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Arbeit

Den Dienst abtauschen

Aus der Praxis 2 – Kurs Niveau B1

Ablaufbeschreibung der Kursleitung


Kursgruppe
Weil die TN zu Kursbeginn meistens nicht alle da sind und
12 vorwiegend weibliche Mitarbeitende eines grossen dann im Laufe einer Viertelstunde «hereintröpfeln», plane
Spitals. Sie sind entweder als Pflegeassistenz oder im ich in der Regel eine mündliche Aufwärm- und Einstiegspha-
Hausdienst eingesetzt und ihre mündlichen Deutsch- se. Als Einstieg ins Thema Dienstabtausch habe ich mir von
kenntnisse sind in Routine-Arbeitssituationen ausrei- den Anwesenden erklären lassen, wie sie arbeiten (regelmäs-
chend (Anfang Bereich B1), aber der Betrieb möchte, sige Arbeitszeiten oder Schichtarbeit), wie die Dienstpläne
dass sie das Niveau B1 auch mit einem Zertifikat nach- gemacht werden, wie weit im Voraus sie wissen, wann sie
weisen. Die TN haben alle die obligatorische Schulbil- Dienst haben, wie man Ferien oder Freitage beantragen muss
dung abgeschlossen; manche hatten in ihrem Her- etc. So habe ich einen Einblick bekommen, und als dann alle
kunftsland auch eine Mittelschule besucht oder eine TN da waren, habe ich – zusammen mit den TN – versucht,
Berufsausbildung absolviert. die Abläufe «Diensteinteilung» und «Ferienplanung» in ei-
nem Schema auf Flipcharts festzuhalten.
Der Kurs findet einmal in der Woche am Nachmittag
während der Arbeitszeit statt. Oft sind deshalb zu Kurs- Die erste Aufgabe an die TN (Gruppenarbeit) war dann, ein
beginn noch nicht alle TN da, weil sie noch dringende solches Schema für den Ablauf bei einem Dienstabtausch
Aufgaben an ihrem Arbeitsplatz erledigen müssen. aufzuzeichnen. Die Schemen wurden miteinander vergli-
chen, und es wurde diskutiert, welches nun das beste wäre.
Weil die Gruppe schon recht fortgeschritten ist, achte ich
vermehrt auf die Korrektheit, und so haben wir auch noch
Ausgangssituation Grammatik und Orthografie angeschaut.

«Abmachungen» war von den Vorgesetzten generell Danach sind wir die einzelnen Schritte durchgegangen und
als einer der Punkte bezeichnet worden, bei denen ih- haben bei jedem Schritt überlegt, was dabei wichtig ist und
nen nicht immer ganz klar ist, ob die MitarbeiterInnen welche sprachlichen Mittel dafür benötigt werden. Beispiel:
das Gleiche wie sie verstanden haben. Der Dienstab-
tausch ist eine Situation, die dazu zählt, und sie wurde Kollegin anfragen
explizit ins sonst sehr offene Kursprogramm aufge-
nommen. Die KL möchte bei diesem Thema auch eine Wichtig: richtiger Zeitpunkt, nicht mitten in der Arbeit stö-
Repetition der Daten unterbringen und das Bestätigen ren, begrüssen und dann Wunsch ansprechen, Dienstplan und
von Abmachungen ins Zentrum rücken. Agenda mitnehmen, Änderung notieren

Sprache: Entschuldigung, hast du einen Moment Zeit? – Hal-


lo, wie geht’s? Störe ich? – Darf ich dich etwas fragen? – Ich
möchte ... usw.

Nach diesem Einstieg in die Situation haben die TN auf dem


Blatt Lernziele notiert, wo sie sich verbessern wollen. Wir ar-
beiten nun schon fast drei Monate mit einem «Portfolio», in
dem die TN systematisch ihre Unterlagen ablegen, und sie

