: E., Magier; Handbuch
Ostk.kundeII, 74 f. (H.-J. Schulz); Ch.Walter, Art
mit der Darstellung Jesu im Tempel am 2. and Ritual of the Byz.Church, London 1982, Reg.:
Febr., deren urspriingl. Datum, der 14. Febr., Parousia, LChI 1, 539-549 (Drei Kénige); LexMA
eine 40 Tage dauernde Zeitspanne ergab, 2067-2068; LdK 1(1987), 155-156 (Anbetung der
durch die das eingangs erwihnte, in Agyp- hi. Drei Kénige); RBK 1, 148-154 (Anbetung der
Magier u. Hirten). — Zur Ikonographie von E.s.
ten beheimatete alte Fasten abgelést wurde. Taufe. — S. auch Lit. zu Geburt Christi, Wasser-
4. Der eigentl. Gegenstand der Darstellung weihe.
von E. in der Kunst des Ostens ist die —
Taufe Christi. Daritber hinaus kann gesagt Epistellesung — Apostolos, + Lesungen
werden, da sich der sehr komplexe theo-
log. Ideengehalt dieses Festes auf ebenso in- Epistolar — unter Lesebiicher
109
Epitaphios
Epitaphios (grch. epitaphios threnos, m. recht 2 Arten von BuBstrafen (— auch Bu8-
[threnos, ‘Totenklage’], auch epitaphion, n., Klassen):
‘das auf dem Grabe Liegende’, russ. 1. Die E. sind sittl, Korrekturma8nahmen
plascanica,f., von plakat’, ‘dagen’); ohne satisfaktorischen (rechtfertigenden)
1. eine kunsthistorisch zu den sakralen Tex- Charakter. Der Standegliederung der kirchl.
tilien zahlendeliturg. - Decke mit der Dar- Sozietat in Klerus u. Laien entspricht eine
stellung der Grablegung u. Beweinung Chri- abgestufte Gliederung der E. Hinzu kom-
sti. Sie ist mit dem Text einer Kurzhymne men die Strafen im Ménchtum. Zu den
(> Troparion) vom Karfreitag umgeben: leichteren E. gehéren die Metanien, die
»Der ehrwiirdige Joseph, der deinen allrei- Kniefille (~ unter Proskynese). Ferner ist
nen Leib vom Holz herabnahm,hiillte ihn zu nennen der zeitweilige Ausschlu8 von
in ein reines Linnentuch u. in wohlriechen- der Eucharistie, der aber keinen AusschuB
de Krauter, besorgte thn u. setzte ihn in ei- aus der Kirchengemeinschaft (grch. akoino-
nem neuen Grabebei.“ In den Eckendes E. nesia) bedeutet. Auch Almosengebenu. Pil-
befinden sich oft die Evangelistensymbole. gerreisen gehérten im MA zu den E.
2. Unter E. versteht man auBerdem folgen- 2. Von diesen E. sind zu unterscheiden die
de feierl. Zeremonie: Das Tuch wird wih- eigentl. Kirchenstrafen (grch. timoriai). Sie
rend des Abendgottesdienstes des Karfrei- werden von einem Gericht des Bischofs aus-
tags vom Altar durch die nérdl. Tir der Bil- gesprochen (> auch Bischofsverwaltung).
derwand zu einem ,,Grab“ (grch. faphos; Thre schwerste Form ist das > Anathema,
russ. grob) genannten Postament getragen der endgilitige AusschluB aus der kirchl.
u. dort zur Anbetung niedergelegt. Der E. Gemeinschaft (— auch Exkommunikation).
ist seit dem 14. Jh. bezeugt, diirfte aber et- Uber Mitglieder des Klerus werden bei
was alter sein. Vom Ende des 12. Jh. wird schweren VerstéBen gegen die in der Ordi-
eine Legendeiiberliefert, nach der die Got- nation {— Cheirotonie) tibernommenen
tesmutter den Leichnam Christi auf einen Verpflichtungen die zeitweilige Suspension
Stein legte, wahrend ihre Traénen wie vom Amt (grch. pauestho) od. die Abset-
Wachsttopfen auf dem Stein haften blieben. zung (grch. kathairesis) verhangt, d. h. im
Dieser Stein soll von Ephesus nach Kon- letzteren Falle der endgiiltige Verlust aller
stantinopel gekommen sein. Am Anfang geistl. Rechte u. Streichung des Namens aus
des 13. Jh. berichten Kreuzfahrer von einem der Liste der Cheirotonierten (im Ménch-
hl. Linnen (grch. sindon), das in leichten tum aus der Liste der Bruderschaft, grch.
Umrissen den Leichnam Christi zeigte; die- apobole) und Zuriickversetzung in den
ses Tuch wurde regelmafig am Freitag jeder Laienstand. Die E. sind im Verlauf des Aus-
Woche ffentlich verehrt. — Taf. 29. baus der BuBe als Sanktionen einer diszi-
plinar straff organisierten Sozietat bereits
Lit: S. Danilevskij, Sv. PlaSéanica i obrjady, von der Alten Kirche in ihren Anfangen
soversaemye nad neju Russkoj Cerkovju v posled- entwickelt worden; in friihbyz. Zeit wurden
nie dva dnja Strastnoj, Sedmicy, Pravoslavnyj So-
besednik, Kazarf 1896, 2, 250-274; 3, 356-380; J. sie zur Grundiage eines komplizierten Straf-
Myslivec, Kristus v, Hrobé: Dvestudie z déjin byz. systems.
umeni, Prag 1948; D. J. Pallas, Die Passion u. Be-
stattung Christi, Miinchen 1965, V. A. Troickij,
Istorija PlaStanicy, BoV 21, 1912, 362 Ff, 505 ff.; Lit: Beck, Reg.: Epitimia; A. Bukowski, Die Ge-
K. Weitzmann, The Origins of the Threnos. De nugtuung fiir die Sinden nach der Auffassung der
Artibus Opuscula in Honor of E. Panofsky, hg. russ. Orthodoxie, Paderborn 1911; A. Catoire,
von M. Meiss, 2 Bde., New York 1961, 476-490; Nature, Auteur et Formule des Peines Ecclésia-
H.Belting,Das Bild u. sein Publikum im stiques d’aprés les Grecs et les Latins, EO 12,
MA.Form u. Funktion friher Bildtafeln der Passi- 1909, 265-271; L. K. Goetz, Kirchenrechtt. u. kul-
on, Berlin 1981,Reg.: E-E.-Ritus; $.Corbin, La dé- turgeschichtl, Denkmaler Altruflands, Stuttgart
position liturgique du Christ au Vendredi Saint. 1905; Milasch, § 172; I. Morino, Commentarius
Sa place dans l’histoire des rites et du théatre réli- Historicus de Disciplina Paenitentiae, Paris 1651;
gieux, Paris-Lissabon 1960, LChI 1, 654-655. S. Smirnov, Materialy dlja Istorii Drevne-Russkoj
Pokajannoj Discipliny, Moskau 1912; P. M. Seris-
ki, Poenae in Iure Byzantino Ecclesiastico ab Ini-
Epitimien (grch. epitirniai, f. plur., ‘Strafen’, tiis ad Saeculum XI (1054), Roma 1941. — S. Lit.
auch epitimion, n. sing.; tuss. epitimii, f. zu Anathema, Bue, BuBklassen, Exkommunika-
plur.). Man unterscheidet im orth. Kirchen- tion.

110
Eucharistie
Erléser > unter Christusbilder an verdiente Bischéfe verliehen wird. Der
E. ist zum Tragen des Epanokamelauchi-
Enléser, Goldene Haare — unter Christus- ons, des zur Kopfbedeckung gehérenden
bilder Schleiers, berechtigt. Auch in den autoke-
phalen Kirchen, in denen die Erzbischéfe
Enléser, Nasser Bart —> unter Christusbilder uber bestimmte Verwaltungsbereiche verfi-
gen, ist ihr hierarch. Rang vom héchsten
Hirtenamt der Kirche, dem des Bischofs,
Enliser, Zorniges Auge — unter Christus- abgeleitet; in dessen geist], u. materielle
bilder Souveranitat kénnen sie nicht eingreifen.
S. auch Karte I.
Erscheinungen des auferstandenen Christus
— unter Auferstehung Christi Lit: Beck, 67 £.; E. Chrysos, Zur Entstehung der
Institution der autokephalen Erzbistiimer, ByZ
62, 1969, 263-286, Feine, Reg.: Archiepiscopus, K.
Erzbischof (grch. archiepiskopos, m.; russ. Liibeck, Reichseinteilung u. kirchl. Hierarchie des
archiepiskop, m.), in der Alten Kirche lei- Orients bis zum Ausgang des 4. Jh., Miinchen
tender Bischof eines autokephalen Kirchen- 1901; Milasch, § 91; L. Miiller, Zum Problem des
hierarch. Status u. jurisdiktionellen Abhangigkeit
gebiets. Es gab die ,,Finfherrschaft* (grch. der russ, Kirche vor 1039, KéIn — Braunsfeld 1959;
pentarchia) det Erzbischéfe von Rom, Alex- LexMA 3, 2192-2194. - S. auch Lit. zu Bischof,
andrien, Antiochien, Jerusalem u. Konstan- Metropolit.
tinopel. Seit dem 5. Jh. setzte sich der Titel
Patriarch durch. In Rom u. Alexandrien Eucharistie (grch. eucharistia, f.; ‘Dankbar-
nannte sich der E. auch Papst(grch. pappas; keit’, ‘Danksagung’; russ. evcharistija, f.),
lat. papa, ‘Vater’). Dem E. unterstanden in Bezeichnung fir eines der 7 Sakramente,
der Alten Kirche die Bischéfe seines Kir- das Abendmahl (vgl. Matth. 26, 27; Mark,
chengebietes. In Konkurrenz zur Metropoli- 14, 23; Luk. 22, 19; 1. Kor. 11, 24), in der
tanordnung u. im Anschiu8 an altkirchl. friihchristl. u. nachapostol. Zeit von der
Auffassungen entwickelten sich in Byzanz 2 Agape, dem Liebesmahl, unterschieden.
Klassen von ,,autokephalen Erzbischéfen“. Von Christus ,im Rahmen des Pas-
Die einen waren gegenitber ihrem Metropo- sahmahls“ (Jeremias) eingesetzt u. als sein
liten aus kirchengeschichtl. od. kirchenpolit. Vermachtnis mit stark ausgeprigtem Erin-
Griinden unabhingig od. standen (direkt nerungscharakter (+ Anamnese) ausgestat-
dem Patriarchen unterstellt) auBerhalb ei- tet (vgl. Luk. 22, 19; 1. Kor. 11, 24 c, 25),
nes Metropolitanverbandes. Die zweite wurde die E. zunachst wie das Passamahl
Klasse waren die auch vom Patriarchen un- abends, seit dem 2. Jh. zanehmend morgens
abhdngigen ,,grofen autokephalen Erz- gefeiert. Gleichzeitig entwickelten sich die
bischéfe*. Ihre Sitze befanden sich vor al- ersten Modelle einer E.-Feier, die spater als
lem in von Konstantinopel weit entfernten Liturgie bezeichnet wird u. die sich vom
Missionsgebieten od. Kirchenprovinzen, wie Passamahi unterscheidet. Die E. wurde da-
z. B. zunidchst in Kiev. Sobald es die (nicht durch zum Mittelpunkt der Gemeinschaft
zuletzt auch politischen) Umstinde erlaub- (grch. keinenia), die durch sie im Sinne
ten, wurden solche Erzbistiimer in Metro- Christi gestiftet u. erhalten wird. In den
polien umgewandelt, die dem Patriarchat Auseinandersetzungen mit der Gnosis u.
unterstanden (— auch Metropolit). Mit den Haresien wurde die E. zum Garant der
diesen bewegl. Jurisdiktionen konnte die Rechtglaubigkeit der Gemeinde, tiber die
zentrale Kirchenleitung in Konstantinopel zu wachen Aufgabe des Bischofs war, der
ihren weit entfernten Oberhirten die not- auchals der alleinige Spender der E.galt u.
wendige Entscheidungsfreiheit in oft gilt. Der Priester ist lediglich vom Bischof
schwierigen Situationen geben, ohne sie zur Spendung der E. od. zum Vollzug der
durch standige Riickfragen, Berichte u. Liturgie delegiert. Der sittlich-regulative
Dienstreisen nach Konstantinopel zu behin- Charakter schuf eine enge Verbindung zwi-
dern. : schen E. u. BuBe, die seit der Mitte des 2.
In der russ.-orth. Kirche ist heute E. ein Eh- Jh. die Klerikalisierung u. Verrechtlichung
rentitel, der auf Vorschlag des Patriarchen (> Kirchenrecht) des Abendmahlseinleite-
111
Eucharistisches Hochgebet
te. Beide sind an bestimmten Elementen wie einem Anhang der Hymnen u. Lesun-
der byz. Liturgie zu erkennen (z. B. dem gen.
Diptychon [2] u. den Firbitten). Zur E. zu- 3. das E.fiir den Bischof, das Archieratikon.
gelassen sind nur die Gemeindeglieder, die 4. das Spezial-E.fiir Weihe- u. Segenshand-
vorher das Sakrament der BuBe empfangen lungen mit der Bezeichnung Hagiasmatari-
haben.Fur die liturg. Entwicklung der E.in on.
der byz. Epoche wurde ihre Deutung durch 5. Die russ.-orth. Kirche kennt den Sluzeb-
die Mystagogie wichtig, wie sie seit mittel- nik (von russ. sluzba, ‘Dienst’) mit den Tei-
byz. Zeit in zahIreichen E.-Legendenu.ih- Jen der Liturgie, die Priester u. Diakon zu
rer Darstellung im Bildprogramm, aber verwalten haben, aus dem Abend- u. Mor-
auch in einigen Typen der Christusbilder (7) gengottesdienst sowie einer Reihe von An-
zum Ausdruck kommt. Zur Darstellung der weisungen fiir bestimmte Offizien u. die
E.selbst in der byz.-slav. Kunst — Abend- Entlassungen an den grofen Feiertagen.
mahl, + Agape, - Apostelkommunion. 6. Der Trebnik (von russ. treba, ‘Amtshand-
In mittelbyz. Liturgieformularen wird unter lung’) enthalt die Ordnungen fiir die Sakra-
E. oft das Eucharist. + Hochgebet verstan- mentenspendung u. eine Reihe von Weihe-
den. handlungen mit ihren Gebeten. — Die erste
Handschrift cines grch. E.s stammt aus dem
Lit: B. Botte, H. Cazelles u. a., E. d’Orient et 8./9. Jh. (Cod. Barberinusgraec.IIT, 55, jetzt
d’Occident, Paris 1970; O. Cullmann, Urchristen- 336), die alteste kirchenslavische (> unter
tum u. Gottesdienst, Basel — Ziirich 19563; W.
Elert, Abendmahl u. Kirchengemeinschaft in der Sprachen) Handschrift aus dem 11. Fh. (E.
Alten Kirche hauptsachlich des Ostens, Berlin sinaiticum).
1954; Heiler, 161-174, J. Jeremias, Die Abend-
mahlsworte Jesu, Berlin 1963; Lietzmann; R. ij, Opisanie Liturgigeskich Ru-
Schneider, Vom Wesenderostkirchl. E., Die Ost- kopisej ChranjaStichsja v Bibliotekach Pravoslav-
kirche u. die russ. Christenheit, Tiibingen 1949, nogo Vostoka, 2. Bd., Kiev 1901; Goar; J. Habert,
141-172; A. J. Townsley, Eucharistic Doctrine and Hieratikon, Paris 1643; E. der orth.kath. Kirche,
the Liturgy in the Byzantine Painting, OrChr* 58, hg. von M. Rajewskij, 3 Bde., Wien 1961 (Re-
1974, 138-153; Ménch Vasilios (Grolimund), Die print); E. Sinaiticum hg. von R. Nahtigal, 2 Bde.,
Darstellung der eucharist.Realprasenz Christi in Lubljana 1941, 1942; E., hg. von P. N. Trembelas,
der byz.-slav.Hagiographie u. Ikonographie, FS Athen 1955; Paramente u. Liturg. Biicher, Miin-
Onasch,Halle 1981, 299-321; M.Vloberg, L’eucha- chen/New York/London/Paris 1982(Glossarium
ristie dans l’Art, 2 Bde., Grenoble-Paris 1946; Artis, 4); Euchologe Rituel de l’Eglise orth., hg.
LdK 2(1989), 385-388; LChI 1, 687-695, LexMA. A. Nelidov, A.Niviére, Le Bouquetde l’Orb,1979;
4,68-69, — S. auch Lit. zu Liturgie.“ Enchiridion Euchologicum fontium liturgicorum
1,Rome 1979; LdK 2 (1989), 388.
Eucharistisches Hochgebet — Hochgebet,
Eucharistisches Eulogetaria (grch., n. plur.), Strophen (>
Troparien), denen Ps. 119, 12 (,,Gelobet
seist du, Herr“; grch. ,,eulogetos ei, Kyrie“)
Euchologion (grch., n., ‘Gebetbuch’), eines vor- und zwischengeschaltet wird. Man un-
der: fiir den Vollzug der Liturgie u. die terscheidet E. nekrosima (russ. fropari
Spendung der Sakramente notwendigen li- usopSie) zu Ehren der Verstorbenen u. E.
turg. Biicher. Nach der Art der Texte u. Ru-
anastasima(russ. tropari voskresnye) zu Eh-
briken unterscheidet man heute:
ren des auferstandenen Christus. Die E.
1. das GrofSe E. (grch. euchologion to me- anastasima werden im Morgengottesdienst
ga). Es enthalt die Formulare der Basilius- am SchluB der ersten u. letzten Stichologie
u. der Chrysostomusliturgie, der Liturgie
gesungen; am Sonntag werden sie zu einem
der vorgeweihten Gaben, die Sakramente,
Kleinen Offizium ausgestaltet (Hymnus der
verschiedene Weihen u. Segnungen, Be-
Myrophoren [> auch Auferstehung Chri-
grabnisoffizien u. a. Es entspricht dem kath. sti], Kleine — Doxologie, ein dreimaliges
Missale, Rituale u. Pontifikale. Halleluja, mehrmaliger Eulogetos-Ruf). Die
2. das Kleine E. (grch. euchologion to mi-
Melodien richten sich nach den 8 Kir-
kron), auch Leiturgikon (‘Liturgiebuch’) od.
chenténen (— unter Oktoechos).
Hieratikon (‘Buch des Priesters’) genannt,
mit den wichtigsten Formularen der Sakra- Lit. Anthologia Graeca, 95; Daniel, 304; Goar,
mentenspendung einschlieBlich Liturgie so- 435; La Priére!, 135-136.

112
Eyangelistenbilder
Eulogien (von eulogia, grch., £,° ‘Lob’, wihrenddasE.selbst im allgemeinen einen
‘Preis’; hebr. beraka), 1. Bezeichnung fir Anhang des Evangeliumsbildet.
gesegnete, aber nicht geweihte Gegenstan-
de (> Segen, > Weihe), wie z. B. Ampul- Lit: Brightman, LXXXI, LXXXVI u. Reg.: E.;
len, das Enkolpion (— auch Devotionalien), Nilles 2, 458; LdK 2 (1989), 394-395.
die Reliquiare, das Kreuz u. a.
2. E. sind auch die in der Vormesse (der Evangelistenbilder, Darstellungen der 4
Prothesis) beim Ritus der Schlachtung (Op- Evangelisten Matthaus, Markus, Lukas u.
ferung) des Lammes_ tibriggebliebenen, Johannes,die die Alte Kirche u. das MAfiir
nichtkonsekrierten, d. h. nicht verwandelten die Autoren der 4 kanon. Evangelien hiel-
Partikel des Abendmahlsbrotes (> Pros- ten. Die E. hatten die Aufgabe, diese Mei-
phore), die am Schlu8 der Liturgie zur Mit- nung zu stirken u. zu verteidigen. Ahnlich
nahme verteilt werden. Seit dem 12. Jh. wie die Apostelbilder gehéren sie zu den l-
heiBen dic E. auch Antidoron (grch., ‘Ge- testen Heiligenbildern u. versinnbildlichen
gengabe’; russ. antidor). Beide Bezeichnun- die Lehr- u. Auslegungsautoritat der Kir-
gen gehen auf die frithchristl. Sitte zuriick, che, wie sie sich im Amt des Bischofs repra-
auch mit einem Siegel (> Siegel [1]) ge- sentiert. Der Evangelist konnte nach anti-
stempeltes Brot segnen zu lassen, das nicht kem Vorbild durch die Assistenzfigur einer
fiir die Eucharistie verwendet wurde. Die Muse od. eines Engels, die Evangelisten-
entsprechenden Partikel bei den Agapen, symbole, die Hand Gottes, die Taube als
den Liebesmahlen, wurden Apophoreton Symbolfigur des hl. Geistes od. die Darstel-
(grch., ‘Opferteil’) genannt. Auch die E. lung der Weisheit Gottes wiedergegeben
brachten die Zugehérigkeit zur Gemein- werden. Auch das idealtyp. Portrat berthm-
schaft (grch. Koinonia) zum Ausdruck, so ter Manner hat zur Entstehung der E. bei-
daB die Ablehnung den Bruch mit ihr an- getragen: als Genrebilder boten sie die
zeigte. Méglichkeit, das ikonograph. Inventar
(Schreibgeratschaften, Schreibmobiliar) zu
Lit.: E. Peterson, MERIS, Hostien-Partikel u. Op- variieren u. so ein lebendiges Abbild von
feranteil, EphLit 61, 1947, 3-12; A. Raes, L’Ant-
idoron, POC 3, 1953, 6-13; Kétting, Reg.; L. Voel-
der Tatigkeit eines Evangelisten zu geben.
Kl, Apophoretum. E. u. Fermentum als Aus- Dieser konnie meditierend, Jesend od.
drucksformen der friihchristl. Kommunion, Mis- schreibend dargestellt werden; durch leich-
cellanea G. Belvederi, Cittt del Vaticano 1954, tes Neigen des Hauptes wurde nicht selten
319-414; LexMA 4, 96; RBK 2, 427-433. die durch das Gehér (Audition) vermittelte
Inspiration angedeutet. Nach dem Apo-
Evangeliar, Evangelistar — unter Lese- ktyph der Johannesakten des Prochoros(5.
biicher Jh.) wird der Evangelist Johannes darge-
stellt, wie er unter Blitz u. Donner seinem
Evangelienlesung — unter Lesungen Jiinger Prochor das Evangelium diktiert.
Der Evangelist Jauscht dabei mit leicht er-
Evangelistarion (grch. euangelistarion, n.), hobenem Haupt der aus dem Donner kom-
in der Ostkirche die Ordnung der Lesungen menden Inspiration. Diese Szene ist seit
aus dem Matthdus- u. dem Lukasevangeli- dem 10. Jh. in der Miniaturmalerei, spater
um an: den Sonntagen nach Pfingsten auch in der Ikonenmalerei bekannt. Auf
wihrend des festlosen Oktoechos-Zyklus. vielen Bildern crscheint der Apostel Paulus
Die Matthausreihe beginnt mit dem Sonn- als diktierender Autor hinter dem Evangeli-
tag nach Pfingsten u. endet mit dem Freitag sten Lukas. Seit mittelbyz. Zeit erhalten die
nach dem Fest der KreuzerhGhung am 14. Evangelisten, ahnlich wie die Apostel auf
Nov. Die Lukasreihe beginnt mit dem den Apostelbildern, individuelle Zige
Sonntag nach diesem Fest u. endet mit dem (Matthaus als weiBhaariger Greis mit lan-
Sonntag des Zéllners (> auch Ubersicht gem Spitzbart; Markusals reifer Mann mit _
zum Stichwort Kirchenjahr). Diese Ord- rundem, dunklem Vollbart; Lukas abnlich,
nung ist abhangig vom Ostertermin, wes- nur mit lockigem Haupthaar; Johannesals
halb dem E.-Buch das Kanonion tu hagiu hagerer Greis mit zur Halfte kahlem Haupt
pascha (die Ostertafeln) beigeftigt ist, od. einer einzelnen weifen Stirnlocke), In
113
Evangelistenbilder

Evangelistenbilder

spatbyz. Zeit wird Lukas als Ménchsmaler Zeit Eingang. In den byz. Kreuzkuppelkir-
mit Tonsur dargestellt. Wahrscheinlich sind chen (— Kirchenbau) sind den E.vor allem
die Urtypen dieser Idealportrats weit alter. die Pendentifs (Hiangezwickel) der Kuppel
Dereigentl. Kunstbereich der E.ist die Bi- reserviert worden. In der Ikonenmalereiist
belillustration. Aber auch in das Bildpro- der bevorzugte Ort fiir die E. die Mitteltitr
gramm der Kirchen fanden sie in frihbyz. der Bilderwand. Im 17. Jh. wurde in der
114
Evangelium
tuss. Malerei der ikonograph. u. personale Maiestas Domini, Citta del Vaticano 1938, 255 bis
Bestand unter westl. Einflu8 erweitert; da- 279; LChI 1, 709-712; LdK 2 (1989), 397-398, Lex
MA4, 138-140; RBK 2, 508-516.
bei wurden die Evangelistensymbole mit-
verarbeitet. Aber auch Gegenstande der
Kleinkunst (Bucheinbande, Ikonenrahmen, Evangelium, Evangelienbuch (lat; grch.
Kreuze, Staurothekenu. a.) wurden als Tra- euangelion, n., ‘Frohbotschaft’, ‘gute Nach-
ger von E.n benutzt. —- Abb. richt’; russ. evangelie, n.), im MA eines der
wichtigsten Lesebiicher der Ostkirche. Es
Lit: A. M. Friend, The Portraits of the Evangeli- wird, oft kostbar eingebunden,in der Litur-
stes in Greek and Latin Manuscripts, Art Studies
5, 1927, 113-147; 7, 1929, 1-29; E. Male, Les Saints gie beim Kleinen — Einzug in feierl. Weise
Compagnons du Christ, Paris 1958; W. Weisbach, der Gemeinde gezeigt u. auf den Altar ge-
Die Darst. der Inspiration auf mittelalterl. E.n, legt.
RivAC 16, 1939, 101-127, LChI 1, 696-713; LdK 2 Man unterscheidet folgende Typen: (1) das
(1989), 395-397 (Evangelisten); LexMA4, 135-138
(Evangelisten); RBK 2, 452-507. — S. auch Lit. zu Vier- od. Tetra-E, (russ. cetveroevangelie),
Bibelillustration. das die 4 kanon. Evangelien Matthaus, Mar-
kus, Lukas, Johannes enthalt. Die Periko-
Evangelistensymbole. Grundlage der E. pen werden entweder am Rande mit ,,An-
sind die Wesen in Hes. 1, 5-10 u. Offb. 4, 6 fang“ (grch. arche; russ. nacalo) u. ,,Ende“
bis 8. Wahrend Hes. von 4 Tetramorphen (grch. felos; russ. konec) angezeigt (Mar-
(viergestaltigen Wesen) spricht, hat die Of- ginalnotizen) od. im Text selbst durch Zwi-
fenbarung diese in Léwe, Stier, Mensch u. schenschaltung von Datumsangaben u.
Adler differenziert, deren Kérper u. Fliigel Festtiteln, womit nicht selten eine Miniatur
mit Augen tibersdt sind. Als erster hat (> auch Bibelillustration) verbunden wur-
Irenaus von Lyon (gest. um 202) diese We- de; - (2) das Aprakos-E. (grch. aprakteo,
sen den Evangelisten zugeordnet (Mensch ‘ich bin untétig’, ‘ich feiere’), das eigentl.
zu Matthdus, Adler zu Markus, Stier zu Lu- Lektionar, von dem es 2 Typen gibt: Der er-
kas u. Léwe zu Johannes). Die im Westen ste fihrt nur die Sonntagsperikopen, der an-
bekannte Zuordnung stammt von dere alle Lektionen des Kirchenjahres; — (3)
Hieronymus(gest. 419/420); er verband die eine besondere Form der Textzusammen-
E. mit den Anfangen der Evangelien (Mat- stellung fiir verschiedene Akoluthien im
thaus - Mensch [Abstammung u. Geburt Evangelistarion u. fiir die Auferstehungs- u.
Christi]; Markus — Léwe [Stimme Johannes Morgenevangelien.
des Taufers in der Wiiste]; Lukas - Stier ‘Wahrend des MA warin der Ostkirche als
[Opfer des Zacharias]; Johannes - Adler Lektionar neben dem Apostolos nur das E,
[Herkunft u. Herabkunft des Wortes vom bekannt. Erst im 15. Jh. entstand in Novgo-
ewigen Vater]). Im byz. Kunstbereich sind rod eine Vollbibel (die sog. Gennadij-Bi-
die E. auch bei den Evangelistenbildern sel- bel), die die Grundlage fiir alle spdteren
ten. In der Monumentalmalerei erscheinen tuss. Bibelausgaben wurde. - Der Text des
sie in Verbindung mit der Majestas Domini Es als Lektionar zeigt nicht nur in seinen
und der Thronbereitung (> Hetoimasia), Anfangs- u. Schlu8formulierungen(lat. inci-
seltener auf den Christusbildern als Begleit- pit u. explicit), sondern auch im Text selbst
erscheinungendes ,,Alten der Tage“(oft als Abweichungen von den kanon. Texten; sie
Tetramorphe). Nachdem die Offenbarung sind Gegenstandeiner speziellen Lektionar-
(— Apokalypse) Ende des 7. Jh. auch in By- textkritik. Das gilt auch fiir die ersten altkir-
zanz anerkannt wurde, fanden die E. Ein- chenslav. Handschriften der beiden E.-Ty-
gang in die Ikonenmalerei. Noch in spatbyz. pen aus dem 11. Jh., die wichtige Einsichten
Zeit schmiicken sie oft das Epitaphios, das in den Gebrauch u. das Verhdltnis vom sog.
in der Liturgie verwendete Leichentuch »Reichstext* der byz. Kirche zu den orien-
Christi. tal. Bibeltexten vermitteln.
Eine Sondergruppe stellen die Evangelien
Lit: P. de Bourguet, Les Symboles des quatre der spa&tmanichdischen Gemeinschaft in
Evangélistes, La Revue Réformée 10, Saint-Ger-
Bosnien Ausgang des MA dar (— Hiresie).
main-en-Laye 1957, 3-25; R. Crozet, Les quatre
Evangélistes et leurs Symboles, Cahiers Techni- Der Text des Aprakosist von hohem Alter.
ques de [’Art 4, 3, 1962, 5-26; F. van der Meer, Wahrender urspriinglich in der GroBkirche
115
Exaposteilaria
fiir die Liturgie gebraucht wurde, scheint er nonesia (grch.) beschrieben, weil sie den
bei den ,,bosnischen Christen“ nur fiir die Exkommunizierten ganz oderteilweise von
Haus- u. Privatlektiire bestimmt gewesen zu der Liturgie (= Eucharistie) ausschlieBt od.
sein. Bei manchen Handschriften finden ihm verbietet, die Kirche zu betreten (>
sich Marginal-Glossen mit dualistisch-spiri- BuBklassen); mit der E. wird auch ein Ver-
tualist. Interpretationen der Wunder Chri- bot (lat. interdictum), grch. eirgein, ‘aus-
sti, wie sie bereits fiir die friihen Bogomilen schlieBen’, ‘verbieten’) hinsichtlich der Aus-
bekanntsind. - Zur Ausstattung des E.s > tibung eines kirchi. Berufes (Lehramt, Lei-
Bibelillustration, —> Miniaturmalerei; — ter od. Mitglied des Chores, Kirchenmaler,
auch Lesebiicher. Lektor, Tiirhiiter u. a.) ausgesprochen. Die
Durchfiihrung u. mégl. Aufhebung der E.
Lit: J. Baudot, Les Evangéliaires, Paris 1908; Da- lag im MA beim Gericht des Bischofs (>
niel, 318, 398, 633; H. Greeven, Die Textgestalt
der Evangelienlektionare, ThLZ 76, 1951, 513 bis
auch Bischofsverwaltung). Ein Interdikt
522; C. R. Gregory, Textkritik des NT, Leipzig konnte, wie in der kath. Kirche, sowohl per-
1909; K. Horélek, Evangelide a ctveroevangelia, sonal als auch !okal ausgesprochen werden
Praha 1954; ders., La Traduction vieux-slave de (hinsichtlich des Klerus — unter Epitimien).
TEvangile, Sa Version originale et son Dévelop- Im Verlaufe der Entwicklung unterschied
pement ultérieur, BZS 20, 1959, 267-284, M. Loos,
Dualist Heresy in the Middle Ages, Praha 1974, man auch im byz. Bereich zwischen der
303-307 (bosn. Evangelien),; Onasch, Weihnachts- GroBen E.(lat. excommunicatio major), d.
fest, 97-114. — §. auch Lit. zu Lesebiicher. h. dem > Anathema, dem endgiiltigen, vél-
ligen Ausschlu& (grch. ekoinonesia) — dem
Exaposteilaria — unter Auferstehungs- u. Verlust der aktiven u. passiven Mitglied-
Morgenevangelien schaft - u. der Kleinen E.(lat. excommuni-
catio minor), die u. a. zwar die eucharist.
Exklamationen (lat. exclamatio, f., ‘Aus- Gemeinschaft, nicht aber die Kirchenge-
tuf’), eine Reihe von Ausrufen wahrend der meinschaft tiberhaupt aufhob. — Abgesehen
Liturgie, die vor allem vom Diakoninto- yon automatisch eintretenden E.s-Strafen
niert werden. Im Unterschied zu den liturg. (in byz. Zeit z. B. bei Kriegsdienst) werden
Akklamationen, den ,,Zurufen“, haben sie die Gegenstiinde des E.s-Prozesses einge-
admonitiven (ermahnenden) u. exhortati- teilt in dogmatische (vor allem bei Ha-
ven (ermunternden) Charakter. Zu ihnen resie), moralische (Simonie, Sakrileg [z. B.
gehéren die Rufe ,» Weisheit! aufrecht!“, Filschung od. Diebstahl von Reliquien],
»Lasset uns aufmerken“, ,,die Tiiren, die Verletzung der Seelsorgepflichten u. a.) u.
Tiiren“, ,,Lasset uns wiirdig stehen, lasset disziplinixe (Ungehorsam, Widerstand
uns stehen mit Furcht“ u. a. (> Arkandiszi- gegen den Klerus, Verletzung der Ver-
plin, > Glaubensbekenntnis, > Liturgie). waltungspflichten). Der ProzeBverlauf
kannte die Anklage, die Vorladung, die Be-
Lit: Hanssens, Nr. 965-971, 1020-1042, 1124, 1184 fragung, die Untersuchung, die Verwarnung
bis 1190. u. das Urteil, Obwohl im Osten das In-
stitut der Inquisition unbekannt war, trug
Exkommunikation (lat. excommunicatio, £.; das E.s-Verfahren doch inquisitor. Ziige
grch. aphorismos, m.; tuss. otlucenie, n.), (u. a. Anwendung der Folter). Sowohl in
zeitlich begrenzter od. auf Lebensdauergel- Byzanz als auch in Ru®land hat es im MA
tender Ausschlu8 aus der Kirchengemein- Ketzerverbrennungen gegeben. -— Die
schaft (grch. Koinonia; lat. communio), er Vertreter des byz. Kirchenrechts standen
wird durch das Kirchenrecht geregelt u. in solchen MaSnahmen in der Mehrzahl
einem Ritus vollzogen. Im Unterschied zu kritisch gegentiber. Zur Darstellung der E.
den Epitimien, den leichteren BuSstrafen, — Synode.
bedeutet die E. den Verlust aller Rechte,
die sich aus der Zugehérigkeit zur Gemein-
schaft ergeben; eine Reihe von Pflichten Lit.: Beck, 78; Feine, Reg.; Milasch, § 151; F. van
de Paverd, Ausschlufi u. WiederversGhnungin der
(vor allem die Gehorsamspflicht gegentiber byz. Kirche, OstKSt 28, 1979, 281-302; LexMA
dem Klerus) bleiben erhalten (passive Mit- 4,170. - S. auch Lit. zu Anathema, Bufe, BuBklas-
gliedschaft). Die E. wird als teilweise Akoi- sen, Epilimien.

116
Farben
Exorzismus (grch. exorkismos, m., von
exorkizein, ‘[be]schwéren’, ‘verteidigen’, F
‘abwehren’; russ. zaklinanie, n.), in vielen
Religionen ein Abwehr- u. Bemachtigungs- Facher(grch. rhipidion, n.; lat. flabellum, n.,
Ritus tiber damon. Krafte bzw. ihre Vertrei- muscatorium, 0., muscarium, h., Von musca,
bung aus Personen u. Gegenstinden. £, ‘Fliege’, ‘Insekt’; russ. ripida, f.), in der
1. Der E,als Praxis der Alten Kirche basiert Antike ein Instrument zum Schutz gegen
auf der Anerkennung Christi als Herrn der Sonneneinwirkung u. Insekten, im Orient
damon. Michte. Er wurde bereits in der Ur- auchals Herrscherinsignie gebraucht.
gemeinde angewendet u. nachgeahmt (vel. 1. Die Apostol. Konstitutionen (> unter
Apg. 19, 13 f.). Frith bediente mansich des Kirchenrecht) erwihnen F. aus diinnen
E. bei den Energumenen, den Besessenen, Hauten, Pfauenfedern od. Leinen, mit de-
die von der Kirche in eigenen Gebauden nen die Diakone zu Beginn der Liturgie der
mit Exorzisten untergebracht waren. Glaubigen die hl. Gaben befacheln, damit
Wiahrend noch bei Tertullian (gest. nach kein Insekt in den Kelchfallt. Auch bei der
220) jeder Glaubige exorzieren konnte, war Myronweihe werden F. benutzt. Wahr-
spaiter der Exorzist (grch. exorkistes) ein scheinlich war Syrien die Heimat desliturg.
Mitglied des Klerus der unteren Weihegra- Fs. In der byz. Liturgie erfiillt er die ge-
de. In der Kirchenordnung Hippolyts (> nannten Schutzfunktionen gegen Insekten,
unter Kirchenrecht) wird der E. zum ersten- gilt aber auch als Symbol des todiiberwin-
malals eigene Handlung unter Verwendung denden Christus. Er wird deshalb beim
des Myrons bei der Taufe beschrieben. GroBen — Einzug gebraucht u. ist in ge-
Heute werden wahrend der Taufe 4 Exor- dankl, Verbindung zum Cherubimhymnus
zismen vollzogen, denen unmittelbar die mit einer Darstellung dieser Engelwesen
Absage an den Teufel, die Abrenuntiation (od. des Tetramorphen) geschmiickt bzw.
(lat. abrenuntiatio) folgt. Jeder Tauf-E. wird nach ihnen geformt. Er war im MA aus
von einem Gebet des Priesters begleitet. Gold od. Silber hergestellt u. wurde in der
Diese Gebete schlieBen jeweils mit einertri- Technik der Treibarbeit, der > Toreutik,
nitar. E,-Formel. Beim vierten E. haucht bearbeitet.
der Priester den Taufling an, macht das Zei- 2. In der Ikonographie erscheint der F. auf
chen des Kreuzes an Mund,Stirn u. Brust u. Darstellungen der Apostelkommunion, des
spricht: ,,Vertreibe aus ihm jeden bésen u. Cherubimhymnus u. auf dem Kultustuch
unreinen Geist, der sich verborgen u. einge- des Karfreitags, dem Epitaphios.
nistet hat in seinem Herzen.“ — Handelndes
Subjekt des E, ist Christus, dem der Tauf- Lit: Braun, Altargerate, 642-647, E. Trenkle, Li-
turg. Gerate u. Gewander der Ostkirche, Miin-
ling als ,,Sohn des Lichtes u. Erbe deines chen 1962; Kirchengeriite, Miinchen/London/New
Reiches* anbefohlen wird. York/Paris 19923 (Glossarium Artis, 2); LdK 2
2. Der an Personen u. Sachen vollzogene E. (1989), 414, LexMA 4,216-217,; RBK 2, 550-555.
wird nicht selten in der Miniatur- und Mo-
numentalmalerei wiedergegeben, z. B. auf Farben, Im gottesdiensti. Bereich besitzt die
den Randbildern (russ. klejma) der Viten- Farbe den Charakter eines Symbols, in
ikonen des hl. Nikolaus. Bereits im 3. Jh. nicht wenigen Fallen zugleich auch den ei-
wurden die E.-Berichte aus Matth.8, 28 bis nes Signals, z. B. zum Anzeigen desjeweili-
34 u. Parallelen dargestellt. gen Abschnitts des Kirchenjahres.
1. Obwohl das AT, die Offenbarung (>
Apokalypse 2) u. die Apokryphen einen be-
Lit: E. Bartsch, Die Sachbeschwérungen der rém.
Liturgie, Minster (Westf.) 1967; L. Delatte, Un stimmten F.-Kanon kannten (Wei, Purpur,
Office Byzantin d’Exorcisme, Bruxelles 1957; F. J. Blau, Gold), hatte die Alte Kirche kein In-
Délger, Der E. im altchristl. Taufritual, Pader- teresse daran,liturg. > Decken u. liturg. u.
born 1909; Handbuch 2, 47 ff; Fendt, Reg.; LChI kirchl. > Gewiinder in diesen Farben aus-
1, 273-277 (Besessene); LexMA 4, 172-174. — S.
auch Lit. zu Taufe. zustatten. Lediglich Weif besaB friih den
Symbolwert der Auferstehung wu. Ver-
klarung. Seit der Epoche Kaiser Konstan-
tins (gest. 337), vor allem aber Justinians
117
Fasten
(gest. 565) gewinnen die kaiserl. Reprasen- Reglementierung in der AnwendungdesF.-
tations-F. Blau u. Purpur zunehmend Ein- Kanons u. der von ihm vertretenen F.-
fluauf die Entstehung eines kirchl. F.-Ka- Asthetik, die ihm zugieich einen gewissen
nons, wobei eine gewisse Konkurrenz zwi- schipfer. Freiraum belie. Diese Spannung
schen beiden nicht auszuschlieBen ist (An- »durchgehalten“ zu haben ist das Kennzei-
spruch der Kirche auf Ableitung aller impe- chen der groBen Meister der religidsen Ma-
rialen Reprasentationen, auch der F., aus lerei in Byzanz, auf dem Balkan u. in RuB-
dem Herrschaftsanspruch Christi). land. Besonders bemerkenswert ist dabei
Im Osten entwickelte sich erst wihrend vu. die Auseinandersetzung zwischen der Poly-
nach dem Bilderstreit (> unter Bild) sowie chrotnie mit ihrer scharfen, die Symbolwer-
in den mittel- bis spitbyz. Liturgiekommen- te betonenden Absetzung der einzelnen F.
taren (> unter Mystagogie) eine gewisse voneinander u. dem Kolorismus, der diese
Festlegung der Symbolwerte der F., ohne Grenzen zugunsten einer natiirl. Farbge-
daB diese, wie im Westen, zur verpflichten- bung auflist. Hierher gehért auch das Ver-
den Norm erhoben worden wire. Es lassen haltnis der F, zum Licht, insofern die mehr
sich folgende Haupt-F.in ihren Symbolwer- od. weniger abstrakte Polychromie den
ten feststellen: Wei8 symbolisierte weiter- ebenso dsthetischen wie natiir]. Licht-Schat-
hin Auferstehung u. Verklirung; Rot bzw. ten-Illusionismus ablehnte, wahrend der
Purpur (u. ihre verschiedensten Mischun- Kolorismus ihn seinem ganzen Wesen nach
gen) sowohl das Blut Christi wie seine Herr- bejahte. Die Probleme, die sich daraus erge-
schaft tiber den Tod u. damit seinen allge- ben, haben die Meister sowohl in den ver-
meinen ,,imperialen‘ Anspruch auf geistl. schiedensten Phasen der Renaissancen in
Weltherrschaft; dieselbe Sinndeutung betraf Byzanz als auch in Ru@land vor allem im
auch Blau — beide Farben sind zugleich die Bereich der Ikonenmalerei beschaftigt. Da-
Farben der Martyrer; Schwarz bis Dunkel- bei bleibt festzuhalten, da in dieser tief-
braun (Dunkelrot) deutet die Askese des greifenden Auseinandersetzung der Sym-
Monchtums, zugleich auch die Trauer an; bolwert der F. selbst niemals in Frage ge-
Gelb konnte ebenso,als negative Ableitung stelit worden ist, vielmehr im Rahmen ma.
des Sonnenlichtes, die Trauer vu. verwandte Vorstellungen beibehalten u. lediglich ei-
Stimmungen zum Ausdruck bringen; ahn- nem jeweils neuen Menschen- u. Weltver-
lich ambivalenten Charakter trug das Gold, stindnis zugefiihrt werdensollte.
dasals positive Ableitung des Sonnenlichtes
zugleich absolut ,,imperialen“ Symbolwert Lit: Braun, Paramente; V. V. Bytkov,
besaB (Gold war deshalb keine eigentl. Far- Estetiteskoe Znatenie Sveta vy Vostotno-Christi-
anskom Iskusstve, Voprosy Istorii i Teorii Este-
be, sondern verhielt — im Gegensatz zu Blau tiki, Moskau 1975, 129-145; Eisenhofer1, 410-413;
— Farbe u. Raum pegeniiber,,feindlich“, ab- R. Gradwohl, Die F. im AT, Berlin 1963, R. E.
weisend, insofern es die Unendlichkeit in van Haersolte, Magie u. Symbolik der F., Berlin
1952; E. Heimendahl, Licht u. Farbe, Berlin 1961;
Gestalt der abstrakten Flache versinnbild- Onasch, Ikonenmalerei, 46-56; G. Radke, Die Be-
lichte). - In den einzelnen autokephalen deutung der weifen u. schwarzen Farbe im Kult
Kirchen entwickelten sich eigene Traditio- u. Brauch der Griechen, Diss. Berlin 1936; W.
nen. eines liturg. F.-Kanons, der aber varia- Schéne, Uber das Licht in der Malerei, Berlin
1954; W. Schéneis, Antike Farbung u. liturg. F.,
bel blieb. Fir den byz. Ritus gibt es einige LIb8, 1958, 104-143; J. J. Tikkanen, Studien iber
bevorzugte F.: Rot an Festtagen, Dunkel- F.-Gebung in der mittelalterl. Malerei, Helsinki
blau u. Violett zur GroBen — Fastenzeit, 1933; E. Wunderlich, Die Bedeutung der roten
Schwarz am Karfreitag u. beim Begrabnis Farbe im Kultus der Griechen u. Rémer, GieBen
(hier ist auch WeiB méglich), WeiB von 1925; O. J. Lindsay, Some Remarks on the
Colours System of Medieval Byz. Painting, JOB
Ostern bis zur Himmelfahrt Christi. 32/5, 1982, 85-91; LChI 2, 7-14; LdK 2 (1989), 425
2. Der unter Pkt. i geschilderte Symbolwert bis 429; LexMA4, 285-291(F., Farber, F.nsymbo-
der F. bestimmte auch ihre Deutung durch lik); RBK 2, 524-533. - S. auch Lit. zu Licht.
die Ikonen-, Miniatur- u. Monumentalmale-
tei. Zugleich fand er Eingang in die spezifi- Fasten (grch. nesteia, f.; lat. ieiunium, n.;
sche byz. Kultusasthetik. Fir den ma. Tuss. post, m.), ein aus religiés-disziplindren
Kiinstler ergab sich daraus eine deutl. Span- (aber auch aus hygienischen) Griinden vor-
nung zwischen einer liturgisch bestimmten geschriebener, zeitlich begrenzter vélliger
118
Fastenzeiten
od. teilweiser Verzicht auf Nahrungseinnah- stensonntagen (-» Fastenzeiten), wihrend
me. Man unterscheidet den qualitativen der Osterzeit (+ Pentekostarion 2), bei
(hinsichtlich der Art der Speisen) vom Herrn-, Marien-, Engel- u. Apostelfesten
quantitativen (hinsichtlich der Menge der wird nicht gefastet.
Speisen) Nahrungsentzug. Das F. 1aBt sich
auf Speisetabusu. auf die Vorbereitung be- Lit: Fendt, Reg.: Fasten, F.; Handbuch 2, 226 bis
stimmiter, zyklisch wiederkehrender Feiern 229, G. Schreiber, Die Wochentage im Erlebnis
der Ostkirche u, des christ]. Abendlandes, KéIn u.
u. Ubergangsriten zurtickfiihren. Neben den Opladen 1959; J. Schiimmer, Die altchristl. Fa-
Formen der persénl. Askese besitzt das F. stenpraxis, Miinster (Westf.) 1933. — S. auch Lit.
in Hochreligionen institutionellen Charak- zu Fasten, Fastenzeiten.
ter. Ein F.-Gebot kann nur durch einen F.-
Dispens (— unter Kirchenrecht) aufgeho- Fastenzeiten. Das Modell der F. in der Ost-
ben bzw. eingeschrinkt werden. In der kath. u. Westkirche bildete die GroBe 4O0tagige
u. in der Ostkirche ist das F. auch ein Mittel Fastenzeit (grch. megale tessarakoste; russ.
der BuBe. Bei bestimmten Beschdftigungen velikij post, Cetyredesjainica; lat. quadragesi-
mit kirchl. Gegenstanden,z. B. bei der Iko- ma) vor Ostern, deren Vorbild die Karwo-
nenmalerei, wurde es als innere Vorberei- che war. Man kannte in der alten Kirche
tung geitbt. Ubertriebenes F. wurde von der auch andere F., so ein Fasten vom Griin-
Kirche mit Ausnahme des Monchtums mit donnerstag bis zum Ende der Nacht auf
MiStrauen beobachtet. Der Durchfiihrung Ostern (~» auch Karsamstag),
u. Aufrechterhaltung einer F.-Disziplin die- In der Entwicklung der GroBen Fastenzeit
nen — Fastentage u. > Fastenzeiten. muBte das Vorbild Christi, sein 40tagiges
Fasten in der Wiiste (Matth. 4, 1-11), mit
Lit: R. Arbesmann, Das F. bei Griechen u. R6- dem durchgehenden Fastendispens am
mern, GieBen 1929; Beck, Reg.: F.; P. Gerlitz, Das Samstag u. Sonntag in Einklang gebracht
F, im_religionsgeschichtl. Vergleich, Erlangen werden. Matth. 4 blieb ebenso vorbildlich
1954; J. Herbut, De Ieiunio et Abstinentia in
Ecclesia Byzantina ab Initiis usque ad Saec. XI, fiir die langere Vorbereitungszeit der Kate-
Rom 1967; Th. Pichler, Das F. bei Basileios u. im chumenen. Die Tessarakoste od. Quadra-
antiken Heidentum, Innsbruck 1955; LexMA gesimagilt in allen Konfessionen als Vorbe-
4,304-310 (F.zeiten, -dispensen). — S. auch Lit. zu teitungszeit auf Ostern. Als Ansatz der
Fastentage, Fastenzeiten.
Vorfastenzeit wird der Sonntag der Kase-
speisen (s. u.) angesehen, aus demsich,viel-
Fastentage. Das Urchristentum iibernahm leicht schon im 7. Jh., die anderen Vor-
das Fasten zunichst von der Synagoge. fastensonntage entwickelten. Sie beginnen
Schon um 100 forderte die Didache (> un- mit dem Sonntag des Zéllners (Zachaus) u.
ter Kirchenrecht) anstelle des jiid. Montags Pharisiers (grch. kyriake tu telonu kai phari-
u. Donnerstags den Mittwoch u.Freitag als saiu; russ. nedelja mytarja i fariseja), Von da
wochentl. F. Dabei blieb es in der orth. Kir- an bis zum Karsamstag wird der Kanon auf
che bis heute, wahrend im Westen um 400 das Triodion, d. h. vom 9 auf 3 Oden redu-
der Samstag zum Mittwoch trat. Die zweite ziert. Wegen des Fastendispenses an den
Wurzel der christl. F. ist die Karwoche als wochentl. Fastentagen der folgenden Wo-
altestes Modell des bewegl. Zyklus des spa- che heif&t diese in der russ.-orth. Kirche
teren Kirchenjahres; das Samstagsfasten auch Fastendispenswoche (russ. nedelja
auBerhalb dieser Woche wurde in der Ost- splosnaja). Der Fastendispensgilt auch fir
kirche auch weiterhin abgelehnt. In der dl- die Woche nach dem nichsten Sonntag,
testen vorbyz. Zeit galt allerdings der Sams- dem Sonntag des verlorenen Sohnes (grch.
tag als Vorbereitung u. deshalb als Fasten- kyriake tu asotu; russ. nedelja bludnogo
tag fir den Sonntag, dieser wurde als syna), der dem Sonntag Septuagesimae ent-
wichentl. Ostern verstanden (~» auch Ok- spricht. Erst mit dem Sonntag der Fleisch-
toechos). Spezielle F. sind der 29. Aug. entsagung (od. der zweiten Ankunft des
(Enthauptung des Tdufers Johannes), der Herm, gtch. kyriake tes apokreo eioi tes
14. Sept. (Kreuzerhéhung) u. der. 5. Jan. deuteras parusias tu kyriu; russ. nedelja mja-
(Nachtwache auf Epiphanie). Am Mittwoch Sopustnaja ili o vtorom prisestvii gospoda,
u. Freitag nach den beiden ersten Vorfa- entspricht Sexagesimae) beginnt die
119
Fenestella
Fleischabstinenz (qualitativer Speiseent- ter mit dem 29. Juni verbunden wurde. >
zug). An diesem Sonntag kannte man im auch Ubersicht zu Kirchenjahr.
MAin der russ. Kirche das Offizium der Texte: s, Anhang Nr, 21, 3; s. auch Karwo-
Begehung des schreckl. Gerichts (cin dejst- che.
va straSnogo suda), angeregt durch die
Hymnendieses Sonntages u. die aus ihnen Lit: Aranca, ,,Christos Anesti‘. Osterbrauche im
heutigen Griechenland, Ziirich 1968; Baumstark,
schépfende Darstellung des Jiingsten > Reg.: Lent; Beck, 254-262; F. G. Cremer, Die Fa-
Gerichts. Es ist tiblich, mit diesem Tage stenansage Jesu, Bonn 1965; T. M. Finn, The Li-
auch das Essen der > Kolyba zu beginnen. turgy of Baptism in the Baptismal Instructions of
Es folgt die Butterwoche. Nach dem an- St. John Chrysostom, Washington 1967, 43-58; H.
schlieBenden Kasefastensonntag (grch. ky- Frank, Die Paschavigil als Ende der Quadragesi-
ma u.ihr Festinhait bei Augustinus, ALW 9, 1965;
riake tes tyrophagu; russ. nedelja syropustna- 1-27; Handbuch, Reg.: F.; Heiler, Reg.:
ja), 4. h. in der Abstinenz von Laktizinien Holl, Die Entstehung der vier F. in der grch. icin
(Milch- u. Eierspeisen), beginntdas eigentl. che, ders., Gesammelte Aufsdtze, 2. Bd., Tubin-
gen 1928, "155-203; Kellner, 10-82; Th. Kluge ~A.
Fasten (der qualitative u. quantitative Spei- Baumstark, Quadragesima u. Karwoche Jerusa-
seentzug). Im Mittelpunkt der Hymnenste- lems, OrChr* 5, 1915, 211-233; A. Linsenmayr,
hen die Klagen Adams (— auch Adam u. Entwicklung der Fastendisziplin bis zum Konzil
Eva) tiber das verlorene Paradies. Fiir die von Nicéa, 1877; G. A. Megas, Greek Calender
Customs, Athen 19632, 59-72, 79 ff. 84 ff; Nilles
Grofe Fastenzeit sind kennzeichnend: Me- 2, B.C. E. Owen, Fasting in the Eastern Church,
tanien (FuBfille, > unter Proskynese) am COR 1938, 95-110; V. K. Sokolova, Vesenne-Let-
Mittwoch u. Freitag, der GroBe — Kanon nie Kalendarnye Obrjady, Moskau 1979. ~ S. auch
wihrend des Nachtgottesdienstes, Chryso- Lit. zu Fasten, Fastentage.
stomusliturgie am Samstag, Basiltusliturgie
am Sonntag, am Mittwoch u. Freitag die Li- Fenestella — unter Altar, > Confessio
turgie der vorgeweihten Gaben, Bahnlesen
aus dem AT (Jes., 1. Mose, Spr. Sal.). Fol- Festzyklus, 1. eine auf einem od. mehreren
gende Sonn- bzw. Feiertage sind besonders Streifen (Rangen, Zonen) geordnete Bild-
hervorzuheben: der erste Sonntag od. der abfolge der 12 groBen, innerhalb des Kir-
Sonntag der Orthodoxie, der dritte Sonntag chenjahres hervorgehobenen Herr- wu.
od. der Sonntag der Kreuzverehrung; der Gottesmutterfeste in der Ikonen-, Miniatur-
Samstag der 5. Fastenwoche gilt dem Aka- u. Monumentalmalereiu. in der Kleinkunst
thist, der Samstag der 6. Wocheist der La- (zu den den Festen entsprechenden Bildin-
zarussamstag, auf ihn folgt der Palmsonn- halten u. ihrer Entstehung — unter Dode-
tag. Die Karwoche wird nicht mehr zu den kaortion; zur Monumentalmalerei — auch
»Vierzig Tagen“ gezahlt. Bildprogramm).
Ob Epiphanie schon im 4. Jh. fiir Bier (> 2. Neben diesem Hauptzyklus mit 12 Bil-
auch BuBklassen) cine 40tigige, fiir die Ge- dern gibt es solche, die sich nach dem unbe-
meinde cine 8tagige Fastenzeit kannte, ist wegl. u. bewegl. Kreis des Kirchenjahres
umstritten. Bekanntist nur, da8 in Agypten Tichten, die sog. Monatsikonen (> auch
eine 40tdgige Fastenzeit von Athanasius Menaion, — Menologion, — Triodion). Bei
(gest. 373) abgeschafft wurde. Ein kurzes ihnen bringt jeder Tag des Monats einen od.
Vorbereitungsfasten hat es im 6. Jh. wahr- mehbrere Heilige u. gegebenenfalls das je-
scheinlich gehabt. Fiir die Geburt Christi weilige Festbild. Solche Kirchenjahreszy-
witd eine mit dem 15. Nov. beginnende klen findet man mit ihren Vorzeichnungen
A0tugige Fastenzeit (4 auch Advent), fiir in den Malerbiichern. Es gibt auch Typen
den 15. Aug., das Entschlafen der Gottes- mit reinen Heiligenportriits (russ. svjatcy, >
mutter, ebenfalls eine solche seit dem 8/9. auch Heiligenbilder). Die Feiertagsbilder
Jh. bezeugt. Dieses Marienfasten wurde (cuss. prazdniki), oft in Gestalt der Klein-
aber auf 14 Tage reduziert u. beginnt am 1. ikonen, der Tabletki, werden eingeteilt in
Aug. Das Apostelfasten (grch. nesteia ton Evangelienzyklen (russ. evangel’skie prazd-
apostolon;russ. petrovskij post) fix Peter u. niki), die nicht selten mit szenenreichen
Paul am 29. Juni (= auch Apostelfeste) ist Apostelbildern verbunden sind, u. in Got-
erst um 1100 bezeugt. Vielleicht war es ur- tesmutterzyklen (russ. bogorodicnye prazd-
spriinglich ein nachpfingstl. Fasten, das spa- niki), auch ,,Kindersegen“ (russ. dobro-
120
Fresko
cadie) genannt. Der Typ des Triodions Kleinkunst anzutreffen. Diese Motive wur-
bringt Darstellungen der Themen der Vor- den der vorchristl. Malerei entnommen,
fastensonntage (— unter Fastenzeiten). — aber im Sinne von IcuTHys gedeutet.
Die anderen Feste des bewegl. Kreises Wiahrend im Westen der F. als Christussym-
kommen im Zwélferschema od. auf den bolerst allmahlich seine Bedeutung verlor,
Prazdniki zur Darstellung. Besonders in der verschwand er im Osten bereits seit dem
Ikonenmalerei werden die Ereignisse eines 7, Th. Gelegentliches Gegensymbol des F.s
Festes entweder in Zonen od. in Form der ist der Frosch.
komplexen ~» Ubertragung wiedergegeben.
Auf die Entstehung des F. haben sehr wahr- Lit: F. J. Délger, ICHTHYS. Das F.-Symbol in
scheinlich die Bibelillustratrionen zu den friihchristl. Zeit, 5 Bde., Minster (Westf.) 1910 bis
1943 (1. Bd. 19282); LChI2, 35-39.
Lesungen eingewirkt. Die Aufnahme sol-
cher Bilder in den Festtagsrang der Bilder-
wand hat ihre Verbreitung u. kiinstler. Be- Floros — unter Heiligenverehrung, > auch
arbeitung geférdert. — Taf. 31. Heiligenbilder

