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Kinder

An einem Elternabend teilnehmen

Aus der Praxis 1 – Kurs Niveau A2

Ablaufbeschreibung der Kursleitung


Kursgruppe
Bis zum Elternabend waren noch fast drei Wochen, und so
12 Frauen, die sich ein Mal pro Woche am Samstag- haben wir beschlossen, das Thema erst am nächsten Sams-
morgen für drei Stunden treffen. Sie wohnen schon tag aufzunehmen. So konnte ich mich vorbereiten.
einige Jahre in der Schweiz, haben aber nicht sehr vie-
le Kontakte zu Einheimischen. Sie können alle lesen Am folgenden Samstag sind wir mit der fotokopierten Ein-
und schreiben, haben aber nicht viele Schuljahre ab- ladung eingestiegen, welche die TN mitgebracht hatte: In
solvieren können und sind recht langsam im Umgang Kleingruppen haben die Frauen den Brief genau gelesen, um
mit schriftlichen Texten. Ihr Deutsch ist im unteren herauszufinden, wie man darauf reagieren müsste. Nach
Bereich des Niveaus A2. Die KL bestimmt die Themen einem kurzen Austausch über die Ergebnisse haben sie sich
zusammen mit den TN, die oft Probleme aus ihrem dann in den Kleingruppen versucht vorzustellen, wie der
Alltag einbringen. Abend ablaufen könnte. Einige TN waren schon einmal an so
einem Anlass und konnten ihre Erfahrungen einbringen. Die
Gruppen haben anschliessend – mit vielen Gesten und im-
provisierten Rollenspielen – den «Film» erzählt, den sie sich
Ausgangssituation vorgestellt hatten.

Eine TN hat eine Einladung für einen Elternabend ih- Gemeinsam haben wir dann überlegt, welche sprachlichen
res Kindes im Kindergarten erhalten. Sie hat schon Mittel für die Teilnahme sehr wichtig sind, und anschliessend
verstanden, dass es sich um eine Einladung handelt, haben die TN auf dem Blatt Lernziele eingetragen, was sie
aber sie weiss nicht genau, was von ihr erwartet wird. gerne lernen möchten. Im Vordergrund stand – nach dem
Sie möchte hingehen, aber sie ist sehr verunsichert. Verstehen und Reagieren auf die Einladung, das die TN schon
Sie hat die Einladung mitgebracht. Auch die anderen fast «abgehakt» hatten – einerseits das Verstehen der Lehre-
TN sind interessiert, weil sie z. T. auch schon in dieser rin oder der Kindergärtnerin und andererseits die Kontakte
Situation waren. mit den anderen Eltern.

Ich bin zuerst auf die Einladung zurückgekommen: Zu zweit


haben die Frauen den Anmeldetalon ausgefüllt und noch
einen kurzen Kommentar verfasst, z. B. Ich komme gerne.
Freundliche Grüsse, X.Y.

Um noch mehr Sicherheit zu gewinnen, haben die TN nach


der Pause zwei weitere Einladungen beantwortet (Texte, die
ich vorher im Internet gefunden und etwas adaptiert hatte),
und die Gruppe hat sich auch überlegt, wie man eine Ab-
lehnung begründen könnte. Die TN haben die Einladungen
mit den Antworten als «Muster» für ähnliche Situationen
in ihrem Arbeitsdossier abgelegt. Weil wir kein eigentliches
Lehrmittel haben, lege ich Wert darauf, dass die TN die Ar-
beitsblätter, Texte, Lernergebnisse etc. jeweils in einem Ord-

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ner ablegen. Wir nennen diesen Ordner «Arbeitsdossier». In der folgenden Woche sollte die TN, welche die Einladung
Immer wenn wir ein Thema anfangen, schauen wir, ob es zu gebracht hatte, berichten, wie es ihr am Elternabend ergan-
einem der bereits bestehenden Register mit den fide-Hand- gen war. Danach können noch Dinge vertieft werden, welche
lungsfeldern gehört oder wir eröffnen ein neues Register die TN noch besser lernen möchten. Auch mir sind noch Din-
und legen das entsprechende Handlungsfeld-Deckblatt in ge aufgefallen, die ich aufnehmen möchte, z. B. sind die TN
das Dossier ein. immer wieder über die Possessiva «gestolpert» (sein/ihr Kind,
von ihr Kind, Kind von sie, ...).
Weil die Arbeit mit Texten und das Ablegen der Texte in die-
ser Gruppe recht viel Zeit in Anspruch nimmt, waren wir da- Eventuell werde ich auch das Blatt Eine Einladung mit den
mit schon beim Ende der Lektion angelangt. Aufgaben zum Leseverstehen und Schreiben einsetzen, zur
Festigung und damit die TN eine Bestätigung haben, dass sie
Nach einer Aufwärm-Aktivität am nächsten Samstag (ich bat einfache schriftliche Mitteilungen der Schule verstehen und
die TN zu sagen, wo ihre Kinder in die Schule resp. in den Kin- selber darauf antworten können.
dergarten gehen, wie die Lehrerinnen oder Lehrer heissen,
und ob sie schon an einem Elternabend oder an einem El- Den Abschluss wird das Blatt Lernergebnisse bilden, das wie-
terngespräch waren) habe ich vorgeschlagen, ein Gespräch derum im Arbeitsdossier abgelegt werden wird.
an einem Elternabend zu spielen. Es sollte um einen Ausflug
in den Zoo gehen. Es wurden Vorschläge gemacht, Einwände
vorgebracht, Aufgaben verteilt, etc. Ich spielte die Kinder-
gärtnerin und habe den TN mit Nachfragen und Wörtern ge-
holfen, ihre Meinungen und Anliegen auszudrücken.

Während der Diskussion hatte ich auf einem Blatt wichtige


Wendungen festgehalten, die vorkamen oder die nützlich
gewesen wären, um sich an einem solchen Anlass zu Wort
zu melden, eine Idee vorzubringen, sein Einverständnis aus-
zudrücken etc., z. B. Ich bin einverstanden. Nach Abschluss
der Diskussion habe ich diese dann auf die Tafel geschrie-
ben, und wir haben darüber geredet, in welchen Situationen
man die braucht, und welche Wendungen in der gleichen
Situation gebraucht werden können, z. B. Ich bin nicht ein-
verstanden und Ich bin dagegen. Die TN haben einige dieser
Ausdrücke auf dem Blatt Redemittel eingetragen. Das Blatt
ging ins Arbeitsdossier. Wenn es wieder einmal eine Situa-
tion gibt, in der etwas verhandelt oder diskutiert wird, wer-
den wir es zum Einsteig wieder hervorholen und es laufend
ergänzen.

Zum Schluss des Morgens blieb noch kurz Zeit, um den infor-
mellen Teil eines Elternabends zu «spielen». Da die TN sich
schon gut kennen, war das Gespräch sehr lebendig.

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