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kennen den Ablauf «Lernziele setzen – Lernergebnisse fest- entschieden, dieses Mal nur spontane Rückmeldungen zu
halten». Ich konnte auch feststellen, dass die Lernziele der verlangen und zum Abschluss des Szenarios die TN eine de-
TN immer konkreter werden. Eine TN hat z. B. geschrieben: taillierte Selbsteinschätzung vornehmen zu lassen.
Reagieren, wenn die Kollegin nein sagt.
Das Gespräch mit dem Vorgesetzten musste auf die folgen-
Nach einem kurzen Austausch über die individuellen Lernziele de Woche verschoben werden. Nach der Aufwärmphase und
habe ich die Filmsequenz zum Szenario gezeigt (nur das Ge- einem Einschub zum korrekten Sprechen und Schreiben von
spräch mit dem Arbeitskollegen). Nach dem Betrachten haben Daten und Uhrzeiten (mit zwei Übungen aus einem Lehr-
wir mit den Notizen von vorher kontrolliert, ob die junge Frau buch) habe ich wiederum zuerst die Filmaufnahme vorge-
im Film alle Punkte befolgt hat, die wir aufgeschrieben hatten. führt und beim zweiten Betrachten die TN gebeten, die Un-
Bei einem zweiten Durchgang haben die TN einige Ausdrücke terschiede zwischen dem Gespräch mit dem Kollegen und
und Sätze notiert, welche sie besonders gut fanden. dem Gespräch mit dem Vorgesetzten zu notieren.

Ich habe die TN mit der Aufgabe entlassen, sich nochmals Bevor die TN wieder in Paaren das Rollenspiel übten, haben
bei ihren Vorgesetzten zu erkundigen, ob der Ablauf beim wir die Registerunterschiede auf einem Flipchart festgehal-
Dienstabtausch, so wie wir ihn aufgeschrieben hatten, rich- ten. Das Schöne an den Filmaufnahmen ist eben, dass das
tig wäre. Auch sollten sie fragen, ob es eine schriftliche Mit- gesamte kommunikative Verhalten der Personen sichtbar
teilung braucht und ob es dazu ein Formular gibt. wird und die Unterschiede sich nicht nur auf den Gebrauch
von du/Sie reduzieren!
In der Woche darauf haben wir festgestellt, dass der Dienst-
abtausch nicht in allen Abteilungen ganz gleich gehandhabt In der zweiten Stunde haben wir nochmals das Ablaufsche-
wird. Einige Stellen verlangen eine schriftliche Mitteilung, ma vom ersten Kurstag zum Thema hervorgeholt, und dann
andere nicht. Es gibt kein standardisiertes Formular dafür. In haben die TN das ganze Szenario in 3er-Gruppen nochmals
der Diskussion fanden die TN aber, dass es nützlich wäre, so durchgespielt. Bei den schnelleren Gruppen konnten alle TN
ein Formular zu haben, das würde es für alle einfacher ma- alle Rollen einnehmen; in den etwas langsameren Gruppen
chen. Ich habe vorgeschlagen, dass wir selber ein Formular gab es mindestens zwei Durchgänge mit wechselnden Rol-
kreieren: zuerst sammeln, welche Angaben es braucht, und len. Beim Rollenspiel wurden ebenfalls die neuen Formulare
sie dann übersichtlich auf einer Seite anordnen. Die TN ha- eingesetzt und erprobt. Zwei TN haben sich anerboten, das
ben sich in 3er-Gruppen an die Arbeit gemacht. Formular den Vorgesetzten in ihren Abteilungen zu zeigen
und vorzuschlagen, dass es – evtl. nach einer Überprüfung
Im Vergleich der Resultate der Gruppenarbeiten wurde dann auf Vollständigkeit – eingeführt wird.
diskutiert, was notwendig, nützlich oder überflüssig wäre
und welche Darstellung die klarste wäre. Ich habe mich an- Danach habe ich das Blatt zur Selbstevaluation verteilt, das
erboten, das Formular auf dem Computer zu erstellen und in die TN mehr oder weniger selbstständig ausfüllen konnten.
der nächsten Woche allen ein paar Exemplare mitzubringen. Bei einzelnen TN musste ich anfangs etwas helfen, oder
ich fügte noch eine persönliche Bemerkung oder ein Kom-
Dann haben wir uns dem Mündlichen zugewandt: Zu zweit pliment an. Auch das in der Gruppe erstellte Formular zum
sollten die TN das Rollenspiel «Gespräch unter KollegInnen» Dienstabtausch wurde ins Portfolio eingereiht.
vorbereiten. Als Hilfsmittel gab ich den TN Fotos von den in
der vorangegangenen Woche erstellten Flipcharts mit den
wichtigen Punkten und einigen sprachlichen Ressourcen. Die
«ArbeitskollegInnen» erhielten die Instruktion, nicht sofort
mit dem Dienstabtausch einverstanden zu sein, sondern sich
nur mühsam überzeugen zu lassen.

Zuerst hatte ich überlegt, beim Vortragen der Rollenspiele


das Blatt Feedback einzusetzen, habe mich dann aber dafür

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