Lit: V. 1. Antonova — N. E. Mneva, Katalog Dre- Frauen am Grabe — unter Auferstehung


vnerusskoj Zivopisi, 2 Bde., Moskau 1963, Reg.: Christi
Dobrotadie, mineja, prazdniki, svjatcy, triod post-
naja; Felicetti - Liebenfels, Geschichte!, Reg.:
Festtage usw.; Lazarev, Reg.: Prazdniényj cikl; Fresko(ital. al fresco, ‘aufs Frische’; Gegen-
Ouspensky - Lossky, 147-215; Pokrovskij; Rothe- satz: al secco, ‘aufs Trockene’), Bezeichnung
tmund, 292-295; M. Winkler, Festtage, Reckling-
hausen 1957; C. Aslanoff, Les Fétes et la Vie de
fir eine spezielle Verputz- u. Maltechnik.
Jésus I: L’Incarnation, Paris 1985; LChI 2, 26-31; Das byz. u. altruss. F. ist erst in jiingster
LdK 2 (1989), 489-492; LexMA 4, 399-407(Feste). Zeit einer umfassenden Analyse nach mo-
—§. auch Lit, zu Dodekaortion, Kirchenjahr. dernen Verfahren unterzogen worden, sie
muBvor allem fiir den byz. Bereich noch er-
Firmung — Myronsalbung weitert werden. Die Anweisungen u. Re-
zepte der Malerbiicher stammen, von weni-
Fisch (grch. ichthys, m.; lat. piscis, m.; russ. gen Ausnahmen abgesehen, aus nachbyz.
ryba, f.), dltestes, seit Mitte des 2. Jh. be- Zeit. In Byzanz bestand seit dem 9. Jh. das
zeugtes Christussymbol. Literarische Vorla- F. aus einer Verputzschicht, bei der Kalk
gen bildeten die Erzahlungen von Petri mit Pflanzenfasern (Stroh, Gras, Werg u. a.)
Fischzug (Luk. 5, 1-11, vgl. Matth. 13, 47), od. tier. Stoffen (Borsten, Haare u. 4)
die Speisungsgeschichten (Matth. 14, 13-21, durchsetzt wurde. Die Farbpigmente wur-
15, 32-39 wu. Parallelen) u. vor allem der Be- den mit Kalk angerieben u. mit Wasser ver-
ticht vom F.-Zug u. der Speisung der Jiinger malt (— auch Temperamalerei). Dadurch
durch den Auferstandenen in Joh. 21. Die wurden sie, nachdem sie auf den noch
Auslegung der Kirchenvater entwickelte feuchten u. frischen Putz aufgetragen wa-
den Gedankengang: Glaubige als Fische — Ten, mit diesem unauflislich verbunden.
Christus als Fischer - Christus als F. Unter Neben dem Kalkverputz gab es noch den
der Notwendigkeit der Arkandisziplin u. in Gipsgrund, bei dem die Farben wie in der
Abwehr syr. F.-Kulte entstand wohl die Tkonenmalerei mit Leimen, Kaseinen od.
Akrostichis icHTHys (= J[Esus] cH[RISTOS] Eigelb gebunden wurden. Dasaltruss. F. be-
TH[EU] [H]y[Ios}, s[oTER] = Jesus Christus stand aus 2, manchmal auch aus 3 Schich-
Gottes Sohn Heiland). Mit dieser Kurzfor- ten; die untere setzte sich aus zerriebenen
mel wurden sowohl die Eucharistie als auch Ziegeln (russ. cemjanka) zusammen, wih-
die Taufe in verhiillender Weise bezeichnet tend auf die obere, feuchte Schicht die Far-
(Aberkios- u. Pectoriusinschrift, Mitte des ben aufgetragen wurden. Die Verwendung
2. bzw. des 4. Jh.; Tertullian, gest. nach 220, von sikkativhaltigen, das Trocknen be-
u. a.). In der Kunst der Alten Kirche er- schleunigenden Wassern darf nicht mit der
scheint diese Akrostichis-Darstellung mit u. Al-secco-Technik verwechselt werden. Vom
ohne F.e. Die Wiedergabe von F.-Fang u. 14. Jh. ab setzte sich im Moskauer Gebiet
Fischer ist vorzugsweise in den Katakom- der einschichtige Kalkverputz durch. In By-
ben u. auf Sarkophagen, aber auch in der zanz u. in RuBland besaB jede Werkstatt ih-
121
FriedenskuS
Te streng gehiiteten, bis in jiingste Zeit. un- te’). Die F, ist ein spezif. Kennzeichen des
bekannt gebliebenen Rezepte. Sie richteten Reprisentationsbildes, sie diente im Orient
sich meistens nach dem lokalen Werkstoff- der Darstellung von Gétter- u. Herrscherge-
vorkommen. DasF. setzte sich nur langsam stalten. In der byz. Kunst wird sie vom hie-
gegen die klass. Al-secco-Technik durch, rat. — Stil bevorzugt, ohne auf ihn begrenzt
bildete aber dann die techn. Voraussetzung zu sein. Nach dem isthet. Gesetz von der
der groBartigen spatbyz. u. russ. Monumen- Notwendigkeit der Asymmetric ist aller-
talmalerei. dings eine perfekte F. auf den Denkmilern
aller Kunstgattungen kaum anzutreffen.
Lit: V. G. Brjusova, Freski Jaroslavija XVII - Der psycholog. Effekt der F. besteht darin,
nacala XVIII veka, Moskau 1969 (mit engl. u. dt.
Zusammenfassung); N. CernySev, Iskusstvo Freski daB die dargestellte Person den Beschauer
v Drevnej Rusi, Moskau 1954; I. E. Danilova, sowohl anzieht bzw. bei figurenreichen u.
Freski Ferapontova Monastyrja, Moskau 1969 szen. Kompositionen in den Bildraum ein-
(tuss., engl.); V. N. Lazarev, Drevnerusskie Chu- bezieht als auch sich zugleich von ihm di-
doZniki i metody ich raboly, Drevnerusskoe Is-
kusstvo, Moskau 1963, 7-21; ders.; Freski Sofii
stanziert.
Kievskoj; ders.; Vizantijskoe i drevnerusskoe Is-
kusstvo, Moskau 1978, 65-115; G. N. Logvin, Sofi- Lit: L. Budde, Die Entstehung des antiken Re-
ja Kievskaja, Kiev 1971; P. Philippot, Die Wand- prasentationsbildes, Berlin 1954; A. Grabar, Deux
malerei. Entwicklung, Technik, Eigenart, Wien — Monuments Chrétiens d’Egypte, Bibliothéque des
Miinchen 1972; M. Restle, Die Byz. Wandmalerei CAr2, Paris 1968, 1-10; E. Suys, Reflexions sur la
in Kleinasien, 1. Bd., Recklinghausen 1967, 193 Loi de Frontalité, AIPH 3, 1935; H. Zaloscer,
bis 230; N. N. Voronin, Smolenskaja Zivopis 12-13 ‘Vom Mumienportrat zur Ikone, Wiesbaden 1969,
vekov, Moskau 1977; D. Winfield, Middle and La- 58-69; E.Will, Le relief cultuel gréco-romain. Bi-
ter Byzantine Wall Painting, DOP 22, 1968, 61 bis bliothéque des Ecoles Frangaises d’Athéneset de
139; LdK 2 (1989), 591-593. Rome, 183, Paris 1955,219-271 (dazu Rez. J. M.C.
Toynbee, Journal of Roman Studies, 47, 1957,
Friedenskuf (grch. aspasmos, m.; russ, celo- 262-264), B. Uspensky, The Semiotics of the Russ.
Icon, Lisse 1976, Reg.: View, frontal; RBK 2, 586
vanie, n.), ein kurzer Abschnitt in der Litur- bis 593; LdK 2 (1989), 602-603. - S. auch Lit. zu
gie, in dem die Gemeinde durch den Dia- Stil, hieratischer.
kon zur gegenseitigen Liebe aufgefordert
wird (vgl 1. Kor. 16, 21), bevor sie das
Glaubensbekenntnis spricht. DerF. ist Aus- Frosch (grch. batrachos, m.; lat. rana, f.;
druck der Gemeinschaft (grch. koinonia) in russ. [jagucha, f.). Der F. wird in Offb. 16, 13
der Eucharistie, die sich auf dem Liebesan- als unreines Tier bezeichnet. In Agypten ge-
gebot Christi griindet. Schon Justin (gest. nof er in Verbindung mit der Nilverehrung
um 165) kannte das Philema (grch.; vgl. (Niliiberschwemmung) das Ansehen cines
Rom.16, 16) vor der Darbringung, das nach Symbols ewiger Fruchtbarkeit, der Wieder-
der Kirchenordnung Hippolyts (> unter geburt u. des ewigen Lebens. Darstellungen
Kirchenrecht) nur von den Getauften aus- des F.s in der kopt. Kunst mit einem Kreuz
getauscht wird. Wohl unter dem Einflu8 vor dem Maul od. auf dem Kérpersind des-
von Matth. 5, 23 wurde der F. im 4. Jh. un- halb wahrscheinlich Ausdruck eines synkre-
mittelbar vor der Liturgie der Glaubigen tist. Christentums. DerF.galt sonst als Zei-
plaziert, im Verlauf der Liturgiegeschichte chen der Hiresie. In der Ketzerliste des
u. nach EHinfiithrung des Glaubensbekennt- CorpusJuris Civilis (I, 5, 5) des Kaisers Ju-
nisses erhielt er seinen Platz vor diesem. stinian (gest. 565) werden die F.-Anbeter
‘Vom F. zu unterscheiden ist der Ku8 sakra- (grch. batrachitai) genannt; sie waren im
ler Gegenstinde. Westen bis zum 17. Jh. bekannt. — auch
Fisch.
Lit: Baumstark, 135 ff.; Hanssens, Nr. 1155-1169;
Jungmann 2, 399-4: chulz, Die byz. Liturgie,
Lit: W. Fraenger, Hieronymus Bosch, Dresden
Reg. II B. — S. auch Lit. zu Ku&.
1975; G. Ristow, Das F.- u. Krétenmotiv auf kopt.
Tonlampen, Forschungen u. Berichte der Staatl.
Friedhof, Friedhofskirche — unter Coeme- Museen zu Berlin 3, Berlin 1963; F. X. Steinmet-
terium, > Coemeterialkirche zet, Das F.-Symbol in Offb. 16, Bibl. Zs. 10, Pa-
derborn 1912, 252-260; M. Lurker (Hg.), ‘Worter-
buch der Symbolik, Stuttgart 19832, 206; LChI 2,
Frontalitit (lat. frons, £., ‘Stirn’, “Vordersei- 676-677; RBK2, 593-595.
122
FaSwaschung
Fibitte, Interzession (lat. intercessio, f., Lit.: Dix, 170 ff; Handbuch 1, 296 £., 415 £; Reg.:
“Veto des Volkstribuns’, ‘Rechisvermitt- F.; Hanssens, Nr. 1336-1352; Jungmann 1, 614 bis
628; 2, 191-199; G. Winkler, Die Interzessionen
lung’, ‘Kautionsstellung’), Gebete, in denen der Chrysostomusanaphora in ihrer geschichtl.
Anliegen fiir Dritte (Kirche, Gemeinde [> Entwicklung, OrChrPer 36, 1970, 301-336; 37,
auch BuBklassen], Obrigkeit, Berufsgrup- 1971, 333-383; Schulz, Die byz.Liturgie, Reg.Ii B
pen) in Verbindung mit einer bestimmten ({nterzession);Ch.Walter, Art and Ritual of the
Byz.Church, London 1982, Reg.: Intercession;
Gestik vorgetragen werden. (Zum Interzes- LexMA4, 1027.
sionsrecht des Bischofs > auch Asyl). Das
formulierte Beten der Kirche traigt zwar im-
mer den Charakter der F., diese erscheint FuBSwaschung (grch. nipter, m., ‘Wasch-
aber bei einer bestimmten Gruppe von li- becken’; russ. umovenie nog). 1. Die F., in
turg. Gebeten, der GroBen F., in besonderer der Antike ein Dienst der Skaven, erhielt
Weise ausgepragt. Im byz.u. syr. Ritus steht im Christentum vor allem durch Joh. 13, 2
die Interzession, die immer der Priester bis 17 - die F. Jesu an seinen Jiingern beim
spricht, nach der Wandlung, in Agypten im letzten Abendmahl — einen neuen Sinn. Die
Eucharist. - Hochgebet, in der pers. Kir- Zeremonie (— Akoluthia) der F. am Griin-
che nach dem Einsetzungsbericht. In Ver- donnerstag mit dem Charakter eines Myste-
bindung mit der Vorstellung von der Ge- rienspiels hat ihren Ursprung sehr wahr-
genwart Christi in der Eucharistie glaubte scheinlich im Kloster, wo sie vomAbt voll-
man die Interzession ihm unmittelbar, d. h. zogen wurde. Aus dem klésterl. Bereich
im Zusammenhang mit den Kerstiicken tibernahmen sie zunachst Bischof u. Patri-
(— Anaphora) der Liturgie, vorzutragen. arch u. von ihnen in spatbyz. Zeit der Kai-
Der mit der F. eng verbundene Aspekt des ser. Auch im Westen wurde die F. zuerst in
Kléstern geiibt, Ende des 7. Jh. in die Ka-
Kirchenrechts wird in den Diptychen deut-
thedraien eingefiihrt u. schlieSlich vom 12.
lich. Die GrofeF. wird eingeleitet durch ei-
Jh. an als papstl. Zeremoniell bekannt. Un-
nen an die Gottesmutter gerichteten Hym-
ter Innozenz ILI. (gest. 1216) wurdesie je-
nus (+ Megalynaria). An der Spitze der
den Sonnabend vollzogen. Das Mandatum
Personen, die genannt werden, stehen nach
fratrum (lat., ‘Dienst an den Briidern’) nach
der Gottesmutter die himml. bzw. hl. Bur-
Joh. 13, 14, anfangs nur an Mitgliedern des
gen(lat. intercessores) der Firbitte: Johan- Klerus vollzogen, wurde im Osten u. We-
nes der Taufer, die Apostel. Es folgen die
sten erginzt durch das Mandatum pauper-
Diptychen der Verstorbenen u. der Leben- um ({lat., ‘Dienst an den Armen’), wozu
den. Abnlich aufgebautist die F. in der Vor- noch Speisung u. Geldspende gehérten. Das
messe, der Prothesis. byz. Mysterienspiel hat die Vorsteliung zur
Die gottesdienstl. F. kannte schon die Urge- Voraussetzung, da8 der Bischof unmittelba-
meinde (Rém. 15, 30-32; 2. Kor. 1, 11; Kol. res Abbild Christi ist; beim Vollzug der F.
4, 2; Eph. 6, 18-19; 1. Thess. 2, 5; 1. Tim. 2, durch den Kaiser sind entsprechende Ideen
1-4). Die GroBe F. war der Kirchenordnung einer imperialen Theologie maBgebend.
Hippolyts (= unter Kirchenrecht) noch un- 2. Die IkonographiederF. richtet sich nach
bekannt. Dagegen diirfte die F. fir die Mar- Joh. 13 u. den Hymnen des Griindonnersta-
tyrer bereits in Ubung gewesen sein. Das ges, die diesen Text auslegen. Die einfachen
»Offentl. u. allgemeine Gebet“ (grch. koine Bildschemata der Friihzeit erfuhren nach
euche; lat. publica et communis oratio, ora- dem Bilderstreit (> unter Bild) eine Berei-
tio plebis) Justins (gest. um 165), Cyprians cherung. Die wesentlichste Neuerungist der
(gest. 258) u. Augustins (gest. 430) trug Zeigegestus des Petrus, der auch sein Haupt
zwar interzessor. Charakter, wird aber wohl gewaschen haben wollte (vgl. Joh. 13, 9). In
dem Typ der Ektenien zuzurechnen sein. derselben Zeit geht das Thema der F. von
Erst im 4. Jh. wurde die GroBeF. in Jerusa- der Bibelillustration in die Ikonen- u. Mo-
lem, im antiochen. Liturgiegebiet u. in numentalmalerei iiber. Im Bildprogramm
Agypten bekannt; spiiter wurde sie allge- erhielt sie zundchst ihren Platz im Vorraum,
mein itblich. In der Ikonographie wurde das dem Narthex. Im Zuge einer verstdrkten
Thema der F. in besonderer Weise in der eucharist. Frémmigkeit in spatbyz. Zeit er-
Deesis dargestellt. schien sie vorzugsweise in der Nahe der
123
Gabriel
Apostelkommunion in der Apsiszone. Aber malerei (z. B. Rabulaskodex, — Bibel-
auch hier gehdrt die F. nicht zu den wichti- illustration), finden sich G. in der Kunst des
gen Bildthemen. christl. Ostens sehr selten u. verschwinden
aus ihr nach dem 9,/10. Jh.
Lit.: H. Giess, Die Darst. der F. Christi in den
Kunstwerken des 4,-12. Jh., Rom 1962; Goar, 591 Lit: Weitzmann, Reg.: Gammadiae; RBK 2, 615
bis 596, E. H. Kantorowicz, The Baptism of the bis 620.
Apostles, DOP 9-10, 1956, 203-251; Maltzew3, 2.
Teil, 62-89; L. Petrides, Le Lavement des Pieds de
Jeudi-Saint dans l’Eglise Grecque, EO 3, Gebiirde > unter Gestus
1899/1900; Pokrovskij, 296-298, Th. Schafer, Die
F. im monast. Brauchtum u.in derlat. Liturgie,
Beuron 1956; Schiller 2, 51-58, H. A. P. Schmidt, Gebet (grch. euche, £.; russ. molitva, f., mo-
Hebdomada Sancta 1, Rom 1956, 80 ff.; 2, 1958, leben, m.; lat. oratio, f., prex, £.), neben der
763-776; O. Treitinger, Die ostrém. Kaiser- u. Arbeit eine der dltesten Betatigungen u.
Reichsidee, Homburg v. d. Héhe 19694, 126 £;
LCAI2, 69-72; RBK 2, 595-608. Verhaltensweisen des Menschen; durch sie
suchte er Kontakte mit Machten auferhalb
seiner Person u. der Welt.
1. So groB der Unterschied zwischen dem
G.auf der mag. Religionsstufe der Mensch-

G heit u. dem G. des Christentums auch sein


mag: bestimmte Strukturen sind ihnen ge-
meinsam (etwa das Ich-Du-Verhiltnis; die
Gabriel — unter Engel Anrede; das religiése ,,Protokoll; Objekte
des G.s u. ,,Verhandlungsmodi“u. a.). Die
Galaktotrophusa —> unter Gottesmutterbil- unmittelbare Schule des christl. G.s war das
der gottesdienstl. G. der Synagoge u. das Beten
der jiid. Hausgemeinde. Von dort tiber-
Galerie (ital.), schmaler, gedeckter Gang nahm das Christentum die G.s-Zeiten (>
zur Verbindung mehrerer Raume, in der Stundengebet), den Psalter als G.s-Buch, z.
altkirchl. Baukunst vor allem in den Kata- T. die G.s-Gattungen (s. unten), die Erfah-
komben. tungen der G.s-Ekstase, die Spannung zwi-
schen dem individuellen u. kollektiv-liturg.
Lit: LK 2 (1989), 627-628; LexMA 4, 1984. G. u. eine jedenfalls zur Zeit Christi noch
vorhandeneFreiheit der Gebetsmuster. Bei
Gammadia (lat., n. plur., sing. gammadium, aller formalen Ahnlichkeit unterscheidet
vom grch. Buchstaben gamma), buchsta- sich bereits im NT das G. der Christen von
bendhnliches, in verschiedenen Kombina- dem der Juden: Der Beter betet niemals in
tionen (z. B. aus den lat. Buchstaben L, N, P seinem eigenen Namen, sondern in dem
u. a.) zusammengestelltes Schmuckorna- Christi u. des hi. Geistes, bei Justin (gest.
ment des antiken Mantels (= Mandyas) u. um 165) schon mit einer trinitar. Formel
anderer Gewdnder, vorwiegend auf den verbunden. Die Entmachtung des Beters als
tiber den linken Arm fallenden Enden. Ein »teligiéses Genie“ bedeutete einen Bruch
symbol. Sinn ist aus ihnen bisher nicht er- mit der religionsgeschichtl. Tradition wie ei-
schlossen worden. Im Westen auf profanen ne stindige Infragestellung des G.s der Kir-
Kleidungsstiicken unbekannt, erscheinen che selbst durch ihren Herrn. - Diese Pro-
die G. zum erstenmal bei den Gewandern blematik des christl. G.s bestimmte seine
hervorragender Vertreter des AT auf den Entwicklungsgeschichte bereits im nachapo-
Fresken der Synagoge von Dura Europos stol. Zeitalter. Gegeniiber dem freien, wenn
(245 n. Chr.). Diese Vorbilder haben sehr auch an bestimmten Modellen orientierten
wahrscheinlich auf die entsprechenden Or- Beten des Charismatikers wurde die Alte
namente auf den Gewéndern Christi, der Kirche in ihrem Kampf gegen Gnosis u.
Propheten, der Apostel u. anderer Heiliger Haresie verstirkt zu mehr od. weniger fi-
eingewirkt, wie sie seit dem 4. Jh. im xierten G.s-Formulierungen gezwungen, die
Westen anzutreffen sind. Abgesehen vonei- sie schlieBlich der Verantwortung des Bi-
nigen wenigen Beispielen der Miniatur- schofs u. seines Klerus iibertrug. Dieser im
124
Gebet
einzelnen komplizierte ProzeB wurde be- Asthetisierung u. eine Reihe anderer Fakto-
gleitet u. unterstiitzt durch die Entstehung ren haben gegensdtzl. Reaktionen nicht aus-
fixierter Liturgieformulare (— Liturgie). geschlossen. Im Mittelpunkt dieser Reaktio-
Ein anderer wichtiger Entwicklungsfaktor nen steht das Ménchtum, das’sein Verhalt-
waren die G.s-Sammlungen der Martyrer. nis zum Gottesdienst u. seinen G.en an den
2. Der Grundzugdesliturg. G.s ist die Fiir- alten u. schlichten Formen des Stundenge-
bitte. Neben den spezif. Formen der betes orientierte, ein Grundmodell, zu dem
GroBen — Fiirbitte, der Ektenie u. der es selbst trotz aller G.s-Reglementierungen
Synapte, lassen sich (bei flieBenden Gren- (> Stundengebet,-gottesdienst) immer wie-
zen) noch 4 weitere Gruppen unterschei- der zuriickstrebte. Es lassen sich folgende
den: (a) die Anbetung, (b) der Lobpreis, Sondererscheinungen des monast. G.s her-
wie z. B. die Doxologie, (c) das Dank-G. ausstellen: (a) das ekstatische, oft im Dialog
(grch. eucharistia), wie denn tiberhaupt die zwischen Gott u. Beter verlanfende u. in die
Eucharistie auch als das groBe G.s-Opfer Schau géttl. Herrlichkeiten miindende G.
der Gemeinde verstanden worden ist, und der byz. Mystiker, vor allem Symeons des
(d) das G. der BuBe (— auch Gonyklisia, > Theologen (gest. 1022), das sich an den My-
Proskynese). Innerhalb der Eucharistic hebt sterien (= Sakramenten) orientierte u. lehr-
sich schlieBlich noch eine besondere Art des konform blieb; — (b) das sog. Jesus-G. (ein
liturg. G.s heraus: das G. des Priesters um immerwihrendes, mit einer bestimmten
Vergegenwirtigung des Golgathaopfers Atemtechnik verbundenes geistiges od.
Christi, das anamnet. G. im weitesten Sinne, Herzensgebet), das auf eine alte Tradition
wie es im Eucharist. > Hochgebet, in der zurtickgeht u. bis in das 20. Jh. hinein auch
Epiklese u. Anamnese u. im Wandlungs-G. von Laien geiibt wird. Es erlebte im Hesy-
deutlich zum Ausdruck kommt. — Wesent- chasmus (— unter Ménchtum) in spatbyz.
lich fiir das Verhalten des Beters ist seine Zeit in den Athoskléstern eine Hochbliite.
K6rpersprache (— Gestik). Zum Teil wilde Auswitichse der Ekstase
3. Nehmen wir die Hymnen der Ostkirche muBten von der Kirche bekimpft werden.
als weitere Gattung hinzu, so ergeben sich Die Schau der Energien Gottes wurde von
bestimmte Prinzipien einer Poetik des G.s, Gregorios Palamas (gest. 1359) in das (letz-
die nicht wenige von ihnen zu sprachl. (> te byz.) theolog. System eingebaut, das auch
auch Kirchendichtung) u. musikal. (— auch ein System der G.e der Ostkirche darstellt.
Kirchenmusik) Kunstwerken werden lieBen. Auf der anderen Seite entstand unter den
Zur poet. Grundstruktur des liturg. G.s ekstat. Hesychasten eine nonkonformist.
gehért sein Dialogcharakter, der es vom Bewegung, die Dogma,Hierarchie u. Sakra-
(zumindest formalen) Monologismus des mente als fiir den visiondren Beter nicht
Individual-G.s abhebt. Dem entspricht ein mehr notwendig erklarte. Verwandte An-
durchdachter Aufbau der G.s-Anliegen (In- schauungen finden wir bei den balkan.
tentionen) nach einer derchristl. Lehre fol- Hiresien der Bogomilen. Im 18. Jh. kam es
genden Hierarchie der Wertigkeiten, ver- zu den groBen Sammlungen asketisch-me-
bunden mit einer disziplinierten Steigerung ditativer Schriften der oriental. Vater aus
u. Spannung, einem Ausgewogensein von der Zeit der Alten Kirche bis zum 14./15.
religidsem Gefiihl u. religiésem Intellekt. Jh. sowohl auf dem Athos (durch Nikode-
Sie haben mitgewirkt, die eingangs erwahn- mos Hagiorites [gest. 1809] in Gestalt der
ten religionsgeschichtlich _iiberlieferten »Philokalia“ (grch., ‘Liebe zur geistl. Schon-
Grundformen u. -motive des G.s zu einem heit’?) als auch zu deren Ubersetzung in
einsichtigen u. den Beter zur Teilnahme for- Ruminien u. SiidruBland bes. durch Paisij
dernden Wortgefiige zu machen. Velitkovskij (gest. 1794), die entsprechend
4. Die Entwicklung desliturg. G.sist aller- »Dobrotoljubie* hie’. (Von ihr zu unter-
dings auch nicht ohne Probleme geblieben. scheiden ist die ,,Philokalia“ aus Origines,
Die Ersetzung des Subjektes der Liturgie, -> unter Ménchtum.) Die Auswirkungen
der Gemeinde, durch den Chor, die Kleri- dieser ftir das G.s-Leben der Ostkirche be-
kalisierung u. Verrechtlichung der Euchari- deutsamen Sammlungensind bis heute fest-
stie u. damit ihrer G.e, ihre im Rahmen der zustellen. Das russ. Starzentrum (— Charis-
spezifisch byz. Kultusisthetik zunehmende ma), aber auch die Laienfrémmigkeitist oh-
125
Geburt Christi
ne diese Zusammenhinge nicht zu verste- 1962-1963, 79-84; J, A. Jungmann, Christl. Beten
in Wandelu. Bestand, Miinchen 1969; E. Kadlou-
hen. — (c) Die Praktizierung des Jesus-G.s
bovsky — G. E. H. Palmer, Writings from the Phi-
hatte Vorlaufer im 4./5. Jh. in den ,,Schlaflo- lokalia on Prayer of the Heart, London 1961, R.
sen“ (grch. akoimetoi), die, einander ablé- Kerkhoff, Das unablassige G., Miinchen 1954; G.
send, sich zu pausenlosem G. u. Gottes- van der Leeuw, Phinomenologie der Religion,
dienst versammelten. Die Anhanger der Tiibingen 19562, Reg.: G.; J. Meyendorff, Intro-
duction & [Etude de Grégoire Palamas, Paris
Haresie der Messalianer (auch Euchiten, 1959; Un Moinede lEglise d’Orient, La Prigre de
‘Beter’, genannt) vom 4. Jh. glaubten durch Jesus, Chevetogne 1959; D. Obolensky, The Bo-
fortwihrendes Beten des Vaterunsers die gomils, Cambridge 1948; Reg.: Prayer, Werner,
Daémonen auszutreiben ou. gelangten Reg.: Prayers, G. Widengren, Religionsphinome-
nologie, Berlin 1969, Reg.: G.; Ch.Walter, Art and
schlieSlich zu dhnl. Konsequenzen wie die Ritual of the Byz.Church, London 1982, Reg.:
erwihnten ekstat. Hesychasten des Athos. Prayer; N. A. Nissiotis, The Relationship between
Gegeniiber solchen subjektiv-monologist. Corporal Worship and Individual Prayer in the
G.s-Formen u. ihren Gefahren erwies sich Orth, Tradition, Ecumenical Institute for Ad-
vanced Theol. Studies, Yearbook 1978/79, 129 bis
das liturg. G. letzten Endes als die beste 146; P. F. Bradshow, Daily Prayer in the Early
Schule des G.s sowohi fiir den gottesdienstl. Church, London 1981; LChI 2, 85-86 (G.s-Hal-
Bereichals auch fiir den der personl. Froém- tung); LexMA 4,1155-1159.
migkeit.
5. Der unsinnlich-geistige Vorgang des G.s Geburt Christi (etch. genesis tu Christu, ge-
driickt sich, wie eingangs bemerkt, sinnen- nethlion tu Christu; russ. ro#destvo Christo-
haft durch eine entsprechende Kérperhal- vo; lat. natalis Christi). 1. Bereits im NT
tung (> Gestik) aus, die ihrerseits die werden heilsgeschichtl. Zusammenhange
menschi. Gestalt erst als Beter darstellbar zwischen der Geschichte des Isaak als Vor-
macht. Sofern das gleichzeitig méglich ist, Bild (grch. typos) u. der G.Ch. als Ereignis
halten die Beter auf einer geéffneten Rolle hergestellt (1. Mose 21, 1-3; 22, 1-19; vgl.
die von ihnen gesprochenen G.s-Texte Matth.1, 2/Luk. 3, 34; Apg7, 8/Joh.8, 31 bis
(meist) in der linken Hand, wahrend: die 39; Rom. 9, 7-10; Gal. 3, 16; 4, 21-31). Um
Rechte einen Teil des G.s-Gestus vollzieht. od. bald nach 100 (z. B. bei Ignatius von
Dieser charakterist. gestaltikonograph. Ty- Antiochien, gest. nach 110) manifestierten
pus erscheint vorwiegend (wenn auchnicht sich diese Zusammenhinge allmahlich zu
ausschlieBlich) bei der Wiedergabe von zykl. Vorstellungen (noch nicht zu einem
G.en, die von Bischéfen od. hl. Liturgen Festdatum), indem Empfaingnis, Geburt u.
Qohannes Chrysostomus, Basilius der Tod Christi (nach legendaren Auslegungen
GroBe; —» auch Chrysostomusliturgie, — von 1. Mose22 tiber Isaak) auf den 14.(15.)
Basiliusliturgie) an bestimmten Stellen der Nisan (vel. Karfreitag) gelegt u. mit Licht-
Liturgie gesprochen werden. Die G.s-Texte wundern (> Licht) verbunden wurden (vgl.
der Gottesmutter sind gréBtenteils Fiirbit- auch 1. Mose 22 unter den Lesungen in der
ten. Bei Texten, die auf dem Hintergrund Nachtwacheauf Ostern).
einer Ikone aufgezeichnet sind (was aller- Die Ablésung dieser Vorstellungen im 3. Jh.
dings nicht haufig vorkommt), handelt es ist mit der Ubernahme des Sonnenjahres
sich um G.e, die der Maler od. der Auftrag- durch die Christen zu begriinden, der be-
geber an die dargestellte hl. Person richtet. teits im 2. Jh. die Einrichtung des Sonntags
vorangegangen war. Damit war die Voraus-
setzung geschaffen, den alten, auf dem jiid.
Lit: A.M. Ammann, Die Gottesschau im palamit.
Hesychasmus, Wiirzburg 1938, E.-M. Bachmann Mondjahr basierenden bewegl. Zyklus des
u. G. Schréder (Hg.), Quellen des Geistes, Erfah- Jahtes (— auch Oktoechos) durch einen
tungen groBer russ. Beter, Leipzig 19792; Beck, zweiten Zyklus mit fixen Daten zu ergan-
Reg.: G.; A. Borst, Die Katharer, Stuttgart 1953, zen. Mitte des 3. Jh. legte die Kirche den
B- G. Delling, Der Gottesdienst im NT,
Berlin 1952, Reg.: G.; E. v. d. Goltz, Das G.in der ersten Schépfungstag in die Nahe der Frith-
altesten Christenheit, Leipzig 1901; J. Gouillard - lings-Tagundnachtgleiche (lat. aequinoc-
G. Frei, Kleine Philokalie zum G. des Herzens, tium, — auch Zeitrechnung), auf den 25.
Ziirich 1957; A. Hamman, La Priére, 2 Bde., Marz (> Verkiindigung der Goitesmutter),
Tournai 1959, 1963; F. Heiler, Das G., Mtinchen
19235 (Reprint Miinchen - Basel 1969); E. v. Ivan- u. die Erschaffung des Lichts auf den 28.
ka, Liturgie u. betrachtendes G., JOBG 11/12, Marz; dieser Tag wurde nach Mal. 3, 20 und
126
Geburt Christi
Joh. 8, 12-18 zugleich als Tag der G. Ch. tative Kultusstitte geschaffen hatte (+ auch
verstanden. Diese Auffassung konnte sich Kirchenbau). Jerusalem verweigerte ihm
jedoch nicht durchsetzen. Unter Kaiser Au- langere Zeit die Anerkennung, u. die ar-
relian (gest. 275) wurde der 25. Dez. (nach men.Kirche feiert bis heute seinen weit al-
der Wintersonnenwende[lat. sodstitium] am teren ,Rivalen* Epiphanie. Byzanz iiber-
21. Dez.) als Reichsfeiertag der NATALIS nahm den 25. Dez. im Jahre 380.
SOLIS INVICTI (lat., ‘Geburtstag der unbe- Von den 3 Messen anlaBlich der G. Ch.
siegbaren Sonne’) eingeftihrt. Die Alte Kir- wurde die Tagesmesse schon in Alt-St.-Pe-
che begegnet dieser Sonnenverehrung ter gefeiert. Im 5. Jh. beging die rém. Kirche
(Heliolatrie) der rém Kaiser durch Zuord- die Nachtwache in S. Maria Maggiore ,,ad
nung des Sonnenjahres zu bestimmten Er- praesepem*(lat., ‘an der Krippe’, weil sich
eignissen der Heilsgeschichte, ohne diese hier eine Reliquie der Krippe von Bethle-
vorerst als Feste anzusehen: hem befand), wohin vom 12. Jh. an auch die
Herbst- —Empfangnis Tagesmesse verlegt wurde. Die mariolog.
aequinoctium Johannes des Akzente des Festes wurden auf der 3. Oku-
(23. Sept.) Vorlaufers (des men. Synode von 431 gesetzt (> auch Got-
Taufers) tesmutter). Damit begann eine allmihl.
(23. September) theolog. Auffiillung des Festgehaltes (noch
Sommer- —Geburt Johannes fiir Augustinus [gest. 430] war der 25. Dez.
solstitium des Taufers ein reiner Gedachtnistag). Im byz. Bereich
(21. Juni) (24, Juni) erhielt das Fest eine wesentl. Bereicherung
Frithlings- —Empfangnis durch das Kontakion des Meloden Roma-
aequinoctium Christi nos (gest. 573) auf die Geburt Christi, das
(21. Marz) (25. Marz) Poiema (grch., ‘Dichtung’) des Patriarchen
Wintersolstitium —Geburt Christi Sophronios (gest. 638) u. das Doxastikon
(21. Dez.) (25. Dez.) der Dichterin Kasia (gest. 810). Die mit
Dem NATALIS SOLIS INVICTI wurde nach dem Abendgottesdienst verbundene Nacht-
Mal. 3, 20 Christus als Sol Justitiae (Sonne wache erinnert mit ihren AT-Lesungen
der Gerechtigkeit) entgegengestellt. (ebenso wie die der G. Ch. vorangehende
2. Die Geschichte des Festes der G, Ch.ist 40tagige Fastenzeit u. die ihr nachfolgende,
aus diesen situationsmilitanten Zusammen- mit der Beschneidung Christi abschlieBende
hangen zu verstehen. Der rém. Chrono- Oktav) an die von Ostern: Die Vor-Bilder
graph von 354 (— unter Zeitrechnung) setz- (grch. typoi) des AT (1. Mose 1, 1-13; 4.
te den 25. Dez. an die Spitze der 336 aufge- Mose 24, 2-3.5-9.17-18; Micha 4, 6-7; 5,
stellten Deposition martyrum (der Liste der 3-3; Jes. 11, 1-10; Baruch3, 36 — 4,4; Dan.2,
Orte, an denen sich Reliquien von Marty- 31-36.44-45; Jes. 9, 5-6; Jes. 7, 10-16; 8,
rern befinden, mit Angaben des Dies nata- 14.810 fithren auf die Erfiillung der eben-
lis). Die Einfiihrung des Festes wird um 330 falls in der Vigil gelesenen Perikopen des
anzusetzen sein, nachdem Kaiser Konstan- NT (Hebr. 1, 1-12; Luk. 2, 1-20). Im Mor-
tin I. (gest. 337) mit der Kirche Frieden ge- gengottesdienst folgt auf die Verlesung von
schlossen hatte u. diese das Gegenfest zum Matth. 1, 18-25 ein kunstvoll ineinander-
NATALIS SOLIS INVICTI offiziell feiern konn- greifender Doppelkanon des Kosmas von
te. Es wurde sehr wahrscheinlich zundchst Majum (8. Jh.) u. des Johannes Monachos
auf dem Vatikanhiigel begangen, wo sich (wahrscheinlich Johannes von Damaskus,
ein zerstértes Heiligtum des mit dem sor gest. um 750), der in ebenso kunstvollen
INVicTuUs identischen u. vor allem im rém. Wendungen das Geheimnis der Inkarnation
Heerstark verehrten Mithras befand, bevor beschreibt. Die Liturgie mit Gal. 4, 4-7 u.
der Kaiser dort mit dem Bau der Petrusba- Matth. 2, 1-12 vereinigt die Gemeinde mit
silika (— auch Kirchenbau) begann. Im dem Mensch gewordenen Gottessohn. Am
Orient konnte sich das neue Fest nur lang- 24. Dez. werden die Kinigl. > Horen gefei-
sam durchsetzen, obwohl schon Kaiser Kon- ert. Am 26. Dez. wird ein Festgottesdienst
stantin mit dem Bau der Geburtskirche in (> Synaxis) fiir die Gottesmutter gehalten.
Bethlehem iiber der Geburtshéhle (mit dem Die alte Ideenverbindung zwischen der G.
Krippenaltar; s. auch Pkt. 3) eine repriisen- Ch. u. der Martyterverehrung hat sich in
127
Geburt Christi

Geburt Christi

den Gedenktagen nach dem 25. Dez. erhal- Scho, Weise (Magier) u. Hirten zur Anbe-
ten (27. Dez, — Protomartyrer u. Erzdiakon tung empfangend (— auch Synaxis der
Stephanus; 28. Dez, ~ die 303 in Nikomedi- Gottesmutter). Beim zweiten Typ liegt Ma-
en verbrannten Christen; 29. Dez. - die von ria auf dem Wochenbett, der Kline (grch.).
Herodes ermordeten u. als Erstmartyrer Die Darstellung mit ihrer Betonung der
verehrten unschuldigen Kinder). Die dra- wabren Menschlichkeit Christi u. zugleich
mat. Elemente der Festhymnen haben auf der Gottesmutterschaft Mariens wurde nach
die Entstehung eines Mysterienspiels der G. dem Bilderstreit (— unter Bild)fiir die Ge-
Ch. Einflu8 genommen. samtkomposition des Ostens charakteri-
3. Die literar. Vorlagen der Ikonographie stisch. Wahrend der Osten das Héhlenmotiv
der G. Ch. sind neben den kanon. Evangeli- zu einer vielschichtigen Mystagogie der Im-
en (Matth. 1, 1-25; Luk. 2, 1-20) die Kind- merjungfriulichkeit Mariens ausbaute,blieb
heitsevangelien der Apokryphen, zu denen der Westen, nicht zuletzt wegen der Ableh-
spiter die Hymnentreten. Die alteste Dar- nung der nichtkanon. Kindheitsevangelien
stellung befindet sich auf dem Deckeleines mit ihrem Motiv der Lichthéhle, beim Stall-
Sarkophags (um 320): das enggewickelte motiv. Vor allem die Ikonenmalerei bildete
Kind in einem niedrigen Futtertrog, hinter ikonograph. Personal u. Szenarium weiter
ihm Ochsu. Esel (nach Jes. 1, 3 u. der Ode aus. Oft kam es zu eigenen Festzyklen, bei
aus Hab. 3, 2, nach dem grch. Text der Sep- denen das gesamteliterarische Material der
tuaginta: ,,... inmitten zweier Tiere“, statt G. Ch. verarbeitet wurde. In mittel- und
hebraisch [Luthertext]: ,,mitten in den Jah- spitbyz. Zeit sowie in RuBland wurde die
ren“), an der Seite ein Hirte. Das Szenari- Darstellung zu einer komplizierten theolog.
um kann um mehrere Hirten vermehrt uv. Zusammenschau (Synopse), indem gedankl.
der Stall durch ein Schutzdach (lat. tuguri- Verbindungen etwa zwischen der Geburts-
um) angedeutet werden. Kennzeichnend ist u. der Hadeshdhle (> unter Auferstehung
das Fehlen von Maria u. Joseph. Damit Christi) od. zum Siindenfall von Adam u.
hatte die Alte Kirche den Verktindigungs- Eva hergestellt wurden. Im Gegensatz zu
gehalt des 25. Dez. auf die praignanteste den westl. Geburtsbildern anderte die Auf-
Formel gebracht. Selbst dort, wo die Got- nahme von Genreszenen (Wochenstuben-
tesmutter hinzukommt, wird sie noch nicht szene), Hirtenidylle (Bukolik), Landschafts-
Mittelpunkt der Komposition. Seit etwa 340 bildern u. a. in das byz.-slav. Schemanichts
wird die Anbetung der Magier (wie die hl. an ihrem urspriinglichen u. streng dogmat.
drei Kénige im Osten genannt werden) aus Verkiindigungsgehalt. — Taf. 33, Abb.
dem Epiphanie-Schema tibernommen (> Texte: s. Anhang Nr. 14,3; 16,2; 16,3; 19,2;
Aurum coronarium). Mit dem 5. Jh. riickt 21,1; 24,3; 28,1.
Maria immer mehr in den Mittelpunkt der Lit: G. Aust, Die G., Diisseldorf 1953, Baum-
Darstellungen. Dabei entwickeln sich 2 stark, 152-157, 160 Ef., Reg.: Christmas; R. Berger,
Grundtypen: Beim Epiphanie-Typ thront Ostern u. Weihnachten, ALW 8, 1964, 1-20; Blu-
die Gottesmutter mit dem Kind auf dem dau, 69 ff.; B. Botte, Les Origines de la Noél et de

128
Geburt der Gottesmutter
lEpiphanie, Louvain 1932; B. Botte, E. Mélia u. Nachricht vom Hause Joachims u, Annas
a., Noél, Epiphanie, Retour du Christ, Paris 1967;
O, Cullmann, Der Ursprung des Weihnachtsfe- (> Empfangnis der hl. Anna) in der Nahe
stes, Ziirich 19602; N. M. Denis-Boulet, Le Calen- des Bethesdateiches. Die Kirche wurde 614
drier Chrétien, Paris 1959, 51-55; F. J. Délger, Na- von den Persern u. 638 voni den Arabern
talis Solis Inviecti u. das christl. Weihnachtsfest, zerstort. Vielleicht setzte die byz. Kirche da-
AuC 6, 1950, 23-30, H. Dérries, Eine altkirchl.
nach — wohlim situationsmilitanten Zusam-
Weihnachtspredigt, Ders., Wort u. Stunde, Git-
tingen 1966, 303-333, H. Engberding, Der 25. De- menhang mitderaltoriental. Muttergottheit
zemberals Tag der Feier der Geburt des Herrn, (- Entschlafen der Gottesmutter) — den 8.
ALW 2, 1952, 25-43; W. Hartke, Uber Jahres- Sept. als Fest der G. d. G. an, aber noch im
punkte u. Feste, insbes. das Weihnachtsfest, Ber- 9. Jh. hatte dieses Fest keinen offiziellen
lin 1956; H. Hunger, Eine spiatbyz. Bildbeschrei-
bung der G., JOBG 7, 1958, 125-140; V. Ivanov, Charakter. In Gallien wurde es erst nach
Ikona ,,Ro%destvo Christovo“, ZMP 1976, 1, 20 630, in Rom Ende des 7. Jh. gefeiert. Im
bis 22; Kellner, 96-140; J. Lemarié, La Manifesta- Osten nahm schonim 6. Jh. der Melode Ro-
tion du Seigneur: La Liturgie de Noél et de ’Epi- manosdie marian. Themen der Kindheitse-
phanie, Paris 1957; R. Meer, L’Enfant Jésuset la
Créche dans l'Iconographie Chrétienne, Bulletin vangelien unter den Apokryphen wieder
de la Société Archéologique de Bruxelles 1946, auf u. komponierte ein Kontakion auf die
33-49, Nilles 1, 363-366, P. J. Nordhagen, The Ori- G. d. G. Ein kunstvoll komponierter Dop-
gin of the Washing of Child in the Nativity Scene, pelkanon (— Kanon) des Johannes Mo-
ByZ. 54, 1961, 333-337, Onasch, Weihnachtsfest;
Pokrovskij, 48-98; N. V. Ponyrko, Russkie Svjatki, nachos (sehr wahrscheinlich Johannes von
TODL32, 1977, 84-99; G. Ristow, Die G., Reck- Damaskus, gest. um 750) u. Johannes von
linghausen 1963; Schiller 1, 69-77; A. Strobel, Jah- Kreta (gest. 740) beherrschen nach Verle-
tespunkt-Spekulation u. frihchristl. Festjahr, Th sung von Luk. 1, 39-49.56 noch heute den
LZ 87, 1962, 183-194 (s. auch Lit. zu Ostern); O.
Treitinger, Die ostrém. Kaiser- u. Reichsidee..., Morgengottesdienst mit ihrer poet. Form
Bad Homburg v. d. Héhe 19693, 75 f., 118, 179 £; der orth. Mariologie. Zur Liturgie werden
N. D. Uspenskij, Istorija i Znafenie Prazdnika Phil. 2, 5-11 u. Luk. 10, 38-42; 11, 27-28 ver-
Ro%destvo Christova v Drevnej Cerkvi, ZMP lesen. Diese Lesungen werden in der Nacht-
1956, 12, 38-47 (Bibliotheca Classica Orientalis 7,
Berlin 1962, 367-372), Wellen, Reg.: Geburt des wache durch die des AT ,,priludiert* u. er-
Herrn; E. Wellesz, The Nativity Dramaof the By- geben eine eindrucksvolle Mariologie in
zantine Church, Journal of Roman Studies 37, Gestalt ihrer Vor-Bilder (grch. typoi). Da
1947, 145-151; Ch. Schaffer, Gott der Herr - Erist NT- u. AT-Lesungen sich im Fest des Ent-
uns erschienen. Das Weihnachtsbild der frihen
Kirche u. seine Ausgestaltung in Ost u. West.Ein- schlafens der Gottesmutter u., mit 2 Zusdt-
fihrung u. Bildteil von K.Gamber, Regensburg zen u. mit Ausnahme der NT-Texte, in dem
1982; R.Stichel, Die G.Ch. in der russ. Ikonenma- der Verkiindigung der Gottesmutter finden,
lerei, Stuttgart 1990; C. Astanoff, Les Fétes et la seien die letzteren hier kurz umschrieben:
Vie de Jésus-Christ I: L’incarnation, Paris 1985; L.
Totzki (Hg.) Geburt in der Héhle - Das Weih- 1. Mose 28, 10-17: Jakobs Traum von der
nachtsfest in der Uberlieferung der Ostkirche, Himmelsleiter
Freiburg 1989; G. Ristow, Zur [konographie der Hes. 43, 27-44, 4: Das verschlossene, nur
G.Ch., Spatantike u. friihes Christentum, Katalog,
Frankfurt a. M. 1983, 347-359, LChI 2, 86-103;
von Jahwe durchschrit-
LdK 2 (1989), 674-675; LexMA 4, 1164-1167 tene Tempeltor, Typos
(GCh.-Darstellungen); RBK 2, 637-662. — S. auch der Immerjungfraulich-
Lit. zu Epiphanie, Kirchenjahr, Ostern, Zeitrech- keit Marias
nung. Spriiche 9, 1-11: Die Weisheit Jahwes
macht die Spétter zu-
Geburt der Gottesmutter (grch. genesion nichte.
[genethlion] tes theotoku; russ. ro#destvo bo- 2. Die Ikonographie der G. d. G. entspricht
gorodicy). 1. Das Fest der G.d. G. ist wahr- der der Geburt Christi (alteste Denkmaler
scheinlich wie das der Verkiindigung der ein Diptychon aus dem 6. Jh. in St. Peters-
Gottesmutter im 6./7. Jh, entstanden. Ur- burg u. ein Fresko in der Kapelle S. Maria
spriinglich wird es sich um die Kirchweih Antiqua in Rom aus dem 8. Jh.). Die Dar-
der Kirche am Schafteich (lat. piscina pro- stellung folgt damit dem Vorbild antiker
batica) von Bethesda in Jerusalem gehan- Wochenstubenbilder: Anna im Wochenbett,
delt haben (vgl. Joh. 5,2). Orientalische die Gottesmutter von 2 Hebammen im
Quellen kennen neben dieser Dedicatio Waschbecken gebadet, Frauen, die der
probaticae ecclesiae Deiparae auch die Wochnerin Gaben der Stirkung bringen,u.
129
Geburt Johannes des Taufers
Joachim im Hintergrund. Wie bei allen nicht einheitlich (kreisrund bis lang-oval).
Genreszenen fand sich auch hier Gelegen- Nach der Art des Steinschnittes unterschei-
heit zur Verarbeitung folklorist. Elemente. det man: (1) die vertieft geschnittene G.
~ Taf. 32. Text: s. Anhang Nr. 16, 9; 28,2. (lat. gemma diaglyphica; Intaglio), (2) die
erhaben geschnittene G. (lat. gemma ana-
Lit: G. Babié, Sur 'Iconographie de la Composi- glyphica; Kamee).
tion de Nativité de la Vierge dans la Peinture By- Orientalischen, wahrschenlich babylon. Ur-
zantine, Zbornik Nadova Vizantolskogo Instituta
7, 1961, 169-175; A. I. Georgievskij, Sluzba Prazd- sprungs, erlebte die Glyptik in hellenist. u.
nika Ro#destva Presvjatoj Bogorodicy, Moskau byz. Zeit sowie spiter in RuBland mehrere
1953; J. Lafontaine-Dosogne, Iconographie de Bliiteepochen. Das Intaglio erscheint im
lEnfance de la Vierge dans l’Empire Byzantin et byz. Bereich u. schon friiher seltener als die
en Occident, 1. Bd., Bruxelles 1964, 89-121 u. pas-
sim; Nilles 1, 272; M. Skaballanovit (Hg.), Christi- Kamee.Esist iiberdies auch nicht von der
anskie Prazdniki. RoZdestvo Presvjatyja Bogoro- kinstler. Qualitaét wie die letztere. Erhalten
dicy, Kiev 1915; Ouspensky - Lossky, 147-148; ist eine groBe Zahl sehr kleiner Intaglien
LChI 2, 120-125; LdK 2 (1989), 675 (Geburt Ma- aus friihchristl. Zeit mit Symbolen wie die
ria).
Taube, der Fisch, Schafe, der Gute — Hirte
u. a., deren Herkunft (Rom od. Konstanti-
Geburt Johannes des Tiiufers (grch. geneth- nopel) noch umstritten ist. Sie haben auf die
lion tu prodromu kai baptistu Ioannu, russ. Annahmebild- u. zeichenhafter Darstellun-
rozdestvo predteti i krestitel’ja Joanna, ‘Ge- gen durch die Kirche Einflu8 gehabt (>
burt des Vorldufers u. Taufers Johannes’). Bild). Von den erhaltenen Intaglien seien
1. Die oriental. Kirchen begingen seit dem hier erwahnt: ein Sardonyx-Intaglio mit ei-
4, Jh. in Verbindung mit dem Fest der Epi- ner Deesis-Darstellung in Paris aus mittel-
phanie am 7. Jan. das Gedachtnis (grch. byz. Zeit u. ein Achat-Intaglio mit Konstan-
mneme) des Vorlaufers. Nach Einfithrung tin u. Helena in der OrudZejnaja Palata
des Festes der Geburi Christi am 25, Dez. (uss., ‘Ritstkammer’) in Moskau aus dem
wurde im Westen u. Osten als Festdatum 10. Jh. Die kunstgeschichtlich noch nicht sy-
der 24. Juni (im Orient voriibergehend der stematisch durchforschte Kamee (erster
25. Juni) bestimmt. Im Westen wurde das Uberblick von Wentzel im RBK)ist,,fast
Fest im 6. Jh. mit einer Vigil (— Nachtwa- ausschlieBlich christl. Inhalts (in der Mehr-
che) ausgestattet. Die Verbindung mit der zahl: Einzelfiguren)“. Die Figurendarstel-
Sommersonnenwende gab zu volkstiiml. lungen der Kameen sind fiir die Gestalt-
Elementen des Festverlaufes, aber auch zu
ikonographie der anderen Kunstgattungen
Festaussagen, die diese ablehnten, Veran- u. umgekehrt von einiger Wichtigkeit. Auf-
lassung. traggeber fiir die Kameen war sehr wahr-
2. Die Darstellung der G. J. d. T. entspricht scheinlich das byz. Kaiserhaus, in RuBland
den iibl. Wochenstubenbildern. Ein Zyklus waren es die GroBfiirsten u. Zaren.’ Sieht
der Kindheitsgeschichten des Vorlaufers u. man von Denkmilern der spitantiken
Taufers nach den Apokryphen ist sowohl Glyptik mit Darstellungen des Kaisers Kon-
selbstiindig wie auch in Verbindung mit stantin (gest. 337) u. seiner Nachfolger ab
dem Zyklus der Geburt Christi anzutreffen. (darunter die einmalig grofe [15 cm] ,,Ka-
Lit: Baumstark, Reg.: John the Baptist; E. Flico-
mee“ aus Onyx in Edinburgh, die einen
teaux, La Noél d’Eté et le Culte de S. Jean Bapti- Kaiserkopf darstellt), so zeigen die byz.
ste, Briigge 1932; Kellner, 165-169; Nilles 1, 187 Steine vor allem Christus- u. Gottesmutter-
bis 190; Felicetti - Liebenfels, Geschichte!2, Reg.: bilder, daneben Darstellungen derbeliebten
HL Johannes der Taufer; Lazarev 1, 229, 317, 366,
388; Onasch, Ikonen, 407 f.; E. D. Sdrakas, Johan-
Krieger- u. Reiterheiligen (— unter Heili-
nes der Vorlaufer in der Kunst des christl. Ostens, genverehrung) u. der Erzengel. Es finden
Miinchen 1943; LChI 7, 179; RBK 3, 631-647. sich aber auch wertvolle Kameen mit Wie-
dergaben aus der Ikonographie der Festtage
Gemme(lat. gemma, f., ‘Edelstein’), Edel- (z. B. 3 Sardonyx-Kameen mit der Verkiin-
stein, Halbedelstein od. seltener Glaspaste, digung der Gottesmutter in Paris u. St. Pe-
die mit Hilfe der Steischneidekunst (Glyp- tersburg). Aus der Zeit zwischen dem 4, u.
tik, Gemmoglyptik) auf verschiedene Weise 7. Jh. sind zahlreiche Stiicke aus Sardonyx
bearbeitet werden. Die Form der G. ist »mit Gliick- u. Segenswiinschen, Liebes-,
130
Genrebild
Verlobungs- u. Heiratsdevisen“ (— Ehe- va, Drevnerusskoe Iskusstvo, Zarube¥nye Svjazi,
schlieBung, kirchl.) erhalten geblicben. Die Moskau1975, 45-54, LdK 2, 35-36 (Kamee); RBK
Glyptik des Kaisers Leon VI. (gest. 912) wie 3, 498-505 (Intaglio); 903-927 (Kameen).
des 10. Jh. gehért zu den Meisterleistungen
der byz. Steinschneidekunst (am bertihmte- Gemmenkreuz > unter Kreuz
sten die 6,5 cm grofe, aus Jaspis geschnitte-
ne Kreuzigung in London, letztes Jh. vor Genrebild, Genreszenen (frz. genre, m.,
dem Bilderstreit). ‘Gattung’, ‘Art’, ‘Stil’), Gattung in Literatur
DerBilderstreit hat, wie die bald nach ihm u. Kunst, die sich mit der Darstellung,,be-
einsetzende Bliite zeigt, die byz. Glyptik grenzterer Weltausschnitte“ beschdftigt, vor
nicht wesentlich negativ beeinflugt. Nach allem aus dem Alltagsleben des Menschen
1204, der Eroberung Konstantinopels durch unter Beriicksichtigung seiner sozialen u.
die Kreuzfahrer, kam es zu einer wenn auch berufl. Stellung. Eine weitere Eingrenzung
nur episodenhaften gegenseitigen Beein- auf bestimmte Lebens- u. Berufssituationen
flussung von westl. u. byz. Steinschneide- ergibt das Idyll (grch. eidyllion, ‘zierl. Ge-
kunst, wahrend sich in der spatbyz. Phase dicht’, ‘Kleinbild’).
auch bei ihr die Ziige der letzten der Re- Im Gegensatz zur westl. Literatur u. Kunst
naissancen in Byzanz bemerkbar machen ist das G. in-den entsprechenden altkirchl.
(wohl am deutlichsten bei den Kriegerheili- u. byz. Bereichen noch wenig erforscht. Die
gen). In RuBlandhates schon im 11. Jh. ei- bekanntesten G.-Motive sind hier das Wo-
ne eigene, wenn auch nach byz. Vorbild ar- chenstubenmilicu in den verschiedensten
beitende Glyptik gegeben, wobei wohlnicht Geburtsdarstellingen (— auch Geburt
nur Konstantinopel, sondern auch die Krim Christi, + Geburt der Gottesmutter, > Ge-
als Vermittler in Frage kommt. Eine mit burt Johannes des Taufers), Familiensze-
dem gesteigerten Reprisentationsbediirfnis nen, die Schreibstube bet Evangelistenbil-
der ersten Romanovzaren u. der Patriar- dern, Hirtenidylle, einige Themen aus dem
chen,vor allem Nikons(gest. 1681), zusam- Bereich der Askese u. des Ménchtums, z. B.
menhingende Hochbliite erlebte diese die positive Idylle des ,,Lustortes“ (lat. fo-
Kunst im 17. Sh. Die Oruzejnaja Palata des cus amoenus) u. die negative des ,,Schrek-
Moskauer Kremls mit ihren Steinschnitt- kensortes“(lat. locus horridus), -> auch To-
meistern war der Mittelpunkt einer erlese- pik. Auch einige Motive des Jiingsten —
nen Glyptik, deren Werke noch heute dort Gerichts stellen Idyllen dar. Vor allem die
bewundert werden kénnen. Erwéhnt wer- volkstiiml. balkan. u. russ. Ikonenmalerei u.
den soll wenigstens eine Panhagia von 1670 Hinterglasmalerei vom 17.-19. Jh. pflegte
des Meisters Michail Jakovlev mit einem das G.u. die frommeIdylle. Beide erfillen
Smaragd, in den die Himmelfahrt der Got- innerhalb der streng dogmat. Strukturen des
tesmutter geschnitten ist.— Die zugleich an- byz.-slav. Kultusbildes (— auch Bild, >
ziehenden u. Distanz fordernden Licht- u. Kultusasthetik, -» Reprisentationsbild)
Farbeffekte machten die Erzeugnisse der wichtige Funktionen: Sie stellen nicht nur
Glyptik zu einem idealen Gegenstand der psycholog. Entlastungselemente dar, son-
byz. Kultusdsthetik. dern zeigen, vor allem bei Haus-, Hof- u.
Viehpatronen (— auch Heiligenverehrung),
Lit: A. B. Bank, Vizantijskoe Iskusstvo v Sobra- deutl. Tendenzen zur Familiarisierung eines
nijach Sovetskogo Sojuza, Leningrad — Moskau
1965, 295, 306-307, G. Bruns, Schatzkammer der an sich auf Distanz bedachten Heiligenty-
Antike, Berlin 1946; dies., Staatskameen des 4. Jh. pus. In diesen Zusammenhang gehért auch
nach Christi Geburt, Berlin 1948; E. Coche de 1a die (in der Forschung bisher kaum behan-
Ferté, Les Bijoux Antiques, Paris 1956; A. Furt- delte) Frage nach der Méglichkeit des Hu-
wingler, Die antiken G.n, 3 Bde. Leipzig — Berlin
1900; Th. Klauser, Die AuBerungen der Alten mors auf Ikonen. Genre u. Idylle erweisen
Kirche zur Kunst, Atti del VI Congr. Intern. di sich innerhalb fixierter ikonograph. Sche-
Archeologia Christiana 23-30 Settembre 1962, mata (— Ikonographie) als dynam. Fakto-
Roma 1965, 223-238; G. Lippold, G.n u. Kameen, ten, die an der Weiterentwicklung u. damit
Stuttgart 1933; L. V. Pisarskaja, Pamjatniki Vizan-
tijskogo Iskusstva V-XV vekov v Gosudarestven- an der Geschichte der ostkirchl. Sakralma-
noj Oruzejnoj Palate, Leningrad - Moskau 1964; lerei entscheidenden Anteil hatten. Sie sind
I. A. Migakova, Gemmaiz Panagii Patriarcha Io- damit dem pragmat. Aspekt unterzuordnen,
131
Georg
der fiir diese scheinbar konventionell er- Szenendarstellungen in ein vertikales u. ho-
starrte Kunst wichtig ist (= Ikone). tizontales (an die Bilderwand erinnerndes)
Koordinatensystem, durch das die Auf-
Lit: D. S. Lichaéev, Celovek v Literature Drevnej schliisselung des Inhaltes wesentlich erleich-
Rusi, Moskau 19702, Reg.: Zanr (dt. Dresden
1975); R. Miillerheim, Die Wochenstube in der
tert wird (zum folgenden vgl. auch die Sche-
Kunst, Stuttgart 1904; K. Weitzmann, Greek My- maiibersicht):
thology in Byzantine Art, Princeton 1951, Reg.: I. Auf der Vertikalen erscheinen Figuratio-
Idyllia; ders., Ancient Book Illumination, Cam- nen mit ausgeprigtem Emblemcharakter:
bridge (Mass.) 1959, Reg.: Idyils; G. K. Vagner,
Problema Zanrov v Drevnerusskom Iskusstve,
(1) der Alte der Tage (> unter Christusbil-
Moskau 1974; LdK 2 (1989), 694 (Genre;Genre- der), oft im Zentrum der Gestirne mit den
kunst). Tierkreiszeichen;— (2) das um Adam u. Eva
erweiterte kleine Fiirbittenbild, die Deesis;
Georg — unter Heiligenverehrung, — auch — (3) die Hetoimasia sowie der von einem
Heiligenbilder der beiden letzteren ausgehende Feuer-
strom bzw. Drachenwurm (vel. Jes. 66, 24;
Gericht, Jiingstes (grch. deutera parusia tu Mark. 9, 44; Offb. 12,9}. Das Motiv der See-
Christu, ‘zweite Erscheinung Christi’; russ. lenwaage in der Hand des Erzengels Micha-
strainyj sud, ‘schreckl. Gericht’), Wieder- el, das sich unter der Deesis od. auch unter
kunft Christi als Weltenrichter am Ende der der Hetoimasia findet, geht iiber die grch.
Tage. Mythologie (psychostasia, kerostasia = Ab-
1. Die Ikonographie des J. G.s in der alt- wigen von kleinen Wachsfiguren) auf alt-
kirchl. Epoche (Sarkophage um 300, Mosai- agypt. Vorstellungen vom Wagen des Her-
ken im 4/5. Jh.) arbeitete mit der Darstel- zens eines Verstorbenen gegen die Wahr-
lung von Gleichnissen des NT (Scheidung heit zuriick. Es ist aber auch der Bibel nicht
der Schafe von den Bécken: Matth. 25, 31 unbekannt(vgl. Hiob 31, 6; Dan. 5, 27). An
bis 46; kluge u. térichte Jungfrauen: Matth. den grch. Gott Hermes in seiner Eigen-
25, 1-13). Bei der Scheidung der Schafe von schaft als Seelenfiihrer (grch. psychopom-
den Bécken erscheint Christus mit dem pos) erinnert die Gestalt Michaels, die nun
Scheidegestus, der sich spater im byz. Ge- in einem streng endzeitl. (eschatolog.) Kon-
richtsbild wiederfindet. Ebensoist das Rich- text zu verstehen ist. Dies wird deutlich,
terkollegium der Apostel (— auch Apostel- wenn die Seelenwaage nicht nur in seiner
bilder) bereits ein wichtiger Bestandteil des Hand, sondern auch in der Hand Christi
ikonograph. Personals. Anstelle solcher dargestellt wird od. auch in der Hand Got-
Darstellungen wurden nicht selten auch tes, die sie aus der Deesis od. der Hetoi-
Symbole fiir das J. G. gebraucht, so das masia herunterhalt. Wahrscheinlich wird
Kreuz am Himmel als Hinweis auf die zwei- mansich mit ihr zugleich die Stimme Gottes
te Ankunft Christi, oft flankiert von A u. O, od. seines himml. Herolds vorzustellen, ha-
od. der leere Richterstuhl Christi (— Hetoi- ben (vgl. Offb. 12, 10 [10, 4.8; 11, 12.15; 14,
masia), schlieBlich auch Szenenbilder mit 2.3 w. Sfter].
anderer, aber durch die Auslegung der Kir- It. In der Horizontalen unterscheidet sich
chenviter auf das J. G. gedeuteter Thema- die obere himml. Zone von der unteren Zo-
tik, vor allem die Himmelfahrt Christi (in ne mit ihren endzeitlich-ird. Ereignissen.
Verbindung mit der Petrusapokalypse). Dem himml. Jerusalem links entspricht das
2. Demgegentiber besitzt das byz. Gerichts- Zusammenrollen des Firmaments mit den
bild eine komplizierte Komposition. Litera- Gestitnen u. der Sturz der von Michael be-
rische Vorlagen fiir ihr Schemasind vor al- siegten Empérerengel (vgl. Offb. 12, 7 f.),
lem die Gerichtshomilien Ephrem des Sy- mit denen sich im MA die Bogomilen (>
rers (gest. 373), Hymnen des dritten Vorfa- unter Hiresie) identifizierten. Gegen ihre
stensonntages (— unter Fastenzeiten) u. be- Leugnung des Kreuzestodes Christi sind
stimmte Kontakien des Romanos(gest. um vom 11. Jh. an Darstellungen gerichtet, die
560). Der Aufbau des byz. Gerichtsbildes Christus mit dem Legitimationsgestus zei-
entwickelte sich bald nach dem Bilderstreit gen, d. h. mit Hinweis auf seine Wundmale
(> unterBild), d. bh. vom 9. Jh. ab, u. zeigt (vel. Offb. 1, 7; + auch Apokalypse). Aus
bereits frih den Einbau von Bildformeln u. der Fiille der anderen Szenen miteiner Rei-
132
Gericht, Jiingstes
he von Auf- und Umziigen Erléster und ren vielmehr neue Figurationen u. Szenari-
Verdammter (—» auch Prozession) seien en nétig, wie in der gleichzeitigen Literatur
hier noch erwihnt: (1) Die Darstellung des auch. Die Verarbeitung der Motive auf dem
Hurers an der Saule auf der Grenze z2wi- byz. Gerichtsbild kann als ,,.Kompilation im
schen dem Paradies u. den Orten der Ver- Assoziativverfahren“ (Brenk) bezeichnet
dammnis versinnbildlicht das theolog. Pro- werden. Das Kompositionsgeriist wurde
blem der Strafaussetzung (grch. oikonomia, dem Streifenschema mit eingelagerten Me-
— Kirchenrecht) des Siinders, wie eslitera- daillons entlehnt, wie es auf den antiken
risch besonders von den Apokryphen (vor Triumphbégen (Konstantinsbogen in Rom),
allem von dem ,,Gang der Gottesmutter aber auch auf Sarkophagen,in der Ikonen-
durch die Héllenqualen“) behandelt wird. — u. Miniaturmalerei vorlag, Sozial kaum auf
(2) Die Idylie (-> unter Genrebild) der eine Schicht als Adressat fixierbar (unter
Gottesmutter im Paradiesgarten mit dem den Verdammten erscheinen auch Vertreter
guten Schacher aus der Kreuzigung Christi derstaatl.u. kirchl. Hierarchie), darfdie all-
refiektiert auf bestimmte Stellen aus dem gemeine gesellschafl. Bedeutung des J. G.s
Gottesmutterhymnus (+ Akathist). — (3) als Mittel der sozialen Kontrolle der Kirche,
Der ,SchoB Abrahams“ mit den Erlésten d. h. als Mittel des Kirchenrechts, nicht
(Luk. 16, 19-31) ist seit dem 11. Jh. in der libersehen werden. Eine gewisse, durch das
byz. Ikonographie bekannt. — (4) Die Dar- Thema bedingte Enge der theolog. Reftexi-
stellung der geflligelten Ménche nimmt auf on (die, wie wir sahen, u. a. durch das Bild-
die Bezeichnung des Ménchtumsals ,,engel- motiv des ,Hurers an der Saule“ auf-
gleiches Leben“ (grch. bios angelikos) sowie gelockert wird) wurde in nachbyz. Zeit, vor
auf Visionen eines gewissen Johannes Kolo- allem in der Ikonenmalerei RuSlands vom
bos (Endedes9. Jh.) Bezug. In der groBar- 16. Jh. ab, durch Verarbeitung mit anderen
tigen dramat. Bildsymphonie ist die Kontra- Darstellungen z. B. der Héllenfahrt Christi
punktik zwischen den paradies. ,,Lustorten“ (> unter Auferstehung Christi) iberwun-
u. den Orten der Verdammnis jenscits des den. Im 17. Jh. kam esin der russ. Kunst zu
Feuerstroms (od. Drachenwurmes) hervor- gegenscitigen Beeinflussungen der Bild-
zuheben, mit dem Feuersee, in dessen Mitte schemata des J. G.s u. der Apokalypse. —
der dunkle Schatten Satans mit dem Verri- Taf. 44; Abb. S. 134.
ter Judas im Scho8 (als Gegenbild zum
»schoB Abrahams“) zu sehenist.
Lit: B. Brenk, Tradition u. Neu in
3. Im Bildprogramm der Kirchen gehért das
J. G. in den Vorraum, den Narthex, In spat-
instdes1. Jt,StadienzurGesch.des
“Weltgeric)
¥ bildes, Wien. 1960; F. L Buslaev,
u, nachbyz. Zeit erscheint es vor allem bei Tzobrazenie Stra’nogo Suda po Russkim Podlinni-
ruman. Kirchen in der Vorhalle (bei kam, Ders., Sotinenija, 2. Bd., S. Peterburg 1910,
135-155, A. Borst, Die Katharer, Stuttgart 1953,
moldauischen Kirchen auf Aufenfresken). 171 ff.; Y. Christe, La Vision du Matthieu (Matth.
Dabei verschaffen sich sozialethische (unter XXIV bis XXV). Origines et Développement
den Verdaimten sind Schmuggler, Steuer- dune Image de la Seconde Parusie, Paris 1973 (=
hinterzieher, Wucherer), religions- u. kon- Bibl. CAr X); E. Dinkler, Signum Crucis, Tibin-
gen 1967, 125-129; ders., Das Apsismosaik von S.
fessionsmilitante (Mohammedaner,Tiirken, Apollinare in Classe, K6In u. Opladen 1964, Reg.:
Katholiken, Protestanten unter den Ver- die _Parusie Christi
dammten) sowiesittl. Vorstellungenz. T. in christ, . 1» db,
sehrrealist. Weise (z. B. in der Darstellung a arev, Reg.: StraSnyj
sexueller Anomalitéiten) Ausdruck. Schon Srednevekovaja Zivopis,
Moskau 1970, Reg.: Stra8nyj sud; D. MiloSevié,
vorher wurden die wichtigsten Vertreter der Das J. G., Recklinghausen 1963; Onasch, Ikonen-
Haresien in die Reihen der Verdammten malerei, 178-184; Pokrovskij, 220 ff. ders.,
aufgenommen. Das byz. Gerichtsbild ent- Stra’nyj Sud v Pamjatnikach Vizantijskogo i
Russkogo Iskusstva, Odessa 1887; M.Lurker
stand in den apokalypt. Zeiten der Vélker- (Hg.), Wérterbuch der Symbolik, Stuttgart 19832,
sttirme des 10,-12. Jh. u. der inneren Bedro- Reg.: Weltgericht; V. G. Pucko, Blagorazumnyj
hung durch die Haresien dieser Epoche. razbojnik v apokrafiteskoj literature i drevne-
Die damit zusammenhdngenden Fragen tusskom izobrazitel’nom iskusstve, TODL 22,
1966, 407-418; LChI 4, 513 bis 523 (Weltgericht);
konnten mit den traditionellen Schemata LdK 2(1989), 711 (Gerichtsszenen), LexMA 4,
nicht mehr beantwortet werden. Dazu wa- 1327-1329.

133
Gericht, Jiingstes

oo Engelrollen
Himmlisches Jerusalem ALTER DER TAGE das Firmament zusammen
Heiligenchére Engelkampf

Engeltrabanten Engeltrabanten.
Richterkollegium DEESIS Richterkollegium.
der Apostel der Apostel

der Gerechten
Chore
HETOIMASIA
HAND GOTTES
MosefUbet
zum Gericht
SEELENWAAGE

FEUERSTROM

Enge! mit Brldsten


im Gewandbausch
Vier Engel blasen
Posaunen zum Gericht

Gottesmutter
im Paradies
Auferstehung der Toten
aus Erde und Meer

Guter Schicher
Engel stéBt mit Speer
Patriarch, Ménch und Kaiser |

inden
Feuersee
Dievier
SchoR apokalyptischen Reiche
Abrahams“
Satan
als schwarzer Engel
Paradiespforte mit Judas im SchoB
Gefligelte
Ménche Petrus mit Seligen Hurer an der
Saule
J Ungstes Gericht. .
Ubersichtsschemazu Taf. 44 Orte der ewigen Qualen
134
Gestik
Gestik, Gestus (lat. gestus, m.), Kérperhal- ese), die oft als BuSstrafe (— Epitimien)
tung des antiken Redners od. Schauspielers, vorgeschrieben sind. SchlieBlich gehért zur
Gebardenspiel im engeren Sinne. Unter G. inneren u. duBeren Gebetshaltung auch (f)
versteht man vorzugsweise jenen Bereich die An-Betung, die sich ébenfalls in allen
der Kérpersprache, der die oberen Extre- angeftihrten Beispielen mehr od. weniger
mitéten umfa&t. Einen Sonderfall stellt die deutlich Ausdruck verschafft. Anbetung u.
Mimik dar. Die Wissenschaft von der G. un- Respekt vor einer hl. (aber auch als Gast
terscheidet 3 Gruppen: den bewuBten, anzusehenden, d. h. von Gott geschickten)
zweckgerichtetenu. auf Konvention — in un- Person, vor hl. Gegenstiinden (wie z. B. Iko-
serem Falle auf religiéser Konvention — be- nen od. Reliquien) od. einem Mitglied der
tuhenden Gestus; die unbewuBte, situati- kirchl. Hierarchie werden seitens des Di-
onsbedingte, aber durch Gewohnheit u. Sit- stanzierten’ durch eine Reihe ,,protokolia-
te geprigte Gebarde; die Mimik. Die Kér- risch“ abgestufter Verbeugungen zum Aus-
persprache kann nicht isoliert betrachtet druck gebracht, die im MA bis zu den unter
werden, sondern bildet eine Einheit mit den Pkt. c u. e genannten Haltungen gesteigert
psychischen u. bewuBtseinsmaBigen Funkti- werden konnten. - (2) Integrierender Be-
onssystemen des Menschen. Aufdieser Ein- standteil der Mehrzahl aller Gesten ist das
heit basieren auch die Beziehungen Bekreuzigen von Haupt u. Brust (> unter
zwischen der liturg. G. u. den erkenntnis- Kreuz). — (3) Ein liturg. Gestus ist der Se-
maBigen (kognitiven) wie erlebnism4Bigen gen, der inhaltlich in der Nahe der Fiirbitte
(emotiven) Aspekten des orth. Gottesdien- steht. Die Traditionen dieser konventionell-
stes. Dieser tibernahm alle 3 Gruppen aus formalisierten Haltung weisen sowohl nach
dem traditionellen Schatz der antiken u. dem Westen wie in den Orient. Konstitutiv
spatantiken (einschlieBlich der orientali- fiir diesen Gestus ist die Verbindung mitei-
schen, vor allem der synagogalen) Profan- nem Segenswort. Die wichtigsten Segens-
u. Sakral-G. u. bewahrte sie bis heute, ganz haltungen sind: (a) Auflegung der Hand
im Sinne des liturg. Konservativismus. Da- (lat. inpositio manus; ve\. 1. Mose 48, 13-16;
mitstellt die G. nicht nur einen wichtigen Mark. 10, 16) u. das Erheben der Hinde
Bestandfteil der ostkirchl. Liturgie dar, son- (vgt. Luk. 24, 50-52). Davon zu unterschei-
dern bildet auch einen eigenen Forschungs- den sind die Handgesten bei der Ordination
gegenstand der Gestaltikonographie (> (> Cheirothesie, = Cheirotonie, + Wei-
Ikonographie). he). (b) Aus der antiken Redner-G.(s. auch
I. Der Gestus. (1) Gebetshaltung (> auch Pkt. 4, 5) stammt das Ausstrecken von Dau-
Gebet): (a) stehend mit erhobenen Armen men, Zeige- u. Mittelfinger der rechten
(der Orans); (b) stehend mit vor der Brust Hand mit Kriimmung der beiden letzten
gekreuzten Armen od. mit nach vorne ge- Finger (sog. lat. Gestus). Ihr steht (c) der
wendeten u. nebeneinander vor der Brust »gtch. Gestus“ pegeniiber, der in Byzanz u.
gehaltenen Hinden; (c) kniend mit vorge- in RuBland eine komplizierte Geschichte
streckten; etwas zueinandergeneigten Han- durchlief, die von seiner Bedeutung als
den (— auch Gonyklisia). In ahnl. Haltung Symbol des Kreuzes (mit Einzelheiten) her
wird (d) auch die Fiirbitte vollzogen, es ist verstandlich wird. (d) Eine Reihe anderer
aber auch, wie in der Deesis, die aufrechte Segensgesten sind mit antiken Anrede-,
K6rperhaltung iiblich. Vor allem bei Got- Lehr- u. anderen Gesten verwandt u. von
tesmutterbildern gibt es eine Reihe von Va- ihnen im einzelnen schwer zu unterschei-
tianten dieses Gestus (gefaltete Hinde sind den, so in den Darstellungen der Begeg-
in der byz. Kunst nichtiiblich, sie entstam- nung Christi mit den Jiingern auf dem Wege
men vielmehr dem altfrink. Lehnsrecht). nach Emmaus (> unter Pfingsten, Abs. 3).
(e) Da zur inneren Gebetshaltung grund- — (4) Die Redner- u. Lehr-G.ist in der alt-
sitzlich die BuBgesinnung gehért, gibt es kirchl. Predigt (> Homilie) angewendet
K6rperhaltungen, die zugleich diese Gesin- worden u. noch heute (z. T. als unbewuBte,
nung zum Ausdruck bringen, wie vor allem aber formalisierte Gebirde) mit ausgereck-
die unter Pkt. ¢ erwahnten. Zu ihnen gehért ter Hand, nicht selten bei ausgestrecktem
noch das Sich-(kérperlang)-zur-Erde-Nie- Zeigefinger, iiblich. — (5) Vor allem bei vor-
derwerfen, die GroBe Metanie (— Proskyn- gestrecktem Arm erhalt der hinweisende
135
Gestik
(deiktische) Lehrgestus den Charakter des die von derlinken gestiitzt wird (am haufig-
Befehlsgestus (z. B. in der Darstellung der sten bei Grablegung u. Beweinung Christi u.
Auferweckung des Lazarus). Ein Herr- Kreuzigung Christi). Mit derselben Kérper-
schafts- u. Besitzer-G. ist die Art, wie der haltung kann auch bektimmerte Nachdenk-
auferstandene Christus Adam aus der Hélle lichkeit (grch. phrontis) ausgedriickt wer-
zieht od. Thomas am rechten Arm packt (> den; — (2) die Gebiarde des GruBes mit er-
unter Pfingsten, Abs. 3). — (6) Aus dem byz. hobener u. geéffneter Hand, z. B. beim Er-
Kaiserkult stammt der Gestus der verhiill- zengel auf der Darstellung der Verkiindi-
ten Hinde (z. B. in der Ikonographie des gung der Gottesmutter; - (3) die Haltung
,Aurum coronarium u. der Taufe Christi) des Erschreckens, Erstaunens u. der Ab-
“von seiten des Distanzierten, dem der Wiir- wehr, z. B. bei den Jiingern auf der Ver-
detriger mit dem unter Abs. 3 b angefiihr- Kldrung Christi od. der Maria bei der eben
ten Gestus antwortet. Religionsgeschicht- erwahnten Verkiindigung; - (4) die Gebir-
lich geht diese G. auf altiran. Vorstellungen de der Meditation mit zusammengelegten u.
zuriick, nach denen eine subalterne Person an den Mund gefiihrten Fingerspitzen, vor
einem Wiirdetrager, vor allem dem Kaiser, allem von Daumen, Zeige- u. Mittelfinger
sich nur mit verhiillten Handen nahern u. (noch heute eine unbewuBte Haltung bei
ebenso nur mit diesen von ihm etwas emp- gedankl. Konzentration).
fangen darf. ~ (7) In denselben Traditions- Il, Die Mimik (grch. mimikos, ‘die Kunst
bereich gehért auch die G. der Akklama- der Nachahmung [mimesis] betreffend’).
tion: Der Akklamierende richtet seinen Unter diesem (sehr vieldeutigen) Begriff
Blick auf den AkkJamierten, wobei er den wird der mit Gestus u. Gebirde jeweils ver-
rechten Unterarm anwinkelt u. die nach bundene Gesichtsausdruck verstanden, der,
vorn geéffnete Handflache mit zusammen- obwohl ein Sonderbereich, mit jenen erst
gelegten Fingern erhebt. Dieser Gestus fin- die Einheit der Kérpersprache bildet. So-
det seine Anwendung auf Christus als auf wohl fiir die Liturgie wie fiir die Kunst der
den die Akklamation Beanspruchenden vor Ostkirche ist die Mimik kaum erforschtu.
allem dort, wo das daraus abgeleitete Di- stellt deshalb ein lohnendes Forschungsge-
stanzverhaltnis zu den Aposteln (— Apo- biet dar. Da die Alte Kirche ,,Nachahmung“
stelbilder) od. zu den Engeln betont werden ausschlieBlich auf die Bezichung des Glau-
soll. — (8) Der antike konventionelle Gestus bigen zu Christus, vor allem im Hinblick auf
der alltégl. Begrii8ung wurde zur liturgisch den Martyrer, verstand u. das antike Thea-
stilisierten Haltung, wobei die erhobeneof- ter wegen seiner Verhéhnung solcher Nach-
fene Hand, in Griechenland bis heute mit ahmungals ,,pompa diaboli“(lat., ‘Festver-
der BegriiBungsformel ,,chaire“, ‘freue anstaltung des Teufels’) ablehnte u. da sie
dich’, begleitet, nicht selten auch zum Anre- auBerdem im Grunde ihre Reserviertheit
de- (manchmal auch Segens-) Gestus modi- dem Bild gegeniiber beibehielt, mufte sie
fiziert werden kann. Am haufigsten ist diese eine Darstellung der Mimik nur mit
Handhaltung bei der Verkiindigung der Zurtickhaltung zulassen. Zu den sehr weni-
Gottesmutter u. bei der Begegnung des auf- gen Beispielen der Ubernahme spatantiker
erstandenen Christus mit den Frauen (> Mimik gehért die Tragikermaske Johannes
unter Pfingsten, Abs. 3) zu finden. Aus der des Taufers. Wie bei G. u. Gebarde handelt
Zahl weiterer Gesten sei noch der Scheide- es sich bei der Mimik fast ausnahmslos um
gestus erwihnt, wie er in der Darstellung die Wiedergabedesliturgisch bestimmten u.
des Jiingsten — Gerichtes erscheint. Er entsprechend formalisierten ,,erstarrten“
stammt aus der Praxis der antiken Recht- Gesichtsausdrucks (— auch Reprisentati-
sprechung. | onsbild). Auf der anderen Seite darf nicht
IL. Die Gebarde. (1) Trauer u. Klage (grch. tibersehen werden,daB, da Attribute fehlen,
penthos, threnos) in ihrem starksten Aus- das Bildnis des ostkirchl. Heiligen auf ein
druck mit emporgehaltenen Hianden od. Ikonenportrat mit einer entsprechendenin-
(bei mehreren Personen) einer Gebarde, dividueilen Mimik angelegt sein muB, Fast
die starke Verinnerlichung anzeigt: das ge- alle ikonograph. Themen schlieBen jeweils
neigte Haupt wird in die rechte, oft mitei- einen spezif. Gesichtsausdruck ein; als
nem Gewandzipfel bedeckte Hand gelegt, Beispiele sollen hier nur die Kreuzigung
136
Gestirne
Christi, die Verklarung Christi, die Verkiin- bis 514, M.Lurker (Hg.), Wérterbuch der Symbo-
digung der Gottesmutter od. die Aufer- * lik, Stuttgart 19832, 212-213 (Gebarden); A.
Leroi-Gourhan, Hand u. Wort, Frankfurt a. M.
weckung des Lazarus genannt werden. Das 1980; LChI 2, 85-86 (Gebetshaltung); 214-216
intime Verhaltnis zwischen Maria u. dem (Handgebirde); 4, 145-146 (Segen); LexMA 4,
Christuskind bei den Gottesmutterbildern 1154 (Gebardenu. Gesten); RBK 2, 766-783.
verlangt ebenfalls die Herausarbeitung ei-
ner entsprechenden Mimik, wahrend das Gestime. Die antike u. spatantike Beobach-
autonome Christusbild u. Gottesmutterbild tung der G. war der Alten Kirche von un-
wieder strengere Formalisierung zeigen, mittelbarem Nutzen fiir die Festlegung des
nicht zuletzt im Vergleich mit westl. Paralle- Ostertermins u. damit des bewegl. Zyklus
len. Die kinstler. Gestaltung der Mimik des Kirchenjahres sowie fiir die Zeitrech-
hangt von der angewendeten Maltechnik nung liberhaupt. Dagegen stand die Kirche
ab. So zeigt die Enkaustik ausdrucksstarke, in Opposition zu den mannigfachen Formen
individuelle, wenn auch in der friihbyz. des Aberglaubens (Astrologie) u. des Kul-
Kunst wiederum stark formalisierte Antlit- tus der G., der in der Gnosis zur Vorstel-
ze, wahrend der Temperamalerei diese lung von den menschenfeindl. G.s-Machten
MOglichkeiten verschlossen blicben. Trotz- (7 Planeten u. die Achtheit, > auch unter
dem hat sich auch bei ihr im Verlaufe der Oktoechos) fiihrte. Auf der anderen Seite
verschiedenen byz. — Renaissancen pha- bildete die alte Anschauung von der Wider-
senweise eine durchaus kiinstler. Gestaltung spiegelung des himml. Makrokosmosim ird.
des menschl. Gesichtsausdrucks im sakralen Mikrokosmos den Ausgangspunkt theolog.
Bereich durchsetzen k6nnen. — Ein Spezial- Uberlegungen oriental. Kirchenvater (vor
gebiet der G. stellen die Handzeichen fiir allem Ephrem des Syrers, gest. 373), die in
den Chor dar, — Cheironomie. Christus den Beherrscher u. Erhalter (grch.
kosmokrator) des ganzen u. ungeteilten
Lit: W. Artelt, Die Quellen der mittelalterl. Dia- Kosmos sahen. Damit war die Vorausset-
logdarst., Diss. Berlin 1934; F. J. J. Buytendijk, zung geschaffen fiir die Entdamonisierung
Allgemeine Theorie der menschl. Haltung u. Be-
wepung, Berlin — Géttingen — Heidelberg 1956; A.
der G. u. ihre Indienstnahme durch Chri-
Dieterich, Der Ritus der verhiillten Hinde, Ders., stus. Der urspriinglich situationsmilitante
Kleine Schriften, Leipzig — Berlin 1911, 440 bis Charakter etwa des Festes der Geburt
448; Eisenhofer 1, 251-282; Felicetti - Liebenfels, Christi als Antwort der Kirche auf die
Geschichte/2, Reg.: G.; A. Giraudet, Mimique,
Physiognomie et Gestes, Paris 1895; Handbuch,
Sonnenverehrung (Heliolatrie) des rém.
Reg.: G.; H. W. Haussig, Der Einftu8 der helle- Kaiserkultes erhielt zunehmend christolog.
nist. Physiognomik auf die frtihchrist]. Bildgestal- Auspragungen. So gab Mark. 15, 23 Veran-
tung, Atti del VI Congr. Intern. di Archeologia lassung, Sonne u. Mond (bzw. deren Perso-
Cristiana, Ravenna, 23-30 Settembre 1962, Citta
del Vaticano 1965, 199-205; F. Heiler, Das Gebet,
nifikationen) in die Darstellung der Kreuzi-
Miinchen — Basel 1969 (Reprint), 98-109, Reg.: gung Christi ebenso aufzunehmen wie als
G.; H. u. J. Jursch, Hinde als Symbolu. Gestalt, Symbol des universalen Heilsanspruchs
Berlin 196743; G, van der Leeuw, Phanomenolo- Christi in die des Jiingsten — Gerichts zu-
gie der Religion, Tiibingen 1956, 48, W. Loesch-
ke, Der Griff ans Handgelenk, Fs. P. Metz, Berlin
sammen mit dem Tierkreis od. in das Bild-
1965, 46-73; H. Lubinska de Lenval, Die Liturgie schema der Majestas Domini sowie der
der Gebarde, Klosterneuburg 1959; Th. Michels, Himmelfabrt Christi. In der Ikonographie
Segens-G. u. Hoheits-G., Fs. A. Thomas, Trier der Taufe Christi sind Darstellungen der G.
1967, 277-283; G. Neumann, G. u. Gebarde in der
grch. Kunst, Berlin 1965; Onasch, Ikonenmalerei,
seltener. Wie in der Friihzeit die Alte Kir-
74-77; K. Weitzmann, The Classical in Byzantine che gegen die Gnosis, kampfte die byz. Kir-
Art as a Mode of Individual Expression, Byzanti- che nicht nur gegen die Astrologie in ihren
ne Art an European Art. Lectures, Hg. M. Chatzi- eigenen Reihen, sondern auch gegen den
dakis, Athen 1966, 151-177; R. Winkler, Physio-
gnomia: Probleme der Charakterinterpretation
Gestirnsmythos der Hiresie der Bogomilen,
rém. Portrats, Aufstieg u. Niedergang der rém. wonach der Fall Satans zusammen mit den
Welt, hg. von H. Temporini, 1. Bd., Berlin - New Engeln auch Sonne, Mond u.Sterne in die
York 1972, 633-659; K. Hallinger, Kultgebarde u. Tiefe ri8. Am Charkater der G.als christo-
Eucharistie, ALW 19, 1978; Gestes et Paroles
log. Herrschaftszeichen hatte auch die Got-
dans les diverses Familles Liturgiques, Rome
1978; O. Keller, Der Gestus als neues dsthet.Zei- tesmutter Anteil. Bei der Entstehung des
chen, Zeichen u. Realitat Il, Tiibingen 1984, 505 Festes des Entschlafens der Gottesmutter
137
Gewiander, kirchliche

Kirchliche und liturgische Gewdnder der Bischof in liturgischer Gewandung: 1 Sak-


Ostkirche kos — 2 Omophorion — 3 Brustkreuz - 4 En-
kolpien (eine davon Panhagia [1]) — 5 kro-
(vonlinks nach rechts): nenférmige Mitra (> unter Bischofsinsig-
Priester: 1 Sticharion — 2 Epitrachelion — nien) — 6 Dikerion — 7 Trikerion — 8 Hypo-
3 Giirtel - 4 Manschetten - 5 Phelonion — gonation.
6 Epigonation (> unter Hypogonation) Bischof in kirchlicher Gewandung; 1 Man-
Diakon: 1 Sticharion —- 2 Manschetten -— dyas - 2 Bischofsstab - 3 Brustkreuz -
3 Orarion 4 Panhagia[1] - 5 Kamelauchion

am 15. Aug. wirkten altoriental. Vorstellun- Mélanges d’Archéologie et d’Histoire 37, Paris
gen vom Tierkreis (grch./lat. zodiakus) der 1918-1919, 33-54; Ch. Picard, Le Culte de Sol et
de Lune, Revue Archéologique, Paris 1965, 201
Jungfrau (lat. virgo, Aug.-Sept.) mit, wie bis 210; U. Riedinger, Die HI. Schrift im Kampf
auch der Jungfrauenstern auf dem Marien- der grch. Kirche gegen die Astrologic, Innsbruck
gewand der Gottesmutterbilder erscheint. 1956; K. Rudolph, Die Gnosis, Leipzig 19802,
Das Tierkreiszeichen des Widders wurde Reg.: Planeten, Tierkreiszeichen; K. Weitzmann,
Greek Mythology in Byzantine Art, Princeton
auf Christus als Lamm Gottes bezogen. 1951, 66 £; M. Lurker (Hg.), Wérterbuch der
Im Gegensatz zum Westen spielten die G. Symbolik, Stuttgart 19833, 284-286 (Himmel); 656
in der byz. Kunst keine so wichtige Rolle, (Stérne); LChI 2, 142-149; 4, 574-579 (Zodiakus);
wohl deshalb, weil die Kirche im Osten ei- LexMA 5,22-24(Himmel).
nen sténdigen Kampf gegen die Astrologie
zufiihren hatte, die den Heilsplan Gottes u.
damit die Willensfreiheit des Menschen auf- Gewiander, kirchliche, Kleidungsstiicke, die
hob. Dabei bildete die Zuriickweisung einer von den Mitgliedern der kirchl. Hierarchie
Rechtfertigung des Gestirnsglaubens durch auBerhalb der Liturgie getragen (> aber
den Stern von Bethlehem eines der ent- Gewander,liturgische) werden. Zu nennen
scheidendsten Argumente. Das Auftreten sind: (1) der Leibrock (grch. chiton, anteri-
on, zostikon; russ. podrjasnik), der unter
der G.in der byz. Malerei gewinnt damit ei-
nen besonderen Aspekt. — Taf. 45. dem Hails zugebundenu.an der linken Seite
geschlossen wird. Ahnlich wie die Tunica
Lit: Beck, 333 f.,; H. Beck, Vorsehung u. Vorher- cincta (lat.}) der Antike wird auch der Chi-
bestimmung in der theolog. Literatur der Byzanti- ton gegiirtet. Der Podrjasnik der russ.-orth.
ner, Rom 1937, 65-87; F. Boll, C. Bezold, W. Gun- Kirche ist beim verheirateten Klerus von
del, Sternglaube u. Sterndeutung, Leipzig — Berlin
heller Farbe, daher die Bezeitchnung,, beloe
19314; J. BaltruSaitis, L’Image du Monde Céleste
du IXe au XIle Siécle, GBA 20, 1938; 137-148; F. duchovenstvo“ (‘weiBe Geistlichkeit’) im
Cumont, Astrologues Romains et Byzantins, Unterschied zum schwarzen Leibrock des
138
Gewiinder,liturgische
«
Monchtums, dem ,,éernoe durchovenstvo kavnica); (3) das Epitrachelion (erch.; russ.
(‘schwarze Geistlichkeit’); - (2) der auch epitrachil’) des Priesters, 2 aus Seide beste-
von Ménchen getragene Uberrock od. Man- hende lange, parallel verbundene Bander
tel (grch. rason; russ. rjasa). Die in streng- mit Kopfdurchschlupf, die mit Kreuzen be-
ster Askese lebenden Monche:trageri das stickt sind, u. das Oration des Diakons; —
groBe Schima (grch. mega schema; russ. (4) das der rém. Kasel entsprechende Phe-
bol’Saja schima), auch Analabos(grch.; russ. lonion des Priesters u. die ihm zustehende
analav) genannt, ein etwa knielanges, dem Form des Hypogonations.
rém. Scapulare (Skapulier) ahnelndes Ge- Die Ln G. des Bischofs, das Omophorion u.
wand mit einer Kapuze (grch. kukullion), der Sakkos sowie die ihm zustehende Form
die beide mit Kreuzen u. den Leidenswerk- des Hypogonations, gehéren.zu den Bi-
zeugen Christi bestickt sind; - (3) der Man- schofsinsignien. Im Laufe einer langenlitur-
tel des Bischofs, der Mandyas, der in giegeschichtl. Entwicklung erhielten die 1.n
schlichterer Form auch von MGnchengetra- G. den Charakter von Symbolen u. Allego-
gen wird. tien, deren Sinn nur noch mit Hilfe der
Die G. werden erginzt durch entsprechende Mystagogie erschlossen werden konnte. De-
Kopfbedeckungen, Priester u. Ménche tra- ren schlichteste Form stellt die von Bibelzi-
gen den Skuphos, in der grch, Kirche der taten begleitete Einkleidung vor der Vor-
Diakon das Kamelauchion, iiber das die messe, der Prothesis, dar, Als hl. Gegen-
héheren Weihegrade einen Schleier, das stande stehen die Ln G. uniter dem Schutz
Epanokamelauchion, legen. Die Ahnlich- des Kirchenrechts. - Im Gegensatz zum
keit zwischen den episkopalen u. monast. yom. Ritus kennt der byz. keinenfiir sie all-
G.n u. Kopfbedeckungen hat ihren Grund gemein verbindi. Farbenkanon. - Die Ln G.
darin, daB der Episkopat sich vorwiegend gehéren zu den Gegenstinden, mit denen
aus dem Ménchtum rekrutiert. — Die k.n G. sich die Gestaltikonographie (+ Ikonogra-
gehéfen zu den Elementen der Gestaltiko- phie) beschiiftigt. - Abb.
nographie (— Ikonographie). — Abb.
Lit: Braun, Gewandung; L, Christiani, Essai sur
Lit: Archimandrit Evlogij, Veliki, Angel’skij Ob- les Origines du Costume Ecclésiastique,
raz v Pravoslavnom Monavestve, ZMP 1979, 8, 23 OrChrPer 13, 1947, 69-80 (= Miscellanea, G. de
bis 27; P. de Meester, De Monachico Statu iuxta Jerphanion 1); A. A. Dmitrievskij, BogosluZebnye
Disciplinam Byzantinam, Rom 1942, Reg. (Index OdeZdy SvjaStenno-Cerkovno-Sluzitelej, Ruko-
Analyticus): Vestitio; La Priére!, XXV ff; LChI 5, vodstvo dija Cel’skich Pastyrej, Kazari 1903, 22,
260-265 (Asketen, hl). — S. auch Lit. 21 Gewan- 122-131, 23, 145-156; 24, 165-174; Eisenhofer 1,
der, liturgische. 408-471; R. Engdahl, Beitr. zur Kenntnis der byz.
Liturgie, Berlin 1908, 92-100, 119-129; Goar, grch.
Reg.; Handbuch 1, 100-120 u. Reg.; E. Haulotte,
Gewinder,liturgische, Kleidungsstiicke, die Symbolique du Vétement selon la Bible, Paris
von den Mitgliedern der kirchl. Hierarchie 1966; Jufigmann 1, 360-377; R. Lesage, G. u.
vorzugsweise wahrend der Liturgie getragen Gerate, Aschaffenburg 1959; T. Papas, Studien
werden. Die I.n G. haben sich wie die kirchl. zur Gesch. der Mefigewanderim byz. Ritus, Miin-
chen 1965; Raes, 228-247; E. Trenkle, Liturg.
— Gewinder, die der Klerus au8erhalb der
Gerate u. G. der Ostkirche, Miinchen 1962; Para-
Liturgie trigt, aus der spiitantiken Festtags- mente u. Bitcher der Christl. Kirchen, Miin-
u. Reprasentationskleidung vor allem des chen/New York/London/Paris 1982 (Glossarium
Kaiserhofes entwickelt; im Laufe der Jh. Artis,4);° Ch. Walter, Art and Ritual of the
nahm auch die jeweilige Mode Einflu8. Byz.Church, London 1982, 7-26;31-34; Archim.
Chrysostomos, Orth. Liturgical Dress, A histori-
Hinsichtlich ihrer Herstellung u. kiinstler. cal treatment, Brookline, Mass., 1981; N. Thierry,
Ausstattung gehéren die Ln G. zu den sa- Le costume épiscopal, ReByz 24, 1966, 308 ff;
kralen Textilien. Zu den I.n G.n des byz. Ri- A-Papa, Bibliographia hieratikon kai leiturgikon,
Athen 1981; A. E. J. Gonzales, Orth. Theol. Rev.
tus gehdren: (1) das allen Weihegraden ge- 17, 1972, 155 ff.; 21, 1976, 71-84; J. Eissengarthen,
meinsame ~—> Sticharion (grch.; russ. sfi- Die formale u. kinstler.Entwicklung des
char), das wie in der Antike mit einem Gir- liturg.Gewandes seit den Anfangen, Das Minster,
tel (grch. zone; russ. pojas; lat. cingulum) 32, 1979, 117-125, W. Nyssen, Gewand u. Gerat
in der dstl. Liturgie, Kéln 1985, LChI 5, 403 bis
zusammengehalten wird; (2) die fiir die Ost- 414 (Bischof); 6, 49-53 (Diakon); LexMA 5, 1201
kirche charakterist. liturg. Manschetten bis 1203 (Kleidung II). - S. auch Lit, zu Gewin-
(grch. epimanikia; russ. poruci, naru- der, kirchl.

139
Gewandniederlegung der Gottesmutter
Gewandniederlegung der Gottesmutter Bogomateri, 1. Bd., S. Peterburg 1914, 347 £.; Nil-
(grch. katathesis tes esthetos tu theotoku; les 1, 200-202; Onasch, Ikonen, 373 f.; J. Papado-
poulos, Les Palais et Egtises des Blachernes,
russ. polozenie rizy [rizpolozenie] bogoro- Athénes 1928.
dicy). 1. Nach einer legendiaren Tradition
brachten 2 Patrizier, Galbios u. Kandidos,
Glas. G. gehort zu den dltesten Werkstoffen
473 das Gewand der Gottesmutter als Reli-
der menschl. Kultur. Seine Herstellung,
quie aus Jerusalem nach Konstantinopel. Es
zunachstals undurchsichtige Paste, war be-
wurde auf Weisung von Kaiser Leon I.
reits in Agypten bekannt (Alexandrien ex-
{gest. 474) in der Kirche zu den Blachernen portierte G.bis in spétantike Zeit). G.-Hiit-
deponiert. Ob Leon auchdas Fest am 2. Juli
ten gab es auch in Syrien u. Mesopotamien.
eingefiihrt hat, ist zweifelhaft. Die Blacher-
Wahrend im Westen mit dem 5. Jh. die G.-
nenkirche lag im Nordosten der Hauptstadt
Herstellung zuriickging, nahm Byzanz die
an einem strategisch wichtigen Punkt. Quel-
oriental. Werkstatttraditionen wieder auf u.
Jen melden, da8B das Schultertuch (grch. ma-
entwickelte sie weiter. Schon die Alte Kir-
phorion) am 2. Juli 620 nach dem Abzug
che verwendete das G. fiir sakrale Zwecke
der Avaren feierlich aus der Hagia Sophia
(z. B. Ampullen, Kelche, Patenen, Lampen,
in die Blachernenkirche zuriickgebracht
Salbgefaé8e, Medaillons, Goldgidser). Um
wurde, wosich auch eines der beriihmtesten
1100 erschienen in Konstantinopel (Panto-
Gottesmutterbilder u. eine wundertatige
krator- u. Chorakirche) die ersten G.-Fen-
Marienquelle befanden. Nach anderen er-
ster, von denen aber nur Fragmente erhal-
scheint das Fest u. sein Gegenstand friihe-
ten sind. Eine besondere Verwendung fand
stens im 9. Jh., zur Zeit des Patriarchen
das G,bei Hinterglasikonen.
Photios. Dieser verweist in einer seiner Ho-
Von den Beispielen kunstvoller G.-GefaRe
milien darauf, daB die Goitesmutter mit
seien hier nur genannt: eine Patene auf der
ihrem Maphorion die Hauptstadt vor den
Krim aus dem 6. Jh., wahrscheinlich aus Sy-
Rus bewahrt habe, die daraufhin im Juni
rien; zahlreiche G.-GefaBe u. -Schalen in
860 die Belagerung abbrachen. Der Bericht
der Schatzkammervon S. Marco in Venedig
des Patriarchen gehért sehr wahrscheinlich
aus dem 10. Jh; ein G.-GeféB im Dom-
in die religiés-polit. Atmosphare von By-
schatz zu Halberstadt.
zanz, in der auch der groSe Gottesmutter-
hymnus, der Akathist, enstand. Lit: A. V. Bank, Vizantijskoe Iskusstvo v Sobra-
2. Das Darstellungsschema der G. d. G. nijacj Sovetskogo Sojuza, Leningrad — Moskau
zeigt auf der einen Seite den Patriarchen 1965, 281 £.; V. H. Elbern, Ein christl. KultgefaB
Sergios, unter dem das Schultertuch 620 in aus G. in der Dumbarton OaksCollection. Jb. der
Berliner Museen,Berlin 1962, 18-41; J, Flemming,
die Blachernenkirche zuriickgefiibrt wurde, Byz. Schatzkunst, Berlin 1979; Journal of Glass
mit dem Kathedralklerus, auf der anderen Studies 1 ff., Corning (N. Y.) 1959 ff.; J. Philippe,
Kaiser LeonI. mit den beiden Patriziern. In La Verrerie des Pays Byzantins, Corsi 1966, 391
RuBland bildeten Fest u. Darstellung des bis 412; ders., Initiation 4 l’Histoire du verre, Lié-
ge 1964; H. Wentzel, Das Medaillon mit dem HI.
Pokrov; des Schutzmantels der Gottesmut- Theodor u. die venzian. G.-Pasten im byz. Stil, Fs.
ter, eine starke Konkurrenz zur G. d. G. — fir Erich Mexer, Hamburg 1957, 50-67; Ju. L.
— auch Girtelniederlegung der Gottesmut- Stapova, ChudoZestvennoe Steklo Drevnej Rusi,
ter. — Taf. 46. Drevnerusskoe Iskusstvo. ChudoZestvennaja kul’-
tara domongol’skoj Rusi, Moskau 1972, 349 bis
357; LdK 2 (1989), 755-758; 760-764 (G-malerei);
Lit; N, Baynes, The Findingof the Virgin’s Robe, LexMA4, 1477-1481 (G.,-herstellung); 1484-1489
AIPH 9, 1949, 87-95; ders., The Supernatural De- (G.malerei); RBK 2, 800-839.
fenders of Constantinople, AB 67, 1949, 165-177;
Ch. Belting-Ihm, ,,Sub mattis tutela‘. Untersu- Glaubensbekenntnis (grch. homologia, f.,
chungen zur Vorgesch. der Schutzmantelmadon-
na, Heidelberg 1976, Reg.: Blachernenkirche,
symbolon, n.; russ. simvolvery; lat. symbo-
Mantelreliquie; V. Grumel, Les Regestes des Ac- lum, n.), Formel durch die eine religiise
tes du Patriarcat de Constantinople, 1. Fasc., Lehre festgelegt wird u. mit der sich eine
Chalcedon 1932, Nr. 280; ders., Le ,,Miracle habi- Glaubensgemeinschaft identifiziert. Abwei-
tuel“ de Notre-Dame des Blachernes 4 Constanti-
nople, EO 30, 1931, 129-146; M. Jugie, La Mort et
chungen von dieser Formel werden als
PAssomption de la Sainte Vierge, Citta del Vati- Hiaresie bezeichnet.
cano 1944, 688-707; N. P. Kondakov, Ikonografija 1. Unter allen Hochreligionen hat das Chri-
140
Glaubensbekenntnis
stentum die Ausbildung von G.sen qualita- DasG., in der Alten Kirche von einem Lai-
tiv u. quantitativ zum Héhepunkt gefihrt. en gesprochen, wird heute im allgemeinen
In der Alten Kirche lag die Formulierung von der ganzen Gemeinde gesprochen oder
von G.sen in der Verantwortung des Bi- gesungen. In derruss.-orth. Kirche wird es
schofs. Sie wurden wohl zuerst bei der »vom ganzen Volk“ (vsenarodno) gesungen;
Spendung der Taufe gebraucht. Solche G.se in der grch. spricht es ein einzelner.
finden sich bereits in den Schriften Justins Wahrend das Nicaeno-Constantinopolita-
(gest. um 165), Irendus’ (gest. um 202), Ter- num auch von den Kirchen des Westens an-
tullians (gest. nach 220) u. Cyprians (gest. erkannt wurde, haben die Ostkirchen das
258). In den Martyrerakten der Verfol- Apostol. G, des Westens (lat. symbolum
gungszeit sind ebenfalls Homologiai aufge- apostolorum, 390 zum erstenmal gebraucht)
zeichnet. Erst im 6. Jh. hat das G. in die Li- nicht tibernommen. Dieses Symbolum geht
turgie Eingang gefunden, wahrscheinlich auf das G.in der Kirchenordnung Hippolyts
zuerst in Syrien. Der um 500 Iebende Ver- von Rom (-» unter Kirchenrecht) zurtick,
fasser der pseudoareopagit. Schriften (> das wahrscheinlich auf Glaubensregeln (lat.
Mystagogie), der sich auf syr. Liturgiege- regulae fidei) des 2. Jh. fuBt. Diese waren
brauch beruft, kennt eine Katholike homo- bei der Spendung der Taufe tiblich u. haben
logia (grch., ‘allgemeines G.’), deren Text ihren trinitar. Aufbau aus den Formeln des
abernicht mitgeteilt wird. Der Patriarch Ti- NT (z. B. Rom. 1, 3; 1. Kor. 15, 3 ff.; 2. Kor.
motheos von Konstantinopel (gest. 518) 14, 14) entfaltet. Das Apostolicum unter-
ordnete an, das G. der 1. Okumen. Synode scheidet sich vom dstl G. durch die
von 325, das Nicaenum, wahrend der Syna- Schlichtheit der Aussagen u. die Ubersicht-
xis, d. h. waibrend der Liturgie der Katechu- lichkeit der trinitar. Struktur. Durch seine
menen (— unter Liturgie der Gldubigen), Orientierung an den Fakten der Heilsge-
taglich zu singen; vorher geschah dies nur schichte hat es wahrscheinlich ein Wuchern
am Karfreitag bei der Unterweisung der der seinsspekulativen Ansi&tze, die im Nica-
Katechumenen vor dem Empfang der Taufe eno-Constantinopolitanum erkennbar sind,
zu Ostern, Die 2. Okumen. Synode von 381 verhindett.
hat keinen Symboltexthinterlassen. Das mit 2. In der Kunst erscheinen Darstelilungen
ihr verbundene. sog. Nicaeno-Constantino- des G.ses relativ spat (in Ru@land im 16.
politanum findetsich erst in den Akten der Jh.); sie entwickeln sich vor allem in der
4, Okumen. Synode von Chalcedon von 451 Ikonenmalerei zu komplizierten didakt.
u. stellt die Arbeit des aus Palastina stam- Kompositionen. Dabei werden oft die ein-
menden Epiphanius von Salamis (gest. 403) zelnen Sinnabschnitte des G.ses — wie bei
dar. Es setzt das Nicaenum von 325 voraus der Wiedergabe des Vaterunsers — in meh-
u. zeigt nahe Verwandtschaft zu dem G. des reren Bildstreifen vorgetragen; der Text ist
Kyrill von Jerusalem (gest. 387). Das Nicae- an den Randgeschrieben. Auch in der Mo-
no-Constantinopolitanum bringt an neuen numentalmalerei wurde die Darstellung des
theolog.: Aussagen vor allem, daB der hl. Nicaeno-Constantinopolitanums beliebt (z.
Geist, der ,,lebenschaffende Herr“, vom Va- B. in der Erzengel-Kathedrale im Moskauer
ter ausgeht u. gelobt wird. Vieles spricht Kreml).
dafiir, daB die Lehre vom hl. Geist (Pneu- Text: s. Anhang Nr. 12.
matologie), wie sie hier vorgetragen wird,
bereits in den theolog. Bemiihungen zum
Lit.: FL Buslaev, Sotinenija, 2. Bd., S. Peterburg
Konzil von 381 eine wichtige Rolle spielte 1910, 288-296; G. Diener, Das Credo der Urkir-
(— auchBasiliusliturgie). che, dargest. in Bildern deraltchristl. Zeit, Berlin
Das Nicaeno-Constantinopolitanum wurde 1957; Dix, 485 ff., Hanssens, Nr. 1124-1142; Jung-
von Kaiser Justin II. (gest. 578) offiziell in mann i, 591-606, F. Kattenbusch, Das Apostol.
Symbol, 2 Bde., Leipzig 1894-1900; R. Ligtenberg,
die Liturgie eingefiihrt. Vielleicht wurde es Het Symbolum Apostolicum in de Iconographie
zundchst am Beginn der Liturgie der Glau- der Middeleeuwen, Het Gildeboek 12, 1929; J.
bigen gesprochen u. unter Arkandisziplin Myslivec, Liturgické Hymny jako Néméty
gestellt (woran noch heute die Exklamation Russkfch Ikon, BZS 3, 1931, 473-487; A. M. Rit-
ter, Das Konzil yon Konstantinopel u. sein Sym-
»die Tiiren, die Tiiren“ erinnert), ehe es sei- bol, Gétlingen 1965; W. Trillhas, Das Apostol. G.,
ne Stellung hinter dem FriedenskuB8erhielt. Witten 1953; Archiepiskop Vasilij (KzivoSein),
141
Gleb
Simvoliteskie Teksty v Pravoslavnoj Cerkvi, BoTr kolokolnja,z. B. ,.Ivan der GroBe* im Mos-
4, 1968, 5-36; ders., Les Textes Symboliques dans kauer Kreml [Taf. 47], groBer u. kleiner
VEglise Orthodoxe, Messager 48, 1964, 197-217;
49, 1965, 10-23, 50, 1965, 71-82; LChI 1, 461-464 G.n-Turm im Dreieinigkeits-Sergius-Klo-
(Credo). ster), in denen eine groBe Anzahl von G.n
zu einem Geldute vereinigt werden konnten
@. B. im ,Ivan dem GroBen“). Davon zu
Gleb — unter Heiligenverehrung, > auch
unterscheiden ist die G.n-Wand (russ. zvon-
Heiligenbilder
nica; vgi. Taf. 48). Die GréBe der G.n reich-
te von kleinen Gn u. Glickchen (russ.
Glocke (grch. kodon, m.u. £; russ. kolokol, zvonok, zvonec) iiber MittelgréBen bis zu
m.; lat. campana, f., nola, f., clocca, f., si- den Gro8-G.n(russ. kolokol), die alle (auch
gnum, nu.) ein Klanggerit, bei dem durchdie die kleinsten) mit dem Kléppel angeschla-
Wahl des Materials (Bronze) u. durch das gen werden miissen. Mit Hilfe eines solchen
Herstellungsverfahren (Gu8, friiher ge- Gelautes war es méglich, durch Anschlagen
schmiedet od. genietet) eine groBe Schall- der einzelnen G.n wie mehrerer G.n zusam-
weite erreicht wird. Es ist deshalb als Si- men (Teilgelaut) groBartige Harmonie-Ef-
gnal- u. Musikinstrument (Schlagton u. in fekte zu erzeugen u. die Glaubigen tiber die
Teilténe zerfallender Summton) im Freien Art des Festtages innerhalb des Kirchenjah-
auBerordentlich gut geeignet. In China wur- tes, den jeweiligen Abschnitt der Liturgie,
de die G. schon im 1. Jt. v. Chr. fiir kult. u. die Art der Amtshandlung (Begribnis, Ehe-
nichtkult. Zwecke gebraucht. Asien gilt als schlieBung, Spendung eines Sakramentes) u.
die Heimatderdltesten G.n-GuBtechniken. a. genau zu unterrichten. Wie in Westeuro-
Die christl. Kléster des Orients tibernahmen pa wurde auch in RuBland die G. in Aus-
im 5./6. Jh. die G. als Signalinstrument fiir nahmefillen als Alarm-G. verwendet, wobei
ihre Stundengebete u. -gottesdienste. Bald es hinsichtlich der Harmonie des Geliutes
danach wurde sie auch im Westen tiblich. u. der Veranlassung feste Regeln gab. Auch
Benedikt von Nursia (gest. um 547) u. Gre- fiir andere sikulare Zwecke, z. B. die Ein-
gor von Tours (gest. 594) kannten sie be- berufung von Einwohnerversammlungen
reits. In der Gotik (13./14. Jh.) setzte die (russ. veée), bediente man sich der G.n. —
Bliite der G.n-GieBerei ein, Neben dem Als ,,hl. Sachen“ (grch. pragmata hiera) ste-
kirchl. Gebrauch stand das Klanggerat im hen die G.n unter dem Schutz des Kirchen-
Dienste der Gesellschaft (der Gilden) u. der rechts.
Stadte. In Byzanz setzte sich die G. nicht
durch, wahtscheinlich, weil sie wie die Orgel Lit.: J. v. Gardner, G-n als liturgisch-musikal. In-
im Profanbereich (Zirkusparteien) verbrei- strument in der russ. Kirche, OstKSt 7, 1958, 173
bis 183; E. W. van Heuven, Acoustical Measure-
tet u. weil jede Instrumentalbegleitung des ments on Church-Bells and Carillons, Den Haag
Chores verboten war. Nur als Ausnahme 1949; H. Jursch, Die G, in der bildenden Kunst,
kann die Nachricht gelten, daB im Jahre 865 Wiss. Zs. der Friedrich-Schiller-Universitat Jena
12 G.n aus Venedig fiir die Hagia Sophia in 6, 1956/57, 575-597; M. F. Mufjanov, Zvonjat Ko-
lokoly Veényja v Velikom Novgorode, Slavjans-
Konstantinopel importiert wurden. In den kie Strany i Russkaja Literatura, Leningrad 1973,
Kiéstern blieb auch nach der allmahi. Ein- 238-245; N. Olovjani$nikov, Istorija Kolokolov i
fiihrung von G.n seit dem 11/12. Jh. das > Kolokololitejnoe Iskusstvo, Moskau 19122, S.
Semantron, ein guBeiserner Stab, das ei- Rybakov, Cerkovnyj Zvon v Rossii, S. Peterburg
1896; F. Schilling, Das russ. G.n-Gelaut, Musik u.
gentl. Signalgerat. Zu einer Entwicklung Kirche 31, Kassel 1961, 107-115; E. V. Williams,
des G.n-Gusses kam es in nachbyz. Zeit we- The Bells of Russia. History and Technology,
gen des G.n-Verbotes durch den Islam nicht Princeton, N. J., 1985; Kolokola: Istorija i Sovre-
mehr. In RuBland, das von diesem Verbot mennost’, Moskau 1985, LexMA 4, 1497-1501;
nicht betroffen wurde, kennt man-G.n seit
1502-1503 (G.nspiel); MGG 5, 267-291.
dem 11. Jh. Zusammen mit der grofartigen
Entfaltung des G.n-Gusses entwickelte sich Gloria in excelsis > unter Doxologie
ein 4sthetisch-musikal. System des kult. Gn
Gelautes, das in anderen Konfessionen un- Gloria patri > unter Doxologie
bekannt blieb. Gleichzeitig baute man
michtige u. hochragende G.n-Tiirme (russ. Gloriole > unter Aureole
142
Gnosis
Glykophilosa — unter Gottesmutterbilder libte die G. eine faszinierende Wirkung auf
alle Schichten u. Religionen aus. Wichtig-
Gnosis (grch., f., ‘Erkenntnis’, ‘geheimes ster Wesenszugist die dualistisch begriinde-
Wissen’), spdtantik-oriental. religiése Welt- te negative Verdeutung (Hermeneutisie-
anschauung, von Juden- u. Christentum be- rung) der Welt u. alles Gegenstindlichen.
einfluBt u. ihrerseits von grofBem EinfluB Fir die Alte Kirche bedeutete die Ausein-
auf diese. Die G. stellt keine einheitl. Er- andersetzung mit der G. eine geistige Exi-
scheinung dar, sondern ist (auch in gesell- stenzfrage. Auf theolog. Ebene setzte sie
schaftl. Hinsicht) in z. T. sehr unterschiedl. dem kosm. Dualismus der G. die Lehre von
Gruppen aufgeteilt. Diesen ist aber ein ge- der Einheit der Welt, des sinnl. u. unsinnl.
dankl. Grundsystem gemeinsam, das sich so Kosmos entgegen, der doketischen_,,Chri-
skizzieren l48t: (1) Mensch u. Kosmos, der stologie* die Menschwerdung, das echte
dunklen Materie verhaftet, sind von der k6rperl. Leiden sowie die Auferstehung
Uberwelt des Lichts durch Ewigkeiten Christi, durch die die Schépfungswirklich-
(grch. aiones) u. feindl. Gestirne (7 Planeten keit der Welt anerkannt wird. Dieses anti-
u. die Achtheit, > auch Oktoechos) ge- gnost. Gedankensystem wurde gleichzeitig
trennt u. dem unentrinnbaren Verderben abgesichert durch disziplinare Mafnahmen,
lberlassen (iranisch beeinfluBter weltan- wie durch die konsequente Entwicklung des
schaul. Dualismus u. Pessimismmus). — (2) Bischofsamtes, die Abschirmung der Eu-
Ein Entrinnen aus dem Verhingnis u. der charistie bzw. der Liturgie u. der Sakramen-
Angst (grch. ananke) gibt es fiir den Men- te durch Arkandisziplin, durch die Festi-
schen nur durch die esoterisch (als Geheim- gung u. den Schutz der kirchl. Sozietat mit
wissen) verstandene G. — (3) Durch Verge- Hilfe des Kirchenrechts, aber auch durch
genwartigung des Mythos von dem mit ei- die Einfiihrung von ,,Ideenfesten“, vor al-
nem Scheinleib ausgestatteten u. deshalb lem von Epiphanie u. a. Die G. hat eine
leidenslosen Erléser (sog. Doketismus) im Reihe von Vorstellungen gepflegt, mit de-
Kultus erhalt der Gnostiker Erkenntnis nensich die Kirche auseinandersetzen muf-
vom Ab- u. Aufstieg dieses Erlésers. — (4) te. Dazu gehért die mit der Verdeutung
Durch die in der G. erhaltene esoter. Erlé- (Hermeneutisierung) der gegenstindl. Welt
sungsparole vermag der Gnostiker nach sei- korrespondierende peinlich genaue (,,anan-
nem Tode die Planetengeister, die die kastische“) Kultisierung u. Ritualisierung
Uberwelt abschirmen, ebenso zu taduschen des Lebens, die in der Technik der erlebnis-
bzw. zu tiberwinden, wie es dem Erléser maBigen WVergegenwirtigung eines ge-
durch seinen Scheinleib méglich war. — (5) schichtslosen Mythos (> dagegen Anamne-
Die Gottheit wird in den meisten Systemen se) ihren Héhepunkt erfahrt. Mit ihren Mu-
als absolut unerkennbar(perfekter Agnosti- siktheorien u. mit ihren tiefsinnigen Dich-
zismus) im Abgrund (grch. abyssos) der tungen hat die G. die Grofkirche zu eige-
Aionen vorgestellt, deren Vielzahl die ein- nen Schépfungen auf diesen Gebieten her-
zelnen,in absoluter Jenseitigkeit verharren- ausgefordert. Der konsequente Dualismus
den Welten des Lichtes abschirmend um- der G. mit seiner Ablehnung der Mensch-
gibt. — (6) Innerhalb dieser unbedingt unbe- werdung Christi erfuhr im Manichiismus u.
weglichen (akinetischen) Uberwelt ist Be- seinen Nachfolgern in den Ketzereien des
wegung nur in Form héchster Abstraktio- MA(= unter Hiresie) eine Neubelebung,
nen vorstellbar. Auf diese Weise geschieht die in mehreren Wellen vor sich ging u. der
der ,,Aufstand“ des Aions der oberen So- die Ostkirche mit den Mitteln der Lehrin-
phia (— auch Weisheit Gottes) gegen den formation, vor allem mit den Christus- und
im Abgrund ruhenden Ubergott. Auf diese Gottesmutterbildern, begegnete.
Erkenntnis-“Bewegung“ reagiert erst die
(ebenfalls noch in der Uberwelt existieren- Lit: U. Bianche (Hg.), The Origins of Gnosticism,
de) niedere Sophia, indem sie die schatten- Leiden 1976, W. Foerster, E. Haenchen, M. Krau-
hafte, lichtlose Substanz als Keim des Kos- se, Die G. I: Zeugnisse der Kirchenvater, Ziirich
mosaussich emaniert. 1969; Gnosis, Fs. fiir Hans Jonas, Géttingen —
Zirich 1978, H. Jonas, G. u. spatantiker Geist, 2
Ohne die politisch-soziale Katastrophensi- Bde., Géttingen 1954, E. Peterson, Friihkirche,
tuation der Spatantike kaum verstindlich, Judentum u. G., Rom, Freiburg, Wien 1959; K.

143
Goldener Kanon
Rudolph, Die G., Leipzig 19802; H.-M. Schenke, wurde sie in ihrer Bedeutung fiir die Sote-
Der Gott ,,Mensch“ in der G., Berlin 1962; H. J. tiologie, die Erlésungslehre,u. fiir die Chri-
Schoeps, Urgemeinde, Judenchristentum, G., Tii-
bingen 1956; Wellesz, 64 ff., 68 £., 76 ff., 97, Wer-
stologie von den groBen Kappadoziern Ba-
ner, 222 ff; E. Rose, Die manichaische Christolo- silius (gest. 379), Gregor von Nyssa (gest.
gie, Wiesbaden 1979; LexMA 4, 1525-1526. — S. 394) u. Gregor von Nazianz (gest. 390) er-
auch Lit. zu Haresie. kannt u. in die theolog. Arbeit eingefihrt.
Einer Verselbsténdigung der Mariologie,
Goldener Kanon > Kanon, Goldener der Lehre von der G., gegentiber der Sote-
tiologie stand die Ostkirche stets mit
Gonyklisia (grch., f.; russ. kolenopreklone- Zurtckhaltung gegentiber. - - auch Got-
nie, n.; lat. genuflexio, f.), in der Ostkirche tesmutterbilder, - Gottesmutterfeste.
ein langes, aus 3 Abschnitten bestehendes,
auf den Knien zu haltendes Gebet (> auch Lit.: A. Cameron, The Theotokosin sixth-century
Constantinople, JThS 29, 1978, 79-108; C. Cechel-
Gestik, -—> Proskynese} wéahrend des li, Mater Christi, Bd. 1-4, Roma 1946-1954; Heiler,
Abendgottesdienstes am Pfingstsonntag. 124-128, 486 f. u. Reg.: G., Theotokos; Heyer, 190
Die 3 Gebetsgruppen werden nach dem bis 194; Lexikon der Marienkunde, Bd. 1 ff., Re-
Schema1, 1 a; 2, 2 a; 3, 3 a, 3 b gesteigert, gensburg 1957 ff.; Mariology, 1. Bd., hg. von I. B.
Carol, Milwaukee 1955; I. Ortiz de Urbina, Die
wobeiihr Inhalt sich nach den beiden Fest- Marienkunde in der Patristik, OrChrPer 6, 1940,
themen, AusgieBung deshl. Geistes u. Drei- 40-82; K. Rahner, Le Principe Fondamental de la
einigkeit, richtet. Die G. schlieBt die dsterl. Théologie Mariale, RSR 42, 1954, 481-522; Th.
Freudenzeit ab u.leitet zugleich eine nach- Strothmann, Quelques Apercus Historiques sur le
Culte Marial en Russie, Irénikon 32, 1959, 178 bis
Pfingstl. Fastenzeit ein. Mit ihrem ausge- 202; L. Heiser, Maria in der Christus-VerkUndi-
pragten BuBcharakter geht die G. auf den gung des orth.Kirchenjahres, Trier 1981; D. Dmi-
Kirchenvater Basilius (gest. 379) zuriick. trijevit’,Die Entwicklung der liturg.Verehrung der
Man wird in ihr auch einige Restelemente Mutter Gottes nach dem Ephesinum bis zum
12.Jh.,Acta Congr.Mariolog-Mariani intern., Ro-
der Stationsgottesdienste an den hl. Statten ma 1972, 81-120; J. Ledit, Marie dans la Liturgie
Jerusalems am Pfingsttag u. ihrer Prozessio- byz., Paris 1976; Maria in der Lehre derKirche,
nen sehen dirfen. Paderborn 1979.

Lit.: Baumstark, 142; Beck, 258-259; Goar, 597; La Gottesmutterbilder. Gegenstand einer
Pritre22, 382-395; Nilles 2, 383 f£., 405 f£; A. Ubersicht der G. sind nicht die Darstellun-
Ricker, Die feierl. Kniebeugungszeremonie an
PGingsten in den oriental. Riten, HI. Uberliefe- gen der Gottesmutterfeste, sondern ist das
rung. Fs. Ildefons Herwegen, Miinster (Westtf.) autonome, sich durch streng formalisierte
1938, 193-211. Gestik u. Mimik auszeichnende Gottesmut-
terbild. Die G. haben ihren Ursprung sehr
Gottesgebirerin — unter Gottesmutter wahrscheinlich im Orient u. kamen mit
ihrem Urtyp, der Gottesmutter mit dem
Gottesmutter (grch. meter theu, theometer; Kinde auf dem Scho8, zusammen mit dem
tuss.:bogomater; lat. mater dei), vorzugswei- Fest der Epiphanie nach dem Westen. Da-
se in der Ostkirche gebrauchter Hoheitstitel mit war zugleich das zentrale Themaaller
Marias, der Mutter Jesu. Diese Bezeich- spateren G., die Menschwerdung (Inkarna-
nungist umfassenderals der auf der 3. Oku- tion) Christi, vorgegeben. Nach dem Orient
men. Synode (431) formulierte Titel einer weisen auch Kopf- u. Schultertuch (grch.
Gottesgebarerin (grch. theotokos; russ. bo- maphorion) der Gottesmutter u. der Stern
gorodica; lat. deigenetrix, deipara), der in darauf (— auch Entschlafen der Gottesmut-
den kontroverschristolog. Auseinanderset- ter). Die bekanntesten Typen der G. ent-
zungen mit dem von Nestorius verwendeten standen in Byzanz nach dem Bilderstreit (>
Titel ,,Christusgebdrerin* (etch. christoto- Bild); sie stellen auch die Urtypen der westl.
kos) erarbeitet wurde. Bereits in den Apo- marian, Gnadenbilder dar. Nach dem 9. Jh.,
kryphen des 2./3. Jh. erscheint Maria als vor allem in spatbyz. Zeit, ist eine auffallige
»lmmerjungfrau“, wahrend die Vorstellung Zunahme solcher Prototypen festzustellen,
von Maria als Gottesgebdrerin wahrschein- die sehr wahrscheinlich im Zusammenhang
lich in Alexandrien beheimatet ist. Wohl mit dem Kampf der Kirche gegen balkan.
schon Origenes (gest. 253/254) bekannt, Hiresien stehen, die das Mariendogma der
144
Gottesmutterbilder
Grofkirche ablehnten. Der Typenschatz gleichnamige Kloster in Konstantinopel.
der G. la8t sich in dem folgenden, keines- Die Bezeichnung ‘Wegfihrerin’ ist einem
wegs erschépfenden Ubersichtsschema zu- Gottesmutterhymnus (—> Theotokion) ent-
sammenfassen. Dabei sei darauf hingewie- nommen. Die Hodigitria hat eine Reihe von
sen, daR sich die marian. Wiirdetitel (wie G.n angeregt, wie z. B. die Smolenskaja in
Hodigitria, Diakonissa, Eleusa, Glykophilu- RuBland (seit dem 11./12. Jh.) u. die Psy-
sa) im vorhandenen Denkmiilermaterial chosostria auf dem Balkan (seit dem 13/14.
nicht immer mit den gestaltikonograph. Ty- Jh.). (b) Ein Vorlaufer der Hodigitria, nur
penbezeichnungen decken, die die Kunst- mit dem Kind in der Mandorla (— unter
wissenschaft von ihnen abgeleitet hat, son- Aureole), stammt aus der Zeit vor dem Bil-
dernsich nicht selten tiberschneiden. derstreit (+ unter Bild). (c) Thronende
\Gottesmutter chne Kind (od. mit Emma- Gottesmutter mit dem Kind auf den Knien
nuel im Clipeus, s. auch IT, 2): (1) Gottes- (Taf. 43). Vorldufer finden sich in den Kata-
mutter Orans (Taf. 35). Sie ist neben der komben, vom 6. Jh. an erfolgt eine starke
Gottesmutter auf den dltesten Darstellun- Verbreitung im Osten u. Westen, in der
gen von Epiphanie wohl der dlteste autono- weiteren Entwicklung entsteht ein ausge-
me Typ, wenn sie auch oft mit ciner beten- pragter ,,Incinander-Typ* der Figuren (>
den Frau verwechselt wird. Der Gewandung auch Dreieinigkeit). (d) Gottesmutter Kai-
entsprechend, wird die Gottesmutter Orans serin (grch. basilissa despoina; lat. regina,
manchmal auch als Diakonissa (> Diako- domina). (e) Im Orient blieb der schlichtere
nisse) bezeichnet. Aus der Reihe von Son- Typ der Hypselotera (grch., ‘héher[als die
dertypen der Gottesmutier Orans sei hier Himmel}’) weit verbreitet. Ihre Vorlauferin
nur die Gottesmutter Lebenspendende ist wohl die schon im 6. Jh. bekannte Got-
Quelle erwahnt (grch. zoodochos pege) mit tesmutter mit dem Kind auf dem SchoB
Perforationen an den erhobenen Handen u. {nicht auf den Knien). — (2) Strenge Beto-
auf dem Schmuckwerk der Gewinder, um nung der Inkarnation kennzeichnet den em-
das hl. Wasser (grch> hagiasmaia) heraus- blematisch-hierat.: Typ: (a) Die Nikopiia
sprudeln zu lassen. Eine solche [kone aus {erch., ‘Siegschaffende’), zundchst ab 6. Jh.
Stein (> auch Ikonenmalerei) befand sich auf Miinzen bekannt, fand nach dem Bilder-
in der Blachernenkirche der Hauptstadt By- streit Eingang in alle Kunstgattungen. Statt
zanz (s. Abs. IT 2 b, > Gewandniederlegung des Kindes halt die Gottesmutter ein Me-
der Gottesmutter). Vor ihr unterwarf sich daillon (— Clipeus) mit dem Bild des Em-
der byz. Kaiser rituellen Waschungen. Die- manuel vor der Brust. Vorbild war die rém.
ser Typ geht auf eine antike weibl. Quell- Siegesgéttin Nike mit der Imago clipeata
gottheit zuriick; — (2) die nach dem gleich- des Kaisers. Eine im Kaiserpalast aufgestell-
namigen Stadtviertel in Konstantinopel ge- te Ikone der Nikopoiia wurde bei Feldziigen
nannte Chalkoprateia (grch., auch hagioso- mitgefithrt. (b) Eine nach dem Bilderstreit
ritissa, paraklesis, > auch Giirtelniederle- entstandene Abart der Nikopoiia ist die
gung der Gottesmutter); sie halt die Hinde nach dem gleichnamigen Stadtteil genannte
im Gestus der Fiirbitte. Alteste Denkmiiler Blacherniotissa (s. auch Pkt. I 1), der der
stammen aus dem 6. Jh., sie sind haufiger Clipeus mit dem Kind frei vor der Brust
seit dem 11. Jh. Neben der Blacherniotissa schwebt. Sie ist in zahlreichen Varianten
(s. Abs. II 2 b) ist die Chalkoprateia vor allem in RuBland wiederholt worden.
berithmtestes Schutz- u. Gnadenbild der (c) Die Platytera (grch., ‘umfangreicher[als
Byzantiner gewesen. die Himmel ist dein SchoB]’), mit u. ohne
@ Gottesmutter mit Kind als bildhafter Clipeus, hat ihre Bezeichnung nach einem
usdruck der Inkarnation Christi: (1) Der Theotokion. In RuBland hie® sie auch Got-
Typus des Repriisentationsbildes: (a) Hodi- tesmutter Znamenie (‘Gottesmutter des
gitria (russ. odigitrija, ‘Wegfihrerin’; Taf. Zeichens’, nach Jes. 7, 14), diese wurde
38), Gottesmutter u. Kind befinden sich auch ,,Gottesmutter unerschiitterl. Mauer“
stets frontal zum Betrachter, das Kind mit (russ. nerusimaja stena) genannt (Taf. 35).
Segensgestus.(— Gestus). Die Hodigitria ist Als Herrschaftsemblem war dieser Typus
in Ost u. West zum Gnadenbild geworden im MA weit verbreitet. - (3) Neben den
(> Abs. II 3 a). Ausgangsort war das hieratischen tritt als weiterer Grundtyp der
145
Gottesmutterbilder
123 _ 1 Episkepsis
56 2 Stehende Gottesmutter
mit Kind
3 Pelagonitissa
4 Platytera
5 Gottesmutter
des Erbarmens
6 Donskaja

146
Gottesmutterbilder
7 Gottesmutter von Kykkos 789
8 Gottesmutter des Metropoliten Peter 10
9 Chalkoprateia up
10 Gottesmutter Orans
11 Gottesmutter der Passion.
12 Hodigitria

147
Gottesmutterbilder
G. der humanisierte Reprasentationstyp. Er Kykkotissa (Taf. 36) u. die Kyriotissa. (e) In
ist gekennzeichnet durch engere menschl. nachbyz. Zeit erscheint als besonders aus-
Beziehungen zwischen der Gottesmutter u. drucks- u. variantenteicher Entwicklungstyp
dem Kind. Auch dieser Grundtyp findet der Eleusa die Glykophilusa (grch., ‘die
sich in seinen Anfangen bereits in altkirchl. Liebkosende’, russ. vzygrannaja), deren
u. friihbyz. Zeit u. reflektiert auf bestimmte Beiname, wie die meisten anderen, eben-
pragmat. Aspekte sowohl der Inkarnations- falls einen marian. Hoheitstitel ausdriickt.
theologie wie der Lehre von der Gottesmut- (f) Die Galaktotrophusa (grch., ‘die Stillen-
ter, der Mariologie. (a) Als Antityp zur Ho- de’) hat wahrscheinlich die agypt. Isis zum
digitria (s. Abs. II 1 a) ist zuerst die Eleusa Vorbild, die den Horusknaben stilit. Im
(grch., ‘die Barmherzigkeit Schenkende’; byz.-slav. Raum blieb diese Darstellung re-
tuss. umilenie, ‘Riihrung’, ‘Innigkeit’) zu lativ selten. — (4) Von den Ubergangstypen
nennen,die mit ihren zahlreichen Varianten zwischen der Hodigitria u. der Eleusa mit
einer der Urtypen dstl. u. westI. Gnadenbil- ihrer Auflésung des starren Reprisenta-
der geworden ist. Das auf dem Arm der tionsstils seien erwAhnt: (a) die Peribleptos
Gottesmutter sitzende Kind schmiegt seine (grch., ‘die Bewunderte’) aus dem 14. Jh. in
Wange an die der Mutter, die auf alten Ochrid; (b) die russ. Kazanskaja (Legende
Denkmilern den Betrachter, auf jiingeren von 1579); (c) die russ. Pimenovskaja u..die
das Kind anschaut. Die Bezeichnung Eleusa Petrovskaja mit nur angedeuteten Ziartlich-
ist als marian. Hoheitstitel zu verstehen; er keitsbezichungen zwischen Gottesmutter u.
kam im 11. Jh. auf. Ursprungsland des Bild- Kind (Taf. 39); sie sind Kennzeichen einer
typs ist wahrscheinlich Agypten. Seit dem bei Balkanslaven u. in RuBlandverbreiteten
10. Jh. war die Eleusa innerhalb u. auBer- Gruppe; (d) die russ. Tichvinskaja; (e) die
halb von Byzanz verbreitet; der Ausgangs- Terusalimskaja mit Kind auf dem rechten
punkt ihres in dieser Zeit intensiveren Kul- Am.
tus wird am byz. Kaiserhof zu suchen sein. TIL. (1) Eine GroBgruppe umfaBt G.in Figu-
Von dort gelangte auch die bekannteste ten- u. Szenendarstellungen, die den mari-
Ikone dieses Typs nach Kiev, spiter nach an. Wiirdetitel bildhaft weiterentfalten. Es
Vladimir (;,Vladimirskaja“, vgl. Taf. 41; > sind dieses u. a.: (a) die Deesis (Christus, *
auch Ikonenmalerei). Die theolog. u. kiinst- flankiert von der Gottesmutter und Johan-
ler. Grundauffassung des Eleusatyps hatte nes dem Tiufer), (b) die Gottesmutter der
Auswirkungen auf dsthet. u. stilist. Gebiet, Passion (grch. theotokes tu pathus; russ. bo-
die sich vor allem in komplizierten Darstel- gomate¥strastnaja): Das Kind auf dem Arm
lungen von Bewegungen, Gestik u. Mimik der Gottesmutter blickt erschrocken zu den
auBern. Sie entsprechen komplizierter ge- Leidenswerkzeugen hin, die Engel herbei-
wordenen psycholog. Bezichungen zwischen tragen. Die Darstellung stammt zwar aus
Gottesmutter u. Kind. Die Maler richteten nachbyz. Zeit, hat aber Vorlaufer im 14. u.
sich dabei vorwiegend nach literar. Motiven 15. Jh., die ihrerseits auf cinen Urtyp vom
aus den Gottesmutterhymnen (— Theoto- Ende des 12. Jh. zuriickgehen, bei dem das
kion). Zu nennen sind: (b) die Episkepsis Kind auf dem Arm der Gottesmutterliegt.
(grch., ‘die Betrachtende’; Taf. 40) mit ent- Westlichen EinfluB zeigt dagegen die Got-
bléBten Waden des Kindes (z. B. die russ. tesmutter mit dem Kruzifixus, die sich vor
Donskaja, Taf. 37); (c) die Gottesmutter allem auf Hinterglasikonen findet. Thema-
thronend, wahrend sich das Kind auf dem tisch stehen diese Bilder dem ,,Nichtschla-
Scho8zu ihr erhebt (z. B. die russ. Tolgska- fenden Auge“, der ,,AuBersten Erniedri-
ja, 13. Jh.). (d) Einen sehr komplizierten gung“ u. anderen Passionstypen der Chri-
Bewegungsschematismus zeigt der im 14. stusbilder nahe. — (2) Szenenreich sind eine
Jh. aufkommende, auf dem Balkan behei- Reihe von nachbyz. u. russ. G.n, die Dar-
matete Typ der Pelagonitissa (von einem in stellungen bestimmter Theotokien aus der
Pelagonia verehrten, aber verlorengegange- Liturgie bilden: (a) ,,Uber dich freut sich“u.
nen Gnadenbild). Dieser Typ (Taf. 42) re- (b) ,,Wahrhaft wiirdig ist es“, deren Texte
flektiert wahrscheinlich auf die Ablehnung am Beginn der GroBen — Fiirbitte der Ba-
des kirchl. Mariendogmas durch die Bogo- silius- bzw. der Chrysostomusliturgie ste-
milen (— auch Haresie). Abarten sind die hen. (c) Hierher gehért auch die Ikonogra-
148
Grablegung Christi u. Beweinung
phie des Gro8en Gottesmutterhymnus, des nen, Hermeneia 5, 1989, 141-146, A. Ebbinghaus,
Akathist. — (3) G. typologischen (d. h. auf Die altruss. Marienikonen-Legenden, Berlin 1990;
LChl 3, 154-181; LdK 3, 157-158.
alttestamentl. Vorbilder hinweisenden) In-
halts sind z. B. (a) die Gottesmutter Unver-
brannter Dornbusch (grch. batos; russ. neo- Gottesmutter der Passion — unter Gottes-
palimaja kupina; Taf. 34), nach 2. Mose 3 mutterbilder
der Typus der Immerjungfrdulichkeit Mari-
ens, (b) ,.Propheten haben dich verkiindigt* Gottesmutterfeste. Das Alteste, im 4. Jh. be-
mit Proplieten, die Textrollen tragen, auf kannte G. wurde zwischen dem Fest der
dem Bildrand. — (4) Ausgesprochene Not- Geburt Christi u. dem von Epiphanie am 3.
helferbilder der Gottesmutter sind: (a) ,,Al- Meilenstein zwischen Jerusalem u. Bethle-
Jer Leidenden Freude“ (russ. vsech skor- hem als Stationsgottesdienst zur Erinnerung
bjaxtich radost’) in RuBland, nicht vor dem an die Rast der Gottesmutter auf dem We-
17. Sh; (b) ,,Lindere meinen Kummer“ ge nach Bethlehem gehalten. Die dortige
(utoli moja pedali), Ende des 19. Jh., ein Grabeshéhle Rachels wurde in altkirchl.
spater Sondertypus der Eleusa (Abs. II 2 b). Zeit mit den ersten Martyrern Christi, den
— Taf. 34 bis 43; Abb. von Herodes gemordeten unschuldigen Kin-
dern von Bethlehem (vgl. 1. Mose 35, 19;
Li: H. Aurenhammer, Marienikone u. Marienan- Matth. 2, 18), u. der Geburtshéhle Christi in
dachtsbild, JOBG 4, 1955, 135-149; C. Cecchelli, gedankl. Verbindung gebracht. Wie aus
Mater Christi, 4 Bde., Rom 1946-1954; B. Dab -
dem Fest am dritten Meilenstein spater das
Kalinowska, Die Krakauer Mosaikikone, JOB 22,
1973, 285-299, P. Eich, Maria Lactans, Diss. des — Entschlafens der Gottesmutter wur-
Frankfurt/M. 1953; T. Golgowski, On the Icono- de, ist bis heute nicht véllig geklart. Die
graphy of the Holy Virgin on Faras Murals, Etu- weiteren G. entwickelten sich nach der 3.
des et Travaux 2, Warschau 1968, 296-312; A. Okumen. Synode von 431. Es sind dieses
Grabar, Note sur ’Iconographie Ancienne de la
Vierge, Cahiers Techniques de "Art 3, Paris 1954, die Akoluthia des — Akathist, die > Ge-
5-9; ders., Iconoclasme, Reg.: Mére de Dieu; ders., burt der Gottesmutter, die > Gewandnie-
Empereur, Reg.; ders., The Virgin in a Mandorla, derlegung der Gottesmutter, die > Giirtel-
Late Classical and Medieval Studies in Honor of nicderlegung der Gottesmutter, die —
Albert Friend, Princeton 1955; N. P. Kondakovy,
Ikonografija Bogomateri, 2 Bde., S. Peterburg Synaxis der Gottesmutter, der + Tempel-
1914, 1915; R. Lange, Das Marienbild der friihen gang der Gottesmutter u. die > Verkiindi-
Sh., Recklinghausen 1969;..V.-N:-Lazarev, Etjudy gung der Gottesmutter. In der russ.-orth.
po Ikonografii Bogomateri, Ders., Vizantijskaja Kirche wird noch das Fest des Schutzman-
Zivopis, Moskau 1971, 275-329, P. V. van Moor-
sel, Diestillende Gottesmutter u. die Monophysi- tels der Gottesmutter (= Pokrov) gefeiert.
ten, E. Dinkler (Hg.), Kunst u. Gesch. Nubiens in
christl. Zeit, Recklinghausén 1970, 281-290; P. Gottesmutter Lebenspendende Quelle —>
Milkovit — Pepek, Umititelnite Motivi vo Vizan- unter Gottesmutterbilder
tiskata Umetnost na Balkanot i Problemot na Bo-
gorodica Pelagonitisa, Zbornik-Recueil des Tra-
yvaux 2, Skopje 1958, 1-30 (franz. Zusammenfas- Gottesmutterlieder > unter Theotokien
sung); Rothemund, 220-291; E. Sauser, Theolog.
u. kunstgeschichtl. Uberlegungen zum Bilde der
Gottesmutter von der friihchristl. bis zur roman. Gottesmutter mit dem Kruzifix > unter
Zeit, ZKTh 93, 1971, 385-417; H. Skrobucha, Ma- Gottesmutterbilder
ria. Russ, Gnadenbilder, Recklinghausen 1967; M.
Tati — Djurié, La Vierge Immaculée Panachran- Gottesmutter Schutz und Schirm — unter
tos. Son Iconographie et son Culte, De Cultu Ma-
iano Saeculis VI-XI. Acta Congr. Mariologici- Pokrov
Mariani Intern. in Croatia Anno 1971 Celebrati,
2. Bd., Rom 1972, 247-271, Ouspensky ~ Lossky, Gottesmutter Unverbrannter Dornbusch >
77-104, A. Vioberg, Les Types Iconographiques unter Gottesmutterbilder
de la Mére de Dieu dans l’Art Byzantin, Etudes
sur la Sainte Vierge, 2. Bd., Paris 1952, 403-444;
Weitzmann, Reg.: Virgin; Wellen; I. Bentschev, Grablegung Christi u. Beweinung (grch.
Handb. der Muttergottesikonen Ru@lands, Bona threnos, m., “Totenklage’; russ. poloZenie vo
1986; K. Gamber u. Ch. Schaffer, Maria-Ecclesia.
Die Gottesmutter im theol.Verstandnis u. in den grob, ‘G. Ch.’), Die G. Ch. u. B. stehen (je-
Bildern der frihen Kirche, Regensburg 1987, K. denfalls in mittel- u. spatbyz. Zeit) in Bezie-
F. J. Berger, Das HI. Antlitz I. Muttergottesiko- hung zur Kreuzabnahme;sie sind ikonogra-
149
Gradualpsalmen
Grablegung Christi

O UTADIACMOD

phisch nicht immer genau voneinander zu (diese 3 kniend), dahinter die hl. Frauen,
unterscheiden. Die literar. Quellen fiir die unter ihnen Maria Magdalena mit emporge-
Darstellung sind neben Matth. 27, 57-61 vor worfenen Armen,u. Joseph von Arimathia.
allem Joh. 19, 38-42, die NT-Apokryphen, Diese dramat. Szene hat in spat- u. nachbyz.
die Hymnen des Karfreitags u. Karsamstags Zeit auf dem Balkan u. in RuBland weite
sowie die Freitagshymnen aus der Oktoe- Verbreitung gefunden, wobei die erwahnten
chos. Beide Themen erscheinenrelativ spat dramat. Elemente im Grundschema selbst
in der christl. Kunst, in Byzanz erst im 9. bereits Variationsméglichkeiten anboten.In
(G. Ch.) bzw. im 11./12. Jh. (B.); im 14. u. der Tkonenmalerei des 17. Jh. in RuSland
15. Jh. sind sie voll ausgebildet. Diese Tatsa- nehmenVorstellungen auf die Komposition
che ist wohl damit zu erklaren, da® nach EinfluB, die das bibl. Geschehen zum Sym-
dem Bilderstreit (+ unter Bild) die wieder bol des menschl. Grabes machen. — Abb.
starker betonte Menschlichkeit Christi sich
Lit: D. 1. Pallas, Die Passion u. Bestattung Christi
auch in der Kunst Ausdruckverschaffte (> in Byzanz. Der Ritus — das Bild, Miinchen 1965;
auch Kreuzigung Christi). Ebenso haben Pokrovskij, 386-390; Schiller 2, 181-185, K. Weitz-
bestimmte Vorstellungen der byz. Mystago- mann, The Origin of the Threnos, De Artibus
gie Einflu8 ausgeiibt. Am deutlichsten wer- Opuscula XL. Essays in Honorof E. Panofsky,
den diese Zusammenhiinge bei der Uber- hg. von M. Meiss, 1. Bd., New York 1961, 476-490;
Ch. Walter, Art and Ritual of the Byz.Church,
nahme der Motive der G. Ch. u. B. durch London 1982, Reg.:Funeral; H.Belting, Das Bild
den Epitaphios, eine liturg. Decke, die im u. sein Publikum im MA.Form u. Funktion friiher
Karfreitagsgottesdienst am ,,Grabe“ nieder- Bildtafeln der Passion,Berlin 1981; LChI 2, 192
gelegt wird. Wahrend die G. Ch. im allge- bis 196, LdK 2 (1989), 821-822; LexMA 1, 1805
(Begrabnis IIT).
meinen die Niederlegung des Leichnams
Christi durch Nikodemusu. Joseph von Ari-
mathia mit den Frauen dahinter (letztere Gradualpsalmen, auch Siufenpsalmen (grch.
schon mit Trauergebarde, + Gestus), also anabathmoi [psalmoi], von anabathmos, f.,
kurz nach der Kreuzabnahmezeigt (auf den ‘Stufe’; russ. stepennye [psalmy], von stepert,
dltesten Zeugnissen tragen Joseph u. Niko- f£, ‘Stufe’, ‘Rang’), Bezeichnung fir die
demus waagerecht den gewickelten Leich- Psalmenabteilung, die das 18. Kathisma(Ps.
nam Christi, bald folgt ihnnen Maria aufrecht 120-134) umfakt. Die Herkunft der Bezeich-
od.stiitzt den Leichnam, das Ziel des Zuges mungist umstritten (auf den Stufen desjtid.
ist eine Hohle), sind auf der B. die Personen Tempels bzw. in der Alten Kirche auf den
anders gruppiert: die Gottesmutter am Stufen des Ambon gesungen? Wallfahttslie-
Haupte Christi, Johannes u. Nikodemus der der Synagoge? Lieder der aus Babylon
150
Griindonnerstag
nach Jerusalem ziehenden Heimkehrer? [der mit Montag beginnenden Woche]).
Oder — sehr wahrscheinlich — Entfaltung Wie die Karwocheinsgesamt, fand auch der
von 4 Schlisselworten des auf den Tempel- G.erst im 4. Jh. in Jerusalem seine feierl.
stufen gesprochenen Segens aus 4. Mose 6, Ausgestaltung. Am Nachmittag (achte
24-267). Urspriinglich wurde das 18. Kathis- Stunde) u. Spdtnachmittag (zehnte Stunde)
ma im Abend- u. Nachtgottesdienst rezi- wurde Liturgie gehalten (in dem von Kon-
tiert, wie es heute noch als letzter Nachhall stantin I. iiber dem Golgathafelsen errichte-
dieser Tradition in der Liturgie der vorge- ten Martyrion u. wahrscheinlich auch in der
weihten Gaben geschieht. Im Laufe der zur Anastasiskirche gehdérenden Kreuzka-
Zeit entstanden im orientalisch-byz. Be- pelle (— auch Kirchenbau). Im Anschiuf.
teich Paraphrasen, die sich eng an die Psal- daran fand die jahrliche, als ,,Kommunion
mentexte anschlossen. Sie verselbstaéndigten aller“ (lat. communio omnium) bezeichnete
sich und zogen als Troparien (Anabathmoi groRe Feier statt. In der ersten Stunde der
genannt), die sich nach dem jeweiligen Kir- Nacht begann die vom Olberg ausgehende
chenton richten, in den Morgengottesdienst Prozession, die schon zum Karfreitag gehér-
ein. Ihrer Struktur nach gehéren sie in die te. Im 4. Jh. nahm man am G.auch die
groBe Gruppe der Stichera. Wegen der be- BiiBer wieder in die Gemeinde auf (>
sonderen Verehrung des HI. Geistes in die- BuBe, > BuBklassen), damit sie Ostern an
sen Hymnen wollen manche Forscher ihre der Liturgie teilnehmen konnten. In man-
Entstehung mit der 2. Okumen. Synode von chen lat. Quellen werden diese ,,Verséhn-
381 in Verbindung bringen. - Das Graduale ten“ (lat. reconciliati) auch ,,virides“ (lat.
der rém. Messe ist weniger mit den G. der ‘Griine’, wohl im Sinne der Erneuerung) ge-
Ostkirche als vielmehr mit dem Prokeime- nannt, woher die Bezeichnung G.(lat. dies
non, dem Psalmvers vor den Lesungen der viridium) ebenfalls stammen mag. Auf diese
Liturgie, zu vergleichen. Tradition geht die noch heute in vielen orth,
Kirchen iibl. Sitte der Bue u. der Kran-
Lit: Anthologia Graeca, LVII-VIII, 53-54; A. kendlung am G.zurtick. - Im Mittelpunkt
Baumstark, Nocturna Laus, Miinster (Westf.)
1956, 137; Eisenhofer 2, 104-108; Handbuch 1, 373 des Morgengottesdienstes steht ein Neun-
f£; Jungmann 1, 539-565 u. Reg.: Graduale; L. J. oden-Kanon des Kosmas von Majum (8.
Liebreich, The Songs of Ascents and the Priestly Jh.), der das Triodion, den Dreioden-Kanon
Blessing, Journal of Biblical Literature 74, Phila-
der Groen > Fastenzeit, ablést; Die Stro-
delphia 1955, 33-36; H. J. W. Tillyard, The Hymns
of the Octoechus, Part I, Copenhague 1940, XIV phen (— Troparien) einschlieBlich der Leit-
bis XV; 147-183 (= MMB, Transcr. III); LexMA 4, strophe (— Hirmos) werden mehrmals wie-
1633 (Graduale). derholt. Der Inhalt dieses Kanons be-
schreibt in immer neuen Bildern u. mit Ver-
Griechisches Kreuz — unter Kreuz gleichen aus dem AT Heilsgeschichte u.
Heilswirksamkeit des Golgathaopfers Chri-
Grofe Fastenzeit > unter Fastenzeiten sti, der Eucharistie und der Fu®waschung.
Im Abendgottesdienst wird die Basiliusli-
Grobe Horen > Horen, Grofe turgie gehalten. An Lesungen sind zu nen-
nen aus dem AT: 2. Mose 19, 10-19; Hiob
Grofer Kanon > Kanon, GroBer 38, 1-21; 42, 1-5; Jes. 50; 4-11; aus dem NT:
1. Kor. 11, 23-32. —- Am G.finden auBer der
Groffe Vesper > Abendgottesdienst — Fufwaschung noch 2 Spezialoffizien (>
auch Akoluthia) statt: ein wichtiger Ab-
Griindonnerstag (grch. hagia kai megale schnitt der Myronweiheu., auf alte rém. u.
pempte, ‘hi. u. groBerfiinfter Tag’; lat. feria konstantinopolitan. Traditionen zurtickge-
V. in Coena Domini, ‘finfter Tag des hend, bei manchen autokephalen Kirchen
Herrnmahls’; auch dies viridis, dies viridium, die Waschung des Altars durch den Patriar-
‘Griiner Tag’ [daher wahrscheinlich die dt. chen unter groBer Assistenz seines Kathe-
Bezeichnung G.] in Anspielung an den von dral-Klerus.
Christus am G. besuchten Olgarten u. ande- Texte: s. Anhang Nr.5, 2; 16, 10.
re Deutungen, s. auch unten; russ. svjatyj i
velikij Cetvertok, ‘hi. u. groBer vierter Tag’ Lit.: Handbuch 2,232 £., 239; Kellner, 51-55; Nilles

151
Girteiniederlegung der Gottesmutter
2, 218-235; H. Schmidt, Geist u. Gesch. des G.s, verfaften ersten Kirchengeschichte. Mit
LIb 3, 1953, 234-252; LexMA 4, 1752-1753. — S. Aufhéten der Christenverfolgungen nah-
auch Lit. zu Karwoche.
men die Heiligenviten ebenso wie die Heili-
genbilder an Zahlzu u. bildeten die Haupt-
Giirtelniederlegung der Gottesmutter (grch. masse der H. Im 8./9. Jh. wurden die Blut-
katathesis tes zones tes theotoku; russ. pol zeugen der Auseinandersetzungen mit dem
ozenie pojasa bogorodicy, lat. depositio zo- Islam u. den Bilderfeinden (— unter Bild)
nae deiparae). Wabrend die Gewandnieder- zum Gegenstand der mittelbyz. H. Der Ein-
legung der Gottesmutter mit der Blacher- flu8 der Apokryphen u. der Volksdichtung
nenkirche in Konstantinopel verbundenist, lieB zahlreiche Legenden mit oft bizarrem
wurde der Giirtel Marias als Reliquie in der Inhalt entstehen; sie wurden durch die ha-
Kirche des Chalkoprateia-Viertels verehrt. giograph. Arbeit des Symeon Metaphrastes
Ein unter Kaiser Justin II. (gest. 578) errich- (gest. um 1000) ausgesondert. Die tiberar-
tetes Martyrion in Verbindung mit dieser beiteten bzw. neugeschaffenen Viten zeigen
Kirche macht eine Translation des Mari- starke Ziige der Reglementierung, aber
engiirtels zu dieser Zeit sehr wahrscheinlich, auch eines an klass. Vorbildern orientierten
ebenso die Festlegung des 31. Aug. als Fest- Stils, der diese Literatur mit der zeitgendss.
datum. Das Fest breitete sich iiberall, auch Tkonenmalerei vergleichbar macht. Wesent-
im slav. Raum, sehr schnell aus. In der liche Impulse empfing die spatbyz. H. durch
Kunst erscheint das Themaerst seit dem den Hesychasmus des > Monchtums. Sehr
12.13. Jh. eng sind die Beziehungen zwischen H., Iko-
Lit: Chr, Belting — Thm, ,,Sub matris tutela‘. Un-
nographie u. Kirchendichtung.
tersuchungen zur Vorgesch. der Schutzmantelma- 2. Gegenstand der H. als Forschungsrich-
donna, Heidelberg 1970, Reg.: Chalkopratienkir- tung sind Literaturdenkmiler des byz., bal-
che, Giirtelreliquie; M. Jugie, L’Eglise de Chalco- kanslav. u. russ. MA, d. bh. Martyrerakten u.
prateia ct le Culte de la Ceinture de la Saintc Heiligenviten. Die H. arbeitet deshalb mit
Vierge 4 Constantinople, EO 16, 1913, 308-312;
ders., La Mort et [’Assomption de la Sainte Vier- den Methoden der Literaturgeschichtsfor-
ge, Citta del Vaticano 1944, 688-707; N. P. Konda- schung u.-kritik. Sie stellt sich vor allem die
kov, Ikonografija Bogomateri, 2. Bd. Petrograd Aufgabe, unter apokryphen u. legendiren
1915, 294 ff.; D. Lathoud, Le Sanctuaire de la
Uberlagerungen entwederdie jeweilige ge-
Vierge aux Chalkoprateia, EO 27, 1924, 36-61;
Nilles 1, 263, Wellen, 143-144, O. F. A. Meinar- schichtl. Persnlichkeit freizulegen od. aber
dus, Zum 25. Jahrestag der Auffindung des Got- den ungeschichtlich-legendéren Charakter
tesmutter-Giirtels in Homes, Syrien, OrChr 63, dieser Gestalt festzustellen. Dabei ergaénzen
1979, 61-74. ~ S. auch Lit. zu Pokrov. sich deskriptive u. krit. H. gegenseitig. In
der kath. Kirche ist die H. seit dem 16. Jh.
zu einem prazisen wissenschaftl. Instrument
gemacht worden, vor allem durchdie zur SJ
H (Societas Jesu) gehérenden Bollandisten
(seit 1837 Sitz in Britssel). Ihr Publikations-
Hagiaster (grch., m.), Sakralgefé8 zum organ sind die ,,Analecta Bollandiana“, ihr
Schépfen geweihlen Wassers u. zum Be- Hauptwerk, die ,,Acta Sanctorum“. In der
gieBen von Menschen, Tieren od. Gegen- Ostkirche fehlt eine zentrale hagiograph.
standen. Forschungsstatte. Es gibt allerdings eine
groBe Anzahl wertvoller Untersuchungen,
Hagiographie (aus grch. hagios, ‘heilig[er]’, Sammlungen u. Textausgaben zur byz.-slav.
u. graphe, f., Beschreibung’), Bezeichnung H.
fiir die Heiligengeschichtsschreibung (>
Heiligenvita) u. ihre wissenschaftl. Erfor- Lit: R. Aigrain, L’Hagiographie, ses Sources, ses
schung. Méthodes, son Histoire, Paris 1953; Altruss. Heili-
1. H. im Sinne von Heiligengeschichts- genleben, hg. von K. Onasch, iibers. von D. Frey-
schreibungist in Gestalt der Martyrerakten dank, Berlin 1977 (Wien 1977), P. Barsukov,
alter als die Kirchengeschichtsschreibung. Istoéniki Russkoj Agiografii, S. Peterburg 1882;
Beck, 267-273 u, Reg.; H. G. Blersch, Die Sdule
Eine Sammlung solcher Akten bildete den im Weltgeviert. Der Aufstieg Symeons, des ersten
Kern der von Euseb von Casarea (gest. 339) Saulenhceiligen, Trier 1978; J, Boertnes, Det Gam-

152
Hand Gottes
melrussiske Helgenvita. Dikterisk Egenart og Hi- Fastenzeit u. an Fastentagen wird im Mor-
storisk Betydning, Oslo 1975; H. Delehaye, Cing gengottesdienst das dreimalige H. von Drei-
Legons sur la Méthode Hagiographique, Briissel
1968 (s. auch Abkiirzungsverzeichnis); A. Ehr- einigkeitshymnen (— Triadikon) abge-
hard, Uberlieferung u. Bestand der hagiograph. u. schlossen. Der H.-Gesang hat im byz.-slav.
homilet. Literatur der grch. Kirche, Bd. 1 ff., Leip- Bereich mit seinen melismat. Aus-
zig 1937 ff., H. Giinther, Psychologie der Legende, schmiickungen eine besondere, vom 16m.
Freiburg/Br. 1949; A. Kadlubovskij, Oterki po
Istorii_ Drevnerusskoj Literatury Zitij Svjatych, Alleluja-Jubilus sich unterscheidende Ent-
Warschau 1902; V. Kljutevskij, Drevnerusskaja wicklung u. Ausbildung gefunden. Die Me-
Zilija Svjatych kak Istori¢eskij Isto¢énik, Moskau lodien, die sich nach den 8 Kirchenténen
1971; D. S. Lichagev, Der Mensch in deraltruss. (-> unter Oktoechos) richten, werden in
Literatur, Dresden 1975, ders., Razvitie Russkoj
Literatury X-XVII vekov, Leningrad 1973, Reg.: neuerer Zeit im Apostolos gefiihrt.
Agiograf, Zitijnaja literatura; 1. Martinov, Annus
Ecclesiasticus Graeco-Slavicus, Briissel 19632; L. Lit: C. Gindele, Der ,,Alleluiaticus*, ein elemen-
Miilier, Die altruss. hagiograph. Erzahlungenu.li- tares Kennzeichen der vorbenediktin. Psalmodie,
turg. Dichtungen tiber die Hciligen Boris u. Gleb, Stimmen u. Mitt. des Benediktinerordens 78,
Miinchen 1967; Onasch, Ikonenmalerei, Kap. V; Miinchen 1967, 308-320; Hanssens, Nr. 986-994;
P. Peeters, Le Tréfonds Oriental de |"Hagiogra- Handbuch, 374-375 u. Reg.: Alleluia; Wellesz, 4,
phie Byzantine, Briissel 1950, S. V. Poljakova, 329, 339-348; ders., Notes on the Alleluia, Kon-
Vizantijskie Legendy, Leningrad 1972; T. V. Po- greBbericht der Intern. Gesellschaft fiir Musik-
pova, Antiénaja Biografija i Vizantijskaja Agio- wiss., Utrecht 1952, 423-427; Wemer, 198-206,
grafija, Antiénost’ i Vizantija, Moskau 1975, 218 533-538 u. Reg.: Alleluia; MGG 1, 331 ff, LexMA
bis 266; Russ. Heiligenlegenden. Hg. u. cingeleitet 4, 1879.
von E. Benz, Ziirich 1953, Sergij, Polnyj Mesjaces-
lov Vostoka, 2 Bde., Moskau 1875-1876; M. Simo- Handauflegung — Cheirothesie
netti, Studi Agiografici, Roma 1955; J].Bgrtnes,
Visions of Glory. Studies in the Early Russian Ha-
giography, Oslo/New Jersey 1988; D. Freydank u. Handausstreckung — Cheirotonie
G. Sturm (Hg.), Das Vaterbuch des Kiewer
Ho@hlenklosters, Leipzig 1988; LChI 5-8; LexMA Hand Goftes (lat. manus dei od. dextera
4, 1858-1862. - S. auch Lit. zu Heiligenverehrung,
Heiligenvita.
dei), Motiv der spatjiid. u. christ]. Ikonogra-
phie, dessen Vorgeschichte u. Verbreitung
sich bis in noch dltere Zeit verfolgen 1aBt.
hagiopolitische Notation — unter Notatio- Esstellt eine Hand dar, die im Segensgestus
nen, byzantinische (> Gestus) od. ausgestreckt aus dem Him-
melssegment (oft durch eine Wolke ange-
Halleluja (hebr., ‘Preiset Jah[we]’; grch. al- deutet) nach unten gerichtet ist. Das Motiv
leluia; russ. alliluja; lat alleluja), eine aus der H. G.ist aus der Vorstellung des AT
dem synagogalen Gottesdienst tibernomme- von der Leiblichkeit Gottes entstanden, zu
ne u. wie das Amen uniibersetzt gebliebene der die schaffende, rettende, segnende u.
Akklamation. Im friihchristl. Gottesdienst strafende Hand gehért (vgl. z. B. 2. Mose
bereits vor 100 bekannt (Offb. 19, 1, 3.6 ff), 14, 26 £.; 1. Sam. 5, 6; Hiob 5, 18; Ps. 18, 36;
wurde das H. in der Alten Kirche als Ant- Ps. 89, 14), u. wurde vom NT iibernommen
wort, spater im auferliturgischen (bei Be- (vgl. Luk. 1, 66; Joh. 10, 29; Apg. 11, 21; 13,
griiBungen, Familienfeiern, Kindergesaingen 11). Es erscheint zum erstenmal in der Sy-
u. 4.) u. im liturg. Bereich beim Stunden- nagoge von Dura Europos(1. Hilfte 3. Jh.,
gottesdienst in engster Verbindung mit dem bei der Totenauferweckung u. in anderen
Psalmodieren verwendet. Seit dem 7./8. Jh. Zusammenhangen). Im Bereich der alft-
fand es auch Eingang in die Liturgie (vor kirchl. u. byz. Kunst steht die H. G. manch-
der Lesung des Evangeliums, nach dem mal auch fiir die Stimme Gottes, so vor al-
Cherubimhymnus u. bei der Kommunion). lem in der Verklarung Christi, im Jiingsten
Das H. findet sich auBerdem im groBen — Gericht u. auf den Darstellungen der
Gottesmutterhymnus, dem Akathist. Sein Taufe Christi. Auf die jiid. Vorstellung von
akklamator. Charakter blieb in der Ostkir- der lebenschaffenden Rechten Gottes geht
che auch in der GroBen > Fastenzeit (in die H. G. auf den altkirchlich-friihbyz. Bil
der kath. Kirche unterbleibt dann das H., dern der Himmelfahrt Christi u. von Pfing-
lat. als alletuja clausum bezeichnet) u. im sten zurtick. Auf Evangelistenbildern wird
Begrabnisoffizium erhalten. In der GroBen die H. G.als ,,Inspirationshand“ verstan-
153
Handkreuz
den. Einen festen Platz hat das Motiv in den. tius von Antiochien (gest. nach 110) wird H.
Wiedergaben der Opferung Isaaks durch als Irrlehre u. Abspaltung verstanden, die
Abraham. Neben Verklirung Christi u. der Bischof zu erkennen u. deren Anhanger
Isaakopfer gehéren die Bildschemata der er aus der in der Eucharistic konstituierten
Gesetzesiibergabe an Mose zu den altesten Gemeinschaft (gtch. koinonia) auszuschlie-
Zeugnissen fiir das Auftreten dieses Motivs. Ben hat. Im Verlaufe der Geschichte des
Im Orient vorherrschendist die segnende u. Kirchenrechts wurde H. als konsequente
krénende Hand Christi, die ihrerseits ihre Ablehnung eines od. mehrerer Zentraldog-
Legitimation durch Darstellungen der H. G. men der Kirche mit dem Anathema, der
erhilt, die in Verbindung mit dem Christus- AusstoBung aus der Gemeinde, bestraft.
monogramm einen goldenen Kranz hilt. Es Von der H. zu unterscheiden ist das Schis-
ist im einzelnen schwierig festzustellen, wo ma (grch., n., ‘Spaltung’; russ. raskol, m.,
die H. G. als Symbol der Dreieinigkeit ver- ‘Spaltung’; lat. schisma, dissensio, £., ‘Mei-
standen sein will. Auf jeden Fall wird man nungsverschiedenheit’, ‘Widerspruch’), das
es bei den Taufdarstellungen (neben der bei prinzipieller Anerkennung der Dogmen
Symbolisierung der Stimme Gottes) anneh- als Gehorsamsverweigerung gegentiber der
men miissen, ebenso wohi auch auf Wieder- leitenden Hierarchie verstanden wird.
gaben der Verkiindigung der Gottesmutter. Schon im NT wird das Schisma als interne
Im 17. Jh. wird die H. G. in der russ. Iko- Angelegenheit aufgefaBt (Joh. 7, 43; 1. Kor.
nenmalerei beliebt, wo sie aus einer der 1, 10; 11, 18; 12, 25), u. in der Alten Kirche
oberen Ecken itiber eine unter ihr befindl. wurde es mit der Exkommunikation, dem
Person ausgestreckt ist. Die kronende Hand Ausschlu8 aus der Gemeinde, bestraft.
Christi erscheint auf zahlreichen Darstellun- 2. Unter gesellschaftl. Aspekt erscheint eine
gen byz. Kaiserbilder; sie bringt hier die H. als Gegenmodell zur gro®kirchl. So-
oberste Souverdnitét Christi im Sinne der zietat. Sie ibernimmtnicht nur, trotz ihrer
byz. polit. Christologie zum Ausdruck (3 radikalen Kritik an der GroBkirche, in den
auch Kaiserkult). meisten Fallen deren Standeordnung, son-
dern verscharft den Gegensatz der Gruppen
Lit: E. Dinkler, Das Apsismosaik von S. Apolli- (z. B. zwischen ,,Erwahlten“ u. ,,Nichter-
nare in Classe, K6In u. Opladen 1964, Reg.: H. G.;
H. u. J. Jursch, Hinde als Symbol u. Gestalt, Ber-
wihlten“, entsprechend dem Gegensatz von
li 1967/3, Grabar, Empereur, 112 £; ders., Re- Klerus u. Laien) untereinander — nicht zu-
cherches sur les Sources Juives de l'Art letzt aus Griinden der eigenen Ausnahmesi-
Paléochrétien, CAr 14, 1964, 53-57, Pokrovskij, tuation — auf Dauer. Die haret. Gemein-
165, 167, 170, 173; H. Schade, Das Paradies u. die
Imago Dei, Berlin 1966, A. R. Verbrugge, Le
schaft ist gezwungen, eine Hierarchie aufzu-
Symbole de la Main dans le Préhistoire, (Autor- stellen, Ersatzriten u. — sakramente zu ent-
verlag) 1969; K. Gro®, Menschenhand u. Gottes- wickeln sowie sich um ein eigenes Kirchen-
hand in Antike und Christentum, Stuttgart 1985 recht zu bemiihen. Damitstellt der Idealtyp
LChl2, 211-214, LexMA4, 1902; RBK 2, 950-962.
der H. im MA eine Gegen- od. Untergrund-
kirche zur Gro®kirche dar. Es liegt deshalb
Handkreuz —> unter Kreuz in der gesellschaftl Dynamik, daB die
groBen H.n mit spekulativen Ideensystemen
Handzeichenkunde — Cheironomie nach anfangl. Bindung an ,,negativ Privile-
gierte“ (unfreie Bauern, Weltpriester, Mén-
Hiaresie (grch. Aairesis, f., ‘Denkart’, ‘Spal- che, Nonnen) spater auch fiir gehobene
tung’; russ. eres, f.; lat. haeresis, f., secta, £.), Schichten attraktiv wurden. In nicht weni-
Bezeichnung fiir eine von der Glaubens- gen Fallen wiederholt sich dann derselbe
norm od. dem Glaubensbekenntnis abwei- ProzeB innerhalb der Ketzerkirche, der die-
chende, die Identitat mit der Glaubensge- se zur Abspaltung von der GroBkirche ge-
meinschaft aufhebende u. deshatb von der fiihrt hatte.
letzteren als Irrlehre erklarte Lehrmeinung. 3. Sehen wir von den groBen H.n der Alten
1. In dieser Bedeutung ist der Begriff be- Kirche, wie der des Sabellianismus im 3. u.
reits dem NT bekannt(1. Kor. 11, 19; Gal. des Arianismus im 4. Jh. ab (der Nestoria-
5, 20; wertneutral: Apg. 5, 17; 15, 5; 24, 14). nismus u. Monophysitismus werden in jiing-
In 2. Petr. 2, 1 (Mitte des 2. Jh.) u. bei Igna- ster Zeit von den orth, Kitchen nicht mehr
154
Hiaresie
als H.n aufgefaBt), so sind die wichtigsten dem Bilderstreit wurden auch die Bilder-
Ketzereien im byz.-slav. Raum die Bilder- feinde Gegenstand der Darstellung vor al-
stiirmer (— unter Bild), die bis heute am lem auf Psalterillustrationen (> unter
Sonntag der Orthodoxie mit allen anderen Bibelillustration). In mittel- u. spatbyz. Zeit
H. anathematisiert werden, die kleinasiat. wurde das Thema von der Monumentalma-
Paulikianer u. die z. T. aus ihnen hervorge- lerei tibernommen;es fand schlie8lich Ein-
gangenen neumanichdischen Bogomilen auf gang in die Vorschriften der Malerbiicher.
dem Balkan — mit einer konsequenten, in Gleichzeitig erscheinen Haretiker als Ver-
ihrer Wurzel auf die Gnosis zuriickgehen- dammte im Jiingsten > Gericht. Als Ab-
den dualist. Weltanschauung, die auf die schreckung dienten auch Wiedergaben der
Entstehung der westl. Katharer (von ihnen Hinrichtung von Ketzern, die allerdings im
abgeleitet die Bezeichnung Ketzer) einge- Ostenrelativ selten ist (wahrscheinlich, weil
wirkt haben. Kern ihrer Lehre ist die Ver- dort die Inquisition nicht institutionalisiert
werfung der wirkl. Menschwerdung Christi, war; + Exkommunikation). ~ Eine andere
seiner Kreuzigung u. Himmelfahrt (beides Frageist die nach einer mégl. Kunst u. da-
habe er nur in einem Scheinleib vollzogen) mit auch Bilderwelt haret. Gruppierungen
u., daraus folgend, die Ablehnung Mariens u, ihrem Verhaltnis zur Kunst der Grofkir-
als Gottesmutter. Voraussetzung ist ihre che. Im Gegensatz zu manchen Gnostikern
dualist. Vorstellung von der absoluten Be- verbot ein konsequenter Dualismus den
herrschung der Materie durch den Teufel, Paulikianern u. Bogomilen jede bildl, Dar-
als dessen leibhaftigen Vertretung sie Jo- stellung u. deshalb kiinstler. Betitigung.
hannes den Vorlaufer ansahen. In RuGland Anders verhielt es sich mit der spatma-
sind es die sog. ,,Judaisierenden“ (Zidovst- nichdischen Kirche in Bosnien am Ausgang
vujuscie) im 15. Jh. u. ihre Vorlaufer, die des MA. Zwar blieb der Kern mit den ,,Er-
Novgoroder ,,Geschorenen“ (strigol’niki). — wahlten“ u. der Leitungs-Hierarchie auch
Die wichtigsten Schismen sind: das 1054 aus weiterhin bilderfeindlich. Unter westl. Kul-
disziplindren u. theolog. Gegensdtzen zwi- tureinflu8 u. dem Patronat der einheim.
schen Rom u. Konstantinopel entstandene Feudatherren bildete sich jedoch in Bosnien
Schisma, das heute gegenstandslos gewor- die Herstellung illuminierter Handschriften
den ist, u. das innerruss., durch die russ.- heraus, wie das Hrvoje- u. das Hval-Missale,
orth. Landessynode von 1971 von seiten des daserste in glagolitischer, das zweite in ky-
MoskauerPatriarchates fiir nicht mehr exi- rill. Schrift geschrieben (— unter Sprachen).
stierend erklarte Schisma (raskol) der Alt- Im Hval-Missale sind auch die spitma-
glaubigen von 1666 (— auch unter Kreuz). nichaischen Vorstellungen seines Illumina-
Von den Schismensind die Sekten zu unter- tors bzw. Auftraggebers erkennbar. So wird
scheiden; sie sind durch eine kleinere Zahl Johannes der Vorlaufer (der Tdufer) nicht
von Anhingern u. durch Uberspitzung be- mit dem Heiligentitel versehen, der Darstel-
stimmter abweichender Lehrmeinungen ge- lung der Kreuzigung u. Himmelfahrt wer-
kennzeichnet. Die wichtigsten anathemati- den die Inschriften versagt. Ein schwieriges
sierten russ. Sekten sind die Chlysten Problem stellen die sog. ,,Bogomilen-Stei-
{‘Gottesleute’), die Skopzen (‘Verschnei- ne“ dar, deren Zeichen- u. formalisierter
der’, ‘Selbstkastraten’), die Molokanen Bilderschatz sowohl altchristl. Herkunft wie
(‘Milchtrinker’), die Duchoborzen (‘Geist- Einflu8 vor- u. nichtchristl. Folklore verriit.
kampfer’) u. die Stundisten (so genannt Versteht man die Funktion des (im weite-
nach den Bibelstundenstiddt. Kolonisten in sten Sinne verstandenen) Bildes im Rah-
RuBland). men der ostkirchl. Sozietat als Lehrinforma-
4. Bei der Bedeutung der Kunst als Infor- tion (— auch unter Ikone), so ist (zumindest
mations- u. Kommunikationsmittelist es zu theoretisch) einsichtig, daB es auf jede Art
verstehen, dadie Kirche die negative Dar- von ,,Provokation“ reagieren mu8, um die
stellung von Haretikern u. Schismatikern Stabilitat der kirchl. Gemeinschaft zu si-
gefordert hat. Sie fand in der altkirchl, u. chern. Diesem komplizierten System von
byz. Malerei ihren Ausdruck in der Wieder- Wechselwirkungen (,,Riickkoppelungen“)
gabe der Synoden, auf denen die Verdam- zwischen GroBkirche u. haret. Gemein-
mung der Haretiker gezeigt wurde. Nach schaft ist die Forschung bisher kaum nach-
155
Heiligenbilder
pegangen, auch deshalb, weil es an einer mus (— unter Ménchtum) neue Ausdrucks-
Aufstellung von Denkmilern zu diesem formen u. breiteten sich tber den ganzen
Fragenkreis fehlt. Auf ein Beispiel sei hin- Balkan aus, um in RuBland besondere Aus-
gewiesen: Der Typus der Gottesmuiter mit pragungen zu erhalten. Dort wirkte im 17.
dem eigenartig verschrankt zu ihr sich hin- gh. sehr stark das weltl. Portrat (russ. par-
wendenden Kind, die ,,Pelagonitissa“, darf sunnoe pi§mo) auf den Stil der H.ein, die
heute als Antwort der Grofkirche auf die sich dadurch vom Ideal- zum Realportrat
Ablehnung ihrer Mariologie durch den wandelten, allerdings auch das Ende der
Neumanichaismus auf dem Balkan verstan- klass. Ikonenmalerei einleiteten.
den werden (—> unter Gottesmutterbilder). Wiahrend in deraltkirchl. u. friihbyz. Epo-
che der Typ des autonomen Heiligenbildes,
Lit: W. Bauer, Rechtglaubigkeit u. Ketzerei im seit dem 5. Jh. mit dem Nimbus, vorherr-
altesten Christentum, Tibingen 1934; A. Borst, schend war, entwickelte sich in mittelbyz.
Die Katharer, Stuttgart 1953; A. Davids, Irctum u.
H., Kairos 15, 1973, 166-187; H-D. Dépmann,
Zeit die Vitenikone. Bei ihr wurde eine
Der Einflu8 der Kirche auf die moskovit. Staats- Auswahl von Szenen aus den Heiligenviten
idee, Berlin 1967; H. Grundmann, Ketzergesch. getroffen u. entweder in Form von Randbil-
des MA,Berlin 1970; E. Hésch, Orthodoxie u. H. dern (russ. klejma) od. als komplexe >
im alten Ru@land, Wiesbaden 1975; N. A. Kaza-
kova - Ja. S. Lufe, Antifeodal’nye Dvizenija na Ubertragung wiedergegeben. Damit wurde
Rusi, Moskau — Leningrad 1955; A. I. Klibanov, nicht nur der Informationswert der H. er-
Reformacionnye Dvizenija y Rossii, Moskau
1960; ders., Narodnaja Social’naja Utopia v Ros-
sii, Moskau 1977; M. Loos, Dualist Heresy in the
Middle Age, Praha 1974; Ja. S. Lufe, Ideologiges-
kaja Bofba v Russkoj Publicistike konca XV —
naéala XVI veka, Moskau — Leningrad 1960; Mi-
lasch, 149-154; D. Obolensky, The Bogomils,
Cambridge 1946; H.-C. Puech - A. Vaillant, Le
Trailé contre les Bogomiles de Cosmas le Prétre,
Paris 1945; Th. M. Seebohm, Ratio u. Charisma.
Ansatze u. Ausbildung cincs philosoph,u. wissen-
schaftl. Weltverstindnisses im Moskauer Ruf-
land, Bonn 1977; J. Walter, Heretics in Byzantine
Art, ECR 3, 1970, 40-49, G. Wild, Bogomilen u.
Katharer in ihrer Symbolik I, 1, Wiesbaden 1970;
V. Arnold-Dében, Die Bildersprache des Ma-
nichdismus, KéIn 1978, W. Speyer, Biicherver-
nichtung u. Zensur des Geistes bei Heiden, Juden
u. Christen, Stuttgart 1981; Ch. Walter, Art and
Ritual of the Byz. Church, London 1982, Reg,:
heresy, heretics; UChI 2, 216-221; LexMA 4, 1933
bis 1937. — S, auch Lit, zu Bild, Gnosis.

Heiligenbilder. H. sind in der Alten Kirche


unter dem Einflu$ der Heiligenverehrung
entstanden. Zu den 4ltesten diirften die
Apostel- u. Evangelistenbilder gehéren;sie
zeigen in ihren ersten Zeugnissen der Iko-
nenmalerei in Technik u. Stil das Vorbild
des spatantiken Portrats. Nachdem wahrend
des Bilderstreits (— unter Bild) die Herstel-
lung u. das Anbringen von H.n streng ver-
boten waren,erlebten sie vom 9. Jh. an eine
Renaissance, die eng mit einer entsprechen-
den Entwicklung der byz. Heiligenge-
schichtsschreibung (— Hagiographie) ver-
bunden war. Hier wie dort entstanden
wahrend der letzten Phase der byz. Kunst u.
Literatur unter dem Einflu8 des Hesychas- Heiligenbilder
156
Heiligenverehrung
héht, sondern beide Ubertragungsformen ter Reliquien hervorgegangen. Sie hat von
vermittein auch wichtige Einsichten in Ana- daher eine entscheidende Abgrenzung zur
logien von Kunst u. Literatur, insofern eine nichtchrist]. Heroenverehrung erfahren. Im
Vitenikonestets in engster Verbindung zum 6. Jh. beginnt sich dann der Wiirdetitel
Vitentext steht. Auch dasisolierte Heiligen- »sanctus“ (lat., ‘heilig’; grch. hagios) auszu-
portrat wird nach schriftlich fixierten Vorla- breiten. Bereits im rém. Chronographen
gen der Malerbiicher gemalt. Der Identifi- yon 354 (— Kalendarium)wird die Sitte der
zierung der Heiligen dienten ihre (wenn jahrl. Gedenkfeier (— Dies natalis), die ein
auch seltenen) Attribute u. die gréStenteils fester Bestandteil der H. wird, vorausge-
neben dem Kopf angebrachten christl. > setzt. Daraus entwickelte sich die Komme-
Kiurzungen ihrer Namen. Angaben zur spe- moration, das erinnernde Gedenken, des
ziellen Ikonographie der Heiligen finden Heiligen im Morgengottesdienst (mit Aus-
sich in den Malerbiichern. Neben der Dar- nahme der Groen — Fastenzeit), bei dem
stellung in der Malerei gab es in der altruss. eine bestimmte Form seiner Lebensbe-
Kunst auch eine solche in der Plastik, die schreibung (— Synaxarion, — auch Heili-
zwarseit dem Bilderstreit unerwiinscht war, genvita) verlesen wird. Ein weiterer Be-
aber in RuBland als Kunsthandwerk eine standteil der H. sind die Heiligenbilder, die
sehr alte, bis in vorchristl. Zeit reichende wahrend der Kommemoration auf ein Pult,
Tradition besaB. Nicht nur die Freiplastik, das Proskynetarion, gelegt werden. Der
auch das Holzrelief wurde vor allem fiir die »Allerheiligentag* der Ostkirche ist der
Wiedergabe nordruss. berithmter Asketen Sonntag nach Pfingsten (grch. kyriake ton
verwendet. — Zur individuellen u. Gruppen- hagion panton, russ. nedelja vsech svjatych).
typologie der H. + Heiligenverehrung. — Die H. steht unter dem Schutz des Kirchen-
Taf. 49, 50; Abb. rechts, das sie zugleich durch die Institution
der Heiligsprechung unter seine Kontrolle
Lit: A. K. Cekalov, Narodnaja Derevjannaja stellt.
Skul’ptura Russkogo Severa, Moskau 1974; H.
Liitzeler, Die Gestalt des Heiligen, Freiburg/Br.
2. Man unterscheidet eine innere, nach der
19542; D. MiloSevié, Die Heiligon Scrbiens, Reck- asket. Lebensweise (— auch Ménchtum), u.
linghausen 1968; J. Myslivec, K Ikonografii russ- eine 4uBere, nach den Schutzfunktionen
kich Svjatych, BZS 4, 1932; E. S. Ovéinnikova, (Patronaten) sich richtende Typologie der
Portret v Russkom Iskusstve XVIII veka, Moskau
1955; N. Pomerancev, Russkaja Derevjannaja
Heiligen. Sie kann hier nur in Auswahl ge-
Skul’ptura, Moskau 1967; W. P. Rjabouchinsky, geben werden. Die Ubersicht ist zugleich ei-
Les Eléments Portraitiques dang les Ic6nes Rus- ne kurzgefaBte Typologie der Heiligenbil-
ses, Actes VIle Congr. Intern, d’Etudes Byz. Paris der (die erste Datumsangabe meint das
1948, 2. Bd., Paris 1951, 359-364; Rothemund, 315
bis 333; H. Skrobucha, Kosmas u. Damian, Reck-
orth., die Angabe nach dem Schragstrich
linghausen 1965; D. TschiZewskij, Der Hl. Niko- das kath. Heiligentest):
laus, Recklinghausen 1957; Ouspensky- Lossky, I. Typen des asket. Lebens: (1) Alexios der
107-146, M. Winkler, Heilige u. H., Recklinghau- Gottesmensch (grch. Alexios anthropos
sen 1959; K.F.J. Berger, Das HI. Antlitz IV: Heili-
genikonen, Hermeneia 6, 140-147; V. Pucko, Re-
theu; russ. Aleksij celovek boZij), Vita im 6.
al- od. Idealbild? Portrat od. Typus? Das Bild der Jh. in Syrien entstanden, Ausbreitung bis
Heiligen in der russ. Ikonenmalerei, Hermeneia 4, nach Irland u. RuBland (17. Marz/17. Juli); —
1988, 186 - 195; K.Ch. Felmy, Russ. Heilige in Iko- (2) die Sdulensteherod. (grch.) Styliten, wie
nen. 1000 Jahre Orth. Kirche in der Rus 988 bis Symeon der Altere, 5. Jh. (1. Sept./S. Jan.)
1988, Recklinghausen 1988 (E. Haustein, Die russ.
Heiligen u. ihre Viten); LChI 5-8 (wichtig 5,1* bis u. Symeon der Jiingere, 6. Jh. (24. Mai/
10*); LexMA 4, 2019 - 2020 (Heilige, B 11); RBK 3. Sept.); — (3) der Typus des Narren in
2, 1034-1093 (Heilige). — S. auch Lit. zu Heiligen- Christus (greh. salos; russ. jurodivy/), z. B.
verchrung, Ikone, Ikonenmalerei,
Symeon von Emesa, 6. Jh. (21. Juli/1. Juli),
Prokopij von Ustjug (NordruBland), gest.
Heiligenfeste — unter Heiligenverehrung 1303 (8. Juli/-), Vasilij blazennyj von Mos-
kau, gest. 1552 (2. Aug./-); — (4) die Schlaf-
Heiligenschein > Aureole, — Nimbus loscn (grch. akoimetoi, — auch unter Ge-
bet); — (5) die Heimatlosen od. Wanderer
Heiligenverehrung. 1. Die H. ist aus der (russ. strannikiy, — (6) die Schweiger (russ.
weit dlteren Verehrung der Martyrer u. ih- moléal’niki), in RuBland Pavel Obnorskij,
157
Heiligenverehrung
gest. 1429 (10. Jan/-); - (7) die Vertreter hoher rém. Beamter, 306 mit einer Lanze
der asket. Nacktheit (— auch Akt), wie Ma- getdotet, Schutzpatron von Thessalonich(alt-
ria von Agypten (1. April/2. April), Onu- slav. Soluri) gegen Avaren u. Slaven, dann
phrios (11. Juni/12. Juni), Petrus vom Athos von denletzteren als nationaler Patron ver-
(= unter Kloster; 12. Juni/-). ehrt, so bereits frih im Kiever Ru®land.
IL Patronatsheilige: (1) Arztheilige (grch. Der Heilige wird oft auf einem Feldherrn-
anargyroi; russ. bezsrebreniki, ‘die kein Ho- schemel mit entblé8tem Schwert in der
norar nehmen’), z. B. Kosmas u. Damian Handdargestellt. — (4) Anderer Art sind die
(17. Okt., 1. Nov., 1. Juli/27. Sept.) mit Be- beiden Briider u. byz. Ménche Kirill und
rufsattributen (Stilett, Medikamentenbehal- Method (-> unter Sprachen), die als Slaven-
ter, Pyxis). In Novgorod galten sie als Patro- lehrer allgemeine Verehrung bei allen Sla-
ne der Schmiede. Andere Arztheilige sind ven genieBen.
Kyros u. Johannes (31. Jan/28. Juni), Pan- IV. Die Nationalheiligen sind den Soldaten-
teleemon (27. Juni/-), der zugleich als Her- u. Reiterheiligen thematisch u. ikonogra-
bergsvater (grch. xenodochos, —> auch Klo- phisch eng verwandt. Wahrend erstere die
ster) verehrt wird; — (2) Haus- u. Hofpatro- Verteidiger der orth. Reiche im MA nach
ne: Vlasij in RuBland (entspricht dem kath. auBen waren,spiegelt der Typus der Natio-
Blasius; 11. Febr./3. Febr.), die GroBmarty- nalheiligen die Vorstellung von der Einheit
rerin Paraskeva (25. Juli/26. Juli), Spiridon u. konfessionellen, d. h. orth. Integritat der
(12, Dez./14. Dez.) u. a.; - (3) Pferdepatro- Staaten wider. Im Anschluf an die Hierar-
ne: Floros u. Lauros (russ. Flor u. Lavr; 18. chie der Kirche unterscheidet man hier in
Aug/-) u. ihre Pferdehirten Speuhippos, der russ. H. folgende Untertypen: (1) hl.
Elashippos, Melashippos(13., 16., 17. Jan./-, Hierarchen (grch. hierarches; russ. svjatiteli),
-,), deren Kultus von Kappadozien iiber z. B. den Metropoliten Aleksij (gest. 1378;
den Kaukasus u. den Balkan u. RuBlandbis 12. Febr./-); — (2) die hl Fiirsten, bei denen
nach Wesieuropa reichte (in der Darstel- folgende Untergruppen unterschieden wer-
jung dieser Gruppen kommtesnichtselten den:(a) die Leidensdulder, russ. strastoterp-
zu Genrebildern u. Idyllen); - (4) Stadt- u. cy), z. B. die ersten Nationalheiligen Boris
Handelspatrone: neben derbereits erwaihn- u. Gleb, ermordet 1015 (24. Juli/-); (b) in er-
ten Paraskeva in RuBland vor allem Niko- ster Linie die von den Mongolen ermorde-
laus, manchmal mit den Attributen Schwert ten Glaubensdulder(russ. veroterpcy), z. B.
u. Stadttor. Er gilt in der Ostkirche als Fiirst Michail, ermordet 1245 (20. Sept./-);
»Uberheiliger“ (grch. hyperhagios) u. (c) die Glaubensverteidiger (russ. blagover-
»Zweiter Erléser“ (grch.allos soter). nye), zu denenvorallem Aleksandr Nevskij,
Ill. Die fiir die orth. Reiche des MA wichti- gest. 1263 (14. Nov., 23. Nov., 30. Aug./-)
gen Soldaten- u. Reiterheiligen: (1) die 40 gehért. Unabsehbar ist die Schar der hl.
Soldatenmartyrer von Sebaste in Armenien, Monche(grch. hosioi; russ. prepodobnye),
Ausbreitung der Verehrung im ganzen wie z. B. Sergij von Radonez (gest. 1392),
Osten (9. Marz/10. Marz); — (2) der durch Abt des nach ihm benannten Dreieinig-
»hagiograph. Avancement* vom Rekruten keits-Klosters (25. Sept., 5. Juli/-). Wie hier
(grch. teron) zum General (grch.stratelates) in RuBland besaen auch die anderenorth.
beférderte TheodorosStratilates (7., 8. Fe- Volker im MAihre nationalen Patrone.
br./8. Juni); — (3) die eigentl. Reiterheiligen,
deren Vorbilder thrakisch-dak. Reitergott- Lit: V. P. Adrianova. Zitie Alekseja Celoveka
heiten waren; Georg,als kappadoz. Offizier Bodija, Petrograd 1917, A. Amiaud, La Légende
unter Diokletion um 303 gemartert (23. Syriaque de Saint Alexis l'Homme de Dieu, Paris
April/23. April), als ,,Siegtrager“ (grch. tro- 1889; G. Anrich, Hagios Nikolaos, 2 Bde., Leipzig
1913, 1917; Aspekte frihchristl. H., hg. von F. v.
paiophoros; tuss. pobedonosec) mitvielfalti- Lilienfeld, E. Bryner, K. Ch. Felmy u. W. Weis-
gen Patronaten u. als Kulturbringer mann, Erlangen 1977; E. Benz, Hl. Narrheit, Kyri-
schlechthin vor allem in NordruBland ver- os 3, Berlin 1938, 1-55, H. G. Blersch, Die Saule
ehrt (zusammen mit den Abs. II, 2 genann- im Wellgeviert. Der Aufstieg Symeons, des ersten
Sdulenheiligen, Trier 1978; Delehaye, Sanctus;
ten Heiligen), einige Ikonen gehérten zu ders., Stilites; ders., Saints Militaires; G. P. Fedo-
den sehr seltenen Heiligen-Acheiropoietoi; tov, Svjatye Drevnej Rusi, Paris 1931 (Pennsylva-
Demetrios (russ. Dmitrij; 26. Okt/8. Okt.), nia 1959 Reprint), A.-J. Festugitre, La Sainteté,
158
Heiligsprechung
Paris 1942; V. V. Filatov, Rjazanskaja Ikona ,,Pa- tung). Die verschiedensten Gattungen der
raskeva-Pjatnica*, Sovetskaja Archeologija 1971, H.richten sich nach dem jeweiligen Typus
1, 173-190; P. Hauptmann, Die ,,Narren um Chri-
sti willen“, Kirche im Osten 2, Gottingen 1959, 27 der Heiligenverehrung. Das vielschichtige
bis 49; I. Kovalevskij, Jurodstvo o Christe i Chri- Motiv der Selbstentfremdung prigte z. B.
sta radi Jurodivye Vostoénoj i Russkoj Cerkvi, die Gattung der Vita eines Narren in Chri-
Moskau 19022; Kotting, Reg.; ders., Entwicklung sto, bei der ein fast pikaresker Zug den
der H. u. Gesch. der Heiligsprechung, P. Manns
(Hg.), Die Heiligen in ihrer Zeit 1, Mainz 1966, Schematismus des Enkomions durchbricht.
27-39, N. V. Malickij, Drevnerusskie Kul’ty Das Beispiel einer literarisch gepflegten u.
Sel’skochozajnstvennych Svjatych po Pamjatni- mit christlich-theolog. Symbolen sowie zahl-
kam Iskusstva, Gos. Akademija Istorii Mate- reichenhistor. Fakten aufgefiillten Vita bie-
tial’noj Kul’tury 11, 10. Leningrad 1932; J. Neub-
ner, Die hl. Handwerker in der Darst. der Acta ten die Lebensbeschreibungen der Slaven-
Sanctorum, Munster (Westf.) 1929, W. Nigg, Gro- lehrer Kirill u. Method. Eine groBe Zahl
Be Heilige, Ziirich 19522, K. Onasch, Paraskeva- von Viten gehéren zu den bedeutendsten
Studien, OstKSt 6, 1957, 121-141; K. M. Ringrose, Literaturdenkmalern des MA u. haben zur
Saints, Holy Men and Byzantine Society, New
Brunswick 1976; J. Skrobucha, Kosmas u. Da- Geschlossenheit eines eigenen Kulturmi-
mian, Recklinghausen 1965; E. S. Smirnova, Jieus entscheidend beigetragen. Die Ablé-
Ikona Nikoly 1294 goda Mastera Aleksy Petrova, sung des Idealportrits durch das Real-
Drevnerusskoe Iskusstvo. ZarubeZnye Svjazi, portrait in Form der Biographie od. Selbst-
Moskau 1975, 81-105; D. Tschizewskij, Det hl. Ni-
kolaus, Recklinghausen 1957; A. Wittmann, Kos- biographie gestaltete sich in RuBland im 17.
mas u. Damian. Kultausbreitung u. Volksdevotion, Jh. zu einem komplizierten ProzeB, wie er
Berlin 1967; M. Lurker, Wérterbuch der Symbo- sich vor allem in der selbstverfaBten Vita
lik, Stuttgart 19832, 263-264 (Heilige); P. Brown, des Avvakum,des Fithrers der Altgliubigen
Die H. Thre Entstehung u. Funktion,tibers., bear-
beitet u. hg. von J. Bernard, Leipzig 1991; L. Hei- (zu diesen + unter Kreuz), widerspiegelt u.
ser, Nikolaus von Myra. Heiliger der ungeteilten sich in ahnl. Weise im Wandel des Heiligen-
Christenheit, Trier 1978, B.A. Uspenskij, Filolo- bildes wiederholt. - Die untibersehbare Ful-
gi¢eskie razyskanija v oblasti slavjanskich drev- le an Heiligenviten ging im Laufe des MA
nostej (Relikty jazytestva v vostotnoslavjanskom
kul’te Nikolaja Mirlikijskogo), Moskau 1982; T. fit die verschiedensten liturg. u. privaten
Spidlik, La Spirituatité de [’Orient Chrétien, Zwecke (> auch Lesungen) in die Samm-
Roma 1978 (OrChrAnal, 206); ders., Les Grands lungen der Menologien u. Synaxarien ein. —
Mystiques Russes, Paris 1979; LChI 5-8. — S. auch — auch Hagiographie.
Lit. zu Hagiographie, Heiligenbild, Heiligenvita,
Heiligsprechung, Martyrerverehrung.
Lit: R, Helm, Der antike Roman, Gottingen
1956; K. Holl, Die schriftsteller. Form des grch.
Heiligenvita (grch. bios [m.] hagion; russ. Heiligenlebens, Ders., Gesammelte Aufsatze zur
Kirchengesch., 2. Bd., Tiibingen 1928, 249-269; H.
Zitie [n.] svjatych; lat. vita [f.] sanctorum), Lietzmann, Byz. Legenden, Jena 1911; A. Priess-
Lebensbeschreibung eines Heiligen mit nig, Die biograph. Formen der grch. Heiligenle-
Hilfe bestimmterliterar. Kunstmittel, die zu gendenin ihrer geschichtl. Entwicklung, Miinner-
erforschen u. darzustellen Aufgabe der Ha- stadt 1924. —S. auch Lit. zu Hagiographie.
giographie, der Heiligengeschichtsschrei-
bung, ist. Die wichtigsten Kunstmittel sind Heiligsprechung (grch. anakeryxis, f., ‘6f-
das Enkomion u. die Topik, die dem Ober- fentl. Bekanntgabe’; russ. kanonizacija, f.;
begriff des Panegyrikos zugeordnet werden mittellat. canonizatio, £., ‘Eintragung in das
k6nnen. Mit ihrer Hilfe wird ein Idealpor- Verzeichnis [den Canon] der Heiligen’),
trat des jeweiligen Heiligen entworfen, das Anerkennungeines Heiligen durch die Kir-
dann auchseine bildl. Darstellung bestimmt che im Rahmen des Kirchenrechts. In der
(— Heiligenbilder, > Ikone). Mit Riicksicht Alten Kirche wares itblich, da Privatper-
auf das spatantike Lesepublikum sind die sonen od, christl. Gemeinschaften vom Bi-
Formen der Kunstmitte! dem nichtchristl. schof die Erlaubnis zum Aufbewahren von
Bereich der Verehrung ,,géttl. Menschen“ Reliquien eines Heiligen u. zur Abhaltung
(Heroen, Philosophen u. a.) entnommen, der jahrl. Erinnerungsfeier (— Dies natalis)
unterscheiden sich aber zugleich von ihnen einholten. Jahrhunderte hindurch lag das
durch den AusschlieBlichkeitsanspruch der Recht der ,,Erhebung hl. Leiber zur Ehre
Person Christi als des zentralen Prototyps der Altare“ im Westen in der Hand des Epi-
christl. Heiliger (> auch Martyrervereh- skopats. Ein Dekretale tibertrug es 1171
159
Heortologie
dem Papst, dem es bis heute allein zusteht. schaft von der Entstehungsgeschichte u.
Die der ,,Etrhebung zur Ehre der Altare“ dem Inhalt der christl. Feste u. des Kirchen-
vorangehende H.ist ein Proze8 im jurist. jahres.
Sinne des Wortes; in der kath. Kirche wird
er vor der Ritenkongregation gefiihrt. Nach Lit: Beck, 253-262; Kelner; Nilles; F. Raphael,
Einholung der Voten u. Gegenvoten u. der Esquisse d’une sociologic de la féte, Contrepoint
24, 1977, 113 ff£.; J. Duvignaud, Féte et civilisation
Entscheidung wird die H. in einer 6ffentl. Paris 1973.
Feier in St. Peter durch den Papst vollzo-
gen. Zu den Voraussetzungen eines positi-
ven ProzeBausgangs gehiren: (1) eine seit Heortologion > unter Kalendarium
lingerem bestehende Verehrung durch das
Kirchenvolk,(2) die Bestatigung von Wun- Hetoimasia (grch. Aetoimasia tu thronu,
dern am Grabe des zu Kanonisierenden(z. ‘Thronbereitung’; russ. étimasija, f., prestol
B. das AusflieBen wohlduftenden Oles [> ugotovannyj), ein fast ausschlieBlich (mit
Myron], (3) ein formaler Antrag durch ei- Ausnahme der Barockkunst des Westens)
nen Postulator(lat.), (4) die Vorlage einer der byz.-slav. Ikonographie angehérendes
Heiligenvita. Die Aufnahme in das Ver- Motiv, das einen leeren, von einem Cibori-
zeichnis der Heiligen berechtigt dazu, ein um iiberdachten u. nur mit einem Evangeli-
offizielles Heiligenbild herzustellen, auf den enbuchod. einer Buchrolle (> Rotulus) be-
Namen des Heiligen eine Kirchenweihe zu legten Thron od. Sessel zeigt, oft flankiert
vollzichen u. einem Taufling seinen Namen von den Leidenswerkzeugen Christi (Kreuz,
zu geben. Das Kanonisationsverfahren in Lanze u. Ysop). Auf dem Evangelienbuch
der Ostkirche entspricht formal im ganzen erscheintnicht selten die Taube als Hinweis
dem der kath. Kirche. Es fehlt allerdings auf die dritte Person der Dreieinigkeit, den
wegen des Prinzips der Autokephalie eine hi. Geist, zuweilen auch das Lamm Gottes.
der Ritenkongregation entsprechende Zen- Die Vorstellung vom Thronsessel geht auf
tralbehérde, obwohl sich im MA Ansitze diejenige vom endzeitl. Richterstuhl Christi
hierzu bei cinigen Patriarchen finden. Das zurtick (> auch Bischofsthron). Erst in
erste bekannte H.s-Dekret stammt vom Pa- spatbyz. Zeit wird er manchmal durch den
triarchen Photios aus dem 9. Jh. Oberste In- Altar ersetzt.
stanz fiir eine H.in einer orth. Kircheist die Die Zeremonieder Bereitsteltung eines lee-
Landessynode (auf Grund eines Vorschlags ren Throneszur ideellen Reprisentation ei-
der stindig tagenden Bischofssynode). Im ner Gottheit od. ees Herrschers war im
Unterschied zur kath. Kirche sind Vereh- Alten Orient u. im Hellenismus (leerer
rungen lokaler Heiliger auch ohne Konsen- Thron Alexanders des GroBen) bekanni u.
sus der obersten Kirchenbehérdengestattet, wurde auch von den Rémern tibernommen.
sofern nicht ein Einspruch des zustandigen Ps. 9, 8-9; 89, 15; 103, 19; Offb. 4, 2-7 u. die
Bischofs vorliegt. endzeitl. Homilien Ephrem des Syrers aus
dem 4. Jh. schufen die gedankl. Vorausset-
Lit.: Beck, 274-275, J. Brosch, Der H.s-ProzeB per zungenftir die Alte Kirche, die H. auf Chri-
Viam Cultus, Rom 1938; E. E. Golubinskij, Istori- stus als den in diesem Bild gegenwértig vor-
ja Kanonizacii Svjatych v Russkoj Cerkvi, Moskau
1913; B. Kétting, Entwicklung der Heiligenvereh- gestellten Weltenrichter zu beziehen. In der
rung u. Gesch. der H., P. Manns (Hg.), Die Heili- friihchristl. Kunst ersetzt die H. nicht nur
gen in ihrer Zeit 1, Mainz 1966, 27-39; Milasch, die Darstellung des Jiingsten — Gerichts;
§ 173; L. Miiller, Neuerc Forschungen tiber das
sie legt auch die Betonung mehrauf die Er-
Leben u. die kult. Verehrung der HI. Boris u.
Gleb, Opera Slavica 4, Gottingen 1963, 295-317; scheinung des erhdhten Christus nach voll-
AS.Chorogev,Politifeskaja Istorija Russkoj Ka- zogenem Gericht als Weltenherrscher (Pan-
nozacii (XI-XVI vv.), Moskau 1986; J.Meyen- tokrator, > unter Christusbild). Der leere ©
dorff, The Three Lithuanian Martyrs.Byzantium Thron mit einem wohl das SchweiStuch
and Lithuania in the Fourleenth Century,
Fs.Onasch, Halle 1981, 179-197. - S. auch Lit. zu Christi versinnbildlichenden Velum_ er-
Hagiographie, Heiligenverehrung. scheint im 4. Jh. in der KMleinkunst u. auf
Sarkophagen; im 5./6. Jh. wird das Thema
Heortologie (aus grch. heorte,f., ‘Fest’, ‘Fei- von der Monumentalmalerei aufgenommen,
er’, u. logos, m., ‘Wort’, ‘Lehre’), Wissen- wobei die eschatolog. Sinndeutung zugun-
160
Hierarchie
sten der vom erhéhten Christus allmahlich Studien 2, Berlin 1968, 368-386; Th. v. Bogyay,
aufgegeben wird. In der Doppelbedeutung — Zur Gesch. der H., Akten des XI. Intern. Byzanti-
nisten-Kongresses Miinchen 1958, Miinchen 1960,
Christus als Weltenrichter u. Weltenherr- 58-61; B. Brenk, Tradition u. Neuerung in der
scher — wurdedie H.in die voll ausgebildete christl. Kunst des ersten Jt., Wien 1966, 71-73, 98
Komposition des Jiingsten — Gerichts auf- bis 100 u. Reg.; P. Durand, Etude sur l’Etimasia
genommen (— auch Adam und Eva). In Symbole du Jugement Dernier dans l’Iconogra-
phie Grécque Chrétienne, Chartres 1867; Grabar,
Verbindung mit dem Bischofsthron u. ei- Empereur, 189 f, 214 £; O. Treitinger, Die
nem entsprechenden Zeremoniell erscheint ostrém. Kaiser- u. Reichsidee nach ihrer Gestal-
die H. auf Darstellungen der ékumen. Syn- tung im h6f Zeremoniell, Bad Homburg v. d.
oden, wobei die Vorstellung vom Bischof Hohe 1969, Reg.: Thron; M.Lurker(Hg.), Wérter-
buch der Symbolik, Stuttgart 19832, 279-280, Ch.
als dem itd. Abbild des erhdhten Christus, Walter, Art and Ritual of the Byz. Church, Lon-
der in ihm gegenwartig ist, maBgebend war. don 1982, Reg.; LChi 4, 305-313; LdK 1, 642-643;
Die weitere Entwicklung des Motivs der H. RBK2, 1189-1201.
scheint im Zusammenhang mit dem byz.
Kaiserkult zu stehen, der neben dem Thron Hexapsalm (grch. hexapsalmos, m., ‘Sech-
des Herrschers einen leeren Thron Christus serpsalm’; russ. Sestopsalmie, n.), Gruppe
reserviert sein lie. Auf der anderen Seite von Psalmen (Ps. 3; 38; 63; 88; 103; 143), die
wurden nach dem Bilderstreit (> Bild) die wahrend des Morgengottesdienstesrezitiert
kaiserl. Herrschaftszeichen zugunsten theo- werden. Es handelt sich dabei um eine Art
logisch-kirchlicher zuriickgedringt. So wur- von Kleinoffizium: Nach Psalm 63 u. 143
de auf dem Thron Christi seit dem 10,/11. folgt eine Kleine — Doxologie u. ein Halle-
Jh. auch eine Kreuzreliquie (> unter luja. AuBerdem wird der ganze H. von 12
Kreuz, — Reliquie) verehrt, u. die Gegen- Stillgebeten des Priesters begleitet. Der H.
stande des Zeremoniells wurden um die ist in 2 Triaden (Dreiergruppen)eingeteilt.
Leidenswerkzeuge vermehrt, die dann auch Ps. 63 war im 4. Jh. im Orient bereits als der
in die Darstellung selbst aufgenommen wer- eigentl. Morgenpsalm tblich. Wahrschein-
den. Im 12. Jh. ist zum erstenmal die Be- lich hat sich der Sechserpsalm aus Ps. 3 u.
zeichnung H. bezeugt. Die Hinzufigung der der zweiten Triade entwickelt. Die Uber-
Leidenswerkzeuge zur H. hangtu. a. mit ei- nahmevon Ps.63 lieB den Aufbau auchei-
ner gegen die Hiresie der Bogomilen ge- ner ersten Triade wiinschenswert erschei-
tichteten Neubelebung der eucharist. From- nen. — — auch Psalter.
migkeit (> Eucharistie) u. der Verehrung
des Kreuzes zusammen. In der Ikonenmale- Lit., Baumstark, 33 £.; ders., Nocturna Laus, Muin-
tei relativ selten, gewinnt das Motiv auch ster (Westf.) 1957, 91 £, 139 f.
den Charakter eines Emblems, das als Ver-
gegenwartigung des erhéhten Christus nicht Hierarchie (grch. hiera arche, ‘hl. Herr-
nur in der Kirche, sondern auch im byz. schaft’, ‘hi Prinzip’; russ. ierarchija,
Kaiser als seinem Vikar verstanden werden svjascennoje nacalie; lat. sacrum princi-
darf. Wahrend die H. auf dem Balkan mit pium), gesellschaftl. Leitungsstruktur, die
dem 14. Jh. durch den ,,Alten der Tage“ (3 sich durch ,,nach oben“ abnehmende Zahl
unter Christusbilder} od. das Mandylion (> ihrer Mitglieder bei gleichzeitig zunehmen-
unter Acheiropoietos) ersetzt wird, blieb sie der Zahl der Verantwortungen, durch eine
in der russ. Ikonenmalerei erhalten, wo der gewisse Distanz von der Gesamtgesell-
Thron manchmal mit dem Altar ausge- schaft, ein eigenes Protokoll (od. Zeremo-
tauscht wird. Selten als Einzeldarstellung, niell) u. einen bestimmtenelitiren Charak-
erscheint sie hier mit deutlich emblemat. ter auszeichnet. H.n gibt es bereits in natirl.
Charakter als Bestandteil gréBerer Kompo- Religionen, bei denen hierarch. Funktionen
sitionen. — Taf, 51. oft erblich sind (sog. Kalifat). Bei Hochreli-
gionen (Stifterreligionen) mit Fiihrungsan-
Lit: A. Alféidi, Die Gesch. des Throntabernakels, spruch auf die Gesamtgesellschaft sind die-
La Nouvelle Clio, Bruxelles 1950, 537-566; ders., se Leitungsfunktionen in den meisten Fal-
Insignien u. Trachten der rém, Kaiser, Rom. Mitt.
len nicht erblich (,,Funktionselite“) u, des-
des DAT50, Miinchen 1935, 134 ff., G. Babié, Les
Discussions Christologiques et le Décor des Egli- halb durch bestimmte Ma8nahmen (z. B.
ses Byzantines au XIIe Siécle, Friihmittelalterl. den Zélibat) abgesichert. In der Kirche
161
Hierarchie
BISCHOF Manunterscheidet 2 Formen der H., an de-
eee oney
ren Spitze der Bischof steht: (1) Die Weihe-
H.(grch. hierarchia hieratike; lat. hierarchia
ordinis) ist vertikal aufgebaut u. umfaft in
absteigender Ordnung folgende Stufen: Pa-
triarch - Metropolit — Erzbischof — Bischof
Hohere — Priester — Diakon. Der Typus der Funkti-
Weihegrade
onselite kommt dadurch zum Ausdruck,
daB der im Zélibat lebende Bischof durch
Cheirotonie die Weihe-H. standig aus den
nichtzblibatér lebenden Laien regeneriert.
Auch von daher gesehen, sind die niachst
hoheren hierarch. Range des Erzbischofs,
% Niedere Weihen, Metropoliten u. Patriarchen als vom Bi-
\ Cheirothesic
schofsamt abgeleitet anzusehen. Von den
Ordinierten (Cheirotonierten) werden dic
niederen Weihegrade (— Cheirothesie) un-
terschieden, aber noch zur Weihe-H. ge-
zahlt, weshalb sie im MA auch der episko-
palen Gerichtsbarkeit unterstanden. Im So-
zialkérper des Ménchtums entsprechen den
hierarch. Stufen: Abt od. Archimandrit —
Hierarchie und Weihegrade der Ostkirche
Hieromonach (Ménchspriester) — Hierodia-
setzte die Entwicklung einer H. etwa mit kon (Ménchsdiakon). Die vertikale Weihe-
der zweiten Generation n. Chr. Ende des H.bildet die ideelle Voraussetzung der ho-
1./Anfang des 2. Jh. ein (1. Clemensbrief, tizontalen Leitungsstruktur. — (2) Ursprung
Ignatianen) und lie® mit der gleichzeitigen der Amter-H. (grch. hierarchia dioiketike;
Amitsprofilierung des Bischofs eine entspre- lat. hierarchia jurisdictionis) ist die Bischofs-
chende Struktur der kirchl. Sozietat entste- verwaltung, nach dersich die kirchl. Amter
hen:ihre Aufteilung in Klerus u. Laien. Be- im groBen u. ganzen bis heute gliedern. Im
reits im friihchristl. Kirchenbau findet sich Gegensatz zur Wethe-H.besitzt die Hierar-
die Selbstdarstellung der H. im Raum hinter chia jurisdictionis keinen unmittelbar sakra-
den Chorschranken (> Bema, > Cancelli). mentalen Charakter. Die Ubertragung od.
Unter Kaiser Konstantin (gest. 337) der Delegierung zu einem hicrarch. Amt auf
staatl. H. weithin gleichgestellt (> auch Bi- dieser Ebene erfolgt durch den Bischof in
schofsinsignien), wenn ihr auch nicht inte- Form der kanon. Beauftragung (grch. kano-
griert, erhielt die kirchl. H. durch die Schrif- nike apostole; lat. missio canonica). In die-
ten des Pseudodionysius vom Areopag(5./6. sem Sinne wird der Priester zur Verwaltung
Jh., > unter Mystagogie) ihre religiéswelt- der Liturgie u. der Sakramente delegiert,
anschaul. Begriindung, indem sie als analo- wahrend andere, nicht zum Vertikalbereich
ges Abbild der Engel-H.n aufgefaft u. da- der Weihe-H. gehérende Aufgaben auch
durch von Einfliissen auBerhalb ihrer selbst den Laien tibertragen werden kénnen. Die-
abgeschirmt wurde. Bereits mit dem Bi- se Aufgaben sind, im Gegensatz zu denen
schofsamt entwickelte sich innerhalb der der Mitglieder der Hierarchia hieratike (>
kirchl H. ein Vertikalsystem ideeller u. auch Cheirotonie), jederzeit widerrutbar.
dkonom. Abhangigkeiten (,,innere Feudali- Kenntnisse vom Aufbau u. den Funktions-
sation“), deren Wurzel in der episkopal ori- mechanismen der kirchl. H. sind deshalb
entierten Verrechtlichung u. Verdingli- wichtig, weil diese auf der einen Seite Ein-
chung vor allem der Eucharistie zu sehen heit u. Zusammenhalt der kirchl. Sozietat,
ist. Der Aufbau der Sozietat u. ihrer Lei- vor allem gegeniiber den Ketzereien (>
tungsstruktur wurde schlieBlich durch das Haresic), gewahrleistet u. auf der anderen
Kirchenrecht abgesichert, das die kirchl. H. ideell u. materiell die Kultur des MA nach-
zum Jus divinum, zum géttl. Recht, u. damit haltig beeinfluBt hat. Ihre Einwirkungen
als unanfechtbarerklarte. lassen sich bis in den Stil u. die Ausdrucks-
162
Hierarchie
ERSTER ZWEITER
SOZIALKURPER SOZIALKURPER

Bischof

mit Aufsicltsrecht iiber

GEWEIHTE
HIERARCIIIE Priester Abt
Diakon Priesterménch
Niedere Weihegrade Ménchsdiakon

Laien Ménche
ibernchmen Dienste
der niederen
NICHTGEWEIHTE Weihegrade

Die Hierarchie
der Ostkirche

méglichkeiten yon Kunst u. Literatur dieser Lit: N. Afanasieff, N. Koulomzine, J. Meyen-


Epoche verfolgen. Krise u. Ausgang der dorff, A. Schmemann, Der Primat des Papstes in
der orth. Kirche, Ziirich 1961; Beck, Reg.; Feine;
Kultur des MA fallen deshalb mit der Krise P. V. Gidul’janov, SuSénost’ i Juridiéeskaja Priro-
des Einflusses der kirchl. H. auf die Gesell- da Cerkovnoge Vlasta, Petrograd 196; H. Goltz,
schaft zusammen. — Zusammen mit der HIERA MESITEIA. Zur Theorie der hierarch.
Sozietit im Corpus areopagiticum, Diss. Halle
Landessynode bildet die H. die Leitungs- 1972 (Erlangen 1974); G. van der Leeuw, Phano-
spitze einer autokephalen Kirche. - Tab. menologie der Religion, Tiibingen 1956, Reg.: H.;

163
Himmelfahrt Christi
Handbuch 2, 7-44 (11-18 Osten) u. Reg.: H.; G. Johannes v. Damaskus, gest. um 750) u. des
Mensching, Soziologie der Grofen Religionen, Joseph v. Thessalonich (gest. 832); ein sehr
Bonn 1966, Reg.; Milasch, § 52-78, § 130-168; K.
Morsdorf, Weihegewalt u. Hirtengewalt, Miscela-
schénes Kurz-Kontakion stammt von Ro-
nea Comillas 16, Comillas — Santander 1951, 95 manos(gest. 573). Die Lesungen zur Litur-
bis 110; K. Onasch, Zur Frage der H.in der Bogo- gie sind Apg. 1,1-12; Luk. 24, 36-53. Der
milenkirche, Menschenbild in Gnosis u. Ma- Triumphcharakter der H. Ch. ist die Klam-
nichdismus, hg. von P. Nagel, Halle (Saale) 1979,
mer, die alle Elemente der Feier umfalt.
211-222; R. Roques, L’Univers Dionysien. Struc-
ture Hierarchique du Monde selon le Pseudo- Der Kanon tragt ausgesprochenen
Denys, Paris 1954; J. Wach, Religionssoziologie, Triumphcharakter. Besonders die Gottes-
Tiibingen 1951, Reg.; N. A. Zaozerskij, O Cerkov- mutterlieder (~ Theotokien) stellen die ge-
noj Vlasti, Sergiev Posad 1894; ders., Ierarchites-
dankl. Verbindung zur Menschwerdung
kij Princip v Cerkovnoj Organizacii, BoV 20,
1911, 63-103; Ch. Walter, Art and Ritual of the Christi, der Inkarnation,her. ,,Der auf dem
Byz. Church, London 1982, Reg.; LexMA 5, 1161 Thron der Herrlichkeit getragene Gott“ ist
bis 1167 (Kirche). — S. auch Lit. zu Bischof, Kle- das zentrale Themades Festes.
rus, Laien. 2. Die Ikonographie der H. Ch. laBt 2
Grundtypen erkennen: (a) Der allgemein
Himmelfahrt Christi (grch. analepsis tu als westlich bezeichnete, aber die oben skiz-
Christu; russ. voznesenie Christovo; lat. as- zierte Jerusalemer Tradition verratende
censio Christi). 1. Der gegentiber Ostern Typ zeigt den aus der Grabesrotundegetre-
zunichst sekundire Charakter der H. Ch. tenen u. einen Berg ersteigenden Christus,
kommt schon in den Berichten des NT zum dem sich die + Hand Gottes entgegen-
Ausdruck (Luk. 24, 50-51; Apg. 1, 1-11) u. streckt. In der unteren Bildzone sicht man
hat ihre Festgeschichte gepragt. In friih- die Frauen am Grabe (— auch Auferste-
christ. Zeit wurde die Perikope Apg. 1,1 bis bung Christi). (b) Der zweite Typ schlieSt
11 am Ostersonntag gelesen, die H. Ch. also sich eng an die Apotheose der Kaiser an
an diesem Tage mitgefeiert (od. ihrer zu- (das Portrat des Kaisers wird als Imagocli-
mindest mitgedacht). Im 3. Jh. gibt es dann peata [> Clipeus] von Adlern od. Genien
zwar die SOtaigige nachésterl. Freudenzeit gen Himmel getragen): Christus wird in ei-
(> Pfingsten), aber eine Zasur durch das ner Aureole — in Gegenwart Marias u. der
Fest der H. Ch. ist noch unbekannt. Man Apostel - von Engeln emporgetragen. Oft
feierte vielmehr im Anschlu8 an Joh. 20 die erscheinen als Symbole der Herrschaft
tagl. Auferstehung Christi u. ebenso seine Christi die Gestirne am Himmelssegment
tagl. Geistmitteilung. Bei der Herausbil- od. der Tetramorph unter der mandorlen-
dung des Pfingstfestes zog dieses zunachst formigen Aureole. Dieser Typ ist auch als
die Feier der H. Ch. an sich. Endedes 4. Jh. Majestas Domini im Sinne des Kommens
beging man in Jerusalem am Nachmittag Christi zum Gericht (zweite Parusie) ver-
des Pfingstsonntages auf dem Olberg die H. standen worden, das auch beim westl. Typ
Ch., woran sich eine erst um Mitternacht durch das Herabschreiten Christi versinn-
endende Prozession durch die Kirchen Jeru- bildlicht wurde. Die Gottesmutter in der H.-
salems anschlo8. Wahrscheinlich wirkten Ch.-Darstellung findet sich bereits auf der
dabei noch judenchristl. Traditionen (Mose- Tiir von S. Sabina in Rom (430). Der zweite
Christus-Typologie) nach. Etwa gleichzeitig Typ hatsich im Osten in der Ikonen- u. Mo-
teilen allerdings die Apostol. Konstitutio- numentalmalerei durchgesetzt. Im Bildpro-
nen (— unter Kirchenrecht) mit, daB das gramm der Kirchen vor dem Bilderstreit (+
Fest am 40. Tage nach Ostern angesetzt unter Bild) hatte die H. Ch. ihren Platz in
wurde. Im 5./6. Jh. war dieser Termin iber- der Kuppel u. wurde erst spater vom Panto-
all bekannt. Die byz. Kirche stattete das krator (— unter Christusbilder) verdrangt. —
Fest mit Abendgottesdienst u. Nachtwache Taf. 52; Abb.
aus. Die Lesungen machen den endazcitl. Text: s. Anhang Nr. 16,8.
Ausblick deutlich (Jes. 2, 2-3; Jes. 62, 10 bis
63, 3.7-9; Sach. 14, 4.8-11). Der Morgengot- Lit: Archimandrit Alcksandr. Ikona Voznesenija
Gospodnja, ZMP 1976, 5, 8-9; Baumstark, 159 £;
tesdienst wird beherrscht durch einen Bludau, 154-162; B. Brenk, Tradition u. Erneue-
kunstvoll verschriinkten Doppelkanon des tung in der christl. Kunst des ersten Jt, Wien
Johannes Monachos (d. i. wahrscheinlich 1966, 57-64; R. Cabié, La Pentecéte, Tournai
164
Himmelfahrt Christi

Frauen am Grabe und Himmetfahrt Christi


Himmelfahrt der Gottesmutter
1965, 127-142, 163-178; E. Dinkler, Das Apsismo- Berlin 1970); N. Jorga, Les Arts mineurs en Rou-
saik von S. Apollinare in Classe, Kéln u. Opladen manie, 1. Bd., Bucarest 1934, 26-31; H. W. Kaiser,
1964; Fendt, Reg.; Grabar, Empereur, Reg.: As- Die dt. Hinterglasmalerei, Miinchen 1937; I. D.
cension; ders., Iconoclasme, Reg.: Ascension; H. Stefdnescu, La Peinture Religieuse en Valachie et
Gutberlet, Die H. Ch. in der bildenden Kunst von en Transsylvanie, 2 Bde. Paris 1930-1932; J. Vy-
den Anfangen bis ins Hohe MA, StraBburg 1925; dra, Hinterglasmalerei, Prag 1957, C. H. Wendt,
Handbuch 2, 251, 258; Ch. [hm, Die Programme Ruman. Ikonenmalerei, Eisenach 1953; LdK 2,
der christl. Apsismalerei vom 4. Jh. bis zur Mitte 288-289,
des 8. Jh., Wiesbaden 1960; Kellner, 82 f.; G.
Kretschmar, H. u. Pfingsten, ZKG 66, 1954-1955,
209-253; Nilles 2, 366-376; V. I. Pandurskij, Voz-
Hirmologion (grch., biblion hirmologion,
kresenie i Voznesenie Christovo i Petdesetnica v auch heirmologion,n.; russ. irmologij, irmo-
Ikonografijata, Godi8nik 11, 1955-1956, 449-460, Ioj, m.). Das H. gehért zu den liturg.
Pokravskij, 428-447, K. Smolai, Zur H. Ch. bei Biichern; es enthait die Leitstrophen od.
Synesios von Kyrene, JOB 20, 1971, 7-30; M.Lur-
ker(Hg.), Wérterbuch der Symbolik, Stuttgart Hirmoi (> Hirmos), die vom Chor gesun-
19832, 287-288; LChI 2, 268-276, LdK 2, 286, Lex gen werden, wihrend die ibrigen Strophen
MAS, 24-26, RBK 2, 1224-1265. — S, ‘auch Lit. zu (die Troparien) der Oden eines Kanons
Ostern, Pfingsten. vom Lektor rezitiert werden. Die Hirmoi
sind nach den 8 Kirchenténen (— unter Ok-
Himmelfahrt der Gottesmutter — unter toechos) geordnet. Dabei gibt es eine Ord-
Entschlafen der Gottesmutter nung, die sich nach den Oden u.eine, die
sich nach den Kanonesrichtet. Es wird von
Hinterglasbilder, Hinterglasikonen, Tkonen, manchen Forschern angenommen, daB die
deren Bildtrager eine Glastafel ist, die auf letztere in Konstantinopelu. auf dem Athos
der Rickseite bemalt wird (+ Econenmale- (> unter Kloster), die erstere in Palastina
rei). Da die Darstellungfiir den Betrachter u, auf dem Sinai beheimatetist u. von dort
hinter dem Glas liegt, erfolgen die einzel- (entweder direkt od. durch Vermittlung
nen Arbeitsginge in umgekehrter Reihen- Bulgariens) zuerst in Novgorod eingefiihrt
folge als in der Tafelmalerei. Als Deckfar- wurde, um sich dann in ganz Rufland
ben dienen Ol- od. Temperafarben (> durchzusetzen. Das H.ist in der paléobyz.
Temperamalerei), Lasurfarben bereichern Notation (= unter Notationen, byzantini-
die Abschattierungen. Die Farben k6énnen sche) geschrieben. Seine dltesten Hand-
auch von dem schwarzen Lack, der die schriften gehen in das 9./10, Jh. zurtick.
Glastafel bedeckt, ausgespart (eglomisiert)
od. durch Zinn-, Silber- u. andere Folien er- Lit: A. Ayoulanti, M. Stohr, C. Hoeg, The
Hymnsof the H. I, Kopenhagen 1952 (= MMB,
setzt werden (Spiegelmalerei). SchlieBlich Transcr. VI); A. Ayoutanti, H. J. W. Tillyard, The
kann die ganze Glasflache mit einer Folie Hymnsof the H. II, Kopenhagen 1956 (=] MMB,
bedeckt werden, in die die Zeichnung ein- Transer. VIII); S. Eustratiades, Heirmologion,
geritzt wird (Glasradierung). H. sind Er- Chenneviéres sur Marne 1955; B. Koschmieder,
zeugnisse einer ausgesprochenen Volks- Die Altesten Novgoroder Hirmologien-Fragmen-
te, Miinchen 1952, 1955, 1958; H. Métrévéli - B.
kunst, die schon im 14/15 Jh. in Deutsch- Outtier, Contribution a l'Histoire, d YH., Anciens
land gepflegt wurde u. von dort in die Nach- Hirmologia Géorgiens, Muséon 88, Louvain 1975,
barlinder gelangte. In der Slowakei, in 331-359; Palikarova — Verdeil, Reg: H.; M. M.
Velimirovi¢, Byzantine Elements in Early Slavic
Transsilvanien u. anderen Gebieten Ruma- Chant: The H., Kopenhangen 1960 (= MMB,
nienserlebte sie im 19. Jh. eine Bliitezeit. Subs. IV); Wellesz, 23, 141 £, 271 £, 275£, 333;
Die Ikonographie der H. zeigt neben Ein- Ch.Hannick,Aux Origines de la Version Slave de
fliissen der Ikonen-, Stein- u. Holzdrucke VH. Ch.Hannick (Hg.), Fundamental Problems of
mit ihren starken Folkloreelementen u.lie- Early Slavic Music and Poetry, Copenhagen 1978,
5-120; Joh. v. Gardner, Gesang der russ.-orth. Kir-
bevoli gepflegten Genrebildern auch solche che bis zur Mitte des 17.Jh., Wiesbaden 1983,
der kath. Kunst. Sie sind dadurch zu er- Reg.; E. Follieri, The ,,Living H.“ in the Hymno-
kliren,daweite Teile der Bevélkerung der graphy of John Mauropus Stud. East. Chant, 4,
1979, 54-75, M. Velimirovit, The Byz. Heirmon
genannten Gebiete friiher den mit Rom and H., Gedenkschr. L. Schrade, Bern-Miinchen
unierten orth. Kitchen angehérten. 1973, 192-244,

Lit: J, u. D. Dancu, Die bauerl. Hinterglasmalerei


in Ruminien, Berlin 1980; C. Irimie - M. Focsa, Hirmos(grch., m., auch heirmos, m., ‘Band’;
Ic6nes sur Verre de Roumanie, Bucarest 1968 (dt. tuss. irmos, m.), Leit- od. Modellstrophe,
166
Hochgebet, Eucharistisches
nachdersich hinsichtlich der Betonung, der Im AT wird Gott als Hirte (ohne Beiwort)
Silbenzahl u. der Melodie alle folgenden bezeichnet (z. B. Ps. 23,1; Jer. 23,1-4; Hes.
Strophen (Troparien) des Kontakions bzw. 34; Sach. 11, 4-17), wahrend Joh. 10 Christus
der Oden im Kanon richten. Der H. wird als G. H. (grch. poimen kalos) beschreibt.
am Odenschlu8 wiederholt (grch. kata- Offb. 2, 27; 7, 17; 12, 5; 19, 15 schildert
basia), wozu sich die beiden Teile des Cho- Christus als endzeitl. Richter-Hirten. Das
res vereinigen. Folgt der H. einem vorhan- Hirtenamt in der Gemeinde tibernahm
denen Modell (grch. prosomoion), so be- friihzeitig der Bischof, wie auch zu den Bi-
nutzt die Katabasia den urspriingl. Text. schofsinsignien der Hirtenstab gehért.
Die Verwendung des H.erfolgt nach dem 2. Die altkirchl. Kunst tibernahm mit der
Prinzip der Kontrafaktur (eine Melodiefiir auf Christus bezogenen Sinndeutung dieser
mehrere Texte), mit dessen Hilfe eine fast spatantiken Symbolfigur den Hirten in den
uniibersehbare Fiille von Melodien u. Tex- Schmuck der Katakomben u. Sarkophage.
ten erfaBt u. geordnet wird (vgl. auch Sti- Die 4lteste Bezeugung des Motivs findet
chera), Unter der Bezeichnung Automelon sich auf einem Fresko der Hauskirche von
(grch.; -» auch Stichera), 148t sich der H. Dura Europes (um 230; wohi als Hinweis
tiber Ephrem den Syrer im 4. Jh. bis zu den auf die Taufe) zusammen mit Adam und
Dichtern der Gnosis zuriickverfolgen. Hin- Eva. Auf einem Mosaik im Mausoleum der
weise auf Modellstrophen finden sich auch Galla Placidia in Ravenna erscheint Chri-
im Psalter (Ps. 22; 45; 56). Einpragsame u. stus als kaiserl. G. H. inmitten einer Schaf-
durch Ansage angekiindigte Modellstro- herde ‘sitzend, in der Linken das goldene
phen waren in der Alten Kirche bei den Triumphkreuz, mit der Rechten ein Schaf
Parteien der verschiedensten Lehrmeinun- streichelnd, ein Beispiel der imperialen
gen beliebt. - Die Hirmoi sind im Hirmolo- Philanthropia, die vor dem Hintergrund der
gion gesammelt u. geordnet. - > auch Kir- byz. polit. Christologie gesehen werden
chendichtung, > Kirchenmusik. mu8. Als Hirten-Richter im Jiingsten >
Text: s. Anhang Nr. 16, 2. Gericht wird Christus in S. Apollinare Nuo-
vo in Ravenna dargestellt. Wahrend der G.
Lit: Anthologiea Graeca, LX; Baumstark, 36, 94, H.im Westen als Christussymbol vom 4. Jh.
109; ders., Festbrevier u. Kirchenjahr der syr. Ja- an verschwindet, halt er sich in der byz.
kobiten, Paderborn 1910, 69 ff., 124 ff; O. Hei-
ming, Syr. Enjané u. grch. Kanones, Paderborn Kunst bis in mittelbyz. Zeit hinein. — Taf.
1932; J. Jeannin, Le Chant Syrien, Journal Asia- 53.
tique, Paris 1912, 295-363, 389-448, ders. u. J.
Puyade, L’Octoéchos Syrien, OrChr* 3, 1913, 95 Lit; Dassmann, 322-340; H. Hunger, Das Reich
£.; M. Stéhr, Reflections on Transcribing the Hir- der Neuen Mitte, Graz-Wien-Kéln 1965, Reg.:
moi in Byzantine Music, E. Wellesz, M. Velimiro- Philanthropia; Th. Klauser, Studien zur Entwick-
vic, Studies in Eastern Chant, London 1966, 89-94; lungsgesch. der christl. Kunst, Jb. fiir AuC 1,
Wellesz, Reg.; Werner, Reg. 1958-10, 1967; A. Legner, Der G. H., Diisseldorf
1959; E. Sauser, Friihchristl Kunst. Sinnbild
u. Glaubensaussage, Innsbruck-Wien—Miinchen
Hirte, Guter (lat. pastor bonus), Motiv in 1966, 290-371; LChI 2, 289-299, LdK 1, 447 (Chri-
der Malerei u. Plastik, das einen Hirten dar- stus); LexMA 4, 1802-1803, RBK 1, 1051-1054
stellt, der ein Schaf auf seinen Schultern ({Christussymbole).
tragt (Schaftrager) u. oft noch 2 Schafe zur
Seite hat. Der Hirte ohne Schaf auf den Hochgebet, Eucharistisches, im AnschluB
Schulternist seltener. an den > Dialog vom Liturgen gesproche-
1. Schon im Alten Orient wurde der Hirte nes Stillgebet. Es wird vom Sanctus unter-
zum Symbol der Herrschaft von Géttern u. brochen u. geht in seinem zweiten Teil (dem
Kénigen ideologisiert. Im Hellenismus in Postsanctus) in den Einsetzungsbericht
der Verbindung mit der Orans-Vorstellung liber, der noch zu ihm gerechnet wird. (Der
als Personifizierung der Philanthropia kath. Begriff des H.s umfaBt auferdem die
(grch., ‘Menschenliebe’; lat. humanitas) ver- Fiirbitten [+ unter Diptychon] u. die
standen, geht der G. H. mit der Philanthro- SchluBdoxologie.) Wahrend sich heute der
pia in das Schrifttum der Kirchenvdter ein Begriff E. H. (russ. eveharisticeskaja
(Origenes, gest. um 254) und spielt schlieB- molitva) durchgesetzt hat, fehlt eine ent-
lich im byz. Kaiserkult eine wichtige Rolle. sprechende Rubrik in den Liturgieformula-
167
Hodigitria
ren. Die mittelbyz. Formulare fiihren die kannt sind, um schlieBlich in der Basiliusli-
Bezeichnung Anaphora od. auch Eucha- turgie die endgiiltige, fiir das byz. Gebiet
ristia (grch., f., > auch Eucharistie). Im We- verbindl, Form zu erhalten. Das E. H. der
sten findet sich dafiir seit dem 6./Jh. die Be- Chrysostomusliturgie, wie es uns im Eucho-
zeichnung Praefatio (lat., f., ‘Vorrede’), wo- logion des 8./9. Jh. vorliegt, bleibt im Rah-
mit in der Alten Kirche oft der Dialog zwi- menwerk des Basilius, scheint aber, auch
schen Priester u. Gemeinde gemeint war. nach Ausweis der antiochen. Vater des 4. u.
Wihrend die kath. Kirche seit langem meh- 5. Jh., in einzefnen Elementen nicht aur auf
rere Praefationen kennt, besitzen die orth. die Apostol. Konstitutionen, sondern auch
Kirchen nur zwei: Das E. H. der Basilius- auf andere liturg. Traditionen Syriens
liturgie ist langer als das der Chrysostomus- zurtickzugehen.
liturgie. Beide aber entfaiten im ersten Teil In der Ikonographie hat das E. H. keine
(Antesanctus) den anbetenden Lobpreis auf Darstellung gefunden; nicht zuletzt wohl
die Schépferherrlichkeit Gottes (Theologie, auch deshalb, weil es zu den Stillgebeten
Kosmologie), die den Menschen mitein- gehort.
schlieBt (Anthropologie), ein Lobpreis, der Text: s. Anhang Nr. 13.
in log. Weise in den der Engelmichte im
Sanctus iibergeht. Der zweite Teil, das Lit: K.-H. Bieritz, Oblatio Ecclesiae, ThLZ 94,
1969, 241-252; L. Bouyer, Eucharistie, Théologie
Postsanctus, beschaftigt sich mit dem in et Spiritualité de la Pritre Eucharistique, Tournai
Christus (Christologie) geschehenen (aber 1966; O. Casel, Das christl. Opfermysterium. Zur
schon in der Schépfung beschlossenen) Morphologie u. Theologie des E. H., Graz 1968;
Heilsplan Gottes (Soteriologie), der im Gol- W.H.Frere, The Anaphora or Great Eucharistic
Prayer, London 1938; Handbuch 1, 285-300, 315
gathaopfer Christi seinen AbschluB findet, ff.; Hanssens, Nr. 1235-1249, 1266-1273, Jung-
weshalb sich an den zweiten Teil des E. H.s mann 2, 145-161; I. A. Karabinov, Evcharistite-
der Einsetzungsbericht anschlieBt. skaja Molitva, S. Peterburg 1908 (Das E. H.
Das E. H.ist das Gebetsopfer der Gemein- Wiirzburg 1954); Lietazmann 122-174; M. H. Shep-
de als Dank (grch. eucharistia) fir das herd,Jr., The Formation and Influence of the An-
tiochene Liturgy, DOP 15, 1961, 25-44; N. D. Us-
Heilsopfer Christi. Seine Geschichte ist in penskij, Molitvy Evcharistii Sv. Vasilija Velikogo i
Einzelheiten noch ungeklart. Wahrend die Sv. Ioanna Zlatousta, BoTr 2, 63-76 (u. Studia Pa-
Beraka im Gottesdienst der Synagoge einen tristica 5, Bertin 1962, 152-171); ders., Anafora.
Lobpreis u. eine Verherrlichung Gottes dar- Opyt Istoriko-Liturgifeskogo Analiza, BoTr 13,
1975, 40-147; K.Gamber, Beracha. Eucharistiege-
stellte, ist der christolog. Hauptaspekt des bet u. Eucharisliefeier in der Urkirche, Regens-
E. Hs unverkennbar. Ob die Gebete der burg 1986; ders., Das Eucharistiegebet als Epikle-
Didache (> unter Kirchenrecht) od. 1. se u. ein Zitat bei Irendus, OstKSt 29, 1980, 301
bis 305; A.Bouley,From Freedom to Formula.
Clem. 34, 5.6 (mit Sanctus) bereits Vorfor- The evolution of the Eucharistic Prayer from oral
men des E. H.s darstellen, bleibt umstritten. improvisation to written text, Washington 1981.
Justin (gest. um 165) spricht von einer Eu- A. Verheul, La Priére Eucharistique dans l’Eucho-
charistia, die vom ,,Vorsteher“‘ iiber den loge de Sérapion, Questions Liturgiques 62, 1981,
1, 43-51; A.-Gerhards, Die grch. Gregoriosana-
von den Briidern dargebrachten Gaben ge- phora. Ein Beitrag zur Gesch. des E. H., Mtinster
sprochen wurde. In der Kirchenordnung (Westf.) 1984, Th. J. Talley, Von der Berakha zur
Hippolyts (> unter Kirchenrecht) findet Eucharistia. Das e. H. der alten Kirche in neuerer
sich das erste formulierte E. H., aber ohne Forschung, LJb 26, 1976, 93-115; K. Stevenson,
»Anaphoral offering“. Some observations on
das Sanctus. Es zeigt Anklinge an die Dida-
Eastern Eucharistic prayers, EphLit 94, 1986, 209
che u. ist streng christozentrisch-soteriolo- bis 228; R. Taft, The Eucharistic Prayer of the
gisch ausgerichtet. In Syrien, d. h. im antio- Ancient Church, Studia Liturgica 11, 1976, 138-
chen. Liturgiegebiet, hat das Hochgebet in 158, Schulz, Die byz. Liturgie, Reg. It B: Ana-
Verbindung mit dem Sanctus eine weitere phora.
Entfaltung erfahren (Jakobusliturgie, Kyrill
von Jerusalem), die eine reiche Gedanken- Hodigitria > unter Gottesmutterbilder
fille in den Apostol. Konstitutionen (—> un-
ter Kirchenrecht) ausweist. Der Aufbau die- HoherPriester > unter Christusbilder
ses E. H.s diente als Modell fiir alle weite-
ren Textformulierungen, wie sie uns aus den Ho6llenfabrt Christi > unter Auferstehung
Schriften der antiochen. Kirchenvater be- Christi
168
Horen, Grofe oder Kénigliche
Homiliar > unter Panegyrikon kij Galjatovskij, Simeon Polockij), die unter
dem Einflu8 protestant. u. kath. Predigten
Homilie (gtch. homilia, £., ‘Umgang’, “‘Un- stand, aber auch eigene, auf Chrysostomus
terredung [mit jemandem]’ u. 4.; russ. s/ovo, zuriickgehende ‘Traditionen verarbeitete.
n., ree, £; lat. homilia, £.), kunstvoll aufge- Im 18. Jh. sind Dmitrij von Rostov u.
baute Ansprache an die Gemeinde. Die Un- Tichon von Zadonsk zu nennen, im 19. Jh.
terschiede zur Verkiindigungsrede (grch. Joann von Kronstadt. Aus der neuesten
kerygma, n.; russ. propoved’, £.; lat. predica- Zeit ist als bedeutender Prediger der Metro-
tio, £., davon dt. Predigt) sind flieBend. Von polit Nikolaj (gest. 1961) zu erwahnen. —
Bedeutungsind die engen Beziehungen zwi- Die wichtigsten H.n werden im Panegyrikon
schen der H. u. bestimmten Kunstformen gesammelt.
der byz. Kirchendichtung, besonders des Lit: Beck, s. den Abschn. Homiletik, ders., Rede
Kontakions. Die H.ist charakterisiert durch als Kunstwerk u. Bekenntnis, Miinchen 1977; A.
Anwendung von Redekunst (Rhetorik) u. Ehrhard, Uberlieferung u. Bestand der _hagio-
Gestik, von seiten der ZuhGrer in der Alten graph. u. homilet. Literatur der grch. Kirche,
Leipzig 1937 ff.; K. Ch. Felmy, Predigt im orth.
Kirche durch Beifalls- u. MiBfallenskundge-
RuBland, Géttingen 1972; N. K. Gudzij, Gesch.
bungen (> auch Akklamatione) sowie der russ. Literatur 11.-17. Jh., Halle (Saale) 1959;
durch Dialoge zwischen Prediger und Ge- Reg.: Predigt; Jungmann 1, 583-590, Handbuch,
meinde. Justin (gest. um 165) kennt Ermah- Reg.: H., Predigt; R. A. Klostermann, Probleme
der Ostkirche, Goteborg 1953, 106-161; R. Mayer,
nung (grch. nuthesia) u. Aufforderung zu Die groBen Prediger AltruBlands, Miinchener
sittl, Handeln (grch. prokiesis) durch den Theolog. Zs. 3, Munchen 1951, 235-250; A. J. Raz-
»Vorsteher“ nach den Lesungen aus AT u. umichin, Istorija Russkoj Propovedy, Moskau
NT. Bis heute hat die H. bzw. die Predigt 1905; K. Rose, Predigt der russ.-orth. Kirche, Ber-
lin 1952; Ch.Walter, Art and Ritual of the
ihren Ort in der Liturgie der Katechume- Byz.Church, London 1982, Reg.: homilies, illust.;
nen, d. h. im Wortgottesdienst (— unter Li- Bischof Augustinos, On the Divine Liturgy:
turgie der Gldubigen), manchmal auch nach Orth.Homilies III, Belmont MA, 1986; 1987;
der Kommunion. Zunichst war sie Aufgabe Wellesz, 366 f; LexMA 5, 111-112; RBK 3, 252-264.
des Bischofs, wurde aber spater an den Prie-
ster delegiert. Horen —> Stundengebet
Zu den groBen Homileten der Ostkirche
gehéren u. a. vor allem Johannes Chrysosto- Horen, Grofie oder Kénigliche (grch. horai
mus (grch., ‘“Goldmund’, gest. 407) aus der megalaie etoi basilikai; lat. horae regiae;
altkirchl. Zeit, aus der byz. Epoche sind es tuss. carskie Zasy), eine Akoluthia der Ost-
Severos von Anitiochien (gest. 518), An- kirche, die zu Karfreitag, zur Geburt Christi
dreas von Kreta (gest. 570), Michael Synkel- u, zu Epiphanie gehalten wird. Ihr Aufbau
los (gest. 846), der Patriarch Photios (9. Jh.), tichtet sich nach den Stundengebeten. Diese
Niketas Choniates (gest. 1215/1216), Nike- H.haben ihren Ursprung in der dreistiindi-
phoros Chumnos (gest. 1327), Isidoros gen Karfreitagsversammlung in Jerusalem,
Glabas (Ende 14. Jh.). Es entspricht also die die Pilgerin Egeria Endedes 4. Jh. schil-
nicht den Tatsachen, daB es in Byzanz keine dert. Im Mittelpunkt der byz. H. stehen die
bedeutenden Prediger gegeben habe. Bald Stichera (Idiomela) zu den Psalmversen, die
nach der Einfiihrung des byz. Ritus im Kie- sich am Karfreitag zu 15 Antiphonenstei-
ver RuBland entstanden dort bedeutende gern, den Improperien, den Klagen Christi
Predigerschulen. Beriihmt ist das um 1040 liber die Juden, verwandt. Die westsyr. (Ja-
gehaltene Slovo des Metropoliten Ilarion kobitische) Kirche sieht in Kyrill von Jeru-
auf den Gro8ftirsten Vladimir ,,Uber Ge- salem (gest. 386) den Autor der Karfreitags-
setz u. Gnade“. An groSen russ. Predigern stichera, wahrend die ganze Akoluthia Ky-
sind zu nennen: aus dem 11. Jh. der Novgo- rill von Alexandrien (gest. 444) zugeschrie-
roder Bischof Luka Zidjata, aus dem 12. Jh. ben wird. Jede der H.fiihrt auBerdem einen
Kirill von Turov u. Kliment Smoljatig, aus Block von Lesungen aus dem AT, dem
der ersten Zeit der Mongoleninvasion Sera- Apostolos u. dem Evangelium. - Die Be-
pion von Vladimir. Bedeutend war im zeichnung ,,Kénigliche Horen“ geht auf die
17,18. Jh. die Kiever Predigerschule (z. B. Anwesenheit des byz. Kaisers bei den H.
Innokentij Gizel’, Lazaf Baranovi¢, Joanni- zuriick.
169
Horologion
Lit: Baumstark, 95; Nilles 2, 241-251; Onasch, u. a. Fortschritte gemacht. Die Ubersetzung
Weihnachtsfest, 70-73; R. Zerfass, Die Schrift- der alten Notationssysteme in das moderne
lesung im Kathedraloffiztum Jerusalems, Mitnster
(Westf.) 1968, Reg.: Megalai horai. Notensystem ist allerdings nicht ohne star-
ken Widerspruch geblieben. Die Ergebnisse
der internationalen byzantinist. Musikfor-
Horologion (grch. biblion horologion,
schung werden in den Monumenta Musicae
‘Stundenbuch’; russ. Casoslov, m.), eines der
Byzantinae (MMB)verdffentlicht. Entspre-
wichtigsten liturg. > Biicher; es enthalt die
chend ist auch die Herausgabe von Monu-
feststehenden Teile des Stundengebets u.
menta Musicae Slavicae (MMS) in Angriff
des Stundengottesdienstes. Man unterschei-
det das Grofe u. das Kleine H.
genommen worden.
1. Das GroBe H. (grch. horologion to mega; Lit Anthologia Graeca; Heilige Gesiinge; J. v.
russ. velikij Casosiov) fiihrt iiber die festste- Gardner, Stile u. Formen liturg. Musik in der
henden Teile hinaus auch bewegl. Stiicke, orth. Kirche, Ostkirchenkunde, 457-472; Th. Ge-
wie die Tagesformeln der Entlassung, das orgiades, Bemerkungen zur Erforschung der byz.
Kirchenmusik, ByZ 39, 1939, 67-88; E. Koschmie-
Festkontakion (~ Kontakion), die Anti- der, Ein Blick auf die Gesch. deraltslav. Musik,
phonen der Liturgic, Gottesmutterhymnen BZS31, 1970, 12-41; B. Pitra, L’;Hymnographie de
(> Theotokien), Gesangsstiicke der Aufer- PEglise Grecque, Rom 1867; D. Psarianos, Die
stehungs- u. Morgenevangelien, den Aka- byz. Musik in der grch.-orth, Kirche, Orthodoxe
Kirche 2, 155-174; H. J. W. Tillyard, Gegenwarti-
thist u. andere Gebete u. Hymnen. Esent- ger Stand der byz. Musikforschung, Die Musikfor-
spricht damit etwa dem Ordinarium des schung 7, Kassel 1954, 142-149; M. Velimirovic,
Breviers der kath. Kirche. Stand der Forschung der kirchenslav. Musik. Zs.
2. Einen Auszug des GroBen H.s bietet das fiir Slav. Philologie 31, 1963, 145-169, Wellesz; Th.
Xydes, Byz. Hymnographia, Athen 1978; J. Julian,
Kleine H. oder Horologopulon (grch., n.). A Dictionary of Hymnology I, II, New York 1980;
Die Horologien der einzelnen autokephalen LexMA 5, 245-248 (Hymnen,H.).— S. auch Lit. zu
Kirchen unterscheiden sich oft in ihren va- Kirchendichtung, Kirchenmusik.
tiablen Teilen. Sehr wahrscheinlich sind die
ersten Stundenbiicher im syro-palastinens. Hypakee (grch., f., ‘Antwort’, russ. ipakoj,
Raum zusammengestellt worden. — Das H. m.), Kurzhymnus (— Troparion) aus dem
kann auch mit Bildschmuck ausgestattet Morgengottesdienst; er wird am Sonntag
sein, bet den Druckausgaben vorzugsweise nachder dritten Stichologie der Psalmenle-
mit Holzschnitten. sung, an Festtagen nach der dritten Ode des
Kanons gesungen. Eine der sch6nsten Hym-
Lit: Beck, 249 £.; M. Black, A Christian Palaesti- nen dieser Art, der ,,Gesang der Myropho-
nian Syrian H., Cambridge 1954, N. Borgia, H.
ren“ (der Salbél tragenden Frauen) steht im
»Diurno“ delle Chiesa di Rito Bizantino, Roma
1929; Raes, 178-182; ders., Le Notices Historiques Goldenen — Kanon(zur Darstellung > un-
de l'Horologe Grec, AB 68, 475-480; Wellesz, 140 ter Auferstehung Christi); sie konnte darauf
bis 141; A-Chirovsky,A Christian Palestinian Sy- hindeuten, da die H. vielleicht urspriing-
riac H.,Cambridge 1954; S.Heitz (Hg.) u. S. Haus- lich in Jerusalem ein ésterl. Prozessionslied
ammann (Bearb.), Das Gebet der Orthodoxen
war.
Kirche (Orologion u. Oktoich), Kdln 1981.
Text: s. Anhang Nr. 14.
Hostie —> unter Prosphore Lit: Anthologia Graeca, LXIX-XX; Daniel, Reg.:
HL; Wellesz, 239 f.
Hostienstempel > unterSiegel [1]
Hypodiakon (grch. hypodiakonos, russ. ipo-
Hymnographie, Hymnologie, ohne genaue diakon; Jat. subdiaconus), Unterdiakon,
Abgrenzung gebrauchte Bezeichnungenftir Vorstufe zum Diakon. Der H. wird zum er-
die systemat. u. histor. Erforschung der stenmal in der Kirchenordnung Hippolyts
byz.-slav. Kirchendichtung u. Kirchenmusik. {— unter Kirchenrecht) im 3. Jh. erwahnt u.
Nach den Pionierarbeiten von Pitra, Christ, unter die niederen Weihegrade gezihlt. So-
Paranikas u. a. hat die H. in den letzten wohl in der Ostkirche als auch in der kath.
Jahrzehnten vor allem durch die Entziffe- Kircheist sein Dienst auf die Assistenz bei
tung der byz. > Notationen durch Hoeg, der Liturgie, u. a. als Leklor, beschrankt. >
Thibaut, Tillyard, Ayoutanti, Stéhr, Wellesz auch unter Zélibat.
170
Ikone
Lit: A. Catoire, Le Sous-Diaconat dans I’Egtise
Grecque EO 13, 1910, 22-24; Feine, Reg.: Subdia- I
konat; H. Reuter, Das Subdiakonat, dessenhistor.
Entwicklung, liturg. u. kanonist. Bedeutung, Idiomelon — unter Stichera
Augsburg 1890. — S. auch Lit. zu Diakon.
Idylle -> unter Genrebild
Hypogonation (grch., n., auch epigonation,
n., ‘das unter bzw. an der Hiifte Befindli-
che’), eines der liturg. + Gewander, zu den Terusalimskaja — unter Gottesmutterbilder
Bischofsinsignien gehérend. Das H.ist ein
tiber Eck stehendes quadratisches od. rhom- Ikone (altgrch. eikon, f., ‘Bild’, ‘Abbild’,
benférmiges, iiber einen Karton gespanntes ‘Ebenbild’; mittelgrch. eikona, f.; russ. iko-
Seidenstiick. Es ist kostbar gestickt u. ge- na, £., obraz, m.), allgemein tibl. Bezeich-
giert mit einem Kreuz, einem Schwert od. nung fiir das ostkirchl Heiligenbild.
einer Darstellung Christi auf dem Richter- 1. Die I. an der Bilderwandbildet heute zu-
stuhi als Hinweis auf die Amtsrechte des Bi- sammen mit dem Bildschmuck (— Bildpro-
schofs. Das H. wird an einer Seidenschnur gramm) der Kirche eine durch die Liturgie
od. -kordel am Giirtel befestigt. Seine heuti- bestimmte funktionale Einheit. Es entsteht
ge Form hat es wahrscheinlich im 12./13. Jh. dabei der Eindruck, als ob ein Fortfall der
erhalten, wihrend seine Vorform, eine Art In diese Einheit in Frage stellen wiirde.
ritueller Serviette (grch. encheirion; lat. Doch schon die Anlage hoher Bilderwinde,
mappa, mappula; davon Manipel) im 8. Jh. die dem altkirchl. Prinzip der Einsehbarkeit
als bekannt vorausgesetzt wird. Vielleicht der Liturgie durch die Gemeinde wider-
war das H. auch die Taschefiir das Enchei- spricht (> auch Bilderwand), deutet an,
rion. Die russ.-orth. Kirche kennt den recht- daB wie mit diesen auch mit den Ln eine
eckigen u. an der einen Schmalseite aufge- verborgene, aber nichtsdestoweniger tiefe
hangten Nabedrennik (von bedro, ‘Hiifte’), Problematik verbundenist.
der an Priester in besonderen Wiirdestel- 2. Problematik u. Dialektik der I. bestehen
lungen vergeben wird, u. die wie das grch. in einer fiir sie charakteristischen, schwer
H. aussehende Palica (‘Streitkolben’) des abzugrenzenden Stellung zwischen ihrer
Bischofs. Funktion als Kultusbild u. ihrer Bedeutung
als Kunstbild. Als Kultusbild hat die I. zwar
Lit. s. Bischofsinsignien; Gewdnder,liturgische. ihren Ort an der Bilderwand, ist aber fiir
den Vollzug der Liturgie weder streng vor-
Hypopsalma (grch., n.), urspriingliche, von geschrieben noch zwingend notwendig. Zu-
der Synagoge iibernommene Form der Re- gleich steht sie nach der Tkonenweihe unter
sponsorien im friithchristl. u. im byz. Gottes- dem Schutz des Kirchenrechts. Das Verhalt-
dienst, bei der ein Psalmvers (grch. stichos) nis zwischen Kultus- u. Kunstbild (im weite-
stereotyp wiederholt wird. In der weiteren sten Sinne, nicht nur in bezug auf die L)
Entwicklung wurde das bibl. H. durch einen wurde zwar im 8/9. Jh. mit Hilfe einer dem
freien Text ersetzt. Das klassische, in Ps. Westen unbekannten Bildertheologie (>
136 vorliegende Modell des H. hat auf den unter Bild) geregelt, als Erbe des friihen
Aufbau der GroBen > Doxologie (V. 36 bis Christentums und des Ménchtumsverblieb
38 = Hypophonon) und des Kontakions aber eine deutl. Zuriickhaltung der Kirche
(Ephymnion) eingewirkt. gegentiber dem Kunstbild in der L, wie sie
sich etwa in einer spezif. Kultusdsthetik
Lit: A. Baumstark, Nocturna Laus, Miinster ebenso wie in der Reglementierung der Ma-
(Westf.) 1956, 39, 60, 62, 102 f; Werner, 137, 259, ler (— auch Malerbiicher) u. damit der Ein-
Anm. 77. schrinkung der kiinstler. Spontaneitaten
auBert. Diese Spannung zwischen beiden
Hypselotera — unter Gottesmutterbilder fiir die I. wie fiir die ostkirchl. Sakralmalerei
(2 Miniatur-, — Monumentalmalerei)
fiberhaupt konstitutiven Voraussetzungen
macht die I. zum Gegenstand sowohl der
kunstwissenschaftlichen als auch der reli-
171
Ikone
gionswissenschaftl, u. konfessionskundl. For- phie) ebenso notwendig ist wie ihre Absi-
schung. Aus allem hier Ausgefiihrten ergibt cherung durch sakrale Chiffren (> Kiirzun-
sich eine im Vergleich zum westl. Heiligen- gen, christliche), u. a. m. Es entspricht der
bild viel strengere inhaltl. Profilierung derI. eingangs erwahnten Dialektik der I., daB sie
als Mittel der kirchl. Lehrinformation, die auf der anderen Seite in Stér- u. Krisenfal-
wiederum unter der Aufsicht des Bischofs len innerhalb der kirchl. Sozietat u. (jeden-
steht. Zieht man schlieBlich in Betracht, daB falls im MA) der Grofigesellschaft ,,reakti-
die der Lehrinformation unmittelbar die- onsfahig“ bleiben muBte, um durch neuerl.
nende Ikonographie u. Typologie (s. unten) ,otérfreimachung* des Lehrinformations-
in engstem Zusammenhang mit den Hym- flusses die innere Stabilitét wieder herzu-
nentexten (— Kirchendichtung, ~ Kirchen- stellen. Dieses wiederum ist Veranlassung
musik), die ihren Themen u. Motiven ent- fiir wenn auch begrenzte Variationen im
sprechen, gesehen werden miissen, dann ikonograph. Standard. Eine andere wichtige
wird die besondere Bedeutung der Bilder- gesellschaftl. Funktion, die der mit der
u. Symbolsprache dieser Kunst einsichtig. Lehrinformation verbundenensittlich-sozia-
Wihrend die Ikonologie vor allem die reli- len Kontrolle, erfiillt die I. vor allem im per-
gidsen u. deshalb in gewisser Weise zeitlo- sénl. Bereich durch die In Ecke. Auf diese
sen Beziehungen dieser Bildsprache mit ih- Weise kinnte eine verniinftig angewendete
rer jeweiligen Bedeutung erschlieBt, kénnte Semiotik nicht nur die gesellschaft!. Proble-
eine (auch in der Kunstwissenschaft noch in matik der I. analysieren; sie wiirde auch ihre
den Anfangen stehende) Semiotik (Theorie Bedeutungfiir den Bestand der kirchl. So-
u. Praxis informationeller Zeichensysteme) zietat u. ihrer Kultur im Rahmender mittel-
gesellschaftl. Zwischenbeziehungen des alterl. GroBgesellschaft erkliren, ebenso
Bildschatzes kirchl. Lehrinformation ent- wie die Erschépfung der I.n-Kunst, als aus-
decken u. analysieren, die insbesondere in gangs des MAvorallem die Gesellschaft als
ihrem pragmat. Aspektbisher weithin tiber- Ganzes allmahlich aufhGrte, sich mit ihren
sehen wurden. Wie jede Information setzt Lehrinhalten zu identifizieren. Eine gewisse
auch die kirchl. Lehrinformation einen au- Abstraktion von den religidsen Inhalten der
torisierten Sender u. Schipfer des Bild- L, die fiir derartige Untersuchungen in Kauf
schatzes, eben die Kirche, u. een Empfan- genommen werden miBte, diirfte aufgewo-
ger, die Gemeinde od. die kirch}. Sozietat, gen werden durch Einsichten in die Wir-
voraus. Daraus ergeben sich eine Reihe von kungsweisen u. -formen einer Spiritualitit,
Fragen gerade fiir die I. als ein, wie wir sa- die bei der I. zweifelsfrei besteht, insofern
hen, iberaus streng profiliertes Vermitt- diese niemals an sich selbst Geniige finden
lungs-“Institut* der Lehre in den Handen kann, sondern immer nach Kommunikation,
der kirchl. Hierarchie an eine ebenfalls hier- nach einer Gemeinschaft strebt, der auch
archisch geordnete Sozietat. So besteht eine noch der einsame Betervor einer I. verbun-
der wichtigen gesellschaftl, Funktionen der den bleibt. In diesem Zusammenhang er-
I. darin, dadie Sozietit als ganze, d. h. so- scheint es keineswegs abwegig, auf die sa-
wohl die Laien als auch der Klerus, sich mit kramentale, d. h. Gemeinschaft (grch. koi-
ibren Lehrinhalten (z. B. mit der Darstel- nonia, — Eucharistie) stiftende Dynamik
lung der Dreieinigkeit) identifizieren kann. der L. u. ihrer Verehrung hinzuweisen.
Um diesen Identifikationseffekt zu errei- 3. Die ikonograph. Bildschemata, die, wie
chen u. vor allem zu erhalten, miissen eine wir sahen, unmittelbar der Lehrinformation
Reihe von sozietaéren MaBnahmengetroffen dienen, lassen sich typologisch in folgende
werden. Zu ihnen gehért, daB die Bildspra- Gruppen einteilen: (a) das autonome od.
che der I. iiberall u. von jedem Glaubigen reine Figurenbild (> Apostelbilder, >
entziffert (,,dechiffriert“) werden kann (die Christusbilder, — Gottesmutterbilder, >
»Ubiquitat* der In-Inhalte); da® der Infor- Heiligenbilder), (b) das komplizierte Sze-
mationsfluB ,,stérfrei* gehalten wird, vor al- nenbild (+ Dodekaortion, > Festzyklus u.
lem von Haresien od. Erschiitterungen der die Artikel zu den einzelnen Festbildern),
Sozietit u. der sie umgebenden Grofgesell- (c) das eigentl. theolog. Lehrbild mit mehr
schaft; da& eine gewisse Standardisierung od. weniger abstraktem Formenschatz (>
der Bildersprache (Bildschemata, Ikonogra- z. B. Hetoimasia, > Deesis, > Dreieinig-

172
Ikone
keit). In der Spitzeit der Ikonenmalerei Erwartungen hinsichtlich seiner Lebens-
entstanden Mischtypen - z. B. die Vereini- fihrung gestellt wurden, deren Nichterfiil-
gung des reinen Lehrbildes mit dem kompli- lung durch strenge Sanktionen (wie Buf-
zierten Szenenbild zu einem anschaul. theo- strafen [— Epitimien], duBerstenfalls auch
log. Traktat —, wie sie besondersbeliebt wa- durch Exkommunikation) geahndet wurde.
ten bei bestimmten Hymnen (— Eingebore- Dem Maler blieb zur Entfaitung seiner
ner Sohn) od. zentralen Themen wie der kiinstler. Vorstellungen nur der dsthet. Ka-
Auferstehung Christi od. bei der Darstel- non innerhalb des ikonographischen als
lung des Vaterunsers od. des Glaubensbe- Betatigungsfeld tibrig, d. h. etwa das Ver-
kenninisses. Im Sinne des pragmat. Aspek- haltnis von Linie u. Farbe, wobeidie letzte-
tes der Lehrinformation antworteten re allerdings ebenfalls durch bestimmte
(,tlickkoppelten*) solche komplizierten Symbolwerte festgelegt war (4 auch Far-
Darstellungen auf ganz bestimmte An- ben), die Gestaltung von Gestik u. Mimik,
spriiche der kirchl. Sozietiit u. der GroBge- die Wiedergabe seel. Spannungen, wie sie
sellschaft, die sich aus einer Reihe von vor allem in der letzten der byzantin. > Re-
Griinden mit den Klass. einfachen Bildsche- naissancen sich als reizvolle Aufgabestellte,
mata nicht mehr 2ufriedengaben. die Koordinierung von Hintergrund (Archi-
4, Hinsichtlich der Ubertragung von Bibel-, tekturkulisse) u. Vordergrund, die Bezie-
Viten- (-> Heiligenvita) u. anderen Texten hungen der Personen zueinander (z. B. bei
mit Erzahlicharakter in die bildhafte Dar- den Gottesmutterbildern), die wenn auch
stellung ergeben sich 3 Grundtypen (> erst spate u. vorsichtige Einbezichung der
auch Ubertragung, komplexe): (a) Der Text Natur in die Komposition u.a.m. — Die I. er-
({d. h. hier wie in den anderen Fallen eine weist sich demnach als eine Erscheinung,
Auswahl) wird auf einem Bilde wiedergege- deren Einheit u. Geschlossenheit verloren-
ben u. muB entsprechend,,gelesen“ werden; gehen wide, wollte man ihre Problematik
(b) der Text wird in mehreren Streifen dar- u. Dialektik als Kultus- u. Kunstbild auflé-
gestellt, eine vor allem den Zeitablauf sen. — Zur Technik u. Geschichte der I. =
beriicksichtigende Methode mit ,,kinemato- Ikonenmalerei.
graphischem“ Effekt; (c) der Text wird in
»diskrete* Leseeinheiten aufgeteilt, in Epi- Lit.: E. Evdokimoy, L’Art de l’Ilcéne. Théologie
soden, die auf den Randbildern (russ. klej- de la Beauté, Paris 1970; H. P. Gerhard, Welt der
Ikonen, Recklinghausen 19776; Ju. Olsuf’ev, Za-
ma) der I. um das zentrale Idealportrat des metki o Cerkovnom Penii i Ikonopisi kak Vidach
Heiligen angeordnet sind, wobei, anders als Cerkovnogo Iskusstva v Svjazi s U¢eniem Cerkvi,
bei dem vorhergehenden Typ, der Leser/ Tula 1918; Onasch, Ikonenmalerei; ders., Einige
Betrachter zum Verweilen bei den Einzel- soziolog. Aspekte der I.n-Malerei, ThLZ 93, 1968,
321-332; H. Skrobucha, Von Geist u. Gestalt der
bildern eingeladen wird. Um ein Optimum In, Recklinghausen 19702; N. Thon, I. u. Liturgie,
an Informationen weiterzugeben, wurde Trier 1979, B. A. Ouspensky, The Semiotics of
eine bestimmte Form der Perspektive ange- Russian Icon, Lisse 1976, L. Ouspensky, Théolo-
wendet,bei der keine wichtige (bedeutungs- gie de ’Ic6ne dansl’Eglise Orthodoxe, Paris 1980;
H. Fischer, Die I. Ursprung-Sinn-Gestalt, Frei-
volle) Einzelheit durch eine unwichtige (be- burg/Basel/Wien 1989; K. Wessel, Inprobleme,
deutungslose) verdeckt wurde, vielmehr der JOB 32, 1982, 305-314; G. Galavaris, The Icon in
gesamte Bildtext cinsichtig u. ,lesbar“ ge- the Life of the Church, Doctrine-Liturgy-Devo-
macht werden konnte. tion, Leiden 1981; S.Dufrenne, L’Icéne dans la
penséeet la pitié orth. d’aprés le témoignage du
5. Innerhalb eines festgelegten u. unter
monde byz., Paris 1981; E. Sendler, L’Icéne,
kirchl. Kontrolle stehenden ikonograph. image de [invisible Eléments de Théologie,
Kanons waren die schépfer. Méglichkeiten Esthétique et Technique, Paris 1981; Ch. Schén-
des In-Malers begrenzt. Die groBen Lei- born, Die Christusi. Eine theolog. Hinftihrung,
Schaffhausen 1984; B. Bornheim, I.n, Miinchen
stungen dieser Kunst sind auf einem schma- 1985; E. Haustein-Bartsch, Russ. I.n. Neue For-
Jen Pfad zwischen Reglementu. individuel- schungen, Recklinghausen 1991; M. Lurker (Hg.),
Jem, unverwechselbarem Schépfertum ent- Worterbuch der Symbolik, Stuttgart 19832, 313 bis
standen (> auch Kultusdsthetik). Hinzu 314; K. Weitzmann u. a, Die Ln, Freiburg/Ba-
sel/Wien 1981; U. Abel, The Collections of Icons
kommt, da8 an den I.n-Maler als den Ver-
in the Stockholm National Museum, Les Pays du
mittler von Lehrinformationen seitens der Nord et Byzance, Uppsala 1981; Den ryska iko-
Hierarchie der Kirche u. der Sozietat hohe nen 1000 ar, Stockholm 1989, Ln u. ostkirchl.
173
Tkonenbeschlag
Kultgerét aus rhein. Privatbesitz, K6ln 1990; so zeigt das Posubornoe pismo der Spatzeit
W.Nyssen, Jerusalem-Ursprung der Bilder des auch Objekte, die friiher auf der Ikone
Heils. Uber die Eindringlichkeit des Glaubens im selbst gemalt worden waren (Tiere, Pflan-
friihen Bild des orth, u. morgenland.Christen-
tums, KéIn 1984; V..Ivanov, Das Gr. Buch der zen, Gebiude, Landschaften). Als selbstin-
russ. Ln, Freiburg/Basel/Wien 1988; W. Kasack diges u. von der Ikone unabhangiges Er-
(Hg.), Die geistl Grundlagen der I., Miinchen zeugnis des Kunsthandwerks erhielt ein I.
1989; K. Onasch, Recht u. Grenzen einer Inse-
miotik, ThLZ 111, 1986, 241-258; ders., Die ,,intel-
verschiedene Priagestempel (Jahr, Qualitats-
lektuelle Mystik“ der I, Hermeneia 3, 1987, 126 marke, Stadt- u. Werkstattzeichen).
bis 130; ders., Die L.Kunstbild und Kultbild, H.
Nickel (Hg.), L. u. friihes Tafelbild, Halle 1988, 79 Lit: Felicetti — Liebenfels, Geschichte, Reg.: Ab-
bis 82; ders., Die Weltanschauung der altruss. I., deckungen; A. Grabar, Les Revétements en Oret
Zs. f. Slawistik 33, 1988, 797-805; ders., Die Welt en Argent des Icénes Byzantines du Moyen Age,
der I. in der Welt von heute, EIKON.Gesellschaft Venedig 1975; I. Grabar, V. N. Lasarew, W. S.
der Freunde der Inkunst I, Recklinghausen 1990; Kemenow, Gesch. der Russ. Kunst, Bd. 1 ff.,
ders., I. Kirche, Gesellschaft (erscheint dem- Dresden 1957 ff., s. die Abschn. Angewandte
nichst); Ryska Ikonex cirka 1780-1915, Espoo Kunst; Onasch, Ikonenmalerei, 101 £.; S. Radojti¢,
1989 (Katri och Harri Willamos Samling); 1000 Zur Gesch. des silbergetriebenen Reliefs in der
Jahre Russ. Kunst/100-Letie Russkoj Chudozest- byz. Kunst, RQ, 3. Supplementheft, Rom = Frei-
vennoj Kul’tury, Schlo® Gottorf/Moskau 1988; burg/Br. — Wien 1966.
V.Bytkov, Die geistig. Grundlagen der altruss.
Kunst I: Die Theologie der I. in der byz. Welt,
Hermeneia 7, 1991, 6-12; II: Die asthet. Grund- Tkonenecke (russ. krasnyj ugol, ‘schéne
ziige der Kunst AltruBlands, Hermeneia 7, 1991, Ecke’), Zimmerecke, in der auf einem Tisch
66-70; L. Ouspensky/W. Lossky, Der Sinn der Ln, od. Wandbord Ikonen aufgestellt sind, vor
Bern u. Olten 1952 (Dies., The Meaning of Icons, denen der einzelne od. die Familie die An-
Crestwood, New York, 1989); K. Paskaleva, Ic6-
nes de Bulgarie, Sofia 1987, Sergij (Golubéov), dacht (z. B. vor Familienfesten od. vor lan-
Voplogéenie bogoslovskich idej v tvortestve Pre- gen Reisen,aber auch taglich) zu verrichten
podobnogo Andreja Rubleva, BoTr 22, 1981, 3 bis pflegt. Bereits die friihen Ikonen vom Berge
67; W. Nyssen, Zur Theologie der I., Handbuch Sinai aus dem 6. Jh. waren wegenihresklei-
Ostk.kunde II, 236-245. LexMA 5, 371-376 (L,
-nmalerei, -beschlége). — S. auch Lit. zu Bild, Gen-
nen Formats sehr wahrscheinlich Teile
te, Hierarchie, Lkonenmalerei, Ikonographie, Iko- transportabler Triptychen (— Diptychon)u.
nologie, Kultusisthetik, Perspektive, Proportion. dienten der Privatandacht zu Hause od. auf
Reisen. Die I. ersetzt damit die Bilderwand
Ikonenbeschlag, Schutzhiille fir Ikonen. u. ibt die Funktion der Lehrinformation u.
Das Aufkommen des Ls in mittelbyz. Zeit der sozialen Kontrolle im Privat- u. Intim-
hangt mit der ideellen Gleichsetzung von bereich aus. Religionsgeschichtlich geht die
Tkone (— unter Ikonenmalerei) u. Reliquie 1 wohlauf kleinere, durch Tabus (Verbote)
zusammen, die beide wegen ihrer Kontakt- geschiitzte Raume (bei den ROmern war es
verehrung (— auch Kuf) eines sotchen die Ala) zuriick, in denen Idole der Haus-
Schutzes bedurften. Der I. entspricht also gdétter od. Portrats der Ahnen (in Form des
dem Reliquiar. Sein Material besteht aus Clipeus), bei den Slaven Idole der weibl. u.
gestanzten od. ziselierten Gold- od. Silber- mann!. Ahnen (rozanice, rod) aufgestellt
blechen. In Rufland entwickelte sich das waren.
entsprechende Handwerk (basmannoe delo)
zu hoher Bliite (die Basmans¢iki wohntenin Lit: Z. R. Dittrich, Zur religiésen Us- u. Frith-
gesch. der Slaven, Jb. fiir Gesch. Osteuropas 9,
Moskau als reiche Gilde in der noch heute 1961, 491-492; G. Rink, Dic hl. Hinterecke im
vorhandenen Basmannaja ulica). Man un- Hauskuit der Vélker Nordeuropas u. Nordasiens,
terscheidet in RuBland die Basma,einenI., Helsinki 1949; Rothemund, 49-52; Weitzmann, 9
der das Bild mit Ausnahme der Figuren be- bis 11 u. Reg,: Iconostasis.
deckt, von dem Oklad (auch riza), der nur
noch das Inkarnat, die Hautpartien der Per- Ikonenmalerei, Herstellung von Tafelbil-
sonen, freilaBt. Beim Podubornoe pismo dern, von > Ikonen.
unterbleibt sogar die UmriBzeichnung, u. 1. Bildtrager der Ikonenist in der Regel das
oft wird nur noch das Inkarnat gemalt. Wa- Holz. Sonderformen sind die auf grundier-
ren auf dem I. des 15./16. Jh. die Rander mit tem Leinen gemalten Kleinikonen (> Ta-
Heiligenfiguren u. kostbaren Edelsteinen, bletki), die Mosaik-Ikonen, die aus Elfen-
dic Flachen mit Ornamenten geschmiickt, bein, Steatit, Metall, Stein od. Marmor (>
174
Ikonenmalerei
auch Relief) sowie aus Keramik hergestell- Kunst typisch sind u. in denen die obener-
ten Ikonen u. schlieBlich die Hinterglasiko- wihnte Rezeption u. Auseinandersetzung
nen. Die Maltechnik bei den friihesten mit den antiken u. spdtantiken Traditionen
Denkmiaiern der I. (6./7. Sh.) war die En- u. zeitgenéss. Problemenerfolgte. Die neue
kaustik; sie muBte vor u. endgiiltig nach u. gefestigte Ausgangsposition der Kirche
dem Bilderstreit (— unter Bild) der Tempe- bereicherte die Ikonographie der I. nicht
tamalerei weichen. Das Holz fiir den Bild- nur um neue Motive (z. B. das Jiingste >
trager richtete sich nach dem Grtl. Waldbe- Gericht u. die Grablegung Christi), sie gab
stand od. wurde als teurer Importartikel aus auch 4lteren Motiven neue theolog. Sinnin-
dem Orient (Libanonzeder) eingefiihrt. Die halte (z. B. der Héllenfahrt Christi, > unter
Holztafel bzw. die zusammengefiigten Bret- Auferstehung Christi, der Hetoimasia u. der
ter erhielten eine Vertiefung (russ. kovéeg, Kreuzigung Christi); man begann, die The-
‘Arche’, ‘Reliquiar’), deren Rander (russ. men im Dodekaortion systematisch-litur-
pole) ebenfalls mit Bildern (russ. klejma) gisch zu ordnen. Zugleich entstandenin ei-
versehen werden konnten. Auf den mit ei- ner der schwierigsten Epochen der byz. Ge-
ner Leimschicht bedeckten Boden des schichte, im 11./12. Jh., Meisterwerke derI.,
Kovéeg kam eineStofflage (russ. povoloka). von denen hier nur die Eleusa (> Gottes-
Auf diese wurde der Malgrund (> Levkas) mutterbilder) aus dem 12. Jh., die spiiter
aufgetragen. Nach Anlegen der Umrif- tuss. Vladimirskaja genannt wurde, erwahnt
zeichnung begannen die einzelnen Arbeits- werden kann.
gange des Malens: Zuerst wurde die Gold- Ende des 12. Jh. machen sich deutlich ex-
malerei (— Chrysographie) ausgeftihrt, da- pressive Darstellungselemente bemerkbar,
nach erfolgte das Auftragen der komplizier- die der hellenist. Kunst keineswegs fremd
ten Malschicht, deren schwierigster Teil das gewesen waren, aberjetzt im 13./14 Jh. un-
Inkarnat, die Hautpartien, waren. Den Ab- ter anderen Voraussetzungen zu einer neu-
schlu8 bildete eine schiitzende Olschicht en Ausdruckssprache in der byz. I. fiihren
(russ. olifa). sollten. Durch Vergeistigung des spatanti-
2. Die Entwicklungsgeschichte der I. be- ken Schénheitsideals u. unter dem Einflu8
ginnt mit den aus dem 6/7. Jh. stammenden des Hesychasmus (> unter Mdénchtum)
Tkonen der Enkaustik (die aber auf noch werden tradierte Bildschemata dynamisiert
frilhere Denkmiiler schlieBen tassen) auf (bizarre Architekturkulisse, wehende Son-
der einen u. mit der zunehmendpositiven nensegel u. Gewandzipfel, ihnen entspre-
Einstellung der Kirche zum Bild auf der an- chende expressive Psychologien u. starke
deren Seite. Wie bei den ersten orientali- Farbkontraste, jahe Bewegungenu. a.), um,
schen, vor allem syr. Bibelillustrationen ist ahnlich wie die Hagiographie dieser Epo-
ein bestimmter, mit einem ausgebildeten che, die innere Erregung der hl. Personen
Licht-Schatten-Illusionismus verbundener wiederzugeben. Ausgangs der mittelbyz.
,lmpressionismus* nicht zuletzt auch der Epoche erfolgte auch die Weiterentwick-
Mimik (> unter Gestik) fiir viele dieser lung des 4lteren Templons zur Bilderwand,
Tkonen kennzeichnend. Daneben steht ein die der Asthetik u. dem Stil derI. fruchtba-
starrer Linearismusu. die AblehnungdesIl- te Impulse vermittelte. Gleichzeitig u. schon
lusionismus bei Denkmiilern aus Kreisen vom 10/11. Jh. an erscheinen im Kampf der
des Ménchtums. Annahme, Verarbeitung u. Grofkirche gegen die Haresie der Bogomi-
Auseinandersetzung mitder hellenist. u. der jen neue Typen der Christus- u. Gottesmut-
klass. Kunst der Antike sind ebenso charak- terbilder. Die Eroberung Konstantinopels
teristisch fix den Beginn der I. wie fiir ihre 1453 durch die Tiirken bedeutete auch das
gesamte Entwicklung. Diese erfahrt nach ei- Endederbyz. Kunst, ohne daB sie Gelegen-
ner ersten Blitte im Justinian. Zeitalter (6. heit zum Ausreifen der neuen Ansitze ge-
Th.) im Bilderstreit des 8/9. Jh. eine tiefe habt hatte. Jedoch lebten die reichen Tradi-
Krise, aus der die Kirche nicht nur als Sie- tionen der byz. I. auf dem Balkanu. in Ru8-
gerin, sondern auch mit klaren theolog. u. land mit bedeutsamen Veranderungen wei-
4sthet. Vorstellungen hervorging. Sie bilde- ter.
ten die Grundlage fiir die > Renaissancen 3. Die gegenseitigen Vernichtungskriege
in Byzanz, die fiir die Geschichte der byz. der Byzantiner u. Balkanslaven u. schlieR-
175
Ikonenmalerei
lich die Unterwerfung beider durch die Tiir- der Walachei u. der Moldau) sowie deutli-
ken machen den Mangel an 4lteren Denk- che, wenn auch auf anderen als in Serbien
milern der I. verstiindlich. Zu den dltesten begangenen Wegen ins Land gekommene
Zeugen der bulg. I. gehért eine Keramik- westl. Einfliisse, die besonderen Schicksale
Ikone des hi. Theodoros aus dem 9. Jh., de- Transsilvaniens u. andere Voraussetzungen
ten Herkunft umstritten ist. Aus der Zeit haben die I. Ruméniens gepragt. Ikonen hat
des ersten bulg. Reiches u. des anschlieBen- es schon in den 4ltesten Kldstern der
den Vernichtungskampfes der Byzantiner Moldau gegeben (14/15. Jh.), von ihnen
ist kaum noch ctwas vorhanden. Erst aus sind aber nur wenige erhalten. Mit dem 16.
dem 11.-13. Jh. ist eine gréBere Anzahl von Jh. setzt die Blitezeit der rumén.I. ein. Sie
Ykonenerhalten geblieben. Wiefur alle Bal- nimmt sofort neben den erwahnten Einfliis-
kanvélker auBerhalb von Byzanz sind auch sen unverwechselbare Eigenztige an,die sie
fiir die bulg. Malerei die mit den thrakisch- auch von den Arbeiten der Nachbarlander,
dak. Reitergottheiten eng verbundenen vor allem Bulgariens, unterscheidet. Bau-
christl Reiterheiligen (— auch Heiligenver- ernschaft u. Biirgertum waren neben den
ehrung) charakteristisch. Die Ausdrucks- Fiirsten die Férderer dieser Kunst, die in
kunst der letzten der byz. Renaissancen er- den Hinterglasikonen vor allem Transsilva-
lJebte in Bulgarien einen reichen, starken niens u. der Grenzgebiete eine besondere
Widerhall. Auch nach dertiirk. Eroberung Ausprigung erhielt. Wie bei den anderen
des Landes lebte die I. weiter, wenngleich Balkanvélkern ist die I. Rumaniens durch
viele Meister in andere Balkanlander u. einen besonderen Zug intimer _,,Fami-
nach RuBland emigrierten. Wahrend auf liaritat“ gekennzeichnet, die sich in den ver-
der einen Seite tberlieferter Formenschatz schiedenen Gesellschaftsschichten verschie-
der klass. I. weitergepflegt wurde u. in der den widerspiegelt. Das gilt auch fiir die Iko-
Tirkenzeit die Gottesmutterbilder um eini- nen des Festtagsranges auf den vorwiegend
ge Typen bereichert werden, gewinnen an- kleineren Bilderwanden.
dererseits dérfl. Malschulen an Bedeutung. 6. In RuBlandhatdie traditionsreiche byz.I.
Unter ihnenist vor allem die in Trjavna im die reichste Weiterentwicklung erfahren.
18./19. Jh. zu nennen. Auch in den Stadten Die wenigen erhaltenen Denkmiler der
entstanden unter bekannten ,,Zographen“ Kiever (vormongol.) Epoche lassen aut ei-
(grch. zographos, Maler’) Werkstatten, de- nen bald nach der Annahme des Christen-
ten Erzeugnisse z. T. exportiert wurden, [h- tums einsetzenden Import byz. Ikonen
te Traditionen gehéren mit zu den Voraus- schlieBen, der aberfrith durch eigenstandige
setzungen der nationalen u. kulturellen Re- Arbeiten ersetzt wurde. Noch vor der Mon-
naissance Bulgariens im 19. Jh. goleninvasion zeigen sich deutl. Unterschie-
4, Wie tiberall wird man auch in Serbien aus de stilist. Art zwischen der I. Novgorods u.
den erhaltenen Denkmilern der Monumen- der der Regierungszentrale in Kiev. Auch
talmalerei Riickschliisse auf eine verloren- andere zentralruss. Staédte, wie Jaroslavl’,
gegangene I. ziehen diirfen. Ihre Bllitezeit Rostov, Vladimir u. Suzdal’, zeigen frith
erlebte sie unter den groBen Herrscherdy- selbstindige Ziige in der Auffassung der
nastien u. Bojarengeschlechtern im 13./14. Ikone als Kultur- u. Kunstbild. Im Zusam-
Jh. Die Einfliisse der serb. Kunst dieser menhang mit der Erstarkung des Grofftir-
Epochesind bis nach RuBland hin zu verfol- stentums Moskau im 14. u. 15. Jh. u. der
gen. Die Ausbildung der byz. Ausdrucks- Uberwindung der Tatarenherrschaft er-
kunst in Verbindung mit neuen, z. T. gegen reichten die Ikonen in dieser Zeit eine
die Bogomilen gerichteten Typen der Chri- Hochbliite, wobei die komplizierten Zwi-
stus- u. Gottesmutterbilder u. die Verarbei- schenbeziehungen zwischen der feudalisier-
tung westl. Einwirkungen machendieI. die- ten Kirche u. ihrer Sozietit auf der einen u.
ses Balkanlandes besonders interessant. der Gesellschaft, die im GroBfiirstentum
Hier fand die Weiterentwicklung der Bil- Fihrung u. Selbstdarstellung fand, auf der
derwand statt, deren hélzerne Ausfiihrun- anderenSeite voll zum Tragen kommen. Es
gen auch exportiert wurden. ist bezeichnend, daB die Meisterwerke eines
5. Die Besonderheiten der nationalen Ge- Feofan Grek (etwa 1330-1410) u. Andrej
schichte in der Tiirkenzeit (Fiirstentiimer Rublev (etwa 1370-1430) Ikonen der hoch-
176
Tkonenmalerei
yagenden Bilderwand sind, deren Bedeu- 1686) u. seine Schiiler nach neuen Wegen.
tung als Informationsmedium von Kirche u. An der OruZejnaja Palata bildete die I. nur
Staat erkannt u. ausgenutzt wird. Es gelang einen unter anderen Ausbildungszweigen,
den beiden Meistern u. ihren Schiilern, die der dem Ikonenamt(russ. ikonnyj prikaz)
neuen techn. u. dsthet. Probleme, vor die unterstand. Auf diese Weise fanden auch
sich die Maler durch die groBen Ikonostas- westl. Einfliisse in Thematik u. Technik der
Ikonen gestellt sahen, in hervorragender tuss. I. Eingang. PeterI. unterstellte schlieB-
Weisezu lésen. Der Ausgleich zwischen der lich das Ikonenkontor beim Patriarchat
stark expressiven Kunst eines Feofan u. der nach dessen Ablésung durch den HI. Regie-
betonten Verinnerlichung Rublevserhielt in renden Sinod dem letzteren u. trennte die I.
der ,,Troica* (> Dreieinigkeit) des letzte- von der weltl. Malerei. Alte Traditionen u.
ren seinen giiltigen Ausdruck. Eine genaue, neue Auffassungen dieser alten Kunst wur-
alle Aspekte beachtende Analyse dieser den in den Malerdérfern ZentralruBlands
beriihmten Tkonezeigt, wie auch die altruss. weitergepflegt, die neben echten Meister-
IL. dieser Epoche auf zeitgenéss. nonkonfor- werken vor allem den immensen Bedarf an
mist. Bewegungen (— unter Hiresie) emp- Ikonen als Devotionalien zu befriedigen
findlich reagierte. Die Entwicklung des hatten; schlieBlich wurden Ikonen in manu-
GroBfiirstentums zum Zartum spiegelt sich fakturahnl. bis privatkapitalist. Werkstatten
in der I. wider. Es kommtin der, Folgezeit hergestellt. Die Identitats-Symbole der russ.
zu fruchtbaren gegenseitigen Beeinflussun- Gesellschaft deckten sich immer weniger
gen der zahlreichen stddt. Schulen, ein- mit denen der kirchl. Sozietat, eine Erschei-
schlieBlich des hohen Nordens u. der Kunst nung,die sich seit dem 17. Jh. auf allen Ge-
der Hauptstadt, die der letzteren einen bieten der Kultur bemerkbar macht. Neue
nicht unerhebl. Variantenreichtum schenk- fruchtbare Anstéfe fiir die I. waren deshalb
ten. Im Mittelpunkt dieser Entwicklung nicht mehr zu erwarten.
steht die einzigartige Kiinstlerpersénlichkeit 7. Eine Sondergruppe nehmen die Denk-
Dionisijs (etwa 1440-1508). Stilistisch miiler der ukrain., galiz. u. karpatoukrain. I.
zunichst an Rublev ankniipfend,findet die- ein, in denen sich das im Laufe der Ge-
ser Meister cine neue Sprache, die die span- schichte komplizierte u. wechselvolle Kon-
mungsreichen gesellschafts- u. kulturge- fessionsschicksal der Bevélkerung wider-
schichtl. Probleme dieses Jh. in addquater spiegelt. Zur theologisch-systemat. Seite der
Weise refleKtiert. Im 16. Jh. beginnen sich I. > unterBild, vgl. auch die sachl. Details:
komplizierte Bildschemata herauszubilden, — Bilderwand, — Genrebild, christl. ->
die die strenge Welt des Symbols verlassen Kiirzungen, > Perspektive, > Proportion,
u. sich zu theolog. Kompendien ausgestal- — Reprisentationsbild.
ten. Zum Teil an die Kunst Dionisijs an-
schlieBend u. Formelemente der Minia- Lit.: A. Boschkow, Die Bulgar. Malerei, Reckling-
turmalerei iibernehmend, zeigen vor allem hausen 1970; I. J. Danilowa, Dionissi, Dresden
die Ikonen dersog. ,,Stroganov“-Schule mit 1970; N. A. Demina, Andrej Rublev i ChudoZniki
ego Kruga, Moskau 1972; Drevnerusskoe Iskusst-
ihrer intimen Atmosphare den EinfluB des vo, Moskau 1963 ff.; A. Fricky, Ikony z Vychod-
Adels u. eines auf soziales Avancementaus- ného Slovenska, KoSice 1971; A. Grabar, Byzanz,
gerichtcten Biirgertums. Zugleich mehren Baden-Baden1964; ders., Die mittelalterl. Kunst
sich die Stimmen, die sich gegen die dem Osteuropas, Baden-Baden 1968; ders., W. N. La-
sarew, W. S. Kemenow (Hg.), Gesch. der russ.
Volk schwer zugiingl. gedankl. Uberfor- Kunst, Bd, 1 ff., Dresden 1957 ff, R. Hamann -
mung u. die immer kostbarere Ausstattung Mac Lean — H. Hallensleben, Die Monumental-
wenden. malerie in Serbien u. Makedonien vom 11. bis
Wie auf allen Gebieten des altruss. Lebens zum friithen 14. Jh., GieBen 1963; S. Jeckel, Russ.
Metall-Tkonen, Bramsche 19812; I. Klosiriska,
bringt das 17. Jh. auch fiir die I. eine tiefe Ikony, Krakéw 1973; R, Lange, Die Byz. Reliet-
Krise, die ihre Geschichte abschlieft. ikonc, Recklinghausen 1964, V. N. Lazarev, Isto-
Wahrend die im Schisma (russ. raskol, > rija Vizantijskoj Zivopisi, 2 Bde., Moskau 19862;
unter Kreuz) mit der Patriarchatskirche ver- ders., Russkaja Ikonopis ot Istokov do Naéala
XVI veka, Moskau 1983; ders., Andrej Rublev i
harrenden Altgliubigen den Traditionen ego skola, Moskau 1966; ders., Theophanes der
der alten I. u. ihrer Asthetik verhaftet blei- Grieche, Dresden 1968; ders., Novgorodskaja Iko-
ben, suchen Maler wie Simon USakov(gest. nopis, Moskau 1969; ders., Dvustoronnie Tabletki

177
Ikonenweihe
iz Sobora Sv. Sofii vy Novgorode — The Double Fa- eigene Weihe; sie scheint allerdings erst in
ced Tablets from the St. Sophia Cathedral in Nov- spat- bis nachbyz. Zeit eingefiihrt worden
gorod, Moskau, 19832; Vizantija, Juznye Slavjane
1 Drevnjaja Rus. Zapadnaja Evropa. Iskusstvo i
zu sein. Ihr vorangegangen ist méglicher-
Kultura. Sbornik Statej v cest’ V. N. Lazareva, weise die Benennung der Ikone mit dem
Moskau 1973; ders., Vizantijskoe i Drevnerusskoe Namen der von ihr dargestellten hl. Person.
Iskusstvo, Moskau 1978; ders., Ikonen der Mo- Heutestellt die I. ein eigenes, vom Bischof
skauer Schule, Berlin 1977; J. A. Lebedewa, And-
rei Rubljow u. seine Zeitgenossen, Dresden 1962;
zu voliziehendes Offizium (— auch Akolu-
G. Millet - A. Frolow, La Peinture du Moyen- thia) dar. Uber der auf den Altar gelegten
Age en Yougoslavie, Serbie, Macédoine et Ikone spricht der Bischof ein Gebet, be-
Monténégro, 3 Bde., Paris 1954-1962; C. Nicoles- sprengt sie mit Weihwasser u. inzensiert sie
cu, Rumin. Ikonen, Berlin 1973; Onasch, Ikonen;
ders., Das Problem des Lichtes in der I. Andrej
mit Weihrauch, Erst danach ist eine Ikone
Rublevs, Bertin 1962; ders., Altruss. Ikonen, Ber- zum liturg. Gebrauch freigegeben. Die I.
lin 1977; ders., Kunst u. Gesellschaft im Modell schlie&t auch Prifung u. Anerkennungihrer
der Dreieinigkeitsikone Andrej Rublevs, Beitr. Ikonographie durch den Bischofein.
zur byz. u. osteurop. Kunst des MA, hg. von H. L.
Nickel, Berlin 1977, 19-32; V. A. Plugin, Mirovoz-
Lit.: P. Kriiger, Der Ritus der I. nach dem westsyr.
zrenie Andreja Rubleva, Moskau 1974; N. O. Po-
Pontifikale u. seine theolog. Bedeutung im Ver-
dobedova. Moskovskaja Skola Zivopisi pri Ivane
gleich mit der byz. Ikone, OstKSt 14, 1965, 292 bis
IV, Moskau 1972; N. M. Sinovev, Iskusstvo
Palecha, Leningrad 1968; H. Skrobucha, Ikonen
304; Rothemund, 360-362; Maltzew2, 1023 bis
1083; N. Thon, Ikone u. Liturgie, Trier 1979, 214
aus der Tschechoslowakei, Prag 1971; ders., Mei-
sterwerke der I, Recklinghausen 1975% ES.
bis 233; Ritus der I., Miinchen 1983.
Smimova, Zivopis Obonez’ja, Moskau 1967, dies.,
Zivopis Velikogo Novgoroda, Moskau 1976; K. Ikonographie (von grch. eikon, f., ‘Bild’,
Sommer, Ikonen. Ein Handbuch fiir Sammler u.
Liebhaber, Miinchen 1979; G. u. M. Soteriou, Ei-
‘Abbild’, u. graphe, f., ‘Schrift’, ‘Beschrei-
kones tes Mones Sina, 2 Bde., Athen 1956, 1958; bung’), seit der Antike (Aristoteles, Strabo)
D. Talbot Rice, Byzantine Icons, London 1959; Beschreibung von Kunstwerken jeder Art.
ders., Byzantine Painting: The Last Phase, Lon- 1. Unter I. versteht man heute die Erfas-
don 1968; ders., Byzanz; ders., Byz. Kunst, Miin- sung u. Statistik von Inhalten einzelner Bil-
chen 1964; A. Tschilingirov, Christl. Kunst in Bul-
garien, Berlin 1978; Volbach — Lafontaine - Doso- der, d. h. ihres gegensténdl. u. personalen
gne; Weitzmann; ders., Die Ikone, Miinchen 1978, Bestandes, sowie der Bildprogramme des
ders. u. M. Chatzidakis, K. Miatey, S. Radojéi¢, Kirchengebéudes. Nach der statist. Erhe-
Frihe Ikonen. Griechentand, Bulgarien, Jugosla-
wien, Miinchen 1965; C. H. Wendt, Ruman. Iko-
bung der Objekte u. Personen erfolgt ihre
nen, Eisenach 1953; Ju. Bobrov, Istorija Restavra- Zuordnung zu bestimmten Motiven od.
cii Drevnerusskoj Zivopisi, Moskau 1978, G. J. Themen. Ihre Verbindung zu einem ein-
Vzdornov, Feofan Grek. Tvoréeskoe Nasledie, heitl. Ganzen ergibt die Komposition u. de-
Moskau 1983; ders., Troica Andreja Rubleva, An-
ten Generalthema. Die Identifizierung des
tologija, Moskau 1981; ders., Tstorga Otkrytija i
Izuéenija Russkoj Srednevekovoj Zivopisi, Mos- statist. Materials mit den ihm zugeordneten
kau 1986; M.Alpatov, Feofan Grek, Moskau 1984; Motivensetzt gerade in der ostkirchl. Kunst
V. G. Brjusova, Russkaja Zivopis 17 veka, Mos- Kenntnis ihrer Bezichungen zu literar.
kau 1984; R. de Caluwé, I.,Rosenheim 1984; E.S.
Quellen (> auch Enkomion, — Heiligenvi-
Smirnova, Moskovskaja Ikona XIV-XVII veka,
Leningrad 1988, Nowgoroder Ikonen des 12. bis ta, > Kirchendichtung) voraus, Das gleiche
17.3h., Leningrad 1983; V. Kotov u. L. Taktasho- gilt fir bestimmte ikonograph. Zeichensy-
va, Palekh. The State Museum of Palekh Art, steme (> auch Allegorie, - Emblem, >
Moskau 1990; LdK 2, 367-368. — S. auch Lit. zu
Symbol). Ihre Auflésung bringt die I. an ih-
Ikone, Kirchenbau.
te Grenze u. leitet bereits zur Ikonologie
fiber. Da die I. in der orth. Kunst in viel
Ikonenweihe. Die besondere Einstellung strengerer Weiseals in der kirchl. Kunst des
der byz. Kirche zum Bild lief die kone vor Westens der Lehrinformation dient (>
allem an der Bilderwand zum wenn auch auch Ikone, Abs. 1), unterliegt sie der Kon-
kanonisch nicht zwingend vorgeschriebenen trolle der Kirche, d. h. des Bischofs (= auch
Bestandteil der Liturgie werden. Im Laufe Ikonenweihe). Dieser spezifische, konfessi-
der Liturgiegeschichte wurdesie schlieBlich onsgebundene Aspekt der byz.-slav. I. laBt
zu den hl. Sachen (grch.hiera pragmata) ge- ihre komplizierten, noch langst nicht er-
zahit u. unter den Schutz des Kirchenrechts schépfend erforschten Bezichungen zur
gestellt. Damit beanspruchte die Ikone eine orth, Sozietit u. zur mittelalterl. GroBgesell-
t78
Tkonologie
schaft deutlich werden. Insofern die orth. I. 42-68; ders., Greek Mythology in Byzantine Art,
tiber einen durch Ubereinkunft (Konven- Princeton 1951; Ch.Walter,Studies in Byz. Icono-
graphy, London 1977, St. Sinding-Larsen, Icono-
tion, tuss. uslovnost’) der Sozietat festgeleg- graphy and Ritual. A Study of Analytical Perspec-
ten Zeichenvorrat verfiigt, gehdrt sie in den tives, Oslo/Bergen/Stavanger/Troms 1984; G.
Bereich der Semantik, der neue For- Vagner, Kanoni Stil vy Drevnerusskom Iskusstve,
schungshorizonte eréffinet. Grundlegend fiir Moskau 1987; M. Lurker (Hg.), Wérterbuch der
Symbolik, Stuttgart 19832, 315; A. Grabar, Chri-
sie ist, daB es ,,fiir die mittelalterl. Weltan- stian Tconography. A Study of its Origins, Wa-
schauungkeinewillkiirl. Zuordnung des Be- shington 1968; E. Kaemmerlin (Hg.}, Bildende
zeichneten zum Bezeichnenden“ (B. Us- Kunst als Zeichensystem 1: Iu. Ikonologie, Kéln
penskij) gab, sondern daB sie durchein iiber 1979; J. M. Lotman, Kunst als Sprache, Leipzig
1981; LdK 2, 368-370. — S. auch Lit. zu Bild, Iko-
sie hinausweisendes System von Symbol- ne, Ikonologie.
werten reguliert wurde. Auch aus diesem
Grundeist die Erganzung der I. durch iko-
Ikonologie (von grch. eikon, f., ‘Bild’, ‘Ab-
nolog. Uberlegungen gerade bei dieser bild’, u. Jogos, m., ‘Wort’, ‘Lehre’), im Ge-
Kunst notwendig. Der in einem umfassen- gensatz zur deskriptiven Methode der Iko-
den Sinne zu verstehende Zeichencharakter
nographie bemiiht sich die I. um die Deu-
der I. setzt die Einheit des ikonographi- tung des Bildinhaltes. Dabei handelt es sich
schen mit dem ikonolog. Bereich voraus. nicht nur um die Entschliisselung von Zei-
Dasgleiche gilt fiir die Zusammengehirig-
chenchiffren, wie Allegorie, Emblem u.
keit von Lehr- u. dsthet. Informationen in- Symbol, u. bestimmten Bedeutungsinhalten
nerhalb des ikonograph. Kanons. Die dabei der Kunst u. Architektur, sondern in erster
auftretenden Spannungselemente zeigen Linie um eine Deutungsmethode (Herme-
sich schlieBlich auch bei den durch Konven- neutik), die das Kunstwerk (auch das
tion festgelegten Strukturen des Jetzteren,
sptachliche) als Ganzes im menschl. Be-
insbesondere durch den Einbau des Genre- wuBtsein sieht. Fiir das Versténdnis der
bildes. Es zeigt sich, daB semant. u. informa- Darstellung christl. Feste ist die I. ebenso
tionstheoret. Uberlegungen, sofern sie nicht wichtig wie fiir streng ,,kodierte“ Bildfor-
za einer abstrakten ,,Mathematisierung*
meln der Lehrinformation {z. B. Deesis,
(G. K. Vagner) der mittelalterl. Kunst Hetoimasia, Dreieinigkeit). Der byz. Kir-
fiihren, beim Studium derorth. I. durchaus
chenbau u. sein Bildprogramm sowie die
ihre Berechtigung haben kénnen. Bilderwand bieten sich von selbstderI. als
2. Von der allgemeinen I. unterscheidet Forschungsgegenstande an. Die byz. Litur-
man als Sondergebiet die Gestalt-I. Sie be- giekommentare (—» unter Mystagogie) lie-
schdftigt sich mit der Gestik u. Mimik der fern hierfiir ein umfangreiches, wenn auch
Heiligen, mit ihrer Gewandung (kirchl. u. kzitisch zu wertendes Material. Auf der an-
liturg. — Gewiéinder) u. anderen Spezifika
deren Seite ist nicht zu verkennen, daB die
sowohlihrer Individualitat als auch ihrer je- I. das Kunstwerk in seiner Einheit in Frage
weiligen Kollektivitét (der Gruppenzu- stellen kénnte, wennsie sich von der ikono-
gehGrigkeit z. B. zum Ménchtum,zur Hier- graph. Methode 2zu_,,selbstbewuBt* ab-
archie u. 4; — auch Heiligenverehrung). grenzt. Demgegeniiber eréffnen informati-
onstheoret. Uberlegungen neue, diese Pro-
Lit: J, Bialostocki, Stil u. I., Dresden 1966; F. 1.
Buslaev, Sodinenija, 2. Bd., Petersburg 1910; C. D.
blematik zumindest eingrenzende Aspekte
Kalokyris, The Essence of Orthodox Iconogra- der L. (— unter Ikonographie).
phy, The Greek Orthodox Theological Review 12,
Brookline (Mass.) 1966/1967, 168-204, 13, 1968, Lit: J, Bialostocki, Iconography and Iconology,
65-120, Ph. Kontoglu, Exphrasis tes Orthodoxu New York — Toronto — London 1963; G. Band-
Ejkonografias, 2 Bde., Athen 1960; E. Panofsky, mann, Mittelalterl. Architektur als Bedeutungs-
Meaning in the Visual Arts, New York 1955; triger, Berlin 1951, H. Goltz, Zur Ikonosophie
ders., Zum Problem der Beschreibung u. Inhalts- des Kreises: Theodoros Pediasimos u. der Symbo-
bedeutung von Werken der bildenden Kunst, Lo- lismus der Rublevschen Troica, H. Nickel (Hg.),
gos 21, 1932, 103-119; U. Schubert, Strukturele- Byz. Kunstexport, Halle (Saale) 1978, 289-300, W.
mente der frihchristl. Bildkunst, Kairos 19, 1977, §. Heckscher, The Genesis of Iconology, Stil u.
187-202; G. K. Vagner, Problema, Zanroy v Drev- Uberlieferung in der Kunst des Abendlandes 3,
netusskom Iskusstve, Moskau 1974; Weitzmann; Berlin 1967, 239-262; E. Panofsky, Studies in Ico-
ders., The Survival of Mythological Represeata- nology, New York 1939; M. Lurker (Hg.), Worter-
tions in Early and Byzantine Art, DOP 14, 1960, buch der Symbolik, Stuttgart 19832, 315-316, 617
179
Ikonostase
bis 618 (Semantik, Semiotik), U. Eco, Einflhrung terl. I. der kath. Kirche am 25. Marz od. am
in die Semiotik, Miinchen 1972; B. Uspensky, The 1. Jan.(indictio romana seu pontificia, ‘rom.
Semiotics of the Russian Icon, Lisse 1976; H. Bel-
od. Pontifikal-L.’). Die Ien gehen auf die
ting, Das Bild u. sein Publikum im MA, Berlin
1981; H. U. Gumbrecht u. K. L. Pfeiffer (Hg.), Auferlegung von Steuerabgaben unter Dio-
Materialitat der Kommunikation, Frankfurt a.M. kletian zuriick. Ein Indictus bestand aus ei-
1988; H. Bauer, Kunsthistorik. Eine kritische Ein- nem Zyklus von 15 Jahren zu je 3 Lustra
filhrung in das Studium der Kunstgesch., Miin-
(lat.; ein fustrum = eine fiinfjahrige Finanz-
chen 19792, Reg.: Ikonographie, Ikonologie, Se-
mantik; LChI 2, 514-529 (Kirche, Kirchenban), periode). Die I.s-Zahl gab die Position des
LdK 2, 370-371. — S. auch Lit. zu Tkonographie. betreffenden Jahres innerhalb des Zyklus
an. Die im 7. Jh. eingefiihrte Zeitrechnung
Ikonostase —> Bilderwand der Weltdra begann mit dem 1. Sept. Die
Kirche gedachte an diesem Tage des ersten
Imagoclipeata > Clipeus Auftretens Jesu in Nazareth (Luk. 4, 16) u.
des Sieges Konstantins iiber Maxentius am
Improperien (lat. improperium, n., ‘Vor- 28. Okt. 312.
wurf’), in der kath. Kirche wahrend der
Lit: V. Grumel, Indiction Byzantine et Neon
Kreuzanbetung (— auch Sonntag der Etos, REByz 12, 1954, 128-143; H. Lietzmann (K.
Kreuzverehrung) am Karfreitag gesungene Aland, Hg.), Zeitrechnung der rém. Kaiserzeit,
Hymmen, in denen sich der gekreuzigte des MA u. der Neuzeit, Berlin 19569, 7 ff.; Nilles
Christus mit Klagen u. Vorwtirfen an die Ju- 1, 264 f.; Werner, 65, 73; LexMA5, 405-406. — S.
den wendet. Im Westen seit dem 7. Jh. be- auch Lit. zu Zeitrechnung.
kannt (mozarab. Liturgie, Bobbio-Missale,
seit dem 9. Jh. im Frankenreich) ist der Ur- Inkarmat, auch Karnat, Karnation (vonlat.
sprung der I. im grch. Karfreitagsgottes- caro, {., Fleisch’), in der Ikonenmalerei der
dienst zu sehen (15 Antiphone, eine Reihe Farbton der (vom Ikonenbeschlagfreiblei-
von Kurzstrophen [Troparien] im Morgen- benden) Hautpartien u. die Technik ihres
gottesdienst u. in den GroBen od. Kénigl. > Auftragens innerhalb der Malschicht (>
Horen mit einem sich steigernden AbschluB unter Temperamalerei). Von den mannigfa-
im Abendgottesdienst). Einige Forscher se- chen FarbténendesLs in der westl. Malerei
hen in Syro-Palistina bzw. in Jerusalem unterscheidet sich die byz.-slav. durch ihre
selbst (unter judenchristl. Kreisen?, vel. besondere Griifarbung, die allerdings in
auch Micha 1-3) die Heimat der I., andere den einzelnen Stilepochen u. Malschulen
im Rom desfriihen 4. Jh., auf jeden Fall variiert. Die Grundlage des Ls bildet der
aber vor der 1, Okumen. Synode von 325. mit griinen Ténungen versehene u. aus
ThemaderI. u. Ansitze zu ihrer Dramati- braunen Erdfarben bestehende Sankir
sierung findensich bereits in der Passa-Ho- (grch. [tiirk.?] tsinkiari, ‘Kupfergriin’,
milie des Melito von Sardes (gest. um 180). ‘Griinspan’). Mit ihm wurde die ganze
Die dramat. Elemente wurden im MA in Flache der Hautpartie mit Ausnahme der
Ost u. West weiter entwickelt (neben der Aufhellungen bedeckt.Auf den Sankir wur-
Stimme Christi die eines Sprechers, beide de der Glykasmos (grch.) od. die Podrum-
Gruppen beginnen mit einem melismatisch janka(russ.) aufgetragen, eine aus verschie-
ausgeschintickten ,,Aufschrei“, in der kath. denen Ockerfarben bestehende Farbmaske.
Kirche dreimalige Wiederhohung in jeweils DasReflexlicht wurde mit Bleiweifstrichen
héheren Tonlagenu.a.). (russ. otmetki) wiedergegebenu. die Schat-
tenseiten dunkel ,,verockert“. Die Aus-
Lit: A. Baumstark, Der Orient u. die Gesinge filhrung des Ls gehért zu den Aufgaben des
der Adoratio Crucis, JLW 2, 1922, 1-17; Eisenho- Ikonenmalers (russ. licnik, von lico, ‘Per-
fer 1, 529 f.; H. Schmidt, Hebdomada Sancta, 2.
Bd., Rom 1957, 794 £.; W. Schiilz, ,,Was habe ich son’, ‘Antlitz’), der im allgemeinen mit dem
dir getan, mein Volk“, JLH 13, 1968, 1-58; Wel- Meister einer Werkstatt identischist.
lesz, 359 £.; Werner, 224 £., 453.
Lit; Onasch, Ikonenmalerei, 97-99, LdK 1, 722
Indiktion, Bezeichnung fiir den Beginn des (Fleischfarbe).
orth. Kirchenjahres am 1. Sept. (lat. indictio
graeca, ‘grch.I.’}, im Gegensatz zur mittelal- Intaglio — unter Gemme
180
Kaiserkult

J K
Jakobusliturgie. Die J. wird von der kirchl. Kaiserkult. 1. Der byz. K. kniipfte an Vor-
Tradition auf den Herrnbruderu. ersten Bi- stellungstraditionen an, die man am zutref-
schof von Jerusalem zuriickgefiihrt. In fendsten wohl mit ,,Gottesgnadentum“ um-
Wirklichkeit handelt es sich um die Liturgie schreibt. Die sog. ,,Vergottung“ (grch. apo-
von Antiochien, wie sie von den byzanz- theosis) wurde im Orient selten physisch
treuen (d. h. die 4. Okumen. Synode von verstanden; sie bedeutete im Hellenismus
451 anerkennenden) Christen des Orients Anerkennung bzw. Verleihung bestimmter
(den Melkiten, von syr. malka, ‘Kaiser’, kultisch u. protokollarisch fixierter Wiirde-
‘Kénig’) einschlieBlich Jerusalems bis zum. stellungen (Uberhéhung der Person im Sinn
13. Jh. u. des Westens (Sizilien, Siiditalien, des ,,géttl Menschen“ [grch. theios aner]).
Zypern, Insel Zakynthos u. Thessalonich) Der rém. K. verlangte zwar Anerkennung
gefeiert wurde, bis sie Formulare Konstanti- durch die verschiedensten religiésen Ge-
nopels ablésten. Mit der grch. J. deckt sich meinschaften, aber nicht seine Aufnahme in
weithin die der westsyr. Monophysiten (Ja- deren Kultus. In Byzanz wurde das Verhilt-
kobiten), die das Konzil von 451 nicht aner- nis von Staat u. Kirche durch die auf keine
kannten. Der Textder grch. J. 1a8t sich vom bibl. Tradition gestiitzte Idee vom Kaiser-
9. bis zum 7/8. Jh. zuriickverfolgen. Die J.n reich als ,,Nachahmung des Reiches Gottes*
der Orthodoxen u. Jakobiten gehen auf die (grch. mimesis tes basileias tu thew) zu regeln
Liturgie Jerusalems zurtick, wie sie uns aus versucht. Diese Vorstellung wurde schlieB-
den Schriften Kyrills von Jerusalem (gest. lich von Kaiser Justinian (gest. 565) durch
387) bzw. seines Nachfolgers Johannes die rechtl. Fixierung des ,,Symphonie“-Mo-
(gest. 417) bekannt ist. Die Formulare der J. dells vollendet. Es beinhaltet, da® sich Kai-
aus dem 13. Jh. bringen die urspriinglich serstaat (grch. basileia; lat. imperium) u.
nicht vorhandenen Hymnen des Eingebore- Kirche (grch. hierosyne; lat. sacerdotium)
nen Sohnes u. den Cherubimhymnus.Die J. zum Wohle von Staat u. Gesellschaft in
ist ein Klass. Beispiel fiir den Kampf des Pa- Harmonie (grch. symphonie; lat. harmonia)
triarchen von Konstantinopel um die Vor- zueinander befinden mii&ten. Als ,,staats-
herrschaft im Orient u. in Italien im Spiegel rechtl.“ Wirklichkeit steht hinter diesem
der Liturgiegeschichte. Zu den GegenmaB- Modell die prinzipielle Konkurrenz zweier
nahmen des rém. Stubles gehérte mégli Sozietaten, die, wie z. B. im Bilderstreit (>
cherweise die Propagierung der Petruslitur- unter Bild), in offene Konilikte ausbrechen
gie, vor allem wahrend der Kreuzziige. konnte. Das Symphonie-Modell (wie es,
von wenigen Ausnahmen abgesehen, im
Lit: Baumstark, 54 ff; Brightman, XLVILI-LIV, byz. MA wirksam u. auch aufdie slav. Rei-
31-68, Dix, 175-207; Hanssens, Nr. 1498-1503, J. che von Einflu8 war) stellt eine Art von
Jedligka, Das Prager Fragment der altgeorg. J., Ubereinkunft (lat. modus vivendi) gegenii-
Archiv Orientélni 29, Praha 1961, 183-196; G.
Kretschmar, Die frhe Gesch. der JerusalemerLi- ber dem ausgesprochensituationsmilitanten
turgie, JLH 2, 1956, 22-46; Lietzmann, passim, B.- Verhaltnis von kirchl. Sozietaét u. spatrém.
Ch. Mercier, La Liturgie de Saint Jacques, Patro- Staat zur Zeit der Alten Kirche dar, wie es
logia Orientalis 26, 2, Paris 1946; H.-J.Schulz,
Handbuch Ostk.kunde II,22fF.
in der Entstehung der dltesten Feste (>
Epiphani, > Geburt Christi), im Aufkom-
men der ersten Christusbilder u. in nicht
Johannes — unter Heiligenverehrung, > wenigen Motiven der friihchristl. Ikonogra-
auch Heiligenbilder phie (— z. B. Aurum coronarium) deutlich
wird. Von daherergibt sich die Problematik
Jiingstes Gericht — Gericht, Jiingstes des byz. K.s aus seiner eigenen Struktur
heraus, die mit dem Schlagwort ,,Casaropa-
pismus“ nicht umschrieben werden kann.
Im folgenden werden die wichtigsten Ideen
u. Zeremonien des byz. K.s aufgefiihrt.
2. Die den K. tragende spatantike Zentral-
181
Kaiserkult
idee war die der ,,Menschenliebe“ (grch. groBe Orgel. Einige dieser Privilegien u.
philanthropia, vg). auch Guter > Hirte); sie Reservate wurden bereits von Konstantin
konnte mit der Botschaft des NT (Tit. 3, 4) an den Bischof, spater an den Patriarchen
verbunden werden, zu deren Nachahmung delegiert (-> auch Bischofsinsignien). Eben-
der Kaiser in den Akklamationen aufgefor- so stark war der EinfluB des K-s auf die Li-
dert wurde. Der eigentl. Souverin des Rei- turgie u. die Kunst der Alten u. der byz.
ches war Christus, der Kaiser nur sein Vi- Kirche, wobei das prinzipielle Distanzver-
kar, der Christus standig einen leeren Thron haltnis zwischen Kirche u. byz. Kaiserstaat
{— unter Hetoimasia) reserviert halten lieB. in zahlreichen situationsmilitanten Motiven
Darausfolgten die Frommigkeit (grch. euse- zum Ausdruck kam.
beia) u. die dienstfertige Demut Gott ge- 3. Dieses Distanzverhaltnis wird deutlich in
geniiber (grch. therapon theu), wie sie in der Art, wie die Kirche von mittelbyz. Zeit
zahlreichen Zeremonien durch den Kaiser an die Person des Kaisers mit ihrem Gottes-
,nachahmend“ praktiziert wurden (z. B. in dienst verband. Er muBte die Weihe zur
der FuBwaschung, in der Nachahmung des »apostol, Majestat“ aus der Hand des Patri-
Einzuges Christi in Jerusalem {> unter archen empfangen u. dabei ein selbstverfaB-
Palmsonntag] od. im Zeremoniell der Able- tes Glaubensbekenntnis vortragen. Die sa-
gung der byz. Kaiserkrone, des Kamelauchi- krale Wiirde seines Amtes gestattete ihm
ons, vor dem Kreuz). Die Ableitung kaiserl. keineswegs, ohne weiteres aktiv an der Li-
Gewalt aus der Macht Gottes kam in einer turgie teilzunehmen (er war kein ,,Priester-
Reihe von Wiirdetiteln zum Ausdruck, wie k6nig“). Vielmehr wurde die erst im Laufe
z. B. ,der von Gott Erwahlte“ (grch. theo- der Jh. ausgebaute aktive Teilnahme des
probletos), ,der von Gott Gelenkte“ (theo- Kaisers am Gottesdienst durch Ausnahme-
kybernetos), ,,der Apostelgleiche* (isaposto- regelungen (cikonomiai, > unter Kirchen-
los), ,der Neue Mose“u. a. Der Wiirdetitel recht) festgelegt, die fir den kaiserl. Laien
sheilig* konnte sich im K., von wenigen notwendig waren, z. B. durch Erhebung in
Ausnahmen abgesehen, nicht halten. Dem den Rang eines Diakons od. eines anderen
Distanzverhaltnis des Kaisers Gott u. Chri- Beamten der untersten Stufen der Bischofts-
stus gegeniiber entsprach das des Kaisers zu verwaltung. Ebenso wurde der Verkehr des
den Menschen (wiederum im Sinne der Kaisers mit dem Patriarchen innerhalb u.
»Nachahmung* des Reiches Gottes). Am auBerhalb des Gottesdienstes protokolla-
deutlichsten wird das Zeremoniell der risch genau geregelt. Der Vorraum (— Na-
»schweigezone“(grch. silention;lat. sifenti- os) der Hagia Sophia diente als Ort der Be-
um) um den Kaiser, die durch entsprechen- gegnung zwischen ihnen. Nach dem ftir die
de Hofbeamte, die Silentiarii, abgesichert Kirche siegreichen Bilderstreit (+ Bild)
wurde, wie der Kaiser selbst nur durch ei- entstand als Symbol des Symphonie-Mo-
nen ,,Wortitihrer(grch. logothetes) bei Au- dells aus dlteren Vorstellungen die der >
dienzen sprach. Auch eine Reihe von Herr- Weisheit Gottes.
schergesten, z. B. der Gestus der verhiillten
Hande (> unter Gestik), gehéren hierher. Lit: Beck, 36 £; ders., Das Byz. Jt, Miinchen
Zu den zahlreichen Ehrenrechten(Privilegi- 1978, Kap. Ili: Polit. Orthodoxie; A. Michel, Die
en) des Kaisers gehdrten u. a. das Vorantra- Kaisermacht in der Ostkirche, Darmstadt 1959; L.
gen von Licht, der Weihrauch, die Reservie- Cerfaux u. J. Tondriau, Un Concurrent du Chri-
stianisme: Le Culle des Souverains dans la Civili-
rung der Purpurfarbe bis hin zu den Purpur-
salion Gréco-Romaine, Paris 1957; Fr. Dvomik,
schuhen(lat. campagi), das Goldsiegel (das Early Christian and Byzantine Political Philoso-
Chrysobull), die feierl. Prozession (lat. pro- phy. Origins and Background, 2 Bde., Washington
cessio imperialis culminis), bestimmte For- 1966, Grabar, Empereur; H. Hunger, Reich der
men der anbetenden Unterwerfung (— Pro- Neuen Mitte, Graz, Wien, Kiln 1965, 61-107; A.
P. Kashdan, Byzanzu. scine Kultur, Berlin 19732,
skynese), der zeremonielle Ku, der Herr- Reg.: Kaiser, E. Sauser, Friihchristl. Kunst, Inns-
scherthron, das Recht auf die Aufstellung bruck, Wien, Miinchen 1966, 402-461; P. E,
seines Bildes, des Lauratons, das Tragen der Schramm (Hg.), Herrschaftszeichen u. Staatssym-
Herrscherkrone (— unter Kamelauchion), bolik, 3 Bde., Stuttgart 1954- 1956; ders, Kaiser,
KGnige u. Papste, 4 Bde. Stuttgart 1968-1971; N.
der miindl. u. schriftl. Lobpreis (> Panegy- Skabalanovit, Vizantijskoe Gosudarstvo i cerkov
tikos), bei bestimmten Zeremonien die v XI v., S. Peterburg 1884; F. Taeger, Charisma.

182
Kamelauchion
Studien zur Gesch. des antiken Herrscherkultes, 2 orgisch-orth. Kirche tragen ein niedriges,
Bde., Stuttgart 1957, O. Treitinger, Die ostrém. haubenférmiges K. Vom Bischof an auf-
Kaiser- u. Reichsidee nach ihrer Gestaltung im
hof. Zeremoniell, Bad Homburg v. d. Hihe 1969 warts wird das K. mit einem Schleier, dem
(Reprint), M. Lurker (Hg.), Wérterbuch der Sym- Epanokamelauchion, bedeckt, das auch von
bolik, Stuttgart 19832, 362-363 (Konig/Kaiser); F. jedem Ménch im Kleinen Schima getragen
Kampfer, Das russ. Herrscherbild von den Anfan- wird. In allen Fallen handelt es sich um ei-
gen bis zu Peter dem Grofen, Studien zur Ent-
wicklung Politischer Ikonographie im Byz. Kul- nen nichtliturg. Kopfbedeckung, im Gegen-
turkreis, Recklinghausen 1978; LCHI 2, 474 bis satz zur Mitra (— Bischofsinsignien).
478, LdK 3, 380-382 (Monarchen); LexMA 5, 851 Die Herkunft des K.s ist noch nicht véllig
bis 856 (Kaiser, Kaisertum); RBK 3, 722-853 (Kai- geklart. An seiner Entstehung haben so-
serbild).
wohl das liturg. Kopftuch einiger oriental.
Kirchen wie das haubenférmige Pilleum der
Kalendarium (lat. calendae, f. plur., ‘Mo- freien rém. Biirger u. bestimmter rém. Be-
natsanfang’), im rém. Ritus das offizielle amtenklassen mitgewirkt. Auch die Kopfbe-
Verzeichnis der Feste u. Heiligengedenkta- deckung des Papstes im MA wird einmal
ge im bewegl. und unbewegl. Zyklus des Camelaucum genannt. Ungeklart sind eben-
Kirchenjahres. Das dlteste K. ist der von so die Beziehungen zwischen diesem kleri-
Furius Dionysius Philocalus verfaBte ,,Chro- kalen Bekleidungsstiick u. der gleichfalls als
nograph“ von 354 (mit dem Datum der Ge- K. bezeichneten geschlossenen (Stoff-)
burt Christi am 25. Dez.). Aus dem Jahre Haubenkroneder byz. Kaiser, die mit hoher
363 stammtein antiochen. K., das uns in ei- Wahrscheinlichkeit auf iran. (sassanid.)
net syr. Fassung von 411 erhalten ist. Im Vorbilder zuriickgeht. Vom kaiserl. K. zu
byz. Ritus sind die entsprechenden grch. unterscheiden sind eine Reihe von Kronen-
Bezeichnungen Heortologion, Chronosko- formen, von denen hier die eigentl. Herr-
pia, Hagiologion, Ephemerides ungebrauch- scherkrone, das Stemma u. der dem Kaisar
lich bzw. sehr selten. An die Stelle des K.s {dem Unterherrscher, im Gegensatz zum
treten die liturg. Biicher Menaion, Triodion Basileus) zustehende Stephanos genannt
u. Synaxarion. seien. Sehr wahrscheinlich gehérten K. u.
Krone zu den delegierungsfahigen insignia-
Lit: J. S. Assemani, Kalendaria Ecclesiae Univer-
sae, 6 Bde., Rom 1750-1755; G. Garitte, Le Calen- len (od. halbinsignialen}) Gegenstinden des
drier Palestino-Géorgien, Bruxelles 1958; Hand- Kaiserkultes, die u. a. auch an Mitglieder
buch 2, 314 ff; Nilles; LChI 2, 482-490, Lak 2, der kirchl. Hierarchie verlichen werden
411-412; LexMA 5, 866-867. konnten (> auch Bischofsinsignien). Dabei
scheinen weit dltere Formenliturg. u. nicht-
Kalender > unter Zeitrechnung liturg. Kopfbedeckungen aus dem Orient
ideell aufgewertet u. duBerlich verandert
Kamee —> unter Gemme worden zu sein. Das K. als halbinsignialer
Gegenstand wird greifbar in der sog. ,,Kon-
Kamelauchion (grch., n., auch kalymmau- stantin. Schenkung“(lat. donatio Constanti-
chion, 1; russ. kamilavka,f.), zylinderformi- ni), einer Zweckfalschung des 8. Jh., in der
ge Kopfbedeckung, deren oberer Durch- der rém. Bischof von Kaiser Konstantin
messer gréRer als der untere ist. Das K. dem Groen unter anderem das Recht er-
gehért ausschlieBlich dem byz. Ritus an. Im halt, eine dem K. entsprechende weife
allgemeinen ist es bei Angehérigen des Haube zu tragen. In einer der ,,Donatio“
Ménchtums u. des hohen Klerus mit nachgebildeten Novgoroder Legende aus
schwarzem, bei der Weltgeistlichkeit mit dem 15. Jh. gelangte dieses Kleidungsstiick,
violettem Samt bezogen. Bezeichnung, das hier Klobuk (— auch Epanokamelau-
Form u. Gebrauch des K.s u. des Skuphos chion) genannt wird, nach Novgorod, um
wechseln in den einzelnen orth. Kirchen. dem Erzbischof als Sachargumentfiir seine
Die heutige hohe Form stammt aus dem 17. polit. u. kirchenpolit. Anspriiche zu dienen.
Jh., der vorstehende schmale Rand an der Unter dem Patriarchen von Moskau Nikon
Oberseite des K. bei Griechen, Bulgaren u. (gest. 1681) wurde (wenn auch nur voriiber-
Rumianen aus dem 19. Jh. Der Patriarch der gehend) ausder urspriinglich vom rém.Kai-
russ. orth. Kirche u. der Katholikos der ge- ser delegierten klerikalen Insignie des
183
Kamulianum
weifen K.s ein Konkurrenzsymbol gegen- kal. Struktur dagegen stellt der K. eine
uber der Zarengewalt. Neuschépfung dar. K.ist letzten Ende ein
Hilfsbegriff, da die einzelne Ode urspriing-
Lit: A. Alféldi, Insignien u. Tracht der rém. Kai- lich einen eigenen Textverband mit eigener
ser, Mitt. d. DAI, rém. Abt, 50, Miinchen 1935, 1
bis 171; J. Deér, Der Ursprung der Kaisetkrone,
Melodie darstellte. Demnach besitzt der K.
Schweizer Beitr. zur allg. Gesch. 8, Aarau 1950, 51 folgenden Aufbau:
bis 87; N. K. Gudzij, Gesch. deraltruss. Lit., Halle Ode I
(Saale) 1959, 353 ff. (zur Novgoroder WeiSen Erstes Troparion (Hirmos)
Mitra); Th. Klauser, Der Ursprung der bischdfl.
Insignien u. Ehrenrechte, Krefeld 19532, 22 u.
Zweites Troparion
Anm. 44; E. Piltz, K. et Mitra. Insignies Byzantins Drittes Troparion
Impériaux et ecclésiastiques, Uppsala 1977; M. (Ode 11]
Restle, Die Entstehung des K., Actes XIle Congr. Ode III
Intern. Etudes Byz. Ochride 10-16. Sept. 1961, 2.
Bd., Belgrad 1964; 555-558; ders., Die Miniaturen
des Codex Vindob. Hist. Gr. 53, Beitr. zur Kunst Ode IX
des Christl. Ostens. 1. Studiensammlung, Reck- Bei Oden zu Ehren eines Heiligen (> unter
linghausen 1965, 102 f£, Anm. 5-12; P. EB. Heiligenverehrung) wird den Troparien
Schramm, Herrschaftszeichen u. Staatssymbolik, 3
Bde., Stuttgart 1954-1956, Reg.: K.; O. Treitinger,
noch ein Gottesmutterhymnus (— Theoto-
die ostrém. Kaiser- u. Reichsidee nach ihrer Ge- kion) hinzugefiigt. An der Spitze des K-s
staltung im h6f. Zeremoniell, Bad Homburg v. d. steht cine Akrostichis. An Festtagen wer-
Hohe 1969, Reg.: K. Stemma, Stephanon; Para- den die Strophen (Troparien) mehrmals,
menteu.liturg. Biicher, Miinchen/New York/Lon-
don/Paris 1982 (Kalimauchion), LChI 4, 313 bis
der Hirmosim allgemeinen zweimal wieder-
315 (Tiara); RBK3, 387-397. — S. auch Lit. zu Bi- holt. Nach jeder Odetreten die beiden Teile
schofsinsignien. des Chores von der Solea herunteru. verei-
nigen sich, um nochmals den Hirmoszu sin-
Kamulianum —> unter Acheiropoietos gen. Von dem Heruntertreten fiihrt diese
Handlung die grch. Bezeichnung_,,kata-
Kanon (grch., m., ‘Richtschnur’, ‘Vor- basia“ (russ. katavasija). SchlieBlich wird
schrift’; russ. Kanon, m., kanun, m.), 1, nach nach jeder Ode eine Strophe stereotyp wie-
dem Kontakion die zweite u. letzte Hoch- derholt, die den Festinhalt zum Ausdruck
form det byz. Kirchendichtung. Die Grund- bringt. Diesem Troparion schlieft sich eine
einheit des K.s, der im Morgengottesdienst Kleine > Ektenie an. Zum komplizierten
gesungen wird, ist die aus 3 Troparien be- Aufbau des Fest-K.s — Kanon, Goldener.
stehende Ode. Das erste Troparion jeder Der K.liste im 7. Jh., der Epoche grofer
Odebildet die Leitstrophe, den — Hirmos. innerer u. 4uBerer Reformen der byz. Kir-
Dervoll entwickelte K. besteht aus 9 Oden, che, das Kontakion ab. Wahrend anfangs
in der GroSen — Fastenzeit werden sie auf der K. nur zu den Fastenzeiten, zu Ostern u.
3 reduziert (Triodion). Die zweite Odefallt zu Pfingsten gesungen wurde, beherrschte
im K. fort, wird aber mitgezihlt (> auch er bald den Gottesdienst des ganzen Kir-
Oden). Nach der sechsten Ode wird ein chenjahres, dessen Festinhalte er in seine
Kontakion u. danach ein Festlobpreis (= Themen genauso aufnahm wie die Heiligen-
Synaxarion) eingeschaltet, nach der dritten verehrung. Ebenso entstanden auch eine
ein Kurzhymnus (> Hypakoe) bzw. ein Reihe von Spezial-K.es, wie z. B. zur Feier
poet. Kathisma. Der K.stellt mit seinen 9 des Begribnisses. Er tibernahm die dramat.-
Oden(s. unten) poet. Paraphrasen auf die 9 rhetor. Elemente (wie z. B. den Dialog) sei-
bibl. Cantica (= Oden) dar, die er zundchst nes Vorgangers, reicherte sie aber durch ab-
mit nichtbibl. Kurzhymnen (Troparien) strakte u. bildhafte Symbole u. Wendungen
durchsetzte, um sie schlieBlich im Morgen- an, die ihrerseits Méglichkeiten der My-
gottesdienst ganz zu ersetzen. Damit ist er stagogie schufen. Dadurch, daR im Gegen-
ein Klass. Beispiel der byz. Kultusdsthetik. satz zum Kontakion jede der 9 Oden des
Die enge themat. Bindung der nichtbibli- Ks ihren eigenen Hirmosbesitzt, erreicht
schen an die bibl. Oden findet sich noch mit der K. in seiner metr. u. melod, Struktur ei-
grofer Deutlichkeit bei den Arbeiten der ne gréRere Abwechslung. Andererseits ar-
ersten Meloden (s. u.), wahrend sie spiiter tete dies zu cinem immer ornamentaleren
oft verwischt wurde. In seiner poet. u. musi- Stil, zu Wortspielereien u. zu den dem Pan-
184
Kanon, Goldener
epyrikos entlichenen Vergleichstibertrei- Kanony, BoTr 22, Moskau 1981, 116-138; MGG 7,
bungen aus. Sehr kunstvolle poetisch-musi- 514-515; LexMA 5, 246-248 (Hymnen,II). - S.
auch Lit. zu Kirchendichtung, Kirchenmusik,
kal. Gebilde stellen die Doppel-K.es dar, Oden.
die vor allem an den groBen Festtagen vor-
getragen werden. Wie das Kontakion hat
auch derK., vor allem der der groBen Feste, Kanon, Goldener, in der Forschung iibl. Be-
auf die Ikonographie der byz.-slav. Kunst zeichnung fiir das Osterlied der Ostkirche,
eingewirkt. das zur Gattung des — Kanons gehért. Es
Die erste Bliitezeit erlebte der K. in den wurde von Johannes von Damaskus (gest.
Schépfungen des Johannes Damascenus um 750) verfait u. ist eine der frithesten
(gest. um 750) u. des Andreas von Kreta Schépfungen des Kanons. An ihm kann
(gest. 740). Von dem ersteren stammt der man die themat. Entsprechung der 9 bibli-
Goldene -» Kanon, vom zweiten der GroBe schen zu den 9 poet. Oden studieren (z. B.
— Kanon, die zu den grofen Leistungen erste Ode: 1. Mose 15 als Siegeslied des
dieser Liedgattung gehéren. Zu den bedeu- Auferstandenen).
tenden Meloden dieser Zeit ist noch Kos- DerG.K.hat folgenden Aufbau:
mas von Majum (nach der Legende ein Ad- Odel
optivbruder des Damaszeners), zu zahlen, Erstes Troparion (Hirmos)
dessen Dichtungen z. T. allerdings wohl sei- Refrain (grch. ephymnion; russ. pripev):
nem gleichnamigen, aus Sizilien stammen- »Christus ist auferstanden von den Toten,
den Lehrer zuzuschreiben sind. In der Epo- er hat den Tod durch den Tod untergetre-
che des Bilderstreites (> unter Bild) wurde ten, u. denen in den Gribern gab er das Le-
wieder das Kontakion bevorzugt, die Ver- ben.“
fasser von K.es wurden z. T. verfolgt. Von Zweites Troparion
ihnen sind zu nennen Theodoros vom Stu- Refrain
dioskloster (gest. 826) u. die mit schlechten Drittes Troparion
Troparien auf der Stirn gebrandmarkten Katabasia (= Hirmos)
Briider Theophanes u. Theodoros Graptoi Refrain (3mal)
(gest. 842, 846): Aus der nachikonoklast. Troparion:,,Jesus, sich aus dem Grabe er-
Zeit sollen wenigstens genannt werden: die hebend, wie er vorhergesagt, hat uns das
Nonne Kassia (Kassiane, Eikasia, geb. um ewige Leben u. seine groBe Gnade gege-
810) u. Johannes Mauropos(gest. Ende des ben,“ (Wird jedesmal dem Refrain hinzuge-
11. Jh.). Im Laufe der Zeit schwoll die Zahl fiigt.)
der K.-Dichtungen so stark an, daB Neu- Ode TIL
dichtungen untersagt werden mufiten. Das Erstes Troparion (Hirmos)
Ende des K.s hingt eng mit der Spatent- Refrain
wicklung der Kirchenmusik in Griechenland Zweites Troparion
u. in RuBland zusammen. Refrain
2. Zum eucharist. K. > Anaphora; — 3. K. Drittes Troparion
als kirchl. Gesetz > Kirchenrecht. - 4. > Katabasia
auch K.-Tafeln. Refrain (3mal)
Texte: s. Anhang Nr. 16; 17. Troparion
Kleine Ektenie
Lit: Anthologia Graeca, XXXV f., LXII £, 147
Hypakoe (Gesang der Myron tragenden
bis 257; S. S. Averincev, Poétika Rannevizantij- Frauen)
skoj Literatury, Moskau 1977, 103 f., Beck, 265 f.,
485, 500 £., 572, 703, 711 u. Reg.: K., Bogosluzeb- Ode VI
nye Kanony na Gregeskom, Slavjanskom i Russ-
Erstes Troparion (Hirmos)
kom Jazykach, 1 ff., S. Peterburg 1855, Palikarova
~ Verdeil, Reg.: Canon; M. M. Velimirovié, By- Refrain.
zantine Elements in Early Slavic Chant, Kopenha- Zweites Troparion
gen 1966, 38-52 (= MMB, Subs. IV); Wellesz., 198 Refrain
bis 239 u. Reg: K.; Werner, Reg.: K.; Joh. v. Drittes Troparion
Gardner, Gesang der russ.-orth.Kirche bis zur
Mitte des 17.Jh.,Wiesbaden 1983, Reg.; Monach- Katabasia
inja Ignatija,Prepodobnyj Kosma Maiumskij i ego Refrain (3mal)
185
Kanon, Grofer
Troparion Aussage. Aus diesem Grundeist der G. K.
Kleine Ektenie in mehrere Abschnitte fir die einzelnen
Kontakion des Romanosmit Oikos I Wochentage aufgeteilt. Sie werden jeweils
Synaxarion mit einem Dreieinigkeits- u. einem Gottes-
mutterhymnus (— Triadikon, —» Theotoki-
Ode IX on) abgeschlossen.
Erstes Megalynarion Text: s. Anhang Nr.22.
Erstes Troparion (Hitmos)
Zweites Megalynarion Lit: Anthologia Graeca, XLII, 147-161; Beck,
500-502; I. Iljine, Le Mystére de la Pénitenceet le
Hirmos Grand Canon de Saint André de Créte, Messager
{Es folgen 10 Megalynarien im Wechsel mit 6, 1951, 8-16; Kirchhoff — Schollmeyer 1,1, 176 bis
Troparien.) 250; A. Maltzew, Andachtsbuch, Berlin 1895, 176
bis 277, Wellesz, 204 f., 232 f; O,Clément,Notes
sur le Grand Canon de S.André de Créte, Con-
Zehntes Megalynarion tacts 32, 1980, 206-234, 294-330.
Katabasia (= Hirmos)
Kleine Ektenie
Kanonisation > Heiligsprechung
Exaposteilarion (— unter Auferstehungs- u.
Morgenevangelien)
Bei aller Kiihnheit der Vorstellungen,die z. Kanonisches Recht, Kanonistik — unter
T. aus den Apokryphen geschépftsind,halt Kirchenrecht
sich der in jamb. Trimetern gedichtete
Hymnus eng an das NT. Manche Motive Kanontafeln, cine von Euseb von Cisarea
entnahm Johannes Damascenus, ein groBer (gest. 339) erdachte sinnreiche Zusammen-
Verteidiger der Bilder u. einer der bedeu- stellung themengleicher Abschnitte des NT
tendsten Meloden, der Kirchendichtung (Konkordanz) mit kimstler. Aus-
Melitos’ von Sardes (gest. um 180) u. schmiickung. Die Technik der Konkordanz
Ephrems des Syrers (gest. 373). Innerhalb besteht in folgendem: Die cinzelnen, mit
der Geschichte der byz. Kirchenmusik Ordnungszahlen versehenen Abschnitte
gehéren die frithesten Zeugnisse dieses werden in Sektionen, diese wiederum in 10
Hymnus in die Zeit der ltesten byz. > Kanoneseingeteilt; der Kanon enthalt das
Notationen des 9./10. Jh. Eigengut von Matth., Mark., Luk. u. Joh.
Text: s. Anhang Nr. 18, Die kiinstler. Ausschmiickung der K. hat
folgendes Grundschema: Die 4 den 4 Evan-
Lit: Anthologia Graeca, XLIV-VH, 218-221; gelien entsprechenden Zahlenreihen det
Beck, 485; Heilige Gesange, 102-111; E. Jammers, Sektionen werden in die Zwischenréume
Der Kanon des Johannes Damascenus fiir den von Saulen eingetragen; diese Saulen sind
Ostersonntag, Polychronion. Fs. Fr. Délger zum durch halbkreisférmige Bogen verbunden,
70. Geburtstag, Heidelberg 1966, 266-286; Kirch-
hoff ~ Scholimeyer?, 19-23, Wellesz, 206-222, 264 die ihrerseits nochmals von einem Halbbo-
£, 3261 gen zusammengefaBt werden. Den Bibelil-
lustrationen des NT vorangestellt, bilden
Kanon, GroBer (grch. megas kanon; russ. diese Ausschmiickungen gewissermaen
velikij kanon), ein Kirchenlied der Ostkir- das Eingangstor zum Versténdnis u. zum
che, der Gattung des Kanons angehérend. prakt. Gebrauch des NT. Dartiber hinaus
Es wurde vom Metropoliten von Kreta betonen die K., wahrscheinlich schon bei
Andreas (gest. 740) verfaBt und besteht aus Euseb, die Einheit des NT gegeniiber Be-
250 Troparien. Der G. K.ist cin BuBlied; strebungen, diese Einheit aufzulésen. Aus-
nach jeder Strophe sind 3 Kniefalle (Meta- fiihrungu. Stil der K. richten sich nach ihren
nien, > unter Proskynese) vorgeschrieben. Herkunftsgebieten u. den verschiedenen
DerG.K. wird wihrend der GroBen — Fa- Entwicklungsphasen der byz.-slav. Kunstge-
stenzeit im Nachtgottesdienst gesungen u. schichte. Die altesten K. finden wir im Ra-
vor allem vom Ménchtum streng eingehal- bulaskodex von 586.
ten. Die groBe Zahl von Strophen u. die
Lit: C. Nordenfalk, Die spdtantiken K., 2 Bde.,
Fille aneinandergereihter Bildvorstellun- Goteborg 1938; Lazarev, Reg.: Kanony; L. I.
gen beeintrachtigen die Unmittelbarkeit der Ringbom, Paradisus Terrestris, Helsingfors 1958,
186
Karfreitag
LdK 2, 530 (K.-Schmuck)}, LexMA 5, 908-909; 2. Das anderte sich im 4. Jh. nach der Kreu-
RBK3, 927-968. zesvision Konstantins an der Milv. Briicke
(312) u. der legendaren (?), Ende des 4. Jh.
Karfreitag (von ahd. kara, Trauer’, ‘Klage’, iiberall bekannten Kreuzauffindung in Jeru-
grch. hagia kai megale paraskeue, ‘hl. u. salem durch die Kaisermutter Helena, die
groBer Riisttag’; russ. sirasinaja pjatnica, den bisher fehlenden Kreuzkultus begriin-
‘Leidensfreitag’; lat. friiher: feria VI in pa- dete. Die Bauten Konstantins am hl. Grabe
rasceve, ‘sechster Tag der Woche zur Rii- (> Kirchenbau, — Martyrion) schufen
ste’, heute: feria VI in Passione et Morte Do- schlieBlich eine Kultstatte, die von der ge-
mini, ‘sechster Tag der Woche zum Leiden samten Okumene der Spatantike besucht
u. zum Tode des Herrn’). wurde. Die gall. Pilgerin Egeria hat einen
1. Das NT hat 2 Daten der Kreuzigung Bericht von den K-.s-Feierlichkeiten im Je-
Christi iiberliefert; (a) Nach den Synopti- tusalem des 4. Jh. verfaBt. Diese begannen
kern (Matth. 26, 17-29 u. Parallelen) ist in der Nacht vom Griindonnerstag auf den
Christus am 15, Nisan (dem jiid. Friihlings- Karfreitag mit einer Prozession in der er-
monat, Miarz-April), dem spiiteren,,K.“, ge- sten Nachtstunde von der Olbergkircheaus.
kreuzigt worden, nachdem er mit seinen Bei den einzelnen Stationsgottesdiensten
Jiingern in der Nacht vom 14. auf den 15. wurden Hymnen gesungen, u. es wurde aus
Nisan (dem spateren_ ,,Griindonnerstag* den Evangelien vorgelesen. Bei Morgen-
Abend) das Passa-~ bzw. das erste Abend- grauen in Jerusalem angelangt, ging das
mahl (> Eucharistie, + Liturgie) gefeiert Volk nach Hause, um zu ruhen. Danach
hatte. - (b) Nach Joh. 18, 28 f£. u. 19, 14 wur- wurde der aufwendige Ritus der Verehrung
de Christus am ,,Riisttag vor Passa“, d. h. des in einer silbernen Staurothek aufbe-
am 14. Nisan, von Pilatus verurteilt u. wahrten ,,Holzes des hl. Kreuzes“ (grch.
anschlieBend hingerichtet. Die Abend- xylon tu hagiu stauru; lat. lignum sanctae
mahlsfeier fand danach in der Nacht vom erucis) abgehalten (> auch Kreuzanbe-
13. zum 14. Nisan statt, wihrend in der tung). Hieran schlo8 sich von der sechsten
Nachtwache vom 14. zum 15. Nisan die Vor- bis zur neunten Stunde eine Lese-, Gebets-
feier von ,,Ostern“ (dort weiteres) gehalten u. Gesangsversammlung an, die mit Joh. 19
wurde. Es gab im 1./3. Jh. in Palastina, Syri- abgeschlossen wurde(vel. die 2. Ubersicht).
en u. Kleinasien sehr viele Gemeinden, die Dieser Verlauf ist wahrscheinlich vom Jeru-
sich nach der johanneischen Tradition rich- salemer Bischof Kyrillos (gest. 386) ausge-
teten u. deshalb ,,Quartadezimaner“ (von arbeitet worden. Liturgie wurde nicht gehal-
lat. die quarta decima, ‘am 14. Tage’) ge- ten. Aus dem Kern dieser Veranstaltungen,
nannt wurden.Ihre theolog. Auffassung von der Anbetung des Kreuzes (lat. adoratio
den Beziehungen zwischen Kreuzigung u. crucis), haben sich im Osten u. im Westen
Auferstehung Christi gehéren zweifellos verschiedene Festformen fiir den K. ent-
noch in die Zeit der ,,Urgemeinde“ u. diir- wickelt.
fen heute allgemeine Aufmerksamkeit be- 3. Rom u. der Westen. Rom,dasals derli-
anspruchen. Wahtscheinlich verstanden sie turg. ,,Vorort* Jerusalems auch eine Krip-
wie Johannes u. Paulus das K.s-Geschehen penreliquie besaB (> Geburt Christi), iiber-
gerade in der Konkurrenz zur Synagoge als fiihrte eine Kreuzpartikel von Jerusalem u.
verborgenen Triumph des immer schon ge- deponierte sie in der (wohl schon von Kon-
genwirtigen u. erhéhten Christus (vgl. Joh. stantin aus einem Saal umgebauten) Kirche
3, 14 [zu Joh. 19, 34 > Kreuzigung Christi}; Hierusalem in Sessoriano (heute S. Croce
1. Kor. 1, 18 £; Eph. 2, 16 £; Phil. 2, 5-10). Gerusalemme), so da8 auch hier die Adora-
Diefriihe Christenheit der ersten Jh. kannte tio crucis gehalten werden konnte. An diese
wohlfiir den K. keine gottesdienstl. Hand- schlossen sich Lesungen u. Psalmodien an.
Tungen. Nach einem Brief des Papstes Innozenz I.
Ebensowenig war der Kirche bis zu ihrer (gest. 417) ist der K. nach dem Vorbild der
Legalisierung durch Kaiser Konstantin eine Apostel still, in Trauer u. Fasten zu verbrin-
Kreuzreliquie (> Kreuz) bekannt, an die gen. Vom 12. Jh. ab wurde in Rom am K.ei-
sich dann ein Kultus in Verbindung mit dem ne MeBfeier gehalten, die an die byz. Litur-
K.hatte anschlieBen kénnen. gie der vorgeweihten Gabenerinnert. (Erst
187
Karfreitag

Gottesdienstliche Feiern zu Karfreitag und Ostern


Synagoge Synoptiker Johannes- Quartade-
evangelium zimaner

13, Nisan Abend:


sessevarsninieseene ‘Abendinabl

Mittag: Be-
ginn der
Schlachtung
14, Nisan der Lammer Nachmittag:
im Tempel Kreuzigung
[<i]
»Abend- Abend: »Abend-
licht*: Beerdigung licht*:
Hausliche Passafeier
Passafeier
Mitternacht
‘) Nacht vom
14. zum 15. 3 Uhr:
Nisan: Fastenende,
Abendmahi Agapeund
Eucharistie
15. Nisan Nachmittag:
Kreuzigung
Christi

Abend:
Beerdigung

in jiingster Zeit gibt es Bemilhungen, den K. nach dem Verlust Jerusalems an die Araber
als aliturg. Tag zu restituieren.) Unter dem (638). Es ist mdglich, daB die Kirche die
Einflu8 der gall. Liturgieprovinz,die seit al- Adoratio aus den K.s-Feierlichkeiten auch
ters enge Kontakte zum Orient pflegte, deshalb verdrangte, weil die Kaiser im Bil-
wurde im 7. Jh. in Rom die urspriinglich dersturm (-» unter Bild) die Kreuzvereh-
schlichte Adoratio crucis zu einem dramat. rung betont férderten. Daftir wurde spater
Geschehen gestaltet. Zu den aus Byzanz der Sonntag der Kreuzverehrung eingesetzt.
tibernommenen Stiicken gehéren der Drei- Erst in spatbyz. Zeit entstand das ein-
einigkeitshymnus (— Trishagion) als Intro- drucksvolle Zeremoniell des Leichentuches
itus zur Adoratio crucis u. das Kernmodell Christi (= Epitaphios). Aus den obener-
der Improperien, der Klagehymnen des ge- wahnten Altjerusalemer Stationsgottesdien-
kreuzigten Christus. sten entwickelte sich die Akoluthia der hl.
4. Byzanz u. der Osten. Dashl. Kreuzin Je- Leiden mit ihren 12 Evangelienlesungen.
tusalem kam voriibergehend im 7. Jh. an die Das urspriingl. Psalmgebet wurde ersetzt
Perser und ging endgiiltig im Arabersturm durch 15 poet. Antiphone mit dramat. Wen-
verloren. Obwoh! es auch in Konstantinopel dungen, die an die rém. Improperien erin-
Kreuzpartikel gegeben hat (noch fiir die ner. Nachklinge an die Nachtprozession
Mitte des 6. Jh. ist eine Adoratio crucis fiir im 4-7, Jh. in Jerusalem zeigt noch das K.s-
den Kaiserhof u. den Klerus am Donners- Triodion des Syrers Kosmas aus dem 8. Jh.
tag, Freitag u. Samstag der Karwoche be- Das Synaxarion verarbeitet Gedankengut
zeugt), verschwindet dieser Ritus endgiiltig det Apokryphen iiber Adam u. Eva u. den
188
Karfreitag

Tradition und Aufbau des Karfreitags


Jerusalem Rom Konstantinopel

Nachtliche Stationsgot- Akoluthia der


tesdienste auf dem Ol- heiligen Leiden
berg u. in Gethsemane,
Hymnen, Evangelium-
Lesungen

Kreuzverehrung Adoratio crucis Kreuzverehrung


bis Mitte des bis Mitte des
7. Jahrhunderts 7. Jahrhunderts

3stiindiger Versamm- Lesegottesdienst: GroBe Horen


lungsgottesdienst, Pro- Hos. 6
pheten-, Evangelien- Hab.3
und Apostellesungen, 2. Mose 12
AbschluB: Joh. 19 (Jes. 53,
Gallien) Abschlub in der
Joh. 19 Non: Joh. 19

Vesper-Vigil
Epitaphios ~<_l—

christl. Mythos vom Kreuzesholz. Aus dem Einheit bilden, das Triduum sacrum (lat.,
dreistiindigen Lese-, Gesangs- u. Gebets- ‘hi. Dreitag’, auch Karwoche).
gottesdienst in Jerusalem sind die Groen 5. Zur [konographie des K.s — unter Gra-
— Horen hervorgegangen. Die Lesungen blegung Christi u. Beweinung, > Kreuzan-
zum Abendgottesdienst des K.s sind: 2. betung, > Kreuzerhéhung, — Kreuzigung
Mose 33,11-23; Hiob 42 mit Epilog; Jes. 52, Christi. — Text: s. Anhang Nr. 15; 20, 1; 27.
13-54, 1; 1. Kor. 1, 18-2,2; Matth. 27, 1-38).
In auBerster Gedankenkonzentration u. in Lit: Aranca, ,,Christos Anesti*. Osterbriuche im
oft kiihnen Wendungen u. Dialogen wird heutigen Griechenland, Ziirich 1968, 190-212;
Baumstark, 100 f., 141-147, 170 f. u. Reg.: Good
das K.s-Geschehen in den Hymnenchristo- Friday; Beck, Reg.: K.; Bludau, 138-146; J. Dal-
logisch, inkarnationstheologisch, mariolo- mais, Le Triduum Sacrum dansla Liturgie Byzan-
gisch u. ekklesiologisch entfaltet. Dabei fin- tinc, Maison-Dieu 41, Paris 1955, 118-127; G. Del-
ling, Der Kreuzestod Jesu in der christl. Verkiin-
det keine Einengungauf K.selbst statt, son- digung, Berlin 1971; Fendt, Reg.: K.; Handbuch 2,
dern die Einheit von K. u. Ostern wird im- 236 £.; W. Huber, Passa u. Ostern, Berlin 1969;
mer wieder hervorgehoben. Man hat des- Kellner, 55 ££; Kirchhoff — Schollmeyer241, 399 bis
429, Kétting, Reg.; B. Lohse, Das Passafest der
halb auch von einem ,,Doppelpascha“ ge- Quartadezimaner, Giitersloh 1954; Maltzew4, 434
sprochen, dem ,,Kreuzespascha“ (grch. bis 542; G. A. Megas, Greek Calendar Customs,
pascha staurosimon) u. dem _,,Auferste- Athen 19632, 88 ff.; Nilles 2, 236-256; La Priére
hungspascha“ (grch. pascha anastasimon). 2,2, 167-216, G. Romer, Die Liturgie des K.s,
ZKTh 77, 1955, 39-93; A. Riicker, Die Adoratio
Die alte, auf Jerusalem zuriickgehende Tra- Crucis am K., Miscellanea Miihlberg, 1. Bd., Rom
dition la8t K., Karsamstag u. Ostern eine 1948, 357-406; G. Schreiber, Die Wochentage im

189
Karsamstag
Erlebnis der Ostkirche u. des christlichen Abend- Fastenzeit, den Triodion genannten Ab-
landes, K6In u. Opladen 1959, 168-206; A. Stro- schnitt des Kirchenjahres (= auch Okto-
bel, Ursprung u. Gesch. des friihchristl. Oster-
kalenders, Berlin 1977, 17-69 (Quartadezimaner),
echos), ab. - Zur Ikonographie des K.s >
R. Zerfass, Die Schriftlesung im Kathedraloffizi- Grablegung Christi u. Beweinung.
um Jerusalems, Minster (Westf.) 1968, Reg.: K.; Text: s. Anhang Nr. 5, 3.
Handbuch Ostk.kunde II, 80-82 (H.J.Schulz);
LexMA 5, 954. — S. auch Lit. zu Karsamstag, Kar-
Lit: Bludau, 146-150; Fendt, Reg.: K.; Kellner, 64
woche, Oster. f.; Nilles 2, 256-277, H. Vorgrimmler, Vorfragen
zur Theologie des K.s, B. Fischer — J. Wagner,
Paschatis Sollemnia. Festgabe fiir J. A. Jungmann
Karsamstag (von ahd. kara, Trauer’, ‘Kla- zum 70. Geburtstag, Basel-Freiburg-Wien 1959,
ge’; grch. hagia kai megale sabbaton, ‘hl. u. 13-22; Handbuch Ostk-kunde II,82-83 (H. J.
groBer Sabbat’; russ. svjataja i velikaja sub- Schulz).
hota, ebenso; lat. sabbatum sanctum, ‘hl.
Sabbat’). Der K. trug in der Urgemeinde Karwoche (von ahd. kara, ‘Trauer’, ‘Klage’;
den CharakterderStille u. Zuriickgezogen- gich. hagia kai megale hebdomas, ‘hl. u.
heit (vgl. Luk. 23, 55-56). Im 4./5. Jh. diente groBe Woche’; russ. svjatajai velikaja sedmi-
er in Jerusalem der inneren u. 4u8eren Vor- ca, ebenso;lat. hebdomada sancta, ‘hl. Wo-
bereitung auf die ausgedehnten u. anstren- che’, septimana maior, ‘gro&e Woche’).
genden Nachtfeiern zu Ostern. Im Morgen- 1. In der frihen Christenheit stellte jede
gottesdienst kam als Lokaltradition Matth. Woche ein Abbild der K. dar (— auch Ok-
27, 62-66 zur Verlesung. Erst viel spater toechos). Bereits im Kirchenrecht des 3. Jh.
wurde in Byzanz unter Absingen des Lob- wurden die wéchentl. Fastentage Mittwoch
gesanges, der GroBen > Doxologie, u. des u. Freitag mit dem Verrat des Judas u. dem
Hymmnusauf den dreieinigen Gott (— Tris- Kreuzestod Christi am Karfreitag in Ver-
hagion) sowie unter Trauergeléut der bindung gebracht. Vorallem die prakt. Fra-
Glocken das Leichentuch Christi, der Epita- ge der Aufnahme der Katechumenenin die
phios,feierlich von einem Postament, dem Gemeinde, die zum Ostertermin erfolgte,
»Grab Christi“ (auf dem er zu Karfreitag stellte den Klerus von Jerusalem vor die
niedergelegt worden war), durch das Kir- Aufgabe, die letzte Woche der GroBen >
chenschiff und wieder zuriickgetragen (> Fastenzeit entsprechend auszugestalten. Die
auch Ostern). Gesungen wird, unter Ablé- offizielle Offnung der Stadt fiir die Christen
sung des Triodions der Fastenzeit, wieder durch Kaiser Konstantin (gest. 337) forderte
ein Neunodenkanon. Er besteht aus 2 Tei- den aufbliihenden Kultus der hi. Statten, die
len, Ode 1-5 von einem gewissen Markos (9. dem Gedichtnis des Leidens, Sterbens u.
Jh.?), Ode 6-9 von Kosmas von Majum (8. Auferstehens Christi geweiht waren (>
Jh.), letztere bilden einen Vierodenkanon auch Kirchenbau, — Martyrion). Sehr
(Tetraodion). Die Leitstrophen (— Hirmos) wahrscheinlich hat Kyrillos, Bischof von Je-
stammen von der Nonne Kassia (9. Jh.). Ei- tusalem im 4. Jh. (gest. 386), die liturg. Aus-
ne typisch byz. Eigenartist die poetische, im gestaltung der K. in Verbindung mit den
AnschluB an Ps, 119 (— auch Amomos) re- Stationsgottesdiensten an den hl. Statten
zitierte Reihe von Strophen (— Troparien), entscheidend vorangetrieben. Ende des 4.
die in 3 Abschnitte (grch. staseis) eingeteilt Jh. gab die Pilgerin Egeria cine ausftihrl.
sind, Als Lobpreis auf Christus zahlen sie zu Schilderung der K. in Jerusalem. Gedank-
den Enkomien. Abgeschlossen wird diese lich wurde u. wird sie schon mit dem La-
Reihe durch die Troparien zur Auferste- zarussamstag priludiert; ihr eigentl. Beginn
hung Christi (> Eulogetaria [anastasima)), sind die groRen Feierlichkeiten des Palm-
die hier zum erstenmal erklingen u. auf die sonntages. An den 3 ersten Tagen, Montag,
salbentragenden Frauen (grch. myrophorai; Dienstag u. Mittwoch, wurden Prozessionen
— auch Auferstehung Christi) hinweisen. innerhalb der Kirchen am hl. Grabe, der
So kann der K.als leiser, aber deutl. Hin- Anastasis u. dem Martyrium (> auch zum
weis auf Ostern verstanden werden. Mit folgenden Kirchenbau, —> Martyrion) u- zu
Karfreitag vu. Ostern gehdért. er seit alters den Olbergkirchen abgehalten. Die Sta-
zum ,,hl. Dreitag“ (lat. riduum sacrum, > tionsgottesdienste hatten den tbl. Aufbau
auch Karwoche) u. schlieBt die GroBe > mit Hymnen, Antiphonen, Gebeten, Lesun-
190
Katakomben
gen u. deren Austegung. Am Dienstag las Ihnen geht eine Bahnlese aus 2. Mose vor-
der Bischof in der Otberghéhle unter der aus. Nach dem Halleluja des Morgengottes-
Eleona Matth. 24, 4-25, 26. Am Mittwoch dienstes nimmt ein Kurzvers (Troparion)
gedachte die Gemeinde in der Héhle unter das Thema der klugen u. térichten Jung-
der Anastasis- Kirche des Verrates des Ju- frauen, die den Briutigam erwarten, aus
das, indem ein Priester, begleitet von lauten Matth. 25, 1-13 auf, weshalb er auch als
Kundgebungen des Abscheus durch die Ge- Akoluthia des Brautigams (grch. akoluthia
meinde, die entsprechende Perikope aus tu nymphiu) bezeichnet wird. Von der
Matth. 26 verlas. Wie nicht wenige andere Nacht des Dienstages auf den Mittwoch an
Lokaltraditionen ist auch diese Sitte spater wird das Fasten zur Xerophagie (grch. xero-
von den byz. Hymnen der K. reflektiert Phagia, Essen nur trockener Speisen, im
worden. Zu diesen Gebrauchen des alten Kloster Brot u. Wasser) verschirft.
Jerusalems wahrend der K. gehdrte auch 3. In der Alten Kirche bildete die K. bereits
die Verlesung der Leidensgeschichte Christi eine liturgisch eigenstindige GréBe,die sich
aus den 4 Evangelien, die uns aus anderen deutlich von der tibrigen GroBen Fastenzeit
u. etwas spiteren Quellen bekannt ist, Sehr abhebt. Karfreitag, Karsamstag und Ostern
wahrscheinlich fandsie an den betreffenden wurden ihrerseits zum sog. ,,hl. Dreitag“
Leidensstationen statt u. ftihrte schlieBlich (lat. iriduum sacrum) zusammengefaB8t;
in Byzanz zur Ausbildung eines eigenen, Ostern zwar schon auBerhalb der Karwoche
ausgedehnten Offiziums, der Akoluthia der stehend, daftir aber Héhepunkt u. AbschluB
hl. Leiden Christi. Danach folgten die um- des im Opfertod Christi begriindeten Heils-
fangreichen Feierlichkeiten am Griindon- geschehens. Nachdem die ésterl. Nachtwa-
nerstag, Karfreitag u. Karsamstag (s. dort). che mehr dem Karsamstag zugezdhlt wurde,
2. Die K. der Ostkirche ist eine konsequen- erklarte die kath. Kirche Griindonnerstag,
te Weiterentwicklung der K. des alten Jeru- Karfreitag u. Karsamstag zum Triduum
salems. Montag, Dienstag u. Mittwoch sind sacrum. Heute hat sie sich wieder den alten
durch Nachtgottesdienste ausgezeichnet,die Traditionen angeschlossen. — Zur Ikonogra-
jeweils zum Vortag gehéren; in ihnen wer- phie der K. — unter Passionszyklus.
den die Triodien des Andreas yon Kreta
(gest. 710) vorgetragen, wahrend die Mor- Lit: Baumstark, 149-155; U. Bjérkman, Stilla
gengottesdienste die Triodien des Ménchs Vecka i Gudstjanst och Fromhetstiv, Lund 1957
(mit ausfithrl. dt. Zusammenfassung), Bludau,
Kosmas (8. Jh.) fihren, die am Dienstag auf 119-150; N. M. Denis-Boulet, Le Calendrier
einen Zweiodenkanon (— Diodion) redu- Chrétien, Paris 1959, 79-72, A. Dmitrievskij, Bo-
ziert werden (am Griindonnerstag u. Kar- gosluzenie Strastnoj i Paschal’noj Sedmicy v sv.
Terusalime po Ustavy IX-X vv., Kazari 1894; Két-
samstag wird wieder der Neunodenkanon
ting, 418 f.; J. Maslow, Die Feier der Kartage im
gesungen). In diesen Hymnen wird am Gottesdienst der orth. Kirche, StdO 1976, 5, 46 bis
Montag die Josephsgeschichte (1. Mose 37) 51; Niles 2, 209-272; A. Nocent, Das HI. Jahr. 3:
in den Mittelpunkt gestellt, eine aufalte syr. K,, Stutigart 1966; H. Schmidt, Hebdomada Sanc-
ta, 2 Bde., Rom 1956-1957; A. Schmemann, Holy
Traditionen zurtickzufiihrende ,,Art von
Week. A Liturgical Explanation for the Days of
Heiligenfest des agypt. Joseph“ (Baum- Holy Week, Crestwood, N. Y., 1971; D. Aerakis,
stark). Die Hymnen des Dienstags meditie- La SemaineSainte (in Greh.), Athen 1983; Hand-
ren iiber den Gang Christi mit seinen Jiin- buch Ostk.kunde II, 77-87 (H. J. Schulz); LexMA
gern zum Garten Gethsemane — eine deutl. 5, 1027. — S, auch Lit. zu Karfreitag, Karsamstag,
Erinnerung an den Gottesdienst in der OF-
berghdhle im alten Jerusalem (s. oben) - u. Kasanskaja > unter Gottesmutterbilder
die des MittwochsschlieBlich tiber den Ver-
rat des Judas u. die Salbung Jesu durch Ma- Katakomben, Bezeichnung fir unterird.
tia (Joh. 12, 3-8) in Bethanien. Im Morgen- Grabanlagen der Antike u. Spatantike in
gottesdienst dieser 3 Tage werden Matth. Rom, Neapel,Siiditalien, Sizilien, Nordafri-
21, 18-43; 22, 15-23, 39; Joh. 12, 17-50 verle- ka, Agypten, Kleinasien, Jerusalem u. auf
sen, im Abendgottesdienst zur Liturgie der der Krim.
vorgeweihten Gaben, die an diesen Tagen 1, Der Ausdruck entstammt der Gelehrten-
vorgeschriebenist, die endzeitl. Reden Jesu sprache des MA;er meinte urspriinglich ei-
(Matth. 24, 3-35; 24, 36 - 26, 2; 26, 6-16). nen in der Talsenke (grch. kata kymbas; lat.
191
Katakomben
ad catacumbas) bei der Kirche S. Sebastiano kastenférmigen Griber (lat. loculi) langs-
fuori le mura in Rom (— Kirchenbau) gele- seits angelegt In einem Loculus wurden je
genen unterird. Friedhof (grch./lat. hypo- nach seiner Tiefe zwei od. mehr Leichen
gacum). In der Antike selbst hieB die unter- beigesetzt (loculus bisomus, loculus triso-
ird. Anlage wie der oberird. Begrabnisplatz mus usw.). Nach der Beisetzung wurde die
Coemeterium. Nach rém. Recht durften Offnung mit einer Tabula versehen,die aus
Friedhéfe nur auBerhalb der Stédte ange- Ziegeln od. Marmorbestand u. die Grabin-
legt werden, in Rom vor allem an den schrift (lat/grch. epitaphium) trug. Die Bo-
groBen AusfallstraBen, wo auchdie christl. gengriber (arcosolia) wolbten einen Bogen
K.lagen (z. B. Via Appia: Lucina-, Sebastia- tiber der waagerechten VerschluBplatte ei-
nus-, Kalixt-, Domitilla-, Praetextatus-Kata- nes Senkgrabes. Die Ausschmiickung eines
kombe; Via Latina: die 1956 entdeckte Arcosoliums gehért in den Bereich der Se-
Katakombe; Via Ostiensis: Commidilla-, pulkralkunst (lat. sepuicrum, ‘Grab’), eben-
Thecla-Katakombe; Via Salaria: Priscilla- so die oft wie ein Sarkophag geschmiickte
Katakombe; Via Nomentana: Agnes-Kata- Vorderseite des Loculus (sog. Loculussar-
kombe). Rechtsgiiltigen Ankauf vorausge- kophage). — Von den Galerien fithrten nicht
setzt, stand ein Begrabnisplatz unter dem selten verschlieSbare Titren zu kleineren
Schutz des rém. Rechts. AuBer dem Ankauf runden od. polygonalen Nebenraéumen(lat.
des Platzes (lat. area) muBte die Zugehérig- cubicula), von denen mehrere Kammern
keit zu einem 6ffentlich anerkannten Be- hintereinanderliegen konnten (cubiculum
stattungskollegium (lat. collegium funerale, duplex, triplex usw.). Luft- u. Lichtschachte
— auch Coemeterium) nachgewiesen wer- (lat. lucernaria, Iuminaria) verbanden diese
den. Als ,,religiéser Ort“ (lat. locus religio- mit der Oberwelt. Mit Sdulen, Nischen,
sus) genoB auch das Sklavengrab Rechts- Konsolen u. a. ausgestattet, konnten diese
schutz. Cubicula mit einem Tonne-, Kreuz- od.
2. Die Anlage von K. war von der geolog. Kuppelgewélbe iiberwélbt sein. Solche
Beschaffenheit des Ortes abhangig. Am be- Grabkammern gehérten vor allem reichen
sten eignete sich Vulkangestein (Tuffstein), tom. Familien od. Korporationen, weshalb
weil die herausgehauenen Hohlraumenicht gerade hier die erwahnten Arcosolia, aber
gestiitzt werden muBten. Fiir diese Arbeit auch mit einem Ciborium iiberdachte Gra-
besa® der Totengriber (lat. fossor) eine ber u. Sarkophage zu finden sind. Gemein-
Reihe von Spezialwerkzeugen (die Ascia, dearme erhielten auf Kosten des zustandi-
eine einfache Hacke; die Ascia fossaria, ei- gen Stadtbezirks in den Galerienihreletzte
ne Grabhacke mit langem Griff u. geboge- Ruhestitte, wenn sie nicht in einem Mas-
nem Eisen; die Dolabra fossaria, die aus ei- sengrab (lat. commune sepulcrum) beige-
nem langen Holzegriff mit zuriickgebogener setzt wurden.
Spitze auf der cinen u. einer geharteten Me-
tallplatte auf der anderen Scite bestand, die
Sccuris, eine nichtgebogene Hacke,u. a.). Fossor (Totengriiber)
Der Flachenumfang der unterird. Anlage aus den Katakomben
muBte der oberird. Area entsprechen. Eine
optimale Ausnutzung des Raumes wurde
durch das sog. ,,Rostsystem“ erreicht, bei
dem Langs- u. Querginge einem dicht ge-
gitterten Rost glichen. Beim ,,Fischgraten-
system“ besafsen die Galerien zahlreiche
Abzweigungen. Man grub spiter auch die
Stollen in mehreren Areae untereinanderu.
verbandsie mit Treppen (die Domitilla- be-
saB z. B. vier, die Kalixt-Katakombe fiinf
Stockwerke). Zu Abraumzwecken benuizte
Stollen (lat. arenaria) wurden ungern u.sel-
ten fiir Grabanlagen in Anspruch genom-
men. In den Wanden der Ginge wurden die
192
Katakomben

———— Se einer rémischen Katakombe

3. Die ersten christl. K. in Rom sind in den HG6hepunkt, im 5, Jh., nicht zuletzt infolge
Géangen zu sehen, die im Anschlu8 an die der Vélkerwanderungen, kam es zum Erlie-
geraumigen Mausoleen reicher Familien an- gen. Die Reliquien wurden aus den K.in die
gelegt wurden. Es war tiblich, da8 christl. Stadtkirchen Romsiiberftihrt.
Sklaven u. Freigelassene auch im Bereich 4. Bekannte K. auferhalb Roms von oft
der Griifte ihrer nichtchristl. Herren beige- gréBeren Ausmafen, die durch die geolog.
setzt wurden. Zu diesen dltesten Anlagen Verhidltnisse begiinstigt wurden, sind u. a.:
rém. Christen gehéren bes. die auf 150-200 S. Gennaro bei Neapel, S. Giovanni bei Sy-
datierten Mausoleen unter der Peterskitche, rakus; bei Alexandrien: die Wescher-, Abu-
das ,,Hypogaeum der Flavier“ an der Domi- el-Achem-, Mustafa- u. Gabari-Katakombe;
tilla- (Mitte des 2. Jh.) u. das der Acilier an die Menas-Katakombe in Menopolis; bei Je-
der Priscilla~Katakombe (2, Hilfte des 2. tusalem: die Olberg-Katakombe; ferner: die
Jh.). Besondere Verdienste um das christl. Katakombe an der Davidszisterne in
Bestattungswesen erwarb sich Papst Kalixt Bethlehem, die Katakombe Megaret Abu
(Calistus I., gest. 222; > unterCoemeteri- Scheil bei Palmyra u. diejenigen auf der
um), unter ihm (od. unter seinen Nachfol- Krim bei Cherson u. Keré.
gern) wurde auch in dem ,,Coemeterium 5. Die Wandmalereien der rém. K. gehéren
Calisti* die bertihmte Krypta der rém. Pip- zu den friihesten Zeugnissen der christl.
ste eingerichtet. Die Cubicula dieser K., un- Kunst. Ihre dltesten Denkmiler setzt man
ter ihnen die sog. Sakramentskapellen des heute mit der ersten Hilfte des 3. Jh. an (ei-
Kalixt, dienten keinen gottesdienstl. nige Forscher mit der ersten Hilfte des 2.
Zwecken. Aufgefundene Herde machen Jh.). Im Stil u. in ihrer [konographie unter-
deutlich, daB hier die Totenmahler(lat. re- schieden sie sich kaum von den nichtchristl.
frigeria) stattfanden (— auch Begrabnis). — Denkmialern, um so mehr allerdings in der
Mit dem 3. Jh. wurde es in der christl. Ge- Sinngebung ihrer Symbole (der Gute >
meinde RomsSitte, ihre Toten in der Nahe Hirte od. Orpheus mit der Leier als Prophet
der Martyrergriifte (lat. ad sancios, retro gedeutet, der Orans, der Fisch u. a.). Sehr
sanctos) beizusetzen. Im 4. Jh. erreichte das friih finden sich Szenenbilder als Bestand-
unterird. Bestattungswesen einschlieBlich teile ganzer Bildzyklen, auch wenn von ei-
der Ausschmiickungen der K.(s. Abs. 5) u. nem Bildprogramm der K. im strengen Sin-
der kunstvollen Grabinschriften (vor allem ne kaum zureden sein diirfte.
des ,,.K.-Dichters“ Papst Damasus) seinen In den dltesten K. (Priscilla-, Lucina-, Do-
193
Katechumenat
mitilla- u. Kalixt-Katakombe) sind folgende Via Appia, der urspriingl. Peter-Paul-Kir-
Motive verwendet worden: che (Basilica Apostolorum),,in der Talsen-
(1) Arche Noah:Priscilla Domitilla; ke“(ad catacumbas). — Abb.
(2) Opferung Isaaks (— Abraham): Pri-
scilla, Kalixt; Lit: Dassmann, 9-25; J. G. Davies, La Vie Quoti-
(3) Daniel in der Loéwengrube: Pri- dienne des Premiers Chrétiens, Neuchatel — Paris
1956, 117-142; L. Hertling - E. Kirschbaum, Die
scilla, Domitilla; rom. K. u. ihre Martyrer, Wien 19552; ders., Die
(4) Drei Jinglinge im Feuerofen: Pri- Graber der Apostelfiirsten, Leipzig 19743; A. L.
scilla; Jakobson, Krym v Srednye Veka, Moskau 1973;
(5) Quellwunder des Mose: Priscilla, Kotting, Reg.; G. B. de Rossi, Roma Sotteranea
Christiana, Frankfurt 1966 (Reprint); J. Steven-
Kalixt; son, Im Schattenreich der K. Entstehung, Bedeu-
(6) Susannageschichte:Priscilla; tung u. Wiederentdeckung der frithchristl. Grab-
(7) Die Weisen aus dem Morgenland slitten, Bergisch Gladbach 1980; P. Styger, Die
(> Epiphanie, > Geburt Christi): rom. K., Berlin 1933; ders., Rom. Martyrergriifte,
2 Bde., Berlin 1935; P. Testini, Le Catacombe e pli
Priscilla; Antichi Cimiteri Cristiani in Roma, Bologna 1966;
(8) Heilung des Gichtbriichigen: Pri- I. Tolstoj — N. Kondakov, Russkija Drevnosti v
scilla, Kalixt; Pamjatnikach Iskusstva, 4: Christianskija Drevno-
(9) Auferweckung des Lazarus: Priscilla, sti Kryma, Kavkazai Kieva, $. Peterburg 1891; G.
Wilpert, Die Malercien der K. Roms, 2 Bde., Frei-
Kalixt; burg/Br. 1903, M. Lurker (Hg.), Wérterbuch der
(10) Jonageschichten: Lucina, Kalixt; Symbolik, Stuttgart 19833, 343-345; LdK 2, 569 bis
(11) Taufe Christi: Kalixt; 570; LexMA 5, 1053-1054; RBK 1, 105-107 (K. in
Alexandrien).
Die Auswahl dieser Themensteht in engem
Zusammenhang mit der Deutung, die die Katechumenat (von grch. katechein, bei
Christen den obenerwihnten Totenmihlern Paulus, z. B. Rém.2, 18; Gal. 6, 6, ‘im Glau-
gaben. Als Refrigerium interim wiesen sie ben unterweisen’, davon kafechumenoi, ‘die
auf den Zwischenzustand der Ruhe nach im Glauben unterwiesen werden’; russ.
dem Tode, als Refrigerium celeste auf den oglaSennye). Der K. warin der Alten Kirche
himml. Zustand ewiger Erholung von den eine Einrichtung zur Glaubensunterweisung
Néten des Lebens hin, den die Verstorbe- fiir Personen, die die Taufe begehrten, um
nen schon erreicht u. auf den hin sich die in die Gemeinde aufgenommen zu werden.
Lebenden auf dem Wege befanden. Die Hebr. 6, 1 148t vermuten, da der K. um die
Themenwollen also auf Christus als Retter Wende vom 1. zum 2. Jh. allmahlich aufge-
u. Erléser vom ewigen Tode hindeuten, oh- baut wurde. Die Didache (> unter Kir-
ne ihn selbst immerbildhaft wiederzugeben chenrecht) setzt ihn um das Jahr 100 jeden-
(es sei darauf hingewiesen, daB Nr. 4 u. 10 falls voraus, ebenso 1. Clem. 17, 1. Fiir Ju-
zum dltesten Bestand der bibl. Oden stin (gest. um 165) galt er als Vorbedingung
gehéren). So bedeutet z. B. Noah in der Ar- fir die Aufnahme in die Gemeinde. Bis in
che (Nr. 1) Christus als ,,architectus eccle- das 3. Jh. (Tertullian) wird es sich wahr-
siae“ (lat., ‘Erbauer der Kirche’); Susanne scheinlich um eine Art Privatunterricht ge-
(Nr. 6) die bedrangte, aber von Christus er- handelt haben. Die Katechumenen gehér-
rettete Kirche, die Opferung Isaaks (Nr. 2) ten als noch nicht Getaufte zwar nicht zur
eincn Hinweis auf das Opfer Christi u. Mo- Gemeinde, waren aber auch keine Nicht-
ses Quellwunder (Nr. 5) auf den Spender christen mehr. Mit dem Aufbau derkirchl.
des Lebenswassers, wihrend die Jona- Hicrarchie, vor allem der monarch. Gewalt
geschichten (Nr. 10) den Gedanken der Re- des Bischofs u. damit einer kirch]l. Sozietat,
frigeria voll ausschépften. In diesem Zu- die sich auch rechtlich formierte, mufte die
sammenhang wird man einige in den K. auf- Stellung des Katechumenen in der Gemein-
gefundene Mahlszenennicht als Darstellun- de prizisiert werden. Eine Ordnung des K.s
gen der Agape od. der Eucharistie zu ver- findetsich in der Kirchenordnung des Hip-
stehen haben, sondern als Hinweise auf die- polyt (— unter Kirchenrecht) u. anderer
se Totenmihler, die auch in oberird. Coe- kirchenrechtl. Quellen des 3. Jh.; sie wurde
meterien abgehalten wurden, so z. B. in der spater weiter ausgebaut. Bestimmte Berufe
Triclia apostolorum bei S. Sebastiano an der (Schauspieler, Artisten, Prostituierte,
194
Kathisma
Schankwirte u. a.) waren grundsatzlich vom Lit: F. L. Cross, St. Cyrill of Jerusalem's Lectures
K. ausgeschlossen. Der K. dauerte im allge- on the Christian Sacraments, London 1951; Eisen-
hofer 2, 244-256; Fendt, Reg.; Th. M. Finn, The
meinen 3 Jahre. Gegeniiber den Katechu- Liturgy of Baptismal Instructions of St. John
menen wurde die Arkandisziplin angewen- Chrysostom, Washington 1967, Reg.: Catechesis
det, d. h. , sie durften nur am Teil A der Li- usw.; K. Gamber, Niceta von Remesiana. Instruc-
turgie, der Liturgie der Katechumenea,teil- tio ad competentes. Frlhchristl. Katechesen aus
Dacien, Regensburg 1964; Handbuch, Reg., P.
nehmen, nicht am Teil B, der Liturgie der Hauptmann, Die Kalechismen der russ.-orth. Kir-
Glaubigen. Man bezeichnete sie auch als che, Géttingen 1971; J. Hofinger, A. M. Henry
»Uneingeweihte* (grch. amyetoi). Im 4. Jh. (Hg.), Renouvellement de la Catéchése, Paris
entwickelten sich die K.s-Klassen, die den 1961; J. Mayer, Gesch. des K.s u. der Katechese in
den ersten sechs Jh., Kempten 1868; A. G. Marti-
BufBklassen angeglichen waren. Damit wa- mort, L’Iconographie des Catacombes et la
ten den Katechumenen, die nur begrenzte Catéchése, RivAC 25, 1949, 3-12; LexMA 5,°1062
Rechte hatten, schon eine Reihe von Pflich- (Katechumenen). — S. auch Lit. zu BuBe, Taufe.
ten auferlegt (regelm4Riger Besuch von
Gottesdienst u. Unterricht, Gehorsam ge- Kathisma(grch., n., ‘Sitz’; russ. kafizmna, f.,
geniiber dem Klerusu. a.). Unter den Kate- sedalen, m., von sedat’, ‘sich setzen’), Eintei-
chumenen gab es 2 Gruppen: Die einen z6- lungsprinzip der Ostkirche fiir den Psalter.
gerten die Taufe bis kurz vor ihrem Sterben 1. Der Psalter ist in 20 K.ta eingeteilt. Ein
hinaus, wihrend die anderen sich mit Ab- K. umfa®t durchschnittlich 9 Psalmen, die
schiuB des K.s taufen lieBen. Sie schrieben threrseits in 3 Staseis (grch. auch doxai od.
sich zu Beginn der GroBen — Fastenzeit in antiphona; russ. stasija, antifon, slavy) zu je
Listen ein (lat. scribi, nomendatio), um an drei Psalmen unterteilt sind. Mit Hilfe die-
der Unterweisung (Katechese) teilzuneh- ser K.-Einteilung wird der Psalter in der
men, Die bekanntesten Katechesen, zu- Wocheeinmal u. in der Grofen — Fasten-
gleich von hohem literar. Rang, sind im zeit zweimal verlesen. Im allgemeinen we